Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 04. Feb. 2019 - 4 ZB 18.399

bei uns veröffentlicht am04.02.2019

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 2.820 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Hundesteuer, soweit diese einen Betrag von 60 Euro jährlich übersteigt.

Die Klägerin hält einen Bullterrier im Gemeindegebiet der Beklagten. Diese erhebt gemäß ihrer „Satzung für die Erhebung der Hundesteuer“ (im Folgenden: Hundesteuersatzung bzw. HStS) eine Jahresaufwandsteuer für das Halten von Hunden im Gemeindegebiet. Nach § 5 Abs. 1 HStS beträgt die Steuer grundsätzlich 60 Euro; abweichend von Absatz 1 beträgt sie nach § 5 Abs. 2 HStS für jeden Kampfhund 1.000 Euro. Auf der Basis ihrer Satzung setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 20. Januar 2016 die erhöhte Hundesteuer von 1.000 Euro für das Kalenderjahr 2016 sowie für die Folgejahre fest.

Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 7. Dezember 2017 ab. Die Hundesteuersatzung sei formell und materiell rechtmäßig. Die Beklagte überschreite mit der Höhe der festgesetzten Steuer nicht ihre Kompetenz, da dem Steuersatz keine „erdrosselnde Wirkung“ zukomme. Die höhere Besteuerung von Kampfhunden verfolge einen zulässigen Lenkungszweck. Auch wenn der absolute Betrag von 1.000 Euro in einer früheren Gerichtsentscheidung als überhöht erachtet worden sei, habe dies keine präjudizielle Wirkung, weil sich in der Gesamtschau die Steuer der Beklagten nicht derart erhöht darstelle, dass sie faktisch einem Verbot der Hundehaltung gleichkomme. Hier liege die Höhe der Steuer für einen Kampfhund beim 17-fachen Wert der Steuer für einen anderen Hund und bewege sich damit etwa in der Mitte der bisher gerichtlich entschiedenen Fälle. Aus dem Vorbringen der Klägerin lasse sich nicht schließen, dass 1.000 Euro die Kosten für die Hundehaltung auf eine Art und Weise überschritten, die ein faktisches Verbot darstelle. Diesbezüglich könne weiterhin die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ als Vergleichsmaßstab herangezogen werden. Dass im Gemeindegebiet der Beklagten das durchschnittliche Einkommen auffällig niedrig wäre, sei nicht ersichtlich. Der gewählte Steuermaßstab widerspreche auch nicht dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Die von der Klägerseite gerügte Ungleichbehandlung gegenüber Freizeitzüchtern von Kampfhunden könne der Klage nicht zum Erfolg verhelfen, da der Grundtatbestand der Besteuerung auch bei einer etwaigen Rechtswidrigkeit des „Züchterprivilegs“ entsprechend § 139 BGB wirksam bestehen bliebe.

Gegen das Urteil richtet sich der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung, zu dem sich die Beklagte und der Vertreter des öffentlichen Interesses nicht geäußert haben. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.

II.

1. Der allein auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. An der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils bestehen keine ernstlichen Zweifel im Sinne dieser Norm. Solche Zweifel sind nur gegeben, wenn mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243/1244 m.w.N.).

Die Klägerin trägt vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts komme der Besteuerung sehr wohl erdrosselnde Wirkung zu. Dies ergebe sich aus dem Belastungsunterschied infolge der unterschiedlichen Steuersätze für normale und gefährliche Hunde. Der vom Gericht genannte Lenkungszweck der Steuer könne den knapp 17-fachen Satz nicht rechtfertigen, da bereits der einfache Satz der Eindämmung der Hundehaltung dienen solle. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem grundlegenden Urteil aus dem Jahr 2000 lediglich den 8-fachen Satz für noch zulässig erachtet; mehr als das Doppelte dieses Wertes stehe in keinem vernünftig begründbaren Verhältnis zum Lenkungszweck. Die Kammer verkenne die in der Hundesteuersatzung der Beklagten vorgenommene Privilegierung für Züchter und den damit nicht zu vereinbarenden Grundsatz der Steuergerechtigkeit nach Art. 3 Abs. 1 GG. Die Klägerin gehe gerade nicht davon aus, dass das Züchterprivileg unzulässig sei; vielmehr mache sie einen Anspruch auf Reduzierung ihrer zu hohen Steuer geltend, weil das Verhältnis der Steuer für das reine Halten eines Bullterriers und für die Zucht mit einem solchen Hund nicht zusammenpassten.

Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu wecken. Die von der Beklagten festgesetzte erhöhte Steuer für Kampfhunde ist sowohl dem Grunde (dazu a) als auch der Höhe nach (dazu b) nicht zu beanstanden. Insbesondere hat die in § 7 HStS geregelte Züchtersteuer keine Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit der gegenüber der Klägerin festgesetzten Hundesteuer (dazu c).

a) Nach ständiger, höchstrichterlich bestätigter Rechtsprechung des erkennenden Senats können Gemeinden auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 KAG einen erhöhten Hundesteuersatz für sogenannte Kampfhunde festsetzen (BayVGH, U.v. 26.9.2012 - 4 B 12.1389 - VGH n.F. 65, 183 = BayVBl 2013, 369; U.v. 25.7.2013 - 4 B 13.144 - KStZ 2014, 32; nachgehend BVerwG, U.v. 15.10.2014 - 9 C 8.13 - BVerwGE 150, 225 = BayVBl 2015, 241). Die Festlegung eines erhöhten Steuersatzes für die Haltung solcher Hunde, die - wie der Bullterrier der Klägerin - aufgrund sicherheitsrechtlicher Verordnung als Kampfhunde gelten, ist vom Lenkungszweck der Steuer gedeckt, die auf die Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation abzielt (vgl. nur BayVGH, B.v. 29.11.2017 - 4 CS 17.1894 - ZKF 2018, 96 = juris Rn. 7 m.w.N.). Nicht zu folgen ist dem Zulassungsvorbringen, wonach der erhöhte Steuersatz schon deswegen nicht zu rechtfertigen sei, weil bereits der einfache Satz der Eindämmung der Hundehaltung dienen solle. Wie sich aus der Systematik des § 5 HStS ergibt, dient lediglich der deutlich erhöhte Steuersatz des § 5 Abs. 2 für Kampfhunde dem genannten Lenkungszweck. Der einfache Steuersatz des § 5 Abs. 1, der im bayernweiten Vergleich einen Mittelwert darstellt (vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, Bayerisches Kommunalabgabengesetz, 3. Aufl. Stand Juni 2016, Erl. 27h zu Art. 3 KAG), knüpft - entsprechend dem Charakter der Hundesteuer als Aufwandsteuer - an den Aufwand für die Hundehaltung und die darin typischerweise zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit an; für den von der Klägerseite darüber hinaus unterstellten prohibitiven Lenkungszweck sind keine Anhaltspunkte ersichtlich.

b) Die Kampfhundesteuer trifft auch hinsichtlich der in der 3. Änderungssatzung vom 10. März 2015 festgelegten Höhe von 1.000 Euro, die weniger als die Hälfte des von der Beklagten zuvor angesetzten Steuersatzes von 2.200 Euro beträgt, nicht auf rechtliche Bedenken. Dies ergibt sich aus einem Vergleich mit den allgemeinen Hundehaltungskosten, für den - wie bereits das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - weiterhin die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ von Prof. Dr. O. und Dr. Z2. aus dem Jahr 2006 herangezogen werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 25.7.2013 - 4 B 13.144 - KStZ 2014, 32 = juris Rn. 25). Anhaltspunkte dafür, dass die Studie überholt oder unzutreffend wäre, sind weder im Zulassungsvorbringen dargelegt noch sonst ersichtlich. Die in der Studie ermittelten durchschnittlichen Hundehaltungskosten von 900 bis 1.000 Euro jährlich dürften sich seither allenfalls erhöht und nicht verringert haben; zudem sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitere Kosten hinzuzurechnen (BVerwG, U.v. 15.10.2014 - 9 C 8.13 - BVerwGE 150, 225 = BayVBl 2015, 241 Rn. 28 ff.). Ein absoluter Jahressteuersatz von 1.000 Euro, der dem jährlichen Aufwand für die Hundehaltung - wenn überhaupt - gleichkommt, ist daher nicht zu beanstanden. Werte in dieser Größenordnung wurden bereits frühzeitig vom erkennenden Senat gebilligt (vgl. BayVGH, B.v. 24.6.2009 - 4 ZB 08.2507 - juris: 1.050 Euro) und stehen auch mit der jüngeren obergerichtlichen Rechtsprechung in Einklang (vgl. nur OVG SH, U.v. 22.6.2016 - 2 LB 34/15 - ZKF 2016, 263 = juris Rn. 27 ff.: 1.200 Euro). Die in der Zulassungsbegründung zitierte ältere, insoweit als überholt anzusehende Rechtsprechung führt ebenso wenig zu einer anderen Beurteilung wie der von der Klägerseite monierte 17-fache Erhöhungsfaktor gegenüber dem regulären Steuersatz des § 5 Abs. 1 HStS (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 - 4 B 12.567 - NVwZ-RR 2013, 566 Rn. 27 zu einem um das Zwanzigfache erhöhten Steuersatz).

c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung ergeben sich schließlich nicht mit Blick auf die von der Klägerin geltend gemachte Ungleichbehandlung gegenüber der Züchtersteuer nach § 7 HStS. Diese Steuervergünstigung trägt der verfassungsrechtlichen Vorgabe Rechnung, dass die Hundesteuer als örtliche Aufwandsteuer nur erhoben werden kann, wenn und soweit das Halten von Hunden persönlichen und nicht beruflichen Zwecken dient (vgl. VGH BW, U.v. 15.9.2010 - 2 S 811/10 - KStZ 2011, 115 = juris Rn. 39; Ecker in ders., Kommunalabgaben in Bayern, Stand November 2018, 32.00 Erl. 3.1, 3.2 und 3.6). Eine Hundehaltung allein zu Erwerbszwecken unterliegt demnach von vornherein nicht der Besteuerung; ist die Hundehaltung teilweise erwerbswirtschaftlich veranlasst, kommt eine Ermäßigung in Betracht (vgl. Engelbrecht in Schieder/Happ, a.a.O., Erl. 27j und 27ja zu Art. 3 KAG m.w.N.). Dementsprechend sieht § 7 HStS für die zu Zuchtzwecken gehaltenen Hunde eine reduzierte „Züchter-“ bzw. „Zwingersteuer“ vor, welche die Hälfte des Steuersatzes nach § 5 HStS beträgt. Dahinstehen kann, ob sich diese Steuervergünstigung, deren Rechtmäßigkeit die Klägerin dem Grunde nach nicht in Abrede stellt, nur auf Hunde nach § 5 Abs. 1 HStS oder auch auf Kampfhunde im Sinn des § 5 Abs. 2 HStS beziehen soll. Jedenfalls ist das Verhältnis zwischen dem reduzierten Steuersatz nach § 7 HStS und dem vollen bzw. dem erhöhten Steuersatz nach § 5 HStS angesichts des weiten Typisierungs- und Gestaltungsspielraums des Normgebers bei der Festlegung des Hundesteuersatzes (vgl. BayVGH, B.v. 13.12.2012 - 4 B 12.567 - NVwZ-RR 2013, 566 Rn. 28) nicht zu beanstanden. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerungsgleichheit aus Art. 3 Abs. 1 GG ist weder plausibel dargelegt noch sonst ersichtlich.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG i.V.m. Nr. 3.1 des Streitwertkatalogs 2013.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 139 Teilnichtigkeit


Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 105


(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole. (2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen diese

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Ist ein Teil eines Rechtsgeschäfts nichtig, so ist das ganze Rechtsgeschäft nichtig, wenn nicht anzunehmen ist, dass es auch ohne den nichtigen Teil vorgenommen sein würde.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

1. Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 20. September 2012 - 2 LA 234/11 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

2. Das Land Niedersachsen hat die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers zu erstatten.

3. Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft ein verwaltungsgerichtliches Verfahren aus dem Bereich des Schulrechts.

2

1. a) Der Beschwerdeführer besuchte ein öffentliches technisches Fachgymnasium. Da er an einer Lese- und Rechtschreibstörung (Legasthenie) leidet, beantragte er zum Nachteilsausgleich eine Schreibzeitverlängerung für die Anfertigung von Klausuren sowie die Nichtbewertung der Rechtschreibung (sog. Notenschutz). Die Schule lehnte dies ab.

3

b) Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verpflichtete das Oberverwaltungsgericht die Schule, dem Beschwerdeführer bis zur Entscheidung in der Hauptsache bei der Anfertigung schriftlicher Leistungsüberprüfungen außer in naturwissenschaftlich-mathematischen Fächern eine Schreibzeitverlängerung von 10 % der jeweiligen Bearbeitungszeit zu gewähren. Soweit der Eilantrag darüber hinaus auf vorläufige Gewährung eines Zeitzuschlages von 25 % und Notenschutz bezüglich der Rechtschreibleistung in allen Fächern sowie auf die ebenfalls bereits vorgerichtlich geltend gemachte Verpflichtung der Schule gerichtet war, ihn in Mathematik anwendungsbezogen auf das erste Prüfungsfach Elektronik zu unterrichten, blieb er ohne Erfolg. Eine vom Beschwerdeführer in dieser Sache erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen (1 BvR 2129/08).

4

c) In der Hauptsache fasste das Verwaltungsgericht zunächst einen Beweisbeschluss zur Frage der medizinischen Notwendigkeit eines weitergehenden Nachteilsausgleichs. Dieser wurde jedoch nicht mehr ausgeführt, nachdem der Beschwerdeführer die Allgemeine Hochschulreife erworben hatte. Der Beschwerdeführer stellte seine Klage daraufhin um. Neben Feststellungsanträgen begehrte er, seine unter anderem auf Klausurabwertungen wegen Schreibfehlern (sog. "GRZ-Abzug") beruhenden Kursnoten im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 anzuheben.

