Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 02. Dez. 2015 - 15 ZB 14.1456

bei uns veröffentlicht am02.12.2015

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre im Zulassungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die der Beigeladenen (zertifiziertes Luftfahrunternehmen) von der Beklagten erteilte bauaufsichtliche Genehmigung vom 6. Dezember 2011 in der Fassung der Tekturgenehmigung vom 4. Februar 2013 für die Errichtung eines Hubschrauberhangars mit Schulungsgebäude (Bauvorhaben) auf einer Teilfläche des Grundstücks FlNr. ... (nunmehr: FlNr. ...) Gemarkung L... (Baugrundstück). Das Baugrundstück liegt im Geltungsbereich der Planfeststellung für den Verkehrslandeplatz Augsburg vom 15. Februar 2002 (mit nachfolgenden Änderungen) innerhalb des Baubereichs F1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich das Rechtsmittel der Klägerin.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

1. Die Klägerin beruft sich auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Ob solche Zweifel bestehen, ist im Wesentlichen anhand dessen zu beurteilen, was die Klägerin innerhalb offener Frist hat darlegen lassen (§ 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Daraus ergeben sich solche Zweifel nicht.

a) Der Einwand der Klägerin, entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts seien die Voraussetzungen einer Änderung oder Erweiterung i. S. d. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG bzw. § 6 Abs. 4 LuftVG erfüllt, insbesondere weil den bisherigen luftrechtlichen Entscheidungen nicht entnommen werden könne, dass eine Entwicklung des Landeplatzes hin zu einem in erster Linie durch Hubschrauberbetrieb geprägten Flugplatz abgewogen worden wäre, lässt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils aufkommen.

aa) Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, dass das Bauvorhaben zu Recht im Baugenehmigungsverfahren zugelassen worden sei, weil mit der Baugenehmigung weder eine Änderung oder Erweiterung des luftverkehrsrechtlich festgelegten Anlagenbestands noch des Betriebsumfangs für den Verkehrslandeplatz erfolge, ist nicht ernstlich zweifelhaft.

Nach § 8 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 LuftVG kann die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten auf dem Flugplatzgelände Gegenstand der Planfeststellung sein. Von dieser Ermächtigung hat die Planfeststellungsbehörde Gebrauch gemacht und - soweit es hier von Belang ist - eine (Bebauungsplanfestsetzungen vergleichbare) abschließende Regelung u. a. zur Art der baulichen Nutzung für den gegenständlichen Bereich F1 getroffen (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 15.2.2002 i. d. F. des Bescheids vom 28.4.2003 und des Bescheids - Negativattest - vom 17.1.2007, „Änderung des Zuschnitts der planfestgestellten Bau- und Vorfeldsflächen F1 und V1“). Danach sind im Bereich der überbaubaren Fläche F1 „Bauliche Anlagen und Einrichtungen zum Unterstellen, Warten und Instandsetzen von Luftfahrzeugen“ sowie „Bauliche Anlagen und Einrichtungen für den Frachtumschlag, für luftfahrtaffine Dienstleistungen und Gewerbebetriebe und für Verwaltungen, die dem Luftfahrtbetrieb oder -gewerbe dienen“ zulässig („Zweckbestimmung“). Eine weitergehende Beschränkung, etwa auf die im Zeitpunkt der Zulassungsentscheidungen prognostizierten Hubschrauberbewegungen und einen dahingehenden Bedarf an Unterstellmöglichkeiten, enthalten weder die Regelung zur zulässigen Art der (baulichen) Nutzung noch die Zulassungsentscheidungen im Übrigen; eine derartige Beschränkung lässt sich auch nicht im Wege der Auslegung der Regelung über die bebauungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten herleiten. Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 15. Februar 2002 wurde auch der Neubau eines Hubschrauberlandeplatzes für den dauerhaften Hubschrauber-Flugbetrieb festgestellt (vgl. A.II [S. 2 ff.], VIII.1.1 [S. 12] sowie C.I.1.2 [S. 99], C.I.6.3.2 [S. 111], C.III.3.4.6 [S. 170] des Planfeststellungsbeschlusses vom 15.2.2002). Dieser neu ausgewiesene Hubschrauberlandeplatz soll insbesondere zur Hubschrauberschulung genutzt werden (vgl. ebd. III.C.3.4.6 [S. 170]). Davon abgesehen durfte (vgl. Bescheid vom 27. Juli 1965) und darf (vgl. Betriebsgenehmigung vom 17.5.2005) der Verkehrslandeplatz von Hubschraubern genutzt werden. Hubschrauber sind deshalb weder von den Arten der Luftfahrzeuge ausgenommen, die den Verkehrslandeplatz benutzen dürfen, noch sind für sie maximale Bewegungskontingente festgelegt. Sowohl der Hubschrauberhangar (bauliche Anlage zum Unterstellen, Warten und Instandsetzen von „Luftfahrzeugen“) als auch das Schulungsgebäude („bauliche Anlage für luftfahrtaffine Dienstleistungen und Gewerbebetriebe, die dem Luftfahrtbetrieb oder -gewerbe dienen“) sind ihrer Art nach im Bereich F1 ohne weiteres zulässig und waren deshalb im Baugenehmigungsverfahren zuzulassen (vgl. § 9 Abs. 1 LuftVG, Art. 1 Abs. 2 Nr. 1, Art. 2 Abs. 4 Nr. 3, Art. 55 Abs. 1, Art. 60, Art. 68 Abs. 1 Satz 1 BayBO).

bb) Entgegen der Darlegung der Klägerin hat sich das Verwaltungsgericht nicht auf die Behauptung zurückgezogen, Hangars seien regelmäßig nicht von Einfluss auf die technische Kapazität. Es hat - der klägerischen Forderung entsprechend - mit einer tragfähigen und einzelfallbezogenen Begründung ausgeführt, dass die technisch luftseitige Kapazität des Verkehrslandeplatzes abschließend im bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss sowie in der Betriebsgenehmigung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (vom 17.5.2005) geregelt wurde und die höchstzulässige Zahl von Flugbewegungen durch die bereits vorhandenen und bestandskräftig genehmigten Flugbetriebsflächen für den Hubschrauberbetrieb begrenzt wird. Folgerichtig führt das Verwaltungsgericht weiter aus, dass die Baugenehmigung für den Hangar und das Schulungsgebäude keine weitergehende Möglichkeit zur technischen Ausnützung der vorhandenen und genehmigten Flugbetriebsflächen für den Hubschrauberbetrieb schafft, eben weil diese Möglichkeit bereits durch die bestandskräftigen luftverkehrsrechtlichen Zulassungsentscheidungen getroffen wurde. Davon abgesehen steht die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die luftseitige technische Kapazität eines Flughafens maßgeblich durch die Start- und Landebahnen, die Rollbahnen und die Vorfeldflächen bestimmt wird, im Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, B. v. 16.12.2003 - 4 B 75/03 - NVwZ 2004, 865 = juris Rn. 7 m. w. N.).

cc) Anders als die Klägerin annimmt, ist dem Verwaltungsgericht kein Fehler bei der Auslegung und Auswertung der bisherigen luftrechtlichen Zulassungsentscheidungen unterlaufen, der ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung aufkommen lassen könnte. Insbesondere trifft es nicht zu, dass die (Bau-) Genehmigung eines Hangars für Hubschrauber das bisher abgewogene Planungskonzept verlassen würde und damit eine Änderung der Anlage und zugleich des Betriebs des Verkehrslandeplatzes bewirke.

(1) Die Zulassungsfähigkeit des Bauvorhabens bemisst sich nach der bauplanungsrechtlichen Regelung der Planfeststellung über die Art der (baulichen) Nutzung für die Baufläche F1. Insoweit ist der Regelungsgehalt vom Wortlaut her eindeutig. Er lässt sich auch durch die in den Zulassungsentscheidungen ausdrücklich erklärten Planungsziele, die die Anlegung oder den Ausbau des Verkehrslandeplatzes gerechtfertigt haben (vgl. BVerwG, U. v. 13.10.2011 - 4 A 4000/10 - juris Rn. 35), nicht in Richtung des klägerischen Vortrags relativieren. Hubschrauber sind „Luftfahrzeuge“ i. S. d. Regelung über die Art der (baulichen) Nutzung für den Baubereich F1; ein Hangar ist eine bauliche Anlage zum „Unterstellen, Warten und Instandsetzen von Luftfahrzeugen“. Das genehmigte Schulungsgebäude ist eine bauliche Anlage „für luftfahrtaffine Dienstleistungen, die dem Luftfahrtbetrieb oder -gewerbe dient“.

(2) Die Zulassung des Bauvorhabens steht auch nicht im Widerspruch zur planerischen Konzeption des Verkehrslandeplatzes. Dieser dient als Regionalflugplatz der Allgemeinen Luftfahrt und steht demnach „von seiner Zweckbestimmung her grundsätzlich allen Bereichen der Allgemeinen Luftfahrt offen“ (vgl. „Änderung der Genehmigung zur Anlage und zum Betrieb des Verkehrsladeplatzes Augsburg“ vom 31.7.2009, S. 8; C.III.3.2.1 [S. 143] des Planfeststellungsbeschlusses vom 15.2.2002; Betriebsgenehmigung vom 17.5.2005, S. 3).

(3) Soweit die Klägerin auf die in den Zulassungsentscheidungen angestellten Prognosen der künftigen Hubschrauberflugbewegungen (für 2010: 3.077 [AFG] bzw. 4.050 [Verkehrswissenschaftliches Institut der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen]; für 2015: 3.250 [Airport Research Center]) Bezug nimmt, diesen die tatsächliche Entwicklung gegenüberstellt („Hubschrauberbewegungen 2012: 11.205, 2013: 14.758) und die Lärmbewertung durch die Zunahme an Hubschrauberflügen beanstandet, führen auch diese Darlegungen nicht zur Zulassung der Berufung.

(a) Der Vortrag der Klägerin, dass Hubschrauberbewegungen für die künftige verkehrliche Bedeutung im Planfeststellungsbeschluss vom 15. Februar 2002 keine Rolle gespielt hätten, entspricht nicht den Tatsachen. Mit dem Planfeststellungsbeschluss vom 15. Februar 2002 wurde auch der Neubau eines Hubschrauberlandeplatzes für den dauerhaften Hubschrauber-Flugbetrieb festgestellt (vgl. A.II [S. 2 ff.], VIII.1.1 [S. 12], C.I.1.2 [S. 99], C.I.6.3.2 [S. 111], C.III.3.4.6 [S. 170] des Planfeststellungsbeschlusses vom 15.2.2002). Dieser neu ausgewiesene Hubschrauberlandeplatz wird insbesondere zur Hubschrauberschulung genutzt (vgl. ebd. III.C.3.4.6 [S. 170]). Davon abgesehen durfte (vgl. Bescheid vom 27. Juli 1965) und darf (vgl. Betriebsgenehmigung vom 17.5.2005) der Verkehrslandeplatz von Hubschraubern genutzt werden.

(b) Die Darlegungen der Klägerin zur Lärmbelastung, die infolge der Ansiedlung der Beigeladenen nun durch die Hubschrauberbewegungen dominiert würden, lassen keine andere Bewertung zu.

Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Baugenehmigung keine weitergehenden Möglichkeiten zur technischen Ausnutzung der vorhandenen und genehmigten Flugbetriebsflächen für den Hubschrauberbetrieb schafft und dass die technische Möglichkeit zur Ausnutzung der Flugbetriebsflächen im derzeitigen Umfang vielmehr bereits durch die luftverkehrsrechtlichen Zulassungsentscheidungen in den Jahren 2002 und 2005 bestandskräftig getroffen wurde. Die Frage nach der Zumutbarkeit des Fluglärms aus Anlass des Bauvorhabens stellt sich deshalb nicht. Von daher ist auch die Ausführung des Verwaltungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Klägerin auf ein Tätigwerden gegenüber der zuständigen Luftverkehrsbehörde zur Anpassung bzw. Änderung des Planfeststellungsbeschlusses aus dem Jahr 2002 bzw. der Betriebserlaubnis aus dem Jahr 2005 zu verweisen wäre, falls die festgesetzten Lärmgrenzwerte überschritten würden.

Davon abgesehen ergibt sich aus dem „Rechnerischen Nachweis der Flug- und Bodenlärmbelastung für das Jahr 2013 am Verkehrslandeplatz Augsburg“ vom 29. Januar 2014, dass die Lärmbelastung durch den Flugbetrieb - infolge der geringeren Flugbewegungen (2013: 56.970) - insgesamt geringer ausfällt als prognostiziert worden ist (prognostizierte Flugbewegungen für 2010: 73.548 bzw. 69.770) und dass die (zu Recht „analog zum bisher angewandten Verfahren“ der Schalltechnischen Untersuchung vom 28. April 2000) berechneten „Mittelungspegel (Fluglärmkonturen: 58 dB(A), 62 dB(A), 64 dB(A)) für das Jahr 2013 auch unter Berücksichtigung von zusätzlichen Immissionen durch „Schulungshovern“ innerhalb der Bestandslärmkonturen von 1999 (Flugbewegungen: 71.620) liegen. Relevante Maximalpegel reichen nur geringfügig über das Flugplatzgelände hinaus; lediglich am nördlichen Rand des Flugplatzgeländes ergeben sich durch den Übungsbetrieb der Helikopter neue Lärmbelastungen im Bereich der angrenzenden landwirtschaftlich genutzten Flächen. Diese schalltechnische Bewertung zu den tatsächlichen Gegebenheiten wird hinsichtlich des Gutachtens vom 29. Januar 2014 für das Jahr 2013 auch durch die von der Klägerin vorgelegten „Anmerkungen zu den schalltechnischen Gutachten“ vom 15. April 2014 nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Davon abgesehen findet der in den „Anmerkungen zu den schalltechnischen Gutachten“ vom 15. April 2014 angesetzte Lästigkeitszuschlag von 5 dB(A) keine Stütze in der maßgeblichen Lärmprognose zum bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss vom 15. Februar 2002, wie die Bearbeiter dieser Untersuchung selbst einräumen.

(c) Im Übrigen stellt das Verwaltungsgericht nicht infrage, dass die Ansiedlung der Beigeladenen am Verkehrslandeplatz Augsburg und folglich auch das Vorhaben (faktisch) zu einem deutlichen Anstieg der Hubschrauberbewegungen geführt haben. Zutreffend erachtet das Verwaltungsgericht diese Entwicklung aber für unmaßgeblich, weil eine Erweiterung oder Änderung i. S. v. § 6 Abs. 4 oder § 8 Abs. 1 LuftVG nicht die bloße (faktische) Betriebszunahme erfasst, sofern diese von einer bestandskräftig erteilten luftverkehrsrechtlichen Genehmigung, also dem bisherigen Gestattungszustand gedeckt ist. Insbesondere wirft die bloße gesteigerte Ausnutzung der Kapazität eines uneingeschränkt genehmigten Flugplatzes die Genehmigungsfrage nicht neu auf (BVerwG, B. v. 16.12.2013 - 4 B 75/03 - NVwZ 2004, 865 = juris Rn. 9 m. w. N.). So liegt es aber hier, weil das Bauvorhaben weder den Rahmen der planfestgestellten bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit noch den Rahmen der „Gesamtkapazität“ des Verkehrslandeplatzes überschreitet, der u. a. durch den bestandskräftigen Planfeststellungsbeschluss und die nachfolgende Betriebserlaubnis vom 17. Mai 2005 abschließend festgelegt wurde. Der im Planfeststellungsverfahren erhobenen Forderung, eine „Beschränkung von Flugzeugbewegungen entsprechend der Prognose des Vorhabenträgers“ festzulegen, wurde bewusst eine Absage erteilt, weil die im Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses vom 15. Februar 2002 vorliegende und bestandskräftige luftrechtliche Genehmigung des Verkehrslandeplatzes nicht eingeschränkt werden sollte und weil es im Übrigen auch bei anderen Verkehrsinfrastrukturmaßnahmen, z. B. beim Bau oder der Veränderung von Bundesstraßen, nicht möglich ist, die maximal zulässigen Fahrzeugbewegungen auf die Prognose zu begrenzen (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 15.2.2002, C.III.5.7.6 [S. 341 f.]).

(aa) Auch aus einem etwaigen Vorfeldbezug, den die Baufläche F1 aufweisen soll, lässt sich nicht schließen, das Bauvorhaben weiche hinsichtlich der luftseitigen technischen Kapazität vom bereits durch die bestandskräftigen Zulassungsentscheidungen geregelten Umfang ab. Davon abgesehen wird die zulässige Art der (baulichen) Nutzung in der Baufläche F1 nicht erschöpfend von einem Vorfeldbezug bestimmt, wie die Zulässigkeit von luftfahrtaffinen Dienstleistungen, Gewerbebetrieben und Verwaltungen zeigt.

(bb) Die Auffassung der Klägerin, wonach die Baufläche F1 für Flugzeughangars, nicht aber für Hubschrauberhangars vorgesehen sei, trifft nicht zu. Eine derartige Beschränkung findet sich weder in der bebauungsrechtlichen Regelung („Luftfahrzeuge“) noch lässt sie sich sonst den Zulassungsentscheidungen entnehmen. Hubschrauber dürfen den Verkehrslandeplatz benutzen. Folglich sind auch Unterstellmöglichkeiten für Hubschrauber von der Zweckbestimmung des Verkehrslandeplatzes erfasst; für die luftfahrtaffine Dienstleistung „Hubschrauberschulung“ gilt nichts anderes.

(cc) Auch die Annahme der Klägerin, die luftseitige technische Kapazität habe durch die Prognose der künftigen Flugbewegungen bestimmt werden sollen, so dass wesentliche Abweichungen der tatsächlichen Entwicklung auch die dem Konzept des Planfeststellungsbeschlusses zu entnehmende luftseitige Kapazität beeinflussen würden, bzw. die technische Kapazität des Flughafens sei auf die Prognose begrenzt, findet keine Stütze im Planfeststellungsbeschluss vom 15. Februar 2002 oder in den sonstigen Zulassungsentscheidungen. Die dahingehende Formulierung im Planfeststellungsbeschluss, „Die den Flugbetrieb am Verkehrslandeplatz Augsburg i. S. d. technischen Kapazität begrenzende Komponente ist die Prognose - nicht die Bahn und auch nicht die Vorfeldflächen“, betrifft die voraussichtlichen Lärmbelastungen, die sich nach der Flugbewegungs-Prognose richten und zwar unabhängig davon, wie viele Flugzeug-Abstellpositionen bestehen (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 15.2.2002 C.III.5.7.6 [S. 341 f.]). Der Forderung nach einer Beschränkung von Flugzeugbewegungen entsprechend der Prognose des Vorhabenträgers wurde demgegenüber - wie schon ausgeführt - im selben Absatz eine klare Absage erteilt (vgl. Planfeststellungsbeschluss vom 15.2.2002 ebd.).

(dd) Von Vorstehendem ausgehend trifft es auch nicht zu, dass das Bauvorhaben „zu einer Änderung des Gesichts des Flughafens“ geführt habe. Die bloße gesteigerte Ausnutzung der Kapazität eines - wie hier - uneingeschränkt genehmigten Verkehrslandeplatzes stellt keine genehmigungsbedürftige Erweiterung oder Änderung dar (vgl. BVerwG, U. v. 21.5.1997 - 11 C 1/97 - NVwZ-RR 2003, 729 = juris Rn. 6 m. w. N.); das „Gesicht“ des Verkehrslandeplatzes wird demnach durch die bisher ergangenen Zulassungsentscheidungen geprägt. Eine von Zulassungsentscheidungen abweichende „quantitative Steigerung des Flugbetriebs“ - wie im Fall des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 16.12.1988 4 C 49/86 - BVerwGE 81, 95 = juris Rn. 37) - liegt nicht vor. Der Betrieb des Verkehrslandeplatzes bleibt vielmehr auch nach Errichtung des Bauvorhabens im Rahmen des Zugelassenen.

b) Die Darlegungen der Klägerin zu der ihrer Ansicht nach bestehenden UVP-Pflicht des Bauvorhabens führen nicht zur Zulassung der Berufung.

Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Frage nach dem Erfordernis einer Umweltverträglichkeitsprüfung mangels Vorliegen einer Änderung i. S. v. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG keiner näheren Untersuchung bedarf. Das trifft zu. Denn die Frage, ob eine Änderung oder Erweiterung i. S. d. § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG vorliegt, beurteilt sich nach materiellem Recht, vorliegend mithin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (vgl. BVerwG, U. v. 18.12.2014 - 4 C 36/13 - BVerwGE 151, 138 = juris Rn. 23 m. w. N.). Aus dem Unionsrecht, insbesondere aus der Regelung in Nr. 13 Buchst. a des Anhangs II der Richtlinie 2011/92/EU (über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten, ABl. 2012 Nr. L 26 S. 1 - UVP-Richtlinie), deren Umsetzung § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG dient, folgt nichts anderes.

aa) Es ist bereits fraglich, ob die Klägerin im Fall der UVP-Pflichtigkeit des Bauvorhabens allein durch das Unterlassen einer Umweltverträglichkeitsprüfung in eigenen Rechten verletzt sein kann (§ 42 Abs. 2 VwGO).

Das Verwaltungsgericht hat die Klagebefugnis lediglich wegen des Vorbringens der Klägerin bejaht, anstelle des Baugenehmigungsverfahrens, das anders als das luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren keine Drittschutz vermittelnde abwägende Berücksichtigung der dem Vorhaben entgegenstehenden privaten Belange vorsieht, habe ein luftverkehrsrechtliches Zulassungsverfahren durchgeführt werden müssen. Nachdem das Bauvorhaben aber zu Recht im Baugenehmigungsverfahren zugelassen wurde, weil es - wie ausgeführt - im Rahmen der bisherigen luftrechtlichen Zulassungsentscheidungen bleibt, ist nicht ersichtlich in welchen sonstigen eigenen Rechten die Klägerin durch die weder den luftverkehrsrechtlich festgelegten Anlagenbestand noch den Betriebsumfang des Verkehrslandplatzes ändernde Baugenehmigung verletzt sein kann. Insoweit führte auch ein pflichtwidriges Unterbleiben der Umweltverträglichkeitsprüfung auf die Klage hin nicht von vornherein zur Aufhebung der Baugenehmigung. Denn dem nationalen Gesetzgeber steht es frei, die Rechte, deren Verletzung ein Einzelner im Rahmen eines gerichtlichen Rechtsbehelfs gegen eine Entscheidung, Handlung oder Unterlassung i. S. d. Art. 11 der Richtlinie 2011/92/EU geltend machen kann, auf subjektive Rechte zu beschränken (vgl. EuGH, U. v. 16.4.2015 - C-570/13 - DVBl 2015, 767 = juris Rn. 40; vgl. EuGH, U. v. 15.10.2015 - C-137/14 - juris Rn. 32 f.; EuGH, U. v. 12.5.2011 - C-115/09, DVBl 2011, 757 = juris Rn. 45). Dem entspricht u. a. die Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO. Allein eine „Verletzung des Gemeinschaftsrechts“ genügte vorliegend deshalb für sich nicht zur Geltendmachung einer Rechtsverletzung. Letztlich kann aber dahinstehen, ob die Klägerin (auch) hinsichtlich der Zulassung des Bauvorhabens im Baugenehmigungsverfahren klagebefugt ist, weil eine UVP-Prüfungspflicht oder Vorprüfungspflicht nicht bestand.

bb) Eine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht für Arbeiten bzw. Änderungen der Infrastruktur eines vorhandenen Flugplatzes ohne Verlängerung der Start- und Landebahn nach Maßgabe der Richtlinie 2011/92/EU nur, wenn sie als Änderung des Flugplatzes selbst angesehen werden können. Daran fehlt es.

(1) Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin umfasst das Bauvorhaben keine „Änderung eines Projekts nach Nr. 7 Buchst. a des Anhangs I der Richtlinie 2011/92/EU“ oder nach Nr. 13 Buchst. a des Anhangs II der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Richtlinie).

Nach Nr. 24 des Anhangs I der Richtlinie 2011/92/EU ist Projekt i. S. d. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Prüfung) auch „jede Änderung oder Erweiterung von Projekten, die in diesem Anhang aufgeführt sind, wenn sie für sich genommen die Schwellenwerte, sofern solche in diesem Anhang festgelegt sind, erreicht“. Das ist nicht der Fall, weil der Verkehrslandeplatz Augsburg keine „Start- und Landebahngrundlänge von 2.100 m und mehr“ aufweist (vgl. Nr. 7 Buchst. a der Richtlinie 2011/92/EU; der Verkehrslandeplatz überschreitet allerdings den in Nr. 14.12.1 der Anlage 1 zum UVPG festgelegten Schwellenwert der „Start- und Landebahngrundlänge von 1.500 m oder mehr“). Nach Nr. 13 Buchst. a des Anhangs II der Richtlinie 2011/92/EU (UVP-Vorprüfung) ist Projekt i. S. d. Art. 4 Abs. 2 auch „die Änderung oder Erweiterung von bereits genehmigten, durchgeführten oder in der Durchführungsphase befindlichen Projekten des Anhangs I oder dieses Anhangs, die erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt haben können (nicht durch Anhang I erfasste Änderung oder Erweiterung)“.

Nach der Rechtsprechung des EuGH fallen Änderungen der Infrastruktur eines vorhandenen Flugplatzes ohne Verlängerung der Start- und Landebahn unter Nr. 13 des Anhangs II der Richtlinie 85/337 (nunmehr: Nr. 13 Buchst. a des Anhangs II der Richtlinie 2011/92/EU) in Verbindung mit Nr. 7 ihres Anhangs I (nunmehr: Nr. 7 Buchst. a des Anhangs I der Richtlinie 2011/92/EU) sofern diese Arbeiten, insbesondere aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs und ihrer Merkmale, als Änderung des Flugplatzes selbst anzusehen sind (vgl. EuGH U. v. 17.3.2011 - C-275/09 - NuR 2011, 282 = juris Rn. 35; U. v. 28.2.2008 - C-2/07 - NuR 2008, 255 = juris Rn. 29 ff.). Demnach können zwar Änderungen der Infrastruktur eines vorhandenen Flugplatzes auch ohne Verlängerung der Start- und Landebahn Projekte i. S. d. UVP-Richtlinie sein. Vorauszusetzen ist aber weiter, dass diese Änderungen bzw. Arbeiten zur Verbesserung oder Erweiterung der Infrastruktur eines schon erbauten Flugplatzes, insbesondere aufgrund ihrer Art, ihres Umfangs oder ihrer Merkmale, als Änderung des Flugplatzes selbst angesehen werden können (vgl. EuGH, U. v. 21.3.2013 - C-244/12 - NVwZ 2013, 707 = juris Rn. 28 m. w. N.). Das ist insbesondere bei Arbeiten der Fall, die dazu bestimmt sind, die Aktivitäten des Flugplatzes und den Luftverkehr erheblich zu steigern (vgl. EuGH, U. v. 28.2.2008 - C-2/07 - NuR 2008, 255 = juris Rn. 36).

Hiervon ausgehend fehlt es aus den vorstehenden unter Nr. 1 Buchst. a aufgeführten Gründen an einer die Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung auslösenden „Änderung“ oder „Erweiterung“ im Sinn der UVP-Richtlinie oder des UVPG, weil das Bauvorhaben im Rahmen des bestandskräftig Zugelassenen, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, bleibt und deshalb seiner Art, seines Umfangs oder seiner Merkmale nach keine Änderung des Verkehrslandeplatzes herbeiführt und insbesondere nicht dazu bestimmt ist, die Aktivitäten des Verkehrslandeplatzes und den Luftverkehr in Ansehung des schon Zugelassenen erheblich zu steigern.

(2) Auch die weiteren Ausführungen in der Entscheidung des EuGH vom 28. Februar 2008 (a. a. O., Rn. 42-46), die in der Zulassungsbegründung wiedergegeben werden, lassen nicht den von der Klägerin gezogenen Schluss zu, aus dem Blickwinkel des Unionsrechts habe das Verwaltungsgericht eine Änderung des Flughafens im Sinn der Richtlinie 2011/92/EU nicht verneinen dürfen.

Es steht außer Frage, dass die UVP-Richtlinie an eine Gesamtbewertung der Auswirkungen von Projekten oder deren Änderung auf die Umwelt anknüpft und dass Behörden die geplante Steigerung der Aktivitäten eines Flugplatzes berücksichtigen müssen, wenn sie die Auswirkungen der Änderungen auf die Umwelt prüfen, die an der Infrastruktur dieses Flugplatzes vorgenommen werden sollen, damit der Zuwachs an Tätigkeit aufgenommen werden kann. Soweit es das gegenständliche Vorhaben betrifft, kann aber nur wiederholt werden, dass das Bauvorhaben weder eine Steigerung der zugelassenen Aktivitäten des Verkehrslandeplatzes herbeiführt noch mit seiner Ausführung ein über die bestandskräftigen Zulassungsentscheidungen hinausgehender „Zuwachs an Tätigkeiten“ verbunden ist.

(3) Die weiteren Darlegungen der Klägerin zu mehrstufigen Genehmigungsverfahren lassen keine andere Bewertung zu.

(a) Die Klägerin stellt zunächst auf einen „Hubschrauberbetrieb“ von mehr als 8.000 Bewegungen im Jahr ab und bemängelt sodann, die Baugenehmigung ermögliche einen Zuwachs an „stationierten Hubschraubern“, der nicht ermittelt, beschrieben und bewertet bzw. abgewogen worden sei, so dass die hiermit verbundenen Auswirkungen auch nicht nach Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU ermittelt, beschrieben und bewertet hätten werden können. Damit verkennt die Klägerin auch hier, dass sich sowohl die Zulässigkeit des „Hubschrauberbetriebs“ als auch die planungsrechtliche Zulässigkeit von (baulichen) Anlagen und Einrichtungen zum Unterstellen, Warten und Instandsetzen von Luftfahrzeugen nach den bestandskräftigen Zulassungsentscheidungen bemisst, die bewusst keine Beschränkung auf die in den Zulassungsentscheidungen prognostizierten Hubschrauberbewegungen und einen dahingehenden Bedarf an Unterstellmöglichkeiten enthalten und dass die tatsächlichen Flugbewegungen insgesamt deutlich hinter den prognostizierten zurückbleiben. Das Vorhaben verlässt deshalb den Rahmen des Zugelassenen nicht und bedarf folglich mangels Steigerung der Aktivitäten oder eines Zuwachses an Tätigkeiten auch keiner erneuten oder weitergehenden Umweltverträglichkeitsprüfung.

(b) Im Übrigen bestätigt die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des EuGH, dass bei Ergehen einer Grundsatzentscheidung und einer nachfolgenden Durchführungsentscheidung, die nicht über die in der Grundsatzentscheidung festgelegten Vorgaben hinausgehen darf, die Auswirkungen, die das Projekt möglicherweise hat, im Verfahren zum Erlass der Grundsatzentscheidung zu ermitteln und zu prüfen sind (vgl. EuGH, U. v. 28.2.2008 - C-2/07 - NuR 2008, 255 = juris Rn. 26; U. v. 4.5.2006 - C-290/03 - NVwZ 2006, 806 = juris Rn. 47; U. v.7.1.2004 - C-201/02 - NVwZ 2004, 593 = juris Rn. 52). Die insbesondere im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses vom 15. Februar 2002 (vgl. u. a. Umweltverträglichkeitsuntersuchung vom 13.6.2000; s. auch Änderungsplanfeststellungsbeschlusses vom 19. März 2007 mit Umweltverträglichkeitsuntersuchung vom 18.3.2005) durchgeführte Umweltverträglichkeitsprüfung bewertet neben anderen umweltrelevanten Belangen die Lärmbelastung ebenso wie die umweltbezogenen Auswirkungen der festgestellten Hochbauflächen (vgl. S. 125 ff. des Planfeststellungsbeschlusses vom 15.2.2002). Durch das nunmehr genehmigte Bauvorhaben ergeben sich insoweit keine Änderungen. Es bleibt im Rahmen des zugelassenen Betriebsumfangs und des luftverkehrsrechtlich festgelegten Anlagenbestands, wie er auch der Umweltverträglichkeitsprüfung zugrunde lag. Das Bauvorhaben geht damit nicht über die in der Grundsatzentscheidung festgelegten Vorgaben hinaus, sondern es entspricht diesen Vorgaben.

(c) Die Annahme der Klägerin, alle seit der letzten Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorgenommenen Änderungen am Verkehrslandeplatz hätten für die Frage der UVP-Pflichtigkeit des Bauvorhabens berücksichtigt werden müssen, trifft nicht zu. Die zum Beleg der klägerischen Behauptung in Bezug genommene Entscheidung des EuGH (U. v. 17.3.2011 - C-275/09 - NuR 2011, 282) betrifft die Verlängerung einer „Betriebsgenehmigung“, die selbst mit keinen Arbeiten oder Eingriffen zur Änderung des materiellen Zustands des Platzes verbunden war und deshalb weder als „Projekt“ noch als „Bau“ eingestuft werden konnte. Hiervon ausgehend befand der EuGH, dass auf der Stufe der Betriebsgenehmigung (die selbst kein Projekt zum Gegenstand hat) eine Prüfung der Umweltverträglichkeit durchzuführen ist, wenn (zuvor) Arbeiten oder materielle Eingriffe durchgeführt wurden, die im Sinne der UVP-Richtlinie als Projekte anzusehen sind, ohne dass deren Umweltverträglichkeit auf einer früheren Stufe des Genehmigungsverfahrens geprüft wurde. Die angefochtene Baugenehmigung ist aber weder eine „Betriebsgenehmigung“ im vorgenannten Sinn noch verhält sie sich zu den von Seiten der Klägerin aufgeführten Änderungen des Verkehrslandeplatzes Augsburg seit dem 19. März 2007 in der Art eines mehrstufigen Genehmigungsverfahrens. Die Baugenehmigung bleibt vielmehr im Rahmen des bereits Zugelassenen, für das eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde, und trägt deshalb zu einer „kumulativen Wirkung“ von späteren Projekten, die zusammengenommen erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können (vgl. EuGH, U. v. 28.2.2008 - C/2-07 - NuR 2008, 255 = juris Rn. 27), nichts bei.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Rechtssache zuzulassen.

a) Weder die „Vielzahl der erteilten, teilweise aufeinander Bezug nehmenden Genehmigungen, Erlaubnisse und Planfeststellungen“ noch sonstige von der Klägerin dargelegte Umstände erlauben den von ihr gezogenen Schluss, das Bauvorhaben würde den Rahmen des bereits Zugelassenen verlassen. In Bezug auf die Vorschriften des Luftverkehrsrechts oder über die Umweltverträglichkeitsprüfung führt das Bauvorhaben zu keiner Änderung oder Erweiterung des Verkehrslandeplatzes. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Bauvorhabens beschränkte sich demnach zu Recht auf die Übereinstimmung des Bauvorhabens mit den planfestgestellten bauplanungsrechtlichen Vorgaben und den an das Bauvorhaben zu stellenden bauordnungsrechtlichen Anforderungen. Dies hat das Verwaltungsgericht mit einer überzeugenden Begründung zutreffend festgestellt. Das Verwaltungsgericht war demnach weder „überfordert“ noch lässt die angefochtene Entscheidung „die gebotene vollständige Würdigung der ihm unterbreiteten Beweise vermissen“. Die umfangreichen Darlegungen der Klägerin zu ihrer vom Verwaltungsgericht abweichenden Rechtsauffassung, insbesondere zu ihrer Auslegung und Bewertung der bestandskräftigen Zulassungsentscheidungen, führen, wie oben unter Nr. 1 ausgeführt wurde, zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten oder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegen nicht deshalb vor, weil die Klägerin bemüht ist, ihre von den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen abweichende Auffassung mit umfangreichen Darlegungen zu begründen.

b) Die von der Klägerin „aufgeworfene Frage der Auslegung des Änderungsbegriffs der Richtlinie 2011/92/EU“ hat keine grundsätzliche Bedeutung.

