Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2017 - L 11 AS 391/14 KL

bei uns veröffentlicht am20.12.2017

Gericht

Bayerisches Landessozialgericht

Tenor

I. Die Beklagte wird verurteilt, 98.511,23 EUR an die Klägerin zu zahlen.

II. Es wird festgestellt, dass die verweigerte Mittelfreigabe mit Schreiben vom 13.12.2013 rechtswidrig gewesen ist.

III. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist eine Aufrechnung der Beklagten mit Erstattungsforderungen für die Jahre 2010 bis 2012 wegen angeblich unberechtigter Abrechnung von Verwaltungskosten im Hinblick auf zwei Mitarbeiterinnen iHv 91.488,62 EUR, die Erstattung weiterer Verwaltungskosten iHv 7.022,61 EUR für 2013 an die Klägerin sowie eine verweigerte Freigabe von Bundesmitteln zur Erstattung von Verwaltungskosten iHv 169.881,57 EUR.

Die Klägerin ist ein nach § 6a Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zugelassener kommunaler Träger (zkT) und war aufgrund der Verwaltungsvereinbarung über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen Trägers der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 18.03.2005 bzw. 21.02.2005 (VV) zur Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) berechtigt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 VV) und ermächtigt, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung der VV sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums für Finanzen für Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften sowie beim Bund abzurufen (§ 2 Abs. 1 Satz 2 VV). Das die Beklagte vertretende Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) behielt sich den Widerruf der Ermächtigung vor, soweit die Klägerin diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachte (§ 2 Abs. 1 Satz 3 VV).

Nach einer auf Anforderung durch die Beklagte vorgelegte Stellenbeschreibung für die bei der Klägerin beschäftigte S. Sch. (S.) seien die Zeitanteile wie folgt verteilt: - 20%: Ansprechpartnerin für die Fragen des Sozialversicherungsrechts - 30%: Sachbearbeitung für spezielle Aufgabenstellungen - 10%: Übernahme der Aufgaben der Innenrevision im Bereich des SGB II - 10% Ansprechpartner bei den verschiedenen Prüfungen durch Bundesrechnungshof, Kommunalen Prüfungsverband, Rentenversicherungsträger, Krankenkassen und Bundesversicherungsamt - 10%: Unterstützung der Abteilungsleitung bei der Einarbeitung der neuen Mitarbeiter - 7,5%: interne Schulungen für spezielle Fachthemen im SGB II - 7,5%: Mitarbeit bei der Erstellung und Pflege der sog. Erlangener Richtlinien - 5%: Koordinierung des Datenabgleichs nach § 52a SGB II Ab 2011 war auch die Mitarbeiterin B. W. (W.) im SGB II-Bereich bei der Klägerin tätig. Nach der von der Beklagten angeforderten Stellenbeschreibung ergäben sich folgende Zeitanteile: - 70%: Sachbearbeitung für spezielle Aufgabenstellungen - 30%: Bearbeitung von Grundsatzfragen Nach den zuletzt gemachten Angaben der Klägerin übten S. und W. folgende Tätigkeiten tatsächlich aus: 2010: S. sei im Zeitraum von Januar bis März ausschließlich mit Nacharbeiten und Korrekturen bei den Beitragsmeldungen und -nachentrichtungen wie auch in einzelnen Fallakten beschäftigt gewesen, die sich aufgrund einer Vorortprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) Ende 2009 ergeben hätten. Im Zeitraum April bis Mai habe sie im Hinblick auf eine Änderung zum 01.01.2009, wonach Renteneinkünfte eine sozialversicherungspflichtige Einnahme darstellen würden, alle Einzelfallakten mit Rentenbezug nachberechnet. Daneben habe sie für die Sachbearbeiter eine Entscheidungshilfe und eine entsprechende Checkliste für die Bearbeitung der Fälle von Durchreisenden entwickelt. Vom 20.05. bis Ende Juli habe sie die Sachbearbeitung für andere Mitarbeiter übernommen. Auch vorgefundene Arbeitsrückstände habe sie abgearbeitet. Im August seien weitere Rückstände nachbearbeitet und abgearbeitet worden. Daneben habe sie andere Mitarbeiter in der Sachbearbeitung unterstützt, wobei zugleich der vorhandene Fallbestand dreier Kollegen in Bezug auf Kinderzuschlag, Wohngeld und BA-Statistik geprüft worden sei. Mit der Bearbeitung von Altfällen sei S. im September und Oktober weiter beschäftigt gewesen und habe daneben eine Krankenkassenprüfung vorbereitet und unterstützt. Schließlich habe sie die Erlanger Richtlinie zur Bearbeitung aller Rentenbezugsfälle im Hinblick auf eine Prüfung eines möglichen Wechsels ins Zwölfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bearbeitet. Von Ende Oktober bis November habe sie die Entscheidungsrichtlinie zu den Kosten der Unterkunft für Auszubildende erstellt und daneben ausländische Renteneinkünfte geprüft sowie schließlich Vorbereitungen für die Umsetzung der geplanten Bildungs- und Teilhabeleistungen getroffen. Im Dezember sei sie erneut in der Sachbearbeitung für eine Kollegin eingesprungen, habe letzte Altbestände abgearbeitet und daneben Fälle mit einem Zuschuss nach § 22 Abs. 7 SGB II nachgeprüft sowie Einzelfallentscheidungen entsprechend abgeändert. Die entsprechenden nachträglichen Prüfungen und Nachberechnungen seien zentral von S. vorgenommen worden.

Die tatsächlichen Zeitanteile der Tätigkeiten von S. hätten demnach betragen: - 45%: Leistungssachbearbeitung - 20%: Prüfung und Nacharbeiten DRV - 20%: Erstellung verschiedener Erlanger Richtlinien - 5%: Prüfung ausländische Renten - 5%: Prüfung vorrangiger Ansprüche - 3%: Kopfarbeiten Bildung und Teilhabe - 2%: Vorbereitung und Prüfung der Krankenkasse

2011: W. sei ab 24.01.2011 mit einem Zeitanteil von 75% ihrer Wochenarbeitszeit von zehn Stunden im Rechtskreis SGB II mit der Aufarbeitung des Änderungsbedarfs bei leistungsberechtigten russischen Rentnern beschäftigt gewesen. Sie habe infolge der von S. diesbezüglich vorgenommenen Überprüfungsarbeit die gefundenen Ergebnisse konkret umgesetzt, entsprechende Leistungsbescheide geändert und bei Bedarf Rückforderungsbescheide erlassen. Der weitere Zeitanteil von 25% sei darauf entfallen, die Erlanger Richtlinien zur internen Sicherstellung einer korrekten Rechtsanwendung zu formulieren, Grundsatzfragen zu bearbeiten sowie Musterbescheide und Vordrucke für die Leistungssachbearbeitung anzupassen.

S. habe im Zeitraum von Januar bis März weiter eine erkrankte Leistungssachbearbeiterin vertreten. Von April bis Juni sei sie im Bereich Bildung- und Teilhabe tätig gewesen und habe diesbezüglich sowie zur Feststellung von Erwerbsfähigkeit Richtlinien erstellt. Von Juli bis August habe sie im Bereich Bildung und Teilhabe „Kopfarbeiten“ und Richtlinien erarbeitet. Im September und Oktober habe sie nach entsprechender Vorbereitung Mitarbeiter im Bereich der Bildungs- und Teilhabeleistungen eingearbeitet und geschult sowie eine Prüfung durch das Bundesversicherungsamt vorbereitet, die dann im November stattgefunden habe. Anschließend habe sie im Dezember die diesbezüglichen Nacharbeiten erledigt, wie zB festgestellte Korrekturbedarfe in den Einzelfallakten nachberechnet und entsprechende Bescheide sowie Beitragsmeldungen angepasst.

Die tatsächlichen Zeitanteile der Tätigkeiten von S. hätten demnach betragen: - 30%: Prüfung und Nacharbeiten DRV - 20%: Leistungssachbearbeitung - 15%: Prüfung Sozialversicherung im SGB II Einzelfälle - 15%: Kopfarbeiten Bildung und Teilhabe - 10%: Erstellung verschiedener Erlanger Richtlinien - 10%: Prüfung ausländische Renten

2012: W. habe bis Ende April ihre Tätigkeiten aus 2011 fortgesetzt. Von Mai bis August habe ihre wöchentliche Arbeitszeit zwölf Stunden betragen. Zwei Stunden davon sei sie im Rechtskreis des SGB II tätig gewesen. Sie habe die Erlanger Richtlinien aktualisiert, Rechtsänderungen umgesetzt und Grundsatzfragen - zB die Klärung des Leistungsausschlusses bei EU-Ausländern - bearbeitet. In der Zeit von September bis Dezember habe sie hierfür fünf Stunden ihrer Arbeitszeit von dann 15 Wochenstunden aufgewendet.

S. habe Prüfungen im Rahmen des internen Kontrollsystems bei der Fachstelle SGB II vorgenommen. So sei der Fallbestand hinsichtlich Mieten oberhalb der Höchstmietgrenzen überprüft und ggf Mietsenkungsverfahren nachgeschoben worden. Sie habe Einzelfallentscheidungen zur Übernahme der tatsächlichen Miete getroffen. Im Fallbestand der über 58-Jährigen habe sie die Renteneinkünfte, Möglichkeiten im Zusammenhang mit einem Verweis auf die vorzeitige Inanspruchnahme einer Altersrente und den Verweis auf Ansprüche nach dem SGB XII geprüft. Es seien ausländische Renteneinkünfte, die Möglichkeit der Realisierung solcher sowie die Vergleichbarkeit mit deutschen Altersrenten kontrolliert worden. Zu festgestellten Problemen bei Leistungsansprüchen nach § 27 SGB II sei eine umfassende Richtlinie und ein Rechner für die Auszahlungsansprüche erstellt worden sowie Mitarbeiter geschult worden. Offensichtliche Fehlentscheidungen seien korrigiert bzw Meldungen zur Versicherung gemacht worden. Im Zusammenhang mit dem Ende des Gewährungszeitraums seien Abmeldungen bei Sozialleistungsträgern überprüft und Nachzahlungen, Rückforderungen bzw Berichtigungen von Meldungen vorgenommen worden. Sie habe weiter im Rahmen des Finanzcontrollings Einzelbeträge aus verschiedenen Bereichen dahingehend überprüft, ob der richtige Kostenträger belastet und Vereinnahmungen richtig verbucht worden seien. Gefundene Fehler seien korrigiert und Richtlinien angepasst worden. Auch im Bereich Bildung und Teilhabe habe eine Prüfung der ausgezahlten Einzelbeträge stattgefunden und Fehler bezüglich Kostenträger oder Sachkonten seien berichtigt worden. Im Nachgang zur Prüfung des Bundesversicherungsamtes seien die beanstandeten Fälle nachgeprüft und Fehlentscheidungen korrigiert worden. Schließlich seien vertiefte Einzelfallprüfungen und notwendige Berechtigungen vorgenommen worden, die insbesondere bei den vorgenannten Prüfungen aufgefallen seien. Entsprechende Nachzahlungen bzw Rückforderungen seien veranlasst worden.

Die tatsächlichen Zeitanteile der Tätigkeiten von S. hätten demnach betragen: - 25%: Erstellung Erlanger Richtlinien - 25%: vertiefte Fallprüfung - 20%: Prüfung Höchstmieten - 15%: Prüfung und Nacharbeiten DRV - 5%: Finanzcontrolling - 5%: Prüfung ausländischer Renten - 3%: Prüfung Renteneintrittsalter - 2%: Prüfung Ende Gewährungszeitraum

2013: W. habe 2013 die Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten nach dem SGB II mit 15 Wochenstunden übernommen, was nicht spitz abgerechnet worden sei.

S. habe im Zeitraum von Januar bis Februar und unterjährig Einzelfälle mit darlehensweiser Leistungsgewährung und einmaligen Beihilfen geprüft. Bei festgestellten Fehlern seien Umbuchungsanordnungen zu fertigen gewesen. Dies habe sich als sehr zeitintensiv herausgestellt, so dass nach der Jahresprüfung 2012 auf eine unterjährige begleitende Prüfung übergegangen worden sei. Von März bis Mitte Mai und von August bis September habe S. mögliche vorrangige Ansprüche von Bedarfsgemeinschaften mit einem Leistungsanspruch von unter 200 EUR monatlich mit dem Ziel geprüft, den Leistungsbezug zu beenden und damit Langzeitleistungsbezug zu vermindern. Von Mai bis Mitte August habe sie zwei erkrankte Unterhaltssachbearbeiter mit anteiliger Stundenzahl vertreten. Bis Anfang Oktober bzw Mitte November sei sie noch für die Überwachung und Abrechnung der Mündelgeldzahlungen verantwortlich gewesen. Mitte Juli bis November habe sie wegen einer Änderung der Praxis bei Erstattungsansprüchen der Jobcenter gegenüber Rentenversicherungsträgern eine vollständig neue Richtlinie und Arbeitshilfen für die Leistungssachbearbeiter erstellt. Im November sei der Fallbestand an Rehabilitanden in Bezug auf den Leistungsanspruch, die Gewährung des Mehrbedarfs für die Teilhabe am Arbeitsleben sowie die korrekte Abführung der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung überprüft worden. Unterjährig habe sie bei Änderungsbedarf Vollzugshinweise angepasst bzw neu erstellt. Weiter habe sie an verschiedensten Facharbeitskreisen der Leitungen der Jobcenter - verbunden mit Vor- und Nachbereitungsaufgaben - teilgenommen und mehrere Fortbildungen besucht. Es sei der Personenkreis mit möglichen Rentenansprüchen ab dem 60. Lebensjahr und Personen mit einem Anspruch auf geminderte Altersrenten überprüft worden. Dabei seien Rentenkonten geklärt sowie einzelne Tatbestände mittels Listen und Einzelgesprächen gefiltert worden. Quartalsweise habe sie Leistungsbezieher im Wege des automatisierten Datenabgleichs nach § 52 SGB II überprüft und sei für das Ergebnis verantwortlich gewesen.

Die tatsächlichen Zeitanteile der Tätigkeiten von S. hätten demnach betragen: - 27%: Unterhaltssachbearbeitung - 23%: Prüfung Bedarfsgemeinschaften mit Anspruch unter 200 EUR - 15%: Prüfung von Darlehen und einmaligen Beihilfen - 11%: Vollzugshinweise (Erlanger Richtlinien) - 9%: Prüfung möglicher Rentenerstattungsansprüche - 5%: Reha-Fälle - 5%: Teilnahme an Arbeitskreisen - 4%: Prüfung von Rentenansprüchen - 1%: Ergebnisaufstellung des Datenabgleichs Die Beklagte beanstandete für 2010 und 2011 ua die vollständige Abrechnung der Kosten für S. und W. Nach der Stellenbeschreibung für S. könnten nur Zeitanteile von 55% hinsichtlich der Tätigkeit als Ansprechpartnerin für Fragen des Sozialversicherungsrechts (20%), der Koordinierung des Datenabgleichs nach § 52a SGB II (5%) und der Sachbearbeitung für spezielle Aufgabenstellungen (30%) spitz abgerechnet werden. Durch diese Tätigkeiten würde die Erbringung der passiven und aktiven Leistungen an Leistungsberechtigte ermöglicht. Die übrigen Tätigkeiten mit einem Zeitanteil von 45% würden bereits von den Personalgemeinkosten gemäß § 13 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende durch die zugelassenen kommunalen Träger und für die Bewirtschaftung von Bundesmitteln im automatisierten Haushalts-, Kassen-, und Rechnungswesen des Bundes (Kommunalträger-Abrechnungsverwaltungsvorschrift - KoA-VV - vom 14.03.2008 - BR-Drs 180/08) abgedeckt. Zwar handele es sich um Verwaltungstätigkeiten, die ausschließlich für die besondere Einrichtung erbracht würden, aber dennoch den Kosten allgemeiner Verwaltung entsprächen. In Bezug auf W. könnten nur die Personalkosten für die Tätigkeit der Sachbearbeitung für spezielle Aufgabenstellungen mit einem Zeitanteil von 70% abgerechnet werden. Die Tätigkeit der Bearbeitung von Grundsatzfragen mit einem Zeitanteil von 30% sei der allgemeinen Verwaltung und ausschließlich dem Fachbereich Recht zuzuordnen. Diese sei vom eigentlichen Aufgabenbereich der aktiven und passiven Leistungserbringung losgelöst.

Dem widersprach die Klägerin. Es sei zunächst fraglich, ob die zugrunde gelegten Stellenbeschreibungen, die vorrangig dem Zweck der Information des Personal- und des Organisationsreferates für den Fall einer eventuellen Wiederbesetzung der Stelle dienten, zur Beurteilung der Tätigkeiten nach den Kriterien der KoA-VV geeignet seien. Bei den Tätigkeiten von S. und W. handele es sich nicht um Controlling, welches nach wie vor vom städtischen Rechnungsprüfungsamt bzw der Amtsleitung vorgenommen werde, sondern um eine Sachbearbeitung in einzelnen anspruchsvollen und schwierigen Teilen, insbesondere als Spezialist und fachlicher Berater für die übrigen Sachbearbeiter. So seien Erkenntnisse aus externen Prüfungen weitergegeben und entsprechende Vollzugshinweise formuliert worden. Anlässlich der „Bearbeitung von Grundsatzfragen“ seien teilweise Details auch im Rahmen einer Rücksprache bei der Rechts- und Fachaufsicht im Staatministerium in München geklärt worden. Letztlich hätten sich die beiden Mitarbeiterinnen mit dem systematischen und optimalen Einarbeiten von Auszubildenden bzw neuen Mitarbeitern beschäftigt. Es handele sich um zwei sehr erfahrene und kompetente Sachbearbeiterinnen, die aufgrund ihrer fachlichen Kompetenz mehr und mehr zur Bewältigung von Spezialaufgaben innerhalb der Sachbearbeitung eingesetzt worden seien. Die Tätigkeiten seien vollständig dem Aufgabenbereich „Sachbearbeitung“ zuzuordnen. Andernfalls wäre in Konsequenz logischerweise die Höhe der Personalgemeinkostenpauschale in der KoA-VV nicht mehr sachgerecht und müsste überarbeitet werden.

Die Beklagte verblieb bei der Forderung der Erstattung. Ausschlaggebend sei nicht die Kompetenz der Mitarbeiter, sondern alleine die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit. Zwar handele es sich bei den beschriebenen Tätigkeiten um solche, die in einem engen Sachzusammenhang mit der Leistungserbringung nach dem SGB II stünden, aber nach der Systematik der KoA-VV dennoch dem „Inneren Dienst“ bzw. der „Allgemeinen Verwaltung“ zuzuordnen seien. Die Bearbeitung von Grundsatzfragen sei zB nach § 13 Abs. 4 KoA-VV dem Bereich Recht der „Allgemeinen Verwaltung“ zuzuordnen und gehöre somit zu den Personalgemeinkosten. Die geltend gemachten Rückforderungsbeträge seien bis spätestens zum 01.11.2013 zu erstatten. Sollte dies nicht erfolgen, sehe sich die Beklagte gezwungen, finanzsichernde Maßnahmen zu ergreifen. Es werde insoweit auf § 32 Abs. 1 KoA-VV verwiesen.

Nachdem die Klägerin die Rückerstattung der beanstandeten Personalkosten für 2010 und 2011 weiterhin abgelehnt hatte, erklärte die Beklagte mit Schreiben vom 13.12.2013, es werde vom Recht auf schrittweise Freigabe des Ermächtigungsrahmens Gebrauch gemacht. So würde zwei Anträgen auf Deckung von insgesamt 399.066 EUR dem Grunde nach entsprochen, allerdings der insoweit verstärkte Ermächtigungsrahmen im Titel 11 12 636 13, Objekt 1730, nur teilweise zur Bewirtschaftung freigegeben. Der monatliche Ermächtigungsrahmen für Verwaltungskosten betrage mindestens 80 vom Hundert der durch zwölf geteilten anerkannten und um den im laufenden Haushaltsjahr geltenden kommunalen Finanzierungsanteil (KFA) an den Gesamtverwaltungskosten geminderten Ausgaben des Haushaltsjahres, für das zuletzt durch den zkT eine Schlussabrechnung vorgelegt und geprüft worden sei. Unter Berücksichtigung für das Haushaltsjahr 2011 anerkannter Ausgaben iHv 4.053.969,84 EUR ergebe sich für die schrittweise Mittelzuweisung unter Berücksichtigung des Abzuges für den KFA ein zugrunde liegender Betrag iHv 3.437.766,42 EUR. Hiervon würden 80 vom Hundert von einem Zwölftel zur Bewirtschaftung freigegeben, was einem Betrag iHv 229.184,43 EUR für den Monat Dezember 2013 entspreche. Sofern die noch offenen Restforderungen für 2010 und 2011 bis 20.12.2013 erstattet würden, könnten die restlichen Deckungsbeträge iHv 169.881,57 EUR noch im Haushaltsjahr 2013 zur Bewirtschaftung freigegeben werden. Bis dahin könne die Klägerin nicht über diese Mittel verfügen.

Nach nochmaliger Aufforderung zur Darlegung der genauen Tätigkeiten der S. und W., führte die Klägerin aus, es habe 2010 und 2011 längere Phasen mit mehreren unbesetzten Sachbearbeiterstellen gegeben, die den längeren Einsatz von S. und W. in der Sachbearbeitung erfordert hätten. Daneben seien die beiden Mitarbeiterinnen vorwiegend mit Aufgaben betraut gewesen, die originäre Führungsaufgaben der Leiterin der SGB II-Leistungsabteilung seien und die diese bisher ausschließlich wahrgenommen habe. Man sei im Hinblick auf die Möglichkeit der Spitz-Abrechnung der Leiterin davon ausgegangen, auch die Tätigkeiten, die in deren Auftrag bzw per Delegation übertragen worden seien, würden als spitz abzurechnende Tätigkeiten gelten. S. sei im Hinblick auf ihre Kenntnisse im Wege der Delegation mit der Aufgabe „Ansprechpartnerin für externe Prüfer“ insbesondere bezüglich Krankenkassen oder Rentenversicherung betraut worden und habe gewonnene Erkenntnisse an die anderen Mitarbeiter weitervermittelt. Zu einer originären Führungsaufgabe zähle die Sicherstellung einer einheitlichen Rechtsanwendung, wozu für bestimmte schwierige Fragen schriftliche Vollzugshinweise zu formulieren seien. Weiter seien dann beispielsweise bestimmte komplizierte oder fehleranfällige Konstellationen bezüglich aller Einzelfälle nachgeprüft worden. Dabei sei es auch dazu gekommen, dass Bescheide angepasst und bei Bedarf Rückforderungsbescheide von S. und W. erlassen worden seien. Ferner hätten beide bei der SGB II-Umsetzung aufgetauchte offene Vollzugsfragen fachlich überdacht und förmliche Anfragen bzw. Vorlagen an die Rechtsbzw Fachaufsicht im Bayerischen Staatsministerium aufbereitet. Schließlich handele es sich auch bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiter in der Leistungssachbearbeitung um eine originäre Führungsaufgabe. § 10 KoA-VV sehe keine Einschränkung vor, dass nur ein Teil der Personalkosten des jeweiligen Sachbearbeiters spitz abzurechnen wäre. Unter „Gemeinkostenfinanzierte Bereiche“ seien nur solche Aufgabenbereiche zu verstehen, die üblicherweise in jeder Verwaltung nicht durch die Sachbearbeiter der Fachdienststellen, sondern durch gesonderte Querschnittsdienststellen zentral für die gesamte Verwaltung bereitgestellt würden.

Am 21.02.2014 fand eine Besprechung der Beteiligten statt. Nach der Ergebnisniederschrift der Klägerin sei es dabei zunächst um die „Anwendung der Sanktion des § 32 KoA-VV“ gegangen. Die Beklagte habe darauf verwiesen, eine Beschränkung der Mittelfreigabe auf mindestens 80% sei vorgeschrieben. Der gekürzte Betrag stelle nur einen kleinen Teil des Jahresbudgets der Klägerin dar und führe nicht zu Existenznöten. Einen rechtsbehelfsfähigen Bescheid werde man nicht erlassen, da es sich um keinen Verwaltungsakt handele. Seitens der Klägerin sei darauf verwiesen worden, dass die Kürzung um den dreifachen Rückforderungsbetrag und über einen längeren Zeitraum hinweg gegen das Prinzip der Erforderlichkeit und der Verhältnismäßigkeit verstoße und insofern auch Kassenkredite benötigt worden seien. Weiter erfolgte ein Austausch zur Frage der Abrechnung der Tätigkeiten von W. und S.

Mit Schreiben vom 30.05.2014 teilte die Klägerin mit, die ursprünglich übersandten Stellenbeschreibungen bezüglich S. und W. hätten sich auf die Organisation ab 2013 bezogen, da insofern nach einer Organisationsuntersuchung durch eine externe Firma entsprechende Optimierungen erfolgen sollten. Dementsprechend sei die tatsächliche Tätigkeit der beiden Mitarbeiterinnen in den Jahren 2010 und 2011 damit nicht zutreffend beschrieben. Nunmehr habe man anhand von Terminkalendern, einzelner Aktenvorgängen und weiteren Unterlagen die konkreten Tätigkeiten im Prüfungszeitraum konkretisiert. Im Übrigen könne der KoA-VV keine Beschränkung der Spitzabrechnung auf solche Arbeitsteile, die unmittelbar der Leistungserbringung dienten, entnommen werden. Eine anteilige Erfassung von Personalkosten komme vielmehr im Regelfall nicht in Betracht.

Auf die Abrechnung der Ausgaben für Verwaltungskosten 2012 und 2013 entgegnete die Beklagte, es sei im Dezember 2013 von der schrittweisen Freigabe des Budgets gemäß § 32 KoA-VV Gebrauch gemacht worden, bei der es sich um ein milderes Mittel gegenüber dem Widerruf der Ermächtigung zur Teilnahme am HKR-Verfahren handele. Im Rahmen der schrittweisen Freigabe sei sichergestellt worden, dass die Klägerin über ausreichende Liquidität zur Erfüllung ihrer Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitssuchende verfüge. Eine Freigabe des Budgets über 80 vom Hundert hinaus sei nicht möglich gewesen, da Vorkehrungen zu treffen gewesen seien, damit nach Prüfung der Jahresabrechnung 2013 eine Aufrechnung mit sämtlichen Forderungen des Bundes, die bis 2013 aufgrund der fehlerhaften Abrechnung der Personalkosten entstanden seien, erfolgen könne. Hinsichtlich der schrittweisen Freigabe des Budgets für den Monat Dezember 2013 habe es sich nicht um eine Strafbzw. Sanktionsmaßnahme gehandelt, sondern die angekündigten finanzsichernden Maßnahmen seien ergriffen worden. Die Klägerin habe Personalaufwendungen wiederholt fehlerhaft abgerechnet, so dass Bundesmittel nicht bedarfsgerecht abgerufen worden seien. Der von § 32 Abs. 2 KoA-VV vorgegebene Ermächtigungsrahmen sei eingehalten worden. Wären weitere Mittel freigegeben worden, wären die Finanzinteressen des Bundes nicht hinreichend gewahrt geblieben. Insoweit sei bei der Entscheidung, für einen begrenzten Zeitraum lediglich 80 vom Hundert des nach Eingliederungsmittel zugewiesenen Budgets zur Bewirtschaftung freizugeben, Ermessen ausgeübt worden. Mit Schreiben vom 20.08.2014 wies die Klägerin darauf hin, dass nach § 32 KoA-VV dem Jobcenter ein monatlicher Ermächtigungsrahmen von mindestens 80% und nicht, wie die Beklagten zu meinen scheine, von höchstens 80%, auch während einer Sanktion, verbleiben müsse, damit der laufende Betrieb des Jobcenters annähernd finanziert werden könne. Auch in den „Fragen und Antworten“ zur KoA-VV werde darauf verwiesen, mit der schrittweisen Mittelfreigabe erfolge weder unmittelbar eine Mittelkürzung, noch würden etwaige Erstattungsansprüche des Bundes hiermit realisiert. Um Rückforderungsansprüche gegen einen zkT durchzusetzen, müsse der Bund in einem rechtsstaatlichen Verfahren mit den üblichen Mitteln der Rechtsverfolgung seine Ansprüche geltend machen.

Im Rahmen der Abschlussprüfung der Jahresabrechnungen 2012 und 2013 vom 25.08.2014 beanstandete die Beklagte ua im Rahmen der Verwaltungskosten die Abrechnung der Kosten für S. und W. In der übersandten Stellenbeschreibung für S. sei die Sonderaufgabe „Aufbau eines Controlling-Systems“ nicht enthalten gewesen. Vielmehr werde dort die „Übernahme der Aufgaben der Innenrevision im Bereich des SGB II“ mit einem Zeitanteil von 10% angegeben. Es liege eine umfangreiche Übersicht zu den Prüfungen der Fachstelle SGB II vor, die im Rahmen des internen Kontrollsystems bei der Klägerin 2012 durch S. durchgeführt worden sei. Unter Punkt 4 (Prüfung von Einzelfällen nach den Vorschriften des § 27 SGB II) werde zusätzlich aufgeführt, dass ausführliche Schulungen der Mitarbeiter erfolgten. Hinsichtlich der Einarbeitung der neuen Mitarbeiter sei angeboten worden, Zeitanteile für die Kontrolle der Erstentscheidung neuer Mitarbeiter während der Einarbeitungszeit und die anschließende Freigabe der Zahlungen bei konkreter Benennung zu prüfen. Die Klägerin sehe jedoch eine Einarbeitung neuer Mitarbeiter als Gesamtaufgabe an. Letztlich seien für S. nur die in der Stellenbeschreibung aufgeführten Tätigkeiten für 2012 plausibel und würden dementsprechend wie für 2010 und 2011 anteilig berücksichtigt. Für das Jahr 2013 sei bezüglich S. zu bemerken, dass dem Verwaltungs- und Kontrollsystem der Klägerin für 2013 unter „Prozessinterne Kontrollen“ zu entnehmen sei, dass bei Entscheidungen über Neuanträge das Vieraugenprinzip gelte. Jeder Neuantrag sei demzufolge vor Auszahlung der Leistung dem Teamleiter vorzulegen und die Auszahlung von ihm freizugeben. Die von S. im Rahmen des internen Kontrollsystems durchgeführten Prüfungen seien der Innenrevision bzw dem nachgelagerten Controlling zuzuordnen. Es handele sich damit um Personalgemeinkosten. Die Prüfung von Darlehen und einmaligen Beihilfen (15% Zeitanteil) sei dem Finanzcontrolling, die Prüfung der Erstattungsansprüche gegenüber dem Rentenversicherungsträger (9%) dem Bereich Recht, die Erstellung von Vollzugshinweisen (11%) ebenfalls dem Recht sowie die Teilnahme an Facharbeitskreisen der Leitung (5%) den Bereichen Organisation und Recht zuzuordnen. Insgesamt könnten damit 40% der Zeitanteile nicht spitz abgerechnet werden. Bereitschaft bestehe - ohne Anerkennung einer Rechtspflicht - zur Anerkennung einer Spitzabrechnung für die Tätigkeit im Zusammenhang mit der Prüfung möglicher vorrangiger Ansprüche von Bedarfsgemeinschaften mit einem Leistungsanspruch von unter 200 EUR (23% Zeitanteil), Vertretung der Unterhaltssachbearbeiter (27% Zeitanteil), der Überprüfung des Fallbestandes an Rehabilitanden, einschließlich der Prüfung des Leistungsanspruchs (5% Zeitanteil), die Prüfung von Rentenansprüchen für Personen ab dem 60. Lebensjahr (4% Zeitanteil) sowie für die Zusammenstellung der Ergebnisse des Datenabgleichs nach § 52 SGB II (1%). Die für 2012 in Bezug auf die Mitarbeiterin W. abgerechneten Kosten für die Tätigkeit der Überarbeitung der internen Richtlinien und dem Bearbeiten von Grundsatzfragen seien im Bereich der allgemeinen Verwaltung dem Bereich Recht zuzuordnen und von den Personalgemeinkosten umfasst. In gleicher Weise könnten die Personalkosten für das Jahr 2013 von W. im Hinblick auf die Tätigkeit der Bearbeitung von Ordnungswidrigkeiten nach dem SGB II nicht spitz abgerechnet werden.

Die Klägerin hat Klage zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Die festgesetzte Sanktion nach § 32 KoA-VV sei rechtswidrig gewesen, da schon dessen Anwendungsbereich nicht eröffnet sei. Sinn und Zweck dieses Mittels sei es nicht, Rückforderungen aus vorhergehenden Abrechnungsjahren erzwingen zu können, sondern es soll damit - wie sich aus den nicht abschließend aufgezählten Rechtsverstößen in § 32 Abs. 1 Satz 2 KoA-VV ergebe - ein unzulässig überhöhter Mittelabruf im laufenden Haushaltsjahr unterbunden werden können. Dies ergebe sich auch aus § 32 Abs. 4 KoA-VV, wonach eine endgültige Abrechnung der Gesamtabrufe der Mittelabrufe nach dem Haushaltsjahr erfolgen solle, in dem die Sanktion festgesetzt worden sei. Die Anwendung sei zudem auf die Dauer des Verstoßes begrenzt, und es müsse der überhöhte Mittelabruf auf ein realistisches Maß beschränkt werden. Die Sanktionsmöglichkeit sei alleine dafür eingeräumt worden, Zwischenfinanzierungsvorteile nicht erschleichen zu können. Umgekehrt dürfe aber nicht eine Vorfinanzierungslast der Kommunalhaushalte zugunsten des Bundes begründet werden. Folglich sei die Sanktion auch auf mindestens 80% des Mittelbedarfs aus dem letzten geprüften Haushaltsjahr begrenzt. Ein Mindestmaß an Bundesfinanzierung für den laufenden Betrieb des Jobcenters sei sicherzustellen. Auch nach einer Broschüre der Beklagten ergebe sich, dass etwaige Erstattungsansprüche mit der Sanktion nicht realisiert werden dürften. Im vorliegenden Fall sei zudem gegen die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit verstoßen worden. So seien 169.881,57 EUR an laufenden Betriebsmitteln für Dezember 2013 vorenthalten worden, obwohl die erhobene Rückforderung nur 52.647,11 EUR betragen habe. Entgegen ihrer Auffassung habe die Beklagte nicht die geringst mögliche, sondern die maximale Sanktion vorgenommen. Es liege kein Wiederholungsfall vor, was § 32 KoA-VV voraussetze, da erst 2013 die Abrechnung 2010 und 2011 beanstandet worden sei. Aus dem Schreiben vom 13.12.2013 sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte ihr Ermessen ausgeübt habe. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) vom 07.10.2014 (2 BvR 1641/11) stehe fest, dass der Beklagten keine Sanktionen oder Maßnahmen mit Sanktionscharakter gegenüber Optionskommunen erlaubt seien. Dies gelte auch für den Bereich der Abrechnung von Verwaltungskosten. Eine vertretbare Entscheidung müsse insofern akzeptiert werden. Die Verfassungsmäßigkeit von § 32 KoA-VV sei zu bezweifeln. Es bestehe ein Feststellungsinteresse im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr. Auch für künftige Haushaltsjahre sei damit zu rechnen, dass die Beklagte durch die Verweigerung laufender Betriebsmittel vorsorglich eine Aufrechnungslage schaffe.

Für 2010 bis 2012 habe die Beklagte zu Unrecht Erstattungsansprüche iHv 91.488,62 EUR (2010: 26.198,77 EUR, 2011: 26.448,34 EUR; 2012: 38.841,51 EUR) geltend gemacht und gegen Ansprüche der Klägerin aufgerechnet. Hinzu komme ein Betrag iHv 30.561,16 EUR für 2013, der von der Beklagten einbehalten worden sei. Grundsätzlich seien die Personalkosten des im SGB II-Aufgabenbereich tätigen Personals vollständig in tatsächlicher Höhe abrechenbar. Dies gelte nach einvernehmlicher Praxis auch für nicht unmittelbar in der Leistungserbringung gegenüber dem Kunden tätige Beschäftigte, wie zB Empfangskräfte, Außendienstmitarbeiter, Unterhaltssachbearbeiter oder die Leitung. Nur die in der Regel nicht als Einzelkosten erfassbaren Kosten übergeordneter Führungskräfte und sog Verwaltungsgemeinkosten, also solche, die üblicherweise in zentralen Querschnittsämtern anfielen, könnten nicht spitz abgerechnet werden. Deshalb widerspreche die Aufteilung in unmittelbar der Leistungserbringung dem Kunden gegenüber dienende Arbeitsanteile und andere Tätigkeiten wie Erfahrungsaustausch, Formulierung von Entscheidungshilfen, Begleitung von externen Prüfungen, Kontrolle von Erstbescheiden („4-Augen-Prinzip“), stichprobenartige Überprüfungen von schwierigen Fallkonstellationen, Einarbeitung neuer Mitarbeiter, Anfragen an Aufsichtsbehörden und interne Schulungen und Informationen, der Systematik der KoA-VV. Andernfalls müsste bei jedem Leistungssachbearbeiter Zeiten des Gesetzesstudiums, Information über neue Entwicklungen und Änderungen erfasst und anders behandelt werden, da diese Tätigkeiten nicht unmittelbar der Leistungserbringung dienten. Für die Bewertung der Tätigkeitsanteile könne nicht eine Arbeitsplatzbeschreibung herangezogen werden, sondern es müsse die tatsächlich geleistete Arbeit maßgeblich bleiben. Nach einer Organisationsuntersuchung 2009 seien auf der unteren Ebene zusätzliche Führungsfunktionen und Spezialfunktionen für bestimmte interne Führungsaufgaben in Person der S. und W. eingerichtet worden. Unstreitig seien diese Funktionen spitz abzurechnen und stellten keine Querschnittsverwaltung dar.

Regelmäßig würden nicht sämtliche Aufwendungen für die Arbeit des Jobcenters von der Beklagten erstattet. Die in der KoA-VV festgelegten Pauschalen seien daher anzuwenden. Die Tätigkeiten von S. in Bezug auf die Bildungs- und Teilhabeleistungen von April bis Oktober 2011 hätten sich zunächst nur auf organisatorische Vorbereitungen der Leistungserbringung an Kinder aus Familien im SGB II-Bezug bezogen, nachdem im März 2011 rückwirkend solche Leistungen zum 01.01.2011 eingeführt worden seien. Dabei seien auch Mitarbeiter aus anderen Aufgabenbereichen (Asylbewerberleistungsgesetz, Wohngeldgesetz und SGB XII) beteiligt gewesen. S. sei nicht mit der Erledigung von Bildungs- und Teilhabeleistungen in anderen Rechtskreisen befasst gewesen. Hierfür seien die dortigen Mitarbeiter zuständig gewesen. Die notwendigen Vorbereitungsarbeiten im Rahmen der Einführung würden auch nicht von einem Rundschreiben vom 07.11.2011 über eine Besprechungsniederschrift im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erfasst. Diese beziehe sich lediglich auf die folgende Leistungserbringung. Dass man später bei der Leistungserbringung auch an andere Personengruppen auf die Arbeiten der S. zurückgegriffen hätte, sei unerheblich. Kosten von Leistungen in Bezug auf andere Personengruppen seien in der Abrechnung nicht enthalten gewesen. Seit dem 16.05.2011 sei eine Mitarbeiterin in Vollzeit als zentrale Stelle für diese Leistungen tätig, die entsprechend dem Anteil vom leistungsberechtigten SGB II-Kindern mit 65% abgerechnet worden sei. Bei der Einführung und Betreuung von Auszubildenden während des Einsatzes in der Abteilung Leistungssachbearbeitung handele es sich um ureigenste Sachbearbeiterkosten. Diese hätten mit Kosten der Ausbildung wie zB Personalkosten eines hauptamtlichen Ausbildungsleiters nichts zu tun. Eine Aufspaltung der Personalkosten von Sachbearbeitern sei auch nicht vorgesehen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, für die Haushaltsjahre 2010 bis 2013 weitere Verwaltungskosten in Höhe von 98.511,23 EUR zu erstatten und festzustellen, dass die mit Schreiben vom 13.12.2013 verweigerte Freigabe von Bundesmitteln zur Erstattung von Verwaltungskosten in Höhe von 169.881,57 EUR aus dem Bundeshaushalt 2013, Titel 1112 636 13, Objekt 1730 (Verwaltungskosten) rechtswidrig war.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Hinblick auf S. und W. hätte die Klägerin keine weiteren Mittel für eine Spitzabrechnung abrufen dürfen, da deren Kosten bereits durch Pauschalen abgegolten worden seien. Im Umfang von 91.488,62 EUR sei der Anspruch auf Erstattung von Verwaltungskosten für 2013 erloschen, da insofern eine Aufrechnung mit Rückerstattungsansprüchen nach § 6b Abs. 5 SGB II iVm Art. 91e Grundgesetz (GG) wegen des falschen Mittelabrufverhaltens für die Haushaltsjahre 2010 bis 2012 erklärt worden sei. Wegen des begrenzten Verwaltungsbudget der Klägerin iHv 3.601.476 EUR hätte zudem lediglich noch ein Differenzbetrag von 7.022,61 EUR in Bezug auf die bereits abgerechneten Verwaltungskosten verlangt werden können.

In Anbetracht des fortdauernden Verstoßes gegen die KoA-VV durch die Klägerin habe die Berechtigung bestanden, haushaltssichernde Maßnahmen im Dezember 2013 zu treffen. Der KoA-VV liege der Leitgedanke zugrunde, dass Verwaltungskosten „so spitz wie nötig, so pauschal wie möglich“ abgerechnet würden. Ob im Rahmen des HKR-Verfahrens Bundesmittel „spitz“ oder pauschal abgerufen würden, lasse sich erst der Schlussrechnung entnehmen. Im laufenden Haushaltsjahr könne ein solcher Abruf nicht unterbunden werden, so dass dann die Möglichkeit bestehe, die Abrufermächtigung nach § 32 KoA-VV zu beschränken. Mit dem Gebrauch der Befugnis nach § 32 Abs. 1 KoA-VV sollte auf die fehlerhaften Abrechnungen in den Jahren 2010 und 2011 reagiert und die Klägerin dazu bewogen werden, die zu viel abgerufenen Personalkosten iHv 52.647,11 EUR zu erstatten und künftig Mittelabruf und Abrechnungspraxis entsprechend anzupassen. Auch alte Rückforderungen könnten berücksichtigt werden, wenn der finanzielle Nachteil fortbestehe. Die teleologische Auslegung führe ebenfalls zu diesem Ergebnis, da Haushaltsschäden effektiv abgewendet werden sollten. § 32 Abs. 4 KoA-VV stelle lediglich klar, dass auch für schrittweise freigegebene Mittel der Grundsatz gelte, dass am Jahresende von der Klägerin eine Schlussrechnung zu erstellen und diese von der Beklagten zu prüfen sei. Der Verstoß habe bis zum 25.08.2014 fortgedauert. Vorher habe die Beklagte ihre Rückerstattungsansprüche nicht endgültig beziffern können. Die schrittweise Mittelzuweisung habe sich auf die Verwaltungskosten bezogen. Zwar seien ursprünglich Eingliederungsleistungen betroffen gewesen, die Klägerin habe jedoch eine Umschichtung von Eingliederungsleistungen zu Verwaltungskosten beantragt, der die Beklagte stattgegeben habe. Mit der schrittweisen Mittelfreigabe seien keine Erstattungsansprüche endgültig durchgesetzt sondern nur eine Aufrechnungslage hergestellt worden. Eine Durchsetzung im Klagewege wäre wesentlich aufwändiger gewesen. Es habe sich nicht um eine atypische Konstellation gehandelt, vielmehr habe der Gesetzgeber die Vorschrift bewusst dazu eingeführt, um ein Mittel bei einem überhöhten Mittelabruf in der Hand zu haben. Hiermit sei bewusst eine Entscheidung dafür getroffen worden, dass im Zweifel der zkT Rechtsbehelfe ergreifen müsse, um seine Rechtsauffassung durchzusetzen. Diese Risikoverteilung sei einfachgesetzlich vorgegeben, da nach § 6b Abs. 4 SGB II der zkT grundsätzlich in Vorleistung gehen müsse. Dies entspreche auch Art. 84 Abs. 2 GG. Die Maßnahme sei verhältnismäßig. Im Gespräch am 19.02.2014 sei nicht geäußert worden, man habe die geringstmögliche Sanktion angeordnet. Vielmehr sei betont worden, die Maßnahme sei verhältnismäßig und das Ermessen sei pflichtgemäß ausgeübt worden. Es handele sich um das mildeste zur Verfügung stehende Mittel und die Beklagte habe davon abgesehen, für weitere Monate Mittel nicht freizugeben. Bei einem Ausschluss vom HKR-Verfahren hätte die Klägerin im Hinblick auf ihre tatsächlichen Aufwendungen in Vorleistungen gehen müssen. Es seien nur 20% der Bundesmittel, die der Klägerin für Dezember 2013 zugestanden hätten, einbehalten worden, mithin nur ca 4,7% des Jahresgesamtbudgets für Verwaltungskosten. Auf die fehlerhafte Abrechnung sei zuvor hingewiesen worden und man habe mit der Aufsichtsbehörde korrespondiert. Gleichwohl habe die Klägerin weiterhin an ihrer Rechtsauffassung festgehalten. Der Umstand, dass der nicht freigegebene Betrag höher sei als die im Mai 2013 ermittelten Erstattungsansprüche für 2010 und 2011, mache die Maßnahme nicht unverhältnismäßig. Zu diesem Zeitpunkt sei nicht absehbar gewesen, dass die drohenden finanziellen Nachteile für die Beklagte den Betrag von 52.647,11 EUR nicht deutlich übersteigen würden. Bei der anzustellenden Prognose sei davon auszugehen gewesen, dass Personalaufwendungen für 2012 und 2013 iHv ca 60.000 EUR fehlerhaft zugeordnet würden und die Abrechnungspraxis auch im Jahr 2014 fortgeführt würde. In der Vergangenheit habe die Klägerin ihr Jahresgesamtbudget nie in vollem Umfang abgerufen. Ein Einvernehmen der obersten Landesbehörde sei nicht erforderlich gewesen, da dies nur bei Eingliederungsmitteln der Fall sei. Im Übrigen habe das Bayerische Staatsministerium das Einvernehmen zumindest konkludent erteilt. Infolge dessen seien 169.881,57 EUR für die Dauer des Verstoßes nicht freigegeben worden.

Die KoA-VV sei für die Beteiligten bindend. Auch Gerichte hätten diese Verwaltungsvorschrift als geltendes Recht hinzunehmen. Aus der Begründung der KoA-VV gehe hervor, dass zu den Personalkosten im Grundsatz nur noch Leistungssachbearbeitung, Fallmanagement und ggf. die Teamleitung zählten. Dementsprechend seien den Kosten der allgemeinen Verwaltung auch solche Kosten zuzuordnen, die nicht unmittelbar für die Leistungserbringung gegenüber dem Leistungsempfänger aufgewendet würden und die die Leistungserbringung nur steuerten und unterstütze. Unerheblich bleibe, welche Tätigkeiten die Mitarbeiter überwiegend ausüben. Eine vollständige Spitzabrechnung von Mitarbeitern, die zu mehr als 50% im Bereich der Leistungsbearbeitung tätig würden, widerspreche der Auslegung der KoA-VV nach Wortlaut, Entstehungshistorie sowie Sinn und Zweck. In § 13 Abs. 4 KoA-VV werde eindeutig an Tätigkeitsbereiche und nicht an Mitarbeiter angeknüpft. Auch in der Begründung zur KoA-VV sei von Aufgabenbereichen und Verwaltungstätigkeiten die Rede bzw es gehe um die Zuordnung der Kosten und nicht der Mitarbeiter. Anderenfalls könnten Doppelabrechnungen nicht vermieden werden. Für eine Abgrenzung nach Tätigkeitsbereichen spreche auch der vergleichsweise hohe Wert der Gemeinkostenpauschale von 30% bzw mindestens 25%. Aus den „Fragen und Antworten“ zur KoA-VV ergebe sich bei Frage 6a, dass Personalkosten anteilig des Beschäftigungsgrades spitz abgerechnet werden könnten, weil dort auf die Tätigkeit des jeweiligen Mitarbeiters abgestellt werde. Eine anteilige Abrechnung sei in der Praxis umsetzbar, da Tätigkeiten nach Prozentanteilen in den Stellenbeschreibungen aufgeschlüsselt würden. Auch aus der BR-Drs 729/13 ergebe sich die Abrechnung der Mitarbeiter nach Tätigkeitsanteilen. Lediglich umstritten sei dort gewesen, ob detaillierte Informationen auch über pauschal abzurechnende Tätigkeiten verlangt werden könnten.

Da auch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration die Rechtsauffassung der Beklagten teile und damit als zuständige Landesaufsichtsbehörde einen Rechtsverstoß festgestellt habe, könne dem Erstattungsanspruch nicht entgegengehalten werden, dass die Beklagte keine Aufsichtsbefugnisse über die zkT habe. Mit dem überhöhten Mittelabruf habe die Klägerin auch eine Leistung ohne Rechtsgrund erlangt. Es fehle ein Rechtsgrund zum Behaltendürfen von gewährten Bundesmitteln, wenn die Klägerin zu viele Mittel abrufe. Dies sei in den Haushaltsjahren 2011 und 2012 wegen der fehlerhaften Spitzabrechnung von S. und W. der Fall gewesen. Die Klägerin müsse belegen, in welcher Höhe sie Aufwendungen getätigt habe. Eine Haftung der Klägerin erfolge auch verschuldensunabhängig. Sofern das BSG die Haftungskernrechtsprechung auf die von ihm entschiedenen Sachverhalte übertragen habe, gelte dies vorliegend nicht, da der Gesetzgeber im Rahmen des Art. 104a Abs. 5 GG befugt sei, eine verschuldensunabhängige Haftung einfachgesetzlich zu statuieren. Dies sei auf das nach Art. 91e Abs. 3 GG zu erlassende Ausführungsgesetz übertragbar. Insofern habe der Ausführungsgesetzgeber mit § 6b Abs. 5 SGB II eine Entscheidung für die Erweiterung des Haftungskreises und damit eine verschuldensunabhängige Haftung getroffen. Auch für die Zeit vor Einführung des § 6b Abs. 5 SGB II bestehe ein Rückerstattungsanspruch gegen die zkT, wenn diese zu viel Bundesmittel abriefen. Dem stehe Art. 104a Abs. 5 GG nicht entgegen. Aufgrund des Auseinanderfallens von Verwaltungs- und Finanzierungsverantwortung im vorliegenden Fall trage der Bund zwar zunächst die Kostenfinanzierungslast bei etwaigen Fehlern, ihm werde aber zum Ausgleich ein Haftungsanspruch zugestanden. Anders als bei Zweckausgaben drohe kein finanzieller Ausfall, wie es etwa bei regelmäßig fehlenden Rückforderungsmöglichkeiten gegenüber Leistungsempfängern der Fall wäre. Im Übrigen habe die Klägerin zumindest grob fahrlässig Mittel falsch verwendet.

Im Hinblick auf das Urteil des BVerfG vom 07.10.2014 (2 BvR 1641/11) bestehe zwischen den Beteiligten eine unmittelbare Finanzbeziehung, die zur Überprüfung des Ausgabeverhaltens der zkT und zur Durchsetzung von Ansprüchen bei rechtswidriger Mittelverwendung - notfalls im Wege der Verrechnung - ermächtige. Nur Maßnahmen mit aufsichtsgleicher Wirkung seien unzulässig. Dementsprechend habe die Beklagte verfassungskonform gehandelt. Art. 91e Abs. 3 GG räume der Beklagten einen weiten Gesetzgebungsspielraum bei der Ausgestaltung und Abwicklung der Finanzbeziehungen ein und das BVerfG halte daneben fest, dass der Beklagten auch die Befugnis zur Prüfung der Verwendung der Bundesmittel durch die zugelassenen kommunalen Träger zustehe. Dabei habe er eine Befugnis zur effektiven Finanzkontrolle. § 6b Abs. 4 und 5 SGB II genüge den verfassungsrechtlichen Vorgaben. Die von der Beklagten vorgenommenen Maßnahmen seien nicht als - unzulässige - Maßnahmen der Aufsicht zu qualifizieren. Maßstab für die Abrechnung der Verwaltungskosten sei die KoA-VV, deren Rechtsgrundlage in Art. 91e Abs. 3 GG iVm § 48 Abs. 3 SGB II liege. So habe das BVerfG ausdrücklich festgehalten, dass der Verfassungsgeber mit Art. 91e Abs. 3 GG eine weit zu verstehende Ermächtigungsnorm schaffen wollte, die die bisherige Verwaltungspraxis umfassend absichere. Es handele sich auch nicht um ein Aufsichtsmittel, da die KoA-VV keine Vorgaben dafür mache, wie die zkT die Normen zu den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und den Leistungen zur Aktivierung und Eingliederung anzuwenden hätten. Bund, Länder und die kommunalen Spitzenverbände hätten sich einvernehmlich auf die Abrechnungsgrundsätze geeinigt. Die entsprechende Paragraphenüberschrift über § 48 SGB II sei insofern irrelevant. Ohne die Abrechnungsgrundsätze der KoA-VV wäre es schwierig, sämtliche Jahresabschlüsse der zkT effektiv zu prüfen. Zwar dürften den zkT bei vertretbaren Rechtsauffassungen nicht Mittel vorenthalten oder Ersatzansprüche durchgesetzt werden. Dies gelte gleichwohl nicht für Verwaltungskosten. Im Übrigen sei die Rechtsauffassung der Klägerin jedenfalls unvertretbar im Sinne der Rechtsprechung des BVerfG. Es sei nicht zu widerlegen, dass S. und W. nur zu dem von der Beklagten anerkannten Teil im Bereich der Leistungssachbearbeitung tätig geworden seien. Es sei vormals keine andere Rechtsauffassung vertreten worden. Eine Beanstandung sei nur deshalb erst im Jahr 2013 erfolgt, weil es im Jahr 2012 eine Prüfung mit dem Schwerpunkt zur Abrechnung der Personalkosten, genauer zum Vollzeitäquivalent (VZÄ), gegeben habe.

Die Tätigkeiten von W. und S. seien nach den Stellenbeschreibungen weder als Leitungstätigkeiten zu qualifizieren noch wären diese dann generell „spitz“ abzurechnen, da kein Zusammenhang mit der Erbringung von aktiven und passiven Leistungen bestehe. W. sei im Hinblick auf die Betreuung des Internetauftritts des Sozialamtes auch außerhalb des Rechtkreises des SGB II tätig gewesen. Bezüglich der Tätigkeit im Rahmen der Leistungen für Bildung und Teilhabe - hier sei S. teilweise außerhalb des Rechtskreises des SGB II tätig gewesen - könnten nach einer Besprechung der Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, der Länder und des Bundes am 08.09.2011 entsprechende Tätigkeiten für Nicht-SGB II-Leistungsbezieher nicht aus dem Budget der SGB II-Verwaltungskosten erbracht werden. Es bedürfte einer entsprechenden Aufschlüsselung für S. Auch Kosten der Tätigkeiten von S. und W. für Auszubildende könnten nicht spitz abgerechnet werden. Zu berücksichtigen sei, dass die Gemeinkosten-Pauschale mit 30% recht hoch angesetzt sei und es sich um einen Höchstwert handele. Die Pauschalen der KoA-VV seien keine Abgeltungspauschalen. Eine Erstattung könne sich immer nur auf die notwendigen Aufwendungen beziehen. Dies stehe nicht zur Disposition der Beteiligten. Es dürfe nicht zu einer Überkompensation kommen. Es wäre von der Klägerin darzulegen, dass die zusätzlich geltend gemachten Bundesmittel zur Deckung des Gesamtbedarfs an Verwaltungskosten erforderlich gewesen seien. Rund ein Drittel der zkT rechne nicht die Höchstpauschalen ab. Der Bayerische Kommunale Prüfungsbericht empfehle in seinem Geschäftsbericht von 2013 einen Gemeinkostenzuschlag von 20%. Ebenso lauteten die „KGSt-Empfehlungen“ auf Basis der Ist-Kostenbetrachtung der Stadt Köln.

Im Rahmen eines Erörterungstermins am 27.10.2016 haben die Beteiligten übereinstimmend erklärt, dass bei einer vollständigen „spitzen“ Abrechnung der beiden Mitarbeiterinnen W. und S. noch eine Forderung der Klägerin iHv 98.511,23 EUR bestünde.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die von den Beteiligten vorgelegten Verwaltungsakten und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 98.511,23 EUR verlangen und die beschränkte Mittelfreigabe mit Schreiben vom 13.12.2013 war rechtswidrig.

Streitgegenstand ist vorliegend die Abrechnung von Verwaltungskosten für die Mitarbeiterinnen W. und S. in den Jahren 2010 bis 2013, hinsichtlich derer die Klägerin die Erstattung weiterer 98.511,23 EUR von der Beklagten begehrt. Daneben ist Streitgegenstand das Schreiben der Beklagten vom 13.12.2013, mit dem diese die Freigabe von Haushaltsmitteln für den Monat Dezember 2013 beschränkt hat.

Das LSG ist vorliegend erstinstanzlich nach § 29 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zuständig. Danach entscheiden die Landessozialgerichte über Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b SGB II. Die Klägerin begehrt als zkT die Erstattung von Aufwendungen für Verwaltungskosten nach § 6b SGB II. Im Hinblick auf die verweigerte Freigabe von Bundesmitteln durch die Beklagte handelt es sich ebenfalls um eine Angelegenheit nach § 6b SGB II, da sie in unmittelbaren Zusammenhang mit der Erstattung von Verwaltungskosten steht. § 29 Abs. 2 Nr. 3 SGG ist schon dem Wortlaut nach nicht alleine auf eine Zuständigkeit für Klagen auf eine Erstattung von Aufwendungen als solche bezogen. Der Begriff der „Angelegenheit“ umfasst auch andere, mit der Erstattung von Aufwendungen verbundene Handlungen. Die örtliche Zuständigkeit des LSG folgt aus § 57 Abs. 1 Satz 1 SGG. Soweit die Klägerin die Zahlung von 98.511,23 EUR von der Beklagten begehrt, ist die Klage als allgemeine Leistungsklage iS des § 54 Abs. 5 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig.

Sie ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von Verwaltungskosten für die Mitarbeiterinnen S. und W. für die Haushaltsjahre 2010 bis 2013 iHv weiteren 98.511,23 EUR. Mangels zu Unrecht abgerufener Mittel in Bezug auf die Verwaltungskosten für die beiden Mitarbeiterinnen in den Jahren 2010 bis 2012 bestand seitens der Beklagten kein Rückerstattungsanspruch in Form eines allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl dazu BSG, Urteil vom 02.07.2013 - B 4 AS 72/12 R) bzw nach dem am 01.01.2011 in Kraft getretenen § 6b Abs. 5 Satz 1 SGB II, mit dem diese hätte aufrechnen können. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung von Verwaltungskosten ist damit weder teilweise erloschen noch insoweit erfüllt worden. Der Klägerin stand sowohl für den Abruf als auch für ein Behaltendürfen ein Rechtsgrund zur Seite. Neben den hiervon betroffenen Mitteln iHv 26.198,77 EUR (2010), 26.488,34 EUR (2011) und 38.841,51 EUR (2012) besteht ein Anspruch auf Erstattung von weiteren Verwaltungskosten für 2013 iHv 7.022,61 EUR.

Nach § 6b Abs. 2 SGB II (seit 27.07.2010 erfolgt auch mit dem durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes - Artikel 91e - vom 21.07.2010 - BGBl I 944 eingeführten Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG eine entsprechende Regelung), der die einfachgesetzliche Rechtsgrundlage zur finanzverfassungsrechtlichen in Art. 106 Abs. 8 GG darstellt, trägt der Bund die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Die Klägerin ist ein zkT iSv Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG (gültig ab 01.01.2011) iVm § 6a SGB II sowie § 1 und der zugehörigen Anlage (Bayern Nr. 2) der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Kommunalträger-Zulassungsverordnung - KomtrZV) vom 24.09.2004 (BGBl I 2349) und war damit im streitgegenständlichen Zeitraum an Stelle der Bundesagentur für Arbeit im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit (auch) Träger der Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 50, 51a, 51b, 53, 55, und 65d SGB II (bis 31.12.2010) bzw aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d SGB II (ab 01.01.2011) ergebenden Aufgaben. Damit waren ihr ua die Verwaltungskosten von der Beklagten zu erstatten, soweit es nicht um die Aufwendungen im Zusammenhang mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II handelt, für die auch im Rahmen eines nicht zkT eine kommunale Trägerschaft besteht.

Mit § 2 Abs. 1 VV war die Klägerin zur Teilnahme am HKR-Verfahren berechtigt und konnte entsprechend Mittel auch im Zusammenhang mit Verwaltungsausgaben für die Mitarbeiterinnen abrufen. Die Klägerin hat in Bezug auf S. und W. nur Mittel abgerufen, die als Aufwendungen vom Bund zu erstatten waren.

Die Ermittlung der von der Beklagten zu erstattenden Verwaltungskosten richtet sich nach der von der Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages beschlossenen KoA-VV, die die zwischen den Beteiligten bestehende Finanzbeziehung konkretisiert und eine Verordnung nach Art. 84 Abs. 2 GG bzw ab 01.01.2011 nach § 48 Abs. 3 SGB II (danach ist nunmehr das BMAS mit Zustimmung des Bundesrates befugt, entsprechende Verwaltungsvorschriften zu erlassen) darstellt. Damit soll Einheitlichkeit, Transparenz und Rechtssicherheit bei der Abrechnung von Aufwendungen und der Bewirtschaftung von Bundesmitteln im HKR-Verfahren geschaffen, der Verwaltungsaufwand reduziert, das Abrechnungsverfahren vereinfacht und Doppelabrechnungen durch weitgehende Pauschalierung von Verwaltungskosten vermieden, ein verbindliches Verfahren bei der Berechnung und Bewirtschaftung des kommunalen Finanzierungsanteils an den Verwaltungskosten erreicht und eine Gleichbehandlung der zugelassenen kommunalen Träger mit anderen Organisationsformen sichergestellt werden (vgl dazu Begründung zur KoA-VV: BR-Drs 180/08, Seite 2). Die Vorschriften der KoA-VV sind grundsätzlich geeignet, diese Ziele zu verwirklichen. Es wurde damit ein Ausgleich zwischen einer notwendigen weitgehenden Vereinheitlichung der Abrechnungsvorgänge und der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie iSv Art. 28 Abs. 2 GG hergestellt (so auch BR-Drs 180/08 Seite 92). Der Bundesrechnungshof sieht die Vorschriften der KoA-VV als geeignet an, die für Zeiträume vor deren Einführung von ihm festgestellten Mängel bei der Bemessung der vom Bund zu tragenden Verwaltungskosten zu beheben und die Einheitlichkeit der Abrechnung der Aufwendungen der zkT sicherzustellen (vgl Unterrichtung durch den Bundesrechnungshof vom 08.12.2008 - BT-Drs 16/11000 Seite 154). Der Senat sieht ebenfalls die KoA-VV als grundsätzlich geeignet an, die Finanzbeziehung zwischen Bund und zkT weiter in Bezug auf die Abrechnungsmaßstäbe insbesondere der Verwaltungskosten zu konkretisieren. Als zkT fällt die Klägerin unter den Anwendungsbereich der KoA-VV (§ 1 KoA-VV). Sie hat vorliegend die Haushaltsjahre (vgl dazu §§ 3, 17 KoA-VV) 2010 bis 2013 gegenüber der Beklagten zur Abrechnung gebracht. Dabei konnten die von der Klägerin vorliegend geltend gemachten Aufwendungen für die Mitarbeiterinnen S. und W. als Personalkosten nebst Pauschalen in der beantragten Höhe abgerechnet werden.

Zu erstatten sind nur die Verwaltungskosten der zkT, die nicht deren Leistungsbereich nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II betreffen. Dies wird durch die Berücksichtigung eines KFA nach § 25 KoA-VV sichergestellt. Insofern ergibt aus sich § 25 Abs. 3 KoA-VV bzw ab 01.01.2011 aus § 6b Abs. 2 Satz 2 iVm § 46 Abs. 3 Satz 1 SGB II - mangels exakter Ermittlung des KFA - eine Pflicht zur Kostenerstattung durch den Bund im Umfang von 87,4% (2010), 85,45% (2011) bzw 84,8% (2012 und 2013) in Bezug auf die Gesamtverwaltungskosten.

Zu differenzieren ist im Hinblick auf die Abrechnungen von Aufwendungen für Personal nach den Personalkosten iSv § 10 KoA-VV und den Personalgemeinkosten iSv § 13 KoA-VV. Während die Personalkosten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV in tatsächlicher Höhe abgerechnet werden können, werden Personalgemeinkosten nach § 22 Satz 1 KoA-VV mit einem Zuschlag iHv bis zu 30% der abgerechneten Personalkosten und um die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und Zusatzversorgung geminderten Personalkosten berücksichtigt. Wird der Leiter der besonderen Einrichtung als Personalkosten nach § 19 KoA-VV abgerechnet, beträgt der Zuschlag höchstens 25% (vgl § 22 Satz 2 KoA-VV). Die Pauschalierung erfolgt vor dem Hintergrund, dass eine verursachungsgerechte Zuordnung der Personalgemeinkosten in aller Regel schwierig ist oder einen erheblichen Verwaltungsaufwand erfordern würde (so die Begründung in BR-Drs 180/08, Seite 108).

Personalkosten sind die Aufwendungen für Bezüge des im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II eingesetzten Personals (§ 10 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV). Dabei wird Personal, welches nur anteilig im SGB II-Bereich beschäftigt ist, bei der Kostenabrechnung anteilig erfasst (so auch BR-Drs 180/08, Seite 97). Dies betrifft vorliegend die Mitarbeiterin W. ab Mai 2012, für die dementsprechend auch nur ein Anteil zwei Wochenstunden (01.05.-31.08.2011; Gesamtstundenzahl zwölf Wochenstunden) bzw fünf Wochenstunden (01.09.-31.12.2011; Gesamtstundenzahl 15 Wochenstunden) berücksichtigt und abgerechnet worden ist. Soweit die Beklagte hier zuletzt vorgebracht hat, W. sei 2012 bezüglich der Betreuung des Internetauftritts des Sozialamtes außerhalb des SGB II-Bereichs tätig geworden, ist dies zwar zutreffend, jedoch wurde dies insofern von der Klägerin im Rahmen der Abrechnung bereits berücksichtigt. So erfolgte ein Ansatz im Rahmen des VZÄ von Mai bis August 2012 nur mit zwei von zwölf Stunden (16,67% der tatsächlichen Arbeitszeit) und von September bis Dezember 2012 mit fünf von 15 Stunden (33,33% der tatsächlichen Arbeitszeit). Die übrigen zehn Stunden für die Tätigkeit außerhalb des SGB II-Bereichs wurde im Rahmen der Abrechnung nicht berücksichtigt. In Bezug auf S. war keine Aufteilung notwendig, da sie in den Jahren 2010 bis 2013 für die Abrechnung der Verwaltungskosten ausschließlich dem SGB II-Bereich zuzurechnen gewesen ist.

