Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Aug. 2015 - L 8 U 64/10

bei uns veröffentlicht am27.08.2015

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Augsburg vom 15. Januar 2010 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Entschädigung aus einem Arbeitsunfall vom 24.8.2003 aufgrund einer vom Kläger am 20.3.2007 geltend gemachten schweren Depression streitig.

Der 1956 geborene Kläger war als Unternehmer eines Gas-Wasser-Heizungs- und Installationsbetriebs versichert. Dabei erlitt er am 24.8.2003 (12:00 Uhr) einen Verkehrsunfall (Zusammenstoß in der Kreuzung), wozu er selbst eine Unfallanzeige am 27.8.2003 erstattete. Die Akte der Verkehrspolizei wurden Bestandteil der Verwaltungsvorgänge.

Am 24.8.2003 berichtete darüber der Durchgangsarzt im Klinikum A-Stadt. Der Kläger sei als angeschnallter Fahrer mit einem anderen Pkw ca. 20 km/ph schnell kollidiert. Mit anliegendem Stifneck mit Schmerzen in der Halswirbelsäule (HWS) und im Rücken sei er in die Klinik gekommen. Dort wurde eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäulenbeweglichkeit ohne Schmerzausstrahlung in die Arme festgestellt. Ein neurologisches Defizit fand sich ebenso wenig wie ein Thoraxkompressionsschmerz. Infolgedessen wurden eine Halswirbelsäulenverstauchung (-distorsion), eine Brustwirbelsäulenprellung, eine Prellung der linken clavicula, beider Handgelenke und des Steißbeins diagnostiziert. Röntgenbilder wurden angefertigt.

In der Folgezeit stellten der Allgemeinarzt M. und der Chirurg M. W. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus. Im Nachschaubericht vom 24.10.2003 teilte der Chirurg W. der Beklagten mit, durch die physikalischen Behandlungen sei das Gesundheitsniveau erreicht worden, welches vor dem Unfall bestanden habe, so dass der Kläger wegen der unfallfremden Wirbelsäulenerkrankung eine stationäre Reha-Maßnahme antreten könne, welche ihm bereits vor dem Unfall am 23.5.2003 von der LVA Schwaben genehmigt worden sei.

Vom 27.10.2003 bis 1.12.2003 wurde der Kläger in der B. Klinik in F-Stadt wegen eines chronischen Lendenwirbelsäulensyndroms und Coccygodynie, eines Brustwirbelsäulensyndroms und Cervikocephalgien stationär behandelt. Psychische Auffälligkeiten waren während des stationären Aufenthalts nicht zu eruieren. Der Kläger wurde für seine selbstständige Tätigkeit als arbeitsfähig entlassen.

Wegen der Fortdauer von Arbeitsunfähigkeit ergab sich Streit. Der Kläger behauptete, nur wegen Eintritts der Kurmaßnahme „gesundgeschrieben“ worden zu sein. Die Kurklinik bescheinigte, dass ihre Behandlung bis 11.12.2003 zum großen Teil wegen der Folgen des Arbeitsunfalls durchgeführt worden sei.

Auf Veranlassung der Beklagten erstellte der Chirurg Dr. K. am 29.4.2004 ein Gutachten. Danach seien die unfallbedingte Halswirbelsäulendistorsion und die Prellungen der Brustwirbelsäule und des linken Schlüsselbeins ausgeheilt. Großzügig beurteilt sei eine Arbeitsunfähigkeit bis 27.10.2003 anzunehmen, wie vom Chirurgen W. vorgeschlagen. Unfallbedingte Heilbehandlung bestehe nur bis 27.10.2003. Unfallunabhängig bestünden unter anderem langanhaltende Beschwerden im unteren Lendenwirbelsäulenbereich und im Ileosakralbereich, ein vordiagnostiziertes Cervicalsyndrom durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule sowie eine rechtsseitige Schultergelenksarthrose. Bereits 1997 seien ein Cervicalsyndrom, degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule und 1996 ein Hörsturz links diagnostiziert worden sowie. Dies wurde einer chronologischen Aufstellung des Klägers über medizinische Behandlungen seit 1993 entnommen.

Mit Bescheid vom 2.6.2004 erkannte die Beklagte den Unfall vom 24.8.2003 als Arbeitsunfall sowie eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit vom 24.8.2003 bis 26.10.2003 an. Weitere Leistungen (weitergehendes Verletztengeld und Verletztenrente) wurden abgelehnt. Eine Anerkennung von Unfallfolgen erfolgte nicht. Diverse Erkrankungen wurden als Folgen des Unfalls verneint. Den folgenden Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.3.2005 zurück.

Zwischenzeitlich betrieb der Kläger im Ergebnis erfolglos ein Rentenverfahren bei der Deutschen Rentenversicherung Schwaben (Bescheid vom 19.3.2007/Widerspruchs-bescheid vom 29.5.2007, zuletzt bestätigt mit Urteil des LSG vom 13. Mai 2013). Dabei wurde im März 2008 insbesondere ein Gutachten vom Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. E. eingeholt. Nach § 109 SGG erstattete der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. B. ein Gutachten vom 2.12.2008. Zuvor erstellte der Dr. H. am 5.3.2007 ein Gutachten. Das LSG bestellte Dr. S. (Internist und Neurologe) zum Sachverständigen (Gutachten vom 7.4.2012). Dr. C. (Orthopädie) erstellte ein Gutachten gemäß § 109 SGG vom 24.1.2010.

Am 20.3.2007 machte der Kläger schwere Depressionen als Folge des Arbeitsunfalls vom 24.8.2003 geltend. Nach der stationären Rehabilitation vom 27.10.2003 bis 1.12.2003 in der B. Klinik habe sich die finanzielle Situation seiner Firma verschlechtert und er habe eine schwere Depression entwickelt. Zur Begründung verwies der Kläger auf die Befundberichte des Psychiaters Dr. H. vom 4.10.2004, des Psychiaters Dr. N. vom 13.7.2004 sowie des Nervenarztes Dr. J. vom 2.5.2006, 16.5.2006 bzw. 11.9.2006, den Bericht des Dipl.-Psych. H., die Entlassungsberichte der Klinik R. in P-Stadt und der Psychosomatischen Klinik in W-Stadt über die stationären Aufenthalte vom 8.6.2006 bis 06.7.2006 bzw. 23.10.2006 bis 21.11.2006 sowie das Gutachten der Psychiaterin Dr. G. vom 6.1.2007. In dem beigegebenen Fragebogen unbekannten Datums der Allianz Lebensversicherung - AG - wohl zur Erlangung einer Berufsunfähigkeitsrente - wurden eine Verursachung der Depression durch einen Arbeitsunfall, eine Meldung bei einer Berufsgenossenschaft und eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls verneint. Der Beginn der Erkrankung ist dort mit 9.9.2004 bezeichnet.

Die Beklagte holte vom Psychiater Dr. N. ein Gutachten vom 24.9.2007 ein. Danach leide der Kläger unter einer mittelgradigen depressiven Episode, einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, einem Tinnitus aurium sowie einem Zustand nach Halswirbelsäulendistorsion ohne radikuläre Ausfälle. Infolge des Unfalls sei es zu einer Halswirbelsäulendistorsion und Prellungen der Brustwirbelsäule, der linken Clavicula, beider Handgelenke und des Steißbeins gekommen. Ursächlich für die psychischen Störungen seien anlagebedingte Faktoren und die Insolvenz des Betriebes. Die unfallbedingten Beschwerden seien nicht so schwerwiegend gewesen, als dass sie die später aufgetretene Depression erklären könnten.

Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers vom 20.3.2007 auf Anerkennung einer Depression als Unfallfolge sowie Verletztengeld und Verletztenrente mit streitgegenständlichem Bescheid vom 20.11.2007 ab. Den folgenden Widerspruch wies der zuständige Ausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 27.3.2008 zurück.

Dagegen hat der Kläger am 29.4.2008 Klage zum Sozialgericht Augsburg (SG) erhoben.

Das SG forderte einen Leistungsauszug der AOK Bayern und der Münchner Verein Versicherungsgruppe an. Im beigezogenen Befundbericht vom 8.10.2008 berichtete der Allgemeinarzt W. M. von einem chronischen Wirbelsäulensyndrom. Dr. J. diagnostizierte im Befundbericht vom 20.1.2009 eine mittelgradige depressive Episode, einen linksseitigen Tinnitus, ein Wurzelreizsyndrom C7 links, ein Cervikalsyndrom links, ein Lumbalsyndrom, eine Cervikocephalgie, einen Spannungskopfschmerz, eine atypische Migräne sowie eine resistente Verspannung im Musculus abductor pollicis.

Im Gutachten des Psychiaters Dr. D. vom 16.3.2009 als gerichtlichem Sachverständigen ist die Einschätzung der Beklagten bestätigt worden, dass der Kläger keine Unfallfolgen auf psychiatrischem Fachgebiet zu beklagen habe. Die Bewegungen in der Halswirbelsäule seien in allen Richtungen schmerzhaft eingeschränkt. Ein Klopfschmerz werde über der Hals- und Lendenwirbelsäule angegeben. Die Stimmungslage sei dysphorisch und depressiv getönt. Dabei sei die affektive Schwingungsfähigkeit noch erhalten. Bereits vor dem Unfall habe er unter Beschwerden im Rahmen eines Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndroms gelitten. Ein Wirbelsäulensyndrom mit Betonung der Hals- und Lendenwirbelsäule läge heute noch vor. Weiter bestünden Kopfschmerzen, die nicht auf die Distorsion der Halswirbelsäule zurückgeführt werden könnten. Das in der LMU Klinik festgestellte Restless-legs-Syndrom und die leichte Polyneuropathie seien unfallfremd. Die depressiven Beschwerden hätten erst 1/2 bis 3/4 Jahr nach dem Unfall eingesetzt. Eine Persönlichkeitsstörung habe schon zum Zeitpunkt des Unfallereignisses bestanden. Zur depressiven Dekompensation sei es dann im Zusammenhang mit dem beruflichen Scheitern ab Sommer 2004 gekommen. Das depressive Syndrom sei damit nicht durch den Unfall verursacht. Da die Coccygodynie und der Tinnitus bereits vor dem Unfall vorgelegen hätten, könnten sie nicht unfallbedingt sein. Für ein unfallbedingtes Sulcus-ulnaris-Syndrom gäbe es keine Anhaltspunkte.

Auf Antrag des Klägers erstellte Dr. B., Leitender Chefarzt des S. Zentrums H. in Bad S. am 10.8.2009 ein Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Danach lägen unfallbedingt eine mittelschwere depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine gemischte Angststörung mit Panik sowie ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium 3 vor. Von einer Schadensanlage könne keineswegs ausgegangen werden. Nach Aussage des Klägers habe er sein Leben vor dem Unfall im Griff gehabt. Seit dem Unfall sei er depressiv. Die am 1.10.2004 neu gegründete Firma könne er nicht betreiben, da er depressiv sei und keine Aufträge vorhanden seien. Die Eigendynamik der psychischen und schmerzpsychologisch zu beurteilenden Erkrankung sei, gestützt auf die Anamnese des Klägers, so einzuschätzen, dass in den ersten 9 Monaten nach dem Unfall eine allmähliche depressive Entwicklung eingesetzt habe, welche durch ein Schmerzsyndrom begleitet worden sei. Nach den Angaben des Klägers sei er nach dem Unfall nicht mehr arbeitsfähig gewesen. Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 100 v. H. Die Leistungseinschränkung bestehe seit 2003/2004. Der Kläger könne zwar kurze Strecken noch mit dem Auto fahren und sei in der Lage, in minimalem Umfang seine Arbeiten an Angestellte zu delegieren. Den Betrieb eines Handwerkers könne er aber nicht führen.

Die Beklagte teilte diese Einschätzung des Dr. B. nicht. Aus den medizinischen Unterlagen folge, dass die Depression nicht durch den Unfall, sondern durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Betriebes verursacht worden sei. Die Depression sei Ausdruck einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung mit erhöhter Kränkbarkeit und Neigung zu depressiven Reaktionen. Dr. B. gehe auf die Vorbefunde nur unzureichend ein. Letztlich widerspreche auch die MdE-Einschätzung des Sachverständigen den in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Richtlinien.

Das SG hat am 15. Januar 2010 die Klage gegen den Bescheid vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2008 mit Gerichtsbescheid abgewiesen. Dem Feststellungsbegehren des Klägers auf Anerkennung einer Depressionserkrankung als Folge des Arbeitsunfalls vom 24.8.2003 sei nicht zu entsprechen. Dauerhafte Unfallfolgen auf nervenärztlichem/psychiatrischem Fachgebiet lägen nicht vor. Von den Grundsätzen zur Kausalität in der gesetzlichen Unfallversicherung ausgehend stehe fest, dass die geltend gemachte Depression nicht auf den mit Bescheid vom 2.6.2004 anerkannten Arbeitsunfall vom 24.8.2003 zurückzuführen sei. Das SG folge den überzeugenden Ausführungen des erfahrenen Gerichtssachverständigen Dr. D..

Hiergegen hat der Kläger am 16.2.2010 Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt.

Das LSG hat Ermittlungen angestrengt und verschiedene ärztliche Unterlagen beigezogen, so Befundberichte von Dr. E. und Dr. A. mit zahlreichen Fremdbefunden, den Abschlussbericht der Fachklinik E. für 7 Tage im Oktober 2008 mit Ablehnung einer Weiterbehandlung bis zur Lösung der sozialen Probleme und Vorgänge über weitere Arbeitsunfälle (insgesamt 7) zeitlich vor dem geltend gemachten Arbeitsunfall. So zum Beispiel über einen Auffahrunfall vom Juli 1991 (Schleudertrauma Halswirbelsäule ) - mit einmonatiger Arbeitsunfähigkeit und ein Verhebetrauma im Februar 2001.

Mit Beweisanordnung vom 4.10.2010 ist Dr. C. auf orthopädischem Fachgebiet zum Sachverständigen ernannt worden (§ 118 Abs.1 SGG, §§ 404 ff ZPO). Nach dessen Gutachten vom 5.12.2010 bestehe als Unfallfolge ein chronisches myofasziales Schmerzgeschehen im Sinne eines cervicocephalen Syndroms mit begleitenden Sekundärphänomenen (unter anderem Schlafentzug, reaktive Depression algogenes Psychosyndrom) entsprechend Grad 3 in der Klassifikation von Gerbershagen. Am 27.5.2011 ist dazu von Dr. D. eine ergänzende Stellungnahme eingeholt worden, in welcher dieser an seinem Gutachtensergebnis festgehalten hat.

Am 10.7.2013 hat ein Erörterungstermin stattgefunden, der sich im Wesentlichen mit der Betriebsführung nach dem angeschuldigten Arbeitsunfall befasste. Auf dem Betrieb hätten seinerzeit auch schon Schulden gelastet. Im Dezember 2003 habe der Sohn des Klägers eine GmbH gegründet. Nach der Satzung handle es sich um ein Unternehmen der Gas- und Wasserinstallation sowie des Heizungs- und Lüftungsbaus. Anschließend sind weitere Ermittlungen zur finanziellen Lage des Betriebs erfolgt. Dazu sind die Insolvenzakten des Amtsgerichts A-Stadt und die Akten des Insolvenzverwalters (insbesondere Bericht gemäß § 156 Insolvenzordnung) beigezogen worden. Nach der Darstellung der wirtschaftlichen Lage seit dem Jahre 2000 waren bei einem Verlust von 37.512 € die Umsatzerlöse bereits im Jahr 2002 rückläufig.

Die Beklagte hat zu den wirtschaftlichen Verhältnissen Stellung genommen: der Kläger sei nur bis 26.10.2003 arbeitsunfähig gewesen. Die betriebswirtschaftliche Auswertung der Insolvenzakten weise einen Umsatzerlös in Höhe von 83.678,04 € aus. Auch im Jahre nach dem Unfall habe der Kläger 6 Mitarbeiter beschäftigt. Am 1.10.2004 habe der Kläger selbst ein Unternehmen begründet. All dies seien eindeutige Indizien, dass der Kläger bereits seit Oktober 2003 wieder arbeitsfähig gewesen sei.

Am 7.1.2014 hat der Senat dem Kläger vorgehalten, dass nach den weiteren Unterlagen die Umsatzerlöse bereits im Jahre 2002 gegenüber dem Vorjahr deutlich eingebrochen seien, während im Kalenderjahr 2003 die Umsatzerlöse in vergleichbarer Höhe wie 2002 erzielt worden seien. Ein Ursachenzusammenhang zwischen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit und Auftragsrückgang sei daher nicht belegt, sondern es zeichne sich im Gegenteil bereits vor dem Unfall Jahr ein deutlicher Umsatzrückgang ab.

Weiter ist über ein Betriebsdarlehen berichtet worden, welches über 1 Million DM im Jahr 1999 geschlossen worden sei und höhere Verbindlichkeiten abgelöst habe. Die anfängliche monatliche Ratenhöhe habe 7.333 DM betragen. Erste Rückstände hätten sich Ende 2003 abgezeichnet.

