Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 28. Aug. 2018 - 11 ZB 17.1691

bei uns veröffentlicht am28.08.2018
vorgehend
Verwaltungsgericht Augsburg, Au 7 K 16.1615, 19.07.2017

Gericht

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger wendet sich gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klasse B einschließlich Unterklassen.

Mit rechtskräftigem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 verurteilte das Amtsgericht Kaufbeuren den Kläger wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen. Dem lag zugrunde, dass er am 8. März 2015 mehreren Personen Ecstasy und LSD angeboten hatte. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung am 8. März 2015 fand die Polizei mehrere Feinwaagen, ein Aufzuchtschema (Zucht, Pflege, Düngung) von Cannabis und ca. 5 g Cannabissamen.

Daraufhin forderte die Fahrerlaubnisbehörde des Landratsamtes Ostallgäu den Kläger zweimal auf, ein Gutachten sowie andere Nachweise beizubringen, und entzog ihm mit Bescheiden vom 8. Januar 2016 und 13. Mai 2016, die später wieder aufgehoben wurden, die Fahrerlaubnis.

Mit Schreiben vom 27. Juli 2016 forderte sie den Kläger erneut auf, ein Gutachten eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung mit einer Haaranalyse zur Klärung seines Konsumverhaltens bis zum 26. September 2016 vorzulegen, und stützte dies auf die dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrunde liegende Tat und die bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Gegenstände. Es sei erwiesen, dass der Kläger im Besitz einer Ecstasy-Tablette gewesen sei. Der Besitz von geringen Mengen stelle ein Indiz für den Eigenkonsum dar. Das Gutachten habe folgende Frage zu klären: „Nimmt der Kläger Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 zur FeV infrage stellen?“

Da der Kläger kein Gutachten vorlegte, entzog ihm die Fahrerlaubnisbehörde nach Anhörung mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 auf der Grundlage von § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Abgabe des Führerscheins innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung des Bescheids an.

Hiergegen ließ der Kläger Klage erheben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutz stellen, den das Verwaltungsgericht Augsburg mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 (Au 7 S 16.1616) ablehnte. Die Beschwerde des Klägers wies der Senat mit Beschluss vom 20. Februar 2017 (11 CS 16.2605) zurück. Die Klage wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 19. Juli 2017 im Wesentlichen mit der Begründung ab, die Fahrerlaubnis habe gemäß § 11 Abs. 8 FeV entzogen werden dürfen, weil die Gutachtensanordnung formell und materiell rechtmäßig gewesen sei. Insbesondere sei die Fragestellung an den durch den Drogenbesitz entstandenen Eignungszweifeln ausgerichtet. Nach § 11 Abs. 2, § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV könne die Beibringung eines Gutachtens angeordnet werden, wenn der Betreffende – wie hier unstreitig der Kläger – Betäubungsmittel besessen habe. Dass im Strafverfahren aus rechtlichen Gründen lediglich das Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, nicht aber der Drogenkonsum eine Rolle gespielt habe, erlaube nicht den Schluss, dass ein Drogenkonsum des Klägers ausgeschlossen sei. In Anbetracht der bei der Hausdurchsuchung aufgefundenen Gegenstände, der geringen Menge an Ecstasy in seinem Besitz und der Angabe in der mündlichen Verhandlung, er habe die bei ihm aufgefundene Ecstasy-Tablette zum Eigenkonsum erhalten, sich aber anders entschieden, lägen auch keine besonderen Umstände vor, aufgrund derer der Eigenkonsum auszuschließen sei. Nur in diesem Falle aber hätte die Behörde auf die Abklärung des Konsumverhaltens verzichten müssen. Sie habe ihr Ermessen, wenn auch knapp, ordnungsgemäß ausgeübt. Schließlich sei auch nicht zu beanstanden, dass die Gutachtensordnung erst mehr als ein Jahr nach dem ihr zugrundeliegenden Vorfall erfolgt sei, da der Verdacht des Drogenkonsums zwischenzeitlich nicht entfallen sei, sondern die vorherigen Gutachtensanordnungen lediglich aus formellen Gründen aufgehoben worden seien.

Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung macht der Kläger unter Schilderung des Verfahrenslaufs ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend. Der Beklagte gehe in dem streitgegenständlichen Entziehungsbescheid wieder nicht auf die streitentscheidende Thematik des Betäubungsmittelbesitzes ausschließlich zum Verkauf ein. Das Übergehen wesentlichen Sachvortrags dokumentiere, dass sich der Beklagte mit den Einwänden des Klägers nicht befasst habe und die Anhörung faktisch unterblieben sei. Weiter treffe der behördliche Vorwurf des Amphetaminbesitzes nicht zu. Hierzu sei der Kläger auch nie angehört worden. Die Voraussetzungen für die Anordnung des ärztlichen Gutachtens hätten nicht vorgelegen. Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung stehe fest, dass der Kläger das Betäubungsmittel nur zum Handeln und nicht zum etwaigen Konsum besessen habe, so dass der Sachverhalt keine Eignungszweifel begründen könne. Der Kläger habe den ganzen Abend versucht, die eine bei ihm gefundene Ecstasy-Tablette an verschiedene Personen zu verkaufen. Dass diese einmal für LSD, einmal für Ecstasy gehalten worden sei, bedeute im Hinblick darauf, dass die potentiellen Käufer die Drogen nur vom Hörensagen kennen würden, nicht, dass der Kläger verschiedene Drogen angeboten habe, wie der Beklagte und das Gericht vermuteten. Hinsichtlich der Menge gehandelter Drogen würden über den strafgerichtlich festgestellten Sachverhalt hinaus Vermutungen angestellt. Aus dem ungeschickten Umgang mit der Droge in der Diskothek sei vielmehr auf fehlende Erfahrung im Umgang mit Drogen zu schließen, was gegen den Eigenkonsum spreche. Auch aus den bei der Hausdurchsuchung gefundenen Gegenständen könnten keine Schlussfolgerungen zum Nachteil des Klägers gezogen werden. Der Besitz von Cannabis gebe keinen Anlass zu Eignungszweifeln. Eine Feinwaage lasse eher auf einen Händler schließen als auf einen Konsumenten, da letzterer bereits eine bestimmte Menge kaufe. Auch ein Aufzuchtschema und die aufgefundene Menge an Cannabissamen deuteten auf eine professionelle Anlage hin. Zudem sei die gebotene Ermessensausübung weder erkennbar noch habe sie stattgefunden. Die Zweifel an der Fahreignung beruhten ausschließlich auf dem Besitz harter Drogen zu Verkaufszwecken. Außerdem sei die Gutachtensanordnung unverhältnismäßig. Der Kläger habe sich seit dem abgeurteilten Vorfall rund 18 Monate unauffällig im Straßenverkehr bewegt, bevor ihm die Fahrerlaubnis entzogen worden sei. Da er die Ecstasy-Tablette nicht geschluckt habe, um die Beweislage zu erschweren, sei die Wahrscheinlichkeit, dass er etwas konsumiert habe, sehr gering. Außerdem sei die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung. Streitentscheidend und damit klärungsbedürftig sei hier die Frage, inwieweit das Verwaltungsgericht dem vom Strafgericht festgestellten Sachverhalt noch eigene Annahmen und Vermutungen hinzufügen dürfe, um dadurch die Rechtmäßigkeit einer Gutachtens- bzw. Verwaltungsanordnung zu begründen. In diesem Zusammenhang sei weiter zu klären, wie gefestigt Erkenntnisse sein müssten und ob Annahmen von Laien die Vermutungen der Verwaltungsbehörde stützen könnten bzw. wie vage diese sein dürften.

Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag unter Verweis auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils und des angefochtenen Bescheids entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

Die geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO), sind nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. liegen nicht vor (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), da er weder einen tragenden Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung noch eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt hat (vgl. BVerfG, B.v. 21.12.2009 – 1 BvR 812/09 – NJW 2010, 1062/1063; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106/118).

Ein Anhörungsmangel im Verwaltungsverfahren ist vorliegend nicht erkennbar. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG verpflichtet die Behörde zwar, das Vorbringen des Betroffenen zur Kenntnis zu nehmen und bei ihrer Entscheidung ernsthaft in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch ihm in der Sache zu folgen (vgl. BVerwG v. 17.8.1982 – 1 C 22.81 – BVerwGE 66, 111 = juris Rn. 18; Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 28 Rn. 38). Auch besteht keine Pflicht zur Auseinandersetzung in der Begründung des Verwaltungsakts (Kallerhoff/Mayen, a.a.O.). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Behörde, wie die Gerichte, den ihnen unterbreiteten Vortrag zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben, auch wenn sie im Ergebnis dem tatsächlichen Vorbringen nicht gefolgt ist. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist deshalb grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn sich aus besonderen Umständen und der Begründung des eingreifenden Verwaltungsakt deutlich ergibt, dass die Behörde dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, was z.B. dann der Fall sein kann, wenn die Behörde den wesentlichen Kern neuen Tatsachenvorbringens insgesamt außer Betracht lässt (Kallerhoff/Mayen, a.a.O. m.w.N.). Dies ist hier nicht der Fall. Dass das Landratsamt das klägerische Vorbringen zur Kenntnis genommen hat, ergibt sich schon aus dessen Wiedergabe im Rahmen der Sachverhaltsdarstellung in den Gründen des Bescheids. Mit der Wendung „trotz der Einwände des Betroffenen“ in der rechtlichen Würdigung hat es zum Ausdruck gebracht, dass es jenen nicht folgt. Wegen des langen Zeitraums, der seit dem zugrundeliegenden Vorfall vergangen ist, hat das Landratsamt auf die Rechtsprechung und das Fehlen von Ausschlussfristen verwiesen. Weiter hat es an seiner Rechtsauffassung festgehalten (Bescheid, Seite 4 unten), dass dem nachgewiesenen Besitz einer geringen Menge harter Drogen indizielle Wirkung für den Eigenkonsum zukomme. Nachdem dem Kläger wegen desselben Lebenssachverhalts bereits zweimal die Fahrerlaubnis entzogen worden war und die Behörde zuletzt in ihrer Klageerwiderung vom 8. Juni 2016 (Bl. 166 der Behördenakte) ausführlich zu den streitigen aus dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zu ziehenden Schlussfolgerungen in tatsächlicher Hinsicht und zur Argumentation des Klägers Stellung genommen hatte, war im Übrigen bereits klar, dass und weshalb sie seinen Einwänden nicht folgte bzw. folgen würde. Eine weitere Auseinandersetzung in dem angegriffenen Bescheid war damit nicht erforderlich.

Auch führt der Umstand, dass in der rechtlichen Würdigung des Bescheids mehrmals von Amphetaminbesitz die Rede war, aus den bereits im Beschwerdeverfahren (11 CS 16.2605) dargelegten Gründen nicht zur formellen oder materiellen Rechtswidrigkeit des Bescheids. Danach ist die Fahrerlaubnisbehörde insoweit zum einen von einem richtigen, in dem Strafbefehl festgestellten Sachverhalt ausgegangen, nämlich vom Besitz einer Ecstasy-Tablette, in der ein Wirkstoffgehalt von 60 mg MDMA enthalten war, das zur Gruppe der dem Betäubungsmittelgesetz unterliegenden Amphetamine gehört (vgl. Anlage I zu § 1 Abs. 1 BtMG). Zum andern war die konkrete Art der sog. harten Droge im Besitz des Klägers für die Anordnung des Gutachtens und die Entziehung der Fahrerlaubnis rechtlich nicht ausschlaggebend.

