Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

1 BV 14.1795

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 8. Oktober 2015

(VG München, Entscheidung vom 10. April 2014, Az.: M 11 K 13.3830)

1. Senat

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte: Baugenehmigung für Umbau des Ober- und Dachgeschosses des Wirtschaftsteils einer ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle (Einfirsthof); Nutzung zu Wohnzwecken; Einfügen nach dem Maß der baulichen Nutzung; maßstabsbildendes Gebäude; angemessene Fortentwicklung der Bebauung; faktisches Dorfgebiet

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch die Landesanwaltschaft Bayern, Ludwigstr. 23, München,

- Beklagter -

wegen Erteilung einer Baugenehmigung für den Umbau eines Stallgebäudes (Fl. Nr. 45/4 Gemarkung ...);

hier: Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 10. April 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Bergmüller aufgrund mündlicher Verhandlung vom 6. Oktober 2015 am 8. Oktober 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten‚ die für das Grundstück Fl. Nr. 45/4 Gemarkung P. beantragte Baugenehmigung für den Ausbau des Ober- und Dachgeschosses eines ehemaligen landwirtschaftlichen Stallgebäudes mit zwei Wohneinheiten und einer gewerblichen Einheit (zwei Büroräume) zu erteilen.

Das ehemalige Stallgebäude (ca. 19 m x 13 m)‚ für dessen Erdgeschoss 1992 eine gewerbliche Nutzung als Lager mit Büro/Aufenthaltsraum und Sozialräumen genehmigt worden war‚ bildet ein Gebäude mit dem im Westen angebauten Wohnhaus (ca. 11 m x 13 m), das ehemals als Wohnhaus des landwirtschaftlichen Betriebsleiters diente. An der nordöstlichen Ecke des ehemaligen Stallgebäudes schließt sich rechtwinklig ein weiteres ehemals landwirtschaftlich genutztes Gebäude (ca. 26 m x 10 m) an. Wegen der Situation im Einzelnen wird auf die vom Beklagten am 8. Mai 2013 angefertigten Fotografien (Bl. 3 bis 7 der Fotodokumentation) Bezug genommen. Der Kläger plant, nach entsprechendem Rückbau des Daches - auf die Decke und Wände des Erdgeschoss aufsetzend - die Neuerrichtung von Ober- und Dachgeschoss mit leicht veränderter Dachform bei etwas verringerter Firsthöhe. Das neue, nun symetrische Satteldach soll vier jeweils 2‚5 m breite Dachgauben sowie zwei weitere, jeweils etwa 1‚5 m breite Gauben erhalten. Im Ober- und Dachgeschoss des Gebäudes sollen zwei Maisonettewohnungen und zwei Büroräume eingerichtet werden.

Nachdem die Gemeinde ihr Einvernehmen zu dem Vorhaben erteilt hatte‚ lehnte das Landratsamt D. mit Bescheid vom 2. August 2013 die beantragte Baugenehmigung ab. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in den vorhandenen Rahmen ein‚ denn es entstehe damit ein zusammenhängender Wohnbaukörper von mehr als 30 m Länge‚ der lediglich durch einen etwa 4 m breiten Bürobereich im ersten Obergeschoss und einen Lagerbereich im Dachgeschoss unterbrochen sei. Ein Wohnbaukörper dieser Länge sei in der näheren Umgebung nicht vorzufinden. Zudem übersteige die Grundfläche des Baukörpers von mehr als 400 m² deutlich das in der Umgebung vorhandene Maß. Die umgebende Bebauung bestehe vor allem aus zweigeschossigen Baukörpern mit ruhigen Dachflächen ohne Dachaufbauten. Das Vorhaben widerspreche auch der vorhandenen dörflichen Struktur. Die Nachverdichtung überschreite den vorhandenen Rahmen in unangemessener Weise. Das Gebäude bleibe auch in seinen äußeren Ausmaßen nicht unverändert‚ insbesondere werde die Wandhöhe an der Südseite von 5‚4 m auf 6‚8 m erhöht und die südliche Dachfläche mit einer steileren Neigung versehen. Damit liege im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung eine erhebliche Änderung vor.

Mit Urteil vom 10. April 2014 hat das Verwaltungsgericht München den Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung verpflichtet. Das in einem faktischen Dorfgebiet liegende Vorhaben füge sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung ein. Entscheidende Kriterien seien das von außen wahrnehmbare Gebäudevolumen, seine Höhe sowie die Geschosszahl. Das Vorhaben nehme ohne wesentliche äußere Veränderungen den Platz des Bestandsgebäudes ein. Die Gebäude auf den Grundstücken Fl. Nr. 42 sowie 332/2‚ letzteres ebenfalls ein ehemaliges landwirtschaftliches Anwesen‚ seien mit dem streitgegenständlichen Vorhaben vergleichbar. Zur maßstäblichen Bebauung gehöre auch das vorhandene Gebäude selbst. Die Änderungen seien so geringfügig‚ dass sie unterhalb der Schwelle der Wesentlichkeit bleiben und daher der vom Bestand gebildete Rahmen nicht verlassen werde. So solle aus dem bisher asymmetrischen Satteldach nach dem Vorbild des angrenzenden Betriebsleiterwohnhauses ein symmetrisches Satteldach werden‚ womit zwangsläufig eine höhere Wandhöhe der südlichen Außenwand einhergehe. Zugleich werde die Firsthöhe sogar etwas niedriger als die des Bestandsgebäudes. Auch die Auffassung des Beklagten‚ das Vorhaben füge sich hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht ein‚ weil aus dem bisherigen „Nebengebäude“ nunmehr ein Gebäude mit Hauptnutzung, nämlich ein 32 m langes Wohngebäude werde‚ sei schon deshalb unzutreffend, weil die vier Kriterien des Einfügens in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB jeweils unabhängig voneinander zu prüfen seien. Gefragt werden dürfe also nur‚ ob bereits ein ca. 30 m lange Baukörper vorhanden sei‚ und nicht‚ ob es sich dabei um einen Wohnbaukörper handele. Auch die Auffassung‚ dass für die Rahmenbildung nur Hauptgebäude heranzuziehen seien‚ nicht dagegen nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienende Nebengebäude‚ treffe nicht zu. Durch das Abstellen auf Haupt- bzw. Nebennutzungen werde „durch die Hintertür“ im Rahmen der Frage des Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung zugleich die Art der baulichen Nutzung geprüft. Außerdem sei es unzulässig‚ in einem faktischen Dorfgebiet‚ in dem u. a. Wirtschaftsstellen landwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen allgemein zulässig seien‚ im Falle von Stallgebäuden‚ Scheunen etc. von Nebennutzungen oder Nebengebäuden zu sprechen‚ weil diese Gebäude im Dorfgebiet eine Hauptnutzung ausmachten. Das Ausbauvorhaben begründe keine städtebaulichen Spannungen, da es in seiner Kubatur nahezu dem derzeitigen Gebäude entspreche. Auch die Dachgauben fänden ausreichende Vorbilder in der Umgebung.