Die in Bezug auf die beiden Mitarbeiterinnen von der Klägerin angesetzten Personalkosten waren nach §§ 10, 19 KoA-VV spitz abzurechnen. Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV sind Personalkosten die Aufwendungen für Bezüge des im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II eingesetzten Personals. Diese Aufwendungen werden in tatsächlicher Höhe anerkannt, soweit sie dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen (§ 19 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV). Bei den beiden Mitarbeiterinnen W. und S. handelt es sich unzweifelhaft um im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II eingesetztes Personal. Bei W. wurden, wie bereits ausgeführt, nur die hierfür entsprechenden Anteile ihrer Arbeitszeit geltend gemacht. § 10 KoA-VV differenziert seinem Wortlaut nach nicht danach, welche konkreten Tätigkeiten, wie zB Erlass von Leistungsbescheiden, Erarbeitung von Richtlinien, Überprüfung von Leistungsakten, Arbeitsvermittlung, etc, von dem dort eingesetzten Personal konkret ausgeführt wird. Die tatsächlichen Personalkosten für diese Mitarbeiter sind ohne weiteres zu erfassen. Die Begründung zur KoA-VV führt dazu aus, mit dieser Vorschrift sollten die Bereiche der Leistungssachbearbeitung, des Fallmanagements und der Teamleitung vollständig der besonderen Einrichtung zugeordnet werden, weshalb eine anteilige Erfassung von Personalkosten im SGB II-Bereich im Regelfall nicht in Betracht kommen soll (so BR-Drs 180/08, Seite 97 und 105). Auch untergeordnete Leitungsfunktionen für Teilbereiche der besonderen Einrichtung wie zB Team-, Fachbereichs- oder Sachgebietsleitung sollen regelmäßig bereits von § 10 KoA-VV erfasst werden (BR-Drs 180/08, Seite 98). Klassischerweise sind Aufgaben der Teamleitung (vgl dazu beispielsweise die Stellenausschreibung des Bezirksamts M. von A-Stadt für eine Stelle als Teamleiter/in Leistungsgewährung im Bereich SGB II Jobcenter vom 11.08.2014 - Abruf aus dem Internet) ua Prozesssteuerung und -optimierung, Sicherstellung der Qualitätsstandards, Koordination von teamübergreifenden Prozessabläufen, Wahrnehmung sonstiger Fachaufgaben, Zusammenarbeit mit Dritten (zB Rententräger, Krankenkassen, Agentur für Arbeit, Sozialamt, Jugendamt), team- und ggf bereichsübergreifende Aufgaben, Bearbeitung schwieriger Kundenanliegen, Sicherstellung von Ersatz- und Erstattungsansprüchen und die Zusammenarbeit mit der Rechtsbehelfs-/ Unterhalt- und Kosteneinziehungsstelle. Daneben umfasst die Teamleiterstelle (siehe dazu og Stellenausschreibung) auch Leitungsaufgaben wie zB die Organisation der fachlichen Dienstbesprechungen und Fallbesprechungen, Anleitung zur einheitlichen Umsetzung von Gesetzen, Geschäftsanweisungen, Organisation der Qualifizierung der Mitarbeiter/innen durch Fortbildungen, Umsetzung der Ergebnisse der Kosten-Leistungs-Rechnung und die Mitarbeit in Projektgruppen.

Zu den Personalgemeinkosten iSv § 13 KoA-VV sollen dagegen Leitungsfunktionen grundsätzlich dann zählen, wenn diese nicht ausschließlich dem SGB II-Bereich zuzuordnen sind, womit dem Umstand Rechnung getragen werden soll, dass der zkT verpflichtet ist, eine von anderen Bereichen abgrenzbare besondere Einrichtung zu schaffen; Leitungsfunktionen in zB aufgabenübergreifenden Sozialzentren sollen demnach regelmäßig von den Personalgemeinkosten erfasst werden (BR-Drs 180/08, Seite 98 und 99).

Ausgenommen von der Abrechnung (in tatsächlicher Höhe) sind im weiteren die Personalgemeinkosten in Form von Kosten der Leitung und Verwaltungsgemeinkosten (§ 13 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV). Letztere setzen sich aus Aufwendungen für den Inneren Dienst und die allgemeine Verwaltung zusammen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 KoA-VV). Im Einzelnen sind daher keine Personalsondern Personalgemeinkosten Kosten der Leitung, insbesondere Aufwendungen für die Wahrnehmung von Aufsichts- und Führungsfunktionen sowie Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (§ 13 Abs. 2 KoA-VV), für den inneren Dienst, wie insbesondere Schreibkräfte, Botendienste, Pförtnerdienste, Fahrbereitschaft, Materialverwaltung, Druckerei und Vervielfältigung, Poststelle und Bibliothek (§ 13 Abs. 3 KoA-VV) und für allgemeine Verwaltung, insb für Personalangelegenheiten, Personalvertretung und Innenrevision sowie Aufwendungen für Haushalt, Organisation, Recht, Dokumentation und Statistik. (§ 13 Abs. 4 KoA-VV). Schließlich werden Aufwendungen für Leistungen Dritter nach § 13 Abs. 5 KoA-VV den Personalgemeinkosten zugeordnet.

Es ist vorliegend nicht erkennbar, dass Tätigkeiten im Zusammenhang mit § 13 KoA-VV in tatsächlicher Höhe der Personalkosten abgerechnet worden sind. Soweit Tätigkeiten von S. und W. abgerechnet wurden, handelt es sich um Aufwendungen für den Einsatz im Aufgabenbereich SGB II. Es erscheint schon fraglich, ob im Rahmen eines Einsatzes der Mitarbeiterinnen W. und S. im Rechtskreis SGB II überhaupt eine weitere Aufspaltung nach verschiedenen Tätigkeiten stattfinden muss. Die Begründung zur KoA-VV sieht jedenfalls vor, dass eine anteilige Erfassung von Personalkosten im SGB II-Bereich im Regelfall nicht in Betracht kommt (vgl BR-Drs 180/08 Seite 105). Für eine Prüfung einer anteiligen Erfassung nach Tätigkeitsanteilen spricht jedoch der Hinweis in der Begründung zur KoA-VV, dass im Hinblick auf die Personalgemeinkosten nach § 13 KoA-VV zu den Personalkosten nach § 10 KoA-VV nur noch Leistungssachbearbeitung, Fallmanagement und gegebenenfalls die Teamleitung zählen sollen (BR-Drs 180/08 Seite 98). Gerade im Hinblick auf die Teamleitung erscheint die Einschränkung „gegebenenfalls“ nicht ganz nachvollziehbar, sofern es zwei Absätze weiter in der Begründung heißt, untergeordnete Leitungsfunktionen wie die Teamleitung würde „regelmäßig“ bereits bei den Personalkosten nach § 10 KoA-VV erfasst. Nicht eindeutig erscheint die Begründung zur KoA-VV in Bezug die Verwaltungsgemeinkosten. So sollen danach von § 13 Abs. 4 KoA-VV auch solche Verwaltungstätigkeiten erfasst werden, die ausschließlich für die besondere Einrichtung erbracht werden, aber dennoch der allgemeinen Verwaltung im Sinne von Haushalt, Organisation, Recht, Dokumentation, EDV und Statistik entsprechen, wofür eine Sachbearbeiterposition im Bereich Haushalt der besonderen Einrichtung genannt wird. Es ist daher für eine sachgerechte Abgrenzung der Zuordnung der Tätigkeiten der beiden Mitarbeiterinnen W. und S. danach zu differenzieren, ob sie einen fachlichen Bezug zur Leistungserbringung nach dem SGB II oder lediglich allgemein unterstützende Funktionen haben, wie dies zB bei der EDV-Unterstützung, den Hausmeistertätigkeiten, der Personalabteilung, der allgemeinen Rechtsabteilung außerhalb des SGB II etc, mithin den Bereich „allgemeine“ Verwaltung der sogenannten „Z-Verwaltung“ (so BR-Drs 180/08 Seite 99) betrifft. Die Begriffe „Grundsatzmitarbeiter“, „Stabstelle“ oder „Controlling“ sind dabei ebenso wenig eindeutig wie die Aufgliederung der gemeinsamen Einrichtung oder deren Organigramm. Vielmehr ist jeweils der konkrete Fall danach zu untersuchen, ob die dahinterstehende Tätigkeit einen materiellen Bezug zur Leistungserbringung im SGB II-Bereich oder nur eine allgemeine, nicht fachspezifische Unterstützungsfunktion hat. Als Beispiel kann hier auch der Bereich Recht gesehen werden. Eine klassische Querschnittsaufgabe kann bei einer Prozessführung gesehen werden, die in allen Sachgebieten anfallen kann. Ebenso die Beschäftigung beispielsweise mit einem von einem Rathausbesucher geltend gemachten Schadenersatzanspruch in Zusammenhang mit einer Amtspflichtverletzung. Auch dies kann alle Sachgebiete gleichermaßen betreffen. Geht es aber alleine um SGB II spezifische Rechtsfragen, geht es regelmäßig um Probleme in Zusammenhang mit der Leistungserbringung nach dem SGB II. Es bedarf hier der entsprechenden Fachkenntnis, die nicht über den Leistungsbereich der gemeinsamen Einrichtung hinausgeht und daher auch nicht als Querschnittsaufgabe einer „Z-Verwaltung“ angesehen werden. Alleine eine solche Betrachtungsweise wird dabei dem Wortlaut von § 13 Abs. 4 KoA-VV gerecht, der gerade nicht von einer „besonderen“, mithin fachbezogenen Veraltung spricht, sondern vom Bereich „allgemeiner“ Verwaltung.

Auch der von der Beklagten formulierte Leitgedanke „so spitz wie nötig, so pauschal wie möglich“ ist in der KoA-VV selbst nicht ausdrücklich formuliert worden, wenngleich den Motiven nach aber die Abrechnung von Verwaltungskosten durch Bildung von Pauschalen erleichtert werden sollte und § 16 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 KoA-VV eine tatsächliche Abrechnung von Verwaltungskosten nur in den (ausdrücklich) vorgesehenen Fällen vorschreibt. Ein solcher Leitgedanke würde im Übrigen auch für die vorliegende Fallgestaltung ohne Bedeutung bleiben. Im Rahmen der Verwaltungskosten für personelle Aufwendungen ist in § 10 KoA-VV iVm § 19 Abs. 1 KoA-VV - hier wird gleichzeitig der wichtigste Ausnahmefall von einer Pauschalabrechnung gesehen (vgl BR-Drs 180/08 Seite 102) - ausdrücklich formuliert, dass Personalkosten in tatsächlicher Höhe anerkannt werden, sofern sie dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Es handelt sich dabei um einen ausdrücklich vorgesehenen Fall iSv § 16 Abs. 2 Satz 1 KoA-VV, bei dem keine pauschale Berücksichtigung erfolgt. Nur in Fällen, in denen regelmäßig als Einzelkosten nicht erfassbare Kosten der Leitung und Verwaltungsgemeinkosten anfallen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV), werden diese lediglich im Rahmen eines pauschalen Zuschlages nach § 22 KoA-VV erfasst. Entscheidend ist damit alleine die Zuordnung der Tätigkeiten von W. und S. entweder zu den Personalkosten iSv § 10 KoA-VV oder zu den Personalgemeinkosten iSv § 13 KoA-VV.

Die von der Klägerin abgerechneten Tätigkeiten von W. und S. sind nicht von § 13 KoA-VV erfasst und damit den Personalkosten nach § 10 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV zuzuordnen. Maßgeblich für eine entsprechende Beurteilung sind die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten von W. und S. in den Jahren 2010 bis 2013. Auf die von der Klägerin ursprünglich an die Beklagte übersandten Stellenbeschreibungen bzw die Bezeichnungen der Mitarbeiterinnen als „Sachbearbeiter Grundsatzfragen“ kommt es daher nicht an. Zu erstatten sind angefallene Verwaltungskosten (§ 6b Abs. 2 SGB II), nicht fiktive Kosten in Bezug auf einen ursprünglich geplanten, aber dann nicht umgesetzten Einsatzplan. Abzustellen ist daher auf die von der Klägerin vorgelegten Tätigkeitsübersichten für W. und S. Diese erscheinen schlüssig und wurden im Einzelnen auch nicht von der Beklagten bestritten bzw widerlegt. Der Senat hegt insofern keine hinreichenden Zweifel, die gegen deren Richtigkeit sprechen könnten.

Sofern S. im Jahr 2010 insgesamt 45% ihrer Tätigkeitszeit in der „normalen“ Leistungssachbearbeitung und 2013 mit 27% ihrer Arbeitszeit zeitanteilig Unterhaltssachbearbeitung gemacht hat, sind diese Anteile unzweifelhaft den Personalkosten nach § 10 Abs. 1 KoA-VV zuzuordnen. Dabei handelt es sich um eine klassische Tätigkeit eines Leistungssachbearbeiters. In gleicher Weise verhält es sich aber auch mit den Tätigkeiten, die die Prüfung der Leistungsbewilligungen unter einem bestimmten Gesichtspunkt anbelangen. Davon umfasst sind die Überprüfung der Leistungsfälle in Bezug auf ausländische, insbesondere russische Renten, deren Aufarbeitung und die damit zusammenhängende Korrektur der Leistungsbescheide (S.: 5% in 2010, 10% in 2011, 5% in 2012 und 4% in 2013; W.: 75% in 2011 und 01-04/2012). Dabei handelt es sich ebenfalls um Sachbearbeitung wie sie in § 10 KoA-VV gemeint ist. Es handelt sich weder um Kosten der Leitung noch solche des Inneren Dienstes oder der allgemeinen Verwaltung (§ 13 Abs. 2 bis 4 KoA-VV).

Inhaltlich könnte hier allenfalls noch ein Zusammenhang mit dem Begriff „Innenrevision“ in § 13 Abs. 4 KoA-VV gesehen werden. Zur Überzeugung des Senats ist dabei aber nicht eine Prüfung von Fällen auf deren inhaltliche Richtigkeit mit der Folge, dass bei Feststellung von Fehlern Änderungsbescheide erstellt werden, gemeint, sondern vielmehr eine Revision von Verwaltungsabläufen als solche zur Vorbereitung von etwaigen Änderungen durch eine Organisationsentscheidung oder ähnliche Prüfungen zur Vorbereitung von übergeordneten Verwaltungsentscheidungen. Vorliegend besteht aber ein Zusammenhang mit der Sachbearbeitung. Es ist letztlich im Sinne der Organisationsfreiheit dem zkT oblassen, effektive und nachhaltige Strukturen im Rahmen der Leistungserbringung zu schaffen. Dies ist nicht zuletzt auch Ausfluss des kommunalen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 Abs. 2 GG. Die Schaffung der Möglichkeiten, alle Aufgaben des SGB II als Optionskommune erbringen zu können, gewährt gleichsam die Freiheit, auch entsprechende Organisationsstrukturen zu entwickeln, die nach Sicht des jeweiligen zkT die sachgerechteste Aufgabenerfüllung gewährleisten. Eine umfassende Steuerung der kommunalen Organisation durch den Staat ist nicht zulässig, da die in Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantierte Eigenverantwortlichkeit die Organisationshoheit umfasst und den Gemeinden das grundsätzliche Recht gewährleistet, die Wahrnehmung der eigenen Aufgaben, Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen festzulegen und damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt der Entscheidungen zu befinden (vgl dazu BVerfG, Urteil vom 07.10.2014 - 2 BvR 1641/11). Entsprechend muss bei der Abrechnung und Erstattung von Verwaltungskosten ebenfalls gewährleistet bleiben, dass Organisationsentscheidungen der Kommune - wenn sie den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen - nicht dadurch beschränkt werden, dass eine Auslegung der KoA-VV im Rahmen der Erstattung von Verwaltungskosten alleine nach bloßen Stellenbezeichnungen erfolgt, ohne die tatsächlichen Tätigkeiten und Sachzusammenhänge zu berücksichtigen. Die Klägerin hat sich vorliegend im Rahmen ihrer Organisationsfreiheit entschieden, die jeweilige allgemeine Leistungserbringung nachträglich durch spezielle Sachbearbeiter - hier die Mitarbeiterinnen W. und S. - nochmals unter bestimmten Gesichtspunkten und nach Spezialthemen überprüfen zu lassen und damit sowohl die rechtmäßige Aufgabenerfüllung als auch die Leistungsgewährung in der materiell-rechtmäßigen Höhe sicherzustellen. Damit stehen diese Tätigkeiten in unmittelbarem Zusammenhang mit einer Leistungserbringung durch die Sachbearbeitung. Es handelt sich nicht um ein Controlling in Form einer Querschnittsaufgabe, das nur im Rahmen einer Pauschale für Personalgemeinkosten zu erfassen ist. Die Aufwendungen können als Einzelkosten erfasst werden und stellen Personalkosten iSv § 10 KoA-VV dar. Letztlich handelt es sich selbst dann, wenn man die Tätigkeiten nicht der unmittelbaren Sachbearbeitung zuordnen wollte, zumindest um Arbeiten, die im Bereich der Aufgaben im Zusammenhang mit untergeordneten Leitungsfunktionen für Teilbereiche der besonderen Einrichtung wie zB Team-, Fachbereichs- oder Sachgebietsleitung zuzuordnen wären und daher regelmäßig auch zu den Personalkosten iSv § 10 KoA-VV zu zählen wären (so auch Begründung zur KoA-VV, BR-Drs 180/08, Seite 98). Im Kern geht es um die sachliche Überprüfung der Richtigkeit der Bewilligungsentscheidungen und die Sicherstellung einer richtigen Rechtsanwendung.

Dementsprechend verhält es sich auch mit den Tätigkeiten in Bezug auf die Prüfung vorrangiger Ansprüche von Leistungsberechtigten (bei S. 5% in 2010), die Einzelfallprüfung zur Sozialversicherung im SGB II (bei S. 15% in 2011), eine vertiefte Fallprüfung (bei S. 25% in 2012), die Prüfungen im Zusammenhang mit dem Renteneintrittsalter (bei S. 3% in 2012), das Ende des Gewährungszeitraums (bei S. 2% in 2012), die Höchstmieten (bei S. 20% in 2012), die darlehensweise Gewährung einmaliger Beihilfen (bei S. 15% in 2013), die Ansprüche von Bedarfsgemeinschaften mit Leistungsanspruch von unter 200 EUR (bei S. 23% in 2013), mögliche Rentenerstattungsansprüchen (bei S. 9% in 2013), Reha-Fälle (bei S. 5% in 2013) sowie die Ergebnisaufstellung des Datenabgleichs nach § 52 SGB II (bei S. 1% in 2013). In all diesen Fällen geht es um die (Nach-)Prüfung der Leistungsvoraussetzungen bei Leistungsberechtigten und dies stellt eine spezielle Form von Sachbearbeitung bzw fachspezifischer Überprüfung von Entscheidungen auf deren inhaltliche Richtigkeit dar. Dabei erscheint es sinnvoll und nachvollziehbar, wenn hier Leistungsfälle von „Spezialisten“ auf bestimmte Problemstellungen überprüft werden, bei denen in der alltäglichen Massenverwaltung eine gewisse Fehleranfälligkeit besteht, neuere Rechtsentwicklungen zu beachten sind oder komplexe Fallgestaltungen vorliegen. Alternativ wäre es notwendig, dass jeder Sachbearbeiter bei neuen Vorgaben oder Erkenntnissen selbst seine bisher bearbeiteten Fälle nochmals im Einzelnen auf diese Fragen untersucht, was neben dem Tagesgeschäft als sehr zeitaufwendig und mit wenig Synergieeffekten verbunden wäre. Hier obliegt es wiederum der Organisationsentscheidung des zkT für sich effektive Strukturen aufzubauen. Die Tätigkeiten liegen in den Bereichen Leistungssachbearbeitung bzw Teamleitung.

Dies gilt in gleichem Maße für die Erstellung von Erlanger Richtlinien, die Bearbeitung von Grundsatzfragen im Zusammenhang mit der Leistungssachbearbeitung, die Erstellung von Musterbescheiden und angepasster Vordrucke für die Leistungssachbearbeitung. Hier wurde von W. 2011 und bis 30.04.2012 25% und vom 01.05.2012 bis 31.12.2012 100% der Arbeitszeit im SGB II-Bereich aufgewendet. S. war in diesem Zusammenhang mit einem Anteil von 20% (2010), 10% (2011), 25% (2012) und 11% (2013) tätig. Auch hier hat sich die Klägerin organisatorisch dafür entschieden, die einzelnen Leistungssachbearbeiter dadurch zu entlasten, dass durch die Mitarbeiterinnen W. und S. fachspezifische Richtlinien, Grundsatzfragen im Zusammenhang mit den Leistungsfragen im SGB II, Musterbescheide und Vordrucke angefertigt werden. Dies sind Tätigkeiten, die ebenfalls mit der Leistungssachbearbeitung in unmittelbarem Zusammenhang stehen. Spezialwissen und Kompetenzen werden gebündelt und Hilfestellungen für die Sachbearbeiter gegeben. Andernfalls wäre es für jeden einzelnen Mitarbeiter notwendig, erhebliche Zeit dafür aufzuwenden, sich die jeweiligen Spezialprobleme selbst zu erarbeiten, jeweils einzelne Bescheide ohne Vorgaben zu erstellen, etc. Hierzu zählen auch die Schulungen und Einarbeitungen, die im Übrigen dafür sorgen dürften, Fehlerquellen in der Leistungserbringung zu minimieren und die verfügbaren Mittel effektiv zu sachgerecht zu bewirtschaften. Es handelt sich dabei nicht um Tätigkeiten einer Grundsatzabteilung, die übergreifende Themenkomplexe der allgemeinen Verwaltung bearbeitet. Vielmehr wird eine einheitliche Rechtsanwendung und -auslegung sichergestellt, was Aufgabe untergeordneter Leitungsfunktion, wie im Bereich Teamleitung oder Fachbereichsbzw Sachgebietsleitung ist. Die davon abzugrenzenden Kosten für den Inneren Dienst und die allgemeine Verwaltung entsprechen dagegen der sogenannten Z-Verwaltung (vgl auch BR-Drs 180/08, Seite 99). Wie sich schon aus dem Organigramm des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (Stand: 08.08.2016) beispielsweise für die Abteilung Z ergibt, umfasst diese die Bereiche Personal, Haushalt und Organisation, die jeweiligen sachlichen Grundsatzfragen sind dagegen aber in anderen Abteilungen und Referaten angesiedelt. So muss dies auch für die vorliegende Organisation der Klägerin gesehen werden. Die streitgegenständlichen Tätigkeiten in Bezug auf die „Grundsatzfragen“ haben keinen über den SGB II-Bereich hinausgehenden Gesamtzusammenhang. Auch die Muster für Bescheide und Formulare sind im Hinblick auf die entsprechenden Inhalte von den Mitarbeiterinnen W. und S. erarbeitet worden. Es handelt sich um fachspezifische Tätigkeiten, die - regelmäßig ging es bei den Tätigkeiten von W. und S. nicht um Eingliederungsleistungen - nicht einmal alle Bereiche der gemeinsamen Einrichtung betroffen haben. Es kann daher auch kein „einrichtungsinterner Verwaltungsoverhead“ in den konkreten Tätigkeiten gesehen werden.

Sofern das BMAS in seinen Fragen und Antworten zur KoA-VV (Az: PG SGB II - 04616 - 1/10) mit Stand April 2014 (FuA 2014) unter Punkt 6 (Seite 20) bzw Punkt 7b (Seite 35) davon ausgeht, Aufwendungen für Grundsatzmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, deren Tätigkeiten dadurch gekennzeichnet sind, dass sie den für die Leistungserbringung und das Fallmanagement notwendigen steuernden, kontrollierenden und unterstützenden Rahmen bereitstellen, nicht als Personalkosten spitz abgerechnet werden könnten, da diese Personalgemeinkosten darstellen, ändert dies nichts an obiger Einschätzung. Wollte man die Tätigkeiten von W. und S. hierunter subsumieren, wie die Beklagte dies offenbar annimmt, entspräche ein solch allgemeiner und weitgehender Ausschluss von der Abrechnung der Aufwendungen als Personalkosten nicht der KoA-VV bzw der entsprechenden Begründung hierzu. Als über die unmittelbare Erbringung passiver und aktiver Leistungen hinausgehender Querschnittsbereich könnte es nur angesehen werden, wenn Grundsatzfragen bearbeitet worden wären, die über den Bezug auf konkrete Problemkomplexe im Zusammenhang mit der Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende hinausgingen, beispielsweise im Zusammenhang mit Verfahrensfragen in Bezug auf Widerspruchs- oder Klageverfahren oder allgemeine rechtliche Erwägungen, wie sie dem Rechtsreferat obliegen. Steuernde, kontrollierende und unterstützende Funktion haben im Übrigen auch und gerade die Tätigkeiten von Teamleitung oder Fachbereichsbzw Sachgebietsleitung, die nach der Begründung zur KoA-VV ausdrücklich nicht von einer Abrechnung als Personalkosten ausgenommen sind. So könnten die Ausführungen in den FuA 2014 dahingehend zu verstehen sein, dass sie nur Tätigkeiten in Bezug auf die Bearbeitung von Grundsatzfragen als nicht als Personalkosten abzurechnende Aufwendungen verstehen möchte, die über den konkreten Bezug zu Fragestellungen zur inhaltlichen Leistungserbringung nach dem SGB II hinausgehen. Dies wären Grundsatzfragen, die von der Z-Abteilung typischerweise zu erledigen wären. Da die Begründung zur KoA-VV ausführt, dass die Kosten für den Inneren Dienst und die allgemeine Verwaltung, die als Personalgemeinkosten gelten, den Kosten der so genannten Z-Abteilung entsprächen, kann nicht davon ausgegangen werden, jegliche Grundsatztätigkeit im weitesten Sinne von einer Abrechnung als Personalkosten ausgeschlossen sein soll. Eine Bindungswirkung kommt der FuA 2014 darüber hinaus nicht zu, da sie lediglich eine vom BMAS formulierte Auslegungshilfe zur KoA-VV darstellt, die sich nicht über die KoA-VV selbst und deren Motive hinwegsetzen kann. Für die Annahme der Beklagten, es sei in der KoA-VV umgesetzt worden, dass nur für die unmittelbare Leistungssachbearbeitung eine „spitze“ Abrechnung erlaubt sei, findet sich in § 10 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV jedenfalls kein derartiger Ansatz, da dort nur von im Aufgabenbereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II eingesetztem Personal die Rede ist, was eine solche einschränkende Auslegung nicht stützt. Nur in der Regel nicht als Einzelkosten erfassbare Kosten der Leistung und Verwaltungsgemeinkosten sind ausgenommen. Die Begründung zur KoA-VV sieht vor, dass grds nur noch Leistungssachbearbeitung, Fallmanagement und ggf Teamleitung den Personalkosten nach § 10 KoA-VV zuzuordnen sei (BR-Drs 180/08, Seite 98), was zwar tatsächlich eine gewisse Einschränkung der „spitzen“ Abrechnungsmöglichkeit nahelegt, aber die Möglichkeit der Subsumtion der Tätigkeiten von W. und S. hierunter nicht ausschließt. Entscheidend bleibt, dass diese im Hinblick auf die Erarbeitung von Richtlinien und Bearbeitung von „Grundsatzfragen“ grds Fachaufgaben innerhalb des SGB II-Bereichs wahrnehmen und keine darüber hinaus reichende Querschnittsaufgaben oder interne Dienste innerhalb der Behörde. Hierauf weist im Übrigen auch das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 21.08.2017 (Gz: II A 3 - H 1012-10/07/0001:013) hinsichtlich Personal- und Sachkosten in der Bundesverwaltung für Kostenberechnungen/WU und Kalkulationszinssätze für WU hin. Hier wird auf Seite 5 bei der Ermittlung eines behördenspezifischen Näherungswertes für einen Gemeinkostenzuschlagssatz bei der Auflistung der Organisationseinheiten, die interne Leistungen erbringen, die Leistung von Fachaufgaben ausgenommen (vgl dazu dort auch Seite 9). Es erscheint auch von daher nicht nachvollziehbar, weshalb das Verständnis von den Personalgemeinkosten in der KoA-VV ein anderes sein sollte. Nicht ersichtlich ist, dass W. und S. Grundsatzaufgaben bearbeitet haben, die über den Bereich des SGB II hinausgehen und diesen ebenso wie andere Fachbereiche der Verwaltung der Klägerin gleichfalls betreffen.

Die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Prüfung durch die Rentenversicherung und das Nachbearbeiten der Prüfung, insbesondere Nacharbeiten und Korrekturen bei den Beitragsmeldungen und Beitragsnachentrichtungen (20% bei S. in 2010, 30% in 2011 und 15% in 2012) sowie die Vorbereitung und Prüfung der Krankenkasse (2% bei S. in 2010) sind keine Tätigkeiten, die den Personalgemeinkosten iSv § 13 KoA-VV zuzuordnen wären. Diese standen - wie sich auch aus den einzelnen Aufstellungen zu den Prüfungen ergibt - vielmehr in Bezug zu den einzelnen Leistungsvorgängen und der einzelnen Leistungserbringung. Es erscheint sinnvoll und nachvollziehbar, diese Aufgaben bei S. zu bündeln. Es handelt sich nicht um Kosten der „Z-Verwaltung“. Vielmehr stand die Richtigkeit der Erbringung der Leistungen nach dem SGB II im Mittelpunkt, zu der auch die Rentenversicherung (2010) und die Krankenversicherung der Leistungsempfänger zählen. Damit liegt ein materieller Zusammenhang mit der Leistungserbringung vor. In dieser Weise verhält es sich auch mit dem Tätigkeitsanteil von 5% bei S. für 2012, den sie für das „Finanzcontrolling“ aufgewandt hat. Hier ging es um die Prüfung, ob der jeweils richtige Kostenträger belastet und Vereinnahmungen richtig verbucht worden sind. Dies ist nicht dem übergeordneten Bereich Haushalt iSv § 13 Abs. 4 KoA-VV zuzuordnen, sondern wiederum im Zusammenhang mit den einzelnen Leistungsfällen zu sehen. Dementsprechend sind von S. auch Fehler korrigiert worden, was ebenfalls für eine Einordnung in den Bereich Leistungssachbearbeitung spricht. Ebenso gelten die Ausführungen von oben, soweit S. mit den hieraus gewonnenen Erfahrungen Richtlinien angepasst hat. Auch nach der bereits oben zitierten Aufgabenbeschreibung eines Teamleiters ist er Ansprechpartner der Versicherungsträger im Rahmen einer Zusammenarbeit mit diesen, soweit es um Prüfungen im Zusammenhang mit den Leistungsbeziehern nach dem SGB II geht. In Bezug auf die Tätigkeiten von S. hinsichtlich den „Kopfarbeiten“ Bildung und Teilhabe (3% in 2010 und 15% in 2011) gibt es für den Senat keine konkreten Anhaltspunkte, die gegen das (wiederholte) Vorbringen der Klägerin spricht, diese hätten sich alleine auf den Bereich der SGB II-Leistungsberechtigten bezogen und erst später hätte eine eigene Fachkraft den gesamten Tätigkeitsbereich übernommen. Auch erfolgte erst nach dem Einsatz von S. in diesem Bereich ein entsprechendes Hinweisschreiben, dass in Bezug auf Leistungsadressaten außerhalb des SGB II nicht die vollständigen Zeitanteile abgerechnet werden könnten.

Schließlich werden die 5% Tätigkeitsanteile bei S. in 2013 für die Teilnahme an Arbeitskreisen ebenfalls nicht von den Pauschalen für Personalgemeinkosten erfasst. Wie auch die übrigen Fortbildungen dienen die Teilnahmen an den Facharbeitskreisen der Fortbildung für die Bearbeitung der Leistungsbewilligungen und stehen daher mit der Leistungssachbearbeitung in direktem Zusammenhang. Selbst eine Teilnahme an Facharbeitskreisen der Leitungen der Jobcenter wäre von den Aufgaben einer Teamleitung umfasst. Die Tätigkeit in Bezug auf Ausbildung und Einarbeitung auch von Auszubildenden stellt keinen erkennbar erheblichen Anteil bei den Mitarbeiterinnen W. und S. dar. Hier handelt es sich jedenfalls nicht um Kosten für einen hauptamtlichen Betreuer der Auszubildenden, der ggf als Mitarbeiter der Z-Verwaltung angesehen werden könnte. In der Begründung zur KoA-VV wird insofern nur darauf verwiesen, dass Betreuungsaufwand und Aufwendungen für Ausbilder keine Personalkosten sind (BR-Drs 180/08, Seite 97).

Demzufolge war die von der Klägerin vorgenommene Abrechnung der tatsächlichen Kosten für W. und S. in den Haushaltsjahren 2010 bis 2013 korrekt.

Sofern die Beklagte davon ausgeht, dass die Personalgemeinkostenpauschale mit 30% hoch angesetzt sei und ggf damit mehr als die bei der Klägerin angefallenen Kosten abgedeckt würden, fehlen hierfür konkrete Nachweise oder Anhaltspunkte. Die Erstattung der Verwaltungskosten nach den Vorgaben der KoA-VV soll nicht nur eine Überdeckung sondern gleichzeitig auch eine Unterdeckung vermeiden. Der bloß pauschale Verweis auf eine Pauschale von 20%, die der Bayerische Kommunale Prüfungsverband in seinem Geschäftsbericht von 2013 (GB) zu den Kosten eines Arbeitsplatzes im öffentlichen Dienst auf Seite 45 empfiehlt, verfängt insofern nicht. Die Beklagte übersieht dabei bereits, dass die Pauschale von 20% für Personalgemeinkosten im GB sich auf einen anders zu berechnenden Grundwert bezieht. Während die Gemeinkostenpauschale sich nach § 22 KoA-VV auf die nach § 19 KoA-VV abgerechneten und um die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung und Zusatzversorgung nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KoA-VV geminderten Personalkosten bezieht, beinhalten die Personalkosten nach dem GB, von denen dort die 20%-Pauschale gebildet wird, bei Beamten auch den Versorgungszuschlag und Beihilfeleistungen sowie bei Beschäftigten auch die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung sowie der Zusatzversorgung und der gesetzlichen Unfallversicherung (siehe dazu Nr. 3.1 GB). Damit ist dieser Prozentwert schon deshalb höher als bei einem Satz von 20% in Bezug auf den nach § 22 KoA-VV zu berücksichtigenden Grundwert. Dies zeigt sich auch im Rahmen des Berechnungsbeispiels unter Nr. 4.1 GB. Weiter unterscheiden sich die Berechnungen der Gemeinkostenpauschale dadurch, dass im GB unter Nr. 4.2 vorgeschlagen wird, bei Teilzeitbeschäftigten mit Büroarbeitsplätzen nicht nur anteilig von den dem Arbeitszeitanteil entsprechenden Personalkosten auszugehen, sondern die 20%-Pauschale von den Personalkosten einer Vollzeitarbeitskraft berechnet werden soll. Dazu wird ausgeführt, dass bei den Querschnittseinheiten für Teilzeitbeschäftigten Gemeinkosten grundsätzlich in gleicher Höhe wie bei Vollzeitbeschäftigten anfallen (Nr. 4.2 GB). Hier liegt ebenfalls ein Unterschied zur KoA-VV, die die Gemeinkostenpauschale immer nur auf die jeweiligen tatsächlichen Personalkosten (§ 22 Satz 1 KoA-VV iVm § 19 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV) „spitz“ abgerechneter Mitarbeiter bezieht und damit bei Teilzeitkräften zu geringeren Pauschalen kommt. Ähnliches gilt für die Personalgemeinkosten im KGSt-Bericht 16/2015. Auch hier wird auf die vollen Brutto-Personalkosten abgestellt (Punkt 4.1, Seite 13) und unter Punkt 6.1 (Seite 18) bzw Punkt 6.2 (Seite 21) empfohlen, bei der Gemeinkostenpauschale für Teilzeitarbeitsplätze auf die vollen Brutto-Personalkosten des (Vollzeit-)Arbeitsplatzes abzustellen. Ferner wird in diesem Bericht nicht eine Personalgemeinkostenpauschale von 20% empfohlen, sondern von „mindestens 20%“. Ausdrücklich wird unter Punkt 4.3 (Seite 14) darauf verwiesen, dass die bei Mitgliedsverwaltungen durchgeführte Beispielsberechnungen Zuschlagssätze zwischen 10% und 40% ergeben hätten, weshalb es schwierig sei, eine generelle Empfehlung auszusprechen. In den Ausführungen des Bundesministeriums der Finanzen vom 30.07.2007 (BR-Drs 180/08, Seite26 ff) wird der Zuschlagssatz mit 30% festgelegt (Seite 29). Dort wird im Übrigen auch darauf verwiesen, dass in dem Zuschlag insbesondere Kosten der Nachwuchsausbildung, Vertretungskosten, Kosten für sonstige ressortübergreifende Verwaltungseinrichtungen und Kosten, die mit den Verwaltungsleistungen in einem engen fachlichen Zusammenhang stehen, zentral aber nicht erfassbar sind, nicht enthalten sind (Seite 30). Warum deshalb vorliegend eine Personalgemeinkostenpauschale mit 30% nicht zutreffend sein soll und zu einer Überdeckung bei den Verwaltungskosten führen soll, erschließt sich von daher nicht.

Vorliegend hat sich die Klägerin an der KoA-VV gehalten, die - wie oben ausgeführt - die Finanzbeziehungen zwischen den Beteiligten konkretisiert. Auch im Hinblick auf eine gleichmäßige Behandlung der Optionskommunen und die notwendige Planungssicherheit für den Haushalt der Klägerin ist eine Abweichung von der Personalgemeinkostenpauschale nicht angezeigt, ohne dass eine Notwendigkeit konkret nachgewiesen wird. Anhaltspunkte dafür, die Klägerin könnte mit dem Mitteleinsatz gegen die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstoßen haben, sind nicht erkennbar. Das BMAS führt in den FuA 2014 auf Seite 16 auch aus, dass die Pauschalsätze in den §§ 20 bis 23 KoA-VV den Höchstrahmen der abrechenbaren Aufwendungen darlegen, dem regelmäßig die Angemessenheitsvermutung innewohnt. Diese Vermutung wurde von der Beklagten vorliegend jedenfalls nicht hinreichend entkräftet. Soweit die Beklagte darauf verweist, dass etliche zkT die Pauschale von 30% für Personalgemeinkosten nicht ausschöpften, lässt dies keine anderen Schlüsse zu. Es ist von ihr offen gelassen worden, was die Hintergründe dafür sind. Insbesondere sieht § 22 Satz 2 KoA-VV eine Begrenzung der Pauschale auf 25% vor, wenn der Leiter der besonderen Einrichtung selbst im Rahmen der Personalkosten nach § 19 KoA-VV iVm § 13 Abs. 2 Satz 3 KoA-VV abgerechnet wird. Nach der Begründung zu § 22 KoA-VV (BR-Drs 180/08 Seite 108) können niedrigere als die in § 22 KoA-VV geregelten Höchstwerte abgerechnet werden. Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin aber keinen Gebrauch gemacht. Schließlich finden sich keine Anhaltspunkte für einen atypischen Fall. Besondere Gründe für einen Einzelfall, bei dem die geltenden Pauschalen den spezifischen Gegebenheiten des zkT nicht gerecht werden (so auch § 16 Abs. 2 Satz 2 KoA-VV), sind weder konkret von der Beklagten vorgebracht worden noch für den Senat ersichtlich. Vorliegend ging es alleine um die Zuordnung der Tätigkeiten von W. und S. zu den Bereichen Personalkosten iSv § 10 KoA-VV bzw Personalgemeinkosten iSv § 13 KoA-VV, was auch bei Zuordnung der Tätigkeiten zu den Personalkosten keinen atypischen Fall darstellt. Rein tatsächlich dürfte zudem ein nachträglicher Nachweis der tatsächlichen Personalgemeinkosten ausgeschlossen sein.

Demzufolge lag mangels Anspruchs der Beklagten auf Rückerstattung der abgerufenen Haushaltsmittel für die Jahre 2010 bis 2012 keine Aufrechnungslage vor. Die entsprechende Erklärung ist daher unwirksam, so dass der Klägerin insofern noch ein Zahlungsanspruch iHv weiteren 98.511,23 EUR - darin eingeschlossen die zusätzlichen Mittel für 2013 bis zur Budgetobergrenze - zustehen.

Die Klage auf Feststellung, dass die mit Schreiben vom 13.12.2013 verweigerte Freigabe von Bundesmitteln zur Erstattung von Verwaltungskosten in Höhe von 169.881,57 EUR aus dem Bundeshaushalt 2013, Titel 1112 636 13, Objekt 1730 (Verwaltungskosten) rechtswidrig war, ist ebenfalls zulässig und begründet.

Die Möglichkeit zur Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Beklagten ist grundsätzlich auch dann gegeben, wenn bereits eine Erledigung bezüglich des belastenden Verhaltens eingetreten ist. Nachdem die Haushaltsjahre jedenfalls bis einschließlich 2013 bereits endgültig abgerechnet worden sind, hat sich die verweigerte Mittelfreigabe bereits erledigt. Es liegt auch ein notwendiges besonderes Feststellungsinteresse vor. Ein Feststellungsinteresse kann insbesondere bei einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse oder bei einer Präjudizialität für andere Rechtsverhältnisse gegeben sein. Ein berechtigtes Interesse unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte (konkrete) Gefahr voraus, dass unter im Wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiges Verhalten der Beklagten droht (vgl zur Fortsetzungsfeststellungsklage bei erledigtem Verwaltungsakt: BSG, Beschluss vom 16.05.2007 - B 7b AS 40/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr. 4 mwN). Vorliegend ist eine solche Wiederholungsgefahr gegeben, denn in tatsächlicher Hinsicht ist es nicht auszuschließen, dass die Beklagte in kommenden Haushaltsjahren wiederum die Freigabe von Bundesmitteln verweigert, wenn sie davon ausgeht, die Klägerin könnte Aufwendungen für Verwaltungskosten zu Unrecht abrufen.

Die Feststellungsklage ist begründet. Die verweigerte Freigabe von Bundesmitteln mit Schreiben vom 13.12.2013 war rechtswidrig. Werden durch den zkT Regelungen der VV oder der KoA-VV nicht beachtet, kann das BMAS Bundesmittel für Eingliederungsleistungen und für Verwaltungskosten für die Dauer des Verstoßes schrittweise zur Bewirtschaftung freigeben (§ 32 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV). Ein Verstoß liegt nach § 32 Abs. 1 Satz 2 KoA-VV insbesondere dann vor, wenn der KFA nicht oder nicht in angemessenem Umfang durch den zkT getragen wurde, in erheblichem Umfang Vorleistungen abweichend von § 29 KoA-VV erbracht wurden oder Bundesmittel wiederholt nicht bedarfsgerecht nach § 30 KoA-VV abgerufen wurden. Die schrittweise Freigabe der Mittel ist dabei ein milderes Mittel im Vergleich zu einem Widerruf der Ermächtigung zur Teilnahme am HKR-Verfahren, der nach § 32 Abs. 5 KoA-VV damit aber auch nicht ausgeschlossen wird.

Ein Vorgehen nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KoA-VV war vorliegend nicht zulässig, da es an einem Verstoß iSv § 32 Abs. 1 Satz 2 KoA-VV fehlt. Die Klägerin hat nach obigen Ausführungen die Bundesmittel bedarfsgerecht abgerufen. Sie hatte einen Anspruch auf Erstattung der für W. und S. geltend gemachten Aufwendungen. Insofern wird auf obige Ausführungen verwiesen. Darüber hinaus fehlt es an einer Ermessensausübung durch die Beklagte im Schreiben vom 13.12.2013. Liegt ein Verstoß nach § 32 Abs. 1 Satz 2 KoA-VV vor, kann die Beklagte eine schrittweise Freigabe der Bundesmittel vornehmen. Damit ist ihr sowohl dahingehend, „ob“ sie von dieser Maßnahme Gebrauch macht, als auch im Hinblick auf § 32 Abs. 2 und 3 KoA-VV in welchem Umfang sie dies tut, ein Ermessen eingeräumt. Dies erfordert eine sorgsame Abwägung der Umstände des Einzelfalles. Eine solche kann dem Schreiben vom 13.12.2013 nicht entnommen werden.

Die Beklagte hat jedenfalls auch nicht bzw nicht hinreichend erwogen, dass die mit der Maßnahme nicht freigegebenen Mittel im Umfang von 169.881,57 EUR in einem Missverhältnis zu den aus ihrer Sicht zu Unrecht abgerufenen Verwaltungskosten stand. Zumindest zu einer Auseinandersetzung mit der möglichen - ggf auch zu schätzenden - Höhe der aus Sicht der Beklagten zu Unrecht abgerufenen Mittel fehlen Ausführungen im Schreiben vom 13.12.2013, und es gibt keinen Anhaltspunkt, dass hierzu konkrete Prognosen zuvor angestellt worden sind. Es erscheint nach dem Stand der Dinge so, dass es sich selbst aus Sicht der Beklagten bei der von der Klägerin dargestellten Meinung um eine vertretbare Rechtsauffassung gehandelt hat, in welchem Umfang Verwaltungskosten zu erstatten sind, auch wenn diese nicht geteilt worden ist. So hätte zumindest in die Ermessensentscheidung eingestellt werden müssen, weshalb nicht eine - dann auch vorgenommene - künftige Verrechnung oder eine klageweise Geltendmachung des Rückerstattungsanspruchs erfolgen könne. Schließlich hat die Beklagte offensichtlich nicht erwogen, nur einen geringeren Betrag von der Freigabe zur Bewirtschaftung auszunehmen. So beträgt nach § 32 Abs. 3 KoA-VV der Ermächtigungsrahmen für Verwaltungskosten mindestens 80 vom Hundert der durch zwölf geteilten anerkannten und um den im laufenden Haushaltsjahr geltenden KFA an den Gesamtverwaltungskosten geminderten Ist-Ausgaben des Haushaltsjahres, für das zuletzt durch den zkT eine Schlussrechnung vorgelegt und durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales geprüft wurde. Hier hätte es im Rahmen der Ermessensausübung Ausführungen dazu bedurft, weshalb höhenmäßig die weitestgehend mögliche Beschränkung verfügt worden ist. Ursprünglich im Entwurf auf Blatt 248 ff der Beklagtenakte zum (späteren) Schreiben vom 13.12.2013 noch enthaltene Ausführungen sind in dem dann versandten Schreiben zuvor gestrichen worden.

Es kann demnach dahinstehen, ob der nur eingeschränkten Mittelfreigabe der Charakter einer Sanktion zukommt und damit ein von der Ermächtigung in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG Mittel der Aufsicht darstellt. Im Hinblick darauf, dass ein Ausschluss vom HKR-Verfahren für die betroffenen zkT erhebliche wirtschaftliche Belastungen und Risiken mit sich brächten, hat das BVerfG (Urteil vom 07.10.2014 - 2 BvR 1641/11 - BVerfGE 137, 108) einem Ausschluss vom HKR-Verfahren Sanktionscharakter beigemessen und ihn als von § 6b Abs. 4 SGB II als nicht gedeckt angesehen.

Die Klage der Klägerin war damit erfolgreich und die Beklagte zur Zahlung weiterer 98.511,23 EUR zu verurteilen sowie festzustellen, dass die verweigerte Mittelfreigabe rechtswidrig gewesen ist. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor. Insbesondere wurde eine über den vorliegenden Fall hinausgehende Bedeutung der Rechtssache nicht hinreichend konkret dargelegt. Streitentscheidend war die Prüfung der konkreten Tätigkeiten der Mitarbeiterinnen W. und S.

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Referenzen - Gesetze

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2017 - L 11 AS 391/14 KL zitiert 37 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 54


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 197a


(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskosten

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 44b Gemeinsame Einrichtung


(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:1.die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,2.die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 un

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 106


(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu: 1. die Zölle,2. die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 6a Zugelassene kommunale Träger


(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesm

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 84


(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 27 Leistungen für Auszubildende


(1) Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der folgenden Absätze. Die Leistungen für Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 gelten nicht als Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 57


(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem fü

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 46 Finanzierung aus Bundesmitteln


(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bundesrechnungshof prüft die Leistungsgewährung. Dies gilt auch, soweit d

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 1 Aufgabe und Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht. (2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsber

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 104a


(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt. (2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergeb

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 29


(1) Die Landessozialgerichte entscheiden im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte. (2) Die Landessozialgerichte entscheiden im ersten Rechtszug über1.Klagen gegen

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 6b Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger


(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 u

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 91e


(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen. (2) Der Bu

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 50 Datenübermittlung


(1) Die Bundesagentur, die kommunalen Träger, die zugelassenen kommunalen Träger, gemeinsame Einrichtungen, die für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung zuständigen Stellen und mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragt

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 52 Automatisierter Datenabgleich


(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,1.ob und in welcher Höhe

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 51b Verarbeitung von Daten durch die Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende


(1) Die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende erheben laufend die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Daten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnun

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 48 Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger


(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden. (2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 53 Statistik und Übermittlung statistischer Daten


(1) Die Bundesagentur erstellt aus den bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende von ihr nach § 51b erhaltenen und den ihr von den kommunalen Trägern und den zugelassenen kommunalen Trägern nach § 51b übermittelten Daten Statistiken.

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 56 Anzeige- und Bescheinigungspflicht bei Arbeitsunfähigkeit


(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt haben oder beziehen, sind verpflichtet,1.eine eingetretene Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und2.spätestens

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 48b Zielvereinbarungen


(1) Zur Erreichung der Ziele nach diesem Buch schließen1.das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen mit der Bundesagentur,2.die Bundesagentur und die kommunalen Träger mit den Geschäftsführeri

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 51a Kundennummer


Jeder Person, die Leistungen nach diesem Gesetz bezieht, wird einmalig eine eindeutige, von der Bundesagentur oder im Auftrag der Bundesagentur von den zugelassenen kommunalen Trägern vergebene Kundennummer zugeteilt. Die Kundennummer ist vom Träger

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 64 Zuständigkeit und Zusammenarbeit mit anderen Behörden


(1) Für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch gilt § 319 des Dritten Buches entsprechend. (2) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind in den Fällen1.des § 63 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 die

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 55 Wirkungsforschung


(1) Die Wirkungen der Leistungen zur Eingliederung und der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind regelmäßig und zeitnah zu untersuchen und in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nach § 282 des Dritten Buches einzubeziehen. Das Bundesmi

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 65d Übermittlung von Daten


(1) Der Träger der Sozialhilfe und die Agentur für Arbeit machen dem zuständigen Leistungsträger auf Verlangen die bei ihnen vorhandenen Unterlagen über die Gewährung von Leistungen für Personen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende b

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 52a Überprüfung von Daten


(1) Die Agentur für Arbeit darf bei Personen, die Leistungen nach diesem Buch beantragt haben, beziehen oder bezogen haben, Auskunft einholen1.über die in § 39 Absatz 1 Nummer 5 und 11 des Straßenverkehrsgesetzes angeführten Daten über ein Fahrzeug,

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Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2017 - L 11 AS 391/14 KL zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Bayerisches Landessozialgericht Urteil, 20. Dez. 2017 - L 11 AS 391/14 KL zitiert 2 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverfassungsgericht Urteil, 07. Okt. 2014 - 2 BvR 1641/11

bei uns veröffentlicht am 07.10.2014

Tenor 1. § 6a Absatz 2 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 ist mit

Bundessozialgericht Urteil, 02. Juli 2013 - B 4 AS 72/12 R

bei uns veröffentlicht am 02.07.2013

Tenor Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

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(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1.
geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,
2.
sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,
3.
sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,
4.
sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und
5.
sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.
Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung aufgrund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Die Agentur für Arbeit darf bei Personen, die Leistungen nach diesem Buch beantragt haben, beziehen oder bezogen haben, Auskunft einholen

1.
über die in § 39 Absatz 1 Nummer 5 und 11 des Straßenverkehrsgesetzes angeführten Daten über ein Fahrzeug, für das die Person als Halter eingetragen ist, bei dem Zentralen Fahrzeugregister;
2.
aus dem Melderegister nach den §§ 34 und 38 bis 41 des Bundesmeldegesetzes und dem Ausländerzentralregister,
soweit dies zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch erforderlich ist.

(2) Die Agentur für Arbeit darf Daten von Personen, die Leistungen nach diesem Buch beantragt haben, beziehen oder bezogen haben und die Wohngeld beantragt haben, beziehen oder bezogen haben, an die nach dem Wohngeldgesetz zuständige Behörde übermitteln, soweit dies zur Feststellung der Voraussetzungen des Ausschlusses vom Wohngeld (§§ 7 und 8 Absatz 1 des Wohngeldgesetzes) erforderlich ist. Die Übermittlung der in § 52 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Daten ist zulässig. Die in Absatz 1 genannten Behörden führen die Überprüfung durch und teilen das Ergebnis der Überprüfungen der Agentur für Arbeit unverzüglich mit. Die in Absatz 1 und Satz 1 genannten Behörden haben die ihnen übermittelten Daten nach Abschluss der Überprüfung unverzüglich zu löschen.

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der folgenden Absätze. Die Leistungen für Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 gelten nicht als Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1.

(2) Leistungen werden in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Absatz 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Absatz 3 Nummer 2 erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind.

(3) Leistungen können für Regelbedarfe, den Mehrbedarf nach § 21 Absatz 7, Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 5 eine besondere Härte bedeutet. Eine besondere Härte ist auch anzunehmen, wenn Auszubildenden, deren Bedarf sich nach §§ 12 oder 13 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, aufgrund von § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keine Leistungen zustehen, diese Ausbildung im Einzelfall für die Eingliederung der oder des Auszubildenden in das Erwerbsleben zwingend erforderlich ist und ohne die Erbringung von Leistungen zum Lebensunterhalt der Abbruch der Ausbildung droht; in diesem Fall sind Leistungen als Zuschuss zu erbringen. Für den Monat der Aufnahme einer Ausbildung können Leistungen entsprechend § 24 Absatz 4 Satz 1 erbracht werden. Leistungen nach Satz 1 sind gegenüber den Leistungen nach Absatz 2 nachrangig.

(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,

1.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Träger der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung bezogen werden oder wurden,
2.
ob und in welchem Umfang Zeiten des Leistungsbezuges nach diesem Buch mit Zeiten einer Versicherungspflicht oder Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung zusammentreffen,
3.
ob und welche Daten nach § 45d Absatz 1 und § 45e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind,
4.
ob und in welcher Höhe ein Kapital nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nicht mehr dem Zweck einer geförderten zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient,
5.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Bundesagentur als Träger der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch bezogen werden oder wurden,
6.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen anderer Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen werden oder wurden.
Satz 1 gilt entsprechend für nicht leistungsberechtigte Personen, die mit Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Abweichend von Satz 1 können die dort genannten Träger die Überprüfung nach Satz 1 Nummer 2 zum ersten jedes Kalendermonats durchführen.

(2) Zur Durchführung des automatisierten Datenabgleichs dürfen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die folgenden Daten einer Person, die Leistungen nach diesem Buch bezieht, an die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln:

1.
Name und Vorname,
2.
Geburtsdatum und -ort,
3.
Anschrift,
4.
Versicherungsnummer.

(2a) Die Datenstelle der Rentenversicherung darf als Vermittlungsstelle die nach den Absätzen 1 und 2 übermittelten Daten speichern und nutzen, soweit dies für die Datenabgleiche nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei (§ 150 des Sechsten Buches) und des bei ihr für die Prüfung bei den Arbeitgebern geführten Dateisystems (§ 28p Absatz 8 Satz 2 des Vierten Buches) nutzen, soweit die Daten für die Datenabgleiche erforderlich sind. Die nach Satz 1 bei der Datenstelle der Rentenversicherung gespeicherten Daten sind unverzüglich nach Abschluss des Datenabgleichs zu löschen.

(3) Die den in Absatz 1 genannten Stellen überlassenen Daten und Datenträger sind nach Durchführung des Abgleichs unverzüglich zurückzugeben, zu löschen oder zu vernichten. Die Träger der Leistungen nach diesem Buch dürfen die ihnen übermittelten Daten nur zur Überprüfung nach Absatz 1 nutzen. Die übermittelten Daten der Personen, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen führt, sind unverzüglich zu löschen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs und die Kosten des Verfahrens zu regeln; dabei ist vorzusehen, dass die Übermittlung an die Auskunftsstellen durch eine zentrale Vermittlungsstelle (Kopfstelle) zu erfolgen hat, deren Zuständigkeitsbereich zumindest das Gebiet eines Bundeslandes umfasst.

(1) Die Agentur für Arbeit darf bei Personen, die Leistungen nach diesem Buch beantragt haben, beziehen oder bezogen haben, Auskunft einholen

1.
über die in § 39 Absatz 1 Nummer 5 und 11 des Straßenverkehrsgesetzes angeführten Daten über ein Fahrzeug, für das die Person als Halter eingetragen ist, bei dem Zentralen Fahrzeugregister;
2.
aus dem Melderegister nach den §§ 34 und 38 bis 41 des Bundesmeldegesetzes und dem Ausländerzentralregister,
soweit dies zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch erforderlich ist.

(2) Die Agentur für Arbeit darf Daten von Personen, die Leistungen nach diesem Buch beantragt haben, beziehen oder bezogen haben und die Wohngeld beantragt haben, beziehen oder bezogen haben, an die nach dem Wohngeldgesetz zuständige Behörde übermitteln, soweit dies zur Feststellung der Voraussetzungen des Ausschlusses vom Wohngeld (§§ 7 und 8 Absatz 1 des Wohngeldgesetzes) erforderlich ist. Die Übermittlung der in § 52 Absatz 2 Nummer 1 bis 3 genannten Daten ist zulässig. Die in Absatz 1 genannten Behörden führen die Überprüfung durch und teilen das Ergebnis der Überprüfungen der Agentur für Arbeit unverzüglich mit. Die in Absatz 1 und Satz 1 genannten Behörden haben die ihnen übermittelten Daten nach Abschluss der Überprüfung unverzüglich zu löschen.

(1) Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 erhalten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Maßgabe der folgenden Absätze. Die Leistungen für Auszubildende im Sinne des § 7 Absatz 5 gelten nicht als Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1.

(2) Leistungen werden in Höhe der Mehrbedarfe nach § 21 Absatz 2, 3, 5 und 6 und in Höhe der Leistungen nach § 24 Absatz 3 Nummer 2 erbracht, soweit die Mehrbedarfe nicht durch zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen gedeckt sind.

(3) Leistungen können für Regelbedarfe, den Mehrbedarf nach § 21 Absatz 7, Bedarfe für Unterkunft und Heizung, Bedarfe für Bildung und Teilhabe und notwendige Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Darlehen erbracht werden, sofern der Leistungsausschluss nach § 7 Absatz 5 eine besondere Härte bedeutet. Eine besondere Härte ist auch anzunehmen, wenn Auszubildenden, deren Bedarf sich nach §§ 12 oder 13 Absatz 1 Nummer 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst, aufgrund von § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keine Leistungen zustehen, diese Ausbildung im Einzelfall für die Eingliederung der oder des Auszubildenden in das Erwerbsleben zwingend erforderlich ist und ohne die Erbringung von Leistungen zum Lebensunterhalt der Abbruch der Ausbildung droht; in diesem Fall sind Leistungen als Zuschuss zu erbringen. Für den Monat der Aufnahme einer Ausbildung können Leistungen entsprechend § 24 Absatz 4 Satz 1 erbracht werden. Leistungen nach Satz 1 sind gegenüber den Leistungen nach Absatz 2 nachrangig.

(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,

1.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Träger der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung bezogen werden oder wurden,
2.
ob und in welchem Umfang Zeiten des Leistungsbezuges nach diesem Buch mit Zeiten einer Versicherungspflicht oder Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung zusammentreffen,
3.
ob und welche Daten nach § 45d Absatz 1 und § 45e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind,
4.
ob und in welcher Höhe ein Kapital nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nicht mehr dem Zweck einer geförderten zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient,
5.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Bundesagentur als Träger der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch bezogen werden oder wurden,
6.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen anderer Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen werden oder wurden.
Satz 1 gilt entsprechend für nicht leistungsberechtigte Personen, die mit Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Abweichend von Satz 1 können die dort genannten Träger die Überprüfung nach Satz 1 Nummer 2 zum ersten jedes Kalendermonats durchführen.

(2) Zur Durchführung des automatisierten Datenabgleichs dürfen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die folgenden Daten einer Person, die Leistungen nach diesem Buch bezieht, an die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln:

1.
Name und Vorname,
2.
Geburtsdatum und -ort,
3.
Anschrift,
4.
Versicherungsnummer.

(2a) Die Datenstelle der Rentenversicherung darf als Vermittlungsstelle die nach den Absätzen 1 und 2 übermittelten Daten speichern und nutzen, soweit dies für die Datenabgleiche nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei (§ 150 des Sechsten Buches) und des bei ihr für die Prüfung bei den Arbeitgebern geführten Dateisystems (§ 28p Absatz 8 Satz 2 des Vierten Buches) nutzen, soweit die Daten für die Datenabgleiche erforderlich sind. Die nach Satz 1 bei der Datenstelle der Rentenversicherung gespeicherten Daten sind unverzüglich nach Abschluss des Datenabgleichs zu löschen.

(3) Die den in Absatz 1 genannten Stellen überlassenen Daten und Datenträger sind nach Durchführung des Abgleichs unverzüglich zurückzugeben, zu löschen oder zu vernichten. Die Träger der Leistungen nach diesem Buch dürfen die ihnen übermittelten Daten nur zur Überprüfung nach Absatz 1 nutzen. Die übermittelten Daten der Personen, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen führt, sind unverzüglich zu löschen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs und die Kosten des Verfahrens zu regeln; dabei ist vorzusehen, dass die Übermittlung an die Auskunftsstellen durch eine zentrale Vermittlungsstelle (Kopfstelle) zu erfolgen hat, deren Zuständigkeitsbereich zumindest das Gebiet eines Bundeslandes umfasst.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.

(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes durchgeführt. Bei der Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird das Gesetz im Auftrage des Bundes ausgeführt, wenn der Bund drei Viertel der Ausgaben oder mehr trägt.

(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.

(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Der Bund und die Länder tragen gesondert die Ausgaben, die sich aus der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ergeben, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt.

(2) Handeln die Länder im Auftrage des Bundes, trägt der Bund die sich daraus ergebenden Ausgaben.

(3) Bundesgesetze, die Geldleistungen gewähren und von den Ländern ausgeführt werden, können bestimmen, daß die Geldleistungen ganz oder zum Teil vom Bund getragen werden. Bestimmt das Gesetz, daß der Bund die Hälfte der Ausgaben oder mehr trägt, wird es im Auftrage des Bundes durchgeführt. Bei der Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wird das Gesetz im Auftrage des Bundes ausgeführt, wenn der Bund drei Viertel der Ausgaben oder mehr trägt.

(4) Bundesgesetze, die Pflichten der Länder zur Erbringung von Geldleistungen, geldwerten Sachleistungen oder vergleichbaren Dienstleistungen gegenüber Dritten begründen und von den Ländern als eigene Angelegenheit oder nach Absatz 3 Satz 2 im Auftrag des Bundes ausgeführt werden, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates, wenn daraus entstehende Ausgaben von den Ländern zu tragen sind.

(5) Der Bund und die Länder tragen die bei ihren Behörden entstehenden Verwaltungsausgaben und haften im Verhältnis zueinander für eine ordnungsmäßige Verwaltung. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(6) Bund und Länder tragen nach der innerstaatlichen Zuständigkeits- und Aufgabenverteilung die Lasten einer Verletzung von supranationalen oder völkerrechtlichen Verpflichtungen Deutschlands. In Fällen länderübergreifender Finanzkorrekturen der Europäischen Union tragen Bund und Länder diese Lasten im Verhältnis 15 zu 85. Die Ländergesamtheit trägt in diesen Fällen solidarisch 35 vom Hundert der Gesamtlasten entsprechend einem allgemeinen Schlüssel; 50 vom Hundert der Gesamtlasten tragen die Länder, die die Lasten verursacht haben, anteilig entsprechend der Höhe der erhaltenen Mittel. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Tenor

1. § 6a Absatz 2 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 ist mit Artikel 28 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 70 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er anordnet, dass der Antrag in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder bedarf. Die Vorschrift gilt für bestehende Zulassungen fort.

Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer zu 1. die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die rechtliche Stellung sogenannter Optionskommunen nach der Aufnahme von Art. 91e in das Grundgesetz und der Neuregelung der Leistungsträgerschaft und Aufgabenwahrnehmung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112).

I.

2

1. Im Rahmen ihres "Zukunftsprogramms Agenda 2010" legten die Bundesregierung und die sie tragenden Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Herbst 2003 mehrere Gesetzentwürfe für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vor, darunter den Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BTDrucks 15/1516). Wesentliches Anliegen dieses Entwurfs war es, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Arbeitslose zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammenzuführen, um sie als einheitliche Leistung "aus einer Hand" anbieten zu können. Damit sollten Doppelstrukturen in der Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeverwaltung, die als ineffizient empfunden wurden, beseitigt und der angespannten Finanzlage der Kommunen Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 41 f.).

3

a) Diese Zielsetzung bedingte grundlegende Änderungen in der Organisation der Leistungsverwaltung. Im Gesetzgebungsverfahren waren deshalb neben der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende insbesondere die Fragen der Leistungsträgerschaft und der Finanzierungsverantwortung umstritten. Ein Teil der Länder und der Deutsche Landkreistag strebten eine kommunale Trägerschaft an, während andere Länder, der Bund, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Deutsche Städtetag die Bundesagentur für Arbeit als alleinige Trägerin der Leistungen durchsetzen wollten.

4

Nach einem langwierigen Gesetzgebungsverfahren (zu den Einzelheiten vgl. BVerfGE 119, 331 <332 ff.>) wurde das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 24. Dezember 2003 beschlossen und am 29. Dezember 2003 verkündet (BGBl I S. 2954).

5

Eine Vorschrift über die Option für eine kommunale Trägerschaft (§ 6a SGB II a.F.) war kurzfristig in das Gesetz aufgenommen, die Ausgestaltung im Einzelnen einem weiteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten worden. Dessen Eckpunkte wurden in gleichlautenden Entschließungsanträgen des Deutschen Bundestages und des Bundesrates festgelegt (BTDrucks 15/2264; BRDrucks 943/03 ) und führten unter anderem zu einer Änderung der §§ 6 ff. und § 44b SGB II a.F. durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 2014).

6

Um verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Finanzierung der mit der Trägerschaft verbundenen Ausgaben aus Bundesmitteln auszuräumen, hatte der Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehen, dass die kommunalen Träger als Organe der Bundesagentur tätig werden sollten (vgl. BTDrucks 15/2816, S. 11 f.), wovon im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens jedoch Abstand genommen wurde. Der im Vermittlungsverfahren neu gefasste § 6b SGB II a.F. sprach in der Überschrift stattdessen von der "Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger", ohne diese Rechtsstellung weiter zu thematisieren. Hinsichtlich der Finanzierung wurde - gestützt auf Art. 106 Abs. 8 GG - bestimmt, dass der Bund die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten trägt, mit Ausnahme der Aufwendungen für die Aufgaben, die auch die nicht optierenden Kommunen selbst zu tragen haben. Darüber hinaus wurden unter anderem eine Experimentierklausel (§ 6a SGB II a.F.), ein Anspruch der kommunalen Träger auf Aufwendungs- und Verwaltungskostenerstattung durch den Bund (§ 6b Abs. 2 SGB II a.F.) und Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes (§ 6b Abs. 3 SGB II) vorgesehen.

7

b) Um die Zulassung als kommunale Träger bewarben sich 67 Gemeindeverbände und sechs kreisfreie Städte. Mit der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Kommunalträger-Zulassungsverordnung - KomtrZV) vom 24. September 2004 (BGBl I S. 2349) ließ das damals zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 69 Antragsteller als Optionskommunen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 zu.

8

2. Mit Urteil vom 20. Dezember 2007 (BVerfGE 119, 331 ff.) entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass die in § 44b SGB II a.F. geregelte Pflicht der Kreise zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften und die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung derselben mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG unvereinbar war. Die Vorschrift bleibe jedoch bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar, wenn der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung treffe. Ordne der Gesetzgeber an, dass Aufgaben gemeinsam von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden wahrgenommen werden, sei für die verfassungsrechtliche Prüfung auch entscheidend, ob die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern gemäß Art. 83 ff. GG eingehalten würden. Überschreite der Gesetzgeber die ihm dort gesetzten Grenzen eines zulässigen Zusammenwirkens von Bundes- und Landesbehörden, führe dies zugleich zu einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Die Kompetenzaufteilung nach Art. 83 ff. GG sei eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips. Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern seien grundsätzlich getrennt und könnten auch mit Zustimmung der Beteiligten nur in den vom Grundgesetz vorgesehenen Fällen zusammengeführt werden. Das Grundgesetz schließe, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, eine sogenannte Mischverwaltung aus. Dies gelte auch für das Verhältnis von Bund und Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände seien staatsorganisationsrechtlich wie finanzverfassungsrechtlich den Ländern zugeordnet und blieben hinsichtlich der grundgesetzlichen Verteilung der Verwaltungskompetenzen Teil der Länder.

