Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 17. Aug. 2017 - L 11 AS 786/15

bei uns veröffentlicht am17.08.2017

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.07.2015 wird zurückgewiesen.

II. Der Beklagte wird verurteilt, über den Antrag des Klägers vom 04.05.2012 auf Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 als Darlehen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden.

III. Der Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger begehrt für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 die Zahlung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II – Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), hilfsweise eine Entscheidung des Beklagten, diese Leistungen als Darlehen zu erbringen.

Der 1957 geborene Kläger bezog seit dem Jahr 2005 mit einer kurzen Unterbrechung Alg II. Bereits zu Beginn des Leistungsbezuges bewohnte er eine selbstgenutzte Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 98 qm, die er mit notariellem Kaufvertrag vom 24.09.1998 erworben hatte. In seinem erstmaligen Antrag auf Bewilligung von Leistungen hatte er angegeben, zur Finanzierung der Wohnung habe er bei der A.- Lebensversicherung AG ein Darlehen über 100.000,00 DM aufgenommen, über die eine Briefgrundschuld erstellt sei. Die in diesem Zusammenhang geltend gemachten Zinszahlungen (235,20 € monatlich) berücksichtigte der Beklagte in der Folgezeit als Bedarfe der Unterkunft bei der Bewilligung von Alg II.

Zu Beginn des Jahres 2012 wurde zwischen den Beteiligten streitig, ob die Beziehung des Klägers zu Frau R. H. (H.) - nach seinen Angaben einer Bekannten - als Bedarfsgemeinschaft zu qualifizieren sei. Ein in diesem Zusammenhang ergangener Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 29.05.2012 (idG des Widerspruchsbescheides 03.07.2012) wurde durch das Sozialgericht Bayreuth (SG) aufgehoben (Urteil vom 28.05.2014). Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten ist erfolglos geblieben (Urteil des Senates vom 26.11.2014 – L 11 AS 589/14).

Mit Schreiben vom 06.03.2012 wies der Beklagte den Kläger erstmals darauf hin, dass die von ihm bewohnte Eigentumswohnung mit einer Wohnfläche von 98 qm unter Beachtung der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) unangemessen groß und daher grundsätzlich zu verwerten sei. Nach der Kaufpreissammlung des Landratsamtes B-Stadt seien für vergleichbare Wohnungen bislang Verkaufserlöse von mindestens 93.000,00 € erzielbar gewesen. Diesen Wert für die Wohnung des Klägers zugrunde gelegt verbleibe nach Abzug der bekannten Verbindlichkeiten in Höhe von 51.000,00 € ein anrechenbares Vermögen in Höhe von mindestens 42.000,00 €. Um den genauen Wert der Immobilie zu ermitteln, sei eine Besichtigung der Wohnung durch den Gutachterausschuss des Landratsamtes B-Stadt zum Zwecke der Verkehrswertbestimmung erforderlich. Bis 20.03.2012 werde um Mittelung gebeten, ob Bereitschaft bestehe, die Wohnung besichtigen zu lassen. Nach mehreren Anträgen zur Verlängerung der Erklärungsfrist beauftragte der Beklagte den Gutachterausschuss am 17.04.2012 mit einer Wertermittlung zum Stichtag 01.05.2012. Mit Schreiben vom 25.04.2012 forderte der Gutachterausschuss den Kläger zur Vorlage von Unterlagen über die Eigentumswohnung auf.

Bereits am 02.04.2012 (Eingang des Formblattantrages beim Beklagten am 19.04.2012) beantragte der Kläger die Weiterbewilligung von Leistungen für die Zeit ab 01.05.2012. Diesen Antrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 20.04.2012 ab. Der Kläger verfüge über verwertbares Vermögen in Gestalt der selbstgenutzten aber unangemessenen Eigentumswohnung. Der Wert der Wohnung übersteige zusammen mit den sonstigen noch zu berücksichtigenden Vermögenswerten den Grundfreibetrag von 8.850,00 €. Zudem bilde er zusammen mit H. eine Bedarfsgemeinschaft. H. habe bislang keine Angaben zu ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemacht. Es sei daher davon auszugehen, dass durch das Einkommen und Vermögen der H. der Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft sicherzustellen sei. Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch (Eingang beim Beklagten am 04.05.2012) machte der Kläger geltend, die Leistungen seien höchstvorsorglich als Darlehen zu erbringen. Nachdem der Kläger seinen Widerspruch inhaltlich nicht weiter begründet hatte, wies der Beklagte diesen mit Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 zurück. Einen Antrag vom 19.10.2012 auf Weiterbewilligung von Alg II für die Zeit ab dem 01.11.2012 lehnte der Beklagte für die Zeit mit unangefochtenem Bescheid vom 07.12.2012 ab.

Bereits nach dem ablehnenden Bescheid vom 20.04.2012 hatte der Kläger beim SG die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt (S 17 AS 558/12 ER), worauf der Beklagte mit Beschluss vom 06.07.2012 durch das SG verpflichtet worden war, dem Kläger vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 692,00 € für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 zu zahlen. Nach Auszahlung der Leistungen für die Monate Mai 2012 bis August 2012 änderte der erkennende Senat auf die Beschwerde des Beklagten den Beschluss des SG dahingehend ab, dass lediglich für den Zeitraum vom 06.07.2012 bis 31.10.2012 (vorläufige) Leistungen in Höhe von 617,00 € monatlich zu zahlen seien (Beschluss vom 14.09.2012 - L 11 AS 533/12 B ER).

Mit der gegen den Widerspruchsbescheid vom 29.05.2012 zum SG erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, die selbstgenutzte Eigentumswohnung sei grundsätzlich nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Zudem seien bei einer Berücksichtigung als Vermögenswert die auf der Eigentumswohnung lastenden Schulden in Abzug zu bringen, so dass kein Vermögen vorhanden sei, das den Freibetrag nach § 12 Abs. 2 SGB II übersteige. Bei Erlass des ablehnenden Bescheides vom 20.04.2012 habe der Beklagte keine Kenntnis darüber gehabt, ob eine Pflicht zur Verwertung bestanden habe. Allein die Kenntnis, dass die Wohnungsgröße die Angemessenheitsgrenze überschreite, genüge nicht. Der Beklagte hätte ermitteln müssen, ob nach einer Verwertung ein den Freibetrag übersteigendes Vermögen vorhanden sei. Die Eigentumswohnung sei mit Forderungen belastet, die dinglich gesichert seien. Grundschulden seien zugunsten der A. Lebensversicherung AG (valutiertes Darlehen: 49.949,31 €) und der VR-Bank (valutiertes Darlehen zum 01.05.2012: 6.025,22 €; zum 01.07.2012: 6.066,73; zum 01.10.012: 6.133,44 €) im Grundbuch eingetragen. Zudem bestünden Zwangssicherungshypotheken zugunsten seiner Tochter (rückständiger Unterhalt: 4.991,06 €), der Bundesagentur für Arbeit (10.698,00 €) und der (ausstehendes Hausgeld: 5.398,74 € - Eintragung im Grundbuch am 29.07.2012). Mit einer Verwertung der Wohnung durch einen freihändigen Verkauf hätte auch das Darlehen der A. Lebensversicherung AG abgelöst werden müssen, wodurch eine Vorfälligkeitsentschädigung (3.340,40 €), Kosten für eine Löschungsbewilligung (57,40 €) und Zinsen (7,66 €) angefallen wären. Auch hätte er eine Maklerprovision in Höhe von 3,57% des Kaufpreises aufbringen müssen. Bei dem Ablehnungsbescheid handle es sich daher um eine Entscheidung des Beklagten „ins Blaue hinein“, die durch spätere Ermittlungen nicht geheilt werden könne. Zu bezweifeln sei auch, ob er in der Lage gewesen wäre, ab dem Zeitpunkt, zu dem er von der Verwertungspflicht Kenntnis erlangt habe, eine Verwertung bis zum Ablauf des Bewilligungsabschnitts im Oktober 2012 hätte durchführen können. Er selbst hätte innerhalb dieses Zeitraums eine Wohnung finden müssen, was auf dem B. Wohnungsmarkt jedoch nur schwer möglich gewesen wäre. Einer Verwertung der Wohnung innerhalb von sechs Monaten habe auch entgegengestanden, dass sie auf Grund eines Baumangels von Schimmel befallen gewesen sei. Zur Beseitigung des Schimmels wäre ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft erforderlich gewesen, zu dem es jedoch trotz seines Betreibens nicht gekommen sei. Mit der Eintragung der Anordnung der Zwangsversteigerung am 27.12.2012 sei auch ein rechtliches Verwertungshindernis eingetreten. Dadurch, dass der Beklagte sieben Jahre lang auf die Verwertung der Wohnung verzichtet habe, bestehe ein (konkludenter) verzichtender Verwaltungsakt zu seinen Gunsten, der nur unter den Voraussetzungen des § 45 oder § 47 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben werden könne. Auch sei zu berücksichtigen, dass er seit dem Jahr 2010 unter gesundheitlichen Einschränkungen leide, so dass die Verwertung der Wohnung eine unzumutbare Härte bedeutet hätte.

Mit Beschluss vom 21.12.2012 hat das Amtsgericht B-Stadt (AmtG) die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung des Klägers angeordnet (Az.). Zur Feststellung des Verkehrswertes ist der Dipl.-Ing. B. J. (Architekt) zum Sachverständigen ernannt und mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens beauftragt worden. In seinem Gutachten vom 22.04.2013 hat er den Verkehrswert am Miteigentumsanteil der Eigentumswohnung sowie der dazu gehörigen Stellplätze mit 95.000,00 € bestimmt. Im Versteigerungstermin am 15.05.2014 wurde der Zuschlag bei 90.000,00 € an die Ersteherin erteilt.

Das SG hat Beweis erhoben durch die schriftliche Befragung der Zeugen F., F. Immobilien GmbH (B.), E., H. Immobilien (G.) und G., H. GmbH (K.) sowie durch die Einvernahme der Zeugen H. und H. R. (R.).

Mit Urteil vom 09.07.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form eines Zuschusses bestehe nicht. Die Eigentumswohnung des Klägers sei verwertbares Vermögen, dessen Wert den für den Kläger maßgeblichen Freibetrag übersteige. Der Bescheid vom 20.04.2015 (idG des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012) sei formell rechtmäßig. Die vom Kläger geltend gemachten Mängel des Verwaltungsverfahrens seien unbeachtlich, ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte dem Kläger in hinreichendem Maße die sachlichen Grundlagen für seine Prognoseentscheidung mitgeteilt und ihn bereits im März 2012 zur Verwertung der Immobilie aufgefordert habe. Auch könne der Kläger aus dem Verhalten des Beklagten, eine Verwertung der Eigentumswohnung fast sieben Jahre lang nicht zu thematisieren, keinen Leistungsanspruch ableiten, denn es liege weder ein konkludenter Verwaltungsakt noch eine Zusicherung vor, eine Verwertung nicht zu verlangen. Der Kläger sei nicht hilfebedürftig, denn die Eigentumswohnung sei verwertbares Vermögen. Ein rechtliches Verwertungshindernis habe nicht bestanden. Die Beschlagnahme im Zwangsversteigerungsverfahren sei erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums mit der Eintragung des Vermerkes über die Anordnung der Zwangsversteigerung am 27.12.2012 eingetreten. Auch sei eine Verwertung innerhalb eines SechsMonats- Zeitraumes nicht aus tatsächlichen Gründen ausgeschlossen gewesen. Die Eigentumswohnung hätte zum Zeitpunkt der Antragstellung im Jahre 2012 kurzfristig verkauft werden können. Dies ergebe sich aus der Aussage des Zeugen K., der im Jahr 2012 etwa zehn Wohnungen ähnlicher Art kurzfristig verkauft habe. Auch habe dem Kläger ein Angebot über 90.000,00 € vorgelegen, das in Kenntnis der geltend gemachten Mängel abgegeben worden sei. Dieses habe der Kläger jedoch abgelehnt. Er könne nicht damit gehört werden, dass die Wohnung unverkäuflich gewesen sei. Bestätigt werde diese Einschätzung zuletzt auch dadurch, dass im Wege der Zwangsversteigerung eine Erlös von 90.000,00 € zu erzielen gewesen sei, obwohl sich die Wohnung in einem nicht renoviertem Zustand befunden habe. Der Wert der Eigentumswohnung übersteige nach Abzug der auf ihr lastenden dinglich gesicherten Schulden (Grundschuld A.: 49.949,31 €; Grundschuld VR-Bank: 6.025,22 €; Zwangssicherungshypothek Unterhalt: 4.991,06 €; Zwangssicherungshypothek Bundesagentur: 10.698,00 €) sowie der anlässlich der Verwertung anfallenden Kosten (Vorfälligkeitsentschädigung A.: 3.340,40 €; Grunderwerbsteuer: 1.662,50 €; Verwertung: 7,66 €; Sonstiges 57,60 €) den für den Kläger nach § 12 Abs. 2 SGB II maßgeblichen Freibetrag, wobei von einem Verkehrswert von 93.000,00 € auszugehen sei, den der Beklagte auf der Grundlage der Kaufpreissammlung ermittelt habe. Die Eigentumswohnung sei auch nicht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II von einer Verwertung auszunehmen, denn mit 98 qm sei sie unangemessen groß. Zuletzt stehe einer Verwertung auch nicht entgegen, dass diese nur in unwirtschaftlicher Weise hätte erfolgen können, oder dass dies eine unbillige Härte für den Kläger dargestellt hätte. Dem Kläger habe ein Angebot über 90.000,00 € vorgelegen, so dass der zu erzielende Verkaufserlös in keinem deutlichen Missverhältnis zum Verkehrswert gelegen habe, den der Beklagte mit 93.000,00 € und das AmtG mit 95.000,00 € ermittelt habe. Eine unzumutbare Härte sei in einem siebjährigen Verzicht des Beklagten, die Verwertung zu fordern und im Gesundheitszustand des Klägers nicht zu sehen.

Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung beim LSG eingelegt. Das fehlerhafte Verwaltungshandeln des Beklagten führe zur Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 20.04.2012. Der Antrag sei ohne Ermittlung des Sachverhaltes abgelehnt worden. Ein Nachschieben von Gründen sei unzulässig. Zudem dürfe der Beklagte keine Verwertung der Eigentumswohnung verlangen, nachdem er sieben Jahre darauf verzichtet habe. Das Verwertungsverlangen sei als Repressalie zu sehen, weil es dem Beklagten misslungen sei, eine Einstehensgemeinschaft zwischen ihm und der H. nachzuweisen. Das SG stelle in seiner Entscheidung in unzulässiger Weise auf eine ex-postBetrachtung der Verwertungsmöglichkeiten ab. Im Rahmen des zeitnahen Eilverfahrens sei das SG noch im Juni 2012 davon ausgegangen, dass eine Verwertung innerhalb eines halben Jahres nicht möglich sei. Bereits der Umstand, dass die Wohnung unter einem erheblichen Schimmelbefall gelitten habe, habe gegen eine kurzfristige Verwertung gesprochen. Zudem seien auch die Vollstreckungszinsen zugunsten der A.- Lebensversicherung AG iHv mehr als 11.000,00 € wertmindernd zu berücksichtigen. Nach einer Einvernahme der Zeugen B., G. und K. in einem Termin am 25.01.2017 hat der Kläger ergänzend vorgetragen, auch die Aussagen der Zeugen erbrächten keinen Nachweis dafür, dass die Wohnung tatsächlich innerhalb von sechs Monaten habe verkauft werden können. Auch träfen die Aussagen, es habe ihm Jahr 2012 ein Angebot über 95.000,00 € vorgelegen, nicht zu. Die Angaben des G. stünden zudem im Widerspruch zu seinen schriftlichen Angaben gegenüber dem SG, so dass dieses Angebot allenfalls im Jahr 2013 vorgelegen haben kann. Zu diesem Zeitpunkt sei die Wohnung im Rahmen des Zwangsversteigerungsverfahrens jedoch schon beschlagnahmt gewesen. Aus der Einvernahme hätten sich auch die schriftlichen Angaben zu einem weiteren Angebot iHv 90.000,00 € nicht bestätigen lassen. Der Umstand, dass die Wohnung im Rahmen der Zwangsversteigerung im Jahr 2014 zu 90.000,00 € versteigert worden ist, könne nicht als Maßstab herangezogen werden. Aufgrund der doppelten Abiturjahrgänge im Jahr 2013 sei der Wohnungsmarkt in B-Stadt im Jahr 2014 wesentlich angespannter gewesen als im Jahr 2012. Soweit die Wohnung als Vermögenswert zu berücksichtigen wäre, sei der Beklagte zumindest dazu zu verurteilen, über den Antrag vom 04.05.2012 auf Gewährung eines Darlehens zu entscheiden.

Der Kläger beantragt das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 09.07.2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 Arbeitslosengeld II in Höhe von 673,82 € monatlich zu zahlen, hilfsweise den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag vom 04.05.2012 auf darlehensweise Bewilligung der Leistungen nach dem SGB II unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichtes zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Klageänderung in Bezug auf den Hilfsantrag widerspreche er ausdrücklich. Im Übrigen habe das SG zutreffend entschieden.

Im Rahmen eines Termins zur Erörterung der Sach- und Rechtslage sind die vom SG schriftlich befragten Zeugen B., G. und K. uneidlich vernommen worden. Auf das Protokoll des Termins vom 25.01.2017 wird Bezug genommen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Berufung (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist in der Hauptsache unbegründet. Lediglich hinsichtlich des erstmals im Berufungsverfahren gestellten Hilfsantrages erweist sich das Rechtsmittel als begründet.

Die (zunächst allein erhobene) Klage auf Zahlung von Alg II als Zuschuss hat das SG mit Urteil vom 09.07.2015 zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 20.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.05.2012 ist zumindest im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Gegenstand des Verfahrens sind die Leistungsansprüche des Klägers für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012. Ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger den Leistungsanspruch durch seinen Antrag selbst beschränkt hat, wird der Streitgegenstand bereits durch den Antrag vom 19.10.2012 auf Weiterbewilligung der Leistungen und die nachfolgende Ablehnung für die Zeit ab dem 01.11.2012 durch den Bescheid vom 07.12.2012 begrenzt (vgl. BSG, Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/06 R - juris; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz, SGB, 12/11, § 41 SGB II Rn. 141). Im Hinblick auf sein Vermögen hat der Kläger in diesem streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung von Alg II als Zuschuss. Die vom Kläger selbst genutzte Eigentumswohnung von nicht angemessener Größe war als Vermögen zu betrachten, dessen Verwertung - vor der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II - grundsätzlich zu erwarten war, wobei der aus einer Verwertung erzielbare Verkaufserlös - nach Abzug der berücksichtigungsfähigen Belastungen und Verwertungskosten - den für den Kläger maßgeblichen Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 SGB II überschritten hätte. Einer Nutzbarmachung des Vermögenswertes zur Sicherung des Lebensunterhaltes stand auch nicht entgegen, dass einer kurzfristigen Verwertung des Vermögens innerhalb des streitgegenständlichen Leistungszeitraumes tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegengestanden hätten. Allein soweit der Kläger im Berufungsverfahren mit der zulässigen Klageänderung erstmals geltend gemacht hat, der Beklagte habe über seinen Antrag vom 04.05.2012 auf hilfsweise Gewährung eines Darlehens bislang nicht entschieden, ist das Rechtsmittel begründet. Die Klageänderung iSe Klageerweiterung ist als sachdienlich anzusehen, wobei die hilfsweise erhobene Untätigkeitsklage (§ 88 SGG) zulässig und begründet ist, denn der Beklagte hat nach fast fünf Jahren - trotz entsprechender Hinweise des Senates - noch immer keine Entscheidung zum Darlehensantrag des Klägers getroffen.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (idF des Gesetzes vom 20.12.2011; BGBl. I S. 2854) erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind, und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt, nicht oder nicht ausreichend aus, dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält (§ 9 Abs. 1 SGB II).

Diese Voraussetzungen für den (zuschussweisen) Bezug von Alg II erfüllt der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum (01.05.2012 bis 31.10.2012) nicht, denn er war in der Lage, durch die zumutbare und tatsächlich mögliche Verwertung seines berücksichtigungsfähigen Vermögens, nämlich der selbstgenutzten Eigentumswohnung, seinen Lebensunterhalt sicherzustellen. Hilfebedürftig ist zwar auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde (§ 9 Abs. 4 SGB II). Insoweit sind gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 SGB II die Leistungen jedoch nur als Darlehen zu erbringen. Dies ist vorliegend aber nicht in der Sache streitig, denn der Beklagte hat über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von darlehensweisen Leistungen bislang nicht entschieden.

Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II), wobei Vermögen als verwertbar zu betrachten ist, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Grundsätzlich nicht als Vermögen sind zu berücksichtigen ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II) bzw. Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II). Diese Einschränkungen stehen vorliegend einer Verwertung der in Rede stehenden Immobilie aber nicht entgegen.

Allein durch den Umstand, dass der Kläger seine Eigentumswohnung selbst genutzt hat, ist eine Berücksichtigung als verwertbares Vermögen nicht gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II ausgeschlossen, denn die Wohnung war mit 98 qm für einen EinPersonen- Haushalt unangemessen groß. In diesem Zusammenhang ist auf die Lebensumstände abzustellen, die für die Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende maßgeblich sind (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II), wobei das Bundessozialgericht hierzu entschieden hat, dass die Frage der angemessenen Wohnungsgröße an den Wohnflächengrenzen des § 39 Abs. 1 Satz 1 des Zweites Wohnungsbaugesetzes (Wohnungsbau- und Familienheimgesetz - 2. WoBauG) zu orientieren und eine Differenzierung nach der Anzahl der Personen geboten sei (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 4 mwN). Danach gelten Eigentumswohnungen mit bis zu 120 qm bei einem Haushalt mit vier Personen nicht als unangemessen groß (§ 39 Abs. 1 Satz 1 Nr.3 2. WoBauG), wobei bei einer geringeren Familiengröße je Person Abschläge von 20 qm angezeigt erscheinen. Eine Unterschreitung von 80 qm ist, insbesondere im Hinblick auf einen bei jüngeren Leistungsberechtigten jederzeit möglichen Zuwachs durch einen neuen Partner oder Kinder, in aller Regel allerdings nicht geboten (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 3). Ob darüber hinaus für den alleinstehenden Kläger eine weitere Beschränkung dieser als angemessen anzusehenden Wohnungsgröße denkbar erscheint, weil ein Zuwachs im oben genannten Sinne aufgrund der Umstände des Einzelfalls mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein dürfte (idS Mecke in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 12 Rn.92), kann dahinstehen. Ungeachtet des Umstandes, dass es - entgegen der Auffassung des Beklagten - keinerlei Anhaltspunkte für das Bestehen einer Bedarfsgemeinschaft mit einer anderen Person gibt (vgl. hierzu auch das zwischen den Beteiligten ergangene Urteil des Senates vom 26.11.2014 - L 11 AS 589/14), überschreitet die Eigentumswohnung des Klägers mit 98 qm die für ihn (maximal) zu berücksichtigende Angemessenheitsgrenze von 80 qm deutlich, womit die Verwertung der Wohnung vor der Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II grundsätzlich zu erwarten war.

Des Weiteren wäre eine Verwertung der Immobilie weder offensichtlich unwirtschaftlich gewesen noch hätte dies eine besondere Härte im Sinne des § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II dargestellt.

Offensichtlich unwirtschaftlich ist eine Verwertung von Vermögen, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (vgl. BSG, Urteil vom 23.05.2012 - B 14 AS 100/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 19 mwN), wobei sich eine absolute Grenze bei Immobilien nicht ziehen lässt und gewisse Verluste - insbesondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - als zumutbar angesehen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 16.05.2007 aaO). Eine Unwirtschaftlichkeit in diesem Sinne käme allenfalls in Betracht, wenn bei einer Veräußerung wesentlich weniger als der vom Kläger zum Erwerb der Eigentumswohnung aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte. Dies wird vom Kläger aber weder vorgetragen noch sind Anhaltspunkte hierfür nach Lage der Akten ersichtlich. Insbesondere sind lediglich Grundschulden in Höhe von insgesamt 95.100 € (= 186.000 DM; Grundschuld iHv 100.000 DM zu Gunsten der A.- Lebensversicherung AG; Grundschuld iHv 86.000 DM zugunsten der VRBank H-Sadt) im Grundbuch vorgetragen, die überhaupt in einen Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilie gebracht werden können. Dies entspricht im Wesentlichen aber dem (reinen) Immobilienwert, der vorliegend mit 95.000,00 € zugrunde zu legen ist. Grundsätzlich ist für die Bewertung eines Vermögensgegenstandes der Verkehrswert in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Für die Eigentumswohnung des Klägers geht der Senat, auf der Grundlage des Gutachtens vom 22.04.2013, das der Dipl.- Ing. B. J. (Architekt) für das AmtG im Zwangsversteigerungsverfahren als Sachverständiger erstellt hat, von einem Wert der Immobilie von 95.000,00 € aus. Insoweit handelt es sich um den einzigen zeitnah und in qualifizierter Weise ermittelten Wert der in Rede stehenden Immobilie. Hinweise, die eine fehlerhafte Wertermittlung nahe legen, sind dem Senat weder ersichtlich noch wurden solche Aspekte vom Kläger vorgetragen. Soweit der Gutachter im Zusammenhang mit der Ermittlung des Vergleichswertes (Seite 12/13 des Gutachtens) aus der Kaufpreissammlung Verkäufe baugleicher Wohnungen in den Jahren 2011 (Februar; 969,00 €/ qm mit einem KfZ-Stell Platz) und 2012 (Mai; 1.203,00 €/ qm mit einem KfZ-Stell Platz) herangezogen hat, bestätigt dies die - als zurückhaltend zu bezeichnende - Ermittlung des Immobilienwertes, den der Sachverständige für die Eigentumswohnung (allein) mit 90.000,00 € und das Sondernutzungsrecht an den beiden dazu gehörenden Stellplätzen mit

5.000,00 € angesetzt hat. Zugleich widerlegt dies aber auch die ohne Nachweis gebliebene Behauptung des Klägers, der Immobilienmarkt im Landkreis B-Stadt sei im Jahr 2012 deutlich schwächer gewesen als zum Zeitpunkt der vorliegenden Wertermittlung im Jahr 2013. Anhaltspunkte dafür, die es rechtfertigen würden, von einem anderen Wert auszugehen, gibt es nicht. Auch nach der durch den Senat durchgeführten Beweisaufnahme durch Einvernahme der Zeugen B., G. und K. lassen sich die noch anlässlich der Erörterung vom 09.11.2016 geäußerten Zweifel an dem Gutachten vom 22.04.2013 nicht hinreichend begründen. Insbesondere gibt es keine Hinweise darauf, dass die vom Kläger behauptete Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung (Schimmelbefall; Fenster) bei der Wertbildung in dem Gutachten nicht hinreichend berücksichtigt worden wäre. Allein der Zeuge G. konnte bestätigen, dass die Fenster der Wohnung alt und in einem erneuerungsbedürftigen Zustand gewesen sein dürften, wobei er diesbezüglich die Einschränkung gemacht hat, dass er dem Kläger einen Kaufinteressenten hätte vermitteln können, der - nach Besichtigung der Wohnung und in Kenntnis der vorhandenen Mängel - bereit gewesen wäre, die Wohnung für 95.000,00 € zu erwerben, wohingegen in renoviertem Zustand die Bereitschaft bestanden habe, einen Betrag von 115.000,00 € zu zahlen. Damit gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die feststellbaren Mängel, insbesondere auch nicht der von allen drei Zeugen und auch im Gutachten vom 22.04.2013 beschriebene und durch Bilder dokumentierte Schimmelbefall in der Wohnung, bei der Wertermittlung des Gutachters außer Betracht geblieben wären, womit ein Betrag von 95.000,00 € auch als realistisch erzielbarer Verkaufserlös anzusehen war. Dies bestätigt sich zudem durch den Umstand, dass im Jahr 2014 bei nahezu unveränderten Marktbedingungen im Vergleich zum Jahr 2012 unter den für einen Verkäufer erschwerten Bedingungen eines Zwangsversteigerungsverfahrens tatsächlich ein Verkaufserlös von 90.000,00 € erzielt werden konnte. Nachweise für die Behauptung des Klägers zur Schwäche des Immobilienmarktes im Jahr 2012 gibt es nicht. Insoweit bestehen daher erhebliche Zweifel an einer Realitätsnähe der Werteinschätzung des Zeugen G., die er im April 2013, zu der Zeit, zu der auch das Gutachten erstellt worden ist, gegenüber dem SG abgegeben hat (ca. 70.000,00 € bis 85.000,00 €). Die Abweichung zu den im Termin am 25.01.2017 gemachten Angaben erscheint hierbei am ehesten durch eine weitgehend fehlerhafte Einschätzung des Renovierungsbedarfes (ca. 9.000,00 € bis 14.000,00 €) erklärbar, so dass der Senat den schriftlichen Angaben des G. - und damit der Auffassung des Klägers - nicht zu folgen vermag. Durchgreifende Zweifel bezüglich der Angaben des G. im Termin am 25.01.2017, er habe kurzfristig einen Kaufinteressenten gehabt, der nach der Besichtigung der Wohnung 95.000,00 € gezahlt hätte, bestehen seitens des Senates nicht, denn diese Angaben decken sich im Kern mit der Aussage des Zeugen K, der bekundet hat, ihm sei bekannt gewesen, dass dem Kläger über den Zeugen G ein Kaufangebot in Höhe von 95.000,00 € (unrenoviert) bzw. in Höhe von 115.000,00 € (renoviert) vorgelegen habe. Auch die in diesem Zusammenhang aufgeworfenen Zweifel des Klägers an der Glaubwürdigkeit des G, weil dieser im Jahr 2013 anlässlich seiner schriftlichen Befragung nichts über einen Kaufinteressenten gegenüber dem SG hat verlautbaren lassen, vermag der Senat nicht zu teilen, denn der Zeuge K. hat bereits anlässlich seiner schriftlichen Befragung im Jahr 2013 gegenüber dem SG angegeben, dass der Zeuge G. dem Kläger einen Kaufinteressenten hätte vermitteln können, der Kläger jedoch das Angebot - damals war ein Betrag von 90.000,00 € nach Besichtigung der Wohnung genannt - abgelehnt habe. Unabhängig davon, dass die Angaben der Zeugen G. und K. voneinander abweichen, ob es sich um einen männlichen oder einen weiblichen Interessenten gehandelt hat, und auch die Angaben bezüglich der Höhe des Kaufangebotes im Laufe der Jahre differieren, was im Ergebnis – entgegen der Auffassung des Klägers - gegen eine Absprache der beiden Zeugen spricht, steht im Hinblick auf den Wesenskern der Aussagen der Zeugen G. und K. zur Überzeugung des Senates fest, dass dem Kläger im Jahr 2012 die Möglichkeit eröffnet worden war, seine Eigentumswohnung zu einem Preis zu verkaufen, der sich im Bereich des Verkehrswertes bewegt hat, welcher durch das Gutachten vom 22.04.2013 ermittelt und anlässlich der Zwangsversteigerung auch nahezu erlöst worden ist. Dem Grunde nach bestätigt auch der Kläger selbst, dass Angebote an ihn herangetragen worden sind, soweit er behauptet der Zeuge G. hätte ihm einen Käufer vermitteln können, der aber wegen des Schimmelbefalles allenfalls 60.000,00 € gezahlt hätte. Ungeachtet des Umstandes, dass in Bezug auf die Höhe des angebotenen Kaufpreises Zweifel am Vortrag des Klägers bestehen, bestätigen dessen Angaben zumindest im Ergebnis die Aussagen der Zeugen G. und K., dass ein Kaufinteressent die Wohnung besichtigt und ein Angebot abgegeben hat, so dass der Hinweis des Klägers auf den Umstand, dass der Zeuge G. den Kaufinteressenten gegenüber dem SG nicht erwähnt hat, keine Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit insgesamt begründen können. Im Ergebnis gibt es daher keine Hinweise darauf, dass der Kläger gezwungen gewesen wäre, seine Eigentumswohnung in unwirtschaftlicher Weise zu verwerten, denn nach Aufforderung des Beklagten im März 2012, die in Rede stehende Wohnung zu veräußern, hat der Kläger Kontakt zu G. aufgenommen, von dem ihm ein Kaufinteressent genannt worden ist, der bereit gewesen wäre einen Kaufpreis zu zahlen, der sich in dem Bereich des durch das Gutachten vom 22.04.2013 ermittelten Verkehrswertes bewegt hätte.

Der Verweis auf die Verwertung der unangemessenen Wohnung stellt keine besondere Härte iSd § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 SGB II, insbesondere auch nicht vor dem Hintergrund, dass trotz Kenntnis der Beklagten von der Größe der Wohnung der Kläger sieben Jahre lang Leistungen als Zuschuss bezogen hat, dar. Vorliegend ist bereits nicht ersichtlich, dass der Leistungsbezug des Klägers schon zu Beginn im Jahr 2005 oder zu einem späteren Zeitpunkt zu Unrecht erfolgt wäre, weil keine Erkenntnisse darüber vorliegen, ob und wann die Wohnung - unabhängig von ihrer unangemessenen Größe - in der Zeit bis zum streitgegenständlichen Zeitraum so werthaltig war oder geworden ist, dass mit ihrer Verwertung ein Erlös zu erzielen gewesen wäre, aus dem Kläger - zumindest für eine gewisse Zeit seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können. Der Beklagte hat bis März 2012 keinerlei Aktivität gezeigt, den Kläger auf die Verwertung seines Vermögens zu verweisen. Dies aber ist nicht ohne weitere Anhaltspunkte als (konkludenter) Verzicht gegenüber dem Kläger zu werten, dieser müsse seine Vermögenswerte nicht zum Lebensunterhalt einsetzen. Darüber hinaus sind die Anspruchsvoraussetzungen für den Leistungsbezug nach dem SGB II - ungeachtet einer vorhergehenden Bewilligung - bei einer (erneuten) Antragstellung stets vollständig zu prüfen, ohne dass sich die Beteiligten auf die tatsächlichen Grundlagen vorhergehend bestandskräftiger Entscheidungen berufen zu können. Vorliegend kann sich der Kläger insbesondere auch nicht unter dem Aspekt von Treu und Glauben darauf berufen, dass ihm weiterhin in rechtswidriger Weise Leistungen bewilligt werden, denn dem steht der Grundsatz entgegen, dass kein Anspruch auf eine Gleichbehandlung im Unrecht besteht. Soweit der Kläger hierbei weiter geltend macht, der Beklagte verlange die Verwertung der Immobilie allein aus sachwidrigen Gründen, nämlich weil es ihm misslungen sei, Leistungen nach dem SGB II wegen des Bestehens einer Einstehensgemeinschaft für die Vergangenheit zurückzufordern und zukünftig zu verweigern, rechtfertigt dies nicht die Annahme, die Verwertung der Immobilie stelle eine besondere Härte für den Kläger dar. Mit diesem Vorbringen stellt der Kläger allein auf das Verwaltungshandeln des Beklagten ab, das aber, sollte es fehlerhaft gewesen sein, keinen materiellrechtlichen Leistungsanspruch zu begründen vermag, sondern allenfalls einen Schadensersatzanspruch aus einer Amtspflichtverletzung nach sich ziehen kann. Zuletzt kann (aus systematischen Gründen) die Verwertung der Immobilie auch deshalb nicht als besondere Härte ansehen werden, weil der Reinerlös (allein) aus der Verwertung der Immobilie zu keiner dauerhaften oder zumindest langfristigen Beseitigung der Hilfebedürftigkeit geführt hätte. Die Tatbestände des § 12 Abs. 3 SGB II beziehen sich ausschließlich auf den Aspekt, ob ein Vermögensgegenstand grundsätzlich von einer Berücksichtigung ausgenommen bleibt. Die Prüfung, ob durch den Einsatz der zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände Hilfebedürftigkeit beseitigt werden kann, ist erst in einem nachfolgenden Schritt unter Berücksichtigung aller einzusetzender Vermögensgegenstände zu ermitteln, so dass die Frage, ob die Verwertung eines einzelnen Vermögensgegenstandes eine unbillige Härte darstellen kann, nicht davon abhängig zu machen ist, ob und in welchem Umfang durch eine Verwertung Hilfebedürftigkeit beseitigt wird.

Im streitgegenständlichen Zeitraum verfügte der Kläger damit über verwertbares Vermögen, das zum 01.05.2012 einen Verkehrswert i.S.d. § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II i.V.m. § 8 Alg II-V (idF des Gesetzes vom 17.12.2007, BGBl. I S. 2942) von 23.336,41 € bzw. ab dem 29.06.2012, dem Zeitpunkt zu dem die Zwangshypothek der Fa. H. als weitere Belastung in das Grundbuch eingetragen wurde, von 17.937,67 € hatte, und dessen Wert weitergehend auf 17.896,16 € (für die Zeit ab dem 01.07.2012) bzw. 17.829,45 € (für die Zeit ab dem 01.10.2012) abgesunken war, weil die dinglich gesicherte Forderung der VR - Bank im streitigen Zeitraum angewachsen war.

Grundsätzlich ist für die Bewertung eines Vermögensgegenstandes der Verkehrswert in dem Zeitpunkt maßgeblich, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Für die Eigentumswohnung des Klägers geht der Senat, wie bereits dargelegt, auf der Grundlage des Gutachtens vom 22.04.2013, das der Dipl.- Ing. B. J. (Architekt) für das AmtG im Zwangsversteigerungsverfahren als Sachverständiger erstellt hat, von einem Verkehrswert von 95.000,00 € aus.