Weiter ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht die Gutachtensanordnung als materiell rechtmäßig erachtet hat. Nach der in § 14 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-VerordnungFeV, BGBl S. 1980), vor Bescheiderlass zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), enthaltenen gesetzgeberischen Wertung kann der widerrechtliche Betäubungsmittelbesitz ein Hinweis auf die Einnahme von Betäubungsmitteln sein. Dabei muss der Besitz konkret nachgewiesen sein (BayVGH, B.v. 31.5.2011 – 11 CS 11.459 – juris Rn. 10 m.w.N.; Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 14 FeV Rn. 17). Eine Gutachtensanordnung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV setzt grundsätzlich keine über den Besitz hinausgehenden Anhaltspunkte für eine Einnahme voraus (OVG NW, B.v. 22.11.2001 – 19 B 814/01 – NZV 2002, 427 = juris Rn. 10; Dauer, a.a.O.). Allerdings ist die Anordnung nach der Rechtsprechung ausnahmsweise dann nicht ermessensgerecht, wenn besondere Umstände einen Betäubungsmittelkonsum des Fahrerlaubnisinhabers ausschließen, etwa weil sie dafür sprechen, dass er mit Betäubungsmitteln ausschließlich Handel getrieben hat (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.1999 – 3 B 145.98 – juris Rn. 3; B.v. 30.12.1999 – 3 B 150.99 – NZV 2000, 345 = juris Rn. 4).

Dies ist hier indes nicht der Fall. Die vom Kläger angeführten Umstände, die nach seiner Einschätzung dafür sprechen, dass er ausschließlich mit Betäubungsmitteln gehandelt hat, sind nicht eindeutig und schließen einen Eigenkonsum deshalb nicht aus. Aufgrund der Feststellungen des Strafgerichts, wonach er in drei Fällen mit Betäubungsmitteln, nämlich mit „LSD“, „Ecstasy und LSD“ und einer „Ecstasy-Tablette“, gehandelt hat, steht lediglich fest, dass er die in seinem Besitz befindliche, zum Verkauf angebotene Ecstasy-Tablette (zuletzt) nicht konsumieren wollte. Hiervon ist das Verwaltungsgericht im Rahmen der Prüfung, ob die einzige tatbestandliche Voraussetzung des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV, nämlich der Betäubungsmittelbesitz, gegeben ist, auch ausgegangen. Damit war aber noch keine – für die Fahreignung maßgebliche – negative Feststellung verbunden, dass eine Betäubungsmitteleinnahme des Klägers ausgeschlossen ist. Wie er unwidersprochen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht eingeräumt hat, hat er die Ecstasy-Tablette zum Eigenkonsum erhalten und sich erst danach entschlossen, diese zu verkaufen. Da regelmäßig nicht davon auszugehen ist, dass sich ein derartiger „Erhalt“ ohne oder gegen den Willen des Betreffenden vollzieht, und der Kläger auch nichts dergleichen geltend gemacht hat, stand hiermit zumindest im Raum, dass er Betäubungsmittel auch zum eigenen Konsum erwirbt. Die geringe Menge spricht ebenfalls dafür (OVG NW, B.v. 22.11.2001 – 19 B 814/01 – NZV 2002, 427 = juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 18.10.1999 – 11 CS 99.617 – juris Rn. 33 m.w.N.). Zudem fehlte von der Tablette nach dem Ergebnis der polizeilichen Ermittlungen im Zeitpunkt des Verkaufsversuchs ein großer Teil, dessen Verbleib ungeklärt blieb. Im Übrigen hat das Verwaltungsgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass aus strafrechtlicher Sicht für den Strafrichter kein Anlass bestand, sich mit einem etwaigen Eigenkonsum des Klägers zu befassen, so dass aus dem Fehlen dahingehender Feststellungen keine für den Kläger günstigen Schlüsse gezogen werden können.

Auf die im Strafbefehl festgestellten Verkaufsangebote von „LSD“ und „Ecstasy und LSD“ hat das Verwaltungsgericht in seiner Urteilsbegründung nicht abgestellt, so dass die diesbezüglichen Einwände ins Leere gehen. Abgesehen davon treffen sie auch nicht zu. Weder das Gericht noch der Beklagte haben Vermutungen über vom Kläger gehandelte oder eingenommene Betäubungsmittel oder deren Menge angestellt oder sich Annahmen von Laien zu eigen gemacht. Die Fahrerlaubnisbehörde hat insoweit lediglich die strafgerichtlichen Feststellungen wiedergegeben. Die Darstellung des Klägers im Zulassungsantrag, er habe bei allen drei Verkaufsgesprächen dieselbe Ecstasy-Tablette angeboten, ergibt sich nicht aus dem rechtskräftigen Strafbefehl, an dem er sich festhalten lassen muss (§ 410 Abs. 3 StPO), nachdem er seinen Einspruch auf den Straffolgenausspruch beschränkt hat. Vor dem Hintergrund der Zeugenaussage auf Blatt 14 der Behördenakte, der Kläger sei auf die Zeugin zugekommen und habe sie gefragt, ob sie LSD kaufen wolle, handelt es sich auch um eine wenig nachvollziehbare Behauptung.

Neben dem Betäubungsmittelbesitz hat die Fahrerlaubnisbehörde ihre Gutachtensanordnung noch auf die Ergebnisse der Wohnungsdurchsuchung gestützt, welche ebenfalls nicht Gegenstand des Strafbefehls waren. Wie bereits im Beschwerdeverfahren dargelegt, teilt der Senat die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die aufgefundenen Gegenstände, insbesondere das Aufzuchtschema für Cannabis und der Cannabissamen, den Verdacht des Eigenkonsums nicht ausschließen. Hieraus ist zumindest zu schließen, dass der Kläger sich über die bei ihm aufgefundene Ecstasy-Tablette hinaus weitere Betäubungsmittel verschaffen wollte. Insofern ist nicht entscheidend, dass die Gegenstände auch im Rahmen des Betäubungsmittelhandels eingesetzt werden bzw. hierfür dienen können.

Ebenso wenig lassen sich den subjektiven Wertungen des Klägers wie einem „ungeschickten Umgang mit der Droge in der Diskothek“ und der angeblich fehlenden Erfahrung im Umgang mit Drogen belastbare Anhaltspunkte für den Ausschluss eines Eigenkonsums entnehmen.

Auch soweit der Kläger geltend macht, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei der Gutachtensanordnung nicht erkennbar bzw. kein Ermessen ausgeübt, trifft dies nicht zu. Zunächst ergibt sich aus den Gründen des Bescheids, dass der Behörde bewusst war, dass ihr bei der Entscheidung Ermessen zustand. Der zweimaligen Wiedergabe des Gesetzeswortlauts („kann“) schlossen sich längere Erwägungen an, wonach sie sich aufgrund des Besitzes einer harten Droge in einer für den Eigenkonsum typischen Einheit zur Anordnung des Gutachtens entschlossen hat. Da besondere Umstände, die einen Eigenkonsum ausgeschlossen erscheinen ließen, fehlten und sich aus der Gutachtensanordnung selbst ergibt, dass die Fahreignungszweifel auch auf den Ergebnissen der Wohnungsdurchsuchung beruhten, ist dies als ausreichend anzusehen.

Schließlich ist die Anordnung, ein ärztliches Gutachten beizubringen, auch nicht im Hinblick auf die seit der strafgerichtlich abgeurteilten Tat vergangene Zeit unverhältnismäßig. Der hier bestehende Verdacht eines Eigenkonsums, der nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung entfallen lässt, wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Betäubungsmittelbesitz rund eineinhalb Jahre vor dem Entzug der Fahrerlaubnis festgestellt worden ist. Das ist kein Zeitraum, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass die Gefahr nicht mehr besteht (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2016 – 11 CS 16.1827 – juris Rn. 20). Durch die zweimalige Aufhebung des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids ist auch kein schutzwürdiges Vertrauen entstanden, dass die Behörde die Maßnahme – in formell und materiell ordnungsgemäßer Weise – nicht wieder ergreift (BayVGH, B.v. 20.2.2017 – 11 CS 16.2605 – juris Rn. 19). Eine sicherheitsrechtlich erforderliche Maßnahme in Ausübung der Schutzpflicht des Staates (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) wird durch bloßen Zeitablauf auch nicht unverhältnismäßig (vgl. BayVGH, a.a.O. Rn. 20) und zwar unabhängig davon, ob der Kläger im Straßenverkehr negativ aufgefallen ist oder nicht.

2. Ebenso wenig ist die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen, da die den aufgeworfenen Fragen zugrunde liegenden Annahmen lediglich behauptet wurden, aber nicht zutreffen und die Fragen damit nicht entscheidungserheblich sind. Bei der Prüfung, ob Betäubungsmittelbesitz gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV gegeben ist, ist das Verwaltungsgericht von dem Sachverhalt ausgegangen, den das Strafgericht festgestellt hat, und hat zugrunde gelegt, dass der Kläger im Besitz einer Ecstasy-Tablette war, die er zum Verkauf angeboten hat. Die weitere Frage, ob die Umstände des Einzelfalls die behördliche Ermessensentscheidung tragen, weil sie den Verdacht eines Betäubungsmittelkonsums des Klägers nicht ausschließen, war, wie bereits dargelegt, nicht Gegenstand des Strafverfahrens, so dass das Verwaltungsgericht insofern auch nicht von strafgerichtlichen Feststellungen abgewichen ist. Da für eine auf § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV - anders als für eine auf § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 FeV – gestützte Gutachtensanordnung eine Feststellung von Anhaltspunkten für die Einnahme von Betäubungsmitteln des Fahrerlaubnisinhabers nicht vorausgesetzt wird, war dies vorliegend nicht entscheidungserheblich. Somit brauchte das Verwaltungsgericht insoweit keine Vermutungen anzustellen und hat dies auch nicht getan. Im Übrigen entzieht sich die Bewertung der Einzelfallumstände einer grundsätzlichen Klärung, weil sich hierzu keine verallgemeinerungsfähigen Vorgaben machen lassen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1, 2 GKG i.V.m. der Empfehlung in Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs in der Fassung der am 31. Mai/1. Juni 2012 und am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderungen.

4. Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

5. Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1986 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis des Klasse B (einschließlich Unterklassen).

Mit Strafbefehl vom 8. Mai 2015, im Schuldspruch rechtskräftig seit 9. Juni 2015, verurteilte ihn das Amtsgericht Kaufbeuren wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen. Dem Strafbefehl lag zugrunde, dass der Antragsteller am 8. März 2015 mehreren Personen Ecstasy und LSD angeboten hatte, wobei er eine Ecstasy-Tablette zum Preis von fünf Euro in der Hand gehalten hatte. Nach dem Bericht der Polizeiinspektion Kaufbeuren vom 13. April 2015 wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers am 8. März 2015 mehrere Feinwaagen, ein Aufzuchtschema (Zucht, Pflege, Düngung) von Cannabis und ca. 5 g Cannabissamen gefunden. Laut einem freiwilligen Atemalkoholtest war der Antragsteller zur Tatzeit nüchtern (0,0 mg/l). Zeugen hätten ihn als möglicherweise unter Drogeneinfluss stehend geschildert.

Die Fahrerlaubnisbehörde forderte vom Antragsteller mehrmals die Vorlage eines Gutachtens sowie anderer Nachweise, und entzog ihm jeweils mit Bescheiden vom 8. Januar 2016 und 13. Mai 2016 die Fahrerlaubnis, hob die Bescheide später jedoch wieder auf.