Schließlich ist noch ein Befundbericht des Psychiaters Dr. J. seit dem Behandlungsbeginn vom April 2006 eingeholt worden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 15. Januar 2010 sowie des Bescheids vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.3.2008 zu verurteilen, die beim Kläger bestehende Depressionserkrankung als Folge des Arbeitsunfalls vom 24.8.2003 anzuerkennen und die hieraus folgenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Gründe

1. Die Berufung ist statthaft, da sie nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG wegen der begehrten Feststellung ohnehin nicht ausgeschlossen ist (§ 143 SGG). Die Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Sie wurde am 16.2.2010 form- und fristgerecht vom Kläger gegen den am 1.2.2010 zugestellten Gerichtsbescheid eingelegt (§ 151 Abs. 1 SGG).

2. Gegenstand des Verfahrens ist die Entschädigung aus einem Arbeitsunfall, dessen Anerkennung bereits durch Bescheid vom 2.6.2004 erfolgt ist. Damals erkannte die Beklagte den Unfall vom 24.8.2003 als Arbeitsunfall sowie eine unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit vom 24.8.2003 bis 26.10.2003 an. Ausdrücklich nicht als Folgen des Versicherungsfalls hat die Beklagte weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung anerkannt: „Vertikalsyndrom durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule, Beschwerden im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule und im Illeosakralbereich, Zustand nach des Epcondylitien beidseits, Schultereckgelenksarthrose rechts, Zustand nach Hörsturz links 1996, anhaltende Hörminderung und Ohrgeräusche, Knick -, Senk -, Spreizfußbildung beidseits“.

Der Bescheid vom 20.11.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.3.2008 ist unmittelbarer Gegenstand des Verfahrens, denn er verbescheidet - ablehnend - den am 20.3.2007 gestellten Antrag des Klägers, zusätzlich eine schweren Depression als Folge des Arbeitsunfalls anzuerkennen.

3. Eine erhobene Leistungsklage mit dem Antrag, die aus einer weiteren Feststellung von Unfallfolgen resultierenden gesetzlichen Leistungen zu gewähren, ist unzulässig, weil sie nicht auf konkrete Leistungen gerichtet ist. Über sie könnte auch nicht durch Grundurteil (§ 130 Abs. 1 SGG) entschieden werden (Urteil des BSGvom 7. September 2004 - B 2 U 35/03 R -, SozR 4-2700 § 8 Nr. 6 und juris Rn. 12). Nicht die Leistung als solche, sondern nur ihre Höhe kann in diesem Fall vom Gericht offen gelassen und der Berechnung durch den Sozialleistungsträger überlassen werden. Es geht dann nur um die Frage einer Feststellung der Entschädigungspflicht dem Grunde nach und es steht im Entscheidungszeitpunkt nicht fest, welche der in Frage kommenden Leistungen (Krankenbehandlung, Rehabilitation, Verletztengeld, Verletztenrente ua) im konkreten Fall tatsächlich beansprucht werden können und für welchen Zeitraum sie ggf. zu erbringen sind. Auch handelt es sich nur teilweise um Geldleistungen und im Übrigen um Sachleistungen (zum Beispiel Heilbehandlung), die einer Zuerkennung durch Grundurteil von vornherein nicht zugänglich sind (wie hier: BSG SozR 1500 § 130 Nr. 2; Pawlak in: Hennig, Kommentar zum SGG, Stand 2003, § 130 RdNr. 34 ff; anders zum Teil noch BSGE 65, 138, 144 = SozR 2200 § 539 Nr. 133 S 399; BSG SozR 3-1500 § 145 Nr. 2 S 3).

Der Kläger kann aber einen Anspruch auf die Feststellung der Folgen eines Arbeitsunfalls durch Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 SGG unabhängig von dem Begehren nach Entschädigung geltend machen. Er verfolgt insoweit sein Begehren zulässig mit einer kombinierten Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und § 55 Abs.1 Nr. 1 SGG (Urteil des BSGvom 7. September 2004 - B 2 U 46/03 R -, SozR4-2700 § 2 Nr. 3 und juris Rn. 11).

Jede vom Versicherungsträger als Unfallfolge anerkannte Gesundheitsstörung stellt zugleich eine anspruchsbegründende Tatsache dar, da der Rentenanspruch selbst von der Anerkennung einer oder auch mehrerer Gesundheitsstörungen abhängig ist. Zu dem Grunde des Rentenanspruchs gehört die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfall und der Körperbeschädigung, durch welche die Erwerbsfähigkeit als gemindert angesehen wird, da ein Versicherungsträger eine Rente nicht bewilligen kann, ohne diese Frage zu bejahen. Der Versicherungsträger hat danach die Frage des ursächlichen Zusammenhangs im Einzelnen zu prüfen und im Bescheid anzugeben, ob und in welcher Art sowie in welchem Umfang ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und den Gesundheitsstörungen besteht. Im vorliegenden Streitfall wird die Abhängigkeit des Rentenanspruchs von der Anerkennung einer Depression besonders deutlich (vgl. Urteil des BSG vom 30.10.1962, Aktenzeichen: 2 RU 225/59).

5. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine andere Feststellung von Unfallfolgen als im förmlichen Bescheid im Sinne von § 102 SGB VII vom 2.6.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.3.2005 geschehen.

Bisher als Folgen des Versicherungsfalls anerkannte Gesundheitsstörungen kann der Unfallversicherungsträger nur anders festsetzen, wenn sich bei diesen eine wesentliche Änderung ergeben hat. Insoweit stehen dem Anspruch des Klägers - mangels Feststellung von Unfallfolgen - vorangehende Feststellungen nicht entgegen. Ebenso wenig wurde spezifisch eine Depression als Unfallfolge abgelehnt. Nur soweit als Bestandskraft eingetreten ist, muss eine Überprüfung nach § 44 SGB X oder wenn der Schaden später eingetreten ist, gemäß § 48 Abs. 1 SGB X (hier allerdings nur beim Vorliegen von Dauerverwaltungsakten) verlangt werden. Die Beklagte hat nach ihrer Entscheidung die Ablehnung ausdrücklich nach § 44 SGB X ausgesprochen.

Die vom Kläger nunmehr geltend gemachte mittelbare schwere Depression war weder eine unmittelbare Folge des Wegeunfalles (später unter 6), noch dessen mittelbare Folge (unten unter 7).

6. Der Entschädigungstatbestand der gesetzlichen Unfallversicherung setzt unter anderem ein Unfallereignis und einen daraus resultierenden Körperschaden voraus. Beides muss zur vollen Überzeugungen des entscheidenden Richters vorliegen (Vollbeweis); der darüber hinaus erforderlichen Kausalzusammenhang der haftungsausfüllenden Kausalität muss dem Beweismaßstab der Wahrscheinlichkeit genügen. Dies entspricht der herrschenden Meinung und Rechtsprechung, wenn es auch ungenügend im Gesetz zum Ausdruck kommt. Denn gemäß § 8 Abs. 1 SGB VII sind „Arbeitsunfälle“ Unfälle von Versicherten „infolge“ einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit).

Zur vollen Überzeugung des Senats trug sich ein Unfall zu, bei dem der Kläger mit mäßiger Geschwindigkeit in seinem Fahrzeug sitzend seitlich angestoßen worden ist. Die unmittelbaren Gesundheitsschäden sind vom Beklagten im Bescheid vom 2.6.2004 richtig erkannt und entschädigt worden. Danach bestand auf Dauer kein Unfallschaden im Bereich der Halswirbelsäule. Ein Vertikalsyndrom durch degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule fand keine Anerkennung und wurde abgelehnt.

Diese Überzeugung vom Fehlen irgendwelcher unmittelbarer Unfallfolgen beruht auf fast allen in dieser Sache eingeholten Gutachten sowie den unmittelbar vom Durchgangsarzt erhobenen ersten Befunden und den polizeilichen Ermittlungen zum Unfallgeschehen. Zwar bestehen im Bereich der Unfallversicherung für den Kausalzusammenhang zwischen Tätigkeit und Unfall sowie zwischen Unfall und Gesundheitsstörung geringere Beweisanforderungen im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dennoch muss die Überzeugung überwiegend wahrscheinlich sein. Überwiegend wahrscheinlich ist ein Zusammenhang, wenn nach der geltenden Lehrmeinung mehr für als gegen ihn spricht. Diese Reduzierung gilt jedoch nur für den Zusammenhang; das schädigende Ereignis selbst, die Primärschädigung sowie die Schädigungsfolge als solche müssen mit an Sicherheit grenzender, vernünftige Zweifel ausschließende Wahrscheinlichkeit erwiesen sei.

Gerade aber die Vielzahl von Sachverständigen, die unmittelbare Folgen des Unfalls verneint (unter a), lässt es wenig wahrscheinlich sein, dass der Sachverständige Dr. C. mit seiner Einschätzung der herrschenden Meinung folgt. Darüber hinaus überzeugt dieses Gutachten auch für sich nicht (unter b). Damit lässt sich weder eine Überzeugung im Sinne der Wahrscheinlichkeit für den Zusammenhang bilden, noch für das Vorliegen eines psychischen Erstschadens. Denn die Zweifel am von Dr. C. behaupteten Erstschaden sowie einem haftungsausfüllenden Kausalzusammenhang sind zu groß.

a) Nach dem Gutachten von Dr. K. vom 29.4.2004 sind die unfallbedingte Halswirbelsäulendistorsion und die Prellungen der Brustwirbelsäule und des linken Schlüsselbeins ausgeheilt und die Arbeitsunfähigkeit bis zum 27.10.2003 beendet. Auch nach dem Gutachten von Dr. N. vom 24.9.2007 lagen nur eine Halswirbelsäulendistorsion und Prellungen der Brustwirbelsäule vor. Laut dem Gutachten von Dr. D. vom 16.3.2009 haben bereits vor dem Unfall Beschwerden im Rahmen eines Hals-, Brust- und Lendenwirbelsäulensyndroms bestanden. Ein Wirbelsäulensyndrom mit Betonung der Hals- und Lendenwirbelsäule lag zum Zeitpunkt der Begutachtung immer noch vor. Weiter bestehende Kopfschmerzen sind nicht auf die Distorsion der Halswirbelsäule zurückzuführen. Auch nach dem Gutachten des Dr. B. hat erst allmählich in den ersten 9 Monaten nach dem Unfall eine depressive Entwicklung eingesetzt, welche durch ein Schmerzsyndrom begleitet wurde.

Die Erstbefunde waren alle dokumentiert und in den Akten vorhanden. So zum Beispiel der Durchgangsarztbericht, die Vorgänge der Polizei und der berufsgenossenschaftlich begleitete Heilverlauf. Als Erstbefund wurde danach allein ein lokaler Befund an der Halswirbelsäule festgestellt, der mit Schmerzmitteln und Ruhigstellung behandelt worden ist. Als Geschwindigkeit war eine solche von 20 km/h zum Unfallhergang angegeben (mit anliegendem Stifneck mit Schmerzen in der HWS und im Rücken in die Klinik gekommen, Durchgangsarzt Prof. M. - DA Bericht vom 24.8.2003). Eine endgradige Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäulen ohne Schmerzausstrahlung in die Arme und ein neurologisches Defizit lag vor, aber kein Thoraxkompressionsschmerz. Auch die gründliche Anamnese der zwei Monate später angetreten Rehabilitation in der Klinik B. zeigt keine psychischen bzw. seelischen Folgen eines Unfalls auf.

b) Lediglich Dr. C. führt auf Seite 61 seines erst am 24.1.2010 erstellten schriftlichen Gutachtens aus, dass der Unfall zu einem Primärschaden geführt habe. Das sei aktenkundig durch Anerkennung einer mehrwöchigen, unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit zweifelsfrei gegeben. Seit dem Wegeunfall sei dem Kläger schmerzbedingt eine wettbewerbsfähige Erwerbstätigkeit in seinem Beruf nicht mehr möglich gewesen, was ohne die „geringsten Zweifel“ einem gesundheitlichen Unvermögen zugeordnet werden müsse. Der sozialmedizinische Vorbefund sei nach diesem Gutachten, dass der Kläger bis zum Unfall seine Berufstätigkeit erfolgreich gestalten habe können. Diese Chronologie hat nach Dr. C. seit dem Unfall einen eindeutig anderen Verlauf genommen. Andere Gutachter hätten hierfür keine erklärenden Diagnosen gefunden. Ohne triftigen Grund sind nach Ansicht dieses Sachverständigen keine Änderungen an den stabilen Grundlagen dieser individuellen Lebensführung zu erwarten. Ohne den Unfall als wesentliche Bedingung fehlte eine medizinische Erklärung für den Abbruch der bis dahin tadellosen und erfolgreichen Erwerbs- und Sozialbiografie. Seit dem Unfall sei der Schlaf des Klägers gestört gewesen, was ein wichtiger Baustein sei, um medizinisch gutachterlich einen anhaltenden Unfallschaden als hinreichend wahrscheinlich zu betrachten.

All diese Schlussfolgerungen sind nicht überzeugend. Wenn sich Dr. C. keine andere Ursache der bestehenden Erkrankung vorstellen kann, führt dies nicht zwingend zur Annahme eines Kausalzusammenhangs mit dem Unfall. Gerade die Gutachten der fachlich zur Beurteilung derartiger Krankheitsbilder befähigten, sachverständigen Psychiater zeigen andere Ursachen auf, die in der Vorgeschichte des Klägers begründet sind.

Der Kausalzusammenhang der haftungsausfüllenden Kausalität muss positiv belegt sein und darf sich nicht auf Vermutungen stützen. Es gibt im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542a. F. RVO; Urteil des BSG vom September - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 III SGB VII).

Weiter spricht gegen einen Primärschaden ein Vergleich mit Unfallgeschehen, die sich mit psychischen Traumatisierungen ereignen. Ein solcher Vergleich ist angebracht. Medizinische Diagnosen und Krankheitsbilder sind bei psychischen Störungen als Unfallfolge (wie hier eine Depression) ebenso Ausgangspunkt für die Feststellung von MdE-relevanten Funktionseinschränkungen wie bei Unfällen mit psychischen Traumatisierungen. Bei beiden Krankheitsbildern stellt auch die Feststellung eines Erstschadens ein besonderes Problem dar (posttraumatische Belastungsstörung im Sinne der Diagnoseschlüssel ICD-10 F 43.1 bzw. DSM-IV-TR 309.81). Sowohl neurotische und somatoforme Störungen als auch Belastungsstörungen können nach Unfällen auftreten (vgl. Venzlaff, Foerster, Dreßing, Habermeyer, Psychiatrische Begutachtung, 6. Auflage, Seite 562). Bei posttraumatischer Belastungsstörung werden definitionsgemäß besondere Anforderungen an die Erlebnisqualität des Ereignisses gestellt. Typische Beispiele dafür sind, wenn ein Triebfahrzeugführer sieht, wie ein Selbstmörder vom Bahnsteig vor den einlaufenden Zug springt, oder eine Geiselnahme oder ein Raubüberfall auf einen Schalterbeamten (vergleiche Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 8 SGB VII. Rn. 152). Macht ein Verletzter Ansprüche wegen der Folgen einer sich nach dem angeschuldigten Ereignis entwickelnden derartigen Belastungsreaktion geltend, dann stellt sich mit Blick auf die Diagnoseleitlinien des ICD-10 bzw. des DSM-IV-TR die Frage, ob das für diese Diagnose erforderliche (Ausgangs-)Trauma, also die existenzielle seelische Beeindruckung, welche von beiden Diagnosesystemen gefordert wird (ICD-10: belastendes Ereignis mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigen Ausmaßes, DSM-IV-TR: Konfrontation mit einem extrem traumatischen Ereignis) und dem die Störung regelmäßig erst mit einer gewissen Latenz folgt, auch tatsächlich stattgefunden hat.

Typische Erstdiagnosen hierzu sind ein Schockzustand des Verletzten, Hilflosigkeit, Verwirrtheit oder Ähnliches. Handelt es sich aber lediglich um ein vergleichsweise harmloses Ereignis wie etwa einen städtischen Auffahrunfall, dann wird sich bei fehlender Dokumentation eher nicht eine Überzeugung bilden, dass ein Erstschaden in dem von § 8 Abs. 1 SGB VII geforderten Sinne überhaupt vorgelegen hat und die beklagten Gesundheitsstörungen, deren Entschädigung nun begehrt wird, Folge hiervon - also posttraumatisch - sind (G. Wagner in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 8 SGB VII. Rn. 364).

Ähnliche Erwägungen gelten für somatoforme Störungen. Psychoreaktive Symptome nach einem äußeren Ereignis entstehen immer aus einem Geflecht verschiedener Ursachen. Folgende Einflussvariablen sind zu bedenken: Persönlichkeitsstruktur, Art und Schwere des äußeren Ereignisses, Copingmechanismen, subjektive Krankheitstheorien und positive oder negative Äußerungen von ärztlicher oder anwaltlicher Seite (vergleiche Venzlaff und andere a. a. O., Seite 562, mit weiteren Nachweisen ua auf Foerster und Widder).