In diesem Zusammenhang kann dahinstehen, ob der Kläger überschuldet war, worauf der Umstand hindeutet, dass mit der Zwangsversteigerung der in Rede stehenden Immobilie im Jahr 2014 nicht sämtliche Verbindlichkeiten des Klägers gedeckt werden konnten. Vermögen iS von § 12 SGB II sind nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten, sondern die vorhandenen aktiven Vermögenswerte. Insoweit kann auf die zur Arbeitslosenhilfe entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden (vgl. BSG, Urteil vom 18.02.2010 – B 4 AS 28/09 R – juris mwN), wobei Schulden und sonstige vorhandene oder noch entstehende Belastungen im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswertes nur zu berücksichtigen sind, wenn sie bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise mit dem Vermögensgegenstand des Arbeitslosen eine Einheit bilden (vgl. BSG, Urteil vom 09.02.2006 - B 7a AL 36/05 R – juris), denn in diesem Fall könnte er ohne Abzüge nicht veräußert werden (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14 AS 27/07 R - juris).

Dies zugrunde gelegt, ist der ermittelte Wert von 95.000,00 € um die dinglichen Belastungen zu mindern, die im Grundbuch eingetragen sind, wobei vorliegend nicht allein auf die tatsächlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt des Leistungsantrages oder zu Beginn des Bewilligungsabschnittes abzustellen ist. Soweit der Kläger - wie hier - geltend macht, ihm seien für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 durchgehend Leistungen nach dem SGB II zu erbringen, ist ein derartiger Anspruch lediglich dann auszuschließen, wenn an jedem Tag des streitigen Zeitraumes Vermögen des Klägers vorhanden war, das einem Leistungsanspruch entgegengestanden hat. Nachdem gemäß § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II wesentliche Änderungen des Verkehrswertes zu berücksichtigen sind, ist der Kläger - bei rückblickender Betrachtung des geltend gemachten Anspruches - nicht anderes zu behandeln, als derjenige der sein Vermögen verbraucht und vor dem Ende des (vermeintlichen) Bewilligungsabschnittes erneut eine Antrag auf Bewilligung von Leistungen gestellt hat (vgl. hierzu auch Urteil des Senates vom 23.07.2015 - L 11 AS 681/14 - juris).

Vorliegend sind als dinglich gesicherte Verbindlichkeiten des Klägers die i.H.v. 49.949,31 € valutierte Grundschuld zugunsten der A.- Versicherung AG (Anhaltpunkte für Erhöhung der Hauptschuld für die Zeit nach dem 02.04.2012 gibt es nicht), die Grundschuld zugunsten der VR-Bank (inklusive Zinsen) i.H.v. 6.025,22 € (bis 30.06.2012 bzw. i.H.v. 6.066,73 ab 01.07.2012 und i.H.v. 6.133,44 € ab 01.10.2012), die Zwangssicherungshypothek zugunsten der M. L. i.H.v. 4.991,06 € sowie die Zwangssicherungshypothek zugunsten der Bundesagentur für Arbeit i.H.v. 10.698,00 € berücksichtigungsfähig (berücksichtigungsfähiger Verkehrswert vgl. folgende Tabelle: 23.336,41 €). Zudem war für die Zeit ab der Eintragung der Zwangssicherungshypothek am 29.06.2012 (eine zeitlich vorhergehende Vormerkung ist nach Lage der Akten nicht ersichtlich) zugunsten der Fa. H. iHv 5.398,74 € weitergehend der (berücksichtigungsfähige) Verkehrswert um diesen Betrag zu mindern, denn ab diesem Zeitpunkt wäre aus dem in Rede stehenden Vermögensgestand lediglich ein um diesen Betrag geminderter Verwertungserlös zu erzielen gewesen (berücksichtigungsfähiger Verkehrswert vgl. folgende Tabelle: 17.937,67 €). Zuletzt sind im Laufe des streitigen Bewilligungszeitraumes (01.05.2012 bis 31.10.2012) weitere dinglich gesicherte Forderungen hinzugetreten, die im Falle einer Verwertung den zu erzielenden Erlös geschmälert und für den Lebensunterhalt des Klägers nicht zur Verfügung gestanden hätten, nämlich die durch Grundschuld gesicherte Zinsforderung der VRBank, die zum 01.07.2012 auf 6.066,73 € und zum 01.10.2012 auf 6.133,44 € angestiegen waren und somit zu einer Minderung des Verkehrswertes auf 17.896,16 € (ab 01.07.2012) bzw. auf 17.829,45 € (ab 01.10.2012) geführt haben (vgl. hierzu folgende Tabelle).

Entgegen der Auffassung des Klägers war die Forderung der A.-Lebensversicherung AG in Höhe 11.157,53 €, die Vollstreckungszinsen aus der Grundschuld, die dinglich gesichert waren, nicht wertmindernd zu berücksichtigen, denn ausweislich des Entwurfes des Teilungsplanes des AmtG vom 17.07.2014 sind diese Zinsen für den Zeitraum vom 06.03.2013 bis 16.07.2014 angefallen und konnten somit den Wert der Immobilie für die Zeit bis 31.10.2012 nicht beeinflussen.

Von dem berücksichtigungsfähigen Verkehrswert sind die notwendigen Verwertungskosten abzusetzen, die nicht bereits durch die Immobilie dinglich gesichert waren (z.B. Vorfälligkeitsentschädigung), jedoch erforderlich gewesen wären, um einen Verkaufserlös realisieren zu können, denn eine andere Art der Verwertung (z.B. die Aufnahme eines Darlehens und die weitere Belastung der Immobilie) war unter Beachtung der finanziellen Situation des Klägers nicht realistisch.

Hierunter fallen die Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der vorzeitigen Ablösung des Darlehens (Hauptschuld 49.949,31 €) angefallen wären, das zugunsten der A.- Lebensversicherung AG durch eine Grundschuld gesichert war, wobei für die Berechnung der Anwendungen zugunsten des Klägers für den streitgegenständlichen Zeitraum (01.05.2012 bis 31.10.2012) eine gleichbleibende (zum 02.04.2012 maßgebliche) Vorfälligkeitsentschädigung i.H.v. 3.340,40 € angenommen wird, auch wenn sich diese der Natur der Sache nach bis zum 31.10.2012 sukzessive verringert haben dürfte. Nicht abzugsfähig waren in diesem Zusammenhang jedoch die Zinsaufwendungen für die laufende Bedienung des Darlehens, denn der Sache handelte es sich um Kosten der Unterkunft, die der Beklagte mit der tatsächlichen Zahlung von Alg II im streitgegenständlichen Zeitraum getragen hat, so dass diese Aufwendungen nicht aus dem Vermögenserlös zu decken gewesen wären. Erforderlich waren demgegenüber die Aufwendungen für eine Löschungsbewilligung (57,60 €) zum Nachweis der Lastenfreiheit der Grundstückes sowie die Grunderwerbssteuer [3.325,00 € = 3,5 vH x 95.000,00 € (Bemessungsgrundlage; § 8 Abs. 1 Grunderwerbsteuergesetz – GrEStG); mangels gesetzlicher Regelung in Bayern beträgt der Hebesatz weiterhin 3,5 vH (§ 11 Abs. 1 GrEStG iVm Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz - GG)], die der Kläger als am Erwerbsvorgang Beteiligter zusammen mit dem Käufer als Gesamtschuldner zu tragen gehabt hätte (§ 13 Nr. 1 GrEStG), so dass zumindest auch die hälftige Grunderwerbssteuer (= 1.662,50 €) einen Verkaufserlös geschmälert hätte. Ob darüber hinaus die Beauftragung eines Maklers erforderlich gewesen wäre, um den Verkauf der Wohnung zeitnah nach der Aufforderung durch den Beklagten im März 2012 zu gewährleisten und eine neue Wohnung vermittelt zu erhalten, kann vorliegend dahinstehen, denn nach der Einvernahme des Zeugen G., der mit dem Verkauf der Wohnung des Klägers befasst war, steht fest, dass der Kläger als Verkäufer keine Maklercourtage hätte entrichten müssen, da dies in B-Stadt und Umgebung nicht ortsüblich gewesen sei und auch der Zeuge G - nach seinen Angaben - eine Provision vom Kläger nicht verlangt hätte. Ausgehend hiervon ergeben sich daher folgende erzielbare Veräußerungserlöse, die durch die Verwertung der Wohnung im Wege eines freihändigen Verkaufes hätten realisiert werden können.

ab 01.05.2012

Das verfügbare Vermögen, dass durch die Verwertung der Immobilie im Wege eines freihändigen Verkaufes nutzbar gemacht werden konnte, überschritt die Freibetragsgrenzen nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 und 4 SGB II, denn im Hinblick auf das Alter des Klägers zum 01.05.2012 - er hatte das 54. Lebensjahr vollendet - betrug der absetzbare Freibetrag insgesamt 8.850,00 € bzw. ab dem 15.07.2012, dem Zeitpunkt der Vollendung des 55. Lebensjahres, 9.000,00 €.

Als Grundfreibetrag waren nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr.1 SGB II vom Vermögen des Klägers 150,00 € je vollendetem Lebensjahr bis zu einer Grenze von 9.750,00 € abzugsfähig, nachdem er vor dem 01.01.1958 geboren ist (§ 12 Abs. 2 Satz 2 SGB II). Hieraus errechnet sich für den streitgegenständlichen Zeitraum, ausgehend vom Zeitpunkt der Antragstellung zum 01.05.2012, der Grundfreibetrag in Höhe von 8.100,00 € (= 54 x 150,00 €) bzw. ab dem 15.07.2012 iHv 8.250,00 € (= 55 x 150,00 €). Hinzuzurechnen ist der Freibetrag gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 SGB II in Höhe von 750,00 € für notwendige Anschaffungen.

Damit ist das oberhalb dieser Grenzen von 8.850,00 € (= 8.100,00 € + 750,00 €) bzw. 9.000,00 € (ab dem 15.07.2012) liegende Vermögen (zur Entwicklung dieses Betrages wird auf die nachfolgende Tabelle verwiesen) in zumutbarer Weise verwertbares Vermögen, das der Kläger zur Sicherung seines Lebensunterhalts grundsätzlich einzusetzen hatte (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 11.12.2012 - B 4 AS 29/12 R – juris mwN).

ab 01.05.2012 Damit lag zu jedem Zeitpunkt des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraumes vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 in hinreichendem Maße verwertbares Vermögen vor, durch das der Kläger in der Lage gewesen wäre, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Die Verwertung der Immobilie war weder aus tatsächlichen noch aus rechtlichen Gründen ausgeschlossen, insbesondere war eine Verwertbarkeit in keiner Form durch vertragliche Vereinbarungen mit Dritten oder durch Verpfändung bzw. Abtretung an Dritte eingeschränkt.

Der Begriff der Verwertbarkeit ist hierbei ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (vgl. BSG Urteil vom 16.05.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243ff; Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 99/11 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 18).

Ein rechtliches Verwertungshindernis hat während des im Streit stehenden Bewilligungszeitraumes vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 nicht bestanden. Die vom Kläger geltend gemachte Beschlagnahme im Verfahren ist erst durch die Anordnung der Zwangsversteigerung mit Beschluss des AmtG vom 21.12.2012 erfolgt, welche am 27.12.2012 in das Grundbuch eingetragen worden ist. Damit sind die Beschränkungen erst nach Ablauf des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums eingetreten.

Einer Verwertung der Eigentumswohnung stand zum Zeitpunkt der Aufforderung des Beklagten im März 2012 auch kein tatsächliches Hindernis entgegen. Die Eigentumswohnung war nicht über ihren Substanzwert hinaus mit dinglichen Sicherungsrechten belastet und damit insoweit marktfähig, dass - bei prognostischer Betrachtung - eine Verwertung innerhalb eines halben Jahres möglich erscheinen durfte, wobei mit einem Erlös gerechnet werden konnte, der geeignet gewesen wäre, den Lebensunterhalt des Kläger (zumindest vorübergehend) zu sichern.

Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzzeitig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, weil sie nicht marktfähig sind (vgl. BSG Urteil vom 06.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 ff). Die Verwertbarkeit von Vermögen i.S. des § 12 Abs. 1 SGB II kann daher nur dann angenommen werden, wenn der Berechtigte in der Lage ist, die Verwertung innerhalb einer bei Antragstellung feststehenden Zeitspanne durch eigenes Handeln - autonom - herbeizuführen. Ist dagegen völlig ungewiss, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt, so liegt bereits eine generelle Unverwertbarkeit iS des § 12 Abs. 1 SGB II vor (vgl. BSG, Urteil vom 27.01.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr. 12; Urteil vom 06.12.2007 - aaO). Maßgebend für die Prognose, dass ein tatsächliches (oder rechtliches) Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II (vgl. BSG Urteil vom 27.01.2009 aaO). Für diesen Zeitraum muss im vornherein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2010 - B 4 AS 70/09 R - FEVS 62, 337ff).

Ausgehend hiervon ist vorliegend zwar zu bemängeln, dass der Beklagte seine Prognoseentscheidung, die Eigentumswohnung des Klägers sei marktfähig und innerhalb eines halben Jahres verwertbar, nicht dokumentiert hat, so dass der Senat diese in vollem Umfang hätte überprüfen können. Soweit die rudimentären Überlegungen des Beklagten hierzu nachzuvollziehen sind, bestehen vor dem Hintergrund, dass auch der Kläger bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens schlüssige Einwendungen nicht erhoben hat, aber keine Bedenken, die Annahme des Beklagten zu stützen, die Wohnung des Klägers sei innerhalb eines halben Jahres in einer Weise zu verkaufen gewesen, dass hinreichend Geldmittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes zur erlösen gewesen wären.

Soweit der Beklagte anlässlich der erstmaligen Aufforderung (Schreiben vom 06.03.2012) den Verkehrswert - unter Hinweis auf die aktuelle Kaufpreissammlung - mit 93.000,00 € beziffert und dingliche Belastungen (zugunsten der A.- Lebensversicherung AG) in Höhe von (lediglich) 51.000,00 € berücksichtigt hat, ist nicht zu beanstanden, dass er aus diesen Angaben, die ihm allein zur Verfügungen gestanden haben, den Schluss gezogen hat, der Kläger könne sich sein Vermögen zur Sicherung seines Lebensunterhaltes kurzfristig nutzbar machen. Weitergehende Belastungen waren dem Beklagten nicht bekannt. Insbesondere hat der Kläger die weiteren dinglichen Belastungen (zugunsten der VR-Bank und der anderen Gläubiger) erst im Rahmen des Klageverfahrens vorgetragen.

Mögliche Verwertungshindernisse, wie eine Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung, hat der Kläger gegenüber dem Beklagten zu keinem Zeitpunkt selbst angesprochen, denn diese wurden allein im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen ermittelt. Im Rahmen des Verwaltungs- und Widerspruchsverfahrens (sowie des parallel laufenden Eilverfahrens) hat der Kläger keine substanziellen Einwendungen gegen die Wertermittlung des Beklagten vorgebracht, sondern lediglich pauschal behauptet, eine Verwertung sei angesichts des aktuellen Wohnungsmarktes unrealistisch. Unter Beachtung dieser Datenlage ist daher die Auffassung des Beklagten zu bestätigen, die Wohnung sei - ausgehend vom Zeitpunkt der Aufforderung im März 2012 - innerhalb eines halben Jahres (bzw. bis spätestens 31.10.2012) verwertbar gewesen. Nach der vom Beklagten zugrunde gelegten Kaufpreissammlung waren in den vorangegangen Jahren Wohnungen, die mit der Eigentumswohnung des Klägers vergleichbar waren, verkauft worden, so dass ohne weitere Anhaltspunkte davon ausgegangen werden durfte, auch die Wohnung des Klägers sei marktgängig. Erkenntnisse über tatsächliche Verwertungshindernisse, insbesondere eine Renovierungsbedürftigkeit der Wohnung, hatte der Beklagte nicht, und solche Einwendungen hat der Kläger bis zum Klageverfahren auch nicht geltend gemacht. Zudem hat sich ausgehend von der Kaufpreissammlung für den Beklagten - wenn auch mit gewissen Unsicherheiten verbunden - abgezeichnet, dass - mangels Kenntnis über wertmindernde Faktoren, die der Kläger unterlassen hat mitzuteilen - ein Kaufpreis von um die 90.000,00 € zu erzielen sein würde, der nach Abzug der bekannten Verbindlichkeiten (ca. 51.000,00) erwarten ließ, der für den Kläger nach § 12 Abs. 2 SGB II maßgebliche Freibetrag werde erheblich überschritten, womit auch nicht zu erkennen ist, dass die Aufforderung zur Verwertung - entgegen der Auffassung des Klägers - ins „Blaue hinein“ erfolgt wäre. Hierbei war für diese Prognose nicht entscheidend, ob eine Immobilie tatsächlich binnen sechs Monaten verwertet werden konnte oder der angestrebte Kaufpreis (von 93.000,00 €) zu erzielen war, denn es gehört zum Wesen der Prognose, dass aufgrund feststehender Fakten Schlussfolgerungen für eine künftige ungewisse Entwicklung gezogen werden. Dabei kommt es nur auf die Umstände an, die zu dem Zeitpunkt erkennbar waren, in dem die Prognose vorausschauend beurteilt werden musste (vgl. BayLSG, Urteil vom 19.12.2012 - L 7 AS 432/11 - juris mwN). Vorliegend war dies spätestens der Zeitpunkt, zu dem die Bewilligung von Leistungen beantragt war, denn der Kläger war auf die Leistungen zur Sicherung seiner Existenz (gegebenenfalls im Wege eines Darlehens) angewiesen. Der Beklagte war daher gehalten, vor diesem Zeitpunkt eine Prognoseentscheidung zu treffen, die er zur Grundlage seiner Bewilligungsentscheidung zu machen hatte und die es nunmehr allein zu betrachten galt. Soweit nachfolgend durch den Vortrag des Klägers im Klageverfahren und die gerichtlichen Ermittlungen insbesondere zu eventuellen Verwertungshindernissen weitere Erkenntnisse hinzugetreten sind, waren auch diese nicht geeignet, die zum 01.05.2012 zu stellende Prognose zu erschüttern. Es kann für das Ergebnis in der Sache dahinstehen, dass der Beklagte die Wertermittlung in Bezug auf die Eigentumswohnung nur unzureichend durchgeführt hat, denn auch die Einwendungen des Klägers im gerichtlichen Verfahren haben keinen Hinweis darauf erbracht, dass der Erlös aus einer Verwertung so gering gewesen wäre, dass er unterhalb des nach § 12 Abs. 2 SGB II maßgeblichen Freibetrages geblieben wäre, auch wenn der vom Beklagten prognostizierte Betrag von ca. 40.000,00 € - im Hinblick auf die weitergehenden dinglichen Belastungen - nicht zu realisieren gewesen wäre. Auch die Einvernahme der Zeugen G., K. und B. hat keine Hinweise dafür erbracht, dass die Eigentumswohnung aufgrund vorhandener Mängel, insbesondere der Schimmelproblematik, aus tatsächlichen Gründen auf Dauer oder zumindest für einen nicht absehbaren Zeitraum unverkäuflich gewesen wäre. Sowohl der Zeuge G. als auch K. haben nachvollziehbar dargelegt, dass ein Schimmelbefall, wie er in der Wohnung des Klägers vorzufinden war, zwar ein Verkaufshemmnis für eine Wohnung darstellen kann, jedoch kein unüberbrückbares Hindernis, das nicht über die Höhe des Kaufpreises gelöst werden könnte. Diese Aussagen sieht der Senat auch durch die glaubhaften Angaben der beiden Zeugen (vgl. hierzu bereits oben) bestätigt, dass dem Kläger noch vor der Einleitung des Zwangsversteigerungsverfahrens ein Käufer präsentiert worden war, der bereit gewesen wäre - in Kenntnis des Schimmelbefalles - einen Kaufpreis von 95.000,00 € zu zahlen, wohingegen in renoviertem Zustand ein erheblich höherer Erlös (115.000,00 €) zu erzielen gewesen wäre. Im Ergebnis ist daher auch ein tatsächliches Verwertungshindernis - ausgehend von dem für die Prognosestellung maßgeblichen Zeitpunkt - nicht zu erkennen, das eine Verwertung der Immobilie innerhalb eines Zeitraumes von einem halben Jahr ausgeschlossen hätte. Diesbezüglich hatte insbesondere der Zeuge K. bereits anlässlich seiner schriftlichen Befragung durch das SG angegeben, dass sich die Wohnung des Klägers - zumindest im Jahr 2012 - relativ schnell hätte verkaufen lassen, weil er in diesem Jahr ca. zehn vergleichbare Objekte vermittelt habe. Auch wird diese Prognose nicht einmal durch den tatsächlichen Geschehensablauf widerlegt, denn nach den Angaben der Zeugen G. und K. wäre ein Käufer bereit gewesen die Wohnung in unrenoviertem Zustand für 95.000,00 € zu erwerben, wobei zwischen den ersten Verwertungsbemühungen des Klägers, die nach seinen Angaben im Juni 2012 begonnen hätten, und der Beschlagnahme der Wohnung im Dezember 2012, die spätestens das Ende dieser Bemühungen markiert haben dürfte, lediglich ein halbes Jahr liegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Angebote erst im Jahr 2013 an den Kläger herangetragen worden wären, gibt es nicht. Zuletzt ist auch der Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren - trotz der bekannten Mängel - unter den für einen Verkäufer ungünstigeren Bedingungen eines Vollstreckungsverfahrens zu einem Wert von 90.000,00 € erfolgt, der nur geringfügig unterhalb des geschätzten Verkehrswertes geblieben war.

Im Ergebnis war der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 daher auf die zumutbare Verwertung seines Vermögens zu verweisen, so dass ein Anspruch auf Zahlung von Alg II als Zuschuss nicht besteht. Insoweit ist die Berufung zurückzuweisen.

Soweit der Kläger mit seinem Hilfsantrag begehrt, der Beklagte sei zu verurteilen, über den Antrag vom 04.05.2012 auf darlehensweise Erbringung der Leistungen zu entscheiden, ist das Rechtsmittel erfolgreich, denn es handelt sich um eine zulässige Klageänderung, die auch im Berufungsverfahren noch möglich war (vgl. Schmidt in Meyer-Ladewig/ Keller/ Leitherer/ Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 99 Rn. 12 mwN), wobei die geänderte (Untätigkeits-) Klage zulässig und begründet ist.

Gemäß § 99 Abs. 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Ungeachtet des Umstandes, dass der Beklagte einer Klageänderung ausdrücklich widersprochen hat, ist in der Sache zu entscheiden, denn der Senat hält die Änderung der Klage vorliegend für sachdienlich. Der Beklagte hat, trotz seiner offenkundigen Säumnis diesbezüglich, bislang nicht erkennen lassen, über den Antrag vom 04.05.2012 entscheiden zu wollen, so dass es aus Gründen der Prozessökonomie und zur Vermeidung weiterer Verfahren zweckdienlich erscheint, bereits jetzt die Frage der Untätigkeit des Beklagten zu klären.

Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig (§ 88 Abs. 1 SGG).

Die Untätigkeitsklage - seit dem Antrag vom 04.05.2012 sind mehr als sechs Monate verstrichen - ist zulässig. Insbesondere ist ihr ein Rechtsschutzinteresse nicht allein deshalb abzusprechen, weil der Kläger für einen abgelaufenen Zeitraum darlehensweise Leistungen begehrt, die er ohnehin zurückzuzahlen hätte. Vorliegend sind dem Kläger im Wege einstweiligen Rechtsschutzes für den Zeitraum vom 01.05.2012 bis 31.10.2012 auf der Grundlage der Beschlüsse des SG vom 06.07.2012 (S 17 AS 558/12 ER) und des LSG vom 14.09.2012 (L 11 AS 533/12 B ER) Leistungen nach dem SGB II zuerkannt, vom Beklagten ausgezahlt und Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung entrichtet worden. Insoweit ist dem Kläger ein berechtigtes Interesse nicht abzusprechen, die tatsächlich erhaltenen Leistungen nach einer Rechtskraft der ablehnenden Entscheidung, Leistungen als Zuschuss zu erhalten, lediglich unter den erleichterten Bedingungen eines Darlehens zurückzuzahlen. Auch kann der Beklagte nicht damit gehört werden, ein Leistungsanspruch sei auch aus anderen - im vorliegenden Verfahren nicht relevanten - Gründen ausgeschlossen, weil zwischen dem Kläger und H. eine Bedarfsgemeinschaft bestehe. Hierfür gibt es weder nach den Feststellungen des SG noch nach denen des erkennenden Senates im Verfahren L 11 AS 589/14 irgendeinen Anhaltspunkt. Die Untätigkeitsklage ist auch begründet, denn der Beklagte hat bislang - obwohl es seine Rechtsauffassung in Bezug auf die Verwertbarkeit der Wohnung nahegelegt hätte - ohne zureichenden Grund keine Entscheidung über den Antrag des Klägers vom 04.05.2012 getroffen, es seien ihm nach der Ablehnung von Alg II als Zuschuss höchstvorsorglich - mit anderen Worten hilfsweise - Leistungen nach dem SGB II als Darlehen zu bewilligen.

Im Ergebnis war daher die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 09.07.2015 zurückzuweisen; der Beklagte war jedoch zu verurteilen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates über den Antrag des Klägers vom 04.05.2012 auf Bewilligung von darlehensweisen Leistungen zu entscheiden (§ 131 Abs. 3 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 Abs. 1 SGG und folgt aus dem Ergebnis der Entscheidung, wobei die Kostenquote dem Umstand Rechnung trägt, dass der Beklagte durch die Art und Weise seiner Sachaufklärung dem Kläger hinreichend Anlass zu Widerspruch und Klage gegeben hat.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

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(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht. (2) Berechnungen werd

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Tatbestand 1 Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme einer Maklercourtage für den Verkauf eines Hausgrundstücks.

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Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.05.2014 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 14.04.2005 bis 30.04.2012 und die Erstattung überzahlter Leistungen sowie überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 67.742,91 €.

Der Kläger beantragte erstmals am 14.04.2005 Leistungen vom Beklagten. Er bewohne eine 98 qm große, selbstgenutzte Eigentumswohnung in B-Stadt. Die Frage nach einem Partner, „also des Partners in eheähnlicher Gemeinschaft“, kreuzte er im Antragsformular nicht an. In den Fortzahlungsanträgen gab er keine Änderungen der persönlichen Verhältnisse an, in den Anträgen war nicht mehr nach dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gefragt worden. Der Beklagte bewilligte dem Kläger zT vorläufig Alg II mit Bescheiden vom 15.07.2005 (14.04.2005 bis 31.10.2005), 14.10.2005 (01.11.2005 bis 30.04.2006), 11.04.2006 (01.05.2006 bis 31.10.2006), 12.05.2006 (01.05.2005 bis 30.05.2006), 20.10.2006 (01.11.2006 bis 30.04.2007), 03.04.2007 (01.05.2007 bis 31.10.2007), 17.10.2007 (01.11.2007 bis 30.04.2008), 21.02.2008 nach Versagung vom 20.12.2007 (01.02.2008 bis 30.04.2008), 26.05.2008 (21.05.2008 bis 31.10.2008), 22.10.2008 01.11.2008 bis 30.04.2009), 23.03.2009 (01.05.2009 bis 31.10.2009), 25.09.2009 (01.11.2009 bis 30.04.2010), 22.04.2010 (01.05.2010 bis 31.10.2010), 18.05.2010 (01.05.2010 bis 31.10.2010), 11.10.2010 (01.11.2010 bis 30.04.2011), 14.04.2011 (01.01.2011 bis 30.04.2011), 14.04.2011 (01.05.2011 bis 31.10.2011), 17.10.2011 (01.11.2011 bis 30.04.2012) und 26.11.2011 (01.01.2012 bis 30.04.2012).

Am 26.01.2006 vermerkte der Beklagte, der Kläger habe von einem Anschluss „A. und R.“ in C-Stadt, C-Straße. 24 bei der Arbeitsvermittlung angerufen. Hierzu erklärte der Kläger, es handle sich bei Frau C. (vor ihrer Scheidung: R.) nur um eine Bekannte, bei der er ab und zu im Internet Stellen recherchiere. Laut einem Ermittlungsbericht des Außendienstes des Beklagten vom 29.12.2006 konnte die Wohnung des Klägers und das Haus von Frau C. zwischen Oktober und Dezember 2006 nach mehrfachen Aufsuchen lediglich von außen in Augenschein genommen werden. Am 22.01.2007 befragte der Beklagte den Kläger schriftlich zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt. Zudem - so der Beklagte - gehe er vom Vorliegen einer „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ aus. Der Kläger möge dazu Stellung nehmen und Beweismittel vorlegen. Der Kläger teilte mit, er halte sich überwiegend in seiner Wohnung in B-Stadt auf. Es habe zwar manchmal den Anschein, dass er nicht anwesend sei, weil er abends kein Licht anmache und die Tür nicht öffne. Er sei aber trotzdem anwesend. An den Wochenenden halte er sich meistens bei seiner Freundin in C-Stadt auf. Seit 08.01.2007 sei er in einer Arbeitsgelegenheit in D-Stadt beschäftigt, die er von B-Stadt aus erreiche. Zur Frage der „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ äußerte sich der Kläger nicht. Eine Rückfrage des Beklagten beim Maßnahmeträger vom 05.02.2007 ergab, dass der Kläger täglich vom Fahrdienst in seiner Wohnung in B-Stadt abgeholt und abends wieder dorthin zurückgebracht werde. Am 22.01.2009 rief eine unbekannte Person beim Beklagten an und teilte mit, der Kläger halte sich seit Jahren bei seiner Freundin in E-Stadt - Frau C. war dorthin verzogen - auf. Seine Wohnung in B-Stadt besuche er nur selten, um den Briefkasten zu leeren. Die Freundin sei selbstständig und verfüge über ein größeres Erbe. Der Beklagte stellte diesbzgl. keine weiteren Nachforschungen an und zahlte weiterhin Alg II.

Nach einer erneuten Information eines Nachbarn des Klägers vom 17.11.2011 - der Kläger lebe mit einer nicht gemeldeten Person in eheähnlicher Gemeinschaft, die über mindestens ein Haus in E-Stadt und mehrere Pkw verfüge - und einem daraufhin veranlassten mehrfachen Aufsuchen des Wohnortes des Klägers durch den Außendienst des Beklagten (Außendienstbericht vom 17.01.2012, die Wohnung des Klägers konnte erneut nicht in Augenschein genommen werden), übersandte der Beklagte dem Kläger eine Zwischenmitteilung vom 25.01.2012, in welcher er die Einschätzung äußerte, der Kläger lebe mit Frau C. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Die Leistungen ab Februar 2012 würden vorläufig eingestellt und der Kläger möge entweder Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Frau C. erbringen oder nachweisen, dass eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht bestehe. Mit Schreiben vom 08.02.2012 forderte der Beklagte Frau C. auf, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab 01.04.2005 mitzuteilen und Nachweise hierüber zu erbringen. Dies erfolgte nicht. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) - Az: S 17 AS 118/12 ER - erklärte sich der Beklagte bereit, Leistungen vorläufig für den Zeitraum Februar bis April 2012 weiterzuzahlen (Vergleich vom 02.03.2012).

Mit Schreiben vom 23.04.2012 hörte der Beklagte den Kläger zur Aufhebung der bewilligten Leistungen sowie zur Erstattung i. H. v. 67.742,91 € an und nahm mit Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 die mit Bescheiden vom 15.07.2005, 20.10.2005 (Bl. 47), 11.04.2006, 12.05.2006, 20.10.2006, 10.04.2007 (Bl. 143), 02.06.2007, 17.10.2007, 21.02.2008, 26.05.2008, 22.10.2008, 23.03.2009, 25.09.2009, 22.04.2010, 18.05.2010, 12.10.2010 (Bl. 274), 26.03.2011, 14.04.2011, 14.04.2011 sowie vom 17.10.2011 und 26.11.2011 bewilligten Leistungen gemäß. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 14.04.2005 bis 30.04.2012 ganz zurück. Zudem forderte er die Erstattung überzahlter Leistungen einschließlich überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 67.742,91 €. Der Kläger lebe seit Beginn des Leistungsbezuges mit Frau C. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Indiz hierfür sei der geringe Wasserverbrauch von Frau C. in E-Stadt und die Aussagen der Nachbarn in B-Stadt, E-Stadt und C-Stadt. Da Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau C. nicht vorgelegt worden seien, werde nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins davon ausgegangen, dass Einkommen und/oder Vermögen in bedarfsdeckender Höhe vorhanden sei. Die Bewilligungsbescheide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen; dies habe darauf beruht, dass der Kläger in seinen Anträgen vom 14.04.2005, 30.09.2005, 14.04.2006, 09.10.2006, 30.03.2007, 16.10.2007, 21.05.2008, 14.10.2008, 19.03.2009, 23.09.2009, 22.04.2010, 07.10.2010, 07.04.2011 und 17.10.2011 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Dem Kläger sei auch die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungen bekannt gewesen.

Am 16.10.2012 hat der Beklagte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft B-Stadt gegen den Kläger und Frau C. wegen des Verdachts von strafbaren Handlungen gestellt (Az. ). Diese hat Durchsuchungen in den Wohnungen des Klägers in B-Stadt und von Frau C. in E-Stadt am 13.12.2012 veranlasst.

Gegen den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Dieses hat Frau C. und deren Sohn, H. R., uneidlich als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 28.05.2014 hat das SG den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 aufgehoben. Zwar bestehe eine Partnerschaft zwischen dem Kläger und Frau C. im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Trotz der während des Verfahrens zutage getretenen Indizien sei es aber nicht zu der Überzeugung gelangt, dass während des streitgegenständlichen Zeitraumes eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Der Kläger und Frau C. hätten ihre Wohnungen jeweils beibehalten, also verschiedene Wohnstätten gehabt. Dies ergebe sich vor allem aus der glaubwürdigen Aussage des Sohnes von Frau C. Das Ergebnis der von der Staatsanwaltschaft B-Stadt angeordneten Durchsuchung der Wohnungen am 13.12.2012 sage nichts über den vorherigen Zustand aus. Einzig die gemeinsame Nutzung eines KFZ stelle ein Indiz für ein „Wirtschaften aus einem Topf“ dar. Die dem Kläger gehörende Wohnung als zu berücksichtigender Vermögensgegenstand rechtfertige eine Rücknahmeentscheidung auch nicht, denn der Kläger habe diesbzgl. von Anfang an keine falschen Angaben gemacht.

Dagegen hat der Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Es habe von Anfang an eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden. Auf die Aussagen von Nachbarn werde insoweit Bezug genommen. Der Wasserverbrauch in der Wohnung von Frau C. in E-Stadt sei in den Jahren zwischen 2010 und 2012 sehr gering gewesen, eine nachträgliche Korrektur des Verbrauchs sei nicht nachvollziehbar. Frau C. habe keinen Lebensmittelpunkt in E-Stadt. Es liege eine Partnerschaft vor, das SG habe die Aussage des Sohnes von Frau C. falsch gewürdigt. Ein gemeinsames Wirtschaften sei gegeben, Frau C. stelle dem Kläger ihr Fahrzeug zur Verfügung, chauffiere ihn, und er habe seine Kfz-Versicherung auf sie übertragen. Sie lüden sich gegenseitig zum Essen ein. Aufgrund des bei der Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Lebensmittelvorrates sei von einem gemeinsamen Wirtschaften auszugehen. Aufgrund der intellektuellen Fähigkeiten des Klägers habe dieser die Frage nach dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft wissentlich falsch beantwortet. Bei der Wohnungsdurchsuchung sei auch ein „Hartz IV“- Ratgeber bei ihm gefunden worden. Aufgrund seiner falschen Angabe sei ihm zudem die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bekannt gewesen, zumal er gegenüber dem SG im Verfahren S 17 AS 558/12 ER angegeben habe, mit Frau C. ein Paar gewesen zu sein.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestehe bereits mangels Vorliegens einer Partnerschaft nicht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten, die Akten der Verfahren S 17 AS 195/13 ER, S 17 AS 558/12 ER, L 11 AS 534/12 ER, L 11 AS 363/13 B ER, L 11 AS 533/12 B ER und der Staatsanwaltschaft B-Stadt 150 JS 12090/12 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG mit Urteil vom 28.05.2014 auf die erhobene Anfechtungsklage hin den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 aufgehoben. Die Rücknahme der bewilligten Leistungen und die Forderung der Erstattung überzahlter Leistungen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung, § 330 Abs. 2 SGB III - der Beklagte ist dabei von einer von Anfang an, d. h. seit 14.04.2005 bestehenden Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen und hat die Leistungsbewilligungen ohne Ermessensausübung für die Vergangenheit zurückgenommen - ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt (auch) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist auf eine subjektiven Sorgfaltsmaßstab, d. h. auf die persönliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen abzustellen (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 8.Aufl., § 45 Rdnr. 52). Grobe Fahrlässigkeit liegt danach dann vor, wenn der Betroffene aufgrund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (Schütze a. a. O. Rdnr. 56) bzw. dass und welche Tatsachen er hätte angeben müssen.

Die Voraussetzungen für eine solche Rücknahme sind hier nicht gegeben. Die im Bescheid vom 29.05.2012 genannten Bewilligungsbescheide - nicht genannt sind dabei die in den Akten zu findenden Bewilligungsbescheide vom 14.10.2005, vom 03.04.2007 und vom 11.10.2010, wobei auch im Rücknahmebescheid nicht angeben ist, welche Zeiträume und Beträge konkret betroffen sind - sind nicht von Anfang an rechtswidrig, denn es liegt keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau C. in der streitgegenständlichen Zeit vor. Der Kläger hat zudem weder vorsätzlich noch grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, noch hat er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheid gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die am 16.01.1966 geborene Klägerin ist zwar erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist auch hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Der Kläger lebt mit Frau C. nicht in einer Bedarfsgemeinschaft. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner (1) länger als 1 Jahr zusammenleben, (2) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, (3) Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder (4) befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a SGB II). Ob eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen. Dabei müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Es muss sich (1.) um Partner handeln, die (2.) in einen gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar (3.) so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu (1.) und (2.) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (Bundestagsdrucksache 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann (vgl. zum Ganzen: BSG Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R - veröffentlicht in juris). Das „Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt“ i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer „Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“. Unter „Zusammenleben“ in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes „Zusammenwohnen“, wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern ist es zwingend, dass die Partner in „einer Wohnung“ zusammenleben, während bei einer Ehe die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft ist, jedoch bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt eine solche i. S. des § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sein kann. Da es bei der nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierten Verbundenheit mangelt, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw. nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern, dass der in Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.06.2013 - L 9 AS 103/13 B ER - veröffentlicht in juris; vgl. auch BSG a. a. O.).