9

Die Arbeitsgemeinschaften seien als Gemeinschaftseinrichtung von Bundesagentur und kommunalen Trägern nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht vorgesehen. Nach der Systematik des Grundgesetzes werde der Vollzug von Bundesgesetzen entweder von den Ländern oder vom Bund, nicht hingegen zugleich von Bund und Land oder einer von beiden geschaffenen dritten Institution wahrgenommen. Zwar bedürfe das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich der Verwaltung nicht in jedem Fall einer besonderen verfassungsrechtlichen Ermächtigung. Es widerspreche allerdings der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, wenn in weitem Umfang Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes im Aufgabenbereich der Länder ohne entsprechende verfassungsrechtliche Ermächtigung vorgesehen würden. Eine Ausnahme von den Art. 83 ff. GG bedürfe daher eines besonderen sachlichen Grundes und könne nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht kommen. Unabhängig davon, dass ein Abweichen von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes schon wegen Bedeutung und Umfang der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausscheide, fehle es auch an einem hinreichenden sachlichen Grund, der eine gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnte. Das Anliegen, die Grundsicherung für Arbeitsuchende "aus einer Hand" zu gewähren, sei zwar ein sinnvolles Regelungsziel; dieses könne aber sowohl dadurch erreicht werden, dass der Bund für die Ausführung den Weg des Art. 87 GG wähle, als auch dadurch, dass der Gesamtvollzug nach der Grundregel des Art. 83 GG insgesamt den Ländern als eigene Angelegenheit überlassen werde. Ein sachlicher Grund zur Vermischung beider Varianten bestehe nicht.

10

3. Nach Verkündung des Urteils wurde von den politisch Verantwortlichen eine Neuregelung der für verfassungswidrig erklärten Verwaltungsstruktur in Angriff genommen. Nach längerer Debatte wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) vom 21. Juli 2010 (BGBl I S. 944) in den Abschnitt VIIIa "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" ein neuer Art. 91e eingefügt. Dieser ist am 26. Juli 2010 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 27. Juli 2010 in Kraft getreten. Er lautet:

Artikel 91e

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

11

4. Parallel zur Änderung des Grundgesetzes beschloss der Bundestag das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112), das am 10. August 2010 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und - soweit entscheidungserheblich - zum 11. August 2010 (§ 6a SGB II) beziehungsweise 1. Januar 2011 (§ 6b SGB II) in Kraft getreten ist. Durch dieses Gesetz erhielten die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Vorschriften ihre streitgegenständliche Fassung. Sie haben folgenden Wortlaut:

§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,

2. die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, §§ 22 und 23 Abs. 3, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger). […]

(2) und (3) …

§ 6a Zugelassene kommunale Träger

(1) Die Zulassungen der auf Grund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1. geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,

2. sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,

3. sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,

4. sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und

5. sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.

Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung auf Grund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

§ 6b Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind an Stelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 9 bleibt unberührt.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

§ 44b Gemeinsame Einrichtung

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. […]

(2) bis (6) …

§ 47 Aufsicht

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesagentur, soweit dieser nach § 44b Absatz 3 ein Weisungsrecht gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen zusteht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der Bundesagentur Weisungen erteilen und sie an seine Auffassung binden; es kann organisatorische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen des Bundes an der Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende treffen.

(2) Die zuständigen Landesbehörden führen die Aufsicht über die kommunalen Träger, soweit diesen nach § 44b Absatz 3 ein Weisungsrecht gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen zusteht. Im Übrigen bleiben landesrechtliche Regelungen unberührt.

(3) Im Aufgabenbereich der Trägerversammlung führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Rechtsaufsicht über die gemeinsamen Einrichtungen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde. Kann ein Einvernehmen nicht hergestellt werden, gibt der Kooperationsausschuss eine Empfehlung ab. Von der Empfehlung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nur aus wichtigem Grund abweichen. Im Übrigen ist der Kooperationsausschuss bei Aufsichtsmaßnahmen zu unterrichten.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den Absätzen 1 und 3 auf eine Bundesoberbehörde übertragen.

(5) Die aufsichtführenden Stellen sind berechtigt, die Wahrnehmung der Aufgaben bei den gemeinsamen Einrichtungen zu prüfen.

§ 48 Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger

(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.

(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.

12

5. Aufgrund des § 6a Abs. 3 SGB II erließ das nunmehr zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 12. August 2010 die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (KtEfV; BGBl I S. 1155). Soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, lauten deren Vorschriften:

§ 1 Zulassungsverfahren

(1) Kommunale Träger können gemäß § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen werden, wenn sie die in § 6a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Voraussetzungen erfüllen und die dort benannte Höchstgrenze nicht überschritten ist. Die kommunalen Träger treten insoweit an die Stelle der für ihr Gebiet jeweils zuständigen Agentur für Arbeit.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden legen unter Berücksichtigung der Höchstgrenze des § 6a Absatz 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch einvernehmlich fest, wie viele kommunale Träger in einem Land jeweils zugelassen werden können.

(3) Stellen in einem Land mehr kommunale Träger einen Antrag auf Zulassung, als auf dieses auf Grund des Verteilungsschlüssels nach Absatz 2 entfallen, schlägt die oberste Landesbehörde dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. März 2011 vor, in welcher Reihenfolge die antragstellenden kommunalen Träger aus dem jeweiligen Land zugelassen werden. Die jeweils am höchsten gereihten kommunalen Träger werden entsprechend dem Verteilungsschlüssel nach Absatz 2 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bis zur Höchstgrenze des § 6a Absatz 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen.

(4) […]

§ 2 Voraussetzungen der Eignungsfeststellung

(1) Zur Feststellung der Eignung und Bestimmung der Reihenfolge haben die antragstellenden kommunalen Träger mit dem Antrag bei der zuständigen obersten Landesbehörde Konzepte zu ihrer Eignung zur alleinigen Aufgabenwahrnehmung nach § 3 einzureichen und die Verpflichtungserklärungen nach § 6a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzugeben.

(2) Zur Bewertung der eingereichten Konzepte erstellen die zuständigen obersten Landesbehörden eine Bewertungsmatrix, anhand derer die zuständigen obersten Landesbehörden eine Punktzahl vergeben. Der kommunale Träger muss bei jedem Kriterium eine von der zuständigen obersten Landesbehörde festzulegende Mindestpunktzahl erzielen. Die summierten Einzelwerte müssen ihrerseits eine von der zuständigen obersten Landesbehörde zu bestimmende Mindestpunktzahl ergeben. Die erreichte Punktzahl ist auch maßgeblich für die Platzierung in der für das jeweilige Land von der zuständigen obersten Landesbehörde zu erstellenden Reihenfolge.

§ 3 Eignungskriterien

(1) Der kommunale Träger stellt in dem Konzept nach § 2 Absatz 1 die organisatorische Leistungsfähigkeit seiner Verwaltung dar. Dieses muss zu folgenden Bereichen Angaben enthalten:

1. infrastrukturelle Voraussetzungen,

2. Personalqualifizierung,

3. Aktenführung und Rechnungslegung und

4. bestehende und geplante Verwaltungskooperationen sowie Kooperationen mit Dritten.

(2) Der kommunale Träger stellt zum Nachweis seiner Fähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben und Ziele nach § 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch dar,

1. mit welchem Konzept und mit welchem Erfolg er sich seit 2003 arbeitsmarktpolitisch engagiert hat und wie dieses Engagement künftig ausgestaltet werden soll,

2. nach welchen Grundsätzen und in welchem Umfang er seit 2005 kommunale Eingliederungsleistungen erbracht hat und wie die Erbringung kommunaler Eingliederungsleistungen künftig ausgestaltet werden soll,

3. wie die kommunalen Eingliederungsleistungen bisher mit Leistungen der Agenturen für Arbeit verknüpft wurden und zukünftig verknüpft werden sollen,

4. nach welchen Zweckmäßigkeitserwägungen die arbeitsmarktpolitischen Leistungen erbracht werden sollen und

5. wie das Eingliederungsbudget verwendet und eine bürgerfreundliche und wirksame Arbeitsvermittlung aufgebaut werden soll.

(3) Der kommunale Träger legt ein Konzept für eine überregionale Arbeitsvermittlung vor.

(4) Der kommunale Träger legt ein Konzept für ein transparentes internes System zur Kontrolle der recht- und zweckmäßigen Leistungserbringung und Mittelverwendung vor.

(5) Der kommunale Träger legt ein Konzept für den Übergang der in seinem Gebiet bestehenden Aufgabenwahrnehmung in die zugelassene kommunale Trägerschaft vor. Das Konzept umfasst einen Arbeits- und Zeitplan zur Vorbereitung der Trägerschaft, zur rechtlichen und tatsächlichen Abwicklung der bestehenden Trägerform sowie zur Überführung des Daten- und Aktenbestandes und des Eigentums in die zugelassene kommunale Trägerschaft.

13

6. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4) sollten insgesamt 110 kommunale Träger für die Grundsicherung für Arbeitslose zugelassen werden, wobei die Betrauung der bereits unter der alten Rechtslage zugelassenen Träger nicht in Frage gestellt werden sollte (§ 6a Abs. 1 und Abs. 2 SGB II). Um die noch zur Verteilung anstehenden 41 Plätze bewarben sich bundesweit 77 Gemeinden und Gemeindeverbände. Mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu 1. hatten alle Antragsteller das von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II geforderte Zwei-Drittel-Quorum in ihren zuständigen Vertretungskörperschaften erreicht. Im Kreistag des Beschwerdeführers zu 1. hatten in der Sitzung vom 25. Oktober 2010 von den 60 Mitgliedern des Kreistages jedoch nur 36 mit "Ja" gestimmt, 19 mit "Nein"; fünf Mitglieder waren entschuldigt abwesend. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erließ am 14. April 2011 sodann die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung (BGBl I S. 645) und ließ 41 Gemeinden und Gemeindeverbände mit Wirkung zum 1. Januar 2012 als Optionskommunen neu zu. Die Beschwerdeführer zu 1. bis 15. wurden nicht zugelassen. Der Beschwerdeführer zu 16. ist hingegen bereits seit dem 1. Januar 2005 zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

II.

14

Zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerden tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

15

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II sei zulässig (a) und begründet (b).

16

a) Der Beschwerdeführer zu 1. sei von der gesetzlichen Vorschrift unmittelbar, selbst und gegenwärtig betroffen. Die Kommunen würden von § 6a Abs. 2 SGB II vor die Wahl gestellt, die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende in alleiniger Verantwortung wahrzunehmen oder sie in einer gemeinsamen Einrichtung zu erfüllen. Die den kreisfreien Städten und Kreisen spezialgesetzlich in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zugeordneten Aufgaben und die Aufgaben, die von Optionskommunen nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6a ff. SGB II wahrgenommen würden, fielen in den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Mit der Festschreibung einer Zwei-Drittel-Mehrheit für den Antrag auf Zulassung in § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II greife der Bundesgesetzgeber in die kommunale Binnenorganisation ein. Eines weiteren Vollzugsakts bedürfe es nicht.

17

b) Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG sei eröffnet, denn der Antragstellung komme eine "weichenstellende Bedeutung" zu. Sie sei nach der gesetzlichen Konzeption Voraussetzung für eine alleinige Aufgabenwahrnehmung; andernfalls bleibe nur die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen. Das erhöhte Mehrheitserfordernis erschwere diese Entscheidung und greife damit in die Selbstverwaltungsgarantie ein. Der Eingriff sei verfassungswidrig, weil der Bund über keine Gesetzgebungszuständigkeit verfüge. Im Bundesstaat des Grundgesetzes seien die Kommunen den Ländern zugeordnet; die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht liege gemäß Art. 70 GG ausschließlich bei diesen. Zwar sei der Bund zu kommunalrelevanten, nicht jedoch zu kommunalspezifischen Regelungen befugt. Er dürfe insbesondere keine Regelungen erlassen, welche die innere Kommunalverfassung beträfen. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II könne - auch wenn er als "Zulassungskriterium" deklariert worden sei - vor diesem Hintergrund nicht auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) gestützt werden, denn nach seinem Gehalt betreffe er allein die kommunalinterne Willensbildung. Art. 91e Abs. 3 GG stelle insoweit keine Ausnahme zu Art. 70 GG dar, sondern knüpfe an die nach Art. 74 Abs. 1 GG bestehende Kompetenzverteilung an. Für eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs sei schließlich kein Raum. Das Antragserfordernis sei zwar von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gedeckt; der Antrag selbst müsse jedoch von den zuständigen Organen (Kreistag, Gemeinderat) nach landesrechtlichen Vorschriften gestellt werden.

18

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15.gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II seien ebenfalls zulässig (a) und begründet (b).

19

a) Die Beschwerdeführer zu 2. bis 15. seien von der gesetzlichen Quotierung unmittelbar betroffen, auch wenn noch Zwischenschritte zur endgültigen Entscheidung über die Zulassung erforderlich gewesen seien, wie die Bewerbung von mehr als einem Viertel der Kommunen, eine Reihung und die Aufteilung auf Länderkontingente; denn diese Zwischenschritte seien gerichtlich nicht überprüfbar. Die Beschwerdebefugnis ergebe sich bereits aus der Begrenzung der Optionskommunen auf höchstens 25 Prozent. Diese beschneide die kommunale Entscheidungsfreiheit, sei gleichheitswidrig und willkürlich. Es handele sich dabei um eine objektive Zulassungsbeschränkung, auf deren Erfüllung die einzelne Kommune keinen Einfluss habe. Die länderbezogene Kontingentierung habe zudem zur Folge, dass in Ländern mit einer großen Zahl von Antragstellern Bewerber nicht zugelassen worden seien, die in einem anderen Land ohne weiteres zugelassen worden wären. Darin liege ein besonders intensiver Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot.

20

b) Entschließe sich der Gesetzgeber, über die bereits zugelassenen Optionskommunen hinaus weitere Gemeinden und Gemeindeverbände zuzulassen, sei dies an der Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu messen. Art. 91e GG sehe nur ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor. § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II beschränke die neu zuzulassenden Optionskommunen dagegen auf 25 Prozent der Aufgabenträger. Der Sache nach handele es sich bei dieser Quote um einen tagespolitischen Kompromiss, den der Gesetzgeber umgesetzt habe, ohne abweichende Erwägungen anzustellen oder ein Regelwerk für eine nachvollziehbare Zulassungsreihenfolge vorzugeben. Die auf Art. 91e Abs. 3 GG basierenden gesetzlichen Regelungen müssten verfassungskonform ausgelegt werden, damit sie nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstießen. Für den Fall eines Überhangs an Antragstellern müsse der Gesetzgeber ein Verteilungsverfahren normieren, das die Auswahl der besten Antragsteller gewährleiste. Das sei bisher nicht der Fall. Die geltenden Regelungen sähen keine Bewertung der Qualität der Antragsteller vor. Das Verfahren genüge auch nicht dem Grundsatz der interkommunalen Gleichbehandlung, wenn es in § 1 Abs. 2 KtEfV den Ländern überlassen werde, wie viele kommunale Träger in einem Land zugelassen würden, unabhängig von der Zahl der antragsberechtigten Kommunen und konkreten Antragsteller sowie ihrer qualitativen Bewertung.

21

3. Schließlich sei auch die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 3, § 6b Abs. 4 SGB II zulässig (a) und begründet (b).

22

a) Die Verfassungsbeschwerde sei insbesondere fristgerecht erhoben worden. Durch die Novellierung im Jahr 2010 habe § 6b Abs. 3 SGB II eine den Beschwerdeführer zu 16. stärker belastende Wirkung erhalten als zuvor. § 6b Abs. 3 und Abs. 4 SGB II sähen Prüfbefugnisse des Bundes vor, obwohl die betroffenen Aufgaben von den Kommunen als Selbstverwaltungsaufgaben wahrgenommen würden, die Länder die Aufsicht führten und keinerlei Verwaltungsbefugnisse des Bundes bestünden. Diese Prüfbefugnisse griffen in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ein und seien nicht durch Art. 91e GG gedeckt.

23

b) Bei einem Auseinanderfallen von Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeit sei für die Prüfbefugnis auf die Verwaltungszuständigkeit abzustellen. Bei der Aufgabenwahrnehmung nach den §§ 6a ff. SGB II bestünden jedoch keine Verwaltungsbefugnisse des Bundes; die Aufsicht werde von den Ländern ausgeübt. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus Art. 91e Abs. 2 und Abs. 3 GG. Für Prüfbefugnisse des Bundes sei daher kein Raum. Andernfalls sähen sich die Kommunen drei Prüfungsinstanzen ausgesetzt: den kommunalen Gemeinschaftseinrichtungen (Kommunalprüfungsämtern), der Aufsicht des Landes und der des Bundes.

24

Die Datenerhebung durch den Bundesrechnungshof sei nicht anders zu beurteilen als die Informationsbeschaffung durch die Bundesverwaltung. Die Befugnisse des Bundesrechnungshofes seien weder im Sinne ihrer Effektivierung großzügig auszulegen noch von der Finanzierungskompetenz des Bundes her zu begründen, sondern folgten den Verwaltungskompetenzen des Bundes. Von der Kontrolle durch den Bundesrechnungshof gingen im Übrigen, etwa durch öffentlichen Druck und politische Reaktionen, auch dann Einwirkungen auf die Rechtssphäre Dritter aus, wenn er keine unmittelbar eingreifenden und belastenden Entscheidungen treffe.

25

Der Bund trage nach § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II die Aufwendungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Vor Inkrafttreten des Art. 91e GG seien die Aufwendungen im Rahmen des Sonderlastenausgleichs nach Art. 106 Abs. 8 GG erstattet worden. Dies habe die Verwaltungszuständigkeiten jedoch unberührt gelassen, so dass § 6b Abs. 3 SGB II nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 6a ZuInvG bereits damals verfassungswidrig gewesen sei und die Gesetzesbegründung zu Art. 91e GG (BTDrucks 17/1554, S. 5) somit auf eine verfassungswidrige Rechtslage beziehungsweise Praxis Bezug nehme. Daran ändere auch Art. 91e GG nichts. Wie Art. 106 Abs. 8 GG ("erforderliche"), so knüpfe auch Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ("notwendige") an materiell-rechtliche Vorgaben an. Er lasse sich auch nicht als Ausnahme zu Art. 84 Abs. 3 GG verstehen. Für die Bundesaufsicht über die Länder verbleibe es vielmehr bei den allgemeinen Regeln der Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG.

III.

26

Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und alle Landesregierungen hatten Gelegenheit zur Äußerung. Von den Äußerungsberechtigten hat nur die Bundesregierung eine Stellungnahme abgegeben.

27

1. a) Die Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer zu 1. sei von der angegriffenen Vorschrift nicht unmittelbar betroffen, weil die Zulassungsentscheidung durch Rechtsverordnung erfolge, in deren Rahmen die Zulassungsvoraussetzungen geprüft würden. Um den fachgerichtlichen Rechtsweg zu erschöpfen, hätte der Beschwerdeführer zu 1. zudem Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erheben müssen; jedenfalls wäre dies aufgrund des Grundsatzes der materiellen Subsidiarität geboten gewesen, um die sachnäheren Fachgerichte mit der Sache befassen zu können. Im Übrigen fehle die für die Beschwerdebefugnis erforderliche Kausalität zwischen der angegriffenen Rechtsnorm und der behaupteten Rechtsverletzung, denn auch bei Erreichen der Zwei-Drittel-Mehrheit hätte der Beschwerdeführer zu 1. mangels Eignung nicht als Optionskommune zugelassen werden können.

28

b) Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. sei aber jedenfalls unbegründet, weil es bereits an einem Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie fehle. Deshalb könne auch das Fehlen einer - in der Sache durchaus vorhandenen - Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gerügt werden.

29

aa) Die kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG folge nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle, so dass kompetenzwidrige Gesetzgebungsakte nur dann mit Erfolg angegriffen werden könnten, wenn sie zugleich einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellten. Dies sei hier nicht der Fall. Ein Eingriff in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG scheide schon deshalb aus, weil dem Beschwerdeführer zu 1. nach den Feststellungen des zuständigen Bayerischen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung die nach § 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II erforderliche fachliche Eignung gefehlt habe und das qualifizierte Mehrheitserfordernis somit für die behauptete Rechtsverletzung schon nicht ursächlich sei; der Beschwerdeführer zu 1. hätte auch bei Erreichen des Quorums nicht als kommunaler Träger zugelassen werden können.

30

Art. 28 Abs. 2 GG begründe aber auch keinen Anspruch auf Zulassung als kommunaler Träger und auf alleinige Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Im Gegenteil: Bei Gemeindeverbänden beschränke sich der Schutz des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG von vornherein auf den gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich. Regelungen wie § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II erschwerten zwar die Aussichten auf eine Zulassung als kommunaler Träger, griffen aber nicht in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Wäre der Beschwerdeführer zu 1. früher als Optionskommune zugelassen worden, griffe auch der Entzug dieser Aufgabe nicht in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein; umso weniger könne dies bei einer vorenthaltenen Zulassung der Fall sein. Aus Art. 91e GG folge nichts anderes, denn dieser sehe als Regelfall die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen vor; diese verfassungsrechtliche Vorgabe präge zugleich den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG.

31

Ein Eingriff liege auch nicht unter dem - nicht gerügten - Gesichtspunkt der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung vor. Diese sei den Gemeindeverbänden ebenfalls nur nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet. Bei ihrer inhaltlichen Ausgestaltung müsse der Gesetzgeber nur sicherstellen, dass der Kernbereich der Selbstverwaltung unangetastet bleibe. Gesetzliche Vorgaben bedürften lediglich eines am Gemeinwohl orientierten, rechtfertigenden Grundes, der sich im vorliegenden Fall aus der Gesetzesbegründung ergebe.

32

bb) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II sei keine Regelung des allgemeinen Kommunalverfassungsrechts, sondern eine Regelung über die Organisation der Aufgabenerledigung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Insoweit folge die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, der auch die Befugnis einschließe, die Organisation der Aufgabenerledigung zu regeln. Zur Organisation in diesem Sinne gehöre die Frage, ob und inwieweit Kommunen die Aufgaben in gemeinsamen Einrichtungen oder alleine wahrnehmen und unter welchen Voraussetzungen sie als kommunale Träger zugelassen werden können. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II enthalte eine Zulassungsvoraussetzung; gesetzessystematisch handele es sich dabei um eine Konkretisierung des Antragserfordernisses. Das qualifizierte Mehrheitserfordernis solle die Nachhaltigkeit der Aufgabenwahrnehmung sicherstellen, was ebenfalls für eine Einordnung als Zulassungsvoraussetzung spreche. Auch aus Art. 91e Abs. 3 GG folge, dass dem Bundesgesetzgeber die Ausgestaltung der Zulassungskriterien obliege. Dass die Vorschrift formal Anforderungen an ein Entscheidungsorgan der Kommune stelle, mache sie noch nicht zu einer kommunalverfassungsrechtlichen Regelung. Einzelne Regelungen dürften insoweit nicht aus dem Regelungszusammenhang gelöst werden; komme eine Zugehörigkeit zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, sei auf den Schwerpunkt abzustellen. Der Schwerpunkt von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II liege nach der gesetzgeberischen Zielsetzung auf den Anforderungen an die Zulassung als kommunaler Träger. Das Kommunalverfassungsrecht werde durch die Regelung allenfalls reflexhaft betroffen.

33

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. seien ebenfalls unzulässig (a), jedenfalls aber unbegründet (b).

34

a) Auch den Beschwerdeführern zu 2. bis 15. fehle es insoweit an der unmittelbaren Betroffenheit. Hinzu komme, dass das 25-Prozent-Kontingent nicht nur der Umsetzung, sondern auch der Konkretisierung durch Rechtsverordnung bedürfe. Mit der Begrenzung des Kontingents auf 25 Prozent allein stehe noch nicht fest, welche Kommunen insoweit nachteilig betroffen seien. Zudem seien die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. nicht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG, die Beschwerdeführerin zu 2. nicht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG beschwerdebefugt. Da es sich nicht um Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft handele, griffen gesetzliche Regelungen, die die Aussichten auf eine Zulassung als kommunaler Träger erschwerten, weder in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch in den des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Etwas anderes folge auch nicht aus Art. 91e GG, denn dieser bestimme die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen zum Regelfall. Schließlich sei auch insoweit der Rechtsweg nicht erschöpft beziehungsweise dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht Genüge getan worden, weil die Beschwerdeführer zu 2. bis 15. keine atypische Feststellungsklage vor den Sozialgerichten erhoben hätten.

35

b) § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II verletze weder Art. 28 Abs. 2 GG noch das Willkürverbot oder das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

36

aa) Die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. könnten sich nur auf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleiste dieser lediglich, dass den Kreisen ein Mindestbestand an Aufgaben zugewiesen wird, was offensichtlich der Fall sei. Soweit die Beschwerdeführerin zu 2. sich auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG berufen könne, liege ebenfalls keine Verletzung vor, weil es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht um Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft handele.

37

bb) Das Willkürverbot sei nur verletzt, wenn sich schlechthin kein sachgerechter Grund für eine Maßnahme finden lasse oder wenn diese unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sei. Dies sei nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Gestaltungspielraum genutzt. Zudem gebe es sachliche Gründe für die Begrenzung, weil damit die Vorgabe eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses durch Art. 91e GG umgesetzt worden sei.

38

cc) Die von den Beschwerdeführern insoweit gerügte Ungleichbehandlung - Zulassung sämtlicher Antragsteller in drei Ländern aufgrund des dortigen Kontingents und der fehlenden Antragskonkurrenz, nicht aber Zulassung der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. - ergebe sich nicht aus der Begrenzung der Zahl der neu zuzulassenden kommunalen Träger, sondern aus deren Aufteilung auf die von den Ländern gemäß der Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vereinbarten Länderkontingente.

39

3. Auch der Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. müsse der Erfolg versagt bleiben.

40

a) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 3 SGB II richte, sei sie verfristet. Die Vorschrift sei bereits am 6. August 2004 in Kraft getreten. Weder § 6b Abs. 4 SGB II n.F. noch Art. 91e GG enthielten insoweit neue, belastende Wirkungen. Im Übrigen sei Art. 91e GG am 27. Juli 2010 in Kraft getreten, sodass die Jahresfrist auch dann verstrichen wäre, wenn man dieser Vorschrift neue Belastungen im Hinblick auf das Schutzgut des Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG zuschreiben wollte. Soweit § 6b Abs. 4 SGB II angegriffen werde, fehle es an einer gegenwärtigen Beschwer, weil es vollkommen ungewiss sei, ob der Beschwerdeführer von einer anlasslosen Vor-Ort-Überprüfung jemals betroffen sein werde.

41

b) Die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 4 SGB II sei jedenfalls unbegründet. In der Entscheidung zum Zukunftsinvestitionsgesetz (BVerfGE 127, 165 ff.) habe das Bundesverfassungsgericht offengelassen, ob Prüfbefugnisse des Bundes die Finanzhoheit der Gemeinden beeinträchtigten. Die Schranken der Finanzkontrolle des Bundes gegenüber den Ländern seien vielmehr aus dem Grundsatz der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern (Art. 109 Abs. 1 GG) sowie der Zuweisung der Erfüllung staatlicher Aufgaben an die Länder (Art. 30 GG) abgeleitet worden. Auf diese Bestimmungen könnten sich Gemeindeverbände im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde jedoch nicht berufen.

42

Die Kompetenz des Bundes für die Anordnung von Prüfbefugnissen sowohl des Bundesrechnungshofes als auch des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales folge aus Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Art. 91e GG stelle die Beziehung zwischen Bund und Optionskommune auf eine eigene verfassungsrechtliche Grundlage und enthalte nicht nur die Abstützung der Optionskommunen und der Kostenbeteiligung des Bundes, sondern auch eine Ermächtigung des Bundes zur Einrichtung einer Finanzkontrolle. Er sei insoweit eine Ausnahmevorschrift zu Art. 83 ff. und Art. 104a ff. GG. Art. 91e GG beschränke die Kostentragungspflicht des Bundes auf "notwendige Ausgaben", so dass auch eine Kontrolle erforderlich sei, ob die Ausgaben für diese Zwecke tatsächlich eingesetzt würden. Die materielle Beschränkung der Finanzierungspflicht begründe mit anderen Worten eine entsprechende Kontrollbefugnis des Bundes und eine Informationspflicht der Begünstigten. Dies belegten auch die Gesetzgebungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Eine "verfassungssystematische" Auslegung zeige überdies, dass Art. 91e Abs. 2 GG dem Bund die Möglichkeit eröffne, anlasslose Vor-Ort-Prüfungen zuzulassen. Insoweit handele es sich um eine Ausnahmevorschrift zu Art. 84 f. und Art. 30 GG.

43

Die Prüfbefugnisse des Bundes hätten keine aufsichtsgleiche Wirkung. Zwar bestehe ein Risiko von Rückforderungen, wenn eine Kommune am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) teilnehme und der Bund ihr somit Mittel vorstrecke; dieses Risiko wurzele aber im rechtswidrigen Mitteleinsatz, nicht in den Prüfbefugnissen des Bundes. Diese erleichterten allenfalls die Aufdeckung. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung liege nicht in den Händen des Bundesministeriums, sondern der Sozialgerichte. Somit seien die Prüfbefugnisse des § 6b Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB II ebenso verfassungskonform wie die anlasslosen Überprüfungen vor Ort (§ 6b Abs. 4 Satz 3 SGB II). § 6b Abs. 4 Satz 1 SGB II sei auf die Feststellung des Sachverhalts und dessen Bewertung beschränkt. Das entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung zu § 6a Satz 3 ZuInvG und finde seine Stütze in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Die Vorschrift begründe keine Befugnis zur aktiven Informationsbeschaffung, sondern setze die Verfügbarkeit der zur Prüfung benötigten Informationen voraus. § 6b Abs. 4 Satz 2 SGB II knüpfe an eine freiwillige Entscheidung der Optionskommune zur Teilnahme an dem Informations- und Kontrollsystem an, während § 6b Abs. 4 Satz 3 SGB II eine Befugnis des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales statuiere, Informationen vor Ort zu erheben. Dies sei von Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG gedeckt und diene der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen in Fällen, in denen die von den zugelassenen kommunalen Trägern im automatisierten Verfahren abgerufenen Bundesmittel rechtswidrig verwendet worden seien.

44

c) Schließlich sei auch die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 3 SGB II zumindest unbegründet. Durch die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes werde die Selbstverwaltungsgarantie ebenfalls nicht beeinträchtigt. Weder Art. 109 Abs. 1 GG noch Art. 30 GG begründeten eine für die Kommunen wehrfähige Position. Zudem sei Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG im übertragenen Wirkungskreis nicht anzuwenden. Art. 91e Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG decke auch die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes. Wenn bei einer Verwaltungsaufgabe eine alleinige und umfassende Finanzierungsverantwortung des Bundes bestehe, sei die uneingeschränkte Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof nicht nur zulässig, sondern im Interesse einer möglichst lückenlosen parlamentarischen Finanzkontrolle über die Verwendung der Bundesmittel sogar geboten.

IV.

45

Als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG hatten der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. und der Deutsche Landkreistag haben sich zu den vorliegenden Verfassungsbeschwerden geäußert. Die übrigen sachkundigen Dritten haben von ihrem Äußerungsrecht keinen Gebrauch gemacht.

46

1. Der Deutsche Landkreistag hält die Verfassungsbeschwerden für zulässig und begründet.

47

a) Es habe - vor der Föderalismusreform und der Einfügung des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG - zwei mögliche Wege gegeben, wie der Bund Aufgaben auf Kommunen übertragen konnte. Entweder habe er den Weg über Art. 85 GG oder über Art. 84 GG gewählt. Im ersten Fall seien die übertragenen Aufgaben nicht dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG unterfallen, im zweiten Fall schon. Eine dritte Kategorie von Selbstverwaltungsaufgaben, die nicht dem Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG unterfalle, existiere nicht. Zum Schutz der Organisationshoheit der Länder sei es dem Bund auch grundsätzlich untersagt, eine weitergehende Kategorisierung kommunaler Aufgaben vorzunehmen.

48

b) Das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der zuständigen Vertretungskörperschaft sei verfassungswidrig, da es nicht auf Art. 91e Abs. 3 GG gestützt werden könne. Art. 91e GG modifiziere die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus nicht. Die Zuordnung der Kommunen zu den Ländern sei mithin nicht nur bei der Gestaltung der Aufsichtsbeziehungen zu berücksichtigen, sondern auch bei der Gesetzgebungszuständigkeit. Die Regelung sei wegen Verstoßes gegen Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 70 GG verfassungswidrig.

49

c) Ausweislich des Wortlauts von Art. 91e Abs. 2 GG bestehe zwar keine Verpflichtung, überhaupt Optionskommunen zuzulassen. Entscheide sich der Gesetzgeber aber, dies zu tun, seien das Willkürverbot und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Die Kontingentierung in Höhe von 25 vom Hundert finde sich zwar in der Begründung zu Art. 91e GG. Die textliche Fixierung eines tagespolitischen Kompromisses binde den Gesetzgeber jedoch nicht. In der Sache gebe es keinen nachvollziehbaren Grund für die Festlegung des konkreten Kontingents. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Erbringung der Leistungen durch kommunale Träger nicht auch ohne zahlenmäßige Begrenzung erfolgen könne, zumal auch die Zulassung aller geeigneten Träger zu einer Quote von weniger als einem Drittel der Aufgabenträger führen würde.

50

d) Mit Blick auf die Prüfbefugnisse des Bundes sei von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 2010 auszugehen (BVerfGE 127, 165 ff.). Dabei sei besonders problematisch, dass der Bund seine Prüfbefugnisse dazu nutze, Rückforderungsansprüche gegenüber den Optionskommunen ohne materiell-rechtliche Rechtsgrundlage geltend zu machen. Die kommunalen Träger würden damit bei der Verwaltung von Bundesmitteln einer "Quasi-Fachaufsicht" des Bundes unterstellt und faktisch zu Bundesbehörden degradiert. Aufsichtsrechte des Bundes bestünden jedoch nur nach Maßgabe des Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG. § 48 Abs. 2 Satz 2 SGB II sei insoweit verfassungswidrig.

51

Art. 91e Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz GG sei der Sache nach eine Regelung der Finanzverfassung, modifiziere die Art. 104a Abs. 1 und Abs. 5 GG und begründe eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommunen. Für die Prüfbefugnisse des Bundes müssten die in BVerfGE 127, 165 ff. zu Art. 104b GG entwickelten Grundsätze übertragen werden. Zwar handele es sich bei Art. 104b GG und Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG um unterschiedliche Anknüpfungsnormen; den Prüfbefugnissen des Bundes vor Ort liege jedoch eine vergleichbare Konstellation zugrunde. In beiden Fällen fielen Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung auseinander.

52

Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG entspreche den Mehrbelastungsausgleichsverpflichtungen in den Landesverfassungen. Da Art. 91e Abs. 2 GG eine Ausnahme vom Aufgabenübertragungsverbot des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG darstelle, sei dies konsequent. Der Pflicht des Bundes, die "notwendigen Ausgaben" zu tragen, korrespondiere allerdings kein Recht zur Prüfung der Ausgaben und zur Rückforderung.

53

Dass die Aufsicht über die Optionskommunen lückenhaft sei, lasse sich nicht belegen. In den Jobcentern habe es bislang fünf Betrugsfälle von Bediensteten gegeben, wovon vier vom zuständigen Landkreis selbst aufgedeckt worden seien und der fünfte im Kontext des Geldwäschegesetzes. Eine Prüftätigkeit des Bundes sei für keinen dieser Fälle erforderlich gewesen.

54

Weder Art. 91e Abs. 2 noch Abs. 3 GG ermächtigten zur Regelung einer umfassenden Finanzkontrolle. Die Bundesregierung behaupte einerseits einen Unterschied zwischen Fachaufsicht und Finanzkontrolle, qualifiziere die Aufsicht der Länder über die Kommunen aber mit dem Argument ab, diese hätten mangels Einsatzes eigener Mittel kein Interesse an einer rechtmäßigen Verwaltung. Der Bund wolle eigene, den zweistufigen Staatsaufbau negierende Kontrollmechanismen an deren Stelle setzen und die Aufgabenerfüllung nach Art. 91e Abs. 2 GG dem Modell der gemeinsamen Träger nach Art. 91e Abs. 1 GG annähern. Sinn der unterschiedlichen Modelle sei jedoch gerade die andere Ausgestaltung der Verwaltungsstruktur.

55

Die unterschiedlichen Auffassungen der Kommunen und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Kontrolle der Kommunen schlügen sich in den Verwaltungsvereinbarungen nieder, die Möglichkeiten zur Anpassung, Änderung oder Kündigung offen ließen. Soweit sich Kommunen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht auf den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung verständigen konnten, habe der Bund die Bereitstellung der abzurufenden Mittel verweigert. Die Verwaltungsvereinbarungen nicht abzuschließen, habe somit zur Folge, dass die Kommunen in Vorleistung treten müssten.

56

2. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat seine Stellungnahme auf § 6a SGB II beschränkt.

57

a) Er ist ebenfalls der Auffassung, das Zwei-Drittel-Quorum sei nicht von der Bundeskompetenz gedeckt. Der Regelung des § 6a SGB II mangele es schon deshalb an Konsistenz, weil der Widerruf der Zulassung von der Kommune mit einfacher Mehrheit beantragt werden könne (vgl. § 6a Abs. 6 Satz 2 SGB II). Zwar greife die Vorschrift nicht in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie ein; gleichwohl sei das Antragserfordernis in Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Zudem seien die Kommunen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ohnehin für einen Teil der Grundsicherungsaufgaben zuständig, so dass der kommunale Wirkungskreis schon insoweit eröffnet sei (Art. 28 Abs. 2 GG). Das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit greife in die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein, was auch jenseits des Kernbereichs kommunaler Selbstverwaltung nur durch ein formell und materiell verfassungskonformes Gesetz geschehen dürfe. Die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG decke aber nicht die Regelung von Mehrheitserfordernissen in der kommunalen Repräsentativkörperschaft. Auch Art. 91e Abs. 2 und Abs. 3 GG gebe dafür nichts her. Regelungen der kommunalinternen Willensbildung unterfielen vielmehr der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder.

58

b) Die gesetzliche Begrenzung der Optionskommunen auf ein Viertel der Aufgabenträger stelle sich ebenfalls als Eingriff in die Garantie kommunaler Selbstverwaltung dar. Zwar dürfe der Bund eine zahlenmäßige Höchstgrenze festlegen. Verfassungsrechtlich geboten sei die Begrenzung auf ein Viertel jedoch nicht. Weder die frühere Zahl von 69 Optionskommunen noch ihre Erweiterung auf höchstens ein Viertel der Aufgabenträger sei verfassungsrechtlich gefordert. Die Auswahl der Optionskommunen durch die obersten Landesbehörden sei problematisch, weil der Bund ein transparentes bundesweites Verfahren hätte vorsehen müssen.

V.

59

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2014 haben die Beteiligten ihr Vorbringen bekräftigt und vertieft. Für den Deutschen Landkreistag hat der Senat außerdem Frau Dr. Vorholz als sachverständige Auskunftsperson gehört.

B.

60

Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1. (I.) sowie zu 2. bis 15. (II.) sind zulässig. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 4 SGB II richtet, ist sie ebenfalls zulässig (III.1.); soweit sie sich gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist sie unzulässig (III.2.).

I.

61

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist zulässig. Der Beschwerdeführer ist durch die gesetzliche Regelung unmittelbar betroffen.

62

1. Das Erfordernis der unmittelbaren Betroffenheit gilt grundsätzlich auch für Kommunalverfassungsbeschwerden (vgl. BVerfGE 59, 216 <225>; 71, 25 <34 f.>). Diese Anforderung an die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde beruht auf dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck gekommenen und dieser Vorschrift zugrunde liegenden Gedanken der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Sie fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn das Gesetz der Verwaltung einen Spielraum lässt, gilt grundsätzlich aber auch, wenn ein solcher Spielraum fehlt. In beiden Fällen entspricht es dem Grundsatz der Subsidiarität, dass zunächst die für das jeweilige Rechtsgebiet zuständigen Fachgerichte eine Klärung insbesondere darüber herbeiführen, ob und in welchem Ausmaß der Bürger oder die Gemeinde durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist; dabei ist nach Maßgabe der Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen(vgl. BVerfGE 71, 25 <34 f.>). Mit Blick auf die Kommunalverfassungsbeschwerde ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich diese ausschließlich gegen Gesetze richtet und etwaige Vollzugsakte gar nicht angegriffen werden können. Gemeinden und Gemeindeverbände können daher grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, zunächst einen gegen den Vollzugsakt eröffneten Rechtsweg zu beschreiten, weil Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG sonst weitgehend leer liefen.

63

Es ist Gemeinden und Gemeindeverbänden allerdings auch im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde verwehrt, ein Gesetz anzugreifen, das noch der Konkretisierung durch eine Rechtsverordnung bedarf, weil sie die verfassungsgerichtliche Überprüfung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in diesem Fall grundsätzlich auch im Rahmen einer gegen die Rechtsverordnung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerde erreichen können (vgl. BVerfGE 71, 25 <34 f.>; 76, 107 <112 f.>). Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde können nicht nur Gesetze im formellen Sinne angegriffen werden, sondern alle untergesetzlichen Rechtsnormen mit Außenwirkung (vgl. BVerfGE 71, 25 <34>; 107, 1 <10>). Rechtsverordnungen (vgl. BVerfGE 26, 228 <236>; 56, 298 <309>; 71, 25 <34>; 107, 1 <8>) des Bundes und der Länder sind daher ebenso tauglicher Gegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde wie Satzungen von Selbstverwaltungskörperschaften (vgl. BVerfGE 26, 228 <245>).

64

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Beschwerdeführer zu 1. durch die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Er musste die Anforderungen der Norm erfüllen, um überhaupt einen aussichtsreichen Antrag auf Zulassung als Optionskommune stellen zu können und hat sie verfehlt. Dass die zuständige oberste Landesbehörde dies im Zulassungsverfahren festgestellt und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, daran anknüpfend, den Beschwerdeführer zu 1. aus dem Kreis der in Betracht kommenden Optionskommunen ausgeschieden hat, vermag daran nichts zu ändern.

II.

65

Die gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II gerichteten Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. sind ebenfalls zulässig. Diese sind durch die angegriffene Regelung selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

66

Die von den Beschwerdeführern beanstandete zahlenmäßige Begrenzung der Optionskommunen durch § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II wird zwar sowohl durch die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung umgesetzt. Vor allem die unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. durch die angegriffene Regelung stellt dies jedoch nicht in Frage, weil sich die Kontingentierung der Anzahl der Optionskommunen und damit die bloße Einräumung einer Zulassungschance unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

III.

67

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. ist zulässig, soweit sie die Vorschrift des § 6b Abs. 4 SGB II angreift; insbesondere ist der Beschwerdeführer zu 16. von der angegriffenen Vorschrift auch gegenwärtig betroffen (vgl. BVerfGE 1, 97 <102>; 43, 291 <385 f.>; 60, 360 <371>; 74, 297 <319>; 114, 258 <277>).

68

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seinem Tätigkeitsbericht 2010/2011 ausgeführt, es sei geplant, die Prüfung der Schlussrechnungen 2010 und 2011 im Jahr 2012 zusammen durchzuführen und abzuschließen, um dadurch mit der Prüfung der Schlussrechnungen 2012, die erstmalig auch von den neuen zugelassenen kommunalen Trägern einzureichen seien, gemeinsam für alte und neue kommunale Träger im Jahr 2013 beginnen zu können (HaushaltsausschussDrucks 17/3512, S. 4). Darüber hinaus ergibt sich aus den bisherigen Tätigkeitsberichten - die sich auf die bislang 69 zugelassenen kommunalen Träger beziehen -, dass bei der Prüfung der Jahresschlussrechnung zwischen 14 und 17 - auch verdachtsunabhängige - Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt wurden, jährlich also etwa 20 Prozent bis 25 Prozent der zugelassenen kommunalen Träger derartige Überprüfungen hinzunehmen hatten (HaushaltsausschussDrucks 16/3434, S. 6; 16/4563, S. 2; 17/151, S. 4; 17/3512, S. 4). Aus der angekündigten Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der hinreichend großen Wahrscheinlichkeit, einer anlasslosen Vor-Ort-Prüfung unterzogen zu werden, ergibt sich auch eine gegenwärtige Betroffenheit für den Beschwerdeführer zu 16. durch die angegriffene gesetzliche Regelung.

69

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist sie hingegen unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde (§ 93 Abs. 3 BVerfGG).

70

a) Für die Kommunalverfassungsbeschwerde gilt - wie für alle Rechtssatzverfassungsbeschwerden - die Fristvorschrift des § 93 Abs. 3 BVerfGG. Danach ist die Verfassungsbeschwerde innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten der angegriffenen Norm einzulegen (vgl. BVerfGE 76, 107 <115>; 79, 127 <142>; 107, 1 <8>). Wird eine Bestimmung im Rahmen einer Gesetzesnovellierung nicht verändert, so beginnt die Frist nicht alleine deshalb neu zu laufen, weil der Gesetzgeber die in Rede stehende Bestimmung - im Sinne einer Bestätigung - erneut in seinen Willen aufgenommen hat (vgl. BVerfGE 11, 255 <259 f.>; stRspr). Auch die Bekanntmachung des gleichen Wortlauts ohne inhaltliche Änderungen führt nicht zu einem neuen Fristlauf (vgl. BVerfGE 17, 364 <368 f.>). Von der Bestimmung muss vielmehr eine neue, den Beschwerdeführer ersichtlich stärker belastende Wirkung ausgehen (vgl. BVerfGE 45, 104 <119 f.>; 78, 350 <356>; 100, 313 <356>). Dies kann der Fall sein, wenn die Änderungen dazu führen, dass der unverändert gebliebenen Norm faktisch ein neuer Inhalt gegeben wird (vgl. BVerfGE 11, 351 <359 f.>; 74, 69 <73>; 78, 350 <356>), oder die Einbettung in ein anderes gesetzliches Umfeld erfolgt, so dass auch von der Anwendung der älteren Vorschrift neue belastende Wirkungen ausgehen können (vgl. BVerfGE 100, 313 <356>; vgl. auch BVerfGE 12, 10 <24>; 49, 1 <7>; 120, 274 <298>).

71

b) Soweit sie sich gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist die am 1. August 2011 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Verfassungsbeschwerde demnach verfristet. Da § 6b Abs. 3 SGB II bereits am 6. August 2004 in Kraft getreten ist, endete die Beschwerdefrist gemäß § 93 Abs. 3 BVerfGG in Verbindung mit § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB (vgl. BVerfGE 102, 254 <295 f.>) am 5. August 2005. Sie wurde weder durch die Einfügung des Art. 91e GG (aa) noch durch die Neubekanntmachung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (bb) oder durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende erneut in Gang gesetzt. Letzteres hat auch keine neue Belastung für den Beschwerdeführer zu 16. mit sich gebracht (cc).

72

aa) Ob die Einfügung von Art. 91e GG in das Grundgesetz mit Blick auf § 6b Abs. 3 SGB II eine neue Belastung für den Beschwerdeführer zu 16. verursacht hat, kann im Ergebnis offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Verfassungsbeschwerde nicht fristgerecht erhoben worden. Art. 91e GG ist gemäß Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) am 27. Juli 2010 in Kraft getreten (BGBl I S. 944), die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde folglich am 26. Juli 2011 abgelaufen.

73

bb) Die Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 850) hat ausschließlich den aktuellen Wortlaut in übersichtlicher Form, jedoch ohne inhaltliche Änderungen bekannt gemacht und die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde daher nicht erneut in Gang gesetzt (vgl. BVerfGE 17, 364 <368 f.>).

74

cc) Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112) ist der Wortlaut des § 6b Abs. 3 SGB II gegenüber der Vorfassung unverändert geblieben. Aus der Begründung des Gesetzentwurfes ergibt sich überdies, dass der Gesetzgeber die Norm nicht ändern und ihr keinen veränderten Inhalt oder eine vom bisherigen Verständnis abweichende Bedeutung geben wollte. Ausdrücklich heißt es dort, dass das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofes unberührt bleibe und in der schon bisher geregelten Form aufrechterhalten werde (BTDrucks 17/1555, S. 16). Auch führen die neu in das Gesetz aufgenommenen Bestimmungen, insbesondere § 6b Abs. 4 SGB II, nicht dazu, dass § 6b Abs. 3 SGB II eine neue, den Beschwerdeführer zu 16. stärker als bisher belastende Wirkung erhalten hätte. § 6b Abs. 3 SGB II und § 6b Abs. 4 SGB II weisen inhaltlich keinerlei Bezug zueinander auf und begründen für unterschiedliche Institutionen unterschiedliche Befugnisse.

C.

75

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist begründet. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden, soweit sie zulässig sind, unbegründet.

I.

76

Mit Art. 91e GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber für das Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine umfassende Sonderregelung getroffen, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Vorschriften des Grundgesetzes verdrängt (1.). Die Vorschrift begründet eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden und dem Bund und relativiert insoweit die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus (2.). Art. 91e Abs. 2 GG räumt Gemeinden und Gemeindeverbänden eine von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie geschützte Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende alleinverantwortlich wahrzunehmen (3.). Zur näheren Ausgestaltung der mit der Zulassung kommunaler Träger nach Art. 91e Abs. 2 GG zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zwischen den Kommunen und dem jeweiligen Land sowie zwischen den Kommunen und dem Bund weist Art. 91e Abs. 3 GG dem Bund eine abschließende Gesetzgebungskompetenz zu (4.).

77

1. Art. 91e GG enthält eine Spezialregelung für den Vollzug der Verwaltungsaufgabe Grundsicherung für Arbeitsuchende. Soweit er die Kommunen betrifft, konkretisiert er die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 119, 331 <356 f.>) (a). Dies belegen die Entstehungsgeschichte der Norm und ihre Stellung im Grundgesetz (b). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 91e GG bestehen nicht (c). Soweit sein Anwendungsbereich reicht, geht Art. 91e GG den Regelungen des Grundgesetzes über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung sowie das Finanzwesen vor (d).

78

a) Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat mit Art. 91e GG für das Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine umfassende Sonderregelung geschaffen. Er hat damit auf das Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007 (BVerfGE 119, 331 ff.) reagiert, das die Unvereinbarkeit von § 44b SGB II a.F. mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG festgestellt hatte. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass sich die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den Arbeitsgemeinschaften grundsätzlich bewährt habe und dass die Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen gewährleiste, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen aus einer Hand betreut würden und Leistungen aus einer Hand erhielten. Diese Organisationsform solle daher als Regelfall fortgesetzt werden (BTDrucks 17/1554, S. 4). Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte mit Art. 91e GG somit den für verfassungswidrig erklärten, im politischen Raum aber für praktikabel befundenen Zustand aufrechterhalten und absichern. Zweck von Art. 91e GG ist es daher, die verfassungsrechtliche Grundlage für die Fortsetzung der Aufgabenwahrnehmung der aus den Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern bestehenden Arbeitsgemeinschaften in gemeinsamen Einrichtungen zu schaffen und so sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit in gemeinsamen Einrichtungen über das Jahr 2010 hinaus weitergeführt werden kann (BTDrucks 17/1554, S. 4).

79

b) Dass der verfassungsändernde Gesetzgeber für die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine eigenständige Form der Verwaltungsorganisation schaffen wollte (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 4), in der die Beteiligten, losgelöst von den übrigen Strukturen des Staatsaufbaus, zu einer Zusammenarbeit eigener Art finden, wird auch durch systematische Gesichtspunkte bestätigt. So war von Seiten der Bundesregierung zunächst vorgeschlagen worden, den nunmehrigen Art. 91e GG als Art. 86a oder Art. 87 Abs. 2a und Art. 125d GG in den VIII. und XI. Abschnitt des Grundgesetzes aufzunehmen (vgl. BTDrucks 17/182, S. 3; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 91e Rn. 18 ff.; ders., Der Landkreis 2009, S. 55 ff., 111 ff.) und die beabsichtigte Regelung insoweit in die überkommenen Verwaltungsstrukturen des Grundgesetzes einzupassen. Dem ist der verfassungsändernde Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt, sondern hat Art. 91e GG in den Abschnitt VIIIa. des Grundgesetzes "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" eingefügt.

80

c) Bei Art. 91e GG handelt es sich um eine eng begrenzte Durchbrechung der grundsätzlich auf Trennung von Bund und Ländern angelegten Verteilung der Verwaltungszuständigkeiten nach den Art. 83 ff. GG (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 11). Sie beschränkt sich auf die Regelung der Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die in Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG enthaltenen und durch Art. 79 Abs. 3 GG abgesicherten Systementscheidungen der Demokratie sowie des Rechts- und Bundesstaates stellt sie nicht in Frage. Die im Schrifttum teilweise geäußerte Auffassung, Art. 91e GG sei "verfassungswidriges Verfassungsrecht" (vgl. hierzu Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 20 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 13 ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 11; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 13 <32. Erg.-Lfg. VI/11>), vermag daher nicht zu überzeugen.

81

aa) Zwar durchbricht Art. 91e Abs. 1 GG das grundsätzliche Verbot der Mischverwaltung, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 nicht nur auf Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 83 ff. GG gestützt, sondern auch mit Argumenten untermauert hat, die im Demokratieprinzip wurzeln (BVerfGE 119, 331 <365 f.>). Demokratie und Volkssouveränität erschöpfen sich im repräsentativ-parlamentarischen System des Grundgesetzes nicht in Zurechnungsfiktionen und stellen auch nicht nur formale Mindestanforderungen an den Legitimationszusammenhang zwischen dem Volk und den handelnden Staatsorganen. Sie sind vielmehr Rechtsprinzipien, die ihren praktischen Niederschlag in der Verfassungswirklichkeit finden müssen (vgl. BVerfGE 5, 85 <204 f.>; 107, 59 <91 f.>; 130, 76 <123 f.>; 131, 316 <334>). Die Wahlen zum Bundestag und zu den Volksvertretungen der Länder dienen so gesehen nicht nur der Kreation dieser Verfassungsorgane, sondern weisen auch eine real- wie personalplebiszitäre Dimension auf, welche die mit der Wahl verbundene politische Richtungsentscheidung auch konkret erfahrbar macht. Eine Verflechtung von Zuständigkeiten stellt sich vor diesem Hintergrund als Problem dar, weil sie dazu führen kann, dass der Auftrag des Wählers auf Bundes- oder Landesebene durch die Mitwirkung anderer Ebenen relativiert und konterkariert wird. Das gilt auch im Hinblick auf die Verwaltungskompetenzen. Demokratische Verantwortlichkeit setzt auch hier grundsätzlich eine hinreichend klare Zuordnung voraus. Der wahlberechtigte Bürger muss wissen können, wen er wofür - nicht zuletzt durch Vergabe oder Entzug seiner Stimme - verantwortlich machen kann. Daran fehlt es, wenn die Aufgaben durch Organe oder Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die eine solche Verantwortungszuordnung nicht ermöglichen (vgl. BVerfGE 119, 331 <366>). Das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG gebietet deshalb nicht nur eine weitgehende Normierung von Zuständigkeitszuweisungen, Verfahren und Aufsichtsrechtsverhältnissen, sondern enthält auch ein grundsätzliches Verbot der Mischverwaltung (vgl. BVerfGE 119, 331 <364 ff.>; 127, 165 <191 f.>).

82

bb) Die Anforderungen des Demokratieprinzips berühren sich insoweit mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 3 GG), der mit Blick auf die Verwaltungsräume von Bund und Ländern und im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes eine klare und auf Vollständigkeit angelegte Zuordnung von Kompetenzen der handelnden Staatsorgane gebietet. Auch das Rechtsstaatsprinzip verlangt mit Blick auf die für die Ausrichtung und das Verständnis der Verfassungsordnung maßgebliche Sicht des Bürgers zuallererst Klarheit der Kompetenzordnung.

83

cc) Das Gebot der Bundesstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1 GG) schließlich gebietet in seinem verfassungsänderungsfesten Kern lediglich, dass den Ländern im Bereich aller drei Staatsfunktionen - Legislative, Exekutive und Judikative - Aufgaben von substantiellem Gewicht als "Hausgut" unentziehbar verbleiben (vgl. BVerfGE 34, 9 <19 f.>). Bestimmte Aufgaben werden damit nicht zugewiesen.

84

dd) Ein Verstoß von Art. 91e GG gegen Art. 79 Abs. 3 GG scheidet vor diesem Hintergrund aus. Ein absolutes Verbot der Mischverwaltung lässt sich weder aus dem Demokratie- noch aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ableiten (vgl. BVerfGE 63, 1 <38 ff.>; 108, 169 <182>; 119, 331 <364 ff.>; 127, 165 <191>; siehe auch Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 13 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung gilt hingegen ohnehin nur so, wie sie durch das Grundgesetz konkret ausgestaltet ist (vgl. BVerfGE 119, 331 <364>). Selbst wenn man - entgegen der sehr engen Interpretation von Art. 79 Abs. 3 GG durch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 15. Dezember 1970 (BVerfGE 30, 1 <24 ff.>) - mit dem Sondervotum der Richter Geller, von Schlabrendorff und Rupp (vgl. BVerfGE 30, 1, 33 <39>) und Ansätzen in der jüngeren Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte (vgl. BayVerfGHE 52, 104 <122 ff.>; 53, 42 <60 ff.>; Thüringer Verfassungsgerichtshof, LVerfGE 12, 405 <424 ff.>) unverhältnismäßige Beschränkungen oder eine substantielle Erosion der in Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Grundsätze einer Verfassungsänderung entzogen sieht, wird diese Schwelle hier nicht überschritten. Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG hindern den verfassungsändernden Gesetzgeber nicht, in begrenzten Ausnahmefällen die konkreten Ausprägungen der dort verankerten Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren (vgl. BVerfGE 109, 279 <310>; 132, 195 <244> Rn. 118). Das hat er mit Art. 91e GG getan.

85

d) In seinem Anwendungsbereich verdrängt Art. 91e GG sowohl die Art. 83 ff. GG (aa) als auch Art. 104a GG (bb).

86

aa) Im Verhältnis zu Art. 83 ff. GG wirkt Art. 91e GG als abschließende Sonderregelung.

87

Dass Art. 91e GG eine Ausnahme vom Verbot der Mischverwaltung für die Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende enthält und auch das Verbot einer bundesgesetzlichen Aufgabenübertragung auf die Gemeinden und Gemeindeverbände (Art. 84 Abs. 1 Satz 7, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG) insoweit nicht gilt (BTDrucks 17/1554, S. 5), ist offensichtlich (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 4; Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 31 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 22; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 12). Der Umfang dieser Spezialregelung reicht jedoch weiter. Im Verfahren der Verfassungsänderung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass im Bereich des Art. 91e GG auch die sonstigen Vorgaben der Art. 83 ff. GG, insbesondere Art. 84 Abs. 2 bis Abs. 5 GG, nicht gelten sollen: Die Aufsicht über die Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommunen nach Art. 91e Abs. 2 GG solle sich zwar an der Zuständigkeitsverteilung orientieren, die für die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit gelte. Sie solle jedoch "durch ein einheitliches und transparentes Steuerungssystem durch Zielvereinbarungen zwischen Bund und Ländern sowie entsprechende Zielvereinbarungen zwischen den jeweiligen Ländern und Optionskommunen ergänzt" werden (BTDrucks 17/1554, S. 5). Im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung wurde in § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB II zudem vorgesehen, dass die Bundesregierung die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen kann, was auf der Grundlage von Art. 84 GG nicht möglich wäre. Wäre Art. 84 GG neben Art. 91e GG anwendbar, wären sowohl die in der Gesetzesbegründung skizzierten Aufsichtsstrukturen als auch § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB II erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 f. ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 23). Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte offenkundig keine Regelung schaffen, die sich möglichst schonend in die allgemeinen Strukturen einfügt und als Ausnahme grundsätzlich restriktiv interpretiert werden müsste (vgl. Mehde, in: Beck'scher OK-GG, Art. 91e Rn. 13 <1. Juni 2014>; a.A. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 35). Er wollte vielmehr eine umfassende Absicherung der Verwaltungspraxis ermöglichen.

88

bb) Das zeigt auch die Regelung über die Kostentragung in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG. Diese Bestimmung - wonach der Bund bei einer Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Kosten trägt, soweit er dies auch im Regelfall des Art. 91e Abs. 1 GG täte - bedeutet in der Sache eine direkte Finanzierung kommunalen Verwaltungshandelns durch den Bund. Dies ermöglicht es zwar, die Verteilung der Finanzierungslasten zwischen Bund und Ländern im Übrigen unangetastet zu lassen, stellt in der Sache jedoch eine Abweichung von den Grundsätzen des Art. 104a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 GG dar (vgl. Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 10). Auch insoweit geht Art. 91e GG den allgemeinen Regelungen der Finanzverfassung vor.

89

2. Indem Art. 91e Abs. 2 GG unmittelbare Verwaltungs- und Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Optionskommunen herstellt, durchbricht er, wenn auch nur punktuell, die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus der Bunderepublik Deutschland. Zwar sind die Gemeinden grundsätzlich den Ländern zugeordnet (a); eine klarere Trennung und Entflechtung der Aufgaben der unterschiedlichen staatlichen Ebenen war zudem ein zentrales Anliegen der Föderalismusreform des Jahres 2006 (b). Art. 91e GG enthält jedoch eine teilweise Abkehr von diesen Grundsätzen und Zielsetzungen (c).

90

a) Im zweistufigen Bundesstaat des Grundgesetzes sind die Kommunen - unbeschadet ihrer finanzverfassungsrechtlichen Absicherung durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Art. 106 Abs. 5 bis Abs. 8 GG - grundsätzlich Teil der Länder (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>; 119, 331 <364>). Ihre Aufgaben und ihr Finanzgebaren werden den Ländern zugerechnet (vgl. BVerfGE 86, 148 <215>).

91

aa) Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes ist es daher grundsätzlich Sache der Länder, die staatlichen Aufgaben zu erfüllen und staatliche Befugnisse auszuüben (Art. 30 GG). Dazu gehört, dass die Länder die Bundesgesetze grundsätzlich in eigener Verantwortung und durch eigene Behörden ausführen (Art. 83 GG). Die Verwaltung des Bundes und die Verwaltung der Länder sind in Aufbau und Organisation voneinander getrennt (vgl. BVerfGE 108, 169 <182>; 119, 331 <364>). Die Verwaltungszuständigkeiten des Bundes und seine Ingerenzrechte in die Verwaltung der Länder sind in den Art. 83 ff. GG abschließend geregelt und können - soweit nichts anderes vorgesehen ist - grundsätzlich weder abbedungen (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 41, 291 <311>; 63, 1 <39>; 119, 331 <364>) noch erweitert werden. Insoweit findet auch der Spielraum des Bundes zur organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung in den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. GG seine Grenzen (vgl. BVerfGE 63, 1 <39>; 119, 331 <365>). Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder sind durch das Grundgesetz daher ausgeschlossen, soweit nicht die Verfassung dem Bund entsprechende Sach- und Verwaltungskompetenzen übertragen hat (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>).

92

bb) Diese strikte Trennung von Bundes- und Länderhoheit setzt sich auch im Bereich der Finanzverfassung fort (vgl. Art. 104a Abs. 1, Art. 109 Abs. 1 GG) und wird mit Blick auf die Kommunen in Art. 106 Abs. 9 GG noch einmal ausdrücklich bestätigt.

93

b) Mit der Föderalismusreform des Jahres 2006 wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine noch klarere Trennung von Aufgaben und Befugnissen der unterschiedlichen staatlichen Ebenen erreichen und zu einer Entflechtung der Verantwortung gelangen (vgl. BVerfGE 127, 165 <197>; Bauer, in: Dreier, GG, Supplementum 2007, Art. 20 Rn. 11c; Trute, in: Starck, Föderalismusreform, 2007, Rn. 147 und 149; Burgi, in: Henneke, Kommunen in den Föderalismusreformen I und II, 2008, S. 44 <45 ff.>). Dementsprechend heißt es in der Begründung des einschlägigen Gesetzentwurfs, dass sich die bundesstaatliche Ordnung zwar grundsätzlich bewährt habe, jedoch von langwierigen und komplizierten Entscheidungsprozessen geprägt sei und dass sie an einer übermäßigen institutionellen Verflechtung von Bund und Ländern leide (BTDrucks 16/813, S. 7). Dem sollte durch eine Reihe von Verfassungsänderungen abgeholfen werden, unter anderem durch das in Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG normierte sogenannte Durchgriffsverbot (vgl. Trute, a.a.O., Rn. 174).

94

c) Art.91e GG bedeutet in der Sache eine punktuelle Abkehr von der Zielsetzung einer möglichst klaren Trennung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen (aa). Er begründet eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Optionskommunen und ermöglicht eine Finanzkontrolle, die sich von der Aufsicht wie auch von der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof unterscheidet (bb).

95

aa) Aufsichtsbefugnisse über Behörden und Einrichtungen der Länder kommen dem Bund nur insoweit zu, als sie vom Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen werden. So räumt etwa Art. 84 GG dem Bund Einflussmöglichkeiten auf die Anwendung des von ihm gesetzten Rechts ein. Er soll die Möglichkeit haben, auf eine einheitliche Geltung der Rechtsvorschriften hinzuwirken (vgl. BVerfGE 11, 6 <18>; 127, 165 <203>) und für einen wirksamen Gesetzesvollzug zu sorgen (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>; 127, 165 <203>). Dabei kommen ihm insbesondere die Rechte nach Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG zu (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>; 127, 165 <203>). Zur Aufsichtskompetenz gehört auch die Möglichkeit der Aktenanforderung. Diese ist allerdings auf Fälle beschränkt, in denen es Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß gibt (vgl. BVerfGE 127, 165 <221>). Daneben besteht die Befugnis zur Akteneinsicht vor Ort durch den gemäß Art. 84 Abs. 3 Satz 2 GG entsandten Beauftragten. Ein unmittelbarer Durchgriff auf Behörden der Länder ist damit nicht verbunden; auch im Bereich der Bundesauftragsverwaltung sind Weisungen grundsätzlich an die oberste Landesbehörde zu richten (Art. 85 Abs. 3 Satz 2 GG). Diese ist zudem in den Vollzug der Weisung einzubinden (Art. 85 Abs. 3 Satz 3 GG). Ein unmittelbarer Durchgriff auf die Gemeinden war dem Bund - vom Sonderfall des Art. 106 Abs. 8 GG abgesehen - bislang grundsätzlich versagt. Namentlich war er weder berechtigt noch verpflichtet, deren finanzielle Verhältnisse ohne Einschaltung der Länder zu ordnen (vgl. BVerfGE 26, 172 <181 f.>).

96

bb) Art. 91e GG hat diese Rechtslage für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende teilweise modifiziert. Art. 91e Abs. 2 GG begründet eine direkte Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene (BTDrucks 17/1554, S. 5) und ermöglicht eine besondere Finanzkontrolle des Bundes, die sich von der Aufsicht (1) wie auch von der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof (2) unterscheidet.

97

Zusammen mit der Finanzierungsbefugnis hat der verfassungsändernde Gesetzgeber dem Bund auch die Möglichkeit einer Finanzkontrolle eröffnet. Ohne eine solche Finanzkontrolle bestünde die Gefahr, dass Vollzugs- und Finanzierungsverantwortung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auseinanderfallen und keine Anreize für ein wirtschaftliches und sparsames Verwaltungshandeln der Optionskommunen bestehen. Angesichts dieser verfassungsrechtlich ungewöhnlichen Konstellation hat der verfassungsändernde Gesetzgeber die Finanzbeziehungen in diesem eng abgegrenzten Bereich neu geordnet und dem Bund nicht nur die Finanzierungslast zugewiesen, sondern ihm auch die Befugnis wirksamer Finanzkontrolle eingeräumt. So wird in der Begründung zu dem Gesetzentwurf zum einen zwischen einer Finanzkontrolle und der Aufsicht unterschieden und zum anderen in Bezug auf Art. 91e Abs. 2 GG bestimmt, dass "das Bundesgesetz unter anderem Regelungen (…) zu Aufsicht, (…) Finanzkontrolle, Rechnungsprüfung und Leistungsbewertung sowie Übergangsbestimmungen bei Veränderung der Organisation der Gesetzesdurchführung treffen" werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5; siehe hierzu bereits BVerfGE 127, 165 <203 f.>).