Mit derartigen Überlegungen hat sich der Sachverständige Dr. C. nicht auseinandergesetzt, sondern immer betont, dass beim Kläger kein regulärer Heilungsverlauf vorliege. Beim Kläger liegt nach den Aussagen der Sachverständigen eine indirekte Belastung der Halswirbelsäule als Folge des Unfalls vor, die ein gewisses Risiko in sich berge, schmerzhafte Verletzungen zu verursachen. Vorliegend wäre aber der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der vom Beklagten als unmittelbar durch den Arbeitsunfall verursacht festgestellte Zerrung, hin zu einer Depression als Ursachenkette nach den Maßstäben der wesentlichen Bedingung herauszuarbeiten und festzustellen gewesen. Insoweit begnügt sich Dr. C. aber mit bloßen Behauptungen ständiger weiter andauernder Schmerzen und würdigt die Erstbefunde unzureichend. Darüber hinaus stützt sich Dr. C. weitgehend auf die eigenen Angaben des Klägers. Deren Glaubwürdigkeit ist aber zweifelhaft, wenn man die Angaben des Klägers berücksichtigt, die er gegenüber seiner privaten Berufsunfähigkeitsbeziehung gemacht hat. In diesem Fragebogen unbekannten Datums gegenüber der Allianz Lebensversicherung AG verneinte der Kläger eine Verursachung der Depression durch einen Arbeitsunfall, eine Meldung bei einer Berufsgenossenschaft und eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls. Den Beginn der Erkrankung gab er mit dem 9.9.2004 an.

Schließlich ist aber auch am 27.5.2011 von Dr. D. eine ergänzende Stellungnahme zum Gutachten des Dr. C. eingeholt worden, wonach dieser die Ausführungen auf psychiatrischem Gebiet nicht teilt.

Ein gewichtiges Indiz gegen das Vorliegen eines messbaren Primärschaden ist im Übrigen auch die Akzeptanz seitens des Klägers der Verwaltungsentscheidung vom 2.6.2004, in der keinerlei Unfallfolgen und weitergehende Leistungen anerkannt worden sind. Der Kläger hat den Bescheid vom 2.6.2004 bestandskräftig werden lassen und erst am 20.3.2007 die Anerkennung der Depression als Unfallfolge gelten gemacht. Ein ebenso gewichtiges Indiz sind auch die Angaben des Klägers in Fragebogen an die Allianz Lebensversicherung - AG, wonach eine Verursachung der Depression durch einen Arbeitsunfall, eine Meldung bei einer Berufsgenossenschaft und eine polizeiliche Aufnahme des Unfalls verneint wurden.

7. Zwischen Unfallfolgen und der festgestellten Depression liegt auch keine Kausalität im mittelbaren Sinne vor. Jeder Teil der Ursachenkette muss nach den Maßstäben der wesentlichen Bedingung herausgearbeitet und festgestellt werden. Vorliegend wären dies der Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und der vom Beklagten als unmittelbar durch den Arbeitsunfall verursacht festgestellte Zerrung, hin zu einer Depression. Deren weitere Aufrechterhaltung müsste dann unfallbedingt sei und die Konkurrenzursachen ausschließen.

Davon ist der Senat nicht überzeugt. Dies beruht auf den schlüssigen Ausführungen der Sachverständigen, die vom Fachgebiet her zur Beurteilung einer Depression befähigt sind. Die sind besonders die Gutachter Dr. N. und Dr. D.

a) Die Ausführungen von Dr. B. und Dr. C. hingegen überzeugen nicht. Deren größter Mangel in der Argumentation ist die Annahme der „Insolvenz“ als Unfallfolge bzw. weiteren Teil der Ursachenkette.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII muss das Unfallereignis bei dem Versicherten zu einem Körperschaden geführt haben entweder in Gestalt eines Gesundheitsschadens oder des Todes. Damit gehört die Körperschädigung (Primärschaden) in der gesetzlichen Unfallversicherung zur Definition des Unfalls. Dies gilt auch für mittelbare Folgen, wozu § 11 Abs.1 SGB VII bestimmt: „Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge 1. der Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme, 2. die Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels, 3. eine Untersuchung zur Aufklärung des Sachverhalts“. Lediglich eine Ausnahme ist in § 8 Abs. 3 SGB VII geregelt, wonach als Gesundheitsschaden auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels gilt.

Eine Gesundheitsstörung, die nicht durch einen Gesundheitserstschaden oder eine Unfallfolge verursacht ist, sondern allein wesentlich auf Auswirkungen einer durch das Unfallereignis verursachten Gesundheitsstörung auf die Lebensumstände zurückgeht, ist nicht als Unfallfolge anzuerkennen (vgl. Feddern, Med­Sach 2010, S. 30 ff.; zu psychischen Reaktionen auf einen Strafprozess wegen der unmittelbaren Unfallfolgen vgl. SG Hamburg, 15. 4. 2005, S 40 U 517/03). Denn rechtlich relevante Glieder der Kausalkette sind, wie aus § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB VII zu folgern ist, neben dem Versicherungsfall nur Gesundheitsschäden. Als Beispiele werden dazu angeführt (vgl. Feddern a. a. O.): „Der Versicherte hat bei einem Arbeitsunfall schwere Beinverletzungen erlitten. Durch den Verlust seines Arbeitsplatzes als deren Folge - nicht durch die Beinverletzungen als solche, entwickelt sich bei ihm eine Depression. Diese Gesundheitsstörung ist keine Unfallfolge“.

Ein Konkurs bzw. genauer der Antrag des Schuldners oder ein Beschluss des Amtsgerichts kann daher aus rechtlichen Gründen keine Unfallfolge sein, noch weniger im Übrigen ein Unfallereignis- auch wenn es sich beim Antrag an das Konkursgericht um ein betriebliches Geschehen handelt.

Insgesamt gilt die Anwendbarkeit der unfallversicherungsrechtlichen Haftung nur für Personenschäden. Nur insoweit gilt der Haftungsausschluss nach §§ 102 SGB VII. Schäden für den „Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten“ unterliegen weiterhin dem Deliktsrecht (vgl. § 842 BGB). Im Fall des Klägers bestehen insoweit allerdings zivilrechtlich offensichtlich keine Ansprüche, da er selbst der Unfallverursacher war.

b) Aber auch die Annahme einer depressiven Entwicklung vor dem angeschuldigten Konkursereignis führt nicht zu einer weiteren Anerkennung der geltend gemachten Erkrankung. Auch bei vorhandenen Gesundheitsschäden ist zwar im Einzelfall zu prüfen, ob nicht auch die vorhandenen Gesundheitsschäden infolge des Unfallereignisses eine wesentliche Mitursache der weiteren Gesundheitsstörungen im Sinne einer wesentlichen Verschlimmerung eines vorbestehenden Leidens sind (Keller in: Hauck/Noftz, SGB, 05/15, § 8 SGB VII, Randnummer 307a).

Schäden, die sich aus dem Erstschaden heraus erst nach dem Unfall entwickeln, gehören zwar nicht mehr zu den tatbestandlichen Voraussetzungen des Unfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung, können aber gleichwohl als mittelbare Unfallfolgen bzw. Folgeschäden zu einem (weiteren) Entschädigungsanspruch zum Beispiel einer Verletztenrente führen. In diesem Sinne könnte die zweifelsohne bestehende Depression des Klägers Mitursache des Insolvenzereignisses gewesen sein. Eine umgekehrte Kausalität, die aber vom Kläger im Wesentlichen angeführt wird, ist, wie oben ausgeführt, nicht denkbar.

Aber auch eine dementsprechende haftungsausfüllende Kausalität i. S. mittelbarer Unfallfolgen bzw. Folgeschäden liegen zur Überzeugung des Senats nicht vor. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass der anerkannte Unfall wesentlich eine Schadensanlage zum Vorschein gebracht oder verschlimmert hat. Die Frage, ob ein ursächlicher Zusammenhang zwischen einem schädigenden Ereignis und einem Gesundheitsschaden besteht, ist in erster Linie nach medizinischen Gesichtspunkten zu beurteilen. Im Rahmen seiner richterlichen Überzeugungsbildung hat das Gericht alles Erforderliche zu tun, um diese Frage zu klären (§§ 103, 128 SGG), wobei es sich des Urteils fachkundiger Sachverständiger zu bedienen hat, um mit deren Hilfe festzustellen, ob nach den einschlägigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen das angeschuldigte Ereignis die wahrscheinliche Ursache des bestehenden Gesundheitsschadens ist. Maßgebend ist hierfür grundsätzlich die herrschende medizinische Lehrmeinung, soweit sie sich auf gesicherte Erkenntnisse stützen kann.

Zur Anerkennung einer psychischen Störung als Unfallfolge -unabhängig davon, ob als Primärschaden oder im Sinne der Verschlimmerung - ist eine exakte Diagnose der Krankheit nach einem der international anerkannten Diagnosesysteme (ICD-10; DSM IV) erforderlich. Ein Kausalzusammenhang zwischen einem Arbeitsunfall und einer seelischen Krankheit kann nur bejaht werden, wenn nach dem aktuellen medizinischen Erkenntnisstand ein Unfallereignis oder Unfallfolgen der in Rede stehenden Art allgemein geeignet sind, die betreffende Störung hervorzurufen (BSG Urteil vom 9.5.2006, Az.: B 2 U 1/05 R). Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl. hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl. 1 Nr. 4111 Nr. 3 RdNr. 23 f „in der Regel 100 Feinstaubjahre“). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine Tatsachenfeststellung, bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist (Urteil des BSG vom 24.7.2012 - B 2 U 9/11 R: 67dd).

Dr. N. und Dr. D. gelangten übereinstimmend zur Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD 10:F32.1) sowie einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (ICD 10:F60.8). Die Diagnose des Dr. B. - die der Senat nicht für im ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfall bewiesen ansieht - lautet z. T. anders (mittelschwere depressive Episode mit somatischem Syndrom, eine gemischte Angststörung mit Panik sowie ein chronifiziertes Schmerzsyndrom nach Gerbershagen Stadium 3). Eine „Krankheitsanlage“ bzw. ein „Vorschaden“ im Sinne einer bereits bestehenden psychischen Erkrankung vor dem Unfallereignis war in (nur) geringem Umfang feststellbar (von Dr. B. ganz in Abrede gestellt). Dies bedeutet aber nicht, dass damit automatisch das Unfallereignis als wesentliche Ursache der psychogenen Störung zu werten ist. Vielmehr muss bei psychischen Störungen der Schweregrad des Unfallereignisses, der Schweregrad des Unfallerlebens, der zeitliche Zusammenhang zwischen Unfall und psychischen Folgen, die Persönlichkeit des betroffenen Menschen in seinem sozialen Gefüge und seiner jeweiligen Lebenssituation sowie mögliche sekundäre Motive und psychosoziale Faktoren aus dem persönlichen Umfeld berücksichtigt werden (Zeit/Jung, Psychiatrische Anamnesen im Gutachten, 2.Aufl., 2004, S.123 m. w. N.). Ebenso spielen daneben Faktoren eine Rolle wie die Austauschbarkeit der versicherten Einwirkung gegen andere alltäglich vorkommende Ereignisse, konkurrierende Ursache unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens, Rückschlüsse aus dem Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes und die gesamte Krankengeschichte. Insoweit gilt das gleiche, wie oben zum Primärschaden ausgeführt (Seite 14 des Urteils). Darüber hinaus gibt es im Bereich des Arbeitsunfalls keine Beweisregel, dass bei fehlender Alternativursache die versicherte, naturwissenschaftliche Ursache automatisch auch eine wesentliche Ursache ist, weil dies bei komplexem Krankheitsgeschehen zu einer Beweislastumkehr führen würde (BSGE 19, 52 = SozR Nr. 62 zu § 542a. F. RVO; Urteil des BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 34/03 R; zu Berufskrankheiten vgl. § 9 III SGB VII).

In diesem Sinne - eine Schadensanlage zum Vorschein gebracht und verschlimmert - besteht keine Kausalität. Es fehlen Erstschädigungen (Kriterium der Schwere des Unfallereignisses) beziehungsweise dramatische Ereignisse, die - insbesondere- erst nach späterer Zeit (fast 1 Jahr) einen Zusammenhang zur erstmals diagnostizierten Depression bewirkten (Kriterium des zeitlichen Zusammenhangs). Diese Überzeugung beruht auf den Gutachten der Ärzte für Neurologie und Psychiatrie Dr. N. (verwertbar im Wege des Urkundsbeweises) und Dr. D. im gerichtlichen Gutachten vom 16.3.2009.

Dr. N. legt dar, dass die Depression im gleichen Maße auch außerhalb einer beruflichen Arbeit ohne Ursachenzusammenhang mit der versicherten Tätigkeit aufgetreten wäre. Die Depression ist nach Ansicht dieses Sachverständigen aber nicht wegen bei dem Unfall aufgetretener körperlicher Beschwerden, die nicht so schwerwiegend waren, dass eine stationäre Behandlung hätte erfolgen müssen, hervorgerufen worden. So enthält der Entlassungsbericht der Kur in F-Stadt vom 1.12.2003 noch keine Hinweise auf eine depressive Symptomatik. Der Abschlussbericht enthält einen psychischen Status, der unauffällig war. Allerdings weist die Beschreibung des Arbeitsplatzes eine hohe Stressbelastung auf (tägliche Arbeitszeit 16 h). Diese Vorgeschichte verwertet der Sachverständige zutreffend.

Besonders gründlich setzt sich damit Dr. D. auf Blatt 20 seines Gutachtens auseinander. Die Diagnose einer depressiven Erkrankung wird laut Dr. D. im Oktober 2004 erstmals durch den Nervenarzt Dr. H. gestellt. Der Sachverständige führt dazu aus, dass schon vor dem Unfall eine Persönlichkeitsstörung bestanden hat, was er aus den anamnestischen Schilderungen des Dr. H. vom Oktober 2004 schließt. Ebenso aus den späteren Schilderungen beim Nervenarzt Dr. J. vom Mai 2006. Damit wird auch die Diagnose von Dr. N. mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (F60.80) bestätigt. Diese stellt eine Prädisposition für die Entwicklung psychischer Erkrankung dar. So hat der Kläger nach eigenen Aussagen in der Klinik R. in August 2006 schon im Jahre 1999 nach seiner Scheidung psychotherapeutische Hilfe in Anspruch genommen. Diese Befundtatsache entspricht der Wiedergabe des Abschlussberichtes vom 3.8.2006 (Gliederungsüberschrift: „Symptomatik und Anlass der Aufnahme“). Zur Verschlimmerung führt der Sachverständige Dr. D. überzeugend aus, dass eine prädisponierende Persönlichkeitsstörung die Anerkennung des Unfalls vom 24.8.2003 zumindest als wesentliche Ursache nicht ausschließen würde; sie war auch nicht so ausgeprägt, dass deswegen die Auslösung der akuten Erkrankungen aufgrund jedes andere alltäglich vorkommenden ähnlich gelagerte Ereignis hätte erfolgen können. Dr. D. sieht den Zusammenhang aber mit dem beruflichen Scheitern. Danach ist für die Beurteilung der Unfallabhängigkeit der depressiven Entwicklung ausschlaggebend die Frage, ob das berufliche Scheitern selbst eine direkte Unfallfolge darstelle, die hieraus entstehende Depression dann eine mittelbare Unfallfolge. Damit sieht Dr. D. die wesentliche Ursache der Depression im beruflichen Scheitern. Dieses Scheitern kann nach Ansicht des Sachverständigen Dr. D. nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit auf Unfallfolgen zurückgeführt werden. Insoweit unterliegt der Sachverständige zwar auch dem (rechtlichen) Irrtum, dass die Insolvenz dem Unfall zugerechnet werden könnte, erkennt aber deren wesentliche Mitwirkung für die Depression.

Auch Dr. N. führt aus, dass sich für die Annahme des Klägers, dass seine Depression eine Folge des Unfalls sei, aus den Akten und Untersuchungen nichts ableiten lasse. Der Unfall ist keine Ursache oder wesentliche Teilursache. Für die Entwicklung der depressiven Symptomatik sind nach Dr. N. anlagebedingte Faktoren und die Insolvenz des Betriebes infolge einer unerwarteten Kündigung des Kredits durch die Hypobank (als Konkurrenzursache) verantwortlich.