5

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit der Begründung ab, die in der Jahrgangsstufe 12 erteilten Einzelnoten seien bestandskräftig geworden und daher nicht mehr anfechtbar. Der Zulässigkeit der Feststellungsanträge stehe teilweise der Subsidiaritätsgrundsatz und teilweise das Fehlen eines Feststellungsinteresses entgegen.

6

d) Den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht mit dem hier angegriffenen Beschluss ab.

7

aa) Es könne offenbleiben, ob das Verwaltungsgericht die halbjährlichen Kursabschlussnoten als eigenständig anfechtbare Regelungen habe ansehen dürfen. Die Versäumung der Widerspruchsfrist sei insoweit jedenfalls unschädlich, da die Widerspruchsbehörde eine Sachentscheidung getroffen habe. Von der Bestandskraft der Einzelnoten könne daher nicht ausgegangen werden.

8

An der Richtigkeit der Ablehnung des Verpflichtungsantrags bestünden im Ergebnis gleichwohl keine ernstlichen Zweifel, da nicht ersichtlich sei, dass die den Kursnoten zugrunde liegenden Bewertungen fehlerhaft gewesen sein könnten. Es sei in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung geklärt, dass unter einer Legasthenie leidenden Schülern zum Nachteilsausgleich nur Schreibzeitverlängerungen gewährt werden könnten oder die Nutzung technischer Hilfsmittel gestattet werden könne. Die Gewährung von Notenschutz (durch Nichtbewertung der Rechtschreibung) sei demgegenüber in der Regel nicht zulässig, da sie zu einer Benachteiligung von Schülern führen könne, denen aus sonstigen Gründen Rechtschreibfehler in größerem Umfang unterliefen. Darüber hinaus komme ein Ausgleich durch Notenschutz deswegen nicht in Betracht, weil sich die vom Beschwerdeführer beanstandeten Noten gerade auf das Fach Deutsch bezögen und in diesem unter anderem Rechtschreibung und Zeichensetzung zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen gehörten. Ein Anspruch auf Notenschutz folge selbst bei einem den Behinderungsbegriff erfüllenden Ausmaß der Legasthenie auch nicht aus Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG, da sich hieraus ein originärer subjektiver Leistungsanspruch nicht ableiten lasse. Unmittelbar aus Art. 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention, BGBl 2008 II S. 1419) ergäben sich ebenfalls keine entsprechenden Rechte. Schließlich sehe die geltende Erlasslage in gewissem Umfang eine differenzierte Bewertung vor und eröffne einen pädagogischen Bewertungsspielraum, der eine einzelfallgerechte Berücksichtigung des Erscheinungsbildes der Legasthenie ermögliche. Es sei nicht ersichtlich, dass bei der Bewertung der den beanstandeten Kursnoten zugrunde liegenden Deutschklausuren hiervon in willkürlicher Weise abgewichen worden sei.

9

bb) Auch das Feststellungsinteresse habe das Verwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht verneint. Ein Rehabilitationsinteresse könne nicht bejaht werden, da von den Einzelnoten und der Durchschnittsnote des Abiturzeugnisses keine den Beschwerdeführer in seiner Persönlichkeit diskriminierende Wirkung ausgehe. Die Bewertung im Fach Deutsch in der Jahrgangsstufe 12 könne für sich gesehen nicht als diskriminierend angesehen werden, zumal sich die begehrte Anhebung nicht auf die Durchschnittsnote auswirken würde. Hinsichtlich anderer Einzelnoten habe der Beschwerdeführer nicht näher dargelegt, welche Punktzahl er für angemessen halte. Soweit er sein Feststellungsbegehren auf eine beabsichtigte Amtshaftungsklage stütze, habe das Verwaltungsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass eine solche mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei.

10

2. Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, aus Art. 3 Abs. 1 und 3 GG in Verbindung mit der UN-Behindertenrechtskonvention sowie aus Art. 12 GG und führt dies näher aus. Insbesondere rügt er, das Ausgangsgericht habe zu keinem Zeitpunkt in einem ordentlichen Hauptsacheverfahren durch Beweisaufnahme geprüft, welche Maßnahmen notwendig gewesen seien, um die behinderungsbedingten Nachteile auszugleichen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei es aber uneingeschränkt gerichtlich überprüfbar, ob ein in Prüfungen gewährter Nachteilsausgleich die Störung vollständig ausgeglichen habe, was gegebenenfalls mit Hilfe von Sachverständigen zu ermitteln sei (Hinweis auf BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 21. Dezember 1992 - 1 BvR 1295/90 -, NJW 1993, S. 917 <918>). Das Oberverwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass er durch die Anlegung desselben Leistungsbemessungsmaßstabs wie bei seinen nicht behinderten Mitschülern in einem Bereich, in dem er aufgrund seiner Funktionsstörung nicht gleichermaßen leistungsfähig sein könne, benachteiligt worden sei. Aus fachärztlicher Sicht habe er in allen Fächern zusätzlich 25 % der üblichen Bearbeitungszeit benötigt, um die gleichen Chancen bei der Bearbeitung der anstehenden Aufgaben zu haben. Ein reiner Nachteilsausgleich führe, auch wenn er den Verzicht auf die Benotung der Rechtschreibung beinhalte, keineswegs zu einer Beeinträchtigung der Chancengleichheit nichtbehinderter Mitschüler. Dadurch, dass es das Oberverwaltungsgericht versäumt habe, seine willkürliche Entscheidung aus dem Eilverfahren im Berufungszulassungsverfahren zu korrigieren, nehme es ihm die Möglichkeit der Rehabilitation und verschärfe damit die bereits erfolgte Diskriminierung. Damit werde zudem eine Amtshaftungsklage bewusst ausgeschlossen und würden legasthene Schüler in Niedersachsen im Ergebnis rechtlos gestellt.

11

3. Die Verfassungsbeschwerde ist dem Niedersächsischen Justizministerium und der Beklagten des Ausgangsverfahrens, der vormaligen Schule des Beschwerdeführers, zugestellt worden. Diese haben von einer Stellungnahme abgesehen. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen der Kammer vor.

II.

12

1. Die Kammer nimmt die zulässige Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG; vgl. BVerfGE 90, 22 <25>). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

13

2. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

14

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet zwar keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136 f.>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grund dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; 134, 106 <117 f. Rn. 34>).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

16

aa) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies hat der Beschwerdeführer getan. Er hat aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht seinen Verpflichtungsantrag rechtsfehlerhaft als unzulässig behandelt hat und die angenommene Unzulässigkeit der Feststellungsanträge betreffend den Notenschutz und den Umfang des ihm zustehenden Nachteilsausgleichs aus Subsidiaritätsgründen zumindest ernstlichen - vom Oberverwaltungsgericht selbst näher aufgezeigten - Zweifeln begegnet. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

17

bb) Es begegnet zwar keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere Gründe entscheidungstragend abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. BVerfGE 134, 106 <119 f. Rn. 40>; siehe auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

18

Dass dem Beschwerdeführer vor Erlass der angegriffenen Entscheidung im Hinblick auf die neue Begründung des Oberverwaltungsgerichts im Berufungszulassungsverfahren rechtliches Gehör gewährt worden wäre, lässt sich den beigezogenen Akten des Ausgangsverfahrens nicht entnehmen. Darüber hinaus lagen die Voraussetzungen für einen Austausch der Begründung hiernach auch nicht vor.

19

(1) Hinsichtlich der auf den Notenschutz bezogenen Klageanträge ergibt sich dies schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht die angenommene inhaltliche Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils auf Gründe stützt, denen ihrerseits grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zukommt. Denn die Heranziehung von Erwägungen mit Grundsatzbedeutung zur Ablehnung des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel verkürzt den vom Gesetzgeber für Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorgesehenen Rechtsschutz im Berufungsverfahren in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise (vgl. BVerfGK 10, 208 <213 f. m.w.N.>).

20

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Der Begriff der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO entspricht danach weitgehend dem der grundsätzlichen Bedeutung in der revisionszulassungsrechtlichen Bestimmung des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (vgl. BVerfGK 10, 208 <214>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642 <3643>; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22. August 2011 - 1 BvR 1764/09 -, NVwZ-RR 2011, S. 963 <964>).

21

Nach diesen Maßstäben kam der vom Oberverwaltungsgericht verneinten Frage, ob der Beschwerdeführer im Hinblick auf seine Legasthenie so genannten Notenschutz in Form der Nichtbewertung der Rechtschreibung verlangen konnte, grundsätzliche Bedeutung zu. Denn ihre Beantwortung hat Bedeutung weit über den Einzelfall des Beschwerdeführers hinaus und betrifft den Umfang des verfassungsrechtlich sowohl unter dem Gesichtspunkt der Chancengleichheit im Prüfungsrecht (BVerfGE 52, 380 <388>) als auch des Benachteiligungsverbots gemäß Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG (BVerfGE 96, 288<301 ff.>) bestehenden Anspruchs auf behinderungsbezogenen Nachteilsausgleich (zu der namentlich aus den verfassungsrechtlichen Bezügen abgeleiteten Grundsatzbedeutung der Rechtmäßigkeit der Bemerkung der Nichtberücksichtigung von Rechtschreibleistungen im Abiturzeugnis vgl. BayVGH, Urteile vom 28. Mai 2014 - 7 B 14.22 u.a. -, juris, Rn. 27). Die umstrittene Frage des Umfangs des Nachteilsausgleichs, der an Legasthenie leidenden Schülern zusteht, war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts noch nicht höchstrichterlich geklärt. Erst im Jahr 2015 hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass aus dem Gebot der Chancengleichheit nur Ansprüche auf Änderung der Prüfungsbedingungen (Nachteilsausgleich), nicht aber solche auf Änderung des Maßstabs der Leistungsbewertung (Notenschutz) abgeleitet werden könnten (BVerwGE 152, 330). Hiergegen sind beim Bundesverfassungsgericht mittlerweile Verfassungsbeschwerden anhängig (Az. 1 BvR 2577/15, 1 BvR 2578/15 und 1 BvR 2579/15), über die noch nicht entschieden ist.

22

Das Oberverwaltungsgericht konnte die Nichtzulassung der Berufung wegen inhaltlicher Richtigkeit daher hierauf nicht stützen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der flankierenden Erwägungen, im Fach Deutsch gehörten Rechtschreibung und Zeichensetzung gerade zu den allgemein vorausgesetzten Kompetenzen und der Schutz des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG beschränke sich auf seine Funktion als Abwehrrecht. Gleiches gilt für den Hinweis auf den nach den einschlägigen schulrechtlichen Ausführungsbestimmungen bestehenden pädagogischen Spielraum. Ob die erfolgten Abwertungen unter Berücksichtigung des Spielraums der Behinderung des Beschwerdeführers hinreichend Rechnung trugen, wäre gegebenenfalls erst in einem Berufungsverfahren zu klären gewesen.

23

(2) Auch mit Blick auf das (verneinte) Feststellungsinteresse verkürzt das Oberverwaltungsgericht die verfassungsrechtlich garantierten Zugangsmöglichkeiten zum Berufungsverfahren. Soweit es ausführt, es fehle an dem (vom Verwaltungsgericht insoweit nicht geprüften) Feststellungsinteresse, weil die Ausweisung der Deutschnoten in der Jahrgangsstufe 12 mit Blick auf deren Auswirkungen auf das Abiturergebnis keinen diskriminierenden Charakter hätten und der Beschwerdeführer hinsichtlich der anderen Einzelnoten schon nicht näher dargelegt habe, welche Punktzahl er für erforderlich halte, lagen diese Erwägungen nicht ohne Weiteres auf der Hand und überschritten den statthaften Prüfungsumfang im Berufungszulassungsverfahren. Inhaltlich liegen sie auch eher fern, weil der Beschwerdeführer dargelegt hat, dass die Feststellung, welche Noten er mit der von ihm für notwendig gehaltenen längeren Schreibzeitverlängerung in allen Fächern erreicht hätte, im Nachhinein nicht möglich ist. Gerade deswegen blieb ihm aber nur die Möglichkeit eines Feststellungsantrags, um eine in den erreichten Noten gegebenenfalls fortwirkende Benachteiligung durch einen entsprechenden Feststellungsausspruch zu beseitigen. In der fachgerichtlichen Rechtsprechung ist im Übrigen geklärt, dass sich das notwendige Feststellungsinteresse in einer solchen Situation bereits aus der Geltendmachung einer fortdauernden faktischen Grundrechtsbeeinträchtigung ergeben kann (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2014 - BVerwG 1 WB 59.13 -, juris, Rn. 20; Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, § 113 Rn. 146 m.w.N.), die hier insbesondere im Hinblick auf Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG gerügt wird.

24

3. Auf die Beantwortung der weiteren vom Beschwerdeführer aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen kommt es nicht an, da der angegriffene Beschluss die Berufungszulassung behandelt und keine Entscheidung zur Sache enthält.

III.

25

1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht auf dem Verfassungsverstoß. Er ist daher gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache ist an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.

26

2. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Die Festsetzung des Gegenstandswerts folgt aus § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG und den Grundsätzen für die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsgerichtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>; BVerfGK 20, 336 <337 ff.>).

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.

(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.

(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.

(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 172,50 Euro Euro festgesetzt.

Gründe

1. Die gegen Nr. 1 und Nr. 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 5. September 2017 gerichtete Beschwerde ist gemäß § 146 Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die in der Rechtsmittelbelehrungzitierte Vorschrift des § 146 Abs. 3 VwGO, wonach keine Beschwerde gegeben ist „in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt“, ist entgegen der Annahme des Beschwerdeführers nicht anwendbar. Die streitgegenständliche Abgabenforderung, die auf einer örtlichen Aufwandsteuer beruht (Art. 3 Abs. 1 KAG), unterfällt weder dem allgemeinen Kostenbegriff (vgl. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 KG), noch handelt es sich, wie dies § 146 Abs. 3 VwGO voraussetzt, um eine aus einem gerichtlichen Verfahren resultierende Forderung (vgl. HessVGH, B.v. 9.12.1988 – 8 TH 4345/88 – NVwZ-RR 1990, 113; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 16).