Der Beklagte begründet seine vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung damit, dass sich das streitgegenständliche Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Ein landwirtschaftliches Nebengebäude könne nicht für das Maß der baulichen Nutzung eines künftigen Wohngebäudes rahmenbildend sein. Wolle man die großzügige Kubatur landwirtschaftlicher Nutzgebäude einschränkungslos als maßstabsbildend betrachten‚ kämen nach Aufgabe der Landwirtschaft im Umgriff der ehemaligen Hofstellen Wohn- und Gewerbebauten in einer Größenordnung in Betracht‚ die sich deutlich von den bisher gewachsenen dörflichen Strukturen unterscheide. Den Charakter eines Dorfgebiets machten landwirtschaftliche Wirtschaftsstellen als solche aus‚ nicht aber Nebengebäude. Die landwirtschaftlichen Nebengebäude auf dem Baugrundstück und den östlich und nordöstlich gelegenen landwirtschaftlichen Hofstellen prägten die Eigenart der näheren Umgebung ebenso wenig wie sonstige, nicht zum ständigen Aufenthalt von Menschen bestimmte Anlagen. Hierzu seien lediglich die Hauptnutzungen‚ denen sie zugeordnet seien‚ in der Lage. Dies folge auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Abgrenzung des Innen- vom Außenbereich‚ nach der Gebäude‚ die für eine angemessene Fortentwicklung der vorhandenen Bebauung nicht maßstabsbildend seien‚ auch keinen Bebauungszusammenhang begründen könnten; diese Rechtsprechung sei auf das Einfügensgebot des § 34 Abs. 1 BauGB zu übertragen. Auf die aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2015 (4 C 5.14) werde verwiesen. Auch in seinem Urteil vom 6. November 1997 (4 B 172.97) mache das Bundesverwaltungsgericht im Hinblick auf die Unzulässigkeit einer rückwärtigen Bebauung deutlich‚ dass in diesem Bereich vorhandene Nebenanlagen nicht zur Bildung des Maßstabs herangezogen werden könnten. Auch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts‚ nach der Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszuscheiden seien‚ die nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst anzutreffenden Bebauung fielen und damit Fremdkörper seien‚ zeige‚ dass eine rein quantitative Betrachtung nicht jedem Fall gerecht werde. Eine massierte Wohnbebauung führe nicht nur zu erhöhtem Verkehrsaufkommen‚ sondern auch zu einer schleichenden Veränderung des bisher überwiegend bäuerlich geprägten Ortsteils; die vorhandenen aktiven landwirtschaftlichen Betriebe stünden in einem Spannungsverhältnis zur zunehmenden Wohnbebauung. Die äußere Gestalt des Gebäudes ändere sich grundlegend; die südliche Wand solle von ursprünglich 5‚3 m auf 6‚81 m erhöht und der Dachstuhl ausgetauscht werden, im Ober- und Dachgeschoss würden erstmals Fenster und sechs Dachgauben eingebaut, vier davon mit einer Breite von 2‚7 m‚ für die sich in der Umgebung kein Vorbild finde. Die vorhandenen Baukörper auf den östlich angrenzenden Grundstücken Fl. Nr. 42 sowie 322/2 wiesen gerade keine Haupt- oder Wohnnutzung auf eine Länge von über 30 m auf. Ein vergleichbares Gebäude mit drei Geschossen und sechs großen Dachaufbauten lasse sich im gesamten Quartier nicht finden. Lediglich auf dem Grundstück Fl. Nr. 326/1 seien nach außen drei Geschosse wahrnehmbar‚ wobei allerdings hier der Baukörper nur eine Länge von 18 m erreiche. Schließlich beeinträchtige das Vorhaben auch das gewachsene dörfliche Ortsbild in ästhetischer Hinsicht grob unangemessen. Im Übrigen ergebe sich unter Berücksichtigung der Bestandsnutzungen nach der gemeindlichen Stellplatzsatzung ein Bedarf von elf Stellplätzen‚ während im Bauantrag lediglich sechs nachgewiesen seien.

Der Beklagte beantragt‚

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 10. April 2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt‚

die Berufung zurückzuweisen.

Zwischenzeitlich sei auf dem südlich an das Baugrundstück angrenzenden Grundstück Fl. Nr. 45/3 mit Baugenehmigung des Beklagten ein Gebäude mit drei Wohnungen, einem Büro und mehreren Dachgauben neu errichtet worden‚ das eine Länge von ca. 20 m und eine Breite von ca. 13 m aufweise. Unmittelbar gegenüber dem Baugrundstück im Osten befinde sich auf Fl. Nr. 322/2 ein großer Baukörper mit vergleichbarer Kubatur und Grundfläche (ca. 30 m x 11 m). Auch südöstlich des Bauvorhabens befinde sich auf Fl. Nr. 326/1 ein Mehrfamilienhaus mit drei Geschossen‚ auf dessen nördlicher Dachfläche zwei Dachgauben errichtet seien‚ auf der südlichen Dachfläche sogar drei. Das Vorhaben des Klägers füge sich nach dem Maß der baulichen Nutzung schon deshalb in die nähere Umgebung ein, weil das Gebäude in seinen Ausmaßen im Wesentlichen unverändert und ohne größere‚ von außen erkennbare Abweichungen erhalten bleibe (BVerwG‚ U. v. 21.6.2007 - 4 B 8.07). Die Änderung des bisher asymetrischen in ein nunmehr symetrisches Satteldach in Fortführung der bereits vorhandenen Dachform des angrenzenden ehemaligen Betriebsleiterwohnhauses bedeute ebenso eine nur geringfügige Änderung der von außen erkennbaren Gestalt wie die Änderung in der Dachneigung und die geringfügig erhöhte südliche Wand. Die künftige Wohnnutzung entfalte keine negative Vorbildwirkung. Der Beklagte verkenne auch‚ dass es einem Grundeigentümer bei Aufgabe einer landwirtschaftlichen Nutzung andernfalls unmöglich sei‚ das Gebäude zu erhalten. Eine Unterscheidung zwischen Haupt- und Nebengebäude‚ wie sie der Beklagte vornehme‚ widerspreche der Maßgeblichkeit des äußeren Erscheinungsbilds für die Umgebungsbebauung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht zur Erteilung der begehrten Baugenehmigung verpflichtet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO‚ Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO).

Das Vorhaben ist nach § 34 Abs. 1 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig (1). Der Erteilung einer Baugenehmigung stehen auch keine sonstigen öffentlich-rechtlichen‚ im bauaufsichtlichen Verfahren zu prüfenden Vorschriften entgegen (2).

1. Der Gebäudeteil, den der Kläger über dem Erdgeschoss zu Wohnungen und Büroräumen umbauen will, liegt innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB, der sich wegen der vorhandenen landwirtschaftlichen Hofstellen, der Gewerbebetriebe sowie der Wohnbebauung als Dorfgebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 5 BauNVO darstellt. Der Wirtschaftsteil der ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstelle, der an den an der Straße errichteten Wohnteil anschließt, nimmt jedenfalls nach Errichtung des Wohngebäudes auf dem Grundstück Fl. Nr. 45/3 auch am Bebauungszusammenhang teil; offensichtlich ist der Beklagte schon zuvor bei der Genehmigung des letztgenannten Gebäudes davon ausgegangen, dass der ehemalige Wirtschaftsteil den Bebauungszusammenhang für die südlich angrenzenden Flächen herstellt.

Der geplante Umbau fügt sich, wovon die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, nach der Art der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und der zu überbauenden Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ein. Entgegen der Auffassung des Beklagten gilt dies auch für das Maß der baulichen Nutzung (1.1). Anhaltspunkte dafür, dass das Ortsbild im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB beeinträchtigt wird, sind nicht ersichtlich (1.2).