Dr. D. hat zusätzlich am 27.5.2011 eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage zum Gutachten vom 5.12.2010 des Dr. C. erstellt und darin nochmals ausgeführt, dass beim Kläger eine psychische Vorerkrankung anzunehmen ist, nämlich eine Persönlichkeitsstörung. Der Sachverständige sieht darin durchaus eine Mitursache der später ab Sommer 2004 auftretenden depressiven Erkrankung. Dr. D. sieht - wie schon in seinem ersten Gutachten - in der Existenz der fortbestehen Persönlichkeitsstörung (theoretisch) kein Argument gegen die Anerkennung des Unfalls als wesentliche Mitursache der späteren depressiven Erkrankung. Die Argumente gegen die Anerkennung des Unfalls als wesentliche Mitursache ergeben sich vielmehr aus den in seinem Gutachten dargestellten Hinweisen auf deren entscheidende Verursachung durch das berufliche Scheitern. So führt der Sachverständige weiter aus, dass von den Rechtsanwälten und dem Gutachter Dr. C. das berufliche Scheitern als Folge körperlicher Unfallschäden, insbesondere eine Unfallverletzung der Halswirbelsäule mit anhaltender Schmerzsymptomatik angesehen wird. Würde man dieser Annahme folgen, wäre in der Tat auch die depressive Erkrankung als mittelbare Unfallfolgen zu interpretieren, der Unfall daher als wesentliche Mitursache anzuerkennen. Diese Sicht habe er sich aber nicht angeschlossen, nachdem im chirurgischen Gutachten von Dr. K. dargestellt worden sei, dass körperliche Unfallfolgen zum Zeitpunkt des beruflichen Scheiterns nicht mehr anzunehmen seien. Dr. D. führt dann überzeugend weiter aus, dass er „jedoch davon ausgeht, dass man sich bei gutachterlicher Beurteilung geschilderte Beschwerden letztlich doch auf objektivierbare Befunde berufen muss.“

Bei dieser einzelfallbezogenen Bewertung kann nach Ansicht des Senats entgegen der Auffassung des Klägers nur auf das individuelle Ausmaß der Beeinträchtigung des Versicherten abgestellt werden, aber nicht so, wie er es subjektiv bewertet, sondern wie es objektiv ist. Die Aussage, der Versicherte ist so geschützt, wie er die Arbeit antritt, ist ebenfalls diesem Verhältnis von individueller Bewertung auf objektiver, wissenschaftlicher Grundlage zuzuordnen: Die Ursachenbeurteilung im Einzelfall hat „anhand“ des konkreten individuellen Versicherten unter Berücksichtigung seiner Krankheiten und Vorschäden zu erfolgen, aber auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes (Urteil des BSG vom 9. Mai 2006, Az.: B 2 U 26/04 R, Rn. 29). Nach den zutreffenden Ausführungen des BSG (a. a. O. Rn. 40) liegt es andererseits auf der Hand, dass wunschbedingte Vorstellungen seitens des Versicherten nach einem Unfall, z. B. allgemein nach einem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben („Unfall als Regressionsangebot“) oder konkret auf eine Verletztenrente, einen wesentlichen Ursachenzusammenhang zwischen dem Unfallereignis und nun bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen nicht zu begründen vermögen. Soweit diese Vorstellungen neben das als naturwissenschaftliche Ursache der bestehenden psychischen Gesundheitsstörungen anzusehende Unfallereignis treten, sind sie als konkurrierende Ursache zu würdigen und können nach dem oben Gesagten der Bejahung eines wesentlichen Ursachenzusammenhangs zwischen der versicherten Ursache Unfallereignis und den psychischen Gesundheitsstörungen entgegenstehen (BSGE 18, 173, 176 = SozR Nr. 61 zu § 542 RVO; Urteil des BSG vom 29. Januar 1986 - 9b RU 56/84; BSG vom 5. 8. 1987 - 9b RU 36/86 - SozR 2200 § 581 Nr. 26; vgl. zum sozialen Entschädigungsrecht BSGE 19, 275, 278 = Nr. 174 zu § 162 SGG; zum Zivilrecht: BGHZ 137, 142, 148ff.).

Es zeigt sich damit, dass die Insolvenz und der Rentenwunsch des Klägers, wie er bei der Maßnahme in E. vom Oktober 2008 zum Abbruch geführt hat bzw. zu einem langandauernden Gerichtsverfahren in der Sozialgerichtsbarkeit, als konkurrierende Ursache zum Auftreten der Depression zu Recht von den Sachverständigen Dr. D. Dr. N. gewürdigt worden ist.

c) Dr. B. überzeugt den Senat gerade auch aus den oben angeführten Gründen (Diskussion von Konkurrenzursachen und irrtümlicher Annahme der Insolvenz als Unfallfolge sowie unkritische Übernahme von anamnestischen Angaben des Klägers) mit seinem Gutachten vom 10.8.2009 nicht. Dr. B. wäre zwar vom Fachgebiet her als Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie zur Beurteilung der Kausalitätsfrage geeignet. Methodisch beschränkt er sich aber auf eine Diagnosestellung. Insoweit sind auch seine umfassenden Erhebungen mittels Fragebogen zu verstehen. Diese dienen im Übrigen anderen (therapeutischen) Zwecken. Insoweit macht sich der Senat die Stellungnahme des Beratungsarztes Dr. B. vom 10.12.2009 zu Eigen. Dr. B. weist darauf hin, dass derartige Untersuchungen die sich überwiegend auf Selbstbeurteilungsfragebögen stützen, bei gutachtlichen Untersuchungen nur einen geringen Stellenwert haben. Dr. B. geht danach in seinem Gutachten auf die zahlreichen Vorbefunde nicht bzw. nur unzureichend ein. Er unterlässt es, sowohl die Auswirkungen der Persönlichkeitsstörung bei der Generierung des Krankheitsbildes zu diskutieren, als auch zu diskutieren, dass laut den Vorbefunden der überwiegend andere Ursachen für die Depression bestanden haben als das Unfallereignis. Der Unfall stellt außerdem kein so schweres Ereignis dar, dass daraus zwingend abzuleiten ist, dass es dadurch zu einer anhaltend depressiven Symptomatik kommt.

Ein weiteres Manko und Hinweis auf mangelnde Sorgfalt des Gutachtens Dr. B. ist es, dass der Sachverständige den Schadensumfang nach den Grundsätzen der Rentenversicherung (Erwerbsvermögen von weniger als 3 h täglich) beschreibt, wohl weil dieser am 11.12.2008 ein Gutachten für das SG in seinem Streitverfahren wegen die Deutsche Rentenversicherung erstellt hatte. Eine Auseinandersetzung mit den allgemeinen Erfahrungswerten zur Beurteilung der Minderung der Erwerbsfähigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung fehlt. Lediglich bei den Literaturangaben wird ein Zitat ohne genaue Fundstelle (einzige Angaben: Schönberger und andere) angeführt, wonach psychosoziale Belastungen in einem außergewöhnlichen Ausmaß für depressive Symptome verantwortlich sein können.

Ebenso wenig überzeugt das Gutachten des Dr. C., C-Stadt, auf orthopädischem Fachgebiet. Es zeigt sich schon deswegen, weil es nicht von einem Sachverständigen auf psyiatrischem Gebiet erstattet worden ist und es deswegen die überzeugenden Schlussfolgerungen des Dr. N. und Dr. D. nicht überzeugend entkräften kann. Insbesondere ist aber auch am 27.05.2011 von Dr. D. eine ergänzende Stellungnahme nach Aktenlage zum Gutachten vom 05.12.2010 des Dr. C. dazu eingeholt worden.

In seinem Gutachten vom 15.12.2010 geht der Orthopäde Dr. C. vom Vorliegen eines chronischen myofaszialen Schmerzgeschehens im Sinne eines cervicocephalen Syndroms mit begleitenden Sekundärphänomenen aus, unter anderem auch einer reaktiven Depression. Zur Begründung führt er an, dass der Kläger nach einem Arbeitsunfall seine vormalige Berufstätigkeit nie wieder konkurrenzfähig habe aufnehmen können. Es handele sich um eine chronische Schmerzstörung (F 45.41). Dabei sei zu berücksichtigt, dass der Kläger ohne gravierende externe Belastungen nicht zu psychischen Auffälligkeiten neige, wie zum Beispiel mit dem Ende der externen Belastung im Jahr 1999 die Depression sehr rasch und vollständig abgeklungen sei und es außerdem epidemiologische bewiesen sei, dass auch Personen ohne eine derart persönliche Reaktionskette nach solchen Unfällen anhalten erkranken können. Seit 2003 habe der Kläger seine Schmerzen ausgehalten und seine dadurch bewirkte Insolvenz verkraften müssen. Mit dem formalen Ende der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit werde die unfallbedingte MdE auf 100 geschätzt.

Hier gilt auch wieder die Kritik am Gutachten des Dr. B.. Es wird die Insolvenz als Unfallereignis angenommen. Es wird keine saubere Kausalitätskette dargelegt und es werden die Vorschäden bagatellisiert. So hatte der Kläger bereits am 1.7.1991 ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule erlitten. Ebenso werden die Bewertungsmaßstäbe in der gesetzlichen Unfallversicherung verkannt (Annahme einer MdE von 100) und die Kriterien der Gutachtensliteratur nicht diskutiert (vgl. oben, Venzlaff ua., Seite 562ff.). Dagegen spricht auch die Einschätzung des zeitnahen Gutachters Dr. K. am 29.4.2004, der als Chirurg ebenso befähigt ist, Erkrankungen der Wirbelsäulen und des Skeletts zu beurteilen wie Dr. C.. Danach seien die unfallbedingte Halswirbelsäulendistorsion und die Prellungen der Brustwirbelsäule und des linken Schlüsselbeins ausgeheilt. Großzügig beurteilt sei eine Arbeitsunfähigkeit bis 27.10.2003 anzunehmen, wie vom Chirurgen W. vorgeschlagen. Allein damit kann schon kein Vollbeweis für die von Dr. C. angenommenen Primärschäden erfolgen, aber auch nicht der Nachweis der Kausalität im Sinne der Wahrscheinlichkeit geführt werden. Denn die durch Dr. K. und Dr. W. aufgeworfenen Zweifel sind zu konkret und maßgeblich.

Im Ergebnis erweist sich das bisherige Anerkenntnis des Arbeitsunfalles mit folgenlos ausgehalten Unfallfolgen als richtig.

Damit stellt sich weder die Frage, ob bislang zu Unrecht keine Depression anerkannt worden ist, noch ob diese später als wesentliche Änderung (mittelbare Unfallfolge) zu den anerkannten Unfallfolgen hinzu getreten ist. Mangels einer neuen Feststellung erübrigen sich auch weitere Ausführungen zum Vorliegen von Leistungen. Diese hätten allenfalls in der Bewilligung einer Verletztenrente liegen können, wenn die Depression als Unfallfolge mindestens eine MdE von 20 vom 100 bewirkt hätte. Nach § 56 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 S. 2 SGB VII haben Versicherte Anspruch auf Verletztenrente in der Höhe des Vom-Hundert-Satzes der Vollrente, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten durch die Folgen des Arbeitsunfalls über die 26. Woche nach dem Arbeitsunfall hinaus um wenigstens 20% gemindert ist. Die Frage des Verletztengeldes stellt sich nicht mehr. Die Voraussetzungen der §§ 45 SGB VII fehlen. Insbesondere hat die Arbeitsunfähigkeit gemäß § 46 Abs. 3 Nr. 1 SBG VII bereits am 26.10.2003 geendet. Weitere Unfallfolgen haben sich nicht feststellen lassen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).

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Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezir

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 56 Voraussetzungen und Höhe des Rentenanspruchs


(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versich

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 118


(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprech

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 130


(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet w

Zivilprozessordnung - ZPO | § 404 Sachverständigenauswahl


(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch das Prozessgericht. Es kann sich auf die Ernennung eines einzigen Sachverständigen beschränken. An Stelle der zuerst ernannten Sachverständigen kann es a

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 26 Grundsatz


(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 842 Umfang der Ersatzpflicht bei Verletzung einer Person


Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 45 Voraussetzungen für das Verletztengeld


(1) Verletztengeld wird erbracht, wenn Versicherte1.infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und2.unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigke

Insolvenzordnung - InsO | § 156 Berichtstermin


(1) Im Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten. Er hat darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Mögli

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 102 Schriftform


In den Fällen des § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Vierten Buches wird die Entscheidung über einen Anspruch auf eine Leistung schriftlich erlassen.

Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unfallversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996, BGBl. I S. 1254) - SGB 7 | § 11 Mittelbare Folgen eines Versicherungsfalls


(1) Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge 1. der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung

Soldatinnen- und Soldatenbeteiligungsgesetz - SBG 2016 | § 46 Einberufung von Sitzungen


(1) Die Vertrauenspersonenausschüsse sollen in der Regel monatlich zusammentreten. Die Sprecherinnen oder Sprecher legen den Zeitpunkt und die Tagesordnung für die Sitzung der Vertrauenspersonenausschüsse fest. Die Sitzungen finden in der Regel währe

Referenzen - Urteile

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Aug. 2015 - L 8 U 64/10 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 27. Aug. 2015 - L 8 U 64/10 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundessozialgericht Urteil, 24. Juli 2012 - B 2 U 9/11 R

bei uns veröffentlicht am 24.07.2012

Tenor Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das La

Referenzen

(1) Auf Antrag des Versicherten, des behinderten Menschen, des Versorgungsberechtigten oder Hinterbliebenen muß ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden. Die Anhörung kann davon abhängig gemacht werden, daß der Antragsteller die Kosten vorschießt und vorbehaltlich einer anderen Entscheidung des Gerichts endgültig trägt.

(2) Das Gericht kann einen Antrag ablehnen, wenn durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts in der Absicht, das Verfahren zu verschleppen, oder aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht worden ist.

(1) Soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, sind auf die Beweisaufnahme die §§ 358 bis 363, 365 bis 378, 380 bis 386, 387 Abs. 1 und 2, §§ 388 bis 390, 392 bis 406 Absatz 1 bis 4, die §§ 407 bis 444, 478 bis 484 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Weigerung nach § 387 der Zivilprozeßordnung ergeht durch Beschluß.

(2) Zeugen und Sachverständige werden nur beeidigt, wenn das Gericht dies im Hinblick auf die Bedeutung des Zeugnisses oder Gutachtens für die Entscheidung des Rechtsstreits für notwendig erachtet.

(3) Der Vorsitzende kann das Auftreten eines Prozeßbevollmächtigten untersagen, solange die Partei trotz Anordnung ihres persönlichen Erscheinens unbegründet ausgeblieben ist und hierdurch der Zweck der Anordnung vereitelt wird.

(1) Im Berichtstermin hat der Insolvenzverwalter über die wirtschaftliche Lage des Schuldners und ihre Ursachen zu berichten. Er hat darzulegen, ob Aussichten bestehen, das Unternehmen des Schuldners im ganzen oder in Teilen zu erhalten, welche Möglichkeiten für einen Insolvenzplan bestehen und welche Auswirkungen jeweils für die Befriedigung der Gläubiger eintreten würden.

(2) Dem Schuldner, dem Gläubigerausschuß, dem Betriebsrat und dem Sprecherausschuß der leitenden Angestellten ist im Berichtstermin Gelegenheit zu geben, zu dem Bericht des Verwalters Stellung zu nehmen. Ist der Schuldner Handels- oder Gewerbetreibender oder Landwirt, so kann auch der zuständigen amtlichen Berufsvertretung der Industrie, des Handels, des Handwerks oder der Landwirtschaft im Termin Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Gegen die Urteile der Sozialgerichte findet die Berufung an das Landessozialgericht statt, soweit sich aus den Vorschriften dieses Unterabschnitts nichts anderes ergibt.

(1) Die Berufung ist bei dem Landessozialgericht innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

(2) Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. In diesem Fall legt das Sozialgericht die Berufungsschrift oder das Protokoll mit seinen Akten unverzüglich dem Landessozialgericht vor.

(3) Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

(1) Wird gemäß § 54 Abs. 4 oder 5 eine Leistung in Geld begehrt, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann auch zur Leistung nur dem Grunde nach verurteilt werden. Hierbei kann im Urteil eine einmalige oder laufende vorläufige Leistung angeordnet werden. Die Anordnung der vorläufigen Leistung ist nicht anfechtbar.

(2) Das Gericht kann durch Zwischenurteil über eine entscheidungserhebliche Sach- oder Rechtsfrage vorab entscheiden, wenn dies sachdienlich ist.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

(1) Mit der Klage kann begehrt werden

1.
die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses,
2.
die Feststellung, welcher Versicherungsträger der Sozialversicherung zuständig ist,
3.
die Feststellung, ob eine Gesundheitsstörung oder der Tod die Folge eines Arbeitsunfalls, einer Berufskrankheit oder einer Schädigung im Sinne des Bundesversorgungsgesetzes ist,
4.
die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts,
wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

(2) Unter Absatz 1 Nr. 1 fällt auch die Feststellung, in welchem Umfang Beiträge zu berechnen oder anzurechnen sind.

(3) Mit Klagen, die sich gegen Verwaltungsakte der Deutschen Rentenversicherung Bund nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch richten, kann die Feststellung begehrt werden, ob eine Erwerbstätigkeit als Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit ausgeübt wird.

In den Fällen des § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Vierten Buches wird die Entscheidung über einen Anspruch auf eine Leistung schriftlich erlassen.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit

1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt,
2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist,
3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder
4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Als Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse gilt in Fällen, in denen Einkommen oder Vermögen auf einen zurückliegenden Zeitraum auf Grund der besonderen Teile dieses Gesetzbuches anzurechnen ist, der Beginn des Anrechnungszeitraumes.

(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.

(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.

(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.