Offen gelassen kann vorliegend, ob zwischen dem Kläger und Frau C. eine Partnerschaft und der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Beides sieht der Senat allerdings als gegeben an, wobei zur Begründung auch auf die Ausführungen des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden kann. Das SG hat nach Auffassung des Senates die Zeugenaussagen hinsichtlich des Vorliegens einer Partnerschaft zutreffend gewürdigt. Den wechselseitigen Willen, füreinander einzustehen, entnimmt der Senat u. a. der Tatsache, dass zunächst der Kläger Frau C. bei ihren Streitigkeiten in und um deren Haus zunächst in C-Stadt und später in E-Stadt insbesondere gegenüber deren früheren Ehemann zur Seite stand und andererseits Frau C. dem Kläger in Zeiten der Krankheit und des Hilfebedarfes unterstützt. Es fehlt jedoch am Nachweis des „Wirtschaftens aus einem Topf“. Frau C. und der Kläger hatten zumindest in der streitgegenständlichen Zeit keine gemeinsame Wohnung. Den Nachweis hierfür kann der Beklagte nicht erbringen, zumal die Wohnungsdurchsuchung erst mehr als ein halbes Jahr nach Ende der streitgegenständlichen Zeit erfolgte und von daher keine Auskunft über die Zeit vor der Durchsuchung geben kann. Allein die Tatsache, dass sich beide mitunter oder auch häufig in einer der beiden Wohnungen aufhalten, rechtfertigt die Annahme einer gemeinsamen Wohnung nicht. Auch die Tatsache, dass Frau C. für den Kläger während seiner gesundheitlichen Hilfebedürftigkeit kocht, belegt ein gemeinsames Wirtschaften nicht, solange nicht festgestellt werden kann, ob sie für beide kocht und die dazu erforderlichen Mittel aus einer gemeinsamen Kasse, nicht aber allein vom Kläger - ggfs über einen Einkauf bei der „Tafel“ - bezahlt werden. Das Übergeben des Rabattes eines Kfz-Versicherungsvertrages an Frau C. kann ein Indiz für ein gemeinsames Wirtschaften darstellen, dessen Indizwirkung jedoch dann wiederum entfällt, wenn der Kläger kein eigenes, angemeldetes Fahrzeug besitzt, mit dem er einen solche Vergünstigung ausnützen kann. Der von Frau C. gegenüber dem Wasserversorger angegebene bzw. von diesem geschätzte Wasserverbrauch ist nach Angabe von Frau C. durch eine Tatsächliche Ablesung korrigiert worden; er stellt aber auch lediglich ein Indiz dafür dar, dass diese nur sehr wenig Wasser in der eigenen Wohnung verbraucht hat. Einen Hinweis auf ein „Wirtschaften aus einem Topf“ sieht der Senat vorliegend unabhängig von der nachträglichen Korrektur der Werte nicht. Es fehlt somit an Indizien, die ein gemeinsames Wirtschaften in dem Sinne als nachgewiesen erscheinen lassen, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch keinen Zweifel am Vorliegen eines solchen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft mehr hat (vgl. Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3.Aufl. § 7 Rdnr. 102). Es ist aufgrund des og., letztendlich einzigen Indizes auch nicht davon auszugehen, dass mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese völlig auszuschließen (vgl. dazu Spellbrink/G. Becker a. a. O.), diese objektive Tatbestandvoraussetzung gegeben ist.

Nachdem es sich um die Rücknahme bereits bewilligter Leistungen handelt, der Beklagte also vom Nichtbestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft trotz der seit langem bestehenden gegenteiligen Vermutungen ausgegangen ist und Alg II bewilligt hat, trägt er die Feststellungslast hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer solchen Bedarfsgemeinschaft (Schütze in von Wulffen, SGB X, 8.Aufl., § 45 Rdnr. 29 m. w. N..). Der Beweis des ersten Anscheins spricht in dieser Situation zunächst für das bisher vom Beklagten angenommene Nichtbestehen einer solchen, denn der Beklagte ist vom Nichtbestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen. Zu beachten ist jedoch, dass eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt sein kann, wenn in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d. h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl. dazu m. w. N.: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238; Schütze a. a. O. Rdnr. 29; Merten in Hauck/Noftz SGB X, § 45 Rdnr. 39). Eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe kann sich etwa daraus ergeben, dass bei der Antragstellung Angaben unterlassen worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren (vgl. BSG a. a. O.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger hat seit Antragstellung vom 14.04.2005 bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraumes keine Angaben zu Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ergeben kann, unterlassen, denn er ist nach solchen Tatsachen insbesondere vom Beklagten nicht konkret gefragt worden. Er ist lediglich im Antrag nach einem Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, aber nicht nach den diesem Rechtsbegriff zugrunde liegenden Tatsachen befragt worden. Der Beklagte beließ es bei allgemeinen Ermittlungen des Außendienstes und der im Einzelnen wenig aussagekräftigen Befragung von Nachbarn. Eine (förmliche) Einvernahme des Klägers bzw. von Frau C. oder - soweit möglich - der Nachbarn oder anderer Familienmitglieder zu konkreten Tatsachen ist nicht erfolgt, obwohl zumindest seit Januar 2006 die Vermutung des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestand. Der Beklagte hat nicht einmal versucht, mit dem Kläger eine Wohnungsbesichtigung abzusprechen, auch wenn diese dann nur einen eingeschränkten Beweiswert haben kann. Eine besondere, dem Kläger anzulastende Beweisnähe besteht daher nicht, konkrete Ermittlungen sind erst durch die Staatsanwaltschaft und das SG, nicht aber durch den Beklagten erfolgt. Der Kläger wie auch später Frau C. als Zeugin haben alle Auskünfte zu ihren Zusammenleben gegeben, soweit sie hierzu befragt worden sind. Eine Erschwerung der Aufklärung im Rahmen der Vorbereitung der Rücknahmeentscheidung durch die am 14.04.2005 erfolgte Nichtangabe von Tatsachen ist nicht ersichtlich. Somit hat der Beklagte bei einer auf § 45 SGB X gestützten Rücknahme die volle Beweislast für die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes zu tragen. Den entsprechenden Nachweis für die streitgegenständliche Zeit kann er jedoch nicht führen.

Unabhängig davon scheitert eine Rücknahme für die Vergangenheit ohne Ausübung des Ermessens bereits daran, dass der Kläger weder grob fahrlässig noch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber dem Beklagten gemacht hat. Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Anzugeben sind nur Tatsachen, also insbesondere keine auf Tatsachen oder Rechtsnormen gestützten Wertungen (vgl. Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 60 Rdnr. 23; ähnlich Siebert in Hauck/Noftz, SGB I Stand 7/2014, § 60 Rdnr. 27). Nach Tatsachen hat der Beklagte den Kläger jedoch nicht befragt. Er hat vielmehr nur danach gefragt, ob ein Partner in eheähnlicher Gemeinschaft vorhanden sei, hat also nach einem Rechtsbegriff gefragt, der eine genaue Kenntnis der hierfür zu erfüllenden Voraussetzungen erforderlich macht und einer rechtlichen Wertung bedarf. Auch im Schreiben vom 22.01.2007 ist der Kläger lediglich gebeten worden, zur Frage einer „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ Stellung zu nehmen und geeignete Nachweise beizufügen. Es ist somit nicht erkennbar, welche Tatsachen der Kläger aus seiner Sicht dem Beklagten unterlassen hat mitzuteilen, und welche Tatsachen er unzutreffend angegeben hat. Nicht zu den Tatsachen, sondern zu den Wertungen gehört die Entscheidung, ob eine Beziehung zwischen zwei Personen den Charakter einer eheähnlichen Gemeinschaft hat. Tatsachen wären dagegen, das Zusammenleben in einem Haushalt, das Ausmaß des gemeinsamen Wirtschaftens (vgl. Mrozynski a. a. O.). Nach letzterem hat der Beklagte aber nicht konkret gefragt.

Ebenso wenig ist dem Kläger eine Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide zu unterstellen, denn eine solches Wissen bzw. grob fahrlässiges Nichtwissen erfordert eine genaue Kenntnis des Begriffes der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sowie die Wertung und rechtliche Einordnung verschiedener Sachverhalte und Tatsachen unter diesen Begriff. Nachdem bereits zwischen dem erstinstanzlichen Gericht und dem Beklagten Uneinigkeit darüber besteht, ob diese Gemeinschaft vorliegt, d. h. ob überhaupt eine Rechtswidrigkeit gegeben ist, kann von einem Laien selbst unter Berücksichtigung einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht erwartet werden, dass er diese Einordnung richtig vornimmt bzw. es kann ihm nicht vorgehalten werden, diese grob fahrlässig unzutreffend getroffen zu haben, wenn er vom Nichtbestehen einer solchen ausgeht.

Das Vorhandensein von evtl. vorhandenem Vermögen in Form der selbst bewohnten Eigentumswohnung war dem Beklagten seit der Erstantragstellung des Klägers bekannt, er hatte dieses Eigentum im Antrag angegeben. Eine Rücknahme wegen unvollständiger Angaben oder zumindest grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide lässt sich hierauf nicht stützen. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die vom Beklagten zuletzt noch angesprochene Schätzung des Einkommens aus nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit für 2005 durch das Finanzamt B-Stadt kann auch nicht eine Rechtwidrigkeit der Bewilligungsbescheide begründen, denn ein Abstellen allein auf einen Steuerbescheid ist erst ab 01.10.2005 jedoch lediglich bei selbstständiger Tätigkeit gesetzlich vorgesehen (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, Alg II-V, vom 20.10.2004 geändert am 22.08.2005). Zudem ist die Leistungsbewilligung für 2005 nicht vorläufig erfolgt (§ 2a Abs. 4 Alg II-V) und ein tatsächliches Einkommen nicht bekannt, so dass sich hieraus für eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide für 2005 keine Anhaltspunkte ergeben.

Für eine nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse bis 30.04.2012 hinsichtlich des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft finden sich ebenfalls keine Anhaltspunkte. Die Durchsuchung der Wohnung - soweit sich daraus eine Änderung der Einschätzung überhaupt ergeben sollte - fand erst im Dezember 2012 statt.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit

1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn

1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder
2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
In den Fällen des Satzes 3 kann ein Verwaltungsakt über eine laufende Geldleistung auch nach Ablauf der Frist von zehn Jahren zurückgenommen werden, wenn diese Geldleistung mindestens bis zum Beginn des Verwaltungsverfahrens über die Rücknahme gezahlt wurde. War die Frist von zehn Jahren am 15. April 1998 bereits abgelaufen, gilt Satz 4 mit der Maßgabe, dass der Verwaltungsakt nur mit Wirkung für die Zukunft aufgehoben wird.

(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.

(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden, soweit

1.
der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist,
2.
mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.

(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt, der eine Geld- oder Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zweckes zuerkennt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden, wenn

1.
die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird,
2.
mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
Der Verwaltungsakt darf mit Wirkung für die Vergangenheit nicht widerrufen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einem Widerruf schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Umstände kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte, die zum Widerruf des Verwaltungsaktes geführt haben. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt entsprechend.

(3) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält.

(2) Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Bei unverheirateten Kindern, die mit ihren Eltern oder einem Elternteil in einer Bedarfsgemeinschaft leben und die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen sichern können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils und dessen in Bedarfsgemeinschaft lebender Partnerin oder lebenden Partners zu berücksichtigen. Ist in einer Bedarfsgemeinschaft nicht der gesamte Bedarf aus eigenen Kräften und Mitteln gedeckt, gilt jede Person der Bedarfsgemeinschaft im Verhältnis des eigenen Bedarfs zum Gesamtbedarf als hilfebedürftig, dabei bleiben die Bedarfe nach § 28 außer Betracht. In den Fällen des § 7 Absatz 2 Satz 3 ist Einkommen und Vermögen, soweit es die nach Satz 3 zu berücksichtigenden Bedarfe übersteigt, im Verhältnis mehrerer Leistungsberechtigter zueinander zu gleichen Teilen zu berücksichtigen.

(3) Absatz 2 Satz 2 findet keine Anwendung auf ein Kind, das schwanger ist oder sein Kind bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres betreut.

(4) Hilfebedürftig ist auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde.

(5) Leben Hilfebedürftige in Haushaltsgemeinschaft mit Verwandten oder Verschwägerten, so wird vermutet, dass sie von ihnen Leistungen erhalten, soweit dies nach deren Einkommen und Vermögen erwartet werden kann.

(1) Kann im Einzelfall ein vom Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasster und nach den Umständen unabweisbarer Bedarf nicht gedeckt werden, erbringt die Agentur für Arbeit bei entsprechendem Nachweis den Bedarf als Sachleistung oder als Geldleistung und gewährt der oder dem Leistungsberechtigten ein entsprechendes Darlehen. Bei Sachleistungen wird das Darlehen in Höhe des für die Agentur für Arbeit entstandenen Anschaffungswertes gewährt. Weiter gehende Leistungen sind ausgeschlossen.

(2) Solange sich Leistungsberechtigte, insbesondere bei Drogen- oder Alkoholabhängigkeit sowie im Falle unwirtschaftlichen Verhaltens, als ungeeignet erweisen, mit den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 ihren Bedarf zu decken, kann das Bürgergeld bis zur Höhe des Regelbedarfs für den Lebensunterhalt in voller Höhe oder anteilig in Form von Sachleistungen erbracht werden.

(3) Nicht vom Regelbedarf nach § 20 umfasst sind Bedarfe für

1.
Erstausstattungen für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten,
2.
Erstausstattungen für Bekleidung und Erstausstattungen bei Schwangerschaft und Geburt sowie
3.
Anschaffung und Reparaturen von orthopädischen Schuhen, Reparaturen von therapeutischen Geräten und Ausrüstungen sowie die Miete von therapeutischen Geräten.
Leistungen für diese Bedarfe werden gesondert erbracht. Leistungen nach Satz 2 werden auch erbracht, wenn Leistungsberechtigte keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung benötigen, den Bedarf nach Satz 1 jedoch aus eigenen Kräften und Mitteln nicht voll decken können. In diesem Fall kann das Einkommen berücksichtigt werden, das Leistungsberechtigte innerhalb eines Zeitraumes von bis zu sechs Monaten nach Ablauf des Monats erwerben, in dem über die Leistung entschieden wird. Die Leistungen für Bedarfe nach Satz 1 Nummer 1 und 2 können als Sachleistung oder Geldleistung, auch in Form von Pauschalbeträgen, erbracht werden. Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu berücksichtigen.

(4) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts können als Darlehen erbracht werden, soweit in dem Monat, für den die Leistungen erbracht werden, voraussichtlich Einnahmen anfallen. Satz 1 gilt auch, soweit Leistungsberechtigte einmalige Einnahmen nach § 11 Absatz 3 Satz 4 vorzeitig verbraucht haben.

(5) Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind Leistungen als Darlehen zu erbringen. Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird.

(6) In Fällen des § 22 Absatz 5 werden Leistungen für Erstausstattungen für die Wohnung nur erbracht, wenn der kommunale Träger die Übernahme der Leistungen für Unterkunft und Heizung zugesichert hat oder vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden konnte.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.05.2014 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 14.04.2005 bis 30.04.2012 und die Erstattung überzahlter Leistungen sowie überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 67.742,91 €.

Der Kläger beantragte erstmals am 14.04.2005 Leistungen vom Beklagten. Er bewohne eine 98 qm große, selbstgenutzte Eigentumswohnung in B-Stadt. Die Frage nach einem Partner, „also des Partners in eheähnlicher Gemeinschaft“, kreuzte er im Antragsformular nicht an. In den Fortzahlungsanträgen gab er keine Änderungen der persönlichen Verhältnisse an, in den Anträgen war nicht mehr nach dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gefragt worden. Der Beklagte bewilligte dem Kläger zT vorläufig Alg II mit Bescheiden vom 15.07.2005 (14.04.2005 bis 31.10.2005), 14.10.2005 (01.11.2005 bis 30.04.2006), 11.04.2006 (01.05.2006 bis 31.10.2006), 12.05.2006 (01.05.2005 bis 30.05.2006), 20.10.2006 (01.11.2006 bis 30.04.2007), 03.04.2007 (01.05.2007 bis 31.10.2007), 17.10.2007 (01.11.2007 bis 30.04.2008), 21.02.2008 nach Versagung vom 20.12.2007 (01.02.2008 bis 30.04.2008), 26.05.2008 (21.05.2008 bis 31.10.2008), 22.10.2008 01.11.2008 bis 30.04.2009), 23.03.2009 (01.05.2009 bis 31.10.2009), 25.09.2009 (01.11.2009 bis 30.04.2010), 22.04.2010 (01.05.2010 bis 31.10.2010), 18.05.2010 (01.05.2010 bis 31.10.2010), 11.10.2010 (01.11.2010 bis 30.04.2011), 14.04.2011 (01.01.2011 bis 30.04.2011), 14.04.2011 (01.05.2011 bis 31.10.2011), 17.10.2011 (01.11.2011 bis 30.04.2012) und 26.11.2011 (01.01.2012 bis 30.04.2012).

Am 26.01.2006 vermerkte der Beklagte, der Kläger habe von einem Anschluss „A. und R.“ in C-Stadt, C-Straße. 24 bei der Arbeitsvermittlung angerufen. Hierzu erklärte der Kläger, es handle sich bei Frau C. (vor ihrer Scheidung: R.) nur um eine Bekannte, bei der er ab und zu im Internet Stellen recherchiere. Laut einem Ermittlungsbericht des Außendienstes des Beklagten vom 29.12.2006 konnte die Wohnung des Klägers und das Haus von Frau C. zwischen Oktober und Dezember 2006 nach mehrfachen Aufsuchen lediglich von außen in Augenschein genommen werden. Am 22.01.2007 befragte der Beklagte den Kläger schriftlich zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt. Zudem - so der Beklagte - gehe er vom Vorliegen einer „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ aus. Der Kläger möge dazu Stellung nehmen und Beweismittel vorlegen. Der Kläger teilte mit, er halte sich überwiegend in seiner Wohnung in B-Stadt auf. Es habe zwar manchmal den Anschein, dass er nicht anwesend sei, weil er abends kein Licht anmache und die Tür nicht öffne. Er sei aber trotzdem anwesend. An den Wochenenden halte er sich meistens bei seiner Freundin in C-Stadt auf. Seit 08.01.2007 sei er in einer Arbeitsgelegenheit in D-Stadt beschäftigt, die er von B-Stadt aus erreiche. Zur Frage der „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ äußerte sich der Kläger nicht. Eine Rückfrage des Beklagten beim Maßnahmeträger vom 05.02.2007 ergab, dass der Kläger täglich vom Fahrdienst in seiner Wohnung in B-Stadt abgeholt und abends wieder dorthin zurückgebracht werde. Am 22.01.2009 rief eine unbekannte Person beim Beklagten an und teilte mit, der Kläger halte sich seit Jahren bei seiner Freundin in E-Stadt - Frau C. war dorthin verzogen - auf. Seine Wohnung in B-Stadt besuche er nur selten, um den Briefkasten zu leeren. Die Freundin sei selbstständig und verfüge über ein größeres Erbe. Der Beklagte stellte diesbzgl. keine weiteren Nachforschungen an und zahlte weiterhin Alg II.

Nach einer erneuten Information eines Nachbarn des Klägers vom 17.11.2011 - der Kläger lebe mit einer nicht gemeldeten Person in eheähnlicher Gemeinschaft, die über mindestens ein Haus in E-Stadt und mehrere Pkw verfüge - und einem daraufhin veranlassten mehrfachen Aufsuchen des Wohnortes des Klägers durch den Außendienst des Beklagten (Außendienstbericht vom 17.01.2012, die Wohnung des Klägers konnte erneut nicht in Augenschein genommen werden), übersandte der Beklagte dem Kläger eine Zwischenmitteilung vom 25.01.2012, in welcher er die Einschätzung äußerte, der Kläger lebe mit Frau C. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Die Leistungen ab Februar 2012 würden vorläufig eingestellt und der Kläger möge entweder Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Frau C. erbringen oder nachweisen, dass eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht bestehe. Mit Schreiben vom 08.02.2012 forderte der Beklagte Frau C. auf, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab 01.04.2005 mitzuteilen und Nachweise hierüber zu erbringen. Dies erfolgte nicht. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) - Az: S 17 AS 118/12 ER - erklärte sich der Beklagte bereit, Leistungen vorläufig für den Zeitraum Februar bis April 2012 weiterzuzahlen (Vergleich vom 02.03.2012).

Mit Schreiben vom 23.04.2012 hörte der Beklagte den Kläger zur Aufhebung der bewilligten Leistungen sowie zur Erstattung i. H. v. 67.742,91 € an und nahm mit Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 die mit Bescheiden vom 15.07.2005, 20.10.2005 (Bl. 47), 11.04.2006, 12.05.2006, 20.10.2006, 10.04.2007 (Bl. 143), 02.06.2007, 17.10.2007, 21.02.2008, 26.05.2008, 22.10.2008, 23.03.2009, 25.09.2009, 22.04.2010, 18.05.2010, 12.10.2010 (Bl. 274), 26.03.2011, 14.04.2011, 14.04.2011 sowie vom 17.10.2011 und 26.11.2011 bewilligten Leistungen gemäß. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 14.04.2005 bis 30.04.2012 ganz zurück. Zudem forderte er die Erstattung überzahlter Leistungen einschließlich überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 67.742,91 €. Der Kläger lebe seit Beginn des Leistungsbezuges mit Frau C. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Indiz hierfür sei der geringe Wasserverbrauch von Frau C. in E-Stadt und die Aussagen der Nachbarn in B-Stadt, E-Stadt und C-Stadt. Da Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau C. nicht vorgelegt worden seien, werde nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins davon ausgegangen, dass Einkommen und/oder Vermögen in bedarfsdeckender Höhe vorhanden sei. Die Bewilligungsbescheide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen; dies habe darauf beruht, dass der Kläger in seinen Anträgen vom 14.04.2005, 30.09.2005, 14.04.2006, 09.10.2006, 30.03.2007, 16.10.2007, 21.05.2008, 14.10.2008, 19.03.2009, 23.09.2009, 22.04.2010, 07.10.2010, 07.04.2011 und 17.10.2011 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Dem Kläger sei auch die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungen bekannt gewesen.

Am 16.10.2012 hat der Beklagte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft B-Stadt gegen den Kläger und Frau C. wegen des Verdachts von strafbaren Handlungen gestellt (Az. ). Diese hat Durchsuchungen in den Wohnungen des Klägers in B-Stadt und von Frau C. in E-Stadt am 13.12.2012 veranlasst.

Gegen den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Dieses hat Frau C. und deren Sohn, H. R., uneidlich als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 28.05.2014 hat das SG den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 aufgehoben. Zwar bestehe eine Partnerschaft zwischen dem Kläger und Frau C. im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Trotz der während des Verfahrens zutage getretenen Indizien sei es aber nicht zu der Überzeugung gelangt, dass während des streitgegenständlichen Zeitraumes eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Der Kläger und Frau C. hätten ihre Wohnungen jeweils beibehalten, also verschiedene Wohnstätten gehabt. Dies ergebe sich vor allem aus der glaubwürdigen Aussage des Sohnes von Frau C. Das Ergebnis der von der Staatsanwaltschaft B-Stadt angeordneten Durchsuchung der Wohnungen am 13.12.2012 sage nichts über den vorherigen Zustand aus. Einzig die gemeinsame Nutzung eines KFZ stelle ein Indiz für ein „Wirtschaften aus einem Topf“ dar. Die dem Kläger gehörende Wohnung als zu berücksichtigender Vermögensgegenstand rechtfertige eine Rücknahmeentscheidung auch nicht, denn der Kläger habe diesbzgl. von Anfang an keine falschen Angaben gemacht.

Dagegen hat der Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Es habe von Anfang an eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden. Auf die Aussagen von Nachbarn werde insoweit Bezug genommen. Der Wasserverbrauch in der Wohnung von Frau C. in E-Stadt sei in den Jahren zwischen 2010 und 2012 sehr gering gewesen, eine nachträgliche Korrektur des Verbrauchs sei nicht nachvollziehbar. Frau C. habe keinen Lebensmittelpunkt in E-Stadt. Es liege eine Partnerschaft vor, das SG habe die Aussage des Sohnes von Frau C. falsch gewürdigt. Ein gemeinsames Wirtschaften sei gegeben, Frau C. stelle dem Kläger ihr Fahrzeug zur Verfügung, chauffiere ihn, und er habe seine Kfz-Versicherung auf sie übertragen. Sie lüden sich gegenseitig zum Essen ein. Aufgrund des bei der Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Lebensmittelvorrates sei von einem gemeinsamen Wirtschaften auszugehen. Aufgrund der intellektuellen Fähigkeiten des Klägers habe dieser die Frage nach dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft wissentlich falsch beantwortet. Bei der Wohnungsdurchsuchung sei auch ein „Hartz IV“- Ratgeber bei ihm gefunden worden. Aufgrund seiner falschen Angabe sei ihm zudem die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bekannt gewesen, zumal er gegenüber dem SG im Verfahren S 17 AS 558/12 ER angegeben habe, mit Frau C. ein Paar gewesen zu sein.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestehe bereits mangels Vorliegens einer Partnerschaft nicht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten, die Akten der Verfahren S 17 AS 195/13 ER, S 17 AS 558/12 ER, L 11 AS 534/12 ER, L 11 AS 363/13 B ER, L 11 AS 533/12 B ER und der Staatsanwaltschaft B-Stadt 150 JS 12090/12 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG mit Urteil vom 28.05.2014 auf die erhobene Anfechtungsklage hin den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 aufgehoben. Die Rücknahme der bewilligten Leistungen und die Forderung der Erstattung überzahlter Leistungen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung, § 330 Abs. 2 SGB III - der Beklagte ist dabei von einer von Anfang an, d. h. seit 14.04.2005 bestehenden Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen und hat die Leistungsbewilligungen ohne Ermessensausübung für die Vergangenheit zurückgenommen - ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt (auch) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist auf eine subjektiven Sorgfaltsmaßstab, d. h. auf die persönliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen abzustellen (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 8.Aufl., § 45 Rdnr. 52). Grobe Fahrlässigkeit liegt danach dann vor, wenn der Betroffene aufgrund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (Schütze a. a. O. Rdnr. 56) bzw. dass und welche Tatsachen er hätte angeben müssen.

Die Voraussetzungen für eine solche Rücknahme sind hier nicht gegeben. Die im Bescheid vom 29.05.2012 genannten Bewilligungsbescheide - nicht genannt sind dabei die in den Akten zu findenden Bewilligungsbescheide vom 14.10.2005, vom 03.04.2007 und vom 11.10.2010, wobei auch im Rücknahmebescheid nicht angeben ist, welche Zeiträume und Beträge konkret betroffen sind - sind nicht von Anfang an rechtswidrig, denn es liegt keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau C. in der streitgegenständlichen Zeit vor. Der Kläger hat zudem weder vorsätzlich noch grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, noch hat er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheid gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die am 16.01.1966 geborene Klägerin ist zwar erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist auch hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Der Kläger lebt mit Frau C. nicht in einer Bedarfsgemeinschaft. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner (1) länger als 1 Jahr zusammenleben, (2) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, (3) Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder (4) befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a SGB II). Ob eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen. Dabei müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Es muss sich (1.) um Partner handeln, die (2.) in einen gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar (3.) so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu (1.) und (2.) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (Bundestagsdrucksache 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann (vgl. zum Ganzen: BSG Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R - veröffentlicht in juris). Das „Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt“ i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer „Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“. Unter „Zusammenleben“ in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes „Zusammenwohnen“, wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern ist es zwingend, dass die Partner in „einer Wohnung“ zusammenleben, während bei einer Ehe die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft ist, jedoch bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt eine solche i. S. des § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sein kann. Da es bei der nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierten Verbundenheit mangelt, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw. nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern, dass der in Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.06.2013 - L 9 AS 103/13 B ER - veröffentlicht in juris; vgl. auch BSG a. a. O.).

Offen gelassen kann vorliegend, ob zwischen dem Kläger und Frau C. eine Partnerschaft und der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Beides sieht der Senat allerdings als gegeben an, wobei zur Begründung auch auf die Ausführungen des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden kann. Das SG hat nach Auffassung des Senates die Zeugenaussagen hinsichtlich des Vorliegens einer Partnerschaft zutreffend gewürdigt. Den wechselseitigen Willen, füreinander einzustehen, entnimmt der Senat u. a. der Tatsache, dass zunächst der Kläger Frau C. bei ihren Streitigkeiten in und um deren Haus zunächst in C-Stadt und später in E-Stadt insbesondere gegenüber deren früheren Ehemann zur Seite stand und andererseits Frau C. dem Kläger in Zeiten der Krankheit und des Hilfebedarfes unterstützt. Es fehlt jedoch am Nachweis des „Wirtschaftens aus einem Topf“. Frau C. und der Kläger hatten zumindest in der streitgegenständlichen Zeit keine gemeinsame Wohnung. Den Nachweis hierfür kann der Beklagte nicht erbringen, zumal die Wohnungsdurchsuchung erst mehr als ein halbes Jahr nach Ende der streitgegenständlichen Zeit erfolgte und von daher keine Auskunft über die Zeit vor der Durchsuchung geben kann. Allein die Tatsache, dass sich beide mitunter oder auch häufig in einer der beiden Wohnungen aufhalten, rechtfertigt die Annahme einer gemeinsamen Wohnung nicht. Auch die Tatsache, dass Frau C. für den Kläger während seiner gesundheitlichen Hilfebedürftigkeit kocht, belegt ein gemeinsames Wirtschaften nicht, solange nicht festgestellt werden kann, ob sie für beide kocht und die dazu erforderlichen Mittel aus einer gemeinsamen Kasse, nicht aber allein vom Kläger - ggfs über einen Einkauf bei der „Tafel“ - bezahlt werden. Das Übergeben des Rabattes eines Kfz-Versicherungsvertrages an Frau C. kann ein Indiz für ein gemeinsames Wirtschaften darstellen, dessen Indizwirkung jedoch dann wiederum entfällt, wenn der Kläger kein eigenes, angemeldetes Fahrzeug besitzt, mit dem er einen solche Vergünstigung ausnützen kann. Der von Frau C. gegenüber dem Wasserversorger angegebene bzw. von diesem geschätzte Wasserverbrauch ist nach Angabe von Frau C. durch eine Tatsächliche Ablesung korrigiert worden; er stellt aber auch lediglich ein Indiz dafür dar, dass diese nur sehr wenig Wasser in der eigenen Wohnung verbraucht hat. Einen Hinweis auf ein „Wirtschaften aus einem Topf“ sieht der Senat vorliegend unabhängig von der nachträglichen Korrektur der Werte nicht. Es fehlt somit an Indizien, die ein gemeinsames Wirtschaften in dem Sinne als nachgewiesen erscheinen lassen, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch keinen Zweifel am Vorliegen eines solchen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft mehr hat (vgl. Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3.Aufl. § 7 Rdnr. 102). Es ist aufgrund des og., letztendlich einzigen Indizes auch nicht davon auszugehen, dass mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese völlig auszuschließen (vgl. dazu Spellbrink/G. Becker a. a. O.), diese objektive Tatbestandvoraussetzung gegeben ist.

Nachdem es sich um die Rücknahme bereits bewilligter Leistungen handelt, der Beklagte also vom Nichtbestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft trotz der seit langem bestehenden gegenteiligen Vermutungen ausgegangen ist und Alg II bewilligt hat, trägt er die Feststellungslast hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer solchen Bedarfsgemeinschaft (Schütze in von Wulffen, SGB X, 8.Aufl., § 45 Rdnr. 29 m. w. N..). Der Beweis des ersten Anscheins spricht in dieser Situation zunächst für das bisher vom Beklagten angenommene Nichtbestehen einer solchen, denn der Beklagte ist vom Nichtbestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen. Zu beachten ist jedoch, dass eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt sein kann, wenn in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d. h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl. dazu m. w. N.: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238; Schütze a. a. O. Rdnr. 29; Merten in Hauck/Noftz SGB X, § 45 Rdnr. 39). Eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe kann sich etwa daraus ergeben, dass bei der Antragstellung Angaben unterlassen worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren (vgl. BSG a. a. O.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger hat seit Antragstellung vom 14.04.2005 bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraumes keine Angaben zu Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ergeben kann, unterlassen, denn er ist nach solchen Tatsachen insbesondere vom Beklagten nicht konkret gefragt worden. Er ist lediglich im Antrag nach einem Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, aber nicht nach den diesem Rechtsbegriff zugrunde liegenden Tatsachen befragt worden. Der Beklagte beließ es bei allgemeinen Ermittlungen des Außendienstes und der im Einzelnen wenig aussagekräftigen Befragung von Nachbarn. Eine (förmliche) Einvernahme des Klägers bzw. von Frau C. oder - soweit möglich - der Nachbarn oder anderer Familienmitglieder zu konkreten Tatsachen ist nicht erfolgt, obwohl zumindest seit Januar 2006 die Vermutung des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestand. Der Beklagte hat nicht einmal versucht, mit dem Kläger eine Wohnungsbesichtigung abzusprechen, auch wenn diese dann nur einen eingeschränkten Beweiswert haben kann. Eine besondere, dem Kläger anzulastende Beweisnähe besteht daher nicht, konkrete Ermittlungen sind erst durch die Staatsanwaltschaft und das SG, nicht aber durch den Beklagten erfolgt. Der Kläger wie auch später Frau C. als Zeugin haben alle Auskünfte zu ihren Zusammenleben gegeben, soweit sie hierzu befragt worden sind. Eine Erschwerung der Aufklärung im Rahmen der Vorbereitung der Rücknahmeentscheidung durch die am 14.04.2005 erfolgte Nichtangabe von Tatsachen ist nicht ersichtlich. Somit hat der Beklagte bei einer auf § 45 SGB X gestützten Rücknahme die volle Beweislast für die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes zu tragen. Den entsprechenden Nachweis für die streitgegenständliche Zeit kann er jedoch nicht führen.

Unabhängig davon scheitert eine Rücknahme für die Vergangenheit ohne Ausübung des Ermessens bereits daran, dass der Kläger weder grob fahrlässig noch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber dem Beklagten gemacht hat. Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Anzugeben sind nur Tatsachen, also insbesondere keine auf Tatsachen oder Rechtsnormen gestützten Wertungen (vgl. Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 60 Rdnr. 23; ähnlich Siebert in Hauck/Noftz, SGB I Stand 7/2014, § 60 Rdnr. 27). Nach Tatsachen hat der Beklagte den Kläger jedoch nicht befragt. Er hat vielmehr nur danach gefragt, ob ein Partner in eheähnlicher Gemeinschaft vorhanden sei, hat also nach einem Rechtsbegriff gefragt, der eine genaue Kenntnis der hierfür zu erfüllenden Voraussetzungen erforderlich macht und einer rechtlichen Wertung bedarf. Auch im Schreiben vom 22.01.2007 ist der Kläger lediglich gebeten worden, zur Frage einer „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ Stellung zu nehmen und geeignete Nachweise beizufügen. Es ist somit nicht erkennbar, welche Tatsachen der Kläger aus seiner Sicht dem Beklagten unterlassen hat mitzuteilen, und welche Tatsachen er unzutreffend angegeben hat. Nicht zu den Tatsachen, sondern zu den Wertungen gehört die Entscheidung, ob eine Beziehung zwischen zwei Personen den Charakter einer eheähnlichen Gemeinschaft hat. Tatsachen wären dagegen, das Zusammenleben in einem Haushalt, das Ausmaß des gemeinsamen Wirtschaftens (vgl. Mrozynski a. a. O.). Nach letzterem hat der Beklagte aber nicht konkret gefragt.

Ebenso wenig ist dem Kläger eine Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide zu unterstellen, denn eine solches Wissen bzw. grob fahrlässiges Nichtwissen erfordert eine genaue Kenntnis des Begriffes der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sowie die Wertung und rechtliche Einordnung verschiedener Sachverhalte und Tatsachen unter diesen Begriff. Nachdem bereits zwischen dem erstinstanzlichen Gericht und dem Beklagten Uneinigkeit darüber besteht, ob diese Gemeinschaft vorliegt, d. h. ob überhaupt eine Rechtswidrigkeit gegeben ist, kann von einem Laien selbst unter Berücksichtigung einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht erwartet werden, dass er diese Einordnung richtig vornimmt bzw. es kann ihm nicht vorgehalten werden, diese grob fahrlässig unzutreffend getroffen zu haben, wenn er vom Nichtbestehen einer solchen ausgeht.

Das Vorhandensein von evtl. vorhandenem Vermögen in Form der selbst bewohnten Eigentumswohnung war dem Beklagten seit der Erstantragstellung des Klägers bekannt, er hatte dieses Eigentum im Antrag angegeben. Eine Rücknahme wegen unvollständiger Angaben oder zumindest grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide lässt sich hierauf nicht stützen. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die vom Beklagten zuletzt noch angesprochene Schätzung des Einkommens aus nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit für 2005 durch das Finanzamt B-Stadt kann auch nicht eine Rechtwidrigkeit der Bewilligungsbescheide begründen, denn ein Abstellen allein auf einen Steuerbescheid ist erst ab 01.10.2005 jedoch lediglich bei selbstständiger Tätigkeit gesetzlich vorgesehen (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, Alg II-V, vom 20.10.2004 geändert am 22.08.2005). Zudem ist die Leistungsbewilligung für 2005 nicht vorläufig erfolgt (§ 2a Abs. 4 Alg II-V) und ein tatsächliches Einkommen nicht bekannt, so dass sich hieraus für eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide für 2005 keine Anhaltspunkte ergeben.