1.1 Zur Beantwortung der Frage, ob sich ein Vorhaben nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, ist auf die vorhandene Bebauung abzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 3.12.1998 - 4 C 7.98 - NVwZ 1999, 527), die den Maßstab für die angemessene bauliche Fortentwicklung bildet (vgl. BVerwG, U. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22). Unter den Begriff der Bebauung fallen allerdings nur bauliche Anlagen, die optisch wahrnehmbar sind und ein gewisses Gewicht haben, so dass sie geeignet sind, ein Gebiet als einen Ortsteil mit einem bestimmten Charakter mitzuprägen (vgl. BVerwG, U. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985). Bauliche Anlagen, die nur vorübergehend genutzt werden oder in einem weiteren Sinn Nebenanlagen zu einer Hauptnutzung sind, stellen in aller Regel keine Bauten dar, die für sich genommen die Siedlungsstruktur prägen können (vgl. BVerwG, U. v. 17.2.1984 - 4 C 55.81 - NJW 1984, 1576; U. v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris). Außer Acht zu lassen sind auch bauliche Anlagen, die von ihrem quantitativen Erscheinungsbild nicht die Kraft haben, die Eigenart der näheren Umgebung zu beeinflussen oder in der vorhandenen Bebauung als Fremdkörper erscheinen (vgl. BVerwG, U. v. 15.2.1990 - 4 C 23.86 - BVerwGE 84, 322).

Bei der Beurteilung, ob sich ein Vorhaben nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt, ist daher die von außen wahrnehmbare Erscheinung des Bauvorhabens in Beziehung zu setzen zu der in der Nachbarschaft vorhandenen Bebauung, die das Baugrundstück beeinflusst. Dabei ist auch der bestehende Baukörper, um dessen Umbau und Umnutzung gestritten wird, in die Betrachtung einzubeziehen, sofern er seine Umgebung prägt. Im Rahmen der vergleichenden Betrachtung ist auf die wahrnehmbaren und besonders prägenden Maßkriterien abzustellen, also auf die flächenmäßige Ausdehnung‚ die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude (BVerwG‚ B. v. 21.6.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007‚ 1691; Söfker in Ernst-Zinkahn-Bielenberg‚ BauGB, Stand: Mai 2015‚ § 34 Rn. 40). Ungeachtet der Tatsache, dass der aus der vorhandenen Bebauung zu gewinnende Maßstab zwangsläufig ungenau ist‚ sind andere relative Maßfaktoren wie die Grund- oder die Geschossflächenzahl von allenfalls untergeordneter Bedeutung, weil sie in der Örtlichkeit nur schwer ablesbar sind und erst errechnet werden müssen. Auf die Feinheiten der Berechnungsregelungen der Baunutzungsverordnung kommt es im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht entscheidend an (BVerwG‚ U. v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95‚ 277). Keine Rolle spielen grundsätzlich die Dachform und -gestaltung, auch wenn dabei Dachgauben verwendet werden. Denn insoweit handelt es sich im Regelfall ausschließlich um gestalterische Merkmale‚ die für den Maßstab des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nicht von Bedeutung sind (Gänslmayer/Hauth in Rixner/Biedermann/Steger‚ Praxiskommentar BauGB/BauNVO‚ 2. Aufl. 2014‚ § 34 Rn. 54). Unter Beachtung dieser Kriterien hält sich das Vorhaben des Klägers hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung innerhalb des sich aus der näheren Umgebung ergebenden Rahmens.

1.1.1 Allerdings fügt sich das Vorhaben entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht schon deshalb im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung in die Eigenart der näheren Umgebung ein‚ weil es „ohne wesentliche äußere Veränderungen den Platz des Bestandsgebäudes“ (UA, S. 12) einnehmen und „ohne größere von außen erkennbare Veränderungen“ (UA, S. 13) dem bisherigen Wirtschaftsteil der ehemaligen Hofstelle entsprechen würde. Hiervon kann schon deswegen keine Rede sein‚ weil sich das Vorhaben gegenüber dem Bestand dadurch unterscheidet‚ dass es erstmals als dreigeschossig in Erscheinung treten wird‚ während der ehemalige Wirtschaftsteil nur zwei Geschosse aufweist (vgl. die vom Beklagten gefertigte Fotodokumentation, insbes. Bl. 4 und 6). Der Kläger plant nämlich‚ das Ober- und das Dachgeschoss nach Abtragung der entsprechenden Bauteile neu aufzubauen, um in das Gebäude eine weitere nutzbare Ebene einzuziehen. Damit erhält der Gebäudeteil eine neue Geschossigkeit. Die Herstellung einer Zwischendecke über dem Obergeschoss, der Einbau von Fenstern im ersten Obergeschoss und schließlich der Einbau von sechs Dachgauben wird - ungeachtet der im Wesentlichen unverändert bleibenden Kubatur - zu einem auch von außen auf den ersten Blick erkennbaren, nunmehr dreigeschossigen Aufbau des Gebäudeteils führen. Damit wird es aber nicht nur geringfügig verändert‚ wie dies etwa im Falle des Ausbaus eines bereits bestehenden Dachgeschosses zu Wohnzwecken der Fall sein mag (vgl. BVerwG‚ B. v. 21.6.2007 - 4 B 8.07 - BauR 2007, 1691).

1.1.2 Das Vorhaben fügt sich nach dem Maß der baulichen Nutzung gleichwohl in die Eigenart der näheren Umgebung ein, weil sowohl die Kubatur des umzubauenden Gebäudeteils als auch in der unmittelbaren Nachbarschaft anzutreffende vergleichbare, über 30 m lange und ähnlich hohe Baukörper den Rahmen vorgeben. Unmittelbar gegenüber dem Gebäude des Klägers befindet sich auf dem östlich gelegenen Grundstück Fl. Nr. 322/2 ein in etwa gleich langer ehemaliger Einfirsthof; nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts wird der Wirtschaftsteil inzwischen ebenfalls gewerblich genutzt und ist zusammen mit dem Wohnteil mit dem Gebäude des Klägers vergleichbar und „vorbildhaft“. Das gesamte einheitlich zu betrachtende Gebäude des Klägers stellt daher keinen „Fremdkörper“ im bestehenden Dorfgebiet dar‚ sondern eine für ein Dorfgebiet geradezu typische bauliche Anlage.

Die Auffassung des Beklagten‚ zumindest der Wirtschaftsteil des Gebäudes sei nach Aufgabe der Landwirtschaft „funktionslos“ geworden und könne damit ähnlich einem „Fremdkörper“ nicht mehr für das Maß der baulichen Nutzung rahmenbildend wirken‚ ist unzutreffend. Sie verkennt, dass - anders als im Außenbereich, wo die Errichtung baulich privilegierter Vorhaben an eine spezifische Nutzung anknüpft mit der Folge, dass bei Nutzungsaufgabe die Privilegierung der baulichen Anlage entfällt und sich damit der Belang, den Außenbereich von Bebauung freizuhalten, in der Regel wieder durchzusetzen vermag - im Innenbereich, der einer Bebauung und Nutzung im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB grundsätzlich offensteht, die bloße Nutzungsaufgabe nicht dazu führt, dass das Gebäude seine das Maß der baulichen Nutzung prägende Kraft verliert, solange die Verkehrsauffassung damit rechnet, dass das Gebäude oder ein an seiner Stelle zu errichtender Ersatzbau einer der Eigenart der näheren Umgebung entsprechenden Nutzung zugeführt wird. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass aufgegebene Nutzungen nicht mehr in der Lage sind, die Eigenart der näheren Umgebung im Hinblick auf die Art der baulichen Nutzung zu prägen (vgl. BVerwG, U. v. 18.5.1995 - 4 C 20.94 - BVerwGE 98, 235). Denn die maßstabsbildende Kraft der vorhandenen Bebauung ist für jedes einzelne der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten rahmenbildenden Kriterien gesondert zu prüfen (vgl. BVerwG, B. v. 13.5.2014 - 4 B 38.13 - ZfBR 2014, 574; U. v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris)