(1) Soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen. Dies gilt nicht, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Betroffene vorsätzlich in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

(2) Im Übrigen ist ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft zurückzunehmen. Er kann auch für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(3) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(4) Ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen worden, werden Sozialleistungen nach den Vorschriften der besonderen Teile dieses Gesetzbuches längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren vor der Rücknahme erbracht. Dabei wird der Zeitpunkt der Rücknahme von Beginn des Jahres an gerechnet, in dem der Verwaltungsakt zurückgenommen wird. Erfolgt die Rücknahme auf Antrag, tritt bei der Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, anstelle der Rücknahme der Antrag.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Kraft Gesetzes sind versichert

1.
Beschäftigte,
2.
Lernende während der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsstätten, Lehrwerkstätten, Schulungskursen und ähnlichen Einrichtungen,
3.
Personen, die sich Untersuchungen, Prüfungen oder ähnlichen Maßnahmen unterziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten Tätigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten Tätigkeit erforderlich sind, soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behörde veranlaßt worden sind,
4.
behinderte Menschen, die in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen, bei einem anderen Leistungsanbieter nach § 60 des Neunten Buches oder in Blindenwerkstätten im Sinne des § 226 des Neunten Buches oder für diese Einrichtungen in Heimarbeit tätig sind,
5.
Personen, die
a)
Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
b)
im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vorübergehend mitarbeitende Familienangehörige sind,
c)
in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
d)
ehrenamtlich in Unternehmen tätig sind, die unmittelbar der Sicherung, Überwachung oder Förderung der Landwirtschaft überwiegend dienen,
e)
ehrenamtlich in den Berufsverbänden der Landwirtschaft tätig sind,
wenn für das Unternehmen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zuständig ist.
6.
Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
7.
selbständig tätige Küstenschiffer und Küstenfischer, die zur Besatzung ihres Fahrzeugs gehören oder als Küstenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelmäßig nicht mehr als vier Arbeitnehmer beschäftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
8.
a)
Kinder während des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Träger für den Betrieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Erlaubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bedürfen, während der Betreuung durch geeignete Tagespflegepersonen im Sinne von § 23 des Achten Buches sowie während der Teilnahme an vorschulischen Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt,
b)
Schüler während des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen und während der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von der Schule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgeführten Betreuungsmaßnahmen,
c)
Studierende während der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9.
Personen, die selbständig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Gesundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege tätig sind,
10.
Personen, die
a)
für Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen des öffentlichen Rechts oder deren Verbände oder Arbeitsgemeinschaften, für die in den Nummern 2 und 8 genannten Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von Gebietskörperschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
b)
für öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften und deren Einrichtungen oder für privatrechtliche Organisationen im Auftrag oder mit ausdrücklicher Einwilligung, in besonderen Fällen mit schriftlicher Genehmigung von öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
11.
Personen, die
a)
von einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts zur Unterstützung einer Diensthandlung herangezogen werden,
b)
von einer dazu berechtigten öffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebung herangezogen werden,
12.
Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Unglücksfällen oder im Zivilschutz unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen dieser Unternehmen einschließlich der satzungsmäßigen Veranstaltungen, die der Nachwuchsförderung dienen, teilnehmen,
13.
Personen, die
a)
bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtiger Gefahr für seine Gesundheit retten,
b)
Blut oder körpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden oder bei denen Voruntersuchungen oder Nachsorgemaßnahmen anlässlich der Spende vorgenommen werden,
c)
sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verdächtig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persönlich einsetzen,
d)
Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt im Rettungsdienst ausüben, wenn diese Tätigkeiten neben
aa)
einer Beschäftigung mit einem Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
bb)
einer Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder als Arzt in privater Niederlassung
ausgeübt werden,
14.
Personen, die
a)
nach den Vorschriften des Zweiten oder des Dritten Buches der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Einzelfall gerichteten Aufforderung der Bundesagentur für Arbeit, des nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Trägers oder eines nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Trägers nachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
b)
an einer Maßnahme teilnehmen, wenn die Person selbst oder die Maßnahme über die Bundesagentur für Arbeit, einen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Zweiten Buches zuständigen Träger oder einen nach § 6a des Zweiten Buches zugelassenen kommunalen Träger gefördert wird,
15.
Personen, die
a)
auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der landwirtschaftlichen Alterskasse stationäre oder teilstationäre Behandlung oder stationäre, teilstationäre oder ambulante Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erhalten,
b)
zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforderung eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesagentur für Arbeit einen dieser Träger oder eine andere Stelle aufsuchen,
c)
auf Kosten eines Unfallversicherungsträgers an vorbeugenden Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
d)
auf Kosten eines Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung, der landwirtschaftlichen Alterskasse oder eines Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung an Präventionsmaßnahmen teilnehmen,
16.
Personen, die bei der Schaffung öffentlich geförderten Wohnraums im Sinne des Zweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 des Wohnraumförderungsgesetzes oder entsprechender landesrechtlicher Regelungen im Rahmen der Selbsthilfe tätig sind,
17.
Pflegepersonen im Sinne des § 19 Satz 1 und 2 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebedürftigen mit mindestens Pflegegrad 2 im Sinne der §§ 14 und 15 Absatz 3 des Elften Buches; die versicherte Tätigkeit umfasst pflegerische Maßnahmen in den in § 14 Absatz 2 des Elften Buches genannten Bereichen sowie Hilfen bei der Haushaltsführung nach § 18 Absatz 5a Satz 3 Nummer 2 des Elften Buches.

(1a) Versichert sind auch Personen, die nach Erfüllung der Schulpflicht auf der Grundlage einer schriftlichen Vereinbarung im Dienst eines geeigneten Trägers im Umfang von durchschnittlich mindestens acht Wochenstunden und für die Dauer von mindestens sechs Monaten als Freiwillige einen Freiwilligendienst aller Generationen unentgeltlich leisten. Als Träger des Freiwilligendienstes aller Generationen geeignet sind inländische juristische Personen des öffentlichen Rechts oder unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes fallende Einrichtungen zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung), wenn sie die Haftpflichtversicherung und eine kontinuierliche Begleitung der Freiwilligen und deren Fort- und Weiterbildung im Umfang von mindestens durchschnittlich 60 Stunden je Jahr sicherstellen. Die Träger haben fortlaufende Aufzeichnungen zu führen über die bei ihnen nach Satz 1 tätigen Personen, die Art und den Umfang der Tätigkeiten und die Einsatzorte. Die Aufzeichnungen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren.

(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Satz 1 gilt auch für Personen, die während einer aufgrund eines Gesetzes angeordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwaltlichen oder jugendbehördlichen Anordnung wie Beschäftigte tätig werden.

(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch für

1.
Personen, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der Länder oder bei deren Leitern, Mitgliedern oder Bediensteten beschäftigt und in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 4 Absatz 1 Satz 2 des Sechsten Buches pflichtversichert sind,
2.
Personen, die
a)
im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes Entwicklungsdienst oder Vorbereitungsdienst leisten,
b)
einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst „weltwärts” im Sinne der Richtlinie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vom 1. August 2007 (BAnz. 2008 S. 1297) leisten,
c)
einen Internationalen Jugendfreiwilligendienst im Sinne der Richtlinie Internationaler Jugendfreiwilligendienst des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend vom 20. Dezember 2010 (GMBl S. 1778) leisten,
3.
Personen, die
a)
eine Tätigkeit bei einer zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Organisation ausüben und deren Beschäftigungsverhältnis im öffentlichen Dienst während dieser Zeit ruht,
b)
als Lehrkräfte vom Auswärtigen Amt durch das Bundesverwaltungsamt an Schulen im Ausland vermittelt worden sind oder
c)
für ihre Tätigkeit bei internationalen Einsätzen zur zivilen Krisenprävention als Sekundierte nach dem Sekundierungsgesetz abgesichert werden.
Die Versicherung nach Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a und c erstreckt sich auch auf Unfälle oder Krankheiten, die infolge einer Verschleppung oder einer Gefangenschaft eintreten oder darauf beruhen, dass der Versicherte aus sonstigen mit seiner Tätigkeit zusammenhängenden Gründen, die er nicht zu vertreten hat, dem Einflussbereich seines Arbeitgebers oder der für die Durchführung seines Einsatzes verantwortlichen Einrichtung entzogen ist. Gleiches gilt, wenn Unfälle oder Krankheiten auf gesundheitsschädigende oder sonst vom Inland wesentlich abweichende Verhältnisse bei der Tätigkeit oder dem Einsatz im Ausland zurückzuführen sind. Soweit die Absätze 1 bis 2 weder eine Beschäftigung noch eine selbständige Tätigkeit voraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches für alle Personen, die die in diesen Absätzen genannten Tätigkeiten im Inland ausüben; § 4 des Vierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch für Personen, die im Ausland tätig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.

(4) Familienangehörige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind

1.
Verwandte bis zum dritten Grade,
2.
Verschwägerte bis zum zweiten Grade,
3.
Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches)
der Unternehmer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner.

(1) Die Satzung kann bestimmen, daß und unter welchen Voraussetzungen sich die Versicherung erstreckt auf

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
2.
Personen, die sich auf der Unternehmensstätte aufhalten; § 2 Absatz 3 Satz 4 erster Halbsatz gilt entsprechend,
3.
Personen, die
a)
im Ausland bei einer staatlichen deutschen Einrichtung beschäftigt werden,
b)
im Ausland von einer staatlichen deutschen Einrichtung anderen Staaten zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt werden;
Versicherungsschutz besteht nur, soweit die Personen nach dem Recht des Beschäftigungsstaates nicht unfallversichert sind,
4.
ehrenamtlich Tätige und bürgerschaftlich Engagierte,
5.
Kinder und Jugendliche während der Teilnahme an Sprachförderungskursen, wenn die Teilnahme auf Grund landesrechtlicher Regelungen erfolgt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für

1.
Haushaltsführende,
2.
Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien oder Imkereien und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,
3.
Personen, die aufgrund einer vom Fischerei- oder Jagdausübungsberechtigten erteilten Erlaubnis als Fischerei- oder Jagdgast fischen oder jagen,
4.
Reeder, die nicht zur Besatzung des Fahrzeugs gehören, und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner.

(1) Auf schriftlichen oder elektronischen Antrag können sich versichern

1.
Unternehmer und ihre im Unternehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner; ausgenommen sind Haushaltsführende, Unternehmer von nicht gewerbsmäßig betriebenen Binnenfischereien, von nicht gewerbsmäßig betriebenen Unternehmen nach § 123 Abs. 1 Nr. 2 und ihre Ehegatten oder Lebenspartner sowie Fischerei- und Jagdgäste,
2.
Personen, die in Kapital- oder Personenhandelsgesellschaften regelmäßig wie Unternehmer selbständig tätig sind,
3.
gewählte oder beauftragte Ehrenamtsträger in gemeinnützigen Organisationen,
4.
Personen, die in Verbandsgremien und Kommissionen für Arbeitgeberorganisationen und Gewerkschaften sowie anderen selbständigen Arbeitnehmervereinigungen mit sozial- oder berufspolitischer Zielsetzung (sonstige Arbeitnehmervereinigungen) ehrenamtlich tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen,
5.
Personen, die ehrenamtlich für Parteien im Sinne des Parteiengesetzes tätig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen für diese Tätigkeit teilnehmen.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 kann auch die Organisation, für die die Ehrenamtsträger tätig sind, oder ein Verband, in dem die Organisation Mitglied ist, den Antrag stellen; eine namentliche Bezeichnung der Versicherten ist in diesen Fällen nicht erforderlich. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 4 und 5 gilt Satz 2 entsprechend.

(2) Die Versicherung beginnt mit dem Tag, der dem Eingang des Antrags folgt. Die Versicherung erlischt, wenn der Beitrag oder Beitragsvorschuß binnen zwei Monaten nach Fälligkeit nicht gezahlt worden ist. Eine Neuanmeldung bleibt so lange unwirksam, bis der rückständige Beitrag oder Beitragsvorschuß entrichtet worden ist.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Folgen eines Versicherungsfalls sind auch Gesundheitsschäden oder der Tod von Versicherten infolge

1.
der Durchführung einer Heilbehandlung, von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder einer Maßnahme nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung,
2.
der Wiederherstellung oder Erneuerung eines Hilfsmittels,
3.
der zur Aufklärung des Sachverhalts eines Versicherungsfalls angeordneten Untersuchung
einschließlich der dazu notwendigen Wege.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend, wenn die Versicherten auf Aufforderung des Unfallversicherungsträgers diesen oder eine von ihm bezeichnete Stelle zur Vorbereitung von Maßnahmen der Heilbehandlung, der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben oder von Maßnahmen nach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung aufsuchen. Der Aufforderung durch den Unfallversicherungsträger nach Satz 1 steht eine Aufforderung durch eine mit der Durchführung der genannten Maßnahmen beauftragte Stelle gleich.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtung des Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe, auf ergänzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit sowie auf Geldleistungen. Die Leistungen werden auf Antrag durch ein Persönliches Budget nach § 29 des Neunten Buches erbracht; dies gilt im Rahmen des Anspruchs auf Heilbehandlung nur für die Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.

(2) Der Unfallversicherungsträger hat mit allen geeigneten Mitteln möglichst frühzeitig

1.
den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verhüten und seine Folgen zu mildern,
2.
den Versicherten einen ihren Neigungen und Fähigkeiten entsprechenden Platz im Arbeitsleben zu sichern,
3.
Hilfen zur Bewältigung der Anforderungen des täglichen Lebens und zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft sowie zur Führung eines möglichst selbständigen Lebens unter Berücksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens bereitzustellen,
4.
ergänzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Sozialen Teilhabe zu erbringen,
5.
Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu erbringen.

(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor Rentenleistungen.

(4) Qualität und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe haben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entsprechen und den medizinischen Fortschritt zu berücksichtigen. Sie werden als Dienst- und Sachleistungen zur Verfügung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keine Abweichungen vorsehen.

(5) Die Unfallversicherungsträger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durchführung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtungen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgemäßem Ermessen. Dabei prüfen sie auch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verhüten.

In den Fällen des § 36a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Vierten Buches wird die Entscheidung über einen Anspruch auf eine Leistung schriftlich erlassen.

Die Verpflichtung zum Schadensersatz wegen einer gegen die Person gerichteten unerlaubten Handlung erstreckt sich auf die Nachteile, welche die Handlung für den Erwerb oder das Fortkommen des Verletzten herbeiführt.

(1) Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Wird die versicherte Tätigkeit im Haushalt der Versicherten oder an einem anderen Ort ausgeübt, besteht Versicherungsschutz in gleichem Umfang wie bei Ausübung der Tätigkeit auf der Unternehmensstätte.

(2) Versicherte Tätigkeiten sind auch

1.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit,
2.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges, um
a)
Kinder von Versicherten (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wegen ihrer, ihrer Ehegatten oder ihrer Lebenspartner beruflichen Tätigkeit fremder Obhut anzuvertrauen oder
b)
mit anderen Berufstätigen oder Versicherten gemeinsam ein Fahrzeug zu benutzen,
2a.
das Zurücklegen des unmittelbaren Weges nach und von dem Ort, an dem Kinder von Versicherten nach Nummer 2 Buchstabe a fremder Obhut anvertraut werden, wenn die versicherte Tätigkeit an dem Ort des gemeinsamen Haushalts ausgeübt wird,
3.
das Zurücklegen des von einem unmittelbaren Weg nach und von dem Ort der Tätigkeit abweichenden Weges der Kinder von Personen (§ 56 des Ersten Buches), die mit ihnen in einem gemeinsamen Haushalt leben, wenn die Abweichung darauf beruht, daß die Kinder wegen der beruflichen Tätigkeit dieser Personen oder deren Ehegatten oder deren Lebenspartner fremder Obhut anvertraut werden,
4.
das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden Weges von und nach der ständigen Familienwohnung, wenn die Versicherten wegen der Entfernung ihrer Familienwohnung von dem Ort der Tätigkeit an diesem oder in dessen Nähe eine Unterkunft haben,
5.
das mit einer versicherten Tätigkeit zusammenhängende Verwahren, Befördern, Instandhalten und Erneuern eines Arbeitsgeräts oder einer Schutzausrüstung sowie deren Erstbeschaffung, wenn diese auf Veranlassung der Unternehmer erfolgt.

(3) Als Gesundheitsschaden gilt auch die Beschädigung oder der Verlust eines Hilfsmittels.

Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die gerichtliche Feststellung, dass sein Bandscheibenvorfall im Bereich C 6/7 seiner Halswirbelsäule (HWS) ein weiterer Gesundheitserstschaden seines von der Beklagten anerkannten Arbeitsunfalls vom 3.7.2005 ist.

2

Der Kläger absolvierte an diesem Tag als Arbeitnehmer eines Automobilherstellers aufgabengemäß eine Testfahrt auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in Italien. Dabei platzte bei einer Geschwindigkeit von 295 km/h ein Hinterreifen seines Fahrzeugs. Es kam von der Fahrbahn ab, durchbrach die Leitplanke und kam in einem Wäldchen zum Stehen.

3

Bei der Erstuntersuchung des Klägers erbrachten die Röntgenaufnahmen keinen Anhalt für Frakturen. Am 6.7.2005 diagnostizierte ein Facharzt für Chirurgie ua eine Halswirbelsäulen-Distorsion (Verstauchung, Zerrung). In der Kernspintomographie der HWS vom 4.8.2005 wurden erhebliche degenerative Veränderungen bei multisegmentaler Osteochondrose sowie für den Bereich von C 6/7 eine fast normal hohe Bandscheibe mit normal weiten Neuroforamina (Wurzelkanälen) beschrieben. Eine weitere Kernspintomographie der HWS vom 30.8.2005 ergab zwischen den Halswirbelkörpern C 6/7 einen links gelegenen Bandscheibenvorfall mit intraforaminaler Vorfallskomponente. Eine Begleitverletzung wurde nicht benannt.

4

Im Bescheid vom 18.10.2007 anerkannte die Beklagte den Unfall vom 3.7.2005 als Arbeitsunfall. Als "Unfallfolgen" wurden "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers" anerkannt.