98

(1) Die (Rechts- und Fach-)Aufsicht über die Optionskommunen ist hingegen nicht Regelungsgegenstand von Art. 91e GG. Weder enthält der Wortlaut entsprechende Anhaltspunkte noch lassen sich der Entstehungsgeschichte, nach welcher der verfassungsändernde Gesetzgeber im Wesentlichen die ursprüngliche Rechtslage absichern wollte, solche Anhaltspunkte entnehmen (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Die Aufsicht über Gemeinden und Gemeindeverbände bleibt insoweit Sache der Länder.

99

Die durch Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ermöglichte Finanzkontrolle des Bundes hebt sich hinreichend von einer Aufsicht ab (vgl. hierzu BVerfGE 127, 165 <203 f.>). Während es bei der Wahrnehmung von Aufsichtsbefugnissen um ein auf Kontrolle zielendes Beobachten, in der Regel in einem hierarchischen Verhältnis, geht, das die Befugnis zum Einwirken auf die zu beaufsichtigende Stelle umfasst, so dass der Aufsichtsmaßstab gegebenenfalls zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, 2. Aufl. 2013, § 47 Rn. 12 m.w.N.), beschränkt sich die Finanzkontrolle des Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG auf die Überprüfung der Rechnungslegung, die Wirtschaftlichkeit der Ausgaben und die Durchsetzung eventueller Erstattungsansprüche. Sie dient nicht der Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht der Gewährleistung eines grundsätzlich einheitlichen Gesetzesvollzugs, sondern richtet sich ausschließlich auf die Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung, von der Möglichkeit des Art. 91e Abs. 2 GG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 127, 165 <203 f.>).

100

(2) Die Finanzkontrolle des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unterscheidet sich aber auch von jener des Bundesrechnungshofs. Der Bundesrechnungshof ist ein zur unabhängigen Finanzkontrolle berufenes Organ, dessen Prüftätigkeit das allgemeine Verfassungsgebot der Kontrolle über die staatliche Finanzgewalt umsetzt und damit letztlich im Demokratieprinzip gründet (vgl. Hufeld, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 56 Rn. 10; Degenhart, VVDStRL 55 <1995>, S. 190 <204>; Schulze-Fielitz, VVDStRL 55 <1995>, S. 231 <234>; Schwarz, DVBl 2011, S. 135 <136>). Dies legitimiert ihn, alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes zu prüfen und ihre Wirtschaftlichkeit zu bewerten. Ziel der Prüfung ist es allein, Missstände aufzuzeigen und ihre Beseitigung durch Mitteilung an die zuständigen Organe und gegebenenfalls durch Veröffentlichung zu bewirken. Die Prüfungsbefugnis des Bundesrechnungshofes beschränkt sich jedoch auf eine reine Kontrolle; Mitentscheidungs- oder Sanktionsbefugnisse kommen ihm nicht zu. Seine Finanzkontrolle kann daher auch allenfalls mittelbar dazu beitragen, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sichern, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und Fehlentwicklungen zu vermeiden (vgl. Bergel, Rechnungshöfe als vierte Staatsgewalt, 2010, S. 30). Die Finanzkontrolle nach Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ist in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Zielsetzung enger als jene des Bundesrechnungshofes, reicht hinsichtlich ihrer Befugnisse jedoch weiter. Sie bezieht sich ausschließlich auf die fiskalischen Interessen des Bundes, gestattet es ihm aber auch, öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltend zu machen und im Wege der Verrechnung durchzusetzen.

101

3. Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als kommunale Träger alleinverantwortlich wahrzunehmen (a). Die gesetzliche Ausgestaltung dieser Chance muss willkürfrei erfolgen (b). Ihre Wahrnehmung fällt in den Schutzbereich der Garantie kommunaler Selbstverwaltung (c).

102

a) Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden keinen Anspruch, wohl aber eine Chance darauf ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als sogenannte Optionskommune alleinverantwortlich wahrzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut von Art. 91e Abs. 2 GG (aa) als auch aus dem in Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis (bb) und gilt unbeschadet des Umstandes, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, das "Optionsmodell" umzusetzen (cc).

103

aa) Nach Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG kann der Bund zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein wahrnimmt. Die Formulierung "eine begrenzte Anzahl" macht dabei deutlich, dass nicht alle Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein wahrnehmen sollen, selbst wenn sie die in der Ausführungsgesetzgebung nach Art. 91e Abs. 3 GG niedergelegten Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Damit steht zugleich fest, dass es auch keinen verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruch zur alleinigen Aufgabenerfüllung gibt. Verfassungsrechtliche Ansprüche einer einzelnen Kommune aus Art. 91e Abs. 2 GG kommen nur insoweit in Betracht, als der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine begrenzte Anzahl von Optionskommunen zuzulassen. Sie beschränken sich - der Rechtsstellung von Bewerbern um kontingentierte Zulassungen in anderen Bereichen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 33, 303 <336>; 45, 393 <399>; 85, 36 <54>; 97, 298 <313>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. April 2001 - 1 BvR 1282/99 -, DVBl 2002, S. 400 <401>; vgl. auch BVerwGE 42, 296 <300>; 64, 238 <245>; 139, 210 <212>; BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 24/82 -, NVwZ 1984, S. 585) vergleichbar - von vornherein auf eine chancengleiche Teilhabe an der Verteilung der zahlenmäßig begrenzten Optionsmöglichkeiten.

104

bb) Systematische Gesichtspunkte erhärten diesen Befund. Ausweislich des Nebeneinanders von Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG besteht zwischen der Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen nach Art. 91e Abs. 1 GG und ihrer alleinigen Erfüllung durch Optionskommunen gemäß Art. 91e Abs. 2 GG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis (BTDrucks 17/1554, S. 4) in dem Sinne, dass die Wahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Optionskommunen die Ausnahme bleiben muss (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 39; Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 9; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 15; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 27 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 23 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 8; Luthe, ZfF 2011, S. 1).

105

cc) Ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Zulassung als Optionskommune scheitert schließlich auch daran, dass Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG es dem Gesetzgeber freistellt, das "Optionsmodell" überhaupt einzuführen. Hat er es eingeführt, kann er es auch wieder auslaufen lassen(vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10).

106

b) Bei der Ausgestaltung der Zulassungschance nach Art. 91e Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei. Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG vermitteln Gemeinden und Gemeindeverbänden keinen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung der Zulassungschance, auf eine bestimmte Anzahl von Optionsmöglichkeiten oder auf deren Optimierung im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraumes. Schafft der Gesetzgeber allerdings eine Verteilungssituation und eröffnet er Gemeinden und Gemeindeverbänden zumindest eine Chance auf das normativ verknappte Gut, so hat er dabei das allgemeine Willkürverbot in Gestalt des Gebotes interkommunaler Gleichbehandlung zu beachten (aa). Gemeinden und Gemeindeverbände können sich auf dieses Gebot berufen (bb). In Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip fordert es zumindest eine gleichmäßige Verteilung der knappen Optionsmöglichkeiten (cc).

107

aa) Zwar gelten die Grundrechte im Allgemeinen und das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG im Besonderen grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 21, 362 <372 f.>; 26, 228 <244>; stRspr); sie gelten daher auch nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die insoweit keine Grundrechtsträger im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG sind (vgl. BVerfGE 45, 63 <78 f.>; 61, 82 <100 ff.>). Dessen ungeachtet verpflichten das Bundesstaatsprinzip und das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) Bund und Länder, mit Blick auf ihnen nachgeordnete Hoheitsträger das Gebot der Gleichbehandlung zu beachten.

108

Das gilt grundsätzlich auch mit Blick auf Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. BVerfGE 83, 363 <393>; zuvor bereits ähnlich BVerfGE 76, 107 <119>). Soweit Bund und Länder Verteilungsentscheidungen zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden vorsehen und durchführen, dürfen sie zwischen diesen jedenfalls nicht willkürlich differenzieren. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbietet, einzelne Gemeinden oder Gemeindeverbände aufgrund sachlich nicht vertretbarer Differenzierungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen, und ist verletzt, wenn für eine unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund besteht. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf die einzelnen Kommunen zu verteilen; auch dürfen die Modalitäten des Verteilungssystems nicht zu willkürlichen Ergebnissen führen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, LVerfGE 17, 103 <118>; Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, OVGE 53, 264 <270>; Landesverfassungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NVwZ-RR 2012, S. 377 <379>; Kempny/Reimer, Die Gleichheitssätze, 2012, S. 26; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 23). Gefordert ist nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung; angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht entscheidend, ob eine Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Vielmehr kommt ihm insoweit ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der gewahrt ist, wenn er sich auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützt (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, LVerfGE 17, 103 <118>; Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NVwZ-RR 2012, S. 377 <379>).

109

bb) Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 25. September 2008 - Vf. 54-VIII-08 - NVwZ 2009, S. 39 <44>; BbgVerfG, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 129 <132>) ist Teil der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich deshalb gegenüber dem Staat auf dieses Gebot berufen und seine Verletzung vor dem Bundesverfassungsgericht rügen (vgl. auch BVerfGE 23, 353 <372 f.>; 26, 228 <244>; 76, 107 <119>; 83, 363 <393 >).

110

cc) Fordert das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung eine gleichmäßige Verteilung knapper Mittel oder Güter zwischen den konkurrierenden Kommunen, so ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ein transparentes Verteilungsverfahren zu gewährleisten (vgl. StGH BW, ESVGH 49, 241 <256 ff.>; Schoch, AfK 39 <2000>, S. 225 <240>; ders., in: Ehlers/Krebs, Grundfragen des Verwaltungsrechts und des Kommunalrechts, 2000, S. 93 <127 f.>; Meyer, LKV 2000, S. 1 <4 f.>).

111

Für den Bereich des Grundrechtsschutzes ist anerkannt, dass die in Ansehung einer Entscheidung betroffenen Grundrechte nach einer adäquaten Verfahrensgestaltung verlangen. Unter diesen Voraussetzungen kann ein materieller Zulassungsanspruch in Knappheitssituationen zu einem Anspruch auf chancengerechte Teilhabe am Verfahren reduziert werden, wobei die sachgerechte, rechtswahrende und faire Ausgestaltung des Verteilungsverfahrens der Minderung der Eingriffsintensität dient (vgl. BVerfGE 33, 303 <336>; 45, 393 <399>; 54, 173 <192 ff.>; 73, 280 <296>; 85, 36 <54>; BVerfGK 1, 292 <295>). Prozedurale Vorkehrungen sind auch dort erforderlich, wo eine nachgelagerte gerichtliche Kontrolle etwaige Grundrechtsverletzungen nicht mehr korrigieren kann (vgl. BVerfGE 53, 30 <65>; 63, 131 <143>; 65, 1 <44>; 84, 34 <46>; 90, 60 <95>; stRspr).

112

Dieser Grundgedanke gilt auch für die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 55 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem niedersächsischen Rück-Neugliederungsgesetz ausgesprochen, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung zu ihrem Schutz bestimmter prozeduraler Vorkehrungen, namentlich von Anhörungsrechten und Begründungspflichten bedarf (vgl. BVerfGE 86, 90 <107 f.; 110>). In der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte ist dieser Ansatz mit Blick auf Gebietsreformen und die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs weiter ausgebaut worden (vgl. VerfGH NW, OVGE 30, 306 <307>; Nds.StGH, OVGE 33, 497 <499 f.>; ThürVerfGH, Urteil vom 28. Mai 1999 - VerfGH 39/97 -, LKV 2000, S. 31; SächsVerfGH, Urteil vom 25. September 2008 - Vf. 54-VIII-08 -, NVwZ 2009, S. 39 <40>; Gebhardt, a.a.O., S. 55 ff. m.w.N.).

113

c) Die Chance auf Zulassung als Optionskommune nach Art. 91e Abs. 2 GG wird durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt (aa). Er gewährleistet grundsätzlich auch das Recht von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen (bb). Dieses Recht besteht indes nur "im Rahmen der Gesetze" (cc).

114

aa) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG statuiert ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden (vgl. dazu BVerfGE 79, 127 <150 f.>; 83, 363 <383>; 91, 228 <236>; 110, 370 <400>). Jenseits dessen enthalten weder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG eine inhaltlich umrissene Aufgabengarantie zugunsten von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Insbesondere Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG knüpft lediglich an die vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgaben an, erschöpft sich hierin aber auch. Die kommunale Selbstverwaltung der Gemeindeverbände besteht insoweit nur nach Maßgabe der Gesetze. Allerdings muss der Gesetzgeber den Kreisen hinreichende Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zuweisen und darf sich nicht ausschließlich auf die Zuweisung materiell staatlicher Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises beschränken (vgl. BVerfGE 83, 363 <383>; 119, 331 <353 f.>). Auch auf der Ebene der Kreise muss der Bestand an Selbstverwaltungsaufgaben für sich genommen und im Vergleich zu den zugewiesenen materiell staatlichen Aufgaben ein Gewicht haben, das der institutionellen Garantie der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird. Würden ihnen nur randständige, in Bedeutung und Umfang nebensächliche Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zugewiesen, so wäre Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt (vgl. BVerfGE 119, 331 <353 f.>).

115

Hat der Gesetzgeber Kreisen und Gemeinden Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen, fällt deren Erledigung grundsätzlich in den Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG (vgl. BVerfGE 119, 331 <354> unter Bezugnahme auf NWVerfGH, Urteil vom 22. September 1992 - VerfGH 3/91 -, NVwZ-RR 1993, S. 486 <487>; Urteil vom 12. Dezember 1995 - VerfGH 5/94 -, NVwZ 1996, S. 1100; Urteil vom 9. Dezember 1996 - VerfGH 11, 12, 15, 34 u. 37/95 -, NVwZ 1997, S. 793 f.; RhPfVerfGH, Urteil vom 16. März 2001 - VGH 88/00 -, NVwZ 2001, S. 912 <914>; SachsAnhVerfG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - LVG 10-97 -, NVwZ-RR 1999, S. 393 <396>; siehe auch Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Rn. 100 ; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Rn. 231). Soweit der Gesetzgeber den Zugang zu einer kommunalen Aufgabe kontingentiert und den Kommunen lediglich eine entsprechende Chance eröffnet hat, ist der Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG ebenfalls berührt. Das gilt auch für die durch Art. 91e Abs. 2 GG eröffnete Chance auf alleinige Aufgabenwahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

116

bb) Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet Gemeinden und Gemeindeverbänden ferner das Recht, die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen (vgl. BVerfGE 21, 117 <129>; 23, 353 <365>; 83, 363 <383>; 119, 331 <361>).

117

Eine Regelung gemeindlicher Angelegenheiten in eigener Verantwortung, wie sie Art. 28 Abs. 2 GG garantiert, ist ohne eine gewisse Selbstständigkeit bei der Organisation der Aufgabenwahrnehmung nicht vorstellbar (vgl. BVerfGE 91, 228 <237 f.>). Eine umfassende staatliche Steuerung der kommunalen Organisation widerspräche der vom Verfassungsgeber vorgefundenen und in Art. 28 Abs. 2 GG niedergelegten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. BVerfGE 91, 228 <239>). Zu der von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden garantierten Eigenverantwortlichkeit gehört daher auch die Organisationshoheit (vgl. BVerfGE 38, 258 <278 ff.>; 52, 95 <117>; 78, 331 <341>; 83, 363 <382>; 91, 228 <236>). Sie gewährleistet den Gemeinden - Vergleichbares gilt nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG für die Gemeindeverbände (vgl. BVerfGE 21, 117 <129>; 23, 353 <365>; 83, 363 <383>; 119, 331 <361>; siehe auch Th. J. Schmidt, Kommunale Kooperation, 2005, S. 58) - das grundsätzliche Recht, die Wahrnehmung der eigenen Aufgaben, Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen festzulegen und damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt der Entscheidungen zu befinden. Die Organisationshoheit von Gemeinden und Gemeindeverbänden verbietet Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen ersticken würden. Zu ihr rechnet ferner die Möglichkeit, für die Wahrnehmung einzelner Verwaltungsaufgaben aus mehreren vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Organisationsformen auswählen zu können (vgl. Schmidt-Jortzig, in: von Mutius, Festgabe für von Unruh, 1983, S. 525 <527>).

118

cc) Die Organisationshoheit der Gemeinden und Gemeindeverbände erfasst sowohl den eigenen als auch den übertragenen Wirkungskreis (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; ebenso Schmidt-Jortzig, in: von Mutius, Festgabe für von Unruh, 1983, S. 525 <531> m.w.N.; Löwer, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 81 m.w.N.). Sie besteht indes gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nur im Rahmen der Gesetze. Dementsprechend sind die Organisationsbefugnisse der Gemeinden oder Gemeindeverbände an Vorgaben des Gesetzgebers nicht nur gebunden (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; 91, 228 <238>); ihre Organisationshoheit gilt grundsätzlich nur nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgestaltung.

119

Bei dieser Ausgestaltung setzt die Selbstverwaltungsgarantie dem Gesetzgeber allerdings insoweit Grenzen, als ihr Kernbereich nicht ausgehöhlt werden darf (vgl. BVerfGE 1, 167 <174 f.>; 79, 127 <146>; stRspr). Der Gesetzgeber muss zudem der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 59, 216 <226>; 76, 107 <118>; 79, 127 <146>; stRspr) und ihnen bei der Ausgestaltung ihrer internen Organisation eine hinreichende (Mit-)Verantwortung für die organisatorische Bewältigung ihrer Aufgaben lassen. Seine Vorgaben dürfen die Gemeinden aus dieser Verantwortung nicht verdrängen. Daraus folgt nicht nur, dass den Gemeinden insgesamt nennenswerte organisatorische Befugnisse verbleiben müssen, sondern auch, dass ihnen ein hinreichender organisatorischer Spielraum bei der Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabenbereiche offengehalten wird. Unterschiede zwischen Selbstverwaltungsaufgaben und Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises mögen dabei eine Rolle spielen; in keinem Fall darf jedoch ausgeschlossen werden, dass die Gemeinden im Bereich ihrer inneren Organisation individuell auf die besonderen Anforderungen vor Ort durch eigene organisatorische Maßnahmen reagieren können (vgl. BVerfGE 79, 127 <147>; 91, 228 <239 f.>). Die Organisation einer Kommune erschließt sich so erst aus dem Ineinandergreifen von staatlichen Vorgaben und eigenverantwortlichen kommunalen Organisationsentscheidungen.

120

4. Art. 91e Abs. 3 GG enthält einen umfassenden und weit zu verstehenden Gesetzgebungsauftrag zugunsten des Bundes. Der Bund verfügt insoweit über die Gesetzgebungskompetenz, die mit der Zulassung als kommunaler Träger zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zu regeln (a). Für die Abgrenzung dieser Gesetzgebungskompetenz gelten die allgemeinen Grundsätze (b).

121

a) Nach Art. 91e Abs. 3 GG regelt "das Nähere" ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Vorschrift weist dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu und enthält zugleich einen Gesetzgebungsauftrag (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 11). Dieser ist bewusst weit gefasst und soll dem Bundesgesetzgeber bei der organisatorischen Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen großen Spielraum eröffnen (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ).

122

Der Stellung von Art. 91e GG im Gemeinschaftsaufgaben und Verwaltungszusammenarbeit gewidmeten VIIIa. Abschnitt des Grundgesetzes lässt sich entnehmen, dass Art. 91e Abs. 3 GG den Bundesgesetzgeber ermächtigt, Art und Weise des Vollzugs der in materiell-rechtlicher Hinsicht unter die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG fallenden Grundsicherung für Arbeitsuchende zu regeln. Das gilt sowohl für das Zusammenwirken von Bund und Ländern als auch für das von Bund und Gemeinden und Gemeindeverbänden. Es gilt für die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen (Art. 91e Abs. 1 GG) und für die Festlegung der Anzahl der Optionskommunen, die Kriterien für ihre Zulassung, das von ihnen durchzuführende Antragsverfahren und - im Falle der Zulassung - die Kostentragung (Art. 91e Abs. 2 GG). In der Begründung zu Art. 91e GG heißt es mit Blick auf Absatz 2, dass das Bundesgesetz "unter anderem Regelungen zur Festlegung der Anzahl der Optionskommunen, zu den Kriterien für die Zulassung von Optionskommunen, […] und zu Kostentragung, Aufsicht, […] Finanzkontrolle, Rechnungsprüfung […] treffen" werde, wobei "die Aufzählung nicht abschließend" sei. Bei der Wahrnehmung dieses Auftrags habe der Gesetzgeber zudem zu berücksichtigen, dass im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Mischverwaltung als Regelfall und die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Kommunen als Ausnahmefall vorgesehen sei (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5).

123

b) Aus dem Hinweis der Gesetzesbegründung auf die "zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes" folgt hingegen, dass die Regelungen des Grundgesetzes im Übrigen zu beachten sind. Namentlich will Art. 91e Abs. 3 GG nichts an der Verteilung der Sachgesetzgebungszuständigkeiten durch die Art. 70 ff. GG ändern. Für die Abgrenzung gelten die allgemeinen Regelungen. Besteht eine sachliche Verknüpfung eines Regelungsgegenstands mit den Materien verschiedener Gesetzgebungszuständigkeiten, so ist zunächst auf die wesensmäßige und historische Zugehörigkeit zu einem dieser Sachgebiete abzustellen (vgl. BVerfGE 7, 29 <40>; 36, 193 <203>). Teilregelungen eines umfassenden Regelungskomplexes dürfen dabei nicht aus ihrem Regelungszusammenhang gelöst und isoliert betrachtet werden. Kommt die Zuordnung einer solchen Regelung zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, so ist aus dem Regelungszusammenhang zu erschließen, wo sie ihren Schwerpunkt hat. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Teilregelung mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden ist. Eine enge Verzahnung und ein geringer eigenständiger Regelungsgehalt der Teilregelung sprechen regelmäßig für eine Zuordnung zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung (vgl. BVerfGE 97, 228 <251 f.>).

II.

124

Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II begründet (1.). Soweit sich die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II (2.) und des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 4 SGB II richten (3.), sind sie unbegründet.

125

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist begründet. Die Rüge, das angegriffene Gesetz verstoße gegen die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 GG), kann das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde prüfen (a). § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II greift in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ein (b). Der Sache nach stellt er eine Regelung des Kommunalverfassungsrechts dar, für das ausschließlich die Länder zuständig sind (c).

126

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt die Kommunalverfassungsbeschwerde des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG, auch wenn sie ausschließlich gegen Rechtsnormen gerichtet werden kann, nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich im Rahmen dieses Verfahrens deshalb nur eingeschränkt darauf berufen, dass eine gesetzliche Regelung - über Art. 28 Abs. 2 GG hinaus - auch sonstiges Verfassungsrecht verletzt. Namentlich ist das Bundesverfassungsgericht nicht befugt, im Gefolge einer zulässigen Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG die Begründetheitsprüfung beliebig auf andere Verfassungsbestimmungen auszuweiten (vgl. BVerfGE 119, 331 <356>).

127

Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG gerügt werden kann jedoch, dass das angegriffene Gesetz unter Verstoß gegen die grundgesetzliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zustande gekommen ist, weil die Art. 70 ff. GG ihrem Inhalt nach geeignet sind, das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen. Nach Art. 70 GG gehören Gemeindeangelegenheiten grundsätzlich zur Gesetzgebungsbefugnis der Länder. Eingriffe des Bundesgesetzgebers in das kommunale Selbstverwaltungsrecht sind hiernach grundsätzlich ausgeschlossen, soweit nicht die Verfassung besondere Kompetenznormen bereithält, die den Bund auch zu einer Einschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltung berechtigen (vgl. BVerfGE 1, 167 <176>; 56, 298 <310>). Das hat der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht zuletzt durch die Aufnahme der Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 in das Grundgesetz unterstrichen.

128

b) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II beschränkt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Er verkürzt die von Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Organisationshoheit der Gemeinden in ihrer konkreten gesetzlichen Ausgestaltung hinsichtlich der Art und Weise ihrer Willensbildung.

129

Die durch Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte Organisationshoheit gestattet es den Kommunen, über ihre interne Organisation und Willensbildung grundsätzlich selbst zu entscheiden. Sie umfasst das Recht zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte und gewährleistet insoweit eine grundsätzliche Freiheit von staatlicher Reglementierung in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung (vgl. BVerfGE 119, 331 <362>). Art. 28 Abs. 2 GG verbürgt auch die Befugnis der Gemeinden und Gemeindeverbände, über "Ob", "Wann" und "Wie" bei der Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben im Rahmen der Gesetze grundsätzlich eigenverantwortlich zu entscheiden. Ändert der Gesetzgeber daher die Vorgaben für die interne Organisation und Willensbildung von Gemeinden und Gemeindeverbänden, greift er damit zugleich in die konkrete Ausgestaltung der verfassungsrechtlich geschützten Organisationshoheit ein.

130

Dies ist bei § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II der Fall. Er bestimmt, dass der Antrag auf Zulassung als Optionskommune unter anderem einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder in der zuständigen Vertretungskörperschaft bedarf. Damit erschwert er, verglichen mit den allgemeinen Regelungen des Kommunalrechts (vgl. Art. 45 Abs. 1 BayLKrO; Art. 51 Abs. 1 BayGO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO), die Willensbildung in den Stadträten und Kreistagen und greift damit in die de lege lata bestehende Ausgestaltung der kommunalen Organisationshoheit ein. Die Vorschrift knüpft die Realisierung der vom Gesetzgeber eingeräumten Chance, die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein zu erbringen, an zusätzliche Hürden. Im Fall des Beschwerdeführers zu 1. käme, obwohl sich eine Mehrheit des Kreistages - 36 von 60 Mitgliedern - für den Antrag auf Zulassung als Optionskommune ausgesprochen hatte, eine Realisierung der gesetzlich eröffneten Chance schon deshalb nicht mehr in Betracht.

131

c) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist der Sache nach eine Regelung des Kommunalverfassungsrechts. Dieses fällt als Teil des Kommunalrechts in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (aa). Etwas anderes folgt weder aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (bb) noch aus Art. 91e Abs.3 GG (cc) oder aus einer Kompetenz kraft Sachzusammenhangs (dd).

132

aa) Das Grundgesetz weist die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht nicht dem Bund zu, sondern belässt sie bei den Ländern (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>; 77, 288 <299>; vgl. auch BVerfGE 1, 167 <176>; 26, 172 <181>; 48, 64 <83>; 56, 298 <310>; 57, 43 <59>; 58, 177 <191 f.>). Das Kommunalrecht in diesem Sinne umfasst die Summe der Rechtssätze, die sich mit der Rechtsstellung, der Organisation, den Aufgaben sowie den Handlungsformen der kommunalen Körperschaften befassen. Darunter fällt auch das Gemeindeverfassungsrecht (vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 70 Rn. 104 ) und insbesondere die Art und Weise der kommunalen Willensbildung (vgl. Burgi, Kommunalrecht, 4. Aufl. 2012, § 1 Rn. 10).

133

§ 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist eine Regelung des Kommunalrechts. Er regelt das Zustandekommen von Beschlüssen in Stadträten und Kreistagen und betrifft damit die interne Willensbildung in den Kommunen, die Verwirklichung des Mehrheitsprinzips und der Demokratie auf kommunaler Ebene (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) und in gewissem Umfang auch die funktionale Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen der in Rede stehenden Kommune. Die interne Willensbildung in den Kommunen und das Zusammenwirken zwischen den unterschiedlichen Organen der Kommune wird in allen Ländern in den jeweiligen Kommunalordnungen geregelt (vgl. Art. 51 Abs. 1 BayGO, Art. 45 Abs. 1 BayLKrO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO) und ist ein wesentlicher Teil des Kommunal(verfassungs)rechts. Dieses bestimmt, wie die Willensbildung innerhalb einer Kommune abzulaufen hat und wie die Gewichtsverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat beziehungsweise Landrat und Kreistag auszugestalten ist. Wäre dies anders, könnte der Bund in allen Bereichen, in denen er eine Gesetzgebungskompetenz besitzt, auch Vorgaben über die Beschlussfähigkeit der kommunalen Vertretungskörperschaften, die Form der Beschlussfassung oder den Ablauf der Sitzungen treffen. Die den Ländern zustehende Gesetzgebungskompetenz für das Kommunalrecht liefe damit leer.

134

bb) Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für "die öffentliche Fürsorge" aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG vermag die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht zu stützen.

135

(1) Zwar ist der Begriff der "öffentlichen Fürsorge" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht eng auszulegen (vgl. BVerfGE 88, 203 <329 f.>; 97, 332 <341>). Zu dieser Materie gehören nicht nur Bestimmungen darüber, was die Träger der Fürsorge an materiellen Fürsorgeleistungen zu erbringen haben und auf welche Weise dies geschehen soll. Der Regelungsbereich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG umfasst auch organisatorische Vorschriften über die Abgrenzung öffentlicher und privater Träger (vgl. BVerfGE 22, 180 <203>; 106, 62 <133 f.>).

136

Bei der Bestimmung der Reichweite der aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG folgenden Gesetzgebungskompetenz ist jedoch Zurückhaltung geboten, wenn mit ihr Regelungen gerechtfertigt werden sollen, von denen nach dem Grundgedanken der Art. 70 ff. GG anzunehmen ist, dass der Regelungsgegenstand im Wesentlichen oder weitgehend in der Kompetenz der Länder verbleiben soll. Das gilt insbesondere mit Blick auf das Kommunalrecht, das nicht nur zum "Hausgut" jener Zuständigkeiten zählen dürfte, das die Organisationshoheit der Länder prägt und den Ländern daher unentziehbar verbleiben muss, sondern das der verfassungsändernde Gesetzgeber im Jahre 2006 auch noch mit einem generellen Durchgriffsverbot gegen Zugriffe des Bundes abgesichert hat (Art. 84 Abs. 1 Satz 7, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG). Damit hat er auch punktuelle Übergriffe des Bundes, wie sie aufgrund seiner Zuständigkeiten zur Regelung des Verwaltungsvollzugs nach der alten Rechtslage möglich waren (vgl. BVerfGE 22, 180 <209 f.>; 77, 288 <299>), ausgeschlossen. Im Hinblick auf organisationsrechtliche Regelungen ist zudem zu bedenken, dass die Verfassung zwischen der materiellen Gesetzgebungskompetenz in Art. 70 ff. GG und der Regelung von Behördenorganisation und Verwaltungsverfahren in Art. 83 ff. GG unterscheidet und dies nicht durch eine extensive Interpretation von dem Vollzug dienenden Vorschriften wie Art. 91e GG unterlaufen werden darf.

137

(2) Hieran gemessen kann § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden. Das Erfordernis einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in der zuständigen Vertretungskörperschaft der Kommune regelt keine rein organisatorische Frage bei der Erbringung sozialrechtlicher Leistungen, sondern die Art und Weise der Willensbildung auf kommunaler Ebene (). Gegen die Annahme, die Regelung könne auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, spricht zudem die Existenz des Art. 91e GG selbst ().

138

(a) Das Erfordernis einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in der zuständigen Vertretungskörperschaft der Kommune regelt die Art und Weise der Willensbildung auf kommunaler Ebene. Mit der qualifizierten Mehrheit des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II statuiert der Gesetzgeber verfahrensrechtliche Anforderungen an die Willensbildung der Kommunen, also die Voraussetzungen, unter denen sie zu einer rechtlich relevanten Willensbildung in der Lage sind. Nach der Auffassung des Gesetzgebers soll mit § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II "eine sorgfältige und ausführliche politische Meinungsbildung" sichergestellt werden, welche die Gewähr für "eine langfristig angelegte, umfassend aktiv unterstützte und nachhaltige Aufgabenwahrnehmung" bietet. Dies stelle sicher, dass für die alleinige Wahrnehmung der Aufgaben ein hoher Grad an Akzeptanz vorhanden und die für eine nachhaltige Aufgabenwahrnehmung unabdingbare Kontinuität der Verwaltungsstrukturen gewährleistet sei (vgl. BTDrucks 17/1555, S. 18). Wäre § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II gültig, verdrängte er in seinem Anwendungsbereich die kommunalrechtlichen Regelungen über Form und Verfahren der Beschlussfassung in den Gemeinderäten und Kreistagen und würde sie - da er denselben Gegenstand mit unterschiedlichen Rechtsfolgen regelt - nach Art. 31 GG brechen. Denn er weist denselben Regelungsgegenstand auf wie etwa Art. 51 Abs. 1 BayGO, Art. 45 Abs. 1 BayLKrO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO und vergleichbare Bestimmungen, an deren kompetenzrechtlicher Zulässigkeit keine Zweifel bestehen. Ist die Festlegung der Mehrheitserfordernisse in den kommunalen Repräsentativkörperschaften aber eine Regelung des Kommunalrechts, dann kann sie nach der Systematik der Art. 70 und Art. 72 Abs. 1 GG nicht zugleich eine solche des Sozialrechts sein.

139

Dem steht auch die Rechtsprechung des Senats zur grundsätzlich weiten Interpretation von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (vgl. BVerfGE 22, 180 <212 f.>; 106, 62 <133 f.>) nicht entgegen. Die dort entschiedenen Fälle betrafen die Regelung des Zusammenwirkens und Nebeneinanders von öffentlicher Hand und Privaten und damit Rechte und Pflichten in einem fürsorgerechtlichen Rechtsverhältnis. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II betrifft dagegen nicht das Rechtsverhältnis, in dem das Zusammenwirken von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende näher ausgestaltet wird und Antragserfordernisse, Formvorschriften oder Mitwirkungshandlungen statuiert werden. Er regelt vielmehr, nach welchen Regeln die interne Willensbildung bei einem der Beteiligten im Vorfeld des Zusammenwirkens mit Bund und Ländern zu erfolgen hat. Das Rechtsverhältnis zwischen Kommune und Bund, das insoweit allein möglicher Anknüpfungspunkt für eine Regelung auf der Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG sein könnte, ist somit nicht Regelungsgegenstand der Norm, mag diese auch reflexartige Rückwirkungen auf die Interessen des Bundes haben, indem sie dazu beitragen kann, die Anzahl der antragstellenden Kommunen zu begrenzen und das Risiko zu reduzieren, dass sich einmal zugelassene Optionskommunen aus der Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6a Abs. 7 SGB II wieder zurückziehen.

140

(b) Gegen die Annahme, die organisatorische beziehungsweise verfahrensrechtliche Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 GG könne auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, spricht zudem die Stellung des Art. 91e GG im VIIIa. Abschnitt des Grundgesetzes. Die Regelungen über die gemeinsamen Einrichtungen und die Optionskommunen wurden nach längerer Debatte (vgl. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 16) an dieser Stelle eingefügt, weil es auch nach Auffassung des verfassungsändernden Gesetzgebers um eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Mischverwaltung ging, also um den Vollzug des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches und damit zusammenhängende Fragen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens. Dies unterstreicht die Systematik des Grundgesetzes, nach der die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren gerade keine Frage der Sachgesetzgebungskompetenzen sind und schließt es aus, für eine den Vollzug des materiellen Sozialrechts betreffende Regelung auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zurückzugreifen.

141

cc) Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich auch nicht aus Art. 91e Abs. 3 GG. Auf dieser Grundlage kann der Gesetzgeber zwar die Voraussetzungen für die Zulassung von Gemeinden und Gemeindeverbänden als Optionskommunen regeln, insbesondere deren Anzahl sowie Kriterien für die Zulassung festlegen. Auf die Art und Weise der internen Willensbildung der Kommunen erstreckt sich seine Regelungskompetenz jedoch nicht.

142

(1) Nach Art. 91e Abs. 3 GG regelt das Nähere über das Zusammenwirken von Bund und Ländern oder der nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Vorschrift weist dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu und enthält zugleich einen Gesetzgebungsauftrag, der bewusst weit gefasst wurde und dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einen großen Spielraum lassen soll (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ). In der Sache bezieht er sich, wie dargelegt, auf die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen (Art. 91e Abs. 1 GG), die Anzahl möglicher Optionskommunen, das von ihnen zu durchlaufende Verfahren und - im Falle der Zulassung - die Kostentragung für die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG).

143

(2) Auch wenn diese Aufzählung nicht abschließend ist, kann § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht auf Art. 91e Abs. 3 GG gestützt werden. Weder kann das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit in der zuständigen Repräsentativkörperschaft als Zulassungskriterium angesehen werden noch darf der Gesetzgeber über den Regelungsgehalt von Art. 91e Abs. 1 und 2 GG hinausgehen.

144

In der Begründung zu Art. 91e GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber unter anderem betont, dass sich der Gesetzgeber "an die zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes zu halten" habe (BTDrucks 17/1554, S. 5) und damit deutlich gemacht, dass Art. 91e GG nichts an der in Art. 70 ff. und 109 GG niedergelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ändern will. Art. 91e Abs. 3 GG erlaubt vor diesem Hintergrund zwar den Erlass von Vorschriften "zur Festlegung der Anzahl der Optionskommunen" und "zu den Kriterien für die Zulassung von Optionskommunen". Insoweit sind Regelungen über das Erfordernis einer Antragstellung durch die kommunalen Träger und das verfahrensmäßige Zusammenwirken der Kommunen mit anderen Verwaltungsträgern - ähnlich wie bei dem auf Art. 84 Abs. 1 GG gestützten Erfordernis des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB - Teil der auf die Vollziehung der Verwaltungsaufgabe gerichteten Regelung und gestalten die Rechtsverhältnisse zwischen dem Bund und der Kommune beziehungsweise dem Land und der Kommune näher aus. Der Regelungsgehalt von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II betrifft dagegen nicht die Rechtsverhältnisse zwischen der antragstellenden Kommune und dem Bund oder dem Land, sondern die interne Organisation der Kommunen. Mit dem Erfordernis der Zwei-Drittel-Mehrheit in den zuständigen Vertretungskörperschaften regelt er die Modalitäten ihrer Beschlussfassung und modifiziert damit nicht nur die Anforderungen an die demokratische Willensbildung in den Kommunen, sondern auch die funktionale Zuständigkeitsverteilung zwischen ihren Organen. Als in der Sache kommunalrechtliche Vorschrift ist § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht von Art. 91e Abs. 3 GG gedeckt.

145

dd) Dem Bund steht schließlich auch keine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs zu. Eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs ist von vornherein nur dann anzuerkennen, wenn eine Materie verständiger Weise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine dem Bund nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der in Rede stehenden Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 8, 143 <149>; 12, 205 <237>; 15, 1 <20>; 26, 246 <256>; 26, 281 <300>; 97, 228 <251>; 98, 265 <299>; 106, 62 <114 f.>; stRspr). Die umfassende Regelung eines den Ländern vorbehaltenen Bereichs ist dem Bund in keinem Fall eröffnet (vgl. BVerfGE 61, 149 <205>; 98, 265 <299>; 106, 62 <115>).

146

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es liegt schon fern, dass eine Frage der internen Willensbildung der kommunalen Repräsentativkörperschaften eine zentrale Bedeutung für die Aufgabenerledigung durch sogenannte Optionskommunen haben sollte. Mag das Antragserfordernis sicherstellen, dass die Kommune die Aufgabe aus eigenem Antrieb übernimmt, und dazu beitragen, dass sie sich an diesem rechtserheblichen Schritt festhalten lassen muss, so ist die Frage, auf welche Weise die dem Antrag zugrunde liegenden Beschlüsse zustande kommen, für die Aufgabenwahrnehmung nachrangig und für die organisatorische Ausgestaltung insgesamt unbedeutend. Schon der Blick auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 zeigt, dass die Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II keineswegs unerlässlich ist, um eine Behördenstruktur zu schaffen, die die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Zielsetzung des Gesetzgebers entsprechend erfüllen kann (ebenso Luthe, in: Hauck/Noftz/Voelzke, SGB II, § 6a Rn. 11 ; ders., ZfF 2011, S. 1 <3>). Nach § 6a Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. wurden kommunale Träger auf Antrag vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit als Träger im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung zugelassen, wenn sie sich zur Schaffung einer besonderen Einrichtung nach § 6a Abs. 6 SGB II a.F. und zur Mitwirkung an der Wirkungsforschung nach § 6c SGB II<2004> verpflichtet hatten. Weitergehende Anforderungen wurden zum damaligen Zeitpunkt als nicht erforderlich angesehen. Vollzugsprobleme haben sich daraus nicht ergeben. Wie die mündliche Verhandlung gezeigt hat, ist es auch nicht zu einem nennenswerten Rückzug von Optionskommunen gekommen.

147

d) § 6a Abs. 2 Satz 3 1.Halbsatz SGB II verletzt danach Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 70 GG. Im Hinblick auf einen geordneten Gesetzesvollzug im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist § 6a Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz SGB II für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären. Die Vorschrift gilt für bestehende Zulassungen fort (vgl. BVerfGE 103, 1 <1, 19 f.>). Sie darf in neuen Zulassungsverfahren nach § 6a SGB II nicht mehr angewandt werden. Die bisher ergangenen Zulassungsentscheidungen bleiben unberührt. Das gilt insbesondere für die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 14. April 2011 (BGBl I S. 645).

148

aa) Verstößt eine Norm gegen das Grundgesetz, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit der angegriffenen Vorschrift. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit der Anordnung einer teilweisen Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung kommt statt der gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeit als Rechtsfolge dann in Betracht, wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. BVerfGE 119, 331 <382 f.> m.w.N.). Neben den Grundrechten (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 92, 158 <186>) werden vor allem das Rechts- und das Sozialstaatsprinzip (vgl. BVerfGE 37, 217 <261>; 73, 40 <101 f.>; 119, 331 <383 f.>) als verfassungsrechtliche Gründe anerkannt, welche die befristete Weitergeltung einer nicht verfassungskonformen Regelung rechtfertigen können. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn mit der Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung ein rechtliches Vakuum aufträte und sowohl bei den Behörden als auch bei den Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entstünde (vgl. BVerfGE 37, 217 <261>; 73, 40 <102>; 92, 53 <74>). Die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Rechtslage mit dem Grundgesetz darf auch nicht dazu führen, dass der Verwaltung zeitweilig die Erfüllung verfassungsrechtlicher Pflichtaufgaben mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfGE 83, 130 <152 ff.>; auch 51, 268 <290 f.>).

149

bb) Danach ist § 6a Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz SGB II lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung bei den betroffenen Behörden und Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entsteht, und um eine wirkungsvolle, durch das Sozialstaatsprinzip gebotene Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen. Die durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährten Leistungen decken weite Bereiche der Sozialleistungen des Staates ab. Bei einer Nichtigerklärung könnten die Aufgaben ab sofort nicht mehr einheitlich durch alle zugelassenen Optionskommunen wahrgenommen werden. Hiervon wären eine hohe Zahl von Leistungsempfängern und die Mitarbeiter der Kommunen betroffen. Ohne die Aufrechterhaltung der Regelung für die Vergangenheit ist es nicht möglich, eine geordnete Sozialverwaltung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 119, 331 <383>).

150

Als Folge der Übergangsregelung kann auch der Beschwerdeführer zu 1. derzeit nicht als Optionskommune zugelassen werden. Er wird einen neuen Antrag stellen müssen (vgl. BVerfGE 103, 1 <20>).

151

2. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Gegen die Vorschrift des § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung ist formell verfassungsgemäß (a). Mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II füllt der Bundesgesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise den ihm eingeräumten Gestaltungsauftrag aus (b). Die Festlegung der Anzahl möglicher kommunaler Träger auf 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Aufgabenträger verstößt auch nicht gegen Art. 28 Abs. 2 GG (c). Der Gesetzgeber hat das Verteilungsverfahren schließlich hinreichend bestimmt ausgestaltet; die Verordnungsermächtigung des § 6a Abs. 3 SGB II ist insoweit nicht zu beanstanden (d).

152

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II ergibt sich aus Art. 91e Abs. 3 GG. Danach regelt das Nähere im Hinblick auf Organisation und Verfahren bei der Erledigung der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zum "Näheren" gehört neben Regelungen über die Ausgestaltung des Zulassungs- und Verteilungsverfahrens sowie die Organisation der Aufgabenerfüllung auch die Festlegung der Anzahl zuzulassender Optionskommunen. In der Begründung zu Art. 91e GG ist im Hinblick auf Absatz 2 insoweit ausdrücklich davon die Rede, dass das Bundesgesetz Regelungen über die Festlegung der Anzahl der Optionskommunen treffen werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II hat der Gesetzgeber die Anzahl möglicher Optionskommunen auf 25 Prozent festgelegt und insoweit das Nähere zu Art. 91e Abs. 2 GG geregelt. Dazu ist er durch Art. 91e Abs. 3 GG ermächtigt.

153

b) Art. 91e Abs. 3 GG eröffnet dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum für die Ausgestaltung des Verwaltungsvollzugs in alleiniger Trägerschaft der Kommunen (aa). Dessen Grenzen überschreitet § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II nicht (bb).

154

aa) Indem Art. 91e Abs. 3 GG den Bundesgesetzgeber ermächtigt, "das Nähere" zu regeln, räumt er ihm grundsätzlich einen nicht unerheblichen Spielraum bei der Ausgestaltung des Vollzugs der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in alleiniger Verantwortung der Kommunen ein (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 12; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ). Inhaltlich geben Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG allerdings ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor: Die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen soll danach die Regel sein, die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Ausnahme. Dies belegen sowohl der Wortlaut des Art. 91e GG (1) als auch seine systematische Stellung und seine Entstehungsgeschichte (2).

155

(1) Bereits dem Wortlaut des Art. 91e GG lässt sich entnehmen, dass das Grundgesetz die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in gemeinsamen Einrichtungen als Regelfall vorsieht. In diesem Sinne ist in Art. 91e Abs. 2 GG davon die Rede, dass der Bund zulassen "könne", dass eine "begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden" auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Nicht nur die Formulierung "eine begrenzte Anzahl" weist dabei auf ein "Regel-Ausnahme-Verhältnis" (BTDrucks 17/1554, S. 4) hin; auch die ausdrückliche Eröffnung eines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums ("kann zulassen") unterstreicht dies.

156

(2) Art. 91e GG stellt eine allein auf den Vollzug der Verwaltungsaufgabe Grundsicherung für Arbeitsuchende zugeschnittene abschließende Spezialregelung dar. Er wurde bewusst in den Abschnitt VIIIa. "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" aufgenommen und ordnet ausweislich des Art. 91e Abs. 1 GG grundsätzlich eine Mischverwaltung als Regelfall an. Soweit Art. 91e Abs. 2 GG in diesem Zusammenhang ausnahmsweise auch einen Vollzug durch Optionskommunen vorsieht, stellt er die Grundentscheidung des Art. 91e Abs. 1 GG für den Vollzugstyp der Mischverwaltung nicht in Frage. Art. 91e Abs. 2 GG ist insoweit - anders als in der Literatur zum Teil angenommen wird (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 31 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 22) - keine Norm, die einen Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen über die Landesexekution gemäß Art. 83 f. GG wieder eröffnete (BTDrucks 17/1554, S. 4), sondern eine spezifische Ausnahmevorschrift von einer ihrerseits abschließenden Spezialregelung.

157

bb) Aus dem Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG lässt sich eine konkrete Anzahl möglicher Optionskommunen nicht ableiten (1). Die mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II vorgenommene Konkretisierung des von Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben (2).

158

(1) Der Gesetzgeber ist im Rahmen der Vorgaben des Art. 91e Abs. 3 GG grundsätzlich frei, die Anzahl der möglichen Optionskommunen aufgrund politischer Dezision festzusetzen. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Festlegung auf 25 Prozent sei willkürlich und daher verfassungswidrig (Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 42; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 27 ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 20), vermag dies nicht zu überzeugen. Zwar hat die Begrenzung auf 25 Prozent in der Tat lediglich in den Gesetzgebungsmaterialien Niederschlag gefunden (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4; 17/2192, S. 2), nicht jedoch im Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG. Auch lassen sich der Norm über das Regel-Ausnahme-Verhältnis hinaus keine weiteren Kriterien für dessen Konkretisierung entnehmen. Das macht die Bestimmung des Art. 91e Abs. 2 GG jedoch nicht verfassungswidrig, sondern hat lediglich zur Folge, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung und unter Beachtung des Mehrheitsprinzips (Art. 42 Abs. 2 GG) nach seinen politischen Präferenzen über die Konkretisierung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses entscheiden kann. Er ist dabei rechtlich auch nicht an im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens getroffene politische Absprachen gebunden. Den auf die Einführung eines 25-Prozent-Quorums zielenden Absichtserklärungen in den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4) kommt, für sich genommen, insoweit kein verfassungsrechtlicher Gehalt zu.

159

Mit dem Tatbestandsmerkmal der "begrenzten Anzahl" gibt Art. 91e Abs. 2 GG einen deutlichen Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber das Regel-Ausnahme-Verhältnis weitgehend frei konkretisieren darf (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 20). Da sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bereits aus dem Nebeneinander von Art. 91e Abs. 1 und 2 GG ergibt, wäre die Aufnahme dieses unbestimmten Verfassungsbegriffs nicht erforderlich gewesen. Spezifischen Bedeutungsgehalt erfährt er daher nur, wenn er als die Bekräftigung der Befugnis des Gesetzgebers verstanden wird, die Anzahl der zuzulassenden Optionskommunen weitgehend nach politischen Präferenzen zu bestimmen.

160

(2) Mit der Festlegung auf 25 Prozent hat der Gesetzgeber die bereits im Verfahren zur Einführung von Art. 91e GG avisierte Zielgröße übernommen und den politischen Erwartungen der Beteiligten Rechnung getragen. Dies ist nicht deshalb willkürlich, weil sich aus der Gesetzesbegründung kein weiteres überzeugendes Regelungsmotiv für die Gewichtung ergibt (vgl. Mehde, in: Beck'scher OK-GG, Art. 91e Rn. 26 <1. Juni 2014>).

161

Es ist nicht ersichtlich, dass § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II den von Art. 91e Abs. 2 GG gezogenen Konkretisierungsspielraum überschreitet (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 26, Fn. 102 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 9; Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 6a Rn. 8). Dem Gesetzgeber hätte es zwar frei gestanden, über das 25-Prozent-Quorum hinaus zu gehen (vgl. Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 26 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Verfassungsrechtlich verpflichtet war er dazu jedoch nicht.

162

c) § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bedarf auch keiner verfassungskonformen Auslegung im Lichte von Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden (aa), Art. 28 Abs. 2 Satz 2 den Gemeindeverbänden (bb) eine unterschiedlich weit reichende und wehrfähige Aufgabenausstattung. Diese wird durch die Kontingentierung der möglichen Optionskommunen nicht berührt (cc).

163

aa) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich (vgl. BVerfGE 26, 228 <237 f.>; 56, 298 <312>; 59, 216 <226>; 79, 127 <143>). Dazu gehören diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben (vgl. BVerfGE 8, 122 <134>; 50, 195 <201>; 52, 95 <120>; 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>), die also den Gemeindeeinwohnern als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>). Verändert der Gesetzgeber den Aufgabenbestand der Gemeinden, so hat er den Vorrang zu berücksichtigen, den Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG der Gemeindeebene in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft einräumt. Dagegen ist er in seiner Zuordnung weitgehend frei, wenn eine Aufgabe keinen oder keinen relevanten örtlichen Charakter besitzt; sie fällt dann von vornherein nicht in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 79, 127 <152>; 110, 370 <400>).

164

bb) Den Gemeindeverbänden ist das Recht der Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG dagegen im Hinblick auf ihren Aufgabenbestand nur eingeschränkt gewährleistet. Anders als bei den Gemeinden beschreibt die Verfassung die Aufgaben der Kreise nicht selbst, sondern überantwortet ihre Festlegung dem Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 119, 331 <353> m.w.N.). Dessen Gestaltungsspielraum stößt, wie dargelegt, bei der Ausgestaltung des Aufgabenbereichs der Kreise erst dort an Grenzen, wo die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts der Kreise entwertet würde. Der Gesetzgeber darf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG deshalb nicht dadurch unterlaufen, dass er den Kreisen keine Aufgaben zuweist, die in der von der Verfassung selbst gewährten Eigenverantwortlichkeit wahrgenommen werden könnten. Er muss vielmehr einen Mindestbestand an Aufgaben vorsehen, die die Kreise unter Inanspruchnahme der auch ihnen gewährten Eigenverantwortlichkeit erledigen können (vgl. BVerfGE 119, 331 <353>). Ist dies der Fall, so liegt es im (politischen) Ermessen des Gesetzgebers, ob und inwieweit er über den verfassungsrechtlich geforderten Mindestbestand an Aufgaben hinausgeht.

165

cc) Soweit die Beschwerdeführerin zu 2. nicht als Optionskommune anerkannt worden ist, berührt sie dies nicht in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Selbstverwaltungsgarantie. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist keine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft. Ihre unterlassene Übertragung berührt Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG von vornherein nicht. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen (vgl. BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>). Fürsorge- und sozialversicherungsrechtliche Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende lassen sich darunter nicht fassen. Die den Optionskommunen zusätzlich zu übertragenden Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II betreffen die Eingliederung in Arbeit, die normalerweise Gegenstand der Arbeitslosenversicherung ist und von der Bundesagentur für Arbeit überregional und im Bundesgebiet einheitlich wahrgenommen wird. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Ansprüche auf Sozialhilfe durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende abgelöst worden sind, Sozialhilfe jedoch von den kreisfreien Städten und Landkreisen nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften in eigener Verantwortung geleistet wird (vgl. § 1 Abs. 1 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch; § 1 Satz 1 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs; § 1 Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen; § 1 Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch). Dass diese Gebietskörperschaften seit Jahrzehnten örtliche Träger der Sozialhilfe sind, macht die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht zu einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10). Der Schutzbereich des Art 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist insoweit nicht eröffnet (vgl. Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 6a Rn. 8; vgl. auch Dyllick/Lörincz/Neubauer, NJ 2011, S. 15 <20>).

166

Vor diesem Hintergrund ist auch die Selbstverwaltungsgarantie der Beschwerdeführer zu 3. bis 15. aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nicht verletzt. Da das Recht der Selbstverwaltung den Gemeindeverbänden von vornherein nur nach Maßgabe der Gesetze eingeräumt ist, obliegt es grundsätzlich auch dem Gesetzgeber, die Aufgaben der Gemeindeverbände festzulegen. Der ihm dabei zukommende Spielraum stößt erst dort an Grenzen, wo durch die Zuweisung neuer Aufgaben, deren Entzug oder Nichtzuweisung die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Selbstverwaltung entleert würde (vgl. BVerfGE 119, 331 <352 ff.>). Die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. waren bislang nicht als kommunale Träger zugelassen und haben ihre Zulassung als Optionskommune erstmals beantragt. Ihre Nichtzulassung stellt sich somit weder als Aufgabenentzug noch als eine Änderung ihres bisherigen Aufgabenbestandes dar, die an Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen wäre. Die Beschwerdeführer begehren vielmehr die Zuweisung einer neuen Aufgabe. Dies könnten sie unter Berufung auf die Selbstverwaltungsgarantie nur verlangen, wenn ohne eine Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende die ihnen zukommende Selbstverwaltungsgarantie in ihrem Kern entwertet wäre. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

167

d) Eröffnet der Gesetzgeber den Kommunen die Chance auf eine bestimmte Aufgabenzuständigkeit, so muss er allerdings ein Verfahren vorsehen, das eine transparente und nachvollziehbare Verteilungs- und Zulassungsentscheidung sicherstellt (aa). Der Gesetzgeber musste dieses Verteilungsverfahren nicht im Einzelnen ausgestalten, sondern konnte dies auch dem Verordnungsgeber überlassen. § 6a Abs. 3 SGB II ist insoweit eine ausreichende Rechtsgrundlage (bb). Ob die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (KtEfV) diesen Anforderungen genügt, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung (cc).

168

aa) Angesichts der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Kontingentierung der Anzahl der Optionskommunen durch § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Verteilung der Zulassungen willkürfrei, transparent und nachvollziehbar bewältigt wird und dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung entspricht (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 47; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 28 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Dieser aus der Grundrechtsdogmatik entlehnte Gedanke eines Rechtsgüterschutzes durch Verfahren gilt mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG auch im vorliegenden Zusammenhang.

169

bb) Der Gesetzgeber muss das Verteilungsverfahren allerdings nicht im Einzelnen selbst ausgestalten, sondern kann dies auch dem Verordnungsgeber überlassen. Allerdings muss er die wesentlichen Grundzüge des Verfahrens im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG selbst regeln.

170

Anders als in der Vorgängerregelung des § 6a Abs. 3 bis 6 SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 hat sich der Gesetzgeber für die (weitere) Zulassung von Optionskommunen auf die Normierung einer Verordnungsermächtigung in § 6a Abs. 3 SGB II beschränkt, die ein willkürfreies, transparentes und nachvollziebares Verteilungsverfahren jedenfalls in den Grundzügen vorstrukturiert und die Regelung der Einzelheiten dem Verordnungsgeber überlässt (vgl. Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 28 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.

171

§ 6a Abs. 3 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Voraussetzungen der Eignung nach § 6a Abs. 2 Nr. 1 SGB II und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach § 6a Abs. 2 und Abs. 4 SGB II auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln. Damit hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der Zulassung von Optionskommunen eine Eignungsprüfung und -feststellung sowie ein Verteilungsverfahren voranzugehen haben, das an der bestmöglichen Erfüllung der Verwaltungsaufgabe auszurichten ist. Das genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, der nicht verlangt, dass eine Verordnungsermächtigung so bestimmt wie irgend möglich ist, sondern eine hinreichende Bestimmtheit ausreichen lässt (vgl. BVerfGE 8, 274 <312>; 26, 228 <241>; 55, 207 <226>; 58, 257 <277>; 62, 203 <210>; 123, 39 <78>). Vor diesem Hintergrund reicht es, wenn sich - wie hier - das Ausmaß der Ermächtigung mit hinreichender Deutlichkeit aus dem begrenzten Zweck der Ermächtigung ergibt (vgl. BVerfGE 4, 7 <22>; 20, 296 <306>; 28, 66 <86>; 35, 179 <183>; 38, 61 <84>).

172

cc) Ob das Verteilungsverfahren, das die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende näher ausgestaltet, selbst den Anforderungen an ein willkürfreies, transparentes und nachvollziehbares Zulassungsverfahren genügt (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 47 Fn. 149), und ob es insbesondere nicht bundesrechtlicher Regelungen über die Verteilung der möglichen Optionskommunen auf die Länderkontingente bedarf, um ein willkürfreies, transparentes und dem interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechendes Verteilungsverfahren sicherzustellen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die insoweit möglicherweise unzureichende Verordnung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

173

3. Schließlich begegnet auch die Vorschrift des § 6b Abs. 4 SGB II keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Gesetzgebungskompetenz hierfür folgt ebenfalls aus Art. 91e Abs. 3 GG (a). Mit der Schaffung einer unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene geht für diesen Bereich eine Befugnis des Bundes einher, die ordnungsgemäße Verwendung der eingesetzten Mittel zu kontrollieren (b).

174

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6b Abs. 4 SGB II folgt aus Art. 91e Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 GG. In der Gesetzesbegründung zu Art. 91e Abs. 3 GG heißt es, dass in Bezug auf Art. 91e Abs. 2 das Bundesgesetz unter anderem Regelungen zu Kostentragung, Aufsicht, Finanzkontrolle und Rechnungsprüfung treffen werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers sollte der Bund folglich zu einer derartigen Regelung befugt sein.

175

b) Die Befugnis des Bundes zu einer finanziellen Kontrolle der Optionskommunen folgt zwar nicht schon aus der Finanzierungsverantwortung des Bundes (aa). Mit der Schaffung einer unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene sind ihm jedoch zugleich Befugnisse eingeräumt worden, die eine wirksame Finanzkontrolle ermöglichen (bb). Dies verletzt nicht die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (cc).

176

aa) Dass den Bund eine Finanzierungsverantwortung für Aufgaben trifft, welche die zugelassenen kommunalen Träger wahrnehmen, zwingt, für sich genommen, nicht dazu, ihm auch Finanzkontrollbefugnisse einzuräumen. Zwar wird im Schrifttum mit Blick auf den Bundesrechnungshof die Auffassung vertreten, dass Kontrollkompetenzen nicht an die Verwaltungs-, sondern an die Finanzierungsverantwortung anknüpfen (vgl. Kammer, DVBl 1990, 555 <558 f.>; Mähring, DÖV 2006, S. 195 <203>). Mit Blick auf den Bundesrechnungshof hat das Bundesverfassungsgericht es jedoch stets abgelehnt, von der Finanzierungsverantwortung auf eine Kontrollzuständigkeit zu schließen. Für die Reichweite seiner Befugnisse gebe die Annahme einer Finanzgewalt nichts her. Aus ihr ergebe sich insbesondere nicht, dass der Bund Erhebungsbefugnisse im Hinblick auf die Gesamtheit der föderalen Finanzströme haben müsse. Die Kompetenz des Bundes, durch seinen Rechnungshof Erhebungen im Länderbereich durchzuführen, folge im Hinblick auf Finanzhilfen nach Art. 104b GG den Verwaltungskompetenzen des Bundes (vgl. BVerfGE 127, 165 <219 f.>). Daran ist auch im vorliegenden Zusammenhang festzuhalten.

177

bb) Mit der Einfügung von Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG in das Grundgesetz hat der verfassungsändernde Gesetzgeber eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene etabliert und damit eine Sonderregelung geschaffen, die dem Bund spezifische Verwaltungskompetenzen zuweist und den allgemeinen Regelungen über das Finanzwesen vorgeht. Sie ermächtigt den Bund auch zu einer effektiven Finanzkontrolle über die Optionskommunen. Die Finanzkontrolle des Bundes ist strikt auf die Verwaltung der von ihm zur Verfügung gestellten Mittel für die Grundsicherung für Arbeitsuchende beschränkt (1). Seine Kontrollbefugnisse unterscheiden sich insoweit von jenen des Bundesrechnungshofes (2) und haben weder rechtlich noch faktisch aufsichtsgleiche Wirkung (3).

178

(1) Der Gesetzgeber hat die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Kontrollformen aufgenommen und die Befugnisse des Bundes zur Finanzkontrolle in § 6b Abs. 4 SGB II, jene des Bundesrechnungshofes in § 6b Abs. 3 SGB II und die Aufsichtsbefugnisse des Bundes und der Länder in §§ 47, 48 SGB II geregelt.

179

(2) Die Befugnisse des Bundes im Rahmen der Finanzkontrolle unterscheiden sich von denen des Bundesrechnungshofes und beschränken sich auf die Gewährleistung der fiskalischen Interessen des Bundes. Das kommt schon darin zum Ausdruck, dass die Befugnisse des Bundesrechnungshofes in § 6b Abs. 3 SGB II, die des Bundes aber in § 6b Abs. 4 SGB II normiert sind, ergibt sich aber auch aus dem unterschiedlichen Inhalt der Befugnisse beider Behörden.

180

Die Finanzkontrolle nach § 6b Abs. 4 SGB II bezieht sich ausschließlich auf die fiskalischen Interessen des Bundes. Sie ist in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Zielsetzung enger als jene des Bundesrechnungshofes, reicht hinsichtlich ihrer Befugnisse jedoch weiter. Insbesondere gestattet sie es ihm, öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltend zu machen und im Wege der Verrechnung durchzusetzen. In der Begründung zu § 6b Abs. 4 und Abs. 5 SGB II heißt es insoweit, dass sich der Erstattungsanspruch in der Finanzbeziehung zwischen Bund und zugelassenem kommunalen Träger zugunsten der Wiederherstellung der rechtmäßigen Ordnung der Haushalte auswirke. Somit werde im Zusammenwirken mit dem Prüfrecht des Bundes nach § 6b Abs. 4 SGB II eine effektive Finanzkontrolle ermöglicht, welche die Finanzinteressen des Bundes absichere. Dazu würden in Satz 1 die gesetzlichen Prüfbefugnisse des Bundes klargestellt, die jederzeit gewährleisteten, dass eine Kostenerstattung nur erfolge, soweit die Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers auf einem gesetzmäßigen Mitteleinsatz beruhten (vgl. BTDrucks 17/1555, S. 19).

181

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist im Rahmen der Finanzkontrolle somit befugt, die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit der von den zugelassenen kommunalen Trägern verausgabten Bundesmittel anhand der vorgelegten Jahresabschlussrechnung zu prüfen und dabei auch die Gesetzmäßigkeit der Ausgaben zu kontrollieren. Es darf zu diesem Zweck Informationen vor Ort erheben und auch ohne konkreten Anlass bei den zugelassenen kommunalen Trägern Prüfungen durchführen.

182

(3) Die dem Bund durch § 6b Abs. 4 SGB II eröffnete Finanzkontrolle über die Optionskommunen unterscheidet sich schließlich auch von der Rechts- und Fachaufsicht. Die Vorschrift statuiert keine Aufsichtsbefugnisse des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Sie dient nicht der Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht der Gewährleistung eines grundsätzlich einheitlichen Gesetzesvollzugs, sondern beschränkt sich ausschließlich auf die Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung, von der Möglichkeit des Art. 91e Abs. 2 GG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 127, 165 <203 f.>). Die Befugnisse des Bundes aus § 6b Abs. 4 SGB II erlauben es daher nicht, vertretbare Rechtsauffassungen des zugelassenen kommunalen Trägers zu beanstanden und auf dieser Grundlage Mittel vorzuenthalten oder Erstattungsansprüche durchzusetzen; die Durchsetzung einer einheitlichen Rechtsanwendung ist vielmehr der Rechts- und Fachaufsicht vorbehalten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist auch nicht befugt, einzelne Optionskommunen von dem automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) auszuschließen. Dieses Verfahren dient der Unterstützung und Dokumentation wesentlicher Tätigkeiten bei der Ausführung des Haushaltsplans, der Abwicklung des Zahlungsverkehrs, der Buchführung und der Rechnungslegung sowie der Bereitstellung von tagesaktuellen Informationen über den Stand des Haushaltsvollzugs für alle bewirtschaftenden Dienststellen und ermöglicht die automatisierte Bereitstellung der im Haushaltsgesetz festgestellten Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen sowie deren unterjährige Veränderungen (wie Restebewilligungen, Nachträge). Im vorliegenden Zusammenhang dient es der Sache nach dazu, eine Vorfinanzierung der Leistungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Optionskommunen zu vermeiden. Da ein Ausschluss vom HKR-Verfahren für die betroffenen kommunalen Träger erhebliche wirtschaftliche Belastungen und Risiken mit sich brächte und insoweit Sanktionscharakter besäße, ist er von § 6b Abs. 4 SGB II nicht gedeckt. Sanktionen sind kennzeichnend für die Aufsicht, zu der Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG den Bundesgesetzgeber gerade nicht ermächtigt.

183

cc) Ob ein Eingriff in die Finanzhoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 1. Halbsatz GG) und Gemeindeverbände (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 1. Halbsatz GG) vorliegt, wenn staatliche Stellen über den Einsatz der Finanzmittel zu unterrichten sind und ihnen Einsicht in Bücher und sonstige Unterlagen gewährt werden muss, hat das Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen, da etwaige Einschränkungen in den entschiedenen Fällen jedenfalls gerechtfertigt waren (vgl. BVerfGE 127, 165 <208>). Das gilt auch hier, wo der Eingriff in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung mit Blick auf die gesamtstaatliche Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und den damit verbundenen erheblichen Einsatz von Bundesmitteln im öffentlichen Interesse liegt.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.

(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.

(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Die Landessozialgerichte entscheiden im zweiten Rechtszug über die Berufung gegen die Urteile und die Beschwerden gegen andere Entscheidungen der Sozialgerichte.

(2) Die Landessozialgerichte entscheiden im ersten Rechtszug über

1.
Klagen gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter sowie der sektorenübergreifenden Schiedsgremien auf Landesebene und gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter und der sektorenübergreifenden Schiedsgremien auf Landesebene nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 75 Absatz 3c, § 111b Absatz 6, § 120 Absatz 4, § 132a Absatz 3 und § 132l Absatz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, der Schiedsstellen nach § 133 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, der Schiedsstelle nach § 76 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und des Schiedsgremiums nach § 113c Absatz 4 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und der Schiedsstellen nach § 81 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,
2.
Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden, gegenüber den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen, gegenüber der Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und den Medizinischen Diensten sowie dem Medizinischen Dienst Bund, bei denen die Aufsicht von einer Landes- oder Bundesbehörde ausgeübt wird,
3.
Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch,
4.
Anträge nach § 55a,
5.
Streitigkeiten nach § 4a Absatz 7 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch.