Vorliegend kann nicht die Rede davon sein‚ dass sich die Verkehrsauffassung darauf eingestellt hat‚ dass nach Aufgabe der Landwirtschaft auf dem ehemaligen Hofgrundstück des Klägers keinerlei andere Nutzung mehr stattfinden werde; vielmehr hat sich in der ehemaligen Hofstelle seit langen Jahren im Wohnteil nach Bildung von zwei Wohneinheiten eine allgemeine Wohnnutzung und im Wirtschaftsteil eine gewerbliche Nutzung des Erdgeschosses - jeweils mit grundsätzlicher Zustimmung des Beklagten - etabliert (BVerwG‚ B. v. 7.5.1991 - 4 B 52.91 - NVwZ 1991‚ 1075). Auch wenn der Bestandschutz der früheren (landwirtschaftlichen) Nutzung erloschen ist‚ so dass sie keine prägende Wirkung mehr besitzt‚ sind in dem Gebäude dauerhaft neue Nutzungen lange vor den hier streitgegenständlichen Nutzungen aufgenommen worden. Das Vorbringen des Beklagten, ein Teil des Gebäudes werde nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung nunmehr einer Wohnnutzung zugeführt, blendet die dargestellten und längst erfolgten Nutzungsänderungen aus. Im Übrigen würde das hier gefundene Ergebnis auch dann nicht anders ausfallen‚ wäre die Nutzung als landwirtschaftliches Wohn- und Stallgebäude erst aktuell aufgegeben worden, weil auch in diesem Fall die Verkehrsauffassung nicht davon ausgeht, dass Betriebsgebäude, die zu landwirtschaftlichen Hofstellen im Innenbereich gehörten, nach Beendigung der landwirtschaftlichen Nutzung keiner Nachfolgenutzung zugeführt werden.

Zu keinem anderen Ergebnis vermag auch die vom Beklagten angeregte „Aufspaltung“ des Gebäudes in zwei Teile zu führen‚ einen „Wohnteil‚ der prägt‚ und einen nicht rahmenbildenden Wirtschaftsteil“‚ der sich über den ehemaligen Wirtschaftsteil erstrecken soll. Dieser Gedanke übersieht bereits den Umstand‚ dass es sich um ein eine bauliche Einheit bildendes Gebäude handelt‚ das nicht wie zwei unabhängig voneinander bestehende Gebäude behandelt werden kann‚ deren prägende Wirkungen grundsätzlich unterschiedlich beurteilt werden können.

Ebenso wenig führt die Einstufung des ehemaligen Wirtschaftsteils als Gebäude, das nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dient, oder als „landwirtschaftliches Nebengebäude“, das schon wegen einer lediglich der Hauptnutzung dienenden Hilfsfunktion keine prägende Kraft haben könne (vgl. BVerwG‚ U. v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris), zu einem sachgerechten Ergebnis. Zum einen handelt es sich - wie dargestellt - um ein nunmehr gewerblich genutztes Gebäude. Zum anderen stehen zumindest bei einem unmittelbar an den landwirtschaftlichen Wohnteil angebauten Wirtschaftsteil (sog. Einfirsthof) nicht nur der Umbau und die Nutzungsänderung einer „Nebenanlage“ in Rede. Landwirtschaftliche Ställe, Maschinen- oder Lagerhallen sind grundsätzlich ungeachtet ihrer Größe‚ die diejenige von Wohngebäuden naturgemäß und teilweise erheblich übersteigt‚ bei enger räumlicher und funktionaler Verbindung der Betriebsgebäude „als Teil der landwirtschaftlichen Hofstellen für eine organische dörfliche Siedlungsstruktur kennzeichnend“ (vgl. BayVGH, U. v. 29.7.2015 - 1 N 12.1189 - juris)‚ obwohl diese Betriebsgebäude für sich genommen kein ausreichendes siedlungsstrukturelles Gewicht beanspruchen können. Es erscheint sachfremd‚ im Rahmen einer landwirtschaftlichen Betätigung im Innenbereich‚ die gerade den Bestand von „Wirtschaftsstellen“ (vgl. § 5 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO) landwirtschaftlicher Betriebe und der dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude voraussetzt‚ ausschließlich die letzteren als Hauptnutzung und damit rahmenbildend für das Maß der baulichen Nutzung anzusehen‚ obwohl das Wohnen dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen muss, ihm also „folgt“ und nicht unabhängig von ihm stattfindet. Der Ansatz des Beklagten verkennt, dass mit der Einordnung eines Bauwerks als „Nebenanlage im weiteren Sinn“ ebenso wie mit dem Abstellen auf eine vorübergehende Nutzung nur Hilfskriterien formuliert werden, anhand derer die maßstabsbildende Kraft eines Bauwerks in aller Regel beurteilt werden kann, letztmaßgeblich aber die Umstände des Einzelfalls bleiben (vgl. BVerwG, U. v. 30.6.2015 a. a. O. Rn. 20‚ 21). Da Hofstellen auch nach der Aufgabe des landwirtschaftlichen Betriebs mit ihren vergleichsweise großen Gebäudevolumina für den Betrachter optisch präsent bleiben, verliert die im faktischen Dorfgebiet anzutreffende Siedlungsstruktur nicht jede Kontur, wenn Wirtschaftsteile von ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstellen den städtebaulichen Charakter des Gebiets mitbestimmen.

Ist der ehemalige Einfirsthof im Rahmen der Eigenart der näheren Umgebung zu berücksichtigen, so fügt sich das Bauvorhaben des Klägers nach der (unverändert gebliebenen) Grundfläche‚ der (etwas verringerten) Firsthöhe und der (um ein Geschoss erhöhten) Geschossigkeit ohne weiteres in die nähere Umgebung ein. Der Vortrag des Beklagten‚ es gebe in der näheren Umgebung kein derartig langes Wohngebäude‚ widerspricht dem Grundsatz‚ dass im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB Art und Maß der baulichen Nutzung ebenso wie das Merkmal der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche jeweils unabhängig voneinander zu prüfen sind und daher nicht ein artspezifisches Nutzungsmaß zu ermitteln ist (vgl. BVerwG‚ U. v. 15.12.1994 - 4 C 19.93 - NVwZ 1995, 897). Fügt sich ein Vorhaben -wie hier - seiner Art nach ein‚ so kommt es im Rahmen der Prüfung‚ ob es sich auch dem Maß nach einfügt‚ nicht darauf an‚ welches Maß von anderen baulichen Anlagen gleicher Art in der näheren Umgebung bereits verwirklicht ist. Im Übrigen trifft der Vorwurf des Beklagten‚ es entstehe ein über 30 m langes Wohnhaus‚ nicht zu‚ weil bereits 1992 im Erdgeschoss des Wirtschaftsteils eine gewerbliche Nutzung genehmigt wurde‚ die sich über ca. 60% der Grundfläche des gesamten Gebäudes erstreckt und damit in etwa den Verhältnissen auf den benachbarten Grundstück Fl. Nr. 322/2 entspricht. Zudem sieht das Vorhaben die Einrichtung von zwei Büroräumen im ersten Obergeschoss vor‚ so dass schon im Hinblick auf die gewerbliche Nutzung nicht von einem (einheitlich) zu Wohnzwecken genutzten‚ über 30 m langen Gebäude gesprochen werden kann. Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang‚ ob die jeweilige Nutzungsart auch äußerlich ablesbar ist oder nicht.