Aus den vorstehenden Ausführungen (Nr. 1 Buchst. b) folgt, dass das Bauvorhaben zu keiner Änderung des Verkehrslandeplatzes i. S. d. Richtlinie 2011/92/EU führt. Gleiches gilt für das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Frage, „ob für die Beurteilung des Vorliegens einer Änderung eines Flughafens … allein auf den Änderungsbegriff des § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG abgestellt werden darf oder ob der Begriff einer Änderung anhand von § 3e Abs. 1 UVPG i. V. m. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2011/92/EU i. V. m. Nr. 7 Buchst. a des Anhangs I zu dieser Richtlinie bestimmt werden muss“, würde sich deshalb im Berufungsverfahren nicht stellen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Die Beigeladene hat sich zum Zulassungsvorbringen nicht geäußert. Es entspricht deshalb billigem Ermessen, dass sie die ihr im Zulassungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 3, Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 1 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.

Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Im Genehmigungsverfahren für Flugplätze, die einer Planfeststellung bedürfen, ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen. § 47 Absatz

Luftverkehrsgesetz - LuftVG | § 8


(1) Flughäfen sowie Landeplätze mit beschränktem Bauschutzbereich nach § 17 dürfen nur angelegt, bestehende nur geändert werden, wenn der Plan nach § 10 vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentliche

Luftverkehrsgesetz - LuftVG | § 9


(1) § 75 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt nicht für Entscheidungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nach § 27d Absatz 1, 1a und 4 und Entscheidungen der Baugenehmigungsbehörden auf Grund des Baurechts.

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Flughäfen sowie Landeplätze mit beschränktem Bauschutzbereich nach § 17 dürfen nur angelegt, bestehende nur geändert werden, wenn der Plan nach § 10 vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Hierbei sind zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zu beachten. Die Prüfung der Umweltverträglichkeit und der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000-Gebieten muss sich räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Vorhabens erstrecken, in dem entscheidungserhebliche Auswirkungen möglich sind. Hierbei sind in der Umgebung der in Satz 1 bezeichneten Flugplätze alle die Bereiche zu berücksichtigen, in denen An- und Abflugverkehr weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen werden kann. Lässt sich die Zulassung des Vorhabens nur rechtfertigen, wenn bestimmte Gebiete von erheblichen Beeinträchtigungen durch An- und Abflugverkehr verschont bleiben, legt die Planfeststellungsbehörde fest, dass An- und Abflugverkehr über diesen Gebieten nicht abgewickelt werden darf. Die Planfeststellungsbehörde kann auch Bedingungen für die Zulässigkeit von Überflügen über bestimmten Gebieten festlegen. Vor einer Festlegung im Planfeststellungsbeschluss ist der Flugsicherungsorganisation und dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Gelegenheit zu geben, zu den Auswirkungen einer solchen Festlegung auf die künftige Verkehrsführung und Abwicklung des Luftverkehrs Stellung zu nehmen. Auf Genehmigungen nach § 6 Absatz 1 und 4 Satz 2 sind die Sätze 3 bis 5 entsprechend anzuwenden. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Für die Plangenehmigung gilt § 9 Absatz 1 entsprechend.

(3) (weggefallen)

(4) Betriebliche Regelungen und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten auf dem Flugplatzgelände können Gegenstand der Planfeststellung sein. Änderungen solcherart getroffener betrieblicher Regelungen bedürfen nur einer Regelung entsprechend § 6 Abs. 4 Satz 2.

(5) Für die zivile Nutzung eines aus der militärischen Trägerschaft entlassenen ehemaligen Militärflugplatzes ist eine Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 durch die zuständige Zivilluftfahrtbehörde erforderlich, in der der Träger der zivilen Nutzung anzugeben ist. Die Genehmigungsurkunde muss darüber hinaus die für die entsprechende Flugplatzart vorgeschriebenen Angaben enthalten (§ 42 Abs. 2, § 52 Abs. 2, § 57 Abs. 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung). Eine Planfeststellung oder Plangenehmigung findet nicht statt, jedoch muss das Genehmigungsverfahren den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen, wenn die zivile Nutzung des Flugplatzes mit baulichen Änderungen oder Erweiterungen verbunden ist, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Ein militärischer Bauschutzbereich bleibt bestehen, bis die Genehmigungsbehörde etwas anderes bestimmt. Spätestens mit der Bekanntgabe der Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 gehen alle Rechte und Pflichten von dem militärischen auf den zivilen Träger über.

(6) Die Genehmigung nach § 6 ist nicht Voraussetzung für ein Planfeststellungsverfahren oder ein Plangenehmigungsverfahren.

(7) Absatz 5 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend bei der zivilen Nutzung oder Mitbenutzung eines nicht aus der militärischen Trägerschaft entlassenen Militärflugplatzes.

(8) § 7 gilt für das Planfeststellungsverfahren entsprechend. Vorarbeiten zur Baudurchführung sind darüber hinaus auch vor Eintritt der Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung zu dulden.

(1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Im Genehmigungsverfahren für Flugplätze, die einer Planfeststellung bedürfen, ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen. § 47 Absatz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt unberührt. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden und befristet werden.

(2) Vor Erteilung der Genehmigung ist besonders zu prüfen, ob die geplante Maßnahme den Erfordernissen der Raumordnung entspricht und ob die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Städtebaus und der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt sind. §§ 4 und 5 des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt. Ist das in Aussicht genommene Gelände ungeeignet oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, ist die Genehmigung zu versagen. Ergeben sich später solche Tatsachen, so kann die Genehmigung widerrufen werden.

(3) Die Genehmigung eines Flughafens, der dem allgemeinen Verkehr dienen soll, ist außerdem zu versagen, wenn durch die Anlegung und den Betrieb des beantragten Flughafens die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigt werden.

(4) Die Genehmigung ist zu ergänzen oder zu ändern, wenn dies nach dem Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens (§§ 8 bis 10) notwendig ist. Eine Änderung der Genehmigung ist auch erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll.

(5) Für das Genehmigungsverfahren gelten § 73 Absatz 3a, § 75 Absatz 1a sowie § 74 Abs. 4 und 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes über die Bekanntgabe entsprechend. Für die in § 8 Abs. 1 bezeichneten Flugplätze gilt für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens auch § 10 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(6) Im Falle des Absatzes 5 Satz 2 hat der Widerspruch eines Dritten gegen die Erteilung der Genehmigung keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des Genehmigungsbescheides gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen.

(7) Ist nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so bedarf es keiner förmlichen Erörterung im Sinne des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

(1) § 75 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gilt nicht für Entscheidungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur nach § 27d Absatz 1, 1a und 4 und Entscheidungen der Baugenehmigungsbehörden auf Grund des Baurechts.

(2) Wird der Plan nicht innerhalb von fünf Jahren nach Rechtskraft durchgeführt, so können die vom Plan betroffenen Grundstückseigentümer verlangen, dass der Unternehmer ihre Grundstücke und Rechte insoweit erwirbt, als nach § 28 die Enteignung zulässig ist. Kommt keine Einigung zustande, so können sie die Durchführung des Enteignungsverfahrens bei der Enteignungsbehörde beantragen. Im Übrigen gilt § 28.

(3) Wird mit der Durchführung des Plans nicht innerhalb von zehn Jahren nach Eintritt der Unanfechtbarkeit begonnen, so tritt er außer Kraft, es sei denn, er wird vorher auf Antrag des Trägers des Vorhabens von der Planfeststellungsbehörde um höchstens fünf Jahre verlängert.

(1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Im Genehmigungsverfahren für Flugplätze, die einer Planfeststellung bedürfen, ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen. § 47 Absatz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt unberührt. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden und befristet werden.

(2) Vor Erteilung der Genehmigung ist besonders zu prüfen, ob die geplante Maßnahme den Erfordernissen der Raumordnung entspricht und ob die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Städtebaus und der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt sind. §§ 4 und 5 des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt. Ist das in Aussicht genommene Gelände ungeeignet oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, ist die Genehmigung zu versagen. Ergeben sich später solche Tatsachen, so kann die Genehmigung widerrufen werden.

(3) Die Genehmigung eines Flughafens, der dem allgemeinen Verkehr dienen soll, ist außerdem zu versagen, wenn durch die Anlegung und den Betrieb des beantragten Flughafens die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigt werden.

(4) Die Genehmigung ist zu ergänzen oder zu ändern, wenn dies nach dem Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens (§§ 8 bis 10) notwendig ist. Eine Änderung der Genehmigung ist auch erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll.

(5) Für das Genehmigungsverfahren gelten § 73 Absatz 3a, § 75 Absatz 1a sowie § 74 Abs. 4 und 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes über die Bekanntgabe entsprechend. Für die in § 8 Abs. 1 bezeichneten Flugplätze gilt für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens auch § 10 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(6) Im Falle des Absatzes 5 Satz 2 hat der Widerspruch eines Dritten gegen die Erteilung der Genehmigung keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des Genehmigungsbescheides gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen.

(7) Ist nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so bedarf es keiner förmlichen Erörterung im Sinne des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

Tatbestand

1

Die Kläger sind Eigentümer von Wohngrundstücken in der Nähe des Flughafens Berlin-Schönefeld. Sie wenden sich gegen den vom Beklagten erlassenen Planergänzungsbeschluss "Lärmschutzkonzept BBI" zum Vorhaben "Ausbau Verkehrsflughafen Berlin-Schönefeld" vom 20. Oktober 2009.

2

Der angegriffene Planergänzungsbeschluss (PEB) ergänzt den Planfeststellungsbeschluss des Beklagten vom 13. August 2004 zum Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld (PFB). Durch den Planfeststellungsbeschluss wurde die Grundlage für den Ausbau des Flughafens zum alleinigen internationalen Verkehrsflughafen für die Region Berlin-Brandenburg geschaffen. A II 5.1.1 PFB regelte den Flugbetrieb während der Nacht (22:00 bis 6:00 Uhr). In dieser Zeit sollten grundsätzlich nur lärmarme Flugzeuge starten und landen dürfen (5.1.1 Nr. 1). Ausbildungs- und Übungsflüge waren grundsätzlich nicht zulässig (5.1.1 Nr. 4). Abgesehen hiervon sollten Starts und Landungen während der gesamten Nacht zulässig sein.

3

Auf ausgewählte Musterklagen von Anwohnern und Gemeinden hat der Senat den Beklagten durch Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1001.04, 1073.04, 1075.04 und 1078.04 (BVerwG 4 A 1075.04 veröffentlicht in BVerwGE 125, 116) - verpflichtet, u.a. über eine weitergehende Einschränkung des Nachtflugbetriebs in Teil A II 5.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 in der Fassung vom 21. Februar 2006 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Soweit der Planfeststellungsbeschluss den ausgesprochenen Verpflichtungen entgegenstand, hat er ihn aufgehoben. Im Übrigen hat er die Klagen abgewiesen.

4

Um der Verpflichtung aus den Urteilen vom 16. März 2006 nachzukommen, hat der Beklagte den Planergänzungsbeschluss vom 20. Oktober 2009 erlassen. Durch diesen Beschluss hat A II 5.1.1 PFB folgende Fassung erhalten:

5.1.1 Flugbetriebliche Regelungen

Ab Inbetriebnahme der planfestgestellten neuen Südbahn unterliegt der Flugbetrieb folgenden Regelungen:

1) In der Zeit zwischen 23:30 und 5:30 Uhr Ortszeit dürfen keine Luftfahrzeuge starten oder landen.

2) In der Zeit zwischen 22:00 und 6:00 Uhr Ortszeit dürfen strahlgetriebene Flugzeuge mit einer maximal zulässigen Abflugmasse von mehr als 20 000 kg auf dem Flughafen nur starten oder landen, wenn sie nachweisen, dass ihre gemessenen Lärmzertifizierungswerte in der Summe mindestens 10 EPNdB unter der Summe der für sie geltenden Grenzwerte gemäß Band 1, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt (ICAO-Abkommen) liegen. ...

3) Von den unter Nr. 1) und 2) genannten Regelungen sind ausgenommen:

a) Landungen von Luftfahrzeugen, wenn die Benutzung des Flughafens als Not- oder Ausweichflughafen aus meteorologischen, technischen oder sonstigen Sicherheitsgründen erfolgt,

b) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die sich im Einsatz für den Katastrophenschutz oder für die medizinische Hilfeleistung befinden oder die für Vermessungsflüge von Flugsicherungsunternehmen bzw. in deren Auftrag eingesetzt werden,

c) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die bei Staatsbesuchen und für Regierungsflüge sowie Militär- und Polizeiflüge eingesetzt werden.

4) Von den unter Nr. 1) genannten Regelungen sind ausgenommen:

a) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen im Luftpostverkehr werktags in den fünf Nächten von Montag auf Dienstag bis Freitag auf Samstag,

b) verspätete Starts von Luftfahrzeugen im Interkontinental-Verkehr zu Zielen außerhalb Europas sowie außerhalb der nichteuropäischen Mittelmeer-Anrainerstaaten, deren planmäßige Abflugzeit vor 23:30 Uhr Ortszeit liegt, bis 24:00 Uhr Ortszeit,

c) verspätete Landungen von Luftfahrzeugen, deren planmäßige Ankunftszeit vor 23:30 Uhr Ortszeit liegt, bis 24:00 Uhr Ortszeit und verfrühte Landungen von Luftfahrzeugen, deren planmäßige Ankunft nach 5:30 Uhr Ortszeit liegt, ab 5:00 Uhr Ortszeit,

d) Starts und Landungen von Luftfahrzeugen bei deren Bereitstellung und instandhaltungsbedingter Überführung als Leerflüge bis 24:00 Uhr Ortszeit und ab 5:00 Uhr Ortszeit.

5) In der Zeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr Ortszeit sind auch verspätete Landungen von Flugzeugen mit Lärmzulassung nach Band 1, Teil II, Kapitel 3 des Anhangs 16 zum ICAO-Abkommen im gewerblichen Verkehr gestattet, wenn deren planmäßige Ankunftszeit vor 22:00 Uhr Ortszeit liegt.

6) An- und Abflüge im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsflügen sind in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr Ortszeit sowie an Sonn- und Feiertagen nicht zulässig. Nach vorheriger Zustimmung der örtlichen Luftaufsicht können Ausbildungs- und Übungsflüge an Werktagen bis 23:00 Uhr Ortszeit durchgeführt werden, wenn sie nach luftverkehrsrechtlichen Vorschriften über den Erwerb, die Verlängerung oder Erneuerung einer Erlaubnis oder Berechtigung als Führer eines Luftfahrzeugs zur Nachtzeit erforderlich sind und die Flüge nicht vor 22:00 Uhr Ortszeit beendet werden können. Als Feiertag im oben genannten Sinne gilt jeder Feiertag, der in den Gesetzen über die Sonn- und Feiertage der Länder Berlin oder Brandenburg genannt ist.

7) (Triebwerksprobeläufe) 8) ... (Schubumkehr)

9) Zum Schutz der Nachtruhe sind Starts und Landungen bei Flügen nach Instrumentenflugregeln mit Ausnahme der in A II 5.1.1 Nr. 3) genannten Flüge und der im Abschnitt A II 5.1.1 Nr. 4) a) genannten Luftpostflüge wie folgt geregelt:

a) Starts und Landungen sind zwischen 23:00 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 6:00 Uhr bis zu einer jährlichen Nachtverkehrszahl von 12 852 für die Sommer- und Winterflugplanperiode zulässig.

b) Die Nachtverkehrszahl ist die Summe der Starts und Landungen über alle Zeitscheiben, pro Zeitscheibe jeweils multipliziert mit einem Nachtflugfaktor. Die maßgeblichen Nachtflugfaktoren und Zeitscheiben sind wie folgt definiert: Nachtflugfaktor 1 für 23:00 bis 23:30 Uhr Ortszeit, Nachtflugfaktor 2 für 23:30 bis 24:00 Uhr Ortszeit, Nachtflugfaktor 2 für 5:00 bis 5:30 Uhr Ortszeit und Nachtflugfaktor 1 für 5:30 bis 6:00 Uhr Ortszeit.

c) Für jede Flugplanperiode ist die geplante Nachtverkehrszahl im Voraus zu ermitteln. Die geplante Nachtverkehrszahl darf in der Sommerflugplanperiode maximal 71 % (9 125) der zugelassenen jährlichen Nachtverkehrszahl betragen, in der Winterflugplanperiode 29 % (3 727). Drei Jahre nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Südbahn ergibt sich für die kommenden Jahre die Aufteilung der jährlich zugelassenen maximalen Nachtverkehrszahl (12 852) auf die Sommer- und Winterflugplanperiode jeweils aus den Durchschnittswerten der Aufteilung der tatsächlichen Nachtverkehrszahlen auf die Sommer- und Winterflugplanperiode der sechs zurückliegenden Flugplanperioden.

d) Zur Berücksichtigung von Verspätungen und Verfrühungen sowie ungeplanter Flüge muss die geplante Nachtverkehrszahl erstmalig vor Beginn der Flugplanperiode, in der die planfestgestellte Südbahn in Betrieb geht, mindestens um 36 % unter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl der Flugplanperiode liegen (Minderungsbetrag). Drei Jahre nach Inbetriebnahme der planfestgestellten Südbahn ergibt sich für die kommenden Flugplanperioden der Minderungsbetrag jeweils als Durchschnittswert der tatsächlichen Nachtverkehrszahlen aller Verspätungen und Verfrühungen sowie ungeplanter Flüge in den letzten drei Jahren.

e) Sofern nach Ablauf der jeweiligen Flugplanperiode festgestellt wird, dass die maximal zulässige Nachtverkehrszahl aufgrund der tatsächlich durchgeführten Starts und Landungen überschritten wurde, muss in der kommenden Flugplanperiode die geplante Nachtverkehrszahl um den Minderungsbetrag und zusätzlich um den Überschreitungsbetrag unter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl liegen.

f) Die geplante Nachtverkehrszahl und die tatsächliche Nachtverkehrszahl der letzten Flugplanperiode einschließlich einer Flugbewegungsstatistik für die maßgeblichen Zeitscheiben sind der Genehmigungsbehörde unverzüglich zu übermitteln, die geplante Nachtverkehrszahl erstmalig vor Beginn der Flugplanperiode, in der die planfestgestellte Südbahn in Betrieb geht. Der Aufbau und Inhalt der Flugbewegungsstatistik sind mit der Genehmigungsbehörde abzustimmen.

10) ... (Verteilung der Flüge auf die Start- und Landebahnen)

11) Die Genehmigungsbehörde kann in begründeten Einzelfällen Abweichungen von den vorgenannten flugbetrieblichen Regelungen zulassen.

5

Die Kläger, die bereits gegen den Planfeststellungsbeschluss vom 13. August 2004 geklagt hatten, haben im Anhörungsverfahren rechtzeitig Einwendungen erhoben. Am 12. Februar 2010 haben sie die vorliegenden Klagen erhoben. Sie halten den Planergänzungsbeschluss aus mehreren Gründen für rechtswidrig:

6

Gegen den für den Erlass des Planergänzungsbeschlusses zuständigen Beamten bestehe die Besorgnis der Befangenheit. Er habe zwischen April 2005 und September 2008 an Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) teilgenommen und sich mit flughafenfreundlichen Beiträgen beteiligt.

7

Der Planergänzungsbeschluss verstoße gegen die Vorgaben des Urteils vom 16. März 2006 und die darin geäußerte Rechtsauffassung des Gerichts. Das Gutachten der I. GmbH (im Folgenden: I.), auf das sich der Beklagte zum Nachweis des Nachtflugbedarfs stütze, leide an mehreren, im Einzelnen benannten Fehlern. Die Prognose finde in einer nicht überprüfbaren "Black Box" statt. Die Nachtflugregelung lasse sich auch nicht durch die Erwägungen zum Bedarf der einzelnen Verkehrssegmente rechtfertigen. Regionalwirtschaftliche Effekte könnten Nachtflugverkehr nicht rechtfertigen. Eine Eindämmung des Nachtflugverkehrs erst durch eine Kontingentierung stehe mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang. Im Übrigen sei die Nachtverkehrszahl auch in ihrer Ausgestaltung unzureichend.

8

Die der Ermittlung der Lärmbetroffenheiten zugrunde gelegten parallelen Abflugstrecken seien aus Gründen der Flugsicherheit nicht vertretbar. Die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Abflügen erfordere um mindestens 15Grad divergierende Abflugkurse. Der Planergänzungsbeschluss gehe - wie bereits der Planfeststellungsbeschluss - von im Wesentlichen unzutreffenden Betroffenheiten aus; insbesondere bleibe die Betroffenheit zehntausender zusätzlicher Anwohner außer Betracht.

9

Die Gesamtabwägung stehe mit den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Einklang. Wohngrundstücke in der Nähe des Flughafens seien ohnehin praktisch unverkäuflich; ihr Wert werde bei zusätzlichem Flugverkehr auch in der Nacht noch weiter sinken. Auch die Schadstoffbelastung und die Katastrophengefahr würden weiter erhöht.

10

Die Kläger beantragen,

die im Planergänzungsbeschluss vom 20. Oktober 2009 angeordneten flugbetrieblichen Regelungen (Verfügung A I 1) sowie die diese ergänzenden "Nebenentscheidungen" (Verfügung A III, IV) aufzuheben,

hilfsweise

den Beklagten zu verpflichten,

über weitergehende Einschränkungen des Nachtflugbetriebes in Teil A II Ziff. 5.1.1 des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 20. Oktober 2009 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,

und den Planfeststellungsbeschluss aufzuheben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

11

Soweit die Klagen ursprünglich auch auf weitergehenden passiven Schallschutz und eine weitergehende Entschädigung für die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche gerichtet waren, haben die Kläger den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

12

Der Beklagte verteidigt den Planergänzungsbeschluss und beantragt,

die Klagen abzuweisen, soweit sie noch aufrechterhalten sind.

13

Im Übrigen hat auch er den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.

14

Die Beigeladene beantragt,

die Klagen abzuweisen.

15

Für den Fall, dass es hierauf ankommt, stimmt sie den Erledigungserklärungen zu.

Entscheidungsgründe

16

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren entsprechend § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen. Im Übrigen sind die Klagen mit dem hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag zulässig, aber nicht begründet.

17

A. Zulässigkeit

18

Die Kläger begehren eine über A II 5.1.1 PFB i.d.F. des PEB hinausgehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs. Dieses Ziel können sie nicht - wie mit dem Hauptantrag begehrt - durch Aufhebung der getroffenen Betriebsbeschränkungen und der mit diesen Beschränkungen möglicherweise verbundenen konkludenten Zulassung des Nachtflugbetriebs im Übrigen erreichen, sondern nur durch die - hilfsweise beantragte - Verpflichtung des Beklagten zu erneuter Entscheidung über weitergehende Einschränkungen des Nachtflugbetriebs. Zur Abwehr von Lärmimmissionen eines planfestgestellten Vorhabens besteht grundsätzlich nur ein Anspruch auf Planergänzung, der im Wege einer Verpflichtungsklage durchzusetzen ist; eine (teilweise) Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses kommt nur in Betracht, wenn das zum Schutz der Nachbarschaft entwickelte Lärmschutzkonzept des Planungsträgers Defizite aufweist, die so schwer wiegen, dass die Ausgewogenheit der Planung insgesamt infrage gestellt erscheint (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 238 m.w.N.). Das gilt nicht nur, soweit der Lärmschutz durch passiven Schallschutz gewährt wird, sondern auch, soweit Beschränkungen des Flugbetriebs in Rede stehen (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290). Ausgehend hiervon kommt im vorliegenden Fall - wie der Senat bereits im Urteil vom 16. März 2006 entschieden hat - nur ein Anspruch auf Planergänzung in Betracht. Aus dem im damaligen Urteil enthaltenen Hinweis, dass der nächtliche Flugbetrieb nicht aufgenommen werden dürfe, solange die gebotene Vervollständigung des Lärmschutzkonzepts ausstehe (a.a.O. Rn. 290), ergibt sich nichts anderes.

19

B. Begründetheit

20

Die Klagen sind nicht begründet. Die flugbetrieblichen Regelungen in A II 5.1.1 PFB i.d.F. des PEB leiden nicht an Fehlern, die zu einem Anspruch der Kläger auf eine erneute Entscheidung führen.

21

I. Verfahren

22

Die von den Klägern geltend gemachten Fehler des Planergänzungsverfahrens liegen nicht vor.

23

Die Kläger rügen, dass der Leiter des für die Planfeststellung von Flugplätzen zuständigen Referats des Beklagten und Unterzeichner des Planergänzungsbeschlusses, Herr Ministerialrat B., befangen gewesen sei. Er habe zwischen April 2005 und September 2008 als Gast an Sitzungen des Fachausschusses Umwelt der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) teilgenommen. Dies sei ihnen erst während des gerichtlichen Verfahrens bekannt geworden. In den Sitzungen habe er sich in "flughafenfreundlicher" Weise geäußert. Vor dem Hintergrund, dass die Autoren der Fluglärmsynopse selbst nach Einschätzung der ADV zwischenzeitlich wissenschaftlich isoliert seien und diese Einschätzung Herrn Ministerialrat B. bekannt gewesen sei, lasse zudem der Umstand an seiner Unvoreingenommenheit zweifeln, dass der Beklagte einen Mitautor der Fluglärmsynopse, Herrn Prof. Dr. Sch., damit beauftragt habe, die Stellungnahmen eines anderen Mitautors, nämlich des für die Beigeladene tätigen Herrn Prof. Dr. Dr. J., zu begutachten.

24

Ein Grund im Sinne des § 1 Abs. 1 VwVfGBbg i.V.m. § 21 Abs. 1 VwVfG, der geeignet ist, Misstrauen gegen die unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, liegt vor, wenn aufgrund objektiv feststellbarer Tatsachen für die Beteiligten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände die Besorgnis nicht auszuschließen ist, ein bestimmter Amtsträger werde in der Sache nicht unparteiisch, unvoreingenommen oder unbefangen entscheiden (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl. 2011, § 21 Rn. 13; Bonk/Schmitz, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 21 Rn. 9). Die rein subjektive Besorgnis, für die bei Würdigung der Tatsachen vernünftigerweise kein Grund ersichtlich ist, reicht nicht aus (Beschluss vom 13. September 2007 - BVerwG 4 A 1007.07 - Buchholz 310 § 54 VwGO Nr. 68 Rn. 14).

25

Gemessen hieran begründet die Tatsache, dass Herr Ministerialrat B. vor und während des Planergänzungsverfahrens an den Sitzungen des Fachausschusses Umwelt der ADV teilgenommen hat, nicht die Besorgnis der Befangenheit. Herr Ministerialrat B. hat durch die Teilnahme an den Sitzungen des ADV-Ausschusses eine dienstliche Aufgabe wahrgenommen. Der Beklagte ist nicht nur Planfeststellungsbehörde für Flughäfen des allgemeinen Verkehrs, für die der Bund einen Bedarf nach § 27d Abs. 1 LuftVG anerkannt hat (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 Verordnung zur Bestimmung der zuständigen Behörden auf den Gebieten der Luftfahrt und der Luftsicherheit im Land Brandenburg vom 2. Juli 1994, GVBl Bbg II 1994, 610); er vertritt auch das Land Brandenburg im Bund-Länder-Fachausschuss Luftfahrt. Herr Ministerialrat B. hat an den Sitzungen des ADV-Ausschusses auf Wunsch des Bund-Länder-Fachausschusses Luftfahrt als Gast teilgenommen. Der ADV gehören als ordentliche Mitglieder 21 internationale und 17 regionale deutsche sowie mehrere österreichische und schweizerische Verkehrsflughäfen an. Außerordentliche Mitglieder sind die für Luftfahrt zuständigen Ministerien aller 16 Bundesländer, eine Reihe von Industrie- und Handelskammern sowie einzelne Städte, Gemeinden und Verbände (http://www.adv.aero/verband/mitglieder). Der ADV ist zwar ein Verband, der nicht nur den Sachverstand der Verkehrsflughäfen bündelt, sondern auch deren Interessen vertritt. Erfüllt der Beamte durch die Teilnahme an den Sitzungen der ADV jedoch lediglich eine dienstliche Aufgabe, verhält er sich nicht anders, als jeder andere Beamte an seiner Stelle es auch tun müsste; die Besorgnis individueller Befangenheit ergibt sich aus einem solchen Sachverhalt nicht.

26

Dass der Beklagte demselben Beamten sowohl die erneute Entscheidung über eine Beschränkung des nächtlichen Flugbetriebs auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld als auch die Teilnahme an Sitzungen der ADV zugewiesen hat, verletzt auch nicht den rechtsstaatlichen Grundsatz fairer Verfahrensgestaltung. Dieser Grundsatz verlangt, dass die Planfeststellungsbehörde die ihr übertragene Aufgabe in unparteiischer Weise wahrnimmt. Die Unparteilichkeit kann gefährdet werden, wenn Interessenverbände außerhalb zulässiger Beteiligungen auf das Verwaltungsverfahren Einfluss zu nehmen suchen; das schließt Kontaktaufnahmen, Informationen und Kenntnisnahmen nicht aus, sofern daraus nicht im Einzelfall entscheidungsbezogene Aktivitäten betreffend den Verlauf und den Inhalt des Planfeststellungsverfahrens hervorgehen (vgl. Urteile vom 5. Dezember 1986 - BVerwG 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <230 f.> und vom 3. März 2011 - BVerwG 9 A 8.10 - DVBl 2011, 1021 Rn. 23 ff.). Dass die regelmäßige Teilnahme des Leiters des für die Planfeststellung zuständigen Referats des Beklagten an den Sitzungen eines Verbandes, der die Interessen der deutschen Verkehrsflughäfen vertritt, die Besorgnis begründen kann, die Planfeststellungsbehörde halte die Interessen der Flughäfen unabhängig von der im Planfeststellungsverfahren vorzunehmenden Abwägung, für besonders gewichtig, ist, jedenfalls wenn die Planfeststellungsbehörde einen vergleichbaren Kontakt zu Verbänden von Fluglärmbetroffenen nicht unterhält, nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Außerhalb der Befangenheitsvorschriften genügt der "böse Schein" für die Bejahung eines Verfahrensverstoßes jedoch nicht. Dass die ADV den Gestaltungsspielraum des Beklagten durch aktive Einflussnahme sachwidrig eingeengt habe, machen die Kläger selbst nicht geltend. Anhaltspunkte dafür sind auch nicht ersichtlich. Das Planergänzungsverfahren für den Flughafen Berlin-Schönefeld war nicht Gegenstand der Sitzungen, an denen Herr Ministerialrat B. teilgenommen hat.

27

Die Äußerungen von Herrn Ministerialrat B. während der Sitzungen des ADV-Ausschusses geben entgegen der Auffassung der Kläger keinen Anlass, an seiner Unbefangenheit zu zweifeln. Gleiches gilt für die Beauftragung von Herrn Prof. Dr. Sch. mit einer Stellungnahme zu den Einwendungen zum Themenkomplex Lärmmedizin und Lärmwirkungsforschung. Dass die Fluglärmsynopse, deren Mitautor Herr Prof. Dr. Sch. ist, wissenschaftlich umstritten ist, begründet keine Zweifel an seiner Sachkunde und seiner Unparteilichkeit. Unabhängig hiervon müssen Befangenheitsgründe unverzüglich geltend gemacht werden. Sowohl Herr Prof. Dr. Sch. als auch Herr Prof. Dr. Dr. J. waren nicht erst im Planergänzungs-, sondern bereits im Planfeststellungsverfahren für ihre jeweiligen Auftraggeber tätig, ohne dass die Kläger, denen die Fluglärmsynopse schon damals bekannt war, dies gerügt hätten.

28

II. Materielle Rechtmäßigkeit

29

In der Sache hat der Beklagte bei seiner erneuten, in der mündlichen Verhandlung auf Anraten des Gerichts durch eine klarstellende Erklärung präzisierten Entscheidung über die Einschränkung des nächtlichen Flugbetriebs die im Urteil vom 16. März 2006 dargelegte Rechtsauffassung des Senats beachtet. Auch im Übrigen hat er die Belange der Kläger rechtsfehlerfrei abgewogen.

30

1. Anforderungen an eine Regelung des Nachtflugbetriebs

31

Die Planfeststellungsbehörde ist gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 LuftVG ermächtigt, im Rahmen der Planfeststellung für die Anlegung oder wesentliche Änderung eines Flughafens auch den Flugbetrieb zu regeln. Zentrales Element dieser Ermächtigung ist die mit ihr verbundene Einräumung planerischer Gestaltungsfreiheit (Urteile vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <341> und vom 7. Juli 1978 - BVerwG 4 C 79.76 u.a. - BVerwGE 56, 110 <116>). Begrenzt wird die Gestaltungsfreiheit der Planfeststellungsbehörde durch das fachplanerische Abwägungsgebot in Verbindung mit dem in § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG enthaltenen Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. Das Abwägungsgebot verlangt, dass - erstens - eine Abwägung überhaupt stattfindet, dass - zweitens - in die Abwägung an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, und dass - drittens - weder die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange verkannt noch der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (Urteile vom 29. Januar 1991 a.a.O. S. 341 und vom 7. Juli 1978 a.a.O. S. 122 f.). Innerhalb dieser Grenzen wird das Abwägungsgebot nicht verletzt, wenn sich die Planfeststellungsbehörde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung eines anderen entscheidet; die darin liegende Gewichtung der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ist vielmehr ein wesentliches Element der planerischen Gestaltungsfreiheit und damit der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle entzogen (Urteil vom 14. Februar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <64> dort zum Bundesfernstraßengesetz).

32

Die sich aus dem Abwägungsgebot in Verbindung mit § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG ergebenden Anforderungen an eine Regelung des nächtlichen Flugbetriebs hat der Senat in seinem Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - (BVerwGE 125, 116 Rn. 267 ff.) und der nachfolgenden Rechtsprechung (Urteile vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 67 - 74, vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 39, 93 und vom 16. Oktober 2008 - BVerwG 4 C 5.07 - BVerwGE 132, 123 Rn. 51) wie folgt konkretisiert:

33

In der sogenannten Nachtkernzeit (0:00 bis 5:00 Uhr) setzt die Zulassung von Nachtflugbetrieb einen standortspezifischen Nachtflugbedarf voraus. Allein die Absicht, dem Flugverkehr, vor allem dem Linien-, Charter- und Frachtverkehr, optimale Entfaltungsmöglichkeiten zu bieten, rechtfertigt es nicht, die Lärmschutzbelange der Anwohner hintanzustellen. Es müssen vielmehr Umstände gegeben sein, die im Unterschied zur Mehrzahl der anderen deutschen Flughäfen einen unbeschränkten Nachtflugbetrieb zu rechtfertigen geeignet sind. Für den Flughafen Berlin-Schönefeld hat der Senat vorgegeben, dass die Nachtkernzeit grundsätzlich frei von Flugaktivitäten bleiben muss (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290).