Für eine nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse bis 30.04.2012 hinsichtlich des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft finden sich ebenfalls keine Anhaltspunkte. Die Durchsuchung der Wohnung - soweit sich daraus eine Änderung der Einschätzung überhaupt ergeben sollte - fand erst im Dezember 2012 statt.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. August 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander für das Revisionsverfahren keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 10.8.2005 bis zum 28.2.2006 als Zuschuss statt als Darlehen.

2

Der im Januar 1960 geborene Kläger beantragte am 10.8.2005 Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende und erklärte bei Antragstellung, über Sparbücher mit einem Guthaben von insgesamt 532,92 Euro und Bargeld in Höhe von 366 Euro zu verfügen. Er war außerdem Miteigentümer zweier Wohnungen, die eine davon war selbstgenutzt. Der Kläger gab darüber hinaus an, über eine Münz- und Briefmarkensammlung im Wert von ca 30 000 Euro zu verfügen. Zu der Münzsammlung legte er eine umfangreiche Aufstellung vor, in der er die Anschaffungskosten mit 53 609,70 DM (27 410,20 Euro) bezifferte.

3

Der Beklagte lehnte die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen zunächst mit Bescheid vom 26.8.2005 ab, weil der Kläger nicht hilfebedürftig sei. Er könne seinen Lebensunterhalt aus seinem zu berücksichtigenden Vermögen bestreiten. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger insbesondere damit, die Münzsammlung könne wegen Unwirtschaftlichkeit des Verkaufs bzw wegen einer besonderen Härte bei einem Verkauf nicht als Vermögen berücksichtigt werden. Ein zu erwartender Verkaufserlös liege deutlich unter den Anschaffungskosten, weil bei einem Verkauf über einen Münzhandel mit einem Abschlag von ca 40 % zu rechnen sei. Außerdem entstehe bei einer Verwertung durch einen Auktionator üblicherweise ein Verlust von etwa 20 %; auf den Zuschlagspreis müsse für den Auktionator eine Vergütung in Höhe von 20 % gezahlt werden. Insgesamt ergebe sich ein Verlust von etwa 35 %.

4

Soweit ein Sparbuch mit einem Guthaben von 206,40 Euro existiere, so sei dort unter seinem Namen Geld angelegt, das sein Vater ihm im Jahre 2002 vererbt habe mit der Verpflichtung, sich um die Familiengrabstätte zu kümmern, er habe mit dem damals vererbten Betrag in Höhe von 15 000 DM "darlehensweise" seinen Lebensunterhalt bestritten.

5

Mit Bescheid vom 30.9.2005 gewährte der Beklagte dem Kläger sodann für die hier streitige Zeit vom 10.8.2005 bis zum 28.2.2006 Leistungen nach dem SGB II auf Darlehensbasis. Der dagegen erhobene Widerspruch ist mit Bescheid vom 26.5.2008 zurückgewiesen worden, das diesbezüglich angestrengte Klageverfahren im Hinblick auf das vorliegende Verfahren ruhend gestellt worden.

6

Im Anschluss an den ursprünglichen Ablehnungsbescheid vom 26.8.2005 beauftragte der Beklagte den Sachverständigen W von der Münzhandlung B mit der Wertermittlung der Münzsammlung anhand der von dem Kläger vorgelegten Quittungen. Der Sachverständige gelangte in seinem Gutachten vom 24.7.2006 zu dem Ergebnis, dass der Wert der Münzsammlung auf 21 432 Euro zu schätzen sei. Er legte der Ermittlung den Ankaufswert der Münzen unter Berücksichtigung der Auktionsergebnisse aus dem Jahre 2005 zugrunde.

7

Mit Bescheid vom 12.1.2007 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 26.8.2005 zurück. Der Leistungsantrag des Klägers sei zutreffend wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit abgelehnt worden. Dabei wurde ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von insgesamt 12 580,92 Euro zugrunde gelegt (Bargeld nach den Angaben des Klägers 366 Euro, Sparbücher 532,92 Euro, Münzsammlung 21 432 Euro, also insgesamt 22 330,92 Euro abzüglich von Freibeträgen in Höhe von insgesamt 9750 Euro). Zur Berücksichtigung der Münzsammlung wurde ausgeführt, eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Münzsammlung bestehe nicht.

8

Die vom Kläger erhobene Klage beim Sozialgericht (SG) ist ohne Erfolg geblieben. Seine dagegen eingelegte Berufung hat der Kläger damit begründet, dass maßgeblich der Anschaffungs- bzw Wiederbeschaffungspreis der Münzsammlung sei. Dieser sei mit ca 27 400 Euro zu beziffern. Aufgrund der bei einer Veräußerung im Münzhandel bzw über ein Auktionshaus zu erwartenden Verluste sei die Vermögensverwertung offensichtlich unwirtschaftlich. Im Übrigen sei von den ihm von seinem Vater testamentarisch für die Anschaffung und die Pflege der Familiengrabstätte ursprünglich vermachten 15 000 DM rein rechnerisch noch ein Betrag von umgerechnet 5522,77 Euro übrig, dieser sei als weiteres Schonvermögen der Verwertung entzogen.

9

Mit Urteil vom 10.8.2010 hat das Landessozialgericht (LSG) die Berufung zurückgewiesen und zur Begründung auf die fehlende Hilfebedürftigkeit des Klägers abgestellt. Dieser sei in der Lage gewesen, im streitigen Zeitraum seinen Bedarf mit vorhandenem Vermögen zu decken. Insbesondere sei die Münzsammlung als verwertbares Vermögen einzustufen, denn das Sachverständigengutachten habe belegt, dass ein Verkauf der Sammlung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung von Grundsicherungsleistungen möglich gewesen sei. Das Vermögen sei auch mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen, maßgeblich sei dabei der auf dem Markt tatsächlich erzielbare Wert. Diesen habe der Sachverständige in seinem Gutachten mit 21 432 Euro ermittelt. Die vom Kläger geltend gemachten Abschläge seien in dem Sachverständigengutachten bereits berücksichtigt worden.

10

Die Verwertung der Münzsammlung sei auch weder offensichtlich unwirtschaftlich noch bedeute sie für den Kläger eine besondere Härte. Ein Missverhältnis ergebe sich nicht bereits deshalb, weil der vom Sachverständigen ermittelte Verkehrswert unter den von dem Kläger angegebenen Anschaffungskosten läge. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Ermittlung einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit bei der Verwertung von privaten Lebens- bzw Rentenversicherungen sei hier nicht einschlägig, da der Rückkaufswert einer Lebensversicherung sich nach festen Parametern richte, während sich der Wert von Sammlergegenständen grundsätzlich nach dem Marktgeschehen richte und nicht vorhersehbar sei. Bezüglich der Verwertbarkeit gleiche die Münzsammlung daher risikobehafteten Formen einer Kapitalanlage wie zB Aktien. Das Risiko, dass sich durch verändernde Marktpreise Verluste ergäben, liege beim Kläger. Auch künftige Gewinnaussichten könnten keine Rolle spielen. Ebenso wenig sei die Verwertung der Münzsammlung wegen einer besonderen Härte ausgeschlossen.

11

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision macht der Kläger geltend, auch bei Sachvermögen in Form einer Münzsammlung sei von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit auszugehen, wenn der Rückkaufswert die Investition mit einem bestimmten Prozentsatz unterschreite. Es sei eine Vergleichbarkeit mit der Veräußerung von Immobilien gegeben, deren Wert sich ebenfalls nach dem Marktgeschehen beurteile, bei deren Veräußerung nach der Rechtsprechung des BSG aber ebenfalls die Kriterien der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung Anwendung fänden. Im Übrigen könne die Münzsammlung nicht mit einer Vermögensanlage in Aktien verglichen werden, dies sei allenfalls bei Anlagemünzen möglich, die aus Gold oder Silber in hoher Stückzahl geprägt würden und entweder der Geldanlage oder der Spekulation auf den Edelmetallwert der Münze dienten. Vorliegend handele es sich aber um Sammlermünzen, die einen Sammlerwert unabhängig von dem aktuellen Edelmetallwert und von tagespolitischen Aktualitäten besäßen.

12

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 10. August 2010 und den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hannover vom 15. Mai 2008 sowie den Bescheid des Beklagten vom 26. August 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Januar 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 30. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. Mai 2008 zu verpflichten, die für den Zeitraum vom 10. August 2005 bis zum 28. Februar 2006 bewilligten Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren.

13

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

14

Er hält das Urteil des LSG für zutreffend.

Entscheidungsgründe

15

Die rechtzeitig eingelegte und auch ansonsten noch zulässige Revision des Klägers (§ 164 Sozialgerichtsgesetz) ist unbegründet und war deshalb zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 SGG). Dem Kläger stehen im streitigen Zeitraum vom 10.8.2005 bis zum 28.2.2006 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss nicht zu, sodass der Kläger durch die angefochtenen Bescheide des Beklagten nicht beschwert ist (§ 54 Abs 2 SGG).

16

1. Gegenstand des Verfahrens ist hier neben dem Bescheid des Beklagten vom 26.8.2005, mit dem die Bewilligung von Grundsicherungsleistungen für Arbeitsuchende abgelehnt wurde, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.1.2007 auch der Bescheid vom 30.9.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.5.2008. Die letztgenannten Bescheide haben gemäß §§ 86, 96 SGG Eingang in das vorliegende Verfahren gefunden, denn mit ihnen sind die Ursprungsbescheide, mit denen eine vollständige Ablehnung von Leistungen ausgesprochen wurde, für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 10.8.2005 bis zum 28.2.2006 dahingehend geändert worden, dass Leistungen auf Darlehnsbasis bewilligt worden sind. Zwar hat der Beklagte den Bescheid vom 30.9.2005 nicht in seine Widerspruchsentscheidung vom 12.1.2007 einbezogen, dies ist jedoch deshalb unschädlich, weil ein gesonderter Widerspruchsbescheid am 26.5.2008 ergangen ist, sodass ein Vorverfahren durchgeführt wurde.

17

Die richtige Klageart ist hier die Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), denn es sind keine Leistungen mehr zu zahlen. Der Kläger begehrt die Verpflichtung des Beklagten, die als Darlehen bereits ausgezahlten Leistungen als Zuschuss zu gewähren.

18

2. Die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende liegen jedoch nicht vor. Der Kläger zählt zwar gemäß § 7 Abs 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II in der hier anwendbaren Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.11.2003 (BGBl I 2954) zum grundsätzlich leistungsberechtigten Personenkreis, da er im streitgegenständlichen Zeitraum 45 Jahre alt und erwerbsfähig war sowie seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte. Er war jedoch nicht hilfebedürftig gemäß § 7 Abs 1 Nr 3, § 9 Abs 1 SGB II, denn er war in der Lage, seinen Lebensunterhalt jedenfalls für den Zeitraum vom 10.8.2005 bis 28.2.2006 aus zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen zu sichern.

19

3. Der Kläger verfügte im streitbefangenen Zeitraum über zu berücksichtigendes Vermögen, denn seine Münzsammlung ist als verwertbarer Vermögensgegenstand iS von § 12 Abs 1 SGB II einzustufen (dazu unter a). Der Verwertbarkeit der Münzsammlung steht weder eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit (dazu unter b) noch eine besondere Härte (dazu unter c) entgegen.

20

a) Die Münzsammlung des Klägers ist ein verwertbarer Vermögensgegenstand iS von § 12 Abs 1 SGB II. Den Begriff der Verwertbarkeit hat das BSG in ständiger Rechtsprechung mit der Möglichkeit des "Versilberns" von Vermögen umschrieben (vgl zB BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6, RdNr 11). Danach bestehen an der Verwertbarkeit der Münzen keine Zweifel, denn diese können veräußert werden und der Kläger hat nach den Feststellungen des LSG von dieser Möglichkeit auch bereits teilweise Gebrauch gemacht.

21

Auch die dem Begriff der Verwertbarkeit innewohnende tatsächliche Komponente (vgl BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 = SozR 4-4200 § 12 Nr 6) ist vorliegend erfüllt. Der Ertrag, mit dem der Kläger seinen Lebensunterhalt hätte bestreiten können, war kurzfristig zu erzielen. Nach den Feststellungen des LSG steht aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens fest, dass ein Verkauf der Münzsammlung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beantragung von Grundsicherungsleistungen möglich war, denn dem in dem Gutachten festgestellten Ergebnis sind die Ankaufspreise von Münzen auf der Basis der Auktionswerte aus dem Jahr 2005 zugrunde gelegt worden. Dies belegt, dass ein Handel mit Münzen wie den zur Sammlung zählenden stattfand und bei einem Verkauf mit dem Erlös in Höhe der errechneten Summe gerechnet werden konnte. Es war somit absehbar, dass der Kläger kurzfristig aus seinem Vermögen einen wirtschaftlichen Nutzen ziehen konnte, prognostisch jedenfalls mindestens innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten. Die Zeit bis zu einem Verkauf des verwertbaren Vermögensgegenstandes wäre - wie es der Beklagte hier auch tatsächlich getan hat - mit einem Darlehen zu überbrücken gewesen.

22

b) Die Berücksichtigung der Münzsammlung als verwertbarer Vermögensgegenstand scheitert auch nicht an § 12 Abs 3 Nr 6 Halbs 1 SGB II, denn die Verwertung der Münzsammlung ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich.

23

Die Wirtschaftlichkeit der Verwertung eines bestimmten Vermögensgegenstands ist ausschließlich nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nach der Rechtsprechung des BSG dann vor, wenn der (aktuell) auf dem Markt zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert (zumeist als Substanzwert bezeichnet) des zu verwertenden Vermögensgegenstands steht (BSG Urteile vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4; vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5; vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12; vom 27.8.2008 - B 11 AL 9/07 R). Dabei knüpft das Tatbestandsmerkmal der Unwirtschaftlichkeit iS des § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II an § 193 SGB III iVm § 1 AlhiVO 2002 an. Die Unwirtschaftlichkeit kann danach nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nicht durch einen strikt monetären Vergleich des aktuell erzielbaren Verkaufserlöses mit den Erwerbskosten ermittelt werden (BSG Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 9/07 R - mwN). Der Substanzwert ist somit keine feste Größe, der sich nur aus dem Anschaffungswert ergibt. Es ist nach Vermögensgegenständen zu differenzieren. Der Anschaffungswert kann zwar bei fest kalkulierbaren Wertanlagen eine entscheidende Rolle spielen, so zB bei der Bewertung einer Kapitallebensversicherung, deren Rückkauf dann als unwirtschaftlich qualifiziert wird, wenn der Rückkaufswert die Summe der eingezahlten Beträge um eine bestimmte Marge unterschreitet (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5). Im Übrigen gilt aber, dass der Anschaffungswert lediglich ein Indiz für die Frage der Unwirtschaftlichkeit darstellen kann.

24

Dies ergibt sich aus der grundlegenden Entscheidung des Gesetzgebers, dass es bei der Vermögensverwertung nach dem SGB II, anders als nach dem Recht der Arbeitslosenhilfe, nicht auf den Schutz der erarbeiteten Vermögenspositionen ankommen soll (angedeutet bereits in BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 23). Die Konzeption im SGB II geht dahin, dass zwar ein wirtschaftlicher Ausverkauf verhindert werden soll, Vermögenswerte, die ausschließlich auf einer früheren Position beruhen und nicht auf einer mit einer festen Gewinnerwartung verbundenen kontinuierlichen Ansparleistung, jedoch nicht in dem Sinne geschützt werden, dass grundsätzlich die Anschaffungskosten für die Bewertung der Vermögensposition heranzuziehen sind. Je nach Vermögensgegenstand fallen Substanzwert und Verkehrswert zusammen. Der Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Bewertungsgegenstands bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen, ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse bleiben außer Betracht (vgl zur Definition Schlehe, Wert- und Kostenbegriffe im Sachverständigenwesen in Deutsche Richterzeitung, April 2012, Seite 110 ff). Der Verkehrswert stellt sich damit als aktuell zu erzielender Verkaufswert dar, es kommt auf den erzielbaren Erlös im gewöhnlichen Geschäftsverkehr an (BSG Urteil vom 3.5.2005 - B 7a/7 AL 84/04 R = SozR 4-4220 § 1 Nr 4 RdNr 13).

25

Ausgehend von den genannten Parametern kann bei frei handelbaren Vermögenswerten, anders als bei Vermögenswerten, bei denen es bei normalem Verlauf eine feste Gewinnerwartung gibt (zB Kapital-Lebensversicherungen, deren Erlöse nach den Vorgaben des Versicherungsvertragsgesetzes zu kalkulieren sind), keine feste Grenze ermittelt werden, ab der eine Verwertung unwirtschaftlich wäre. Dies ist im Hinblick auf Immobilien bereits deutlich gemacht worden (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4). Demgegenüber existieren bei Vermögensgegenständen wie einer Münzsammlung feste Bezugsgrößen kaum. Selbst der Materialwert einer Gold- oder Silbermünze unterliegt je nach dem Kurs des Gold- oder Silberpreises erheblichen Schwankungen. Unabhängig von diesem reinen Materialwert bestimmt sich aber der Verkehrswert einer Münzsammlung auch nach dem affektiven Interesse eines Sammlers.

26

Vorliegend hat das LSG unangegriffen festgestellt, dass eine Verkaufsmöglichkeit für die Münzsammlung des Klägers besteht, bei der er einen Erlös von 21 432 Euro erzielen kann. Es spielt deshalb vorliegend keine Rolle, ob es andere Verwertungsmöglichkeiten gibt, mit denen sich entweder ein deutlich höherer Preis erzielen ließe oder bei denen weitere Abschläge hingenommen werden müssten. Selbst im Vergleich zu dem ermittelten Anschaffungswert in Höhe von 27 410,20 Euro stellt ein um 22 % reduzierter Kauferlös keinen wirtschaftlichen Ausverkauf dar. Da es sich vorliegend nicht um einen Fall handelt, bei dem ein zwischenzeitlicher Wertverlust einem "Absturz" gleichkommt, kann dahingestellt bleiben, ob ein situationsbedingter Preisverfall eine Verwertung eines Vermögensgegenstands gerade zum Zeitpunkt der Antragstellung offensichtlich unwirtschaftlich erscheinen lassen könnte (vgl BSG Urteil vom 27.8.2008 - B 11 AL 9/07 R - RdNr 23). Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob ein Notverkauf, der nur in einem überschaubaren Zeitraum unwirtschaftlich wäre, ggf durch darlehnsweise Leistungen zu überbrücken wäre.

27

c) Die Verwertung der Münzsammlung stellt für den Kläger auch keine besondere Härte iS von § 12 Abs 3 Nr 6 Halbs 2 SGB II dar. Der Begriff der "Härte" war bereits unter Geltung des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG), dort in § 88 Abs 3 BSHG, verankert. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) wurde eine Härte im wirtschaftlichen Ausverkauf des Hilfebedürftigen gesehen (vgl BVerwGE 106, 105, 110; 121, 34, 35 ff). Im Rahmen des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II ist die "besondere Härte" in ständiger Rechtsprechung des BSG dahingehend definiert worden, dass maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sein können, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen oder die Absetzbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - mwN). Aus der vom Gesetzgeber gegebenen Begründung, die als Beispiel für eine besondere Härte den Fall aufführt, dass ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger, der kurz vor dem Renteneintritt seine Ersparnisse für die Altersversorgung einsetzen muss, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweist (vgl BT-Drucks 15/1749 S 32), ist ersichtlich, dass eine besondere Härte nur dann angenommen werden kann, wenn dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangt wird als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R).

28

Ein solches Zusammenwirken verschiedener, selbst eine Härte enthaltender Umstände, die insgesamt eine "besondere Härte" ausmachen können, ist vorliegend nicht gegeben. Die Verwertung der Münzsammlung stellt sich nicht einschneidender dar, als beispielsweise der Verkauf des Elternhauses im Rahmen einer Erbauseinandersetzung oder einer nicht geschützten Wohnung, die als Ferienwohnung verwendet wurde. In allen Fällen sind Einschnitte vorhanden, die die emotionalen Interessen berühren. Letztlich stellt die Verwertung aber nur ein Opfer dergestalt dar, dass etwas lieb Gewordenes verloren geht. Am Zusammentreffen mehrerer Umstände, die eine besondere Härte begründen könnten, fehlt es vorliegend.

29

4. Der Kläger verfügte damit im streitbefangenen Zeitraum über zu berücksichtigendes Vermögen gemäß § 12 SGB II in Höhe von insgesamt 22 330,92 Euro (Bargeld 366 Euro, Sparbücher 532,92 Euro, Münzsammlung 21 432 Euro). Davon hat das LSG zutreffend gemäß § 12 Abs 2 Nr 1 und Nr 4 SGB II den Grundfreibetrag in Höhe von 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen abgesetzt, also hier 9000 Euro sowie weitere 750 Euro für notwendige Anschaffungen. Der Gesamtfreibetrag in Höhe von 9750 Euro war von dem Gesamtvermögen abzuziehen, sodass sich für den streitigen Zeitraum einzusetzendes Vermögen in Höhe von 12 580,92 Euro ergab.

30

Demgegenüber ist kein weiteres Schonvermögen in Höhe von 5522,77 Euro wegen des durch testamentarische Verfügung des Vaters des Klägers für den Erwerb und die Pflege der Familiengrabstätte zugewandten ursprünglichen 15 000 DM anzuerkennen. Insoweit hat das LSG zutreffend entschieden, dass die Tatsache, dass der Kläger das ihm vermachte Geld im Wesentlichen für den eigenen Lebensunterhalt verbraucht haben will, gegen eine besondere Zweckbestimmung des Vermögens spricht, sodass auch unter diesem Aspekt eine besondere Härte wegen Berücksichtigung des restlichen vorhandenen Guthabens als einzusetzendes Vermögen nicht festgestellt werden kann.

31

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Das Vermögen ist ohne Rücksicht auf steuerrechtliche Vorschriften mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme einer Maklercourtage für den Verkauf eines Hausgrundstücks.

2

Der Kläger ist am 1.3.1947 geboren. Er bezog Arbeitslosengeld (Alg) als Versicherungsleistung bis zum 21.9.2005. Seit 1.3.2007 erhält er Versichertenrente von der Deutschen Rentenversicherung. Er lebte 2005 mit seiner Ehefrau und mit der 1987 geborenen Tochter in einem zu gleichen Teilen im Eigentum der Eheleute stehenden Hausgrundstück (Grundstücksgröße ca 610 m², Wohnfläche ca 170 m², Schätzwert ca 280 000 Euro).

3

Die Beklagte zahlte dem Kläger und seiner mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Ehefrau Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.10.2005 bis 31.12.2005 in Höhe von 2 195,95 Euro (Regelleistung je 311 Euro, befristeter Zuschlag für den Kläger nach Bezug von Alg in Höhe von 320 Euro, anerkannte Leistungen für Unterkunft und Heizung 1 253,95 Euro, betreffend vor allem Zinsbelastungen aus dem Darlehen zur Finanzierung des selbst bewohnten Eigenheimes). Ab dem 1.4.2006 sollten nur noch die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung, ausgehend von einer Grundmiete in Höhe von 333,75 Euro monatlich und Nebenkosten in Höhe von bis zu 135 Euro übernommen werden. Der Kläger könne die Kosten der Unterkunft senken, zB durch Wohnungswechsel oder durch Vermietung nicht genutzter Räume.

4

Mit den Bewilligungsbescheiden vom 25.11.2005 und 30.11.2005 bewilligte die Beklagte Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1.1.2006 bis 30.6.2006, ab 1.4.2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung nur noch in Höhe von 543,75 Euro monatlich. Zum 1.3.2006 mieteten der Kläger und seine Familie eine neue Wohnung an.

5

Bereits im Zuge der Antragstellung im August 2005 hatte der Kläger der Beklagten durch Vorlage von Unterlagen nachgewiesen, dass das Hausgrundstück zum Verkauf stehe. Mit notariellem Kaufvertrag vom 22.12.2005 verkauften die Eheleute das Haus. Der Kläger zahlte für die Vermittlung der Gelegenheit des Vertragsschlusses eine Maklercourtage von 4 054,20 Euro.

6

Die Übernahme dieser Maklergebühr als Wohnungsbeschaffungskosten machte der Kläger am 4.5.2006 geltend. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 22.1.2007 ab und wies den hiergegen eingelegten Widerspruch mit Bescheid vom 18.5.2007 mit der Begründung zurück, nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II könnten Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten nur bei vorheriger Zusicherung übernommen werden, woran es vorliegend fehle.

7

Die hiergegen beim SG Köln erhobene Klage hat das SG mit Urteil vom 12.8.2008 abgewiesen. Das LSG Nordrhein-Westfalen hat mit Urteil vom 2.3.2009 die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, die Maklercourtage falle weder unter den Begriff der Wohnungsbeschaffungs- noch unter den der Umzugskosten iS von § 22 Abs 3 SGB II. Der Begriff der Wohnungsbeschaffungskosten setze voraus, dass die Aufwendungen mit dem Finden und Beschaffen der Wohnung verbunden seien. Bei Umzugskosten handele es sich um Kosten des Umzugs selbst, nicht jedoch um solche, die mit dem Umzug lediglich zusammenhingen. Außerdem liege keine vorherige schriftliche Zusicherung der Beklagten iS des § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II vor.

8

Der Kläger rügt mit seiner vom LSG zugelassenen Revision eine Verletzung des § 22 Abs 3 SGB II. Das LSG habe den Begriff der Wohnungsbeschaffungs- bzw Umzugskosten verkannt. Wenn er zur Kostensenkung aufgefordert werde, bedeute dies im Ergebnis die Notwendigkeit, das Hausgrundstück zu veräußern. Es könne keinen Unterschied machen, ob Maklergebühren bei der Anmietung einer neuen Wohnung oder bei der Veräußerung des Hausgrundstücks anfielen. In verschiedenen Gesprächen mit Mitarbeitern der Beklagten sei "unstreitig" gewesen, dass er sein Eigenheim veräußern werde. Zwar sei ein erster Auftrag an einen Makler bereits im Februar 2005 erteilt worden, dieser sei jedoch nach drei Monaten erfolglos abgelaufen. Erst nach dem Bescheid vom 28.9.2005 sei ein neuer Auftrag erteilt worden. Ohne Inanspruchnahme von Maklerdiensten wäre eine Veräußerung innerhalb von sechs Monaten nicht möglich gewesen. Überdies seien ihm in einem Gespräch am 26.1.2006 von der Beklagten die Übernahme von Umzugskosten (Kosten für einen Kleintransporter) und einer Mietkaution mündlich zugesichert worden. Das LSG habe hierüber Beweis erheben und den Sachverhalt weiter aufklären müssen. Wegen der erhaltenen Zusicherung sei keine weitere Zusicherung bezüglich der Maklergebühren erforderlich gewesen bzw habe diese Zusicherung schriftlich erteilt werden müssen. Jedenfalls sei er im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so zu stellen, als ob ihm eine schriftliche Zusicherung der Übernahme der Maklergebühren erteilt worden wäre.

9

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 2.3.2009 und das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 12.8.2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm die Kosten der Maklercourtage in Höhe von 4 054,20 Euro zu erstatten.

10

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

11

Sie hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend. Der Kläger sei zwar zur Senkung seiner Unterkunftskosten, nicht aber zur Veräußerung des Hausgrundstücks aufgefordert worden. Auf die im Gespräch am 26.1.2006 gemachten Aussagen komme es nicht an, da keine schriftliche Zusicherung gemacht worden sei.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Revision des Klägers ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG).

13

Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist allein der Bescheid vom 22.1.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18.5.2007, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, die von dem Kläger geltend gemachten Kosten in Höhe von 4 054,20 Euro für die Maklercourtage anlässlich der Veräußerung seines Hausgrundstücks zu übernehmen (vgl BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16) .

14

Zu Recht hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Erstattung der Maklercourtage abgelehnt. Die Maklergebühren sind weder Wohnungsbeschaffungs- oder Umzugskosten iS von § 22 Abs 3 SGB II, noch Kosten für die Unterkunft iS von § 22 Abs 1 SGB II. Es liegt auch keine Zusicherung der Übernahme der Maklergebühr vor.

15

1. Nach § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.3.2006 (BGBl I 558) können Wohnungsbeschaffungskosten sowie eine Mietkaution und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den kommunalen Träger übernommen werden. Bei den Leistungen nach § 22 Abs 3 SGB II handelt es sich um ergänzende Leistungen im Hinblick auf den Bedarf des Wohnens (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16) . Die Begriffe "Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten" finden ihre Begrenzung bereits im Wortlaut. Wohnungsbeschaffungskosten sind nur solche Aufwendungen, die mit dem Finden und Anmieten der Wohnung verbunden sind (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 126; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 109).

16

Der Maklerlohn kann zwar in Ausnahmefällen zu den Wohnbeschaffungskosten iS des § 22 Abs 3 SGB II gehören, wenn die Beauftragung eines Maklers zum Finden und Anmieten einer angemessenen Wohnung unvermeidbar ist (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.7.2008 - L 7 AS 2809/08 ER-B; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.7.2009 - L 11 AS 144/08; ferner Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 126; Berlit in LPK-SGB II, 3. Aufl 2009, § 22 RdNr 109; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 83). Jedoch gilt dies nicht, wenn die Maklergebühr anlässlich der Veräußerung von Wohnungseigentum des Hilfebedürftigen anfällt. Dies sind keine Wohnungsbeschaffungskosten iS von § 22 Abs 3 SGB II, da sie nicht im Zusammenhang mit dem Finden und Anmieten einer Wohnung entstanden sind (Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 126). Sie mindern lediglich den Veräußerungserlös und haben keine Auswirkung auf den nach dem SGB II zu berücksichtigenden Hilfebedarf.

17

Die Maklercourtage für die Veräußerung von Wohnraum unterfällt auch nicht den in § 22 Abs 3 SGB II genannten Umzugskosten. Ein Umzug geht schon begrifflich nicht mit einer Veräußerung einher. Die Umzugskosten sind im Interesse einer klaren Abgrenzung zu den Leistungen nach § 22 Abs 1 SGB II auf die Kosten des Umzugs im engeren Sinne, wie die Kosten für Transport, Hilfskräfte, erforderliche Versicherungen, Benzin und Verpackungsmaterial zu begrenzen (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16; BSG, Urteil vom 1.7.2009 - B 4 AS 77/08 R, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen; Krauß in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2009, § 22 RdNr 128).

18

2. Die Maklercourtage für den Verkauf des Hausgrundstücks ist auch nicht Bestandteil der Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 SGB II.

19

Nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Die Angemessenheit der Unterkunftskosten richtet sich bei Mietern und Hauseigentümern nach einheitlichen Kriterien. Zu den Unterkunftskosten für selbst genutzte Hausgrundstücke zählen dabei alle notwendigen Ausgaben, die bei der Berechnung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung abzusetzen sind (BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10; vgl Voelzke/Knickrehm, Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II, 2009, S 19 f; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 26) . § 7 Abs 2 der Verordnung zu § 82 SGB XII findet insoweit entsprechende Anwendung (BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = BSG SozR 4-4200 § 12 Nr 10).

20

§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II dient dem Schutz der Wohnung als räumlichem Lebensmittelpunkt; die Norm schützt das existentielle Grundbedürfnis "Wohnen" (BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 34/06 R - BSGE 100, 186 = SozR 4-4200 § 12 Nr 10; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 13; BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 1/08 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 14; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 15c; Knickrehm in Kreikebohm/Spellbrink/Waltermann, Kommentar zum Sozialrecht, § 22 SGB II, RdNr 3). Die Aufwendungen - auch einmalig anfallende Kosten können hierunter fallen - müssen deshalb für die Sicherung und Erhaltung der Unterkunft erforderlich und auch ansonsten angemessen sein; es muss die "Bewohnbarkeit" der Unterkunft hergestellt oder aufrecht erhalten werden (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16). Das ist bei Kosten, die anlässlich der Veräußerung von Wohnungseigentum entstehen, nicht der Fall.

21

Unerheblich ist entgegen der Auffassung des Klägers, welcher Zeitraum für den Verkauf des Hausgrundstücks erforderlich ist, denn der Wechsel in eine angemessene Wohnung ist nicht notwendig an den vorangehenden Verkauf des Hauses geknüpft (BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 32/07 R). § 22 Abs 1 SGB II schützt nicht vor dem Anfall von Kosten anlässlich einer Veräußerung einer selbst genutzten und im Eigentum des Hilfeempfängers stehenden Immobilie aus wirtschaftlichen Gründen (vgl Lauterbach, NJ 2006, 491; Lang/Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 22 RdNr 25). Der Eigentümer ist ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich wegen unangemessen hoher Unterkunftskosten die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (BSG, Urteil vom 2.7.2009 - B 14 AS 32/07 R; vgl hierzu auch Urteil des BSG, Urteil vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 8). Im Hinblick auf den Regelungsgehalt und den Schutzzweck des § 22 Abs 1 SGB II ist es deshalb unerheblich, mit welchem finanziellen Aufwand ein Hausgrundstück veräußert wird.

22

Dies steht nicht im Wertungswiderspruch zum Verwertungsausschluss des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II. Zweck dieser Regelung ist nicht der Schutz der Immobilie als Vermögensgegenstand, sondern - wie bei § 22 SGB II - allein der Schutz der Wohnung im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" und als räumlicher Lebensmittelpunkt (BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 2/05 R - BSGE 97, 263 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, jeweils RdNr 13). Das in § 12 SGB II genannte "Schonvermögen" soll der Hilfebedürftige deshalb nicht verwerten müssen. Die Vorschrift soll die Hilfesuchenden aber nicht von jeglichem wirtschaftlichen Risiko befreien, wie es nun einmal mit der Anschaffung und Veräußerung von Immobilien häufig verbunden ist (vgl Bayerisches LSG, Urteil vom 13.4.2007 - L 7 AS 182/06). Den Vorgaben der Gesetzesbegründung folgend (BT-Drucks 15/1516 S 46, S 53 zu § 12) kann in diesem Zusammenhang auf die zur Arbeitslosenhilfe (Alhi) entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Vermögen iS von § 12 SGB II sind nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten, sondern die vorhandenen aktiven Vermögenswerte (vgl zur Alhi: BSG, Urteil vom 2.11.2000 - B 11 AL 35/00 R - BSGE 87, 143, 145 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8; zu § 88 BSHG: BVerwG, Beschluss vom 3.12.1991 - 5 B 61/90 = Buchholz 436.0 zu § 88 BSHG Nr 22 S 14). Alle aktiven Vermögenswerte müssen grundsätzlich zur Sicherung des Lebensunterhaltes eingesetzt werden (§§ 9 Abs 1 Nr 2, 12 Abs 1 SGB II). Deshalb erfordert auch die Bedürftigkeitsprüfung im SGB II keine Saldierung aller Aktiva und Passiva. Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (zB eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann (BSG, Urteil vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R) . Die Berücksichtigung der beim Kläger angefallenen Maklercourtage als "Verwertungskosten" würde sonst im Ergebnis einer dem Grundsatz des SGB II widersprechenden Vermögensbildung dienen (vgl schon zu § 88 BSHG: BVerwG, Urteil vom 24.4.1975 - V C 61.73 - BVerwGE 48, 182, 185; ferner BSG, Urteil vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1; BSG, Urteil vom 18.6.2008 - B 14/11b AS 67/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 13).

23

3. Eine schriftliche Zusicherung iS von § 22 Abs 3 SGB II, § 34 SGB X ist weder erteilt worden, noch liegen die Voraussetzungen für ihre Erteilung vor.

24

Bei der Zusicherung iS von § 22 Abs 3 Satz 1 SGB II handelt es sich um einen der Bewilligung vorgeschalteten Verwaltungsakt iS von § 31 SGB X (vgl BSG, Urteil vom 8.12.1993 - 10 RKg 19/92 - SozR 3-1300 § 34 Nr 2; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.7.2008 - L 7 AS 2809/08 ER-B; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.7.2009 - L 11 AS 144/08; Sächsisches LSG, Beschluss vom 26.10.2009 - L 3 AS 20/09; vgl Berlit, aaO, RdNr 115; Lang/Link, aaO, RdNr 85). Die Voraussetzungen des § 22 Abs 3 SGB II für die Erteilung einer Zusicherung der Übernahme der Maklergebühr liegen schon deshalb nicht vor, da diese Kosten mangels ihrer Eigenschaft als Wohnungsbeschaffungs- oder Umzugskosten nicht Gegenstand einer Zusicherung iS von § 22 Abs 3 SGB II sein können. Eine (außerhalb von § 22 Abs 3 SGB II) erteilte schriftliche Zusicherung der Beklagten iS von § 34 SGB X mit dem Inhalt, die Maklergebühren zu übernehmen, liegt ausweislich der bindenden Feststellungen des LSG zudem nicht vor.