Mit Schreiben vom 27. Juli 2016 ordnete die Fahrerlaubnisbehörde erneut die Vorlage eines Gutachtens eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung mit einer Haaranalyse zur Klärung seines Konsumverhaltens bis zum 26. September 2016 an. Die Anordnung wurde auf die dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrunde liegende Tat und die bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Gegenstände gestützt. Es sei erwiesen, dass der Antragsteller im Besitz einer Ecstasy-Tablette gewesen sei. Der Besitz von geringen Mengen stelle ein Indiz für den Eigenkonsum dar. Das Gutachten habe folgende Frage zu klären: „Nimmt der Antragsteller Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung infrage stellen?“

Da der Antragsteller kein Gutachten vorlegte, entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 die Fahrerlaubnis und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Abgabe des Führerscheins innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an.

Über die gegen den Bescheid vom 31. Oktober 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg noch nicht entschieden (Az. 7 K 16.1615). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat es mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 abgelehnt.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl S. 2722), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Bringt der Betreffende das Gutachten nicht fristgerecht bei, kann nach § 11 Abs. 8 FeV auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78). Dies ist hier nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Fall.

1.1 Weil § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV als Indiz für die Einnahme von Betäubungsmitteln deren Besitz genügen lässt, muss dieser Besitz konkret nachgewiesen werden (BayVGH, B.v. 22.1.2008 - 11 CS 07.2766 - juris). Hier steht aufgrund des dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrundeliegenden Sachverhalts (vgl. § 3 Abs. 4 StVG) fest, dass der Antragsteller am 8. März 2015 Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besessen hat. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV vor.

1.2 Die Ermessensentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde ist hier nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Sie hat bei dieser Entscheidung die Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Die Fahrerlaubnisbehörde hat in der streitgegenständlichen Gutachtensbeibringungsanordnung vom 27. Juli 2016 zutreffend ausgeführt, dass der Besitz von Betäubungsmittel in geringen Mengen ein Indiz für den Eigenkonsum darstellt. Zudem hat es in den Gründen, die als Anlass für die Anordnung genannt wurden, angeführt, dass bei der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers am 8. März 2015 mehrere Feinwaagen, ein Aufzuchtschema (Zucht, Pflege, Düngung) von Cannabis und ca. 5 g Cannabissamen gefunden worden seien.

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss (BA S. 11) ausgeführt, dass Anhaltspunkte für Ermessensfehler der Behörde nicht bestünden, auch wenn die Ermessenserwägungen in der Gutachtensanforderung nur „äußerst sparsam“ dargestellt worden seien. Es liege aber auf der Hand, dass die Argumentation des Antragstellers, weil er nur wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden sei, stehe fest, dass er keine Drogen konsumiere, nicht überzeugen könne. Der Konsum von Drogen sei an sich nicht strafbar. Dass im Strafverfahren auf etwaigen Konsum nicht eingegangen worden sei, sondern sich der Strafbefehl lediglich mit der Frage des Handeltreibens befasse, erlaube daher keineswegs den Schluss, dass ein Drogenkonsum des Antragstellers ausgeschlossen sei. Nur im letzteren Fall hätte die Behörde aber Anlass gehabt, auf die Abklärung der Frage, ob Konsum besteht, durch ein ärztliches Gutachten zu verzichten.

Der Senat teilt diese Auffassung im vorliegenden Fall. Nach dem dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt hat der Antragsteller am 8. März 2015 in einer Diskothek nicht nur Ecstasy angeboten, sondern auch LSD. Da LSD bei ihm nicht aufgefunden wurde, lässt das darauf schließen, dass der Antragsteller Zugang zu weiteren Betäubungsmitteln hatte. Nicht selten wird der Eigenkonsum durch Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in geringen Mengen finanziert. Auch die in der Wohnung des Antragstellers am 8. März 2015 aufgefundenen Drogenutensilien sprechen, auch wenn es sich dabei überwiegend um Cannabisutensilien (wohl mit Ausnahme der Feinwaagen) gehandelt hat, dafür, dass der Antragsteller deutlich mehr mit Drogen zu tun hat als den behaupteten einmaliger Verkaufsversuch einer Ecstasy-Tablette. Für die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV reicht der bloße Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Ob ein solcher Konsum tatsächlich vorliegt, hätte gerade durch das ärztliche Gutachten geklärt werden können.

Dass die Behörde im streitgegenständlichen Bescheid in der rechtlichen Würdigung mehrfach von Amphetaminbesitz spricht, ist unschädlich. Der Sachverhalt ist richtig wiedergegeben. Um welche Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) es sich handelt, ist rechtlich irrelevant. Im Übrigen war ausweislich des Strafbefehls in der Ecstasy-Tablette ein Wirkstoffgehalt von 60 mg MDMA enthalten. MDMA gehört zur Gruppe der Amphetamine. Es liegt insoweit entgegen dem Beschwerdevorbringen auch kein Anhörungsfehler vor, weil der Antragsteller „nie zum Besitz von Amphetamin“ angehört wurde. Ein solcher liegt auch nicht darin, dass der Sachvortrag des Antragstellers von der Behörde nicht beachtet worden wäre.

Auch dass der Antragsteller die Ecstasy-Tablette nicht geschluckt hat, spricht entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht gegen einen Konsum. Es ist nicht ersichtlich, welche Vorteile ihm das gebracht hätte. Das wäre weder der Annahme des Besitzes noch der Verurteilung wegen Handeltreibens entgegengestanden.

1.3 § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV sieht bei Vorliegen der Voraussetzungen die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens vor. Die Anordnung eines bloßen Urinscreenings oder einer Haarprobe wäre für den Nachweis, dass keine Drogen konsumiert wurden, nicht ausreichend.

1.4 Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 27. Juli 2016 nicht daraus, dass der Drogenbesitz bereits am 8. März 2015 gewesen war. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs ergeben, hat die Fahrerlaubnisbehörde die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Das gilt auch dann, wenn diese Maßnahmen über einen längeren Zeitraum vorher nicht oder - wie hier - mehrmals in anderer Weise ergriffen und später im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - hier wohl eher aus formellen Gründen - wieder aufgehoben worden sind. Maßgeblich ist allein, ob die Gefahr zum Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde noch besteht und nicht etwa durch Zeitablauf entfallen ist.

Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, der sich aus dessen Besitz ergibt, wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Besitz vor über einem Jahr festgestellt wurde. Das ist kein Zeitraum, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass die Gefahr nicht mehr besteht. Durch die zweimalige Aufhebung des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids ist auch kein schutzwürdiges Vertrauen entstanden, dass die Behörde die Maßnahme - in formell und materiell ordnungsgemäßer Weise - nicht wieder ergreift. Die sicherheitsrechtlich erforderliche Maßnahme wird durch Zeitablauf auch nicht unverhältnismäßig.

1.5 Soweit der Antragsteller ausführt, die Anordnung des Sofortvollzugs sei über ein Jahr nach dem Drogenfund nicht mehr gerechtfertigt, kann dem nicht gefolgt werden. Es entspricht der Pflicht des Staates zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben im Straßenverkehr (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), nur solche Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, deren Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4, Abs. 7 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1, § 46 Abs. 1 FeV). Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zur Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Verdacht besteht, dass der Antragsteller Drogen konsumiert. Der Konsum von Drogen lässt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung entfallen.

2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen. Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn eine Erkrankung oder ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder die bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird. Außerdem dürfen die Bewerber nicht erheblich oder nicht wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen haben, sodass dadurch die Eignung ausgeschlossen wird. Bewerber um die Fahrerlaubnis der Klasse D oder D1 und der Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung gemäß § 48 müssen auch die Gewähr dafür bieten, dass sie der besonderen Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen gerecht werden. Der Bewerber hat diese durch die Vorlage eines Führungszeugnisses nach § 30 Absatz 5 Satz 1 des Bundeszentralregistergesetzes nachzuweisen.

(2) Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, kann die Fahrerlaubnisbehörde zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens durch den Bewerber anordnen. Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen. Die Behörde bestimmt in der Anordnung auch, ob das Gutachten von einem

1.
für die Fragestellung (Absatz 6 Satz 1) zuständigen Facharzt mit verkehrsmedizinischer Qualifikation,
2.
Arzt des Gesundheitsamtes oder einem anderen Arzt der öffentlichen Verwaltung,
3.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Arbeitsmedizin“ oder der Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“,
4.
Arzt mit der Gebietsbezeichnung „Facharzt für Rechtsmedizin“ oder
5.
Arzt in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung, der die Anforderungen nach Anlage 14 erfüllt,
erstellt werden soll. Die Behörde kann auch mehrere solcher Anordnungen treffen. Der Facharzt nach Satz 3 Nummer 1 soll nicht zugleich der den Betroffenen behandelnde Arzt sein.

(3) Die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung (medizinisch-psychologisches Gutachten) kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 1 und 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 4 ein medizinisch-psychologisches Gutachten zusätzlich erforderlich ist,
2.
zur Vorbereitung einer Entscheidung über die Befreiung von den Vorschriften über das Mindestalter,
3.
bei erheblichen Auffälligkeiten, die im Rahmen einer Fahrerlaubnisprüfung nach § 18 Absatz 3 mitgeteilt worden sind,
4.
bei einem erheblichen Verstoß oder wiederholten Verstößen gegen verkehrsrechtliche Vorschriften,
5.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr steht, oder bei Straftaten, die im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehen,
6.
bei einer erheblichen Straftat, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung steht, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen oder die erhebliche Straftat unter Nutzung eines Fahrzeugs begangen wurde,
7.
bei Straftaten, die im Zusammenhang mit der Kraftfahreignung stehen, insbesondere wenn Anhaltspunkte für ein hohes Aggressionspotenzial bestehen,
8.
wenn die besondere Verantwortung bei der Beförderung von Fahrgästen nach Absatz 1 zu überprüfen ist oder
9.
bei der Neuerteilung der Fahrerlaubnis, wenn
a)
die Fahrerlaubnis wiederholt entzogen war oder
b)
der Entzug der Fahrerlaubnis auf einem Grund nach den Nummern 4 bis 7 beruhte.
Unberührt bleiben medizinisch-psychologische Begutachtungen nach § 2a Absatz 4 und 5 und § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes sowie § 10 Absatz 2 und den §§ 13 und 14 in Verbindung mit den Anlagen 4 und 5 dieser Verordnung.

(4) Die Beibringung eines Gutachtens eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers für den Kraftfahrzeugverkehr kann zur Klärung von Eignungszweifeln für die Zwecke nach Absatz 2 angeordnet werden,

1.
wenn nach Würdigung der Gutachten gemäß Absatz 2 oder Absatz 3 ein Gutachten eines amtlich anerkannten Sachverständigen oder Prüfers zusätzlich erforderlich ist oder
2.
bei Behinderungen des Bewegungsapparates, um festzustellen, ob der Behinderte das Fahrzeug mit den erforderlichen besonderen technischen Hilfsmitteln sicher führen kann.

(5) Für die Durchführung der ärztlichen und der medizinisch-psychologischen Untersuchung sowie für die Erstellung der entsprechenden Gutachten gelten die in der Anlage 4a genannten Grundsätze.