34

Für die Nutzung der Nachtrandstunden, also die Zeit von 22:00 bis 24:00 Uhr und 5:00 bis 6:00 Uhr, ist ein standortspezifischer Bedarf nicht erforderlich. Auch die Durchführung eines Flugbetriebs in den Nachtrandstunden bedarf im Rahmen der Abwägung im Hinblick auf § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG jedoch einer besonderen Begründung. Starts und Landungen dürfen nicht ohne erkennbare Notwendigkeit gerade in diesen Zeitraum - und damit außerhalb der unter Lärmgesichtspunkten weniger problematischen Tagesstunden - gelegt werden. In den Nachtrandstunden und hier insbesondere in der Zeit zwischen 22:00 und 23:00 Uhr besitzt der Lärmschutz allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Daraus folgt, dass sich plausibel nachgewiesene sachliche Gründe, weshalb ein bestimmter Verkehrsbedarf oder ein bestimmtes Verkehrssegment nicht befriedigend innerhalb der Tagesstunden abgewickelt werden kann, im Zuge der Abwägung gegen die Belange des Lärmschutzes durchsetzen können. Solche Gründe können sich z.B. aus den Erfordernissen einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung, aus den Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs (Zeitzonen, Verspätungen, Verfrühungen) oder aus dem Umstand ergeben, dass der Flughafen als Heimatflughafen oder Wartungsschwerpunkt von Fluggesellschaften deren Bedürfnisse nachvollziehbar nicht ausschließlich in den Tageszeiten abdecken kann (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 287 f.).

35

Für die Ermittlung und Gewichtung des Nachtflugbedarfs in den Nachtrandstunden bedeutet das: Grundvoraussetzung für die Anerkennung eines Nachtflugbedarfs ist die Darlegung einer Nachfrage nach Nachtflugverkehr. Das gilt jedenfalls für die planbaren Verkehre, insbesondere den Passagier- und Frachtverkehr. Nachtflugbedarf kann sich zwar nicht nur aus einer tatsächlichen, aktuell feststellbaren Nachfrage ergeben, sondern auch aus der Vorausschau künftiger Entwicklungen; eine entsprechende Bedarfslage muss aber bei vorausschauender Betrachtung in absehbarer Zeit mit hinreichender Sicherheit erwartet werden können (Urteile vom 20. April 2005 - BVerwG 4 C 18.03 - BVerwGE 123, 261 <271 f.>, vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 282 und vom 9. Juli 2009 - BVerwG 4 C 12.07 - BVerwGE 134, 166 Rn. 17). Die Bedienung der Nachfrage muss zudem von den Planungszielen, die die Anlegung oder den Ausbau des Flughafens gerechtfertigt haben, umfasst sein. Eine Nachfrage nach Verkehren, für die der Flughafen nicht geplant wurde, kann die Zulassung von Nachtflugbetrieb von vornherein nicht rechtfertigen.

36

Die Darlegung einer Nachfrage ist notwendige Voraussetzung für die Zulassung von Nachtflugbetrieb; sie allein genügt für die Zulassung von Nachtflugbetrieb jedoch nicht. Die Verkehrsinteressen sind nur dann geeignet, sich im Wege der Abwägung gegen die Lärmschutzinteressen der Anwohner durchzusetzen, wenn es ausgehend von den Gegebenheiten des Luftverkehrsmarktes betriebliche oder strukturelle Gründe dafür gibt, den Verkehr gerade in den Nachtrandstunden abzuwickeln. Die Planfeststellungsbehörde muss plausibel darlegen, warum der Nachtflugbedarf gerade in der Nacht besteht. Plausible Gründe für die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten können auch dann gegeben sein, wenn es nur um wenige Flugbewegungen geht; die Zahl der Flugbewegungen ist insoweit ohne Bedeutung.

37

Das Gewicht, das einem nachtrandspezifischen Verkehrsbedarf in der behördlichen Abwägung zukommt, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Maßgebend sind insbesondere die sich aus den Planungszielen ergebende Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz (vgl. Urteil vom 20. April 2005 a.a.O. S. 272). Die Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz bestimmen die Erwartungen, die berechtigterweise an das Verkehrsangebot zu stellen sind, insbesondere an die Zahl und die Diversität der Destinationen, die Frequenz der Verbindungen und die Erreichbarkeit des Flughafens in den frühen Morgen- und späten Abendstunden. Diese Erwartungen sind entscheidend dafür, ob das Verkehrsangebot ohne die in Rede stehenden Nachtflugverbindungen noch als "befriedigend" (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 288) angesehen werden kann. Von Bedeutung kann ferner sein, ob der Bedarf von einem anderen Flughafen nachfragegerecht gedeckt werden könnte (Urteil vom 20. April 2005 a.a.O. S. 272).

38

Die Verkehrsfunktion des Flughafens und seine Stellung im Luftverkehrsnetz sind ein zentraler Bezugspunkt für die Gewichtung des Nachtflugbedarfs; einen von der Abwägung im Einzelfall unabhängigen Vorrang gegenüber den Lärmschutzbelangen der Anwohner verleihen sie dem Nachtflugbedarf nicht. Der Nachtflugbedarf muss im Wege der Abwägung in ein ausgewogenes Verhältnis zu den berechtigten Lärmschutzbelangen der Anwohner gebracht werden (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 288). Nicht nur die Anwohner müssen Beeinträchtigungen hinnehmen; auch bei den Planungszielen können und müssen gegebenenfalls Abstriche gemacht werden.

39

Auch der Umfang der Nachfrage ist für die Gewichtung des Nachtflugbedarfs relevant. Je dringlicher ein bestimmter Nachtflugbedarf tatsächlich ist, desto bedeutsamer ist sein Gewicht im Rahmen der Abwägung (Urteile vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <368> und vom 20. April 2005 a.a.O. S. 268). Mit der Zahl der Flugbewegungen wächst allerdings auch das Gewicht der Lärmschutzbelange. Für die Flughafenanwohner bedeutet jeder zusätzliche Flug eine zusätzliche Belastung, jeder Flug, der unterbleibt, eine Entlastung (Urteil vom 9. November 2006 a.a.O. Rn. 76).

40

2. Ermittlung und Gewichtung des Nachtflugbedarfs

41

Ausgehend hiervon hat der Beklagte einen Bedarf für den im Planergänzungsbeschluss zugelassenen Nachtflugverkehr zu Recht bejaht; er hat auch nicht die Bedeutung und das Gewicht dieses Bedarfs verkannt.

42

2.1 Nachfrage nach Nachtflügen

43

Zum Nachweis der Nachfrage nach Nachtflügen hat sich der Beklagte nicht auf das von der Beigeladenen vorgelegte Gutachten der A. GmbH (im Folgenden: A.) "Der besondere Bedarf an der Durchführung von Nachtflugbewegungen während der Nachtzeiten am Flughafen Berlin Brandenburg International" vom 9. Mai 2007 (Beiakte 1) gestützt, sondern auf das von ihm selbst in Auftrag gegebene I.-Gutachten "Nachtflugbedarf am Flughafen Berlin Brandenburg International" vom Juni 2009 (Beiakte 17 Bl. 1689 ff. - im Folgenden: Nachtflug-Gutachten). Er hat dem A.-Gutachten zwar die Verwertbarkeit attestiert (PEB S. 69 f.), die von A. ermittelte Zahl von Nachtflugbewegungen jedoch tendenziell für zu hoch erachtet (PEB S. 72 Abs. 1). Die insoweit gegen das A.-Gutachten gerichteten Einwände der Kläger sind mithin nicht entscheidungserheblich.

44

2.1.1 Verwertbarkeit der I.-Nachtflugprognose

45

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts unterliegen Verkehrsprognosen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Das Gericht hat nur zu prüfen, ob die Prognose nach einer geeigneten Methode durchgeführt wurde, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend ermittelt wurde und ob das Ergebnis einleuchtend begründet ist (Urteile vom 20. April 2005 a.a.O. S. 275, vom 13. Dezember 2007 - BVerwG 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 50 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 73). Ausgehend hiervon ist die im I.-Gutachten erstellte Nachtflugprognose nicht zu beanstanden.

46

2.1.1.1 Bestandsaufnahme

47

Als Grundlage der Prognose hat I. die Flugbewegungsdaten der Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld für das Jahr 2008 ausgewertet und auf diese Weise die zeitliche Verteilung des Flugverkehrs aufgeschlüsselt nach Verkehrssegmenten ermittelt (Kapitel 3 des Nachtflug-Gutachtens). Einwendungen gegen diese Bestandsaufnahme haben die Kläger nicht erhoben. Sie rügen allerdings, dass der Ausgangsdatensatz maßgeblich von den Nachtflugbewegungen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld mit seiner unbeschränkten Nachtbetriebserlaubnis geprägt werde und zwar in einem Ausmaß, das in keinem Verhältnis zur Bedeutung Schönefelds im Berliner Flughafensystem stehe. Warum dies zu einer Überschätzung des Nachtflugbedarfs führen sollte, ist nicht ersichtlich. Das Nachtflug-Gutachten ermittelt gerade zunächst die Nachfrage nach Nachtflügen bei einem unbeschränkten Nachtflugbetrieb (Kapitel 8) und erst anschließend die Auswirkungen von Betriebsbeschränkungen (Kapitel 9).

48

2.1.1.2 Hochrechnung

49

In einem zweiten Schritt hat I. aus einer anderen Verkehrsprognose Wachstumsraten 2005 : 2020 für die einzelnen Verkehrssegmente abgeleitet und mit deren Hilfe unter Berücksichtigung der tatsächlichen Entwicklung bis 2008 das Nachtflugaufkommen je Verkehrssegment unter status-quo-Bedingungen auf das Jahr 2020 hochgerechnet (Kapitel 7 des Nachtflug-Gutachtens). Grundlage für die Ermittlung der Wachstumsraten war die "Luftverkehrsprognose Deutschland 2020" vom Dezember 2006 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 18. Oktober 2010 - im Folgenden: Masterplan-Prognose), die I. im Auftrag der Initiative "Luftverkehr für Deutschland" für die Fortschreibung des Masterplans zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur erstellt hat. Die genannte Initiative wurde im Jahr 2003 von der DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, der Flughafen München GmbH, der Fraport AG und der Deutsche Lufthansa AG unter der Schirmherrschaft des Bundesministers für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung gegründet (Masterplan zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur, Dezember 2006, Anlage K 43 zum Schriftsatz der Kläger vom 14. Juli 2010, S. 3). Die Masterplan-Prognose hat für alle deutschen Flughäfen ab 1 Mio. Passagiere (Stand 2005) sowohl das Flugbewegungs- als auch das Passagieraufkommen in 2020 prognostiziert; Basisjahr der Prognose ist das Jahr 2005 (Masterplan-Prognose S. 2). Die Prognosen wurden mit Hilfe eines Gesamtverkehrsmodells errechnet, dessen Ursprünge auf die Bundesverkehrswegeplanung zurückgehen (a.a.O. S. 6). In einem ersten Schritt wird das Gesamtverkehrsaufkommen, darunter das flughafenunabhängige Luftverkehrsaufkommen, in Form einer nach Marktsegmenten differenzierten Quelle-Ziel-Matrix für den Ist-Zustand aus empirischen Grundlagen ermittelt und unter Berücksichtigung der sozioökonomischen Entwicklung und der Entwicklung des Verkehrsangebotes und der Nutzerkosten aller Verkehrszweige prognostiziert. In einem zweiten Schritt erfolgt die Aufteilung des Luftverkehrsaufkommens auf die Flughäfen durch ein Flughafen-Wahlmodell, das die landseitige Erreichbarkeit und das Luftverkehrsangebot der Flughäfen berücksichtigt (a.a.O. S. 6). Die Quelle-Ziel-Matrix umfasst die Verkehrsströme zwischen allen Quellen (Raumeinheiten, hier Kreisregionen im Inland und 342 Auslandsregionen) und Zielen, ebenfalls in Raumeinheiten (a.a.O. S. 7). Sie ist sachlich gegliedert nach Verkehrsmitteln (Flugzeug, Bahn, motorisierter Individualverkehr, Bus), Reisezwecken (geschäftlich, privat, sonstiger Privatverkehr) sowie nach out- und inbound (a.a.O. S. 9). Sie basiert auf hochgerechneten Fluggastbefragungen, die mit den Relationsstatistiken des Statistischen Bundesamtes und entsprechenden Statistiken des Auslands abgeglichen werden (a.a.O. S. 12).

50

Die Hochrechnung mit den aus dieser Prognose abgeleiteten Wachstumsraten ist eine geeignete Methode zur Ermittlung des Nachtflugaufkommens in 2020 auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld. Sie ist keine schlichte Trendprognose. Ob eine solche genügen würde, kann deshalb offen bleiben (vgl. Urteil vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 107). I. hat nicht die Entwicklung des Nachtflugverkehrs in der Vergangenheit nach Maßgabe eines sich daraus ergebenden Trends fortgeschrieben, sondern aus einer Modellprognose für den Gesamtverkehr Wachstumsraten für die einzelnen Verkehrssegmente abgeleitet und diese der Entwicklung des Nachtflugverkehrs zugrunde gelegt. Den Flugverkehr unmittelbar durch eine Modellprognose zu ermitteln, wäre auf der Grundlage der vorhandenen Daten nicht möglich gewesen; die zeitliche Lage der Verkehrsströme (Tag/Nacht) ist in den vorhandenen Quelle-Ziel-Matrizes nicht hinterlegt (I.-Stellungnahme vom 15. Oktober 2010 S. 32).

51

Die der Hochrechnung zugrunde liegende Hypothese, dass sich im Prognosezeitraum zwar das Aufkommen des jeweiligen Verkehrssegments, nicht aber die zeitliche Struktur innerhalb des Segments und damit das Verhältnis von Tag- und Nachtflügen ändert, ist plausibel. Sie wird durch die zu erwartende Veränderung der Verkehrsstruktur am ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld als alleinigem Flughafen für Berlin nicht infrage gestellt. Die Wachstumsraten sind nicht für den Gesamtverkehr, sondern spezifisch für die einzelnen Verkehrssegmente ermittelt worden.

52

Für den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld hat die Masterplan-Prognose für das Jahr 2020  33,2 Mio. Passagiere und 367 000 Flugbewegungen prognostiziert (Masterplan-Prognose S. 72, 90). Sie weist die Flugbewegungen nicht segmentspezifisch aus, sondern unterscheidet lediglich zwischen Passagierverkehr, Fracht/Post und Allgemeiner Luftfahrt (a.a.O. S. 90). Den Gesamtbewegungszahlen liegt jedoch eine Erfassung der Flugbewegungen je Flughafen mit folgenden Angaben zugrunde: von Flughafen, nach Flughafen, Verkehrsart (Passage, Fracht, sonstige), Airline (Allianz), Anzahl Passagiere, Anzahl t Fracht, Anzahl Flugbewegungen (I.-Stellungnahme vom 28. Januar 2011 S. 16). Mit diesen Zusatzinformationen lassen sich die Flugbewegungen den für das Nachtflug-Gutachten definierten Verkehrssegmenten (vgl. Nachtflug-Gutachten S. 20 f.) zuordnen. Dass I. die Flugbewegungen in der Masterplan-Prognose teilweise nach anderen Gesichtspunkten aggregiert hat - so sind z.B. Hub-Flüge im Sinne der dortigen Tab. 3-8 (Masterplan-Prognose S. 41 ff.) nur Interkontinentalflüge und mit den Hub-Feeder-Flügen des Nachtflug-Gutachtens nicht zu vergleichen (I.-Stellungnahme vom 28. Januar 2011 S. 16 f.) -, stellt die Plausibilität dieses Vorgehens nicht infrage.

53

Das dargelegte, der Masterplan-Prognose zugrunde liegende Gesamtverkehrsmodell ist eine geeignete Methode zur Ermittlung des künftigen Luftverkehrsaufkommens an einem bestimmten Flughafen. Die Kläger behaupten, die in der Masterplan-Prognose dargestellte Methode, nach der angeblich jede einzelne Flugbewegung weltweit (mit Zuweisung zu Fluggesellschaften und Zuweisung zu einem spezifischen Segment) mit Quelle und/oder Ziel in Deutschland ermittelt werden könne, sei derart komplex, dass sie die derzeit technisch-wissenschaftlichen Möglichkeiten der Prognose überstiege; das gelte erst recht, wenn Haus-zu-Haus-Beziehungen abgebildet werden sollten. Zum Beweis dieser Tatsache beantragen sie die Einholung eines Sachverständigengutachtens. Der Antrag war abzulehnen. Dass die Beweisbehauptung nicht zutrifft, kann der Senat auf der Grundlage der Masterplan-Prognose und des Vortrags der Kläger sowie ihrer Sachbeistände selbst beurteilen. Das der Masterplan-Prognose zugrunde liegende Gesamtverkehrsmodell ist nicht darauf gerichtet, einzelne Flugbewegungen oder gar Haus-zu-Haus-Beziehungen abzubilden; es erfasst die Verkehrsströme zwischen den genannten Raumeinheiten. Das entspricht gängiger Praxis bei der Erstellung von Verkehrsprognosen.

54

Auch dem Antrag der Kläger, gegenüber dem Beklagten Einsicht in die der Prognose zugrunde liegenden Unterlagen und die computergestützten Berechnungen zu verlangen, brauchte der Senat nicht zu entsprechen. Die Ermittlung der Wachstumsraten ist auch ohne Offenlegung der genannten Unterlagen keine "Black Box". Inwieweit die Ausgangsdaten und die Verarbeitungsschritte einer Verkehrsprognose dokumentiert werden müssen, um deren Verwertbarkeit überprüfen zu können, ist eine Frage der Beweiswürdigung, die sich nicht allgemeingültig beantworten lässt (Beschlüsse vom 1. April 2009 - BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom 14. April 2011 - BVerwG 4 B 77.09 - juris Rn. 44). Ob - wie I. geltend macht - die Quelle-Ziel-Matrizes Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellen, kann offen bleiben; etwaige Dokumentationsdefizite würden dadurch nicht unbeachtlich. Soweit die Daten erforderlich sind, um die Verwertbarkeit des Gutachtens zu beurteilen, ist es im Grundsatz Sache des Auftraggebers, bei Erteilung des Gutachtenauftrags sicherzustellen, dass der Gutachter ihm die erforderlichen Daten übergibt. Hat der Auftraggeber dies unterlassen, kann zwar auch das Gericht die Vorlage der Daten nicht erzwingen; die fehlende Offenlegung geht jedoch zulasten des Auftraggebers, das Gutachten ist nicht verwertbar. Hier brauchte der Beklagte, soweit es um die Wachstumsraten geht, eine über die Vorlage der Masterplan-Prognose und die im gerichtlichen Verfahren nachgelieferten Erläuterungen hinausgehende Dokumentation nicht zu verlangen. Auch wenn er die Nachtflugprognose selbst erstellt hätte, wäre eine weitergehende Dokumentation nicht erforderlich gewesen. Dies folgt zwar entgegen der Auffassung des Beklagten nicht allein daraus, dass die Masterplan-Prognose aus Sicht des Nachtflug-Gutachtens eine externe Quelle ist. Es kommen hier jedoch mehrere Umstände hinzu: Die Masterplan-Prognose wurde weder speziell für den Flughafen Berlin-Schönefeld noch zur Ermittlung des Nachtflugbedarfs erstellt, sondern für eine realistische Bedarfsplanung der deutschen Luftverkehrswirtschaft insgesamt; die Gefahr, dass Wertungen und Ausgangsdaten mit Blick auf ein bestimmtes Prognoseergebnis ausgewählt wurden, besteht mithin nicht. Allenfalls mangelnde Sorgfalt oder Sachkunde des Gutachters hätten zu Fehlern führen können. Dagegen spricht indes, dass die Prognose bereits mehrfach verwendet worden ist und dabei jeweils Anerkennung gefunden hat. Sie wurde zunächst von der Initiative "Luftverkehr für Deutschland" für die Fortschreibung des Masterplans zur Entwicklung der Flughafeninfrastruktur vom Dezember 2006, sodann von der Bundesregierung für ihr Flughafenkonzept 2009 (S. 17 - 19) verwendet. Die der Masterplan-Prognose zugrunde liegenden Daten wurden für die Nachtverkehrsprognose für den Flughafen Leipzig/Halle ausgewertet. Der Senat hat diese Prognose nicht beanstandet; er ist davon ausgegangen, dass die Methodik der Masterplan-Prognose wissenschaftlichen Ansprüchen genügt (Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 67 f.). Das Gesamtverkehrsmodell findet im Übrigen auch in der Bundesverkehrswegeplanung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) Verwendung. Das BMVBS hat für die Fernstraßenplanung die Verwendung der Daten der Bedarfsplanprognose bzw. der Bundesverkehrswegeplanung sogar vorgegeben (Urteile vom 18. März 2009 - BVerwG 9 A 39.07 - BVerwGE 133, 239 Rn. 110 und vom 9. Juni 2010 - BVerwG 9 A 20.08 - Buchholz 407.4 § 17 FStrG Nr. 208 Rn. 77). Gegen die der Masterplan-Prognose zugrunde gelegten Annahmen zur Entwicklung der Rahmenbedingungen der Luftverkehrswirtschaft bestehen ebenfalls keine Bedenken; sie sind mit einem projektbegleitenden Arbeitskreis, dem u.a. das BMVBS und Fachministerien der Länder angehörten, abgestimmt worden (Masterplan-Prognose S. 4; I.-Stellungnahme vom 15. Oktober 2010 S. 5 f., 28). Vor diesem Hintergrund hätte es konkreter Anhaltspunkte dafür bedurft, dass bei der Aufnahme der Grundlagendaten und den Zwischenberechnungen Fehler unterlaufen oder dass unvertretbare Einzelwertungen getroffen worden sein könnten. Solche Anhaltspunkte bestehen nicht; auch die Kläger haben sie nicht aufgezeigt.

55

Die Masterplan-Prognose war bei Erlass des Planergänzungsbeschlusses noch hinreichend aktuell. Die Basisdaten wurden nicht aus der für den Bundesverkehrswegeplan 2003 erstellten Prognose übernommen, sondern auf das Jahr 2005 aktualisiert; lediglich die Methodik der damaligen Prognose blieb im Wesentlichen unverändert. Den vorübergehenden Einbruch der Weltwirtschaft Ende des Jahres 2008 konnte die Masterplan-Prognose nicht berücksichtigen. Die Erwartung, dass der Konjunktureinbruch die Entwicklung des Luftverkehrs nicht nachhaltig beeinflussen würde, war jedoch bezogen auf den Prognosehorizont 2020 nicht unrealistisch. Auch die aktuelle, im Jahr 2006 nicht absehbare Ölpreisentwicklung steht der Verwertbarkeit der Masterplan-Prognose für das Nachtflug-Gutachten nicht entgegen. Als bestimmenden Faktor für die Entwicklung des Luftverkehrs hat die Masterplan-Prognose nicht den Ölpreis selbst, sondern nur u.a. die Luftverkehrspreise eingestellt und bei diesen neben den Ölpreisen eine Reihe von weiteren preistreibenden und preissenkenden Faktoren verglichen (Masterplan-Prognose S. 32 - 35). Die außergewöhnliche Entwicklung eines einzelnen Faktors stellt die Stimmigkeit des Gesamtergebnisses nicht infrage.

56

Die Masterplan-Prognose musste auch keine weitergehenden Betrachtungen zu einer künftigen Verschärfung von Umweltregelungen anstellen. Sie hat bei der Untersuchung der Luftverkehrspreise etwaige Änderungen zum Schutz der Umwelt (Emissionshandel, Lärmabgaben, Kerosinsteuer) in die Betrachtung einbezogen (S. 34 Tab. 3-5). Welche konkreten Regelungsvorhaben darüber hinaus hätten berücksichtigt werden müssen, zeigen die Kläger nicht auf.

57

2.1.1.3 Glättung

58

Um die zeitliche Verteilung der Nachfrage zu ermitteln, die sich auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld bei einem nicht beschränkten Flugbetrieb einstellen würde, hat I. in einem dritten Prognoseschritt die unter status-quo-Bedingungen errechnete Nachfragekurve "geglättet" (Kapitel 8 des Nachtflug-Gutachtens). Sie hat für jeden Zeitpunkt die Flugbewegungen aufsummiert, die bis 30 Minuten vor- und 30 Minuten nachher stattfinden, die Werte gemittelt und angetragen. Einbezogen in dieses Verfahren hat sie nur die Flugbewegungen, die auf die Flughäfen Tegel und Tempelhof entfallen; am Flughafen Berlin-Schönefeld ist der Flugbetrieb bis zur Inbetriebnahme der neuen Südbahn ohnehin zeitlich unbeschränkt zulässig.

59

Der Glättung liegt die Annahme zugrunde, dass ein Teil der Flugbewegungen, die sich kurz nach Betriebsbeginn in Berlin-Tegel und kurz vor dem dortigen Betriebsende "stauen", ohne die Betriebsbeschränkungen in die bisherige Betriebspause hinein verlagert würden. Das ist plausibel. Nichts spricht dafür, dass der starke Anstieg der Flugbewegungen nach 6:00 Uhr und der abrupte Abfall nach 23:00 Uhr allein auf die Nachfrage zurückzuführen ist.

60

Die Plausibilität wird durch die Kontrollrechnungen der Kläger des Parallelverfahrens (BVerwG 4 A 4001.10) nicht infrage gestellt. Sie machen geltend, dass das Gutachten Gründe für den im Vergleich zum Gesamtverkehr überproportionalen Anstieg des Nachtflugverkehrs nicht aufzeige. Besonders deutlich werde die unterschiedliche Entwicklung von Gesamt- und Nachtverkehr beim Low-Cost-Verkehr. Die Zahl der Flugbewegungen in diesem Segment solle von 89 157 in 2008 (Nachtflug-Gutachten S. 31 Tab. 3-4) auf 144 434 in 2020 (a.a.O. S. 85 Tab. 8-2), also um 62 % steigen. Die Zahl der Nachtflugbewegungen steige im gleichen Zeitraum von 4 325 auf 7 670, also um 77 %, die Zahl der Flugbewegungen zwischen 23:00 und 6:00 Uhr von 278 auf 1 057, also um 280 %. Da die Hochrechnung von einheitlichen Wachstumsraten für Tag und Nacht ausgeht, ist das überproportionale Wachstum der Nachtflugbewegungen rechnerisch eine Folge der Glättung. Dass der Nachtflugverkehr insgesamt bei einem unterstellten Wegfall der zeitlichen Betriebsbeschränkungen auch real stärker wachsen wird als der Tagflugverkehr, ist - wie dargelegt - plausibel und zwar auch in der für den Low-Cost-Verkehr prognostizierten Größenordnung. Die große prozentuale Steigerung für die Zeit zwischen 23:00 und 6:00 Uhr ist in erster Linie auf die geringe absolute Zahl von Flugbewegungen in diesem Zeitraum unter status-quo-Bedingungen (278 Flugbewegungen - a.a.O. S. 31 Tab. 3-4) zurückzuführen - der Low-Cost-Verkehr wird anders als die touristischen Verkehre überwiegend auf dem Flughafen Tegel abgewickelt - und die im Verhältnis dazu große absolute Zahl von Flugbewegungen insgesamt (144 434 Flugbewegungen) und dementsprechend auch zwischen 22:30 und 23:00 Uhr (2 634 Flugbewegungen - a.a.O. S. 80 Tab. 7-1) sowie nach 6:00 Uhr. Der "Stau-Effekt" ist bei einem aufkommensstarken Verkehrssegment mit hohem Nachtfluganteil stark; das ist nicht unplausibel.

61

Die Glättung führt auch in den Zeitsegmenten von 22:00 bis 22:30 Uhr zu einem Anstieg der Flugbewegungen von 7 872 (Nachtflug-Gutachten S. 81 Tab. 7-2) auf 8 325 (a.a.O. S. 89 Tab. 8-5). Das ist rechnerisch die Folge davon, dass zwischen 21:30 und 22:00 Uhr deutlich mehr Flugbewegungen stattfinden als von 22:00 bis 22:30 Uhr. Die Glättung führt auf der anderen Seite für die Zeit von 22:30 bis 23:00 Uhr zu einer Verringerung der Flugbewegungen von 7 005 auf 6 253. Insoweit ist die Glättung lediglich ein statistisches Verfahren zur verfeinerten Betrachtung der Halbstundensegmente.

62

2.1.1.4 Auswirkungen von Betriebsbeschränkungen

63

Im letzten Prognoseschritt hat I. ein mögliches Modell für eine Regelung des Nachtflugbetriebs entwickelt (Nachtflug-Gutachten S. 100 Tab. 9-2) und ausgehend hiervon die Zahl der Nachtflugbewegungen in 2020 prognostiziert (a.a.O. S. 102 Tab. 9-4). Das Betriebsmodell entspricht weitgehend den im Planergänzungsbeschluss getroffenen Regelungen, lässt aber von 5:00 bis 5:30 Uhr und von 23:30 bis 24:00 Uhr Flugverkehr weitergehend zu. Bei diesem Betriebsmodell wird sich die Zahl der Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 nach Einschätzung von I. von 76,6 (a.a.O. S. 101 Tab. 9-3) auf 71,1 (a.a.O. S. 102 Tab. 9-4), also um 5,5 Flugbewegungen, verringern.

64

Die Kläger vermissen eine Begründung dafür, wann von einer Verschiebung und wann von einem Entfallen eines Fluges auszugehen sei. Herr Dr. Schu. hat hierzu in der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass ein Flug, der umlaufbedingt für die Kernzeit der Nacht geplant werde, bei einem Nachtflugverbot in der Regel ersatzlos entfalle. Eine Verschiebung um bis zu 30 Minuten in die Nachtrandzeiten habe man hingegen in der Regel als möglich angesehen; dieser Zeitraum sei eine Setzung. Im Übrigen könnten sich im Zielgebiet ansässige Fluggesellschaften auf nächtliche Betriebsbeschränkungen besser einstellen als Home-Base-Carrier. Da die Durchführung eines Fluges auf einer unternehmerischen Entscheidung beruht, die nicht nur von den Betriebszeiten des Flughafens, sondern einer Vielzahl weiterer Faktoren abhängt, ist die Prognose, wie sich Beschränkungen des Flugverkehrs auf das Flugangebot auswirken, mit großen Unsicherheiten behaftet. Eine Überprüfung konkreter Umlaufplanungen ist - wie noch darzulegen sein wird - nicht möglich. Welche weiteren Ermittlungen I. zur Ermittlung der Verschiebbarkeit von Flügen hätte anstellen sollen, ist nicht ersichtlich. Dass Flüge, die kurz nach Ende oder kurz vor Wiederbeginn des Betriebs geplant sind, leichter verschoben werden können als Flüge mitten in der Kernzeit, ist plausibel. Ausgehend hiervon hält sich die Annahme, dass Flüge bei einer zeitlichen Beschränkung des Nachtflugbetriebs in der Regel entfallen, wenn sie um mehr als 30 Minuten verschoben werden müssten, innerhalb des für eine solche Prognose erforderlichen Wertungsrahmens.

65

2.1.2 Ergänzende Prognose des Beklagten

66

Der Beklagte hat die von I. vorgeschlagenen Betriebsregelungen, die in bestimmten Verkehrssegmenten und in bestimmten Jahreszeiten Flugbetrieb von 5:00 bis 24:00 Uhr vorsahen, nicht vollständig übernommen. Er hat den Nachtbetrieb weitergehend beschränkt; Flugbetrieb ist grundsätzlich nur von 5:30 bis 23:30 Uhr zulässig. Ausgehend von dem in Tabelle 9-4 des Nachtflug-Gutachtens (S. 102) ermittelten Bedarf hat er die planmäßigen Flugbewegungen in den halben Stunden vor und nach der Kernzeit auf die nächstliegenden halben Stunden verlagert (vgl. E-Mail des Beklagten an I. vom 24. August 2009, Beiakte 17 Bl. 1880). Das Ergebnis dieser Anpassungen findet sich in der Tabelle auf S. 147 des Planergänzungsbeschlusses.

67

Die Kläger machen geltend, der Beklagte habe Flugbewegungen verschoben, für die I. einen "unabweisbaren" Nachtflugbedarf festgestellt habe; nach der Definition von I. handele es sich dabei um Verkehre, die "ersatzlos entfallen müssten, wenn die entsprechende Flugzeit nicht zur Verfügung steht" (Nachtflug-Gutachten S. 92). Dies belege die absolute Beliebigkeit des Vorgehens. Dieser Vorwurf ist unbegründet. Die Bezeichnung des in Kapitel 9 des Nachtflug-Gutachtens ermittelten Bedarfs als "unabweisbar" ist allerdings missverständlich. I. weist selbst darauf hin, dass es in der Praxis einen gewissen Spielraum zur Anpassung an die Gegebenheiten des Nachtflugverkehrs gibt (a.a.O. S. 92 f., 96). Im Übrigen muss der Nachtflugbedarf gegen die Lärmschutzbelange abgewogen werden. Die Verschiebung der Flugbewegungen, die der Beklagte wegen der weitergehenden Beschränkung des Nachtflugbetriebs vorgenommen hat, stellt die Einschätzung von I. zur Verlagerbarkeit von Flügen nicht infrage. Die Verschiebungen überschreiten - von Ausnahmen abgesehen - 30 Minuten nicht. Im Übrigen handelt es sich um bloße Randkorrekturen. Die Gesamtzahl der Nachtflugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 hat sich hierdurch lediglich von 71,1 (Nachtflug-Gutachten S. 102 Tab. 9-4) um 0,1 auf 71,2 erhöht.

68

Der Beklagte hat sodann die Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 ausgehend von der in der Masterplan-Prognose ermittelten deutschlandweiten durchschnittlichen Steigerungsrate von 2,6 % pro Jahr auf das Jahr 2023 - das ist der Prognosehorizont der dem Antrag auf Planfeststellung zugrunde liegenden Verkehrsprognose - weiter hochgerechnet und zwar auf 77 Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht und 103 Flugbewegungen in der typischen Spitzennacht (PEB S. 148).

69

2.1.3 Plausibilität des Gesamtergebnisses

70

Das Ergebnis der Nachtverkehrsprognose ist plausibel. Die vom Beklagten auf der Grundlage des I.-Gutachtens ermittelten Flugbewegungszahlen entsprechen in ihrer Größenordnung den Flugbewegungszahlen, die bereits im Planfeststellungsverfahren für die Fluglärmberechnungen ermittelt wurden. Die damaligen Lärmberechnungen gingen von 16 734 Flugbewegungen (ohne Hubschrauber; 17 074 incl. Hubschrauber) zwischen 22:00 und 6:00 Uhr in den sechs verkehrsreichsten Monaten des Prognosejahres 20XX aus (Gutachten M 2 S. 31 Tab. 3-14 und 3-15, Beiakte 235 ). Auf der Grundlage der Verkehrsverteilung der letzten Jahre war festgelegt worden, dass 60 % der gesamten Flugbewegungen eines Jahres auf die sechs verkehrsreichsten Monate entfallen (a.a.O. S. 51). Der Beklagte hat für das Jahr 2023  28 068 Flugbewegungen (ohne Hubschrauber) zwischen 22:00 und 6:00 Uhr prognostiziert (Darstellung der Planfeststellungsbehörde vom 1. September 2009 zur Entwicklung der Nachtflugbewegungen von 2008 bis 2023 im Planergänzungsbeschluss, S. 7 Tab. B.3). Das entspricht 16 840 Flugbewegungen in den sechs verkehrsreichsten Monaten und damit ziemlich genau den im Planfeststellungsverfahren für den Prognosehorizont 20XX ermittelten Flugbewegungen. Bei diesem Vergleich ist allerdings zu berücksichtigen, dass im Prognosejahr 20XX 360 000 Flugbewegungen/Jahr erreicht sein sollen (a.a.O. S. 29), I. in seinem Nachtflug-Gutachten (S. 78) aber bereits für das Jahr 2020 von 367 000 Flugbewegungen ausgegangen ist. Der Vergleich bestätigt jedoch, dass das dem Planergänzungsbeschluss zugrunde liegende Prognoseergebnis nicht aus dem Rahmen bisheriger Prognosen fällt. Es bleibt im Übrigen auch unter den Flugbewegungszahlen, die A. im Auftrag der Beigeladenen ermittelt hat (PEB S. 71).