25

4. Der Kläger kann sich auch nicht auf einen sozialen Herstellungsanspruch berufen. Der von der Rechtsprechung entwickelte sozialrechtliche Herstellungsanspruch ist auf die Vornahme einer Amtshandlung zur Herstellung des Zustandes gerichtet, der bestehen würde, wenn der Leistungsträger die ihm aufgrund eines Gesetzes oder des konkreten Sozialrechtsverhältnisses gegenüber dem Berechtigten obliegenden Haupt- oder Nebenpflichten, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), ordnungsgemäß wahrgenommen hätte. Er setzt demnach eine dem Sozialleistungsträger zurechenbare behördliche Pflichtverletzung voraus, die (als wesentliche Bedingung) kausal für einen sozialrechtlichen Nachteil des Berechtigten ist. Außerdem ist erforderlich, dass durch Vornahme einer zulässigen Amtshandlung der Zustand hergestellt werden kann, der bestehen würde, wenn die Behörde ihre Verpflichtungen gegenüber dem Berechtigten nicht verletzt hätte (stRspr vgl etwa BSGE 41, 126, 127 f = SozR 7610 § 242 Nr 5 S 3 f; BSGE 49, 30, 33 = SozR 4220 § 6 Nr 3 S 5 f; BSGE 57, 288, 290 = SozR 1200 § 14 Nr 18 S 42 f; BSGE 58, 283, 284 f = SozR 1200 § 14 Nr 20 S 50 f; BSGE 92, 182 = SozR 4-6940 Art 3 Nr 1; BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1). Diese Voraussetzungen sind schon wegen der fehlenden Zuordnung der Maklergebühren für den Verkauf von Wohnungseigentum zu den Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 SGB II nicht gegeben.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Gründe

Hauptschlagwort: Arbeitslosengeld II Aufhebung der Leistungsbewilligung Hilfebedürftigkeit Rückforderung von Leistungen Schuldentilgung Vermögen

Titel:

Normenkette:

Leitsatz:

in dem Rechtsstreit

A., A-Straße, A-Stadt

- Kläger und Berufungsbeklagter -

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt - -

gegen

Jobcenter Stadt Aschaffenburg, vertreten durch den Geschäftsführer, Goldbacher Straße 25-27, 63739 Aschaffenburg - -

- Beklagter und Berufungskläger -

Der 11. Senat des Bayer. Landessozialgerichts hat auf die mündliche Verhandlung in Schweinfurt

am 23. Juli 2015

durch den Vorsitzenden Richter am Bayer. Landessozialgericht Pawlick, den Richter am Bayer. Landessozialgericht Strnischa und den Richter am Bayer. Landessozialgericht Utz sowie die ehrenamtlichen Richter Hofmann und Förster

für Recht erkannt:

I.

Die Berufung gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 21.08.2014 wird zurückgewiesen.

II.

Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Aufhebung der für die Zeit vom 01.09.2013 bis zum 31.10.2013 bewilligten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II - Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) wegen des Zuflusses eines Erlöses aus einem Grundstücksverkauf sowie die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von insgesamt 1.081,08 €.

Der Kläger beantragte beim Beklagten am 23.05.2013 die Bewilligung von Alg II. Er wohne in einer Eigentumswohnung und sei Eigentümer eines unbebauten und unverpachteten Grundstücks (Ackerland mit 1.110 qm). Mit Bescheid vom 18.06.2013 bewilligte der Beklagte Alg II für die Zeit vom 01.05.2013 bis 31.10.2013 i. H. v. monatlich 382 €. Am 24.06.2013 ging bei ihm eine gutachterliche Stellungnahme zum Wert des Ackerlandes ein, wonach dieses mit 5 € je qm anzusetzen sei. Der Kläger verkaufte das Grundstück am 19.07.2013 für 14.500 €); der Erlös floss ihm am 06.08.2013 zu. Nach eigenen Angaben bezahlte er hiervon eine Rechnung des Landhotels K. GmbH i. H. v. 5.000 € in bar und zahlte am 13.09.2013 ein Privatdarlehen i. H. v. 4.600 € zurück.

Nach entsprechender Anhörung hob der Beklagte mit Bescheid vom 13.01.2014 die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 auf und forderte die Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 1.081,08 € (Alg II, Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeiträge). Der Kläger habe grob fahrlässig Änderungen in seinen Verhältnissen nicht mitgeteilt bzw. Einkommen und Vermögen erzielt. Zudem sei er noch in Besitz eines Grundstücks in S-Stadt, dessen Wert der Gutachterausschuss mit 4.350 € bewertet habe. Mit seinem dagegen eingelegten Widerspruch führte der Kläger aus, er habe zum 01.09.2013 nicht über ein Vermögen verfügt, welches den Freibetrag von 9.900 € überschritten hätte. Ein anderes Grundstück habe er schon lange nicht mehr besessen. Das Amtsgericht B-Stadt - Grundbuchamt - bescheinigte unter dem 16.01.2014, dass für den Kläger im Grundbuchbezirk B-Stadt keinerlei Grundbesitz eingetragen sei. Den Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2014 zurück.

Auf die vom Kläger dagegen erhobene Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 21.08.2014 den Bescheid des Beklagten vom 13.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 aufgehoben. Das Vermögen des Klägers habe den maßgeblichen Vermögensfreibetrag von 9.900 € im streitgegenständlichen Zeitraum nicht überschritten. Nachdem noch im August Schulden i. H. v. 5.000 € getilgt worden seien, habe zu Beginn des Monats September nur noch ein Guthaben i. H. v. 9.321,70 € bestanden. Anders als bei der Anrechnung von Einkommen sei eine Schuldentilgung bei der Berücksichtigung von Vermögen beachtlich. Vermögen sei stets zu berücksichtigen, solange es nicht verwertet und im jeweiligen Verbrauchszeitraum noch existent sei. Umgekehrt müsse deshalb auch ein Absinken des Vermögens unter die Schongrenze während eines bereits laufenden Bewilligungszeitraums Berücksichtigung finden. Allenfalls komme ein Ersatzanspruch nach § 34 SGB II in Betracht, wenn die Schuldentilgung missbräuchlich gewesen sei.

Dagegen hat der Beklagte Berufung beim Bayer. Landessozialgericht eingelegt. Einer bedarfsmindernden Berücksichtigung des Vermögens stehe die Schuldentilgung nicht entgegen. Offene Schulden seien schon deshalb unerheblich, da das über dem Freibetrag liegende Vermögen zunächst zur Sicherung des Lebensunterhaltes einzusetzen sei. Schulden sollten nicht mittelbar vom Sozialleistungsträger getilgt werden. Eine freiwillige Schuldentilgung müsse wegen der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge außer Betracht bleiben. Eine Abweichung komme nur in Betracht, wenn die zukünftige Existenzgrundlage mangels bereiter Mittel nicht sichergestellt werden könne. Bei einer Aufhebung und Rückforderung entstünde aber nur eine künftige Verbindlichkeit. Die diesbezügliche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei nicht auf den Zufluss einmaligen Einkommens beschränkt. Anders als bei einer erneuten Ablehnung der Leistungsgewährung, wenn Vermögen nicht verbraucht werde, liege hier ein durchgehender Leistungsbezug vor. Wie aus § 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II folge, entspreche die Rechtsauffassung auch dem gesetzgeberischen Willen. Eine erneute Prüfung erfolge erst bei Neuantragstellung. Da sich der Verkehrswert des Vermögens des Klägers gerade nicht geändert habe, greife auch § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II nicht. Es könne schließlich nicht ohne weiteres angenommen werden, die Schuldentilgung sei aus dem den Vermögensfreibetrag übersteigenden Vermögen erfolgt.

Der Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Würzburg vom 21.08.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 13.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Verkauf des Grundstücks habe sich seinerzeit so gestaltet, dass er vom Besitzer des K.s unter Druck gesetzt worden sei. Dieser habe das Grundstück nicht haben wollen und auf eine andere Familie verwiesen. Zunächst seien nur 3,30 € oder 3,60 € pro qm angeboten worden. Er habe jedoch darauf verwiesen, er brauche 9.000 € bis 10.000 €. So sei es dann zu dem sehr guten Verkaufspreis gekommen.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die beigezogene Akte des Beklagten und die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat zu Recht den Bescheid vom 13.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 aufgehoben. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Streitgegenstand ist vorliegend die vom Beklagten mit Bescheid vom 13.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.04.2014 verfügte Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 18.06.2013 für den Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 und die Forderung der Erstattung von überzahlten Leistungen in Höhe von insgesamt 1.081,08 € (Alg II zuzüglich Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen).

Die Aufhebung der Leistungsbewilligung vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 ist rechtswidrig. Nach § 40 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) und § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben soweit der Betroffene eine durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist. Gleiches gilt, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Bewilligungsbescheides Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X) oder der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X).

Vorliegend fehlt es bereits daran, dass für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen des Klägers eingetreten ist. Für diesen Zeitraum bestand der Anspruch auf Alg II, wie ihn der Beklagte im Bewilligungsbescheid vom 18.06.2013 berücksichtigt hat, unverändert fort.

Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen nach dem SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sowie hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Der Kläger war im streitgegenständlichen Zeitraum 61 Jahre alt, erwerbsfähig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er war darüber hinaus auch in der Zeit vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 hilfebedürftig.

Nach § 9 Abs. 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Der Kläger verfügte über kein Einkommen und konnte auch von anderen nicht die erforderliche Hilfe erlangen. Darüber hinaus verfügte er aber auch nicht über ein entsprechendes, einzusetzendes Vermögen. Zu berücksichtigen sind als Vermögen dabei grundsätzlich alle verwertbaren Vermögensgegenstände (§ 12 Abs. 1 SGB II), wobei im Falle des Klägers vom Vermögen ein Grundfreibetrag in Höhe von 150 € je vollendetem Lebensjahr (61 x 150 € = 9.150 €) und ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen (750 €), mithin insgesamt 9.900 € abzusetzen sind (§ 12 Abs. 2 Satz 1 Nrn 1 und 4 SGB II). In der Zeit vom 01.09.2013 bis 31.10.2013 verfügte der Kläger nicht über ein Vermögen von mehr als 9.900 €.

Der Wert des Ackerlandes mit 1.110 qm wurde vom Beklagten unter Berücksichtigung der gutachterlichen Stellungnahme offensichtlich zunächst mit einem Wert von 5.550 € angesetzt. Tatsächlich hat der Kläger das Grundstück für 14.500 € verkauft, wobei ihm der Erlös im August 2013 zugeflossen ist. Nach § 12 Abs. 4 Satz 1 SGB II ist das Vermögen mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist dabei der, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung von Alg II gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs (§ 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II). Allerdings sind wesentliche Änderungen des Verkehrswerts zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II). Das Grundvermögen des Klägers, das - unter Zugrundelegung des vom Beklagten eingeholten Gutachtens - zunächst unterhalb des Vermögensfreibetrages gelegen hat, hatte nach der Umwandlung in Barvermögen einen Wert von 14.500 € und lag somit über dem Vermögensfreibetrag. Da der Kläger davon aber einen Betrag von 5.000 € noch im August zur Zahlung einer Rechnung beim K. verbraucht hat, wofür die aus dem Kontoauszug ersichtliche Barabhebung in Höhe von 5.000 € und die entsprechende Bestätigung des K., es bestünden keine Schulden mehr, spricht, lag der Wert des Vermögens in den folgenden Monaten September und Oktober 2013 wieder unter dem Vermögensfreibetrag von 9.900 €. Es bestand nur noch ein Guthaben i. H. v. 9.321,70 €.

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Regelung in § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II ist für die Bewertung des Vermögens nicht nur der Wert im Zeitpunkt der Antragstellung maßgeblich, sondern wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind zu berücksichtigen, wenn sie auf die Leistungen Auswirkungen haben, so dass die Anspruchsvoraussetzung der Hilfebedürftigkeit nicht nur zu Beginn des begehrten Leistungsbezuges bestehen oder ausgeschlossen sein kann, sondern auch im weiteren Verlauf wegfallen oder neu bzw. erneut eintreten kann (vgl. dazu Radüge in jurisPK-SGB II, 4. Auflage 2015, § 12 Rn. 206; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 09/2008, § 12 Rn. 47). Soweit der Leistungsanspruch gegenüber dem Vermögenseinsatz nachrangig ist, entfällt dieser und setzt wieder ein, wenn der Wert des verwertbaren Vermögens unter den jeweils maßgeblichen Freibetrag sinkt (vgl. Mecke in Eicher, SGB II, 3. Auflage, § 12 Rn. 136). Insofern ist auch kein bestimmter Zeitraum vorgesehen, in dem der Leistungsanspruch z. B. für die Dauer eines fiktiven Verbrauchs ruht. Dies stellt eine Änderung zum Recht der Arbeitslosenhilfe vor 2002 dar, bei der insofern § 9 Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV) in der bis zum 31.12.2001 gültigen Fassung ausdrücklich anderes vorgesehen hatte (Mecke, a. a. O.). Eine fiktive Vermögensberücksichtigung in Form eines rein rechnerischen Zeitraums der Bedarfsdeckung scheidet, falls das einmal vorhandene Vermögen ausgegeben wurde, aus (vgl. Geiger in Münder, SGB II, 5. Auflage, § 12 Rn. 81). Auch das BSG sieht es als notwendig an, eine wesentliche Änderung des Verkehrswertes nach § 12 Abs. 4 Satz 3 SGB II zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr. 8).

In § 12 SGB II ist bei der Berücksichtigung von Vermögen - anders als für das zu berücksichtigende einmalige Einkommen in § 11 Abs. 3 SGB II - keine Aufteilung des den Vermögensfreibetrag übersteigenden Wertes auf mehrere Monate nach dem Zufluss vorgesehen. Auch die Verwendung des Geldes zur Schuldentilgung ist nicht ohne Belang (anders im Rahmen der Aufteilung von zu berücksichtigenden einmaligen Einnahmen im Rahmen von § 11 SGB II: BSG, Urteil vom 20.02.2014 - B 14 AS 53/12 R - SozR 4-4200 § 11b Nr. 4; Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15; Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 57). So bleibt auch eine nach Antragstellung zugeflossene einmalige Einnahme rechtlich über den Zuflussmonat und den Bewilligungszeitraum hinaus zu berücksichtigendes Einkommen (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291-301 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15), was bei der Bewertung des Wertes des Vermögens nach § 12 Abs. 4 Satz 2 SGB II nicht der Fall ist. Da es sich bei § 11 Abs. 3 SGB II um eine Ausnahmevorschrift handelt, ist diese nicht im Rahmen einer Analogie auf die Anrechnung von Vermögen zu übertragen. Hier gilt weiterhin der Grundsatz, dass es allein auf die Frage des Vorhandenseins von Vermögen und damit auf die Bedürftigkeit ankommt, unerheblich weshalb sie eingetreten ist. Bei einer Sozialwidrigkeit in Form absichtlicher und zielgerichteter Herbeiführung von Vermögenslosigkeit bzw. eines verminderten Vermögens gilt - trotz Subsidiaritätsprinzip und dem Aspekt von Treu und Glauben - nichts anderes, da die Herbeiführung von Hilfebedürftigkeit durch vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Vermögensverbrauch jedenfalls kaum mit einer schärferen Sanktion belegt sein kann, als diejenige durch vorsätzliche oder grob fahrlässige Verursachung von Arbeitslosigkeit (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand 09/2008, § 12 Rn. 53). Eine Verteilvorschrift bezüglich des über dem Freibetrag liegenden Teils des zwischenzeitlich vorhandenen Vermögens gibt es in § 12 SGB II eben gerade nicht.

Soweit der Beklagte darauf verweist, das BSG sehe eine Schuldentilgung als unerheblich an und diese sei daher nicht anzuerkennen, greift dies nicht. Die entsprechenden Entscheidungen (z. B. BSG, Urteil vom 19.09.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 18; Urteil vom 18.02.2010 - B 14 AS 76/08 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 27; Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291-301 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 15; Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 62, BSGE 114, 188; Urteil vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229-235 = SozR 4-4200 § 11 Nr. 57; Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 10/14 R - juris) beziehen sich allesamt auf die Anrechnung von Einkommen, bei dem - wie oben ausgeführt - Unterschiede zur Berücksichtigung von Vermögen bestehen. Im Hinblick auf die Problematik von Schulden und Vermögen hat das BSG zwar entschieden, es dürfe wegen der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge keine Saldierung aller Aktiva und Passiva vorgenommen werden, jedoch hat es auch darauf verwiesen, dass die Leistungsberechtigung eingreift, wenn der Leistungsberechtigte ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat (vgl. BSG, Urteil vom 15.04.2008 - B 14 AS 27/07 R - juris). Vorliegend lagen aber in den Monaten September und Oktober 2013 gerade keine Schulden mehr vor, sondern das Vermögen war bereits teilweise verbraucht. Insofern haben die tatsächlichen Verhältnisse Vorrang, insbesondere weil es an einer normativen und als Berechnungsgrundlage zu verstehenden Regelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 SGB II bei der Berücksichtigung von Vermögen fehlt (so BSG, Urteil vom 10.09.2013 - B 4 AS 89/12 R - SozR 4-4200 § 11 Nr. 62, BSGE 114, 188 - bei der Berücksichtigung des Einkommensverbrauchs vor der Folgeantragstellung).

Mangels Änderung der Verhältnisse in der Zeit vom 01.09.2013 bis 31.10.2013, in der die Hilfebedürftigkeit des Klägers - wie bei Leistungsbewilligung - vorgelegen hat, kommt eine Aufhebung des Bescheides vom 18.06.2013 für die Monate September und Oktober 2013 nicht in Betracht. Da die Bewilligung insoweit auch von Anfang an rechtmäßig gewesen ist, scheidet eine Anwendung von § 45 SGB X aus.

Die Berufung des Beklagten war somit zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Die Steuer beträgt 3,5 vom Hundert.

(2) Die Steuer ist auf volle Euro nach unten abzurunden.

Steuerschuldner sind

1.
regelmäßig:die an einem Erwerbsvorgang als Vertragsteile beteiligten Personen;
2.
beim Erwerb kraft Gesetzes:der bisherige Eigentümer und der Erwerber;
3.
beim Erwerb im Enteignungsverfahren:der Erwerber;
4.
beim Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren:der Meistbietende;
5.
bei der Vereinigung von mindestens 90 vom Hundert der Anteile an einer Gesellschaft in der Hand
a)
des Erwerbers:der Erwerber;
b)
mehrerer Unternehmen oder Personen:diese Beteiligten;
6.
bei Änderung des Gesellschafterbestandes einer Personengesellschaft:die Personengesellschaft;
7.
bei Änderung des Gesellschafterbestandes einer Kapitalgesellschaft: die Kapitalgesellschaft;
8.
bei der wirtschaftlichen Beteiligung von mindestens 90 vom Hundert an einer Gesellschaft:
der Rechtsträger, der die wirtschaftliche Beteiligung innehat.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. November 2011 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch für das Revisionsverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig ist die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 3.10.2007.

2

Die 1951 und 1952 geborenen Kläger sind verheiratet und leben zusammen mit ihrem volljährigen Sohn in einem insgesamt 126 qm großen Eigenheim. Die Kläger haben angegeben, sich gegenüber der Bausparkasse verpflichtet zu haben, freiwerdende Beträge aus einer von ihnen gehaltenen Lebensversicherung bei der B (im Weiteren LV 1) zur Tilgung der auf diesem Haus ruhenden Restschuld zu verwenden. Die LV 1 hatte am 1.12.2003 einen Rückkaufswert, einschließlich Überschussanteilen, von 36 835,44 Euro, am 1.12.2005 von 41 523,87 Euro und am 1.1.2007 von 44 194,32 Euro. Bis 1.2.2005 hatten die Kläger 18 460,55 Euro an Beiträgen für diese Versicherung aufgewandt. Ferner hatten die Kläger eine zweite Lebensversicherung bei dem D (im Weiteren LV 2) abgeschlossen, deren Rückkaufswert am 31.12.2004 1133,50 Euro betrug. Dem standen bis Juni 2006 eingezahlte Beiträge in Höhe von 2811,71 Euro gegenüber.

3

Der Kläger bezog zunächst Alhi und die Klägerin war selbstständig erwerbstätig. Im Dezember 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Alg II für die Klägerin und sich. Dies lehnte der Beklagte durch Bescheid vom 18.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2005 mit der Begründung ab, die Kläger seien nicht hilfebedürftig, denn sie verfügten über verwertbares Vermögen, das die Freibetragsgrenzen überschreite. Am 4.10.2007 stellten die Kläger erneut einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, den der Beklagte durch Bescheid vom 26.3.2008 ebenfalls abschlägig beschied. Diesbezüglich ist ein weiteres Klageverfahren bei dem SG Dortmund anhängig. Bis zum 3.10.2007 erhielten die Kläger ein Darlehen von ihrem Freund A. in Höhe von 7500 Euro und Geldzahlungen von ihrem Sohn in Höhe von rund 3000 Euro, die sie nach ihrem eigenen Vortrag durch Abtretungen der LV1 gesichert haben. Ferner bedienten sie sich aus einem Überziehungskredit bei ihrer Hausbank. Zur Sicherung der Forderungen der Bausparkasse wegen der Finanzierung des Hauses haben sie die LV 1 in Höhe eines Betrags von höchstens 11 992,81 Euro abgetreten.

4

Mit ihrer Klage gegen die Ablehnung der Leistungsgewährung sind die Kläger vor dem SG Dortmund erfolglos gewesen (Urteil vom 12.4.2010). Das LSG Nordrhein-Westfalen hat die Berufung der Kläger gegen das Urteil des SG zurückgewiesen (Urteil vom 24.11.2011). Zur Begründung hat es ausgeführt, dass der Beklagte zutreffend davon ausgegangen sei, die Kläger seien im streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig gewesen. Sie verfügten über verwertbares Vermögen in der Gestalt der LV 1. Dieses übersteige die Vermögensfreibeträge des § 12 SGB II, selbst wenn man die Verpflichtung der Kläger gegenüber der Bausparkasse im Hinblick auf die Finanzierung der Restschuld für das Haus in Abzug bringe. Es handele sich bei der LV 1 nicht um gefördertes Altersvorsorgevermögen und ein Verwertungsausschluss nach § 165 Abs 3 VVG sei nicht vereinbart worden. Soweit für den Bezug der Alhi eine Erklärung gegenüber der BA, die Lebensversicherung werde nur zur Altersvorsorge verwendet, genügt habe, um sie von der Berücksichtigung bei der Prüfung der Bedürftigkeit auszunehmen, genüge dies nach der Einfügung des § 165 Abs 3 VVG den Anforderungen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nicht mehr. Die Rechtsprechung des BSG zur AlhiV 2002 beruhe darauf, dass es dort an einer Härteklausel gemangelt habe, die sich im SGB II nunmehr in § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II finde. Die LV 1 sei zwar unzweifelhaft von den Klägern zur Alterssicherung gedacht gewesen. Deren Verwertung stelle jedoch gleichwohl keine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II dar, denn die Kläger hätten mit 811,56 (Kläger zu 1) und 298,77 Euro (Klägerin zu 2) eine Altersrente deutlich über dem Grundsicherungsniveau zu erwarten. Zudem verfügten sie über ein belastungsfreies Eigenheim und könnten Mieteinnahmen aus der Vermietung der Erdgeschosswohnung erwarten. Die Verwertung der LV 1 sei anders als die der LV 2 auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Bei der LV 1 sei die Verwertung ohne Verlust möglich. Die Darlehen und der Überziehungskredit seien auch nicht von dem Rückkaufswert der LV 1 in Abzug zu bringen, denn hierbei handele es sich um Schulden, die nicht unmittelbar auf der LV 1 lasteten. Eine wiederholte Berücksichtigung des Vermögensgegenstandes, solange er nicht verwertet sei, sei rechtlich nicht zu beanstanden.

5

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügen die Kläger eine Verletzung von § 7 Abs 1 iVm § 9 Abs 1 und § 12 SGB II sowie § 165 Abs 3 VVG. Es sei den Klägern nicht zuzumuten die LV 1 zu verwerten, denn es handele sich insoweit um ihre Alterssicherung. Eine Verwertung stelle eine besondere Härte dar. Sie unterfalle nur deswegen der Verwertung, weil sie kurz vor dem Erreichen der Grenze von 60 Jahren zur Auszahlung gelange. Wäre der Lebensversicherungsvertrag nur wenige Monate später abgeschlossen worden, wäre er ohne Weiteres als Altersvorsorge anerkannt worden. Die Problematik der "Nichtverlängerbarkeit" von "Altversicherungsverträgen" sei bei der Schaffung des § 165 Abs 3 VVG offensichtlich unberücksichtigt geblieben, sodass eine Regelungslücke gegeben und eine analoge Anwendung der Vorschrift gerechtfertigt sei. So müsse sich der Kläger privatrechtlich verpflichten können, den Betrag aus der LV 1 nicht vor Vollendung des 60. bzw 65. Lebensjahres zu verwerten und diese rechtsverbindliche Regelung gegenüber dem Beklagten nachzuweisen. Mit der LV 1 habe der Lebensstandard gesichert werden sollen, sodass ein Zurückfallen auf die während des Erwerbslebens erworbenen Renteneinkünfte und der zu erwartende weitere Bezug von steuerfinanzierten Transferleistungen eine unzumutbare Härte darstelle. Die Erzielung von zukünftigen Mieteinnahmen sei spekulativ und als Argument gegen eine besondere Härte nicht geeignet.

6

Die Kläger beantragen,
die Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 24. November 2011 und des Sozialgerichts Dortmund vom 12. April 2010 sowie den Bescheid vom 18. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Juni 2005 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern ab dem 1. Januar 2005 bis zum 3. Oktober 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

8

Er hält die Ausführungen des LSG für zutreffend und führt ergänzend aus, dass eine nachträgliche Versicherung der Kläger, die LV 1 nur zur Alterssicherung zu verwenden, nicht ausreiche, um für den streitigen Zeitraum einen Verwertungsschutz zu gewähren. Den Klägern habe das Vermögen der LV 1 tatsächlich zur Abtretung und Beleihung zur Verfügung gestanden. Allein die Tatsache, dass Vermögen zur Alterssicherung eingesetzt werden solle, reiche nicht aus, um eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II annehmen zu können. Insoweit komme es nur auf Umstände an, die nicht schon als Freistellungstatbestände ausdrücklich im Gesetz geregelt seien.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision ist unbegründet.

10

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II im Zeitraum vom 1.1.2005 bis 3.10.2007. Sie waren im streitigen Zeitraum nicht hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II. Sie verfügten über verwertbares Vermögen in Gestalt der LV 1.

11

(1.) Streitgegenstand sind der Bescheid vom 18.2.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.6.2005, mit denen der Beklagte die Gewährung von Alg II ab dem 1.1.2005 abgelehnt hat. Der streitige Zeitraum ist hier bis zum 3.10.2007 begrenzt. Grundsätzlich gilt zwar bei einer Entscheidung, mit der die Verwaltung Leistungen für die Zukunft vollständig abgelehnt hat, dass sich der streitige Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz erstreckt (s nur SozR 4-4200 § 12 Nr 4 RdNr 14). Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Verwaltung zwischenzeitlich eine weitere Entscheidung trifft. Das ist hier der Fall. Die Kläger haben am 4.10.2007 einen erneuten Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gestellt, den der Beklagte durch Bescheid vom 26.3.2008 ebenfalls abschlägig beschieden hat. Der neue Bescheid wird nach der ständigen Rechtsprechung des BSG in Grundsicherungsangelegenheiten nicht nach § 96 SGG Gegenstand des anhängigen Verfahrens(stRspr seit BSGE 97, 242 = SozR 4-4200 § 20 Nr 1, RdNr 30). Die Bedeutung des neuen Bescheides für das anhängige Verfahren erschöpft sich darin, dass sich der Ausgangsbescheid für die von dem Folgebescheid und dem Zeitraum, der von dem ihm zugrunde liegenden Antrag erfasst wird - hier ab dem 4.10.2007 - erledigt hat (vgl BSG vom 25.6.2008 - B 11b AS 45/06 R RdNr 27; s auch: BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R, SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 8).

12

(2.) Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)erfüllten die Kläger die Tatbestandsvoraussetzungen des § 7 Abs 1 S 1 Nr 1, 2 und 4 SGB II idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954). Sie waren jedoch - wie das LSG zutreffend erkannt hat - nicht hilfebedürftig iS des § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II(ebenfalls idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954). Nach § 9 Abs 1 SGB II ist hilfebedürftig, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Die Kläger konnten hier ihren Lebensunterhalt durch Vermögen aus der LV 1 sichern.

13

(3.) Sie verfügten über verwertbares Vermögen, das nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)zum 1.12.2003 einen Verkehrswert iS von § 12 Abs 4 S 1 SGB II iVm § 5 Alg II-V(in der hier bis zum Ablauf des streitigen Zeitraums unverändert anzuwendenden Fassung vom 20.10.2004, BGBl I 2622) von 36 835,44 Euro, am 1.12.2005 von 41 523,87 Euro und am 1.1.2007 von 44 194,32 Euro hatte. Im Gegensatz zur Auffassung der Kläger ist zur Bestimmung dessen, was als Verkehrswert der Lebensversicherung anzusehen ist, auch nicht nur deren reiner Rückkaufswert zu berücksichtigen. Der Verkehrswert von Vermögen ergibt sich vielmehr daraus, was am Markt für den Gegenstand erzielt werden kann (Striebinger in Gagel, SGB II/SGB III, Stand 04/2012, § 12 SGB II, RdNr 112). Das ist hier der Rückkaufswert der Versicherung zuzüglich der Überschussbeteiligung. Hierbei handelt es sich um denjenigen Wert, der dem Versicherungsnehmer tatsächlich als Geldbetrag bei der Verwertung der Versicherung "zufließt", der also für den Vermögensgegenstand "Versicherung" erlangt werden kann. Insoweit schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG an (BSG vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R RdNr 43; vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R, BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 20, 22). Hiervon in Abzug zu bringen sind lediglich die mit der Verwertung in Zusammenhang stehenden Kosten (vgl Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, Stand IX/2008, § 12 RdNr 296; s auch BSG vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R RdNr 43). Dass derartige Kosten im vorliegenden Fall angefallen wären, ist vom LSG nicht festgestellt und auch nicht erkennbar.

14

(4.) Der so bestimmte Verkehrswert der Lebensversicherung der Kläger überschritt die Freibetragsgrenzen nach § 12 Abs 2 Nr 1 und 4 SGB II in den unterschiedlichen im streitigen Zeitraum geltenden Fassungen um fast das Doppelte und war damit oberhalb dieser Grenzen grundsätzlich zumutbar verwertbares Vermögen zur Sicherung seines Lebensunterhalts(vgl hierzu BSG vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R, BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 18 zur Berücksichtigung nur des die Angemessenheitsgrenze überschreitenden Wertes eines Pkw als zumutbar verwertbares Vermögen).

15

Die Vermögensfreibeträge der Kläger waren nach § 12 Abs 2 Nr 1 SGB II idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Drittes Buches Sozialgesetzbuches und anderer Gesetze vom 19.11.2004 (BGBl I 2902) mit Wirkung vom 1.1.2005 mit je 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners zu ermitteln und betrugen mindestens jeweils 4100 Euro, maximal für den volljährigen Hilfebedürftigen und seinen Partner jeweils 13 000 Euro. Für die 1952 geborene Klägerin betrug der Vermögensfreibetrag damit am 1.1.2005 10 400 Euro und für den 1951 geborenen Kläger 10 600 Euro, zusammen 21 000 Euro. Hinzu kommt ein Freibetrag nach § 12 Abs 2 Nr 4 SGB II(ebenfalls idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004, BGBl I 2902, mit Wirkung vom 1.1.2005), der während des gesamten streitigen Zeitraumes mit 750 Euro für jeden in der Bedarfsgemeinschaft lebenden Hilfebedürftigen unverändert geblieben ist. Hieraus ergibt sich vom 1.1.2005 bis zur Rechtsänderung durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006 (Fortentwicklungsgesetz, BGBl I 1706) am 1.8.2006 ein Gesamtvermögensfreibetrag von 22 500 Euro. Durch das Fortentwicklungsgesetz ist der Vermögensfreibetrag nach § 12 Abs 2 S 1 Nr 1 SGB II auf 150 Euro je vollendetem Lebensjahr des volljährigen Hilfebedürftigen und seines Partners, maximal 9750 Euro pro Person(§ 12 Abs 2 S 2 SGB II) gesenkt worden. Damit ergibt sich für den Zeitraum vom 1.8.2006 bis 3.10.2007 ein Vermögensgrundfreibetrag von 7950 Euro für den Kläger und 7800 Euro für die Klägerin, zuzüglich des Ansparbetrags von je 750 Euro, insgesamt 17 250 Euro.

16

(5.) Die Lebensversicherung des Klägers ist auch nicht mit dem diese Freibeträge überschießenden Anteil (vgl zur Kumulation der Freistellungen nach § 12 Abs 2 und Abs 3 SGB II: BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R, BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5; s auch Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 36) in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens oder diesem gleichzustellenden Vermögen vor der Verwertung geschützt iS des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II.

17

Nach § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II sind vom Vermögen abzusetzen Altersvorsorge in Höhe des nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge geförderten Vermögens einschließlich seiner Erträge und der geförderten laufenden Altersvorsorgebeiträge, soweit der Inhaber das Altersvorsorgevermögen nicht vorzeitig verwertet. Altersvorsorgevermögen in diesem Sinne ist in jedem Fall solches, das nach § 10a oder dem XI. Abschnitt des EStG gefördert wird. Erforderlich ist insoweit nach der Rechtsprechung des BSG (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 20) zumindest, dass der Sicherung ein nach § 5 AVmG(vom 26.6.2001, BGBl I 1310, 1322) durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht zertifizierter Altersvorsorgevertrag zugrunde liegt. Das ist hier nicht der Fall.

18

Wie das BSG bereits ausgeführt hat, erfolgt im Gegensatz zur üblichen Kapitallebensversicherung die staatliche Förderung der Sicherungsformen des § 12 Abs 2 Nr 2 SGB II nur dann, wenn sie grundsätzlich zertifiziert sind und ihre Zweckbestimmung zur Altersvorsorge öffentlich überwacht wird(BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 20). Dadurch wird sichergestellt, dass die Versicherung auch tatsächlich der Altersvorsorge dient und nicht, wie bei "einfachen" Kapitallebensversicherungen möglich, das "angesparte" Kapital jederzeit zur Deckung eines auftretenden Bedarfs herangezogen werden kann. Demselben Ziel dient auch das in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II geregelte Verbot der vorzeitigen Verwertung.

19

(6.) Auf einen Verwertungsschutz in Höhe der in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II(idF des Vierten Gesetzes zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 19.11.2004, BGBl I 2902) festgelegten Beträge können sich die Kläger jedoch auch nicht berufen. Danach sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 200 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und seines Partners, höchstens jeweils 13 000 Euro bzw seit dem 1.8.2006 je vollendetem Lebensjahr 250 Euro, höchstens jeweils 16 250 Euro nicht übersteigt (Änderung zum 1.8.2006 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706). Die Kläger haben nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG)keinen entsprechenden Verwertungsausschluss iS des § 165 Abs 3 VVG(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954 bzw idF des Gesetzes zur Änderung des Betriebsrentengesetzes und anderer Gesetze vom 2.12.2006, BGBl I 2742 mit Wirkung vom 12.12.2006) vertraglich vereinbart.

20

Die Kläger haben auch keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, als ob sie bei der Beantragung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einen Verwertungsausschluss vereinbart gehabt hätten. Eine nachträgliche Herstellung des Verwertungsausschlusses für abgelaufene Zeiträume ist nicht möglich (s SozR 4-1200 § 14 Nr 10, RdNr 12). Ohne den vereinbarten Verwertungsausschluss konnten sie während des streitgegenständlichen Zeitraumes frei über das Kapital der Versicherung verfügen. Auch der Einwand, sie hätten keinen Verwertungsausschluss vereinbaren können, weil der Versicherer dies abgelehnt und sie bereits die maximale Laufzeit für die Versicherung vereinbart hätten, vermag hieran nichts zu ändern.

21

Ebenso wenig können die Kläger den Zustand eines nach § 165 Abs 3 VVG vereinbarten Verwertungsausschlusses durch eine rückwirkende schriftliche Erklärung gegenüber dem Beklagten, das Kapital aus der Lebensversicherung vor dem Eintritt ins Rentenalter nicht verwerten zu wollen, bewirken. Ein Rückgriff auf die durch Richterrecht geschaffene Rechtslage zum Recht der Arbeitslosenhilfe scheidet seit dem Inkrafttreten des SGB II aus.

22

Der 7. Senat des BSG hat im Hinblick auf die Änderungen der AlhiV 2002 gegenüber der vorherigen Fassung der AlhiV 1974 (vom 7.8.1974, BGBl I 1929, bzw vom 18.6.1999, BGBl I 1433), insbesondere wegen des Verzichts auf eine allgemeine Zumutbarkeitsprüfung in der AlhiV 2002 im Sinne einer allgemeinen Härteklausel, festgestellt, dass der Verordnungsgeber durch dieses Regelungskonzept die vom BSG in seiner Entscheidung vom 27.5.2003 (BSGE 91, 94 = SozR 4-4220 § 6 Nr 1) aufgezeigten Grenzen seines Handlungsspielraums im Rahmen des § 193 Abs 2 SGB III unterschritten habe. Die Verordnung lasse insgesamt keine Prüfung der Umstände des Einzelfalls in besonderen Ausnahmefällen mehr zu (Billigkeits- oder Härtefallprüfung). Mit Blick auf die Regelungen des SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954), durch das beim Schonvermögen für erwerbsfähige Hilfebedürftige mit § 12 Abs 2 Nr 1 und Nr 3 iVm § 12 Abs 3 Nr 6 SGB II günstigere Regelungen gegenüber der AlhiV geschaffen worden seien, hat er es für zwingend befunden, auch im Rahmen der AlhiV die Anrechenbarkeit von Vermögen bei der Gewährung von Alhi unter Härtegesichtspunkten zu prüfen(BSGE 94, 121 = SozR 4-4300 § 193 Nr 3, RdNr 13). Auf dieser Grundlage basiert das Handeln der BA, die offensichtlich für Altfälle, also für solche der Bewilligung von Alhi nach dem 1.1.2005 für die Zeit vor dem 1.1.2005, an Stelle des mit dem Versicherer erst ab dem 1.1.2005 zu vereinbarenden Verwertungsausschlusses nach § 165 Abs 3 VVG, eine entsprechende Erklärung sich gegenüber hat ausreichen lassen, um das an sich verwertbare Vermögen zu verschonen. Ein rechtliches Bedürfnis dies auch auf die Rechtslage nach dem SGB II zu übertragen besteht nicht. Eine planwidrige Lücke, wie sie die Kläger annehmen, weil in bestimmten "Altfällen" die Vereinbarung eines Verwertungsausschluss nicht mehr vertraglich vereinbart werden könne, vermag der Senat nicht zu erkennen.