(6) Die Fahrerlaubnisbehörde legt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls und unter Beachtung der Anlagen 4 und 5 in der Anordnung zur Beibringung des Gutachtens fest, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind. Die Behörde teilt dem Betroffenen unter Darlegung der Gründe für die Zweifel an seiner Eignung und unter Angabe der für die Untersuchung in Betracht kommenden Stelle oder Stellen mit, dass er sich innerhalb einer von ihr festgelegten Frist auf seine Kosten der Untersuchung zu unterziehen und das Gutachten beizubringen hat; sie teilt ihm außerdem mit, dass er die zu übersendenden Unterlagen einsehen kann. Der Betroffene hat die Fahrerlaubnisbehörde darüber zu unterrichten, welche Stelle er mit der Untersuchung beauftragt hat. Die Fahrerlaubnisbehörde teilt der untersuchenden Stelle mit, welche Fragen im Hinblick auf die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen zu klären sind und übersendet ihr die vollständigen Unterlagen, soweit sie unter Beachtung der gesetzlichen Verwertungsverbote verwendet werden dürfen. Die Untersuchung erfolgt auf Grund eines Auftrags durch den Betroffenen.

(7) Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt die Anordnung zur Beibringung des Gutachtens.

(8) Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen. Der Betroffene ist hierauf bei der Anordnung nach Absatz 6 hinzuweisen.

(9) Unbeschadet der Absätze 1 bis 8 haben die Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis der Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE oder D1E zur Feststellung ihrer Eignung der Fahrerlaubnisbehörde einen Nachweis nach Maßgabe der Anlage 5 vorzulegen.

(10) Hat der Betroffene an einem Kurs teilgenommen, um festgestellte Eignungsmängel zu beheben, genügt in der Regel zum Nachweis der Wiederherstellung der Eignung statt eines erneuten medizinisch-psychologischen Gutachtens eine Teilnahmebescheinigung, wenn

1.
der betreffende Kurs nach § 70 anerkannt ist,
2.
auf Grund eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer Begutachtungsstelle für Fahreignung die Teilnahme des Betroffenen an dieser Art von Kursen als geeignete Maßnahme angesehen wird, seine Eignungsmängel zu beheben,
3.
der Betroffene nicht Inhaber einer Fahrerlaubnis ist und
4.
die Fahrerlaubnisbehörde der Kursteilnahme nach Nummer 2 vor Kursbeginn zugestimmt hat.
Wurde die Beibringung eines Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung nach § 4 Absatz 10 Satz 4 des Straßenverkehrsgesetzes oder nach § 11 Absatz 3 Nummer 4 bis 7 angeordnet, findet Satz 1 keine Anwendung.

(11) Die Teilnahmebescheinigung muss

1.
den Familiennamen und Vornamen, den Tag und Ort der Geburt und die Anschrift des Seminarteilnehmers,
2.
die Bezeichnung des Seminarmodells und
3.
Angaben über Umfang und Dauer des Seminars
enthalten. Sie ist vom Seminarleiter und vom Seminarteilnehmer unter Angabe des Ausstellungsdatums zu unterschreiben. Die Ausstellung der Teilnahmebescheinigung ist vom Kursleiter zu verweigern, wenn der Teilnehmer nicht an allen Sitzungen des Kurses teilgenommen oder die Anfertigung von Kursaufgaben verweigert hat.

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Tenor

Der Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 8. November 2011 - 13 LA 81/11 - verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 Satz 1 des Grundgesetzes. Der Beschluss wird aufgehoben. Die Sache wird an das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.

Das Land Niedersachsen hat den Beschwerdeführern ihre notwendigen Auslagen für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zu erstatten.

Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

1

Mit ihrer Verfassungsbeschwerde beanstanden die Beschwerdeführer insbesondere, dass das Oberverwaltungsgericht ihren Antrag auf Zulassung der Berufung gegen ein verwaltungsgerichtliches Urteil über ihre Klage gegen einen deichrechtlichen Planfeststellungsbeschluss abgelehnt hat.

A.

I.

2

1. Die Beschwerdeführer sind Eigentümer der an der Alten Aller gelegenen Flurstücke X, Y und Z, von denen eines mit einem Wohnhaus und Nebengebäuden bebaut ist.

3

2. Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz stellte mit Beschluss vom 11. Dezember 2008 auf Antrag eines Deichverbands einen Plan für die Verbesserung der Deichsicherheit auf einem Streckenabschnitt von ungefähr 4 km fest. Der festgestellte Plan übernimmt auch einen Änderungsantrag des Deichverbands vom 7. Juli 2008. In diesem wird ausgeführt, für den Bereich der Flurstücke X, Y und Z habe der Antrag bisher die Herstellung einer neuen Hochwasserschutzmauer sowie die Anlage eines Deichverteidigungswegs zwischen der neuen Hochwassermauer und dem Wohngebäude der Beschwerdeführer auf dem Flurstück X vorgesehen. Aufgrund der doch nicht unerheblichen Vorteile eines grünen Deiches gegenüber einer Hochwasserschutzwand im Hinblick auf Sicherheit und Unterhaltungskosten habe die ursprüngliche Planung aus heutiger Sicht, nicht zuletzt auch aufgrund neuerer Vorgaben zur Finanzierung, einer neuen Bewertung bedurft. Im Ergebnis sei danach, soweit möglich, auch hier der grüne Deich zu realisieren. Der Bau des Deiches solle auf dem Flurstück Y erfolgen. Der dauerhaft in Anspruch genommene Flächenanteil dieses Flurstücks betrage 3.100 qm.

4

3. Das Verwaltungsgericht wies die Klage der Beschwerdeführer gegen den Planfeststellungsbeschluss weitgehend ab.

5

Eine Verletzung des Abwägungsgebotes könnten die Beschwerdeführer nicht mit Erfolg geltend machen. Der beklagte Landesbetrieb (im Folgenden: Beklagter) habe bei seiner Abwägungsentscheidung die Belange der Beschwerdeführer berücksichtigt. Das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Z werde im Umfang von 830 qm für den Neubau des Deichkörpers in Anspruch genommen. Eine Flächeninanspruchnahme sei bei der Entscheidung zugunsten des grünen Deiches in diesem Umfang geboten. Eine wesentliche Beeinträchtigung ihres verbleibenden Grundbesitzes ergebe sich daraus nicht, zumal auch bei einer Erhöhung der vorhandenen Flutschutzmauer, wie dies die Beschwerdeführer wünschten, Beeinträchtigungen ihres Grundbesitzes zu erwarten wären. Die Flächeninanspruchnahme sei dann allerdings geringer. Auch die Belange des Naturschutzes würden gewahrt. Denn der vorhandene Teich, der als Biotop einzustufen sei, werde an anderer Stelle neu hergestellt. Eine erhebliche Beeinträchtigung des vorhandenen Fauna-Flora-Habitat-Gebiets (FFH-Gebiet) sei zudem durch die geplante Trassierung nicht zu erwarten. Dies wäre allenfalls bei einer Verlegung des Deiches in östlicher Richtung, also auf das Flurstück Y, der Fall. Dieses Flurstück werde aber durch die Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt, hiervon werde lediglich während der Bauzeit ein Arbeitsstreifen in Anspruch genommen.

6

4. Das Oberverwaltungsgericht lehnte den Antrag der Beschwerdeführer auf Zulassung der Berufung gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil ab.

7

Der von den Beschwerdeführern geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sei nicht hinreichend dargetan und liege zudem nicht vor. Die Beschwerdeführer hätten die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht hinreichend in Frage gestellt, dass der Planfeststellungsbeschluss dem Abwägungsgebot entspreche.

8

Die Beschwerdeführer seien durch die Deicherneuerungsmaßnahme unmittelbar in ihrem Eigentumsrecht betroffen. Sie hätten deshalb einen Anspruch auf eine umfassende gerichtliche Abwägungskontrolle.

9

Das Abwägungsgebot habe in der Rechtsprechung zu der gerichtlichen Überprüfung von Planungsalternativen in Bezug auf abweichende Standorte beziehungsweise Trassen eine nähere Ausformung erfahren, die sich auch auf die Bestimmung einer Deichlinienführung für einen der Planfeststellung unterliegenden Deichbau übertragen ließe: Ernsthaft in Betracht kommende Alternativlösungen müssten bei der Zusammenstellung des Abwägungsmaterials berücksichtigt werden und mit der ihnen zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Alternativen jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange eingehen. Die eigentliche planerische Auswahlentscheidung zwischen verschiedenen Alternativen unterliege nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle. Eine Planfeststellungsbehörde handele nicht schon dann fehlerhaft, wenn eine von ihr verworfene Trassenführung ebenfalls aus guten Gründen vertretbar gewesen wäre. Die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit bei der Trassenwahl seien erst dann überschritten, wenn sich eine andere als die gewählte Trassenführung unter Berücksichtigung aller abwägungserheblichen Belange eindeutig als die bessere, weil öffentliche und private Belange insgesamt schonendere hätte aufdrängen müssen, oder wenn der Planfeststellungsbehörde infolge einer fehlerhaften Ermittlung, Bewertung oder Gewichtung einzelner Belange ein rechtserheblicher Fehler unterlaufen sei.

10

Einen derartigen Fehler hätten die Beschwerdeführer in ihrer Zulassungsbegründung nicht darzulegen vermocht.

11

So sei die dauerhafte Inanspruchnahme des im Eigentum der Beschwerdeführer stehenden Flurstücks Y durch die Erstellung eines grünen Deichs anstelle der Verstärkung und Erhöhung der alten Hochwasserschutzmauer Gegenstand der Abwägung des Planfeststellungsbeschlusses gewesen. Der Änderungsantrag des Beigeladenen vom 7. Juli 2008 weise eindeutig darauf hin, dass alle beschriebenen Maßnahmen (Errichtung eines grünen Deiches anstelle einer Hochwasserschutzmauer) auf dem Flurstück Y zu realisieren seien. Der Änderungsantrag sei ebenso wie der zugehörige Lageplan Bestandteil des Planfeststellungsbeschlusses und damit Gegenstand der Abwägung geworden. Dass dieser Belang auch tatsächlich inhaltlich abgewogen worden sei, ergebe sich aus den Ausführungen des Planfeststellungsbeschlusses. Danach seien die Eigentumsbelange der Beschwerdeführer, die aufgrund der Vorgabe, dass ein grüner Deich errichtet werden müsse, betroffen würden, in die Abwägung eingestellt worden, hätten aber hinter die Belange des Hochwasserschutzes zurücktreten müssen. Einzig denkbare Alternative zur Verwirklichung des Hochwasserschutzes im Bereich des Wohnhauses der Beschwerdeführer sei die Herstellung eines grünen Deiches auf der Trasse des jetzigen Deiches. Dies hätte aber den Abriss dieses Wohnhauses zur Folge, was ungleich schwerer wiege als die Inanspruchnahme von Weideland.

12

Allerdings sei das Verwaltungsgericht offensichtlich irrig davon ausgegangen, das Flurstück Y werde nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens in Anspruch genommen. Dies sei jedoch für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils ohne Bedeutung, da die dauerhafte teilweise Inanspruchnahme dieses Grundstücks - wie dargelegt - durch den Beklagten ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden sei, mithin kein Abwägungsfehler vorliege, der der Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht entgegenstünde.

13

Zu Recht habe das Verwaltungsgericht auch die Errichtung eines grünen Deiches vor dem Wohnhaus der Beschwerdeführer anstelle der ursprünglich geplanten Verstärkung und Erhöhung der vorhandenen Hochwasserschutzmauer als abwägungsfehlerfrei angesehen. Insoweit habe es zutreffend auf die Schwachstellen im Übergangsbereich einer Hochwasserschutzmauer zu dem sich anschließenden grünen Deich hingewiesen. Zu Recht habe es dabei auch darauf abgestellt, dass eine notfallmäßige Erhöhung durch Sandsäcke bei einem grünen Deich einfacher und sicherer zu bewerkstelligen sei, als dies bei einer Hochwasserschutzmauer der Fall wäre. Dies ergebe sich schon aufgrund der breiteren zur Verfügung stehenden Grundfläche und bedürfe keiner weiteren Erläuterung.