71

Die Plausibilität des Prognoseergebnisses wird durch den im Parallelverfahren (BVerwG 4 A 4001.10) vorgelegten Modellflugplan 2015, der zwischen 5:30 und 6:00 Uhr nur zwei, zwischen 23:00 und 23:30 Uhr nur vier Flugbewegungen vorsieht, nicht infrage gestellt. Der Planergänzungsbeschluss geht für die genannten Zeitsegmente zwar von erheblich mehr, nämlich von 10,0 bzw. 13,6 Flugbewegungen aus (PEB S. 147); ein Vergleich dieser Zahlen ist jedoch nicht aussagekräftig. Der Modellflugplan 2015 wurde für einen anderen Zweck und nach anderen Grundsätzen erstellt als die Nachtflugprognose im Planergänzungsverfahren. A. hat den Modellflugplan im Jahr 2010 für die Beigeladene erstellt, um zu ermitteln, zu welchen Tageszeiten zeitgleiche Abflüge von beiden Bahnen benötigt werden. Flüge, die bei unbeschränktem Verkehr zwischen 23:30 und 5:30 Uhr geplant würden, wurden, weil für die Fragestellung nicht relevant, für den Modellflugplan ersatzlos gestrichen. Bemessungstag ist zudem ein konkreter Flugplantag, nicht ein gemittelter Durchschnittstag. Im Übrigen sind die Unterschiede zwischen beiden Prognosen bei einem Vergleich der Nachtrandzeiten von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr insgesamt erheblich geringer als in den oben genannten Zeitsegmenten.

72

Die Kläger meinen, der Nachtflugbetrieb entspringe nicht den Wünschen und der Nachfrage der Fluggäste, sondern allenfalls den Wünschen der Fluggesellschaften. Maßgebend für den Nachtflugbedarf ist jedoch nicht die innere Haltung der Fluggäste, sondern ihr tatsächliches Nachfrageverhalten. Dieses wird nicht nur durch die Flugzeiten, sondern durch eine Vielzahl weiterer Faktoren, u.a. durch den Flugpreis, bestimmt. Unabhängig hiervon werden die Ergebnisse des I.-Gutachtens durch die im Parallelverfahren (BVerwG 4 A 4001.10) vorgelegte Emnid-Umfrage nicht infrage gestellt. Auch nach dem Gutachten werden Flüge in 2020 weit überwiegend während des Tages und nur zu etwa 7 % während der Nacht nachgefragt. In dieser Größenordnung haben auch die von Emnid Befragten angegeben, am liebsten während der Nachtstunden abzufliegen (11 %) oder anzukommen (7 %). Anhaltspunkte dafür, dass die Luftverkehrsgesellschaften, um eine Nachfrage nach Nachtflügen hervorzurufen, verlustbringende Flüge durchführen, hat der Beklagte im Übrigen nicht festgestellt (PEB S. 77 Abs. 4). Seine Ermittlungen haben vielmehr ergeben, dass in der Nacht signifikant mehr Passagiere pro Flug befördert werden als am Tag (PEB S. 112 Abs. 2).

73

2.2 Planungsziele

74

Die Verkehre, die der Beklagte in der Nacht zugelassen hat, sind von den Planungszielen für den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld umfasst. Die Planungsziele ergeben sich aus dem Planfeststellungsbeschluss für den Flughafenausbau vom 13. August 2004. Die Planfeststellungsbehörde hat sie im Planergänzungsbeschluss zutreffend zusammengefasst. Der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld dient hiernach dem durch die Landesplanung vorgegebenen Ziel, den künftigen nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarf der Länder Berlin und Brandenburg durch Konzentration auf einen einzigen Flughafenstandort zu decken (PEB S. 160 Abs. 5, S. 161 Abs. 3). Durch die Bündelung der Verkehrsströme von den bisherigen Standorten Tegel, Tempelhof und Schönefeld auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld soll ein Flughafen für die Hauptstadt Berlin und die Metropolregion Berlin-Brandenburg entstehen, dessen Verkehrsbedeutung zwar nicht an die größeren Flughäfen Frankfurt Main und München heranreichen wird, der aber doch eine herausragende, über die bisherigen Berliner Flughäfen hinausgehende Bedeutung erlangt (PEB S. 162 Abs. 3) und damit zu einem insgesamt verbesserten Flugangebot führt. Durch einen Zuwachs der Umsteigeverkehre soll insbesondere der in Berlin bisher nur schwach ausgeprägte (PEB S. 101 Abs. 2) Interkontinentalverkehr stärker entwickelt werden. Nicht zuletzt hierfür wird der Flughafen erstmals mit Start- und Landebahnen von mehr als 3 500 m Länge ausgestattet (PFB S. 335). Darüber hinaus soll der ausgebaute Flughafen spezifische Funktionen Berlins als Hauptstadt und Regierungssitz erfüllen. Unter anderem im Hinblick hierauf hat das Bundesministerium für Verkehr als oberste Luftfahrtbehörde der Bundesrepublik Deutschland das öffentliche Interesse des Bundes am Ausbau des Flughafens bejaht (PFB S. 344 Abs. 6). Von Bedeutung ist im vorliegenden Zusammenhang schließlich das Ziel, durch den Ausbau des Flughafens die regionale Wirtschaftskraft Berlins und Brandenburgs zu stärken und zu erhalten (PEB S. 148 f.; PFB S. 348 f.). Dieses Ziel ist für sich allein betrachtet zwar nicht geeignet, die Zulassung von Nachtflugverkehr zu rechtfertigen (vgl. Urteil vom 26. April 2007 - BVerwG 4 C 12.05 - BVerwGE 128, 358 Rn. 52; Beschluss vom 1. April 2009 - BVerwG 4 B 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 62). Es kann jedoch für die Gewichtung eines Verkehrsbedarfs von Bedeutung sein.

75

Sämtliche Verkehre, die der Beklagte während der Nacht zugelassen hat, sind von den dargelegten verkehrlichen Planungszielen umfasst. Das gilt auch für Flüge im Zusammenhang mit der Luftfahrzeuginstandhaltung. Ihre Zulassung dient nicht allein der Stärkung der Region als Standort von Instandhaltungsbetrieben, sondern in erster Linie der Aufrechterhaltung des regelmäßigen Flugbetriebs im Passagier- und Frachtverkehr (vgl. Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 75).

76

2.3 Nachtfluggründe

77

Der Beklagte hat im Planergänzungsbeschluss sachliche Gründe, weshalb die einzelnen Verkehre nicht befriedigend innerhalb der Tagstunden abgewickelt werden können, plausibel dargelegt.

78

2.3.1 Hub-Feeder-Verkehr

79

Die sinnvolle Vernetzung eines Flughafens mit in- und ausländischen Passagierdrehkreuzen ist ein Grund für die Zulassung von Flugbetrieb in den Nachtrandstunden; das ist in der Rechtsprechung des Senats anerkannt (Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 41 ff.). Der Beklagte hat dargelegt, dass bereits heute die Beschränkung der Betriebszeit in Berlin-Tegel auf 6:00 bis 23:00 Uhr dazu führt, dass die vorhandene Nachfrage nach Hub-Feeder-Flügen nicht ausreichend befriedigt werden kann (PEB S. 85 Abs. 2). Der erste Flug nach Frankfurt Main (Abflug 6:00 Uhr, Ankunft 7:10 Uhr) erreiche die Anschlüsse zu bedeutsamen Metropolen wie Barcelona, Genf, Madrid, Mailand und Rom, zu denen es keine Direktflüge der Lufthansa gebe, nicht mehr. Der letzte Abbringer (Abflug 21:45 Uhr, Ankunft 22:50 Uhr) könne Verbindungen aus Genf, Madrid, Mailand und Rom ebenfalls nicht herstellen (PEB S. 82 Abs. 2, 3). Ausgehend hiervon ist die Einschätzung, dass wichtige Zu- und Abbringerflüge zu und von in- und ausländischen Drehkreuzflughäfen nur nachfragegerecht durchgeführt werden können, wenn zumindest die Randstunden bis 23:30 Uhr und ab 5:30 Uhr für planmäßigen Flugbetrieb zur Verfügung stehen (PEB S. 112 Abs. 5), nicht zu beanstanden.

80

Dass einige Fluggesellschaften zu den genannten Metropolen bereits heute Direktverbindungen unterhalten, stellt die Berechtigung von nächtlichen Hub-Feeder-Flügen anderer Luftverkehrsgesellschaften nicht infrage. Das Luftverkehrsnetz, in das der Flughafen durch Hub-Feeder-Flüge eingebunden werden soll, besteht nicht zwischen den Flughäfen als solchen; es entsteht erst durch die von einer Luftverkehrsgesellschaft und den mit ihr in einer Allianz assoziierten Partnern unterhaltenen Drehkreuze und die von ihnen angebotenen Flugverbindungen. Ob es für eine Luftverkehrsgesellschaft sinnvoll ist, einen Hub-Feeder-Flug anzubieten, hängt nicht von der Sinn- und Dauerhaftigkeit jeder einzelnen Drehkreuzverbindung ab (vgl. Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 46). Ein Hub-Feeder-Flug verbessert die Einbindung des Flughafens in das Luftverkehrsnetz auch dann, wenn sich die Passagiere auf eine größere Zahl von Anschlussflügen verteilen, jedem einzelnen Anschlussflug für sich betrachtet also nur eine geringe Bedeutung zukommt.

81

Die Kläger legen dar, dass die Fluggesellschaften bislang den Zu- und Abbringerverkehr vom Flughafen Tegel zu den von ihnen unterhaltenen Drehkreuzen zwischen 6:00 und 23:00 Uhr abwickeln und die Betriebszeit teilweise nicht einmal ausschöpfen. Dass der Hub-Feeder-Verkehr einen weitergehenden Nachtflugbetrieb nicht erfordert, folgt daraus nicht. Auf dem Flughafen Tegel muss der Hub-Feeder-Verkehr bereits wegen des dort geltenden Nachtflugverbots zwischen 6:00 und 23:00 Uhr abgewickelt werden. Die Zahl von nächtlichen Hub-Feeder-Flügen wird zwar insbesondere zwischen 23:00 und 23:30 Uhr gering sein - der Beklagte geht für die Durchschnittsnacht 2020 von 0,6 Flugbewegungen aus (PEB S. 147) -; auch diese wenigen Flugverbindungen sind jedoch geeignet, die Einbindung des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld in das Luftverkehrsnetz zu verbessern und für die Zukunft zu sichern.

82

Anhaltspunkte dafür, dass die ersten Knoten nach dem Ausbau der Flughäfen Frankfurt Main und München - wie die Kläger meinen - später und die letzten Knoten früher beginnen werden, sind nicht ersichtlich. Nach Einschätzung des Beklagten wird die Erweiterung der Kapazitäten an den beiden Flughäfen vielmehr dazu führen, dass die Anzahl der Flüge steigt, für die eine Anschlussverbindung nach Berlin nicht mehr besteht (PEB S. 83 Abs. 2). Entgegen der Auffassung der Kläger muss auch nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Fluggesellschaften aufgrund der künftigen Verkehrsbedeutung des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld auf dessen Nachtbetriebsregelung einstellen und für Anschlussverbindungen sorgen werden. Die Knotenstrukturen an den Drehkreuz-Flughäfen haben sich über einen längeren Zeitraum gebildet. Sie sind in erster Linie abhängig von der geographischen Lage des Flughafens und den Entfernungen zu den Hauptzielgebieten (A.-Gutachten S. 38). In diese Strukturen müssen sich alle anzubindenden Anschlüsse einfügen. Dass die Verkehrsbedeutung des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld so weit wachsen könnte, dass er seinerseits die Knotenstrukturen prägt, liegt fern.

83

2.3.2 Direktverbindungen der konventionellen Fluggesellschaften

84

Für den Point-to-Point-Verkehr der konventionellen Fluggesellschaften hat der Beklagte dargelegt, dass dieser Verkehr weitgehend im Tagflugbetrieb durchgeführt und sich hieran auf absehbare Zeit nichts ändern wird (PEB S. 89 Abs. 2). Die klassischen Pendlerstrecken würden allerdings bis 23:00 Uhr nachgefragt (PEB S. 89 Abs. 3); ohne nächtliche Betriebsbeschränkungen wäre auch nach 23:00 Uhr und in der Kernzeit eine geringe Nachfrage vorhanden (PEB S. 90 Abs. 2). Die Direktverbindungen der klassischen Fluggesellschaften würden auch als Hub-Feeder-Flüge genutzt; oft entstünden erst durch die Kombination von Point-to-Point-Verkehr mit Hub-Feeder-Verkehr hinreichend starke Verkehrsströme, die die Einrichtung der Verbindung ermöglichten (PEB S. 90 Abs. 4).

85

Auch damit ist ein sachlicher Grund für die Zulassung dieser Verkehre in den Nachtrandstunden dargelegt. Die Kläger bestreiten die Überschneidung mit den Hub-Feeder-Verkehren nicht. Sie machen geltend, es gebe in diesem Segment keinen nennenswerten Nachtflugbedarf. Richtig ist, dass der Beklagte für die Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr weniger als eine Flugbewegung im klassischen Point-to-Point-Verkehr prognostiziert hat (PEB S. 90 Abs. 3). Seine Annahme, dass oft erst die Kombination von Direktverbindungen und Hub-Feeder-Verkehr in der Lage sei, die Angebotsqualität "zu stabilisieren und nachhaltig zu verbessern" (PEB S. 90 Abs. 4), bezieht sich jedoch nicht nur auf die Zeit von 23:00 bis 6:00 Uhr; sie schließt die Stunde von 22:00 bis 23:00 Uhr mit 1,4 Flugbewegungen ein. Ausgehend hiervon ist die Einschätzung, dass sich das Flugangebot nachhaltig verbessern kann, wenn es nicht nur die Nachfrage nach 7,3 Hub-Feeder-Flügen, sondern zugleich die Nachfrage nach 2,3 Flugbewegungen im klassischen Point-to-Point-Verkehr bedient, nicht zu beanstanden.

86

2.3.3 Direktverbindungen der Low-Cost-Carrier und der Touristikverkehre / Umlaufplanungen

87

Der Nachtflugbedarf der Low-Cost-Carrier und im Touristikbereich ergibt sich insbesondere aus den Erfordernissen einer effektiven Umlaufplanung. Der Beklagte hat im Planergänzungsbeschluss dargelegt:

88

Die Low-Cost-Carrier versuchten, die Nachfragebedürfnisse auf Kurz- und Mittelstrecken so miteinander zu kombinieren, dass sie durch nahezu optimale Einsatzdauer mit maximal möglichen Blockstunden günstige Kostenstrukturen erreichten. Es würden bis zu vier Umläufe abgewickelt. Zu diesem Zweck würden die Nachtrandzeiten bis 24:00 Uhr in Anspruch genommen. Die Rotationspläne ließen aufgrund der minimalen Bodenzeiten, aber auch aufgrund von Kapazitätsengpässen an den Quell- und Zielflughäfen kaum Potential für eine Verlagerung der Flüge in den Tag (PEB S. 91 Abs. 4).

89

Im Touristikverkehr stehe der Nachfrage derzeit nahezu über 24 Stunden ein adäquates Angebot gegenüber; die Gesamtumlaufzeiten einzelner Flugzeuge betrügen bis zu 21 Stunden; es zeigten sich ausgeprägte Touristikverkehre in der Nachtkernzeit (PEB S. 95 Abs. 4). Die Passagiere strebten die Ausnutzung des ersten und letzten Urlaubstages an und flögen möglichst früh morgens und spät abends (PEB S. 97 Abs. 2). Gründe für Nachtflüge ergäben sich insbesondere aus saisonalen Nachfragespitzen, dem Veranstalterkonzept, den Fluglängen im Mittelstreckenbereich, Zeitverschiebungen, Erfordernissen eines effizienten Fluggeräteeinsatzes und der mangelnden Verfügbarkeit von Slots und Abfertigungsressourcen an den Zielflughäfen (PEB S. 98 Abs. 2). Die Entfernung Berlins zu den wichtigsten Zielorten, die mehrheitlich im Westen und Süden liegen, sei größer als von den meisten anderen deutschen Flughäfen; zur Sicherstellung vergleichbarer Streckenangebote müsse der Flughafen Berlin-Schönefeld entsprechend länger geöffnet sein (PEB S. 99 Abs. 1).

90

Damit sind sachliche Gründe für die Nutzung der Nachtrandstunden dargelegt. Nach der Rechtsprechung des Senats können die Erfordernisse einer effektiven Flugzeug-Umlaufplanung die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten rechtfertigen (Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 288 und vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 48 ff.). Umlaufplanungen sind komplexe Entscheidungen, in die das erwartete Passagieraufkommen, die an den Flughäfen verfügbaren Start- und Landezeiten (Slots), die Möglichkeiten des Personaleinsatzes, die Wartungsmöglichkeiten sowie hinsichtlich des eingesetzten Flugzeugtyps beispielsweise Kapazität, Reichweite und Wartungszeiten einfließen (Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 52). Sie beruhen maßgebend auf unternehmerischen Entscheidungen der Luftverkehrsgesellschaften. Eine umfassende Prüfung der Verlagerungsmöglichkeiten von Flügen innerhalb der Nacht und von der Nacht in den Tag kann eine Planfeststellungsbehörde nicht vornehmen. Sie kann den Fluggesellschaften lediglich einen Rahmen für ihre Umlaufplanungen setzen. Davon ist der Beklagte zu Recht ausgegangen (PEB S. 93 Abs. 2, S. 97 Abs. 4).

91

Da der Beklagte sich nicht in der Lage gesehen hat, konkrete Flugpläne und Umlaufplanungen einer umfassenden Detailprüfung zu unterziehen (PEB S. 106 f.), hat er zur Darlegung des Nachtflugbedarfs ergänzend auf die von I. im Nachtflug-Gutachten (Kapitel 4) untersuchten repräsentativen Musterumläufe und die auf dieser Grundlage durchgeführten Modellrechnungen zurückgegriffen. I. hat für verschiedene typische Flugstrecken und Umkehrzeiten ermittelt, wie viele Umläufe in 16 (6:00 bis 22:00 Uhr), 17 (6:00 bis 23:00 Uhr), 18 (5:30 bis 23:30 Uhr) und 19 (5:00 bis 24:00 Uhr) Betriebsstunden möglich wären. Den Berechnungen liegt die Annahme zugrunde, dass die gewählten Betriebszeiten sowohl für Berlin als auch für den Zielflughafen gelten. Betrachtet hat I. sieben Umläufe im Shuttle-Betrieb (Nachtflug-Gutachten S. 46 ff. Tab. 4-1 bis 4-7) und zwei Umläufe mit einer Kombination von zwei Zielen (a.a.O. S. 57 f. Tab. 4-8 und 4-9). Anschließend hat I. in einer Modellrechnung für 17 typische Flugstrecken (Shuttle-Betrieb) die Summe der Umläufe und Blockzeiten im Verhältnis zu den Betriebszeiten ermittelt (a.a.O. S. 60 f. Tab. 4-10 und 4-11). Sowohl ein Teil der Einzelberechnungen als auch die Modellrechnung haben ergeben, dass die Produktivität der Flugzeuge bei einer Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 17 Stunden und von 16 auf 18 Stunden überproportional zunimmt (Nachtflug-Gutachten S. 62; PEB S. 108, 109 Abs. 4). In der Modellrechnung führt eine Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 17 Stunden (dies entspricht einem Zuwachs von 6,25 %) bei den Blockstunden zu einem Zuwachs von 11,2 %, eine Verlängerung der Betriebszeit von 16 auf 18 Stunden (Zuwachs: 12,5 %) zu einem Zuwachs der Blockstunden von 19,5 %. Die Blockstunden wachsen also im Vergleich zu den Betriebsstunden überproportional (Nachtflug-Gutachten S. 62; PEB S. 109 Abs. 4).

92

Die Kläger halten die Modellrechnung nicht für aussagekräftig; die Annahme, dass die Strecken im Shuttle-Betrieb beflogen würden und dass die Betriebszeiten für Berlin und den Zielflughafen gleich seien, sei nicht realitätsgerecht. Die Wirklichkeit genau abzubilden, nimmt das Modell jedoch auch nicht für sich in Anspruch. Es soll den Zusammenhang zwischen der Länge der Betriebszeiten der Flughäfen und den Blockstunden der Flugzeuge für unterschiedliche Umlaufzeiten in typisierter Form aufzeigen; Vereinfachungen sind hierfür unumgänglich. Sie sind bei den Rückschlüssen von dem Modell auf die Wirklichkeit zu berücksichtigen. I. hat im Übrigen nicht nur Umläufe im Shuttle-Betrieb, sondern auch zwei Streckenkombinationen untersucht (a.a.O. S. 57 Tab. 4-8: Kombination von Zielen mit zweieinhalb und viereinhalb Stunden Flugzeit; a.a.O. S. 58 Tab. 4-9: Kombination von Zielen mit 70 Minuten und 2 Stunden Flugzeit). Auf die konkreten Flugziele kommt es für die Musterumläufe, soweit die Flugzeiten gleich sind, im Übrigen nicht an. Dass die ausgewählten Flugzeiten, Umkehrzeiten und die sich daraus ergebenden Zeiten für einen Umlauf für den von Berlin ausgehenden Flugbetrieb repräsentativ sind, stellen auch die Kläger nicht in Abrede. Dem Beklagten war auch bewusst, dass das Modell nicht genau der betrieblichen Wirklichkeit entspricht (PEB S. 109 Abs. 1 und 3); er hat die Aussagekraft des Modells nicht überschätzt.

93

Die Kläger meinen, aussagekräftig seien nur Vergleiche innerhalb der Betriebszeiten und der Blockzeiten. Eine Verlängerung der Betriebszeiten führe nur zu einem linearen Zuwachs; bei den Blockstunden sei der Zuwachs sogar unterproportional. Dass die Blockstunden in der Modellrechnung in der ersten zusätzlichen Stunde um 11,2 %, in der zweiten um 19,5 % und in der dritten Stunde um 23,8 % gegenüber den Blockstunden bei 16 Betriebsstunden wachsen, der prozentuale Zuwachs mit jeder weiteren Betriebsstunde also abnimmt (+ 11,2 %, + 8,3 %, + 4,3 %), stellen auch I. (Nachtflug-Gutachten S. 62 Tab. 4-12) und der Beklagte (PEB S. 109 Abs. 4) nicht in Abrede. Dies war ein Grund dafür, nur eine Betriebszeit von 18 und nicht von 19 Stunden zuzulassen. Auch bei diesem Vergleich werden die Blockstunden jedoch in Abhängigkeit von den Betriebszeiten betrachtet. Warum es unzulässig sein soll, den Zuwachs der Blockzeiten mit der linearen Zunahme der Betriebszeiten zu vergleichen, ergibt sich daraus nicht.

94

Die Kläger machen weiter geltend, im Musterumlauf mit einer Kombination von Kurzstreckenzielen mit einer Flugzeit von 1:10 und 2:00 Stunden (Nachtflug-Gutachten S. 58 Tab. 4-9) könnten bereits bei einer Betriebszeit von 17 Stunden nicht nur 3,5, sondern 4 Umläufe geflogen werden, wenn der erste Start von 6:15 auf 6:10 Uhr vorverlegt werde. Das trifft nicht zu. Im Musterumlauf landet das Flugzeug nach zweistündiger Flugzeit um 21:55 Uhr auf dem Zielflughafen. Es könnte um 22:45 Uhr wieder starten, würde Berlin also selbst bei der von den Klägern angenommenen Flugzeit von 1:10 Stunden erst um 23:55 Uhr, richtigerweise aber erst nach 2 Stunden, also um 0:45 Uhr wieder erreichen. Aus dem gleichen Grund wäre ein vierter Umlauf auch dann nicht möglich, wenn die Flugzeit um 5 Minuten kürzer wäre.

95

Die quantitativen Aussagen des Nachtflug-Gutachtens zum Verhältnis von Betriebszeiten zu Blockstunden gelten nur für die gewählten Ausgangsdaten; andere Flug- und Umdrehzeiten würden zu anderen Ergebnissen führen. Da die betrachteten Musterumläufe für den Flugbetrieb in Berlin repräsentativ sind, ist das Modell jedoch geeignet, den Zusammenhang zwischen den Betriebszeiten des Flughafens und den Blockzeiten der Flugzeuge näherungsweise abzuschätzen. Eine weitergehende Bedeutung hat auch der Beklagte dem Modell nicht beigemessen. Er hat lediglich angenommen, dass bei 18 Betriebsstunden ein "deutlich effizienterer" Flugbetrieb möglich sei als bei 16 Stunden (PEB S. 109 Abs. 5); quantifiziert hat er diesen Effizienzgewinn - anders als in den Modellrechnungen - nicht.

96

Der Beklagte ist auf der Grundlage der Analyse der Low-Cost- und der Touristikverkehre sowie der repräsentativen Musterumläufe zu der Einschätzung gelangt, dass für effektive Umlaufplanungen Betriebszeiten von 5:30 bis 23:30 Uhr erforderlich sind; anderenfalls wären nach seiner Einschätzung Umläufe unter wirtschaftlich vernünftigen Bedingungen nicht mehr möglich mit der Folge, dass wichtige Flugverbindungen entfielen und die Verkehrsfunktion des Flughafens nicht unerheblich beeinträchtigt würde (PEB S. 98 Abs. 1, S. 111 Abs. 2). Diese Einschätzung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Erforderlich meint in diesem Zusammenhang allerdings nicht, dass die Zulassung von Flugbetrieb für die Erreichung der Planungsziele zwingend erforderlich wäre, sondern lediglich, dass es im Interesse einer unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvollen und vertretbaren Planung vernünftigerweise geboten ist, diesen Zeitraum für Umlaufplanungen zu öffnen. Von einer zwingenden Erforderlichkeit ist auch der Beklagte nicht ausgegangen. Er ist zwar der Auffassung, dass ein völliges Nachtflugverbot der Verkehrsfunktion bzw. dem Widmungszweck des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld widerspräche (PEB S. 165 Abs. 2); dass bereits eine weitergehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs, insbesondere ein grundsätzliches Nachtflugverbot von 23:00 bis 6:00 Uhr, die Verkehrsfunktion des Flughafens insgesamt infrage stellen würde, hat er hingegen nicht angenommen. Insoweit hat er es lediglich im Hinblick auf die Planungsziele für vernünftigerweise geboten gehalten, den Nachtflugbetrieb nicht weiter als von 23:30 bis 5:30 Uhr grundsätzlich zu beschränken.

97

Der Beklagte hat damit die Bedeutung des Nachtflugbedarfs aufgrund von Umlaufplanungen nicht verkannt. Er hat diesem Bedarf insbesondere aufgrund der im Zeitraum von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr relativ starken, bereits aktuell vorhandenen Nachfrage nach Nachtflügen ein hohes Gewicht beigemessen (PEB S. 112 Abs. 2). Das ist ausgehend von der Verkehrsfunktion des ausgebauten Flughafens Berlin-Schönefeld rechtlich nicht zu beanstanden. Die Erfordernisse einer effektiven Umlaufplanung sind nicht an jedem deutschen Verkehrsflughafen unabhängig von seiner Stellung im Luftverkehrsnetz und seiner geographischen Lage in gleicher Weise geeignet, die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten zu rechtfertigen. An die Erreichbarkeit des einzigen Verkehrsflughafens der Metropolregion Berlin-Brandenburg dürfen auch im Bereich der Low-Cost- und der Touristikverkehre höhere Anforderungen gestellt werden als an andere Flughäfen mit einem kleineren Passagieraufkommen im Einzugsbereich und geringerer Bedeutung als Zielgebiet. Hinzu kommt, dass die Entfernung zu den für Berlin wichtigsten Zielorten, die mehrheitlich im Süden und Westen liegen, größer ist als von den meisten anderen deutschen Flughäfen (PEB S. 99 Abs. 1).

98

Die Kläger wenden ein, dass die Verkehrsfunktion des Flughafens insbesondere im Bereich der Low-Cost- und der Touristikverkehre durch weitergehende Nachtflugbeschränkungen nicht beeinträchtigt werde. Das Fluggastaufkommen werde nicht erheblich weniger ansteigen. Für das Originäraufkommen von Fluggästen aus der Region Berlin-Brandenburg und für Städtereisen nach Berlin sei der ausgebaute Flughafen Berlin-Schönefeld praktisch ohne Alternative. Eine Verletzung des Abwägungsgebots ergibt sich aus diesem Vortrag nicht. Dass das Flugangebot tendenziell weniger attraktiv wird, wenn die Betriebszeiten beschränkt werden und sich die Kostenstrukturen der Luftverkehrsgesellschaften verschlechtern, liegt auf der Hand. Die Kläger halten die Folgen eines solchen Attraktivitätsverlustes für weniger gravierend als der Beklagte. Dass dieser mit seiner Bewertung die Bedeutung des Nachtflugbedarfs aufgrund von Umlaufplanungen verkannt und damit den mit der Planungsermächtigung verbundenen Einschätzungs- und Bewertungsspielraum überschritten hätte, folgt daraus nicht.

99

Dass auf anderen Flugplätzen wie z.B. Berlin-Tegel, Düsseldorf oder Hamburg wegen der dortigen Betriebsbeschränkungen nach 23:00 Uhr und vor 6:00 Uhr Passagierverkehr nicht stattfindet, sich aber gleichwohl ein Low-Cost- und Touristikverkehr entwickelt hat, bedeutet nicht, dass ein weitergehender Nachtflugbedarf auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld nicht besteht. Der Beklagte hat einen solchen Bedarf dargelegt. Er verkennt das Gewicht dieses Bedarfs nicht, wenn er an die Erreichbarkeit des Flughafens Berlin-Schönefeld höhere Anforderungen stellt als an die genannten Flughäfen. Mit dem Flughafen Berlin-Tegel ist der ausgebaute Flughafen Berlin-Schönefeld im Übrigen schon deshalb nicht zu vergleichen, weil er der einzige Verkehrsflughafen der Region Berlin-Brandenburg sein wird. Anders als auf dem Flughafen Berlin-Tegel darf auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld bis zur Inbetriebnahme der neuen Südbahn während der gesamten Nacht geflogen werden. Insbesondere die touristischen Verkehre machen von dieser Ausweichmöglichkeit Gebrauch. Von 4 469 Nachtflügen zu touristischen Zielen wurden in 2008  1 181 Flüge auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld in der Nachtkernzeit durchgeführt (Nachtflug-Gutachten S. 29 Tab. 3-3).

100

Entgegen der Auffassung der Kläger hat der Beklagte auch nicht ein öffentliches Interesse an Flügen "zu jedem Preis" bejaht. Er ist vielmehr davon ausgegangen, dass ein Nachtflug in der Regel nur durchgeführt wird, wenn es neben dem Preis auch andere Gründe für eine entsprechende Nachfrage gibt, wie z.B. die Ausnutzung des ersten bzw. letzten Urlaubstages bei Privatreisenden oder die Nutzung ganzer Arbeitstage bei Geschäftsreisenden (PEB S. 114 Abs. 2).

101

Unbegründet ist schließlich der Vorwurf, dass es sich bei den zur Rechtfertigung des Nachtflugbetriebs angeführten Gründen, insbesondere den Erfordernissen einer effektiven Umlaufplanung, ausschließlich um private und kommerzielle Belange der Beigeladenen und der Fluggesellschaften handele. Es ist ein Ziel der Landesplanung, den Flughafen Berlin-Schönefeld zur Deckung des nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarfs der Länder Berlin und Brandenburg weiterzuentwickeln (Z 1 Landesentwicklungsplan Flughafenstandortentwicklung - LEP FS - vom 30. Mai 2006, GVBl Bbg II S. 154). Der Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zum einzigen Verkehrsflughafen der Region Berlin-Brandenburg dient der Umsetzung dieses Ziels. Es liegt nicht nur im privaten Interesse der Beigeladenen und der Luftverkehrsgesellschaften, sondern auch im öffentlichen Interesse, den Luftverkehr, für den der Flughafen ausgebaut wird, durch bedarfsgerechte Betriebsregelungen zu ermöglichen. Davon ist der Beklagte zu Recht ausgegangen (PEB S. 112 Abs. 5, S. 161 f.). Die kommerziellen Interessen der Beigeladenen, der Luftverkehrsgesellschaften und der Touristikunternehmen einerseits und die Interessen der Passagiere andererseits müssen im Übrigen nicht gegenläufig sein. Eine frühe Ankunft am Zielort und eine möglichst späte Abreise können - insbesondere bei Kurzurlauben und Geschäftsreisen - auch im Interesse der Passagiere liegen. Auch die Möglichkeit, die Reise zu einem günstigen Preis anzubieten, liegt sowohl im Interesse der Luftverkehrsgesellschaften und Reiseveranstalter als auch der Passagiere.

102

2.3.4 Interkontinentalverkehr

103

Für den Interkontinentalverkehr hat der Beklagte im Planergänzungsbeschluss dargelegt, dass sich für Flugverbindungen in bestimmte Regionen der Welt aufgrund der Zeitverschiebungen und der Streckenlängen relativ enge Zeitfenster entwickelt hätten (PEB S. 102 Abs. 4, S. 104 Abs. 1). Aufgrund der geographischen Lage Berlins müssten die Abflüge in Richtung Fernost/Asien später erfolgen als von weiter westlich gelegenen Flughäfen (PEB S. 103 Abs. 2). Um die Wirtschaftlichkeit der Langstreckendienste zu sichern, müsse zudem ein Zu- und Abbringernetz von innerdeutschen und Europadiensten das örtliche Aufkommen unterstützen (PEB S. 101 Abs. 4). Die morgendliche Ankunft der Interkontinentalflüge müsse der ersten Abflugwelle zu innerdeutschen und europäischen Zielen, die zwischen 6:00 und 7:00 Uhr liege, vorlaufen; deshalb sei es wichtig, dass Landungen im Interkontinentalverkehr ab 5:30 Uhr möglich seien (PEB S. 102 Abs. 5). Entsprechend müsse der Abflug im Interkontinentalverkehr den letzten zwischen 22:00 und 23:00 Uhr eintreffenden Ankünften nachlaufen, also auch die Zeitscheibe bis 23:30 Uhr nutzen können (PEB S. 103 Abs. 3).

104

Damit ist ein sachlicher Grund für die Nutzung der Nachtrandzeiten von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr plausibel dargelegt. Die Besonderheiten des Interkontinentalverkehrs sind nach der Rechtsprechung des Senats geeignet, die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten zu rechtfertigen (Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 288). Die Kläger wenden im Wesentlichen ein, dass der Interkontinentalverkehr auf die Inanspruchnahme der Nachtrandzeiten nicht angewiesen sei; auf dem Flughafen Berlin-Tegel werde er jedenfalls zwischen 6:00 und 23:00 Uhr abgewickelt. Der im Planergänzungsbeschluss dargelegte weitergehende Bedarf an nächtlichen Interkontinentalflügen auf dem ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld wird dadurch nicht infrage gestellt. Mit dem Flughafen Berlin-Tegel ist der künftige "Single-Airport" Berlin-Brandenburg - wie bereits dargelegt - auch im Hinblick auf den Interkontinentalverkehr nicht zu vergleichen. In 2008 wurden 402 von insgesamt 978 nächtlichen Interkontinentalflügen nicht in Tegel, sondern auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld in der Nachtkernzeit durchgeführt (Nachtflug-Gutachten S. 35 Tab. 3-6). Eine solche Ausweichmöglichkeit wird es nach Inbetriebnahme der neuen Südbahn nicht mehr geben. Im Übrigen geht es nicht nur darum, den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld überhaupt mit interkontinentalen Destinationen zu verbinden, sondern den Reisenden am Zielflughafen attraktive Anschlussverbindungen anbieten zu können. Dies setzt eine Einbindung in die dortigen Drehkreuze voraus (PEB S. 103 f.).