23

Der 7. Senat des BSG hat, wie oben bereits dargelegt, eine Verknüpfung zwischen der Regelung des Verwertungsausschlusses nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II und der Härtefallregelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II hergestellt. Diese Verknüpfung, die ihre Bestätigung im Gesetzestext, in der Gesetzesbegründung und systematischen Erwägungen findet, zeigt, dass die möglicherweise vorhandene Lücke im "Verwertungsschutz", weil die Voraussetzungen des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II nicht erfüllt sind, über die besondere Härte nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II geschlossen werden kann. Im Gesetzestext kommt zwar ein Stufenverhältnis zwischen § 12 Abs 2 SGB II und § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II zum Ausdruck. Nach § 12 Abs 2 SGB II wird das Vermögen nur in Höhe von dort festgelegten Absetzbeträgen geschützt, während § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II das Vermögen bei Vorliegen eines besonderen Härtefalls vollständig von der Berücksichtigung bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausnimmt. Der Wortlaut des § 12 SGB II verbietet es jedoch nicht, einen Verwertungsschutz nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II auch dann anzunehmen, wenn die Schutzmechanismen durch Absetzungen nach § 12 Abs 2 SGB II nicht greifen. Dies folgt auch aus der Begründung des Gesetzes. Sowohl die Regelung des § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II, als auch die des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II haben beide erst auf Empfehlung des Ausschusses für Wirtschaft und Arbeit Eingang in den Gesetzentwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt gefunden. Sie folgen beide letztlich der gleichen Idee und ergänzen einander, wie die Begründung des Ausschusses zeigt. Zu § 12 Abs 2 Nr 5 SGB II wird in der Empfehlung ausgeführt, die Ergänzung solle vermeiden helfen, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige Vermögen, das sie für ihre Altersvorsorge bestimmt hätten, vorher zur Bestreitung ihres Lebensbedarfs einsetzen müssten(BT-Drucks 15/1749, S 31). Dass gerade der Verbrauch von der Altersvorsorge dienendem Vermögen vor dem Eintritt in den Ruhestand zugleich als ein Härtefall angesehen worden ist und eben dann, wenn die anderen "Schutzmechanismen" für dieses Vermögen nicht mehr greifen, es über den "besonderen Härtefall" trotzdem noch vor der Verwertung geschützt werden können soll, zeigen die Ausführungen zu § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II. Dort heißt es, ein derartiger Härtefall könne zB vorliegen, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsse, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweise (BT-Drucks 15/1749, S 32). Systematisch schließt damit § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II also auch eine Lücke im Vermögensschutz, wenn ein Verwertungsausschluss nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II aus welchem Grund auch immer nicht vereinbart worden ist. Einer Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Vorschrift über den vertraglich vereinbarten Verwertungsausschluss nach § 165 Abs 3 VVG, der in Ergänzung zu § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II auf die Empfehlung des Vermittlungsausschusses als Art 35c in das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt aufgenommen worden ist(s BT-Drucks 15/2259 vom 16.12.2003), bedarf es daher, anders als bei der AlhiV 2002, nicht.

24

(7.) Auch eine Verschonung der Lebensversicherung aus Gründen des § 12 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB II kommt nicht in Betracht. Nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige oder sein Partner von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Die Kläger unterfallen nicht dem Personenkreis derjenigen, die eine Privilegierung ihres Vermögens nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 3 SGB II in Anspruch nehmen können. Sie sind nicht nach §§ 6, 231(231a) SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit gewesen (vgl zum Verhältnis zur Versicherungsfreiheit von Selbstständigen ausführlich: BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 22 ff).

25

(8.) Die Voraussetzungen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II sind ebenfalls nicht erfüllt. Danach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Bei dem Begriff der besonderen Härte handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt (vgl BSG vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R, RdNr 45; vom 8.2.2007 - B 7a AL 34/06 R, SozR 4-5765 § 9 Nr 1 RdNr 13 mwN). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (BSG SozR 4-4200 § 12 Nr 4; vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R RdNr 45) richtet es sich nach den Umständen des Einzelfalls, ob von einer besonderen Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II auszugehen ist. Maßgebend sind dabei nur außergewöhnliche Umstände, die nicht durch die ausdrücklichen Freistellungen über das Schonvermögen (§ 12 Abs 3 S 1 SGB II) und die Absetzungsbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden(BSG vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R RdNr 45). § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II setzt daher voraus, dass die Umstände dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte(BSG vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R RdNr 45; vom selben Tag - B 14/7b AS 52/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 32).

26

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG im vorliegenden Fall zu Recht das Vorliegen einer besonderen Härte ausgeschlossen. Eine Privilegierung der Lebensversicherung kommt nur dann in Betracht, wenn der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 33). Das LSG hat insoweit zwar für den erkennenden Senat bindend festgestellt (§ 163 SGG), dass die Lebensversicherung als Vorsorge für das Alter bestimmt war. Allerdings weist das Berufungsgericht zu Recht darauf hin, dass die vorzeitige Verwertung der Lebensversicherung allein keine besondere Härte darstellt. Dies gilt angesichts des oben dargelegten Verhältnisses von § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II und § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 Alt 2 SGB II auch für die Begründung der Kläger, sie hätten allein wegen eines "Altvertrages" keinen Verwertungsausschluss vereinbaren können und nur weil es an dem vertraglich vereinbarten Verwertungsausschluss mangele, müssten sie nun die LV 1 zur Lebensunterhaltssicherung einsetzen, anstatt sie erst bei Eintritt in den Ruhestand zu dessen Finanzierung nutzen zu können. Wenn der fehlende Verwertungsausschluss dazu führt, dass kein Schutz des Altersvorsorgevermögens in Höhe der Absetzungen nach § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II erfolgt, kann das Vermögen gleichwohl vor der Verwertung geschützt sein, wenn eine besondere Härte vorliegt. Der mangelnde Verwertungsausschluss an sich ist jedoch keine besondere Härte; die Annahme einer besonderen Härte erfordert immer auch besondere Umstände, die hinzutreten müssen. Hieran fehlt es im vorliegenden Fall.

27

Besondere Umstände, wie oben dargelegt, hat das LSG nicht feststellt. So war der Kläger zum Zeitpunkt der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II erst 54 Jahre, die Klägerin 53 Jahre alt. Sie standen also noch nicht kurz vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und waren noch nicht ohne Chance auf weiteren Aufbau einer Alterssicherung durch Erwerbstätigkeit. Soweit die Kläger in ihrem Vorbringen auf Lücken im Versicherungsverlauf der gesetzlichen Rentenversicherung hinweisen, machen sie keine atypische Erwerbsbiographie geltend. Wegen solcher Lücken wird der Versicherte auf die Rentenversicherungspflicht während des Leistungsbezugs bei Arbeitslosigkeit und den durch die gesetzlich vorgesehenen Freibeträge garantierten Mindestschutz verwiesen. Selbst wenn man die selbstständige Erwerbstätigkeit der Klägerin in die Betrachtungen einbezieht, so sollte die LV 1 nach dem Vortrag der Kläger der gemeinsamen Alterssicherung dienen. Insoweit ist auch auf das gemeinsam erreichbare Rentenniveau abzustellen. Dieses hat das LSG zutreffend und von den Klägern nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen, als nicht so niedrig festgestellt, dass allein hieraus eine besondere Härte resultieren könnte. Sie werden nach derzeitigen Berechnungen gemeinsam eine Rente von 1110,33 Euro erhalten. Dieser Betrag liegt ohne Einbeziehung der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung deutlich über der Regelleistung nach SGB II und SGB XII. Unterkunftskosten werden bei den Klägern nur in geringem Umfang anfallen, da das LSG - ebenfalls nicht mit durchgreifenden Verfahrensrügen angegriffen - festgestellt hat, das selbstbewohnte Haus werde bei Eintritt ins Rentenalter nahezu belastungsfrei sein. Daher kommt es im Rahmen der Prüfung der besonderen Härte nicht mehr darauf an, ob die Kläger aus der Vermietung der Erdgeschosswohnung weitere Einkünfte werden erzielen können.

28

(9.) Die Verwertung der Lebensversicherung ist für die Kläger auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 1. Alt SGB II. Zwar fehlt es an hinreichenden Feststellungen des LSG zum Substanz- und Verkehrswert der Lebensversicherung der Kläger zu Beginn des hier streitigen Zeitraumes. Aus den vom LSG benannten Daten kann jedoch mit hinreichender Sicherheit geschlossen werden, dass weder zum Zeitpunkt der Antragstellung, noch im Entscheidungszeitpunkt das Tatbestandsmerkmal der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit erfüllt war.

29

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG liegt eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit dann vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht. Umgekehrt ist offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Vermögensverwertung nicht gegeben, wenn das Ergebnis der Verwertung vom wirklichen Wert nur geringfügig abweicht (zur Alhi: BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7). Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Verwertung ist auf das ökonomische Kalkül eines rational handelnden Marktteilnehmers abzustellen (SozR 4-1200 § 14 Nr 10 RdNr 18; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 35; vom selben Tag - B 14 AS 27/07 R RdNr 42 und B 14/7b AS 56/06 R RdNr 37; BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 34 ff; vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R RdNr 19). Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser gegenwärtige Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüber zu stellen. Der Substanzwert ergibt sich bei einem Lebensversicherungsvertrag aus den eingezahlten Beiträgen und der Verkehrswert - wie bereits dargelegt - aus dem Rückkaufswert der Versicherung, einschließlich der Überschussanteile (SozR 4-1200 § 14 Nr 10 RdNr 18; BSG vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R, SozR 4-4200 § 9 Nr 5 RdNr 35; vom selben Tag - B 14 AS 27/07 R, RdNr 42 und B 14/7b AS 56/06 R, RdNr 37; BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 34 ff; vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R RdNr 19). Welche Verlustgrenze im Einzelnen zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit führt, kann hier dahinstehen. Der Rückkaufswert der LV 1, einschließlich Überschussanteil lag nach den bindenden Feststellungen des LSG deutlich über den eingezahlten Beiträgen. Das LSG hat festgestellt, dass am 1.2.2005 18 460,55 Euro an Beiträgen in diese Versicherung von den Klägern eingezahlt worden waren. Dem stand am 14.4.2005 ein Rückkaufswert einschließlich Überschussbeteiligung von 41 523,87 Euro gegenüber. Es ist nicht zu beanstanden, wenn das LSG keine weiteren Feststellungen zu dem späteren Verhältnis von eingezahlten Beiträgen und Verkehrswert der Versicherung getroffen hat, denn angesichts dessen, dass der Verkehrswert der Versicherung zu Beginn des hier streitigen Zeitraumes mehr als doppelt so hoch war wie die eingezahlten Beiträge, ist davon auszugehen, dass auch im Oktober 2007 der Verkehrswert die Summe der eingezahlten Beiträge weiterhin überschritten hat.

30

(10.) Nicht zu beanstanden ist schließlich, dass das LSG seine Prüfung bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit auf die LV 1 beschränkt hat. Das Berufungsgericht hat die LV 2 wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit der Verwertung insoweit zutreffend außer Betracht gelassen. Auch konnte das LSG angesichts des die Freibeträge nach § 12 Abs 2 Nr 1 und 4 SGB II deutlich überschreitenden Verkehrswertes der LV 1 von einer Einbeziehung des Hausgrundstücks der Kläger in die Betrachtungen absehen, selbst wenn die Wohnfläche mit 126 qm für zwei Personen als unangemessen angesehen werden könnte(vgl BSGE 97, 203 = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 17; BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 25 f)und bei nicht erfolgter baulicher und rechtlicher Abtrennung eines Teils des Wohneigentums nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats das gesamte Objekt als unangemessen bewertet und verwertet werden müsste (vgl BSG vom 22.3.2012 - B 4 AS 99/11 R, SozR 4-4200 § 12 Nr 18 RdNr 26 ff). Ferner hat das LSG zwar nicht in Erwägung gezogen, ob der von A. und dem Sohn zur Verfügung gestellte Geldbetrag als dauerhaft bei den Klägern verbleibende Zuwendung zu bewerten ist und damit als Einkommen bei der Berechnung des Alg II zu berücksichtigen gewesen wäre. Gleiches gilt für die nach Antragstellung nachgezahlte Arbeitslosenhilfe und die Frage, ob diese als Einkommen einer Bewilligung von Alg II entgegengestanden hätte. Feststellungen hierzu sowie zur Verwertbarkeit des Hausgrundstücks bedurfte es jedoch auch nicht, denn trotz der von den Klägern benannten Belastungen der LV 1 bleibt dieses Vermögen der Kläger, das bei der Berechnung der Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts zu berücksichtigen war.

31

Grundsätzlich gilt, Vermögen iS von § 12 SGB II sind nicht die Bilanz aus aktiven und passiven Vermögenswerten, sondern die vorhandenen aktiven Vermögenswerte(vgl zuletzt BSG vom 18.2.2010 - B 4 AS 28/09 R, RdNr 22 ff; s auch BSG BSGE 87, 143 = SozR 3-4220 § 6 Nr 8 und zu § 88 BSHG: BVerwG Buchholz 436.0 zu § 88 BSHG Nr 22). Dies folgt aus der Subsidiarität der staatlichen Fürsorge, welche erst eingreifen soll, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat. Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten bei der Feststellung der vorhandenen Vermögenswerte nach § 12 SGB II ist allenfalls geboten, wenn eine Verbindlichkeit unmittelbar auf dem fraglichen Vermögensgegenstand (zB eine auf ein Grundstück eingetragene Hypothek) lastet, da der Vermögensgegenstand in diesem Fall nicht ohne Abzüge veräußert werden kann(vgl BSG vom 15.4.2008 - B 14 AS 27/07 R, RdNr 44). Dies ist hier, wie das LSG zutreffend befunden hat, im Hinblick auf die Lasten durch Abtretung wegen der Forderungen des Sohnes und A. nicht der Fall.

32

Die Schulden der Kläger bei ihrem Sohn und A. sowie der Bank wegen des Überziehungskredits lasten nicht auf der Lebensversicherung. Nach den bindenden Feststellungen des LSG konnten die Kläger frei über die LV 1 verfügen und haben sich später auch einen Teil der Versicherungssumme auszahlen lassen. Zutreffend hat das LSG die Forderungen von A., dem Sohn und der Hausbank daher als private Schulden, deren Tilgung hinter der Existenzsicherung zurückzutreten hat, angesehen.

33

Soweit es die Abtretung der Ansprüche aus der LV 1 an die Bausparkasse zur Sicherung des Darlehens zur Finanzierung des Hauses der Kläger betrifft, mangelt es zwar an Feststellungen des LSG, ob der Versicherer von der Abtretung in Kenntnis gesetzt worden ist und die Kläger über die LV 1 in Höhe von höchstens 11 992,81 Euro nicht mehr verfügen konnten. Da jedoch selbst bei dem niedrigsten vom LSG festgestellten Rückkaufswert der LV 1 einschließlich einer Überschussbeteiligung von insgesamt 36 835,44 Euro ein die Freibeträge der Kläger - wie unter 4. festgestellt - überschreitendes Vermögen verbleibt und die Kläger selbst unter Berücksichtigung dieser für sie günstigsten Annahme keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II hatten, bedurfte es deswegen keiner Zurückverweisung an das LSG.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Tenor

Die Revisionen der Kläger gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. April 2011 werden zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Streitig sind Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II als Zuschuss statt als Darlehen vom 1.4.2005 bis 31.3.2006 und dem Grunde nach vom 1.4.2006 bis 16.5.2006.

2

Die Kläger zu 1 (geb 1956) und 2 (geb 1957) sind Eigentümer eines 597 qm großen bebauten Hausgrundstücks in der Gemarkung G Das Haus hat eine Wohnfläche von 167 qm; die selbstgenutzte Erdgeschosswohnung der Kläger zu 1 und 2 hat eine Wohnfläche von 117 qm; die 50 qm große Einliegerwohnung im Dachgeschoss ist vermietet.

3

Auf den Antrag der Kläger vom 29.12.2004 bewilligte die Beklagte - entsprechend der vorangegangenen Bewilligung der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum vom 1.1.2005 bis 31.3.2005 - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 1116,21 Euro monatlich als Zuschuss. Für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.5.2005 erbrachte sie Leistungen in Höhe von 864,54 Euro und für den Zeitraum vom 1.6.2005 bis 31.7.2005 in Höhe von 1018,54 Euro, jeweils als Darlehen (Bescheid vom 23.6.2005). Für die Zeit ab 1.8.2005 lehnte die Beklagte die Bewilligung von SGB II-Leistungen mit der Begründung ab, die Kläger verfügten über Vermögen, welches nicht gemäß § 12 Abs 3 SGB II geschützt sei(Bescheid vom 29.7.2005). Auf die Widersprüche der Kläger bewilligte der Landrat des Kreises Borken für die Zeit vom 1.4.2005 bis 31.7.2005 weitere SGB II-Leistungen in Höhe von 19,07 Euro und wies die Widersprüche im Übrigen zurück (Widerspruchsbescheid vom 28.10.2005). Bis 31.7.2005 seien darlehensweise Leistungen zu bewilligen, weil der sofortige Verbrauch bzw die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich gewesen sei. Danach kämen weitere Leistungen nicht in Betracht, weil sich die Kläger geweigert hätten, eine Grundschuld zu bestellen. Nachdem die Kläger zu 1 und 2 die Eintragung einer Grundschuld auf das Hausgrundstück zu Gunsten des Beklagten in Höhe von 12 000 Euro veranlasst hatten (Grundschuldbestellung vom 11.7.2005), hat die Beklagte den Klägern Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 7.8.2006 als Darlehen bewilligt (Bescheide vom 4.9.2006 und 28.9.2006).

4

Das SG hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 22.8.2007). Die Kläger hätten gegenüber der Deckung aus Steuermitteln vorrangig einzusetzendes, nicht geschütztes Grundvermögen. Die Verwertung stelle keine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II dar. Die Verwertungsmöglichkeiten müssten nicht im Einzelnen aufgezeigt werden. Wegen der Miet- und Kindergeldanrechnung hätten die Kläger auch keinen höheren Darlehensanspruch.

5

Das LSG Nordrhein-Westfalen hat den Gerichtsbescheid des SG vom 22.8.2007 geändert und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids der Beklagten vom 29.7.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005 verurteilt, den Klägern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen für die Zeit vom 1.8.2005 bis 31.3.2006 als Darlehen zu gewähren. Soweit die Leistungen als Zuschuss begehrt werden, hat das LSG die Klage abgewiesen. Im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ua ausgeführt, die Kläger könnten in dem Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.7.2005 keine Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss beanspruchen, weil sie nicht hilfebedürftig gewesen seien. Ihr Hausgrundstück sei kein geschütztes Vermögen, weil es mit einer Gesamtwohnfläche von 167 qm die "angemessene Größe" iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II überschreite. Die Obliegenheit zur Verwertung beziehe sich auf das gesamte Hausgrundstück und nicht lediglich auf die Einliegerwohnung, weshalb es nicht darauf ankomme, ob eine "isolierte" Verwertung bzw Vermarktung der Einliegerwohnung möglich und zumutbar sei. Eine Aufteilung des Hauses in separate Eigentumswohnungen mit entsprechender Teilungserklärung liege nicht vor. Bei dem Hausgrundstück handele es sich um einen verwertbaren Vermögensgegenstand. Die Verwertung sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Nach aktenkundiger Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis Borken von Oktober 2005 belaufe sich der Verkehrswert der Gesamtimmobilie auf ca 187 000 Euro (220 430 Euro - 15 % unter Berücksichtigung des Risikos der Vermarktbarkeit); nach Aktenlage stehe dem im streitigen Zeitraum eine dinglich abgesicherte Belastung von 110 688,52 Euro gegenüber, sodass einzusetzendes Vermögen in Höhe von 76 311,48 Euro verbleibe. Auch spreche der mit notariellem Vertrag vom 15.3.1996 gezahlte Kaufpreis in Höhe von 380 000 DM für die Richtigkeit der Einschätzung des Gutachterausschusses. In der Obliegenheit zur Verwertung des unangemessen großen Hausgrundstücks sei auch keine besondere Härte zu sehen. Soweit die Beklagte SGB II-Leistungen ab 1.8.2005 auch darlehensweise versagt habe, weil die Kläger der Forderung der Beklagten nach Bestellung einer Grundschuld nicht nachgekommen seien, sei dies rechtswidrig und beschwere die Kläger, weil es hierfür an einer Rechtsgrundlage fehle. Auf § 23 Abs 5 SGB II könne sich die Beklagte erst ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Norm stützen. Sie sei daher verpflichtet, für die Zeit vom 1.8.2005 bis 31.3.2006 Leistungen nach dem SGB II als Darlehen nach § 9 Abs 4 SGB II in der bis 31.3.2006 geltenden Fassung zu gewähren.

6

Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügen die Kläger einen Verstoß gegen § 9 Abs 1 SGB II, § 12 Abs 1 SGB II und § 12 Abs 3 Nr 4 SGB II sowie § 11 Abs 2 Nr 5 SGB II. Die abgetrennte Einliegerwohnung sei nicht Teil der selbst bewohnten Wohnfläche, sondern stelle - ähnlich wie ein Zweifamilienhaus - einen gesonderten Wohn- und Lebensbereich dar. Bei der Bewertung der Frage, ob ein Einfamilienhaus als reines Einfamilienhaus oder mehr als Zweifamilienhaus zu werten sei, komme es auch auf die innere bauliche Gestaltung des Gebäudes an. Es handele sich um zwei abgeschlossene, baulich getrennte Wohneinheiten, die selbständig bewirtschaftet werden könnten. Es liege eine Abgeschlossenheitserklärung und bereits seit dem 29.8.2005 eine entsprechende Teilungserklärung vor. Der Verkauf der Einliegerwohnung sei keine realistische Alternative, weil die Wohnung keinen Grundstücksanteil, keinen Kelleranteil und keinen Garagenanteil habe und eine Nutzungseinschränkung der Wohnfläche durch die Dachschrägen bestehe. Dem Verkauf stehe auch entgegen, dass in G und Umland hinreichend gute und günstige Angebote von Eigentumswohnungen vorhanden seien bzw waren. Bei einem Teilverkauf verbleibe als Sicherheit lediglich eine einzelne Eigentumswohnung, die von der Kredit gewährenden Bank nicht als beleihungsfähig angesehen und daher zur Kündigung des Darlehensvertrags führen würde.

7

Die Kläger beantragen,
1. den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 22. August 2007 und das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 6. April 2011 teilweise aufzuheben,
2. die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 23. Juni 2005 und 29. Juli 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2005 zu verurteilen, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in bestimmungsgemäßer Höhe für die Zeit vom 1. April 2005 bis 16. Mai 2006 als Zuschuss zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Zwar könne insbesondere bei unangemessen großen Immobilien vorrangig ein Verkauf oder eine Beleihung abtrennbarer Gebäudebestandteile, zB durch Bildung von Wohneigentum, erfolgen. Sei dies nicht möglich oder zumutbar, könne die Verwertung der gesamten unangemessenen Immobilie verlangt werden, wenn anders die Hilfebedürftigkeit nicht vollständig beseitigt werden könne. Hier führe jedoch allein die gesamte Verwertung der Immobilie zu einem hinreichenden Gelderlös und damit zur vollständigen Beseitigung der Hilfebedürftigkeit.

Entscheidungsgründe

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Die zulässigen Revisionen der Kläger sind nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG).

11

1. Streitgegenstand sind die Bescheide vom 23.6.2005 und 29.7.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.10.2005, mit denen die Beklagte für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.7.2005 die darlehensweise Leistungsgewährung und für den Zeitraum ab 1.8.2005 die Leistungen in vollem Umfang abgelehnt hat. Grundsätzlich erstreckt sich bei einer vollständigen Leistungsversagung (hier: ab 1.8.2005) der streitige Leistungszeitraum zwar bis zur letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz. Nach dem im Berufungsverfahren eingeschränkten Antrag haben die Kläger zuschussweise SGB II-Leistungen jedoch nur für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 16.5.2006 beantragt und sind insofern zu Recht davon ausgegangen, dass ein - hier nach Aktenlage vorliegender - weiterer Leistungsantrag den streitigen Zeitraum begrenzt (vgl nur BSG Urteil vom 1.6.2010 - B 4 AS 67/09 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 28 RdNr 13 mwN; BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 12). Das SG hat das Klagebegehren in seinem Gerichtsbescheid vom 22.8.2007 unzutreffend zu eng ausgelegt, indem es "hinsichtlich der zeitlichen Erstreckung von dem 2005 üblichen Sechsmonatsbewilligungszeitraum" ausgegangen ist.

12

Da die Kläger auf eine darlehensweise Leistungsgewährung nicht ausdrücklich verzichtet haben (vgl hierzu nur BSG Urteil vom 27.9.2011 - B 4 AS 160/10 R - SozR 4-4200 § 26 Nr 2 RdNr 16 mwN) und dies auch Gegenstand des angefochtenen Berufungsurteils war, ist - nach Zuerkennung von SGB II-Leistungen als Darlehen für den Zeitraum vom 1.8.2005 bis 31.3.2006 durch das angefochtene Urteil des LSG - auch im Streit, ob für den Zeitraum vom 1.4.2006 bis 16.5.2006 zumindest ein Anspruch auf SGB II-Leistungen als Darlehen besteht (vgl hierzu unter 7).

13

Die Stadt G ist passiv legitimiert, weil sie gegenüber den Leistungsberechtigten im Außenverhältnis materiell zur Erbringung der Leistungen nach dem SGB II verpflichtet ist (vgl Urteil des Senats vom 16.2.2012 - B 4 AS 14/11 R - unter Hinweis auf § 5 Abs 2 Gesetz zur Ausführung des SGB II für das Land Nordrhein-Westfalen idF vom 16.12.2004, GVBl NRW 2004, 821 iVm § 6 Abs 2 S 1 SGB II, § 6a Abs 2 SGB II iVm § 1 Abs 1 Kommunalträger-Zulassungsverordnung idF vom 24.9.2004, BGBl I 2349; vgl bereits BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - juris RdNr 15 f). Zwar hat der Senat bereits entschieden, dass grundsätzlich auch der Kreis am Verfahren zu beteiligen ist, weil dieser - wie auch hier - die Widerspruchsbescheide erlässt (BSG Urteil vom 22.11.2011 - B 4 AS 138/10 R - juris RdNr 24, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Die unterbliebene Beiladung ist hier aber im Revisionsverfahren unbeachtlich, weil kein Fall des § 75 Abs 2 Alt 1 SGG vorliegt und die unterbliebene Beiladung im Revisionsverfahren nicht gerügt worden ist(Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 75 RdNr 13b).

14

2. Das LSG hat die Berufungen der Kläger zu Recht zurückgewiesen, soweit sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss anstelle des für den Zeitraum vom 1.4.2005 bis 31.3.2006 zuerkannten Darlehens begehren (vgl zur streitigen Zeit ab 1.4.2006 unter 7). Das von ihnen bewohnte Hausgrundstück stellt nicht geschütztes Vermögen dar, das der Hilfebedürftigkeit entgegensteht.

15

Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 S 1 SGB II(hier in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 ) Personen, 1. die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 S 1 Nr 3 SGB II iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer ua seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Nach § 12 Abs 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände - mit ihrem Verkehrswert(§ 12 Abs 4 S 1 SGB II) - zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird (§ 12 Abs 4 S 2 SGB II). Wesentliche Änderungen des Verkehrswertes sind gemäß § 12 Abs 4 S 3 SGB II zu berücksichtigen. Ob und in welchem Umfang dem Hilfebedürftigen die Verwertung von Vermögen zuzumuten ist, regeln § 12 Abs 2, 3 SGB II. Als Vermögen nicht zu berücksichtigen ist ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe oder eine entsprechende Eigentumswohnung (§ 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II). Nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 SGB II sind als Vermögen weiter nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde.

16

3. Das LSG ist zu Recht davon ausgegangen, dass das von den Klägern bewohnte Hausgrundstück ein solches von unangemessener Größe iS von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II darstellt. Bei der Beurteilung der Angemessenheit des Hausgrundstücks ist die gesamte Wohnfläche des Hauses von 167 qm einschließlich der vermieteten Einliegerwohnung, nicht lediglich der selbst bewohnte Anteil von 117 qm, zu berücksichtigen.

17

Die Einbeziehung der gesamten Wohnfläche in die Prüfung der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass die Kläger kraft ihres Eigentums, dessen Verwertbarkeit als Vermögen im Streit steht, keinen Beschränkungen hinsichtlich dessen Nutzung unterliegen. Anders als bei einem Miteigentumsanteil bestehen keine eigentumsrechtlichen Einschränkungen in dem Sinne, dass jeder Miteigentümer durch die Rechte der anderen Miteigentümer in seinem Nutzungsrecht, auch dem Wohnnutzungsrecht, eingeschränkt ist. Entsprechend ist bereits von der Rechtsprechung des BSG zum Arbeitslosenhilferecht und des BVerwG zum Sozialhilferecht nur für diese Konstellation anerkannt worden, dass für die Bewertung, ob das im Miteigentum stehende Hausgrundstück angemessen ist, nur auf den vom Leistungsempfänger als Wohnung genutzten Teil des gesamten Hausgrundstücks abgestellt werden kann, wenn das Wohneigentum des Miteigentümers durch die ihren Anteilen entsprechende Nutzung der anderen Miteigentümer auf einen seinem ideellen Miteigentumsanteil entsprechenden realen Grundstücks- und Gebäudeteil beschränkt ist. Solange eine Teilung nicht vorliegt, ist daher das Hausgrundstück der Kläger in seiner Gesamtheit zu beurteilen (BSG Urteil vom 17.12.2002 - B 7 AL 126/01 R - juris RdNr 35; BSG Urteil vom 30.5.1990 - 11 RAr 33/88 - juris RdNr 30; BVerwG Urteil vom 25.6.1992 - 5 C 19/89 - BVerwGE 90, 252 ff). Diese Betrachtung ist auch für iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II geschütztes Vermögen maßgebend, weil der Gesetzgeber des SGB II die Berücksichtigung von Vermögen in § 12 SGB II im Wesentlichen wie im bisherigen Recht der Arbeitslosenhilfe regeln wollte(BT-Drucks 15/1516 S 53 zu § 12; vgl zB auch bereits BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 52/06 R - FEVS 60, 297 ff).

18

Entgegen dem Revisionsvortrag liegt - nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) - keine Teilungs-, sondern lediglich eine Abgeschlossenheitserklärung vor. Die Teilbarkeit eines Hausgrundstücks bei entsprechender Größe ist keine Frage der angemessenen Größe des Hausgrundstücks, sondern erst bei der Zumutbarkeit der Verwertbarkeit eines unangemessenen Hausgrundstücks im Rahmen der Härteregelung zu berücksichtigen (vgl zur Sozialhilfe: BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 20; zur Härtefallprüfung siehe unter Nr 6).

19

Die Gesamtwohnfläche des von den Klägern bewohnten Hauses überschreitet die angemessene Größe eines selbst genutzten Hausgrundstücks iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II. Danach ist die angemessene Größe nach den Vorgaben des Zweiten Wohnungsbaugesetzes - wenn man zugunsten der Kläger trotz insofern fehlender Feststellungen des LSG zumindest bis Mitte 2005 ein Zusammenleben mit den Kindern N und F annimmt - mit einem Grenzwert von 130 qm für einen Vier-Personen-Haushalt zu bestimmen (BSGE 97, 203 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 21 f; BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 22; Urteil vom 19.9.2008 - B 14 AS 54/07 R - juris RdNr 16). Zwar bedürfen diese Größen je nach den Umständen des Einzelfalls einer Anpassung nach oben (BSGE 97, 203 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 3, RdNr 22). Besondere Umstände des Einzelfalls, die ein Abweichen von diesen Grenzen rechtfertigen könnten, sind indes weder vorgetragen noch vom LSG festgestellt.

20

4. Bei dem Hausgrundstück der Kläger handelt es sich auch um verwertbares Vermögen iS von § 12 Abs 1 SGB II.

21

Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 28). Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie - wie beispielsweise Grundstücke in Folge sinkender Immobilienpreise - über den Marktwert hinaus belastet sind (BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 6, RdNr 15). Nach den Feststellungen des LSG war - neben der vorgenommenen Verwertung durch Vermietung - tatsächlich auch eine Verwertung des gesamten Hausgrundstücks "in absehbarer Zeit" durch Verkauf möglich. Das LSG hat ausgeführt, Anhaltspunkte für etwaige Verwertungshindernisse, etwa Verfügungsbeschränkungen, bestünden nicht. Diese Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Kläger nicht mit zulässigen Revisionsrügen angegriffen, sondern sie leiten den Anspruch auf eine zuschussweise Gewährung ausschließlich aus der nach ihrer rechtlichen Sicht gebotenen Nichtberücksichtigung der Einliegerwohnung bei der Bestimmung der angemessenen Größe des Hausgrundstücks sowie deren behaupteter fehlender Verwertbarkeit ab.

22

5. Die Verwertung des gesamten Hausgrundstücks ist nicht offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 1. Alt SGB II.

23

Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 1. Alt SGB II liegt vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstands steht (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37; vgl zur Alhi BSG SozR 3-4100 § 137 Nr 7 S 65). Es ist mithin zu ermitteln, welchen Verkaufspreis der jeweilige Vermögensgegenstand im Zeitpunkt der Antragstellung auf Leistungen nach dem SGB II (§ 12 Abs 4 S 2 SGB II) auf dem Markt hatte (BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12). Dieser aktuelle (gegenwärtige) Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 22; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 34), wobei künftige Gewinnaussichten außer Betracht bleiben (BSG Urteil vom 6.5.2010 - B 14 AS 2/09 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 15 RdNr 22; BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 37).

24

Bei der Verwertung von Immobilien lässt sich - anders als möglicherweise bei anderen Gegenständen - eine absolute Grenze nicht ziehen (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37). Da es sich bei Immobilienvermögen sowie Renten- und Lebensversicherungen um unterschiedliche Anlageformen handelt, kann die Rechtsprechung der für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG zur Höhe der in Kauf zu nehmenden Verluste bei Veräußerungen von Lebensversicherungen, wonach ein Verlust von 12,9 % die Grenze der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit noch nicht erreicht, dies aber bei einem Verlust von 18,5 % zweifelhaft ist (BSG Urteil vom 6.9.2007 - B 14/7b AS 66/06 R - BSGE 99, 77 = SozR 4-4200 § 12 Nr 5, RdNr 23), nicht übertragen werden. Der Wert der bei Lebensversicherungen eingezahlten Beiträge realisiert sich erst künftig, während bei Immobilien regelmäßig bereits mit dem Erwerb Wohnvorteile vorhanden sind. Auch können marktgängige Wertschwankungen bei Immobilien eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit nicht begründen. Entsprechend der Rechtsprechung zum Recht der Alhi ist daher Prüfungsmaßstab bei der Verwertung von Immobilienvermögen, ob dieses nur mit erheblichen wirtschaftlichen Verlusten veräußert werden kann (BSG Urteil vom 3.5.2005 - B 7/7a AL 84/04 R - SozR 4-4220 § 1 Nr 4 S 9).

25

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe liegt eine Unwirtschaftlichkeit der Verwertung bei einem Vergleich des aktuellen Verkehrswertes mit dem Substanzwert nach den nicht angegriffenen Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) bereits bei einer Gegenüberstellung des Verkehrswerts der Gesamtimmobilie und den Kosten des Erwerbs und deren Herstellung (vgl zu diesem Anhaltspunkt: BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37 = juris RdNr 40) nicht vor. Nach der vom LSG in Bezug genommenen Einschätzung des Gutachterausschusses für den Kreis Borken von Oktober 2005 beläuft sich der Verkehrswert der Gesamtimmobilie auf 220 430 Euro (Verkehrswert zum Zeitpunkt der Antragstellung nach dem SGB II bzw Wertermittlungsstichtag), unter Berücksichtigung von Vermarktungsrisiken auf 187 000 Euro (vgl zur Berücksichtigung der Grundsätze für die Ermittlung des Verkehrswertes von Grundstücken bereits BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 39 ff). Unter Heranziehung des im Jahre 1996 gezahlten Verkaufspreises von 380 000 DM (umgerechnet: 194 290,91 Euro) ergibt sich eine Differenz, die unter Berücksichtigung der Schwankungen bei Immobilienpreisen und des Wohnvorteils hinzunehmen ist. Hinweise darauf, dass in absehbarer Zeit ein höherer Kaufpreis zu erzielen sein könnte, ergeben sich aus den Feststellungen des LSG nicht. Als verwertbares Vermögen verbleibt - ausgehend von den Feststellungen des LSG zu den vorhandenen Verbindlichkeiten in Höhe von 110 688,52 Euro - ein Betrag in Höhe von 76 311,48 Euro als verwertbares Vermögen, dem Grundfreibeträge der Kläger in Höhe von 20 900 Euro gegenüberstehen.

26

6. In der Verwertung des gesamten Hausgrundstücks liegt nach den Umständen des Einzelfalls auch keine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 2. Alt SGB II.

27

Zwar kann sich auch aus einer zumutbaren Verwertungsform ein Härtefall ergeben (vgl BSG Urteil vom 19.5.2009 - B 8 SO 7/08 R - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 21); hier ist ein solcher jedoch nicht allein, dh ohne weiter hinzutretende Umstände des Einzelfalls, darin zu sehen, dass den Klägern mit dem Verkauf anstelle der (bloßen) Vermietung eine bestimmte Verwertungsart zugemutet wird. Weitere Anhaltspunkte, etwa familiärer Art, sind nach den Feststellungen des LSG nicht ersichtlich und von den Klägern nicht vorgetragen.