II.

14

1. Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Verfassungsbeschwerde gegen den Planfeststellungsbeschluss, das Urteil des Verwaltungsgerichts und die Nichtzulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht. Sie rügen eine Verletzung von Art. 19 Abs. 4 und Art. 14 Abs. 1 GG und machen unter anderem geltend, der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletze ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz, weil er die Anforderungen an die Darlegung der verschiedenen Zulassungsgründe überspanne.

15

Hinsichtlich des Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hätten sie aufgezeigt, dass sich eine erhebliche Tatsachenfeststellung des erstinstanzlichen Urteils schlüssig in Frage stellen lasse. Das Verwaltungsgericht gehe in seinem Urteil davon aus, dass das in ihrem Eigentum stehende Flurstück Y nicht auf Dauer, sondern lediglich für die Bauzeit in geringem Umfang beeinträchtigt werde. Mit der Feststellung dieser Tatsache gehe das Verwaltungsgericht außerdem davon aus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung des sich dort befindenden FFH-Gebiets nicht zu erwarten sei. Sie hätten dargelegt, dass entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts 3.100 qm des Flurstücks Y dauerhaft in Anspruch genommen werden sollten. Insoweit stimmten die Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht mit dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss überein.

16

Diese Fehleinschätzung sei für das Urteil des Verwaltungsgerichts auch erheblich, denn sie betreffe die Art und Weise sowie den Umfang der Inanspruchnahme ihres Grundeigentums, darüber hinaus aber auch die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von ihnen rügefähige Frage der Vereinbarkeit des angegriffenen Planfeststellungsbeschlusses mit (europäischem) Naturschutzrecht. Erheblich sei sie auch insofern, als das Verwaltungsgericht auf die Feststellung seine Überprüfung der dem angegriffenen Planfeststellungsbeschluss zugrunde liegenden Abwägung stütze und hiernach in dem Urteil zu dem Schluss komme, die Beklagte habe ihre Belange hinreichend berücksichtigt.

17

Die Zweifel an der Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichts habe das Oberverwaltungsgericht im Grunde zwar auch erkannt, die "irrige" Annahme des Verwaltungsgerichts zu der Inanspruchnahme des Flurstücks Y jedoch als für die Ergebnisrichtigkeit des angefochtenen Urteils unbedeutend angesehen. Die angebliche Ergebnisrichtigkeit des Urteils begründe das Oberverwaltungsgericht damit, dass die Planfeststellungsbehörde die Inanspruchnahme des Flurstücks Y ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt habe. Mit dieser Würdigung greife das Oberverwaltungsgericht aber dem eigentlichen Berufungsverfahren vor. Unabhängig davon seien erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts dargetan, wenn sich aus dem Vorbringen ergebe, dass das Urteil auf der fehlerhaften Annahme von in Anspruch genommenen Flächen fuße, denn es sei Aufgabe des Verwaltungsgerichts zu prüfen, ob die Belange tatsächlich ordnungsgemäß in die Abwägung eingestellt worden seien.

18

2. Die Niedersächsische Landesregierung sowie der Beklagte und der im Ausgangsverfahren beigeladene Deichverband hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten der Ausgangsverfahren sind beigezogen.

B.

19

Die Verfassungsbeschwerde hat hinsichtlich des Beschlusses des Oberverwaltungsgerichts Erfolg.

I.

20

Soweit die Verfassungsbeschwerde sich gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts richtet, ist sie zulässig (1.) und begründet (2.). Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts verletzt die Beschwerdeführer in ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG. Er ist aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 95 Abs. 2 BVerfGG).

21

1. Der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde steht nicht entgegen, dass die Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts keine Anhörungsrüge nach § 152a VwGO erhoben haben. Dies war weder zur Erschöpfung des Rechtswegs (a) noch wegen der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde (b) geboten.

22

a) aa) Wird mit der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) geltend gemacht, so gehört eine Anhörungsrüge an das Fachgericht zu dem Rechtsweg, von dessen Erschöpfung die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde gemäß § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG im Regelfall abhängig ist (vgl. BVerfGE 122, 190 <198>; 126, 1 <17>). Erheben Beschwerdeführer in einem solchen Fall keine Anhörungsrüge, obwohl sie statthaft und nicht offensichtlich aussichtslos wäre, hat das zur Folge, dass die Verfassungsbeschwerde insgesamt unzulässig ist, sofern die damit gerügten Grundrechtsverletzungen denselben Streitgegenstand betreffen wie der geltend gemachte Gehörsverstoß(vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10).

23

Wird die Rüge einer Gehörsverletzung hingegen weder ausdrücklich noch der Sache nach zum Gegenstand der Verfassungsbeschwerde gemacht oder wird die zunächst wirksam im Verfassungsbeschwerdeverfahren erhobene Rüge einer Gehörsverletzung wieder zurückgenommen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), hängt die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde unter dem Gesichtspunkt des Gebots der Rechtswegerschöpfung nicht von der vorherigen Durchführung eines fachgerichtlichen Anhörungsrügeverfahrens ab. Wurde ein Anhörungsrügeverfahren vor dem letztinstanzlichen Fachgericht durchgeführt, mit der Verfassungsbeschwerde aber kein Gehörsverstoß gerügt - etwa weil sich die Beschwerdeführer insoweit von den Gründen des die Anhörungsrüge zurückweisenden Beschlusses haben überzeugen lassen -, zählt dieses Anhörungsrügeverfahren, wenn es nicht offensichtlich aussichtslos war, gleichwohl zum Rechtsweg und wirkt damit fristbestimmend für die Verfassungsbeschwerde.

24

bb) Die Beschwerdeführer machen mit ihrer Verfassungsbeschwerde weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung ihres Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs geltend.

25

Die Begründung der Verfassungsbeschwerde enthält allerdings Ausführungen, die - isoliert betrachtet - als Rügen einer Gehörsverletzung gedeutet werden könnten. So beanstanden die Beschwerdeführer unter anderem, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung eines FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe. Dieses Vorbringen kann bei sachdienlicher Auslegung nicht als Rüge einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 GG verstanden werden. Es dient im Zusammenhang der Verfassungsbeschwerde eindeutig dem Ziel zu begründen, dass das Oberverwaltungsgericht unter Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG den Berufungszulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie den der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache verkannt habe. Dass die Beschwerdeführer ungeachtet dessen mit diesen Ausführungen gleichwohl der Sache nach einen Gehörsverstoß rügen wollen, kann nach dem Grundsatz wohlwollender Auslegung prozessualer Anträge im Sinne des erkennbaren Rechtsschutzanliegens auch deshalb nicht angenommen werden, weil ihrem Vorbringen ansonsten ein Verständnis unterlegt würde, das mangels Erhebung einer Anhörungsrüge zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde führen würde.

26

b) Die Erhebung der Anhörungsrüge nach § 152a VwGO war hier auch nicht mit Rücksicht auf den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde geboten.

27

aa) Dieser in § 90 Abs. 2 BVerfGG zum Ausdruck kommende Grundsatz verlangt, dass Beschwerdeführer alle nach Lage der Dinge zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen, um die geltend gemachte Grundrechtsverletzung schon im fachgerichtlichen Verfahren zu verhindern oder zu beseitigen (vgl. BVerfGE 107, 395 <414>; 112, 50 <60>). Das kann auch bedeuten, dass Beschwerdeführer zur Wahrung des Subsidiaritätsgebots gehalten sind, im fachgerichtlichen Verfahren eine Gehörsverletzung mit den gegebenen Rechtsbehelfen, insbesondere mit einer Anhörungsrüge, selbst dann anzugreifen, wenn sie im Rahmen der ihnen insoweit zustehenden Dispositionsfreiheit mit der Verfassungsbeschwerde zwar keinen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG rügen wollen (vgl. BVerfGE 126, 1 <17>), durch den fachgerichtlichen Rechtsbehelf aber die Möglichkeit wahren, dass bei Erfolg der Gehörsverletzungsrüge in den vor den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen, durch die sie sich beschwert fühlen, beseitigt werden (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Denn die Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführer enthebt sie nicht ohne Weiteres der Beachtung des Subsidiaritätsgebotes; als Voraussetzung der Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde ist dieses der Verfügungsmacht der Beschwerdeführer entzogen.

28

Die Verweisung auf die Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde steht allerdings unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit einer anderweitigen prozessualen Möglichkeit zur Abhilfe (stRspr, vgl. nur BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 11. Juli 2012 - 1 BvR 3142/07,1 BvR 1569/08 -, NJW 2012, S. 3081 <3082 [Tz. 45]>). Zur Vermeidung der Unzulässigkeit einer Verfassungsbeschwerde, bei der sie sich nicht auf eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG berufen, müssen Beschwerdeführer daher aus Gründen der Subsidiarität eine Anhörungsrüge oder den sonst gegen eine Gehörsverletzung gegebenen Rechtsbehelf nur dann ergreifen, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die Fachgerichte nahe liegt und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden.

29

Das Subsidiaritätsgebot greift danach in den hier in Rede stehenden Fällen insbesondere dann, wenn auf der Hand liegt, dass mit dem Beschwerdevorbringen der Sache nach ein Gehörsverstoß gerügt wird, die Beschwerdeführer aber ersichtlich mit Rücksicht darauf, dass kein Anhörungsrügeverfahren durchgeführt wurde, ausschließlich die Verletzung eines anderen Grundrechts oder grundrechtsgleichen Rechts geltend machen, das durch ein solches Vorgehen des Gerichts gleichfalls verletzt sein kann (vgl. dazu BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 14. Juli 2011 - 1 BvR 1468/11 -, juris).

30

Die Möglichkeit, über eine erfolgreiche Anhörungsrüge die Beseitigung anderweitiger Grundrechtsverletzungen zu erreichen, besteht im Übrigen von vornherein nur in dem Umfang, als diese denselben Streitgegenstand betreffen wie die geltend gemachte Gehörsverletzung (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 25. April 2005 - 1 BvR 644/05 -, juris Rn. 10). Nur insoweit kann aus dem Subsidiaritätsgrundsatz die Obliegenheit der Erhebung einer Anhörungsrüge auch für den Fall abgeleitet werden, dass mit der Verfassungsbeschwerde kein Gehörsverstoß gerügt wird.

31

bb) Gemessen hieran verletzt es nicht den Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde, dass die Beschwerdeführer es unterlassen haben, eine Anhörungsrüge gegen den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts über die Ablehnung der Zulassung der Berufung zu erheben.

32

Soweit die Beschwerdeführer beanstanden, dass das Oberverwaltungsgericht auf die von ihnen gerügte Beeinträchtigung des FFH-Gebiets gar nicht eingegangen sei und auch den Einwand unberücksichtigt gelassen habe, dass nach langem Vorlauf im Planungsverfahren unvermittelt eine Planänderung stattgefunden habe, ist schon zweifelhaft, ob dieser Vortrag, selbst wenn er in der Sache zuträfe, überhaupt geeignet ist, eine Gehörsverletzung zu begründen. Wird bestimmter Vortrag in einer gerichtlichen Entscheidung nicht erwähnt, lässt dies nämlich nur unter besonderen Umständen den Rückschluss auf die Nichtberücksichtigung entscheidungserheblichen Vorbringens zu (vgl. BVerfGE 96, 205 <216 f.>). Das hier in Frage stehende, für die Geltendmachung einer Gehörsverletzung eher unspezifische Vorbringen der Beschwerdeführer ist zudem eindeutig und sinnvoll in die Rüge einer Verletzung von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eingebunden, die sich gegen die Verneinung des Berufungszulassungsgrunds der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils sowie der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache richtet. Es gibt insbesondere keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführer damit lediglich eine Versäumung der Anhörungsrüge umgehen wollten. Sie müssen sich daher nicht entgegenhalten lassen, dass die Erhebung einer Anhörungsrüge nahe gelegen hätte und zu erwarten gewesen wäre, dass ein vernünftiger Verfahrensbeteiligter eine Anhörungsrüge erhoben hätte.

