Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2016 - 3 ZB 14.919

published on 11/04/2016 00:00
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 11. Apr. 2016 - 3 ZB 14.919
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Gericht

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Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert wird für das erstinstanzliche Verfahren - unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts - und für das Zulassungsverfahren auf jeweils 2.315,28 Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere rechtliche Schwierigkeiten) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - juris) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B. v. 10.3.2004 - 7 AV 4/03 - juris). Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage gegen die Ruhestandsversetzung nach Art. 64 Nr. 1 BayBG sowie die Verpflichtungsklage, den Kläger anstatt dessen zum gleichen Zeitpunkt, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt, wegen Dienstunfähigkeit gemäß Art. 65 Abs. 3 BayBG in den Ruhestand zu versetzen, zu Recht abgewiesen.

a) Der Kläger rügt, das angefochtene Urteil verhalte sich nicht zu der Frage, wie eine Behörde zu verfahren habe, wenn zwei parallele Anträge mit unterschiedlichem Antragsbegehren bei ihr anhängig seien. Dieses hätte im Sinne von Art. 22 BayVwVfG ausgelegt bzw. ermittelt werden müssen. Der tatsächliche Wille sei in Zweifelsfällen von der Behörde nach Art. 25 BayVwVfG zu ergründen. Dies gelte im Beamtenrecht aufgrund der dem Dienstherrn gegenüber seinem Beamten obliegenden Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) in besonderem Maße. Der Kläger habe stets primär eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit angestrebt, über die auch seitens des Beklagten - gegebenenfalls ablehnend - hätte entschieden werden müssen. Selbst wenn man sich formal auf den Standpunkt stellte, der Kläger habe mit seinem weiteren Antragsformular vom 4. Juni 2012 tatsächlich unabhängig von der Frage der Dienstfähigkeit einen Antragsruhestand nach Art. 64 Nr. 1 BayBG begehrt, hätte darin jedenfalls keine Antragsrücknahme beziehungsweise kein Gegenstandsloswerden des ursprünglichen Ruhestandsversetzungsantrags wegen Dienstunfähigkeit vom 6. Dezember 2011 gesehen werden dürfen. Dass im Zweifel der spätere Antrag gelte, könne nur angenommen werden, wenn sich die Behörde vorher mit einer Rückfrage um Aufklärung bemüht habe; daran fehle es hier. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Vorschrift des Art. 71 Abs. 1 Satz 2 Hs. 2 BayBG sei vorliegend nicht einschlägig, da sie einen anderen Regelungsgegenstand habe, nämlich eine Einschränkung der behördlichen Rücknahme- und Widerrufsmöglichkeiten nach Art. 48, 49 BayVwVfG.

Damit kann der Kläger nicht durchdringen. Nach dem Beginn des Ruhestandes kann weder die Versetzung in den Ruhestand noch der Grund, auf dem sie beruht, durch Widerruf, Rücknahme oder Wiederaufgreifen des Verfahrens nachträglich geändert werden. Das gilt auch dann, wenn der Beamte die Zurruhesetzungsverfügung mit dem Ziel der Auswechselung des Grundes für den Ruhestand angefochten hat (vgl. BVerwG, U. v. 30.4.2014 - 2 C 65/11 - NVwZ-RR 2014, 653 Leitsatz).

Nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 BayBG kann die Versetzung in den Ruhestand - nur - bis zum Beginn des Ruhestandes zurückgenommen werden. Diese Bestimmung, die sich auch in den Beamtengesetzen anderer Länder und des Bundes findet, dient nicht nur dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten, sondern auch dem allgemeinen Interesse der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Damit erweist sie sich als das Gegenstück der Ämterstabilität, die aus ähnlichen Gründen den Widerruf und die Rücknahme der Ernennung von den allgemeinen Vorschriften ausnimmt und an spezielle, im Beamtengesetz selbst geregelte Voraussetzungen knüpft.

Die Versetzung in den Ruhestand ist - wie die Ernennung des Beamten - ein statusverändernder Verwaltungsakt. Sie ist nach dem Ruhestandsbeginn nicht mehr korrigierbar; die abschließenden Regelungen des Beamtenrechts stehen einem Rückgriff auf die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts über den Widerruf und die Rücknahme von Verwaltungsakten und ein Wiederaufgreifen des Verfahrens (Art. 48, 49, 51 VwVfG) entgegen. Das erfasst auch den Grund für die Zurruhesetzung. Eine Aufspaltung in die Zurruhesetzung „als solche“ einerseits und den Grund für die Zurruhesetzung andererseits ist nicht möglich. Dementsprechend muss der Grund für die Zurruhesetzung bei Erlass der Zurruhesetzungsverfügung feststehen; er darf nicht offen oder in der Schwebe bleiben.

Kommt die Versetzung in den Ruhestand aus mehreren gesetzlichen Gründen in Betracht, so ist eine nachträgliche Änderung des Inhalts der Verfügung dahingehend, dass die Zurruhesetzung auf einen anderen der gesetzlichen Gründe gestützt wird, nicht möglich. Das schließt gleichermaßen Änderungen zugunsten wie zulasten des Beamten aus. Anderenfalls wäre auch eine Änderung zulasten des Beamten etwa bei nachträglichem Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft möglich, z. B. bei einer Krebserkrankung nach Entfallen des Rezidivrisikos (vgl. zum Ganzen BVerwG, U. v. 30.4.2014 - 2 C 65/11 - NVwZ-RR 2014, 653/654 m. w. N.).