105

Der Beklagte durfte dem Nachtflugbedarf für den Interkontinentalverkehr ein hohes Gewicht beimessen. Gerade im Bereich des Interkontinentalverkehrs soll die Konzentration des gesamten Berliner Flugverkehrs auf einen Standort ein verbessertes Flugangebot ermöglichen. Die Zulassung von Flugbetrieb in den Nachtrandstunden kann dieses Ziel befördern.

106

2.3.5 Luftfrachtverkehr

107

Gründe für die Nutzung der Nachtrandzeiten von 22:00 bis 23:30 Uhr und 5:30 bis 6:00 Uhr für Frachtflüge ergeben sich aus den Abläufen der Logistik. Der Beklagte hat hierzu im Planergänzungsbeschluss dargelegt:

108

Der üblichen Logistik des Luftfrachtverkehrs auf Nicht-Hub-Flughäfen entsprechend würden die Sendungen abends nach Beendigung der Produktion eingesammelt, zum Flughafen transportiert, dort verladen und "gebündelt" zu einem Hub-Flughafen geflogen, dort nachts zusammen mit den anderen ankommenden Waren auf die Ziele bzw. die entsprechenden Flugzeuge verteilt, die dann in den frühen Morgenstunden, vor Produktionsbeginn, an den Zielflughäfen landen. Für diese Logistikkette sei die Nutzung der Nachtrandzeiten an den Nicht-Hub-Flughäfen von entscheidender Bedeutung (PEB S. 116 Abs. 3).

109

Das ist plausibel. Der Beklagte hat den Bedarf an nächtlichem Luftfrachtverkehr auch nicht überschätzt. Dass der Fracht- im Vergleich zum Passagierverkehr in Berlin nur eine untergeordnete Rolle spielt und spielen wird, hat er erkannt; er weist aber unwidersprochen darauf hin, dass fast zwei Drittel (61,9 %) der Flugbewegungen nachts stattfinden (PEB S. 115 Abs. 4). Dass er der Deckung dieses Bedarfs trotz des geringen Aufkommens eine erhebliche Bedeutung für Berlin als Wirtschaftsraum (PEB S. 119 Abs. 4) beimisst, ist nicht zu beanstanden. Auch ein geringes Frachtaufkommen kann für bestimmte Produktionsabläufe von entscheidender Bedeutung sein. Der nächtliche Frachtverkehr kann auch nicht zu vergleichbaren Bedingungen über den Flughafen Leipzig/Halle abgewickelt werden. Die Transportwege würden sich verlängern; zudem haben die Expressdienstleister TNT, UPS und FedEx - anders als DHL - ihre Verteilzentren nicht in Leipzig/Halle, sondern in Berlin und Umgebung (A.-Stellungnahme vom 23. Januar 2009 S. 26 - 29, Beiakte 16 Bl. 1211 <1235 - 1238>).

110

Dass die Zahl von sechs Luftfrachtbewegungen (PEB S. 119 Tabelle) im Nachtflug-Gutachten von I. keine Stütze findet, trifft nicht zu. I. hat für das gesamte Cargo-Segment (Fracht und Post) 8,1 Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 prognostiziert (S. 102 Tab. 9-4). Davon entfallen jeweils drei Flugbewegungen in den fünf Nächten von Montag auf Dienstag bis Freitag auf Samstag oder 2,1 Flugbewegungen am Durchschnittstag auf die Post (S. 94), die verbleibenden sechs Flugbewegungen auf die Fracht.

111

2.3.6 Luftpostverkehr

112

Für Nachtpostflüge (A II 5.1.1 Nr. 4 a PFB i.d.F. des PEB) hat der Beklagte einen standortspezifischen Bedarf auch für die Kernzeit der Nacht zu Recht anerkannt. Postflüge sind auf die Nutzung der Nachtkernzeit angewiesen. Sie sind seit mehreren Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Luftverkehrsgeschehens (Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 31 Rn. 76). Die Deutsche Post AG hatte zwar mit Schreiben vom 22. Juli 2009 (Beiakte 17 Bl. 1824) mitgeteilt, dass innerdeutsche Nachtluftpostflüge von und nach Berlin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit künftig auch bei saisonal erhöhtem Briefaufkommen nicht mehr erforderlich seien. Der Beklagte ist dieser Einschätzung jedoch zu Recht nicht gefolgt. Hauptgrund für ein Nachtflugpostnetz ist die Einhaltung der Zustellquote im Rahmen der Brieflaufzeit "E + 1" nach § 2 Nr. 3 PUDLV. Die Einschätzung des Beklagten, dass Nachtflüge zur Einhaltung dieser Quote weiter erforderlich sein können, hat sich nach Erlass des Planergänzungsbeschlusses als richtig erwiesen. Die Deutsche Post AG führt seit dem 30. November 2009 wieder sechs Nachtflüge durch. Sie hat selbst eingeräumt, dass die Brieflaufzeiten im Inland nach Einstellung der Flüge in einzelnen Verkehrsrelationen nicht mehr die gewünschten Qualitätsstandards erreicht haben (Schreiben vom 21. Oktober 2009, Beiakte 18 Bl. 2039). Der Flughafen Leipzig/Halle wäre für diese Flüge keine gleichwertige Alternative. Der Flughafen Berlin-Schönefeld ist aufgrund seiner geographischen Lage deutlich besser geeignet, den Briefverkehr auf der großen Distanz zwischen dem Südwesten und dem Nordosten Deutschlands in kurzer Zeit abzuwickeln.

113

2.3.7 Regierungsflüge

114

Für Starts und Landungen von Luftfahrzeugen, die bei Staatsbesuchen und für Regierungsflüge eingesetzt werden (A II 5.1.1 Nr. 3 c PFB i.d.F. des PEB), hat der Beklagte einen standortspezifischen Bedarf auch für die Kernzeit der Nacht zu Recht bejaht.

115

Für Staatsbesuche hat er dargelegt: In Bezug auf Flüge von ausländischen Staatsgästen der Bundesrepublik Deutschland sowie der Begleitdelegationen beschränke sich der Bedarf auf die an- und abreisenden Staatsoberhäupter, Regierungschefs, Außenminister sowie Leiter internationaler und supranationaler Organisationen (PEB S. 126 Abs. 1). Die Flüge unterlägen bezüglich ihrer Durchführung und Planung diplomatischen und protokollarischen Zwängen (PEB S. 126 Abs. 3).

116

Das ist plausibel. Es ist im Staatenverkehr nicht opportun, Staatsgästen Vorgaben für die Flugzeiten zu machen. Der Bedarf ist durch die Funktion Berlins als Bundeshauptstadt bedingt und damit standortspezifisch.

117

Zu den Regierungsflügen hat der Beklagte dargelegt: Die Beförderung von Personen aus dem politisch-parlamentarischen Bereich erfolge im Wesentlichen durch die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung. Der Bedarf beschränke sich auf die Personen, die gemäß einer von der Bundesregierung beschlossenen Richtlinie anforderungsberechtigt seien (PEB S. 123 Abs. 5). Über ihre Beförderung werde allein in politisch-parlamentarischer Verantwortung entschieden (PEB S. 126 Abs. 3).

118

Auch dieser Bedarf ist durch die Funktion Berlins als Bundeshauptstadt bedingt und damit standortspezifisch. Da anforderungsberechtigt nur die Inhaber hoher Staatsämter sind - für die Mitglieder des Bundestags nur der Präsident des Bundestags und die Fraktionsvorsitzenden -, darf die Prüfung, ob die Durchführung des Fluges in der Nachtkernzeit notwendig ist, dem Anfordernden selbst überlassen werden.

119

2.3.8 Allgemeine Luftfahrt

120

Der nächtliche Taxi- und Werkverkehr hat nach Einschätzung des Beklagten trotz seines geringen Aufkommens - für die Durchschnittsnacht 2020 wird mit 0,9 Flugbewegungen gerechnet (PEB S. 147) - für den Wirtschafts-, Kultur- und Medienstandort Berlin-Brandenburg eine wichtige Bedeutung. Er werde genutzt, um zeitkritische geschäftliche Termine wahrzunehmen, wenn die Luftverkehrsgesellschaften keine geeigneten Verbindungen bereit hielten (PEB S. 129 Abs. 2).

121

Damit ist ein Nachtflugbedarf plausibel dargelegt. Er ergibt sich aus der Erreichbarkeit der Metropolregion Berlin-Brandenburg im Taxi- und Werkverkehr auch während der frühen Morgen- und späten Abendstunden. Der Taxi- und Werkverkehr ergänzt insoweit den Linienverkehr. Dass er nach der Zahl der Flugbewegungen und der Passagiere gegenüber dem Linienverkehr nur eine untergeordnete Rolle spielen wird, steht der Anerkennung des vorhandenen Bedarfs nicht entgegen.

122

2.3.9 Ausbildungs- und Übungsflüge

123

Mit der in A II 5.1.1 Nr. 6 PFB i.d.F. des PEB getroffenen Regelung hält der Beklagte an der bereits im Planfeststellungsbeschluss enthaltenen inhaltsgleichen Regelung A II 5.1.1 Nr. 4 fest. Die Kläger berufen sich insoweit lediglich auf die Unverwertbarkeit des I.-Gutachtens; dieses liegt der Regelung jedoch nicht zugrunde. Im Übrigen sind ihre Einwände gegen das Gutachten unbegründet (B II 2.1.1). Aus welchen Gründen der dargelegte Bedarf für die ausnahmsweise Zulassung von Ausbildungs- und Übungsflügen bis 23:00 Uhr (PEB S. 129 Abs. 3) zu beanstanden sein sollte, ist nicht ersichtlich.

124

2.3.10 Flüge im Zusammenhang mit der Luftfahrzeuginstandhaltung

125

Wartungsflüge dienen der Aufrechterhaltung des regelmäßigen Flugbetriebs und dürfen jedenfalls in dem Umfang zugelassen werden, in dem ihre Verkehre die Nachtzeit in Anspruch nehmen können (Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 73, 75). Nach A II 5.1.1 Nr. 4 d PFB i.d.F. des PEB sind Starts und Landungen von Luftfahrzeugen bei deren Bereitstellung und instandhaltungsbedingter Überführung als Leerflüge über die reguläre Betriebszeit hinaus bis 24:00 Uhr und ab 5:00 Uhr zulässig. Zur Begründung dieser Regelung hat der Beklagte dargelegt: Wegen der Einbindung der Flugzeuge in die täglichen Umläufe und der hohen Auslastung müssten die Instandhaltungsarbeiten möglichst in den Nachtstunden, insbesondere der Nachtkernzeit, durchgeführt werden. Nächtliche Betriebsbeschränkungen könnten zu erheblichen Ineffizienzen führen, wenn instandgesetzte Flugzeuge am Morgen nicht rechtzeitig dem Flugzeugumlauf zugeführt bzw. die Flugzeuge zur Wartung und Instandsetzung nicht unmittelbar nach Beendigung ihres Einsatzes zum Flughafen Berlin-Schönefeld verbracht werden könnten (PEB S. 133 Abs. 3). Bereitstellungs- oder Positionierungsflüge als Leerflüge seien darüber hinaus notwendig, falls ein Ersatzflugzeug von oder nach Berlin zu überführen sei (PEB S. 133 Abs. 4).

126

Damit ist ein Nachtflugbedarf bis 24:00 Uhr und ab 5:00 Uhr plausibel dargelegt. Es geht um größere Wartungsarbeiten, wie die A- und C-Checks, die nur an technisch hierfür ausgestatteten Standorten durchgeführt werden können (PEB S. 132 Abs. 2). Da Wartung und Instandsetzung die reguläre Umlaufplanung möglichst nicht beeinträchtigen sollen, besteht ein berechtigtes Interesse an der Möglichkeit, derartige Leerflüge dem regulären Flugbetrieb zeitlich vor- bzw. nachlaufen zu lassen. Gleiches gilt für die Bereitstellung von Ersatzflugzeugen. Ohne Not wird im Übrigen keine Fluggesellschaft Leerflüge durchführen. Der geringe Umfang des Verkehrs - der Beklagte geht für die Durchschnittsnacht 2020 von 1,3 Flugbewegungen aus (PEB S. 147) - spricht auch insoweit nicht gegen einen Nachtflugbedarf.

127

2.3.11 Sonderverkehre

128

Den Sonderverkehren rechnet der Beklagte die Verkehre zu, die nach A II 5.1.1 Nr. 3 PFB i.d.F. des PEB auch während der Nachtkernzeit zulässig sind.

129

Zum Nachtflugbedarf für Militärflüge (Nr. 3 c) wird im Planergänzungsbeschluss dargelegt: Militärflüge, wie z.B. der Lufttransport von militärischem Personal und Material, seien zur Wahrnehmung von außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen sowie bündnispolitischen Interessen und Verantwortlichkeiten der Bundesrepublik Deutschland unbedingt notwendig. Das Bundesministerium der Verteidigung führe hierzu aus, dass ein Flugbetrieb der Luftwaffe in der gesamten Nacht aus militärischen Gründen erforderlich sei (PEB S. 137 Abs. 1).

130

Für die Flugbereitschaft hat das Bundesministerium der Verteidigung dies in seinen Stellungnahmen vom 15. Januar 2008 (Beiakte 6) und vom 20. März 2009 (Beiakte 17 Bl. 1526) plausibel dargelegt. Die Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung ist ein Verband der Luftwaffe, der für besondere Aufgaben jederzeit, also auch während der Nachtkernzeit, einsatzbereit sein soll. In erster Linie wird die Flugbereitschaft für die Beförderung von Personen aus dem politisch-parlamentarischen Bereich (Regierungsflüge), den Lufttransport zur Unterstützung bei Hilfeleistungen der Bundeswehr im In- und Ausland z.B. bei Naturkatastrophen und besonders schweren Unglücksfällen sowie für den Lufttransport von Kranken und Verwundeten (MEDEVAC) eingesetzt. Zu ihrem Auftrag gehört aber auch der Lufttransport von militärischem Personal und Material. Derartige militärische Flüge entziehen sich einer regelhaften Planung; sie können - je nach den militärischen Notwendigkeiten - zu jeder Tages- und Nachtzeit erforderlich sein (vgl. Urteil vom 24. Juli 2008 - BVerwG 4 A 3001.07 - BVerwGE 131, 316 Rn. 79). Der Nachtflugbedarf für Luftfahrzeuge der Flugbereitschaft ist auch standortspezifisch. Ein Teil der Flugzeuge ist bereits in Berlin stationiert. Die Bundeswehr beabsichtigt, die Anteile der Kurz- und Mittelstreckenflotte, die derzeit noch auf dem Flughafen Köln/Bonn stationiert sind, zum Flughafen Berlin-Schönefeld zu verlegen; auch die Langstreckenflugzeuge sollen dort permanent stationiert werden.

131

Ein Bedarf für Nachtflüge sonstiger militärischer Luftfahrzeuge oder ziviler Luftfahrzeuge auf militärische Anforderung, wie sie etwa auf dem Flughafen Leipzig/Halle zum Transport von US-Personal in den Nahen und Mittleren Osten stattfinden, ist hingegen nicht substantiiert dargelegt. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hat deshalb in der mündlichen Verhandlung auf Anraten des Gerichts erklärt, dass Militärflüge im Sinne des Abschnitts A II 5.1.1 Nr. 3 c PFB i.d.F. des PEB nur Flüge von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung und von Gastluftfahrzeugen der Regierungen oder militärischer Einrichtungen anderer Staaten sind.

132

Einwände gegen die im Planergänzungsbeschluss dargelegte Erforderlichkeit der Regelung für Notlandungen (Nr. 3 a), für Flüge für den Katastrophenschutz, medizinische Hilfeleistungen und Vermessungen (Nr. 3 b) und für Polizeiflüge (Nr. 3 c) erheben die Kläger nicht; sie berufen sich insoweit lediglich auf ihr Vorbringen zur Verwertbarkeit des I.-Nachtflug-Gutachtens.

133

2.3.12 Verspätungen und Verfrühungen

134

Zur Begründung des Nachtflugbedarfs für verspätete Landungen bis 24:00 Uhr, verfrühte Landungen ab 5:00 Uhr, verspätete Starts im Interkontinentalverkehr bis 24:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 b und c PFB i.d.F. des PEB) sowie verspätete Landungen von nicht lärmarmen Flugzeugen bis 23:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 5 PFB i.d.F. des PEB) hat der Beklagte ausgeführt:

135

Unpünktlichkeiten im internationalen Luftverkehr ließen sich auch in Zukunft nicht vollständig vermeiden (PEB S. 143 Abs. 2); es sei aber nicht erkennbar, dass die Fluggesellschaften die Verspätungen oder Verfrühungen gezielt erzeugten bzw. deren Konsequenzen bewusst in Kauf nähmen (PEB S. 143 Abs. 3). Planmäßige Flüge müssten auch bei Verspätungen landen können und zwar möglichst auf dem Zielflughafen; eine Umleitung auf einen anderen Flughafen sei mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Geeignete Ausweichflughäfen stünden in näherer Umgebung nicht zur Verfügung (PEB S. 143 Abs. 4). Frühankünfte träten vor allem im Interkontinentalverkehr auf. Ohne Landemöglichkeit müsste das Flugzeug in Warteschleifen in der Luft bleiben - mit allen ökonomischen und ökologischen Folgen (PEB S. 142 Abs. 3).

136

Damit ist ein Bedarf für die Verspätungsregelungen plausibel dargelegt. Da die Personenbeförderung im Luftverkehr Bestandteil des öffentlichen, für jeden Nutzer zugänglichen Verkehrs ist, besteht ein allgemeines Interesse daran, den Luftverkehr möglichst planmäßig abzuwickeln (Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 55); dieses Interesse besteht auch im Luftfrachtverkehr. Das Ausweichen auf andere Flughäfen stört die Abwicklung des Luftverkehrs erheblich; auch die Passagiere werden dadurch in hohem Maße belastet. Das gilt bereits dann, wenn - wie bislang mit dem Flughafen Berlin-Schönefeld für den Flughafen Berlin-Tegel - ein Ausweichflughafen in der Nähe vorhanden ist. Dass der Beklagte die Flexibilität des Berliner Flughafensystems aus anderen Gründen, insbesondere zur Reduzierung der Lärmbetroffenheiten (vgl. Urteil vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 109 ff.), selbst aufgegeben hat, steht der Anerkennung eines Bedarfs nicht entgegen. Dass Verfrühungen - wie die Kläger geltend machen - vermeidbar sind, ist nur teilweise richtig. Eine Verlangsamung des Fluges ist nur innerhalb gewisser Grenzen möglich (Urteil vom 24. Juli 2008 a.a.O. Rn. 56; PEB S. 142 Abs. 4). Warteschleifen sind aus den im Planergänzungsbeschluss (S. 142 Abs. 3) dargelegten Gründen keine eindeutig bessere Alternative. Schließlich weisen die Kläger des Parallelverfahrens (BVerwG 4 A 4001.10) auf den ebenfalls stadtnahen Flughafen Düsseldorf hin, der sich auch hinsichtlich der Verspätungsregelungen erhebliche Restriktionen zum Schutz der Anwohner gefallen lassen müsse. Für die Abendstunden hat allerdings auch der Flughafen Düsseldorf eine Verspätungsregelung (Nachtflug-Gutachten S. 67). Lediglich am Morgen werden Landungen erst ab 6:00 Uhr zugelassen - ohne Ausnahme für Verfrühungen. Ein Bedarf für verfrühte Landungen auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld ist, auch wenn ihre Zahl gering ist, belastbar dargelegt. Dass der Flughafen Düsseldorf ohne eine solche Regelung auskommen muss, obwohl dort ebenfalls Interkontinentalverkehr stattfindet, muss sich der Flughafen Berlin-Schönefeld nicht entgegenhalten lassen.

137

2.4 Regionalwirtschaftliche Aspekte

138

Der Beklagte hat die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen einer Beschränkung des nächtlichen Flugbetriebs ausreichend ermittelt. Er hat die Bedeutung der regionalwirtschaftlichen Belange nicht überschätzt.

139

Der Beklagte ist davon ausgegangen, dass die Realisierung des Ausbauvorhabens positive wirtschaftliche und strukturelle Effekte für die Hauptstadtregion haben werde (PEB S. 155 Abs. 1). Die im Gutachten der Beigeladenen (Arbeitsgemeinschaft IfV Köln / KE-Consult, Regionalwirtschaftliche Effekte einer Betriebsgenehmigung mit Kernruhezeit für den Airport Berlin Brandenburg International BBI vom 20. Juni 2007, Beiakte 1) herausgearbeiteten Ursachenbeziehungen zwischen der Steigerung der Verkehrsnachfrage und -leistung an einem Flughafen in Relation zu Flugbetriebsbeschränkungen in den Nachtzeiten und der von diesem Flughafen ausgehenden direkten Beschäftigungswirkungen seien plausibel, wenn auch die Zahlen möglicherweise nicht exakt belegbar seien (PEB S. 155 Abs. 3). Insgesamt änderten die verfügten Flugbeschränkungen zur Nachtzeit nichts daran, dass das Ausbauvorhaben generell geeignet sei, positive arbeitsmarktpolitische Effekte auszulösen (PEB S. 155 Abs. 4). Der Beklagte habe durch die Öffnung der Nachtrandzeiten bis 23:30 Uhr und ab 5:30 Uhr die durchaus vorhandenen negativen regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Flugbeschränkungen minimiert. Er halte die verfügten Betriebsregelungen auch unter Würdigung des öffentlichen Interesses an Arbeitsplätzen sowie der Erhaltung und Stärkung der Wirtschaftskraft der Hauptstadtregion für vertretbar (PEB S. 156 Abs. 2).

140

Die Kläger meinen, dass das Gutachten der Beigeladenen die Effekte von Flugbeschränkungen in der Nachtzeit überbewerte; der Beklagte folge dieser Überbewertung. Es werde verkannt, dass ein Großteil des bei uneingeschränktem Flugbetrieb bestehenden Verkehrs nicht wegfallen, sondern sich in den Tag verlagern werde.

141

Die Einwände der Kläger sind unbegründet. Der Beklagte hat sich die quantitativen Einschätzungen insbesondere der Passagierverluste in dem Gutachten der Beigeladenen, die auch I. für überhöht gehalten hat (Bericht vom 3. Dezember 2008 S. 7, Beiakte 16 Bl. 987 <996>), nicht zu eigen gemacht. Er musste die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen von Nachtflugbeschränkungen auch nicht weiter ermitteln oder quantifizieren, insbesondere auch nicht für eine Beschränkung des Flugbetriebs auf 6:00 bis 23:00 Uhr. Denn er hat den regionalwirtschaftlichen Effekten im Rahmen seiner Abwägung von vornherein nur eine eingeschränkte Bedeutung beigemessen. Er ist zwar davon ausgegangen, dass der Flughafenausbau auch deshalb im öffentlichen Interesse liegt, weil er der Stärkung und Erhaltung der regionalen Wirtschaft dient (PEB S. 148 Abs. 4), und dass sich Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs negativ auf dieses Ziel auswirken (PEB S. 152 Abs. 2). Den Nachtflugbedarf hat er jedoch ausschließlich auf die Nachfrage nach Nachtflügen und die strukturellen und betrieblichen Gründe für deren Durchführung in der Nacht gestützt, nicht auf die regionalwirtschaftlichen Effekte des Nachtflugbetriebs. Auch in der Gesamtabwägung hat er diese Effekte lediglich punktuell im Zusammenhang mit den Bereitstellungs- und Überführungsflügen und deren Bedeutung für die Flugzeuginstandhaltungsbetriebe (PEB S. 171 Abs. 4) sowie beim Luftfrachtverkehr (PEB S. 169 Abs. 4) in seine Erwägungen einbezogen. Die regionalwirtschaftlichen Gesamtauswirkungen der von ihm verfügten Betriebsbeschränkungen hat er lediglich geprüft, um der Forderung nach einer weitergehenden Zulassung von Nachtflugbetrieb und dem Argument zu begegnen, dass die positiven wirtschaftlichen und strukturellen Effekte des Flughafenausbaus für die Region Berlin-Brandenburg durch die verfügten Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs infrage gestellt würden. Die Frage, ob dies bei einer weitergehenden Beschränkung des Flugbetriebs, etwa auf 6:00 bis 23:00 Uhr, der Fall wäre, brauchte er nicht zu stellen, da er eine solche Regelung im Rahmen der Abwägung schon wegen des dargelegten Nachtflugbedarfs nicht als angemessen angesehen hat.

142

3. Ermittlung und Gewichtung der Lärmschutzbelange

143

Der Beklagte hat die Lärmschutzbelange der Kläger ausreichend ermittelt. Er hat das Gewicht dieser Belange nicht zu gering eingeschätzt.

144

3.1 Flugroutenprognose

145

Welche Auswirkungen der Betrieb eines Flugplatzes auf die Anwohner und die Umwelt hat, hängt nicht nur von Art und Umfang des Flugbetriebs auf dem Flugplatz, sondern auch von den Flugwegen und der Flughöhe der Flugzeuge im Luftraum ab. Der Flugbetrieb auf dem Flugplatz kann im Planfeststellungsverfahren geregelt werden (§ 8 Abs. 4 LuftVG), die Benutzung des Luftraums in der Umgebung des Flugplatzes nicht (Urteil vom 11. Juli 2001 - BVerwG 11 C 14.00 - BVerwGE 114, 364 <377>). Sie wird maßgebend durch sogenannte Flugverfahren bestimmt. Die Flugverfahren einschließlich der Flugwege, Flughöhen und Meldepunkte werden vom Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) auf der Grundlage von Vorarbeiten der DFS durch Rechtsverordnung festgelegt (§ 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c LuftVG, § 27a Abs. 2 Satz 1 LuftVO). Müssen die Flugverfahren für ein neues Bahnsystem festgelegt werden, kann dies erst nach der Planfeststellung der neuen Bahnen geschehen. Auch nach Inbetriebnahme des Bahnsystems können die Flugverfahren geändert werden (vgl. Urteile vom 28. Juni 2000 - BVerwG 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 4 C 11.03 - BVerwGE 121, 152). Die Ermittlung der Lärmbetroffenheiten im Planfeststellungsverfahren ist hiernach systemimmanent mit der Unsicherheit behaftet, dass die Flugrouten für die An- und Abflüge nicht feststehen. Die Planfeststellungsbehörde muss nicht alle realistischerweise in Betracht kommenden Flugrouten auf die zu erwartenden Lärmbeeinträchtigungen untersuchen; sie kann sich auf die Betrachtung bestimmter Flugrouten beschränken. Die Flugrouten gehören zu den prognostischen Annahmen, die der Lärmermittlung zugrunde zu legen sind (Beschluss vom 18. August 2005 - BVerwG 4 B 17.05 - juris Rn. 27 § 10 luftvg nr. 13>).

146

3.1.1 Anforderungen an die Flugroutenprognose

147

Die prognostische Flugroutenplanung muss besonderen, sich aus ihrer Funktion ergebenden Anforderungen genügen: Sie muss zum einen die Modalitäten des Flugbetriebs hinreichend genau abbilden; zum anderen muss sie regelmäßig mit dem BAF oder der DFS abgestimmt sein.

148

Für das Planfeststellungsverfahren genügt eine prognostische Grobplanung der An- und Abflugverfahren - eine Detailplanung würde dem vorläufigen Charakter der nur prognostischen Planung nicht gerecht. Auch die prognostische Planung darf jedoch nicht beliebig "grob" sein. Sie muss die Modalitäten des Flugbetriebs soweit abbilden, wie dies für die jeweilige im Planfeststellungsverfahren zu treffende Entscheidung erforderlich ist. Für die Regelung des Flugbetriebs muss sie nicht so genau sein wie für die Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete. Letztere sollen es ermöglichen, individuelle, im Wege der Abwägung nicht überwindbare Schutzansprüche durchzusetzen. Über die Regelung des Flugbetriebs ist hingegen auf der Grundlage einer Abwägung zu entscheiden (§ 8 Abs. 1 und 4 LuftVG). Relevant für diese Abwägung ist, wie viele Anwohner ungefähr durch Fluglärm betroffen sein werden und wie schwer die jeweilige Betroffenheit sein wird. Welche Anwohner betroffen sein werden, ist - anders als für die Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete - nicht erheblich. Der Flugbetrieb wird geregelt für einen Flughafen an einem bestimmten Standort mit einer bestimmten Siedlungsstruktur in seiner Umgebung. Die Regelung soll grundsätzlich auch dann Bestand haben können, wenn andere An- und Abflugverfahren festgelegt werden als im Planfeststellungsverfahren angenommen wurde. Unabhängig vom Verlauf der jeweiligen Flugrouten muss bei der Flughafenplanung davon ausgegangen werden, dass nach den örtlichen Gegebenheiten bestimmte Siedlungsgebiete durch Fluglärm betroffen werden können. Vor diesem Hintergrund ist eine Änderung der Flugrouten für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs unter Lärmschutzgesichtspunkten in der Regel nur relevant, wenn wesentlich dichter besiedelte Gebiete auf passiven Schallschutz angewiesen wären als angenommen.

149

Die Prognose der An- und Abflugverfahren muss zudem in aller Regel mit dem BAF oder der DFS abgestimmt sein. Für hoheitliche Planungen gilt der Grundsatz der Problembewältigung; der Planfeststellungsbeschluss muss die von dem Planvorhaben in seiner räumlichen Umgebung aufgeworfenen Probleme bewältigen (Urteile vom 7. März 2007 - BVerwG 9 C 2.06 - BVerwGE 128, 177 Rn. 19 und vom 1. Juli 1999 - BVerwG 4 A 27.98 - BVerwGE 109, 192 <201>). Hierzu ist die Planung nicht in der Lage, wenn sie eine beliebige Flugroutenplanung zugrunde legt; sie muss von realistischen Annahmen ausgehen. Die Prognose ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht erst dann fehlerhaft, wenn die Flugroutenplanung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht realisiert werden kann oder wenn bereits zum Zeitpunkt der Planfeststellung definitiv feststeht, dass das BAF andere Flugstrecken festlegen wird. Ob eine Flugroutenplanung realistisch ist, kann die Planfeststellungsbehörde regelmäßig allein nicht beurteilen. Nicht sie, sondern die DFS ist für die Planung, das BAF für die Festlegung der An- und Abflugverfahren zuständig. Ziel der Abstimmung ist die Bestätigung, dass die dem Planfeststellungsantrag zugrunde liegende prognostische Flugroutenplanung realisierbar ist und dass sie den bisherigen Planungen der DFS entspricht, ihre Umsetzung also realistischerweise zu erwarten ist.

150

3.1.2 Prognose der DFS vom November 1997 / März 1998

151

Der Beklagte hat der Ermittlung der Lärmbetroffenheiten im Planergänzungsverfahren - wie im gesamten Planfeststellungsverfahren - eine von der DFS erstellte Grobplanung der Anflugstrecken vom November 1997 (Beiakte 45 Bl. 29 f.) und der Abflugstrecken vom März 1998 zugrunde gelegt (a.a.O. Bl. 84 f.). Die DFS hatte diese Planungen der bereits vor Eingang des Planfeststellungsantrags beim Beklagten eingerichteten "Arbeitsgruppe An- und Abflugverfahren EDDB" vorgelegt. Die DFS ging bei ihrer Planung, ohne hierauf ausdrücklich hinzuweisen, davon aus, dass die beiden Bahnen des Flugplatzes nicht unabhängig voneinander genutzt werden sollten. In der 3. Sitzung der Arbeitsgruppe vom 30. März 1998 wurde sie gebeten zu prüfen, welche Auswirkungen Achsabstand und Schwellenversatz der Pisten auf die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Flugverkehr haben (a.a.O. Bl. 79 <80>). Mit Schreiben vom 20. August 1998 (a.a.O. Bl. 92 f.) teilte sie mit, dass der vorgesehene Achsabstand (1 900 m) und der Schwellenversatz (1 250 m) keine nachteiligen Auswirkungen auf die gleichzeitige unabhängige Durchführung des IFR-Flugverkehrs hätten. Zugleich wies sie "deutlich" darauf hin, dass die gleichzeitige unabhängige Durchführung von IFR-Abflügen von beiden Pisten unmittelbar nach dem Start eine Divergenz der Abflugkurse von mindestens 15Grad erfordere. Ebenso müssten die Abflugkurse um mindestens 30Grad von den Fehlanflugkursen der jeweils anderen Piste abweichen. Da derartige Präzisierungen in der übergebenen Grobplanung nicht berücksichtigt worden seien, sei bei der weiteren Verwendung dieser Unterlagen ein entsprechender Toleranzbereich zu berücksichtigen. Der Beklagte bat die Vorhabenträgerin, diese Vorgaben der DFS bei den weiteren Planungen zu berücksichtigen (a.a.O. Bl. 95 f.). Die Vorhabenträgerin erwiderte, dass sie die Forderung der DFS bei der Konstruktion der Standard Instrument Departures nicht berücksichtigt habe (a.a.O. Bl. 98 f.). Eine exakte Berücksichtigung solcher modifizierter Abflugwege würde die Deklarierung zusätzlicher Abflugstrecken erfordern, was nicht vorgesehen sein könne. Sie gehe davon aus, dass die Hinweise der DFS nicht zu einer Veränderung der Streckengeometrie führten; anderenfalls müsste kurzfristig ein Klärungsgespräch mit der DFS herbeigeführt werden. Ein solches Gespräch fand am 29. September 1998 in der Hauptverwaltung der DFS statt; ein Ergebnisprotokoll liegt nicht vor. In einem nicht zu den Verwaltungsvorgängen gelangten Schreiben vom 7. Oktober 1998 wandte sich der Geschäftsführer der Vorhabenträgerin, Herr Dr. H., an das Bundesministerium für Verkehr mit der Bitte um Unterstützung bei der Lösung eines Problems mit der DFS. In einer schriftlichen Stellungnahme zum Datenerfassungssystem habe die DFS festgestellt, dass bei gleichzeitiger unabhängiger Durchführung von IFR-Abflügen eine Divergenz der Abflugkurse von 15Grad erforderlich werde. Das Ministerium werde gebeten, Einfluss auf die DFS dahingehend zu nehmen, dass sie ihre Stellungnahme zum vorliegenden Datenerfassungssystem modifiziere. Die DFS nahm mit Schreiben vom 26. Oktober 1998 (a.a.O. Bl. 106) unter Bezugnahme auf die Besprechungen vom 30. März und 29. September 1998 erneut Stellung. Sie legte dar, dass die von der Vorhabenträgerin zugrunde gelegte Streckengeometrie grundsätzlich den derzeitigen Planungen der DFS entspreche. IFR-Anflüge könnten bei dem geplanten Bahnabstand unabhängig voneinander durchgeführt werden. Sie wies jedoch darauf hin, dass, um parallele Abflüge gleichzeitig von beiden Pisten zu gewährleisten, generell eine Divergenz der Abflugwege von 15Grad erforderlich wäre. Dies bedeute, dass es bei den vorliegenden Abflugverfahren während der Verkehrsspitzen zu Abflugverzögerungen kommen könne. Weiter wies sie darauf hin, dass die Flugverfahren nicht Gegenstand einer Planfeststellung seien, sondern jederzeit optimiert werden könnten. Die Festlegung der für die Inbetriebnahme des neuen Bahnsystems notwendigen Flugverfahren werde erst kurz vor Betriebsaufnahme erfolgen.