5

Ferner wurde festgestellt, der Bandscheibenvorfall zwischen dem 6. und 7. Halswirbelkörper sei keine "Folge des Arbeitsunfalls", weder im Sinne der Entstehung noch im Sinne der Verschlimmerung. Ein traumatischer Bandscheibenvorfall sei angesichts des MRT-Befundes vom 4.8.2005, in dem eine Traumatisierung des Segments C 6/7 nicht beschrieben sei, zu verneinen. Der dagegen eingelegte Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 28.2.2008).

6

Das SG Karlsruhe hat mit Urteil vom 14.7.2010 festgestellt, dass "die Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei.

7

Die Beklagte hat mit ihrer Berufung geltend gemacht, das Urteil sei in seiner Kausalitätsbeurteilung mit dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft nicht vereinbar. Im Standardwerk der gesetzlichen Unfallversicherung von Schönberger/Mehrtens/Valentin, das den anerkannten neuesten medizinischen Kenntnisstand dokumentiere, werde seit der 7. Auflage ausgeführt, dass die traumatische Verursachung eines isolierten Bandscheibenschadens ohne Begleitverletzung nicht möglich sei. Dazu sei Beweis zu erheben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.

8

Das LSG hat die Berufung durch Beschluss vom 22.12.2010 zurückgewiesen. Es sei vorliegend zumindest wahrscheinlich, dass der Unfall vom 3.7.2005 naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7 gewesen sei. Hierfür sprächen vor allem jene Indizien, die auf eine akute Schädigung im Bereich des Bewegungssegments C 6/7 und damit eine Substanzschädigung der betreffenden Bandscheibe in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit dem Unfallereignis hinwiesen. Vor dem Unfall sei der Kläger trotz bestehender degenerativer Veränderungen gerade auch im Bereich der HWS beschwerdefrei gewesen. Der Unfall habe zu einer Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule geführt. Umstände, die üblicherweise gegen einen naturwissenschaftlichen Zusammenhang sprächen, hätten im vorliegenden Fall keine durchgreifende Bedeutung.

9

Zu Unrecht berufe sich die Beklagte auf das Werk von Schönberger/Mehrtens/Valentin und meine, es sei dort dokumentierter neuester medizinischer Kenntnisstand, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall immer mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen einhergehe. Diesen Ausführungen könne aus Rechtsgründen nicht gefolgt werden. Denn dieses Standardwerk der unfallmedizinischen Literatur vermenge die Prüfung der naturwissenschaftlichen Kausalität auf der ersten Stufe mit der wertenden Entscheidung der zweiten Stufe der Kausalitätsprüfung (Wesentlichkeit). Bei der Prüfung der Wesentlichkeit handele es sich um eine wertende Entscheidung, die dem juristischen Betrachter vorbehalten sei.

10

Der Antrag der Beklagten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens werde abgelehnt. Selbst wenn die von Schönberger/Mehrtens/Valentin vertretene Auffassung den herrschenden medizinischen Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung wiedergeben sollte, ändere dies nichts daran, dass dieser Kenntnisstand der Kausalitätsbetrachtung nicht zugrunde gelegt werden dürfe, weil er die maßgebenden rechtlichen Vorgaben der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG vernachlässige.

11

Lägen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall "örtlich-zeitlich in Rede" stehe, sei ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

12

Sei der naturwissenschaftliche Zusammenhang zu bejahen, stelle sich die Frage (zweite Stufe der Kausalitätsprüfung), ob das Unfallereignis auch wesentlich gewesen sei. Hierbei sei vor dem Hintergrund der Schwere des Unfalltraumas mit einer plötzlichen unphysiologischen Belastung der HWS den bereits vorliegenden degenerativen Veränderungen im Hinblick auf den aufgetretenen Bandscheibenvorfall keine überragende Bedeutung beizumessen gewesen. Demnach sei das Unfallereignis wesentliche Mitursache des erlittenen Bandscheibenvorfalls und die beim Kläger in der Folge erforderlich gewordene Versteifung im Bewegungssegment einschließlich der fortbestehenden Schmerzsymptomatik als Unfallfolge festzustellen.

13

Mit der vom BSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII und einen Verstoß gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung(§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Der erforderliche ursächliche Zusammenhang zwischen dem Unfallereignis und dem Bandscheibenvorfall liege nicht vor. Das LSG habe nicht den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand ermittelt.

14

Die Beklagte beantragt,
den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 22. Dezember 2010 und das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 14. Juli 2010 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.

15

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

16

Die zulässige Revision der Beklagten ist im Sinne der Aufhebung des Beschlusses des LSG und der Zurückverweisung der Sache an das LSG (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet.

17

1. Aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann das BSG nicht abschließend darüber befinden, ob die Verrichtung der versicherten Tätigkeit, die die Verbandszuständigkeit der Beklagten begründet und eine Einwirkung auf die HWS des Klägers wesentlich mitverursacht hat (dazu unter 3.), dadurch auch eine objektive und zudem rechtlich wesentliche Mitursache des Bandscheibenvorfalls auf der Höhe des 6./7. Halswirbelkörpers geworden ist. Nur dann wäre dieser ein Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls.

18

Das LSG hat nicht festgestellt, ob dieser Schaden nach Maßgabe des derzeit anerkannten Standes der medizinischen Wissenschaft durch die verrichtungsbedingte und deshalb versicherte Einwirkung unmittelbar objektiv mitverursacht wurde (dazu unter 4.). Seine Ansicht, dies könne durch "eine wertende Entscheidung …, die … dem juristischen Betrachter vorbehalten" sei, im Rahmen der rechtlichen "Wesentlichkeitsbeurteilung" ersetzt werden, verfehlt den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache für eine bestimmte Wirkung (dazu unter 3. und 5.).

19

2. Die Beklagte wendet sich mit ihrer Revision gegen die Zurückweisung ihrer zulässigen Berufung durch das LSG. Mit ihr wandte sie sich erstens gegen die Aufhebung ihres Verwaltungsakts durch das SG, der Kläger habe gegen sie keinen Anspruch auf Feststellung seines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als "Folge des Arbeitsunfalls". Zweitens begehrte sie die Aufhebung des Feststellungsurteils des SG, dass die "Versteifung im Bewegungssegment C 6/7 mit daraus resultierender Schmerzsymptomatik … Folge des Arbeitsunfalls vom 03.07.2005" sei. Der Erfolg ihrer Rechtsmittel hängt davon ab, ob die zulässige Kombination der zulässigen Anfechtungs- mit der zulässigen Feststellungsklage des Klägers begründet ist. Das wäre dann der Fall, wenn sie durch ihren negativ feststellenden Verwaltungsakt einen Anspruch des Klägers auf die Feststellung eines Bandscheibenvorfalls C 6/7 als Gesundheitserstschaden zu Unrecht abgelehnt hätte. Dann wäre dieser (insoweit unter klarstellender Änderung des bisherigen Ausspruchs des SG) durch Feststellungsurteil als weiterer Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls festzustellen. Andernfalls hätte ihre Revision durchgreifenden Erfolg.

20

Wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG zwischen den Beteiligten klargestellt werden konnte, richtete sich das Begehren des Klägers von Anfang an nicht auf die Feststellung seines Bandscheibenvorfalls als eine (unmittelbare) Unfallfolge. Ihm kam es vielmehr stets auf die Feststellung dieses Gesundheitsschadens als weiteren Erstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls an. Eine unmittelbare Unfallfolge kann sich hingegen nur infolge eines Gesundheitserstschadens einstellen, der selbst als Tatbestandsvoraussetzung des Unfallbegriffs iS des § 8 Abs 1 Satz 2 SGB VII dem Begriff des Arbeitsunfalls unterfällt. Der Bandscheibenvorfall war zudem ersichtlich keine Wirkung eines bereits anerkannten Erstschadens. Bei sachgerechter Auslegung war auch die angefochtene negative Feststellung der Beklagten auf die Ablehnung der Anerkennung eines Erstschadens gerichtet.

21

3. Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen des LSG ist nicht abschließend beurteilbar, aber möglich, dass dem Kläger der erhobene Feststellungsanspruch gegen die Beklagte zusteht. Jeder Versicherte hat nämlich das Recht, vom zuständigen Unfallversicherungsträger gemäß § 102 SGB VII die Feststellung aller Erstschäden (Gesundheitserstschäden oder Tod) eines Arbeitsunfalls iS von § 8 Abs 1 SGB VII zu verlangen, wenn ein solcher eingetreten ist(vgl BSG vom 31.1.2012 - B 2 U 2/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 8 Nr 43 vorgesehen, Juris RdNr 15 sowie BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - SozR 4-2700 § 11 Nr 1 RdNr 15 f).

22

a) Der Anspruch scheitert nicht schon daran, dass die Beklagte eine insoweit unanfechtbar gewordene Feststellung getroffen hat, der Kläger habe infolge seiner versicherten Testfahrt einen Arbeitsunfall mit folgenden Gesundheitserstschäden erlitten: "Druck- und Klopfschmerz über der oberen Brustwirbelsäule nach unter keilförmiger Deformierung knöchern verheilter Deckplattenimpressionsfraktur des 2. Brustwirbelkörpers".

23

Die rechtliche Bindungswirkung dieses Verwaltungsakts erstreckt sich nicht auf die hier umstrittene Frage, ob die infolge der Testfahrt eingetretene Einwirkung auf den Körper des Klägers weitere Gesundheitserstschäden (objektiv und unfallversicherungsrechtlich wesentlich) mitverursacht hat. Werden die Erstschäden anfangs nur unvollständig anerkannt, hat der Versicherte Anspruch auf eine vollständige Feststellung aller objektiv vom Arbeitsunfall umfassten Gesundheitserstschäden. Entscheidet der Versicherungsträgerbei seiner Feststellung eines Arbeitsunfalls, wie hier, dass der Versicherte keinen Anspruch auf Feststellung bestimmter weiterer Erstschäden habe, oder stellt er die Gesundheitserstschäden ausdrücklich abschließend (positiv oder negativ) fest, ist dagegen der Widerspruch gegeben (nach Fristablauf allein §§ 44 f SGB X). Da hier erstmals um einen weiteren, von der Beklagten abgelehnten Gesundheitserstschaden gestritten wird, erfasst die rechtliche Bindungswirkung des den Arbeitsunfall feststellenden Verwaltungsakts den hier rechtshängigen Streitgegenstand nicht.

24

b) Die Feststellungen des LSG lassen erkennen, dass der Kläger möglicherweise einen Anspruch auf Feststellung der umstrittenen Gesundheitserstschäden hat. Denn danach hat er eine versicherte Tätigkeit als Beschäftigter verrichtet und infolge dessen ein Unfallereignis erlitten (dazu sogleich).

25

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 (oder 8 Abs 2) SGB VII begründenden Tätigkeit(versicherte Tätigkeit). Unfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen (Abs 1 Satz 2).

26

Daher muss eine Verrichtung des Verletzten vor dem fraglichen Unfallereignis, das "infolge" also ua nach dieser Verrichtung eingetreten sein muss, den gesetzlichen Tatbestand einer versicherten Tätigkeit erfüllt haben. Nur dies begründet seine Versichertenstellung in und seinen Versicherungsschutz aus der jeweiligen Versicherung.

27

Diese (versicherte) Verrichtung muss ein zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis (Unfallereignis), kurz gesagt: eine Einwirkung, objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (Unfallkausalität). Diese (versicherte) Einwirkung muss einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht haben (haftungsbegründende Kausalität).

28

Die den Versicherungsschutz in der jeweiligen Versicherung begründende "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" müssen (vom Richter im Überzeugungsgrad des Vollbeweises) festgestellt sein.

29

aa) § 8 Abs 1 Satz 1 SGB VII setzt voraus, dass der Verletzte eine "den Versicherungsschutz" begründende "Tätigkeit (versicherte Tätigkeit)" verrichtet hat und dass der Unfall (iS von Satz 2 aaO) "infolge" dieser versicherten Tätigkeit eingetreten ist.

30

Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen umschreiben den Rechtsgrund, aufgrund dessen der wegen einer Verrichtung einer versicherten Tätigkeit durch den Verletzten verbandszuständige Unfallversicherungsträger überhaupt versicherungsrechtlich für die Schäden, Nachteile und Bedarfe des verunfallten Verletzten einstehen soll. Er soll nur verpflichtet sein, soweit der Versicherungsschutz durch die Verrichtung der versicherten Tätigkeit in der jeweiligen Versicherung begründet ist. Er soll deshalb (grundsätzlich) nur einstehen müssen für Gesundheitsschäden (oder Tod und ggf wirtschaftliche Folgen etc), die "infolge" der versicherten Verrichtung eingetreten sind und ein Risiko realisieren, gegen das die jeweils begründete Versicherung schützen soll. Zurechnungsvoraussetzungen sind somit auf der ersten Stufe die (faktisch-objektive) Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung des Verletzten für den Schaden und auf der darauf aufbauenden zweiten Stufe dessen rechtliche Erfassung vom jeweiligen Schutzzweck der begründeten Versicherung.

31

bb) Die Zurechnung setzt somit erstens voraus, dass die Verrichtung der versicherten Tätigkeit den Schaden (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) objektiv mitverursacht hat. Denn für Einbußen des Verletzten, für welche die versicherte Verrichtung keine Wirkursache war, ist schlechthin kein Versicherungsschutz begründet, hat also der Versicherungsträger nicht einzustehen. Eine Verrichtung ist jedes konkrete Handeln eines Verletzten, das (objektiv) seiner Art nach von Dritten beobachtbar (BSG vom 9.11.2010 - B 2 U 14/10 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 39 RdNr 22) und (subjektiv, also jedenfalls in laienhafter Sicht) - zumindest auch - auf die Erfüllung des Tatbestandes der jeweiligen versicherten Tätigkeit ausgerichtet ist (innere Tatsache). Als (objektives) Handeln des Verletzten kann es erste Ursache einer objektiven Verursachungskette sein. Diese kann über die Einwirkung auf den Körper, über Gesundheitserstschäden oder Tod hinaus bis zu unmittelbaren oder iS von § 11 SGB VII, der für die zweite Stufe andere Zurechnungsgründe als die "Wesentlichkeit" regelt, mittelbaren Unfallfolgen sowie ua zur Minderung der Erwerbsfähigkeit und zu den Bedarfen reichen, derentwegen das SGB VII Leistungsrechte vorsieht.

32

Erst dann, wenn die "Verrichtung", die (möglicherweise dadurch verursachte) "Einwirkung" und der (möglicherweise dadurch verursachte) "Erstschaden" festgestellt sind, kann und darf (auf der ersten Stufe der Zurechnung) über die tatsächliche Kausalitätsbeziehung (objektive Verursachung) zwischen der Verrichtung und der Einwirkung (mit dem richterlichen Überzeugungsgrad mindestens der Wahrscheinlichkeit) entschieden werden. Es geht hierbei ausschließlich um die rein tatsächliche Frage, ob und ggf mit welchem Mitwirkungsanteil die versicherte Verrichtung (ggf neben anderen konkret festgestellten unversicherten Wirkursachen) eine Wirkursache der von außen kommenden, zeitlich begrenzten Einwirkung auf den Körper des Versicherten war.

33

cc) Zweitens muss der (letztlich) durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Schaden rechtlich auch unter Würdigung unversicherter Mitursachen als Realisierung einer in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fallenden Gefahr, eines dort versicherten Risikos, zu bewerten sein. Denn der Versicherungsschutz greift nur ein, wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, gegen das die jeweils begründete Versicherung Schutz gewähren soll.

34

Wird auf der ersten Stufe die objektive (Mit-)Verursachung bejaht, indiziert dies in keiner Weise die auf der zweiten Stufe der Zurechnung rechtlich zu gebende Antwort auf die Rechtsfrage (so schon BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17), ob die Mitverursachung der Einwirkung durch die versicherte Verrichtung unfallversicherungsrechtlich rechtserheblich, "wesentlich", war. Denn die unfallversicherungsrechtliche Wesentlichkeit der Wirkursächlichkeit der versicherten Verrichtung für die Einwirkung (etc) muss eigenständig rechtlich nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweils begründeten Versicherung beurteilt werden.

35

Sie setzt rechtlich voraus, dass der Schutzbereich und der Schutzzweck der jeweiligen durch die versicherte Verrichtung begründeten Versicherung durch juristische Auslegung des Versicherungstatbestandes nach den anerkannten Auslegungsmethoden erkannt werden. Insbesondere ist festzuhalten, ob und wie weit der Versicherungstatbestand gegen Gefahren aus von ihm versicherten Tätigkeiten schützen soll (vgl hierzu BSG vom 15.5.2012 - B 2 U 16/11 R - zur Veröffentlichung in SozR 4-2700 § 2 Nr 21 vorgesehen - RdNr 21 ff - Lebendnierenspende).

36

Bei der folgenden Subsumtion muss vorab entschieden werden, ob die versicherte Verrichtung durch ihren auf der ersten Stufe festgestellten Verursachungsbeitrag überhaupt ein Risiko verwirklicht hat, das in den Schutzbereich der begründeten Versicherung fällt. Nur wenn dies, wie zumeist, zu bejahen ist, kommt es darauf an, ob ggf konkret festgestellte unversicherte Mitursachen, die selbst die Zurechnung zum Unfallversicherungsträger nie begründen können, gleichwohl die Zurechnung ausschließen. Das ist der Fall, wenn die unversicherten Wirkursachen das gesamte Unfallgeschehen derart geprägt haben, dass die Wirkung insgesamt trotz des Mitwirkungsanteils der versicherten Verrichtung nicht mehr unter den Schutzbereich der jeweiligen Versicherung fällt. Bei dieser Subsumtion sind alle auf der ersten Stufe im Einzelfall konkret festgestellten versicherten und unversicherten Wirkursachen mit ihren ggf festgestellten Mitwirkungsanteilen in einer rechtlichen Gesamtabwägung nach Maßgabe des jeweilig festgestellten Schutzzwecks des Versicherungstatbestandes zu bewerten.