28

Nach § 12 Abs 3 S 1 Nr 6 2. Alt SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Da nur außergewöhnliche Umstände maßgebend sind, die nicht schon durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen und die Absetzbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden, setzt die Härteregelung solche Gegebenheiten voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte(BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 20; vgl zB BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, RdNr 31; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 14, RdNr 20). Die Art der Verwertung ist dem Hilfebedürftigen selbst überlassen. Aus dem Grundsatz der Subsidiarität der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vgl § 9 Abs 1 Nr 2 SGB II) folgt jedoch, dass er grundsätzlich nur zwischen den Verwertungsarten wählen kann, die den Hilfebedarf in etwa gleicher Weise decken. Er muss regelmäßig die Verwertungsart wählen, die den höchsten Deckungsbeitrag erbringt. Auch eine Veräußerung des Hausgrundstücks, das den Rahmen des Angemessenen iS des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II überschreitet, scheidet nicht aus(BSG Urteil vom 30.8.2010 - B 4 AS 70/09 R - RdNr 19; BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, RdNr 37). Dies ist vielmehr nach dem begrenzten Vermögensschutz in § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II, der eine "Teilangemessenheit" nicht kennt, ein typischer Anwendungsfall nicht geschützten Vermögens.

29

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist nicht davon auszugehen, dass die Verwertung des Hausgrundstücks eine besondere Härte begründet. Die Kläger verfügen mit dem tatsächlich innegehabten Hausgrundstück über einen nicht geschützten Vermögensgegenstand, der hinsichtlich seiner Größe erheblich über das von § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II geschützte Hausgrundstück im Sinne der Erfüllung des Grundbedürfnisses "Wohnen" als räumlicher Lebensmittelpunkt(Radüge in jurisPK-SGB II, 3. Aufl 2012, § 12 RdNr 124)hinausgeht. Die Regelung des § 12 Abs 3 S 1 Nr 4 SGB II bezweckt wie bereits die Vorgängerregelungen in der Arbeitslosenhilfe und dem Sozialhilferecht lediglich, dem Hilfebedürftigen und seinen mit ihm zusammen wohnenden Angehörigen eine angemessene Wohnstätte zu erhalten. Insofern hat bereits das BVerwG zu der Vorgängerregelung des § 88 Abs 2 Nr 7 BSHG betont, dass das Grundvermögen nicht schlechthin, sondern nur insoweit geschützt ist, als es dem Leistungsberechtigten als Wohnung dient(BVerwG Urteile vom 21.10.1970 - 5 C 33.70 - Buchholz 436.0 § 88 BSHG Nr 3 und vom 17.1.1980 - 5 C 48.78 - BVerwGE 59, 294; BVerwGE 89, 241).

30

Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Kläger aus dem Vermögen regelmäßige Mieterträge erzielen, die ihren Bedarf mindern. Diese Erträge sind jedoch im Rahmen der - bei Härteregelungen stets erforderlichen Einzelfallprüfung - mit weiteren Umständen abzuwägen. In die Überlegung einzubeziehen ist, dass die Grenze der angemessenen Größe eines Hausgrundstücks erheblich überschritten wird und erhebliche, nicht geschützte Vermögenswerte betroffen sind. Soweit die Kläger vortragen, die Verwertbarkeit des Hausgrundstücks sei eingeschränkt, weil eine einzelne Eigentumswohnung als nicht beleihungsfähig angesehen werde und daher - auch bezogen auf den bewohnten Teil des Hauses - eine Aufteilung in Eigentumswohnungen zu einer Kündigung des Darlehensvertrags führen würde, fehlen zwar weitergehende Feststellungen des LSG zum Ausgang der von der Hypothekenbank zugesagten weiteren Prüfung alternativer Erhaltungsmöglichkeiten des von den Klägern bewohnten Teils des Hausgrundstücks. Grundsätzlich können aber nicht allein die mit Kreditgebern ausgehandelten Konditionen bzw der Umfang noch vorhandener Verbindlichkeiten bei hohen SGB II-Leistungen und die deshalb faktisch fehlende Möglichkeit, sich den Privilegierungstatbestand des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 4 SGB II geschützten Selbstnutzung durch Schaffung von Wohnungseigentum zu erhalten(vgl hierzu auch Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 12 SGB II RdNr 50, Stand April 2010), eine Härte begründen, wenn weitere Härtegesichtspunkte nicht vorhanden sind. Insofern ist zu berücksichtigen, dass sich die Finanzierung und die damit verbundenen Konditionen hier von vornherein auf ein unangemessen großes und damit nicht geschütztes Hausgrundstück bezogen haben.

31

7. Das LSG ist weiter zu Recht davon ausgegangen, dass ein Anspruch der Kläger auf SGB II-Leistungen für den ebenfalls streitgegenständlichen Zeitraum vom 1.4.2006 bis 16.5.2006 nicht besteht, auch soweit sie diese Leistungen hilfsweise als Darlehen begehren.

32

Nach § 23 Abs 5 idF des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2006 (BGBl I 558) sind Hilfebedürftigen Leistungen als Darlehen zu erbringen, soweit der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde (Satz 1). Die Leistungen können davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird (Satz 2).

33

Zwar kann nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des LSG davon ausgegangen werden, dass die sofortige Verwertung des zu berücksichtigenden Vermögens für die Kläger eine besondere Härte bedeuten würde. Für diesen Zeitraum existierte aber keine Grundschuldbestellung der Kläger, obgleich die Beklagte diese bereits mit Schreiben vom 11.7.2005 zur Eintragung einer Grundschuld zu seinen Gunsten aufgefordert und einen entsprechenden Vordruck beigefügt hatte. Auch bereits mit dem vom LSG in Bezug genommenen Bescheid vom 23.6.2005 hatte die Beklagte darauf hingewiesen, dass hinsichtlich einer Weitergewährung von SGB II-Leistungen eine dingliche Absicherung für eine darlehensweise Hilfegewährung erforderlich sei. Die Kläger sind insofern ausreichend auf die zum Erhalt des geschützten Wohnumfeldes erforderlichen Maßnahmen hingewiesen worden (vgl auch BSG Urteil vom 8.2.2007 - B 7a AL 22/06 R - BSGE 98, 108 ff = SozR 4-4300 § 324 Nr 3 zur Berücksichtigung einer zu Unrecht unterbliebenen Beratung im Rahmen der Härtefallregelung des § 324 Abs 1 S 2 SGB III). Zudem sind Anhaltspunkte für andere Sicherungsformen weder vorgetragen noch ersichtlich, sodass die Beklagte - im Sinne einer Ermessensreduzierung auf Null - die darlehensweisen Leistungen von der dinglichen Sicherung abhängig machen durfte.

34

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts besteht für jeden Kalendertag. Der Monat wird mit 30 Tagen berechnet. Stehen die Leistungen nicht für einen vollen Monat zu, wird die Leistung anteilig erbracht.

(2) Berechnungen werden auf zwei Dezimalstellen durchgeführt, wenn nichts Abweichendes bestimmt ist. Bei einer auf Dezimalstellen durchgeführten Berechnung wird die letzte Dezimalstelle um eins erhöht, wenn sich in der folgenden Dezimalstelle eine der Ziffern 5 bis 9 ergeben würde.

(3) Über den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ist in der Regel für ein Jahr zu entscheiden (Bewilligungszeitraum). Der Bewilligungszeitraum soll insbesondere in den Fällen regelmäßig auf sechs Monate verkürzt werden, in denen

1.
über den Leistungsanspruch vorläufig entschieden wird (§ 41a) oder
2.
die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung unangemessen sind.
Die Festlegung des Bewilligungszeitraums erfolgt einheitlich für die Entscheidung über die Leistungsansprüche aller Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft. Wird mit dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht auch über die Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 entschieden, ist die oder der Leistungsberechtigte in dem Bescheid über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts darauf hinzuweisen, dass die Entscheidung über Leistungen zur Deckung der Bedarfe nach § 28 Absatz 2, 4, 6 und 7 gesondert erfolgt.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 2009 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Im Streit ist, ob der Kläger in dem Zeitraum vom 1.5.2007 bis 28.4.2008 Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss hat.

2

Durch notariellen Überlassungsvertrag vom 28.4.2005 übertrug die 1922 geborene Mutter des Klägers ihrem Sohn W (Erwerber) drei im Grundbuch des Amtsgerichts K eingetragene Grundstücke. Dieser verpflichtete sich, dem im Februar 1953 geborenen Kläger 55 000 Euro zu zahlen, fällig bei dessen Eintritt in die gesetzliche Rente, spätestens jedoch innerhalb von 13 Jahren ab dem 24.8.2005. Für den Kläger wurde eine Sicherungshypothek an einem der übertragenen Grundstücke (Gebäude und Freifläche mit 756 qm) eingetragen. Der Erwerber verpflichtete sich ferner, dem weiteren Bruder M innerhalb von vier Wochen 50 000 Euro zu zahlen.

3

Der Kläger verfügte zum Zeitpunkt seines ersten Antrags auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vom 2.10.2004 über Vermögen in Form eines Guthabens auf seinem Girokonto in Höhe von 6164,43 Euro und seinem Wertpapierdepot in Höhe von 1225,66 Euro sowie einer Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung, deren Rückkaufswert zum 1.6.2005 in Höhe von 8951,20 Euro sich aus einer Rückgewährleistung in Höhe von 5728,40 Euro und einer Überschussbeteiligung in Höhe von 3222,80 Euro zusammensetzte. Bis 1.6.2016 sollte die Ablaufleistung der Unfallversicherung bei einer Beitragsfreistellung zum 1.6.2005 auf 18 851,70 Euro ansteigen (Rückgewährleistung in Höhe von 7525,60 Euro, Überschussbeteiligung in Höhe von 11 326,10 Euro). Bei Auflösung der Unfallversicherung durch Rückkauf zum 1.6.2008 ergab sich ein tatsächlicher Auszahlungsbetrag in Höhe von 10 639,28 Euro. Zum Zeitpunkt des Antrags des Klägers vom 5.4.2007 auf Leistungen für den hier streitigen Zeitraum ab 1.5.2007 hatten sich das Wertpapierguthaben sowie das Guthaben des Klägers aus der Unfallversicherung nach seinen eigenen Angaben nicht verändert.

4

Der Kläger bezog seit dem 1.1.2005 laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, für die Zeit vom 1.9.2005 bis 30.4.2007 aufgrund mehrerer Bescheide nur noch als Darlehen. Die Beklagte forderte ihn mit einem Zusatz im Bewilligungsbescheid vom 16.12.2005 und mit Schreiben vom 14.3.2006 auf, Bemühungen um den Zugriff auf die vereinbarte Zahlung seines Bruders nachzuweisen. Er legte Bestätigungen zweier Banken von März 2006 vor, nach denen ein Darlehen in Höhe von 55 000 Euro, abgesichert durch eine Sicherungshypothek, nicht gewährt werden könne. Erstmals mit Schreiben vom 19.12.2006 forderte die Beklagte den Kläger auf, eine Abtretungserklärung zu unterschreiben, wonach er den Anspruch gegen seine Mutter und seinen Bruder W auf Zahlung von 55 000 Euro bis zur Höhe der bis zum Fälligkeitstag an ihn gezahlten Sozialleistungen an die Beklagte abtreten solle. Er solle sich ferner damit einverstanden erklären, dass die bestehende Sicherungshypothek gelöscht und statt dessen eine solche zu Gunsten der Beklagten eingetragen werde. Nachdem der Kläger dies verweigert hatte, lehnte die Beklagte den Antrag auf Weiterbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ab 1.5.2007 ab (Bescheid vom 8.10.2007; Widerspruchsbescheid vom 8.11.2007).

5

Das SG Augsburg hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 8.7.2008). Der Anspruch des Klägers gegen seinen Bruder auf Auszahlung von 55 000 Euro sei verwertbares Vermögen, das die Vermögensfreibeträge übersteige. Er könne den Auszahlungsanspruch "versilbern", indem er ihn an interessierte Geldgeber abtrete oder sich von seinem Bruder einen Vorschuss geben lasse. Die Beklagte habe die darlehensweise Hilfe zu Recht verwehrt, weil der Kläger die Stellung von Sicherheiten abgelehnt habe und damit eine Ermessensreduzierung auf Null vorliege.

6

Nachdem sich die Beteiligten in einem Erörterungstermin vor dem LSG vom 27.4.2009 darüber geeinigt hatten, dass dem Kläger dem Grunde nach Anspruch auf Arbeitslosengeld II (Alg II) in Form eines Darlehens für den Zeitraum vom 1.5.2007 bis 28.4.2008 zustehe, hat das LSG die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 28.5.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, der Kläger habe im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II als Zuschuss. Er sei nicht hilfebedürftig gewesen, weil er über ausreichendes Vermögen verfügt habe. Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung des Guthabens aus der Unfallversicherung könne nicht ausgegangen werden. Ein Vergleich der Auszahlungsbeträge zum 1.6.2005 und 1.6.2016 zeige, dass die Überschussbeteiligung bereits zum 1.6.2005 deutlich über dem Zuwachs der Rückgewährleistung bis zum Vertragsende gelegen habe. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ergebe sich auch nicht daraus, dass für die vorzeitige Auszahlung der Unfallversicherung zum 1.7.2008 Zinsen in Höhe von 779,08 Euro fällig geworden seien, weil dieser Betrag deutlich unter 10 vom Hundert des Auszahlungsbetrags liege. Da die Auszahlungssumme bis zur tatsächlichen Auszahlung zum 1.6.2008 auf 10 639,28 Euro angewachsen sei, werde davon ausgegangen, dass der Wert der Unfallversicherung mehr als 8000 Euro betragen habe. Unabhängig hiervon handele es sich bei dem Anspruch des Klägers gegen seinen Bruder auf Auszahlung in Höhe von 55 000 Euro um Vermögen, das bereits mit dessen Entstehung ein Wertzuwachs sei, den der Kläger "versilbern" könne. Er könne die mit einer Sicherungshypothek gesicherte Forderung bei Banken zu Geld machen. Die von ihm vorgelegten Bestätigungen vom März 2006, nach denen die Banken ihm kein Darlehen in Höhe von 55 000 Euro geben wollten, widerlegten dies nicht. Selbstverständlich sei, dass diese einem Bezieher von Alg II kein Darlehen in der Höhe geben wollten, die derjenigen der in maximal 13 Jahren zu erwartenden Zahlung entspreche. Angesichts der dinglichen Sicherung würden die Banken jedoch einen abgezinsten Betrag von 30 000 Euro (bei 12 bis 13 Jahren Laufzeit und einem in der streitigen Zeit marktüblichen Zins von etwa 5 vom Hundert) als Darlehen gewähren. Sie hätten kein Zins- und nur das übliche Darlehensrisiko bei dinglicher Sicherung. Das lediglich mit Grundschulden von 7670 Euro belastete Grundstück von 756 qm in K sei eine ausreichende Sicherheit. Bei ernsthaften Verhandlungen sei die Verwertung der Forderung auch innerhalb von sechs Monaten möglich. Diese abgezinste Verwertung sei auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich, weil die künftige Forderung von 55 000 Euro nur einen abgezinsten Verkehrswert habe.

7

Mit seiner hiergegen eingelegten Revision rügt der Kläger die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör. Weder die Beteiligten noch das LSG hätten in irgendeiner Form problematisiert, ob die Unfallversicherung ebenfalls als Vermögen anzusehen sei. Obwohl der Beklagten die vorhandene Versicherung bereits bei Antragstellung unter Vorlage aller Unterlagen bekannt gewesen sei, habe sie Leistungen erbracht. Bei entsprechendem Hinweis durch das LSG hätte er unter Vorlage seines Versicherungsverlaufs in der gesetzlichen Rentenversicherung dargelegt, in welchen Zeiten er selbstständig tätig gewesen sei und keine Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung gezahlt habe, welche Art von Alterssicherung er in dem Zeitraum seiner selbstständigen Tätigkeit getroffen habe und welche Beträge von ihm in die streitgegenständliche Unfallversicherung einbezahlt worden seien. Der Kläger rügt weiter eine Verletzung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alt SGB II. Nach der Rechtsprechung des BSG habe das LSG die Unwirtschaftlichkeit der Verwertung der Unfallversicherung durch Gegenüberstellung der eingezahlten Beträge sowie des gegenwärtigen Rückkaufswerts ermitteln müssen. Das LSG habe jedoch keinerlei Feststellungen zur Höhe seiner Beträge an die Versicherung getroffen. Es liege auch ein Verstoß gegen § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II vor, den das LSG ersichtlich nicht geprüft habe. Da er von August 1980 bis Juni 1990 selbstständig tätig gewesen sei, weise sein Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung eine Lücke auf, wegen der er sich durch Abschluss einer Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückerstattung abgesichert habe. Das LSG habe § 12 SGB II auch unzutreffend angewandt, indem es die im notariellen Vertrag verbriefte Forderung als tatsächlich verwertbares Vermögen angesehen habe. Das LSG habe lediglich unterstellt, dass die Banken ihm ein Darlehen in Höhe von 30 000 Euro gegeben hätten, hierzu aber keine Ermittlungen angestellt. Bei Ermittlungen zur Verwertbarkeit der im notariellen Vertrag aufgeführten Forderung hätte es herausgefunden, dass diese nicht verwertbar sei. Anlässlich seiner Vorsprache bei verschiedenen Banken hätten ihm deren Sachbearbeiter nach kurzer Einsichtnahme in die notarielle Urkunde mitgeteilt, dass man ihm kein Geld leihen werde. Des weiteren hätte das LSG Ermittlungen zum Wert des Grundstücks und zu dessen Verwertbarkeit anstellen müssen.

8

Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. Mai 2009 und des Sozialgerichts Augsburg vom 8. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 8. Oktober 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. November 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm für den Zeitraum vom 1. Mai 2007 bis 28. April 2008 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Zuschuss zu gewähren.

9

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

10

Sie verweist auf das Urteil des LSG.

Entscheidungsgründe

11

Die Revision ist im Sinne der Aufhebung des Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG). Mangels ausreichender Feststellungen des LSG kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob und ggf in welcher Höhe dem Kläger im streitigen Zeitraum Leistungen nach dem SGB II zustanden, insbesondere ob es sich bei der Forderung aus dem notariellen Überlassungsvertrag vom 24.8.2005 und seiner Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückerstattung um verwertbares Vermögen iS des § 12 Abs 1 SGB II handelte, das ihn in die Lage versetzte, im streitigen Zeitraum seinen Lebensunterhalt ohne Leistungen nach dem SGB II zu sichern.

12

1. Gegenstand des Revisionsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 8.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.11.2007, mit dem sie die beantragten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II für den Zeitraum vom 1.5.2007 bis 28.4.2008 abgelehnt hat. Hiergegen wendet sich der Kläger zu Recht mit der (nunmehr) kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (vgl BSG Urteil vom 18.2.2010 - B 4 AS 5/09 R, RdNr 10). Die Prüfung des streitgegenständlichen Anspruchs ist trotz der zunächst vollständigen Versagung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auf den Zeitraum vom 1.5.2007 bis 28.4.2008 beschränkt, weil die Beklagte auf einen Folgeantrag des Klägers vom 29.4.2008 mit einem weiteren Bescheid vom 29.5.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen bewilligt und die Leistungsbewilligung als Zuschuss (damit) abgelehnt hat. Mit der Erteilung dieses Bescheides endet der Zeitraum, für den der ablehnende Bescheid vom 8.10.2007 Wirkung entfalten konnte (BSG Urteil vom 31.10.2007 - B 14/11b AS 59/0AS 59/06 R, RdNr 13). Die Einbeziehung von Folgebescheiden in analoger Anwendung des § 96 SGG kommt nicht in Betracht(BSG aaO). Darüber hinaus hat sich die Beklagte auch für Folgezeiträume der rechtskräftigen Entscheidung dieses Rechtsstreits unterworfen. Nach Anerkennung eines Anspruchs des Klägers auf darlehensweise Leistungen durch die Beklagte im Erörterungstermin vor dem LSG vom 27.4.2009 streiten die Beteiligten (noch) darüber, ob er Leistungen als Zuschuss beanspruchen kann.

13

2. Leistungen nach dem SGB II erhalten nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II(hier idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt ) Personen, 1. die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Hilfebedürftig iS von § 7 Abs 1 Satz 1 Nr 3 iVm § 9 Abs 1 SGB II ist, wer ua seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen (Nr 2) sichern kann, und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Den Feststellungen des LSG ist zu entnehmen, dass als monatlicher Bedarf des Klägers im streitigen Zeitraum neben der für ihn nach § 20 Abs 2 Satz 1 SGB II maßgebenden Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts und den Kosten für Unterkunft und Heizung auch Kosten einer freiwilligen Krankenversicherung (116,18 Euro monatlich) und der sozialen Pflegeversicherung (15,08 Euro monatlich) zu berücksichtigen sind. Er verfügt über kein Einkommen. Ob sein Bedarf durch Vermögen iS des § 12 SGB II gedeckt war, kann der Senat anhand der Feststellungen des LSG jedoch nicht abschließend beurteilen.

14

3. Nach § 12 Abs 1 SGB II sind als Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen. Zum einzusetzenden Vermögen können neben beweglichen Sachen und Immobilien auch verbriefte oder nicht verbriefte Forderungen und Geldleistungen in Form von Rückkaufswerten aus Versicherungen gehören (Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 12 RdNr 41, Stand September 2008; Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 12 SGB II RdNr 18 f, Stand April 2010). Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 SGB II sind als Vermögen allerdings nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Als Vermögen des Klägers kommen die erst künftig fällig werdende Forderung gegen seinen Bruder aus dem notariellen Überlassungsvertrag vom 24.8.2005 (s unter 4), seine Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückerstattung (s unter 5) sowie die Guthaben auf dem Girokonto und dem Wertpapierdepot (s unter 6) in Betracht. Sowohl die Forderung aus dem Überlassungsvertrag als auch der Rückkaufswert aus der Unfallversicherung könnten - jeweils für sich betrachtet - dazu führen, dass die Grundfreibeträge für das Vermögen nach § 12 Abs 2 Satz 1 Nr 1 SGB II im streitigen Zeitraum vom 1.5.2007 bis 28.4.2008 in Höhe von 8850 Euro bzw 9000 Euro überschritten wurden.

15

4. a) Die dinglich gesicherte Forderung des Klägers aus dem notariellen Überlassungsvertrag ist jedenfalls im hier streitigen Zeitraum Vermögen iS des § 12 SGB II und nicht Einkommen(§ 11 SGB II). Nach § 11 Abs 1 SGB II sind nur Einnahmen in Geld oder Geldeswert als Einkommen zu berücksichtigen; dagegen ist die Berücksichtigung als Vermögen nach den Regelungen des § 12 SGB II auch dann möglich, wenn weitere Verwertungshandlungen "zwischengeschaltet" sind. Vermögensgegenstände können daher neben beweglichen Sachen und Immobilien auch (künftig fällig werdende) Forderungen und Rechte sein. Insofern haben die für die Grundsicherung nach dem SGB II zuständigen Senate des BSG im Zusammenhang mit der Differenzierung zwischen Einkommen und Vermögen im SGB II in grundsätzlicher Anlehnung an die Rechtsprechung des BVerwG zur Sozialhilfe ua ausgeführt, dass - unabhängig von dem rechtlichen Schicksal einer Forderung - für deren Berücksichtigung als Einkommen ausschließlich auf die Erzielung von Einkünften in Geld oder Geldeswert im Sinne eines tatsächlichen Zuflusses abzustellen ist (BSG Urteil vom 30.9.2008 - B 4 AS 29/07 R - BSGE 101, 291 ff = SozR 4-4200 § 11 Nr 15, jeweils RdNr 18; BSG Urteil vom 30.7.2008 - B 14 AS 26/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 17 RdNr 24; vgl auch BVerwG Urteil vom 18.2.1999 - 5 C 16/98 - NJW 1999, 3210 ff; so auch Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 12 SGB II RdNr 23 f, Stand April 2010). Da die Forderung hier erst mit dem "Eintritt des Klägers in die gesetzliche Rente, spätestens jedoch innerhalb von 13 Jahren ab dem 24.8.2005" (dh im Jahre 2018) fällig wird, kann der Kläger sie nicht als tatsächlich zufließende Mittel unmittelbar zum Lebensunterhalt nutzen. Auch nicht bereite Mittel sind jedoch, wenn es sich um verwertbares Vermögen handelt, zur Existenzsicherung einzusetzen.

16

Vermögen ist verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen und belastet werden können (BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 28; Hänlein in Gagel, SGB II/SGB III, § 12 SGB II RdNr 28 Stand April 2010; Mecke in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 31). Die Verwertung muss für den Betroffenen einen Ertrag bringen, durch den er, wenn auch nur kurzfristig, seinen Lebensunterhalt bestreiten kann. Tatsächlich nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder weil sie - wie beispielsweise Grundstücke in Folge sinkender Immobilienpreise - über den Marktwert hinaus belastet sind. Eine generelle Unverwertbarkeit iS des § 12 Abs 1 SGB II liegt vor, wenn völlig ungewiss ist, wann eine für die Verwertbarkeit notwendige Bedingung eintritt(BSG Urteil vom 6.12.2007 - B 14/7b AS 46/06 R - BSGE 99, 248 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 6 RdNr 15). Maßgebend für die Prognose, dass ein rechtliches oder tatsächliches Verwertungshindernis wegfällt, ist im Regelfall der Zeitraum, für den die Leistungen bewilligt werden, also regelmäßig der sechsmonatige Bewilligungszeitraum des § 41 Abs 1 Satz 4 SGB II(vgl BSG Urteil vom 27.1.2009 - B 14 AS 42/07 R - SozR 4-4200 § 12 Nr 12 RdNr 23). Für diesen Zeitraum muss im vorhinein eine Prognose getroffen werden, ob und welche Verwertungsmöglichkeiten bestehen, die geeignet sind, Hilfebedürftigkeit abzuwenden. Eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten (BSG aaO). Als Möglichkeit der Verwertung der dinglich gesicherten Forderung kommen hier deren Umwandlung in Geld durch Verkauf oder - so wohl das LSG - die Beleihung dieser Forderung gegen Aufnahme eines Darlehens in Betracht.

17

b) Ausgehend von den zuvor dargelegten rechtlichen Maßstäben vermag der Senat auf der Grundlage der Feststellungen des LSG nicht zu beurteilen, ob die streitige Forderung im Wege ihrer Umwandlung in Geld durch Verkauf oder Belastung tatsächlich verwertbar war. Zwar steht fest, dass der Kläger die dinglich gesicherte Geldforderung zu einem festgelegten Zeitpunkt in der Zukunft tatsächlich beanspruchen kann. Die Annahmen des LSG, dass die Banken für die Forderung einen Betrag in Höhe von 30 000 Euro als "Darlehen" zahlen würden und eine Verwertung auch innerhalb von sechs Monaten möglich sei, sind nicht als Nachweis der Verwertbarkeit der Forderung geeignet. Der Kläger hat insofern zulässige und begründete Revisionsrügen erhoben (§ 163 SGG iVm § 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Soweit Verfahrensmängel gerügt werden - hier eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG - muss die Revisionsbegründung die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben(§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Erforderlich sind konkrete Angaben dazu, welche zusätzlichen Ermittlungen das Gericht hätte anstellen, welche Beweismittel es hätte einsetzen müssen und zu welchen Ergebnissen diese Ermittlungen geführt hätten (vgl zB BSG Urteil vom 24.11.1987 - 3 RK 7/87 - RdNr 15; BSG Urteil vom 26.4.2005 - B 5 RJ 6/04 R - SozR 4-2600 § 4 Nr 2 RdNr 35). Diesen Anforderungen genügt der Vortrag des Klägers, weil er unter Bezugnahme auf die Erfolglosigkeit eigener Bemühungen vorträgt, das LSG habe bei Banken ermitteln müssen, ob in absehbarer Zeit ein Käufer für die dinglich gesicherte Forderung zu finden gewesen sei und die Banken ihm unter Berücksichtigung des Grundstücks und dessen Verwertbarkeit ein Darlehen gewährt hätten.

18

Die Feststellungen des LSG zur Verwertbarkeit sind auch unter Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 103 SGG) zustande gekommen, weil es zur Klärung der Frage, ob und ggf mit welchem Gegenwert der Kläger die Verwertungsmöglichkeiten der Veräußerung und Beleihung perspektivisch innerhalb eines Zeitraums von sechs Monaten ab Antragstellung hätte realisieren können, nicht von den Ermittlungsmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat, die vernünftigerweise zur Verfügung stehen (BSGE 30, 192, 205; BSG Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/08 KR R, SozR 4-2500 § 109 Nr 16 RdNr 26). Insofern ist zu berücksichtigen, dass zwar auch (noch) nicht fällige Forderungen abgetreten werden können (MünchKomm-Busche, BGB, 2005, § 398 RdNr 63; BGH Urteil vom 21.4.1988 - IX ZR 191/87 - NJW 1988, 3204). Der empfangende Gläubiger (Zessionär) darf noch nicht fällige Ansprüche jedoch ebenso wenig wie der Zedent (übertragender Gläubiger) einziehen (BGH Urteil vom 11.7.1995 - VI ZR 409/94 - VersR 1995, 1205 f; MünchKomm-Busche, BGB, 2005, § 398 RdNr 29). Dieses mindert zumindest den Wert der Forderung und ist - bei prognostischer Betrachtung - bereits bei der Verwertbarkeit zu beachten. Ob und zu welchen Konditionen der Kläger durch Belastung der Forderung im streitigen Zeitraum ein (zunächst) zins- und tilgungsfreies Darlehen erhalten konnte (zum erforderlichen Ausschluss der Zins- und Tilgungszahlung vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 28), bedarf gleichfalls näherer Sachaufklärung.

19

c) Sollte das LSG auf der Grundlage von Ermittlungen bei prognostischer Betrachtung zu einer fristgemäßen Verwertungsmöglichkeit der Forderung gelangen, wird es alsdann zu prüfen haben, ob diese Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alt SGB II ist. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung liegt vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht. Zu ermitteln ist, welchen Verkehrswert der Vermögensgegenstand gegenwärtig auf dem Markt hat. Dieser aktuelle Verkaufspreis ist dem Substanzwert gegenüberzustellen (vgl BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/08 R, BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8; Mecke in Eicher/Spellbrink, 2. Aufl 2008, § 12 RdNr 84). Im Hinblick auf die Verwertung durch Veräußerung sind bisher unterbliebene Ermittlungen zum Substanzwert und Verkehrswert der erst in vielen Jahren fälligen Forderung vorzunehmen. Gleiches gilt für die Verwertung durch Beleihung. Zum Verhältnis der Verwertung durch Verkauf und Belastung gilt, dass der Hilfebedürftige nur zwischen den Verwertungsarten wählen kann, die den Hilfebedarf in gleicher Weise decken (vgl BSG Urteil vom 16.5.2007 - B 11b AS 37/06 R - BSGE 98, 243 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 4, jeweils RdNr 28).

20

d) Ist eine nicht offensichtlich unwirtschaftliche Verwertung der dinglich gesicherten Forderung möglich, wird das LSG ferner zu prüfen haben, ob dies für den Kläger eine besondere Härte iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II darstellt. Nach § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen oder Rechte, soweit ihre Verwertung nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Da maßgebend nur außergewöhnliche Umstände sind, die nicht schon durch die ausdrücklichen gesetzlichen Freistellungen über das Schonvermögen und die Absetzbeträge nach § 12 Abs 2 SGB II erfasst werden, setzt die Härteregelung solche Umstände voraus, die dem Betroffenen ein deutlich größeres Opfer abverlangen als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (vgl zB BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R, BSGE 100, 196 = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, jeweils RdNr 31; BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 14, jeweils RdNr 20). Vor diesem Hintergrund wird das LSG dem Revisionsvorbringen des Klägers zu der durch seinen beruflichen Werdegang geprägten Alterssicherung nachgehen und ermitteln müssen, inwieweit bei ihm eine Versorgungslücke vorhanden ist, für welche die dinglich gesicherte Forderung dergestalt eingesetzt werden könnte, das Niveau seiner Altersvorsorge durch Erwerbstätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu erhalten oder zu verbessern. Insofern ist auch nach dem Vorbringen des Klägers unklar, welcher beruflichen Tätigkeit er nachgegangen ist. Das LSG wird bei seiner Bewertung die Erwerbsbiographie, die gesundheitliche Situation und das Lebensalter des Klägers sowie die vom BSG entwickelten Kriterien zur besonderen Härte berücksichtigen müssen. Ob eine mögliche sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen für den Kläger eine besondere Härte bedeuten würde (§ 23 Abs 5 SGB II), brauchte der Senat nicht zu prüfen, weil die Beklagte für den streitigen Zeitraum einen Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Darlehen anerkannt hat.

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5. a) Sollte das LSG zu dem Ergebnis gelangen, dass die dinglich gesicherte Forderung nicht als Vermögen zu berücksichtigen ist, hängt das Vorliegen von Hilfebedürftigkeit ferner von der Verwertbarkeit der Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückerstattung ab. Es handelt sich insoweit um eine Mischform zwischen kapitalbildender Lebens- und Unfallversicherung, bei welcher der Versicherer neben den bei einem Unfall vereinbarten Leistungen auch die bei einem unfallunabhängigen Tod oder im Erlebensfalls jeweils erreichte Rückgewährsumme in Höhe der gezahlten Beiträge leistet (Knappmann in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 27. Aufl 2004, § 179 RdNr 3). Bezogen auf diesen Vermögenswert ist eine Zurückverweisung der Sache an das LSG jedoch nicht schon deshalb geboten - wie der Kläger offenbar meint -, weil dieses verfahrensfehlerhaft den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör gemäß Art 103 Abs 1 GG bzw § 62 SGG verletzt hat.

22

b) Der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor. Der Grundsatz der Gewährung rechtlichen Gehörs besagt, dass der Beteiligte zum jeweiligen Verfahren herangezogen und ihm Gelegenheit gegeben werden muss, sich vor Erlass der Entscheidung zum Prozessstoff zu äußern und gehört zu werden. § 62 SGG verpflichtet das Gericht aber nicht generell, seine Rechtsauffassung zum Prozessstoff vorab mitzuteilen oder bei der Erörterung der Sach- und Rechtslage bereits die endgültige Beweiswürdigung darzulegen(BSG SozR 3-1500 § 153 Nr 1 S 3 mwN). Der Anspruch auf rechtliches Gehör soll verhindern, dass die Beteiligen durch eine Entscheidung überrascht werden, die auf Rechtsauffassungen, Tatsachen und Beweisergebnissen beruht, zu denen sie sich nicht äußern konnten (BSG Urteil vom 11.11.2003 - B 2 U 32/02 R - NZS 2004, 660, 661). Streitig ist hier jedoch lediglich die rechtliche Bewertung von bekannten Tatsachen, insbesondere eines Vermögenswertes, der den Beteiligten bekannt war. Da die Hilfebedürftigkeit unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen ist, gilt dies auch für die Berücksichtigung von Vermögen in Gestalt der hier in den Anträgen auf SGB II-Leistungen laufend angegebenen Unfallversicherung.

23

c) Die Unfallversicherung ist nicht bereits deshalb von der Vermögensberücksichtigung ausgenommen, weil sie von der in § 12 Abs 2 Nr 3 SGB II enthaltenen - speziell die Verschonung von Altersvorsorgewerten bei der Feststellung von Vermögen betreffenden - Regelung erfasst wird. Hiernach sind vom Vermögen abzusetzen geldwerte Ansprüche, die der Altersvorsorge dienen, soweit der Inhaber sie vor dem Eintritt in den Ruhestand aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung nicht verwerten kann und der Wert der geldwerten Ansprüche 250 Euro je vollendetem Lebensjahr des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, höchstens jedoch 16 250 Euro, nicht übersteigt. Der Vereinbarung eines Verwertungsverbots steht bereits tatbestandlich entgegen, dass der Kläger die Versicherung zum 1.6.2008 tatsächlich gekündigt hat (s auch § 180 Versicherungsvertragsgesetz, der für die private Unfallversicherung ausdrücklich nur die Anwendbarkeit der §§ 166 bis 168 VVG anordnet).

24

d) Offen ist aber, ob der Ausnahmetatbestand des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II zu Gunsten des Klägers eingreift. Hiernach sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen vom Inhaber als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnete Vermögensgegenstände in angemessenem Umfang, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit ist. Da das LSG schon keine Feststellungen zum beruflichen Werdegang des Klägers getroffen hat, kann nicht beurteilt werden, ob er nach den §§ 6, 231, 231a SGB VI von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit gewesen ist. Ist der Kläger nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit gewesen, ist er allerdings auch nicht aus Gleichbehandlungsgesichtspunkten den in § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 3 SGB II genannten Personen gleichzustellen. Der Senat schließt sich insofern der Rechtsprechung des 14. Senats des BSG an, der bereits mehrfach entschieden hat, dass die Privilegierung des für die Altersvorsorge bestimmten Vermögens eines von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung Befreiten gegenüber sonstigen Sicherungsformen von Personen, die mit der von ihnen ausgeübten Tätigkeit niemals der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung unterlagen, wegen der unterschiedlichen Ausgangssituationen beider Gruppen keine verfassungswidrige Ungleichbehandlung iS des Art 3 Abs 1 GG darstellt (BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 = SozR 4-4200 § 12 Nr 14 - RdNr 18; BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, jeweils RdNr 23).

25

e) Ist die Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung kein generell geschütztes Vermögen, wird das LSG nach Maßgabe der oben dargelegten Gesichtspunkte (4c) weiter zu prüfen haben, ob deren Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich iS des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 1. Alt SGB II ist. Ebenso wie bei einem Lebensversicherungsvertrag ergibt sich bei der hier vorliegenden Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückerstattung der Substanzwert aus der Höhe der eingezahlten Beiträge und der Verkehrswert aus dem Rückkaufswert der Versicherung. Es kann dahinstehen, welche Verlustgrenze im Einzelnen zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit führt (vgl hierzu BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 68/06 R - BSGE 100, 196 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 8, jeweils RdNr 38),weil der konkrete Wertverlust wegen fehlender Feststellungen des LSG zur Höhe der eingezahlten Beiträge (noch) nicht feststeht. Insofern wird das LSG zunächst den Wert dieses Vermögensgegenstandes im Antragszeitpunkt bzw bei Veränderungen im streitigen Zeitraum zu ermitteln haben. Zu prüfen ist auch, zu welchem Zeitpunkt überhaupt eine Möglichkeit zur Kündigung der Versicherung (vgl hierzu bis zum 31.12.2007 - § 8 Abs 1 VVG bzw - ab 1.1.2008 - § 11 Abs 1 VVG)bestand, der Kläger also über diese uneingeschränkt verfügen konnte.