152

Im Planfeststellungsverfahren nahm die DFS als Trägerin öffentlicher Belange mit Schreiben vom 3. Juli 2000 Stellung (Beiakte 322 Nr. 170). Zur Möglichkeit paralleler IFR-Abflüge wiederholte sie praktisch wortgleich den Inhalt ihres Schreibens vom 26. Oktober 1998. Im Planergänzungsverfahren erhob sie im Anhörungsverfahren keine Einwendungen gegen das Vorhaben (Schreiben vom 18. Januar 2008, Beiakte 6 Stellungnahme 500007). Auf eine schriftliche Anfrage des Beklagten vom 10. Oktober 2008 (Anlage zum Schriftsatz des Beklagten vom 25. Juli 2011) teilte sie unter dem 15. April 2009 mit, eine kurzfristige Festlegung von Flugverfahren würde dem Grundsatz widersprechen, die Verfahren erst nach einer gründlichen Abwägung aller Faktoren einzuführen; sie könne daher noch keine konkreten Angaben zur Flugverfahrensplanung geben (Beiakte 17 Bl. 1576).

153

Auf der Grundlage dieser schriftlichen Stellungnahmen der DFS durfte der Beklagte - unabhängig davon, ob ihm das sogenannte H.-Schreiben bekannt war - nicht davon ausgehen, dass die DFS für den unabhängigen Bahnbetrieb parallele Abflugstrecken planen würde. Von einem abhängigen Bahnbetrieb durfte er ebenfalls nicht ausgehen. Die Herstellung eines unabhängig benutzbaren Parallelbahnsystems, auf dem An- und Abflüge auf beiden Bahnen gleichzeitig durchgeführt werden dürfen, war ein wesentlicher Grund für den Ausbau des Flughafens (PFB S. 336 Abs. 1, S. 409 Abs. 5). Der Senat hat die Entscheidung gegen einen abhängigen und für einen unabhängigen Parallelflugbetrieb in seinem Urteil vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 221) nicht beanstandet. Der unabhängige Betrieb paralleler Bahnen unterliegt aber besonderen Anforderungen. Anhang 14 Band I zum Chicagoer Abkommen über die Internationale Zivilluftfahrt empfiehlt für den unabhängigen Betrieb paralleler Bahnen zunächst Mindestabstände zwischen den Bahnen, und zwar für Ankünfte 1 035 m und für Abflüge 760 m (Nr. 3.1.12). Das ICAO-Dokument 4444, auf das Anhang 14 hinweist, verlangt für unabhängige Abflüge von parallelen Bahnen darüber hinaus, dass die Abflugrouten unmittelbar nach dem Abheben um mindestens 15Grad divergieren sollen (Nr. 6.7.2.2 Buchst. b). Dokument 9643 enthält eine entsprechende Regelung (Nr. 3.2 Buchst. b).

154

Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es mit den ICAO-Vorschriften vereinbar wäre, wie am Flughafen München auch am Flughafen Berlin-Schönefeld für gleichzeitige Abflüge parallele Abflugstrecken festzulegen, kann offen bleiben. Eine solche Planung war mit der DFS nicht abgestimmt; sie hatte ihre Forderung, bei gleichzeitigen Abflügen eine Divergenz der Abflugrouten von 15Grad einzuhalten, nicht aufgegeben. Ihren Schreiben konnte auch nicht die Absicht entnommen werden, die Divergenz der Abflugwege in jedem Einzelfall mittels Flugverkehrskontrollfreigaben gemäß § 26 Abs. 2 LuftVO zu erreichen. Während der Nacht werden parallele Starts zwar voraussichtlich nicht benötigt; dass die DFS deshalb - wie der Beklagte meint - für die Nacht an den parallelen Abflugstrecken festhalten würde, hatte sie in ihren Schreiben ebenfalls nicht zu erkennen gegeben. Auch tatsächlich hat die Möglichkeit, die Flugverfahren für Tag und Nacht differenziert zu regeln (vgl. Urteil vom 4. Mai 2005 - BVerwG 4 C 6.04 - BVerwGE 123, 322 <325, 328>), in den weiteren Planungen der DFS keine Rolle gespielt.

155

Konsequenzen hieraus hätte der Beklagte bei der Festlegung der Schutz- und Entschädigungsgebiete ziehen müssen; diese Gebiete hätte er nicht auf der Grundlage paralleler Abflugrouten festlegen dürfen. Das ist im vorliegenden Verfahren jedoch nicht mehr relevant. Die Beteiligten haben den Rechtsstreit insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte sich verpflichtet hat, nach der erstmaligen Festlegung der Routen durch das BAF die bisher festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebiete insgesamt neu auszuweisen; die Nebenbestimmungen zu den bereits festgelegten Schutz- und Entschädigungsgebieten bleiben hiervon unberührt.

156

Soweit es um die Regelung des Nachtflugbetriebs geht, war hingegen die für den abhängigen Bahnbetrieb erstellte Grobplanung der An- und Abflugrouten ausreichend, um die Lärmbetroffenheiten auch bei unabhängigem Bahnbetrieb abzuschätzen. Die Anflugrouten sind von dem Modus des Bahnbetriebs ohnehin nicht berührt; sie können auch bei unabhängigem Bahnbetrieb - wie in der Grobplanung der DFS vom November 1997 vorgesehen - in gerader Verlängerung der beiden Bahnen durchgeführt werden. Bei den Abflugrouten muss für den unabhängigen Bahnbetrieb allerdings davon ausgegangen werden, dass die Flugwege um bis zu 15Grad nach Norden oder nach Süden abknicken. Abflugrouten in diesem Korridor würden zwar teilweise andere Gebiete betreffen als die parallelen Abflugwege der DFS-Grobplanung; diese Gebiete wären jedoch nicht oder jedenfalls nicht erheblich dichter besiedelt als diejenigen, die von parallelen Abflugrouten betroffen wären. Das ergibt sich bereits aus einer Grobanalyse der Siedlungsstruktur der Flughafenumgebung. Betroffen wäre im einen wie im anderen Fall der Randbereich der Metropole Berlin; die dichter besiedelte Metropole selbst wäre nicht betroffen. Abflüge in Richtung Westen - das sind etwa 2/3 aller Abflüge -, die um bis zu 15Grad nach Norden oder Süden abknicken, ändern den Umfang der Betroffenheiten in dem für den passiven Schallschutz relevanten Bereich gegenüber geraden Abflügen allenfalls unerheblich. Bei nach Norden abknickenden Abflügen von der Nordbahn würde Blankenfelde-Mahlow etwas weiter nördlich überflogen. Stärker als bei geraden Abflügen wäre Großbeeren betroffen; im Gegenzug würde Diedersdorf entlastet. Um 15Grad nach Süden abknickende Abflüge von der Südbahn würden Blankenfelde-Mahlow eher entlasten. Auch eine Berechnung der DFS für die Fluglärmkommission mit dem NIROS-Programm hat ergeben, dass eine abknickende Route unter Lärmschutzgesichtspunkten sogar günstiger wäre als gerade Abflüge (Präsentation "Flugverfahrensvorschläge der Fluglärmkommission für BBI" vom 14. Februar 2011, http://www.mil.brandenburg.de/sixcms/de-tail.php/484669, Folien 25 ff.). Für Abflüge in Richtung Osten ist die Situation allerdings nicht in gleicher Weise eindeutig. Die Gebiete, die bei um 15Grad nach Süden abknickenden Abflügen von der Südbahn auf passiven Schallschutz angewiesen wären, dürften etwas dichter besiedelt sein als die von geraden Abflugstrecken betroffenen Gebiete. Der Norden von Eichwalde und Schulzendorf würde entlastet; die Mitte von Schulzendorf, der Süden von Eichwalde und der Nordrand von Zeuthen wären neu auf passiven Schallschutz angewiesen; eine andere Größenordnung der Betroffenheiten insgesamt würde aber hierdurch nicht erreicht. Ein Abknicken von der Nordbahn nach Nordosten würde zu Direktüberflügen von Bohnsdorf in geringer Höhe und damit zu einer nicht unerheblichen Zunahme der besonders starken Betroffenheiten führen. Dass diese unter Lärmschutzgesichtspunkten ungünstigste Variante zur Umsetzung der 15Grad-Divergenz gewählt werden würde, war jedoch von vornherein unwahrscheinlich. Diese Variante musste deshalb nicht betrachtet werden. Insgesamt bleiben damit die durch die Berücksichtigung der 15Grad-Toleranz möglichen Veränderungen der Lärmbetroffenheiten in einem Unsicherheitsbereich, der bei der prognostischen Flugroutenplanung für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs ohnehin mitgedacht werden muss.

157

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass abknickende Abflugwege nicht mehr im selben Korridor wie die Anflugwege verlaufen. Die Zahl der Flüge steigt dadurch nicht; lediglich die Verteilung des Lärms ändert sich. Die Belastung neuer Anwohner durch abknickende Abflugwege führt zugleich zu einer Entlastung der durch gerade Abflüge Betroffenen. Selbst wenn diese wegen der Anflüge auf passiven Schallschutz angewiesen bleiben, besteht diese Belastung für viele nicht mehr bei beiden Betriebsrichtungen und damit an jedem Tag, sondern nur noch bei einer Betriebsrichtung. Gleiches gilt für die Anwohner, die aufgrund der abknickenden Abflugwege neu in das Nachtschutzgebiet einbezogen werden müssen; auch sie benötigen den passiven Schallschutz nur bei einer Betriebsrichtung.

158

Dass um mehr als 15Grad abknickende Abflugstrecken festgelegt werden würden, wenn dies nicht - wie z.B. bei der in der Planung der DFS vom 4. Juli 2011 enthaltenen Route "LUDDI-kurz" (vgl. Anlage zum Beklagtenschriftsatz vom 1. August 2011, Folie 20 f.), die unmittelbar nach Verlassen der Südbahn in Richtung Osten bereits vor Erreichen von Schulzendorf stark nach rechts abbiegt - zu einer Verringerung der Lärmbetroffenheiten führt, musste der Beklagte nicht in Betracht ziehen; insbesondere musste er nicht von einer Verwirklichung der von der DFS nach Erlass des Planergänzungsbeschlusses präsentierten, um mehr als 15Grad nach Norden abknickenden Route über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow ausgehen. Die DFS hatte in ihrem Schreiben vom 26. Oktober 1998 bestätigt, dass die auf der Grundlage ihrer Grobplanung erstellte Streckengeometrie grundsätzlich ihren Planungen entspreche; mehr als die Berücksichtigung des Toleranzbereichs hatte sie auch im Schreiben vom 20. August 1998 nicht gefordert. Hiervon war sie weder im Planfeststellungs- noch im Planergänzungsverfahren abgerückt. Ob sie im Jahr 2009 bei der Erarbeitung von Luftraummodellen von der Route über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow ausging und den Beklagten hierüber informierte, ist unerheblich. Maßgebend für die Abstimmung der Flugroutenprognose mit der DFS sind die von ihr im Planfeststellungs- und im Planergänzungsverfahren abgegebenen schriftlichen Erklärungen. Diese enthalten keinen Hinweis auf die Route über Stahnsdorf, Teltow und Kleinmachnow. Der Beklagte musste nicht auf jeden zwischenzeitlichen Planungsstand der DFS bei der Vorbereitung der verbindlichen An- und Abflugverfahren reagieren.

159

3.2 Lärmberechnung

160

Ausgehend von der dargelegten, für die Regelung des nächtlichen Flugbetriebs ausreichenden Flugroutenprognose hat der Beklagte die Lärmbetroffenheiten in der für die Abwägung relevanten Größenordnung zutreffend ermittelt. Er hat für die bereits im Planfeststellungsverfahren ausgewählten Immissionsorte sowohl den LAeq Tag und den LAeq Nacht als auch die mittlere tägliche Verteilung der maximalen A-Schallpegel über 55 dB(A) in der Nacht nach der 1. Fluglärmschutzverordnung neu berechnen lassen (Beiakte 17 Bl. 1826 ff., 1832 ff.). Die Berechnungen haben im Wesentlichen die Ergebnisse des Ausgangsverfahrens bestätigt (PEB S. 156 f., S. 160 Abs. 4). Hiernach werden ca. 40 000 Anwohner auf passiven Schallschutz angewiesen sein (PEB S. 166 Abs. 1). Das den neuen Berechnungen zugrunde gelegte Datenerfassungssystem enthält allerdings Eingabefehler. Das hat der Beklagte selbst eingeräumt; die Fehler beruhten auf einer versehentlichen doppelten Eingabe der Rohdaten bei der Berechnung der 3-Sigma-Regelung nach der 1. Fluglärmschutzverordnung, der fehlenden Anlage der A-Matrix-Daten für die virtuelle Bahn sowie einem Übertragungsfehler bei den Hubschrauberstrecken. Sie führten zu einer geringen Vergrößerung des Nachtschutzgebiets im Westen und Osten des Flughafens. Dass diese Eingabefehler geeignet sein könnten, die der Abwägung zugrunde gelegte Größenordnung der Lärmbetroffenheiten infrage zu stellen, machen die Kläger selbst nicht geltend; hierfür gibt es auch keine Anhaltspunkte.

161

3.3 Lärmmedizin und Lärmwirkungsforschung

162

Die neueren Erkenntnisse der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung brauchte der Beklagte für die Gewichtung der Lärmschutzbelange nicht zu würdigen.

163

Maßgebender Bezugspunkt für die Gewichtung der Lärmschutzbelange ist die sogenannte fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle, bei deren Überschreiten passiver Schallschutz zu gewähren ist (vgl. Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 251 und vom 21. September 2006 - BVerwG 4 C 4.05 - BVerwGE 126, 340 Rn. 34). Die Erkenntnisse der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung sind bei der Festlegung dieser Schwelle zu berücksichtigen. Auch Lärmbeeinträchtigungen unterhalb der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsschwelle sind abwägungsrelevant (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 268). Hat die Planfeststellungsbehörde die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle fehlerfrei bestimmt, genügt es für die Abwägung grundsätzlich, die Lärmschutzbelange ausgehend von dieser Schwelle zu gewichten: Sie sind umso gewichtiger, je näher die Lärmbelastungen an die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsschwelle heranreichen, ihr Gewicht ist umso geringer, je weiter sie hinter dieser Schwelle zurückbleiben. Eine Auseinandersetzung mit den Erkenntnissen der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung ist für diese Gewichtung nicht erforderlich.

164

Der Beklagte hat die Schwelle, bei deren Überschreiten passiver Schallschutz für Schlafräume zu gewähren ist, rechtsfehlerfrei bestimmt. Vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 1. Juni 2007 (BGBl I S. 986) mussten mangels normativer Vorgaben die Zulassungsbehörde und im Streitfall die Gerichte entscheiden, welche Lärmpegel den Anwohnern tags und nachts zugemutet werden dürfen; die im Fluglärmschutzgesetz vom 30. März 1971 (BGBl I S. 282) genannten Lärmwerte waren hierfür nicht aussagekräftig (vgl. Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 254). Insoweit hat sich die Rechtslage durch das Gesetz vom 1. Juni 2007 geändert. Das neu gefasste Fluglärmschutzgesetz - FluglärmG - verfolgt zwar weiterhin nur einen eingeschränkten Zweck. Es soll in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Fluglärm regeln (§ 1 FluglärmG); die Regelung des sogenannten aktiven Schallschutzes insbesondere durch Betriebsbeschränkungen bleibt dem Planfeststellungsverfahren vorbehalten (vgl. BTDrucks 16/508 S. 17; BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 1 BvR 1502/08 - NVwZ 2011, 991 Rn. 23). Durch den neu eingefügten § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG hat es nunmehr jedoch auch Bedeutung erhalten für die bei der Planfeststellung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG erforderliche Abwägung der von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit. Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG sind hierbei zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 FluglärmG zu beachten. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass bei der Bewältigung der durch Fluglärm hervorgerufenen Probleme im Rahmen der Abwägung keine anderen als die nach dem Fluglärmschutzgesetz maßgeblichen Werte für die Lärmschutzbereiche zugrunde gelegt werden (BTDrucks 16/508 S. 24). § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG i.V.m. § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglärmG legt die fachplanungsrechtliche Zumutbarkeitsgrenze auch mit Wirkung für die fachplanerische Abwägung normativ fest (Beschluss vom 1. April 2009 - BVerwG 4 B 61.08 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 34 Rn. 33; zustimmend: Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Stand August 2010, § 6 Rn. 126; Kämper, ZLW 2009, 16 <22>; Paetow, NVwZ 2010, 1184 <1190>; a.A. Mechel, ZUR 2007, 561 <566>). Jedenfalls zur Bestimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze müssen lärmmedizinische Gutachten im luftrechtlichen Zulassungsverfahren nicht mehr eingeholt werden (vgl. BTDrucks 16/3813 S. 11 f.).

165

A II 5.1.3 Nr. 1 PFB i.d.F. des PEB gewährt passiven Schallschutz für Schlafräume bei Überschreiten eines LAeq Nacht innen von 35 dB(A) - das entspricht unter Berücksichtigung eines Pegelunterschieds zwischen außen und innen von 15 dB(A) (vgl. Anlage zu § 3 FluglärmG) einem LAeq Nacht außen von 50 dB(A) - und eines LAmax von 6 × 55 dB(A). Diese bereits im Planfeststellungsbeschluss 2004 und damit vor Inkrafttreten des neu gefassten Fluglärmschutzgesetzes festgelegten Werte sind für die Anwohner günstiger als die gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG bis zum 31. Dezember 2010 maßgebenden Werte für neue Flughäfen (LAeq Nacht = 53 dB, LAmax = 6 × 57 dB). Ob der Flughafen Berlin-Schönefeld ein neuer Flugplatz oder ein Bestandsflughafen ist, kann deshalb offen bleiben. Lediglich der nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1b FluglärmG ab 1. Januar 2011 maßgebende LAmax mit 6 × 53 dB(A) wäre für die Anwohner günstiger als der entsprechende Wert des Planfeststellungsbeschlusses. Diesen Wert musste der Beklagte bei der Abwägung jedoch nicht beachten. Jedenfalls wenn es nicht um die Festlegung des Lärmschutzbereichs, sondern - wie hier - um die Abwägung geht, ist maßgebend der für den Zeitpunkt der Planfeststellung festgelegte Wert.

166

Anhaltspunkte dafür, dass § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG verfassungswidrig sein könnte, weil die festgelegten Werte der Schutzpflicht für die körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) nicht genügen, haben die Kläger nicht substantiiert dargelegt. Erst recht ist nichts dafür ersichtlich, dass das Fluglärmschutzgesetz einen LAeq Nacht unter 50 dB(A) und/oder einen LAmax unter 6 × 55 dB(A) hätte festlegen müssen. Bei der Erfüllung von Schutzpflichten kommt dem Gesetzgeber grundsätzlich ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen; die Verletzung von Schutzpflichten kann nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen oder erheblich dahinter zurückbleiben (BVerfG, Beschlüsse vom 4. Mai 2011 a.a.O. Rn. 38 und vom 15. Oktober 2009 - 1 BvR 3474/08 - NVwZ 2009, 1489 Rn. 29). Dass bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 13. August 2004 die dort festgelegten Werte zum Schutz der menschlichen Gesundheit ausreichend waren, hat der Senat in seinem Urteil vom 16. März 2006 (a.a.O. Rn. 297 ff.) ausführlich dargelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Einschätzung nicht beanstandet (BVerfG, Beschluss vom 20. Februar 2008 - 1 BvR 2722/06 - NVwZ 2008, 780 Rn. 85). Die Kläger machen geltend, dass nach neueren Erkenntnissen der Lärmwirkungsforschung bereits unterhalb dieser Werte und damit erst recht unterhalb der Werte des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG das Risiko, an Bluthochdruck zu erkranken, signifikant ansteige. Zum Beweis hierfür berufen sie sich insbesondere auf die Krankenhaus-Studie von Herrn Prof. Dr. G. ("Im Krankenhaus behandelte Erkrankungen als Folge der Exposition gegenüber nächtlichem Fluglärm - Ergebnisse einer Fall-Kontrolle-Studie im Umfeld des Flughafens Köln-Bonn", Februar 2009), die Hypertension and Exposure to Noise Near Airports (HYENA)-Studie (Selander u.a., Saliva Cortisol and Exposure to Aircraft Noise in Six European Countries, Environmental Health Perspectives 117 <2009> S. 1713 ff.) sowie die sogenannte Stockholm-Studie (Eriksson, Rosenlund u.a., Aircraft Noise and Incidence of Hypertension, Epidemiology Vol. 18 No. 6, November 2007 S. 716 ff.). Diese Studien sind schon deshalb nicht geeignet, eine Verletzung der Schutzpflicht bei Erlass des § 2 Abs. 2 FluglärmG zu begründen, weil sie erst nach Erlass des Gesetzes (1. Juni 2007) veröffentlicht wurden. Eine Verletzung der Nachbesserungspflicht des Gesetzgebers kann gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation untragbar geworden ist (BVerfG, Beschluss vom 4. Mai 2011 a.a.O. Rn. 38). Das ist nicht der Fall. Um dies festzustellen, ist eine Gesamtschau der lärmmedizinischen Erkenntnisse erforderlich. Die neuen Studien mögen zwar Anlass geben, die bisherigen Werte im Rahmen der spätestens 2017 anstehenden Überprüfung (vgl. § 2 Abs. 3 FluglärmG) zu hinterfragen; auch der Aussagewert dieser Studien wird jedoch - wie Herr Prof. Dr. Sch. als Sachbeistand des Beklagten in der mündlichen Verhandlung dargelegt hat - in der Fachwissenschaft kontrovers diskutiert. Aus diesem Grund könnte, selbst wenn die Ergebnisse der Studien dem Gesetzgeber bereits bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, auch nicht festgestellt werden, dass er mit den in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a FluglärmG festgelegten Werten den ihm zukommenden Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum überschritten hat.

167

Die Kläger wollen durch Einholung einer dienstlichen Stellungnahme des Umweltbundesamtes unter Beweis stellen, dass die sogenannte Medikamenten-Studie und die sogenannte Krankenhaus-Studie von Herrn Prof. Dr. G. aus Sicht des Umweltbundesamtes den aktuellen Stand der Lärmmedizin wiedergeben. Diese Behauptung ist nicht entscheidungserheblich. Maßgebend für die Gewichtung der Lärmschutzbelange sind nicht die Studien von Herrn Prof. Dr. G. und die Einschätzung dieser Studien durch das Umweltbundesamt, sondern die in § 2 Abs. 2 FluglärmG festgelegten Werte; sie haben eine Überprüfung des dem Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Lärmschutzkonzepts auf der Grundlage neuerer Erkenntnisse der Lärmmedizin und der Lärmwirkungsforschung entbehrlich gemacht (PEB S. 186 Abs. 2 und 3). Im Übrigen kann der Senat die Studien von Herrn Prof. Dr. G. - ebenso wie die sonstigen in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung - selbst würdigen.

168

3.4 Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG

169

Der Beklagte hat die Gewichtungsvorgabe des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG beachtet.

170

Das in § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG enthaltene Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen, hat für die Abwägung die Qualität einer Gewichtungsvorgabe (Urteile vom 16. März 2006 - BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 269 und vom 9. November 2006 - BVerwG 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 53). Es führt zwar nicht zwingend zu einem Nachtflugverbot als dem allein rechtmäßigen Abwägungsergebnis, vor seinem Hintergrund bedarf die Zurückdrängung des Lärmschutzinteresses indes gesteigerter Rechtfertigung (Urteil vom 9. November 2006 a.a.O.). Auf die Nachtruhe der Bevölkerung ist nicht nur während der Nachtkernzeit besonders Rücksicht zu nehmen; § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gilt für die gesamte Nacht, also auch für die Nachtrandstunden. Auch die erste Nachtrandstunde von 22:00 bis 23:00 Uhr ist schutzwürdig; sie darf nicht als bloße Verlängerung des Tagflugbetriebs angesehen werden. Wie bereits dargelegt, besitzt der Lärmschutz in den Nachtrandstunden und hier insbesondere in der Zeit von 22:00 bis 23:00 Uhr allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Ihm ist ein umso höheres Gewicht beizumessen, je näher die zuzulassenden Flugbewegungen zeitlich an den Kernzeitraum von 0:00 bis 5:00 Uhr heranrücken würden (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 288).

171

Der Beklagte hat dieser Gewichtungsvorgabe Rechnung getragen. Er hat nicht nur die Nachtkernzeit als schutzwürdig angesehen, sondern seine Abwägung für die gesamte Nacht an § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG gemessen (PEB S. 156 Abs. 3). Gerade für die Nachtrandstunden hat er den Nachtflugbedarf in Halbstundensegmenten untersucht, um die Belange differenziert abwägen zu können. Er ist hierbei - der Rechtsprechung des Senats folgend (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 279) - davon ausgegangen, dass der Verkehrsbedarf, der als Rechtfertigung für die Zulassung von Nachtflugbetrieb dient, umso dringlicher sein muss, je gewichtiger die Lärmschutzinteressen sind, die nach den konkreten örtlichen Verhältnissen auf dem Spiel stehen (PEB S. 156 Abs. 3). Im Hinblick auf die Stunde von 22:00 bis 23:00 Uhr hat er allerdings dargelegt, dass deutlich mehr als die Hälfte der Nachtflüge auf diese Stunde entfalle, "die als Verlängerung des Tagesflugbetriebes gesehen wird" (PEB S. 166 Abs. 2). Die Geltung des § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG auch für diese Stunde hat er damit jedoch nicht in Abrede gestellt, sondern lediglich erläutert, warum die Verkehrsinteressen in dieser Stunde ein besonders hohes Gewicht haben und er sie - wie im folgenden Satz dargelegt - höher bewertet als das Interesse der Flughafenanwohner an einer ungestörten Nachtruhe.

172

Der Beklagte hat bei der Gewichtung der Lärmschutzbelange auch nicht die konkreten örtlichen Verhältnisse des Standorts Berlin-Schönefeld unberücksichtigt gelassen. Er hat vielmehr die Vielzahl von Lärmbetroffenen der nahen und dicht besiedelten Gebiete in der Umgebung des Flughafens als in hohem Maße schutzbedürftig angesehen (PEB S. 165 Abs. 4). Dass weniger Menschen durch Fluglärm beeinträchtigt worden wären, wenn der Flughafen am Standort Sperenberg gebaut worden wäre, war insoweit nicht abwägungsrelevant. Über die Wahl des Standorts war im Planergänzungsverfahren nicht erneut zu entscheiden. Maßgebend für die Betriebsregelungen am Standort Berlin-Schönefeld waren allein die dortigen, durch die relativ dichte Besiedlung des Metropolenrandbereichs bedingten Lärmbetroffenheiten.

173

3.5 Grundstückswerte

174

Die Wertentwicklung der Grundstücke in der Umgebung des Flughafens hat der Beklagte im Planergänzungsverfahren nicht als abwägungsrelevant angesehen (PEB S. 47 Abs. 2 und 3, S. 252 vorletzter Spiegelstrich). Er war auch nicht verpflichtet, die Auswirkungen der Betriebsbeschränkungen auf die Immobilienpreise zu ermitteln und in die Abwägung einzustellen.

175

Der Senat hat Ansprüche der Kläger auf Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und auf Entschädigung wegen der durch den Flughafenausbau verursachten Wertverluste ihrer Grundstücke rechtskräftig verneint (Urteil vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 400 - 407); insoweit ist der Planfeststellungsbeschluss unanfechtbar geworden. Jedenfalls bis zu den Urteilen des Senats vom 16. März 2006 musste der Grundstücksmarkt davon ausgehen, dass auf dem Flughafen Berlin-Schönefeld auch nach dessen Ausbau Nachtflugbetrieb zeitlich unbeschränkt möglich sein würde. Zu einem weitergehenden Wertverfall der Wohngrundstücke konnten die im Planergänzungsbeschluss angeordneten Beschränkungen des nächtlichen Flugbetriebs mithin nicht führen. Durch die Beschränkung des Flugbetriebs zu einer Erholung der Grundstückswerte beizutragen, war nicht der Zweck des Planergänzungsverfahrens. Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, die bereits eingetretenen Folgen der insoweit rechtmäßigen Planung zu beseitigen.

176

Selbst wenn etwaige positive Auswirkungen einer Beschränkung des Nachtflugbetriebs auf die Preisentwicklung der Wohnimmobilien grundsätzlich abwägungsrelevant gewesen sein sollten, bestanden hier keine Anhaltspunkte dafür, dass eine weitergehende Beschränkung des Flugbetriebs zu einer mehr als geringfügigen Erholung der Grundstückswerte führen und sich dies durch Einholung eines Sachverständigengutachtens nachweisen lassen würde. Im Planfeststellungsverfahren hatte es sich als sehr schwierig erwiesen, den Einfluss von Fluglärm auf die Bodenpreisbildung zu quantifizieren (PFB S. 979 ff.). Eine statistisch gesicherte Korrelation zwischen Fluglärmbelastungen und Bodenwertniveau konnte nicht ermittelt werden (PFB S. 983 Abs. 2). Auf der Grundlage dieser Erfahrungen musste der Beklagte nicht versuchen, für die untersuchten Halbstundensegmente der Nachtrandzeiten einen Zusammenhang zwischen der Beschränkung des Flugbetriebs und der Entwicklung der Bodenpreise ermitteln zu lassen. Er durfte vielmehr davon ausgehen, dass die Wertverluste der Wohnimmobilien im Wesentlichen auf die Entscheidung für den Ausbau des Flughafens Berlin-Schönefeld zurückzuführen sind und eine weitergehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs hieran nichts Wesentliches hätte ändern können.

177

Soweit die Kläger geltend machen, durch den im Planergänzungsbeschluss zugelassenen Flugbetrieb werde die Schadstoffbelastung der Anwohner und die Katastrophengefahr im Falle eines Flugzeugabsturzes erhöht, gilt nichts anderes. Auch diese Folgen des Flugbetriebs werden gegenüber dem insoweit bestandskräftig gewordenen Planfeststellungsbeschluss durch die im Planergänzungsbeschluss angeordnete Beschränkung des Flugbetriebs nicht ausgeweitet.

178

3.6 Nachtverkehrszahl

179

Der Beklagte hat schließlich die Bedeutung der Nachtverkehrszahl (A II 5.1.1 Nr. 9 PFB i.d.F. des PEB) für den Schutz der Anwohner nicht überschätzt.

180

Um einen Anreiz zu schaffen, abends möglichst früh und morgens möglichst spät zu fliegen und die tatsächlich disponiblen Flugbewegungen weniger in den kernzeitnahen Zeitscheiben durchzuführen (PEB S. 157 Abs. 4), hat der Beklagte die Flugbewegungen zwischen 23:00 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 6:00 Uhr kontingentiert. Die während der Nachtkernzeit zugelassenen Verkehre bleiben hiervon unberührt. Die Nachtverkehrszahl wurde auf der Grundlage der für das Jahr 2023 prognostizierten Flugbewegungen festgelegt (PEB S. 158). Eine begrenzende Wirkung entfaltet sie dementsprechend erst, wenn das tatsächliche Verkehrsaufkommen das für 2023 prognostizierte Verkehrsaufkommen übersteigt. Flugbewegungen zwischen 23:30 und 24:00 Uhr sowie 5:00 und 5:30 Uhr sind mit dem Faktor 2 zu gewichten (A II 5.1.1 Nr. 9 b PFB i.d.F. des PEB). Betroffen hiervon sind zwar hauptsächlich Verspätungen und Verfrühungen, also nicht planbare Flugbewegungen; auch insoweit entfaltet die Regelung jedoch eine steuernde Wirkung. Je weiter der geplante An- oder Abflugtermin vom Ende bzw. Beginn der regulären Betriebszeit entfernt bleibt, desto seltener wird es zu verspäteten oder verfrühten Flügen zwischen 23:30 und 24:00 Uhr bzw. 5:00 und 5:30 Uhr kommen. Zudem muss die geplante Nachtverkehrszahl hinter der maximal zulässigen Nachtverkehrszahl zurückbleiben (Nr. 9 d). Wird das Kontingent dennoch überschritten, muss dies in der folgenden Flugplanperiode bei der Planung der Nachtverkehrszahl ausgeglichen werden (Nr. 9 e). Zeitlich wird das Jahreskontingent lediglich zwischen Sommer- und Winterflugplanperiode aufgeteilt (PEB S. 158 Abs. 1). Eine darüber hinausgehende Steuerung etwa nach Wochentagen oder eine Glättung von Verkehrsspitzen ist nicht vorgesehen.

181

Der Beklagte hat den Wirkungsmechanismus der Nachtverkehrszahl zutreffend beschrieben (PEB S. 157 - 160). Ein zentrales Instrument zum Schutz der Nachtruhe könnte die Nachtverkehrszahl in dieser Ausgestaltung nicht sein; eine solche Bedeutung hat der Beklagte ihr auch nicht beigemessen. Er hat ihr im Verhältnis zu den verfügten zeitlichen Beschränkungen des Nachtflugbetriebs lediglich eine "zusätzliche, steuernde und sichernde Funktion" zugewiesen (PEB S. 157 Abs. 2).

182

4. Ausgleich der gegenläufigen Belange

183

Der Ausgleich, den der Beklagte zwischen den Verkehrsinteressen und den Lärmschutzbelangen der Kläger vorgenommen hat, hält sich im Rahmen des der Exekutive zustehenden Gestaltungsspielraums. Der Verzicht auf eine weitergehende Beschränkung des Nachtflugbetriebs steht zur objektiven Gewichtigkeit ihrer Belange nicht außer Verhältnis.

184

4.1 Nachtkernzeit

185

In seinem Urteil vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290) hat der Senat den Gestaltungsspielraum des Beklagten dahingehend eingeschränkt, dass zumindest die besonders lärmsensiblen Stunden zwischen 0:00 und 5:00 Uhr von Flugaktivitäten grundsätzlich frei bleiben müssen. Der Beklagte hat diese Vorgabe im Planergänzungsbeschluss fehlerfrei umgesetzt. Nach A II 5.1.1 Nr. 1 PFB i.d.F. des PEB dürfen in der Zeit von 23:30 bis 5:30 Uhr, also auch während der Nachtkernzeit, keine Luftfahrzeuge starten und landen. Die Ausnahmen, die der Beklagte für Notlandungen, Flüge für den Katastrophenschutz, medizinische Hilfeleistungen, Vermessungen, Staatsbesuche, für Regierungsflüge, Militärflüge von Luftfahrzeugen der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung und den Luftpostverkehr zugelassen hat (A II 5.1.1 Nr. 3 und 4 a PFB i.d.F. des PEB), sind durch einen standortspezifischen Nachtflugbedarf gerechtfertigt. Insoweit durfte der Beklagte die Lärmschutzbelange der Anwohner zurückstellen. Das grundsätzliche Start- und Landeverbot wird trotz dieser Ausnahmen zu einer deutlich spürbaren Lärmpause in der Kernzeit der Nacht führen. Der Beklagte hat für die Durchschnittsnacht 2020  2,7 Flugbewegungen zwischen 0:00 und 5:00 Uhr prognostiziert (PEB S. 147). Um diese Lärmpause zu erreichen, sind die öffentlichen und privaten Verkehrsinteressen zurückgestellt worden. Die Ermittlungen des Beklagten haben ergeben, dass auch in der Nachtkernzeit insbesondere im Interkontinentalverkehr (PEB S. 101 Abs. 3, S. 104 Abs. 4) und in den touristischen Verkehren (PEB S. 96 Abs. 2, S. 100 Abs. 2) eine nicht unerhebliche Nachfrage nach Luftverkehrsleistungen besteht.