33

2. Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die Auslegung und Anwendung der Vorschriften über die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht wird der verfassungsrechtlichen Verbürgung effektiven Rechtsschutzes nicht gerecht.

34

a) Das Gebot effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet keinen Anspruch auf die Errichtung eines bestimmten Instanzenzuges (vgl. BVerfGE 104, 220 <231>; 125, 104 <136>; stRspr). Hat der Gesetzgeber jedoch mehrere Instanzen geschaffen, darf der Zugang zu ihnen nicht in unzumutbarer und durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise erschwert werden (vgl. BVerfGE 104, 220 <232>; 125, 104 <137>; stRspr). Das Gleiche gilt, wenn das Prozessrecht - wie hier die §§ 124, 124a VwGO - den Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit gibt, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Aus diesem Grunde dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe nicht derart erschwert werden, dass sie auch von einem durchschnittlichen, nicht auf das gerade einschlägige Rechtsgebiet spezialisierten Rechtsanwalt mit zumutbarem Aufwand nicht mehr erfüllt werden können und die Möglichkeit, die Zulassung eines Rechtsmittels zu erstreiten, für den Rechtsmittelführer leerläuft. Dies gilt nicht nur hinsichtlich der Anforderungen an die Darlegung der Zulassungsgründe gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, sondern in entsprechender Weise für die Auslegung und Anwendung der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO selbst (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>). Mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes unvereinbar ist eine Auslegung und Anwendung des § 124 Abs. 2 VwGO danach dann, wenn sie sachlich nicht zu rechtfertigen ist, sich damit als objektiv willkürlich erweist und den Zugang zur nächsten Instanz unzumutbar erschwert (vgl. BVerfGE 125, 104 <137>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 10. September 2009 - 1 BvR 814/09 -, NJW 2009, S. 3642).

35

b) Das Oberverwaltungsgericht hat durch seine Handhabung des Zulassungsgrundes nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO den Zugang zur Berufungsinstanz in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verengt und dadurch das Gebot effektiven Rechtsschutzes verletzt.

36

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines verwaltungsgerichtlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) sind immer schon dann begründet, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfGE 125, 104 <140>). Dies ist den Beschwerdeführern gelungen. Sie haben aufgezeigt, dass das Verwaltungsgericht in einem für ihr Grundeigentum und damit für die Entscheidung wesentlichen Punkt von falschen Annahmen über die Festsetzungen im Planfeststellungsbeschluss ausgegangen ist. Das Oberverwaltungsgericht hat mit einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Begründung gleichwohl die Berufung nicht zugelassen.

37

Das Urteil des Verwaltungsgerichts geht von der Annahme aus, das im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Flurstück Y werde durch die mit dem Planfeststellungsbeschluss zugelassene Maßnahme nicht auf Dauer beeinträchtigt; vielmehr werde lediglich während der Bauzeit ein Streifen dieses Flurstücks in Anspruch genommen.

38

Die Beschwerdeführer haben in der Begründung ihres Zulassungsantrags geltend gemacht, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass bereits im Änderungsantrag vom 7. Juli 2008 ausdrücklich von der Notwendigkeit der dauerhaften Inanspruchnahme von 3.100 qm des Flurstücks Y die Rede sei. Dementsprechend sei auch die Festsetzung im Planfeststellungsbeschluss erfolgt. Der Planfeststellungsbeschluss enthalte keine gerechte Abwägung ihrer Belange.

39

Das Oberverwaltungsgericht hat erkannt, dass das Verwaltungsgericht "offensichtlich irrig" von einer nur vorübergehenden Inanspruchnahme des Flurstücks Y nur für die Dauer der Bauzeit im Umfang eines Arbeitsstreifens ausgegangen ist. Dennoch hat es sich nicht dazu veranlasst gesehen, die Berufung aufgrund einer unzutreffenden Annahme der tatsächlichen Betroffenheit der Beschwerdeführer zuzulassen. Es hat vielmehr im Berufungszulassungsverfahren eine eigene Prüfung der fachplanerischen Abwägungsentscheidung vorgenommen und dabei das Urteil des Verwaltungsgerichts im Ergebnis für richtig befunden. Damit hat es in verfassungswidriger Weise Teile der dem Berufungsverfahren vorbehaltenen Sachprüfung in das Berufungszulassungsverfahren vorverlagert.

40

Zwar begegnet es keinen grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn das Berufungsgericht bei der Überprüfung des angefochtenen Urteils auf ernstliche Zweifel an seiner Richtigkeit (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) auf andere rechtliche oder tatsächliche Gesichtspunkte abstellt als das Verwaltungsgericht in den Entscheidungsgründen seines Urteils und wenn es - soweit rechtliches Gehör gewährt ist - die Zulassung der Berufung deshalb ablehnt, weil sich das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig erweist. Es widerspricht jedoch sowohl dem Sinn und Zweck des dem Berufungsverfahren vorgeschalteten Zulassungsverfahrens als auch der Systematik der in § 124 Abs. 2 VwGO geregelten Zulassungsgründe und kann den Zugang zur Berufung in sachlich nicht mehr zu rechtfertigender Weise einschränken, wenn das Berufungsgericht auf andere entscheidungstragende Gründe abstellt als das Verwaltungsgericht, die nicht ohne Weiteres auf der Hand liegen und deren Heranziehung deshalb über den mit Blick auf den eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahrens von ihm vernünftigerweise zu leistenden Prüfungsumfang hinausgeht (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - BVerwG 7 AV 4.03 -, NVwZ-RR 2004, S. 542 <543>).

41

Das Oberverwaltungsgericht hat die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Kontrolle der fachplanerischen Abwägungsentscheidung in einem für die Beschwerdeführer entscheidenden Punkt durch eine eigene Kontrolle ersetzt. Ob das Deichbauvorhaben die Eigentumsrechte der Beschwerdeführer gemessen an den damit verfolgten Zielen und den in Frage kommenden Vorhabenalternativen - hier insbesondere der von den Beschwerdeführern statt des Deichneubaus verlangten Ertüchtigung der Hochwasserschutzwand - unverhältnismäßig beeinträchtigt, hängt unter anderem maßgeblich von der mit den festgestellten Maßnahmen einhergehenden Eigentumsbelastung für die Beschwerdeführer ab. Dass es insofern für die Abwägungsentscheidung von erheblichem Gewicht ist, ob das Flurstück Y nur vorübergehend während der Bauzeit als Arbeitsstreifen oder dauerhaft in dem doch beträchtlichen Umfang von 3.100 qm in Anspruch genommen wird, liegt auf der Hand. Es war dem Oberverwaltungsgericht bei Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes verwehrt, im Berufungszulassungsverfahren, das insbesondere mangels eines förmlichen Beweisaufnahmeverfahrens den Beteiligten von vornherein weniger Einwirkungsmöglichkeiten auf die Tatsachenfeststellung einräumt als das Hauptsacheverfahren, diese Frage der Abgewogenheit des Planfeststellungsbeschlusses abweichend vom Verwaltungsgericht in der Sache zu entscheiden.

42

Da das Oberverwaltungsgericht die Zulassung der Berufung nicht ohne Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ablehnen konnte, beruht die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts auf diesem Verfassungsverstoß. Ob die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts darüber hinaus auch Art. 14 Abs. 1 GG verletzt, kann dahinstehen.

II.

43

Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Planfeststellungsbeschluss des beklagten Landesbetriebs wendet, bedarf es keiner Entscheidung. Durch die Aufhebung der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts ist der Rechtsweg vor den Fachgerichten wieder eröffnet und dadurch eine erneute fachgerichtliche Aufarbeitung des Ausgangsfalls möglich (vgl. BVerfGE 129, 1 <37>).

C.

44

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

45

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

(1) Betäubungsmittel im Sinne dieses Gesetzes sind die in den Anlagen I bis III aufgeführten Stoffe und Zubereitungen.

(2) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung von Sachverständigen durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III zu ändern oder zu ergänzen, wenn dies

1.
nach wissenschaftlicher Erkenntnis wegen der Wirkungsweise eines Stoffes, vor allem im Hinblick auf das Hervorrufen einer Abhängigkeit,
2.
wegen der Möglichkeit, aus einem Stoff oder unter Verwendung eines Stoffes Betäubungsmittel herstellen zu können, oder
3.
zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Verkehrs mit Betäubungsmitteln oder anderen Stoffen oder Zubereitungen wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit
erforderlich ist. In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können einzelne Stoffe oder Zubereitungen ganz oder teilweise von der Anwendung dieses Gesetzes oder einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung ausgenommen werden, soweit die Sicherheit und die Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs gewährleistet bleiben.

(3) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt in dringenden Fällen zur Sicherheit oder zur Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates Stoffe und Zubereitungen, die nicht Arzneimittel oder Tierarzneimittel sind, in die Anlagen I bis III aufzunehmen, wenn dies wegen des Ausmaßes der mißbräuchlichen Verwendung und wegen der unmittelbaren oder mittelbaren Gefährdung der Gesundheit erforderlich ist. Eine auf der Grundlage dieser Vorschrift erlassene Verordnung tritt nach Ablauf eines Jahres außer Kraft.

(4) Das Bundesministerium für Gesundheit (Bundesministerium) wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Anlagen I bis III oder die auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen zu ändern, soweit das auf Grund von Änderungen der Anhänge zu dem Einheits-Übereinkommen von 1961 über Suchtstoffe in der Fassung der Bekanntmachung vom 4. Februar 1977 (BGBl. II S. 111) und dem Übereinkommen von 1971 über psychotrope Stoffe (BGBl. 1976 II S. 1477) (Internationale Suchtstoffübereinkommen) oder auf Grund von Änderungen des Anhangs des Rahmenbeschlusses 2004/757/JI des Rates vom 25. Oktober 2004 zur Festlegung von Mindestvorschriften über die Tatbestandsmerkmale strafbarer Handlungen und die Strafen im Bereich des illegalen Drogenhandels (ABl. L 335 vom 11.11.2004, S. 8), der durch die Richtlinie (EU) 2017/2103 (ABl. L 305 vom 21.11.2017, S. 12) geändert worden ist, erforderlich ist.

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Der Angeklagte kann gegen den Strafbefehl innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung bei dem Gericht, das den Strafbefehl erlassen hat, schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle Einspruch einlegen. Die §§ 297 bis 300 und § 302 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 gelten entsprechend.

(2) Der Einspruch kann auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt werden.

(3) Soweit gegen einen Strafbefehl nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist, steht er einem rechtskräftigen Urteil gleich.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.750,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A2 und B (einschließlich Unterklassen) und der Verpflichtung zur Abgabe seines Führerscheins.

Mit Strafbefehl vom 23. Juni 2014 (hinsichtlich des Schuldspruchs rechtskräftig seit 31.7.2014) verurteilte das Amtsgericht München den Antragsteller wegen unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln, weil er am 5. April 2014 wissentlich und willentlich 0,6 Gramm Kokaingemisch mit sich geführt hatte.