37

Nur wenn beide Zurechnungskriterien bejaht sind, erweist sich die versicherte Verrichtung als "wesentliche Ursache" (vgl schon RVA vom 24.5.1912, AN 1912, 930 = Breithaupt 1912, 212; GS RVA vom 26.2.1914, AN 1914, 411 <2690>; vgl BSG vom 29.11.2011 - B 2 U 26/10 R -; BSG vom 5.7.2011 - B 2 U 17/10 R - BSGE 108, 274 = SozR 4-2700 § 11 Nr 1; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 18/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 31; BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262 = SozR 4-2700 § 8 Nr 14, RdNr 17).

38

dd) In gleicher Weise muss zum Vorliegen eines Arbeitsunfalls ggf die versicherte Einwirkung den Erstschaden (ggf den Tod) a) objektiv und b) rechtlich wesentlich verursacht haben. Dabei kommt es schon wegen der Einheit des jeweiligen Versicherungsfalls stets auch darauf an, dass die Zurechnungskette auf ein- und dieselbe versicherte und den Versicherungsschutz bei dem Unfallversicherungsträger begründende Verrichtung zurückzuführen ist.

39

ee) Diese Voraussetzungen müssen für jeden einzelnen Gesundheitserstschaden erfüllt sein. "Gesundheitserstschaden" ist jeder abgrenzbare Gesundheitsschaden, der unmittelbar durch eine versicherte Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde, die durch ein- und dieselbe versicherte Verrichtung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht wurde. Es handelt sich also um die ersten voneinander medizinisch abgrenzbaren Gesundheitsschäden (oder den Tod), die "infolge" ein- und derselben versicherten Verrichtung eintreten.

40

c) Nach den Feststellungen des LSG liegt eine versicherte Verrichtung des Klägers vor, die eine Einwirkung objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat.

41

aa) Der Kläger hat durch seine Testfahrt den Tatbestand der versicherten Tätigkeit als "Beschäftigter" iS des § 2 Abs 1 Nr 1 SGB VII erfüllt(zu den Voraussetzungen dieses Tatbestandes näher BSG Urteil vom 15.5.2012 - B 2 U 8/11 R - zur Veröffentlichung in BSGE und SozR 4-2700 § 2 Nr 20 vorgesehen). Denn er hat dadurch zur Erfüllung einer Hauptpflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis mit dem Automobilhersteller zumindest angesetzt, wie in der mündlichen Verhandlung vor dem BSG auch in tatsächlicher Hinsicht abschließend außer Streit gestellt werden konnte. Er war daher in der Beschäftigtenversicherung grundsätzlich gegen alle Gefahren unfallversichert, die sich "infolge" der versicherten Testfahrt verwirklichten.

42

bb) Das LSG hat ferner bindend festgestellt, dass es infolge der Testfahrt zu einer "Einwirkung auf den oberen Bereich der Wirbelsäule" gekommen ist. Unter "Einwirkung" (als Kurzbezeichnung für das von außen kommende, zeitlich begrenzt einwirkende Unfallereignis) ist die durch einen solchen Vorgang ausgelöste Änderung des physiologischen Körperzustandes zu verstehen, die von dem (möglicherweise zeitnah danach eintretenden) Gesundheitserstschaden zu unterscheiden ist. Das LSG hat zur Natur der körperlichen Veränderung festgestellt, dass ein Chirurg am 6.7.2005 beim Kläger eine "HWS-Distorsion" diagnostiziert habe. Nach dem Gesamtzusammenhang des Beschlusses des LSG hat es sich diese Diagnose zu eigen gemacht. Eine solche HWS-Verstauchung genügt jedenfalls dem (weiten) Einwirkungsbegriff.

43

cc) Das LSG hat auch noch festgestellt, dass die versicherte Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit, das Platzen des Autoreifens, das Abkommen von der Testbahn, das Durchbrechen der Leitplanke und das Abstoppen im Wäldchen diese Einwirkung auf die HWS objektiv mitverursacht haben. Auch wenn das LSG keine näheren Feststellungen zur Ursache des Platzens des Reifens (ua Materialfehler, äußere Ursache) und auch nicht dazu getroffen hat, ob es bei der Testfahrt gerade um die Prüfung der Belastbarkeit der Reifen ging, ist seine Feststellung rechtlich nicht zu beanstanden, dass die versicherte Testfahrt als Grundvoraussetzung des Unfallhergangs eine mitwirkende Ursache für die Einwirkung war. Wie zudem vor dem BSG zur Gehörsgewährung eingeführt und von den Beteiligten bestätigt wurde, entspricht es dem heutigen allgemeinkundigen Stand der Erfahrung, dass ein solcher Ablauf einer Autofahrt Ursache eines starken Aufpralls mit der Wirkung ua einer Verstauchung der HWS sein kann und nach den konkreten Umständen des Falles hier auch war. Weitere Mitursachen wurden vom LSG nicht festgestellt und von der Beklagten nicht behauptet.

44

dd) Das LSG hat sinngemäß auch die rechtliche Beurteilung geäußert, dass das versicherte Handeln des Klägers eine mit der Erfüllung dieser Pflicht aus seinem Beschäftigungsverhältnis verbundene Gefahr für seine Gesundheit verwirklicht hat. Das trifft bundesrechtlich zu. Denn die Beschäftigtenversicherung soll grundsätzlich in allen Lebens- und Gesundheitsgefahren schützen, die sich aus dem Handeln zur Erfüllung von Pflichten oder zur Wahrnehmung unternehmensbezogener Rechte aus dem Beschäftigungsverhältnis unter Eingliederung in einen vom Unternehmer bestimmten Gefahrenbereich ergeben. Der Kläger hat infolge der ihm aufgetragenen Testfahrt mit äußerst hoher Geschwindigkeit Gesundheitsgefahren eingehen müssen, die sich in der Einwirkung realisiert haben. Damit fällt die durch die versicherte Verrichtung mitbewirkte Einwirkung auf die HWS unter den Schutzbereich der hier begründeten Beschäftigtenversicherung. Die konkret festgestellten Mitursachen der Einwirkung, das Platzen des Reifens, der Widerstand der durchbrochenen Leitplanke schließen in der gebotenen rechtlichen Gesamtabwägung die Zuordnung der HWS-Verstauchung zum Schutzbereich der Beschäftigtenversicherung nicht aus. Denn in ihnen hat sich gerade die besondere Gefahr verwirklicht, die mit der vom Kläger zu erfüllenden Pflicht verbunden war.

45

ee) Das LSG hat schließlich bindend festgestellt, dass der vom Kläger als Gesundheitserstschaden geltend gemachte Bandscheibenvorfall C 6/7 vorliegt.

46

d) Damit sind die Voraussetzungen für den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung dieses Vorfalls C 6/7 als weiteren Gesundheitserstschaden des anerkannten Arbeitsunfalls mit der Ausnahme erfüllt, dass das BSG noch nicht entscheiden kann, ob die Testfahrt mit der durch sie rechtlich wesentlich mitverursachten Einwirkung auf die HWS des Klägers auch rechtserhebliche (Mit-)Wirkursache dieses Bandscheibenvorfalls war.

47

4. Das LSG hat zwar ausgeführt, die versicherte Einwirkung und letztlich die versicherte Testfahrt hätten auch den Bandscheibenvorfall objektiv und wesentlich verursacht. Dies ist jedoch für das BSG nicht bindend. Es darf dies seiner Entscheidung nicht zugrunde legen.

48

a) Dies folgt für die Rechtsfrage der unfallversicherungsrechtlichen Wesentlichkeit schon daraus, dass es hier allein um Rechtsanwendung, also um die rechtliche Subsumtion der auf der ersten Stufe der Zurechnung festgestellten Tatsachen unter den Schutzbereich der für die konkrete Beschäftigung begründeten Beschäftigtenversicherung geht. Hier muss das Revisionsgericht in vollem Umfang die Beachtung des Bundesrechts überprüfen. Das LSG hat hierbei den Rechtsbegriff der unfallversicherungsrechtlichen "Wesentlichkeit" einer Ursache unzutreffend angewandt (dazu unter 5.).

49

b) Auf der ersten Stufe der Zurechnung hat das LSG keine das BSG bindenden tatsächlichen Feststellungen zur objektiven Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Einwirkung/versicherte Verrichtung getroffen.

50

Allerdings hat das LSG ausdrücklich festgestellt, dass die (versicherte) Einwirkung auf die HWS des Klägers "naturwissenschaftliche Ursache des beim Kläger aufgetretenen Bandscheibenvorfalls im Bewegungssegment C 6/7" gewesen ist.

51

aa) Grundsätzlich ist das Revisionsgericht an eine solche Tatsachenfeststellung, zu der auch der konkrete objektive Kausalzusammenhang im Einzelfall gehört, gebunden (§ 163 SGG). Hier tritt diese Bindung jedoch nicht ein, weil das LSG zum einen von einem unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven ("wissenschaftlich-philosophischen") Kausalität ausgegangen ist. Zum anderen hat es, wie die Beklagte zulässig und begründet rügt, die Grenzen der Befugnis zur freien richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG) überschritten. Es hat seinem Beschluss einen nicht existierenden Erfahrungssatz zugrunde gelegt und deshalb davon abgesehen aufzuklären, ob es einen nach dem neuesten Stand der medizinischen Wissenschaft anerkannten Erfahrungssatz gibt, nach dem isolierte Bandscheibenvorfälle durch Unfalleinwirkungen nur verursacht werden können, wenn ein unfallbedingter Begleitschaden vorliegt.

52

bb) Das LSG hat seine Kausalitätsbeurteilung auch auf folgenden nicht existierenden Erfahrungssatz gestützt: Liegen - wie hier - Hinweise auf eine traumatische Schädigung vor, ohne dass eine andere Schädigung als der Arbeitsunfall örtlich-zeitlich in Rede steht, ist ein naturwissenschaftlicher Zusammenhang regelmäßig als wahrscheinlich anzusehen.

53

Daran ist das BSG nicht gebunden. Ein solcher Erfahrungssatz ist nicht allgemeinkundig oder dem BSG gerichtsbekannt. Die Revisionsführerin bestreitet seine Existenz. Das LSG hat nicht mitgeteilt, woher es diese Erkenntnis gewonnen hat. Soweit die Formulierung auch als generelle weitere "Beweiserleichterung" bei der richterlichen Überzeugungsbildung zum Grad der (juristischen) Wahrscheinlichkeit gemeint sein könnte, wäre sie bundesrechtswidrig. Denn der juristische Überzeugungsgrad der Wahrscheinlichkeit knüpft an die Würdigung der Einzelfallumstände nach Maßgabe der im jeweiligen Lebensbereich vorhandenen aktuell anerkannten wissenschaftlichen Erfahrung, hilfsweise der sonstigen einschlägigen Fachkunde, und deren ggf vorhandene Unsicherheiten an. Er erlaubt es aber nicht, an dem vorhandenen Erfahrungswissen durch "juristische Betrachtungen" vorbeizugehen.

54

c) Das LSG hat auch im Übrigen einen unzutreffenden Rechtsbegriff der objektiven Verursachung (der "philosophisch-wissenschaftlichen Kausalität") zugrunde gelegt.

55

Objektive Verursachung bedeutet einen nach dem jeweils neuesten anerkannten Stand der einschlägigen Erfahrung (insbesondere der Wissenschaft, hilfsweise der sonstigen Fachkunde) geprüften und festgestellten Wirkungszusammenhang zwischen einer bestimmten Wirkursache und ihrer Wirkung. Dabei gibt es keine Ursache ohne Wirkung und keine Wirkung ohne Ursache.

56

Die versicherte Verrichtung muss also eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) der Einwirkung, die Einwirkung eine Wirkursache (ggf neben anderen Wirkursachen) des Gesundheitserstschadens sein. Ob die Verrichtung Wirkursache der Einwirkung (etc) war, ist eine Frage, die nur auf der Grundlage von Erfahrung über Kausalbeziehungen beantwortet werden kann.

57

Auch der Satz der Bedingungstheorie, ein tatsächlicher Umstand sei "notwendige Bedingung" (nicht: Ursache) eines anderen Umstandes, wenn der erste nicht "hinweggedacht" werden könne, ohne dass der zweite (der "Erfolg") entfiele ("conditio sine qua non"), ist kein logischer Schluss. Er verlangt eine hypothetische, dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich fremde, alternative Zusammenhangserwägung ohne Berücksichtigung eines in Wirklichkeit vorhandenen Umstandes und mit Unterstellung eines in Wirklichkeit nicht erfolgten Geschehensablaufs. Darüber hinaus verweist er auf Erfahrungswissen über den Zusammenhang von Bedingungen.

58

Die Erwägung nach dieser Formel führt zur Unbeachtlichkeit von Bedingungen, die nach Erfahrung die Wirkung nicht mitverursacht haben können. Insoweit kann sie zur ersten negativen Vorklärung, dem Ausscheiden von als Ursachen von vornherein nicht in Betracht kommender Bedingungen, beitragen. Sie erfasst aber alle Bedingungen, die nach Erfahrung möglicherweise die fragliche Wirkung (den "Erfolg") verursacht haben könnten. Aus sich heraus gibt sie aber keinen Maßstab dafür, ob ein solcher als für das Geschehen erforderliche (und nur in diesem Sinne "notwendige") Bedingung erkannter Umstand den "Erfolg" wirklich bewirkt, also die Wirkung mitverursacht hat, worauf schon der große Senat des RVA (aaO) hingewiesen hat. Eine solche Bedingung kann Wirkursache sein, muss es aber nicht. Sie kann auch bloße Randbedingung sein. Die Formel schließt nur "Bedingungen" aus, die nach Erfahrung unmöglich Wirkursachen sein können.

59

Entscheidend ist aber, ob die versicherte Verrichtung die Einwirkung und ob diese den Erstschaden bewirkt hat. Wenn die festgestellte versicherte Verrichtung nach Erfahrung eine "Bedingung eines Erfolgs", also einer Einwirkung und des Gesundheitserstschadens (etc) ist, wären diese (hypothetisch) ohne sie nicht eingetreten. Gleiches gilt für eine kaum abzählbare Menge anderer Bedingungen für den konkreten Unfall. Die Verrichtung war aber nur dann eine Wirkursache der Einwirkung/des Gesundheitserstschadens, wenn sie das Unfallereignis hervorgerufen oder in Gang gehalten und dadurch die Einwirkung herbeigeführt hat, welche den Körper des Verletzten, seinen physiologischen Zustand verändert und dadurch den Gesundheitsschaden mitbewirkt hat. Ob dies der Fall war, ist nach dem neuesten anerkannten Stand des einschlägigen Fachwissens zu beurteilen.

60

aa) Dies gilt auch für die Beantwortung der Frage, ob der festgestellte Bandscheibenvorfall des Klägers Wirkung der festgestellten versicherten Einwirkung/versicherten Testfahrt als Ursache war. Dafür kommt es, weil es sich um eine in den Fachbereich der medizinischen Wissenschaft fallende Frage handelt, allein darauf an, ob ein Wirkungszusammenhang zwischen dieser Testfahrt und dieser Einwirkung auf die HWS des Klägers und diesem Bandscheibenvorfall nach dem aktuellen Stand des anerkannten medizinischen Erfahrungswissens vorliegt. Dafür reicht ein bloßer örtlicher und zeitlicher Zusammenhang nicht aus.

61

Vielmehr ist der jeweils neueste anerkannte Stand des einschlägigen Erfahrungswissens zugrunde zu legen. Dies wird in der Regel die Auffassung der Mehrheit der im jeweiligen Fragenbereich veröffentlichenden Wissenschaftler/Fachkundigen eines Fachgebiets sein. Lässt sich eine solche "herrschende Meinung" nicht feststellen, so darf der Richter nicht gleichsam als Schiedsrichter im Streit einer Wissenschaft fungieren und selbst eine (von ihm anerkannte) Ansicht zur maßgeblichen des jeweiligen für ihn fachfremden Wissenschaftsgebietes erklären. Vielmehr kommt, falls auch durch staatliche Merkblätter, Empfehlungen der Fachverbände etc kein von den Fachkreisen mehrheitlich anerkannter neuester Erfahrungsstand festgestellt werden kann, eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen in Betracht (anders offenbar noch BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 18).

62

Dazu muss dieser Erfahrungsstand inhaltlich festgestellt und so rechtzeitig mit seiner Erkenntnisquelle (zB medizinisches Fachbuch) in das Gerichtsverfahren eingeführt werden, dass die Beteiligten sich darüber fachkundig machen und ggf konkrete Beweiserhebungen beantragen können. Das gilt auch dann, wenn das Gericht meint, der Stand des einschlägigen Erfahrungswissens sei gerichtsbekannt, allgemeinkundig oder könne vom Gericht aus eigener, stets rechtzeitig offenzulegender Fachkompetenz beurteilt werden.