2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, da das Verwaltungsgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Hundesteuerbescheid des Antragsgegners vom 11. Januar 2016 zu Recht abgelehnt hat. Die im Beschwerdeverfahren fristgerecht dargelegten und daher vom Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu prüfenden Gründe, die allein die Anwendbarkeit des für Kampfhunde geltenden erhöhten Steuersatzes auf den Hund „M.“ der Antragstellerin zum Gegenstand haben, rechtfertigen keine andere Entscheidung.

Die Antragstellerin trägt sinngemäß vor, ihr Rottweiler, der den Wesenstest laut Gutachten erfolgreich bestanden habe, könne nicht gemäß § 5 Abs. 3 der Satzung für die Erhebung der Hundesteuer (HStS) weiterhin in voller Höhe der Kampfhundesteuer unterliegen, da dies der Vorschrift des § 5a Nr. 2 HStS widerspreche, wonach die Vermutung der Kampfhundeeigenschaft bei dieser Hunderasse widerlegt werden könne. Es frage sich, weshalb überhaupt die Möglichkeit eines Gutachtens über die nicht gegebene Aggressivität und Gefährlichkeit geboten werde, wenn sich daraus keine Folgerungen im Rahmen der Hundesteuer ergäben. Da § 5 Abs. 3 und § 5a Nr. 2 HStS sich widersprächen, könne die erstgenannte Vorschrift keine Wirksamkeit entfalten.

Dieses Vorbringen vermag die Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht in Frage zu stellen. Zwar ergeben sich aus den beiden genannten Satzungsbestimmungen unterschiedliche Rechtsfolgen. Ein unauflösbarer Normwiderspruch, der zur Nichtigkeit der Vorschrift des § 5 Abs. 3 HStS führen würde, liegt darin jedoch nicht, da sich das vom Satzungsgeber verfolgte Regelungsziel anhand der üblichen Auslegungsmethoden mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln lässt.

Die in § 5a HStS enthaltene Umschreibung des Begriffs „Kampfhund“ gilt, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nur für das diesbezügliche Tatbestandsmerkmal in § 5 Abs. 2 HStS. Hätte der Normgeber in § 5a HStS die Kampfhundeeigenschaft für den gesamten Geltungsbereich der Hundesteuersatzung definieren wollen, hätte es im Eingangssatz des einschränkenden Zusatzes „im Sinne des § 5 Abs. 2 dieser Satzung“ nicht bedurft. Dass dieser ausdrückliche Verweis auf die in § 5 Abs. 2 HStS getroffene Grundsatzregelung zur erhöhten Steuerpflicht von Kampfhunden auch nach Hinzufügung des § 5 Abs. 3 HStS mit Wirkung zum 1. Januar 2015 (§ 12 HStS) beibehalten wurde, lässt erkennen, dass die beiden Bestimmungen unabhängig voneinander Anwendung finden sollen.

Wird für einen unter den Katalog der Hunderassen in § 5a Nr. 2 HStS fallenden Hund aufgrund eines Wesenstests ein sog. Negativattest ausgestellt (dazu näher Nr. 37.3 VollzBekLStVG, AllMBl 2014, 621), so wird damit zwar die aus der Rassenzugehörigkeit resultierende generelle Vermutung der gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit im Einzelfall widerlegt, so dass es sich auch im engeren steuerrechtlichen Sinne des § 5 Abs. 2 HStS nicht mehr um einen Kampfhund handelt. Davon unberührt bleibt aber die spezielle Kampfhundesteuer nach § 5 Abs. 3 HStS, die gerade für jene Hunde gelten soll, die wegen eines vorgelegen Negativattests nicht mehr dem – aus der Verordnung zu Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LStVG wörtlich übernommenen (vgl. VO v. 10.7.1992, BayRS 2011-2-7-I) – Kampfhundebegriff des § 5a HStS unterfallen. Diese aus sicherheitsrechtlicher Sicht als ungefährlich geltenden Hunde werden zwar in § 5 Abs. 3 HStS gleichfalls als „Kampfhunde“ tituliert; dabei handelt es sich aber ersichtlich um ein über § 5a HStS hinausreichendes Begriffsverständnis, wie auch in der gegenüber § 5 Abs. 2 HStS abweichenden Definition zum Ausdruck kommt (Hund „mit gesteigerter Aggressivität“ statt „mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit“).

Dass mit der durch Satzungsänderung vom 15. September 2014 eingefügten Vorschrift des § 5 Abs. 3 HStS der erhöhte Steuersatz von 250 Euro jährlich gerade auf die Hunde erstreckt werden sollte, die wegen eines Negativattests nach bestandenem Wesenstest nicht mehr als „Kampfhund“ im sicherheitsrechtlichen Sinne zu qualifizieren sind, folgt nicht nur aus dem Wortlaut der genannten Sondervorschrift, sondern lässt sich auch aus der Entwicklung der Rechtsprechung begründen. Der Senat hat in einigen neueren Entscheidungen nochmals klargestellt, dass eine Gemeinde den an die Kampfhundeeigenschaft anknüpfenden erhöhten Hundesteuersatz auch dann festsetzen darf, wenn der Halter des betreffenden Hundes über einen Nachweis darüber verfügt, dass der Hund keine gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren aufweist (BayVGH, B.v. 13.12.2012 – 4 B 12.567 – juris Rn. 29; U.v. 25.7.2013 – 4 B 13.144 – ZKF 2013, 235 Rn. 17 jeweils m.w.N.). Der positive Wesenstest lässt zwar die sicherheitsrechtliche Erlaubnispflicht entfallen (Art. 37 Abs. 1 LStVG), ändert aber nichts daran, dass es sich um Hunde handelt, bei denen aufgrund ihrer Rassemerkmale von einer abstrakten Gefährlichkeit auszugehen ist; dies genügt – auch aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts – als rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel der Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation (vgl. BayVGH, a.a.O.). Der Antragsgegner hat diese in der Rechtsprechung vorgezeichnete Regelungsoption mit der neu geschaffenen Bestimmung des § 5 Abs. 3 HStS aufgegriffen und damit den Kreis derjenigen Steuerpflichtigen, für die der erhöhte Kampfhundesteuersatz von 250 Euro gilt, gegenüber der früheren Fassung der Satzung erweitert.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Entscheidung zum Streitwert folgt aus § 47, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 3 GKG. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich das Vorbringen im Beschwerdeverfahren nicht mehr auf den mit Widerspruch angegriffenen Bescheid vom 11. Januar 2016 insgesamt, sondern nur noch auf die darin enthaltene Heranziehung zu der erhöhten Steuer für Kampfhunde bezieht. Als Ausgangspunkt für die Streitwertbemessung ergibt sich damit ein jährlicher Unterschiedsbetrag von 230 Euro, der einerseits wegen der absehbaren Auswirkungen auf künftige Leistungspflichten zu verdreifachen (§ 52 Abs. 3 Satz 2 GKG) und andererseits wegen der nur vorläufigen Prüfung im Verfahren nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf ein Viertel zu kürzen ist (Nr. 1.5 Satz 1 Halbsatz 2 des Streitwertkatalogs).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – 4. Kammer, Einzelrichter – vom 6. Oktober 2015 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen

Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zu einer erhöhten Hundesteuer.

2

Er ist Eigentümer und Halter der Hündin „...“, einer 14 Jahre deutsche Drahthaar-Hündin, die mit Ordnungsverfügung vom 10.01.2007 (Blatt 18 Beiakte A) als gefährlicher Hund nach § 3 Abs. 1 GefHG eingestuft worden war. Gemäß § 10 Abs. 2 der Hundesteuersatzung der Gemeinde... beträgt die (erhöhte) Hundesteuer für gefährliche Hunde im Sinne des Schleswig-Holsteinischen Gefahrhundegesetzes für den ersten Hund 1.200,-€, für den zweiten Hund 1.800,-€ und für jeden weiteren Hund 2.400,-€. Der allgemeine Steuersatz für den ersten Hund beträgt gemäß § 4 Abs. 1 der Satzung 75 €, seit dem 01.01.2014 gemäß der 1. Nachtragssatzung vom 18.10.2013 beträgt die Steuer 96,00 €.

3

Wie in den Vorjahren auch wurde der Kläger mit Bescheid vom 14.01.2015 für das Jahr 2015 zu einer Hundesteuer i.H.v. 1.200 € herangezogen. Mit Schreiben vom 05.02.2015 (wohl nicht „5.3. 2015“, da am 09.02. beim Amt eingegangen) legte der Kläger Widerspruch gegen diesen Hundesteuerbescheid ein und verwies zur Begründung auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.10.2014 9 C 8.13 -) zur Erhebung der Hundesteuer für gefährliche Hunde. Er machte geltend, hiernach dürfe die Hundesteuer für gefährliche Hunde die jährlichen Belastungen durch die Haltungskosten nicht überschreiten; diese betrügen für die Hündin ... ca. 600 € pro Jahr.

4

Mit Bescheid vom 12.02.2015 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt: Das Bundesverwaltungsgericht habe in der zitierten Entscheidung die durchschnittlichen Haltungskosten für einen normalen Hund mit 900,-€ bis 1.000,-€ als noch angemessen angesehen, weil auch einmalig anfallende allgemeine Kosten für die Kampfhundehaltung einbezogen werden müssten. Damit übersteige ein Steuersatz für das Halten eines gefährlichen Hundes in Höhe von 1.200,-€ nicht deutlich den sonstigen Aufwand für das Halten eines solchen Hundes. Auch aus dem 12,5-fachen Steuersatz im Verhältnis zum Steuersatz für die Haltung eines normalen Hundes könne eine erdrosselnde Wirkung nicht abgeleitet werden.

5

Der Kläger hat am 12.03.2015 Klage erhoben. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren und trägt weiter vor, dass der Steuersatz umliegender Gemeinden für gefährliche Hunde erheblich geringer sei. Zudem habe der Beklagte die besonderen Eigenschaften der Hündin, insbesondere das fortgeschrittene Alter, im Hinblick auf ihre Gefährlichkeit außer Acht gelassen. Die Einstufung als gefährlicher Hund sei schon deswegen überholt. Darüber hinaus entfalte der Steuersatz eine erdrosselnde Wirkung, weil er einem faktischen Verbot gleichkomme. Diesbezüglich habe der Beklagte aber keine Regelungskompetenz. Abzustellen sei hinsichtlich der Verbotswirkung einer örtlichen Aufwandsteuer auf den durchschnittlichen Steuerpflichtigen im Gemeindegebiet. Die Erdrosselungsgrenze sei überschritten, da die Beklagte einen ohnehin nicht ganz niedrigen Regelsteuersatz von 75 € für gefährliche Hunde derart vervielfache, dass sich eine im bundesdurchschnittlichen Vergleich und auch gemessen an den umliegenden Gemeinden völlig aus dem Rahmen fallende Steuer ergebe.

6

Der Kläger hat beantragt,

7

den Abgabenbescheid des Amtes ... vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 insoweit aufzuheben, als darin Hundesteuer für das Jahr 2015 über 600 € hinaus festgesetzt worden ist.

8

Der Beklagte hat beantragt,

9

die Klage abzuweisen.

10

Der Beklagte trägt vor, der Steuersatz für gefährliche Hunde habe sich anders als der inzwischen angehobene Steuersatz für normale Hunde seit dem 01.01.2006 nicht geändert. Der Regelsteuersatz sei auch im Vergleich zu den Steuersätzen in anderen Gemeinden nicht besonders hoch, zumal laut Erlass des Innenministeriums eine Hundesteuer in Höhe von mindestens 120 € pro Jahr erwartet werde. Der steuerliche Lenkungszweck könne nur erreicht werden, wenn die Hundesteuer für gefährliche Hunde deutlich höher als die Regelsteuer festgesetzt werden könne.

11

Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Einzelrichterurteil vom 06.10.2015 abgewiesen. Grundsätzlich könne eine Gemeinde für einen sogenannten Gefahrhund einen erhöhten Hundesteuersatz festsetzen. Dies gelte auch dann, wenn durch einen tierärztlichen Wesenstest die Sozialverträglichkeit des Hundes festgestellt worden sei. Ein positiver Wesenstest führe nach den Regelungen des Schleswig-Holsteinischen Gefahrhundegesetzes (vgl. § 10 Abs. 5 Satz, 11 GefHG) lediglich zu einer Befreiung von der ansonsten für gefährliche Hunde im Sinne des § 3 GefHG geltenden Maulkorbpflicht. An der grundsätzlichen Einordnung des Hundes als gefährlicher Hund ändere sich hierdurch jedoch nichts. Ein rechtfertigender sachlicher Grund für den Erlass einer Lenkungssteuer mit dem Ziel einer Minimierung einer als gefährlich vermuteten Hundepopulation bestehe auch in diesen Fällen.

12

Im vorliegenden Fall sei nicht davon auszugehen, dass die Steuerregelung aufgrund der Höhe des Steuersatzes ersichtlich darauf abziele, die Erfüllung des Steuertatbestandes durch eine „erdrosselnde Wirkung“ praktisch unmöglich zu machen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 15.10.2014 9 C 8.13 -) könne dem Steuersatz für normale Hunde ein gewisser Orientierungsmaßstab entnommen werden, der selbst unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums des Satzungsgebers Anhaltspunkte für den Verlauf der rechtlichen Grenze des erhöhten Steuersatzes für gefährliche Hunde ergebe. Im vorliegenden Fall betrage der Steuersatz für die Haltung eines normalen Hundes 96 € und der erhöhte Steuersatz für gefährliche Hunde 1.200 € pro Jahr, so dass der erhöhte Steuersatz das 12,5-fache des normalen Steuersatzes betrage. Allein hieraus könne noch nicht auf eine erdrosselnde Wirkung geschlossen werden.