(3) Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen entscheidet im ersten Rechtszug über

1.
Streitigkeiten zwischen gesetzlichen Krankenkassen untereinander betreffend den Risikostrukturausgleich sowie zwischen gesetzlichen Krankenkassen oder ihren Verbänden und dem Bundesamt für Soziale Sicherung betreffend den Risikostrukturausgleich, die Anerkennung von strukturierten Behandlungsprogrammen und die Verwaltung des Gesundheitsfonds,
2.
Streitigkeiten betreffend den Finanzausgleich der gesetzlichen Pflegeversicherung,
3.
Streitigkeiten betreffend den Ausgleich unter den gewerblichen Berufsgenossenschaften nach dem Siebten Buch Sozialgesetzbuch,
4.
Streitigkeiten über Entscheidungen des Bundeskartellamts, die die freiwillige Vereinigung von Krankenkassen nach § 172a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch betreffen.

(4) Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entscheidet im ersten Rechtszug über

1.
Klagen gegen die Entscheidung der Bundesschiedsämter nach § 89 Absatz 2 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, des weiteren Schiedsamtes auf Bundesebene nach § 89 Absatz 12 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, des sektorenübergreifenden Schiedsgremiums auf Bundesebene nach § 89a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie der erweiterten Bewertungsausschüsse nach § 87 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit die Klagen von den Einrichtungen erhoben werden, die diese Gremien bilden,
2.
Klagen gegen Entscheidungen des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 87 Abs. 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch gegenüber den Bewertungsausschüssen und den erweiterten Bewertungsausschüssen sowie gegen Beanstandungen des Bundesministeriums für Gesundheit gegenüber den Bundesschiedsämtern und dem sektorenübergreifenden Schiedsgremium auf Bundesebene,
3.
Klagen gegen Entscheidungen und Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (§§ 91, 92 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), Klagen in Aufsichtsangelegenheiten gegenüber dem Gemeinsamen Bundesausschuss, Klagen gegen die Festsetzung von Festbeträgen durch die Spitzenverbände der Krankenkassen oder den Spitzenverband Bund der Krankenkassen, Klagen gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach den §§ 125, 129, 130b, 131, 134, 134a des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Schlichtungsstelle nach § 319 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch sowie Klagen gegen Entscheidungen des Schlichtungsausschusses Bund nach § 19 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl. I S. 886), das zuletzt durch Artikel 3 des Gesetzes vom 14. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2789) geändert worden ist,
4.
Klagen gegen Entscheidungen des Qualitätsausschusses nach § 113b Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch sowie des erweiterten Qualitätsausschusses nach § 113b Absatz 3 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gegen Entscheidungen des Bundesministeriums für Gesundheit nach § 113b Absatz 9 des Elften Buches Sozialgesetzbuch gegenüber dem Qualitätsausschuss und dem erweiterten Qualitätsausschuss sowie über Klagen, welche die Mitwirkung an den Richtlinien des Medizinischen Dienstes Bund betreffen (§ 17 Absatz 1, §§ 18b, 112a Absatz 2, § 114a Absatz 7 und § 114c Absatz 1 des Elften Buches Sozialgesetzbuch).

(5) (weggefallen)

(1) Örtlich zuständig ist das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat; steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen. Klagt eine Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts, in Angelegenheiten nach dem Elften Buch Sozialgesetzbuch ein Unternehmen der privaten Pflegeversicherung oder in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts oder des Schwerbehindertenrechts ein Land, so ist der Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Beklagten maßgebend, wenn dieser eine natürliche Person oder eine juristische Person des Privatrechts ist.

(2) Ist die erstmalige Bewilligung einer Hinterbliebenenrente streitig, so ist der Wohnsitz oder in Ermangelung dessen der Aufenthaltsort der Witwe oder des Witwers maßgebend. Ist eine Witwe oder ein Witwer nicht vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die jüngste Waise im Inland ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort hat; sind nur Eltern oder Großeltern vorhanden, so ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Eltern oder Großeltern ihren Wohnsitz oder in Ermangelung dessen ihren Aufenthaltsort haben. Bei verschiedenem Wohnsitz oder Aufenthaltsort der Eltern- oder Großelternteile gilt der im Inland gelegene Wohnsitz oder Aufenthaltsort des anspruchsberechtigten Ehemanns oder geschiedenen Mannes.

(3) Hat der Kläger seinen Sitz oder Wohnsitz oder Aufenthaltsort im Ausland, so ist örtlich zuständig das Sozialgericht, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz oder Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(4) In Angelegenheiten des § 51 Abs. 1 Nr. 2, die auf Bundesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat, in Angelegenheiten, die auf Landesebene festgesetzte Festbeträge betreffen, das Sozialgericht, in dessen Bezirk die Landesregierung ihren Sitz hat.

(5) In Angelegenheiten nach § 130a Absatz 4 und 9 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die zur Entscheidung berufene Behörde ihren Sitz hat.

(6) Für Antragsverfahren nach § 55a ist das Landessozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Körperschaft, die die Rechtsvorschrift erlassen hat, ihren Sitz hat.

(7) In Angelegenheiten nach § 7a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftraggeber seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat dieser seinen Sitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz im Ausland, ist das Sozialgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Auftragnehmer seinen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthaltsort hat.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.

(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.

(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.

(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.

(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 164 554 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Pflicht der Beklagten zur Rückerstattung der vom Kläger im Jahr 2006 zwecks Gewährung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen bei der Beklagten zunächst abgerufenen, später aber unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel in Höhe von insgesamt 164 554 Euro.

2

Der Kläger ist als sog Optionskommune nach § 6a SGB II iVm § 1 der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 24.9.2004 (BGBl I 2349) seit dem 1.1.2005 als Träger der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II zugelassen.

3

Unter dem 6.1.2005 schlossen die Beteiligten eine "Verwaltungsvereinbarung über die vom Bund zu tragenden Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende". Diese Vereinbarung lautet auszugsweise:

4

"Präambel

[…]. Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung sind Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen.

        

Abschnitt 1

§ 1 Grundsatz

Der Landkreis ist verpflichtet

1. die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung sowie den wirtschaftlichen und sparsamen Einsatz der vom Bund zu tragenden Aufwendungen sicherzustellen,

2. dem BMWA auf Anforderung zeitnah Prüfungen zu ermöglichen, die eine Beurteilung ermöglichen, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind.

Das BMWA verzichtet unter dieser Voraussetzung - unbeschadet der Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes - grundsätzlich auf eine Prüfung von Einzelnachweisen für die vom Bund zu tragenden Aufwendungen.

        

§ 2 Leistungen zum Lebensunterhalt

(1) Der Bund ermöglicht dem Landkreis vorbehaltlich der Einreichung der erforderlichen Formanträge die Teilnahme am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren). Durch dieses Verfahren ermächtigt der Bund den Landkreis, Bundesmittel auf der Grundlage von § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II und unter Beachtung dieser Verwaltungsvereinbarung sowie der Verfahrensrichtlinien des Bundesministeriums der Finanzen für Mittelverteiler/Titelverwalter zu bewirtschaften und beim Bund abzurufen. Das BMWA behält sich den Widerruf der Ermächtigung vor, soweit der Landkreis diese Vereinbarung oder die Verfahrensrichtlinien nicht beachtet. […].

        

§ 3 Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten

(1) Das BMWA legt nach § 46 Abs. 2 SGB II im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung die Maßstäbe für die regionale Verteilung der Mittel für

1. die Verwaltungskosten für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende

2. die Eingliederung in Arbeit

fest. Unter Berücksichtigung dieser Rechtsverordnung wird dem Landkreis jährlich ein Ermächtigungsrahmen eingeräumt. Der Ermächtigungsrahmen kann schrittweise freigegeben werden. Der Landkreis stellt sicher, dass der freigegebene Ermächtigungsrahmen nicht überschritten wird. […].

(2) Die zugewiesenen Mittel sind von dem Landkreis so zu bewirtschaften, dass eine Bewilligung und Erbringung der einzelnen Leistungen im gesamten Haushaltsjahr gewährleistet ist.

(3) Für das Verfahren der Geldversorgung ist § 2 Abs. 1 und 2 entsprechend anzuwenden, soweit die Besonderheiten der Leistungen nicht entgegenstehen.

        

Abschnitt 2

Berichtspflichten und Finanzkontrolle […]

        

§ 5 Finanzkontrolle

(1) Der Landkreis richtet ein Verwaltungs- und Kontrollsystem ein, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung der vom Bund hinsichtlich der besonderen Einrichtung des Landkreises nach § 6a Abs. 6 SGB II i.V.m. Art. 106 Abs. 8 zu tragenden Aufwendungen sicherstellt (§ 1 Satz 2), und überwacht sein einwandfreies Funktionieren. Um sowohl den Entwicklungsaufwand für die Erarbeitung der Verwaltungs- und Kontrollsysteme zu reduzieren als auch um deren Einheitlichkeit und die Vergleichbarkeit der Ergebnisse sicherzustellen, bietet das BMWA an, kurzfristig gemeinsam mit Vertretern aus Landkreisen und Städten ein einheitliches Verwaltungs- und Kontrollsystem zu erarbeiten.

(2) Soweit sich bei der Prüfung durch das Kontrollsystem, bei der Schlussabrechnung oder bei einer Überprüfung nach § 1 Nr. 2 ergibt, dass Aufwendungen nicht vom Bund gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II zu tragen sind, sind Überzahlungen unverzüglich auf das vom BMWA angegebene Konto zu erstatten.

(3) Der Landkreis übermittelt dem BMWA jährlich zum 28. Februar des Jahres, erstmals im Jahr 2006,

1. eine auf Grundlage der monatlichen Anweisungsnachweise erstellte Schlussrechnung über die Ausgaben für Leistungen zum Lebensunterhalt (§ 2) und Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie Verwaltungskosten (§ 3) im Vorjahr;

2. eine Erklärung, dass die dem BMWA übermittelte Schlussrechnung und die durch die Anweisungen veranlasste Kostentragung des Bundes gemäß § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II für die im Vorjahr angefallenen Aufwendungen des Landkreises ordnungsgemäß erfolgt ist sowie dass der Landkreis zur Sicherung der Ordnungsmäßigkeit ein funktionierendes Verwaltungs- und Kontrollsystem aufweist. Für die Bescheinigung des Landkreises ist das dieser Vereinbarung als Anlage beigefügte Muster zu verwenden;

3. eine kurze Darstellung des Verwaltungs- und Kontrollsystems sowie eine Übersicht über die Ergebnisse der im Vorjahr durchgeführten Kontrollen.

(4) Die Aufsicht der zuständigen Landesbehörde und die Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofs bleiben unberührt."

5

Im Laufe des Jahres 2006 gewährte der Kläger Leistungsberechtigten nach dem SGB II "Selbstvermittlungsprämien" in Höhe von 5900 Euro und Ausbildungskostenzuschüsse in Höhe von 158 654 Euro. Hierfür rief der Kläger bei der Beklagten insgesamt 164 554 Euro im sog "Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen-Verfahren" (HKR-Verfahren) ab.

6

Die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien an Leistungsberechtigte war daran geknüpft, dass Leistungsberechtigte nach dem SGB II sich eigenständig eine mit mindestens 700 Euro monatlich vergütete Beschäftigung suchten, kein Einstiegsgeld bezogen und vor Aufnahme der Tätigkeit einen Antrag beim Kläger stellten. Abhängig von der dann folgenden Beschäftigungsdauer (vier Wochen, sechs bzw zwölf Monate) zahlte der Kläger Selbstvermittlungsprämien in drei Raten zu 100 Euro, 500 Euro und 600 Euro, insgesamt höchstens 1200 Euro an Leistungsberechtigte aus. Ein Leistungsausschluss bestand im Falle einer Einstellung durch ein Personalleasingunternehmen, Verwandte ersten Grades sowie Ehepartner, über Dritte (private Arbeitsvermittler) sowie im Fall einer vorherigen Beschäftigung beim einstellenden Unternehmen innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren.

7

Ausbildungskostenzuschüsse gewährte der Kläger an Ausbildende, die Leistungsberechtigte mit multiplen Vermittlungshemmnissen im Rahmen eines Ausbildungsverhältnisses einstellten. Für die ersten zwölf Monate betrug der Zuschuss 300 Euro monatlich.

8

Auf die mit Schreiben vom 25.4.2007 vom Kläger vorgelegte Schlussrechnung betreffend die im Jahr 2006 zwecks Leistungserbringung geleisteten Ausgaben lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 25.9.2008 die Übernahme der Kosten für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse ab und forderte den Kläger zur Erstattung der aus diesem Grund abgerufenen Mittel auf. Das SGB II sehe für die Erbringung von Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüssen keine Rechtsgrundlage vor. Nach weiterem Schriftwechsel zwischen den Beteiligten kündigte die Beklagte für den Fall der Säumigkeit des Klägers mit Schreiben vom 21.10.2008 an, unverzüglich finanzsichernde Maßnahmen zu ergreifen, etwa die Erhebung einer Leistungsklage oder die Aufrechnung mit Forderungen des Klägers. Zu prüfen sei auch, ob der Kläger von der Teilnahme am HKR-Verfahren auszuschließen sei. Der Kläger beglich die Forderung der Beklagten daraufhin am 11.11.2008 unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht.

9

Die unter dem 18.11.2008 beim SG erhobene Klage auf Rückerstattung der gezahlten Summe ist erfolglos geblieben (Urteil vom 4.6.2009). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass dem Kläger gegenüber der Beklagten kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch zustehe. Die Beklagte habe die Zahlung des Klägers nicht ohne Rechtsgrund erhalten, da ihr nach § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ein Anspruch auf Erstattung der für Selbstvermittlungsprämien und Ausbildungskostenzuschüsse abgerufenen Mittel zustehe. Bei ihnen handele es sich nicht um gesetzliche Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

10

Auf die Berufung des Klägers hat das LSG (Urteil vom 3.5.2012) die angefochtene Entscheidung geändert und die Beklagte zur Rückerstattung der vom Kläger gezahlten Summe nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit verurteilt. Dem Kläger stehe ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch auf Rückzahlung der unter dem 11.11.2008 erbrachten Zahlung bezüglich der Selbstvermittlungsprämien und der Ausbildungskostenzuschüsse gegen die Beklagte zur Seite, da die Beklagte die Zahlung des Klägers ohne Rechtsgrund erlangt habe. Die Beklagte könne sich trotz der in verfassungsrechtlich zulässiger Weise geschlossenen Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten nicht auf deren § 5 Abs 2 berufen. Diese Vereinbarung weise zwar materiellen Gehalt auf, denn Voraussetzung einer Erstattungspflicht hinsichtlich Überzahlungen sei, dass es sich bei den vom Kläger gemachten Aufwendungen um solche der Grundsicherung iS des § 6b Abs 2 SGB II handele. Dies sei zu bejahen, da es nicht darauf ankomme, ob die gewährten Leistungen rechtmäßig oder rechtswidrig gewesen seien. Die Selbstvermittlungsprämien seien rechtswidrig gewährt worden, da derartige Leistungen nicht mit den Leistungsgrundsätzen der §§ 1, 3 SGB II vereinbar seien, wie das LSG Nordrhein-Westfalen und auch das SG Detmold bereits entschieden hätten. Ob die Gewährung der Ausbildungskostenzuschüsse von der Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II gedeckt sei oder eine unzulässige Aufstockung der Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II darstelle, könne dahingestellt bleiben, denn auch im Falle einer rechtswidrigen Gewährung stehe der Beklagten kein Rechtsgrund zum Behaltendürfen der Zahlung zu. Die Finanzierungslast des Bundes sei nicht allein auf rechtmäßige Aufwendungen beschränkt. Hierfür spreche der Zusammenhang mit der Finanzierungsregelung in § 46 SGB II, die keine Beschränkung auf materiell rechtmäßige Leistungen vorsehe. Zu beachten sei auch, dass nach allgemeinen Verwaltungsrechtsgrundsätzen bindend gewordene rechtswidrige Leistungsbewilligungen gesetzliche Leistungen iS des § 31 SGB I seien. Die vom Kläger gewährten Eingliederungsmaßnahmen seien offenkundig im Außenverhältnis mit bindender Wirkung bewilligt worden. Auch aus Art 106 Abs 8 GG könne die Beklagte keinen Anspruch herleiten, da sich aus dem dort geregelten Aufwendungsausgleichsanspruch einer Kommune gegenüber dem Bund nicht zugleich ergebe, dass die Kommune dem Bund im Falle einer gesetzwidrigen Aufwendung hafte. Aus Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG ergebe sich eine über das Bund-/Länder-Verhältnis hinausgehende Haftungsregelung, die sinngemäß auf die vorliegende Konstellation zu übertragen sei. Danach beschränke sich die Haftung des Klägers auf vorsätzliche oder grob fahrlässige Pflichtverletzungen. Das Verhalten des Klägers erweise sich vor dem Hintergrund einer geläuterten Rechtsauffassung erst nachträglich als rechtswidrig. Dies reiche für die Annahme einer Haftung im Sinne der Haftungskernrechtsprechung nicht aus. Dahingestellt bleiben könne, ob die Auffassung zutreffe, ein Anspruch der Beklagten könne niemals bestehen, wenn er von vornherein Prüfungsrechte voraussetze, die nach den grundgesetzlichen Verwaltungskompetenzen ausgeschlossen seien. Der Beklagten stehe auch kein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch gegen den Kläger zu. Offen bleiben könne, ob ein solcher Anspruch bereits durch Art 104a Abs 5 GG im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG gesperrt sei. Jedenfalls habe der Kläger die im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel aus den angeführten verfassungsrechtlichen Erwägungen heraus mit Rechtsgrund erhalten. Eine Zweckverfehlung liege nicht vor, da es sich bei den streitigen Leistungen um Eingliederungsleistungen nach §§ 14 ff SGB II unabhängig davon handele, ob im Hinblick auf § 16 SGB II eine rechtswidrige Leistungsgewährung erfolgt sei. Aus § 6b Abs 5 SGB II könne die Beklagte nichts für sich herleiten, da diese Bestimmung erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten sei. Das LSG hat die Revision zugelassen.

11

Mit ihrer Revision vom 26.9.2012 gegen das am 30.8.2012 zugestellte Urteil rügt die Beklagte eine Verletzung von Bundesrecht, nämlich der § 6b Abs 2 S 1 SGB II, § 31 SGB I, Art 104a Abs 5 S 1, Art 106 Abs 8 GG sowie schließlich des allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Das LSG verkenne, dass dem Kläger die im HKR-Verfahren zugewiesenen Bundesmittel vermögensrechtlich nicht endgültig zugewiesen seien, sondern unter dem Vorbehalt der späteren Nachprüfung gemäß § 1 der Verwaltungsvereinbarung stünden und lediglich von ihm bewirtschaftet würden. Insoweit sei es nicht die Beklagte, der ein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der an sie unter Vorbehalt zurückgezahlten Mittel zur Seite stehen müsse, sondern dem Kläger ein Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Unerheblich sei, ob der Kläger Leistungen mit Bindungswirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt habe. Dieser Umstand betreffe allein das Außenverhältnis, nicht hingegen das für die Finanzierungslast maßgebliche Innenverhältnis der Träger untereinander. Die Bestimmungen der §§ 44 ff SGB X dienten dem Vertrauensschutz der Leistungsberechtigten, nicht dem der Bewilligungsbehörde. Die Finanzierungslast des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II, die gegenüber der Regelung in § 46 SGB II eigenständig sei, beschränke sich auf materiell rechtmäßige Aufwendungen der zugelassenen kommunalen Träger. Aus dem Fehlen einer ausdrücklichen Normierung eines Erstattungsanspruchs könne nicht gefolgert werden, dass sich die Finanzierungslast des Bundes auch auf rechtswidrig gewährte Leistungen erstrecke. Dies folge auch aus § 31 SGB I. Die Finanzierungslast sei nicht entsprechend § 46 Abs 1 S 1 SGB II zu behandeln, da § 46 SGB II lediglich die Finanzierungszuständigkeit regele, nicht hingegen den Umfang der zu tragenden Aufwendungen. Aus dem Fehlen direkter Aufsichtsbefugnisse der Beklagten gegenüber zugelassenen kommunalen Trägern könne ebenfalls nicht geschlossen werden, dass die Finanzierungslast des Bundes auch rechtswidrig gewährte Leistungen umfasse bzw der Beklagten kein Erstattungsanspruch zustehe. Zudem sprächen der Wortlaut des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ("die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende"), Sinn und Zweck der Vorschrift wie auch der gesetzessystematische Zusammenhang mit § 31 SGB I für eine Beschränkung der Finanzierungslast der Beklagten auf Aufwendungen der kommunalen Träger, die von Rechtsgrundlagen im SGB II gedeckt seien. Die kommunalen Träger dürften hinsichtlich der Gesetzesanwendung nicht freier gestellt werden als die BA. Dass die BA bei der Gewährung von Leistungen keine Erstattungspflicht treffe, sei sachlich gerechtfertigt, denn die Finanzbeziehung der Beklagten zu dieser beruhe nicht - wie bei kommunalen Trägern - auf Art 106 Abs 8 GG. Zudem seien die Aufsichtsbefugnisse unterschiedlich ausgestaltet. Gegenüber den Kommunen stehe der Beklagten - anders als gegenüber der BA gemäß § 47 SGB II - keine Weisungsbefugnis zu und somit auch keine unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit zwecks Beendigung rechtswidrigen Verhaltens. Lediglich der Bundesrechnungshof sei zur Prüfung befugt. Dem Kläger stünde es frei, im SGB II nicht vorgesehene Leistungen zu erbringen. Eine Erstattung der Aufwendungen hierfür könne allerdings nicht verlangt werden, denn der Beklagten solle durch § 6b SGB II nicht das finanzielle Risiko einer Falschanwendung des SGB II aufgebürdet werden. Anderenfalls könne der Kläger ohne jedes Risiko rechtswidrige Maßnahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu Lasten der Beklagten beschließen. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei verfassungskonform im Lichte des Art 106 Abs 8 GG auszulegen. Art 104a Abs 5 GG komme als Haftungsgrundlage nicht in Betracht, da diese Vorschrift von der Zweistufigkeit der Finanzverfassung ausgehe.

12

Die Haftungskernrechtsprechung des BSG und des BVerwG sei auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragbar. Es gehe nicht um die Haftung einer Optionskommune, sondern um die Erstattungspflicht des Bundes. Das Urteil des LSG beruhe auf dieser fehlerhaften Gesetzesanwendung. Der Kläger habe durch eine Vermögensverschiebung, dh eine Leistung der Beklagten zugunsten des Klägers durch Schaffung einer Möglichkeit zum Mittelabruf, die von ihm im HKR-Verfahren tatsächlich abgerufenen Bundesmittel erlangt und so sein wirtschaftliches Vermögen vermehrt. Dies sei ohne Rechtsgrund erfolgt, da § 6b Abs 2 S 1 SGB II keine pauschale Mittelbereitstellung vorsehe, die zum Zeitpunkt der Mittelbereitstellung noch keinem konkret Letztberechtigten zugeordnet sei. Vielmehr folge § 6b SGB II dem Gedanken der Aufwendungserstattung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus § 2 Abs 1 S 2 iVm § 3 Abs 3 der Verwaltungsvereinbarung. Die Auffassung der Beklagten werde durch § 7 iVm § 34 BHO bestätigt. Auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB könne sich der Kläger als "öffentliche Hand" nicht berufen. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch werde auch nicht durch Art 104a Abs 5 S 1 GG gesperrt, da sich ein Haftungsverhältnis im Sinne dieser Norm auf das Verhältnis Bund-Land beschränke.

13

Der Erstattungsanspruch der Beklagten folge zudem aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Dort seien Voraussetzungen als auch die Rechtsfolge eines materiellen Anspruchs festgelegt. Dies folge bereits aus dem Wortlaut dieser Bestimmung. Dem stehe auch die Anknüpfung an § 6b Abs 2 S 1 SGB II nicht entgegen, denn dort sei kein Erstattungsanspruch geregelt. Auch § 5 Abs 4 der Verwaltungsvereinbarung spreche nicht gegen die Existenz eines materiellen Anspruchs in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung. Der Anspruch aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung beschränke sich auch nicht auf die Erstattung der in § 16 Abs 2 S 2 Nr 1 bis 4, § 22 und § 23 Abs 3 SGB II genannten Leistungen. Die verfassungsrechtliche Unzulässigkeit von Prüfbefugnissen des Bundes lasse nicht auf das Fehlen eines Erstattungsanspruches schließen.

14

Das LSG habe zumindest einen Rückforderungsanspruch aus Art 106 Abs 8 GG bejahen müssen. Diese Norm begründe einen verfassungsunmittelbaren Ausgleichsanspruch des Bundes für Überzahlungen gegenüber den Optionskommunen als "umgekehrter Leistungsanspruch". Nur so könne die materielle Beschränkung der Ausgleichsbefugnis des Bundes in Art 106 Abs 8 GG wirksam gewährleistet werden. Ein Verschulden aufseiten der Optionskommune als Anspruchsbeschränkung sehe dieser Anspruch des Bundes nicht vor. Die Begrenzung der Haftung für rechtswidriges Verwaltungshandeln auf die Fälle vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzungen sei nicht Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der auf den hier zu beurteilenden Fall übertragbar wäre. Vielmehr beschränke sich dieser Kernbereich der Haftung auf die Fälle des Art 104a Abs 5 S 1 Halbs 2 GG und damit - der Rechtsprechung des BVerwG folgend - auf die Finanzbeziehungen gemäß Art 104a GG.

15

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. Mai 2012 zu ändern und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 4. Juni 2009 zurückzuweisen.

16

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

17

Er trägt vor, dass die Rechtsauffassung der Beklagten den Kläger einem unangemessenen Risiko aussetze, mit seinen sonstigen Haushaltsmitteln für ein der Leistungsgewährung immanentes Risiko einstehen zu müssen. Dem Kläger habe ein ursprünglicher, mit dem Mittelabruf bei der Beklagten im HKR-Verfahren erfüllter Anspruch gegen die Beklagte aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II auf Erstattung seiner Aufwendungen zugestanden. Die von ihm getätigten Aufwendungen seien der Aufgabenerfüllung nach dem SGB II zuzuordnen, wenn sie auch vom LSG im Einzelnen als rechtswidrig eingestuft worden seien. Die Kostentragungslast der Beklagten aus § 6b Abs 2 S 1 SGB II erfasse in Übereinstimmung mit Art 106 Abs 8 GG auch Aufwendungen für rechtswidrige Maßnahmen, soweit sie in einem unmittelbaren inneren und äußeren Zusammenhang mit der Aufgabenerfüllung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende stehe. § 6b Abs 2 S 1 SGB II sei aufgaben- und nicht maßnahmenbezogen auszulegen. Insoweit verbiete sich die Gleichsetzung von Aufgabenerfüllung nach dem SGB II mit der rechtmäßigen Gewährung von Leistungen nach §§ 14 ff SGB II.

18

Zu beachten sei bei der Auslegung des Gesetzes auch die Experimentierklausel des § 6a Abs 1 SGB II. Aus deren Wortlaut sowie ihrem Sinn und Zweck folge, dass nicht nur verwaltungsorganisatorische Modelle im Wettbewerb stünden, sondern auch die inhaltliche Arbeit der Grundsicherungsträger. In sich widersprüchlich sei, wie inhaltlich identische Eingliederungsmaßnahmen in Wettbewerb zueinander treten sollten. Anderenfalls sei die Experimentierklausel funktionslos. Eine Weiterentwicklung sei nur möglich, wenn ein Entwicklungsspielraum bestehe. Gerade die Leistungsberechtigten nach dem SGB II bedürften dem individuellen Bedarf angepasste Leistungen, die nicht in ein starres Schema gepresst werden könnten. Demgegenüber seien die Leistungen nach dem SGB III für Kurzzeitarbeitslose konzipiert. § 31 SGB I stehe der klägerischen Auslegung der Experimentierklausel nicht entgegen, denn zum einen stelle § 6a Abs 1 S 2 SGB II das Gesetz dar, welches experimentelle Eingliederungsleistungen zulasse. Dass einzelne Kommunen ein anderes Förderkonzept entwickelten, sei also gesetzlich vorgesehen. Zum anderen setze sich die Rechtswirksamkeit einer Leistungsbewilligung unabhängig von deren Rechtmäßigkeit gegenüber Leistungsempfängern im Innenverhältnis zwischen Aufgaben- und Ausgabenträger fort. Anderenfalls werde eine Optionskommune dem Risiko ausgesetzt, der Beklagten Rückzahlungen leisten zu müssen, obwohl sie keine Möglichkeit habe, die bewilligten Leistungen nach §§ 45, 48 SGB X zurückzufordern. Aus Art 20 Abs 3 GG und dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folge nicht, dass ein rechtswidriges Handeln im Einzelfall auf Ebene des Leistungsrechts nicht als Aufgabenerfüllung anzusehen wäre. Zwar könne sich daraus grundsätzlich auch ein Haftungsanspruch ergeben. Dieser könne sich aber finanzverfassungsrechtlich nur nach Art 104a Abs 5 GG richten. Eine anderweitige Haftung für fehlerhaftes, vom Bund finanziertes Verwaltungshandeln sehe das GG nicht vor. Daraus folge, dass entweder eine Haftung nur im Sinne des Haftungskerns bestehe oder überhaupt keine zwischen dem Kläger und der Beklagten, sondern zwischen der Beklagten und dem Land Nordrhein-Westfalen. Art 106 Abs 8 GG dürfe nicht in einer Art und Weise ausgelegt werden, die in Widerspruch zu den Wertungen des Art 104a GG stünde. Aus der Verwaltungsvereinbarung folge ebenfalls kein Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, da diese Vereinbarung keine Ansprüche begründe, sondern lediglich Verfahrensregelungen treffe. Die durch Einfügung des Art 91e GG und § 6b Abs 5 SGB II mit Wirkung zum 1.1.2011 geschaffene Rechtslage bestätige die Rechtsauffassung des Klägers.

19

Der von der Beklagten behauptete Rückforderungsanspruch trete zudem neben die normativ unberührt bleibende Aufsicht der zuständigen Landesbehörde, die auch nicht lückenhaft, sondern umfassend sei. Die Rechtmäßigkeitsprüfung der Beklagten habe den Charakter einer repressiven Aufsichtsmaßnahme. Dies entwerte die Aufsichtsbefugnisse des Landes nach § 47 Abs 2 SGB II. Der Kläger könne, träfe die Rechtsauffassung der Beklagten zu, seiner eigenen Rechts- und Fachaufsicht nicht mehr vertrauen, sondern müsse sich der zusätzlichen faktischen Rechtsaufsicht der Beklagten unterwerfen. Hinzu komme, dass das BMAS es in der Vergangenheit abgelehnt habe, einzelne Maßnahmen und Leistungen im Vorweg auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen und den Optionskommunen eine verbindliche Rechtsauffassung mitzuteilen.

20

Die gewährten Ausbildungskostenzuschüsse seien rechtmäßig. Letztere hätten rechtmäßig nach § 16 Abs 2 SGB II aF bewilligt werden können. Nach dem Wortlaut dieser Vorschrift habe kein Vorrang-Nachrang-Verhältnis zu den Leistungen nach § 16 Abs 1 SGB II bestanden. Gegenüber den Ausbildungskostenzuschüssen nach §§ 235 ff SGB III habe es sich um andere Leistungen im Sinne eines "aliud" gehandelt, da sie sich an einen anderen Personenkreis gerichtet und daher keine Leistungen nach dem SGB III aufgestockt hätten. Dementsprechend entfalteten die §§ 235 ff SGB III keine Sperrwirkung gegenüber den vom Kläger geleisteten Ausbildungskostenzuschüssen.

21

Auch die gewährten Selbstvermittlungsprämien seien rechtmäßig. Die zum SGB III entwickelten Grundsätze seien auf das SGB II nicht übertragbar. Das Alg II sei, anders als das Alg I, in seiner Höhe nicht von einer persönlichen Leistungserbringung der Arbeitsuchenden abhängig. Dies eröffne einen Spielraum für zusätzliche Anreizsysteme, um die Eigeninitiative auf ein Maß auszudehnen, welches über das Sanktionensystem des § 31 SGB II nicht erreicht werden könne. Die Beklagte verhalte sich zudem widersprüchlich, da sie in ihrer Arbeitshilfe zu sonstigen weiteren Leistungen selbst "Prämien als Anreiz für selbstgesuchte Arbeit/betriebliche Ausbildung" genannt habe.

Entscheidungsgründe

22

Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.

23

1. a) Das BSG ist als Revisionsgericht zur Entscheidung über den vorliegenden Rechtsstreit berufen. Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG gemäß § 39 Abs 2 SGG ist hingegen nicht gegeben. Nach § 39 Abs 2 S 1 SGG wäre das BSG im ersten und letzten Rechtszug zur Entscheidung über Streitigkeiten nicht verfassungsrechtlicher Art zwischen dem Bund und den Ländern in den in § 51 SGG genannten Angelegenheiten berufen. An diesen Voraussetzungen fehlt es hier.

24

Zwar sind die Kommunen - wie hier der klagende Landkreis - im nach dem GG zweigegliederten Verfassungsstaat rechtlich den Bundesländern zuzuordnen (Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Vor Art 104a RdNr 1). Entscheidend für eine erstinstanzliche Zuständigkeit des BSG - wie auch für die entsprechenden Streitigkeiten gemäß § 50 VwGO vor dem BVerwG - ist jedoch die formale Beteiligtenstellung als Bundesland, was eine Beteiligtenstellung von Kommunen in Streitigkeiten nach § 39 Abs 2 S 1 SGG ausschließt(vgl Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 24. Aufl 2012, § 50 RdNr 8). Klagt also eine Kommune einen ihr vermeintlich zustehenden Anspruch gegenüber dem Bund ein, sind hierfür die Sozialgerichte sachlich und in erster Instanz zuständig (vgl § 8 SGG). So liegt es auch hier.

25

Die durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.3.2011 (BGBl I 453) mit Wirkung vom 1.4.2011 in § 29 Abs 2 Nr 3 SGG eingefügte Zuweisung von Klagen in Angelegenheiten der Erstattung von Aufwendungen nach § 6b SGB II an die Landessozialgerichte, die in erster Instanz zu entscheiden haben, hat keinen Einfluss auf das hier geführte Verfahren. Denn auf vor Inkrafttreten dieses Gesetzes bereits anhängige Klagverfahren - der Anspruch des Klägers wurde am 18.11.2008 beim SG anhängig gemacht - wirkt sich eine Änderung der (instanziellen) Zuständigkeit gemäß dem Grundsatz der perpetuatio fori (vgl § 98 SGG iVm § 17 Abs 1 S 1 GVG) nicht aus (Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 29 RdNr 4).

26

b) Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 SGG statthaft und auch im Übrigen zulässig. Der Durchführung eines Vorverfahrens gemäß §§ 77 ff SGG bedurfte es nicht, da ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X zwischen den Beteiligten nicht zu ergehen hatte(vgl hierzu Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 522) und nicht ergangen ist.

27

2. Die Revision ist indes nicht begründet. Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung von 164 554 Euro zu. Dieser Anspruch folgt aus dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch, denn der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Erstattung gegenüber dem Kläger zu. Zwar wäre ein solcher Erstattungsanspruch weder durch den in Art 104a Abs 5 GG normierten Haftungsanspruch noch durch andere Erstattungsregelungen ausgeschlossen. Es fehlt aber zum Teil an einem Rechtsgrund für das Behaltendürfen der Zahlung des Klägers, zum Teil an einem vorwerfbaren Verhalten des Klägers.

28

a) Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch ist ein aus den Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der nach dem Rechtsstaatsprinzip (Art 20 Abs 3 GG) gewährleisteten Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts (stRspr, vgl zB BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153; BSG Urteil vom 22.7.2004 - B 3 KR 21/03 R - BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2; BSG Urteil vom 28.10.2008 - B 8 SO 23/07 R - BSGE 102, 10 = SozR 4-2500 § 264 Nr 2; BSG Urteil vom 27.8.2011 - B 4 AS 1/10 R - BSGE 109, 70 = SozR 4-4200 § 16 Nr 9; aus der Literatur zB Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1239). Mit ihm soll eine dem materiellen Recht widersprechende Vermögensverschiebung wieder rückgängig gemacht werden können. Soweit eine spezialgesetzliche Regelung - wie zB in dem mit Wirkung zum 1.1.2011 in § 6b Abs 5 SGB II eingefügten Erstattungsanspruch - nicht existiert, entsprechen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs(stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 13.4.2011 - B 14 AS 98/10 R - BSGE 108, 116 = SozR 4-4200 § 16 Nr 7, RdNr 14; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 13 mwN; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 21; Luik, jurisPR-SozR 6/2013, Anm 1). Abweichungen von den zivilrechtlich anerkannten Grundsätzen sind für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch nur dann anzuerkennen und erforderlich, wenn und soweit dort eine andere Interessenbewertung geboten ist (BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153).

29

Der allgemeine öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch setzt voraus, dass in einer als öffentlich-rechtlich einzustufenden Rechtsbeziehung eine nicht mit der objektiven Rechtslage übereinstimmende Vermögensverschiebung stattgefunden hat und dem Anspruchsgegner kein Rechtsgrund zur Seite steht, das aufgrund der Vermögensverschiebung Erlangte behalten zu dürfen. Kennzeichnend für einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch ist nicht die Rechtswidrigkeit der Handlung, sondern die Rechtsgrundlosigkeit der Vermögensverschiebung (Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1236; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513, 515). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben.

30

Die zwischen den Beteiligten bestehende Rechtsbeziehung ist, da sie allein von Vorschriften des öffentlichen Rechts beherrscht wird, dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl allg Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 159; Henneke, DÖV 2012, 165, 174). Das Vermögen der Beklagten ist auch im Sinne einer Vermögensverschiebung gemehrt worden. Die Beklagte hat durch die unter Vorbehalt und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolgte Zahlung des Klägers am 11.11.2008 etwas erlangt, nämlich eine Gutschrift in Höhe desjenigen Betrages, welchen der Kläger ihr überwiesen hat. Dass der Kläger diesen Betrag zuvor selbst im HKR-Verfahren abgebucht hat, steht dem nicht entgegen, denn rechtlich maßgeblich für die Betrachtung der Vermögensmehrung ist der jeweils einzelne Zahlungs-/Buchungsvorgang. Die Gutschrift hat die Beklagte ohne Rechtsgrund erlangt. Diese Vermögensverschiebung widersprach der objektiven Rechtslage. Die vom Kläger zunächst im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel standen vermögensrechtlich betrachtet dem Kläger zu, denn sie waren ihm seitens des Bundes nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II(idF des Ersten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 22.12.2005, BGBl I 3675) bzw nach Art 106 Abs 8 GG zu gewähren.

31

b) Der Beklagten steht ihrerseits kein Anspruch auf Rückzahlung der im HKR-Verfahren abgerufenen Mittel gegenüber dem Kläger zu.

32

aa) Für das hier maßgebliche Jahr 2006 kommt zunächst § 6b Abs 5 SGB II als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht. Diese Vorschrift stellt zwar eine besondere Kodifizierung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs für das Haftungsverhältnis zwischen dem Bund und den Optionskommunen dar (BT-Drucks 17/1555 S 16; Schumacher in Oestreicher, SGB II/XII, § 6b RdNr 5 [Stand: 10/2012]). Sie ist jedoch gemäß Art 3 des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112) erst zum 1.1.2011 in Kraft getreten und zeitigt für den hier zu beurteilenden Fall keine Wirkungen.

33

bb) Ein Erstattungsanspruch der Beklagten folgt hier auch nicht aus §§ 102 ff SGB X, denn vorliegend geht es nicht etwa um das Erstattungsverhältnis mehrerer Sozialleistungsträger untereinander hinsichtlich der Frage, wer letztlich gegenüber einem Leistungsberechtigten Sozialleistungen zu erbringen hat, sondern ausschließlich um die (Re-)Finanzierung der erbrachten Sozialleistungen im Innenverhältnis(vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 15). Da die Optionskommunen als im sozialrechtlichen Außenverhältnis alleiniger Sozialleistungsträger nicht nur für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 2, sondern auch für die sich aus § 6 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB II ergebenden Aufgaben zuständig sind(vgl § 6b Abs 1 SGB II) und lediglich die Finanzierung der Aufgaben nicht allein durch die Optionskommunen erfolgt, steht hier kein Konkurrenzverhältnis zweier Sozialleistungsträger im Außenverhältnis infrage. Der Bund als die Optionskommunen (mit-)finanzierende Körperschaft tritt nur in dieser Funktion in das Geschehen, nicht hingegen als Sozialleistungsträger iS des § 12 S 1 SGB I.

34

cc) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten gegenüber dem Kläger folgt nicht aus § 5 Abs 2 der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung. Offen bleiben kann insoweit, ob hinsichtlich der Ausgestaltung einer Finanzbeziehung nach Art 106 Abs 8 GG wie auch hinsichtlich einer eventuell bestehenden Ausgleichspflicht der Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zwischen den Beteiligten überhaupt zulässig ist (bejahend zB Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, 68. Aufl 2013, Art 106 RdNr 101; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 9; wohl auch Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 56; ablehnend Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 49). Jedenfalls stellt § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung schon keine Anspruchsgrundlage materiellen Inhalts dar, auf welche sich die Beklagte stützen könnte, um den Erhalt der Zahlung dauerhaft zu rechtfertigen. Der Vertragsbestimmung kommt lediglich der Charakter einer Verfahrensvorschrift zu. Bereits der Wortlaut der Vorschrift legt nahe, dass eine Erstattung des Klägers gegenüber der Beklagten von der nach § 6b Abs 2 S 1 SGB II aF maßgeblichen Rechtslage und damit von einer korrekten vermögensrechtlichen Zuordnung der gewährten Mittel zum Bund abhängig ist(vgl Henneke, Der Landkreis 2012, 553). Allein die verfahrensrechtlichen Modalitäten einer Erstattung (Zahlungszeitpunkt, Konto) sind eigenständig in § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung geregelt. Dasselbe folgt aus einer systematischen Betrachtung der Vorschrift. So weist die Präambel der Verwaltungsvereinbarung darauf hin, dass Gegenstand der Verwaltungsvereinbarung "Verfahrensregelungen hinsichtlich der vom Bund zu tragenden Aufwendungen" sind. Dass gemäß § 5 Abs 4 die Prüfungsbefugnisse des Landes sowie des Bundesrechnungshofes unberührt bleiben sollen, spricht bei systematischer Betrachtung des § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung ebenfalls gegen das Bestehen eines Erstattungsanspruchs aus § 5 Abs 2 der Verwaltungsvereinbarung, denn eine eigenständige Feststellung einer Überzahlung durch die Beklagte wäre eine unmittelbare Einflussnahme auf den Kläger in seiner Funktion als Sozialleistungsträger und käme einer aus Sicht des Klägers zusätzlichen und nach dem Gesetz nicht vorgesehenen Aufsicht des Bundes gegenüber dem Kläger gleich(LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 19.4.2012 - L 6 AS 16/09 - juris RdNr 37 mwN).

35

dd) Ein Zahlungsanspruch der Beklagten ergibt sich - entgegen der Auffassung der Beklagten - auch nicht unmittelbar aus Art 106 Abs 8 GG. Diese Norm stellt keine Rechtsgrundlage für die Rückforderung von den Optionskommunen bereitgestellten Mitteln zur Aufgabenwahrnehmung nach dem SGB II dar. Es entspricht zwar der vorherrschenden Meinung in der Literatur, dass die nach § 6b Abs 2 SGB II erfolgende Tragung der Aufwendungen aufgrund des verfassungsrechtlich prinzipiell bestehenden Verbots von Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und Gemeinden bzw Gemeindeverbänden bis zum 31.12.2010 allein auf Grundlage des Art 106 Abs 8 GG vonstattengehen konnte. Aus der ausnahmsweisen Zulässigkeit einer direkten Finanzbeziehung zwischen den Beteiligten ist jedoch nicht auch der Schluss zu ziehen, die eine Finanzierung erlaubende Norm beinhalte zugleich eine Rechtsgrundlage für einen (öffentlich-rechtlichen) Erstattungsanspruch oder gar eine Haftungsnorm. Derartiges lässt sich weder dem Wortlaut der Norm, der Systematik des Gesetzes noch dem Sinn und Zweck der Vorschrift entnehmen. Art 106 Abs 8 GG schafft seinem Wortlaut sowie seinem Sinn und Zweck nach einen Anspruch auf Ausgleich von Sonderbelastungen der Kommunen bzw Kommunalverbänden. Eine Rückabwicklung des Sonderbelastungsausgleichs ist - anders als dies explizit in Art 104a Abs 5 S 1 GG für die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern und nun auch in Art 91e GG iVm einem Ausführungsgesetz vorgesehen ist - nicht normiert worden. Gerade diese Nichtnormierung eines Erstattungs- oder Haftungsanspruchs lässt auf ein beredtes Schweigen des Verfassungsgebers im Rahmen des Art 106 Abs 8 GG schließen. Hiermit unvereinbar ist es, wenn man Art 106 Abs 8 GG - wie es die Beklagte vorträgt - zugleich eine Haftungsregelung als Korrelat der Finanzierungsbefugnis entnehmen möchte.

36

ee) In Betracht kommt lediglich ein Anspruch auf Zahlung aufgrund eines daneben anwendbaren allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Doch auch ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch steht der Beklagten im Ergebnis nicht als Rechtsgrund gegenüber dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch zur Seite.

37

(1) Die Anwendbarkeit der Grundsätze des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im hier zu beurteilenden Fall ist nicht etwa deswegen ausgeschlossen, weil sich eine zwischen dem Kläger und der Beklagten bestehende Haftungsbeziehung ausschließlich nach Art 104a Abs 5 S 1 GG richtete. Die durch das Finanzreformgesetz vom 12.5.1969 (BGBl I 359) in das GG eingefügte Bestimmung des Art 104a Abs 5 S 1 GG stellt zwar eine unmittelbar geltende sondergesetzliche Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Vermögensschäden dar, die durch fehlerhaftes Verwaltungshandeln entstanden sind (BVerfG Urteil vom 17.10.2006 - 2 BvG 1/04, 2 BvG 2/04 - BVerfGE 116, 271, 318 = juris RdNr 121 ff; BVerwG Urteil vom 18.5.1994 - 11 A 1/92 - BVerwGE 96, 45; BVerwG Urteil vom 30.11.1995 - 7 C 56/93 - BVerwGE 100, 56; Siekmann in Sachs, GG, 6. Aufl 2011, Art 104a RdNr 47; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 68; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 317 ff [Stand: 5/2003]; Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11), ohne dass es eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG bedürfte. Sie verdrängt andere Haftungs- und Erstattungsgrundlagen indes nur im Rahmen ihres eigenen Anwendungsbereichs. Dies steht in Einklang mit der Rechtsprechung des 1. Senats des BSG. Dieser hat klargestellt, dass die Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs im Falle des Vorliegens eines Haftungsverhältnisses iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG nicht in Betracht kommt (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 59).

38

Das Haftungsverhältnis iS des Art 104a Abs 5 S 1 GG ist - auch mangels eines Ausführungsgesetzes gemäß Art 104a Abs 5 S 2 GG - auf eine Haftung zwischen Bund und Ländern beschränkt. Auf eine Haftung zwischen Bund und Kommunen bzw ihren Verbänden ist Art 104a Abs 5 S 1 GG dementsprechend nicht unmittelbar anwendbar (Henneke in Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl 2011, Art 104a RdNr 42; Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 169, 171; Prokisch in Bonner Kommentar zum GG, Art 104a RdNr 323 f, 349 [Stand: 5/2003]; vgl auch Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 104a RdNr 55; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 163). Dem GG ist nicht zu entnehmen, dass die Haftung nach Art 104a Abs 5 GG als im Rahmen der Finanzverfassung vollständig abschließende Regelung der Erstattungs- und Haftungsbeziehungen zu verstehen ist (vgl BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153). Sie bezieht sich lediglich auf die in den vorstehenden Absätzen des Art 104a GG umschriebenen Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Ländern (BVerwG Urteil vom 27.3.1980 - IV A 1.77 - juris RdNr 19; aA Hellermann in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 104a RdNr 171).

39

In der hier vorliegenden und durch die Beteiligung anderer als allein des Bundes und eines Landes gekennzeichneten Erstattungsbeziehung bleibt mangels eines Ausführungsgesetzes nach Art 104a Abs 5 S 2 GG Raum für die grundsätzliche Anwendung des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs. Eine Finanzbeziehung iS des Art 104a GG liegt zwischen den Beteiligten nicht vor, denn die Finanzierung der Optionskommunen als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende richtete sich bis zum 31.12.2010 allein nach Art 106 Abs 8 GG (Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63). Diese Norm stellt eine Durchbrechung der in Art 104a GG vorgesehenen Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern dar (Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1200 [Stand: 11/2002]). Dass der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Fallgestaltungen wie der vorliegenden weiter anwendbar bleibt, wird bestätigt durch die Gesetzgebungsmaterialien zum Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3.8.2010 (BGBl I 1112), wenn dort die Einfügung des § 6b Abs 5 SGB II als eine klarstellende gesetzliche Verankerung des allgemein gewohnheitsrechtlich anerkannten öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs zwischen dem Bund und Kommunen bzw Kommunalverbänden angesehen wird(BT-Drucks 17/1555 S 16).

40

(2) Der Kläger hat die von ihm zunächst abgerufenen Mittel mit Rechtsgrund erhalten, denn sie waren ihm vermögensrechtlich endgültig zugeordnet. Die Zuordnung der im HKR-Verfahren bereitgestellten Mittel richtet sich nach der rechtlichen Grundlage der Finanzierung der Aufgaben der Optionskommunen. Die Finanzierung der Aufgabenwahrnehmung der Optionskommunen findet seine Rechtsgrundlage finanzverfassungsrechtlich in Art 106 Abs 8 GG, einfachgesetzlich in § 6b Abs 2 S 1 SGB II.

41

Systematisch betrachtet behandelt § 6b Abs 2 S 1 SGB II die Kostentragung, nicht hingegen Erstattungsfragen. Dass Erstattungsforderungen "umgekehrte Leistungsansprüche" darstellen, führt nicht automatisch dazu, in eine Kostentragungsregelung eine Erstattungsregelung hineinlesen zu können. Tatbestandliche Voraussetzung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II ist, dass die Aufwendungen solche der Grundsicherung für Arbeitsuchende sind. Dieser Begriff ist aufgaben- und nicht maßnahmebezogen auszulegen.

42

(3) Aus der Verfassung ergibt sich keine andere Auslegung des § 6b Abs 2 S 1 SGB II. Die Voraussetzungen des Art 106 Abs 8 GG für eine Leistung an den Kläger lagen vor. Veranlasst der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund gemäß Art 106 Abs 8 GG den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt. Gerade die Finanzierung der Optionskommunen iS des § 6a SGB II wurde als ein Anwendungsfall der verfassungsrechtlich zulässigen Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Kommunen bzw ihren Verbänden angesehen(vgl Hermes in Dreier, GG, 2. Aufl Supplementum 2010, Art 91e RdNr 52; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 57; D. Oppermann, DVBl 2005, 1008, 1012; Korioth, DVBl 2008, 812, 819; Henneke, Der Landkreis 2011, 55, 63; ders, Der Landkreis 2012, 553). Die Vorschrift gewährt einen verfassungsrechtlich abgesicherten, vor den Verwaltungsgerichten einklagbaren Anspruch, der von den Kommunen unmittelbar gegenüber dem Bund geltend gemacht werden kann (Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 147; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 108; Heintzen in v Münch/Kunig, GG Bd 2, 6. Aufl 2012, Art 106 RdNr 55; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 106 ff; Henneke, DÖV 2012, 165, 173).

43

Die nach Art 106 Abs 8 GG zu gewährenden Mittel sind aber nach ihrer Auskehrung haushaltstechnisch den Ländern bzw den Kommunen zuzuordnen (Schwarz, DVBl 2011, 135, 137 f; Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f), denn die Optionskommunen nehmen die Aufgaben nach dem SGB II als eigene Aufgaben wahr. Zwar trifft es zu, dass die für diese Aufgabenwahrnehmung bereitgestellten Mittel ihrer Herkunft nach solche des Bundes sind. Im Rahmen der Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommune liegt es aber nicht so, dass der Kläger Bundesmittel "bewirtschaften" würde (Höfling, Der Landkreis 2011, 158, 161 f). Das HKR-Verfahren stellt insoweit einen rein technischen Umsetzungsakt dar. Trotz der Finanzierung durch den Bund bleibt es bei der Verwaltungskompetenz der Gemeinden. Dies hat - entgegen anderweitiger Inhalte der zwischen den Beteiligten geschlossenen Verwaltungsvereinbarung - auch die Beklagte zu beachten.

44

Der Beklagten ist in ihrer Auslegung des Begriffs "erforderlicher Ausgleich" nicht zu folgen. Insbesondere ist das Merkmal der Erforderlichkeit nicht in dem Sinn zu verstehen, dass ein Ausgleich für die Sonderbelastung gemäß Art 106 Abs 8 GG nur dann zu gewähren wäre, wenn sich der Empfänger des Sonderbelastungsausgleichs - hier also die klagende Optionskommune - objektiv gesetzeskonform verhält und gänzlich fehlerfrei Leistungen nach dem SGB II gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und auszahlt. Dem auf der Rechtsfolgenseite der Norm angesiedelten und die Rechtsfolge begrenzenden Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" kommt nach vorherrschender Auffassung (vgl Hidien in Bonner Kommentar zum GG, Art 106 RdNr 1262 [Stand: 11/2002]; Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109; Schwarz in v Mangoldt/Klein/Starck, GG Bd 3, 6. Aufl 2010, Art 106 RdNr 154, 156; Meis, Verfassungsrechtliche Beziehungen zwischen Bund und Gemeinden, 1989, S 121) gegenüber dem Unzumutbarkeitskriterium keine eigenständige Bedeutung zu, sondern wird durch das Tatbestandsmerkmal der Unzumutbarkeit definiert. Erforderlich ist ein Ausgleich iS des Art 106 Abs 8 GG immer dann, wenn die Belastung der Kommune anderenfalls unzumutbar wäre (Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 109). Die Unzumutbarkeit ist nach Billigkeitsgesichtspunkten festzustellen. Dabei ist insbesondere die Finanzkraft einer Gemeinde in den Blick zu nehmen (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 106 RdNr 107; Bleckmann, DVBl 1970, 920). Handelt es sich bei der auf eine Gemeinde zukommenden Belastung nicht um eine bloße Bagatelle, ist die Sonderbelastung als unzumutbar anzusehen. Bei den mit der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II verbundenen Belastungen einer Kommune handelt es sich aufgrund ihres finanziellen Volumens offenkundig nicht um eine Bagatelle.

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(4) Rechtliche Grundlage für die Gewährung von nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelten Eingliederungsmaßnahmen ist hier § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF(idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003, BGBl I 2954; nun: § 16f Abs 1 SGB II). Danach konnten über die in § 16 Abs 1 SGB II aF genannten Leistungen des SGB III hinaus weitere Leistungen erbracht werden, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen erforderlich waren. Der Wortlaut des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF ließ - ähnlich wie die freie Förderung gemäß § 10 SGB III aF - die Möglichkeit offen, alternative Modelle der Eingliederung von Leistungsberechtigten zu erproben. Die Anwendung der Norm stand sowohl den Optionskommunen als auch den Agenturen für Arbeit offen. In diesem Sinne ergab sich im streitgegenständlichen Zeitraum ein gesetzlich vorgesehenes "Leistungserfindungsrecht" sowohl der Agenturen für Arbeit als auch der Optionskommunen. Der sog "Experimentierklausel" des § 6a SGB II kommt dabei keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu.

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Sowohl für die Arbeitsagenturen als auch die Optionskommunen galt jedoch, dass sich die zu gewährenden Leistungen im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien halten mussten. Dabei waren die Aufgaben und Ziele des SGB II zu berücksichtigen. Die Aufgaben und Ziele des SGB II ergeben sich aus dessen § 1(Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]; Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2005, § 16 RdNr 175). Darüber hinaus zu beachten sind die in §§ 2, 3 SGB II niedergelegten Grundsätze(BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 27; Harks in Schlegel/Voelzke/Radüge, jurisPK-SGB II, 2. Aufl 2007, § 16 RdNr 70). Die hinsichtlich der Eingliederungsleistungen nach § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF in das Ermessen der Verwaltung gestellte Leistungsgewährung nach dem SGB II muss gemäß § 3 Abs 1 S 1 SGB II aF allgemein der Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit, soweit erforderlich, dienen. § 16 Abs 2 S 2 SGB II aF stand der Gewährung nicht ausdrücklich im SGB II selbst geregelter Leistungen nicht entgegen, da die Vorschrift lediglich vom kommunalen Träger zu gewährende Leistung als Regelbeispiele ohne abschließenden Charakter nannte. Auch wenn eine ausdrückliche Normierung des sog "Aufstockungsverbots" bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende (vom 20.7.2006, BGBl I 1706; heute: § 16f Abs 2 S 3 SGB II) nicht in § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF erfolgte, ergab sich dessen Geltung indes aus dem Regelungszusammenhang, um eine Verwerfung mit dem Regelungsgefüge des SGB III zu vermeiden. Zudem hätte ein Widerspruch zum Zweck des § 16 Abs 2 S 1 SGB II aF bestanden, ergänzende und innovative Unterstützungsleistungen bereitzustellen(Voelzke in Hauck/Noftz, SGB II, K § 16 RdNr 31 [Stand: 6/2007]). Die nachträgliche Normierung des Aufstockungsverbotes im SGB II hatte insoweit lediglich klarstellenden Charakter (BSG Urteil vom 23.11.2006 - B 11b AS 3/05 R - SozR 4-4200 § 16 Nr 1 = juris RdNr 18).

47

(5) Unter Berücksichtigung des Vorgenannten bewegt sich die Gewährung der vom Kläger aufgelegten Maßnahme "Ausbildungskostenzuschuss" im Rahmen der dem SGB II zugrunde liegenden Ziele, Zwecke und Prinzipien. Hierbei ist zu beachten, dass der Gesetzgeber selbst durch das Fünfte Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Verbesserung der Ausbildungschancen förderungsbedürftiger junger Menschen vom 26.8.2008 (BGBl I 1728) mit Wirkung vom 30.8.2008 durch § 421r SGB III einen Ausbildungsbonus an Arbeitgeber bzw Ausbildende eingeführt hat, wenngleich diese Norm nicht in den Katalog der nach § 16 Abs 1 SGB II leistbaren Förderungen aufgenommen, sondern selbst nach Einführung weiterer Fördermöglichkeiten in das SGB III(insbesondere § 421t Abs 4 bis Abs 6 SGB III), auf die § 16 Abs 1 SGB II aF verwies, ausgenommen blieb. Die aus § 421r SGB III folgenden Leistungen wurden von den Agenturen für Arbeit indes auch zugunsten von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im Sinne des SGB II erbracht. Eine explizite Aufnahme in den Leistungskatalog des § 16 Abs 1 SGB II erübrigte sich damit(vgl Voelzke in Hauck/Noftz, SGB III, K § 421r RdNr 14 [Stand: 3/2010]; Leopold in BeckOK-Sozialrecht, SGB III, § 421r RdNr 4 [Stand: 3/2012]). Für die Rechtmäßigkeit der vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse spricht zudem, dass § 16 Abs 1 SGB II aF durch den dort enthaltenen Verweis auf das Fünfte Kapitel des SGB III eine Förderung nach § 235a SGB III aF zuließ, der ebenfalls eine Ausbildungsförderungsleistung an Menschen mit Behinderungen vorsah. Die vom Kläger vorgesehenen Leistungen waren zwecks Vermeidung oder Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich iS des § 3 Abs 1 SGB II. Mit Blick auf § 235a SGB III liegt keine nach dem SGB II verbotene Aufstockung anderer Leistungen vor, da sich die Leistungen an einen anderen Personenkreis richteten und somit ein "aliud" ihnen gegenüber darstellten. Die Leistung nach § 235a SGB III aF sollte Menschen mit Behinderungen begünstigen, die vom Kläger gewährten Ausbildungskostenzuschüsse dagegen Leistungsberechtigte "mit multiplen Vermittlungshemmnissen". Hierzu gehören nicht nur Behinderungen iS des § 2 Abs 2 SGB IX, sondern auch eine Vielzahl anderer Faktoren, die einer möglichst zügigen Eingliederung in den Arbeitsmarkt entgegenstehen.

48

(6) Anders als die Ausbildungskostenzuschüsse entspricht die Gewährung von sog Selbstvermittlungsprämien nicht den dem SGB II zugrunde liegenden Prinzipien, insbesondere nicht den Leistungsgrundsätzen in §§ 2, 3 SGB II. Gemäß § 2 Abs 2 S 2 SGB II müssen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Arbeitskraft zur Beschaffung des Lebensunterhalts für sich und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen einsetzen. Damit unvereinbar ist die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie, da sie hauptsächlich darauf abzielt, einen zusätzlichen Anreiz dafür zu schaffen, den ohnehin von § 2 SGB II vorgegebenen Obliegenheiten zur Entfaltung einer Eigeninitiative nachzukommen. Wie bereits das SG zutreffend erkannt hat, fehlt es zudem an einer Erforderlichkeit dieser Leistung zur Eingliederung von Leistungsberechtigten in das Erwerbsleben iS des § 3 SGB II aF, da es diesen ohnehin bereits nach dem Gesetz obliegt, sich eigenständig um eine Beschäftigungsmöglichkeit zu bemühen(so auch LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43; nicht problematisiert in SG Karlsruhe Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris). Diese Obliegenheit sichert das Gesetz zusätzlich über §§ 10, 31 ff SGB II ab. Eines darüber hinausgehenden weiteren "Anreizes" bedarf es nicht. Als eine besondere Form der Mobilitätshilfe zwecks Anbahnung oder Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses kann die Selbstvermittlungsprämie nicht verstanden werden, da sie lediglich im Erfolgsfalle gewährt wird, nicht auch unabhängig davon, ob es zum Abschluss eines Arbeitsverhältnisses kommt.

49

(7) Selbst wenn aber die Gewährung einer Selbstvermittlungsprämie nicht den Zielen und Zwecken des SGB II entspricht, führt der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch hier nicht zu einem teilweisen Erfolg der Revision. Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch im Verhältnis des Bundes zu einem Land greift nicht bereits bei jeglicher fahrlässigen Falschanwendung des Gesetzes ein, sondern lediglich bei grob fahrlässigem oder gar vorsätzlichem Fehlverhalten (vgl Maunz in Maunz/Dürig/Herzog, GG, Art 104a RdNr 72). Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn sich die fehlerhafte Anwendung des Rechts bei der Leistungsgewährung erst nachträglich aufgrund einer geläuterten Rechtsauffassung ergibt. Dieser Haftungseinschränkung, die mit den Grundsätzen der Haftungskernrechtsprechung sowohl des BSG als auch des BVerwG übereinstimmt und Art 104a Abs 5 S 1 GG entlehnt ist, bedarf es, weil anderenfalls in der - nun erst durch Art 91e GG "legalisierten" - direkten Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommune eine weitergehende Haftung bestünde als in der finanzverfassungsrechtlich prinzipiell allein vorgesehenen Haftungsbeziehung zwischen Bund und Ländern. Dem Bundesland, in welchem sich die jeweilige Optionskommune befindet, stünde es nach der Finanzverfassung frei, den einer ihm angehörigen Kommune entstehenden vermögensrechtlichen Schaden im Wege der Drittschadensliquidation gegenüber dem Bund geltend zu machen (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl 2012, Art 104a RdNr 11). In diesem Fall richtete sich die Haftungsbeziehung allein nach Art 104a Abs 5 S 1 GG. Ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch käme daneben nicht zur Anwendung (BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1, RdNr 59-60). Die Nichteinschaltung des jeweiligen Bundeslandes, in welchem sich die an einem Haftungsverhältnis beteiligte Kommune befindet, in das Streitverhältnis kann nicht eine erleichterte, weil verschuldensunabhängige Haftung einer Kommune zur Folge haben. Insoweit ist eine erstattungs- wie auch haftungsrechtliche Gleichstellung geboten.

50

Dem LSG ist darin zuzustimmen, dass die Gewährung der von der Beklagten beanstandeten Leistung "Selbstvermittlungsprämie" sich im streitgegenständlichen Jahr 2006 nicht als grob fahrlässig oder vorsätzlich dargestellt hat. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund anzunehmen, dass die Rechtswidrigkeit der Selbstvermittlungsprämien erst zu einem späteren Zeitpunkt durch die Rechtsprechung festgestellt wurde. Das SG Karlsruhe (Urteil vom 27.9.2006 - S 6 AS 3333/06 - juris) und das Hessische LSG (Urteil vom 14.2.2001 - L 6 AL 926/00 - juris) hatten die Rechtmäßigkeit dieser Leistung zur Eingliederung nicht vor dem Hintergrund der Ziele, Zwecke und Prinzipien des SGB II bzw SGB III problematisiert. Beide Gerichte haben diese Leistung zugesprochen. Im Bereich der freien Förderung nach § 10 SGB III aF hat sich erstmalig das LSG Niedersachsen-Bremen(Urteil vom 23.1.2007 - L 7 AL 524/03 - nicht veröffentlicht) positioniert, als es die Rechtswidrigkeit einer Selbstvermittlungsprämie für den Bereich der Arbeitsförderung nach dem SGB III angenommen hat. Für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende hat - soweit erkennbar - erstmalig das SG die Rechtswidrigkeit bejaht, eine obergerichtliche Entscheidung findet sich erst im Jahr 2011 (LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 2.2.2011 - L 12 AS 1104/10 - juris RdNr 43). Andere Judikate sind - soweit ersichtlich - nicht vorhanden. Zwar sind Gerichtsentscheidungen Erkenntnisakte, wie das Recht von Anfang an zu verstehen war. Bei der Frage, ob sich ein Beteiligter schuldhaft verhalten hat, ist die Frage der Klärung einer Rechtsfrage durch die Rechtsprechung aber ein zu beachtender Gesichtspunkt. Zu berücksichtigen ist hier zudem, dass die BA die Gewährung von Selbstvermittlungsprämien gegenüber den ihr nachgeordneten Agenturen für Arbeit in der "Arbeitshilfe SWL" selbst als Beispiel für eine geeignete Maßnahme vorgeschlagen hatte. Vor diesem Hintergrund kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, dass er grob fahrlässig oder gar vorsätzlich rechtswidrig gehandelt habe.

51

Insoweit kommt es hier im Weiteren auch nicht darauf an, ob der Kläger die in ihrer Rechtmäßigkeit von der Beklagten bestrittenen Leistungen mit bindender Wirkung gegenüber Leistungsberechtigten bewilligt und ausgezahlt hat und ob hier ein "Vertrauensschutz" des Klägers in sein Handeln anzuerkennen ist. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob sich der Kläger als Träger öffentlicher Gewalt auf eine Entreicherung iS des § 818 Abs 3 BGB analog, wie dies in der Rechtsprechung(s zB BVerwG Urteil vom 17.9.1970 - II C 48.68 - BVerwGE 36, 108, 113 f; BVerwG Urteil vom 15.5.2008 - 5 C 25/07 - BVerwGE 131, 153 = juris RdNr 30) sowie im Schrifttum (s zB Gurlit in Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl 2010, § 35 RdNr 27; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 29 RdNr 26; Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl 2012, RdNr 1251) ganz überwiegend abgelehnt wird, berufen kann.

52

Dem Kläger stehen im Rahmen des hier streitgegenständlichen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs, der nicht das Sozialleistungsverhältnis, sondern allein die (Re-)Finanzierung der Leistungen im Innenverhältnis betrifft (vgl BSG Urteil vom 15.12.2009 - B 1 AS 1/08 KL - BSGE 105, 100 = SozR 4-1100 Art 104a Nr 1 = juris RdNr 57 f; BVerwG Urteil vom 24.7.2008 - 7 A 2/07 - NVwZ 2009, 599), auch die bereits vom LSG zuerkannten Prozesszinsen gemäß § 288 Abs 1, § 291 BGB ihrer Höhe und ihrem Umfang nach zu.