Durch den Einbau einer weiteren Geschossdecke für das Dachgeschoss erhöht sich zwar die Geschossfläche. Allerdings tritt diese Größe hinter die anderen Maßfaktoren zurück (BVerwG‚ U. v. 23.3.1994 - 4 C 18.92 - BVerwGE 95‚ 277). Da im unbeplanten Innenbereich konkrete Maßfestsetzungen zur Geschossfläche fehlen‚ an denen das Vorhaben gemessen werden könnte‚ ist auch der aus der vorhandenen Bebauung ableitbare Maßstab notwendigerweise ungenau; daher ist - wie bereits dargestellt - entscheidend auf die nach außen wahrnehmbar in Erscheinung tretenden Maße abzustellen‚ denn sie prägen das Bild der maßgeblichen Umgebung und bieten sich daher als Bezugsgrößen an. Die absolute Größe der Geschossfläche bleibt hier ohne Bedeutung‚ weil sie bereits durch das Kriterium der Anzahl der Geschosse erfasst wird. Der Beklagte räumt selbst ein‚ dass sich im maßgeblichen Baugebiet auf Grundstück Fl. Nr. 326/1 bereits ein dreigeschossiges Gebäude befindet, wobei der Umstand, dass es eine Länge von nur etwa 18 m aufweist‚ im Hinblick auf das Merkmal der Geschossigkeit unerheblich ist. Im Rahmen des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB werden die einzelnen Kriterien der Grundfläche, der Höhe und der Geschossigkeit‚ die das Maß der baulichen Nutzung konkretisieren‚ nicht nur durch einzelne Gebäude in ihrer konkreten Ausgestaltung, sondern durch alle, die Eigenart der näheren Umgebung prägenden Gebäude in ihrer Gesamtheit bestimmt. Daraus folgt, dass sich ein dreigeschossiges Gebäude auch dann einfügt, wenn es eine größere Grundfläche aufweist als ein ansonsten maßstabsbildendes dreigeschossiges Gebäude.

Wenn der Beklagte darauf hinweist‚ durch die Zulassung des Vorhabens entstünden städtebauliche Spannungen, weil nunmehr auch an anderen ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstellen im verstärkten Maße Wohnungen eingerichtet würden‚ ein erhöhtes Verkehrsaufkommen entstehe‚ die vorhandenen aktiven landwirtschaftlichen Betriebe bedrängt würden und es insgesamt zu einer „schleichenden Veränderung des bisherigen Charakters eines Dorfgebiets“ komme‚ verkennt diese Argumentation die mit § 34 Abs. 1 BauGB für den unbeplanten Innenbereich vorfolgte Zielsetzung. Sein Ziel ist es nicht, der langsamen Veränderung des Charakters eines faktischen Baugebiets entgegenzuwirken oder Veränderungen in der Siedlungsstruktur vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Entwicklungen, wie dem Strukturwandel der Landwirtschaft zu verhindern. Die Vorschrift bietet keine Handhabe‚ überkommene Strukturen zu perpetuieren (Gänslmayer/Hauth, a. a. O. § 34 Rn. 65). § 34 BauGB vermag auch nicht das Funktionsloswerden eines Dorfgebietes aufzuhalten. Der innere Grund für die Rechtsfolge des § 34 BauGB liegt allein darin‚ eine nach der tatsächlich vorhandenen Siedlungsstruktur angemessene Fortentwicklung der Bebauung eines Bereichs zuzulassen (vgl. BVerwG‚ U. v. 30.5.2015‚ a. a. O.; U. v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - juris). Im unbeplanten Innenbereich wird ein maßgeblich von der Umgebungsbebauung abhängiges Baurecht eingeräumt und damit den verfassungsrechtlichen Gewährleistungen des Art. 14 GG entsprochen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a. O., § 34 Rn. 7‚ 8). Die Vorschrift befasst sich also mit der Frage‚ welche konkreten Vorhaben im bestimmten Baugebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind, und gewährleistet dort siedlungsstrukturell angemessene Verhältnisse‚ wo eine Gemeinde ihre Planungshoheit nicht ausgeübt hat. Eine darüber hinausgehende Funktion etwa in dem Sinn‚ gewisse städtebaulich als wünschenswert angesehene dörfliche Strukturen zu erhalten‚ kommt ihr nicht zu.

Die Befürchtung des Beklagten‚ mit der bauplanungsrechtlichen Zulassung des Vorhabens würde künftig der Einbau von großen Wohn- oder Gewerbeeinheiten in (ehemalige) Scheunen und Ställe nach Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung im Dorfgebiet möglich, weil sie sich als rahmenbildende Gebäude darstellen und sich die neuen Nutzungen nach dem Maß der baulichen Nutzung einfügen würden‚ trifft nicht zu. Vielmehr kommt es nach wie vor auf die jeweiligen Verhältnisse des konkreten Einzelfalles an‚ der im hier zu entscheidenden Fall durch die einheitliche Betrachtung des nach Art eines Einfirsthofs aufgebauten Gebäudes gekennzeichnet ist. Es ist damit auch in Zukunft nicht ausgeschlossen‚ Ställe, Scheunen oder sonstige Bauwerke mit aus dem Rahmen fallender Kubatur im Hinblick auf das Maß der baulichen Nutzung als nicht rahmenbildend auszuschließen‚ wenn dies die konkreten Verhältnisse nahe legen. So hat das Bundesverwaltungsgericht (U. v. 30.6.2015‚ a. a. O. juris Rn. 21) in dem von ihm entschiedenen Fall‚ in dem es um die rahmenbildende Wirkung von bis zu 95 m langen Gewächshäusern ging‚ die Gefahr gesehen‚ dass die Siedlungsstruktur der näheren Umgebung hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung „jede Kontur verlöre“‚ wenn die Gewächshäuser für den städtebaulichen Charakter des Gebiets als prägend angesehen würden und daher für die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit künftiger Bauvorhaben maßstabsbildend wären. Im vorliegenden Fall vermag der Senat eine vom Vorhaben des Klägers für den Ortsteil P. ausgehende entsprechende Gefahr nicht zu erkennen. Im Übrigen verbleibt dem Träger der Planungshoheit nach wie vor die Möglichkeit‚ im Wege der Bauleitplanung die jeweils gewünschte städtebauliche Entwicklung abzusichern.

1.2 Das Vorhaben beeinträchtigt entgegen der Annahme des Beklagten das Ortsbild nicht (§ 34 Abs. 1 Satz 2‚ 2. Halbs. BauGB). Dies folgt schon aus dem Umstand‚ dass der ehemalige Wirtschaftsteil in seiner Kubatur nahezu unverändert bleibt, während seine Grundfläche - infolge des geplanten Abbruchs dreier kleinerer Anbauten - und seine Höhe sogar etwas reduziert wird. Lediglich der erstmalige Aufbau eines Dachgeschosses mit den fünf, vom Beklagten als „übermäßig“ kritisierten Dachgauben und die von außen erkennbare Nutzung als dreigeschossiges Gebäude kommt neu hinzu. Zwar sind die Dachgauben grundsätzlich für das Ortsbild relevant; im vorliegenden Fall vermögen sie allerdings ein wie auch immer definiertes Ortsbild schon deswegen nicht zu beeinträchtigen‚ weil sich in der näheren Umgebung auf den Grundstücken Fl. Nr. 45/3 und 326/1 bereits Gebäude mit vergleichbar auffälligen Dachaufbauten befinden. In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte außerdem bestätigt, dass das mit Vorbescheid gebilligte Wohnbauvorhaben auf dem unmittelbar benachbarten Grundstück Fl. Nr. 45/2 ebenfalls Dachgauben erhalten soll. Von einer in „ästhetischer Hinsicht grob unangemessenen“ Belastung des gewachsenen dörflichen Ortsbilds durch das streitgegenständliche Vorhaben kann nicht die Rede sein. Es kann daher offenbleiben, ob der Ortsteil P. überhaupt ein bauplanungsrechtlich beachtliches besonderes Ortsbild besitzt und worin seine Wertigkeit für die Allgemeinheit‚ d. h. der besondere Charakter‚ der dem Ort eine aus dem üblichen herausragende Prägung verleiht, bestehen soll (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg‚ a. a. O. § 34 Rn. 68).