26

f) Nach den Feststellungen des LSG ist auch offen, ob die Härtefallregelung des § 12 Abs 3 Satz 1 Nr 6 2. Alt SGB II der Berücksichtigung der Unfallversicherung als Vermögen entgegensteht. Das LSG hat hierzu keine Ausführungen gemacht. Nach den Gesetzesmaterialien soll eine Härte iS dieser Vorschrift gegeben sein, wenn ein erwerbsfähiger Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine Ersparnisse für die Altersvorsorge einsetzen müsse, obwohl seine Rentenversicherung Lücken wegen selbstständiger Tätigkeit aufweise (BT-Drucks 15/1749 S 32). Unter Bezug hierauf hat der 14. Senat des BSG betont, dass bei langjährig Selbstständigen eine Pflicht zur Verwertung von Vermögen (Lebensversicherungen) ausscheiden könne, wenn im Einzelfall eine Kumulation von Härtegesichtspunkten gegeben sei (BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 ff RdNr 23, zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an. Dabei spricht nicht allein der Umstand, dass die Unfallversicherung mit garantierter Beitragsrückzahlung unter Berücksichtigung der Kündigungsfrist nach § 8 VVG bzw § 11 VVG verwertet werden kann, gegen die Annahme eines Härtefalls. Anders als nach der Regelung des § 12 Abs 2 Satz 1 Nr 3 SGB II ist für die Nichtberücksichtigung von Vermögen aus Härtefallgründen ein Ausschluss der Verwertbarkeit nicht erforderlich, weil eine solche Auslegung die vom Gesetzgeber beabsichtigte Auffangfunktion der Härteklausel für atypische Fälle gerade wieder aufheben würde(BSG Urteil vom 7.5.2009 - B 14 AS 35/08 R - BSGE 103, 146 ff = SozR 4-4200 § 12 Nr 14, jeweils RdNr 24). Im Rahmen des Härtefalls ist vielmehr lediglich entsprechend der früheren Rechtsprechung des BSG zum Recht der Arbeitslosenhilfe darauf abzustellen, ob der Hilfebedürftige das Vermögen nach Eintritt in den Ruhestand zur Bestreitung des Lebensunterhalts für sich verwenden will und eine dieser Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hat (BSG aaO, RdNr 25; so bereits BSG Urteil vom 15.4.2008 - B 14/7b AS 56/06 R - RdNr 36; vgl auch BSG SozR 4-4220 § 6 Nr 2; Spellbrink, ZfS 2000, 193, 201 ff).

27

6. Als weiteres Vermögen, das die Hilfebedürftigkeit des Klägers mindern könnte, hat das LSG zu Recht sein Wertpapier- und Girokontoguthaben herangezogen. Der Senat vermag nach den Feststellungen des LSG jedoch keine Aussage darüber zu treffen, in welchem Umfang es im streitigen Zeitraum als Vermögen zu berücksichtigen ist. Das LSG hat zwar ausgeführt, dass sich auf dem Girokonto des Klägers am 5.7.2006 ein Guthaben iHv 4005,30 Euro und am 5.3.2008 noch ein solches iHv 1645,22 Euro befunden habe, es ist jedoch - ebenso wie beim Wertpapierguthaben - ggf noch im Einzelnen festzustellen, welche Höhe das Girokontoguthaben des Klägers in dem nach § 12 Abs 4 Satz 2 SGB II maßgebenden Zeitpunkt bei Antragstellung(vgl § 12 Abs 4 Satz 2 SGB II) am 5.4.2007 hatte und wie sich diese Vermögenswerte im streitigen Zeitraum entwickelt haben.

28

Das LSG wird ggf auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Alle verwertbaren Vermögensgegenstände sind vorbehaltlich des Satzes 2 als Vermögen zu berücksichtigen. Nicht zu berücksichtigen sind

1.
angemessener Hausrat; für die Beurteilung der Angemessenheit sind die Lebensumstände während des Bezugs von Bürgergeld maßgebend,
2.
ein angemessenes Kraftfahrzeug für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person; die Angemessenheit wird vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt,
3.
für die Altersvorsorge bestimmte Versicherungsverträge; zudem andere Formen der Altersvorsorge, wenn sie nach Bundesrecht ausdrücklich als Altersvorsorge gefördert werden,
4.
weitere Vermögensgegenstände, die unabhängig von der Anlageform als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden; hierbei ist für jedes angefangene Jahr einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit, in dem keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden, höchstens der Betrag nicht zu berücksichtigen, der sich ergibt, wenn der zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches mit dem zuletzt festgestellten endgültigen Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches multipliziert und anschließend auf den nächsten durch 500 teilbaren Betrag aufgerundet wird,
5.
ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern; bewohnen mehr als vier Personen das Hausgrundstück beziehungsweise die Eigentumswohnung, erhöht sich die maßgebende Wohnfläche um jeweils 20 Quadratmeter für jede weitere Person; höhere Wohnflächen sind anzuerkennen, sofern die Berücksichtigung als Vermögen eine besondere Härte bedeuten würde,
6.
Vermögen, solange es nachweislich zur baldigen Beschaffung oder Erhaltung eines Hausgrundstücks oder einer Eigentumswohnung von angemessener Größe bestimmt ist, und das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung Menschen mit Behinderungen oder pflegebedürftigen Menschen zu Wohnzwecken dient oder dienen soll und dieser Zweck durch den Einsatz oder die Verwertung des Vermögens gefährdet würde sowie
7.
Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.

(2) Von dem zu berücksichtigenden Vermögen ist für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft ein Betrag in Höhe von 15 000 Euro abzusetzen. Übersteigt das Vermögen einer Person in der Bedarfsgemeinschaft den Betrag nach Satz 1, sind nicht ausgeschöpfte Freibeträge der anderen Personen in der Bedarfsgemeinschaft auf diese Person zu übertragen.

(3) Für die Berücksichtigung von Vermögen gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit wird Vermögen nur berücksichtigt, wenn es erheblich ist. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind.

(4) Vermögen ist im Sinne von Absatz 3 Satz 2 erheblich, wenn es in der Summe 40 000 Euro für die leistungsberechtigte Person sowie 15 000 Euro für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt; Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend. Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 nicht zu berücksichtigen. Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Liegt erhebliches Vermögen vor, sind während der Karenzzeit Beträge nach Satz 1 an Stelle der Freibeträge nach Absatz 2 abzusetzen. Der Erklärung ist eine Selbstauskunft beizufügen; Nachweise zum vorhandenen Vermögen sind nur auf Aufforderung des Jobcenters vorzulegen.

(5) Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen. Für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gestellt wird, bei späterem Erwerb von Vermögen der Zeitpunkt des Erwerbs.

(6) Ist Bürgergeld unter Berücksichtigung des Einkommens nur für einen Monat zu erbringen, gilt keine Karenzzeit. Es wird vermutet, dass kein zu berücksichtigendes Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt. Absatz 4 Satz 4 gilt entsprechend.

(1) Eine Änderung der Klage ist nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält.

(2) Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen, wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben.

(3) Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrunds

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Ausführungen ergänzt oder berichtigt werden,
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird,
3.
statt der ursprünglich geforderten Leistung wegen einer später eingetretenen Veränderung eine andere Leistung verlangt wird.

(4) Die Entscheidung, daß eine Änderung der Klage nicht vorliege oder zuzulassen sei, ist unanfechtbar.

(1) Ist ein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht beschieden worden, so ist die Klage nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts zulässig. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, die verlängert werden kann. Wird innerhalb dieser Frist dem Antrag stattgegeben, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(2) Das gleiche gilt, wenn über einen Widerspruch nicht entschieden worden ist, mit der Maßgabe, daß als angemessene Frist eine solche von drei Monaten gilt.

Tenor

I.

Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.05.2014 wird zurückgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten auch des Berufungsverfahrens zu erstatten.

III.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Rücknahme der Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (Arbeitslosengeld II -Alg II-) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 14.04.2005 bis 30.04.2012 und die Erstattung überzahlter Leistungen sowie überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 67.742,91 €.

Der Kläger beantragte erstmals am 14.04.2005 Leistungen vom Beklagten. Er bewohne eine 98 qm große, selbstgenutzte Eigentumswohnung in B-Stadt. Die Frage nach einem Partner, „also des Partners in eheähnlicher Gemeinschaft“, kreuzte er im Antragsformular nicht an. In den Fortzahlungsanträgen gab er keine Änderungen der persönlichen Verhältnisse an, in den Anträgen war nicht mehr nach dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft gefragt worden. Der Beklagte bewilligte dem Kläger zT vorläufig Alg II mit Bescheiden vom 15.07.2005 (14.04.2005 bis 31.10.2005), 14.10.2005 (01.11.2005 bis 30.04.2006), 11.04.2006 (01.05.2006 bis 31.10.2006), 12.05.2006 (01.05.2005 bis 30.05.2006), 20.10.2006 (01.11.2006 bis 30.04.2007), 03.04.2007 (01.05.2007 bis 31.10.2007), 17.10.2007 (01.11.2007 bis 30.04.2008), 21.02.2008 nach Versagung vom 20.12.2007 (01.02.2008 bis 30.04.2008), 26.05.2008 (21.05.2008 bis 31.10.2008), 22.10.2008 01.11.2008 bis 30.04.2009), 23.03.2009 (01.05.2009 bis 31.10.2009), 25.09.2009 (01.11.2009 bis 30.04.2010), 22.04.2010 (01.05.2010 bis 31.10.2010), 18.05.2010 (01.05.2010 bis 31.10.2010), 11.10.2010 (01.11.2010 bis 30.04.2011), 14.04.2011 (01.01.2011 bis 30.04.2011), 14.04.2011 (01.05.2011 bis 31.10.2011), 17.10.2011 (01.11.2011 bis 30.04.2012) und 26.11.2011 (01.01.2012 bis 30.04.2012).

Am 26.01.2006 vermerkte der Beklagte, der Kläger habe von einem Anschluss „A. und R.“ in C-Stadt, C-Straße. 24 bei der Arbeitsvermittlung angerufen. Hierzu erklärte der Kläger, es handle sich bei Frau C. (vor ihrer Scheidung: R.) nur um eine Bekannte, bei der er ab und zu im Internet Stellen recherchiere. Laut einem Ermittlungsbericht des Außendienstes des Beklagten vom 29.12.2006 konnte die Wohnung des Klägers und das Haus von Frau C. zwischen Oktober und Dezember 2006 nach mehrfachen Aufsuchen lediglich von außen in Augenschein genommen werden. Am 22.01.2007 befragte der Beklagte den Kläger schriftlich zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt. Zudem - so der Beklagte - gehe er vom Vorliegen einer „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ aus. Der Kläger möge dazu Stellung nehmen und Beweismittel vorlegen. Der Kläger teilte mit, er halte sich überwiegend in seiner Wohnung in B-Stadt auf. Es habe zwar manchmal den Anschein, dass er nicht anwesend sei, weil er abends kein Licht anmache und die Tür nicht öffne. Er sei aber trotzdem anwesend. An den Wochenenden halte er sich meistens bei seiner Freundin in C-Stadt auf. Seit 08.01.2007 sei er in einer Arbeitsgelegenheit in D-Stadt beschäftigt, die er von B-Stadt aus erreiche. Zur Frage der „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ äußerte sich der Kläger nicht. Eine Rückfrage des Beklagten beim Maßnahmeträger vom 05.02.2007 ergab, dass der Kläger täglich vom Fahrdienst in seiner Wohnung in B-Stadt abgeholt und abends wieder dorthin zurückgebracht werde. Am 22.01.2009 rief eine unbekannte Person beim Beklagten an und teilte mit, der Kläger halte sich seit Jahren bei seiner Freundin in E-Stadt - Frau C. war dorthin verzogen - auf. Seine Wohnung in B-Stadt besuche er nur selten, um den Briefkasten zu leeren. Die Freundin sei selbstständig und verfüge über ein größeres Erbe. Der Beklagte stellte diesbzgl. keine weiteren Nachforschungen an und zahlte weiterhin Alg II.

Nach einer erneuten Information eines Nachbarn des Klägers vom 17.11.2011 - der Kläger lebe mit einer nicht gemeldeten Person in eheähnlicher Gemeinschaft, die über mindestens ein Haus in E-Stadt und mehrere Pkw verfüge - und einem daraufhin veranlassten mehrfachen Aufsuchen des Wohnortes des Klägers durch den Außendienst des Beklagten (Außendienstbericht vom 17.01.2012, die Wohnung des Klägers konnte erneut nicht in Augenschein genommen werden), übersandte der Beklagte dem Kläger eine Zwischenmitteilung vom 25.01.2012, in welcher er die Einschätzung äußerte, der Kläger lebe mit Frau C. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Die Leistungen ab Februar 2012 würden vorläufig eingestellt und der Kläger möge entweder Nachweise über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse von Frau C. erbringen oder nachweisen, dass eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft nicht bestehe. Mit Schreiben vom 08.02.2012 forderte der Beklagte Frau C. auf, ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse ab 01.04.2005 mitzuteilen und Nachweise hierüber zu erbringen. Dies erfolgte nicht. Im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens vor dem Sozialgericht Bayreuth (SG) - Az: S 17 AS 118/12 ER - erklärte sich der Beklagte bereit, Leistungen vorläufig für den Zeitraum Februar bis April 2012 weiterzuzahlen (Vergleich vom 02.03.2012).

Mit Schreiben vom 23.04.2012 hörte der Beklagte den Kläger zur Aufhebung der bewilligten Leistungen sowie zur Erstattung i. H. v. 67.742,91 € an und nahm mit Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 die mit Bescheiden vom 15.07.2005, 20.10.2005 (Bl. 47), 11.04.2006, 12.05.2006, 20.10.2006, 10.04.2007 (Bl. 143), 02.06.2007, 17.10.2007, 21.02.2008, 26.05.2008, 22.10.2008, 23.03.2009, 25.09.2009, 22.04.2010, 18.05.2010, 12.10.2010 (Bl. 274), 26.03.2011, 14.04.2011, 14.04.2011 sowie vom 17.10.2011 und 26.11.2011 bewilligten Leistungen gemäß. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 14.04.2005 bis 30.04.2012 ganz zurück. Zudem forderte er die Erstattung überzahlter Leistungen einschließlich überzahlter Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge i. H. v. 67.742,91 €. Der Kläger lebe seit Beginn des Leistungsbezuges mit Frau C. in einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Indiz hierfür sei der geringe Wasserverbrauch von Frau C. in E-Stadt und die Aussagen der Nachbarn in B-Stadt, E-Stadt und C-Stadt. Da Nachweise über das Einkommen und Vermögen von Frau C. nicht vorgelegt worden seien, werde nach den Grundsätzen des Beweises des ersten Anscheins davon ausgegangen, dass Einkommen und/oder Vermögen in bedarfsdeckender Höhe vorhanden sei. Die Bewilligungsbescheide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen; dies habe darauf beruht, dass der Kläger in seinen Anträgen vom 14.04.2005, 30.09.2005, 14.04.2006, 09.10.2006, 30.03.2007, 16.10.2007, 21.05.2008, 14.10.2008, 19.03.2009, 23.09.2009, 22.04.2010, 07.10.2010, 07.04.2011 und 17.10.2011 zumindest grob fahrlässig falsche Angaben gemacht habe. Dem Kläger sei auch die Fehlerhaftigkeit der Bewilligungen bekannt gewesen.

Am 16.10.2012 hat der Beklagte Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft B-Stadt gegen den Kläger und Frau C. wegen des Verdachts von strafbaren Handlungen gestellt (Az. ). Diese hat Durchsuchungen in den Wohnungen des Klägers in B-Stadt und von Frau C. in E-Stadt am 13.12.2012 veranlasst.

Gegen den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Dieses hat Frau C. und deren Sohn, H. R., uneidlich als Zeugen vernommen. Mit Urteil vom 28.05.2014 hat das SG den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 aufgehoben. Zwar bestehe eine Partnerschaft zwischen dem Kläger und Frau C. im Sinne einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft. Trotz der während des Verfahrens zutage getretenen Indizien sei es aber nicht zu der Überzeugung gelangt, dass während des streitgegenständlichen Zeitraumes eine Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe. Der Kläger und Frau C. hätten ihre Wohnungen jeweils beibehalten, also verschiedene Wohnstätten gehabt. Dies ergebe sich vor allem aus der glaubwürdigen Aussage des Sohnes von Frau C. Das Ergebnis der von der Staatsanwaltschaft B-Stadt angeordneten Durchsuchung der Wohnungen am 13.12.2012 sage nichts über den vorherigen Zustand aus. Einzig die gemeinsame Nutzung eines KFZ stelle ein Indiz für ein „Wirtschaften aus einem Topf“ dar. Die dem Kläger gehörende Wohnung als zu berücksichtigender Vermögensgegenstand rechtfertige eine Rücknahmeentscheidung auch nicht, denn der Kläger habe diesbzgl. von Anfang an keine falschen Angaben gemacht.

Dagegen hat der Beklagte Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Es habe von Anfang an eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestanden. Auf die Aussagen von Nachbarn werde insoweit Bezug genommen. Der Wasserverbrauch in der Wohnung von Frau C. in E-Stadt sei in den Jahren zwischen 2010 und 2012 sehr gering gewesen, eine nachträgliche Korrektur des Verbrauchs sei nicht nachvollziehbar. Frau C. habe keinen Lebensmittelpunkt in E-Stadt. Es liege eine Partnerschaft vor, das SG habe die Aussage des Sohnes von Frau C. falsch gewürdigt. Ein gemeinsames Wirtschaften sei gegeben, Frau C. stelle dem Kläger ihr Fahrzeug zur Verfügung, chauffiere ihn, und er habe seine Kfz-Versicherung auf sie übertragen. Sie lüden sich gegenseitig zum Essen ein. Aufgrund des bei der Wohnungsdurchsuchung vorgefundenen Lebensmittelvorrates sei von einem gemeinsamen Wirtschaften auszugehen. Aufgrund der intellektuellen Fähigkeiten des Klägers habe dieser die Frage nach dem Bestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft wissentlich falsch beantwortet. Bei der Wohnungsdurchsuchung sei auch ein „Hartz IV“- Ratgeber bei ihm gefunden worden. Aufgrund seiner falschen Angabe sei ihm zudem die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide bekannt gewesen, zumal er gegenüber dem SG im Verfahren S 17 AS 558/12 ER angegeben habe, mit Frau C. ein Paar gewesen zu sein.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.05.2014 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Eine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestehe bereits mangels Vorliegens einer Partnerschaft nicht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Akten des Beklagten, die Akten der Verfahren S 17 AS 195/13 ER, S 17 AS 558/12 ER, L 11 AS 534/12 ER, L 11 AS 363/13 B ER, L 11 AS 533/12 B ER und der Staatsanwaltschaft B-Stadt 150 JS 12090/12 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) ist zulässig, aber nicht begründet. Zutreffend hat das SG mit Urteil vom 28.05.2014 auf die erhobene Anfechtungsklage hin den Bescheid vom 29.05.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.07.2012 aufgehoben. Die Rücknahme der bewilligten Leistungen und die Forderung der Erstattung überzahlter Leistungen ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten.

Nach der hier allein in Betracht kommenden Regelung des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 2 Nr. 3 SGB II in der ab 01.04.2011 geltenden Fassung, § 330 Abs. 2 SGB III - der Beklagte ist dabei von einer von Anfang an, d. h. seit 14.04.2005 bestehenden Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen und hat die Leistungsbewilligungen ohne Ermessensausübung für die Vergangenheit zurückgenommen - ist ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt (auch) mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat oder er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Dabei ist auf eine subjektiven Sorgfaltsmaßstab, d. h. auf die persönliche Einsichtsfähigkeit des Betroffenen abzustellen (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 8.Aufl., § 45 Rdnr. 52). Grobe Fahrlässigkeit liegt danach dann vor, wenn der Betroffene aufgrund einfachster und nahe liegender Überlegungen sicher hätte erkennen können, dass der zuerkannte Anspruch nicht oder jedenfalls so nicht besteht (Schütze a. a. O. Rdnr. 56) bzw. dass und welche Tatsachen er hätte angeben müssen.

Die Voraussetzungen für eine solche Rücknahme sind hier nicht gegeben. Die im Bescheid vom 29.05.2012 genannten Bewilligungsbescheide - nicht genannt sind dabei die in den Akten zu findenden Bewilligungsbescheide vom 14.10.2005, vom 03.04.2007 und vom 11.10.2010, wobei auch im Rücknahmebescheid nicht angeben ist, welche Zeiträume und Beträge konkret betroffen sind - sind nicht von Anfang an rechtswidrig, denn es liegt keine Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft zwischen dem Kläger und Frau C. in der streitgegenständlichen Zeit vor. Der Kläger hat zudem weder vorsätzlich noch grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht, noch hat er die Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheid gekannt bzw. grob fahrlässig nicht gekannt.

Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Die am 16.01.1966 geborene Klägerin ist zwar erwerbsfähig und hat ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Er ist auch hilfebedürftig. Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen und Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen, erhält. Bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, sind auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen (§ 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II).

Der Kläger lebt mit Frau C. nicht in einer Bedarfsgemeinschaft. Gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II gehört zur Bedarfsgemeinschaft eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner (1) länger als 1 Jahr zusammenleben, (2) mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, (3) Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder (4) befugt sind, über Einkommen und Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a SGB II). Ob eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft in diesem Sinne vorliegt, ist anhand von Indizien und im Wege einer Gesamtwürdigung festzustellen. Dabei müssen drei Voraussetzungen kumulativ vorliegen: Es muss sich (1.) um Partner handeln, die (2.) in einen gemeinsamen Haushalt zusammenleben, und zwar (3.) so, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Bei den Kriterien zu (1.) und (2.) handelt es sich um objektive Tatbestandsvoraussetzungen, die nach der Systematik des § 7 Abs. 3 Nr. 3 SGB II kumulativ zu der subjektiven Voraussetzung des Einstehens- und Verantwortungswillens gegeben sein müssen. Partnerschaft und Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt sind zugleich Anknüpfungspunkte der Vermutung des § 7 Abs. 3a SGB II. Die subjektive Seite, dass die in einem Haushalt zusammenlebenden Partner auch den gemeinsamen Willen, füreinander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, haben müssen, wird nach § 7 Abs. 3a SGB II bei positiver Feststellung einer dort aufgezählten vier Fälle - die ebenso wie die beiden objektiven Kriterien von Amts wegen ermittelt werden müssen - allerdings vermutet. Es obliegt dann dem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, diese Vermutung zu widerlegen. § 7 Abs. 3a SGB II regelt mithin (nur) die subjektive Voraussetzung einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft und gibt mit den dort aufgezählten, nicht abschließenden (Bundestagsdrucksache 16/1410, 19) Fallgestaltungen Indizien für eine gesetzliche Vermutung von Tatsachen vor, mit deren Hilfe auf den inneren Willen, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, geschlossen werden kann (vgl. zum Ganzen: BSG Urteil vom 23.08.2012 - B 4 AS 34/12 R - veröffentlicht in juris). Das „Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt“ i. S. des § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II erfordert das Bestehen einer „Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft“. Unter „Zusammenleben“ in einer Wohnung ist mehr als nur ein bloßes „Zusammenwohnen“, wie es bei Wohngemeinschaften der Regelfall ist, zu verstehen. Für die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht ehelich verbundenen Partnern ist es zwingend, dass die Partner in „einer Wohnung“ zusammenleben, während bei einer Ehe die häusliche Gemeinschaft zwar ein Grundelement der ehelichen Lebensgemeinschaft ist, jedoch bei Vereinbarung einer abweichenden Lebensgestaltung auch eine Ehe ohne räumlichen Lebensmittelpunkt eine solche i. S. des § 1353 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sein kann. Da es bei der nichtehelichen Partnerschaft an der einzig durch die Eheschließung bereits nach außen dokumentierten Verbundenheit mangelt, erfordert die Annahme einer Bedarfsgemeinschaft unter nicht verheirateten bzw. nicht nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz verbundenen Partnern, dass der in Verbundenheit durch das Zusammenleben in einer Wohnung nach außen erkennbar wird (vgl. Hess. LSG, Beschluss vom 21.06.2013 - L 9 AS 103/13 B ER - veröffentlicht in juris; vgl. auch BSG a. a. O.).

Offen gelassen kann vorliegend, ob zwischen dem Kläger und Frau C. eine Partnerschaft und der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen. Beides sieht der Senat allerdings als gegeben an, wobei zur Begründung auch auf die Ausführungen des SG gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen werden kann. Das SG hat nach Auffassung des Senates die Zeugenaussagen hinsichtlich des Vorliegens einer Partnerschaft zutreffend gewürdigt. Den wechselseitigen Willen, füreinander einzustehen, entnimmt der Senat u. a. der Tatsache, dass zunächst der Kläger Frau C. bei ihren Streitigkeiten in und um deren Haus zunächst in C-Stadt und später in E-Stadt insbesondere gegenüber deren früheren Ehemann zur Seite stand und andererseits Frau C. dem Kläger in Zeiten der Krankheit und des Hilfebedarfes unterstützt. Es fehlt jedoch am Nachweis des „Wirtschaftens aus einem Topf“. Frau C. und der Kläger hatten zumindest in der streitgegenständlichen Zeit keine gemeinsame Wohnung. Den Nachweis hierfür kann der Beklagte nicht erbringen, zumal die Wohnungsdurchsuchung erst mehr als ein halbes Jahr nach Ende der streitgegenständlichen Zeit erfolgte und von daher keine Auskunft über die Zeit vor der Durchsuchung geben kann. Allein die Tatsache, dass sich beide mitunter oder auch häufig in einer der beiden Wohnungen aufhalten, rechtfertigt die Annahme einer gemeinsamen Wohnung nicht. Auch die Tatsache, dass Frau C. für den Kläger während seiner gesundheitlichen Hilfebedürftigkeit kocht, belegt ein gemeinsames Wirtschaften nicht, solange nicht festgestellt werden kann, ob sie für beide kocht und die dazu erforderlichen Mittel aus einer gemeinsamen Kasse, nicht aber allein vom Kläger - ggfs über einen Einkauf bei der „Tafel“ - bezahlt werden. Das Übergeben des Rabattes eines Kfz-Versicherungsvertrages an Frau C. kann ein Indiz für ein gemeinsames Wirtschaften darstellen, dessen Indizwirkung jedoch dann wiederum entfällt, wenn der Kläger kein eigenes, angemeldetes Fahrzeug besitzt, mit dem er einen solche Vergünstigung ausnützen kann. Der von Frau C. gegenüber dem Wasserversorger angegebene bzw. von diesem geschätzte Wasserverbrauch ist nach Angabe von Frau C. durch eine Tatsächliche Ablesung korrigiert worden; er stellt aber auch lediglich ein Indiz dafür dar, dass diese nur sehr wenig Wasser in der eigenen Wohnung verbraucht hat. Einen Hinweis auf ein „Wirtschaften aus einem Topf“ sieht der Senat vorliegend unabhängig von der nachträglichen Korrektur der Werte nicht. Es fehlt somit an Indizien, die ein gemeinsames Wirtschaften in dem Sinne als nachgewiesen erscheinen lassen, dass ein vernünftiger, die Lebensverhältnisse klar überschauender Mensch keinen Zweifel am Vorliegen eines solchen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft mehr hat (vgl. Spellbrink/G. Becker in Eicher, SGB II, 3.Aufl. § 7 Rdnr. 102). Es ist aufgrund des og., letztendlich einzigen Indizes auch nicht davon auszugehen, dass mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne diese völlig auszuschließen (vgl. dazu Spellbrink/G. Becker a. a. O.), diese objektive Tatbestandvoraussetzung gegeben ist.

Nachdem es sich um die Rücknahme bereits bewilligter Leistungen handelt, der Beklagte also vom Nichtbestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft trotz der seit langem bestehenden gegenteiligen Vermutungen ausgegangen ist und Alg II bewilligt hat, trägt er die Feststellungslast hinsichtlich der Frage des Vorliegens einer solchen Bedarfsgemeinschaft (Schütze in von Wulffen, SGB X, 8.Aufl., § 45 Rdnr. 29 m. w. N..). Der Beweis des ersten Anscheins spricht in dieser Situation zunächst für das bisher vom Beklagten angenommene Nichtbestehen einer solchen, denn der Beklagte ist vom Nichtbestehen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ausgegangen. Zu beachten ist jedoch, dass eine Ausnahme von dieser grundsätzlichen Beweislastverteilung dann gerechtfertigt sein kann, wenn in der persönlichen Sphäre oder in der Verantwortungssphäre des Arbeitslosen wurzelnde Vorgänge nicht aufklärbar sind, d. h. wenn eine besondere Beweisnähe zum Arbeitslosen vorliegt (vgl. dazu m. w. N.: BSG, Urteil vom 24.05.2006 - B 11a AL 7/05 R - BSGE 96, 238; Schütze a. a. O. Rdnr. 29; Merten in Hauck/Noftz SGB X, § 45 Rdnr. 39). Eine dem Arbeitslosen anzulastende Beweisnähe kann sich etwa daraus ergeben, dass bei der Antragstellung Angaben unterlassen worden sind mit der Folge der Erschwerung der Aufklärung in späteren Jahren (vgl. BSG a. a. O.). Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Der Kläger hat seit Antragstellung vom 14.04.2005 bis zum Ende des streitgegenständlichen Zeitraumes keine Angaben zu Tatsachen, aus denen sich das Vorliegen einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft ergeben kann, unterlassen, denn er ist nach solchen Tatsachen insbesondere vom Beklagten nicht konkret gefragt worden. Er ist lediglich im Antrag nach einem Partner in eheähnlicher Gemeinschaft, aber nicht nach den diesem Rechtsbegriff zugrunde liegenden Tatsachen befragt worden. Der Beklagte beließ es bei allgemeinen Ermittlungen des Außendienstes und der im Einzelnen wenig aussagekräftigen Befragung von Nachbarn. Eine (förmliche) Einvernahme des Klägers bzw. von Frau C. oder - soweit möglich - der Nachbarn oder anderer Familienmitglieder zu konkreten Tatsachen ist nicht erfolgt, obwohl zumindest seit Januar 2006 die Vermutung des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft bestand. Der Beklagte hat nicht einmal versucht, mit dem Kläger eine Wohnungsbesichtigung abzusprechen, auch wenn diese dann nur einen eingeschränkten Beweiswert haben kann. Eine besondere, dem Kläger anzulastende Beweisnähe besteht daher nicht, konkrete Ermittlungen sind erst durch die Staatsanwaltschaft und das SG, nicht aber durch den Beklagten erfolgt. Der Kläger wie auch später Frau C. als Zeugin haben alle Auskünfte zu ihren Zusammenleben gegeben, soweit sie hierzu befragt worden sind. Eine Erschwerung der Aufklärung im Rahmen der Vorbereitung der Rücknahmeentscheidung durch die am 14.04.2005 erfolgte Nichtangabe von Tatsachen ist nicht ersichtlich. Somit hat der Beklagte bei einer auf § 45 SGB X gestützten Rücknahme die volle Beweislast für die Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes zu tragen. Den entsprechenden Nachweis für die streitgegenständliche Zeit kann er jedoch nicht führen.

Unabhängig davon scheitert eine Rücknahme für die Vergangenheit ohne Ausübung des Ermessens bereits daran, dass der Kläger weder grob fahrlässig noch vorsätzlich unrichtige oder unvollständige Angaben gegenüber dem Beklagten gemacht hat. Gemäß § 60 Abs. 1 Nr. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind. Anzugeben sind nur Tatsachen, also insbesondere keine auf Tatsachen oder Rechtsnormen gestützten Wertungen (vgl. Mrozynski, SGB I, 5. Aufl., § 60 Rdnr. 23; ähnlich Siebert in Hauck/Noftz, SGB I Stand 7/2014, § 60 Rdnr. 27). Nach Tatsachen hat der Beklagte den Kläger jedoch nicht befragt. Er hat vielmehr nur danach gefragt, ob ein Partner in eheähnlicher Gemeinschaft vorhanden sei, hat also nach einem Rechtsbegriff gefragt, der eine genaue Kenntnis der hierfür zu erfüllenden Voraussetzungen erforderlich macht und einer rechtlichen Wertung bedarf. Auch im Schreiben vom 22.01.2007 ist der Kläger lediglich gebeten worden, zur Frage einer „Wirtschafts- und Einstehensgemeinschaft“ Stellung zu nehmen und geeignete Nachweise beizufügen. Es ist somit nicht erkennbar, welche Tatsachen der Kläger aus seiner Sicht dem Beklagten unterlassen hat mitzuteilen, und welche Tatsachen er unzutreffend angegeben hat. Nicht zu den Tatsachen, sondern zu den Wertungen gehört die Entscheidung, ob eine Beziehung zwischen zwei Personen den Charakter einer eheähnlichen Gemeinschaft hat. Tatsachen wären dagegen, das Zusammenleben in einem Haushalt, das Ausmaß des gemeinsamen Wirtschaftens (vgl. Mrozynski a. a. O.). Nach letzterem hat der Beklagte aber nicht konkret gefragt.

Ebenso wenig ist dem Kläger eine Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide zu unterstellen, denn eine solches Wissen bzw. grob fahrlässiges Nichtwissen erfordert eine genaue Kenntnis des Begriffes der Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft sowie die Wertung und rechtliche Einordnung verschiedener Sachverhalte und Tatsachen unter diesen Begriff. Nachdem bereits zwischen dem erstinstanzlichen Gericht und dem Beklagten Uneinigkeit darüber besteht, ob diese Gemeinschaft vorliegt, d. h. ob überhaupt eine Rechtswidrigkeit gegeben ist, kann von einem Laien selbst unter Berücksichtigung einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht erwartet werden, dass er diese Einordnung richtig vornimmt bzw. es kann ihm nicht vorgehalten werden, diese grob fahrlässig unzutreffend getroffen zu haben, wenn er vom Nichtbestehen einer solchen ausgeht.

Das Vorhandensein von evtl. vorhandenem Vermögen in Form der selbst bewohnten Eigentumswohnung war dem Beklagten seit der Erstantragstellung des Klägers bekannt, er hatte dieses Eigentum im Antrag angegeben. Eine Rücknahme wegen unvollständiger Angaben oder zumindest grob fahrlässiger Unkenntnis der Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide lässt sich hierauf nicht stützen. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die vom Beklagten zuletzt noch angesprochene Schätzung des Einkommens aus nichtselbstständiger und selbstständiger Tätigkeit für 2005 durch das Finanzamt B-Stadt kann auch nicht eine Rechtwidrigkeit der Bewilligungsbescheide begründen, denn ein Abstellen allein auf einen Steuerbescheid ist erst ab 01.10.2005 jedoch lediglich bei selbstständiger Tätigkeit gesetzlich vorgesehen (Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld - Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung, Alg II-V, vom 20.10.2004 geändert am 22.08.2005). Zudem ist die Leistungsbewilligung für 2005 nicht vorläufig erfolgt (§ 2a Abs. 4 Alg II-V) und ein tatsächliches Einkommen nicht bekannt, so dass sich hieraus für eine Rechtswidrigkeit der Bewilligungsbescheide für 2005 keine Anhaltspunkte ergeben.

Für eine nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse bis 30.04.2012 hinsichtlich des Vorliegens einer Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft finden sich ebenfalls keine Anhaltspunkte. Die Durchsuchung der Wohnung - soweit sich daraus eine Änderung der Einschätzung überhaupt ergeben sollte - fand erst im Dezember 2012 statt.

Nach alldem war die Berufung zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Wird ein Verwaltungsakt oder ein Widerspruchsbescheid, der bereits vollzogen ist, aufgehoben, so kann das Gericht aussprechen, daß und in welcher Weise die Vollziehung des Verwaltungsakts rückgängig zu machen ist. Dies ist nur zulässig, wenn die Verwaltungsstelle rechtlich dazu in der Lage und diese Frage ohne weiteres in jeder Beziehung spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Hält das Gericht die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten Verwaltungsakts für begründet und diese Frage in jeder Beziehung für spruchreif, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den beantragten Verwaltungsakt zu erlassen. Im Übrigen gilt Absatz 3 entsprechend.

(3) Hält das Gericht die Unterlassung eines Verwaltungsakts für rechtswidrig, so ist im Urteil die Verpflichtung auszusprechen, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(4) Hält das Gericht eine Wahl im Sinne des § 57b oder eine Wahl zu den Selbstverwaltungsorganen der Kassenärztlichen Vereinigungen oder der Kassenärztlichen Bundesvereinigungen ganz oder teilweise oder eine Ergänzung der Selbstverwaltungsorgane für ungültig, so spricht es dies im Urteil aus und bestimmt die Folgerungen, die sich aus der Ungültigkeit ergeben.

(5) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Satz 1 gilt auch bei Klagen auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts und bei Klagen nach § 54 Abs. 4; Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlass des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, dass Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluss kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Gegen das Urteil eines Landessozialgerichts und gegen den Beschluss nach § 55a Absatz 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundessozialgericht nur zu, wenn sie in der Entscheidung des Landessozialgerichts oder in dem Beschluß des Bundessozialgerichts nach § 160a Abs. 4 Satz 1 zugelassen worden ist.

(2) Sie ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 und auf eine Verletzung des § 103 nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das Landessozialgericht ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

(3) Das Bundessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.