Mit Schreiben vom 25. November 2014 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller deswegen auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens über seine Fahreignung hinsichtlich einer Einnahme von Betäubungsmitteln auf.

Weil der Antragsteller nachfolgend fünf Bestätigungen der FTC GmbH (Forensisch toxikologisches Centrum München) über Urinuntersuchungen auf Betäubungsmittel im Rahmen eines vom 23. April 2014 bis 23. April 2015 laufenden Abstinenzkontrollprogramms mit jeweils negativem Ergebnis vorgelegt hatte, widerrief die Fahrerlaubnisbehörde mit Schreiben vom 30. April 2015 die Anordnung zur ärztlichen Begutachtung und ordnete nunmehr die Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens auf der Grundlage des § 14 Abs. 2 Nr. 2 FeV an, weil aufgrund der Vorlage der Abstinenznachweise von einem Betäubungsmittelkonsum in der Vergangenheit ausgegangen werden müsse. Danach gingen bei der Fahrerlaubnisbehörde noch ein sechstes Untersuchungsergebnis und eine Abstinenzbestätigung der FTC GmbH vom 22. April 2015 ein.

Mit Schreiben vom 1. Juli 2015 hob die Fahrerlaubnisbehörde die Gutachtensanordnung vom 30. April 2015 auf. Unter dem 24. November 2015 forderte sie den Antragsteller auf der Grundlage des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV i. V. m. § 46 Abs. 3 FeV zur Vorlage eines ärztlichen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle für Fahreignung innerhalb von drei Monaten ab Zustellung des Schreibens auf. Die Anordnung - wegen des Strafbefehls aufgrund des Besitzes von Kokain am 5. April 2014 - erfolge nach pflichtgemäßem Ermessen. Zur Erstellung des Gutachtens wurden unter Berücksichtigung des erbrachten Abstinenznachweises über ein Jahr noch zwei Urinscreenings im Rahmen der ärztlichen Begutachtung nach näher dargestellten Kriterien gefordert. Das Gutachten sollte die Frage beantworten:

„Nimmt bzw. nahm die/der Untersuchte Betäubungsmittel im Sinne des BtMG oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe im Sinne des StVG ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 FeV in Frage stellen?“

Da der Antragsteller kein Gutachten vorlegte, entzog die Behörde ihm nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 4. Juli 2016 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1 des Bescheids), verlangte unter Androhung von Zwangsmitteln die Abgabe des Führerscheins (Nrn. 2 und 3) und ordnete die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 an.

Gegen den Bescheid erhob der Antragsteller Klage zum Verwaltungsgericht München. Den gleichzeitig gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 19. August 2016 ab.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerde-verfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

Zur Begründung der Beschwerde trägt der Antragsteller vor, er habe die Folienplombe erst wenige Minuten vor der Razzia der Polizei zur Aufbewahrung überreicht erhalten. Ein „Dritter“, der tatsächlich im Besitz der Droge gewesen sei, habe den Antragsteller gebeten, sie für ihn zu verwahren. Dieser habe die in die Bar eintretenden Drogenfahnder erkannt und, da er als Drogenkonsument bekannt gewesen sei, befürchtet, dass er mit einer Leibesvisitation zu rechnen habe - im Gegensatz zu dem völlig unbescholtenen Antragsteller. Die Antragsgegnerin und das Verwaltungsgericht behandelten den Antragsteller als Drogenkonsumenten, obwohl er durch die Urinscreenings nachgewiesen habe, dass er drogenfrei sei und kein Kokain konsumiere. Die erneute Anordnung eines ärztlichen Gutachtens sei unverhältnismäßig, da der Antragsteller bereits den Beweis erbracht gehabt habe, dass er über zwölf Monate drogenfrei gewesen sei.

1. Die Fahrerlaubnisbehörde hat auf die Nichteignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen geschlossen, da dieser das geforderte ärztliche Gutachten nicht vorgelegt hat. In der Gutachtensaufforderung hat sie ihm den Besitz eines Kokaingemischs zur Last gelegt. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf die Behörde bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der ärztlichen Untersuchung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U. v. 9.6.2005 - 3 C 25/04 - NJW 2005, 3081). Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV dann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinn des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Weil § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV als Indiz für die Einnahme von Betäubungsmitteln deren Besitz genügen lässt, muss dieser Besitz konkret nachgewiesen werden (BayVGH, B. v. 22.1.2008 - 11 CS 07.2766 - juris).

Es besteht kein Zweifel daran, dass der Antragsteller am 5. April 2014 im Besitz des Kokaingemischs war. Nach dem Polizeibericht vom 7. April 2014 wurde die Folienplombe (mit 0,60 g/netto Kokain) in der „Five-Pockettasche“ seiner Hose, die er zu diesem Zeitpunkt trug, aufgefunden. Damit hatte er die alleinige Verfügungsgewalt. Der vom Antragsteller beanstandete Begriff des Mitführens, den das Verwaltungsgericht verwendete, stammt aus dem Strafbefehl, hat aber auch keine weitere rechtliche Relevanz.

2. Die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens ist auch nicht ermessensfehlerhaft oder unverhältnismäßig. Es kann offenbleiben, ob der Besitz von Betäubungsmitteln (ausgenommen Cannabis) in jedem Fall die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens rechtfertigen kann oder ob weitere und konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen müssen, dass bei dem Besitzer auch die konkrete Absicht bestand, das Betäubungsmittel zu konsumieren. Bei dem Besitz einer kleinen, extra abgepackten Menge, die gerade für einen Einzelkonsum ausreicht, liegen solche Anhaltspunkte vor, soweit die Droge nicht zum Weiterverkauf bestimmt ist, was der Antragsteller nicht behauptet und wofür hier auch keine Anhaltspunkte bestehen.

Das Vorbringen des Antragstellers im Beschwerdeverfahren, er habe das Kokaingemisch für einen anderen aufbewahrt, ist nicht glaubhaft. Er hatte sich im Strafverfahren nicht zur Sache geäußert. Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (Schriftsatz vom 7.7.2016 S. 6) hat der Antragsteller einen Fremdbesitz ausdrücklich nicht behauptet, sondern nur auf die Möglichkeit hingewiesen, dass es so gewesen sein könnte. Nach dem Polizeibericht vom 7. April 2014 wurden der Antragsteller und eine weitere Person dabei beobachtet, wie sie zusammen in eine Kabine der Herrentoilette „verschwanden“. Nachdem beide nach kurzer Zeit wieder herausgekommen seien, sei bei ihnen eine Personenkontrolle durchgeführt worden. Unter diesen Umständen ist die vom Antragsteller geschilderte Erwartung, er würde im Gegensatz zu der anderen, entsprechend polizeibekannten Person nicht kontrolliert werden, nicht nachvollziehbar. Der Verdacht des Eigenkonsums, der für die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens ausreicht, wurde daher nicht ausgeräumt.

Schließlich ist auch offensichtlich, dass der Verdacht durch die Vorlage von negativen Urinscreeningergebnissen nicht ausgeräumt werden kann, da das Gesetz ein ärztliches Gutachten verlangt. Ein solches erschöpft sich ersichtlich nicht in der Darstellung von Laborergebnissen von Urinuntersuchungen.

Der Senat folgt dem Antragsteller auch nicht in der Bewertung, es sei durch die Urinscreenings bewiesen, dass er kein Betäubungsmittel konsumiert habe. Die erste Urinuntersuchung erfolgte am 14. Mai 2014; damit kann nicht bewiesen werden, dass der Antragsteller bis wenige Tage vor diesem Datum keine Betäubungsmittel konsumiert hat. Eine zeitnahe Haaruntersuchung, die einen längeren rückwirkenden Zeitraum hätte abdecken können, hat der Antragsteller nicht vornehmen lassen, zumindest dessen Ergebnis nicht vorgelegt.

3. Die Antragsgegnerin hat auch nicht etwa ihre Befugnis, vom Antragsteller ein ärztliches Gutachten zu fordern, dadurch verwirkt, dass sie die erste dahingehende Gutachtensaufforderung vom 25. November 2014 mit Schreiben vom 30. April 2015 widerrief. Unabhängig von einem etwaigen vorausgehenden (Fehl-)Verhalten hat eine Sicherheitsbehörde wie hier die Fahrerlaubnisbehörde die vom Gesetz zur Gefahrenabwehr vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen, soweit die Gefahr noch besteht und nicht durch Zeitablauf entfallen ist. Eine Zusicherung, ein ärztliches Gutachten nicht (mehr) anzuordnen, liegt in der bloßen Aufhebung einer solchen Anordnung nicht.

Die Anordnung, zur Klärung der Eignung eines Fahrerlaubnisinhabers zum Führen eines Kraftfahrzeuges gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV wegen nachgewiesenen Drogenbesitzes ein ärztliches Gutachten beizubringen, ist nicht an die Einhaltung einer festen Frist nach dem Besitz gebunden. Entscheidend ist, ob unter Berücksichtigung aller Umstände noch hinreichende Anhaltspunkte zur Begründung eines Gefahrenverdachts bestehen. Die vom 5. April 2014 bis zur zweiten Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens am 24. November 2015 verstrichene Zeit ist kein Hinderungsgrund für die Anordnung gewesen. Der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, der sich aus dessen Besitz ergibt, wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Besitz vor über eineinhalb Jahren festgestellt wurde. Das ist kein Zeitraum, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass die Gefahr nicht mehr besteht.

4. Nur durch das angeordnete ärztliche Gutachten hätte geklärt werden können, ob der Antragsteller Drogen konsumiert hat. Wäre im ärztlichen Gutachten nicht positiv festgestellt worden, dass dies der Fall gewesen sei, hätte es damit sein Bewenden gehabt. Andernfalls hätte sich der Antragsteller, da er über ein Jahr Drogenfreiheit nachgewiesen hat und daher die Wiedererlangung seiner Fahreignung nach Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV zu prüfen gewesen wäre, einer medizinisch-psychologischen Untersuchung unterziehen müssen, um zu überprüfen, ob sein Einstellungswandel stabil und motivational gefestigt ist. Durch die Nichtbeibringung des zu Recht verlangten ärztlichen Gutachtens hat er sich beider Möglichkeiten begeben und die Behörde hat zu Recht gemäß § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf seine Nichteignung geschlossen.

5. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzu-weisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1, 46.2 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

6. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der 1986 geborene Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis des Klasse B (einschließlich Unterklassen).

Mit Strafbefehl vom 8. Mai 2015, im Schuldspruch rechtskräftig seit 9. Juni 2015, verurteilte ihn das Amtsgericht Kaufbeuren wegen vorsätzlichen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen. Dem Strafbefehl lag zugrunde, dass der Antragsteller am 8. März 2015 mehreren Personen Ecstasy und LSD angeboten hatte, wobei er eine Ecstasy-Tablette zum Preis von fünf Euro in der Hand gehalten hatte. Nach dem Bericht der Polizeiinspektion Kaufbeuren vom 13. April 2015 wurden bei der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers am 8. März 2015 mehrere Feinwaagen, ein Aufzuchtschema (Zucht, Pflege, Düngung) von Cannabis und ca. 5 g Cannabissamen gefunden. Laut einem freiwilligen Atemalkoholtest war der Antragsteller zur Tatzeit nüchtern (0,0 mg/l). Zeugen hätten ihn als möglicherweise unter Drogeneinfluss stehend geschildert.

Die Fahrerlaubnisbehörde forderte vom Antragsteller mehrmals die Vorlage eines Gutachtens sowie anderer Nachweise, und entzog ihm jeweils mit Bescheiden vom 8. Januar 2016 und 13. Mai 2016 die Fahrerlaubnis, hob die Bescheide später jedoch wieder auf.