13

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei weiterhin darauf abzustellen, dass die Hundesteuer eine kommunale Aufwandsteuer darstelle. Maßstab für ihre Bemessung sei demnach die in der Vermögensaufwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit. An deren Erfassung müsse sich die tatbestandliche Ausgestaltung der Steuer orientieren. Stehe demnach die festgesetzte Steuer außer Verhältnis zu dem besteuerten Aufwand, werde sich nach allgemeiner Lebenserfahrung ein durchschnittlicher Steuerpflichtiger den Aufwand nicht mehr leisten und von der Anschaffung bzw. Haltung eines entsprechenden Hundes Abstand nehmen. Hiervon sei jedenfalls dann auszugehen, wenn die Steuer den durchschnittlichen Haltungsaufwand deutlich übersteige. Nach den vorliegenden Erkenntnissen habe die jährliche finanzielle Belastung für die Haltung eines Hundes im Jahre 2006 im Bundesdurchschnitt 900,-€ bis 1.000,-€ pro Hund betragen. Dabei seien Anschaffungskosten sowie weitere Einmalausgaben wie Kosten für Hundeschulen, Hundepensionen etc. nicht berücksichtigt worden. Die letztgenannten Einmalkosten seien aber nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (aaO) ebenfalls mit einzubeziehen und auf die durchschnittliche Lebenserwartung eines Hundes umzurechnen. Dabei seien auch die speziell bei als gefährlich eingestuften Hunden entstehenden Kosten (Kosten für Wesenstest, Maulkorb, spezielle Haftpflichtversicherung, ggf. notwendige bauliche Sicherungsmaßnahmen) noch zusätzlich mit einzubeziehen. Bei Berücksichtigung einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,6 % seit 2006 und der gebotenen Berücksichtigung der genannten einmaligen Kosten liege damit der hier streitgegenständliche Steuersatz von 1.200 € keinesfalls so weit über den als Bezugspunkt gewählten durchschnittlichen Haltungskosten, dass von einer erdrosselnden Wirkung gesprochen werden könne.

14

Gegen dieses Urteil hat der Kläger am 04.11.2015 die vom Einzelrichter des Verwaltungsgerichts wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt.

15

Der Kläger trägt vor, im vorliegenden Fall seien die Voraussetzungen gegeben, bei deren Vorliegen das Bundesverwaltungsgericht eine erdrosselnde Wirkung der Hundesteuer annehme. Der für gefährliche Hunde festgelegte Steuersatz mit 1.200,00 € pro Jahr entspreche dem 12,5-fachen des Steuersatzes eines normalen Hundes. Damit werde ein Formenmissbrauch betrieben, weil das Ziel verfolgt werde, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen. Mit diesem Betrag werde ein Mehrfaches dessen gefordert, was in vergleichbaren Gemeinden und in Gemeinden der Umgebung verlangt werde. Sachliche Gründe für eine derartig hohe Abweichung seien weder vorgetragen noch ersichtlich.

16

Des Weiteren übersteige die Steuer entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts den durchschnittlichen Haltungsaufwand deutlich. Das Verwaltungsgericht habe in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen bundesdurchschnittlichen Jahresaufwand von 900 bis 1000 € angenommen und diesen Wert mit einer durchschnittlichen Inflationsrate von 1,6 % indexiert. Es fehle aber eine Begründung, weshalb es ein deutliches Übersteigen bzw. auffälliges Missverhältnis des durchschnittlichen Haltungsaufwandes abgelehnt habe. Der tatsächliche Jahresaufwand liege im vorliegenden Fall bei ca. 600,00 €; dies entspreche auch den durchschnittlichen Kosten im Gemeindegebiet und in den Umlandgemeinden. Soweit auf die Studie „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“ verwiesen werde, müsse berücksichtigt werden, dass in dort ermittelten Werten bereits eine Hundesteuer von a. 100 € enthalten sei. Zudem sei die Inflationsrate fehlerhaft ermittelt und angewandt worden.

17

Darüber hinaus verstoße der festgesetzte Steuersatz gegen den Grundsatz der Steuergerechtigkeit. Die Gemeinde überschreite die Grenzen des Notwendigen und Zumutbaren, wenn sie einen um das 12,5-fache erhöhten Steuersatz festsetze. Angesichts der nicht nach der Gefährlichkeit des Hundes differenzierenden Handhabung könne eine regulierende Wirkung nicht eintreten.

18

Der Kläger beantragt,

19

das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts vom 6.10.2015 zu ändern und den Abgabenbescheid des Beklagten vom 14.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2015 insoweit aufzuheben, als darin Hundesteuern für das Jahr 2015 über 600,00 € hinaus festgesetzt worden sind.

20

Der Beklagte beantragt,

21

die Berufung zurückzuweisen.

22

Der Beklagte erwidert, dass bei einer umgerechnet 100 € pro Monat betragenden Steuer keine unzulässige Erdrosselungssteuer vorliegen könne. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil vom 05.10.2014 – 9 C 8.13 eine erdrosselnde Wirkung nur dann angenommen, wenn die Steuer in dieser Höhe ersichtlich darauf angelegt sei, die Haltung jeder Art von Kampfhunden praktisch unmöglich zu machen. Im dort entschiedenen Fall habe es sich um einen Steuersatz von 2.000 € und damit um das 26-fache des Satzes für einen Nichtkampfhund gehalten. Davon sei die vorliegende Veranlagung weit entfernt.

23

Die Ausführungen des Klägers zu den Haltungskosten seines Hundes seien unrealistisch.

24

Die Verwaltungsvorgänge des Beklagten haben dem Gericht bei Beratung und Entscheidung vorgelegen und sind zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden; wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vortrags der Beteiligten wird auf den Akteninhalt sowie auf die wechselseitigen Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

25

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat seine Klage zu Recht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide des Beklagten vom 14.01.2015 und vom 12.02.2015 sind rechtmäßig.

26

Rechtsgrundlage der Bescheide sind § 2 und § 10 Abs. 2 Nr. 1 der Hundesteuersatzung der Gemeinde... vom 04.12.2005. Gemäß § 10 Abs. 2 beträgt die Steuer für einen gefährlichen Hund im Sinne des § 10 Abs. 1 der Hundesteuersatzung für den ersten Hund 1.200 €, während der Steuersatz für einen Hund ansonsten 75 € bzw. heute 96 € beträgt. Diese Regelung ist mit höherrangigem Recht vereinbar.

27

Nach einhelliger Rechtsprechung ist es zulässig, dass mit der Regelung, für das Halten bestimmter Hunderassen einen höheren Steuersatz vorzuhalten, ein Lenkungszweck verfolgt wird. Die Erhebung einer Steuer darf neben dem Finanzierungszweck selbst auch einem Lenkungszweck dienen, solange sie nicht in ein sachregelndes Verbot umschlägt oder einem solchen gleichkommt. Die steuerrechtliche Normsetzungskompetenz genügte für einen solchen Zweck nicht, weil die Steuernorm dann nicht dem ihr begrifflich zukommenden Zweck diente, Steuereinnahmen zu dienen, sondern im Gegenteil darauf gerichtet wäre, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (BVerwG, Urt. v. 19.01.2000 – 11 C 8.99 -, NVwZ 2000, 929; Beschl. v. 22.12.2004 – 10 B 21.04 -).

28

Eine solche reine Lenkungsabgabe liegt hier jedoch objektiv-rechtlich nicht vor, weil bei einem Jahressteuerbetrag von 1.200 € die monatliche Belastung noch so gering ist, dass ein Umschlagen der Kampfhundesteuer in ein Verbot der Kampfhundehaltung nicht vorliegt. Es ist auch nicht zu erkennen, dass der Gemeindevertretung der Gemeinde ... der subjektive Wille fehlte, mit der Erhebung einer angehobenen Hundesteuer für gefährliche Hunde nicht jedenfalls auch Steuereinnahmen zu erzielen.

29

Die Vergleiche des Klägers mit Steuersätzen anderer Gemeinden sind unerheblich. Eine Gemeinde hat ihre Entscheidungen auf dem Gebiet des kommunalen Abgabenrechts in eigener Verantwortung zu treffen und hat dabei lediglich die abgabenrechtlichen Vorgaben zu wahren. Ebenso unerheblich sind Überlegungen darüber, bis zu welchem Vielfachen des „Normal“-Steuersatzes ein Steuersatz noch hinzunehmen und ab welchem Vielfachen ein Verstoß gegen das Erdrosselungsverbot vorliege. Ein Steuersatz wird nicht durch seine Relation zu anderen Steuersätzen „erdrosselnd“, sondern allein durch seine objektive Höhe. Ein Vergleich des besonderen Steuersatzes für gefährliche Hunde mit dem für „normale“ ist ebenso wenig ergiebig, da dieser niedrigere Steuersatz aus den unterschiedlichsten Gründen von den Gemeindevertretungen auf unterschiedlichste Höhe festgesetzt worden sein kann.

30

Es kann im vorliegenden Verfahren unentschieden bleiben, ob der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 15.10.2014 9 C 8.13 hinsichtlich der absoluten Höhe der Hundesteuer zuzustimmen ist. Ein Steuersatz i.H.v. 1200 € ist auch bei Anwendung der vom Bundesverwaltungsgericht vertretenen Regel, dass der Betrag die durchschnittlichen jährlichen Unterhaltungskosten eines Hundes nicht übersteigen dürften, nicht derart überhöht, dass von einer erdrosselnden Wirkung gesprochen werden könnte. Dieser Betrag hält sich nämlich durchaus im Rahmen dessen, was bei einem normalen Familienhund bei artgerechter Haltung und Wahrung aller sinnvollen Vorkehrungen aufzuwenden ist.

31

Die Berechnungen des Klägers zu den durchschnittlichen Unterhaltungskosten eines Hundes stellen die Rechtmäßigkeit seiner Heranziehung nicht in Frage. Die von ihm eingesetzten Daten sind unrealistisch, zumal er auf die Einzelposten der Unterhaltung nicht eingeht.

32

Die Haftpflichtversicherung schlägt schon bei einem „normalen“ Hund – je nach Versicherung mit 65 bis 90 € pro Jahr zu Buche. Hier ist aber zu berücksichtigen, dass viele Versicherungen (so z.B. HUK24, vgl.www.huk24.de/versicherungen/haftpflichtversicherung/tierversicherung) einen nach § 3 Abs. 1 GefHG als gefährlich eingestuften Hund nicht versichern und andere einen dem Risiko entsprechenden höheren Beitragssatz verlangen (AXA 184,45 €, Hanse Merkur 175,24 bis 204,31 €, vgl. www.hundeversicherungcheck.de). Selbst bei sehr zurückhaltender Schätzung fielen damit pro Jahr für diese bei gefährlichen Hunden in Schleswig-Holstein pflichtige Haftpflichtversicherung somit mehr als 180 € an.

33

Tierarztkosten werden pro Jahr in Höhe von mindestens 150 € anfallen, dies nicht nur bei Verletzungen oder Erkrankungen des Tieres, sondern auch etwa bei der jährlich erforderlichen Zeckenschutzimpfung. Hinzu kommen Kosten für Tierarzneimittel. Diese Kosten fallen in der Jugend des Tieres wegen dessen Agilität, später altersbedingt an. Als Anhaltspunkt für eine realistische Einschätzung der Kosten tiermedizinischer Betreuung kann der Versicherungsbeitrag für eine Tier-Krankenversicherung in Höhe von 12,95 € monatlich, mithin 155,40 € jährlich gelten (www.Uelzener-online.de).

34

Futterkosten werden pro Monat je nach Größe und Allgemeinzustand des Tieres mindestens 50 € pro Monat anfallen (industriell produziertes Fertigfutter, andere Futtermittel wie Metzgereiwaren, Nudeln, Reis, Gemüse und Speiseabfälle, vgl. die Aufstellung in der bereits vom Verwaltungsgericht ausgewerteten Studie Ohr/Zeddies, „Ökonomische Gesamtbetrachtung der Hundehaltung in Deutschland“, Göttingen 2006). Teilt man nämlich den dort ermittelten Jahresumsatz für Hundenahrung i.H.v. 1.800 Mio € durch die geschätzte Anzahl der Hunde in Deutschland von ca. 5 Mio, so ergibt sich bereits daraus ein Jahresbetrag von 360 €.

35

An Kosten für notwendige Ausstattung werden auf das Jahr gerechnet auch bei kärglicher Ausstattung ca. 40 € anfallen (Leine, Halsband, Maulkorb, Fressnapf, Pflegemittel). Nach den Erkenntnissen der Studie Ohr/Zeddies beträgt der Jahresumsatz im Hunde-Zubehörbereich knapp 200 Mio €, damit pro Hund 40 €.

36

Damit ergeben sich ohne jeglichen Sonderaufwand bereits Unterhaltungskosten i.H.v. fast 750 € pro Jahr.

37

Solcher Sonderaufwand ist aber selbst nach der Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 15.10.2014 9 C 8.13 -, BVerwGE 150, 225 = NVwZ 2015, 992 = ZKF 2015, 45) neben den allgemeinen Kosten für die Hundehaltung einzurechnen. Anders als vom Bundesverwaltungsgericht angenommen verhalten sich diese Kosten jedoch nicht im Bereich des Vernachlässigbaren, auch dann nicht, wenn man sie auf die wahrscheinliche Lebensdauer des Hundes umrechnet.