53

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO.

54

4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3, § 47 Abs 1 S 1 GKG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass in der Revisionsinstanz lediglich über den Zahlungsantrag des Klägers zu befinden war.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Der Ertrag der Finanzmonopole und das Aufkommen der folgenden Steuern stehen dem Bund zu:

1.
die Zölle,
2.
die Verbrauchsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 2 den Ländern, nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam oder nach Absatz 6 den Gemeinden zustehen,
3.
die Straßengüterverkehrsteuer, die Kraftfahrzeugsteuer und sonstige auf motorisierte Verkehrsmittel bezogene Verkehrsteuern,
4.
die Kapitalverkehrsteuern, die Versicherungsteuer und die Wechselsteuer,
5.
die einmaligen Vermögensabgaben und die zur Durchführung des Lastenausgleichs erhobenen Ausgleichsabgaben,
6.
die Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer und zur Körperschaftsteuer,
7.
Abgaben im Rahmen der Europäischen Gemeinschaften.

(2) Das Aufkommen der folgenden Steuern steht den Ländern zu:

1.
die Vermögensteuer,
2.
die Erbschaftsteuer,
3.
die Verkehrsteuern, soweit sie nicht nach Absatz 1 dem Bund oder nach Absatz 3 Bund und Ländern gemeinsam zustehen,
4.
die Biersteuer,
5.
die Abgabe von Spielbanken.

(3) Das Aufkommen der Einkommensteuer, der Körperschaftsteuer und der Umsatzsteuer steht dem Bund und den Ländern gemeinsam zu (Gemeinschaftsteuern), soweit das Aufkommen der Einkommensteuer nicht nach Absatz 5 und das Aufkommen der Umsatzsteuer nicht nach Absatz 5a den Gemeinden zugewiesen wird. Am Aufkommen der Einkommensteuer und der Körperschaftsteuer sind der Bund und die Länder je zur Hälfte beteiligt. Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer werden durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, festgesetzt. Bei der Festsetzung ist von folgenden Grundsätzen auszugehen:

1.
Im Rahmen der laufenden Einnahmen haben der Bund und die Länder gleichmäßig Anspruch auf Deckung ihrer notwendigen Ausgaben. Dabei ist der Umfang der Ausgaben unter Berücksichtigung einer mehrjährigen Finanzplanung zu ermitteln.
2.
Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, daß ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt wird.
Zusätzlich werden in die Festsetzung der Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer Steuermindereinnahmen einbezogen, die den Ländern ab 1. Januar 1996 aus der Berücksichtigung von Kindern im Einkommensteuerrecht entstehen. Das Nähere bestimmt das Bundesgesetz nach Satz 3.

(4) Die Anteile von Bund und Ländern an der Umsatzsteuer sind neu festzusetzen, wenn sich das Verhältnis zwischen den Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder wesentlich anders entwickelt; Steuermindereinnahmen, die nach Absatz 3 Satz 5 in die Festsetzung der Umsatzsteueranteile zusätzlich einbezogen werden, bleiben hierbei unberücksichtigt. Werden den Ländern durch Bundesgesetz zusätzliche Ausgaben auferlegt oder Einnahmen entzogen, so kann die Mehrbelastung durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, auch mit Finanzzuweisungen des Bundes ausgeglichen werden, wenn sie auf einen kurzen Zeitraum begrenzt ist. In dem Gesetz sind die Grundsätze für die Bemessung dieser Finanzzuweisungen und für ihre Verteilung auf die Länder zu bestimmen.

(5) Die Gemeinden erhalten einen Anteil an dem Aufkommen der Einkommensteuer, der von den Ländern an ihre Gemeinden auf der Grundlage der Einkommensteuerleistungen ihrer Einwohner weiterzuleiten ist. Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Es kann bestimmen, daß die Gemeinden Hebesätze für den Gemeindeanteil festsetzen.

(5a) Die Gemeinden erhalten ab dem 1. Januar 1998 einen Anteil an dem Aufkommen der Umsatzsteuer. Er wird von den Ländern auf der Grundlage eines orts- und wirtschaftsbezogenen Schlüssels an ihre Gemeinden weitergeleitet. Das Nähere wird durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt.

(6) Das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer steht den Gemeinden, das Aufkommen der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern steht den Gemeinden oder nach Maßgabe der Landesgesetzgebung den Gemeindeverbänden zu. Den Gemeinden ist das Recht einzuräumen, die Hebesätze der Grundsteuer und Gewerbesteuer im Rahmen der Gesetze festzusetzen. Bestehen in einem Land keine Gemeinden, so steht das Aufkommen der Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern dem Land zu. Bund und Länder können durch eine Umlage an dem Aufkommen der Gewerbesteuer beteiligt werden. Das Nähere über die Umlage bestimmt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Nach Maßgabe der Landesgesetzgebung können die Grundsteuer und Gewerbesteuer sowie der Gemeindeanteil vom Aufkommen der Einkommensteuer und der Umsatzsteuer als Bemessungsgrundlagen für Umlagen zugrunde gelegt werden.

(7) Von dem Länderanteil am Gesamtaufkommen der Gemeinschaftsteuern fließt den Gemeinden und Gemeindeverbänden insgesamt ein von der Landesgesetzgebung zu bestimmender Hundertsatz zu. Im übrigen bestimmt die Landesgesetzgebung, ob und inwieweit das Aufkommen der Landessteuern den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt.

(8) Veranlaßt der Bund in einzelnen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) besondere Einrichtungen, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) unmittelbar Mehrausgaben oder Mindereinnahmen (Sonderbelastungen) verursachen, gewährt der Bund den erforderlichen Ausgleich, wenn und soweit den Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) nicht zugemutet werden kann, die Sonderbelastungen zu tragen. Entschädigungsleistungen Dritter und finanzielle Vorteile, die diesen Ländern oder Gemeinden (Gemeindeverbänden) als Folge der Einrichtungen erwachsen, werden bei dem Ausgleich berücksichtigt.

(9) Als Einnahmen und Ausgaben der Länder im Sinne dieses Artikels gelten auch die Einnahmen und Ausgaben der Gemeinden (Gemeindeverbände).

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

(1) Die Zulassungen der aufgrund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1.
geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,
2.
sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,
3.
sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamtinnen und Beamten, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,
4.
sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und
5.
sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.
Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung aufgrund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

(1) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll es Leistungsberechtigten ermöglichen, ein Leben zu führen, das der Würde des Menschen entspricht.

(2) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende soll die Eigenverantwortung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten und Personen, die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, stärken und dazu beitragen, dass sie ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei der Aufnahme oder Beibehaltung einer Erwerbstätigkeit unterstützen und den Lebensunterhalt sichern, soweit sie ihn nicht auf andere Weise bestreiten können. Die Gleichstellung von Männern und Frauen ist als durchgängiges Prinzip zu verfolgen. Die Leistungen der Grundsicherung sind insbesondere darauf auszurichten, dass

1.
durch eine Erwerbstätigkeit Hilfebedürftigkeit vermieden oder beseitigt, die Dauer der Hilfebedürftigkeit verkürzt oder der Umfang der Hilfebedürftigkeit verringert wird,
2.
die Erwerbsfähigkeit einer leistungsberechtigten Person erhalten, verbessert oder wieder hergestellt wird,
3.
Nachteile, die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten aus einem der in § 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes genannten Gründe entstehen können, überwunden werden,
4.
die familienspezifischen Lebensverhältnisse von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die Kinder erziehen oder pflegebedürftige Angehörige betreuen, berücksichtigt werden,
5.
Anreize zur Aufnahme und Ausübung einer Erwerbstätigkeit geschaffen und aufrechterhalten werden.

(3) Die Grundsicherung für Arbeitsuchende umfasst Leistungen zur

1.
Beratung,
2.
Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit insbesondere durch Eingliederung in Ausbildung oder Arbeit und
3.
Sicherung des Lebensunterhalts.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

(1) Die Bundesagentur, die kommunalen Träger, die zugelassenen kommunalen Träger, gemeinsame Einrichtungen, die für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung zuständigen Stellen und mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragte Dritte sollen sich gegenseitig Sozialdaten übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Buch oder dem Dritten Buch erforderlich ist. Hat die Agentur für Arbeit oder ein zugelassener kommunaler Träger eine externe Gutachterin oder einen externen Gutachter beauftragt, eine ärztliche oder psychologische Untersuchung oder Begutachtung durchzuführen, ist die Übermittlung von Daten an die Agentur für Arbeit oder den zugelassenen kommunalen Träger durch die externe Gutachterin oder den externen Gutachter zulässig, soweit dies zur Erfüllung des Auftrages erforderlich ist.

(2) Die gemeinsame Einrichtung ist Verantwortliche für die Verarbeitung von Sozialdaten nach § 67 Absatz 4 des Zehnten Buches sowie Stelle im Sinne des § 35 Absatz 1 des Ersten Buches.

(3) Die gemeinsame Einrichtung nutzt zur Erfüllung ihrer Aufgaben durch die Bundesagentur zentral verwaltete Verfahren der Informationstechnik. Sie ist verpflichtet, auf einen auf dieser Grundlage erstellten gemeinsamen zentralen Datenbestand zuzugreifen. Verantwortliche für die zentral verwalteten Verfahren der Informationstechnik nach § 67 Absatz 4 des Zehnten Buches ist die Bundesagentur.

(4) Eine Verarbeitung von Sozialdaten durch die gemeinsame Einrichtung ist nur unter den Voraussetzungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung sowie des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches zulässig. Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber der gemeinsamen Einrichtung richtet sich nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Die Datenschutzkontrolle und die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über die Informationsfreiheit bei der gemeinsamen Einrichtung sowie für die zentralen Verfahren der Informationstechnik obliegen nach § 9 Absatz 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

Jeder Person, die Leistungen nach diesem Gesetz bezieht, wird einmalig eine eindeutige, von der Bundesagentur oder im Auftrag der Bundesagentur von den zugelassenen kommunalen Trägern vergebene Kundennummer zugeteilt. Die Kundennummer ist vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Identifikationsmerkmal zu nutzen und dient ausschließlich diesem Zweck sowie den Zwecken nach § 51b Absatz 3. Soweit vorhanden, ist die schon beim Vorbezug von Leistungen nach dem Dritten Buch vergebene Kundennummer der Bundesagentur zu verwenden. Die Kundennummer bleibt der jeweiligen Person auch zugeordnet, wenn sie den Träger wechselt. Bei erneuter Leistung nach längerer Zeit ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach diesem Buch oder nach dem Dritten Buch wird eine neue Kundennummer vergeben. Diese Regelungen gelten entsprechend auch für Bedarfsgemeinschaften. Als Bedarfsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift gelten auch ein oder mehrere Kinder eines Haushalts, die nach § 7 Absatz 2 Satz 3 Leistungen erhalten. Bei der Übermittlung der Daten verwenden die Träger eine eindeutige, von der Bundesagentur vergebene Trägernummer.

(1) Die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende erheben laufend die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Daten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die nach Satz 1 zu erhebenden Daten, die zur Nutzung für die in Absatz 3 genannten Zwecke erforderlich sind, einschließlich des Verfahrens zu deren Weiterentwicklung festzulegen.

(2) Die kommunalen Träger und die zugelassenen kommunalen Träger übermitteln der Bundesagentur die Daten nach Absatz 1 unter Angabe eines eindeutigen Identifikationsmerkmals, personenbezogene Datensätze unter Angabe der Kundennummer sowie der Nummer der Bedarfsgemeinschaft nach § 51a.

(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen und an die Bundesagentur übermittelten Daten dürfen nur – unbeschadet auf sonstiger gesetzlicher Grundlagen bestehender Mitteilungspflichten – für folgende Zwecke gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt, in der Verarbeitung eingeschränkt oder gelöscht werden:

1.
die zukünftige Gewährung von Leistungen nach diesem und dem Dritten Buch an die von den Erhebungen betroffenen Personen,
2.
Überprüfungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf korrekte und wirtschaftliche Leistungserbringung,
3.
die Erstellung von Statistiken, Kennzahlen für die Zwecke nach § 48a Absatz 2 und § 48b Absatz 5 und Controllingberichten durch die Bundesagentur, der laufenden Berichterstattung und der Wirkungsforschung nach den §§ 53 bis 55,
4.
die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs nach § 52,
5.
die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch.

(4) Die Bundesagentur regelt im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene den genauen Umfang der nach den Absätzen 1 und 2 zu übermittelnden Informationen, einschließlich einer Inventurmeldung, sowie die Fristen für deren Übermittlung. Sie regelt ebenso die zu verwendenden Systematiken, die Art der Übermittlung der Datensätze einschließlich der Datenformate sowie Aufbau, Vergabe, Verwendung und Löschungsfristen von Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummern nach § 51a.

(1) Die Bundesagentur erstellt aus den bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende von ihr nach § 51b erhaltenen und den ihr von den kommunalen Trägern und den zugelassenen kommunalen Trägern nach § 51b übermittelten Daten Statistiken. Sie übernimmt die laufende Berichterstattung und bezieht die Leistungen nach diesem Buch in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ein.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann Art und Umfang sowie Tatbestände und Merkmale der Statistiken und der Berichterstattung näher bestimmen.

(3) Die Bundesagentur legt die Statistiken nach Absatz 1 dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor und veröffentlicht sie in geeigneter Form. Sie gewährleistet, dass auch kurzfristigem Informationsbedarf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entsprochen werden kann.

(4) Die Bundesagentur stellt den statistischen Stellen der Kreise und kreisfreien Städte die für Zwecke der Planungsunterstützung und für die Sozialberichterstattung erforderlichen Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik zur Verfügung.

(5) Die Bundesagentur kann dem Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder für Zwecke der Planungsunterstützung und für die Sozialberichterstattung für ihren Zuständigkeitsbereich Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik zur Verfügung stellen. Sie ist berechtigt, dem Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder für ergänzende Auswertungen anonymisierte und pseudonymisierte Einzeldaten zu übermitteln. Bei der Übermittlung von pseudonymisierten Einzeldaten sind die Namen durch jeweils neu zu generierende Pseudonyme zu ersetzen. Nicht pseudonymisierte Anschriften dürfen nur zum Zwecke der Zuordnung zu statistischen Blöcken übermittelt werden.

(6) Die Bundesagentur ist berechtigt, für ausschließlich statistische Zwecke den zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände für ihren Zuständigkeitsbereich Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik sowie anonymisierte und pseudonymisierte Einzeldaten zu übermitteln, soweit die Voraussetzungen nach § 16 Absatz 5 Satz 2 des Bundesstatistikgesetzes gegeben sind. Bei der Übermittlung von pseudonymisierten Einzeldaten sind die Namen durch jeweils neu zu generierende Pseudonyme zu ersetzen. Dabei dürfen nur Angaben zu kleinräumigen Gebietseinheiten, nicht aber die genauen Anschriften übermittelt werden.

(7) Die §§ 280 und 281 des Dritten Buches gelten entsprechend. § 282a des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik auch den zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Kreise und kreisfreien Städte sowie der Gemeinden und Gemeindeverbänden übermittelt werden dürfen, soweit die Voraussetzungen nach § 16 Absatz 5 Satz 2 des Bundesstatistikgesetzes gegeben sind.

(1) Die Wirkungen der Leistungen zur Eingliederung und der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind regelmäßig und zeitnah zu untersuchen und in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nach § 282 des Dritten Buches einzubeziehen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur können in Vereinbarungen Einzelheiten der Wirkungsforschung festlegen. Soweit zweckmäßig, können Dritte mit der Wirkungsforschung beauftragt werden.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht vergleichend die Wirkung der örtlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Träger der Leistungen nach diesem Buch.

(1) Der Träger der Sozialhilfe und die Agentur für Arbeit machen dem zuständigen Leistungsträger auf Verlangen die bei ihnen vorhandenen Unterlagen über die Gewährung von Leistungen für Personen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt haben oder beziehen, zugänglich, soweit deren Kenntnis im Einzelfall für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist.

(2) Die Bundesagentur erstattet den Trägern der Sozialhilfe die Sachkosten, die ihnen durch das Zugänglichmachen von Unterlagen entstehen; eine Pauschalierung ist zulässig.

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. Die gemeinsame Einrichtung ist befugt, Verwaltungsakte und Widerspruchsbescheide zu erlassen. Die Aufgaben werden von Beamtinnen und Beamten sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wahrgenommen, denen entsprechende Tätigkeiten zugewiesen worden sind.

(2) Die Träger bestimmen den Standort sowie die nähere Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung durch Vereinbarung. Die Ausgestaltung und Organisation der gemeinsamen Einrichtung sollen die Besonderheiten der beteiligten Träger, des regionalen Arbeitsmarktes und der regionalen Wirtschaftsstruktur berücksichtigen. Die Träger können die Zusammenlegung mehrerer gemeinsamer Einrichtungen zu einer gemeinsamen Einrichtung vereinbaren.

(3) Den Trägern obliegt die Verantwortung für die rechtmäßige und zweckmäßige Erbringung ihrer Leistungen. Sie haben in ihrem Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 gegenüber der gemeinsamen Einrichtung ein Weisungsrecht; dies gilt nicht im Zuständigkeitsbereich der Trägerversammlung nach § 44c. Die Träger sind berechtigt, von der gemeinsamen Einrichtung die Erteilung von Auskunft und Rechenschaftslegung über die Leistungserbringung zu fordern, die Wahrnehmung der Aufgaben in der gemeinsamen Einrichtung zu prüfen und die gemeinsame Einrichtung an ihre Auffassung zu binden. Vor Ausübung ihres Weisungsrechts in Angelegenheiten grundsätzlicher Bedeutung befassen die Träger den Kooperationsausschuss nach § 18b. Der Kooperationsausschuss kann innerhalb von zwei Wochen nach Anrufung eine Empfehlung abgeben.

(4) Die gemeinsame Einrichtung kann einzelne Aufgaben auch durch die Träger wahrnehmen lassen. Im Übrigen gelten die §§ 88 bis 92 des Zehnten Buches für die gemeinsamen Einrichtungen im Aufgabenbereich dieses Buches entsprechend.

(5) Die Bundesagentur stellt der gemeinsamen Einrichtung Angebote an Dienstleistungen zur Verfügung.

(6) Die Träger teilen der gemeinsamen Einrichtung alle Tatsachen und Feststellungen mit, von denen sie Kenntnis erhalten und die für die Leistungen erforderlich sind.

(1) Zur Erreichung der Ziele nach diesem Buch schließen

1.
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen mit der Bundesagentur,
2.
die Bundesagentur und die kommunalen Träger mit den Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern der gemeinsamen Einrichtungen,
3.
das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit der zuständigen Landesbehörde sowie
4.
die zuständige Landesbehörde mit den zugelassenen kommunalen Trägern
Vereinbarungen ab. Die Vereinbarungen nach Satz 1 Nummer 2 bis 4 umfassen alle Leistungen dieses Buches. Die Beratungen über die Vereinbarung nach Satz 1 Nummer 3 führen die Kooperationsausschüsse nach § 18b. Im Bund-Länder-Ausschuss nach § 18c wird für die Vereinbarungen nach diesem Absatz über einheitliche Grundlagen beraten.

(2) Die Vereinbarungen werden nach Beschlussfassung des Bundestages über das jährliche Haushaltsgesetz abgeschlossen.

(3) Die Vereinbarungen umfassen insbesondere die Ziele der Verringerung der Hilfebedürftigkeit, Verbesserung der Integration in Erwerbstätigkeit und Vermeidung von langfristigem Leistungsbezug. Die Vereinbarungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 bis 4 umfassen zusätzlich das Ziel der Verbesserung der sozialen Teilhabe.

(4) Die Vereinbarungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 sollen sich an den Vereinbarungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 orientieren.

(5) Für den Abschluss der Vereinbarungen und die Nachhaltung der Zielerreichung sind die Daten nach § 51b und die Kennzahlen nach § 48a Absatz 2 maßgeblich.

(6) Die Vereinbarungen nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 können

1.
erforderliche Genehmigungen oder Zustimmungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ersetzen,
2.
die Selbstbewirtschaftung von Haushaltsmitteln für Leistungen zur Eingliederung in Arbeit sowie für Verwaltungskosten zulassen.

(1) Die Bundesagentur, die kommunalen Träger, die zugelassenen kommunalen Träger, gemeinsame Einrichtungen, die für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch und illegaler Beschäftigung zuständigen Stellen und mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragte Dritte sollen sich gegenseitig Sozialdaten übermitteln, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach diesem Buch oder dem Dritten Buch erforderlich ist. Hat die Agentur für Arbeit oder ein zugelassener kommunaler Träger eine externe Gutachterin oder einen externen Gutachter beauftragt, eine ärztliche oder psychologische Untersuchung oder Begutachtung durchzuführen, ist die Übermittlung von Daten an die Agentur für Arbeit oder den zugelassenen kommunalen Träger durch die externe Gutachterin oder den externen Gutachter zulässig, soweit dies zur Erfüllung des Auftrages erforderlich ist.

(2) Die gemeinsame Einrichtung ist Verantwortliche für die Verarbeitung von Sozialdaten nach § 67 Absatz 4 des Zehnten Buches sowie Stelle im Sinne des § 35 Absatz 1 des Ersten Buches.

(3) Die gemeinsame Einrichtung nutzt zur Erfüllung ihrer Aufgaben durch die Bundesagentur zentral verwaltete Verfahren der Informationstechnik. Sie ist verpflichtet, auf einen auf dieser Grundlage erstellten gemeinsamen zentralen Datenbestand zuzugreifen. Verantwortliche für die zentral verwalteten Verfahren der Informationstechnik nach § 67 Absatz 4 des Zehnten Buches ist die Bundesagentur.

(4) Eine Verarbeitung von Sozialdaten durch die gemeinsame Einrichtung ist nur unter den Voraussetzungen der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1; L 314 vom 22.11.2016, S. 72; L 127 vom 23.5.2018, S. 2) in der jeweils geltenden Fassung sowie des Zweiten Kapitels des Zehnten Buches und der übrigen Bücher des Sozialgesetzbuches zulässig. Der Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber der gemeinsamen Einrichtung richtet sich nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Die Datenschutzkontrolle und die Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften über die Informationsfreiheit bei der gemeinsamen Einrichtung sowie für die zentralen Verfahren der Informationstechnik obliegen nach § 9 Absatz 1 Satz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes der oder dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit.

Jeder Person, die Leistungen nach diesem Gesetz bezieht, wird einmalig eine eindeutige, von der Bundesagentur oder im Auftrag der Bundesagentur von den zugelassenen kommunalen Trägern vergebene Kundennummer zugeteilt. Die Kundennummer ist vom Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende als Identifikationsmerkmal zu nutzen und dient ausschließlich diesem Zweck sowie den Zwecken nach § 51b Absatz 3. Soweit vorhanden, ist die schon beim Vorbezug von Leistungen nach dem Dritten Buch vergebene Kundennummer der Bundesagentur zu verwenden. Die Kundennummer bleibt der jeweiligen Person auch zugeordnet, wenn sie den Träger wechselt. Bei erneuter Leistung nach längerer Zeit ohne Inanspruchnahme von Leistungen nach diesem Buch oder nach dem Dritten Buch wird eine neue Kundennummer vergeben. Diese Regelungen gelten entsprechend auch für Bedarfsgemeinschaften. Als Bedarfsgemeinschaft im Sinne dieser Vorschrift gelten auch ein oder mehrere Kinder eines Haushalts, die nach § 7 Absatz 2 Satz 3 Leistungen erhalten. Bei der Übermittlung der Daten verwenden die Träger eine eindeutige, von der Bundesagentur vergebene Trägernummer.

(1) Die zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende erheben laufend die für die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende erforderlichen Daten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die nach Satz 1 zu erhebenden Daten, die zur Nutzung für die in Absatz 3 genannten Zwecke erforderlich sind, einschließlich des Verfahrens zu deren Weiterentwicklung festzulegen.

(2) Die kommunalen Träger und die zugelassenen kommunalen Träger übermitteln der Bundesagentur die Daten nach Absatz 1 unter Angabe eines eindeutigen Identifikationsmerkmals, personenbezogene Datensätze unter Angabe der Kundennummer sowie der Nummer der Bedarfsgemeinschaft nach § 51a.

(3) Die nach den Absätzen 1 und 2 erhobenen und an die Bundesagentur übermittelten Daten dürfen nur – unbeschadet auf sonstiger gesetzlicher Grundlagen bestehender Mitteilungspflichten – für folgende Zwecke gespeichert, verändert, genutzt, übermittelt, in der Verarbeitung eingeschränkt oder gelöscht werden:

1.
die zukünftige Gewährung von Leistungen nach diesem und dem Dritten Buch an die von den Erhebungen betroffenen Personen,
2.
Überprüfungen der Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende auf korrekte und wirtschaftliche Leistungserbringung,
3.
die Erstellung von Statistiken, Kennzahlen für die Zwecke nach § 48a Absatz 2 und § 48b Absatz 5 und Controllingberichten durch die Bundesagentur, der laufenden Berichterstattung und der Wirkungsforschung nach den §§ 53 bis 55,
4.
die Durchführung des automatisierten Datenabgleichs nach § 52,
5.
die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch.

(4) Die Bundesagentur regelt im Benehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden auf Bundesebene den genauen Umfang der nach den Absätzen 1 und 2 zu übermittelnden Informationen, einschließlich einer Inventurmeldung, sowie die Fristen für deren Übermittlung. Sie regelt ebenso die zu verwendenden Systematiken, die Art der Übermittlung der Datensätze einschließlich der Datenformate sowie Aufbau, Vergabe, Verwendung und Löschungsfristen von Kunden- und Bedarfsgemeinschaftsnummern nach § 51a.

(1) Die Bundesagentur erstellt aus den bei der Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende von ihr nach § 51b erhaltenen und den ihr von den kommunalen Trägern und den zugelassenen kommunalen Trägern nach § 51b übermittelten Daten Statistiken. Sie übernimmt die laufende Berichterstattung und bezieht die Leistungen nach diesem Buch in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung ein.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann Art und Umfang sowie Tatbestände und Merkmale der Statistiken und der Berichterstattung näher bestimmen.

(3) Die Bundesagentur legt die Statistiken nach Absatz 1 dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales vor und veröffentlicht sie in geeigneter Form. Sie gewährleistet, dass auch kurzfristigem Informationsbedarf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales entsprochen werden kann.

(4) Die Bundesagentur stellt den statistischen Stellen der Kreise und kreisfreien Städte die für Zwecke der Planungsunterstützung und für die Sozialberichterstattung erforderlichen Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik zur Verfügung.

(5) Die Bundesagentur kann dem Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder für Zwecke der Planungsunterstützung und für die Sozialberichterstattung für ihren Zuständigkeitsbereich Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik zur Verfügung stellen. Sie ist berechtigt, dem Statistischen Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder für ergänzende Auswertungen anonymisierte und pseudonymisierte Einzeldaten zu übermitteln. Bei der Übermittlung von pseudonymisierten Einzeldaten sind die Namen durch jeweils neu zu generierende Pseudonyme zu ersetzen. Nicht pseudonymisierte Anschriften dürfen nur zum Zwecke der Zuordnung zu statistischen Blöcken übermittelt werden.

(6) Die Bundesagentur ist berechtigt, für ausschließlich statistische Zwecke den zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Gemeinden und Gemeindeverbände für ihren Zuständigkeitsbereich Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik sowie anonymisierte und pseudonymisierte Einzeldaten zu übermitteln, soweit die Voraussetzungen nach § 16 Absatz 5 Satz 2 des Bundesstatistikgesetzes gegeben sind. Bei der Übermittlung von pseudonymisierten Einzeldaten sind die Namen durch jeweils neu zu generierende Pseudonyme zu ersetzen. Dabei dürfen nur Angaben zu kleinräumigen Gebietseinheiten, nicht aber die genauen Anschriften übermittelt werden.

(7) Die §§ 280 und 281 des Dritten Buches gelten entsprechend. § 282a des Dritten Buches gilt mit der Maßgabe, dass Daten und Tabellen der Arbeitsmarkt- und Grundsicherungsstatistik auch den zur Durchführung statistischer Aufgaben zuständigen Stellen der Kreise und kreisfreien Städte sowie der Gemeinden und Gemeindeverbänden übermittelt werden dürfen, soweit die Voraussetzungen nach § 16 Absatz 5 Satz 2 des Bundesstatistikgesetzes gegeben sind.

(1) Die Wirkungen der Leistungen zur Eingliederung und der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts sind regelmäßig und zeitnah zu untersuchen und in die Arbeitsmarkt- und Berufsforschung nach § 282 des Dritten Buches einzubeziehen. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur können in Vereinbarungen Einzelheiten der Wirkungsforschung festlegen. Soweit zweckmäßig, können Dritte mit der Wirkungsforschung beauftragt werden.

(2) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales untersucht vergleichend die Wirkung der örtlichen Aufgabenwahrnehmung durch die Träger der Leistungen nach diesem Buch.

(1) Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beantragt haben oder beziehen, sind verpflichtet,

1.
eine eingetretene Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen und
2.
spätestens vor Ablauf des dritten Kalendertages nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer vorzulegen.
§ 31 Absatz 1 findet keine Anwendung. Die Agentur für Arbeit ist berechtigt, die Vorlage der ärztlichen Bescheinigung früher zu verlangen. Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als in der Bescheinigung angegeben, so ist der Agentur für Arbeit eine neue ärztliche Bescheinigung vorzulegen. Die Bescheinigungen müssen einen Vermerk des behandelnden Arztes darüber enthalten, dass dem Träger der Krankenversicherung unverzüglich eine Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit mit Angaben über den Befund und die voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit übersandt wird. Zweifelt die Agentur für Arbeit an der Arbeitsunfähigkeit der oder des erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, so gilt § 275 Absatz 1 Nummer 3b und Absatz 1a des Fünften Buches entsprechend.

(2) Absatz 1 Satz 1 gilt nicht für erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Teilarbeitslosengeld haben. Die Agentur für Arbeit kann erwerbsfähige Leistungsberechtigte im Einzelfall von der Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 befreien. Sie soll erwerbsfähige Leistungsberechtigte befreien, sofern die Eingliederung in Arbeit oder Ausbildung hierdurch nicht gefährdet wird.

(3) Die Bundesagentur erstattet den Krankenkassen die Kosten für die Begutachtung durch den Medizinischen Dienst nach Absatz 1 Satz 6. Die Bundesagentur und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen vereinbaren das Nähere über das Verfahren und die Höhe der Kostenerstattung; der Medizinische Dienst Bund ist zu beteiligen. In der Vereinbarung kann auch eine pauschale Abgeltung der Kosten geregelt werden.

(1) Für die Bekämpfung von Leistungsmissbrauch gilt § 319 des Dritten Buches entsprechend.

(2) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Absatz 1 Nummer 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind in den Fällen

1.
des § 63 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 die gemeinsame Einrichtung oder der nach § 6a zugelassene kommunale Träger,
2.
des § 63 Absatz 1 Nummer 6 und 7
a)
die gemeinsame Einrichtung oder der nach § 6a zugelassene kommunale Träger sowie
b)
die Behörden der Zollverwaltung
jeweils für ihren Geschäftsbereich.

(3) Bei der Verfolgung und Ahndung der Ordnungswidrigkeiten nach § 63 Absatz 1 Nummer 6 und 7 arbeiten die Behörden nach Absatz 2 Nummer 2 mit den in § 2 Absatz 4 des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes genannten Behörden zusammen.

(4) Soweit die gemeinsame Einrichtung Verwaltungsbehörde nach Absatz 2 ist, fließen die Geldbußen in die Bundeskasse. § 66 des Zehnten Buches gilt entsprechend. Die Bundeskasse trägt abweichend von § 105 Absatz 2 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten die notwendigen Auslagen. Sie ist auch ersatzpflichtig im Sinne des § 110 Absatz 4 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten.

(1) Der Träger der Sozialhilfe und die Agentur für Arbeit machen dem zuständigen Leistungsträger auf Verlangen die bei ihnen vorhandenen Unterlagen über die Gewährung von Leistungen für Personen, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende beantragt haben oder beziehen, zugänglich, soweit deren Kenntnis im Einzelfall für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch erforderlich ist.

(2) Die Bundesagentur erstattet den Trägern der Sozialhilfe die Sachkosten, die ihnen durch das Zugänglichmachen von Unterlagen entstehen; eine Pauschalierung ist zulässig.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(1) Führen die Länder die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, so regeln sie die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren. Wenn Bundesgesetze etwas anderes bestimmen, können die Länder davon abweichende Regelungen treffen. Hat ein Land eine abweichende Regelung nach Satz 2 getroffen, treten in diesem Land hierauf bezogene spätere bundesgesetzliche Regelungen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Artikel 72 Abs. 3 Satz 3 gilt entsprechend. In Ausnahmefällen kann der Bund wegen eines besonderen Bedürfnisses nach bundeseinheitlicher Regelung das Verwaltungsverfahren ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder regeln. Diese Gesetze bedürfen der Zustimmung des Bundesrates. Durch Bundesgesetz dürfen Gemeinden und Gemeindeverbänden Aufgaben nicht übertragen werden.

(2) Die Bundesregierung kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften erlassen.

(3) Die Bundesregierung übt die Aufsicht darüber aus, daß die Länder die Bundesgesetze dem geltenden Rechte gemäß ausführen. Die Bundesregierung kann zu diesem Zwecke Beauftragte zu den obersten Landesbehörden entsenden, mit deren Zustimmung und, falls diese Zustimmung versagt wird, mit Zustimmung des Bundesrates auch zu den nachgeordneten Behörden.

(4) Werden Mängel, die die Bundesregierung bei der Ausführung der Bundesgesetze in den Ländern festgestellt hat, nicht beseitigt, so beschließt auf Antrag der Bundesregierung oder des Landes der Bundesrat, ob das Land das Recht verletzt hat. Gegen den Beschluß des Bundesrates kann das Bundesverfassungsgericht angerufen werden.

(5) Der Bundesregierung kann durch Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Ausführung von Bundesgesetzen die Befugnis verliehen werden, für besondere Fälle Einzelweisungen zu erteilen. Sie sind, außer wenn die Bundesregierung den Fall für dringlich erachtet, an die obersten Landesbehörden zu richten.

(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.

(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1.
die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,
2.
die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, für das Bürgergeld nach § 19 Absatz 1 Satz 1 und 2 und die Leistungen nach § 27 Absatz 3, soweit diese Leistungen für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet werden, für die Leistungen nach § 24 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 und 2 sowie für die Leistungen nach § 28, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger).
Zu ihrer Unterstützung können sie Dritte mit der Wahrnehmung von Aufgaben beauftragen; sie sollen einen Außendienst zur Bekämpfung von Leistungsmissbrauch einrichten.

(2) Die Länder können bestimmen, dass und inwieweit die Kreise ihnen zugehörige Gemeinden oder Gemeindeverbände zur Durchführung der in Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 genannten Aufgaben nach diesem Gesetz heranziehen und ihnen dabei Weisungen erteilen können; in diesen Fällen erlassen die Kreise den Widerspruchsbescheid nach dem Sozialgerichtsgesetz. § 44b Absatz 1 Satz 3 bleibt unberührt. Die Sätze 1 und 2 gelten auch in den Fällen des § 6a mit der Maßgabe, dass eine Heranziehung auch für die Aufgaben nach § 6b Absatz 1 Satz 1 erfolgen kann.

(3) Die Länder Berlin, Bremen und Hamburg werden ermächtigt, die Vorschriften dieses Gesetzes über die Zuständigkeit von Behörden für die Grundsicherung für Arbeitsuchende dem besonderen Verwaltungsaufbau ihrer Länder anzupassen.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten, soweit die Leistungen von der Bundesagentur erbracht werden. Der Bundesrechnungshof prüft die Leistungsgewährung. Dies gilt auch, soweit die Aufgaben von gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b wahrgenommen werden. Eine Pauschalierung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten ist zulässig. Die Mittel für die Erbringung von Eingliederungsleistungen und Verwaltungskosten werden in einem Gesamtbudget veranschlagt.

(2) Der Bund kann festlegen, nach welchen Maßstäben die Mittel nach Absatz 1 Satz 4 auf die Agenturen für Arbeit zu verteilen sind. Bei der Zuweisung wird die Zahl der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten nach diesem Buch zugrunde gelegt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates andere oder ergänzende Maßstäbe für die Verteilung der Mittel nach Absatz 1 Satz 4 festlegen.

(3) Der Anteil des Bundes an den Gesamtverwaltungskosten der gemeinsamen Einrichtungen beträgt 84,8 Prozent. Durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen festlegen, nach welchen Maßstäben

1.
kommunale Träger die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei der Bundesagentur abrechnen, soweit sie Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 wahrnehmen,
2.
die Gesamtverwaltungskosten, die der Berechnung des Finanzierungsanteils nach Satz 1 zugrunde liegen, zu bestimmen sind.

(4) (weggefallen)

(5) Der Bund beteiligt sich zweckgebunden an den Ausgaben für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Absatz 1. Der Bund beteiligt sich höchstens mit 74 Prozent an den bundesweiten Ausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1. Es gelten landesspezifische Beteiligungsquoten, deren Höhe sich nach den Absätzen 6 bis 10 bestimmt.

(6) Der Bund beteiligt sich an den Ausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 ab dem Jahr 2016

1.
im Land Baden-Württemberg mit 31,6 Prozent,
2.
im Land Rheinland-Pfalz mit 37,6 Prozent sowie
3.
in den übrigen Ländern mit 27,6 Prozent.

(7) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich jeweils

1.
im Jahr 2018 um 7,9 Prozentpunkte,
2.
im Jahr 2019 um 3,3 Prozentpunkte,
3.
im Jahr 2020 um 27,7 Prozentpunkte,
4.
im Jahr 2021 um 26,2 Prozentpunkte sowie
5.
ab dem Jahr 2022 um 35,2 Prozentpunkte.

(8) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich jeweils um einen landesspezifischen Wert in Prozentpunkten. Dieser entspricht den Gesamtausgaben des jeweiligen Landes für die Leistungen nach § 28 dieses Gesetzes sowie nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes des abgeschlossenen Vorjahres geteilt durch die Gesamtausgaben des jeweiligen Landes für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 des abgeschlossenen Vorjahres multipliziert mit 100.

(9) Die in Absatz 6 genannten Prozentsätze erhöhen sich in den Jahren 2016 bis 2021 jeweils um einen weiteren landesspezifischen Wert in Prozentpunkten.

(10) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
die landesspezifischen Werte nach Absatz 8 Satz 1 jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das laufende Jahr rückwirkend anzupassen,
2.
die weiteren landesspezifischen Werte nach Absatz 9
a)
im Jahr 2019 für das Jahr 2020 festzulegen sowie für das laufende Jahr 2019 und das Vorjahr 2018 rückwirkend anzupassen,
b)
im Jahr 2020 für das Jahr 2021 festzulegen sowie für das laufende Jahr 2020 und das Vorjahr 2019 rückwirkend anzupassen,
c)
im Jahr 2021 für das laufende Jahr 2021 und das Vorjahr 2020 rückwirkend anzupassen,
d)
im Jahr 2022 für das Vorjahr 2021 rückwirkend anzupassen sowie
3.
die landesspezifischen Beteiligungsquoten jährlich für das Folgejahr festzulegen und für das laufende Jahr rückwirkend anzupassen sowie in den Jahren 2019 bis 2022 für das jeweilige Vorjahr rückwirkend anzupassen.
Die Festlegung und Anpassung der Werte nach Satz 1 Nummer 1 erfolgen in Höhe des jeweiligen Wertes nach Absatz 8 Satz 2 des abgeschlossenen Vorjahres. Für die Festlegung und Anpassung der Werte nach Satz 1 Nummer 2 werden auf der Grundlage statistischer Daten die Vorjahresausgaben eines Landes für Leistungen nach § 22 Absatz 1 für solche Bedarfsgemeinschaften ermittelt, in denen mindestens eine erwerbsfähige leistungsberechtigte Person, die nicht vor Oktober 2015 erstmals leistungsberechtigt war, über eine Aufenthaltsgestattung, eine Duldung oder eine Aufenthaltserlaubnis aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nach den §§ 22 bis 26 des Aufenthaltsgesetzes verfügt. Bei der Ermittlung der Vorjahresausgaben nach Satz 3 ist nur der Teil zu berücksichtigen, der nicht vom Bund auf Basis der geltenden landesspezifischen Werte nach Absatz 6 erstattet wurde. Die Festlegung und Anpassung der Werte nach Satz 1 Nummer 2 erfolgen in Höhe des prozentualen Verhältnisses der nach den Sätzen 3 und 4 abgegrenzten Ausgaben zu den entsprechenden Vorjahresausgaben eines Landes für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 für alle Bedarfsgemeinschaften. Soweit die Festlegung und Anpassung nach Satz 1 Nummer 1 und 2 zu landesspezifischen Beteiligungsquoten führen, auf Grund derer sich der Bund mit mehr als 74 Prozent an den bundesweiten Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 beteiligt, sind die Werte nach Absatz 7 proportional in dem Umfang zu mindern, dass die Beteiligung an den bundesweiten Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 nicht mehr als 74 Prozent beträgt. Soweit eine vollständige Minderung nach Satz 6 nicht ausreichend ist, sind anschließend die Werte nach Absatz 9 proportional in dem Umfang zu mindern, dass die Beteiligung an den bundesweiten Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 22 Absatz 1 nicht mehr als 74 Prozent beträgt.

(11) Die Anteile des Bundes an den Leistungen nach § 22 Absatz 1 werden den Ländern erstattet. Der Abruf der Erstattungen ist höchstens zweimal monatlich zulässig. Soweit eine Bundesbeteiligung für Zahlungen geltend gemacht wird, die wegen des fristgerechten Eingangs beim Empfänger bereits am Ende eines Haushaltsjahres geleistet wurden, aber erst im folgenden Haushaltsjahr fällig werden, ist die für das folgende Haushaltsjahr geltende Bundesbeteiligung maßgeblich. Im Rahmen der rückwirkenden Anpassung nach Absatz 10 Satz 1 wird die Differenz, die sich aus der Anwendung der bis zur Anpassung geltenden landesspezifischen Beteiligungsquoten und der durch die Verordnung rückwirkend geltenden landesspezifischen Beteiligungsquoten ergibt, zeitnah im Erstattungsverfahren ausgeglichen. Die Gesamtausgaben für die Leistungen nach § 28 sowie nach § 6b des Bundeskindergeldgesetzes sowie die Gesamtausgaben für Leistungen nach § 22 Absatz 1 sind durch die Länder bis zum 31. März des Folgejahres zu ermitteln und dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales mitzuteilen. Bei der Ermittlung ist maßgebend, dass diese Ausgaben im entsprechenden Jahr vom kommunalen Träger tatsächlich geleistet wurden; davon abweichend sind geleistete Ausgaben in Fällen des Satzes 3 den Gesamtausgaben des Jahres zuzurechnen, in dem sie fällig geworden sind. Die Ausgaben nach Satz 6 sind um entsprechende Einnahmen für die jeweiligen Leistungen im entsprechenden Jahr zu mindern. Die Länder gewährleisten, dass geprüft wird, dass die Ausgaben der kommunalen Träger nach Satz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

Tenor

1. § 6a Absatz 2 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 ist mit Artikel 28 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 70 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er anordnet, dass der Antrag in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder bedarf. Die Vorschrift gilt für bestehende Zulassungen fort.

Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer zu 1. die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die rechtliche Stellung sogenannter Optionskommunen nach der Aufnahme von Art. 91e in das Grundgesetz und der Neuregelung der Leistungsträgerschaft und Aufgabenwahrnehmung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112).

I.

2

1. Im Rahmen ihres "Zukunftsprogramms Agenda 2010" legten die Bundesregierung und die sie tragenden Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Herbst 2003 mehrere Gesetzentwürfe für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vor, darunter den Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BTDrucks 15/1516). Wesentliches Anliegen dieses Entwurfs war es, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Arbeitslose zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammenzuführen, um sie als einheitliche Leistung "aus einer Hand" anbieten zu können. Damit sollten Doppelstrukturen in der Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeverwaltung, die als ineffizient empfunden wurden, beseitigt und der angespannten Finanzlage der Kommunen Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 41 f.).

3

a) Diese Zielsetzung bedingte grundlegende Änderungen in der Organisation der Leistungsverwaltung. Im Gesetzgebungsverfahren waren deshalb neben der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende insbesondere die Fragen der Leistungsträgerschaft und der Finanzierungsverantwortung umstritten. Ein Teil der Länder und der Deutsche Landkreistag strebten eine kommunale Trägerschaft an, während andere Länder, der Bund, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Deutsche Städtetag die Bundesagentur für Arbeit als alleinige Trägerin der Leistungen durchsetzen wollten.

4

Nach einem langwierigen Gesetzgebungsverfahren (zu den Einzelheiten vgl. BVerfGE 119, 331 <332 ff.>) wurde das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 24. Dezember 2003 beschlossen und am 29. Dezember 2003 verkündet (BGBl I S. 2954).

5

Eine Vorschrift über die Option für eine kommunale Trägerschaft (§ 6a SGB II a.F.) war kurzfristig in das Gesetz aufgenommen, die Ausgestaltung im Einzelnen einem weiteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten worden. Dessen Eckpunkte wurden in gleichlautenden Entschließungsanträgen des Deutschen Bundestages und des Bundesrates festgelegt (BTDrucks 15/2264; BRDrucks 943/03 ) und führten unter anderem zu einer Änderung der §§ 6 ff. und § 44b SGB II a.F. durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 2014).

6

Um verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Finanzierung der mit der Trägerschaft verbundenen Ausgaben aus Bundesmitteln auszuräumen, hatte der Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehen, dass die kommunalen Träger als Organe der Bundesagentur tätig werden sollten (vgl. BTDrucks 15/2816, S. 11 f.), wovon im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens jedoch Abstand genommen wurde. Der im Vermittlungsverfahren neu gefasste § 6b SGB II a.F. sprach in der Überschrift stattdessen von der "Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger", ohne diese Rechtsstellung weiter zu thematisieren. Hinsichtlich der Finanzierung wurde - gestützt auf Art. 106 Abs. 8 GG - bestimmt, dass der Bund die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten trägt, mit Ausnahme der Aufwendungen für die Aufgaben, die auch die nicht optierenden Kommunen selbst zu tragen haben. Darüber hinaus wurden unter anderem eine Experimentierklausel (§ 6a SGB II a.F.), ein Anspruch der kommunalen Träger auf Aufwendungs- und Verwaltungskostenerstattung durch den Bund (§ 6b Abs. 2 SGB II a.F.) und Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes (§ 6b Abs. 3 SGB II) vorgesehen.

7

b) Um die Zulassung als kommunale Träger bewarben sich 67 Gemeindeverbände und sechs kreisfreie Städte. Mit der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Kommunalträger-Zulassungsverordnung - KomtrZV) vom 24. September 2004 (BGBl I S. 2349) ließ das damals zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 69 Antragsteller als Optionskommunen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 zu.

8

2. Mit Urteil vom 20. Dezember 2007 (BVerfGE 119, 331 ff.) entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass die in § 44b SGB II a.F. geregelte Pflicht der Kreise zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften und die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung derselben mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG unvereinbar war. Die Vorschrift bleibe jedoch bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar, wenn der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung treffe. Ordne der Gesetzgeber an, dass Aufgaben gemeinsam von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden wahrgenommen werden, sei für die verfassungsrechtliche Prüfung auch entscheidend, ob die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern gemäß Art. 83 ff. GG eingehalten würden. Überschreite der Gesetzgeber die ihm dort gesetzten Grenzen eines zulässigen Zusammenwirkens von Bundes- und Landesbehörden, führe dies zugleich zu einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Die Kompetenzaufteilung nach Art. 83 ff. GG sei eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips. Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern seien grundsätzlich getrennt und könnten auch mit Zustimmung der Beteiligten nur in den vom Grundgesetz vorgesehenen Fällen zusammengeführt werden. Das Grundgesetz schließe, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, eine sogenannte Mischverwaltung aus. Dies gelte auch für das Verhältnis von Bund und Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände seien staatsorganisationsrechtlich wie finanzverfassungsrechtlich den Ländern zugeordnet und blieben hinsichtlich der grundgesetzlichen Verteilung der Verwaltungskompetenzen Teil der Länder.

9

Die Arbeitsgemeinschaften seien als Gemeinschaftseinrichtung von Bundesagentur und kommunalen Trägern nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht vorgesehen. Nach der Systematik des Grundgesetzes werde der Vollzug von Bundesgesetzen entweder von den Ländern oder vom Bund, nicht hingegen zugleich von Bund und Land oder einer von beiden geschaffenen dritten Institution wahrgenommen. Zwar bedürfe das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich der Verwaltung nicht in jedem Fall einer besonderen verfassungsrechtlichen Ermächtigung. Es widerspreche allerdings der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, wenn in weitem Umfang Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes im Aufgabenbereich der Länder ohne entsprechende verfassungsrechtliche Ermächtigung vorgesehen würden. Eine Ausnahme von den Art. 83 ff. GG bedürfe daher eines besonderen sachlichen Grundes und könne nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht kommen. Unabhängig davon, dass ein Abweichen von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes schon wegen Bedeutung und Umfang der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausscheide, fehle es auch an einem hinreichenden sachlichen Grund, der eine gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnte. Das Anliegen, die Grundsicherung für Arbeitsuchende "aus einer Hand" zu gewähren, sei zwar ein sinnvolles Regelungsziel; dieses könne aber sowohl dadurch erreicht werden, dass der Bund für die Ausführung den Weg des Art. 87 GG wähle, als auch dadurch, dass der Gesamtvollzug nach der Grundregel des Art. 83 GG insgesamt den Ländern als eigene Angelegenheit überlassen werde. Ein sachlicher Grund zur Vermischung beider Varianten bestehe nicht.

10

3. Nach Verkündung des Urteils wurde von den politisch Verantwortlichen eine Neuregelung der für verfassungswidrig erklärten Verwaltungsstruktur in Angriff genommen. Nach längerer Debatte wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) vom 21. Juli 2010 (BGBl I S. 944) in den Abschnitt VIIIa "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" ein neuer Art. 91e eingefügt. Dieser ist am 26. Juli 2010 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 27. Juli 2010 in Kraft getreten. Er lautet:

Artikel 91e

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

11

4. Parallel zur Änderung des Grundgesetzes beschloss der Bundestag das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112), das am 10. August 2010 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und - soweit entscheidungserheblich - zum 11. August 2010 (§ 6a SGB II) beziehungsweise 1. Januar 2011 (§ 6b SGB II) in Kraft getreten ist. Durch dieses Gesetz erhielten die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Vorschriften ihre streitgegenständliche Fassung. Sie haben folgenden Wortlaut:

§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,

2. die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, §§ 22 und 23 Abs. 3, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger). […]

(2) und (3) …

§ 6a Zugelassene kommunale Träger

(1) Die Zulassungen der auf Grund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1. geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,

2. sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,

3. sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,

4. sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und

5. sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.

Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung auf Grund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

§ 6b Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind an Stelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 9 bleibt unberührt.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

§ 44b Gemeinsame Einrichtung

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. […]

(2) bis (6) …

§ 47 Aufsicht

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesagentur, soweit dieser nach § 44b Absatz 3 ein Weisungsrecht gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen zusteht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der Bundesagentur Weisungen erteilen und sie an seine Auffassung binden; es kann organisatorische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen des Bundes an der Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende treffen.

(2) Die zuständigen Landesbehörden führen die Aufsicht über die kommunalen Träger, soweit diesen nach § 44b Absatz 3 ein Weisungsrecht gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen zusteht. Im Übrigen bleiben landesrechtliche Regelungen unberührt.

(3) Im Aufgabenbereich der Trägerversammlung führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Rechtsaufsicht über die gemeinsamen Einrichtungen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde. Kann ein Einvernehmen nicht hergestellt werden, gibt der Kooperationsausschuss eine Empfehlung ab. Von der Empfehlung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nur aus wichtigem Grund abweichen. Im Übrigen ist der Kooperationsausschuss bei Aufsichtsmaßnahmen zu unterrichten.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den Absätzen 1 und 3 auf eine Bundesoberbehörde übertragen.

(5) Die aufsichtführenden Stellen sind berechtigt, die Wahrnehmung der Aufgaben bei den gemeinsamen Einrichtungen zu prüfen.

§ 48 Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger

(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.

(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.

12

5. Aufgrund des § 6a Abs. 3 SGB II erließ das nunmehr zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 12. August 2010 die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (KtEfV; BGBl I S. 1155). Soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, lauten deren Vorschriften:

§ 1 Zulassungsverfahren

(1) Kommunale Träger können gemäß § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen werden, wenn sie die in § 6a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Voraussetzungen erfüllen und die dort benannte Höchstgrenze nicht überschritten ist. Die kommunalen Träger treten insoweit an die Stelle der für ihr Gebiet jeweils zuständigen Agentur für Arbeit.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden legen unter Berücksichtigung der Höchstgrenze des § 6a Absatz 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch einvernehmlich fest, wie viele kommunale Träger in einem Land jeweils zugelassen werden können.

(3) Stellen in einem Land mehr kommunale Träger einen Antrag auf Zulassung, als auf dieses auf Grund des Verteilungsschlüssels nach Absatz 2 entfallen, schlägt die oberste Landesbehörde dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. März 2011 vor, in welcher Reihenfolge die antragstellenden kommunalen Träger aus dem jeweiligen Land zugelassen werden. Die jeweils am höchsten gereihten kommunalen Träger werden entsprechend dem Verteilungsschlüssel nach Absatz 2 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bis zur Höchstgrenze des § 6a Absatz 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen.

(4) […]

§ 2 Voraussetzungen der Eignungsfeststellung

(1) Zur Feststellung der Eignung und Bestimmung der Reihenfolge haben die antragstellenden kommunalen Träger mit dem Antrag bei der zuständigen obersten Landesbehörde Konzepte zu ihrer Eignung zur alleinigen Aufgabenwahrnehmung nach § 3 einzureichen und die Verpflichtungserklärungen nach § 6a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzugeben.

(2) Zur Bewertung der eingereichten Konzepte erstellen die zuständigen obersten Landesbehörden eine Bewertungsmatrix, anhand derer die zuständigen obersten Landesbehörden eine Punktzahl vergeben. Der kommunale Träger muss bei jedem Kriterium eine von der zuständigen obersten Landesbehörde festzulegende Mindestpunktzahl erzielen. Die summierten Einzelwerte müssen ihrerseits eine von der zuständigen obersten Landesbehörde zu bestimmende Mindestpunktzahl ergeben. Die erreichte Punktzahl ist auch maßgeblich für die Platzierung in der für das jeweilige Land von der zuständigen obersten Landesbehörde zu erstellenden Reihenfolge.

§ 3 Eignungskriterien

(1) Der kommunale Träger stellt in dem Konzept nach § 2 Absatz 1 die organisatorische Leistungsfähigkeit seiner Verwaltung dar. Dieses muss zu folgenden Bereichen Angaben enthalten:

1. infrastrukturelle Voraussetzungen,

2. Personalqualifizierung,

3. Aktenführung und Rechnungslegung und

4. bestehende und geplante Verwaltungskooperationen sowie Kooperationen mit Dritten.

(2) Der kommunale Träger stellt zum Nachweis seiner Fähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben und Ziele nach § 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch dar,

1. mit welchem Konzept und mit welchem Erfolg er sich seit 2003 arbeitsmarktpolitisch engagiert hat und wie dieses Engagement künftig ausgestaltet werden soll,

2. nach welchen Grundsätzen und in welchem Umfang er seit 2005 kommunale Eingliederungsleistungen erbracht hat und wie die Erbringung kommunaler Eingliederungsleistungen künftig ausgestaltet werden soll,

3. wie die kommunalen Eingliederungsleistungen bisher mit Leistungen der Agenturen für Arbeit verknüpft wurden und zukünftig verknüpft werden sollen,

4. nach welchen Zweckmäßigkeitserwägungen die arbeitsmarktpolitischen Leistungen erbracht werden sollen und

5. wie das Eingliederungsbudget verwendet und eine bürgerfreundliche und wirksame Arbeitsvermittlung aufgebaut werden soll.

(3) Der kommunale Träger legt ein Konzept für eine überregionale Arbeitsvermittlung vor.

(4) Der kommunale Träger legt ein Konzept für ein transparentes internes System zur Kontrolle der recht- und zweckmäßigen Leistungserbringung und Mittelverwendung vor.

(5) Der kommunale Träger legt ein Konzept für den Übergang der in seinem Gebiet bestehenden Aufgabenwahrnehmung in die zugelassene kommunale Trägerschaft vor. Das Konzept umfasst einen Arbeits- und Zeitplan zur Vorbereitung der Trägerschaft, zur rechtlichen und tatsächlichen Abwicklung der bestehenden Trägerform sowie zur Überführung des Daten- und Aktenbestandes und des Eigentums in die zugelassene kommunale Trägerschaft.

13

6. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4) sollten insgesamt 110 kommunale Träger für die Grundsicherung für Arbeitslose zugelassen werden, wobei die Betrauung der bereits unter der alten Rechtslage zugelassenen Träger nicht in Frage gestellt werden sollte (§ 6a Abs. 1 und Abs. 2 SGB II). Um die noch zur Verteilung anstehenden 41 Plätze bewarben sich bundesweit 77 Gemeinden und Gemeindeverbände. Mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu 1. hatten alle Antragsteller das von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II geforderte Zwei-Drittel-Quorum in ihren zuständigen Vertretungskörperschaften erreicht. Im Kreistag des Beschwerdeführers zu 1. hatten in der Sitzung vom 25. Oktober 2010 von den 60 Mitgliedern des Kreistages jedoch nur 36 mit "Ja" gestimmt, 19 mit "Nein"; fünf Mitglieder waren entschuldigt abwesend. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erließ am 14. April 2011 sodann die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung (BGBl I S. 645) und ließ 41 Gemeinden und Gemeindeverbände mit Wirkung zum 1. Januar 2012 als Optionskommunen neu zu. Die Beschwerdeführer zu 1. bis 15. wurden nicht zugelassen. Der Beschwerdeführer zu 16. ist hingegen bereits seit dem 1. Januar 2005 zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

II.

14

Zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerden tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

15

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II sei zulässig (a) und begründet (b).

16

a) Der Beschwerdeführer zu 1. sei von der gesetzlichen Vorschrift unmittelbar, selbst und gegenwärtig betroffen. Die Kommunen würden von § 6a Abs. 2 SGB II vor die Wahl gestellt, die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende in alleiniger Verantwortung wahrzunehmen oder sie in einer gemeinsamen Einrichtung zu erfüllen. Die den kreisfreien Städten und Kreisen spezialgesetzlich in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zugeordneten Aufgaben und die Aufgaben, die von Optionskommunen nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6a ff. SGB II wahrgenommen würden, fielen in den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Mit der Festschreibung einer Zwei-Drittel-Mehrheit für den Antrag auf Zulassung in § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II greife der Bundesgesetzgeber in die kommunale Binnenorganisation ein. Eines weiteren Vollzugsakts bedürfe es nicht.

17

b) Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG sei eröffnet, denn der Antragstellung komme eine "weichenstellende Bedeutung" zu. Sie sei nach der gesetzlichen Konzeption Voraussetzung für eine alleinige Aufgabenwahrnehmung; andernfalls bleibe nur die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen. Das erhöhte Mehrheitserfordernis erschwere diese Entscheidung und greife damit in die Selbstverwaltungsgarantie ein. Der Eingriff sei verfassungswidrig, weil der Bund über keine Gesetzgebungszuständigkeit verfüge. Im Bundesstaat des Grundgesetzes seien die Kommunen den Ländern zugeordnet; die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht liege gemäß Art. 70 GG ausschließlich bei diesen. Zwar sei der Bund zu kommunalrelevanten, nicht jedoch zu kommunalspezifischen Regelungen befugt. Er dürfe insbesondere keine Regelungen erlassen, welche die innere Kommunalverfassung beträfen. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II könne - auch wenn er als "Zulassungskriterium" deklariert worden sei - vor diesem Hintergrund nicht auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) gestützt werden, denn nach seinem Gehalt betreffe er allein die kommunalinterne Willensbildung. Art. 91e Abs. 3 GG stelle insoweit keine Ausnahme zu Art. 70 GG dar, sondern knüpfe an die nach Art. 74 Abs. 1 GG bestehende Kompetenzverteilung an. Für eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs sei schließlich kein Raum. Das Antragserfordernis sei zwar von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gedeckt; der Antrag selbst müsse jedoch von den zuständigen Organen (Kreistag, Gemeinderat) nach landesrechtlichen Vorschriften gestellt werden.

18

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15.gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II seien ebenfalls zulässig (a) und begründet (b).

19

a) Die Beschwerdeführer zu 2. bis 15. seien von der gesetzlichen Quotierung unmittelbar betroffen, auch wenn noch Zwischenschritte zur endgültigen Entscheidung über die Zulassung erforderlich gewesen seien, wie die Bewerbung von mehr als einem Viertel der Kommunen, eine Reihung und die Aufteilung auf Länderkontingente; denn diese Zwischenschritte seien gerichtlich nicht überprüfbar. Die Beschwerdebefugnis ergebe sich bereits aus der Begrenzung der Optionskommunen auf höchstens 25 Prozent. Diese beschneide die kommunale Entscheidungsfreiheit, sei gleichheitswidrig und willkürlich. Es handele sich dabei um eine objektive Zulassungsbeschränkung, auf deren Erfüllung die einzelne Kommune keinen Einfluss habe. Die länderbezogene Kontingentierung habe zudem zur Folge, dass in Ländern mit einer großen Zahl von Antragstellern Bewerber nicht zugelassen worden seien, die in einem anderen Land ohne weiteres zugelassen worden wären. Darin liege ein besonders intensiver Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot.

20

b) Entschließe sich der Gesetzgeber, über die bereits zugelassenen Optionskommunen hinaus weitere Gemeinden und Gemeindeverbände zuzulassen, sei dies an der Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu messen. Art. 91e GG sehe nur ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor. § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II beschränke die neu zuzulassenden Optionskommunen dagegen auf 25 Prozent der Aufgabenträger. Der Sache nach handele es sich bei dieser Quote um einen tagespolitischen Kompromiss, den der Gesetzgeber umgesetzt habe, ohne abweichende Erwägungen anzustellen oder ein Regelwerk für eine nachvollziehbare Zulassungsreihenfolge vorzugeben. Die auf Art. 91e Abs. 3 GG basierenden gesetzlichen Regelungen müssten verfassungskonform ausgelegt werden, damit sie nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstießen. Für den Fall eines Überhangs an Antragstellern müsse der Gesetzgeber ein Verteilungsverfahren normieren, das die Auswahl der besten Antragsteller gewährleiste. Das sei bisher nicht der Fall. Die geltenden Regelungen sähen keine Bewertung der Qualität der Antragsteller vor. Das Verfahren genüge auch nicht dem Grundsatz der interkommunalen Gleichbehandlung, wenn es in § 1 Abs. 2 KtEfV den Ländern überlassen werde, wie viele kommunale Träger in einem Land zugelassen würden, unabhängig von der Zahl der antragsberechtigten Kommunen und konkreten Antragsteller sowie ihrer qualitativen Bewertung.

21

3. Schließlich sei auch die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 3, § 6b Abs. 4 SGB II zulässig (a) und begründet (b).

22

a) Die Verfassungsbeschwerde sei insbesondere fristgerecht erhoben worden. Durch die Novellierung im Jahr 2010 habe § 6b Abs. 3 SGB II eine den Beschwerdeführer zu 16. stärker belastende Wirkung erhalten als zuvor. § 6b Abs. 3 und Abs. 4 SGB II sähen Prüfbefugnisse des Bundes vor, obwohl die betroffenen Aufgaben von den Kommunen als Selbstverwaltungsaufgaben wahrgenommen würden, die Länder die Aufsicht führten und keinerlei Verwaltungsbefugnisse des Bundes bestünden. Diese Prüfbefugnisse griffen in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ein und seien nicht durch Art. 91e GG gedeckt.

23

b) Bei einem Auseinanderfallen von Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeit sei für die Prüfbefugnis auf die Verwaltungszuständigkeit abzustellen. Bei der Aufgabenwahrnehmung nach den §§ 6a ff. SGB II bestünden jedoch keine Verwaltungsbefugnisse des Bundes; die Aufsicht werde von den Ländern ausgeübt. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus Art. 91e Abs. 2 und Abs. 3 GG. Für Prüfbefugnisse des Bundes sei daher kein Raum. Andernfalls sähen sich die Kommunen drei Prüfungsinstanzen ausgesetzt: den kommunalen Gemeinschaftseinrichtungen (Kommunalprüfungsämtern), der Aufsicht des Landes und der des Bundes.

24

Die Datenerhebung durch den Bundesrechnungshof sei nicht anders zu beurteilen als die Informationsbeschaffung durch die Bundesverwaltung. Die Befugnisse des Bundesrechnungshofes seien weder im Sinne ihrer Effektivierung großzügig auszulegen noch von der Finanzierungskompetenz des Bundes her zu begründen, sondern folgten den Verwaltungskompetenzen des Bundes. Von der Kontrolle durch den Bundesrechnungshof gingen im Übrigen, etwa durch öffentlichen Druck und politische Reaktionen, auch dann Einwirkungen auf die Rechtssphäre Dritter aus, wenn er keine unmittelbar eingreifenden und belastenden Entscheidungen treffe.

25

Der Bund trage nach § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II die Aufwendungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Vor Inkrafttreten des Art. 91e GG seien die Aufwendungen im Rahmen des Sonderlastenausgleichs nach Art. 106 Abs. 8 GG erstattet worden. Dies habe die Verwaltungszuständigkeiten jedoch unberührt gelassen, so dass § 6b Abs. 3 SGB II nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 6a ZuInvG bereits damals verfassungswidrig gewesen sei und die Gesetzesbegründung zu Art. 91e GG (BTDrucks 17/1554, S. 5) somit auf eine verfassungswidrige Rechtslage beziehungsweise Praxis Bezug nehme. Daran ändere auch Art. 91e GG nichts. Wie Art. 106 Abs. 8 GG ("erforderliche"), so knüpfe auch Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ("notwendige") an materiell-rechtliche Vorgaben an. Er lasse sich auch nicht als Ausnahme zu Art. 84 Abs. 3 GG verstehen. Für die Bundesaufsicht über die Länder verbleibe es vielmehr bei den allgemeinen Regeln der Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG.

III.

26

Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und alle Landesregierungen hatten Gelegenheit zur Äußerung. Von den Äußerungsberechtigten hat nur die Bundesregierung eine Stellungnahme abgegeben.

27

1. a) Die Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer zu 1. sei von der angegriffenen Vorschrift nicht unmittelbar betroffen, weil die Zulassungsentscheidung durch Rechtsverordnung erfolge, in deren Rahmen die Zulassungsvoraussetzungen geprüft würden. Um den fachgerichtlichen Rechtsweg zu erschöpfen, hätte der Beschwerdeführer zu 1. zudem Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erheben müssen; jedenfalls wäre dies aufgrund des Grundsatzes der materiellen Subsidiarität geboten gewesen, um die sachnäheren Fachgerichte mit der Sache befassen zu können. Im Übrigen fehle die für die Beschwerdebefugnis erforderliche Kausalität zwischen der angegriffenen Rechtsnorm und der behaupteten Rechtsverletzung, denn auch bei Erreichen der Zwei-Drittel-Mehrheit hätte der Beschwerdeführer zu 1. mangels Eignung nicht als Optionskommune zugelassen werden können.

28

b) Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. sei aber jedenfalls unbegründet, weil es bereits an einem Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie fehle. Deshalb könne auch das Fehlen einer - in der Sache durchaus vorhandenen - Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gerügt werden.

29

aa) Die kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG folge nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle, so dass kompetenzwidrige Gesetzgebungsakte nur dann mit Erfolg angegriffen werden könnten, wenn sie zugleich einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellten. Dies sei hier nicht der Fall. Ein Eingriff in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG scheide schon deshalb aus, weil dem Beschwerdeführer zu 1. nach den Feststellungen des zuständigen Bayerischen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung die nach § 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II erforderliche fachliche Eignung gefehlt habe und das qualifizierte Mehrheitserfordernis somit für die behauptete Rechtsverletzung schon nicht ursächlich sei; der Beschwerdeführer zu 1. hätte auch bei Erreichen des Quorums nicht als kommunaler Träger zugelassen werden können.