2. Es sind auch keine sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften erkennbar‚ die dem Bauvorhaben entgegenstehen würden und die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind (Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO).

Insbesondere löst das streitgegenständliche Vorhaben nicht den vom Beklagten behaupteten Stellplatzbedarf in Höhe von elf Stellplätzen aus; vielmehr reichen die im Bauantrag nachgewiesenen sechs Stellplätze aus. Ungeachtet des Umstands‚ dass der Kläger den Stellplatzbedarf für die weiteren Nutzungen im Gebäude -insbesondere für die zwei bestehenden Wohnungen (im ehemaligen landwirtschaftlichen Wohnteil) und die gewerbliche Lagernutzung im Erdgeschoss (des ehemaligen Stallteils) - offenbar im Rahmen der in den vergangenen Jahren erteilten Baugenehmigungen nachgewiesen hat‚ bliebe die Nichterfüllung der aus früher genehmigten Nutzungen ausgelösten Stellplatzpflicht unbeachtlich. Maßgeblich nach Art. 47 Abs. 1 Satz 2 BayBO ist nämlich nicht der absolute Bedarf‚ der für das gesamte Gebäude festzustellen ist‚ sondern nur der durch die hier streitgegenständliche Änderung ausgelöste Mehrbedarf mit der Folge‚ dass der bisherige Bedarf‚ auch wenn er nicht erfüllt worden sein sollte‚ als Folge des den bisherigen Nutzungen zukommenden Bestandsschutz außer Betracht zu bleiben hat (vgl. BayVGH‚ B. v. 22.4.2004 - 20 B 03.2531 - juris Rn. 19; Würfel in Simon/Busse‚ Stand: Mai 2015‚ Art. 47 Rn. 71).

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte‚ dessen Rechtsmittel ohne Erfolg geblieben ist (§ 154 Abs. 2 VwGO).

Der Ausspruch über die Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf §§ 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 706 ff. ZPO.

Die Revision ist nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen‚ weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat‚ in welchem Umfang ehemals landwirtschaftlich genutzte Gebäude mit großer Kubatur‚ die nicht dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen, gleichwohl den maßstabsbildenden Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung abgeben können. In diesem Zusammenhang erscheint außerdem die Abgrenzung zwischen Hauptnutzungen einerseits und Nebennutzungen im weiteren Sinne andererseits fortentwicklungsbedürftig (vgl. BVerwG‚ U. v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 10. April 2014 wird der Streitwert für beide Rechtzüge auf jeweils 30.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1‚ § 47 Abs. 4 Satz 1‚ § 39 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 GKG. Sie orientiert sich an Nr. 9.1.1.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Beilage 2/2013 zu NVwZ 23/2013). Weil nicht nur das Baurecht für zwei Wohnungen‚ sondern darüber hinaus auch die Genehmigung für zwei Büroräume eingeklagt wird‚ war der Streitwert gegenüber dem vom Verwaltungsgericht festgesetzten Streitwert um 10.000‚- Euro zu erhöhen. Die Abänderungsbefugnis des Rechtsmittelgerichts ergibt sich dabei aus § 63 Abs. 3 GKG.

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

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(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 schriftlich einzulegen. Die Revisions

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(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

1 N 12.1189

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 29. Juli 2015

1. Senat

Sachgebietsschlüssel: 920

Hauptpunkte:

Klarstellungs- und Einbeziehungssatzung; Ortsteilqualität eines von Hofstellen geprägten Siedlungskomplexes; fehlerhafte Festlegung des Innenbereichs; Voraussetzungen der Einbeziehungssatzung.

Rechtsquellen:

In der Normenkontrollsache

...

gegen

Gemeinde ...

vertreten durch den ersten Bürgermeister, ...

- Antragsgegnerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beigeladen:

1. ...

2. ...

bevollmächtigt zu 2: Rechtsanwälte ...

beteiligt: ... als Vertreter des öffentlichen Interesses, L-str. ..., M.,

wegen Unwirksamkeit der „Klarstellungs- und Ergänzungssatzung ...“;

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 1. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dhom, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Lorenz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dihm aufgrund mündlicher Verhandlung vom 28. Juli 2015 am 29. Juli 2015

folgendes Urteil:

I.

Die „Klarstellungs- und Ergänzungssatzung H.“ ist unwirksam.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Antragsteller, der seit 2002 einen landwirtschaftlichen Betrieb im Geltungsbereich der Satzung führt, wendet sich gegen die „Klarstellungs- und Ergänzungssatzung H.“, die die Antragsgegnerin am 27. März 2012 als Satzung beschlossen und am 4. Mai 2012 bekannt gemacht hat.

Nachdem das Verwaltungsgericht München im Jahr 2010 H. als einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil eingestuft hatte, plante die Antragsgegnerin ursprünglich, eine Satzung nach § 34 Abs. 4 BauGB mit größerem Umgriff zu beschließen, der auch die Hofstelle des Antragstellers in vollem Umfang erfasst hätte. Nach Bedenken einiger Grundstückseigentümer und des zuständigen Landratsamts wurde der Satzungsentwurf nach Abstimmung mit mehreren Grundstückseigentümern und dem Landratsamt geändert. Die Satzung legt für die aus vier aktiven und fünf ehemaligen landwirtschaftlichen Hofstellen bestehende Bebauung die Grenzen des im Zusammenhang bebauten Ortsteils fest. Der östliche Teil des Grundstücks des Antragstellers, das mit einer Garage und einem Schuppen bebaut ist, wird von der Klarstellungssatzung nicht erfasst. Das im Osten des Satzungsgebiets gelegene Grundstück FlNr. 4644/2, das dem Beigeladenen zu 2 gehört und mit einem Nebengebäude bebaut ist, sowie eine ebenfalls dem Beigeladenen zu 2 gehörende Teilfläche des Grundstücks FlNr. 4644 werden nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB in den Bebauungszusammenhang einbezogen. Die etwa 1.500 m² große Fläche soll der künftigen Erweiterung des Glasereibetriebs des Beigeladenen zu 2 dienen, den dieser derzeit noch auf der Hofstelle seines Bruders in H. betreibt und nach Genehmigung der entsprechenden Nutzungsänderung in die von ihm erworbene ehemalige Hofstelle (FlNr. 4627/1) verlagern will.