38

Der Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass an solchen besonderen Kosten die für den Wesenstest sowie die Kosten für sicherheitsrechtliche Auflagen wie Maulkorb, Zwinger und Halterfortbildung entstehen. Am Grundstück waren gemäß § 10 Gefahrhundegesetz und sind nach § 14 des aktuell geltenden Hundegesetzes bauliche Vorkehrungen vorzunehmen, um das Grundstück „ausbruchsicher“ herzurichten. Ein solcher Zaun in ausreichender Höhe, mit entsprechender Fundamentierung und in der erforderlichen Stabilität führt je nach den konkreten Grundstücksverhältnissen schnell zu einem Kostenvolumen von etwa 5.000 €, was umgerechnet auf eine Lebensdauer des Hundes von 12 – 13 Jahren zu Jahreskosten i.H.v. 400 € führt. Zählt man hierzu für die sonstigen sicherheitsrechtlichen Auflagen einen Betrag von lediglich 50 € im Jahr hinzu, so führt dies addiert zu den bisher festgestellten allgemeinen Kosten von 750 € zu Gesamtkosten i.H.v. 1.200 €. Damit übersteigt der geforderte Steuersatz die üblichen Unterhaltungskosten nicht.

39

Der Beklagte hat diese Satzungsbestimmungen auch rechtsfehlerfrei angewandt. Der Hund des Klägers unterfällt der Sonderregelung des § 10 Abs. 1 der Satzung, denn er ist durch Ordnungsverfügung vom 10.01.2007 in wirksamer und den Kläger bindender Weise als gefährlicher Hund i.S.d. des § 3 GefHG eingestuft worden.

40

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

41

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

42

Die Revision war nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.


Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. Dezember 2009 - 10 K 1854/08 - geändert: Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 23. Januar 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 23. Mai 2008 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Hundesteuer für die Jahre 2006 und 2007.
Die Beklagte erhebt für den streitgegenständlichen Zeitraum Hundesteuer aufgrund ihrer Satzung über die Erhebung der Hundesteuer - HStS - vom 12.11.1996 in der Fassung vom 30.10.2001. Die Satzung enthält u.a. folgende Regelungen:
§ 1
Steuergegenstand
(1) Die Gemeinde erhebt die Hundesteuer nach dieser Satzung.
(2) Der Steuer unterliegt das Halten von Hunden durch natürliche Personen im Gemeindegebiet, soweit es nicht ausschließlich der Erzielung von Einnahmen dient.
(3) ...
§ 2
Steuerschuldner und Haftung, Steuerpflichtiger
(1) Steuerschuldner und Steuerpflichtiger ist der Halter des Hundes.
(2) Halter eines Hundes ist, wer einen Hund in seinem Haushalt oder seinem Wirtschaftsbetrieb für Zwecke der persönlichen Lebensführung aufgenommen hat. ...
(3) Alle in einem Haushalt gehaltenen Hunde gelten als von den Haushaltsmitgliedern gemeinsam gehalten.
...
§ 3
10 
Beginn und Ende der Steuerpflicht
11 
(1) Die Steuerpflicht beginnt am ersten Tag des auf den Beginn des Haltens folgenden Kalendermonats, frühestens mit Ablauf des Kalendermonats, in dem der Hund drei Monate alt wird. Beginnt die Hundehaltung bereits am ersten Tag eines Kalendermonats, so beginnt auch die Steuerpflicht mit diesem Tag.
12 
(2) …
§ 5
13 
Steuersatz
14 
(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr für jeden Hund 36,60 EUR. Beginnt oder endet die Steuerpflicht im Laufe des Kalenderjahres, beträgt die Steuer den der Dauer der Steuerpflicht entsprechenden Bruchteil der Jahressteuer.
15 
(2) Hält ein Hundehalter im Gemeindegebiet mehrere Hunde, so erhöht sich der nach Abs. 1 geltende Steuersatz für den zweiten und jeden weiteren Hund auf 110,40 EUR. ...
16 
Der Kläger hält seit Jahren Hunde im Gebiet der Beklagten. Seit 2004 hielt er zwei Hunde, seit März 2005 drei Hunde. Nachdem ein Hund im Laufe des Jahres 2005 verstarb und der Kläger Mitte November 2005 drei weitere Hunde der Rasse Husky erworben hatte, hielt er Anfang des Jahres 2006 insgesamt fünf Hunde. Mitte des Jahres 2006 erwarb der Kläger einen weiteren Hund, einen sogenannten Hound. Im Spätherbst 2006 kam es zu einem „ungewollten Wurf“, sechs der acht Welpen (Mischung zwischen Husky und Hound) behielt der Kläger. Im Jahr 2007 verstarb ein Hund, seitdem beläuft sich der Hundebestand auf elf Hunde.
17 
Die Ehefrau des Klägers meldete am 01.01.2006 ein Gewerbe für den Vertrieb, Reparatur und Umbau von Hundesportgeräten an. Das Gewerbe wird überwiegend vom Kläger ausgeübt. Die Hunde werden im gemeinsamen Haushalt gehalten.
18 
Mit Bescheid vom 23.01.2007 setzte die Beklagte - unter Abänderung der bisherigen Steuerfestsetzung - für den Zeitraum vom 01.03.2005 bis zum 31.12.2007 eine erhöhte Hundesteuer von 1.002,80 EUR fest. Dabei legte sie der Steuerfestsetzung ab 01.03.2005 einen Ersthund und zwei weitere Hunde und ab dem 01.12.2005 einen Ersthund und fünf weitere Hunde zugrunde.
19 
Hiergegen erhob der Kläger am 20.02.2007 Widerspruch und führte zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Hundehaltung im bisherigen Umfang sei für sein Gewerbe unabdingbar notwendig; es handele sich nicht um eine private Hundehaltung. Derzeit entwickele er leichte Trainingswagen. Zielgruppe seien Hundehalter, für die die üblichen Trainingswagen zu schwer und zu unhandlich seien. Geplant seien auch Trainingswagen für größere Gespanne mit komfortablem Fahrwerk etwa auf der Basis von leichten Quad-Fahrwerken. Für das Gespannfahren werde zudem eine Vielzahl von Zubehörteilen benötigt. All diese Dinge müssten nach ihrem Entwurf als Prototyp getestet und zu Verkaufszwecken auch vorgeführt werden, was nur mit eigenen Gespann-hunden gehe. Außerdem müsse er an entsprechenden sportlichen Veranstaltungen teilnehmen, um mit seinem Produkt bekannt zu werden. Wieviele Hunde für diese Zwecke sinnvoll seien, lasse sich schwer sagen. Ein renntaugliches Gespann müsse andere Kriterien erfüllen als ein Gespann, mit dem man Interessierten eine Probefahrt machen lasse.
20 
Unter dem 06.03.2008 führte der Kläger weiter aus, inzwischen habe er elf gespanntaugliche Hunde, die er für seinen Betrieb benötige. Für seine zahlreichen Testfahrten genüge ein einziges Hundegespann mit drei bis vier Hunden nicht. Er müsse auch krankheits- oder sterbefallbedingten Ausfällen wirksam begegnen können.
21 
Mit Bescheid vom 23.05.2008 gab das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis dem Widerspruch des Klägers teilweise statt. Für die Jahre 2006 und 2007 wurden vier Hunde als betriebsbedingter Aufwand anerkannt, im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Im Widerspruchsbescheid heißt es ferner, für die Zeit ab Februar 2007 habe die Beklagte die Hundesteuer - wegen der erhöhten Anzahl von Hunden - neu festzusetzen. Zur Begründung führte das Landratsamt u.a. aus: Eine Hundehaltung sei dann betriebsbedingt und damit nicht steuerpflichtig, wenn ohne Hunde das Gewerbe nicht - vor allem nicht gewinnbringend und nachhaltig - ausgeübt werden könne. Davon sei im Fall des Klägers auszugehen. Zumindest einen Teil seines Lebensunterhalts - wenn auch einen sehr kleinen - habe er mit seinem Gewerbe bestritten. Auch unter Berücksichtigung, dass sich das Gewerbe noch in der Aufbauphase befinde, sei von einer gewissen Nachhaltigkeit und einer Gewinnerzielungsabsicht auszugehen. Bei der Beurteilung, wieviele Hunde betriebsbedingt notwendig seien, sei allerdings auf den Umfang des Gewerbes abzustellen. In beiden Jahren seien leichte Zug- und Trainingswagen für den Hundesport vertrieben worden, die von vier Hunden sowohl getestet als auch vorgeführt werden könnten. Die darüber hinausgehenden Pläne und Wünsche des Klägers seien für den beurteilenden Zeitraum nicht entscheidungserheblich. Das Halten der weiteren Hunde sei als Hobby zu werten. Dieser Eindruck werde dadurch verstärkt, dass der Kläger Anfang 2006 lediglich sechs Hunde gehalten habe und erst im Spätherbst 2006 ein Wurf hinzugekommen sei.
22 
Am 25.06.2008 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und beantragt, den Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 23.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 23.05.2008 aufzuheben, soweit Hundesteuer für die Jahre 2006 und 2007 festgesetzt wird. Zur Begründung hat er ergänzend u.a. Folgendes geltend gemacht: Die Herstellung der Trainingswagen sei ggf. auch ohne Hundehaltung möglich. Niemand würde aber einen solchen Wagen kaufen, der nicht hinreichend auf Sicherheit und Belastbarkeit geprüft worden sei. Ohne die Haltung der Hunde könne er folglich sein Gewerbe nicht ausüben. Sicherlich gebe es Zeiten, in denen die Hunde nicht seinem Gewerbebetrieb dienten. Dies seien beispielsweise die Fütterungszeiten oder die Ruhezeiten. Dies liege jedoch in der Natur der Sache. Vor diesem Hintergrund sei die private Nutzung nur von untergeordneter Bedeutung. Er benötige die Tiere auch für die Internetpräsentation, für die Fahrzeugwerbung und bei Werbungen im Rahmen von Ausstellungen.
23 
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und erwidert: Der Kläger habe bisher aus seinem Gewerbebetrieb nur äußerst niedrige Erlöse erzielt. Es sei aber die Erzielung „erheblicher Einnahmen“ erforderlich, um die ausschließliche Zuordnung der Hundehaltung zu beruflichen Zwecken herstellen zu können.
24 
Das Verwaltungsgericht Karlsruhe hat die Klage durch Urteil vom 09.12.2009 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Streitgegenstand sei die Festsetzung von Hundesteuer für die Jahre 2006 und 2007 für einen Ersthund und einen weiteren Hund. Für die Beurteilung der Frage, ob das Halten von Hunden alleine der Einkommenserzielung diene, sei die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Frage der Besteuerung von Zweitwohnungen heranzuziehen. Voraussetzung sei danach, dass der Hund beruflich oder gewerblich genutzt werde. Zur Widerlegung der Vermutung, der Steuertatbestand sei erfüllt, müssten objektive Umstände angeführt werden. Blieben solche Umstände unaufklärbar, träfen die Folgen dieser Beweislosigkeit den Steuerpflichtigen. Zu berücksichtigen seien alle Umstände, soweit sie sich als objektivierbar erwiesen, etwa weil sie sich an einer äußerlich feststellbaren Art und Weise der Hundehaltung zeigten. Eine festzustellende private Nutzung sei dann nicht zu Lasten des Betroffenen als ausschlaggebend zu behandeln, wenn die Möglichkeit der privaten Nutzung von völlig untergeordneter Bedeutung gegenüber einem ganz überwiegenden betrieblichen Zweck sei. Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe habe der Kläger nicht die Vermutung widerlegt, dass ihm die Hunde auch für persönliche Zwecke in einem nicht unerheblichen Umfang zur Verfügung stünden. Zwar sei bei der Haltung der Hunde von einer Haltung auch zu betrieblichen Zwecken auszugehen. Der Kläger habe aber nicht darzulegen vermocht, dass der zeitliche Umfang des Einsatzes der Hunde in seinem Betrieb objektiv so groß sei, dass die mögliche private Haltung demgegenüber objektiv zu vernachlässigen sei. Maßgeblich sei insoweit zunächst darauf abzustellen, dass der Einsatz der Hunde lediglich Mittel zum Zweck und nicht der eigentliche Betriebsinhalt sei. Denn die betriebliche Tätigkeit bestehe in der Konstruktion, Herstellung und dem Verkauf der Hundesportgeräte und nicht im Einsatz der Hunde. Darüber hinaus ergebe sich allein schon aus der geringen Größe des Betriebs und der geringen Zahl der über den Zeitraum von zwei Jahren getätigten Verkäufe, dass die private Haltung der Tiere in einem ganz erheblichen Umfang objektiv möglich sei. Schon allein danach sei es im maßgeblichen Zeitraum nicht erforderlich gewesen, die Tiere so erheblich beim Testen und Vorführen der Hundesportgeräte einzusetzen, dass objektiv eine private Nutzung praktisch ausgeschlossen gewesen sei. Nach den Angaben des Klägers fänden die Testfahrten im Schnitt täglich zwei Stunden statt. Die verbleibende Zeit hielten sie sich überwiegend im Zwinger auf. Selbst wenn man eine längere mehrstündige Erholungsphase nach den Testfahrten für erforderlich halte und die Zeit, die für die Fütterung und Pflege der Tiere notwendig sei, berücksichtige, sei die Zeit, in der die Tiere nicht aus betriebsbezogenen Gründen gehalten würden, nicht als völlig geringfügig zu bewerten.
25 
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 14.04.2010 zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Er biete einen dreirädrigen und einen vierrädrigen Trainingswagen in einer Standardversion zum Verkauf an, weiterhin entwickle er einen schweren Wagen auf dem Chassis eines Quad. Im Januar 2010 habe er auch ein Quad verkauft. Für die Bewegung des dreirädrigen Wagens sind mindestens zwei Hunde - je nach Stärke der Hunde auch bis zu vier - notwendig. Vier Hunde könnten auch den vierrädrigen Wagen ziehen. Allerdings könne dieser dann nicht entsprechend erprobt werden. Deshalb seien für den vierrädrigen Wagen idealerweise sechs bis acht Hunde einzusetzen. In seinem Gewerbe komme es aber nicht nur darauf an, dass die Konstruktionen getestet würden. Ein Gespann heranzuziehen, welches laufstark sei und funktioniere, erfordere extrem viel Arbeit für und mit den Hunden. Es sei deshalb nicht ausreichend, sich zehn Hunde zu kaufen und diese vor einen Wagen zu spannen. Um die Wagen ausreichend testen zu können, habe er sich seine „Hundegespanne“ erzogen. Ohne die Testfahrten könne er sein Gewerbe nicht betreiben. Allerdings benötige er hierfür entsprechend starke und zuverlässige Gespanne. Diese wiederum erhalte er nur, wenn er diese beinahe täglich trainiere. Aus diesen Gründen stünden beinahe täglich Ausfahrten mit den Hunden an. Er setze zum Training auch das Quad ein. Hier könne er die Tiere, die nicht harmonisierten, mit entsprechend großem Abstand platzieren, so dass dann auch Testfahrten mit acht bis zehn Hunden möglich seien.
26 
Der Kläger beantragt,
27 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 09.12.2009 - 10 K 1854/08 - zu ändern und den Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 23.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheids des Landratsamts der Neckar-Odenwald-Kreises vom 23.05.2008 aufzuheben, soweit Hundesteuer für die Jahre 2006 und 2007 festgesetzt wird.
28 
Die Beklagte beantragt,
29 
die Berufung zurückzuweisen.
30 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Ergänzend führt sie aus: Der Umstand, dass die Schlittenhunde täglich nicht mehr als zwei Stunden eingesetzt würden, bestätige, dass die Hunde gerade nicht ausschließlich Erwerbszwecken dienten, sondern ebenso dem privaten Vergnügen. Auch wenn man davon ausgehe, dass die Hunde aus tierschutzrechtlichen Gründen - wie der Kläger behaupte - nicht mehr als zwei Stunden am Tag für den Gewerbebetrieb eingesetzt werden dürften, ergebe sich daraus keine ausschließliche Nutzung zur Erwerbserzielung. Die geringe gewerbliche Tätigkeit des Klägers sei nicht geeignet, die existenziellen Bedürfnisse des täglichen Lebens zu decken. Bereits deshalb könne nur der Schluss gezogen werden, dass die Herstellung der Sportgeräte ein Freizeitvergnügen darstelle.
31 
Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 23.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 23.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33 
1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Hundesteuer für einen Ersthund und für einen weiteren Hund jeweils für die Jahre 2006 und 2007. Die Steuer beträgt im Kalenderjahr für den Ersthund 36,60 EUR und für jeden weiteren Hund 110,40 EUR (§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung der Beklagten über die Erhebung der Hundesteuer vom 12.11.1996 in der Fassung vom 30.10.2001 (im Folgenden: HStS). Zwar hat die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 23.01.2007 ursprünglich zur Hundesteuer für die insgesamt sechs Hunde veranlagt, die der Kläger zu diesem Zeitpunkt hielt. In Abänderung dieser Festsetzung hat jedoch das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis mit dem Widerspruchsbescheid vier Hunde als betriebsbedingter Aufwand anerkannt. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren beschränkt sich demzufolge auf die Hundesteuer für zwei der ursprünglich veranlagten sechs Hunde ist.
34 
Entgegen der Annahme der Widerspruchsbehörde dienten im streitgegenständlichen Zeitraum 2006 und 2007 alle diese sechs Hunde der Einnahmeerzielung und unterliegen damit nicht der Hundesteuerpflicht. Allerdings können dem Gewerbe der Ehefrau des Klägers darüber hinausgehend keine weiteren Hunde zugeordnet werden. Deshalb ist die Beklagte berechtigt, die Hundewelpen, die ab dem Frühjahr 2007 nach § 3 Abs. 1 HStS der Steuerpflicht unterliegen, entsprechend zu veranlagen und insoweit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 HStS den der Dauer der Steuerpflicht entsprechenden Bruchteil der Jahressteuer festzusetzen. Eine solche Nacherhebung hat sich bereits das Landratsamt im Widerspruchsbescheid vom 23.05.2008 ausdrücklich vorbehalten.
35 
2. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG a.F. (heute § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG) erheben die Gemeinden eine Hundesteuer. Die Hundesteuer ist eine örtliche Aufwandssteuer, zu deren Erhebung die Gemeinden gesetzlich verpflichtet sind. Gestützt auf diese gesetzliche Grundlage hat die Beklagte die Satzung über die Erhebung der Hundesteuer vom 12.11.1996 in der Fassung vom 30.10.2001 erlassen, gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken nicht bestehen und vom Kläger auch nicht erhoben werden.
36 
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hängt mit Blick auf § 1 Abs. 2 HStS davon ab, ob die Hunde des Klägers persönlichen oder beruflichen bzw. gewerblichen Zwecken dienen. Nach dieser Vorschrift unterliegt das Halten von Hunden durch natürliche Personen im Gemeindegebiet der Beklagten der Steuer, soweit es nicht ausschließlich der Erzielung von Einnahmen dient. Die Auslegung dieser Satzungsbestimmung muss jedoch dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich bei der Hundesteuer um eine örtliche Aufwandssteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG handelt und daraus folgend eine Berechtigung der Gemeinden zur Erhebung der Steuer nur insoweit besteht, soweit sie sich auf einen Aufwand im Sinne der genannten Vorschrift des Grundgesetzes bezieht. Im Einzelnen:
37 