186

4.2 Nachtrandzeiten

187

Für die Nachtrandzeiten hat der Senat den Gestaltungsspielraum des Beklagten in seinem Urteil vom 16. März 2006 nicht in gleicher Weise als eingeengt angesehen wie für die Nachtkernzeit. Das Gebot, auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen (§ 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG), gilt zwar - wie dargelegt - für die gesamte Nacht; die Nachtruhe hat in den Nachtrandstunden allerdings nicht dasselbe hohe Gewicht wie in der Nachtkernzeit. Bei der Prüfung, ob die Regelung des Flugbetriebs dem besonderen Gewicht der Nachtruhe hinreichend Rechnung trägt, dürfen die Nachtrandstunden nicht isoliert betrachtet werden. Entscheidend ist, ob das Lärmschutzkonzept bei einer Betrachtung der Gesamtnacht ausreichend Rücksicht auf die Nachtruhe der Bevölkerung nimmt.

188

4.2.1 Kernzeitnahe Zeitsegmente (23:30 bis 24:00 Uhr und 5:00 bis 5:30 Uhr)

189

Der Beklagte hat das grundsätzliche Verbot von Starts und Landungen nicht auf die Nachtkernzeit beschränkt, sondern es auch auf die angrenzenden Zeitscheiben von 23:30 bis 24:00 Uhr und von 5:00 bis 5:30 Uhr erstreckt. Insoweit hat er in Ansehung der standortspezifischen Situation mit einer ausgeprägten Lärmbelastung für Flughafenanwohner und sonstige Lärmbetroffene dem Schutz der Nachtruhe gegenüber den Verkehrsinteressen den Vorrang eingeräumt (PEB S. 168 Abs. 2). Die in diesen Zeitsegmenten zugelassenen Ausnahmen mindern die Wirkungen des Start- und Landeverbots jedenfalls nicht erheblich. Die Regelung führt dazu, dass der Flugverkehr in der letzten halben Stunde vor der Kernzeit deutlich abnimmt und nach ihrem Ende nur langsam wieder ansteigt. Der Beklagte hat für die Zeit von 23:30 bis 24:00 Uhr in der Durchschnittsnacht 2020  4,1 Flugbewegungen prognostiziert; in der halben Stunde zuvor sind es noch 13,6 Flugbewegungen. Für die Zeit von 5:00 bis 5:30 Uhr erwartet er 0,6 Flugbewegungen im Vergleich zu 10,0 Flugbewegungen zwischen 5:30 und 6:00 Uhr (PEB S. 163 f.). Ausgehend hiervon sind die Ausnahmen durch hinreichend gewichtige Gründe gerechtfertigt.

190

Das gilt zunächst für verspätete Starts im Interkontinentalverkehr bis 24:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 b PFB i.d.F. des PEB; vgl. hierzu 2.3.12). Er ist davon ausgegangen, dass für den Interkontinentalverkehr selbst von 23:30 bis 24:00 Uhr ein nennenswerter Nachtflugbedarf bestehen wird, der aufgrund des Verbots planmäßigen Flugbetriebs nicht wird gedeckt werden können (PEB S. 141 f.). Vor diesem Hintergrund hat er jedenfalls die Ermöglichung verspäteter Starts im Interesse einer weitgehend ungestörten Abwicklung des Luftverkehrs als gerechtfertigt angesehen (PEB S. 168 Abs. 1). Das ist rechtlich nicht zu beanstanden. Von der Ausnahme werden nur sehr wenige Flugbewegungen profitieren. Die Möglichkeit, diese Starts bis 24:00 Uhr durchzuführen, kann es den Luftverkehrsgesellschaften deutlich erleichtern, Berlin verlässlich in das interkontinentale Luftverkehrsnetz einzubinden. Direkte Interkontinentalverbindungen haben für die Verkehrsfunktion des Flughafens ein erhebliches Gewicht.

191

Die Zulassung verspäteter Landungen bis 24:00 Uhr und verfrühter Landungen ab 5:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 c PFB i.d.F. des PEB; vgl. 2.3.12) ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Dem Interesse, den Luftverkehr möglichst planmäßig abzuwickeln und insbesondere die Umleitung verspäteter Flugzeuge auf andere Flughäfen zu vermeiden, hat der Beklagte zu Recht ein hohes Gewicht beigemessen (PEB S. 172 Abs. 2). Die Möglichkeit, verfrüht zu landen, ist vor allem für den Interkontinentalverkehr von Bedeutung (PEB S. 142 Abs. 3, S. 168 Abs. 1). Auch den Lärmschutzbelangen der Anwohner kommt in den kernzeitnahen Segmenten zwar ein hohes Gewicht zu. Die prognostizierte Zahl von Verspätungen und Verfrühungen bleibt mit 3,0 bzw. 0,2 Flugbewegungen in der Durchschnittsnacht 2020 (PEB S. 147) jedoch in einem vertretbaren Rahmen. Diese Flugbewegungen werden zudem auf die Nachtverkehrszahl angerechnet und dort mit dem Faktor 2 gewichtet. Diese Regelung wird bei Erreichen des Prognoseverkehrs einen Anreiz setzen, bereits die Flugplanung so zu gestalten, dass Verspätungen und Verfrühungen vermieden werden.

192

Ausschlaggebend für die Zulassung von Bereitstellungs- und Überführungsflügen bis 24:00 Uhr und ab 5:00 Uhr (A II 5.1.1 Nr. 4 d PFB i.d.F. des PEB; vgl. 2.3.10) war das Interesse, Beeinträchtigungen der regulären Umlaufplanung durch die überwiegend nachts erfolgende Wartung und Instandhaltung möglichst zu vermeiden. Berücksichtigt hat der Beklagte außerdem die arbeitsmarktpolitischen Effekte einer solchen Regelung insbesondere für die am Standort Berlin-Schönefeld mit einer hohen Investitionsintensität bereits angesiedelten Flugzeuginstandhaltungsbetriebe (PEB S. 132 Abs. 3, S. 171 Abs. 4). Da es nur um sehr wenige Flugbewegungen geht - prognostiziert sind für die Zeit von 23:30 bis 24:00 Uhr 0,2, für die Zeit von 5:00 bis 5:30 Uhr 0,3 Flugbewegungen (Durchschnittsnacht 2020 - PEB S. 147) - und Leerflüge zudem weniger laut sind, ist es vertretbar, die Lärmschutzbelange der Anwohner insoweit zurückzustellen.

193

4.2.2 Zeitsegmente von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr

194

Für die Zeit von 22:00 bis 23:30 Uhr und von 5:30 bis 6:00 Uhr hat der Beklagte Flugverkehr grundsätzlich zugelassen. Beschränkt wird der Flugverkehr lediglich durch das Start- und Landeverbot für besonders laute Flugzeuge (A II 5.1.1 Nr. 2 PFB i.d.F. des PEB) - bis 23:00 Uhr sind verspätete Landungen auch dieser Flugzeuge zulässig (a.a.O. Nr. 5) - und durch die Nachtverkehrszahl (a.a.O. Nr. 9); der Verkehr von 22:00 bis 23:00 Uhr wird von der Nachtverkehrszahl allerdings nicht erfasst.

195

Durch diese Regelung werden die Anwohner des Flughafens erheblichen Belastungen ausgesetzt. Der Beklagte rechnet für die Durchschnittsnacht 2020 mit 40,2 Flugbewegungen zwischen 22:00 und 23:00 Uhr, 13,6 Flugbewegungen zwischen 23:00 und 23:30 Uhr und 10,0 Flugbewegungen zwischen 5:30 und 6:00 Uhr bei 71,2 Flugbewegungen in der Gesamtnacht (PEB S. 147). In Spitzennächten wird die Zahl der Flugbewegungen noch deutlich darüber liegen. Die Zahl der Anwohner, die auf passiven Schallschutz angewiesen sind, wird sich in einer Größenordnung von etwa 40 000 Menschen bewegen. Das entspricht einer mittelgroßen Stadt oder fast einer halben Großstadt (100 000 Einwohner).

196

Diesen erheblichen Lärmbetroffenheiten stehen gewichtige Verkehrsinteressen gegenüber. Das mit dem Ausbau des Flughafens verbundene Ziel, den nationalen und internationalen Luftverkehrsbedarf der Länder Berlin und Brandenburg sowie des angrenzenden Einzugsbereichs zu decken, ist nicht nur von regionaler, sondern von nationaler und internationaler Bedeutung. Berlin ist die Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und eine europäische Metropole. Der Flughafen Berlin-Schönefeld wird künftig der einzige Verkehrsflughafen der Metropolregion sein. Der Einbindung dieses Flughafens in das weltweite Luftverkehrsnetz auch in den späten Abend- und den frühen Morgenstunden kommt im Hinblick auf seine herausragende Verkehrsbedeutung ein hohes Gewicht zu. Die Kläger meinen, die Planungsziele könnten jedenfalls auch dann erreicht werden, wenn der Flugverkehr - wie bislang auf dem Flughafen Tegel - auf die Zeit von 6:00 bis 23:00 Uhr beschränkt werde. Dass auch eine solche Beschränkung des Flugbetriebs das Ergebnis der Abwägung hätte sein können, bedeutet indessen nicht, dass die vom Beklagten festgelegten Betriebszeiten den Abwägungsspielraum überschreiten. In den Nachtrandstunden bedarf es für die Zulassung von Nachtflugbetrieb keiner "Erforderlichkeit" im Sinne eines etwa unabweisbaren Flugbedarfs; je dringlicher ein bestimmter Nachtflugbedarf tatsächlich ist, desto bedeutsamer ist sein Gewicht im Rahmen der Abwägung (Urteil vom 29. Januar 1991 - BVerwG 4 C 51.89 - BVerwGE 87, 332 <368>). Unabhängig hiervon wird für den ausgebauten Flughafen Berlin-Schönefeld eine über die Verkehrsfunktion des Flughafens Tegel hinausgehende Verkehrsbedeutung erwartet (PEB S. 162 Abs. 3). Zudem entfällt die am Flughafen Tegel noch bestehende Möglichkeit, mit Nachtflügen auf einen anderen Flughafen, nämlich den bisherigen Flughafen Berlin-Schönefeld, auszuweichen. Die Flughäfen Tegel und Schönefeld sind schließlich im Hinblick auf ihre Umgebung nicht vergleichbar. Tegel ist ein innerstädtischer Flughafen. Seine Umgebung ist erheblich dichter besiedelt als die Umgebung des zwar stadtnah, aber außerhalb des Stadtgebiets gelegenen Flughafens Berlin-Schönefeld.

197

Ein verhältnismäßiger Ausgleich zwischen den Lärmschutz- und den Verkehrsbelangen soll nach dem Konzept des Beklagten dadurch hergestellt werden, dass der Flugverkehr zwischen 22:00 und 24:00 Uhr abnimmt - ab 23:30 Uhr sogar deutlich -, in der Nachtkernzeit eine weitgehende Lärmpause eintritt und der Verkehr nach 5:00 Uhr bis zum Beginn des Tages erst langsam wieder anschwillt. Ausgehend von diesem Konzept ist es für den Flughafen Berlin-Schönefeld vertretbar, im Hinblick auf den weitgehenden Schutz der Nachtruhe zwischen 23:30 und 5:30 Uhr Flugverkehr bis 23:30 Uhr und ab 5:30 Uhr grundsätzlich zuzulassen, die Lärmschutzbelange der Anwohner insoweit also weitgehend hinter den dargelegten Verkehrsinteressen zurücktreten zu lassen. Auch zwischen 22:00 und 23:30 Uhr und 5:30 und 6:00 Uhr darf die Nacht jedoch nicht zum Tage werden. Die Verhältnismäßigkeit bleibt nur gewahrt, wenn das Konzept eines Ab- und Anschwellens des Flugverkehrs auch in diesen Zeitsegmenten weiter durchgeführt wird. Für die Zeit von 23:00 bis 24:00 Uhr und von 5:00 bis 6:00 Uhr hat der Beklagte den Verkehr mengenmäßig durch die Nachtverkehrszahl begrenzt. Sie entfaltet ihre Schutzwirkungen zwar erst, wenn die Flugbewegungen das für 2023 prognostizierte Aufkommen erreichen; jedenfalls ein die Prognose überschreitendes Verkehrsaufkommen wird jedoch unterbunden. Eine vergleichbare Regelung hat der Beklagte für die erste Stunde der Nacht nicht getroffen. Die Nachtverkehrsprognose hat aber bereits aufgrund der nachlassenden Nachfrage einen abnehmenden Trend der Flugbewegungen vom Ende des Tages zur Nachtkernzeit hin ergeben (vgl. Nachtflug-Gutachten S. 87 Abb. 8-2). Sollte sich die erste Nachtstunde entgegen dieser Prognose zu einer Stunde entwickeln, in der die Fluglärmbelastung der Anwohner in der Regel größer ist als in den Abendstunden, wäre dies eine mit dem Abwägungsgebot und § 29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG nicht vereinbare Entwicklung. Schutzlos wären die Kläger auch in diesem Fall nicht. Der Beklagte hat sich in A II 5.1.9 PFB i.d.F. des PEB die nachträgliche Festsetzung, Änderung oder Ergänzung von Auflagen zum Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm vorbehalten. Der Vorbehalt entfaltet drittschützende Wirkung. Er kann - wie der Senat bereits im Urteil vom 16. März 2006 (BVerwG 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 356) dargelegt hat - auch für Maßnahmen des aktiven Schallschutzes bis hin zu einem (Teil-)Widerruf der Regelungen über den Flugbetrieb nutzbar gemacht werden. Vor diesem Hintergrund war es vertretbar, im Planergänzungsbeschluss von einer weitergehenden Beschränkung des Nachtflugbetriebs in der ersten Nachtstunde abzusehen.

198

C. Kosten

199

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 3, § 161 Abs. 2, § 162 Abs. 3, § 159 Satz 1 und 2 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Hier entsprach es billigem Ermessen, bezüglich der erledigten Anträge auf weitergehenden passiven Schallschutz und weitergehende Außenwohnbereichsentschädigung, für die der Senat zusammen die Hälfte der jeweiligen Einzelstreitwerte angesetzt hat, die Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten zu 1/2 den Klägern und zu je 1/4 dem Beklagten und der Beigeladenen aufzuerlegen. Der Antrag hätte, soweit er auf eine Herabsetzung der jeweiligen Lärmwerte gerichtet war, voraussichtlich keinen Erfolg, soweit er gegen die Grenzziehung der Schutz- und Entschädigungsgebiete auf der Grundlage der DFS-Flugroutenprognose vom November 1997 / März 1998 gerichtet war, hingegen Erfolg gehabt.

(1) Flugplätze (Flughäfen, Landeplätze und Segelfluggelände) dürfen nur mit Genehmigung angelegt oder betrieben werden. Im Genehmigungsverfahren für Flugplätze, die einer Planfeststellung bedürfen, ist die Umweltverträglichkeit zu prüfen. § 47 Absatz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung bleibt unberührt. Die Genehmigung kann mit Auflagen verbunden und befristet werden.

(2) Vor Erteilung der Genehmigung ist besonders zu prüfen, ob die geplante Maßnahme den Erfordernissen der Raumordnung entspricht und ob die Erfordernisse des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Städtebaus und der Schutz vor Fluglärm angemessen berücksichtigt sind. §§ 4 und 5 des Raumordnungsgesetzes bleiben unberührt. Ist das in Aussicht genommene Gelände ungeeignet oder rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet wird, ist die Genehmigung zu versagen. Ergeben sich später solche Tatsachen, so kann die Genehmigung widerrufen werden.

(3) Die Genehmigung eines Flughafens, der dem allgemeinen Verkehr dienen soll, ist außerdem zu versagen, wenn durch die Anlegung und den Betrieb des beantragten Flughafens die öffentlichen Interessen in unangemessener Weise beeinträchtigt werden.

(4) Die Genehmigung ist zu ergänzen oder zu ändern, wenn dies nach dem Ergebnis des Planfeststellungsverfahrens (§§ 8 bis 10) notwendig ist. Eine Änderung der Genehmigung ist auch erforderlich, wenn die Anlage oder der Betrieb des Flugplatzes wesentlich erweitert oder geändert werden soll.

(5) Für das Genehmigungsverfahren gelten § 73 Absatz 3a, § 75 Absatz 1a sowie § 74 Abs. 4 und 5 des Verwaltungsverfahrensgesetzes über die Bekanntgabe entsprechend. Für die in § 8 Abs. 1 bezeichneten Flugplätze gilt für die Durchführung des Genehmigungsverfahrens auch § 10 Absatz 4 und 5 entsprechend.

(6) Im Falle des Absatzes 5 Satz 2 hat der Widerspruch eines Dritten gegen die Erteilung der Genehmigung keine aufschiebende Wirkung. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung kann nur innerhalb eines Monats nach Zustellung des Genehmigungsbescheides gestellt und begründet werden. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen.

(7) Ist nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Genehmigungsverfahren eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen, so bedarf es keiner förmlichen Erörterung im Sinne des § 18 Absatz 1 Satz 4 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung.

(1) Flughäfen sowie Landeplätze mit beschränktem Bauschutzbereich nach § 17 dürfen nur angelegt, bestehende nur geändert werden, wenn der Plan nach § 10 vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Hierbei sind zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zu beachten. Die Prüfung der Umweltverträglichkeit und der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000-Gebieten muss sich räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Vorhabens erstrecken, in dem entscheidungserhebliche Auswirkungen möglich sind. Hierbei sind in der Umgebung der in Satz 1 bezeichneten Flugplätze alle die Bereiche zu berücksichtigen, in denen An- und Abflugverkehr weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen werden kann. Lässt sich die Zulassung des Vorhabens nur rechtfertigen, wenn bestimmte Gebiete von erheblichen Beeinträchtigungen durch An- und Abflugverkehr verschont bleiben, legt die Planfeststellungsbehörde fest, dass An- und Abflugverkehr über diesen Gebieten nicht abgewickelt werden darf. Die Planfeststellungsbehörde kann auch Bedingungen für die Zulässigkeit von Überflügen über bestimmten Gebieten festlegen. Vor einer Festlegung im Planfeststellungsbeschluss ist der Flugsicherungsorganisation und dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Gelegenheit zu geben, zu den Auswirkungen einer solchen Festlegung auf die künftige Verkehrsführung und Abwicklung des Luftverkehrs Stellung zu nehmen. Auf Genehmigungen nach § 6 Absatz 1 und 4 Satz 2 sind die Sätze 3 bis 5 entsprechend anzuwenden. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Für die Plangenehmigung gilt § 9 Absatz 1 entsprechend.

(3) (weggefallen)

(4) Betriebliche Regelungen und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten auf dem Flugplatzgelände können Gegenstand der Planfeststellung sein. Änderungen solcherart getroffener betrieblicher Regelungen bedürfen nur einer Regelung entsprechend § 6 Abs. 4 Satz 2.

(5) Für die zivile Nutzung eines aus der militärischen Trägerschaft entlassenen ehemaligen Militärflugplatzes ist eine Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 durch die zuständige Zivilluftfahrtbehörde erforderlich, in der der Träger der zivilen Nutzung anzugeben ist. Die Genehmigungsurkunde muss darüber hinaus die für die entsprechende Flugplatzart vorgeschriebenen Angaben enthalten (§ 42 Abs. 2, § 52 Abs. 2, § 57 Abs. 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung). Eine Planfeststellung oder Plangenehmigung findet nicht statt, jedoch muss das Genehmigungsverfahren den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen, wenn die zivile Nutzung des Flugplatzes mit baulichen Änderungen oder Erweiterungen verbunden ist, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Ein militärischer Bauschutzbereich bleibt bestehen, bis die Genehmigungsbehörde etwas anderes bestimmt. Spätestens mit der Bekanntgabe der Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 gehen alle Rechte und Pflichten von dem militärischen auf den zivilen Träger über.

(6) Die Genehmigung nach § 6 ist nicht Voraussetzung für ein Planfeststellungsverfahren oder ein Plangenehmigungsverfahren.

(7) Absatz 5 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend bei der zivilen Nutzung oder Mitbenutzung eines nicht aus der militärischen Trägerschaft entlassenen Militärflugplatzes.

(8) § 7 gilt für das Planfeststellungsverfahren entsprechend. Vorarbeiten zur Baudurchführung sind darüber hinaus auch vor Eintritt der Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung zu dulden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit eines "Negativzeugnisses", wonach für die Erweiterung des sogenannten Vorfeldes A des Flughafens A. weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich ist, sowie um die Verpflichtung des Beklagten, der Beigeladenen die Nutzung der - inzwischen fertig gestellten und in Betrieb genommenen - erweiterten Vorfeldfläche bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen.

2

Die Kläger sind Eigentümer selbst bewohnter Hausgrundstücke, die sich in etwa einem Kilometer Entfernung zum Flughafen A. befinden. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FluglärmG.

3

Nach Durchführung eines wasserrechtlichen Genehmigungsverfahrens bei der Stadt A. zeigte die Beigeladene die geplante Vorfelderweiterung nach § 41 Abs. 1 LuftVZO luftverkehrsrechtlich an. Mit einem als Negativzeugnis bezeichneten Bescheid vom 26. April 2007 teilte das Ministerium für Bauen und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (im Folgenden Ministerium) der Beigeladenen mit, die Prüfung ihrer Anzeige habe ergeben, dass eine Planfeststellung und eine Plangenehmigung nicht erforderlich seien, weil das Vorhaben eine unwesentliche Erweiterung der Flughafenanlage darstelle. Den Antrag der Kläger, für den Ausbau des Vorfeldes A auf dem Flughafen der Beigeladenen die Erforderlichkeit eines Planfeststellungsverfahrens mit Umweltverträglichkeitsprüfung festzustellen und die im November 2007 aufgenommene Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A bis zum Abschluss des luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens zu untersagen, lehnte das Ministerium mit Bescheid vom 10. Dezember 2008 ab.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben, soweit die Kläger die Aufhebung des Negativzeugnisses vom 26. April 2007 beantragt haben, und die Klage abgewiesen, soweit die Kläger beantragt haben, den Beklagten zu verpflichten, der Beigeladenen die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zum Abschluss eines luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahrens und einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu untersagen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die Klage gegen das Negativzeugnis sei zulässig. Bei dem Negativzeugnis handle es sich um einen für einen Dritten anfechtbaren Verwaltungsakt. Auch seien die Kläger gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Eine (mögliche) Verletzung subjektiver Rechte liege danach u.a. dann vor, wenn einem Drittbetroffenen die planerische Abwägung seiner dem Vorhaben entgegenstehenden Belange wegen der fehlerhaften Wahl der Verfahrensart versagt geblieben sei. Materiell-rechtlicher Anknüpfungspunkt sei insofern die (drittschützende) Vorschrift des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Alt. 1 LuftVG. Der in der Norm verwendete Begriff "beeinträchtigt" sei - wie bisher - im Sinne von "beeinflusst" auszulegen. Eine solche Beeinflussung sei bereits dann gegeben, wenn Belange anderer in mehr als nur unerheblicher, also abwägungsrelevanter Weise berührt würden. Das sei hier der Fall. Als in der Nachbarschaft oder im Einwirkungsbereich des Flughafens wohnende Personen könnten die Kläger jeweils als eigenen Belang geltend machen, von den Lärmauswirkungen des Erweiterungsvorhabens betroffen zu sein. Darauf, dass nach der Schalluntersuchung die - unstreitig zu erwartende - Lärmsteigerung im Bereich des Abwägungsunerheblichen liegen möge, könne hier nicht entscheidend abgestellt werden, weil die Schalluntersuchung und das ergänzende Gutachten, das die Beigeladene während des Gerichtsverfahrens beigebracht habe, auf einer fehlerhaften Verkehrsprognose beruhten. Es könne daher nicht ausgeschlossen werden, dass es durch die verfahrensgegenständliche Erweiterungsmaßnahme zu abwägungserheblichen Erhöhungen der Lärmbelastung der Kläger komme. Die Klage sei auch begründet. Für die Erweiterung des Vorfelds A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung der Umweltverträglichkeit nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG. Diese sei - wegen der nicht plausiblen Bewertung der Lärmbelastung der Kläger - fehlerhaft. Hierauf könnten sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 UmwRG berufen. Einer eigenen Rechtsverletzung bedürfe es insofern nicht. Die Klage auf Nutzungsuntersagung sei dagegen unzulässig. Den Klägern fehle insofern die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO. Diese ergebe sich weder aus dem allgemeinen Folgenbeseitigungsanspruch noch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG, weil eine (mögliche) Rechtsverletzung hier noch nicht einmal ansatzweise erkennbar sei. Auf das subjektive Recht der Kläger auf abwägende Berücksichtigung ihrer Belange könne nicht abgestellt werden, weil ihm mit der beantragten Nutzungsuntersagung nicht Rechnung getragen würde oder werden könnte. Eine abwägungsfehlerhafte Verkürzung von Lärmschutzbelangen führe in der Regel nicht zur Blockierung des Vorhabens, weil den Lärmschutzbelangen durch Ergänzung des Planfeststellungsbeschlusses, insbesondere in Gestalt von Lärmschutzauflagen, Rechnung getragen werden könne. Auch für eine Verletzung des Rechts der Kläger auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) fehle es an Anhaltspunkten. Schließlich ergebe sich auch aus europäischem Recht keine Klagebefugnis.

5

Die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision haben die Beteiligten eingelegt, soweit sie jeweils unterlegen sind.

6

Beklagter und Beigeladene sind der Meinung, die Klage sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Sie tragen vor, bei dem Negativzeugnis handele es sich um keine Entscheidung, die von einem Dritten angefochten werden könne. Sie weise keinerlei planungsrechtlichen Gehalt auf. Es handele sich vielmehr um eine Verfügung des Aufsichtsrechts nach den §§ 41, 47 LuftVZO. Unabhängig davon seien die Kläger jedenfalls nicht klagebefugt. Einen Anspruch auf die Durchführung des richtigen Verfahrens, namentlich eines Planfeststellungsverfahrens, gebe es nicht. Auch aus dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung ergäben sich keine einklagbaren Rechte Dritter. Schließlich lasse sich die Klagebefugnis auch nicht aus § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG herleiten; denn die Norm stelle auf eine Rechtsbeeinträchtigung und nicht auf eine bloße Rechtsbeeinflussung ab. Eine Beeinträchtigung von Rechten anderer sei aber nur dann gegeben, wenn ein direkter Zugriff auf fremde Rechte erfolge. Das sei hier nicht der Fall. Diese gesetzgeberische Entscheidung sei zu respektieren. Eine Klagebefugnis aus anderen Gründen sei nicht erkennbar.

7

Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet. So habe das Oberverwaltungsgericht bereits verkannt, dass hier kein Vorhaben i.S.v. § 2 Abs. 2 Nr. 2 UVPG vorliege. Denn die verfahrensgegenständlichen Maßnahmen am Flughafen seien von den bisher erteilten Genehmigungen gedeckt. Das folge (auch) aus § 71 Abs. 2 LuftVG. Die UVP-Vorprüfung weise zudem weder Ermittlungsfehler noch Ermittlungsdefizite auf. Unabhängig davon verstoße die Feststellung des Oberverwaltungsgerichts, das Ergebnis der UVP-Vorprüfung sei nicht nachvollziehbar, gegen § 3a Satz 4 UVPG, weil das Gericht die Anforderungen an deren Überprüfung überspannt habe.

8

Die Kläger tragen im Wesentlichen vor, das Oberverwaltungsgericht habe zu Unrecht die Klage auf Nutzungsuntersagung abgewiesen. Es habe die Anforderungen an die Klagebefugnis verkannt. Diese folge auch insoweit aus dem klägerischen Anspruch auf gerechte Abwägung ihrer Lärmschutzbelange. § 42 Abs. 2 VwGO i.V.m. dem allgemeinen (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch und § 29 Abs. 1 LuftVG seien zudem dahingehend auszulegen, dass eine Verletzung der materiell-rechtlichen und verfahrensrechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung und der sog. UVP-Richtlinie zugleich eine die Klagebefugnis begründende Rechtsverletzung zumindest der - wie die Kläger - qualifiziert in ihren Rechten Betroffenen vermittele. Hieraus resultiere auch ein Anspruch auf Nutzungsuntersagung der Vorfelderweiterung zugunsten der Kläger.

Entscheidungsgründe

9

Die Revisionen von Beklagtem und Beigeladener sind unbegründet (1.). Auf die Revision der Kläger war das angefochtene Urteil zu ändern und der Beklagte antragsgemäß zu verpflichten, die Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme gegenüber der Beigeladenen zu untersagen (2.).

10

1. a) Die Klage gegen die Unterbleibensentscheidung ("Negativzeugnis") vom 26. April 2007 ist zulässig. Sie ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO statthaft (aa), und die Kläger besitzen die hierfür erforderliche Klagebefugnis gemäß § 42 Abs. 2 VwGO (bb).

11

aa) In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 10 Abs. 1 Satz 3 des Luftverkehrsgesetzes - LuftVG - einen - auch für einen Dritten anfechtbaren - Verwaltungsakt darstellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 <163> = juris Rn. 60; ferner Urteile vom 8. Oktober 1976 - 7 C 24.73 - Buchholz 442.01 § 28 PBefG Nr. 3 zum Personenbeförderungsrecht und vom 15. Januar 1982 - 4 C 26.78 - BVerwGE 64, 325 = juris Rn. 21 zum Fernstraßenrecht). Hieran ist festzuhalten. So hat der 7. Senat die Verwaltungsakteigenschaft einer Freistellungserklärung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - BImSchG - wiederholt bejaht (BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2010 - 7 C 2.10 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 8 Rn. 21 und vom 7. August 2012 - 7 C 7.11 - Buchholz 406.25 § 15 BImSchG Nr. 9 Rn. 13). Für die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG kann nichts anderes gelten, zumal diese - anders als die Freistellungserklärung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 2 BImSchG - zusätzlich eine entsprechende Ermessensausübung durch die Planfeststellungsbehörde erfordert. Hiervon geht offenbar auch das Ministerium aus, denn es hat seiner Unterbleibensentscheidung Nebenbestimmungen in Form von zwei Auflagen und einem Auflagenvorbehalt beigefügt, die auf § 36 Abs. 2 Nr. 4 und 5 VwVfG NW gestützt wurden.

12

Der Regelungsgehalt einer Entscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG besteht dabei zum einen in der Feststellung, dass es sich um eine Änderung/Erweiterung eines Flughafens handelt (i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG), die jedoch i.S.v. § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Nr. 1 bis 3 LuftVG von unwesentlicher Bedeutung ist, zum anderen in dem auf pflichtgemäßer Ermessensausübung beruhenden Verzicht der Behörde auf die Durchführung eines Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahrens sowie der hiermit verbundenen Freigabe der Maßnahme nach Luftverkehrsrecht. Die Entscheidung ergeht gegenüber dem Vorhabenträger (Anzeigender i.S.v. § 41 Abs. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung - LuftVZO -) und besitzt damit Außenwirkung. Da nach § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG ein Fall von unwesentlicher Bedeutung nur dann vorliegt, wenn Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden, wirkt die Unterbleibensentscheidung auch gegenüber Dritten. Denn aufgrund dieser Entscheidung muss weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung und damit auch keine gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG umfassende Abwägung aller von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange erfolgen.

13

bb) Die Kläger sind gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt. Es erscheint zumindest möglich, dass sie durch die Unterbleibensentscheidung in ihren durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten Rechten verletzt werden.

14

Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage gemäß § 42 Abs. 2 VwGO nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Ist der Kläger nicht Adressat eines Verwaltungsakts, sondern lediglich als Dritter betroffen, so ist für seine Klagebefugnis erforderlich, dass er die Verletzung einer Vorschrift behauptet, die ihn als Dritten zu schützen bestimmt ist (stRspr; vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 25. September 2008 - 3 C 35.07 - BVerwGE 132, 64 Rn. 14), und die Verletzung dieser Norm zumindest möglich erscheint. Eine Anfechtungsklage ist nur dann nach § 42 Abs. 2 VwGO unzulässig, wenn offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die vom Kläger behaupteten Rechte bestehen oder ihm zustehen können (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 20. April 1994 - 11 C 17.93 - BVerwGE 95, 333 <334 f.>). Die insoweit an den klägerischen Sachvortrag zu stellenden Anforderungen dürfen - mit Blick auf die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG - dabei nicht überspannt werden (stRspr, z.B. BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 - 11 C 13.99 - BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 41).

15

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG a. F. drittschützend ist (BVerwG, Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - BVerwGE 115, 158 = juris Rn. 27). Auch in der jetzigen Fassung ist die Vorschrift drittschützend, weil - trotz der durch das Gesetz zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2833) erfolgten Änderung (Ersetzung des Begriffs "beeinflusst" durch den Begriff "beeinträchtigt") - sich die von § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geforderte "Berücksichtigung von Rechten Dritter" nicht auf den direkten Zugriff auf Rechte beschränkt, sondern - nach wie vor - im Sinne einer "Beeinflussung der Rechte Dritter" zu verstehen ist; die Norm erfasst damit auch Drittbelange, die in mehr als unerheblicher, mithin abwägungsrelevanter Weise (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG ) berührt werden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 4 B 66.08 - juris Rn. 8 unter Verweis auf das Urteil vom 26. September 2001 - 9 A 3.01 - a.a.O. S. 164). Dies folgt aus einer an Wortlaut, Sinn und Zweck und der Systematik ausgerichteten Auslegung.

16

§ 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG formuliert in seinem 1. Halbsatz dahingehend, dass "Rechte anderer nicht beeinträchtigt werden". Diese Formulierung lehnt sich wohl an § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 1 LuftVG an (dort heißt es "Rechte anderer nicht oder nur unwesentlich beeinträchtigt werden"), so dass hieraus gefolgert werden könnte, dass mit den Formulierungen das Gleiche gemeint ist. Ein solches Verständnis ließe jedoch den jeweiligen Halbsatz 2 der Regelungen unberücksichtigt, der Rückschlüsse auf die Reichweite der "Rechte anderer" zulässt. Während § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG zum Inhalt hat, dass "die Betroffenen sich mit der Inanspruchnahme ihres Eigentums oder eines anderen Rechts schriftlich einverstanden erklärt haben", heißt es in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG lediglich, dass "mit den vom Plan Betroffenen entsprechende Vereinbarungen getroffen werden". § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG rechtfertigt somit den Schluss, dass "Rechte anderer" i.S.d. Halbsatzes 1 nur solche sein können, auf die durch ein Vorhaben unmittelbar zugegriffen werden soll. Zu einem solchen Schluss zwingt § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 Halbs. 2 LuftVG mit seiner offeneren Formulierung von den "entsprechenden Vereinbarungen" jedoch nicht. Vielmehr rechtfertigt er die Annahme, dass die in Halbsatz 1 angesprochenen Rechte anderer weiter zu fassen sind (mithin in Richtung auf die abwägungserheblichen Belange i.S.v. § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG) als die in Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 genannten.