30

Art. 28 Abs. 2 GG begründe aber auch keinen Anspruch auf Zulassung als kommunaler Träger und auf alleinige Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Im Gegenteil: Bei Gemeindeverbänden beschränke sich der Schutz des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG von vornherein auf den gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich. Regelungen wie § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II erschwerten zwar die Aussichten auf eine Zulassung als kommunaler Träger, griffen aber nicht in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Wäre der Beschwerdeführer zu 1. früher als Optionskommune zugelassen worden, griffe auch der Entzug dieser Aufgabe nicht in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein; umso weniger könne dies bei einer vorenthaltenen Zulassung der Fall sein. Aus Art. 91e GG folge nichts anderes, denn dieser sehe als Regelfall die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen vor; diese verfassungsrechtliche Vorgabe präge zugleich den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG.

31

Ein Eingriff liege auch nicht unter dem - nicht gerügten - Gesichtspunkt der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung vor. Diese sei den Gemeindeverbänden ebenfalls nur nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet. Bei ihrer inhaltlichen Ausgestaltung müsse der Gesetzgeber nur sicherstellen, dass der Kernbereich der Selbstverwaltung unangetastet bleibe. Gesetzliche Vorgaben bedürften lediglich eines am Gemeinwohl orientierten, rechtfertigenden Grundes, der sich im vorliegenden Fall aus der Gesetzesbegründung ergebe.

32

bb) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II sei keine Regelung des allgemeinen Kommunalverfassungsrechts, sondern eine Regelung über die Organisation der Aufgabenerledigung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Insoweit folge die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, der auch die Befugnis einschließe, die Organisation der Aufgabenerledigung zu regeln. Zur Organisation in diesem Sinne gehöre die Frage, ob und inwieweit Kommunen die Aufgaben in gemeinsamen Einrichtungen oder alleine wahrnehmen und unter welchen Voraussetzungen sie als kommunale Träger zugelassen werden können. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II enthalte eine Zulassungsvoraussetzung; gesetzessystematisch handele es sich dabei um eine Konkretisierung des Antragserfordernisses. Das qualifizierte Mehrheitserfordernis solle die Nachhaltigkeit der Aufgabenwahrnehmung sicherstellen, was ebenfalls für eine Einordnung als Zulassungsvoraussetzung spreche. Auch aus Art. 91e Abs. 3 GG folge, dass dem Bundesgesetzgeber die Ausgestaltung der Zulassungskriterien obliege. Dass die Vorschrift formal Anforderungen an ein Entscheidungsorgan der Kommune stelle, mache sie noch nicht zu einer kommunalverfassungsrechtlichen Regelung. Einzelne Regelungen dürften insoweit nicht aus dem Regelungszusammenhang gelöst werden; komme eine Zugehörigkeit zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, sei auf den Schwerpunkt abzustellen. Der Schwerpunkt von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II liege nach der gesetzgeberischen Zielsetzung auf den Anforderungen an die Zulassung als kommunaler Träger. Das Kommunalverfassungsrecht werde durch die Regelung allenfalls reflexhaft betroffen.

33

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. seien ebenfalls unzulässig (a), jedenfalls aber unbegründet (b).

34

a) Auch den Beschwerdeführern zu 2. bis 15. fehle es insoweit an der unmittelbaren Betroffenheit. Hinzu komme, dass das 25-Prozent-Kontingent nicht nur der Umsetzung, sondern auch der Konkretisierung durch Rechtsverordnung bedürfe. Mit der Begrenzung des Kontingents auf 25 Prozent allein stehe noch nicht fest, welche Kommunen insoweit nachteilig betroffen seien. Zudem seien die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. nicht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG, die Beschwerdeführerin zu 2. nicht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG beschwerdebefugt. Da es sich nicht um Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft handele, griffen gesetzliche Regelungen, die die Aussichten auf eine Zulassung als kommunaler Träger erschwerten, weder in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch in den des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Etwas anderes folge auch nicht aus Art. 91e GG, denn dieser bestimme die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen zum Regelfall. Schließlich sei auch insoweit der Rechtsweg nicht erschöpft beziehungsweise dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht Genüge getan worden, weil die Beschwerdeführer zu 2. bis 15. keine atypische Feststellungsklage vor den Sozialgerichten erhoben hätten.

35

b) § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II verletze weder Art. 28 Abs. 2 GG noch das Willkürverbot oder das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

36

aa) Die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. könnten sich nur auf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleiste dieser lediglich, dass den Kreisen ein Mindestbestand an Aufgaben zugewiesen wird, was offensichtlich der Fall sei. Soweit die Beschwerdeführerin zu 2. sich auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG berufen könne, liege ebenfalls keine Verletzung vor, weil es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht um Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft handele.

37

bb) Das Willkürverbot sei nur verletzt, wenn sich schlechthin kein sachgerechter Grund für eine Maßnahme finden lasse oder wenn diese unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sei. Dies sei nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Gestaltungspielraum genutzt. Zudem gebe es sachliche Gründe für die Begrenzung, weil damit die Vorgabe eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses durch Art. 91e GG umgesetzt worden sei.

38

cc) Die von den Beschwerdeführern insoweit gerügte Ungleichbehandlung - Zulassung sämtlicher Antragsteller in drei Ländern aufgrund des dortigen Kontingents und der fehlenden Antragskonkurrenz, nicht aber Zulassung der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. - ergebe sich nicht aus der Begrenzung der Zahl der neu zuzulassenden kommunalen Träger, sondern aus deren Aufteilung auf die von den Ländern gemäß der Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vereinbarten Länderkontingente.

39

3. Auch der Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. müsse der Erfolg versagt bleiben.

40

a) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 3 SGB II richte, sei sie verfristet. Die Vorschrift sei bereits am 6. August 2004 in Kraft getreten. Weder § 6b Abs. 4 SGB II n.F. noch Art. 91e GG enthielten insoweit neue, belastende Wirkungen. Im Übrigen sei Art. 91e GG am 27. Juli 2010 in Kraft getreten, sodass die Jahresfrist auch dann verstrichen wäre, wenn man dieser Vorschrift neue Belastungen im Hinblick auf das Schutzgut des Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG zuschreiben wollte. Soweit § 6b Abs. 4 SGB II angegriffen werde, fehle es an einer gegenwärtigen Beschwer, weil es vollkommen ungewiss sei, ob der Beschwerdeführer von einer anlasslosen Vor-Ort-Überprüfung jemals betroffen sein werde.

41

b) Die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 4 SGB II sei jedenfalls unbegründet. In der Entscheidung zum Zukunftsinvestitionsgesetz (BVerfGE 127, 165 ff.) habe das Bundesverfassungsgericht offengelassen, ob Prüfbefugnisse des Bundes die Finanzhoheit der Gemeinden beeinträchtigten. Die Schranken der Finanzkontrolle des Bundes gegenüber den Ländern seien vielmehr aus dem Grundsatz der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern (Art. 109 Abs. 1 GG) sowie der Zuweisung der Erfüllung staatlicher Aufgaben an die Länder (Art. 30 GG) abgeleitet worden. Auf diese Bestimmungen könnten sich Gemeindeverbände im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde jedoch nicht berufen.

42

Die Kompetenz des Bundes für die Anordnung von Prüfbefugnissen sowohl des Bundesrechnungshofes als auch des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales folge aus Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Art. 91e GG stelle die Beziehung zwischen Bund und Optionskommune auf eine eigene verfassungsrechtliche Grundlage und enthalte nicht nur die Abstützung der Optionskommunen und der Kostenbeteiligung des Bundes, sondern auch eine Ermächtigung des Bundes zur Einrichtung einer Finanzkontrolle. Er sei insoweit eine Ausnahmevorschrift zu Art. 83 ff. und Art. 104a ff. GG. Art. 91e GG beschränke die Kostentragungspflicht des Bundes auf "notwendige Ausgaben", so dass auch eine Kontrolle erforderlich sei, ob die Ausgaben für diese Zwecke tatsächlich eingesetzt würden. Die materielle Beschränkung der Finanzierungspflicht begründe mit anderen Worten eine entsprechende Kontrollbefugnis des Bundes und eine Informationspflicht der Begünstigten. Dies belegten auch die Gesetzgebungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Eine "verfassungssystematische" Auslegung zeige überdies, dass Art. 91e Abs. 2 GG dem Bund die Möglichkeit eröffne, anlasslose Vor-Ort-Prüfungen zuzulassen. Insoweit handele es sich um eine Ausnahmevorschrift zu Art. 84 f. und Art. 30 GG.

43

Die Prüfbefugnisse des Bundes hätten keine aufsichtsgleiche Wirkung. Zwar bestehe ein Risiko von Rückforderungen, wenn eine Kommune am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) teilnehme und der Bund ihr somit Mittel vorstrecke; dieses Risiko wurzele aber im rechtswidrigen Mitteleinsatz, nicht in den Prüfbefugnissen des Bundes. Diese erleichterten allenfalls die Aufdeckung. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung liege nicht in den Händen des Bundesministeriums, sondern der Sozialgerichte. Somit seien die Prüfbefugnisse des § 6b Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB II ebenso verfassungskonform wie die anlasslosen Überprüfungen vor Ort (§ 6b Abs. 4 Satz 3 SGB II). § 6b Abs. 4 Satz 1 SGB II sei auf die Feststellung des Sachverhalts und dessen Bewertung beschränkt. Das entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung zu § 6a Satz 3 ZuInvG und finde seine Stütze in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Die Vorschrift begründe keine Befugnis zur aktiven Informationsbeschaffung, sondern setze die Verfügbarkeit der zur Prüfung benötigten Informationen voraus. § 6b Abs. 4 Satz 2 SGB II knüpfe an eine freiwillige Entscheidung der Optionskommune zur Teilnahme an dem Informations- und Kontrollsystem an, während § 6b Abs. 4 Satz 3 SGB II eine Befugnis des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales statuiere, Informationen vor Ort zu erheben. Dies sei von Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG gedeckt und diene der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen in Fällen, in denen die von den zugelassenen kommunalen Trägern im automatisierten Verfahren abgerufenen Bundesmittel rechtswidrig verwendet worden seien.

44

c) Schließlich sei auch die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 3 SGB II zumindest unbegründet. Durch die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes werde die Selbstverwaltungsgarantie ebenfalls nicht beeinträchtigt. Weder Art. 109 Abs. 1 GG noch Art. 30 GG begründeten eine für die Kommunen wehrfähige Position. Zudem sei Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG im übertragenen Wirkungskreis nicht anzuwenden. Art. 91e Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG decke auch die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes. Wenn bei einer Verwaltungsaufgabe eine alleinige und umfassende Finanzierungsverantwortung des Bundes bestehe, sei die uneingeschränkte Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof nicht nur zulässig, sondern im Interesse einer möglichst lückenlosen parlamentarischen Finanzkontrolle über die Verwendung der Bundesmittel sogar geboten.

IV.

45

Als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG hatten der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. und der Deutsche Landkreistag haben sich zu den vorliegenden Verfassungsbeschwerden geäußert. Die übrigen sachkundigen Dritten haben von ihrem Äußerungsrecht keinen Gebrauch gemacht.

46

1. Der Deutsche Landkreistag hält die Verfassungsbeschwerden für zulässig und begründet.

47

a) Es habe - vor der Föderalismusreform und der Einfügung des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG - zwei mögliche Wege gegeben, wie der Bund Aufgaben auf Kommunen übertragen konnte. Entweder habe er den Weg über Art. 85 GG oder über Art. 84 GG gewählt. Im ersten Fall seien die übertragenen Aufgaben nicht dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG unterfallen, im zweiten Fall schon. Eine dritte Kategorie von Selbstverwaltungsaufgaben, die nicht dem Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG unterfalle, existiere nicht. Zum Schutz der Organisationshoheit der Länder sei es dem Bund auch grundsätzlich untersagt, eine weitergehende Kategorisierung kommunaler Aufgaben vorzunehmen.

48

b) Das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der zuständigen Vertretungskörperschaft sei verfassungswidrig, da es nicht auf Art. 91e Abs. 3 GG gestützt werden könne. Art. 91e GG modifiziere die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus nicht. Die Zuordnung der Kommunen zu den Ländern sei mithin nicht nur bei der Gestaltung der Aufsichtsbeziehungen zu berücksichtigen, sondern auch bei der Gesetzgebungszuständigkeit. Die Regelung sei wegen Verstoßes gegen Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 70 GG verfassungswidrig.

49

c) Ausweislich des Wortlauts von Art. 91e Abs. 2 GG bestehe zwar keine Verpflichtung, überhaupt Optionskommunen zuzulassen. Entscheide sich der Gesetzgeber aber, dies zu tun, seien das Willkürverbot und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Die Kontingentierung in Höhe von 25 vom Hundert finde sich zwar in der Begründung zu Art. 91e GG. Die textliche Fixierung eines tagespolitischen Kompromisses binde den Gesetzgeber jedoch nicht. In der Sache gebe es keinen nachvollziehbaren Grund für die Festlegung des konkreten Kontingents. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Erbringung der Leistungen durch kommunale Träger nicht auch ohne zahlenmäßige Begrenzung erfolgen könne, zumal auch die Zulassung aller geeigneten Träger zu einer Quote von weniger als einem Drittel der Aufgabenträger führen würde.

50

d) Mit Blick auf die Prüfbefugnisse des Bundes sei von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 2010 auszugehen (BVerfGE 127, 165 ff.). Dabei sei besonders problematisch, dass der Bund seine Prüfbefugnisse dazu nutze, Rückforderungsansprüche gegenüber den Optionskommunen ohne materiell-rechtliche Rechtsgrundlage geltend zu machen. Die kommunalen Träger würden damit bei der Verwaltung von Bundesmitteln einer "Quasi-Fachaufsicht" des Bundes unterstellt und faktisch zu Bundesbehörden degradiert. Aufsichtsrechte des Bundes bestünden jedoch nur nach Maßgabe des Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG. § 48 Abs. 2 Satz 2 SGB II sei insoweit verfassungswidrig.

51

Art. 91e Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz GG sei der Sache nach eine Regelung der Finanzverfassung, modifiziere die Art. 104a Abs. 1 und Abs. 5 GG und begründe eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommunen. Für die Prüfbefugnisse des Bundes müssten die in BVerfGE 127, 165 ff. zu Art. 104b GG entwickelten Grundsätze übertragen werden. Zwar handele es sich bei Art. 104b GG und Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG um unterschiedliche Anknüpfungsnormen; den Prüfbefugnissen des Bundes vor Ort liege jedoch eine vergleichbare Konstellation zugrunde. In beiden Fällen fielen Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung auseinander.

52

Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG entspreche den Mehrbelastungsausgleichsverpflichtungen in den Landesverfassungen. Da Art. 91e Abs. 2 GG eine Ausnahme vom Aufgabenübertragungsverbot des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG darstelle, sei dies konsequent. Der Pflicht des Bundes, die "notwendigen Ausgaben" zu tragen, korrespondiere allerdings kein Recht zur Prüfung der Ausgaben und zur Rückforderung.

53

Dass die Aufsicht über die Optionskommunen lückenhaft sei, lasse sich nicht belegen. In den Jobcentern habe es bislang fünf Betrugsfälle von Bediensteten gegeben, wovon vier vom zuständigen Landkreis selbst aufgedeckt worden seien und der fünfte im Kontext des Geldwäschegesetzes. Eine Prüftätigkeit des Bundes sei für keinen dieser Fälle erforderlich gewesen.

54

Weder Art. 91e Abs. 2 noch Abs. 3 GG ermächtigten zur Regelung einer umfassenden Finanzkontrolle. Die Bundesregierung behaupte einerseits einen Unterschied zwischen Fachaufsicht und Finanzkontrolle, qualifiziere die Aufsicht der Länder über die Kommunen aber mit dem Argument ab, diese hätten mangels Einsatzes eigener Mittel kein Interesse an einer rechtmäßigen Verwaltung. Der Bund wolle eigene, den zweistufigen Staatsaufbau negierende Kontrollmechanismen an deren Stelle setzen und die Aufgabenerfüllung nach Art. 91e Abs. 2 GG dem Modell der gemeinsamen Träger nach Art. 91e Abs. 1 GG annähern. Sinn der unterschiedlichen Modelle sei jedoch gerade die andere Ausgestaltung der Verwaltungsstruktur.

55

Die unterschiedlichen Auffassungen der Kommunen und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Kontrolle der Kommunen schlügen sich in den Verwaltungsvereinbarungen nieder, die Möglichkeiten zur Anpassung, Änderung oder Kündigung offen ließen. Soweit sich Kommunen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht auf den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung verständigen konnten, habe der Bund die Bereitstellung der abzurufenden Mittel verweigert. Die Verwaltungsvereinbarungen nicht abzuschließen, habe somit zur Folge, dass die Kommunen in Vorleistung treten müssten.

56

2. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat seine Stellungnahme auf § 6a SGB II beschränkt.

57

a) Er ist ebenfalls der Auffassung, das Zwei-Drittel-Quorum sei nicht von der Bundeskompetenz gedeckt. Der Regelung des § 6a SGB II mangele es schon deshalb an Konsistenz, weil der Widerruf der Zulassung von der Kommune mit einfacher Mehrheit beantragt werden könne (vgl. § 6a Abs. 6 Satz 2 SGB II). Zwar greife die Vorschrift nicht in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie ein; gleichwohl sei das Antragserfordernis in Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Zudem seien die Kommunen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ohnehin für einen Teil der Grundsicherungsaufgaben zuständig, so dass der kommunale Wirkungskreis schon insoweit eröffnet sei (Art. 28 Abs. 2 GG). Das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit greife in die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein, was auch jenseits des Kernbereichs kommunaler Selbstverwaltung nur durch ein formell und materiell verfassungskonformes Gesetz geschehen dürfe. Die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG decke aber nicht die Regelung von Mehrheitserfordernissen in der kommunalen Repräsentativkörperschaft. Auch Art. 91e Abs. 2 und Abs. 3 GG gebe dafür nichts her. Regelungen der kommunalinternen Willensbildung unterfielen vielmehr der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder.

58

b) Die gesetzliche Begrenzung der Optionskommunen auf ein Viertel der Aufgabenträger stelle sich ebenfalls als Eingriff in die Garantie kommunaler Selbstverwaltung dar. Zwar dürfe der Bund eine zahlenmäßige Höchstgrenze festlegen. Verfassungsrechtlich geboten sei die Begrenzung auf ein Viertel jedoch nicht. Weder die frühere Zahl von 69 Optionskommunen noch ihre Erweiterung auf höchstens ein Viertel der Aufgabenträger sei verfassungsrechtlich gefordert. Die Auswahl der Optionskommunen durch die obersten Landesbehörden sei problematisch, weil der Bund ein transparentes bundesweites Verfahren hätte vorsehen müssen.

V.

59

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2014 haben die Beteiligten ihr Vorbringen bekräftigt und vertieft. Für den Deutschen Landkreistag hat der Senat außerdem Frau Dr. Vorholz als sachverständige Auskunftsperson gehört.

B.

60

Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1. (I.) sowie zu 2. bis 15. (II.) sind zulässig. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 4 SGB II richtet, ist sie ebenfalls zulässig (III.1.); soweit sie sich gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist sie unzulässig (III.2.).

I.

61

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist zulässig. Der Beschwerdeführer ist durch die gesetzliche Regelung unmittelbar betroffen.

62

1. Das Erfordernis der unmittelbaren Betroffenheit gilt grundsätzlich auch für Kommunalverfassungsbeschwerden (vgl. BVerfGE 59, 216 <225>; 71, 25 <34 f.>). Diese Anforderung an die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde beruht auf dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck gekommenen und dieser Vorschrift zugrunde liegenden Gedanken der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Sie fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn das Gesetz der Verwaltung einen Spielraum lässt, gilt grundsätzlich aber auch, wenn ein solcher Spielraum fehlt. In beiden Fällen entspricht es dem Grundsatz der Subsidiarität, dass zunächst die für das jeweilige Rechtsgebiet zuständigen Fachgerichte eine Klärung insbesondere darüber herbeiführen, ob und in welchem Ausmaß der Bürger oder die Gemeinde durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist; dabei ist nach Maßgabe der Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen(vgl. BVerfGE 71, 25 <34 f.>). Mit Blick auf die Kommunalverfassungsbeschwerde ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich diese ausschließlich gegen Gesetze richtet und etwaige Vollzugsakte gar nicht angegriffen werden können. Gemeinden und Gemeindeverbände können daher grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, zunächst einen gegen den Vollzugsakt eröffneten Rechtsweg zu beschreiten, weil Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG sonst weitgehend leer liefen.

63

Es ist Gemeinden und Gemeindeverbänden allerdings auch im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde verwehrt, ein Gesetz anzugreifen, das noch der Konkretisierung durch eine Rechtsverordnung bedarf, weil sie die verfassungsgerichtliche Überprüfung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in diesem Fall grundsätzlich auch im Rahmen einer gegen die Rechtsverordnung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerde erreichen können (vgl. BVerfGE 71, 25 <34 f.>; 76, 107 <112 f.>). Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde können nicht nur Gesetze im formellen Sinne angegriffen werden, sondern alle untergesetzlichen Rechtsnormen mit Außenwirkung (vgl. BVerfGE 71, 25 <34>; 107, 1 <10>). Rechtsverordnungen (vgl. BVerfGE 26, 228 <236>; 56, 298 <309>; 71, 25 <34>; 107, 1 <8>) des Bundes und der Länder sind daher ebenso tauglicher Gegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde wie Satzungen von Selbstverwaltungskörperschaften (vgl. BVerfGE 26, 228 <245>).

64

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Beschwerdeführer zu 1. durch die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Er musste die Anforderungen der Norm erfüllen, um überhaupt einen aussichtsreichen Antrag auf Zulassung als Optionskommune stellen zu können und hat sie verfehlt. Dass die zuständige oberste Landesbehörde dies im Zulassungsverfahren festgestellt und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, daran anknüpfend, den Beschwerdeführer zu 1. aus dem Kreis der in Betracht kommenden Optionskommunen ausgeschieden hat, vermag daran nichts zu ändern.

II.

65

Die gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II gerichteten Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. sind ebenfalls zulässig. Diese sind durch die angegriffene Regelung selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

66

Die von den Beschwerdeführern beanstandete zahlenmäßige Begrenzung der Optionskommunen durch § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II wird zwar sowohl durch die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung umgesetzt. Vor allem die unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. durch die angegriffene Regelung stellt dies jedoch nicht in Frage, weil sich die Kontingentierung der Anzahl der Optionskommunen und damit die bloße Einräumung einer Zulassungschance unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

III.

67

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. ist zulässig, soweit sie die Vorschrift des § 6b Abs. 4 SGB II angreift; insbesondere ist der Beschwerdeführer zu 16. von der angegriffenen Vorschrift auch gegenwärtig betroffen (vgl. BVerfGE 1, 97 <102>; 43, 291 <385 f.>; 60, 360 <371>; 74, 297 <319>; 114, 258 <277>).

68

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seinem Tätigkeitsbericht 2010/2011 ausgeführt, es sei geplant, die Prüfung der Schlussrechnungen 2010 und 2011 im Jahr 2012 zusammen durchzuführen und abzuschließen, um dadurch mit der Prüfung der Schlussrechnungen 2012, die erstmalig auch von den neuen zugelassenen kommunalen Trägern einzureichen seien, gemeinsam für alte und neue kommunale Träger im Jahr 2013 beginnen zu können (HaushaltsausschussDrucks 17/3512, S. 4). Darüber hinaus ergibt sich aus den bisherigen Tätigkeitsberichten - die sich auf die bislang 69 zugelassenen kommunalen Träger beziehen -, dass bei der Prüfung der Jahresschlussrechnung zwischen 14 und 17 - auch verdachtsunabhängige - Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt wurden, jährlich also etwa 20 Prozent bis 25 Prozent der zugelassenen kommunalen Träger derartige Überprüfungen hinzunehmen hatten (HaushaltsausschussDrucks 16/3434, S. 6; 16/4563, S. 2; 17/151, S. 4; 17/3512, S. 4). Aus der angekündigten Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der hinreichend großen Wahrscheinlichkeit, einer anlasslosen Vor-Ort-Prüfung unterzogen zu werden, ergibt sich auch eine gegenwärtige Betroffenheit für den Beschwerdeführer zu 16. durch die angegriffene gesetzliche Regelung.

69

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist sie hingegen unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde (§ 93 Abs. 3 BVerfGG).

70

a) Für die Kommunalverfassungsbeschwerde gilt - wie für alle Rechtssatzverfassungsbeschwerden - die Fristvorschrift des § 93 Abs. 3 BVerfGG. Danach ist die Verfassungsbeschwerde innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten der angegriffenen Norm einzulegen (vgl. BVerfGE 76, 107 <115>; 79, 127 <142>; 107, 1 <8>). Wird eine Bestimmung im Rahmen einer Gesetzesnovellierung nicht verändert, so beginnt die Frist nicht alleine deshalb neu zu laufen, weil der Gesetzgeber die in Rede stehende Bestimmung - im Sinne einer Bestätigung - erneut in seinen Willen aufgenommen hat (vgl. BVerfGE 11, 255 <259 f.>; stRspr). Auch die Bekanntmachung des gleichen Wortlauts ohne inhaltliche Änderungen führt nicht zu einem neuen Fristlauf (vgl. BVerfGE 17, 364 <368 f.>). Von der Bestimmung muss vielmehr eine neue, den Beschwerdeführer ersichtlich stärker belastende Wirkung ausgehen (vgl. BVerfGE 45, 104 <119 f.>; 78, 350 <356>; 100, 313 <356>). Dies kann der Fall sein, wenn die Änderungen dazu führen, dass der unverändert gebliebenen Norm faktisch ein neuer Inhalt gegeben wird (vgl. BVerfGE 11, 351 <359 f.>; 74, 69 <73>; 78, 350 <356>), oder die Einbettung in ein anderes gesetzliches Umfeld erfolgt, so dass auch von der Anwendung der älteren Vorschrift neue belastende Wirkungen ausgehen können (vgl. BVerfGE 100, 313 <356>; vgl. auch BVerfGE 12, 10 <24>; 49, 1 <7>; 120, 274 <298>).

71

b) Soweit sie sich gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist die am 1. August 2011 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Verfassungsbeschwerde demnach verfristet. Da § 6b Abs. 3 SGB II bereits am 6. August 2004 in Kraft getreten ist, endete die Beschwerdefrist gemäß § 93 Abs. 3 BVerfGG in Verbindung mit § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB (vgl. BVerfGE 102, 254 <295 f.>) am 5. August 2005. Sie wurde weder durch die Einfügung des Art. 91e GG (aa) noch durch die Neubekanntmachung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (bb) oder durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende erneut in Gang gesetzt. Letzteres hat auch keine neue Belastung für den Beschwerdeführer zu 16. mit sich gebracht (cc).

72

aa) Ob die Einfügung von Art. 91e GG in das Grundgesetz mit Blick auf § 6b Abs. 3 SGB II eine neue Belastung für den Beschwerdeführer zu 16. verursacht hat, kann im Ergebnis offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Verfassungsbeschwerde nicht fristgerecht erhoben worden. Art. 91e GG ist gemäß Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) am 27. Juli 2010 in Kraft getreten (BGBl I S. 944), die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde folglich am 26. Juli 2011 abgelaufen.

73

bb) Die Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 850) hat ausschließlich den aktuellen Wortlaut in übersichtlicher Form, jedoch ohne inhaltliche Änderungen bekannt gemacht und die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde daher nicht erneut in Gang gesetzt (vgl. BVerfGE 17, 364 <368 f.>).

74

cc) Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112) ist der Wortlaut des § 6b Abs. 3 SGB II gegenüber der Vorfassung unverändert geblieben. Aus der Begründung des Gesetzentwurfes ergibt sich überdies, dass der Gesetzgeber die Norm nicht ändern und ihr keinen veränderten Inhalt oder eine vom bisherigen Verständnis abweichende Bedeutung geben wollte. Ausdrücklich heißt es dort, dass das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofes unberührt bleibe und in der schon bisher geregelten Form aufrechterhalten werde (BTDrucks 17/1555, S. 16). Auch führen die neu in das Gesetz aufgenommenen Bestimmungen, insbesondere § 6b Abs. 4 SGB II, nicht dazu, dass § 6b Abs. 3 SGB II eine neue, den Beschwerdeführer zu 16. stärker als bisher belastende Wirkung erhalten hätte. § 6b Abs. 3 SGB II und § 6b Abs. 4 SGB II weisen inhaltlich keinerlei Bezug zueinander auf und begründen für unterschiedliche Institutionen unterschiedliche Befugnisse.

C.

75

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist begründet. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden, soweit sie zulässig sind, unbegründet.

I.

76

Mit Art. 91e GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber für das Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine umfassende Sonderregelung getroffen, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Vorschriften des Grundgesetzes verdrängt (1.). Die Vorschrift begründet eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden und dem Bund und relativiert insoweit die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus (2.). Art. 91e Abs. 2 GG räumt Gemeinden und Gemeindeverbänden eine von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie geschützte Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende alleinverantwortlich wahrzunehmen (3.). Zur näheren Ausgestaltung der mit der Zulassung kommunaler Träger nach Art. 91e Abs. 2 GG zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zwischen den Kommunen und dem jeweiligen Land sowie zwischen den Kommunen und dem Bund weist Art. 91e Abs. 3 GG dem Bund eine abschließende Gesetzgebungskompetenz zu (4.).

77

1. Art. 91e GG enthält eine Spezialregelung für den Vollzug der Verwaltungsaufgabe Grundsicherung für Arbeitsuchende. Soweit er die Kommunen betrifft, konkretisiert er die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 119, 331 <356 f.>) (a). Dies belegen die Entstehungsgeschichte der Norm und ihre Stellung im Grundgesetz (b). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 91e GG bestehen nicht (c). Soweit sein Anwendungsbereich reicht, geht Art. 91e GG den Regelungen des Grundgesetzes über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung sowie das Finanzwesen vor (d).

78

a) Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat mit Art. 91e GG für das Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine umfassende Sonderregelung geschaffen. Er hat damit auf das Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007 (BVerfGE 119, 331 ff.) reagiert, das die Unvereinbarkeit von § 44b SGB II a.F. mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG festgestellt hatte. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass sich die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den Arbeitsgemeinschaften grundsätzlich bewährt habe und dass die Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen gewährleiste, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen aus einer Hand betreut würden und Leistungen aus einer Hand erhielten. Diese Organisationsform solle daher als Regelfall fortgesetzt werden (BTDrucks 17/1554, S. 4). Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte mit Art. 91e GG somit den für verfassungswidrig erklärten, im politischen Raum aber für praktikabel befundenen Zustand aufrechterhalten und absichern. Zweck von Art. 91e GG ist es daher, die verfassungsrechtliche Grundlage für die Fortsetzung der Aufgabenwahrnehmung der aus den Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern bestehenden Arbeitsgemeinschaften in gemeinsamen Einrichtungen zu schaffen und so sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit in gemeinsamen Einrichtungen über das Jahr 2010 hinaus weitergeführt werden kann (BTDrucks 17/1554, S. 4).

79

b) Dass der verfassungsändernde Gesetzgeber für die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine eigenständige Form der Verwaltungsorganisation schaffen wollte (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 4), in der die Beteiligten, losgelöst von den übrigen Strukturen des Staatsaufbaus, zu einer Zusammenarbeit eigener Art finden, wird auch durch systematische Gesichtspunkte bestätigt. So war von Seiten der Bundesregierung zunächst vorgeschlagen worden, den nunmehrigen Art. 91e GG als Art. 86a oder Art. 87 Abs. 2a und Art. 125d GG in den VIII. und XI. Abschnitt des Grundgesetzes aufzunehmen (vgl. BTDrucks 17/182, S. 3; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 91e Rn. 18 ff.; ders., Der Landkreis 2009, S. 55 ff., 111 ff.) und die beabsichtigte Regelung insoweit in die überkommenen Verwaltungsstrukturen des Grundgesetzes einzupassen. Dem ist der verfassungsändernde Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt, sondern hat Art. 91e GG in den Abschnitt VIIIa. des Grundgesetzes "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" eingefügt.

80

c) Bei Art. 91e GG handelt es sich um eine eng begrenzte Durchbrechung der grundsätzlich auf Trennung von Bund und Ländern angelegten Verteilung der Verwaltungszuständigkeiten nach den Art. 83 ff. GG (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 11). Sie beschränkt sich auf die Regelung der Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die in Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG enthaltenen und durch Art. 79 Abs. 3 GG abgesicherten Systementscheidungen der Demokratie sowie des Rechts- und Bundesstaates stellt sie nicht in Frage. Die im Schrifttum teilweise geäußerte Auffassung, Art. 91e GG sei "verfassungswidriges Verfassungsrecht" (vgl. hierzu Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 20 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 13 ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 11; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 13 <32. Erg.-Lfg. VI/11>), vermag daher nicht zu überzeugen.

81

aa) Zwar durchbricht Art. 91e Abs. 1 GG das grundsätzliche Verbot der Mischverwaltung, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 nicht nur auf Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 83 ff. GG gestützt, sondern auch mit Argumenten untermauert hat, die im Demokratieprinzip wurzeln (BVerfGE 119, 331 <365 f.>). Demokratie und Volkssouveränität erschöpfen sich im repräsentativ-parlamentarischen System des Grundgesetzes nicht in Zurechnungsfiktionen und stellen auch nicht nur formale Mindestanforderungen an den Legitimationszusammenhang zwischen dem Volk und den handelnden Staatsorganen. Sie sind vielmehr Rechtsprinzipien, die ihren praktischen Niederschlag in der Verfassungswirklichkeit finden müssen (vgl. BVerfGE 5, 85 <204 f.>; 107, 59 <91 f.>; 130, 76 <123 f.>; 131, 316 <334>). Die Wahlen zum Bundestag und zu den Volksvertretungen der Länder dienen so gesehen nicht nur der Kreation dieser Verfassungsorgane, sondern weisen auch eine real- wie personalplebiszitäre Dimension auf, welche die mit der Wahl verbundene politische Richtungsentscheidung auch konkret erfahrbar macht. Eine Verflechtung von Zuständigkeiten stellt sich vor diesem Hintergrund als Problem dar, weil sie dazu führen kann, dass der Auftrag des Wählers auf Bundes- oder Landesebene durch die Mitwirkung anderer Ebenen relativiert und konterkariert wird. Das gilt auch im Hinblick auf die Verwaltungskompetenzen. Demokratische Verantwortlichkeit setzt auch hier grundsätzlich eine hinreichend klare Zuordnung voraus. Der wahlberechtigte Bürger muss wissen können, wen er wofür - nicht zuletzt durch Vergabe oder Entzug seiner Stimme - verantwortlich machen kann. Daran fehlt es, wenn die Aufgaben durch Organe oder Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die eine solche Verantwortungszuordnung nicht ermöglichen (vgl. BVerfGE 119, 331 <366>). Das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG gebietet deshalb nicht nur eine weitgehende Normierung von Zuständigkeitszuweisungen, Verfahren und Aufsichtsrechtsverhältnissen, sondern enthält auch ein grundsätzliches Verbot der Mischverwaltung (vgl. BVerfGE 119, 331 <364 ff.>; 127, 165 <191 f.>).

82

bb) Die Anforderungen des Demokratieprinzips berühren sich insoweit mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 3 GG), der mit Blick auf die Verwaltungsräume von Bund und Ländern und im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes eine klare und auf Vollständigkeit angelegte Zuordnung von Kompetenzen der handelnden Staatsorgane gebietet. Auch das Rechtsstaatsprinzip verlangt mit Blick auf die für die Ausrichtung und das Verständnis der Verfassungsordnung maßgebliche Sicht des Bürgers zuallererst Klarheit der Kompetenzordnung.

83

cc) Das Gebot der Bundesstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1 GG) schließlich gebietet in seinem verfassungsänderungsfesten Kern lediglich, dass den Ländern im Bereich aller drei Staatsfunktionen - Legislative, Exekutive und Judikative - Aufgaben von substantiellem Gewicht als "Hausgut" unentziehbar verbleiben (vgl. BVerfGE 34, 9 <19 f.>). Bestimmte Aufgaben werden damit nicht zugewiesen.

84

dd) Ein Verstoß von Art. 91e GG gegen Art. 79 Abs. 3 GG scheidet vor diesem Hintergrund aus. Ein absolutes Verbot der Mischverwaltung lässt sich weder aus dem Demokratie- noch aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ableiten (vgl. BVerfGE 63, 1 <38 ff.>; 108, 169 <182>; 119, 331 <364 ff.>; 127, 165 <191>; siehe auch Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 13 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung gilt hingegen ohnehin nur so, wie sie durch das Grundgesetz konkret ausgestaltet ist (vgl. BVerfGE 119, 331 <364>). Selbst wenn man - entgegen der sehr engen Interpretation von Art. 79 Abs. 3 GG durch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 15. Dezember 1970 (BVerfGE 30, 1 <24 ff.>) - mit dem Sondervotum der Richter Geller, von Schlabrendorff und Rupp (vgl. BVerfGE 30, 1, 33 <39>) und Ansätzen in der jüngeren Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte (vgl. BayVerfGHE 52, 104 <122 ff.>; 53, 42 <60 ff.>; Thüringer Verfassungsgerichtshof, LVerfGE 12, 405 <424 ff.>) unverhältnismäßige Beschränkungen oder eine substantielle Erosion der in Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Grundsätze einer Verfassungsänderung entzogen sieht, wird diese Schwelle hier nicht überschritten. Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG hindern den verfassungsändernden Gesetzgeber nicht, in begrenzten Ausnahmefällen die konkreten Ausprägungen der dort verankerten Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren (vgl. BVerfGE 109, 279 <310>; 132, 195 <244> Rn. 118). Das hat er mit Art. 91e GG getan.

85

d) In seinem Anwendungsbereich verdrängt Art. 91e GG sowohl die Art. 83 ff. GG (aa) als auch Art. 104a GG (bb).

86

aa) Im Verhältnis zu Art. 83 ff. GG wirkt Art. 91e GG als abschließende Sonderregelung.

87

Dass Art. 91e GG eine Ausnahme vom Verbot der Mischverwaltung für die Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende enthält und auch das Verbot einer bundesgesetzlichen Aufgabenübertragung auf die Gemeinden und Gemeindeverbände (Art. 84 Abs. 1 Satz 7, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG) insoweit nicht gilt (BTDrucks 17/1554, S. 5), ist offensichtlich (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 4; Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 31 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 22; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 12). Der Umfang dieser Spezialregelung reicht jedoch weiter. Im Verfahren der Verfassungsänderung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass im Bereich des Art. 91e GG auch die sonstigen Vorgaben der Art. 83 ff. GG, insbesondere Art. 84 Abs. 2 bis Abs. 5 GG, nicht gelten sollen: Die Aufsicht über die Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommunen nach Art. 91e Abs. 2 GG solle sich zwar an der Zuständigkeitsverteilung orientieren, die für die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit gelte. Sie solle jedoch "durch ein einheitliches und transparentes Steuerungssystem durch Zielvereinbarungen zwischen Bund und Ländern sowie entsprechende Zielvereinbarungen zwischen den jeweiligen Ländern und Optionskommunen ergänzt" werden (BTDrucks 17/1554, S. 5). Im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung wurde in § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB II zudem vorgesehen, dass die Bundesregierung die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen kann, was auf der Grundlage von Art. 84 GG nicht möglich wäre. Wäre Art. 84 GG neben Art. 91e GG anwendbar, wären sowohl die in der Gesetzesbegründung skizzierten Aufsichtsstrukturen als auch § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB II erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 f. ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 23). Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte offenkundig keine Regelung schaffen, die sich möglichst schonend in die allgemeinen Strukturen einfügt und als Ausnahme grundsätzlich restriktiv interpretiert werden müsste (vgl. Mehde, in: Beck'scher OK-GG, Art. 91e Rn. 13 <1. Juni 2014>; a.A. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 35). Er wollte vielmehr eine umfassende Absicherung der Verwaltungspraxis ermöglichen.

88

bb) Das zeigt auch die Regelung über die Kostentragung in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG. Diese Bestimmung - wonach der Bund bei einer Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Kosten trägt, soweit er dies auch im Regelfall des Art. 91e Abs. 1 GG täte - bedeutet in der Sache eine direkte Finanzierung kommunalen Verwaltungshandelns durch den Bund. Dies ermöglicht es zwar, die Verteilung der Finanzierungslasten zwischen Bund und Ländern im Übrigen unangetastet zu lassen, stellt in der Sache jedoch eine Abweichung von den Grundsätzen des Art. 104a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 GG dar (vgl. Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 10). Auch insoweit geht Art. 91e GG den allgemeinen Regelungen der Finanzverfassung vor.

89

2. Indem Art. 91e Abs. 2 GG unmittelbare Verwaltungs- und Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Optionskommunen herstellt, durchbricht er, wenn auch nur punktuell, die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus der Bunderepublik Deutschland. Zwar sind die Gemeinden grundsätzlich den Ländern zugeordnet (a); eine klarere Trennung und Entflechtung der Aufgaben der unterschiedlichen staatlichen Ebenen war zudem ein zentrales Anliegen der Föderalismusreform des Jahres 2006 (b). Art. 91e GG enthält jedoch eine teilweise Abkehr von diesen Grundsätzen und Zielsetzungen (c).

90

a) Im zweistufigen Bundesstaat des Grundgesetzes sind die Kommunen - unbeschadet ihrer finanzverfassungsrechtlichen Absicherung durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Art. 106 Abs. 5 bis Abs. 8 GG - grundsätzlich Teil der Länder (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>; 119, 331 <364>). Ihre Aufgaben und ihr Finanzgebaren werden den Ländern zugerechnet (vgl. BVerfGE 86, 148 <215>).

91

aa) Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes ist es daher grundsätzlich Sache der Länder, die staatlichen Aufgaben zu erfüllen und staatliche Befugnisse auszuüben (Art. 30 GG). Dazu gehört, dass die Länder die Bundesgesetze grundsätzlich in eigener Verantwortung und durch eigene Behörden ausführen (Art. 83 GG). Die Verwaltung des Bundes und die Verwaltung der Länder sind in Aufbau und Organisation voneinander getrennt (vgl. BVerfGE 108, 169 <182>; 119, 331 <364>). Die Verwaltungszuständigkeiten des Bundes und seine Ingerenzrechte in die Verwaltung der Länder sind in den Art. 83 ff. GG abschließend geregelt und können - soweit nichts anderes vorgesehen ist - grundsätzlich weder abbedungen (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 41, 291 <311>; 63, 1 <39>; 119, 331 <364>) noch erweitert werden. Insoweit findet auch der Spielraum des Bundes zur organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung in den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. GG seine Grenzen (vgl. BVerfGE 63, 1 <39>; 119, 331 <365>). Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder sind durch das Grundgesetz daher ausgeschlossen, soweit nicht die Verfassung dem Bund entsprechende Sach- und Verwaltungskompetenzen übertragen hat (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>).

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bb) Diese strikte Trennung von Bundes- und Länderhoheit setzt sich auch im Bereich der Finanzverfassung fort (vgl. Art. 104a Abs. 1, Art. 109 Abs. 1 GG) und wird mit Blick auf die Kommunen in Art. 106 Abs. 9 GG noch einmal ausdrücklich bestätigt.

93

b) Mit der Föderalismusreform des Jahres 2006 wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine noch klarere Trennung von Aufgaben und Befugnissen der unterschiedlichen staatlichen Ebenen erreichen und zu einer Entflechtung der Verantwortung gelangen (vgl. BVerfGE 127, 165 <197>; Bauer, in: Dreier, GG, Supplementum 2007, Art. 20 Rn. 11c; Trute, in: Starck, Föderalismusreform, 2007, Rn. 147 und 149; Burgi, in: Henneke, Kommunen in den Föderalismusreformen I und II, 2008, S. 44 <45 ff.>). Dementsprechend heißt es in der Begründung des einschlägigen Gesetzentwurfs, dass sich die bundesstaatliche Ordnung zwar grundsätzlich bewährt habe, jedoch von langwierigen und komplizierten Entscheidungsprozessen geprägt sei und dass sie an einer übermäßigen institutionellen Verflechtung von Bund und Ländern leide (BTDrucks 16/813, S. 7). Dem sollte durch eine Reihe von Verfassungsänderungen abgeholfen werden, unter anderem durch das in Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG normierte sogenannte Durchgriffsverbot (vgl. Trute, a.a.O., Rn. 174).

94

c) Art.91e GG bedeutet in der Sache eine punktuelle Abkehr von der Zielsetzung einer möglichst klaren Trennung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen (aa). Er begründet eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Optionskommunen und ermöglicht eine Finanzkontrolle, die sich von der Aufsicht wie auch von der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof unterscheidet (bb).

95

aa) Aufsichtsbefugnisse über Behörden und Einrichtungen der Länder kommen dem Bund nur insoweit zu, als sie vom Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen werden. So räumt etwa Art. 84 GG dem Bund Einflussmöglichkeiten auf die Anwendung des von ihm gesetzten Rechts ein. Er soll die Möglichkeit haben, auf eine einheitliche Geltung der Rechtsvorschriften hinzuwirken (vgl. BVerfGE 11, 6 <18>; 127, 165 <203>) und für einen wirksamen Gesetzesvollzug zu sorgen (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>; 127, 165 <203>). Dabei kommen ihm insbesondere die Rechte nach Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG zu (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>; 127, 165 <203>). Zur Aufsichtskompetenz gehört auch die Möglichkeit der Aktenanforderung. Diese ist allerdings auf Fälle beschränkt, in denen es Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß gibt (vgl. BVerfGE 127, 165 <221>). Daneben besteht die Befugnis zur Akteneinsicht vor Ort durch den gemäß Art. 84 Abs. 3 Satz 2 GG entsandten Beauftragten. Ein unmittelbarer Durchgriff auf Behörden der Länder ist damit nicht verbunden; auch im Bereich der Bundesauftragsverwaltung sind Weisungen grundsätzlich an die oberste Landesbehörde zu richten (Art. 85 Abs. 3 Satz 2 GG). Diese ist zudem in den Vollzug der Weisung einzubinden (Art. 85 Abs. 3 Satz 3 GG). Ein unmittelbarer Durchgriff auf die Gemeinden war dem Bund - vom Sonderfall des Art. 106 Abs. 8 GG abgesehen - bislang grundsätzlich versagt. Namentlich war er weder berechtigt noch verpflichtet, deren finanzielle Verhältnisse ohne Einschaltung der Länder zu ordnen (vgl. BVerfGE 26, 172 <181 f.>).

96

bb) Art. 91e GG hat diese Rechtslage für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende teilweise modifiziert. Art. 91e Abs. 2 GG begründet eine direkte Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene (BTDrucks 17/1554, S. 5) und ermöglicht eine besondere Finanzkontrolle des Bundes, die sich von der Aufsicht (1) wie auch von der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof (2) unterscheidet.

97

Zusammen mit der Finanzierungsbefugnis hat der verfassungsändernde Gesetzgeber dem Bund auch die Möglichkeit einer Finanzkontrolle eröffnet. Ohne eine solche Finanzkontrolle bestünde die Gefahr, dass Vollzugs- und Finanzierungsverantwortung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auseinanderfallen und keine Anreize für ein wirtschaftliches und sparsames Verwaltungshandeln der Optionskommunen bestehen. Angesichts dieser verfassungsrechtlich ungewöhnlichen Konstellation hat der verfassungsändernde Gesetzgeber die Finanzbeziehungen in diesem eng abgegrenzten Bereich neu geordnet und dem Bund nicht nur die Finanzierungslast zugewiesen, sondern ihm auch die Befugnis wirksamer Finanzkontrolle eingeräumt. So wird in der Begründung zu dem Gesetzentwurf zum einen zwischen einer Finanzkontrolle und der Aufsicht unterschieden und zum anderen in Bezug auf Art. 91e Abs. 2 GG bestimmt, dass "das Bundesgesetz unter anderem Regelungen (…) zu Aufsicht, (…) Finanzkontrolle, Rechnungsprüfung und Leistungsbewertung sowie Übergangsbestimmungen bei Veränderung der Organisation der Gesetzesdurchführung treffen" werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5; siehe hierzu bereits BVerfGE 127, 165 <203 f.>).

98

(1) Die (Rechts- und Fach-)Aufsicht über die Optionskommunen ist hingegen nicht Regelungsgegenstand von Art. 91e GG. Weder enthält der Wortlaut entsprechende Anhaltspunkte noch lassen sich der Entstehungsgeschichte, nach welcher der verfassungsändernde Gesetzgeber im Wesentlichen die ursprüngliche Rechtslage absichern wollte, solche Anhaltspunkte entnehmen (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Die Aufsicht über Gemeinden und Gemeindeverbände bleibt insoweit Sache der Länder.

99

Die durch Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ermöglichte Finanzkontrolle des Bundes hebt sich hinreichend von einer Aufsicht ab (vgl. hierzu BVerfGE 127, 165 <203 f.>). Während es bei der Wahrnehmung von Aufsichtsbefugnissen um ein auf Kontrolle zielendes Beobachten, in der Regel in einem hierarchischen Verhältnis, geht, das die Befugnis zum Einwirken auf die zu beaufsichtigende Stelle umfasst, so dass der Aufsichtsmaßstab gegebenenfalls zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, 2. Aufl. 2013, § 47 Rn. 12 m.w.N.), beschränkt sich die Finanzkontrolle des Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG auf die Überprüfung der Rechnungslegung, die Wirtschaftlichkeit der Ausgaben und die Durchsetzung eventueller Erstattungsansprüche. Sie dient nicht der Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht der Gewährleistung eines grundsätzlich einheitlichen Gesetzesvollzugs, sondern richtet sich ausschließlich auf die Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung, von der Möglichkeit des Art. 91e Abs. 2 GG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 127, 165 <203 f.>).

100

(2) Die Finanzkontrolle des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unterscheidet sich aber auch von jener des Bundesrechnungshofs. Der Bundesrechnungshof ist ein zur unabhängigen Finanzkontrolle berufenes Organ, dessen Prüftätigkeit das allgemeine Verfassungsgebot der Kontrolle über die staatliche Finanzgewalt umsetzt und damit letztlich im Demokratieprinzip gründet (vgl. Hufeld, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 56 Rn. 10; Degenhart, VVDStRL 55 <1995>, S. 190 <204>; Schulze-Fielitz, VVDStRL 55 <1995>, S. 231 <234>; Schwarz, DVBl 2011, S. 135 <136>). Dies legitimiert ihn, alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes zu prüfen und ihre Wirtschaftlichkeit zu bewerten. Ziel der Prüfung ist es allein, Missstände aufzuzeigen und ihre Beseitigung durch Mitteilung an die zuständigen Organe und gegebenenfalls durch Veröffentlichung zu bewirken. Die Prüfungsbefugnis des Bundesrechnungshofes beschränkt sich jedoch auf eine reine Kontrolle; Mitentscheidungs- oder Sanktionsbefugnisse kommen ihm nicht zu. Seine Finanzkontrolle kann daher auch allenfalls mittelbar dazu beitragen, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sichern, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und Fehlentwicklungen zu vermeiden (vgl. Bergel, Rechnungshöfe als vierte Staatsgewalt, 2010, S. 30). Die Finanzkontrolle nach Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ist in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Zielsetzung enger als jene des Bundesrechnungshofes, reicht hinsichtlich ihrer Befugnisse jedoch weiter. Sie bezieht sich ausschließlich auf die fiskalischen Interessen des Bundes, gestattet es ihm aber auch, öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltend zu machen und im Wege der Verrechnung durchzusetzen.

101

3. Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als kommunale Träger alleinverantwortlich wahrzunehmen (a). Die gesetzliche Ausgestaltung dieser Chance muss willkürfrei erfolgen (b). Ihre Wahrnehmung fällt in den Schutzbereich der Garantie kommunaler Selbstverwaltung (c).

102

a) Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden keinen Anspruch, wohl aber eine Chance darauf ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als sogenannte Optionskommune alleinverantwortlich wahrzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut von Art. 91e Abs. 2 GG (aa) als auch aus dem in Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis (bb) und gilt unbeschadet des Umstandes, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, das "Optionsmodell" umzusetzen (cc).

103

aa) Nach Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG kann der Bund zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein wahrnimmt. Die Formulierung "eine begrenzte Anzahl" macht dabei deutlich, dass nicht alle Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein wahrnehmen sollen, selbst wenn sie die in der Ausführungsgesetzgebung nach Art. 91e Abs. 3 GG niedergelegten Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Damit steht zugleich fest, dass es auch keinen verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruch zur alleinigen Aufgabenerfüllung gibt. Verfassungsrechtliche Ansprüche einer einzelnen Kommune aus Art. 91e Abs. 2 GG kommen nur insoweit in Betracht, als der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine begrenzte Anzahl von Optionskommunen zuzulassen. Sie beschränken sich - der Rechtsstellung von Bewerbern um kontingentierte Zulassungen in anderen Bereichen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 33, 303 <336>; 45, 393 <399>; 85, 36 <54>; 97, 298 <313>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. April 2001 - 1 BvR 1282/99 -, DVBl 2002, S. 400 <401>; vgl. auch BVerwGE 42, 296 <300>; 64, 238 <245>; 139, 210 <212>; BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 24/82 -, NVwZ 1984, S. 585) vergleichbar - von vornherein auf eine chancengleiche Teilhabe an der Verteilung der zahlenmäßig begrenzten Optionsmöglichkeiten.

104

bb) Systematische Gesichtspunkte erhärten diesen Befund. Ausweislich des Nebeneinanders von Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG besteht zwischen der Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen nach Art. 91e Abs. 1 GG und ihrer alleinigen Erfüllung durch Optionskommunen gemäß Art. 91e Abs. 2 GG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis (BTDrucks 17/1554, S. 4) in dem Sinne, dass die Wahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Optionskommunen die Ausnahme bleiben muss (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 39; Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 9; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 15; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 27 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 23 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 8; Luthe, ZfF 2011, S. 1).

105

cc) Ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Zulassung als Optionskommune scheitert schließlich auch daran, dass Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG es dem Gesetzgeber freistellt, das "Optionsmodell" überhaupt einzuführen. Hat er es eingeführt, kann er es auch wieder auslaufen lassen(vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10).

106

b) Bei der Ausgestaltung der Zulassungschance nach Art. 91e Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei. Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG vermitteln Gemeinden und Gemeindeverbänden keinen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung der Zulassungschance, auf eine bestimmte Anzahl von Optionsmöglichkeiten oder auf deren Optimierung im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraumes. Schafft der Gesetzgeber allerdings eine Verteilungssituation und eröffnet er Gemeinden und Gemeindeverbänden zumindest eine Chance auf das normativ verknappte Gut, so hat er dabei das allgemeine Willkürverbot in Gestalt des Gebotes interkommunaler Gleichbehandlung zu beachten (aa). Gemeinden und Gemeindeverbände können sich auf dieses Gebot berufen (bb). In Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip fordert es zumindest eine gleichmäßige Verteilung der knappen Optionsmöglichkeiten (cc).

107

aa) Zwar gelten die Grundrechte im Allgemeinen und das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG im Besonderen grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 21, 362 <372 f.>; 26, 228 <244>; stRspr); sie gelten daher auch nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die insoweit keine Grundrechtsträger im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG sind (vgl. BVerfGE 45, 63 <78 f.>; 61, 82 <100 ff.>). Dessen ungeachtet verpflichten das Bundesstaatsprinzip und das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) Bund und Länder, mit Blick auf ihnen nachgeordnete Hoheitsträger das Gebot der Gleichbehandlung zu beachten.

108

Das gilt grundsätzlich auch mit Blick auf Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. BVerfGE 83, 363 <393>; zuvor bereits ähnlich BVerfGE 76, 107 <119>). Soweit Bund und Länder Verteilungsentscheidungen zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden vorsehen und durchführen, dürfen sie zwischen diesen jedenfalls nicht willkürlich differenzieren. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbietet, einzelne Gemeinden oder Gemeindeverbände aufgrund sachlich nicht vertretbarer Differenzierungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen, und ist verletzt, wenn für eine unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund besteht. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf die einzelnen Kommunen zu verteilen; auch dürfen die Modalitäten des Verteilungssystems nicht zu willkürlichen Ergebnissen führen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, LVerfGE 17, 103 <118>; Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, OVGE 53, 264 <270>; Landesverfassungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NVwZ-RR 2012, S. 377 <379>; Kempny/Reimer, Die Gleichheitssätze, 2012, S. 26; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 23). Gefordert ist nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung; angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht entscheidend, ob eine Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Vielmehr kommt ihm insoweit ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der gewahrt ist, wenn er sich auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützt (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, LVerfGE 17, 103 <118>; Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NVwZ-RR 2012, S. 377 <379>).

109

bb) Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 25. September 2008 - Vf. 54-VIII-08 - NVwZ 2009, S. 39 <44>; BbgVerfG, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 129 <132>) ist Teil der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich deshalb gegenüber dem Staat auf dieses Gebot berufen und seine Verletzung vor dem Bundesverfassungsgericht rügen (vgl. auch BVerfGE 23, 353 <372 f.>; 26, 228 <244>; 76, 107 <119>; 83, 363 <393 >).

110

cc) Fordert das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung eine gleichmäßige Verteilung knapper Mittel oder Güter zwischen den konkurrierenden Kommunen, so ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ein transparentes Verteilungsverfahren zu gewährleisten (vgl. StGH BW, ESVGH 49, 241 <256 ff.>; Schoch, AfK 39 <2000>, S. 225 <240>; ders., in: Ehlers/Krebs, Grundfragen des Verwaltungsrechts und des Kommunalrechts, 2000, S. 93 <127 f.>; Meyer, LKV 2000, S. 1 <4 f.>).

111

Für den Bereich des Grundrechtsschutzes ist anerkannt, dass die in Ansehung einer Entscheidung betroffenen Grundrechte nach einer adäquaten Verfahrensgestaltung verlangen. Unter diesen Voraussetzungen kann ein materieller Zulassungsanspruch in Knappheitssituationen zu einem Anspruch auf chancengerechte Teilhabe am Verfahren reduziert werden, wobei die sachgerechte, rechtswahrende und faire Ausgestaltung des Verteilungsverfahrens der Minderung der Eingriffsintensität dient (vgl. BVerfGE 33, 303 <336>; 45, 393 <399>; 54, 173 <192 ff.>; 73, 280 <296>; 85, 36 <54>; BVerfGK 1, 292 <295>). Prozedurale Vorkehrungen sind auch dort erforderlich, wo eine nachgelagerte gerichtliche Kontrolle etwaige Grundrechtsverletzungen nicht mehr korrigieren kann (vgl. BVerfGE 53, 30 <65>; 63, 131 <143>; 65, 1 <44>; 84, 34 <46>; 90, 60 <95>; stRspr).

112

Dieser Grundgedanke gilt auch für die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 55 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem niedersächsischen Rück-Neugliederungsgesetz ausgesprochen, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung zu ihrem Schutz bestimmter prozeduraler Vorkehrungen, namentlich von Anhörungsrechten und Begründungspflichten bedarf (vgl. BVerfGE 86, 90 <107 f.; 110>). In der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte ist dieser Ansatz mit Blick auf Gebietsreformen und die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs weiter ausgebaut worden (vgl. VerfGH NW, OVGE 30, 306 <307>; Nds.StGH, OVGE 33, 497 <499 f.>; ThürVerfGH, Urteil vom 28. Mai 1999 - VerfGH 39/97 -, LKV 2000, S. 31; SächsVerfGH, Urteil vom 25. September 2008 - Vf. 54-VIII-08 -, NVwZ 2009, S. 39 <40>; Gebhardt, a.a.O., S. 55 ff. m.w.N.).

113

c) Die Chance auf Zulassung als Optionskommune nach Art. 91e Abs. 2 GG wird durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt (aa). Er gewährleistet grundsätzlich auch das Recht von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen (bb). Dieses Recht besteht indes nur "im Rahmen der Gesetze" (cc).

114

aa) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG statuiert ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden (vgl. dazu BVerfGE 79, 127 <150 f.>; 83, 363 <383>; 91, 228 <236>; 110, 370 <400>). Jenseits dessen enthalten weder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG eine inhaltlich umrissene Aufgabengarantie zugunsten von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Insbesondere Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG knüpft lediglich an die vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgaben an, erschöpft sich hierin aber auch. Die kommunale Selbstverwaltung der Gemeindeverbände besteht insoweit nur nach Maßgabe der Gesetze. Allerdings muss der Gesetzgeber den Kreisen hinreichende Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zuweisen und darf sich nicht ausschließlich auf die Zuweisung materiell staatlicher Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises beschränken (vgl. BVerfGE 83, 363 <383>; 119, 331 <353 f.>). Auch auf der Ebene der Kreise muss der Bestand an Selbstverwaltungsaufgaben für sich genommen und im Vergleich zu den zugewiesenen materiell staatlichen Aufgaben ein Gewicht haben, das der institutionellen Garantie der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird. Würden ihnen nur randständige, in Bedeutung und Umfang nebensächliche Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zugewiesen, so wäre Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt (vgl. BVerfGE 119, 331 <353 f.>).

115

Hat der Gesetzgeber Kreisen und Gemeinden Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen, fällt deren Erledigung grundsätzlich in den Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG (vgl. BVerfGE 119, 331 <354> unter Bezugnahme auf NWVerfGH, Urteil vom 22. September 1992 - VerfGH 3/91 -, NVwZ-RR 1993, S. 486 <487>; Urteil vom 12. Dezember 1995 - VerfGH 5/94 -, NVwZ 1996, S. 1100; Urteil vom 9. Dezember 1996 - VerfGH 11, 12, 15, 34 u. 37/95 -, NVwZ 1997, S. 793 f.; RhPfVerfGH, Urteil vom 16. März 2001 - VGH 88/00 -, NVwZ 2001, S. 912 <914>; SachsAnhVerfG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - LVG 10-97 -, NVwZ-RR 1999, S. 393 <396>; siehe auch Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Rn. 100 ; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Rn. 231). Soweit der Gesetzgeber den Zugang zu einer kommunalen Aufgabe kontingentiert und den Kommunen lediglich eine entsprechende Chance eröffnet hat, ist der Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG ebenfalls berührt. Das gilt auch für die durch Art. 91e Abs. 2 GG eröffnete Chance auf alleinige Aufgabenwahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

116

bb) Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet Gemeinden und Gemeindeverbänden ferner das Recht, die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen (vgl. BVerfGE 21, 117 <129>; 23, 353 <365>; 83, 363 <383>; 119, 331 <361>).

117

Eine Regelung gemeindlicher Angelegenheiten in eigener Verantwortung, wie sie Art. 28 Abs. 2 GG garantiert, ist ohne eine gewisse Selbstständigkeit bei der Organisation der Aufgabenwahrnehmung nicht vorstellbar (vgl. BVerfGE 91, 228 <237 f.>). Eine umfassende staatliche Steuerung der kommunalen Organisation widerspräche der vom Verfassungsgeber vorgefundenen und in Art. 28 Abs. 2 GG niedergelegten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. BVerfGE 91, 228 <239>). Zu der von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden garantierten Eigenverantwortlichkeit gehört daher auch die Organisationshoheit (vgl. BVerfGE 38, 258 <278 ff.>; 52, 95 <117>; 78, 331 <341>; 83, 363 <382>; 91, 228 <236>). Sie gewährleistet den Gemeinden - Vergleichbares gilt nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG für die Gemeindeverbände (vgl. BVerfGE 21, 117 <129>; 23, 353 <365>; 83, 363 <383>; 119, 331 <361>; siehe auch Th. J. Schmidt, Kommunale Kooperation, 2005, S. 58) - das grundsätzliche Recht, die Wahrnehmung der eigenen Aufgaben, Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen festzulegen und damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt der Entscheidungen zu befinden. Die Organisationshoheit von Gemeinden und Gemeindeverbänden verbietet Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen ersticken würden. Zu ihr rechnet ferner die Möglichkeit, für die Wahrnehmung einzelner Verwaltungsaufgaben aus mehreren vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Organisationsformen auswählen zu können (vgl. Schmidt-Jortzig, in: von Mutius, Festgabe für von Unruh, 1983, S. 525 <527>).

118

cc) Die Organisationshoheit der Gemeinden und Gemeindeverbände erfasst sowohl den eigenen als auch den übertragenen Wirkungskreis (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; ebenso Schmidt-Jortzig, in: von Mutius, Festgabe für von Unruh, 1983, S. 525 <531> m.w.N.; Löwer, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 81 m.w.N.). Sie besteht indes gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nur im Rahmen der Gesetze. Dementsprechend sind die Organisationsbefugnisse der Gemeinden oder Gemeindeverbände an Vorgaben des Gesetzgebers nicht nur gebunden (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; 91, 228 <238>); ihre Organisationshoheit gilt grundsätzlich nur nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgestaltung.

119

Bei dieser Ausgestaltung setzt die Selbstverwaltungsgarantie dem Gesetzgeber allerdings insoweit Grenzen, als ihr Kernbereich nicht ausgehöhlt werden darf (vgl. BVerfGE 1, 167 <174 f.>; 79, 127 <146>; stRspr). Der Gesetzgeber muss zudem der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 59, 216 <226>; 76, 107 <118>; 79, 127 <146>; stRspr) und ihnen bei der Ausgestaltung ihrer internen Organisation eine hinreichende (Mit-)Verantwortung für die organisatorische Bewältigung ihrer Aufgaben lassen. Seine Vorgaben dürfen die Gemeinden aus dieser Verantwortung nicht verdrängen. Daraus folgt nicht nur, dass den Gemeinden insgesamt nennenswerte organisatorische Befugnisse verbleiben müssen, sondern auch, dass ihnen ein hinreichender organisatorischer Spielraum bei der Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabenbereiche offengehalten wird. Unterschiede zwischen Selbstverwaltungsaufgaben und Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises mögen dabei eine Rolle spielen; in keinem Fall darf jedoch ausgeschlossen werden, dass die Gemeinden im Bereich ihrer inneren Organisation individuell auf die besonderen Anforderungen vor Ort durch eigene organisatorische Maßnahmen reagieren können (vgl. BVerfGE 79, 127 <147>; 91, 228 <239 f.>). Die Organisation einer Kommune erschließt sich so erst aus dem Ineinandergreifen von staatlichen Vorgaben und eigenverantwortlichen kommunalen Organisationsentscheidungen.

120

4. Art. 91e Abs. 3 GG enthält einen umfassenden und weit zu verstehenden Gesetzgebungsauftrag zugunsten des Bundes. Der Bund verfügt insoweit über die Gesetzgebungskompetenz, die mit der Zulassung als kommunaler Träger zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zu regeln (a). Für die Abgrenzung dieser Gesetzgebungskompetenz gelten die allgemeinen Grundsätze (b).

121

a) Nach Art. 91e Abs. 3 GG regelt "das Nähere" ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Vorschrift weist dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu und enthält zugleich einen Gesetzgebungsauftrag (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 11). Dieser ist bewusst weit gefasst und soll dem Bundesgesetzgeber bei der organisatorischen Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen großen Spielraum eröffnen (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ).

122

Der Stellung von Art. 91e GG im Gemeinschaftsaufgaben und Verwaltungszusammenarbeit gewidmeten VIIIa. Abschnitt des Grundgesetzes lässt sich entnehmen, dass Art. 91e Abs. 3 GG den Bundesgesetzgeber ermächtigt, Art und Weise des Vollzugs der in materiell-rechtlicher Hinsicht unter die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG fallenden Grundsicherung für Arbeitsuchende zu regeln. Das gilt sowohl für das Zusammenwirken von Bund und Ländern als auch für das von Bund und Gemeinden und Gemeindeverbänden. Es gilt für die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen (Art. 91e Abs. 1 GG) und für die Festlegung der Anzahl der Optionskommunen, die Kriterien für ihre Zulassung, das von ihnen durchzuführende Antragsverfahren und - im Falle der Zulassung - die Kostentragung (Art. 91e Abs. 2 GG). In der Begründung zu Art. 91e GG heißt es mit Blick auf Absatz 2, dass das Bundesgesetz "unter anderem Regelungen zur Festlegung der Anzahl der Optionskommunen, zu den Kriterien für die Zulassung von Optionskommunen, […] und zu Kostentragung, Aufsicht, […] Finanzkontrolle, Rechnungsprüfung […] treffen" werde, wobei "die Aufzählung nicht abschließend" sei. Bei der Wahrnehmung dieses Auftrags habe der Gesetzgeber zudem zu berücksichtigen, dass im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Mischverwaltung als Regelfall und die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Kommunen als Ausnahmefall vorgesehen sei (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5).