a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Aufwandssteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern. Die Aufwandssteuer knüpft an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an; sie ist eine Steuer auf die Einkommensverwendung, die eine besondere Leistungsfähigkeit indizierenden Konsum belastet. Im Aufwand als Konsum kommt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Gemeindesteuern, zu deren Erhebung die Länder die Gemeinden ermächtigt haben. Sie ist eine örtliche Aufwandssteuer, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen - wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen - zusätzlichen Vermögensaufwand erfordert; Aufwandssteuern beziehen sich nicht notwendigerweise auf Luxusgegenstände (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 10 C 1.07 - NVwZ 2008, 92).
38 
Im Halten von Hunden, das nicht persönlichen, sondern allein beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient, liegt danach keine Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Aufwands, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Den Ländern ist durch Art. 105 Abs. 2 a GG keine Gesetzgebungsbefugnis verliehen worden, einen solchen, nicht persönlichen Zwecken dienenden Aufwand zu besteuern. Eine Berechtigung zur Erhebung einer Steuer auf einen solchen Aufwand kann deshalb auch nicht von den Gemeinden aus den landesrechtlichen Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes hergeleitet werden (vgl. dazu etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 03.11.2005 - 14 A 3852/04 - AUR 2006, 139 und vom 03.02.2005 - 14 A 1569/03 - KStZ 2005, 98).
39 
b) Vor diesem rechtlichen Hintergrund bedarf es unter Berücksichtigung aller den jeweiligen Einzelfall prägenden Umstände einer Abgrenzung, ob die Hundehaltung betrieblich bzw. beruflich veranlasst ist oder ob sie persönlichen Zwecken dient. Bei der Beurteilung dieser Frage kann mangels gesetzlicher Bestimmung auf keine Vermutungsregel zurückgegriffen werden. Insbesondere die objektive Möglichkeit der Nutzung eines Hundes für private Zwecke begründet für sich allein nicht die Vermutung des Fehlens der Absicht der Einnahmeerzielung. An der im Urteil vom 16.12.2002 (- 2 S 2113/00 - VBlBW 2003, 288) geäußerten hiervon abweichenden Ansicht hält der Senat nicht länger fest.
40 
Eine Zuordnung der Hundehaltung zu beruflichen Zwecken kann i.S.v. § 1 Abs. 2 HStS nur dann angenommen werden, wenn die Berufs- oder Gewerbeausübung ohne die Hundehaltung nicht möglich wäre oder ohne die Hundehaltung der Erwerbszweck erheblich erschwert würde; berufliche bzw. gewerbliche Zwecke liegen insbesondere dann vor, wenn die dienstliche oder arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Hundehaltung besteht (etwa Haltung von Diensthunden der Bundespolizei; Wachmann, der laut Arbeitsvertrag zur Haltung eines Wachhundes verpflichtet ist), wenn die Hundehaltung untrennbar mit der Ausübung eines Berufs (z.B. Artistenhund; Hütehund in einem Schäfereibetrieb) oder eines Gewerbes (z.B. Hundehandel; gewerbliche Hundezucht) verbunden ist (vgl. zum Ganzen: Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr 3.1). In diesen Fällen kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass persönliche Zwecke für die Hundehaltung eine deutlich untergeordnete Rolle spielen und deshalb nicht mehr geeignet sind, als Anknüpfungspunkt für eine Steuererhebung zu dienen.
41 
3. Nach diesem Maßstab sind dem Gewerbe der Ehefrau des Klägers, das den Vertrieb, die Reparatur und den Umbau von Hundesportgeräten - Trainingswagen für Hundegespanne - zum Gegenstand hat, sechs Hunde „zu gewerblichen Zwecken“ zuzuordnen. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das dargestellte Gewerbe mit der genannten Anzahl der Hunde im Hinblick auf den bisherigen Betriebsumfang sinnvoll ausgeübt werden kann. Dies gilt nicht nur für die streitgegenständlichen Jahre 2006 und 2007, sondern auch für den sich daran anschließenden Zeitraum bis zu dieser Entscheidung.
42 
a) Angesichts des geringen Umfangs der gewerblichen Betätigung bzw. der erzielten Umsätze sowie den bisherigen Verlusten des Gewerbes stellt sich zunächst die Frage, ob die Betätigung überhaupt als Gewerbe mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. § 15 Abs. 2 EStG) angesehen werden kann. Die Gewinnerzielungsabsicht entspricht für Einkommen aus Gewerbebetrieben dem allen Einkommensarten grundsätzlich immanenten Tatbestandsmerkmal „Einkünfteerzielungsabsicht“ und bringt zum Ausdruck, dass die (konkretisierte) Absicht der Erzielung ausreicht, dass also prinzipiell auch negative Einkünfte zu berücksichtigen sind. Dies gilt aber nicht für Fälle, in denen das verlustbringende Verhalten überhaupt nicht auf Einkunftserzielung angelegt war (Liebhaberei); das steuerrechtliche Institut der Liebhaberei hat dabei die Funktion, einkommensteuerrechtlich irrelevante Verluste herauszufiltern und führt zu einem Verlustabzugsverbot. Die auf Gewinn gerichtete Absicht ist subjektives Tatbestandsmerkmal, auf dessen Vorliegen oder Fehlen aber nicht aus Erklärungen, sondern nur aus äußerlich erkennbaren objektiven tatsächlichen Merkmalen (Indizien) geschlossen werden kann. Mehrjährige, über die Anlaufphase hinausgehende Verluste und die Feststellung, dass ein Betrieb nach Wesensart und Betriebsführung derzeit objektiv nicht geeignet ist, nachhaltig Gewinn zu erzielen, indizieren das Fehlen einer Gewinnabsicht, rechtfertigen aber allein noch nicht die Annahme, dass diese fehlt. Von Bedeutung ist ferner, ob aus der Sicht eines sachkundigen Beobachters der Betrieb nach Wesensart und/oder Bewirtschaftung objektiv un-/geeignet ist, mit Gewinn zu arbeiten, sowie die Reaktion des Steuerpflichtigen (z.B. die Anpassung/Einstellung des Betriebs). So handelt etwa ein Steuerpflichtiger bei Fortsetzung verlustbringender Tätigkeit über die Anlaufzeit hinaus in der Regel mindestens „fortan nicht mehr zur Erzielung von Gewinn“ (vgl. zum Ganzen Weber-Grellet in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 15 Rdnrn. 25, 31, 37; Stuhrmann in: Blümich, Einkommensteuer-Körperschaftssteuer-Gewerbesteuer, Kommentar, § 15 EStG RdNrn. 45, 46, 49).
43 
Für den hier zu beurteilenden Zeitraum kann dem Betrieb der Ehefrau des Klägers die Gewinnerzielungsabsicht (noch) nicht abgesprochen werden. Davon geht im Übrigen auch die Widerspruchsbehörde aus. Allein die Tatsache, dass in einem Kalenderjahr ein Verlust erzielt wird, schließt noch nicht das Vorliegen eines Gewerbebetriebs aus. Dies gilt auch bei Verlusten in der Anlaufphase. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er in den Jahren 2006 und 2007 erst die Prototypen der drei- und vierrädrigen Trainingswagen entwickelt und getestet hat. Auch im Hinblick auf das begrenzte Marktsegment, in dem der hier zu beurteilende Betrieb tätig ist, sind Anlaufverluste naheliegend, zumal die Produkte in der „Hundesportszene“ erst bekannt gemacht werden müssen.
44 
b) Zu Recht ist die Widerspruchsbehörde weiter davon ausgegangen, dass das hier zu beurteilende Gewerbe betriebsbedingt auf die Hundehaltung angewiesen ist. Die Hundesportwagen sind teilweise als drei- oder vierrädrige Standardmodelle entwickelt worden, teilweise handelt es sich um Spezialanfertigungen auf Wunsch des jeweiligen Käufers. Die Konstruktion der Sportgeräte insgesamt und insbesondere die Überprüfung der verwendeten Einzelteile bedürfen einer Erprobung und Nachjustierung im Probebetrieb, wozu Probe- und Testfahrten mit einem tauglichen Hundegespann unabdingbar sind. Dies hat der Kläger im Laufe des Verwaltungsverfahrens und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt und erläutert. Auch die Behörde stellt nicht in Frage, dass für eine erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung der hier zu beurteilenden Hundesportgeräte Testfahrten mit gespanntauglichen Hunden und damit die Hundehaltung in einem gewissen Umfang erforderlich ist.
45 
c) Zu Unrecht hat die Widerspruchsbehörde aber dem Betrieb - zur sinnvollen Ausübung des Gewerbes - lediglich vier Hunde zugeordnet. Der Umfang der Hundehaltung, der für die Berufs- oder Gewerbeausübung notwendig ist, richtet sich nach den Besonderheiten des ausgeübten Berufs bzw. Gewerbes und insbesondere nach dem Umfang der Betätigung. Darüber hinaus sind aber auch beabsichtigte bzw. zu erwartende Betriebserweiterungen in die Beurteilung einzubeziehen; insoweit kommt es aber nicht auf die individuellen Wünsche des jeweiligen Hundehalters, sondern auf die objektivierte Sicht eines verständigen Betriebsinhabers an. Danach sind für den hier zu beurteilenden Betrieb in der „Anlaufphase“ sechs Hunde erforderlich, aber auch ausreichend.
46 
In den Jahren 2006 und 2007 hat der Kläger - wie dargelegt - dreirädrige- und vierrädrige Hundesportgeräte entwickelt, getestet und gebaut. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen hat er in diesem Zeitraum auch fünf Dreiräder und zwei Vierräder veräußert. Für die Erprobung des dreirädrigen Wagens sind mindestens zwei bis maximal vier Hunde notwendig. Vier Hunde sind auch in der Lage, den vierrädrigen Wagen zu ziehen. Allerdings setzen Tests „unter Rennbedingungen“ voraus, dass sechs leistungsfähige Hunde eingesetzt werden. Der Kläger, dem aufgrund des „ungewollten Welpenwurfs“ inzwischen sechs leistungsstarke Hunde zur Verfügung stehen, hat dies in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert und dargelegt. Plausibel und nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang auch sein Vortrag, im Hinblick auf das von ihm bediente Segment der „Leistungssportler“, müssten seine Wagen unter Wettkampfbedingungen erprobt und getestet werden. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat auch die Beklagte nicht erhoben.
47 
Darauf, dass der Kläger die Hunde nach seinem eigenen Vortrag täglich nicht mehr als zwei Stunden für Testfahrten einsetzt und die Hunde deshalb die überwiegende Zeit des Tages der privaten Nutzung zur Verfügung stehen, kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht an. Ist die Hundehaltung in einem bestimmten Umfang für eine sinnvolle Ausübung des Berufs oder eines Gewerbes erforderlich, stellt sich im Regelfall die private Nutzung der entsprechenden Hunde als untergeordnet dar. Die Frage, ob eine Hundehaltung tatsächlich im Hinblick auf berufliche bzw. gewerbliche Zwecke erfolgt oder ob diese Zwecke vorgeschoben sind und in Wahrheit die Hundehaltung zu persönlichen Zwecken erfolgt, kann nur auf Grundlage einer wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Hundehalters kann es durchaus ein Indiz sein, in welchem zeitlichen Umfang die Hundehaltung beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient. Eine rein zeitliche Betrachtung und damit eine Abgrenzung der beruflichen bzw. gewerblichen von der privatnützigen Hundehaltung allein nach diesem Kriterium wird jedoch den Besonderheiten beim Einsatz dieser Tiere - wie auch der hier zu beurteilende Fall zeigt - nicht gerecht. So dürfte etwa auch ein Artistenhund, dessen Haltung für die Ausübung des entsprechenden Berufs unabdingbar ist, nur den geringeren Teil des Tages mit Training und Vorführungen beschäftigt und damit nur den geringeren Teil des Tages im betrieblichen Einsatz sein.
48 
d) Die weiteren Hunde, die der Kläger im steuerrechtlichen Sinne ab Frühjahr 2007 hält, sind hingegen nicht mehr betrieblich veranlasst und unterfallen somit der Hundesteuer. Auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass für Testfahrten mit den genannten vierrädrigen Trainingswägen sechs - leistungsfähige - Hunde ausreichend sind. Soweit er sich darauf beruft, er benötige im Falle der Erkrankung oder Verletzung von Hunden zumindest zwei weitere Ersatzhunde, kann dem nicht gefolgt werden. Angesichts des bisherigen Betriebsumfangs und der geringen Anzahl der entwickelten Fahrzeuge besteht kein Anlass, für alle möglichen Eventualitäten Reservehunde vorzuhalten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann ausgeschlossen werden, dass es erforderlich ist, für die bislang entwickelten Hundesportgeräte - wie vom Kläger behauptet - tägliche bzw. fast tägliche Testfahrten vorzunehmen. Deshalb können - auch aus der Sicht eines verständigen Betriebsinhabers - etwa bei der Erkrankung eines Hundes die Testfahrten ausgesetzt bzw. über einen längeren Zeitraum „gestreckt“ werden.
49 
Auch der weitere Vortrag des Klägers, er benötige sämtliche elf von ihm gehaltenen Hunde für gewerbliche Zwecke, weil vier Hunde bereits nach einer Testfahrt erschöpft und deshalb an diesem Tag keine weiteren Fahrten mehr möglich wären, überzeugt nicht. Es ist - wie bereits dargelegt - nicht nachvollziehbar, dass es für den Kläger betrieblich erforderlich ist, am gleichen Tag sämtliche von ihm gefertigten Modelle, d.h. sowohl die drei- als auch die vierrädrigen Wagen nacheinander zu testen und zu erproben. Jedenfalls für die hier zu beurteilende Anlaufphase des Betriebs und vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der bislang vom Kläger entwickelten Prototypen können die insgesamt erforderlichen Testfahrten auch über einen längeren Zeitraum hinweg verteilt werden.
50 
Schließlich rechtfertigt auch der weitere Einwand des Klägers, er habe inzwischen zusätzlich einen schweren Wagen auf dem Chassis eines Quad entwickelt und hierfür benötige er mindestens sechs bis acht Hunde, keine abweichende Betrachtung. Im hier zu beurteilenden Zeitraum bis Ende des Jahres 2007 hat der Kläger eigenem Vortrag zufolge einen solchen schweren Wagen jedenfalls noch nicht hergestellt. In seiner Widerspruchsbegründung vom 19.02.2007 gab der Kläger lediglich an, er plane auch größere Gespanne auf der Basis von leichten Quad-Fahrwerken. Auch in seinem Schreiben vom 06.03.2008 spricht der Kläger lediglich davon, er plane auch Trainingswagen für Gespanne für sechs bis acht Hunde. Vor diesem Hintergrund können allein die „Planungsabsichten“ einen größeren Hundebestand nicht begründen.
51 
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger bislang getätigten Umsätze mit Hundesportgeräten auf der Basis eines Quad-Fahrwerks schwerlich eine Hundehaltung in noch größerem Umfang rechtfertigen dürften. Nach den vom Kläger vorgelegten Belegen hat er bislang lediglich im Januar 2010 ein vorhandenes Quad zu einem Trainingswagen umgebaut. Dieser geringe „Produktionsumfang“ dürfte aus der Sicht eines verständigen Betriebsinhabers eine Ausweitung der Hundehaltung nicht wirtschaftlich erscheinen lassen. Im Übrigen stellt sich auch die Frage, ob angesichts der bisherigen geringen Verkaufszahlen für die drei- und vierrädrigen Trainingswagen wirtschaftlich die Entwicklung eines weiteren Fahrzeugs und damit verbundene Investitionen - auch in Form weiterer Hundegespanne - überhaupt sinnvoll ist.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 15. September 2010
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 294,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
32 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Hundesteuerbescheid der Beklagten vom 23.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 23.05.2008 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
33 
1. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Hundesteuer für einen Ersthund und für einen weiteren Hund jeweils für die Jahre 2006 und 2007. Die Steuer beträgt im Kalenderjahr für den Ersthund 36,60 EUR und für jeden weiteren Hund 110,40 EUR (§ 5 Abs. 1 und Abs. 2 der Satzung der Beklagten über die Erhebung der Hundesteuer vom 12.11.1996 in der Fassung vom 30.10.2001 (im Folgenden: HStS). Zwar hat die Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 23.01.2007 ursprünglich zur Hundesteuer für die insgesamt sechs Hunde veranlagt, die der Kläger zu diesem Zeitpunkt hielt. In Abänderung dieser Festsetzung hat jedoch das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis mit dem Widerspruchsbescheid vier Hunde als betriebsbedingter Aufwand anerkannt. Das verwaltungsgerichtliche Verfahren beschränkt sich demzufolge auf die Hundesteuer für zwei der ursprünglich veranlagten sechs Hunde ist.
34 
Entgegen der Annahme der Widerspruchsbehörde dienten im streitgegenständlichen Zeitraum 2006 und 2007 alle diese sechs Hunde der Einnahmeerzielung und unterliegen damit nicht der Hundesteuerpflicht. Allerdings können dem Gewerbe der Ehefrau des Klägers darüber hinausgehend keine weiteren Hunde zugeordnet werden. Deshalb ist die Beklagte berechtigt, die Hundewelpen, die ab dem Frühjahr 2007 nach § 3 Abs. 1 HStS der Steuerpflicht unterliegen, entsprechend zu veranlagen und insoweit nach § 5 Abs. 1 Satz 2 HStS den der Dauer der Steuerpflicht entsprechenden Bruchteil der Jahressteuer festzusetzen. Eine solche Nacherhebung hat sich bereits das Landratsamt im Widerspruchsbescheid vom 23.05.2008 ausdrücklich vorbehalten.
35 