Seinen Normenkontrollantrag vom 24. Mai 2012 begründet der Antragsteller im Wesentlichen damit, dass auch der östliche Teil seines Grundstücks FlNr. 4621 dem Innenbereich angehöre. Wegen des Nutzungszusammenhangs mit der landwirtschaftlichen Hofstelle erstrecke sich der Bebauungszusammenhang bis zum Wegegrundstück FlNr. 4643, das eine Zäsur zum Außenbereich darstelle. Dass die Antragsgegnerin die Nebenanlagen auf den Grundstücken FlNr. 4606/1 und 4613 nicht in den Bebauungszusammenhang einbezogen habe, liege auf der Hand, weil es sich um ein Fahrsilo und um ein von der Hofstelle deutlich abgesetztes Nebengebäude handele, rechtfertige aber nicht die Grenzziehung auf seinem Grundstück. Da die Antragsgegnerin die Grenze des Bebauungszusammenhangs fehlerhaft festgelegt habe, sei die Satzung unwirksam. Darüber hinaus sei die Einbeziehung von Teilflächen des Grundstücks FlNr. 4644/2 in den im Zusammenhang bebauten Ortsteil abwägungsfehlerhaft, weil sie auf die Entwicklungsbelange der landwirtschaftlichen Betriebe nicht ausreichend Rücksicht nehme, sondern allein dem Erweiterungsinteresse eines dort noch nicht ansässigen Gewerbebetriebs diene. Gegen die dem Beigeladenen zu 2 erteilte Baugenehmigung habe er Klage erhoben, über die noch im Berufungsverfahren 1 B . zu entschieden sei. Im Übrigen würde die einbezogene Fläche nicht durch die angrenzende Bebauung geprägt.

Er beantragt,

die „Klarstellungs- und Ergänzungssatzung H.“ für unwirksam zu erklären.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Nach ihrer Auffassung sei die Verbindung der Klarstellungs- mit der Einbeziehungssatzung zulässig. Es genüge, dass sich aus der Satzungsbegründung ergebe, welche Grundstücke nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB in den Innenbereich einbezogen würden. H. sei ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil. Die Siedlungsstruktur der Gemeinde L. sei von zwei größeren Ortschaften (L. und Z.), einigen kleinen Ortsteilen wie H., W., P. und R. sowie kleineren Siedlungssplittern geprägt. Die Bebauung in H. habe daher ausreichendes Gewicht und sei Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Der östliche Teil des Grundstücks des Antragstellers einschließlich der Nebengebäude nehme, wie auch das Verwaltungsgericht im Urteil vom 26. November 2010 festgestellt habe, nicht am Bebauungszusammenhang teil. Der rückwärtige Feldweg stelle keine Grenze dar, bis zu der der Bebauungszusammenhang reiche. Vielmehr gehöre der östliche Teil zu den baumbestandenen rückwärtigen Hofbereichen, die als Übergang zur freien Landschaft das dörfliche Bild in H. prägten. Die Einbeziehung der Grundstücke FlNr. 4644/2 und 4644 sei nicht zu beanstanden. Das Grundstück FlNr. 4644/2 werde durch das Nebengebäude und die Verkehrsfläche auf dem Grundstück FlNr. 4644/1 geprägt. Die Einbeziehung diene der sinnvollen Nutzung ehemals landwirtschaftlicher Gebäude und beeinträchtige den Antragsteller nicht bei der Ausübung seiner Landwirtschaft, für die er nicht auf die Nutzung dieser Flächen angewiesen sei.

Der Beigeladene zu 2 teilt diese Auffassung, stellt aber keinen eigenen Antrag.

Der Vertreter des öffentlichen Interesses, der ebenfalls keinen Antrag stellt, hält die Satzung ebenfalls für rechtmäßig. Die Bebauung in H. habe ausreichendes siedlungsstrukturelles Gewicht. Dass die einzelnen Hofgrundstücke teilweise durch größere unbebaute Flächen voneinander abgesetzt seien, sei der dörflichen Struktur immanent. Die deklaratorische Grenzziehung zwischen Außen- und Innenbereich sei nicht zu beanstanden. Die Einbeziehung des Grundstücks FlNr. 4644/2, das durch die angrenzende Bebauung geprägt sei, diene der Ansiedlung einer Glaserei, die im faktischen Dorfgebiet zulässig sei.

Der Senat hat H. und W. besichtigt. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift und die dazu gehörende Fotodokumentation Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die Normaufstellungsakten und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Antrag hat Erfolg. Zwar kommt der Bebauung in H. das für eine nach der Siedlungsstruktur angemessene bauliche Fortentwicklung notwendige Gewicht zu (1.). Jedoch hat die Antragsgegnerin im östlichen Teil des Grundstücks des Antragstellers die Grenze des Innenbereichs nicht zutreffend bestimmt (2.). Darüber hinaus konnten die unbebauten Teilflächen der Grundstücke FlNr. 4644/2 und 4644 nicht in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen werden, weil sie nicht von der vorhandenen Bebauung geprägt werden (3.).

1. Ein (im Zusammenhang bebauter) Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB setzt einen Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde voraus, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 - IV C 47.68 - Buchholz 406.11 § 19 BBauG Nr. 20). Unter Bebauung ist jedoch nicht jede beliebige bauliche Anlage zu verstehen. Vielmehr gehören dazu nur Bauwerke von ausreichendem siedlungsstrukturellem Gewicht (vgl. BVerwG, U.v. 14.9.1992 - 4 C 15.90 - NVwZ 1993, 985). Nicht dazu zählen Gebäude wie Scheunen oder Gewächshäuser, die lediglich eine der Hauptnutzung dienende Hilfsfunktion haben und deshalb für sich genommen nichts zu einer organischen Siedlungsstruktur beitragen können (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris Rn. 20). Allerdings kann das Vorliegen eines Ortsteils nicht nach generellen Maßstäben bestimmt werden, sondern hängt von den örtlichen Verhältnissen und insoweit vor allem von der Eigenart und Funktion der Bebauung sowie von ihrem Verhältnis zu der sonst im Gemeindegebiet vorhandenen Bebauung ab (vgl. BVerwG, U.v. 6.11.1968 a. a. O.).

Wendet man diese Kriterien auf den vorliegenden Fall an, ist H. als Ortsteil im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB einzustufen. Der Siedlungskomplex wird durch vier große landwirtschaftliche Hofstellen von auf Rinderhaltung ausgerichteten Betrieben geprägt. Neben den Wohngebäuden und Ställen - wobei diese teilweise im selben Gebäude untergebracht sind - findet sich noch eine Vielzahl von Maschinen- und Lagerhallen sowie von Garagen. Ungeachtet ihrer Größe - teilweise überschreiten die Maschinen- und Lagerhallen das Volumen der Wohngebäude - sind diese Gebäude, die für sich genommen als Nebenanlagen kein ausreichendes siedlungsstrukturelles Gewicht hätten, als Teil der landwirtschaftlichen Hofstellen für eine organische dörfliche Siedlungsstruktur kennzeichnend. Dazu gehören alle Gebäude, die räumlich und funktional unmittelbar dem Betriebs- und Wohnsitz des Landwirts zugeordnet sind. Zusätzlich finden sich in H. auf den Grundstücken der fünf ehemaligen Hofstellen insgesamt sechs - teils neu errichtete, teils umgebaute - Wohngebäude mit bis zu drei Wohnungen. Dazu kommen Werkstatt und Lagerräume der Glaserei des Beigeladenen zu 2, die in den landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden auf der Hofstelle seines Bruders in H. untergebracht ist, sowie die Kirche mit ihrem Friedhof. Angesichts der Tatsache, dass die Gemeinde L. durch eine ländliche Siedlungsstruktur mit zwei größeren Ortschaften, einigen kleineren Siedlungseinheiten und im Übrigen durch Streubebauung gekennzeichnet ist, kommt den vier Hofstellen, den sechs Wohngebäuden, dem Handwerksbetrieb und der Kirche ein noch ausreichendes siedlungsstrukturelles Gewicht für eine angemessene bauliche Fortentwicklung zu. Für die Ortsteilqualität spricht insbesondere, dass sich H. nach der Anzahl der maßstabsbildenden Gebäude und wegen seiner kompakten baulichen Entwicklung beidseits der Hauptstraße deutlich von den kleineren und stärker ausufernden Siedlungseinheiten in W. und P. abhebt. Die Antragsgegnerin konnte daher grundsätzlich von der Satzungsermächtigung in § 34 Abs. 4 Satz 1 BauGB Gebrauch machen.