Somit sind inhaltliche Änderungen - auch bezüglich des Grundes der Zurruhesetzungsverfügung - ab Beginn des Ruhestandes ausgeschlossen. Der Beamte hat deshalb bei nicht festgestellter Dienstunfähigkeit vor dem von ihm ins Auge gefassten Ruhestandstermin nur die Wahl, entweder „pünktlich“ wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand zu treten oder aber zunächst im aktiven Dienst zu bleiben und erst später nach erfolgter Feststellung der Dienstunfähigkeit deshalb - oder im Fall, dass eine Dienstunfähigkeit nicht festgestellt wird, wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze - in den Ruhestand zu treten.

Dies hat auch der Kläger so verstanden. Seiner ex post bevorzugten Auslegung der Ruhestandsversetzungsanträge, er habe stets primär eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit und nur hilfsweise einen Antragsruhestand nach Art. 64 Nr. 1 BayBG angestrebt, kann nicht gefolgt werden. Entgegen der Auffassung des Klägers war der Beklagte nicht verpflichtet, beim Kläger zur Aufklärung seines wahren Willens zurückzufragen. Denn nach dem Telefonat, in dem der Sachbearbeiter des Beklagten dem Kläger erklärt hatte, das eingeholte Gesundheitszeugnis lasse eine Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit mangels dementsprechender amtsärztlicher Feststellungen nicht zu, konnte die Antragstellung nach Art. 64 Nr. 1 BayBG nur dahin verstanden werden, dass es dem Kläger darum ging, baldmöglichst in den Ruhestand zu treten. Wenn der Kläger damals eine vorrangige Entscheidung über seinen (gegenstandslos gewordenen) Antrag auf Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit hätte erreichen wollen, hätte er die Ruhestandsversetzungsurkunde nicht am 10. August 2012 entgegengenommen.

b) Der Kläger wendet des Weiteren ein, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass er sehr wohl die Feststellungen und das Ergebnis des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses der MUS vom 15. Mai 2012 substantiiert angegriffen und in Frage gestellt habe. Es gehe vorliegend nicht darum, mit privatfachärztlichen Gutachten des Dr. med. M. vom 2. September und 25. November 2013 ein Gesundheitszeugnis zur Bewertung der Dienstfähigkeit zu ersetzen, sondern darum darzulegen, dass das Gesundheitszeugnis vom 15. Mai 2012 in sich unschlüssig sei. Insoweit sei es zu keinem Verlust der Rügemöglichkeit gekommen, zumal das Gesundheitszeugnis dem Kläger nicht zugestellt, sondern erst im Rahmen der Akteneinsicht seines Bevollmächtigten am 7. November 2013 bei der MUS zur Kenntnis gelangt sei. Insbesondere auf Seite 4 f. des fachorthopädischen Gutachtens vom 25. November 2013 werde aufgezeigt, dass es aus orthopädischer Sicht nicht nachvollziehbar sei, wenn angenommen werde, der Kläger könne aufgrund der schweren Schäden im Gebiet des Stütz- und Bewegungsapparats zwar keinen Sport- oder Schwimmunterricht mehr erteilen, jedoch angeblich noch Werken und Technisches Zeichnen unterrichten, obschon derartige Tätigkeiten mindestens gleichschwere körperliche Belastungen erforderten.

Auf diesen Einwand kommt es nach dem unter a) Ausgeführten nicht mehr an. Er trifft auch in der Sache nicht zu, weil der behandelnde Arzt zwar zu einer anderen Beurteilung gelangt, eine Unschlüssigkeit des Gesundheitszeugnisses der MUS indes nicht aufzeigt.

2. Besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) liegen nach dem vorstehend Ausgeführten ebenfalls nicht vor.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1, § 47, § 52 Abs. 1 GKG. Der Kläger begehrt eine „geänderte“ Statusentscheidung hinsichtlich seiner Versetzung in den Ruhestand (als Dienstunfähiger), die keine Verminderung des Ruhegehalts zur Folge hätte. Der Senat orientiert sich daher an den Empfehlungen zum sog. Teilstatus in Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit Fassung 2013 (2-facher Jahresbetrag der Differenz zwischen innegehabtem und erstrebtem Teilstatus). Danach ist der Streitwert auf 2.315,28 Euro (monatlicher Versorgungsabschlag von 96,47 Euro gemäß Festsetzung der Versorgungsbezüge vom 1. Oktober 2012 x 24) festzusetzen (vgl. VGH BW, B. v. 26.1.2010 - 4 S 1059/09 - juris Rn. 16).

Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B
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published on 30/04/2014 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger begehrt die Auswechselung des Grundes für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
published on 20/12/2010 00:00

Tenor 1. Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 28. Juni 2010 - 12 N 33.10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgese
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published on 11/04/2017 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Der Kläger wendet sich mit der Klage gegen seine Ru
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Annotations

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.