2. Nach § 6 Abs. 3 Satz 1 KAG a.F. (heute § 9 Abs. 3 Satz 1 KAG) erheben die Gemeinden eine Hundesteuer. Die Hundesteuer ist eine örtliche Aufwandssteuer, zu deren Erhebung die Gemeinden gesetzlich verpflichtet sind. Gestützt auf diese gesetzliche Grundlage hat die Beklagte die Satzung über die Erhebung der Hundesteuer vom 12.11.1996 in der Fassung vom 30.10.2001 erlassen, gegen deren Rechtmäßigkeit Bedenken nicht bestehen und vom Kläger auch nicht erhoben werden.
36 
Die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids hängt mit Blick auf § 1 Abs. 2 HStS davon ab, ob die Hunde des Klägers persönlichen oder beruflichen bzw. gewerblichen Zwecken dienen. Nach dieser Vorschrift unterliegt das Halten von Hunden durch natürliche Personen im Gemeindegebiet der Beklagten der Steuer, soweit es nicht ausschließlich der Erzielung von Einnahmen dient. Die Auslegung dieser Satzungsbestimmung muss jedoch dem Umstand Rechnung tragen, dass es sich bei der Hundesteuer um eine örtliche Aufwandssteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG handelt und daraus folgend eine Berechtigung der Gemeinden zur Erhebung der Steuer nur insoweit besteht, soweit sie sich auf einen Aufwand im Sinne der genannten Vorschrift des Grundgesetzes bezieht. Im Einzelnen:
37 
a) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts ist geklärt, dass die Aufwandssteuern im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG (nur) den besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand für die persönliche Lebensführung erfassen und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern. Die Aufwandssteuer knüpft an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand an; sie ist eine Steuer auf die Einkommensverwendung, die eine besondere Leistungsfähigkeit indizierenden Konsum belastet. Im Aufwand als Konsum kommt die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck. Die Hundesteuer gehört zu den herkömmlichen Gemeindesteuern, zu deren Erhebung die Länder die Gemeinden ermächtigt haben. Sie ist eine örtliche Aufwandssteuer, weil das Halten eines Hundes über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgeht und einen - wenn auch unter Umständen nicht sehr erheblichen - zusätzlichen Vermögensaufwand erfordert; Aufwandssteuern beziehen sich nicht notwendigerweise auf Luxusgegenstände (vgl. zum Ganzen: BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 10 C 1.07 - NVwZ 2008, 92).
38 
Im Halten von Hunden, das nicht persönlichen, sondern allein beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient, liegt danach keine Verwendung von Einkommen und Vermögen zur Bestreitung eines Aufwands, der über das für die Deckung der allgemeinen Lebensbedürfnisse Erforderliche hinausgeht. Den Ländern ist durch Art. 105 Abs. 2 a GG keine Gesetzgebungsbefugnis verliehen worden, einen solchen, nicht persönlichen Zwecken dienenden Aufwand zu besteuern. Eine Berechtigung zur Erhebung einer Steuer auf einen solchen Aufwand kann deshalb auch nicht von den Gemeinden aus den landesrechtlichen Bestimmungen des Kommunalabgabengesetzes hergeleitet werden (vgl. dazu etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Urteile vom 03.11.2005 - 14 A 3852/04 - AUR 2006, 139 und vom 03.02.2005 - 14 A 1569/03 - KStZ 2005, 98).
39 
b) Vor diesem rechtlichen Hintergrund bedarf es unter Berücksichtigung aller den jeweiligen Einzelfall prägenden Umstände einer Abgrenzung, ob die Hundehaltung betrieblich bzw. beruflich veranlasst ist oder ob sie persönlichen Zwecken dient. Bei der Beurteilung dieser Frage kann mangels gesetzlicher Bestimmung auf keine Vermutungsregel zurückgegriffen werden. Insbesondere die objektive Möglichkeit der Nutzung eines Hundes für private Zwecke begründet für sich allein nicht die Vermutung des Fehlens der Absicht der Einnahmeerzielung. An der im Urteil vom 16.12.2002 (- 2 S 2113/00 - VBlBW 2003, 288) geäußerten hiervon abweichenden Ansicht hält der Senat nicht länger fest.
40 
Eine Zuordnung der Hundehaltung zu beruflichen Zwecken kann i.S.v. § 1 Abs. 2 HStS nur dann angenommen werden, wenn die Berufs- oder Gewerbeausübung ohne die Hundehaltung nicht möglich wäre oder ohne die Hundehaltung der Erwerbszweck erheblich erschwert würde; berufliche bzw. gewerbliche Zwecke liegen insbesondere dann vor, wenn die dienstliche oder arbeitsvertragliche Verpflichtung zur Hundehaltung besteht (etwa Haltung von Diensthunden der Bundespolizei; Wachmann, der laut Arbeitsvertrag zur Haltung eines Wachhundes verpflichtet ist), wenn die Hundehaltung untrennbar mit der Ausübung eines Berufs (z.B. Artistenhund; Hütehund in einem Schäfereibetrieb) oder eines Gewerbes (z.B. Hundehandel; gewerbliche Hundezucht) verbunden ist (vgl. zum Ganzen: Gössl/Reif, Kommunalabgabengesetz für Baden-Württemberg, Stand September 2009, § 9 Rdnr 3.1). In diesen Fällen kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass persönliche Zwecke für die Hundehaltung eine deutlich untergeordnete Rolle spielen und deshalb nicht mehr geeignet sind, als Anknüpfungspunkt für eine Steuererhebung zu dienen.
41 
3. Nach diesem Maßstab sind dem Gewerbe der Ehefrau des Klägers, das den Vertrieb, die Reparatur und den Umbau von Hundesportgeräten - Trainingswagen für Hundegespanne - zum Gegenstand hat, sechs Hunde „zu gewerblichen Zwecken“ zuzuordnen. Nach den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass das dargestellte Gewerbe mit der genannten Anzahl der Hunde im Hinblick auf den bisherigen Betriebsumfang sinnvoll ausgeübt werden kann. Dies gilt nicht nur für die streitgegenständlichen Jahre 2006 und 2007, sondern auch für den sich daran anschließenden Zeitraum bis zu dieser Entscheidung.
42 
a) Angesichts des geringen Umfangs der gewerblichen Betätigung bzw. der erzielten Umsätze sowie den bisherigen Verlusten des Gewerbes stellt sich zunächst die Frage, ob die Betätigung überhaupt als Gewerbe mit Gewinnerzielungsabsicht (vgl. § 15 Abs. 2 EStG) angesehen werden kann. Die Gewinnerzielungsabsicht entspricht für Einkommen aus Gewerbebetrieben dem allen Einkommensarten grundsätzlich immanenten Tatbestandsmerkmal „Einkünfteerzielungsabsicht“ und bringt zum Ausdruck, dass die (konkretisierte) Absicht der Erzielung ausreicht, dass also prinzipiell auch negative Einkünfte zu berücksichtigen sind. Dies gilt aber nicht für Fälle, in denen das verlustbringende Verhalten überhaupt nicht auf Einkunftserzielung angelegt war (Liebhaberei); das steuerrechtliche Institut der Liebhaberei hat dabei die Funktion, einkommensteuerrechtlich irrelevante Verluste herauszufiltern und führt zu einem Verlustabzugsverbot. Die auf Gewinn gerichtete Absicht ist subjektives Tatbestandsmerkmal, auf dessen Vorliegen oder Fehlen aber nicht aus Erklärungen, sondern nur aus äußerlich erkennbaren objektiven tatsächlichen Merkmalen (Indizien) geschlossen werden kann. Mehrjährige, über die Anlaufphase hinausgehende Verluste und die Feststellung, dass ein Betrieb nach Wesensart und Betriebsführung derzeit objektiv nicht geeignet ist, nachhaltig Gewinn zu erzielen, indizieren das Fehlen einer Gewinnabsicht, rechtfertigen aber allein noch nicht die Annahme, dass diese fehlt. Von Bedeutung ist ferner, ob aus der Sicht eines sachkundigen Beobachters der Betrieb nach Wesensart und/oder Bewirtschaftung objektiv un-/geeignet ist, mit Gewinn zu arbeiten, sowie die Reaktion des Steuerpflichtigen (z.B. die Anpassung/Einstellung des Betriebs). So handelt etwa ein Steuerpflichtiger bei Fortsetzung verlustbringender Tätigkeit über die Anlaufzeit hinaus in der Regel mindestens „fortan nicht mehr zur Erzielung von Gewinn“ (vgl. zum Ganzen Weber-Grellet in: Schmidt, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 15 Rdnrn. 25, 31, 37; Stuhrmann in: Blümich, Einkommensteuer-Körperschaftssteuer-Gewerbesteuer, Kommentar, § 15 EStG RdNrn. 45, 46, 49).
43 
Für den hier zu beurteilenden Zeitraum kann dem Betrieb der Ehefrau des Klägers die Gewinnerzielungsabsicht (noch) nicht abgesprochen werden. Davon geht im Übrigen auch die Widerspruchsbehörde aus. Allein die Tatsache, dass in einem Kalenderjahr ein Verlust erzielt wird, schließt noch nicht das Vorliegen eines Gewerbebetriebs aus. Dies gilt auch bei Verlusten in der Anlaufphase. Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er in den Jahren 2006 und 2007 erst die Prototypen der drei- und vierrädrigen Trainingswagen entwickelt und getestet hat. Auch im Hinblick auf das begrenzte Marktsegment, in dem der hier zu beurteilende Betrieb tätig ist, sind Anlaufverluste naheliegend, zumal die Produkte in der „Hundesportszene“ erst bekannt gemacht werden müssen.
44 
b) Zu Recht ist die Widerspruchsbehörde weiter davon ausgegangen, dass das hier zu beurteilende Gewerbe betriebsbedingt auf die Hundehaltung angewiesen ist. Die Hundesportwagen sind teilweise als drei- oder vierrädrige Standardmodelle entwickelt worden, teilweise handelt es sich um Spezialanfertigungen auf Wunsch des jeweiligen Käufers. Die Konstruktion der Sportgeräte insgesamt und insbesondere die Überprüfung der verwendeten Einzelteile bedürfen einer Erprobung und Nachjustierung im Probebetrieb, wozu Probe- und Testfahrten mit einem tauglichen Hundegespann unabdingbar sind. Dies hat der Kläger im Laufe des Verwaltungsverfahrens und auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt und erläutert. Auch die Behörde stellt nicht in Frage, dass für eine erfolgreiche Entwicklung und Vermarktung der hier zu beurteilenden Hundesportgeräte Testfahrten mit gespanntauglichen Hunden und damit die Hundehaltung in einem gewissen Umfang erforderlich ist.
45 
c) Zu Unrecht hat die Widerspruchsbehörde aber dem Betrieb - zur sinnvollen Ausübung des Gewerbes - lediglich vier Hunde zugeordnet. Der Umfang der Hundehaltung, der für die Berufs- oder Gewerbeausübung notwendig ist, richtet sich nach den Besonderheiten des ausgeübten Berufs bzw. Gewerbes und insbesondere nach dem Umfang der Betätigung. Darüber hinaus sind aber auch beabsichtigte bzw. zu erwartende Betriebserweiterungen in die Beurteilung einzubeziehen; insoweit kommt es aber nicht auf die individuellen Wünsche des jeweiligen Hundehalters, sondern auf die objektivierte Sicht eines verständigen Betriebsinhabers an. Danach sind für den hier zu beurteilenden Betrieb in der „Anlaufphase“ sechs Hunde erforderlich, aber auch ausreichend.
46 
In den Jahren 2006 und 2007 hat der Kläger - wie dargelegt - dreirädrige- und vierrädrige Hundesportgeräte entwickelt, getestet und gebaut. Ausweislich der vorliegenden Unterlagen hat er in diesem Zeitraum auch fünf Dreiräder und zwei Vierräder veräußert. Für die Erprobung des dreirädrigen Wagens sind mindestens zwei bis maximal vier Hunde notwendig. Vier Hunde sind auch in der Lage, den vierrädrigen Wagen zu ziehen. Allerdings setzen Tests „unter Rennbedingungen“ voraus, dass sechs leistungsfähige Hunde eingesetzt werden. Der Kläger, dem aufgrund des „ungewollten Welpenwurfs“ inzwischen sechs leistungsstarke Hunde zur Verfügung stehen, hat dies in der mündlichen Verhandlung im Einzelnen erläutert und dargelegt. Plausibel und nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang auch sein Vortrag, im Hinblick auf das von ihm bediente Segment der „Leistungssportler“, müssten seine Wagen unter Wettkampfbedingungen erprobt und getestet werden. Substantiierte Einwendungen hiergegen hat auch die Beklagte nicht erhoben.
47 
Darauf, dass der Kläger die Hunde nach seinem eigenen Vortrag täglich nicht mehr als zwei Stunden für Testfahrten einsetzt und die Hunde deshalb die überwiegende Zeit des Tages der privaten Nutzung zur Verfügung stehen, kommt es in diesem Zusammenhang entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts nicht an. Ist die Hundehaltung in einem bestimmten Umfang für eine sinnvolle Ausübung des Berufs oder eines Gewerbes erforderlich, stellt sich im Regelfall die private Nutzung der entsprechenden Hunde als untergeordnet dar. Die Frage, ob eine Hundehaltung tatsächlich im Hinblick auf berufliche bzw. gewerbliche Zwecke erfolgt oder ob diese Zwecke vorgeschoben sind und in Wahrheit die Hundehaltung zu persönlichen Zwecken erfolgt, kann nur auf Grundlage einer wertenden Betrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit der Angaben des Hundehalters kann es durchaus ein Indiz sein, in welchem zeitlichen Umfang die Hundehaltung beruflichen oder gewerblichen Zwecken dient. Eine rein zeitliche Betrachtung und damit eine Abgrenzung der beruflichen bzw. gewerblichen von der privatnützigen Hundehaltung allein nach diesem Kriterium wird jedoch den Besonderheiten beim Einsatz dieser Tiere - wie auch der hier zu beurteilende Fall zeigt - nicht gerecht. So dürfte etwa auch ein Artistenhund, dessen Haltung für die Ausübung des entsprechenden Berufs unabdingbar ist, nur den geringeren Teil des Tages mit Training und Vorführungen beschäftigt und damit nur den geringeren Teil des Tages im betrieblichen Einsatz sein.
48 
d) Die weiteren Hunde, die der Kläger im steuerrechtlichen Sinne ab Frühjahr 2007 hält, sind hingegen nicht mehr betrieblich veranlasst und unterfallen somit der Hundesteuer. Auf ausdrückliche Nachfrage in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger eingeräumt, dass für Testfahrten mit den genannten vierrädrigen Trainingswägen sechs - leistungsfähige - Hunde ausreichend sind. Soweit er sich darauf beruft, er benötige im Falle der Erkrankung oder Verletzung von Hunden zumindest zwei weitere Ersatzhunde, kann dem nicht gefolgt werden. Angesichts des bisherigen Betriebsumfangs und der geringen Anzahl der entwickelten Fahrzeuge besteht kein Anlass, für alle möglichen Eventualitäten Reservehunde vorzuhalten. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kann ausgeschlossen werden, dass es erforderlich ist, für die bislang entwickelten Hundesportgeräte - wie vom Kläger behauptet - tägliche bzw. fast tägliche Testfahrten vorzunehmen. Deshalb können - auch aus der Sicht eines verständigen Betriebsinhabers - etwa bei der Erkrankung eines Hundes die Testfahrten ausgesetzt bzw. über einen längeren Zeitraum „gestreckt“ werden.
49 
Auch der weitere Vortrag des Klägers, er benötige sämtliche elf von ihm gehaltenen Hunde für gewerbliche Zwecke, weil vier Hunde bereits nach einer Testfahrt erschöpft und deshalb an diesem Tag keine weiteren Fahrten mehr möglich wären, überzeugt nicht. Es ist - wie bereits dargelegt - nicht nachvollziehbar, dass es für den Kläger betrieblich erforderlich ist, am gleichen Tag sämtliche von ihm gefertigten Modelle, d.h. sowohl die drei- als auch die vierrädrigen Wagen nacheinander zu testen und zu erproben. Jedenfalls für die hier zu beurteilende Anlaufphase des Betriebs und vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der bislang vom Kläger entwickelten Prototypen können die insgesamt erforderlichen Testfahrten auch über einen längeren Zeitraum hinweg verteilt werden.
50 
Schließlich rechtfertigt auch der weitere Einwand des Klägers, er habe inzwischen zusätzlich einen schweren Wagen auf dem Chassis eines Quad entwickelt und hierfür benötige er mindestens sechs bis acht Hunde, keine abweichende Betrachtung. Im hier zu beurteilenden Zeitraum bis Ende des Jahres 2007 hat der Kläger eigenem Vortrag zufolge einen solchen schweren Wagen jedenfalls noch nicht hergestellt. In seiner Widerspruchsbegründung vom 19.02.2007 gab der Kläger lediglich an, er plane auch größere Gespanne auf der Basis von leichten Quad-Fahrwerken. Auch in seinem Schreiben vom 06.03.2008 spricht der Kläger lediglich davon, er plane auch Trainingswagen für Gespanne für sechs bis acht Hunde. Vor diesem Hintergrund können allein die „Planungsabsichten“ einen größeren Hundebestand nicht begründen.
51 
Zur Vermeidung eines weiteren Rechtsstreits weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger bislang getätigten Umsätze mit Hundesportgeräten auf der Basis eines Quad-Fahrwerks schwerlich eine Hundehaltung in noch größerem Umfang rechtfertigen dürften. Nach den vom Kläger vorgelegten Belegen hat er bislang lediglich im Januar 2010 ein vorhandenes Quad zu einem Trainingswagen umgebaut. Dieser geringe „Produktionsumfang“ dürfte aus der Sicht eines verständigen Betriebsinhabers eine Ausweitung der Hundehaltung nicht wirtschaftlich erscheinen lassen. Im Übrigen stellt sich auch die Frage, ob angesichts der bisherigen geringen Verkaufszahlen für die drei- und vierrädrigen Trainingswagen wirtschaftlich die Entwicklung eines weiteren Fahrzeugs und damit verbundene Investitionen - auch in Form weiterer Hundegespanne - überhaupt sinnvoll ist.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 15. September 2010
55 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 294,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
56 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.