63

bb) Soweit ein nicht allgemeinkundiges oder gerichtsbekanntes Erfahrungswissen Gegenstand einer staatlich anerkannten Wissenschaft, hilfsweise einer sonstigen fachkundigen Profession, ist, muss das Gericht, sofern es keine nachweisbare eigene Fachkompetenz oder Gerichtskenntnis auf diesem Gebiet hat, aufgrund der Ermessensreduktion im Rahmen seiner Sachaufklärung nach § 103 SGG sich die erforderliche Kenntnis durch Sachverständige verschaffen. Es ist gerade Aufgabe der Sachverständigen, dem Richter den aktuellen anerkannten Stand des Wissens darüber zu vermitteln, ob es Erfahrungssätze über Ursache-Wirkung-Beziehungen der fraglichen Art gibt und ggf welche Anwendungsbedingungen für die Anwendung dieser Sätze im Einzelfall erfüllt sein müssen. Soweit auch die Anwendung der Erfahrungssätze im Einzelfall, wie häufig, ebenfalls besondere Sachkunde erfordert, kann der Sachverständige auch damit beauftragt werden.

64

Gegenstand solcher Erfahrungssätze und ihrer generellen Anwendungsbedingungen ist, ob Vorgänge der Art des vorderen Kausalgliedes - hier: die Einwirkung auf den HWS-Bereich durch den Aufprall unter Absehung von bloßen Randbedingungen des konkreten Falles - allein oder im Zusammenwirken mit anderen nach dieser Erfahrung ursächlichen Bedingungen Vorgänge der Art des zweiten Kausalgliedes - hier: Bandscheibenvorfall C 6/7 als Gesundheitserstschaden - bewirken. Sofern diese Kausalbeziehung zwischen den beiden Arten der Kausalglieder besteht, ist das vordere eine hinreichende Ursache des folgenden Kausalgliedes. Tritt das zweite Kausalglied (hier: der Gesundheitserstschaden) immer und nur dann auf, wenn das vordere Kausalglied vorliegt, handelt es sich bei diesem um eine notwendige Ursache, bei dem zweiten um eine notwendige Wirkung. Bedingungen im Sinne der Bedingungstheorie, die erfahrungsgemäß keine solchen hinreichenden oder sogar notwendigen Wirkursachen sind, bleiben schon deshalb bei der Zurechnung außer Betracht.

65

cc) Allerdings darf das Gericht die jeweils einschlägige Wissenschaft (oder Fachkunde) auch nicht mit gebietsfremden Anforderungen überfordern, welchen dieser Erfahrungsbereich nicht genügen kann. Das Rechtssystem knüpft in den Grenzen der Rechtslogik an den jeweiligen aktuell anerkannten Stand der einschlägigen empirischen Wissenschaft (oder Fachkunde) an.

66

Es sind - gerade auch im Bereich der Medizin - nicht immer deterministische Erfahrungssätze vorhanden oder anerkannt. Sehr häufig werden nur wissenschaftlich begründete Wahrscheinlichkeitssätze (die nichts mit dem juristischen Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit zu tun haben) festgestellt werden können. Dabei gibt es in den verschiedenen Wissenschaften unterschiedliche Begriffe von empirischer Wahrscheinlichkeit bis hin zu probabilistischen Erfahrungssätzen. Sie werden nach entsprechenden Untersuchungen gelegentlich mathematisch formuliert, häufig aber allein durch tradierte Erfahrung im jeweiligen Fachkreis mit geringer Überprüfungsdichte gelehrt und/oder bloß unausgesprochen in der Praxis vorausgesetzt (begründete Vermutungen). Hier sind Unterschiede ferner zwischen Fachbereichen zu beachten, in denen es wissenschaftliche Fachdisziplinen gibt, und solchen, in denen es überwiegend nur die tradierte Erfahrung des Kreises der professionell im jeweiligen Gebiet Tätigen gibt.

67

dd) Maßstab für die objektive Kausalitätsbeurteilung ist also der neueste anerkannte Stand des Erfahrungswissens (vgl hierzu zuletzt auch BSG Urteil vom 15.9.2011 - B 2 U 25/10 R - SozR 4-5671 Anl 1 Nr 4111 Nr 3 RdNr 23 f "in der Regel 100 Feinstaubjahre"). Als Maßstäbe sind jeweils, soweit vorhanden, die aktuell anerkannten Erfahrungssätze festzustellen und anzuwenden. Dies ist eine reine Tatsachenfeststellung bei der der Richter der Hilfe des Sachverständigen bedarf. Hinsichtlich der richterlichen Feststellung des Inhalts der Erfahrungssätze genügt der richterliche Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit. Der Sachverständige muss bei seiner Begutachtung also gerade verdeutlichen, welche Erfahrungssätze er seiner Begutachtung zugrunde legt und dass dieses Erfahrungswissen in der einschlägigen Wissenschaft (oder Fachkunde) aktuell als neuester Stand anerkannt ist.

68

ee) Die Feststellung des jeweils aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes ist für eine objektive Urteilsfindung unerlässlich (BSG vom 9.5.2006 - B 2 U 1/05 R - BSGE 96, 196 = SozR 4-2700 § 8 Nr 17, RdNr 24 ff). Ausgangsbasis der richterlichen Erkenntnisbildung über wissenschaftliche Erfahrungssätze sind auch bei Fragen der objektiven Verursachung die Fachbücher und Standardwerke insbesondere zur Begutachtung im jeweiligen Bereich. Außerdem sind die jeweiligen Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der wissenschaftlich-medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) zu berücksichtigen. Hinzu kommen andere aktuelle wissenschaftliche Veröffentlichungen. Diese Quellen hat der Richter jeweils kritisch zu würdigen.

69

Eine bloße Literaturauswertung durch auf dem einschlägigen Gebiet nicht fachgerecht ausgebildete Richter genügt zur Feststellung des (nicht allgemeinkundigen oder gerichtsbekannten) aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über Kausalbeziehungen in der Regel nicht. Vielmehr wird dessen Klärung im Rahmen des ohnehin benötigten Gutachtens erfolgen. Dieser Erkenntnisstand ist aber die Basis für die Beurteilung durch den Sachverständigen, die er stets zugrunde legen muss und von der er nur durch zusätzliche Ausführungen, weshalb er ihr nicht folgt, mit wissenschaftlicher Begründung abweichen darf.

70

Bestreitet nach rechtzeitiger Einführung eines solchen Erfahrungssatzes in den Prozess einer der Beteiligten dessen Vorliegen oder Tragweite mit nicht offenkundig fernliegenden Sachargumenten, so wird das Gericht im Regelfall diesem Vorbingen durch (zumindest schriftliche) Befragung eines Sachverständigen nachzugehen haben (vgl BSG Beschluss vom 24.7.2012 - B 2 U 100/12 B - zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen).

71

d) Das LSG hat hinsichtlich der strittigen Verursachung des Bandscheibenvorfalls schon keinen neuesten anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft festgestellt, sondern einen anderen Verursachungsbegriff zugrunde gelegt.

72

aa) Die Beklagte hatte unter Zitierung des Werks von Schönberger/Mehrtens/Valentin dargelegt, dass es dem dort dokumentierten Stand der medizinischen Wissenschaft entspreche, dass ein traumatischer Bandscheibenvorfall nur mit knöchernen oder ligamentären Begleitverletzungen vorkommen könne. Das LSG hätte hierauf selbst die Existenz oder Nichtexistenz dieses oder eines anderen anerkannten Erfahrungssatzes in der medizinischen Wissenschaft feststellen müssen.

73

bb) Dies war nicht etwa deshalb gerechtfertigt, weil das LSG davon ausgegangen ist, dass sich eine Feststellung des einschlägigen medizinischen Erfahrungssatzes erübrige, weil die Autoren Schönberger/Mehrtens/Valentin von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab bei der Kausalitätsbetrachtung ausgegangen seien. Sie hätten Aspekte der rechtlichen Wesentlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG mit naturwissenschaftlichen Aussagen verquickt.

74

Es ist hier nicht darauf einzugehen, ob diese Behauptungen zutreffen. Beiläufig ist darauf hinzuweisen, dass nicht jeder Gebrauch des Wortes "wesentlich" zugleich eine Äußerung zur "Theorie der wesentlichen Bedingung" sein muss. Soweit Nichtjuristen sich zu solchen juristischen Problemen äußern, liegen keine Stellungnahmen eines Sachverständigen, möglicherweise aber dennoch bedenkenswerte oder richtige Argumente vor. In keinem Fall durfte das LSG davon absehen, den aktuellen Stand der anerkannten medizinischen Erfahrung über durch Unfälle verursachte Bandscheibenvorfälle festzustellen.

75

e) Es ist nicht tunlich (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG), dass das BSG das Bestehen und den Inhalt des von der Beklagten behaupteten oder eines sonstigen aktuell anerkannten medizinischen Erfahrungssatzes über die Verursachung von Bandscheibenvorfällen durch Unfalleinwirkungen und dessen generelle Anwendungsbedingungen selbst feststellt. Zwar gehören solche generellen Erfahrungssätze dem revisiblen Bundesrecht (§ 162 SGG) an. Jedoch bedürfte es zu einer Entscheidung darüber, ob im Fall des Klägers die Vorgaben eines solchen Erfahrungssatzes erfüllt sind, der Feststellung von Einzelfalltatsachen und deren fachgerechte Zuordnung zum generellen medizinischen Erfahrungssatz. Das BSG müsste daher voraussichtlich nach Klärung des generellen Standes der anerkannten Erfahrung die Sache dennoch an das LSG zurückverweisen, dem die Feststellung von Tatsachen des Einzelfalles grundsätzlich vorbehalten ist.

76

Das LSG wird folglich nach der Zurückverweisung durch Einholung von Sachverständigengutachten und die anderen aufgezeigten Ermittlungsmöglichkeiten festzustellen haben, ob der von der Beklagten behauptete wissenschaftliche Erfahrungssatz oder ein anderer von der Mehrheit der Wissenschaftler des einschlägigen medizinischen Wissenschaftszweiges vertreten wird.

77

Lässt sich dies zur vollen richterlichen Überzeugung bejahen, so ist er nebst seinen in gleicher Weise wissenschaftlich anerkannten generellen Anwendungsbedingungen der (mindestens im richterlichen Beweisgrad der juristischen Wahrscheinlichkeit zu treffenden) Feststellung zwingend zugrunde zu legen, ob im vorliegenden Fall die versicherte Einwirkung faktische Mitursache des Bandscheibenvorfalls C 6/7 war. Stellt das LSG hingegen fest, dass nicht dieser Erfahrungssatz, sondern ein anderer entsprechend anerkannt ist, ist dieser zwingend maßgeblich. In jedem Fall ist dann über die Mitursächlichkeit der Testfahrt und der durch sie verursachten Einwirkung für den Vorfall C 6/7 und dabei auch der Mitverursachungsanteil anderer Wirkursachen zu entscheiden.

78

5. Von diesen Feststellungen darf das LSG nicht wegen der zweiten Zurechnungsstufe, der rechtlichen "Wesentlichkeit" der Wirkursache für den Schaden, absehen. Das LSG hat nämlich in seinem Beschluss den dargelegten bundesrechtlichen Begriff der Wesentlichkeit unzutreffend auf den Bereich der objektiven Verursachung angewandt. Er betrifft aber allein die zweite Stufe der Zurechnung. Auf ihr geht es ausschließlich um die Rechtsfrage, ob die auf der ersten Stufe abschließend festzustellende faktische Mitverursachung des Gesundheitsschadens durch die versicherte Verrichtung/versicherte Einwirkung überhaupt ein versichertes Risiko der Beschäftigtenversicherung verwirklicht hat. Ggf hängt - wie oben gezeigt - diese Rechtserheblichkeit davon ab, ob unversicherte Mitursachen und ihr Mitwirkungsanteil nach Maßgabe des Schutzzwecks der jeweiligen Versicherung in einer Gesamtabwägung dieser Umstände des Einzelfalls die Schadensverursachung derart prägen, dass dieser nicht mehr dem Schutzbereich der Versicherung, sondern dem allgemeinen Lebensrisiko unterfällt.

79

Hierbei geht es ausschließlich um rechtliche Bewertungen (Auslegung und Subsumtion). Die Wirkursachen und ihre Mitwirkungsanteile (Tatsachenfrage) sind bereits auf der ersten Stufe der objektiven Verursachung abschließend festzustellen. Insbesondere kann die ordnungsgemäße Tatsachenfeststellung auf der ersten Stufe nicht durch Wertungen auf der zweiten ersetzt werden.

80

Das LSG wird daher, falls es auf der ersten Stufe die objektive Verursachung des Bandscheibenvorfalls durch die versicherte Verrichtung/Einwirkung nach neuer Prüfung bejahen wird, auf der zweiten Stufe erstmals die vorgenannte Rechtsfrage beantworten müssen.

81

6. Das LSG wird auch abschließend über die Kosten des Rechtsstreits zu befinden haben.

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

(1) Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 vom Hundert gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente. Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 vom Hundert mindern. Den Versicherungsfällen stehen gleich Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz, dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Gesetz über den zivilen Ersatzdienst, dem Gesetz über die Abgeltung von Besatzungsschäden, dem Häftlingshilfegesetz und den entsprechenden Gesetzen, die Entschädigung für Unfälle oder Beschädigungen gewähren.

(2) Die Minderung der Erwerbsfähigkeit richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem gesamten Gebiet des Erwerbslebens. Bei jugendlichen Versicherten wird die Minderung der Erwerbsfähigkeit nach den Auswirkungen bemessen, die sich bei Erwachsenen mit gleichem Gesundheitsschaden ergeben würden. Bei der Bemessung der Minderung der Erwerbsfähigkeit werden Nachteile berücksichtigt, die die Versicherten dadurch erleiden, daß sie bestimmte von ihnen erworbene besondere berufliche Kenntnisse und Erfahrungen infolge des Versicherungsfalls nicht mehr oder nur noch in vermindertem Umfang nutzen können, soweit solche Nachteile nicht durch sonstige Fähigkeiten, deren Nutzung ihnen zugemutet werden kann, ausgeglichen werden.

(3) Bei Verlust der Erwerbsfähigkeit wird Vollrente geleistet; sie beträgt zwei Drittel des Jahresarbeitsverdienstes. Bei einer Minderung der Erwerbsfähigkeit wird Teilrente geleistet; sie wird in der Höhe des Vomhundertsatzes der Vollrente festgesetzt, der dem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit entspricht.

(1) Verletztengeld wird erbracht, wenn Versicherte

1.
infolge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und
2.
unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Pflegeunterstützungsgeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 des Zweiten Buches oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch oder Mutterschaftsgeld hatten.

(2) Verletztengeld wird auch erbracht, wenn

1.
Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erforderlich sind,
2.
diese Maßnahmen sich aus Gründen, die die Versicherten nicht zu vertreten haben, nicht unmittelbar an die Heilbehandlung anschließen,
3.
die Versicherten ihre bisherige berufliche Tätigkeit nicht wieder aufnehmen können oder ihnen eine andere zumutbare Tätigkeit nicht vermittelt werden kann oder sie diese aus wichtigem Grund nicht ausüben können und
4.
die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 erfüllt sind.
Das Verletztengeld wird bis zum Beginn der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbracht. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die Zeit bis zum Beginn und während der Durchführung einer Maßnahme der Berufsfindung und Arbeitserprobung.

(3) Werden in einer Einrichtung Maßnahmen der Heilbehandlung und gleichzeitig Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für Versicherte erbracht, erhalten Versicherte Verletztengeld, wenn sie arbeitsunfähig sind oder wegen der Maßnahmen eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und die Voraussetzungen des Absatzes 1 Nr. 2 erfüllt sind.

(4) Im Fall der Beaufsichtigung, Betreuung oder Pflege eines durch einen Versicherungsfall verletzten Kindes gilt § 45 des Fünften Buches entsprechend mit der Maßgabe, dass

1.
das Verletztengeld 100 Prozent des ausgefallenen Nettoarbeitsentgelts beträgt und
2.
das Arbeitsentgelt bis zu einem Betrag in Höhe des 450. Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes zu berücksichtigen ist.
Erfolgt die Berechnung des Verletztengeldes aus Arbeitseinkommen, beträgt dies 80 Prozent des erzielten regelmäßigen Arbeitseinkommens bis zu einem Betrag in Höhe des 450. Teils des Höchstjahresarbeitsverdienstes.

(1) Die Vertrauenspersonenausschüsse sollen in der Regel monatlich zusammentreten. Die Sprecherinnen oder Sprecher legen den Zeitpunkt und die Tagesordnung für die Sitzung der Vertrauenspersonenausschüsse fest. Die Sitzungen finden in der Regel während der Dienstzeit statt. Die Sprecherinnen oder Sprecher haben die Mitglieder der Vertrauenspersonenausschüsse zu den Sitzungen unter Bekanntgabe der Tagesordnung rechtzeitig zu laden und die Sitzungen zu leiten.

(2) Der Zeitpunkt und die Tagesordnung der Sitzungen sind den Dienststellen rechtzeitig bekannt zu geben; dienstliche Belange sind bei der Terminierung zu berücksichtigen.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.