2. Allerdings hat die Antragsgegnerin auf dem Grundstück des Antragstellers die Grenze des Bebauungszusammenhangs nicht zutreffend festgelegt. Der Gemeinde kommt im Rahmen der Klarstellungssatzung nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB kein planerischer Spielraum zu. Vielmehr ist sie hierbei an die Grenzen des tatsächlich vorhandenen Innenbereichs gebunden (vgl. BVerwG, U.v. 22.9.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12). Nach dem bei der Ortsbesichtigung gewonnenen Eindruck nimmt die auf dem Grundstück des Antragstellers östlich des Stallgebäudes gelegene Garage noch am Bebauungszusammenhang teil. Zwar kann die Garage als der landwirtschaftlichen Hauptnutzung zugeordnete Nebenanlage einen Bebauungszusammenhang nicht selbst herstellen (vgl. BVerwG, U.v. 30.6.2015 - 4 C 5.14 - juris). Gleichwohl nimmt sie trotz ihrer etwas abgesetzten Lage hinter dem Stallgebäude noch an dem von der Hofstelle vermittelten Bebauungszusammenhang teil. Durch die Zufahrt entlang der Hofstelle wird die Garage ohne weiteres erkennbar der Gesamtanlage zugeordnet mit der Folge, dass dieser Teil des Grundstücks noch am Eindruck der Geschlossenheit (Zusammengehörigkeit) teilnimmt (vgl. BVerwG, U.v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - NVwZ 1994, 294). Diese Erkennbarkeit fehlt jedoch bei dem ebenfalls östlich des Stallgebäudes gelegenen baufälligen Holzschuppen, der aufgrund seiner Holzbauweise und seiner Lage der freien Landschaft zugeordnet ist. Für die dem landwirtschaftlichen Betrieb des Antragstellers erkennbar zugeordnete Garage kann nichts anderes gelten als für das nördliche Garagengebäude des Beigeladenen zu 2, das ebenfalls abgesetzt von den übrigen Gebäuden liegt und das die Antragsgegnerin - zusammen mit der unbebauten Fläche östlich des Garagengebäudes, die wegen des dort ansteigenden Geländes bereits dem Außenbereich angehört und daher zu Unrecht in die Klarstellungssatzung einbezogen worden ist - ohne weiteres dem Innenbereich zugeordnet hat. Entgegen der Auffassung des Antragstellers reicht der Bebauungszusammenhang allerdings nicht bis zum öffentlich gewidmeten Feldweg, der die südliche und östliche Grundstücksgrenze begleitet. Zwar können topographische Verhältnisse, aber auch Straßen und Wege im Einzelfall eine Zäsur darstellen, die auch unbebaute Flächen noch am Bebauungszusammenhang teilnehmen lassen (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1990 - 4 C 40.47 - NVwZ 1991, 879). Vorliegend kommt dem in Natur kaum in Erscheinung tretenden Weg jedoch keine den Innen- vom Außenbereich abgrenzende Wirkung zu. Vielmehr beginnt ungeachtet der Hecke an der Grundstücksgrenze der Übergang in die freie Landschaft und damit der Außenbereich bereits östlich und südlich der Garage. Da die Antragsgegnerin gleichwohl die Reichweite des Innenbereichs nicht richtig festgelegt hat, ist die Klarstellungssatzung unwirksam.

3. Unwirksam ist die Satzung auch, soweit die Antragsgegnerin die östliche Teilfläche des Grundstücks FlNr. 4644/2 und die südliche Teilfläche des Grundstücks FlNr. 4644 in den Geltungsbereich der Satzung einbezogen hat. Nach § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB kann die Gemeinde einzelne Außenbereichsflächen in einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt werden. Daran fehlt es bei den beiden dem Beigeladenen zu 2 gehörenden Teilflächen. Wie die Antragsgegnerin zutreffend erkannt hat, endet der Bebauungszusammenhang am Ortsrand regelmäßig und auch im vorliegenden Fall mit dem letzten Baukörper (vgl. BVerwG, B.v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277). Da in das östlich des öffentlich gewidmeten Feldwegs liegende Garagengebäude nur von Westen aus eingefahren werden kann und die Garage durch die gemeinsame Hoffläche mit den Gebäuden auf dem westlich gelegenen Grundstück FlNr. 4627/1 zu einer funktionalen Einheit verbunden ist, wird die unbebaute Fläche östlich des Garagengebäudes nicht durch die angrenzende Bebauung geprägt. Vielmehr sind die im Halbkreis stehenden Gebäude auf den Grundstücken FlNr. 4627/1 und 4644/2 auf die nur nach Süden offene Hoffläche ausgerichtet, was einer prägenden Wirkung der an den Halbkreis anschließenden Freiflächen entgegensteht. An dieser Einschätzung vermag auch die im Osten vorbeiführende, nunmehr geringfügig nach Norden verschobene Gemeindestraße nichts zu ändern. § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB lässt eine Begrenzung der Fläche durch einen Straßenverlauf nicht ausreichen, sondern verlangt vielmehr eine Prägung durch eine bauliche Nutzung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Eine Kostenerstattung für die Beigeladenen nach § 162 Abs. 3 VwGO kommt nicht in Betracht, weil sie keine Anträge gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt haben. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 709 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 15.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 und 8 GKG. Dabei orientiert sich der Senat an Nr. 9.8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit aus dem Jahr 2013.

(1) Dorfgebiete dienen der Unterbringung der Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe, dem Wohnen und der Unterbringung von nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben sowie der Versorgung der Bewohner des Gebiets dienenden Handwerksbetrieben. Auf die Belange der land- und forstwirtschaftlichen Betriebe einschließlich ihrer Entwicklungsmöglichkeiten ist vorrangig Rücksicht zu nehmen.

(2) Zulässig sind

1.
Wirtschaftsstellen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe und die dazugehörigen Wohnungen und Wohngebäude,
2.
Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäude mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen,
3.
sonstige Wohngebäude,
4.
Betriebe zur Be- und Verarbeitung und Sammlung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse,
5.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
6.
sonstige Gewerbebetriebe,
7.
Anlagen für örtliche Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
8.
Gartenbaubetriebe,
9.
Tankstellen.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Die Revision ist bei dem Gericht, dessen Urteil angefochten wird, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 schriftlich einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht eingelegt wird. Die Revision muß das angefochtene Urteil bezeichnen.

(2) Wird der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision abgeholfen oder läßt das Bundesverwaltungsgericht die Revision zu, so wird das Beschwerdeverfahren als Revisionsverfahren fortgesetzt, wenn nicht das Bundesverwaltungsgericht das angefochtene Urteil nach § 133 Abs. 6 aufhebt; der Einlegung einer Revision durch den Beschwerdeführer bedarf es nicht. Darauf ist in dem Beschluß hinzuweisen.

(3) Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils oder des Beschlusses über die Zulassung der Revision nach § 134 Abs. 3 Satz 2 zu begründen; im Falle des Absatzes 2 beträgt die Begründungsfrist einen Monat nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Revision. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden. Die Begründung muß einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In demselben Verfahren und in demselben Rechtszug werden die Werte mehrerer Streitgegenstände zusammengerechnet, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Der Streitwert beträgt höchstens 30 Millionen Euro, soweit kein niedrigerer Höchstwert bestimmt ist.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.