Mit Schreiben vom 27. Juli 2016 ordnete die Fahrerlaubnisbehörde erneut die Vorlage eines Gutachtens eines Arztes in einer Begutachtungsstelle für Fahreignung mit einer Haaranalyse zur Klärung seines Konsumverhaltens bis zum 26. September 2016 an. Die Anordnung wurde auf die dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrunde liegende Tat und die bei der anschließenden Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Gegenstände gestützt. Es sei erwiesen, dass der Antragsteller im Besitz einer Ecstasy-Tablette gewesen sei. Der Besitz von geringen Mengen stelle ein Indiz für den Eigenkonsum dar. Das Gutachten habe folgende Frage zu klären: „Nimmt der Antragsteller Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder andere psychoaktiv wirkende Stoffe ein, die die Fahreignung nach Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung infrage stellen?“

Da der Antragsteller kein Gutachten vorlegte, entzog die Fahrerlaubnisbehörde ihm nach vorheriger Anhörung mit Bescheid vom 31. Oktober 2016 die Fahrerlaubnis und ordnete unter Androhung eines Zwangsgelds die Abgabe des Führerscheins innerhalb von fünf Tagen nach Zustellung des Bescheids sowie die sofortige Vollziehung an.

Über die gegen den Bescheid vom 31. Oktober 2016 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg noch nicht entschieden (Az. 7 K 16.1615). Den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage hat es mit Beschluss vom 9. Dezember 2016 abgelehnt.

Dagegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass der angefochtene Bescheid rechtswidrig wäre.

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 28. November 2016 (BGBl S. 2722), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 18. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21. Dezember 2016 (BGBl S. 3083), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich der Inhaber einer Fahrerlaubnis als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Bringt der Betreffende das Gutachten nicht fristgerecht bei, kann nach § 11 Abs. 8 FeV auf seine Ungeeignetheit geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist aber nur dann zulässig, wenn die Anordnung des Gutachtens formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - NJW 2002, 78). Dies ist hier nach der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren erforderlichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Fall.

1.1 Weil § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV als Indiz für die Einnahme von Betäubungsmitteln deren Besitz genügen lässt, muss dieser Besitz konkret nachgewiesen werden (BayVGH, B.v. 22.1.2008 - 11 CS 07.2766 - juris). Hier steht aufgrund des dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrundeliegenden Sachverhalts (vgl. § 3 Abs. 4 StVG) fest, dass der Antragsteller am 8. März 2015 Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besessen hat. Damit liegen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV vor.

1.2 Die Ermessensentscheidung der Fahrerlaubnisbehörde ist hier nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Sie hat bei dieser Entscheidung die Umstände des Einzelfalls zu würdigen. Die Fahrerlaubnisbehörde hat in der streitgegenständlichen Gutachtensbeibringungsanordnung vom 27. Juli 2016 zutreffend ausgeführt, dass der Besitz von Betäubungsmittel in geringen Mengen ein Indiz für den Eigenkonsum darstellt. Zudem hat es in den Gründen, die als Anlass für die Anordnung genannt wurden, angeführt, dass bei der Durchsuchung der Wohnung des Antragstellers am 8. März 2015 mehrere Feinwaagen, ein Aufzuchtschema (Zucht, Pflege, Düngung) von Cannabis und ca. 5 g Cannabissamen gefunden worden seien.

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss (BA S. 11) ausgeführt, dass Anhaltspunkte für Ermessensfehler der Behörde nicht bestünden, auch wenn die Ermessenserwägungen in der Gutachtensanforderung nur „äußerst sparsam“ dargestellt worden seien. Es liege aber auf der Hand, dass die Argumentation des Antragstellers, weil er nur wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln verurteilt worden sei, stehe fest, dass er keine Drogen konsumiere, nicht überzeugen könne. Der Konsum von Drogen sei an sich nicht strafbar. Dass im Strafverfahren auf etwaigen Konsum nicht eingegangen worden sei, sondern sich der Strafbefehl lediglich mit der Frage des Handeltreibens befasse, erlaube daher keineswegs den Schluss, dass ein Drogenkonsum des Antragstellers ausgeschlossen sei. Nur im letzteren Fall hätte die Behörde aber Anlass gehabt, auf die Abklärung der Frage, ob Konsum besteht, durch ein ärztliches Gutachten zu verzichten.

Der Senat teilt diese Auffassung im vorliegenden Fall. Nach dem dem Strafbefehl vom 8. Mai 2015 zugrunde liegenden Sachverhalt hat der Antragsteller am 8. März 2015 in einer Diskothek nicht nur Ecstasy angeboten, sondern auch LSD. Da LSD bei ihm nicht aufgefunden wurde, lässt das darauf schließen, dass der Antragsteller Zugang zu weiteren Betäubungsmitteln hatte. Nicht selten wird der Eigenkonsum durch Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in geringen Mengen finanziert. Auch die in der Wohnung des Antragstellers am 8. März 2015 aufgefundenen Drogenutensilien sprechen, auch wenn es sich dabei überwiegend um Cannabisutensilien (wohl mit Ausnahme der Feinwaagen) gehandelt hat, dafür, dass der Antragsteller deutlich mehr mit Drogen zu tun hat als den behaupteten einmaliger Verkaufsversuch einer Ecstasy-Tablette. Für die Anordnung der Beibringung eines ärztlichen Gutachtens gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV reicht der bloße Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes. Ob ein solcher Konsum tatsächlich vorliegt, hätte gerade durch das ärztliche Gutachten geklärt werden können.

Dass die Behörde im streitgegenständlichen Bescheid in der rechtlichen Würdigung mehrfach von Amphetaminbesitz spricht, ist unschädlich. Der Sachverhalt ist richtig wiedergegeben. Um welche Drogen im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) es sich handelt, ist rechtlich irrelevant. Im Übrigen war ausweislich des Strafbefehls in der Ecstasy-Tablette ein Wirkstoffgehalt von 60 mg MDMA enthalten. MDMA gehört zur Gruppe der Amphetamine. Es liegt insoweit entgegen dem Beschwerdevorbringen auch kein Anhörungsfehler vor, weil der Antragsteller „nie zum Besitz von Amphetamin“ angehört wurde. Ein solcher liegt auch nicht darin, dass der Sachvortrag des Antragstellers von der Behörde nicht beachtet worden wäre.

Auch dass der Antragsteller die Ecstasy-Tablette nicht geschluckt hat, spricht entgegen dem Beschwerdevorbringen nicht gegen einen Konsum. Es ist nicht ersichtlich, welche Vorteile ihm das gebracht hätte. Das wäre weder der Annahme des Besitzes noch der Verurteilung wegen Handeltreibens entgegengestanden.

1.3 § 14 Abs. 1 Satz 2 FeV sieht bei Vorliegen der Voraussetzungen die Anordnung eines ärztlichen Gutachtens vor. Die Anordnung eines bloßen Urinscreenings oder einer Haarprobe wäre für den Nachweis, dass keine Drogen konsumiert wurden, nicht ausreichend.

1.4 Entgegen dem Beschwerdevorbringen ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Gutachtensbeibringungsanordnung vom 27. Juli 2016 nicht daraus, dass der Drogenbesitz bereits am 8. März 2015 gewesen war. Liegen Tatsachen vor, aus denen sich Gefahren für die Sicherheit des Straßenverkehrs ergeben, hat die Fahrerlaubnisbehörde die vom Gesetz vorgesehenen Maßnahmen zu ergreifen. Das gilt auch dann, wenn diese Maßnahmen über einen längeren Zeitraum vorher nicht oder - wie hier - mehrmals in anderer Weise ergriffen und später im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - hier wohl eher aus formellen Gründen - wieder aufgehoben worden sind. Maßgeblich ist allein, ob die Gefahr zum Zeitpunkt des Ergreifens der Maßnahme der Fahrerlaubnisbehörde noch besteht und nicht etwa durch Zeitablauf entfallen ist.

Letzteres ist hier nicht der Fall. Der Verdacht des Konsums von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes, der sich aus dessen Besitz ergibt, wird nicht dadurch ausgeräumt, dass der Besitz vor über einem Jahr festgestellt wurde. Das ist kein Zeitraum, bei dem davon ausgegangen werden könnte, dass die Gefahr nicht mehr besteht. Durch die zweimalige Aufhebung des Fahrerlaubnisentziehungsbescheids ist auch kein schutzwürdiges Vertrauen entstanden, dass die Behörde die Maßnahme - in formell und materiell ordnungsgemäßer Weise - nicht wieder ergreift. Die sicherheitsrechtlich erforderliche Maßnahme wird durch Zeitablauf auch nicht unverhältnismäßig.

1.5 Soweit der Antragsteller ausführt, die Anordnung des Sofortvollzugs sei über ein Jahr nach dem Drogenfund nicht mehr gerechtfertigt, kann dem nicht gefolgt werden. Es entspricht der Pflicht des Staates zum Schutz der Allgemeinheit vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben im Straßenverkehr (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG), nur solche Fahrzeugführer am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen, deren Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen gewährleistet ist (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 4, Abs. 7 Satz 1 StVG, § 11 Abs. 1, § 46 Abs. 1 FeV). Ein Fahrerlaubnisinhaber muss den Entzug dieser Berechtigung dann hinnehmen, wenn hinreichender Anlass zur Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen ordnungsgemäßen Ablauf resultiert; dieses Risiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung von Anfechtungsrechtsbehelfen gegen den für sofort vollziehbar erklärten Entzug einer Fahrerlaubnis wird deshalb in der Regel nur dann in Betracht kommen, wenn hinreichend gewichtige Gründe dafür sprechen, dass das von dem Betroffenen ausgehende Gefahrenpotential nicht nennenswert über dem des Durchschnitts aller motorisierten Verkehrsteilnehmer liegt. Dies ist hier nicht der Fall, weil der Verdacht besteht, dass der Antragsteller Drogen konsumiert. Der Konsum von Drogen lässt nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung entfallen.

2. Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nrn. 1.5 Satz 1 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, Anh. § 164 Rn. 14).

3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Zur Vorbereitung von Entscheidungen über die Erteilung oder die Verlängerung der Fahrerlaubnis oder über die Anordnung von Beschränkungen oder Auflagen ordnet die Fahrerlaubnisbehörde an, dass ein ärztliches Gutachten (§ 11 Absatz 2 Satz 3) beizubringen ist, wenn Tatsachen die Annahme begründen, dass

1.
Abhängigkeit von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), das zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 11. Mai 2011 (BGBl. I S. 821) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung oder von anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen,
2.
Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes oder
3.
missbräuchliche Einnahme von psychoaktiv wirkenden Arzneimitteln oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen
vorliegt. Die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn der Betroffene Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes widerrechtlich besitzt oder besessen hat. Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens kann angeordnet werden, wenn gelegentliche Einnahme von Cannabis vorliegt und weitere Tatsachen Zweifel an der Eignung begründen.

(2) Die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens ist für die Zwecke nach Absatz 1 anzuordnen, wenn

1.
die Fahrerlaubnis aus einem der in Absatz 1 genannten Gründe durch die Fahrerlaubnisbehörde oder ein Gericht entzogen war,
2.
zu klären ist, ob der Betroffene noch abhängig ist oder – ohne abhängig zu sein – weiterhin die in Absatz 1 genannten Mittel oder Stoffe einnimmt, oder
3.
wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24a des Straßenverkehrsgesetzes begangen wurden. § 13 Nummer 2 Buchstabe b bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.