17

Auch die Systematik, die § 8 LuftVG zugrunde liegt, spricht für diese Auslegung. In § 8 LuftVG ist die Genehmigungsbedürftigkeit u.a. von Änderungen an bestehenden Flughäfen normiert. Die Vorschrift stellt dabei eine gewisse Rangfolge in Bezug auf die durchzuführenden Genehmigungsverfahren auf. Grundsätzlich ist für die Änderung von Flughäfen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG ein Planfeststellungsverfahren erforderlich. In bestimmten Fällen kann unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 Satz 1 LuftVG von einer Planfeststellung abgesehen und nur eine Plangenehmigung erteilt werden. Im Sonderfall der unwesentlichen Änderung kann nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG auch eine Unterbleibensentscheidung ergehen, mit der Folge, dass dann weder eine Planfeststellung noch eine Plangenehmigung erforderlich sind. Insbesondere der Vergleich zwischen den Regelungen in § 8 Abs. 2 Satz 1 und § 8 Abs. 3 Satz 2 LuftVG belegt, dass bei einer identischen Auslegung der Wörter "Rechte anderer nicht beeinträchtigt" die Voraussetzungen für eine Plangenehmigung oder eine Unterbleibensentscheidung weitgehend angeglichen würden. Die in § 8 Abs. 1 bis 3 LuftVG angelegte Stufenfolge würde hierdurch infrage gestellt. Wird dagegen die Formulierung in § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem über den direkten Zugriff auf Rechte anderer hinausgehenden Sinne verstanden, bleibt das Stufenverhältnis der einzelnen Genehmigungsvoraussetzungen gewahrt. Es kommt hinzu, dass sowohl die Planfeststellung als auch die Plangenehmigung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 LuftVG das Ergebnis einer sämtliche durch das Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange Rechnung tragenden Abwägung sein müssen; eine solche Abwägung ist im Rahmen einer Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 Satz 1 LuftVG nicht vorgesehen. Der Stufenfolge des § 8 LuftVG liegt damit der Gedanke zugrunde, nur solche Vorhaben von einer Planfeststellung/Plangenehmigung auszunehmen, deren Zulassung gerade keiner planerischen Abwägungsentscheidung bedarf. Diese Systematik ist aber nur dann gewahrt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG in einem weiten Sinne verstanden wird, weil andernfalls durch die Unterbleibensentscheidung abwägungserhebliche Belange Dritter im luftverkehrsrechtlichen Zulassungsverfahren ausgeblendet werden könnten.

18

§ 8 Abs. 3 LuftVG dient ersichtlich der Verfahrensvereinfachung und der Verfahrensbeschleunigung für unwesentliche (= „einfache“) Änderungen/Erweiterungen eines Flughafens. Diese sollen in einem möglichst unkomplizierten Verfahren, insbesondere ohne eine sie rechtfertigende (umfassende) Abwägungsentscheidung, "zugelassen" und anschließend rasch verwirklicht werden können. Die Norm hat nicht den Zweck, die Genehmigungsbehörde von einer etwa erforderlichen Berücksichtigung abwägungserheblicher Belange Dritter freizustellen oder solche Belange abzuschneiden. Wo solche (schutzwürdigen, nicht geringwertigen und nicht makelbehafteten) Belange berührt werden, ist die Unterbleibensentscheidung nach deren Sinn und Zweck nicht das richtige Instrument zur Vorhabenfreigabe. Es bedarf dann vielmehr einer Planfeststellung/Plangenehmigung. Der hinter § 8 Abs. 3 LuftVG stehende Zweck würde verfehlt, wenn § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 i.S.v. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 LuftVG auf die Fälle des direkten Zugriffs auf Rechte Dritter beschränkt würde.

19

Die Kläger haben hinreichend substantiiert vorgetragen, dass eine Verletzung ihrer durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG geschützten abwägungserheblichen Belange aufgrund der ungeklärten Lärmauswirkungen der umstrittenen Maßnahme zumindest möglich erscheint. Die klägerischen Grundstücke liegen etwas über einen Kilometer vom Flughafen A. entfernt. Das Grundstück der Klägerin zu 2 liegt zudem in der Nacht-Schutzzone nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - FlugLärmG -. Die Erweiterung des Vorfeldes A sowie die weiteren hiermit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen erfolgen in Richtung auf ihr Grundstück. Nach dem von der Beigeladenen vorgelegten Gutachten der B. GmbH vom 23. Januar 2007 bedingt die Maßnahme eine Erhöhung der Lärmbelastung der Kläger, weil die Erweiterung zu einer Zunahme der Bewegungen auf dem Vorfeld A führt. Zwar kommt die B. GmbH zu dem Ergebnis, dass durch die Vorfelderweiterung lediglich mit einer Erhöhung des Lärmpegels um 0,5 dB(A) zu rechnen sei. Die Kläger haben diese Aussage sowie die Lärmbegutachtung aber unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts substantiiert in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund lässt sich dem Lärmschutzinteresse der Kläger nicht von vornherein jegliche Relevanz absprechen. Ob diesem Gesichtspunkt im konkreten Fall die Bedeutung zukommt, die ihm die Kläger beimessen, ist der Prüfung im Rahmen der Begründetheit vorzubehalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Juni 2004 - 4 C 11.03 - Buchholz 442.42 § 27a LuftVO Nr. 3 S. 25 = juris Rn. 20).

20

b) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht von der Begründetheit der Klage ausgegangen.

21

aa) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, das Negativzeugnis sei rechtswidrig, weil eine Pflicht zur Durchführung einer UVP-Vorprüfung bestehe und die angestellte UVP-Vorprüfung aufgrund von Ermittlungsdefiziten im Ergebnis nicht nachvollziehbar sei (UA S. 21), verstößt nicht gegen revisibles Recht.

22

(1) Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, für die Erweiterung des Vorfeldes A bestehe eine Pflicht zur Durchführung einer Vorprüfung nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung - UVPG -, denn hierbei handele es sich um die Erweiterung eines UVP-pflichtigen Vorhabens, die nicht von einer bestandskräftigen förmlichen Zulassungsentscheidung gedeckt sei (UA S. 22 f.). Das steht mit Bundesrecht im Einklang.

23

Nach § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG besteht die Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) - auch - für die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens, für das als solches bereits eine UVP-Pflicht besteht, wenn eine Vorprüfung des Einzelfalles i.S.v. § 3c Satz 1 und 3 UVPG ergibt, dass die Änderung oder Erweiterung erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann. Die Frage, ob es sich um eine Änderung oder Erweiterung im Sinne der Vorschrift handelt, beurteilt sich dabei nach materiellem Recht, vorliegend mithin nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG (Rathgeb, in: Giemulla/Schmid, LuftVG, Loseblatt Stand Oktober 2014, § 8 Rn. 18). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass eine Änderung eines Flughafens vorliegt, wenn das Vorhaben vom Regelungsgehalt einer bestandskräftigen früheren Zulassungsentscheidung nicht mehr gedeckt ist; schon Zugelassenes bedarf nicht erneut einer Zulassung (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 31; Beschluss vom 16. Dezember 2003 - 4 B 75.03 - Buchholz 442.40 § 9 LuftVG Nr. 14 S. 9 f. = juris Rn. 16). Bezugspunkt und Maßstab für das Vorliegen einer Änderung ist mithin der bisherige Gestattungszustand (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149,17 Rn. 14). Insoweit ist der Begriff der Änderung in § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 LuftVG fachplanungsrechtlich determiniert (BVerwG, Urteil vom 7. Dezember 2006 a.a.O. Rn. 31).

24

Das Oberverwaltungsgericht hat sich im angefochtenen Urteil ausführlich mit der Genehmigungslage des Flughafens A. befasst (UA S. 23 bis 30) und ist in Auslegung der vorhandenen Genehmigungen zum Ergebnis gelangt, dass diese die Erweiterung des Vorfeldes A nicht abdecken. Der tatrichterlich ermittelte Inhalt der Genehmigungen ist als Tatsachenfeststellung i.S.d. § 137 Abs. 2 VwGO für den Senat bindend (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 4. Dezember 2001 - 4 C 2.00 - BVerwGE 115, 274 <280>), weil weder der Beklagte noch die Beigeladene innerhalb der Frist des § 139 Abs. 3 Satz 1 VwGO eine Verfahrensrüge erhoben haben, sondern sich darauf beschränken, der vorinstanzlichen Auslegung der Genehmigungen ihre eigene, davon abweichende Auslegung gegenüber zu stellen.

25

Ist danach von einer Änderung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 LuftVG auszugehen, so liegt damit auch eine Änderung i.S.v. § 3e Abs. 1 Nr. 2 UVPG vor. Da gemäß § 3b Abs. 1 i.V.m. Nr. 14.12.1 der Anlage 1 UVPG (in der hier maßgeblichen Fassung zum 26. April 2007) der Bau eines Flugplatzes im Sinne der Begriffsbestimmungen des Abkommens von Chicago von 1944 zur Errichtung der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation mit einer Start- und Landebahngrundlänge von - wie hier - 1 500 m oder mehr UVP-pflichtig ist, folgt hieraus, dass die Vorfelderweiterung einer UVP-Vorprüfung bedurfte.

26

(2) Das Oberverwaltungsgericht hat ferner angenommen, dass die UVP-Vorprüfung durch den Beklagten nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG entspreche. Auch das lässt einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen.

27

Nach § 3a Satz 4 UVPG ist, wenn die Feststellung, dass eine UVP unterbleiben soll, auf einer Vorprüfung des Einzelfalls nach § 3c UVPG beruht, die Einschätzung der zuständigen Behörde in einem gerichtlichen Verfahren betreffend die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens nur daraufhin zu überprüfen, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben von § 3c UVPG durchgeführt worden ist und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist.

28

Gemäß § 3c Satz 1 UVPG muss die zuständige Behörde einschätzen, ob das Vorhaben aufgrund überschlägiger Prüfung der in der Anlage 2 zum UVPG aufgeführten Kriterien erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die nach § 12 UVPG zu berücksichtigen wären. Nach § 3c Satz 3 UVPG ist bei der Vorprüfung auch zu berücksichtigen, inwieweit durch die vom Träger des Vorhabens vorgesehenen Vermeidungs- und Verminderungsmaßnahmen Umweltauswirkungen offensichtlich ausgeschlossen werden. Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich machen, liegen nicht erst dann vor, wenn die Umweltauswirkungen so gewichtig sind, dass sie nach Einschätzung der Behörde zu einer Versagung der Zulassung führen können (BVerwG, Urteile vom 13. Dezember 2007 - 4 C 9.06 - BVerwGE 130, 83 Rn. 34, vom 16. Oktober 2008‌ - 4 C 5.07 -‌ BVerwGE 132, 123 Rn. 32 und vom 17. Dezember 2013‌ - 4 A 1.13 - BVerwGE 148, 353 Rn. 37). Eine Umweltverträglichkeitsprüfung muss vielmehr durchgeführt werden, wenn Umweltauswirkungen bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge nach § 12 UVPG zu berücksichtigen sind. Maßgeblich ist insoweit das materielle Zulassungsrecht.

29

Die Planfeststellungsbehörde darf im Rahmen der Vorprüfung nicht bereits mit einer der Umweltverträglichkeitsprüfung vergleichbaren Prüftiefe "durchermitteln" und damit unzulässigerweise die eigentliche Umweltverträglichkeitsprüfung unter Missachtung der für diese obligatorischen Öffentlichkeitsbeteiligung vorwegnehmen; sie ist vielmehr auf eine überschlägige Vorausschau beschränkt (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. August 2008 - 4 C 11.07 - BVerwGE 131, 352 Rn. 35 und vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 25). Andererseits darf sich die Vorprüfung nicht in einer oberflächlichen Abschätzung spekulativen Charakters erschöpfen, sondern muss auf der Grundlage geeigneter und ausreichender Informationen erfolgen. Hierzu zählen auch vom Vorhabenträger eingeholte Fachgutachten, die gegebenenfalls durch zusätzliche Ermittlungen der Planfeststellungsbehörde ergänzt werden können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 25). Bei der Frage, welche Unterlagen und Informationen als geeignete Grundlage einer überschlägigen Prüfung benötigt werden, kommt der Behörde ein Einschätzungsspielraum zu (BVerwG, Urteile vom 7. Dezember 2006 - 4 C 16.04 - BVerwGE 127, 208 Rn. 49 und vom 20. August 2008 a.a.O.).

30

Die aufgrund der Vorprüfung getroffene behördliche Beurteilung zur UVP-Pflichtigkeit unterliegt nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Zu untersuchen ist, ob die Vorprüfung entsprechend den Vorgaben des § 3c UVPG durchgeführt worden und ob das Ergebnis nachvollziehbar ist (BVerwG, Urteile vom 20. Dezember 2011 - 9 A 31.10 - BVerwGE 141, 282 Rn. 24 und vom 25. Juni 2014 - 9 A 1.13 - UPR 2014, 444 Rn. 16). Dementsprechend muss eine Vorprüfung überhaupt stattgefunden haben, und das Ergebnis der Vorprüfung darf keine Rechtsfehler aufweisen, die seine Nachvollziehbarkeit ausschließen. Diese Beschränkung der gerichtlichen Kontrolle verdeutlicht, dass der Planfeststellungsbehörde für ihre prognostische Beurteilung möglicher Umweltauswirkungen des Vorhabens ein Einschätzungsspielraum zusteht (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Gefordert ist eine Plausibilitätskontrolle, bei der die von der Behörde für ihr Prüfergebnis gegebene Begründung zugrunde zu legen ist (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29). Dies bedeutet zugleich, dass nachträglich gewonnene Erkenntnisse, die die Auswirkungen in einem anderen Licht erscheinen lassen könnten, für die Tragfähigkeit des Prüfergebnisses und damit der verfahrenslenkenden Entscheidung über die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht maßgeblich sein können (BVerwG, Urteil vom 20. Dezember 2011 a.a.O. Rn. 29).

31

Das Oberverwaltungsgericht hat vorliegend beanstandet, dass die Lärmauswirkungen, die mit der Nutzung des erweiterten Vorfeldes A verbunden sind, nicht auf der Grundlage einer realistischen Verkehrsprognose ermittelt und beurteilt worden seien. Das gelte namentlich für den Bodenlärm und für die Schalluntersuchung. Das Gutachten zur Kapazitätsveränderung durch ein erweitertes Vorfeld A am Flughafen A. vom Dezember 2006 der C. GmbH (C.-Gutachten) habe insofern unzutreffend auf die Flugbewegungen eines typischen Tages des Jahres 2005 und der sechs verkehrsreichsten Monate des Jahres 2005 abgestellt, anstatt von einem zu einem bestimmten Prognosezeitpunkt zu erwartenden Flugbewegungsaufkommen auszugehen. Das gelte auch für die hierauf aufbauende schalltechnische Untersuchung der B. GmbH vom Januar 2007 (UA S. 33 f.). Die Abschätzung des Bodenlärms sei daher aufgrund eines falschen Ansatzes oder Maßstabes unbrauchbar. Die Ergebnisrelevanz dieses Fehlers sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen in Gestalt von (erheblichem) Bodenlärm aus anderen Gründen offensichtlich nicht zu erwarten seien, denn solche Gründe seien nicht gegeben. Diese Ausführungen lassen einen Bundesrechtsverstoß nicht erkennen. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass sowohl das C.-Gutachten als auch die Lärmbegutachtung durch die B. GmbH nicht geeignet waren, die Unbeachtlichkeit der Lärmerhöhung durch die Erweiterungsmaßnahme in Richtung auf die klägerischen Wohngebäude zu belegen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist für die Lärmberechnung auf das tatsächliche Verkehrsaufkommen abzustellen, das in einem überschaubaren Zeitraum zu erwarten ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 21. März 1996 - 4 A 10.95 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 13, vom 3. März 1999 - 11 A 9.97 - Buchholz 406.25 § 41 BImSchG Nr. 26 und vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 354; Beschluss vom 7. Februar 2001 - 11 B 61.00 - ZLW 2001, 455). Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) fehlt es vorliegend an einer dieser Anforderung entsprechenden in die Zukunft gerichteten Verkehrsprognose zum Zeitpunkt des Erlasses der Unterbleibensentscheidung. Damit ist das Ergebnis der UVP-Vorprüfung, wonach es keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf, nicht plausibel begründet.

32

Dass das C.-Gutachten und das Gutachten der B. GmbH unzureichend waren, räumt letztlich auch der Beklagte ein. Er vertritt allerdings die Auffassung, die Mängel seien durch das auf Anforderung des Oberverwaltungsgerichts nachgereichte C.-Gutachten vom Juli 2012 geheilt worden. Eine solche Heilung sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Dem ist schon deshalb nicht zu folgen, weil das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass auch das nachgereichte Gutachten fehlerhaft ist. Zudem habe der Beklagte seine Bodenlärmbeurteilung aus Anlass der C.-Darstellung nicht ergänzt. Damit sei keine Heilung der Fehler bei der Beurteilung des Bodenlärms eingetreten (UA S. 38). Hieran ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden, da diese Feststellungen nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen worden sind.

33

bb) Ohne Bundesrechtsverstoß hat das Oberverwaltungsgericht schließlich entschieden, dass sich die Kläger gemäß § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes - UmwRG - auf die fehlerhafte UVP-Vorprüfung berufen könnten, ohne dass es darüber hinaus der Feststellung einer Rechtsverletzung i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO bedürfe.

34

Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG kann die Aufhebung einer Entscheidung über die Zulässigkeit u.a. eines Vorhabens nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG i.V.m. § 2 Abs. 3 UVPG verlangt werden, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder UVP-Vorprüfung nicht durchgeführt und nicht nachgeholt worden ist. Anknüpfungspunkt für die Rechtsfolge einer Aufhebung der Zulassungsentscheidung ist mithin eine fehlerhaft unterbliebene UVP oder UVP-Vorprüfung. Diese Fehler sind erheblich, ohne dass es darauf ankommt, ob die verletzten Verfahrensvorschriften der Gewährleistung eines materiellen subjektiven Rechts dienen und ob die Fehler die Sachentscheidung beeinflusst haben können, wie es § 46 VwVfG sonst voraussetzt. Die Fehlerfolgenregelung des § 4 Abs. 1 Satz 1 UmwRG gilt in erster Linie für die umweltrechtliche Verbandsklage, ist aber gemäß § 4 Abs. 3 UmwRG auf Rechtsbehelfe von Beteiligten nach § 61 Nr. 1 und 2 VwGO entsprechend anwendbar mit der Folge, dass die Verfahrensfehler auch insoweit unabhängig von den sonst geltenden einschränkenden Maßgaben (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO) zur Begründetheit der Klage führen. Hieraus folgt, dass eine Genehmigungsentscheidung, die ohne die hierfür erforderliche UVP oder UVP-Vorprüfung getroffen worden ist, auf die Klage eines gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugten Dritten nach § 4 Abs. 3 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UmwRG allein wegen dieses Fehlers aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Juni 2013‌ - 4 B 37.12 - BauR 2013, 2014 Rn. 10). Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG gilt das auch, wenn - wie hier - eine durchgeführte Vorprüfung des Einzelfalles über die UVP-Pflichtigkeit nicht dem Maßstab des § 3a Satz 4 UVPG genügt.

35

Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz findet nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a UmwRG auch Anwendung auf die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG. Denn nach § 2 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 UVPG sind Entscheidungen über die Zulässigkeit von Vorhaben Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung, Planfeststellungsbeschluss und sonstige behördliche Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, mit Ausnahme von Anzeigeverfahren. Entscheidungen, die in einem Verwaltungsverfahren getroffen werden, sind dabei vor allem solche, die ein Verwaltungsverfahren i.S.d. § 9 VwVfG abschließen (BVerwG, Urteil vom 19. Dezember 2013‌ - 4 C 14.12 -‌ BVerwGE 149, 17). Hierzu zählt auch die Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG, weil sie ein Verwaltungsakt ist.

36

2. Die Revision der Kläger ist dagegen erfolgreich. Ihre Klage ist zulässig (a) und begründet (b). Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts ist insofern mit Bundesrecht nicht vereinbar.

37

a) Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, dass die Klage auf Verpflichtung des Beklagten zur Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfeldes A unzulässig sei, weil den Klägern die nach § 42 Abs. 2 VwGO hierfür erforderliche Klagebefugnis fehle, trifft nicht zu.

38

Nach § 42 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch die Ablehnung eines beantragten Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein, und wenn nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich erscheint (vgl. oben). Da die Verpflichtungsklage gemäß § 113 Abs. 5 VwGO nur begründet ist, wenn ein Anspruch auf Erlass des begehrten Verwaltungsaktes gegeben ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1987 - 4 C ‌77.84 -‌ BVerwGE 77, 317 = juris Rn. 13), erfordert dies das Bestehen eines Rechtssatzes, der die Behörde zum Erlass dieses Verwaltungsaktes verpflichtet oder wenigstens ermächtigt und zugleich einen subjektiven Anspruch darauf gewährt sowie den jeweiligen Kläger in den Kreis der Berechtigten einbezieht (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1997 - 1 C 29.95 - BVerwGE 104, 115). Für die Klagebefugnis reicht es dabei aus, dass ein solcher Anspruch nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise ausgeschlossen ist (vgl. hierzu etwa BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1991 - 4 C 23.88 - Buchholz 406.39 Denkmalschutzrecht Nr. 5; siehe auch BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 - 6 C 2.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 3 und vom 10. Oktober 2012 - 6 C 36.11 - BVerwGE 144, 284 Rn. 17, jeweils m.w.N.). Nach diesem Maßstab ist es entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts nicht ausgeschlossen, dass die Kläger einen Anspruch auf Erlass einer Nutzungsuntersagung oder wenigstens auf ermessensfehlerfreie Entscheidung haben.

39

(1) Eine Rechtsgrundlage für das vom Beklagten verlangte aufsichtsbehördliche Einschreiten ist mit § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG vorhanden. Danach ist die Abwehr von betriebsbedingten Gefahren für die Sicherheit des Luftverkehrs sowie für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung durch die Luftfahrt (Luftaufsicht) Aufgabe der Luftfahrtbehörden und der Flugsicherungsorganisation. Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG um eine Norm, die sich auf das Gebot zur Gefahrenabwehr i.S.d. allgemeinen Polizeirechts beschränkt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 - 4 C 2.13 - juris Rn. 18). Schutzgut der Vorschrift ist, soweit es vorliegend darauf ankommt, die öffentliche Sicherheit. Sie umfasst die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, die Unversehrtheit der subjektiven Rechte und Rechtsgüter des Einzelnen sowie Bestand und Funktionieren der Einrichtungen des Staates oder sonstiger Träger der Hoheitsgewalt. Eine Gefahr i.S.v. § 29 Abs. 1 Satz 1 LuftVG liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass ein Zustand oder ein Verhalten bei ungehindertem Ablauf des Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für das Schutzgut führt (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 2014 a.a.O. Rn. 13). Hiervon ist etwa dann auszugehen, wenn ein Flughafen ohne die nach § 8 Abs. 1 und 2 LuftVG erforderliche Planfeststellung bzw. Plangenehmigung geändert wird und eine dies legitimierende Unterbleibensentscheidung nach § 8 Abs. 3 LuftVG fehlt, z.B. weil diese auf den Rechtsbehelf eines Dritten hin aufgehoben worden ist. Ist eine solche Gefahr gegeben, dann kann die hierfür zuständige Behörde die erforderlichen Verfügungen erlassen (§ 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG). Bei einer formell illegalen Änderung eines Flughafens lässt sich auf diese Regelung u.a. die Befugnis stützen, die Nutzung der geänderten Anlagen zu untersagen und damit die Störung der Rechtsordnung zu unterbinden (in diese Richtung bereits BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2001 - 11 VR 16.00 - Buchholz 442.40 § 8 LuftVG Nr. 18 = juris Rn. 11).

40

(2) § 29 Abs. 1 Satz 2 LuftVG stellt das Einschreiten in das Ermessen der zuständigen Behörden. Damit besteht grundsätzlich kein Anspruch auf Einschreiten, sondern nur ein solcher auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Allein in den Fällen der sog. Ermessensreduzierung auf Null kann sich dieser Anspruch zu einem Rechtsanspruch verdichten. Nicht anders als in anderen Gebieten des öffentlichen Rechts, namentlich im öffentlichen Baurecht setzen sowohl der Anspruch auf Einschreiten als auch der Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung voraus, dass der Dritte durch die formell illegale Anlage in seinen Rechten verletzt wird. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist dabei geklärt, dass sich der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz grundsätzlich nur aus Rechtsvorschriften ableiten lässt, die das individuell geschützte private Interesse, die Art seiner Verletzung und den Kreis der unmittelbar geschützten Personen hinreichend deutlich klarstellen und abgrenzen (stRspr, vgl. BVerwG, etwa Urteil vom 20. Oktober 1972 - 4 C 107.67 - BVerwGE 41, 58 <63> = juris Rn. 18). Drittschutz wird gewährt, wenn in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter Rücksicht zu nehmen ist (vgl. grundlegend BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 - 4 C 22.75 - BVerwGE 52, 122). Er wird für die Kläger durch § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG vermittelt. Es erscheint zumindest möglich, dass die Kläger durch die Weigerung des Beklagten, die Nutzung des erweiterten Vorfeldes A vorläufig zu unterbinden, in ihrem Recht auf Abwägung ihrer Lärmschutzbelange verletzt sind. Die Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, mit der beantragten Nutzungsuntersagung könne der Rechtsverletzung nicht begegnet werden, ist unzutreffend. Zwar führt eine abwägungsfehlerhafte Nichtberücksichtigung oder Zurücksetzung von Lärmschutzbelangen in der Regel dazu, dass der Betroffene im Wege der Verpflichtungsklage auf eine Vervollständigung der Lärmschutzkonzeption zu seinen Gunsten dringen muss (BVerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - BVerwGE 125, 116 Rn. 290). Das bedeutet aber nicht, dass er das Vorhaben nicht, wie mit der Nutzungsuntersagung angestrebt, bis zur Fehlerbehebung blockieren könnte. Solange die Lärmschutzkonzeption defizitär ist, muss nämlich die beanstandete Nutzung einer Verkehrsfläche unterbleiben (vgl. BVerwG, Urteile vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 290 und vom 9. November 2006 - 4 A 2001.06 - BVerwGE 127, 95 Rn. 77).

41

b) Die Klage ist begründet. Der Senat kann die beantragte Verpflichtung des Beklagten selbst aussprechen, da die Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts für diese Beurteilung ausreichend sind und die Sache spruchreif ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

42

Die Kläger haben gegen den Beklagten einen Anspruch aus § 29 Abs. 1 i.V.m. § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG und § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG auf Untersagung der Nutzung der Erweiterung des Vorfelds A am Flughafen A. gegenüber der Beigeladenen bis zur luftverkehrsrechtlichen Zulassung der Ausbaumaßnahme. Der dem widersprechende Bescheid des Beklagten vom 10. Dezember 2008 war daher aufzuheben.

43

aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftVG liegen vor, weil die Vorfelderweiterung formell illegal ist.

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bb) Das dem Beklagten eröffnete Ermessen ist vorliegend zugunsten der Kläger dahingehend reduziert, dass der Beklagte gegen die nicht genehmigte Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreiten muss. Ein Nutzungsverbot ist zwingende Konsequenz daraus, dass die Unterbleibensentscheidung vom Oberverwaltungsgericht - zu Recht - aufgehoben wurde, weil die UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist, und die Kläger sich hierauf über § 4 Abs. 3, Abs. 1 Satz 2 UmwRG berufen können. Mit § 4 Abs. 3 UmwRG wollte der Gesetzgeber (vgl. BT-Drs. 16/2495 S.14) der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom ‌7. Januar 2004 ‌- C-201/02 - [ECLI:EU:C:2004:12], Wells - Rn. 54 ff.) Rechnung tragen, der das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltverträglichkeitsprüfung vor Genehmigungserteilung als wesentlichen Verfahrensfehler behandelt hat, auf den sich der von der Genehmigung Betroffene ohne Weiteres berufen könne. Der Europäische Gerichtshof betont überdies in ständiger Rechtsprechung, dass ein mit einem nach Unionsrecht zu beurteilenden Rechtsstreit befasstes Gericht in der Lage sein müsse, vorläufige Maßnahmen zu erlassen, um die volle Wirksamkeit der späteren Gerichtsentscheidung über das Bestehen der aus dem Unionsrecht hergeleiteten Rechte sicherzustellen (EuGH, Urteile vom 19. Juni 1990 - C-213/89 [ECLI:EU:C:1990:257], Factortame u.a. - Rn. 21, vom 13. März 2007 - C-432/05 [ECLI:EU:C:2007:163], Unibet - Rn. 67 und vom 15. Januar 2013 - C-416/10 [ECLI:EU:C:2013:8], Krizan u.a. - Rn. 107). Diese Ausführungen stehen zwar im Zusammenhang mit der Frage, ob nach nationalem Recht die Möglichkeit bestehen muss, den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erreichen, mit der die Vollziehung einer Genehmigung bis zum Erlass der Endentscheidung (des Gerichts) vorübergehend ausgesetzt werden kann. Die Grundsätze müssen aber erst recht gelten, wenn eine entsprechende Genehmigung nach der Inswerksetzung des Vorhabens durch Urteil aufgehoben wurde, weil die für das Vorhaben erforderliche UVP-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt wurde und offen ist, ob das Vorhaben einer Umweltverträglichkeitsprüfung bedarf und zugelassen werden kann. Es kommt ein weiteres hinzu: Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind die Mitgliedstaaten gemäß dem (jetzt) in Art. 4 Abs. 3 des Vertrages über die Europäische Union ‌- EUV -‌ enthaltenen Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit verpflichtet, die rechtswidrigen Folgen eines Verstoßes gegen das Gemeinschaftsrecht zu beheben (vgl. z.B. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 [ECLI:EU:C:1991:428], Francovich u.a. - Rn. 36). Eine solche Verpflichtung obliegt jeder Behörde des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen ihrer Zuständigkeiten (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 64 m.w.N.). Begrenzt durch den Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten, sind derartige Maßnahmen beispielsweise die Rücknahme oder die Aussetzung einer bereits erteilten Genehmigung zu dem Zweck, eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen (EuGH, Urteil vom 7. Januar 2004 a.a.O. Rn. 65).

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Vor diesem Hintergrund sieht der Senat für Fälle wie den vorliegenden in § 4 Abs. 3 UmwRG eine Regelung, die das behördliche Ermessen in Bezug auf ein luftaufsichtsrechtliches Einschreiten dahingehend steuert, dass zugunsten der unter den Schutzbereich des § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LuftVG fallenden Nachbarschaft in der Regel eingeschritten werden muss. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch die Überlegung, dass ansonsten eine nicht zu rechtfertigende Rechtsschutzlücke entstünde. Der vorliegende Fall belegt dies anschaulich. Die Kläger sind zwar mit ihrer Klage gegen die Unterbleibensentscheidung durchgedrungen, vor dem Oberverwaltungsgericht mit dem Begehren auf Nutzungsuntersagung jedoch gescheitert. Solange der Beklagte bei dieser Sachlage nicht aus eigenem Entschluss gegen die Nutzung der Vorfelderweiterung durch die Beigeladene einschreitet, ändert sich faktisch für die Kläger nichts. Damit würde § 4 Abs. 3 UmwRG in der Sache leerlaufen. Das widerspricht nicht nur Unionsrecht (Effektivitätsgrundsatz), sondern auch Art. 19 Abs. 4 GG.

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Es mag Fallgestaltungen geben, in welchen ausnahmsweise unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten von einer Nutzungsuntersagung eines wegen Verstoßes gegen die UVP-Vorprüfungspflicht formell illegalen Vorhabens abzusehen ist. Das bedarf aber keiner Vertiefung, weil für einen solchen Fall hier keine Anhaltspunkte bestehen und von der Beigeladenen auch nicht geltend gemacht worden sind.

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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und 2 VwGO, bezüglich der Beigeladenen auch auf § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Flughäfen sowie Landeplätze mit beschränktem Bauschutzbereich nach § 17 dürfen nur angelegt, bestehende nur geändert werden, wenn der Plan nach § 10 vorher festgestellt ist. Bei der Planfeststellung sind die von dem Vorhaben berührten öffentlichen und privaten Belange einschließlich der Umweltverträglichkeit im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Hierbei sind zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Fluglärm die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Absatz 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm zu beachten. Die Prüfung der Umweltverträglichkeit und der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen von Natura 2000-Gebieten muss sich räumlich auf den gesamten Einwirkungsbereich des Vorhabens erstrecken, in dem entscheidungserhebliche Auswirkungen möglich sind. Hierbei sind in der Umgebung der in Satz 1 bezeichneten Flugplätze alle die Bereiche zu berücksichtigen, in denen An- und Abflugverkehr weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen werden kann. Lässt sich die Zulassung des Vorhabens nur rechtfertigen, wenn bestimmte Gebiete von erheblichen Beeinträchtigungen durch An- und Abflugverkehr verschont bleiben, legt die Planfeststellungsbehörde fest, dass An- und Abflugverkehr über diesen Gebieten nicht abgewickelt werden darf. Die Planfeststellungsbehörde kann auch Bedingungen für die Zulässigkeit von Überflügen über bestimmten Gebieten festlegen. Vor einer Festlegung im Planfeststellungsbeschluss ist der Flugsicherungsorganisation und dem Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung Gelegenheit zu geben, zu den Auswirkungen einer solchen Festlegung auf die künftige Verkehrsführung und Abwicklung des Luftverkehrs Stellung zu nehmen. Auf Genehmigungen nach § 6 Absatz 1 und 4 Satz 2 sind die Sätze 3 bis 5 entsprechend anzuwenden. Für das Planfeststellungsverfahren gelten die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes.

(2) Für die Plangenehmigung gilt § 9 Absatz 1 entsprechend.

(3) (weggefallen)

(4) Betriebliche Regelungen und die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Hochbauten auf dem Flugplatzgelände können Gegenstand der Planfeststellung sein. Änderungen solcherart getroffener betrieblicher Regelungen bedürfen nur einer Regelung entsprechend § 6 Abs. 4 Satz 2.

(5) Für die zivile Nutzung eines aus der militärischen Trägerschaft entlassenen ehemaligen Militärflugplatzes ist eine Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 durch die zuständige Zivilluftfahrtbehörde erforderlich, in der der Träger der zivilen Nutzung anzugeben ist. Die Genehmigungsurkunde muss darüber hinaus die für die entsprechende Flugplatzart vorgeschriebenen Angaben enthalten (§ 42 Abs. 2, § 52 Abs. 2, § 57 Abs. 2 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung). Eine Planfeststellung oder Plangenehmigung findet nicht statt, jedoch muss das Genehmigungsverfahren den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung entsprechen, wenn die zivile Nutzung des Flugplatzes mit baulichen Änderungen oder Erweiterungen verbunden ist, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Ein militärischer Bauschutzbereich bleibt bestehen, bis die Genehmigungsbehörde etwas anderes bestimmt. Spätestens mit der Bekanntgabe der Änderungsgenehmigung nach § 6 Abs. 4 Satz 2 gehen alle Rechte und Pflichten von dem militärischen auf den zivilen Träger über.

(6) Die Genehmigung nach § 6 ist nicht Voraussetzung für ein Planfeststellungsverfahren oder ein Plangenehmigungsverfahren.

(7) Absatz 5 Satz 1 bis 3 gilt entsprechend bei der zivilen Nutzung oder Mitbenutzung eines nicht aus der militärischen Trägerschaft entlassenen Militärflugplatzes.

(8) § 7 gilt für das Planfeststellungsverfahren entsprechend. Vorarbeiten zur Baudurchführung sind darüber hinaus auch vor Eintritt der Bestandskraft eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung zu dulden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.