123

b) Aus dem Hinweis der Gesetzesbegründung auf die "zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes" folgt hingegen, dass die Regelungen des Grundgesetzes im Übrigen zu beachten sind. Namentlich will Art. 91e Abs. 3 GG nichts an der Verteilung der Sachgesetzgebungszuständigkeiten durch die Art. 70 ff. GG ändern. Für die Abgrenzung gelten die allgemeinen Regelungen. Besteht eine sachliche Verknüpfung eines Regelungsgegenstands mit den Materien verschiedener Gesetzgebungszuständigkeiten, so ist zunächst auf die wesensmäßige und historische Zugehörigkeit zu einem dieser Sachgebiete abzustellen (vgl. BVerfGE 7, 29 <40>; 36, 193 <203>). Teilregelungen eines umfassenden Regelungskomplexes dürfen dabei nicht aus ihrem Regelungszusammenhang gelöst und isoliert betrachtet werden. Kommt die Zuordnung einer solchen Regelung zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, so ist aus dem Regelungszusammenhang zu erschließen, wo sie ihren Schwerpunkt hat. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Teilregelung mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden ist. Eine enge Verzahnung und ein geringer eigenständiger Regelungsgehalt der Teilregelung sprechen regelmäßig für eine Zuordnung zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung (vgl. BVerfGE 97, 228 <251 f.>).

II.

124

Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II begründet (1.). Soweit sich die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II (2.) und des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 4 SGB II richten (3.), sind sie unbegründet.

125

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist begründet. Die Rüge, das angegriffene Gesetz verstoße gegen die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 GG), kann das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde prüfen (a). § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II greift in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ein (b). Der Sache nach stellt er eine Regelung des Kommunalverfassungsrechts dar, für das ausschließlich die Länder zuständig sind (c).

126

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt die Kommunalverfassungsbeschwerde des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG, auch wenn sie ausschließlich gegen Rechtsnormen gerichtet werden kann, nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich im Rahmen dieses Verfahrens deshalb nur eingeschränkt darauf berufen, dass eine gesetzliche Regelung - über Art. 28 Abs. 2 GG hinaus - auch sonstiges Verfassungsrecht verletzt. Namentlich ist das Bundesverfassungsgericht nicht befugt, im Gefolge einer zulässigen Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG die Begründetheitsprüfung beliebig auf andere Verfassungsbestimmungen auszuweiten (vgl. BVerfGE 119, 331 <356>).

127

Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG gerügt werden kann jedoch, dass das angegriffene Gesetz unter Verstoß gegen die grundgesetzliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zustande gekommen ist, weil die Art. 70 ff. GG ihrem Inhalt nach geeignet sind, das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen. Nach Art. 70 GG gehören Gemeindeangelegenheiten grundsätzlich zur Gesetzgebungsbefugnis der Länder. Eingriffe des Bundesgesetzgebers in das kommunale Selbstverwaltungsrecht sind hiernach grundsätzlich ausgeschlossen, soweit nicht die Verfassung besondere Kompetenznormen bereithält, die den Bund auch zu einer Einschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltung berechtigen (vgl. BVerfGE 1, 167 <176>; 56, 298 <310>). Das hat der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht zuletzt durch die Aufnahme der Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 in das Grundgesetz unterstrichen.

128

b) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II beschränkt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Er verkürzt die von Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Organisationshoheit der Gemeinden in ihrer konkreten gesetzlichen Ausgestaltung hinsichtlich der Art und Weise ihrer Willensbildung.

129

Die durch Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte Organisationshoheit gestattet es den Kommunen, über ihre interne Organisation und Willensbildung grundsätzlich selbst zu entscheiden. Sie umfasst das Recht zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte und gewährleistet insoweit eine grundsätzliche Freiheit von staatlicher Reglementierung in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung (vgl. BVerfGE 119, 331 <362>). Art. 28 Abs. 2 GG verbürgt auch die Befugnis der Gemeinden und Gemeindeverbände, über "Ob", "Wann" und "Wie" bei der Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben im Rahmen der Gesetze grundsätzlich eigenverantwortlich zu entscheiden. Ändert der Gesetzgeber daher die Vorgaben für die interne Organisation und Willensbildung von Gemeinden und Gemeindeverbänden, greift er damit zugleich in die konkrete Ausgestaltung der verfassungsrechtlich geschützten Organisationshoheit ein.

130

Dies ist bei § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II der Fall. Er bestimmt, dass der Antrag auf Zulassung als Optionskommune unter anderem einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder in der zuständigen Vertretungskörperschaft bedarf. Damit erschwert er, verglichen mit den allgemeinen Regelungen des Kommunalrechts (vgl. Art. 45 Abs. 1 BayLKrO; Art. 51 Abs. 1 BayGO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO), die Willensbildung in den Stadträten und Kreistagen und greift damit in die de lege lata bestehende Ausgestaltung der kommunalen Organisationshoheit ein. Die Vorschrift knüpft die Realisierung der vom Gesetzgeber eingeräumten Chance, die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein zu erbringen, an zusätzliche Hürden. Im Fall des Beschwerdeführers zu 1. käme, obwohl sich eine Mehrheit des Kreistages - 36 von 60 Mitgliedern - für den Antrag auf Zulassung als Optionskommune ausgesprochen hatte, eine Realisierung der gesetzlich eröffneten Chance schon deshalb nicht mehr in Betracht.

131

c) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist der Sache nach eine Regelung des Kommunalverfassungsrechts. Dieses fällt als Teil des Kommunalrechts in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (aa). Etwas anderes folgt weder aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (bb) noch aus Art. 91e Abs.3 GG (cc) oder aus einer Kompetenz kraft Sachzusammenhangs (dd).

132

aa) Das Grundgesetz weist die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht nicht dem Bund zu, sondern belässt sie bei den Ländern (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>; 77, 288 <299>; vgl. auch BVerfGE 1, 167 <176>; 26, 172 <181>; 48, 64 <83>; 56, 298 <310>; 57, 43 <59>; 58, 177 <191 f.>). Das Kommunalrecht in diesem Sinne umfasst die Summe der Rechtssätze, die sich mit der Rechtsstellung, der Organisation, den Aufgaben sowie den Handlungsformen der kommunalen Körperschaften befassen. Darunter fällt auch das Gemeindeverfassungsrecht (vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 70 Rn. 104 ) und insbesondere die Art und Weise der kommunalen Willensbildung (vgl. Burgi, Kommunalrecht, 4. Aufl. 2012, § 1 Rn. 10).

133

§ 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist eine Regelung des Kommunalrechts. Er regelt das Zustandekommen von Beschlüssen in Stadträten und Kreistagen und betrifft damit die interne Willensbildung in den Kommunen, die Verwirklichung des Mehrheitsprinzips und der Demokratie auf kommunaler Ebene (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) und in gewissem Umfang auch die funktionale Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen der in Rede stehenden Kommune. Die interne Willensbildung in den Kommunen und das Zusammenwirken zwischen den unterschiedlichen Organen der Kommune wird in allen Ländern in den jeweiligen Kommunalordnungen geregelt (vgl. Art. 51 Abs. 1 BayGO, Art. 45 Abs. 1 BayLKrO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO) und ist ein wesentlicher Teil des Kommunal(verfassungs)rechts. Dieses bestimmt, wie die Willensbildung innerhalb einer Kommune abzulaufen hat und wie die Gewichtsverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat beziehungsweise Landrat und Kreistag auszugestalten ist. Wäre dies anders, könnte der Bund in allen Bereichen, in denen er eine Gesetzgebungskompetenz besitzt, auch Vorgaben über die Beschlussfähigkeit der kommunalen Vertretungskörperschaften, die Form der Beschlussfassung oder den Ablauf der Sitzungen treffen. Die den Ländern zustehende Gesetzgebungskompetenz für das Kommunalrecht liefe damit leer.

134

bb) Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für "die öffentliche Fürsorge" aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG vermag die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht zu stützen.

135

(1) Zwar ist der Begriff der "öffentlichen Fürsorge" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht eng auszulegen (vgl. BVerfGE 88, 203 <329 f.>; 97, 332 <341>). Zu dieser Materie gehören nicht nur Bestimmungen darüber, was die Träger der Fürsorge an materiellen Fürsorgeleistungen zu erbringen haben und auf welche Weise dies geschehen soll. Der Regelungsbereich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG umfasst auch organisatorische Vorschriften über die Abgrenzung öffentlicher und privater Träger (vgl. BVerfGE 22, 180 <203>; 106, 62 <133 f.>).

136

Bei der Bestimmung der Reichweite der aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG folgenden Gesetzgebungskompetenz ist jedoch Zurückhaltung geboten, wenn mit ihr Regelungen gerechtfertigt werden sollen, von denen nach dem Grundgedanken der Art. 70 ff. GG anzunehmen ist, dass der Regelungsgegenstand im Wesentlichen oder weitgehend in der Kompetenz der Länder verbleiben soll. Das gilt insbesondere mit Blick auf das Kommunalrecht, das nicht nur zum "Hausgut" jener Zuständigkeiten zählen dürfte, das die Organisationshoheit der Länder prägt und den Ländern daher unentziehbar verbleiben muss, sondern das der verfassungsändernde Gesetzgeber im Jahre 2006 auch noch mit einem generellen Durchgriffsverbot gegen Zugriffe des Bundes abgesichert hat (Art. 84 Abs. 1 Satz 7, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG). Damit hat er auch punktuelle Übergriffe des Bundes, wie sie aufgrund seiner Zuständigkeiten zur Regelung des Verwaltungsvollzugs nach der alten Rechtslage möglich waren (vgl. BVerfGE 22, 180 <209 f.>; 77, 288 <299>), ausgeschlossen. Im Hinblick auf organisationsrechtliche Regelungen ist zudem zu bedenken, dass die Verfassung zwischen der materiellen Gesetzgebungskompetenz in Art. 70 ff. GG und der Regelung von Behördenorganisation und Verwaltungsverfahren in Art. 83 ff. GG unterscheidet und dies nicht durch eine extensive Interpretation von dem Vollzug dienenden Vorschriften wie Art. 91e GG unterlaufen werden darf.

137

(2) Hieran gemessen kann § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden. Das Erfordernis einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in der zuständigen Vertretungskörperschaft der Kommune regelt keine rein organisatorische Frage bei der Erbringung sozialrechtlicher Leistungen, sondern die Art und Weise der Willensbildung auf kommunaler Ebene (). Gegen die Annahme, die Regelung könne auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, spricht zudem die Existenz des Art. 91e GG selbst ().

138

(a) Das Erfordernis einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in der zuständigen Vertretungskörperschaft der Kommune regelt die Art und Weise der Willensbildung auf kommunaler Ebene. Mit der qualifizierten Mehrheit des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II statuiert der Gesetzgeber verfahrensrechtliche Anforderungen an die Willensbildung der Kommunen, also die Voraussetzungen, unter denen sie zu einer rechtlich relevanten Willensbildung in der Lage sind. Nach der Auffassung des Gesetzgebers soll mit § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II "eine sorgfältige und ausführliche politische Meinungsbildung" sichergestellt werden, welche die Gewähr für "eine langfristig angelegte, umfassend aktiv unterstützte und nachhaltige Aufgabenwahrnehmung" bietet. Dies stelle sicher, dass für die alleinige Wahrnehmung der Aufgaben ein hoher Grad an Akzeptanz vorhanden und die für eine nachhaltige Aufgabenwahrnehmung unabdingbare Kontinuität der Verwaltungsstrukturen gewährleistet sei (vgl. BTDrucks 17/1555, S. 18). Wäre § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II gültig, verdrängte er in seinem Anwendungsbereich die kommunalrechtlichen Regelungen über Form und Verfahren der Beschlussfassung in den Gemeinderäten und Kreistagen und würde sie - da er denselben Gegenstand mit unterschiedlichen Rechtsfolgen regelt - nach Art. 31 GG brechen. Denn er weist denselben Regelungsgegenstand auf wie etwa Art. 51 Abs. 1 BayGO, Art. 45 Abs. 1 BayLKrO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO und vergleichbare Bestimmungen, an deren kompetenzrechtlicher Zulässigkeit keine Zweifel bestehen. Ist die Festlegung der Mehrheitserfordernisse in den kommunalen Repräsentativkörperschaften aber eine Regelung des Kommunalrechts, dann kann sie nach der Systematik der Art. 70 und Art. 72 Abs. 1 GG nicht zugleich eine solche des Sozialrechts sein.

139

Dem steht auch die Rechtsprechung des Senats zur grundsätzlich weiten Interpretation von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (vgl. BVerfGE 22, 180 <212 f.>; 106, 62 <133 f.>) nicht entgegen. Die dort entschiedenen Fälle betrafen die Regelung des Zusammenwirkens und Nebeneinanders von öffentlicher Hand und Privaten und damit Rechte und Pflichten in einem fürsorgerechtlichen Rechtsverhältnis. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II betrifft dagegen nicht das Rechtsverhältnis, in dem das Zusammenwirken von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende näher ausgestaltet wird und Antragserfordernisse, Formvorschriften oder Mitwirkungshandlungen statuiert werden. Er regelt vielmehr, nach welchen Regeln die interne Willensbildung bei einem der Beteiligten im Vorfeld des Zusammenwirkens mit Bund und Ländern zu erfolgen hat. Das Rechtsverhältnis zwischen Kommune und Bund, das insoweit allein möglicher Anknüpfungspunkt für eine Regelung auf der Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG sein könnte, ist somit nicht Regelungsgegenstand der Norm, mag diese auch reflexartige Rückwirkungen auf die Interessen des Bundes haben, indem sie dazu beitragen kann, die Anzahl der antragstellenden Kommunen zu begrenzen und das Risiko zu reduzieren, dass sich einmal zugelassene Optionskommunen aus der Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6a Abs. 7 SGB II wieder zurückziehen.

140

(b) Gegen die Annahme, die organisatorische beziehungsweise verfahrensrechtliche Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 GG könne auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, spricht zudem die Stellung des Art. 91e GG im VIIIa. Abschnitt des Grundgesetzes. Die Regelungen über die gemeinsamen Einrichtungen und die Optionskommunen wurden nach längerer Debatte (vgl. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 16) an dieser Stelle eingefügt, weil es auch nach Auffassung des verfassungsändernden Gesetzgebers um eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Mischverwaltung ging, also um den Vollzug des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches und damit zusammenhängende Fragen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens. Dies unterstreicht die Systematik des Grundgesetzes, nach der die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren gerade keine Frage der Sachgesetzgebungskompetenzen sind und schließt es aus, für eine den Vollzug des materiellen Sozialrechts betreffende Regelung auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zurückzugreifen.

141

cc) Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich auch nicht aus Art. 91e Abs. 3 GG. Auf dieser Grundlage kann der Gesetzgeber zwar die Voraussetzungen für die Zulassung von Gemeinden und Gemeindeverbänden als Optionskommunen regeln, insbesondere deren Anzahl sowie Kriterien für die Zulassung festlegen. Auf die Art und Weise der internen Willensbildung der Kommunen erstreckt sich seine Regelungskompetenz jedoch nicht.

142

(1) Nach Art. 91e Abs. 3 GG regelt das Nähere über das Zusammenwirken von Bund und Ländern oder der nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Vorschrift weist dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu und enthält zugleich einen Gesetzgebungsauftrag, der bewusst weit gefasst wurde und dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einen großen Spielraum lassen soll (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ). In der Sache bezieht er sich, wie dargelegt, auf die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen (Art. 91e Abs. 1 GG), die Anzahl möglicher Optionskommunen, das von ihnen zu durchlaufende Verfahren und - im Falle der Zulassung - die Kostentragung für die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG).

143

(2) Auch wenn diese Aufzählung nicht abschließend ist, kann § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht auf Art. 91e Abs. 3 GG gestützt werden. Weder kann das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit in der zuständigen Repräsentativkörperschaft als Zulassungskriterium angesehen werden noch darf der Gesetzgeber über den Regelungsgehalt von Art. 91e Abs. 1 und 2 GG hinausgehen.

144

In der Begründung zu Art. 91e GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber unter anderem betont, dass sich der Gesetzgeber "an die zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes zu halten" habe (BTDrucks 17/1554, S. 5) und damit deutlich gemacht, dass Art. 91e GG nichts an der in Art. 70 ff. und 109 GG niedergelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ändern will. Art. 91e Abs. 3 GG erlaubt vor diesem Hintergrund zwar den Erlass von Vorschriften "zur Festlegung der Anzahl der Optionskommunen" und "zu den Kriterien für die Zulassung von Optionskommunen". Insoweit sind Regelungen über das Erfordernis einer Antragstellung durch die kommunalen Träger und das verfahrensmäßige Zusammenwirken der Kommunen mit anderen Verwaltungsträgern - ähnlich wie bei dem auf Art. 84 Abs. 1 GG gestützten Erfordernis des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB - Teil der auf die Vollziehung der Verwaltungsaufgabe gerichteten Regelung und gestalten die Rechtsverhältnisse zwischen dem Bund und der Kommune beziehungsweise dem Land und der Kommune näher aus. Der Regelungsgehalt von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II betrifft dagegen nicht die Rechtsverhältnisse zwischen der antragstellenden Kommune und dem Bund oder dem Land, sondern die interne Organisation der Kommunen. Mit dem Erfordernis der Zwei-Drittel-Mehrheit in den zuständigen Vertretungskörperschaften regelt er die Modalitäten ihrer Beschlussfassung und modifiziert damit nicht nur die Anforderungen an die demokratische Willensbildung in den Kommunen, sondern auch die funktionale Zuständigkeitsverteilung zwischen ihren Organen. Als in der Sache kommunalrechtliche Vorschrift ist § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht von Art. 91e Abs. 3 GG gedeckt.

145

dd) Dem Bund steht schließlich auch keine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs zu. Eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs ist von vornherein nur dann anzuerkennen, wenn eine Materie verständiger Weise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine dem Bund nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der in Rede stehenden Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 8, 143 <149>; 12, 205 <237>; 15, 1 <20>; 26, 246 <256>; 26, 281 <300>; 97, 228 <251>; 98, 265 <299>; 106, 62 <114 f.>; stRspr). Die umfassende Regelung eines den Ländern vorbehaltenen Bereichs ist dem Bund in keinem Fall eröffnet (vgl. BVerfGE 61, 149 <205>; 98, 265 <299>; 106, 62 <115>).

146

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es liegt schon fern, dass eine Frage der internen Willensbildung der kommunalen Repräsentativkörperschaften eine zentrale Bedeutung für die Aufgabenerledigung durch sogenannte Optionskommunen haben sollte. Mag das Antragserfordernis sicherstellen, dass die Kommune die Aufgabe aus eigenem Antrieb übernimmt, und dazu beitragen, dass sie sich an diesem rechtserheblichen Schritt festhalten lassen muss, so ist die Frage, auf welche Weise die dem Antrag zugrunde liegenden Beschlüsse zustande kommen, für die Aufgabenwahrnehmung nachrangig und für die organisatorische Ausgestaltung insgesamt unbedeutend. Schon der Blick auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 zeigt, dass die Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II keineswegs unerlässlich ist, um eine Behördenstruktur zu schaffen, die die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Zielsetzung des Gesetzgebers entsprechend erfüllen kann (ebenso Luthe, in: Hauck/Noftz/Voelzke, SGB II, § 6a Rn. 11 ; ders., ZfF 2011, S. 1 <3>). Nach § 6a Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. wurden kommunale Träger auf Antrag vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit als Träger im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung zugelassen, wenn sie sich zur Schaffung einer besonderen Einrichtung nach § 6a Abs. 6 SGB II a.F. und zur Mitwirkung an der Wirkungsforschung nach § 6c SGB II<2004> verpflichtet hatten. Weitergehende Anforderungen wurden zum damaligen Zeitpunkt als nicht erforderlich angesehen. Vollzugsprobleme haben sich daraus nicht ergeben. Wie die mündliche Verhandlung gezeigt hat, ist es auch nicht zu einem nennenswerten Rückzug von Optionskommunen gekommen.

147

d) § 6a Abs. 2 Satz 3 1.Halbsatz SGB II verletzt danach Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 70 GG. Im Hinblick auf einen geordneten Gesetzesvollzug im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist § 6a Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz SGB II für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären. Die Vorschrift gilt für bestehende Zulassungen fort (vgl. BVerfGE 103, 1 <1, 19 f.>). Sie darf in neuen Zulassungsverfahren nach § 6a SGB II nicht mehr angewandt werden. Die bisher ergangenen Zulassungsentscheidungen bleiben unberührt. Das gilt insbesondere für die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 14. April 2011 (BGBl I S. 645).

148

aa) Verstößt eine Norm gegen das Grundgesetz, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit der angegriffenen Vorschrift. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit der Anordnung einer teilweisen Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung kommt statt der gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeit als Rechtsfolge dann in Betracht, wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. BVerfGE 119, 331 <382 f.> m.w.N.). Neben den Grundrechten (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 92, 158 <186>) werden vor allem das Rechts- und das Sozialstaatsprinzip (vgl. BVerfGE 37, 217 <261>; 73, 40 <101 f.>; 119, 331 <383 f.>) als verfassungsrechtliche Gründe anerkannt, welche die befristete Weitergeltung einer nicht verfassungskonformen Regelung rechtfertigen können. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn mit der Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung ein rechtliches Vakuum aufträte und sowohl bei den Behörden als auch bei den Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entstünde (vgl. BVerfGE 37, 217 <261>; 73, 40 <102>; 92, 53 <74>). Die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Rechtslage mit dem Grundgesetz darf auch nicht dazu führen, dass der Verwaltung zeitweilig die Erfüllung verfassungsrechtlicher Pflichtaufgaben mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfGE 83, 130 <152 ff.>; auch 51, 268 <290 f.>).

149

bb) Danach ist § 6a Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz SGB II lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung bei den betroffenen Behörden und Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entsteht, und um eine wirkungsvolle, durch das Sozialstaatsprinzip gebotene Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen. Die durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährten Leistungen decken weite Bereiche der Sozialleistungen des Staates ab. Bei einer Nichtigerklärung könnten die Aufgaben ab sofort nicht mehr einheitlich durch alle zugelassenen Optionskommunen wahrgenommen werden. Hiervon wären eine hohe Zahl von Leistungsempfängern und die Mitarbeiter der Kommunen betroffen. Ohne die Aufrechterhaltung der Regelung für die Vergangenheit ist es nicht möglich, eine geordnete Sozialverwaltung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 119, 331 <383>).

150

Als Folge der Übergangsregelung kann auch der Beschwerdeführer zu 1. derzeit nicht als Optionskommune zugelassen werden. Er wird einen neuen Antrag stellen müssen (vgl. BVerfGE 103, 1 <20>).

151

2. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Gegen die Vorschrift des § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung ist formell verfassungsgemäß (a). Mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II füllt der Bundesgesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise den ihm eingeräumten Gestaltungsauftrag aus (b). Die Festlegung der Anzahl möglicher kommunaler Träger auf 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Aufgabenträger verstößt auch nicht gegen Art. 28 Abs. 2 GG (c). Der Gesetzgeber hat das Verteilungsverfahren schließlich hinreichend bestimmt ausgestaltet; die Verordnungsermächtigung des § 6a Abs. 3 SGB II ist insoweit nicht zu beanstanden (d).

152

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II ergibt sich aus Art. 91e Abs. 3 GG. Danach regelt das Nähere im Hinblick auf Organisation und Verfahren bei der Erledigung der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zum "Näheren" gehört neben Regelungen über die Ausgestaltung des Zulassungs- und Verteilungsverfahrens sowie die Organisation der Aufgabenerfüllung auch die Festlegung der Anzahl zuzulassender Optionskommunen. In der Begründung zu Art. 91e GG ist im Hinblick auf Absatz 2 insoweit ausdrücklich davon die Rede, dass das Bundesgesetz Regelungen über die Festlegung der Anzahl der Optionskommunen treffen werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II hat der Gesetzgeber die Anzahl möglicher Optionskommunen auf 25 Prozent festgelegt und insoweit das Nähere zu Art. 91e Abs. 2 GG geregelt. Dazu ist er durch Art. 91e Abs. 3 GG ermächtigt.

153

b) Art. 91e Abs. 3 GG eröffnet dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum für die Ausgestaltung des Verwaltungsvollzugs in alleiniger Trägerschaft der Kommunen (aa). Dessen Grenzen überschreitet § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II nicht (bb).

154

aa) Indem Art. 91e Abs. 3 GG den Bundesgesetzgeber ermächtigt, "das Nähere" zu regeln, räumt er ihm grundsätzlich einen nicht unerheblichen Spielraum bei der Ausgestaltung des Vollzugs der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in alleiniger Verantwortung der Kommunen ein (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 12; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ). Inhaltlich geben Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG allerdings ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor: Die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen soll danach die Regel sein, die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Ausnahme. Dies belegen sowohl der Wortlaut des Art. 91e GG (1) als auch seine systematische Stellung und seine Entstehungsgeschichte (2).

155

(1) Bereits dem Wortlaut des Art. 91e GG lässt sich entnehmen, dass das Grundgesetz die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in gemeinsamen Einrichtungen als Regelfall vorsieht. In diesem Sinne ist in Art. 91e Abs. 2 GG davon die Rede, dass der Bund zulassen "könne", dass eine "begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden" auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Nicht nur die Formulierung "eine begrenzte Anzahl" weist dabei auf ein "Regel-Ausnahme-Verhältnis" (BTDrucks 17/1554, S. 4) hin; auch die ausdrückliche Eröffnung eines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums ("kann zulassen") unterstreicht dies.

156

(2) Art. 91e GG stellt eine allein auf den Vollzug der Verwaltungsaufgabe Grundsicherung für Arbeitsuchende zugeschnittene abschließende Spezialregelung dar. Er wurde bewusst in den Abschnitt VIIIa. "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" aufgenommen und ordnet ausweislich des Art. 91e Abs. 1 GG grundsätzlich eine Mischverwaltung als Regelfall an. Soweit Art. 91e Abs. 2 GG in diesem Zusammenhang ausnahmsweise auch einen Vollzug durch Optionskommunen vorsieht, stellt er die Grundentscheidung des Art. 91e Abs. 1 GG für den Vollzugstyp der Mischverwaltung nicht in Frage. Art. 91e Abs. 2 GG ist insoweit - anders als in der Literatur zum Teil angenommen wird (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 31 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 22) - keine Norm, die einen Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen über die Landesexekution gemäß Art. 83 f. GG wieder eröffnete (BTDrucks 17/1554, S. 4), sondern eine spezifische Ausnahmevorschrift von einer ihrerseits abschließenden Spezialregelung.

157

bb) Aus dem Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG lässt sich eine konkrete Anzahl möglicher Optionskommunen nicht ableiten (1). Die mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II vorgenommene Konkretisierung des von Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben (2).

158

(1) Der Gesetzgeber ist im Rahmen der Vorgaben des Art. 91e Abs. 3 GG grundsätzlich frei, die Anzahl der möglichen Optionskommunen aufgrund politischer Dezision festzusetzen. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Festlegung auf 25 Prozent sei willkürlich und daher verfassungswidrig (Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 42; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 27 ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 20), vermag dies nicht zu überzeugen. Zwar hat die Begrenzung auf 25 Prozent in der Tat lediglich in den Gesetzgebungsmaterialien Niederschlag gefunden (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4; 17/2192, S. 2), nicht jedoch im Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG. Auch lassen sich der Norm über das Regel-Ausnahme-Verhältnis hinaus keine weiteren Kriterien für dessen Konkretisierung entnehmen. Das macht die Bestimmung des Art. 91e Abs. 2 GG jedoch nicht verfassungswidrig, sondern hat lediglich zur Folge, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung und unter Beachtung des Mehrheitsprinzips (Art. 42 Abs. 2 GG) nach seinen politischen Präferenzen über die Konkretisierung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses entscheiden kann. Er ist dabei rechtlich auch nicht an im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens getroffene politische Absprachen gebunden. Den auf die Einführung eines 25-Prozent-Quorums zielenden Absichtserklärungen in den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4) kommt, für sich genommen, insoweit kein verfassungsrechtlicher Gehalt zu.

159

Mit dem Tatbestandsmerkmal der "begrenzten Anzahl" gibt Art. 91e Abs. 2 GG einen deutlichen Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber das Regel-Ausnahme-Verhältnis weitgehend frei konkretisieren darf (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 20). Da sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bereits aus dem Nebeneinander von Art. 91e Abs. 1 und 2 GG ergibt, wäre die Aufnahme dieses unbestimmten Verfassungsbegriffs nicht erforderlich gewesen. Spezifischen Bedeutungsgehalt erfährt er daher nur, wenn er als die Bekräftigung der Befugnis des Gesetzgebers verstanden wird, die Anzahl der zuzulassenden Optionskommunen weitgehend nach politischen Präferenzen zu bestimmen.

160

(2) Mit der Festlegung auf 25 Prozent hat der Gesetzgeber die bereits im Verfahren zur Einführung von Art. 91e GG avisierte Zielgröße übernommen und den politischen Erwartungen der Beteiligten Rechnung getragen. Dies ist nicht deshalb willkürlich, weil sich aus der Gesetzesbegründung kein weiteres überzeugendes Regelungsmotiv für die Gewichtung ergibt (vgl. Mehde, in: Beck'scher OK-GG, Art. 91e Rn. 26 <1. Juni 2014>).

161

Es ist nicht ersichtlich, dass § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II den von Art. 91e Abs. 2 GG gezogenen Konkretisierungsspielraum überschreitet (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 26, Fn. 102 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 9; Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 6a Rn. 8). Dem Gesetzgeber hätte es zwar frei gestanden, über das 25-Prozent-Quorum hinaus zu gehen (vgl. Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 26 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Verfassungsrechtlich verpflichtet war er dazu jedoch nicht.

162

c) § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bedarf auch keiner verfassungskonformen Auslegung im Lichte von Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden (aa), Art. 28 Abs. 2 Satz 2 den Gemeindeverbänden (bb) eine unterschiedlich weit reichende und wehrfähige Aufgabenausstattung. Diese wird durch die Kontingentierung der möglichen Optionskommunen nicht berührt (cc).

163

aa) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich (vgl. BVerfGE 26, 228 <237 f.>; 56, 298 <312>; 59, 216 <226>; 79, 127 <143>). Dazu gehören diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben (vgl. BVerfGE 8, 122 <134>; 50, 195 <201>; 52, 95 <120>; 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>), die also den Gemeindeeinwohnern als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>). Verändert der Gesetzgeber den Aufgabenbestand der Gemeinden, so hat er den Vorrang zu berücksichtigen, den Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG der Gemeindeebene in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft einräumt. Dagegen ist er in seiner Zuordnung weitgehend frei, wenn eine Aufgabe keinen oder keinen relevanten örtlichen Charakter besitzt; sie fällt dann von vornherein nicht in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 79, 127 <152>; 110, 370 <400>).

164

bb) Den Gemeindeverbänden ist das Recht der Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG dagegen im Hinblick auf ihren Aufgabenbestand nur eingeschränkt gewährleistet. Anders als bei den Gemeinden beschreibt die Verfassung die Aufgaben der Kreise nicht selbst, sondern überantwortet ihre Festlegung dem Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 119, 331 <353> m.w.N.). Dessen Gestaltungsspielraum stößt, wie dargelegt, bei der Ausgestaltung des Aufgabenbereichs der Kreise erst dort an Grenzen, wo die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts der Kreise entwertet würde. Der Gesetzgeber darf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG deshalb nicht dadurch unterlaufen, dass er den Kreisen keine Aufgaben zuweist, die in der von der Verfassung selbst gewährten Eigenverantwortlichkeit wahrgenommen werden könnten. Er muss vielmehr einen Mindestbestand an Aufgaben vorsehen, die die Kreise unter Inanspruchnahme der auch ihnen gewährten Eigenverantwortlichkeit erledigen können (vgl. BVerfGE 119, 331 <353>). Ist dies der Fall, so liegt es im (politischen) Ermessen des Gesetzgebers, ob und inwieweit er über den verfassungsrechtlich geforderten Mindestbestand an Aufgaben hinausgeht.

165

cc) Soweit die Beschwerdeführerin zu 2. nicht als Optionskommune anerkannt worden ist, berührt sie dies nicht in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Selbstverwaltungsgarantie. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist keine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft. Ihre unterlassene Übertragung berührt Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG von vornherein nicht. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen (vgl. BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>). Fürsorge- und sozialversicherungsrechtliche Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende lassen sich darunter nicht fassen. Die den Optionskommunen zusätzlich zu übertragenden Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II betreffen die Eingliederung in Arbeit, die normalerweise Gegenstand der Arbeitslosenversicherung ist und von der Bundesagentur für Arbeit überregional und im Bundesgebiet einheitlich wahrgenommen wird. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Ansprüche auf Sozialhilfe durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende abgelöst worden sind, Sozialhilfe jedoch von den kreisfreien Städten und Landkreisen nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften in eigener Verantwortung geleistet wird (vgl. § 1 Abs. 1 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch; § 1 Satz 1 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs; § 1 Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen; § 1 Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch). Dass diese Gebietskörperschaften seit Jahrzehnten örtliche Träger der Sozialhilfe sind, macht die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht zu einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10). Der Schutzbereich des Art 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist insoweit nicht eröffnet (vgl. Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 6a Rn. 8; vgl. auch Dyllick/Lörincz/Neubauer, NJ 2011, S. 15 <20>).

166

Vor diesem Hintergrund ist auch die Selbstverwaltungsgarantie der Beschwerdeführer zu 3. bis 15. aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nicht verletzt. Da das Recht der Selbstverwaltung den Gemeindeverbänden von vornherein nur nach Maßgabe der Gesetze eingeräumt ist, obliegt es grundsätzlich auch dem Gesetzgeber, die Aufgaben der Gemeindeverbände festzulegen. Der ihm dabei zukommende Spielraum stößt erst dort an Grenzen, wo durch die Zuweisung neuer Aufgaben, deren Entzug oder Nichtzuweisung die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Selbstverwaltung entleert würde (vgl. BVerfGE 119, 331 <352 ff.>). Die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. waren bislang nicht als kommunale Träger zugelassen und haben ihre Zulassung als Optionskommune erstmals beantragt. Ihre Nichtzulassung stellt sich somit weder als Aufgabenentzug noch als eine Änderung ihres bisherigen Aufgabenbestandes dar, die an Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen wäre. Die Beschwerdeführer begehren vielmehr die Zuweisung einer neuen Aufgabe. Dies könnten sie unter Berufung auf die Selbstverwaltungsgarantie nur verlangen, wenn ohne eine Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende die ihnen zukommende Selbstverwaltungsgarantie in ihrem Kern entwertet wäre. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

167

d) Eröffnet der Gesetzgeber den Kommunen die Chance auf eine bestimmte Aufgabenzuständigkeit, so muss er allerdings ein Verfahren vorsehen, das eine transparente und nachvollziehbare Verteilungs- und Zulassungsentscheidung sicherstellt (aa). Der Gesetzgeber musste dieses Verteilungsverfahren nicht im Einzelnen ausgestalten, sondern konnte dies auch dem Verordnungsgeber überlassen. § 6a Abs. 3 SGB II ist insoweit eine ausreichende Rechtsgrundlage (bb). Ob die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (KtEfV) diesen Anforderungen genügt, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung (cc).

168

aa) Angesichts der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Kontingentierung der Anzahl der Optionskommunen durch § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Verteilung der Zulassungen willkürfrei, transparent und nachvollziehbar bewältigt wird und dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung entspricht (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 47; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 28 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Dieser aus der Grundrechtsdogmatik entlehnte Gedanke eines Rechtsgüterschutzes durch Verfahren gilt mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG auch im vorliegenden Zusammenhang.

169

bb) Der Gesetzgeber muss das Verteilungsverfahren allerdings nicht im Einzelnen selbst ausgestalten, sondern kann dies auch dem Verordnungsgeber überlassen. Allerdings muss er die wesentlichen Grundzüge des Verfahrens im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG selbst regeln.

170

Anders als in der Vorgängerregelung des § 6a Abs. 3 bis 6 SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 hat sich der Gesetzgeber für die (weitere) Zulassung von Optionskommunen auf die Normierung einer Verordnungsermächtigung in § 6a Abs. 3 SGB II beschränkt, die ein willkürfreies, transparentes und nachvollziebares Verteilungsverfahren jedenfalls in den Grundzügen vorstrukturiert und die Regelung der Einzelheiten dem Verordnungsgeber überlässt (vgl. Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 28 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.

171

§ 6a Abs. 3 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Voraussetzungen der Eignung nach § 6a Abs. 2 Nr. 1 SGB II und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach § 6a Abs. 2 und Abs. 4 SGB II auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln. Damit hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der Zulassung von Optionskommunen eine Eignungsprüfung und -feststellung sowie ein Verteilungsverfahren voranzugehen haben, das an der bestmöglichen Erfüllung der Verwaltungsaufgabe auszurichten ist. Das genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, der nicht verlangt, dass eine Verordnungsermächtigung so bestimmt wie irgend möglich ist, sondern eine hinreichende Bestimmtheit ausreichen lässt (vgl. BVerfGE 8, 274 <312>; 26, 228 <241>; 55, 207 <226>; 58, 257 <277>; 62, 203 <210>; 123, 39 <78>). Vor diesem Hintergrund reicht es, wenn sich - wie hier - das Ausmaß der Ermächtigung mit hinreichender Deutlichkeit aus dem begrenzten Zweck der Ermächtigung ergibt (vgl. BVerfGE 4, 7 <22>; 20, 296 <306>; 28, 66 <86>; 35, 179 <183>; 38, 61 <84>).

172

cc) Ob das Verteilungsverfahren, das die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende näher ausgestaltet, selbst den Anforderungen an ein willkürfreies, transparentes und nachvollziehbares Zulassungsverfahren genügt (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 47 Fn. 149), und ob es insbesondere nicht bundesrechtlicher Regelungen über die Verteilung der möglichen Optionskommunen auf die Länderkontingente bedarf, um ein willkürfreies, transparentes und dem interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechendes Verteilungsverfahren sicherzustellen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die insoweit möglicherweise unzureichende Verordnung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

173

3. Schließlich begegnet auch die Vorschrift des § 6b Abs. 4 SGB II keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Gesetzgebungskompetenz hierfür folgt ebenfalls aus Art. 91e Abs. 3 GG (a). Mit der Schaffung einer unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene geht für diesen Bereich eine Befugnis des Bundes einher, die ordnungsgemäße Verwendung der eingesetzten Mittel zu kontrollieren (b).

174

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6b Abs. 4 SGB II folgt aus Art. 91e Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 GG. In der Gesetzesbegründung zu Art. 91e Abs. 3 GG heißt es, dass in Bezug auf Art. 91e Abs. 2 das Bundesgesetz unter anderem Regelungen zu Kostentragung, Aufsicht, Finanzkontrolle und Rechnungsprüfung treffen werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers sollte der Bund folglich zu einer derartigen Regelung befugt sein.

175

b) Die Befugnis des Bundes zu einer finanziellen Kontrolle der Optionskommunen folgt zwar nicht schon aus der Finanzierungsverantwortung des Bundes (aa). Mit der Schaffung einer unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene sind ihm jedoch zugleich Befugnisse eingeräumt worden, die eine wirksame Finanzkontrolle ermöglichen (bb). Dies verletzt nicht die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (cc).

176

aa) Dass den Bund eine Finanzierungsverantwortung für Aufgaben trifft, welche die zugelassenen kommunalen Träger wahrnehmen, zwingt, für sich genommen, nicht dazu, ihm auch Finanzkontrollbefugnisse einzuräumen. Zwar wird im Schrifttum mit Blick auf den Bundesrechnungshof die Auffassung vertreten, dass Kontrollkompetenzen nicht an die Verwaltungs-, sondern an die Finanzierungsverantwortung anknüpfen (vgl. Kammer, DVBl 1990, 555 <558 f.>; Mähring, DÖV 2006, S. 195 <203>). Mit Blick auf den Bundesrechnungshof hat das Bundesverfassungsgericht es jedoch stets abgelehnt, von der Finanzierungsverantwortung auf eine Kontrollzuständigkeit zu schließen. Für die Reichweite seiner Befugnisse gebe die Annahme einer Finanzgewalt nichts her. Aus ihr ergebe sich insbesondere nicht, dass der Bund Erhebungsbefugnisse im Hinblick auf die Gesamtheit der föderalen Finanzströme haben müsse. Die Kompetenz des Bundes, durch seinen Rechnungshof Erhebungen im Länderbereich durchzuführen, folge im Hinblick auf Finanzhilfen nach Art. 104b GG den Verwaltungskompetenzen des Bundes (vgl. BVerfGE 127, 165 <219 f.>). Daran ist auch im vorliegenden Zusammenhang festzuhalten.

177

bb) Mit der Einfügung von Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG in das Grundgesetz hat der verfassungsändernde Gesetzgeber eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene etabliert und damit eine Sonderregelung geschaffen, die dem Bund spezifische Verwaltungskompetenzen zuweist und den allgemeinen Regelungen über das Finanzwesen vorgeht. Sie ermächtigt den Bund auch zu einer effektiven Finanzkontrolle über die Optionskommunen. Die Finanzkontrolle des Bundes ist strikt auf die Verwaltung der von ihm zur Verfügung gestellten Mittel für die Grundsicherung für Arbeitsuchende beschränkt (1). Seine Kontrollbefugnisse unterscheiden sich insoweit von jenen des Bundesrechnungshofes (2) und haben weder rechtlich noch faktisch aufsichtsgleiche Wirkung (3).

178

(1) Der Gesetzgeber hat die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Kontrollformen aufgenommen und die Befugnisse des Bundes zur Finanzkontrolle in § 6b Abs. 4 SGB II, jene des Bundesrechnungshofes in § 6b Abs. 3 SGB II und die Aufsichtsbefugnisse des Bundes und der Länder in §§ 47, 48 SGB II geregelt.

179

(2) Die Befugnisse des Bundes im Rahmen der Finanzkontrolle unterscheiden sich von denen des Bundesrechnungshofes und beschränken sich auf die Gewährleistung der fiskalischen Interessen des Bundes. Das kommt schon darin zum Ausdruck, dass die Befugnisse des Bundesrechnungshofes in § 6b Abs. 3 SGB II, die des Bundes aber in § 6b Abs. 4 SGB II normiert sind, ergibt sich aber auch aus dem unterschiedlichen Inhalt der Befugnisse beider Behörden.

180

Die Finanzkontrolle nach § 6b Abs. 4 SGB II bezieht sich ausschließlich auf die fiskalischen Interessen des Bundes. Sie ist in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Zielsetzung enger als jene des Bundesrechnungshofes, reicht hinsichtlich ihrer Befugnisse jedoch weiter. Insbesondere gestattet sie es ihm, öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltend zu machen und im Wege der Verrechnung durchzusetzen. In der Begründung zu § 6b Abs. 4 und Abs. 5 SGB II heißt es insoweit, dass sich der Erstattungsanspruch in der Finanzbeziehung zwischen Bund und zugelassenem kommunalen Träger zugunsten der Wiederherstellung der rechtmäßigen Ordnung der Haushalte auswirke. Somit werde im Zusammenwirken mit dem Prüfrecht des Bundes nach § 6b Abs. 4 SGB II eine effektive Finanzkontrolle ermöglicht, welche die Finanzinteressen des Bundes absichere. Dazu würden in Satz 1 die gesetzlichen Prüfbefugnisse des Bundes klargestellt, die jederzeit gewährleisteten, dass eine Kostenerstattung nur erfolge, soweit die Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers auf einem gesetzmäßigen Mitteleinsatz beruhten (vgl. BTDrucks 17/1555, S. 19).

181

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist im Rahmen der Finanzkontrolle somit befugt, die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit der von den zugelassenen kommunalen Trägern verausgabten Bundesmittel anhand der vorgelegten Jahresabschlussrechnung zu prüfen und dabei auch die Gesetzmäßigkeit der Ausgaben zu kontrollieren. Es darf zu diesem Zweck Informationen vor Ort erheben und auch ohne konkreten Anlass bei den zugelassenen kommunalen Trägern Prüfungen durchführen.

182

(3) Die dem Bund durch § 6b Abs. 4 SGB II eröffnete Finanzkontrolle über die Optionskommunen unterscheidet sich schließlich auch von der Rechts- und Fachaufsicht. Die Vorschrift statuiert keine Aufsichtsbefugnisse des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Sie dient nicht der Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht der Gewährleistung eines grundsätzlich einheitlichen Gesetzesvollzugs, sondern beschränkt sich ausschließlich auf die Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung, von der Möglichkeit des Art. 91e Abs. 2 GG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 127, 165 <203 f.>). Die Befugnisse des Bundes aus § 6b Abs. 4 SGB II erlauben es daher nicht, vertretbare Rechtsauffassungen des zugelassenen kommunalen Trägers zu beanstanden und auf dieser Grundlage Mittel vorzuenthalten oder Erstattungsansprüche durchzusetzen; die Durchsetzung einer einheitlichen Rechtsanwendung ist vielmehr der Rechts- und Fachaufsicht vorbehalten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist auch nicht befugt, einzelne Optionskommunen von dem automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) auszuschließen. Dieses Verfahren dient der Unterstützung und Dokumentation wesentlicher Tätigkeiten bei der Ausführung des Haushaltsplans, der Abwicklung des Zahlungsverkehrs, der Buchführung und der Rechnungslegung sowie der Bereitstellung von tagesaktuellen Informationen über den Stand des Haushaltsvollzugs für alle bewirtschaftenden Dienststellen und ermöglicht die automatisierte Bereitstellung der im Haushaltsgesetz festgestellten Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen sowie deren unterjährige Veränderungen (wie Restebewilligungen, Nachträge). Im vorliegenden Zusammenhang dient es der Sache nach dazu, eine Vorfinanzierung der Leistungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Optionskommunen zu vermeiden. Da ein Ausschluss vom HKR-Verfahren für die betroffenen kommunalen Träger erhebliche wirtschaftliche Belastungen und Risiken mit sich brächte und insoweit Sanktionscharakter besäße, ist er von § 6b Abs. 4 SGB II nicht gedeckt. Sanktionen sind kennzeichnend für die Aufsicht, zu der Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG den Bundesgesetzgeber gerade nicht ermächtigt.

183

cc) Ob ein Eingriff in die Finanzhoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 1. Halbsatz GG) und Gemeindeverbände (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 1. Halbsatz GG) vorliegt, wenn staatliche Stellen über den Einsatz der Finanzmittel zu unterrichten sind und ihnen Einsicht in Bücher und sonstige Unterlagen gewährt werden muss, hat das Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen, da etwaige Einschränkungen in den entschiedenen Fällen jedenfalls gerechtfertigt waren (vgl. BVerfGE 127, 165 <208>). Das gilt auch hier, wo der Eingriff in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung mit Blick auf die gesamtstaatliche Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und den damit verbundenen erheblichen Einsatz von Bundesmitteln im öffentlichen Interesse liegt.

(1) Die Bundesagentur und die zugelassenen kommunalen Träger überprüfen Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober im Wege des automatisierten Datenabgleichs daraufhin,

1.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Träger der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung bezogen werden oder wurden,
2.
ob und in welchem Umfang Zeiten des Leistungsbezuges nach diesem Buch mit Zeiten einer Versicherungspflicht oder Zeiten einer geringfügigen Beschäftigung zusammentreffen,
3.
ob und welche Daten nach § 45d Absatz 1 und § 45e des Einkommensteuergesetzes an das Bundeszentralamt für Steuern übermittelt worden sind,
4.
ob und in welcher Höhe ein Kapital nach § 12 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 nicht mehr dem Zweck einer geförderten zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommensteuergesetzes dient,
5.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen der Bundesagentur als Träger der Arbeitsförderung nach dem Dritten Buch bezogen werden oder wurden,
6.
ob und in welcher Höhe und für welche Zeiträume von ihnen Leistungen anderer Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende bezogen werden oder wurden.
Satz 1 gilt entsprechend für nicht leistungsberechtigte Personen, die mit Personen, die Leistungen nach diesem Buch beziehen, in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Abweichend von Satz 1 können die dort genannten Träger die Überprüfung nach Satz 1 Nummer 2 zum ersten jedes Kalendermonats durchführen.

(2) Zur Durchführung des automatisierten Datenabgleichs dürfen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die folgenden Daten einer Person, die Leistungen nach diesem Buch bezieht, an die in Absatz 1 genannten Stellen übermitteln:

1.
Name und Vorname,
2.
Geburtsdatum und -ort,
3.
Anschrift,
4.
Versicherungsnummer.

(2a) Die Datenstelle der Rentenversicherung darf als Vermittlungsstelle die nach den Absätzen 1 und 2 übermittelten Daten speichern und nutzen, soweit dies für die Datenabgleiche nach den Absätzen 1 und 2 erforderlich ist. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei (§ 150 des Sechsten Buches) und des bei ihr für die Prüfung bei den Arbeitgebern geführten Dateisystems (§ 28p Absatz 8 Satz 2 des Vierten Buches) nutzen, soweit die Daten für die Datenabgleiche erforderlich sind. Die nach Satz 1 bei der Datenstelle der Rentenversicherung gespeicherten Daten sind unverzüglich nach Abschluss des Datenabgleichs zu löschen.

(3) Die den in Absatz 1 genannten Stellen überlassenen Daten und Datenträger sind nach Durchführung des Abgleichs unverzüglich zurückzugeben, zu löschen oder zu vernichten. Die Träger der Leistungen nach diesem Buch dürfen die ihnen übermittelten Daten nur zur Überprüfung nach Absatz 1 nutzen. Die übermittelten Daten der Personen, bei denen die Überprüfung zu keinen abweichenden Feststellungen führt, sind unverzüglich zu löschen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere über das Verfahren des automatisierten Datenabgleichs und die Kosten des Verfahrens zu regeln; dabei ist vorzusehen, dass die Übermittlung an die Auskunftsstellen durch eine zentrale Vermittlungsstelle (Kopfstelle) zu erfolgen hat, deren Zuständigkeitsbereich zumindest das Gebiet eines Bundeslandes umfasst.

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

Tenor

1. § 6a Absatz 2 Satz 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch in der Fassung des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 ist mit Artikel 28 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 70 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar, soweit er anordnet, dass der Antrag in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder bedarf. Die Vorschrift gilt für bestehende Zulassungen fort.

Im Übrigen werden die Verfassungsbeschwerden zurückgewiesen.

2. Die Bundesrepublik Deutschland hat dem Beschwerdeführer zu 1. die notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerden betreffen die rechtliche Stellung sogenannter Optionskommunen nach der Aufnahme von Art. 91e in das Grundgesetz und der Neuregelung der Leistungsträgerschaft und Aufgabenwahrnehmung auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112).

I.

2

1. Im Rahmen ihres "Zukunftsprogramms Agenda 2010" legten die Bundesregierung und die sie tragenden Bundestagsfraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Herbst 2003 mehrere Gesetzentwürfe für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vor, darunter den Entwurf eines Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 5. September 2003 (BTDrucks 15/1516). Wesentliches Anliegen dieses Entwurfs war es, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe für erwerbsfähige Arbeitslose zur Grundsicherung für Arbeitsuchende zusammenzuführen, um sie als einheitliche Leistung "aus einer Hand" anbieten zu können. Damit sollten Doppelstrukturen in der Sozialhilfe- und Arbeitslosenhilfeverwaltung, die als ineffizient empfunden wurden, beseitigt und der angespannten Finanzlage der Kommunen Rechnung getragen werden (vgl. BTDrucks 15/1516, S. 41 f.).

3

a) Diese Zielsetzung bedingte grundlegende Änderungen in der Organisation der Leistungsverwaltung. Im Gesetzgebungsverfahren waren deshalb neben der materiell-rechtlichen Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende insbesondere die Fragen der Leistungsträgerschaft und der Finanzierungsverantwortung umstritten. Ein Teil der Länder und der Deutsche Landkreistag strebten eine kommunale Trägerschaft an, während andere Länder, der Bund, der Deutsche Städte- und Gemeindebund sowie der Deutsche Städtetag die Bundesagentur für Arbeit als alleinige Trägerin der Leistungen durchsetzen wollten.

4

Nach einem langwierigen Gesetzgebungsverfahren (zu den Einzelheiten vgl. BVerfGE 119, 331 <332 ff.>) wurde das Vierte Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt am 24. Dezember 2003 beschlossen und am 29. Dezember 2003 verkündet (BGBl I S. 2954).

5

Eine Vorschrift über die Option für eine kommunale Trägerschaft (§ 6a SGB II a.F.) war kurzfristig in das Gesetz aufgenommen, die Ausgestaltung im Einzelnen einem weiteren Gesetzgebungsverfahren vorbehalten worden. Dessen Eckpunkte wurden in gleichlautenden Entschließungsanträgen des Deutschen Bundestages und des Bundesrates festgelegt (BTDrucks 15/2264; BRDrucks 943/03 ) und führten unter anderem zu einer Änderung der §§ 6 ff. und § 44b SGB II a.F. durch das Gesetz zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (Kommunales Optionsgesetz) vom 30. Juli 2004 (BGBl I S. 2014).

6

Um verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Finanzierung der mit der Trägerschaft verbundenen Ausgaben aus Bundesmitteln auszuräumen, hatte der Gesetzentwurf ursprünglich vorgesehen, dass die kommunalen Träger als Organe der Bundesagentur tätig werden sollten (vgl. BTDrucks 15/2816, S. 11 f.), wovon im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens jedoch Abstand genommen wurde. Der im Vermittlungsverfahren neu gefasste § 6b SGB II a.F. sprach in der Überschrift stattdessen von der "Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger", ohne diese Rechtsstellung weiter zu thematisieren. Hinsichtlich der Finanzierung wurde - gestützt auf Art. 106 Abs. 8 GG - bestimmt, dass der Bund die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten trägt, mit Ausnahme der Aufwendungen für die Aufgaben, die auch die nicht optierenden Kommunen selbst zu tragen haben. Darüber hinaus wurden unter anderem eine Experimentierklausel (§ 6a SGB II a.F.), ein Anspruch der kommunalen Träger auf Aufwendungs- und Verwaltungskostenerstattung durch den Bund (§ 6b Abs. 2 SGB II a.F.) und Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes (§ 6b Abs. 3 SGB II) vorgesehen.

7

b) Um die Zulassung als kommunale Träger bewarben sich 67 Gemeindeverbände und sechs kreisfreie Städte. Mit der Verordnung zur Zulassung von kommunalen Trägern als Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Kommunalträger-Zulassungsverordnung - KomtrZV) vom 24. September 2004 (BGBl I S. 2349) ließ das damals zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit 69 Antragsteller als Optionskommunen für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 31. Dezember 2010 zu.

8

2. Mit Urteil vom 20. Dezember 2007 (BVerfGE 119, 331 ff.) entschied der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts, dass die in § 44b SGB II a.F. geregelte Pflicht der Kreise zur Aufgabenübertragung auf die Arbeitsgemeinschaften und die gemeinsame Aufgabenwahrnehmung derselben mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG unvereinbar war. Die Vorschrift bleibe jedoch bis zum 31. Dezember 2010 anwendbar, wenn der Gesetzgeber nicht zuvor eine andere Regelung treffe. Ordne der Gesetzgeber an, dass Aufgaben gemeinsam von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden wahrgenommen werden, sei für die verfassungsrechtliche Prüfung auch entscheidend, ob die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern gemäß Art. 83 ff. GG eingehalten würden. Überschreite der Gesetzgeber die ihm dort gesetzten Grenzen eines zulässigen Zusammenwirkens von Bundes- und Landesbehörden, führe dies zugleich zu einer Verletzung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Die Kompetenzaufteilung nach Art. 83 ff. GG sei eine wichtige Ausformung des bundesstaatlichen Prinzips. Die Verwaltungszuständigkeiten von Bund und Ländern seien grundsätzlich getrennt und könnten auch mit Zustimmung der Beteiligten nur in den vom Grundgesetz vorgesehenen Fällen zusammengeführt werden. Das Grundgesetz schließe, von begrenzten Ausnahmen abgesehen, eine sogenannte Mischverwaltung aus. Dies gelte auch für das Verhältnis von Bund und Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände seien staatsorganisationsrechtlich wie finanzverfassungsrechtlich den Ländern zugeordnet und blieben hinsichtlich der grundgesetzlichen Verteilung der Verwaltungskompetenzen Teil der Länder.

9

Die Arbeitsgemeinschaften seien als Gemeinschaftseinrichtung von Bundesagentur und kommunalen Trägern nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht vorgesehen. Nach der Systematik des Grundgesetzes werde der Vollzug von Bundesgesetzen entweder von den Ländern oder vom Bund, nicht hingegen zugleich von Bund und Land oder einer von beiden geschaffenen dritten Institution wahrgenommen. Zwar bedürfe das Zusammenwirken von Bund und Ländern im Bereich der Verwaltung nicht in jedem Fall einer besonderen verfassungsrechtlichen Ermächtigung. Es widerspreche allerdings der Kompetenzordnung des Grundgesetzes, wenn in weitem Umfang Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes im Aufgabenbereich der Länder ohne entsprechende verfassungsrechtliche Ermächtigung vorgesehen würden. Eine Ausnahme von den Art. 83 ff. GG bedürfe daher eines besonderen sachlichen Grundes und könne nur hinsichtlich einer eng umgrenzten Verwaltungsmaterie in Betracht kommen. Unabhängig davon, dass ein Abweichen von der Kompetenzordnung des Grundgesetzes schon wegen Bedeutung und Umfang der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausscheide, fehle es auch an einem hinreichenden sachlichen Grund, der eine gemeinschaftliche Aufgabenwahrnehmung in den Arbeitsgemeinschaften rechtfertigen könnte. Das Anliegen, die Grundsicherung für Arbeitsuchende "aus einer Hand" zu gewähren, sei zwar ein sinnvolles Regelungsziel; dieses könne aber sowohl dadurch erreicht werden, dass der Bund für die Ausführung den Weg des Art. 87 GG wähle, als auch dadurch, dass der Gesamtvollzug nach der Grundregel des Art. 83 GG insgesamt den Ländern als eigene Angelegenheit überlassen werde. Ein sachlicher Grund zur Vermischung beider Varianten bestehe nicht.

10

3. Nach Verkündung des Urteils wurde von den politisch Verantwortlichen eine Neuregelung der für verfassungswidrig erklärten Verwaltungsstruktur in Angriff genommen. Nach längerer Debatte wurde mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) vom 21. Juli 2010 (BGBl I S. 944) in den Abschnitt VIIIa "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" ein neuer Art. 91e eingefügt. Dieser ist am 26. Juli 2010 im Bundesgesetzblatt verkündet worden und am 27. Juli 2010 in Kraft getreten. Er lautet:

Artikel 91e

(1) Bei der Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende wirken Bund und Länder oder die nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände in der Regel in gemeinsamen Einrichtungen zusammen.

(2) Der Bund kann zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Die notwendigen Ausgaben einschließlich der Verwaltungsausgaben trägt der Bund, soweit die Aufgaben bei einer Ausführung von Gesetzen nach Absatz 1 vom Bund wahrzunehmen sind.

(3) Das Nähere regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf.

11

4. Parallel zur Änderung des Grundgesetzes beschloss der Bundestag das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112), das am 10. August 2010 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde und - soweit entscheidungserheblich - zum 11. August 2010 (§ 6a SGB II) beziehungsweise 1. Januar 2011 (§ 6b SGB II) in Kraft getreten ist. Durch dieses Gesetz erhielten die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Vorschriften ihre streitgegenständliche Fassung. Sie haben folgenden Wortlaut:

§ 6 Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende

(1) Träger der Leistungen nach diesem Buch sind:

1. die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur), soweit Nummer 2 nichts Anderes bestimmt,

2. die kreisfreien Städte und Kreise für die Leistungen nach § 16a, §§ 22 und 23 Abs. 3, soweit durch Landesrecht nicht andere Träger bestimmt sind (kommunale Träger). […]

(2) und (3) …

§ 6a Zugelassene kommunale Träger

(1) Die Zulassungen der auf Grund der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 24. September 2004 (BGBl. I S. 2349) anstelle der Bundesagentur als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 zugelassenen kommunalen Träger werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales durch Rechtsverordnung über den 31. Dezember 2010 hinaus unbefristet verlängert, wenn die zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde die Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 1 Nummer 4 und 5 bis zum 30. September 2010 anerkennen.

(2) Auf Antrag wird eine begrenzte Zahl weiterer kommunaler Träger vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales als Träger im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates zugelassen, wenn sie

1. geeignet sind, die Aufgaben zu erfüllen,

2. sich verpflichten, eine besondere Einrichtung nach Absatz 5 zu schaffen,

3. sich verpflichten, mindestens 90 Prozent der Beamten und Arbeitnehmer der Bundesagentur, die zum Zeitpunkt der Zulassung mindestens seit 24 Monaten in der im Gebiet des kommunalen Trägers gelegenen Arbeitsgemeinschaft oder Agentur für Arbeit in getrennter Aufgabenwahrnehmung im Aufgabenbereich nach § 6 Absatz 1 Satz 1 tätig waren, vom Zeitpunkt der Zulassung an, dauerhaft zu beschäftigen,

4. sich verpflichten, mit der zuständigen Landesbehörde eine Zielvereinbarung über die Leistungen nach diesem Buch abzuschließen, und

5. sich verpflichten, die in der Rechtsverordnung nach § 51b Absatz 1 Satz 2 festgelegten Daten zu erheben und gemäß den Regelungen nach § 51b Absatz 4 an die Bundesagentur zu übermitteln, um bundeseinheitliche Datenerfassung, Ergebnisberichterstattung, Wirkungsforschung und Leistungsvergleiche zu ermöglichen.

Für die Antragsberechtigung gilt § 6 Absatz 3 entsprechend. Der Antrag bedarf in den dafür zuständigen Vertretungskörperschaften der kommunalen Träger einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder sowie der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde. Die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger beträgt höchstens 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Arbeitsgemeinschaften nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung, zugelassenen kommunalen Trägern sowie der Kreise und kreisfreien Städte, in denen keine Arbeitsgemeinschaft nach § 44b in der bis zum 31. Dezember 2010 geltenden Fassung errichtet wurde (Aufgabenträger).

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird ermächtigt, Voraussetzungen der Eignung nach Absatz 2 Nummer 1 und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach den Absätzen 2 und 4 auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(4) Der Antrag nach Absatz 2 kann bis zum 31. Dezember 2010 mit Wirkung zum 1. Januar 2012 gestellt werden. Darüber hinaus kann vom 30. Juni 2015 bis zum 31. Dezember 2015 mit Wirkung zum 1. Januar 2017 ein Antrag auf Zulassung gestellt werden, soweit die Anzahl der nach den Absätzen 1 und 2 zugelassenen kommunalen Träger 25 Prozent der zum 1. Januar 2015 bestehenden Aufgabenträger nach Absatz 2 Satz 4 unterschreitet. Die Zulassungen werden unbefristet erteilt.

(5) Zur Wahrnehmung der Aufgaben anstelle der Bundesagentur errichten und unterhalten die zugelassenen kommunalen Träger besondere Einrichtungen für die Erfüllung der Aufgaben nach diesem Buch.

(6) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Zulassung widerrufen. Auf Antrag des zugelassenen kommunalen Trägers, der der Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde bedarf, widerruft das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates. Die Trägerschaft endet mit Ablauf des auf die Antragstellung folgenden Kalenderjahres.

(7) Auf Antrag des kommunalen Trägers, der der Zustimmung der obersten Landesbehörde bedarf, widerruft, beschränkt oder erweitert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Zulassung nach Absatz 1 oder 2 durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates, wenn und soweit die Zulassung auf Grund einer kommunalen Neugliederung nicht mehr dem Gebiet des kommunalen Trägers entspricht. Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 gilt bei Erweiterung der Zulassung entsprechend. Der Antrag nach Satz 1 kann bis zum 1. Juli eines Kalenderjahres mit Wirkung zum 1. Januar des folgenden Kalenderjahres gestellt werden.

§ 6b Rechtsstellung der zugelassenen kommunalen Träger

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind an Stelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 9 bleibt unberührt.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

§ 44b Gemeinsame Einrichtung

(1) Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende bilden die Träger im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 eine gemeinsame Einrichtung. Die gemeinsame Einrichtung nimmt die Aufgaben der Träger nach diesem Buch wahr; die Trägerschaft nach § 6 sowie nach den §§ 6a und 6b bleibt unberührt. […]

(2) bis (6) …

§ 47 Aufsicht

(1) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales führt die Rechts- und Fachaufsicht über die Bundesagentur, soweit dieser nach § 44b Absatz 3 ein Weisungsrecht gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen zusteht. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann der Bundesagentur Weisungen erteilen und sie an seine Auffassung binden; es kann organisatorische Maßnahmen zur Wahrung der Interessen des Bundes an der Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende treffen.

(2) Die zuständigen Landesbehörden führen die Aufsicht über die kommunalen Träger, soweit diesen nach § 44b Absatz 3 ein Weisungsrecht gegenüber den gemeinsamen Einrichtungen zusteht. Im Übrigen bleiben landesrechtliche Regelungen unberührt.

(3) Im Aufgabenbereich der Trägerversammlung führt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales die Rechtsaufsicht über die gemeinsamen Einrichtungen im Einvernehmen mit der zuständigen obersten Landesbehörde. Kann ein Einvernehmen nicht hergestellt werden, gibt der Kooperationsausschuss eine Empfehlung ab. Von der Empfehlung kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nur aus wichtigem Grund abweichen. Im Übrigen ist der Kooperationsausschuss bei Aufsichtsmaßnahmen zu unterrichten.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates die Wahrnehmung seiner Aufgaben nach den Absätzen 1 und 3 auf eine Bundesoberbehörde übertragen.

(5) Die aufsichtführenden Stellen sind berechtigt, die Wahrnehmung der Aufgaben bei den gemeinsamen Einrichtungen zu prüfen.

§ 48 Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger

(1) Die Aufsicht über die zugelassenen kommunalen Träger obliegt den zuständigen Landesbehörden.

(2) Die Rechtsaufsicht über die obersten Landesbehörden übt die Bundesregierung aus, soweit die zugelassenen kommunalen Träger Aufgaben anstelle der Bundesagentur erfüllen. Zu diesem Zweck kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates allgemeine Verwaltungsvorschriften zu grundsätzlichen Rechtsfragen der Leistungserbringung erlassen. Die Bundesregierung kann die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen.

(3) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann allgemeine Verwaltungsvorschriften für die Abrechnung der Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erlassen.

12

5. Aufgrund des § 6a Abs. 3 SGB II erließ das nunmehr zuständige Bundesministerium für Arbeit und Soziales am 12. August 2010 die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (KtEfV; BGBl I S. 1155). Soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, lauten deren Vorschriften:

§ 1 Zulassungsverfahren

(1) Kommunale Träger können gemäß § 6a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch als Träger der Leistungen nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen werden, wenn sie die in § 6a Absatz 2 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch genannten Voraussetzungen erfüllen und die dort benannte Höchstgrenze nicht überschritten ist. Die kommunalen Träger treten insoweit an die Stelle der für ihr Gebiet jeweils zuständigen Agentur für Arbeit.

(2) Die zuständigen obersten Landesbehörden legen unter Berücksichtigung der Höchstgrenze des § 6a Absatz 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch einvernehmlich fest, wie viele kommunale Träger in einem Land jeweils zugelassen werden können.

(3) Stellen in einem Land mehr kommunale Träger einen Antrag auf Zulassung, als auf dieses auf Grund des Verteilungsschlüssels nach Absatz 2 entfallen, schlägt die oberste Landesbehörde dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 31. März 2011 vor, in welcher Reihenfolge die antragstellenden kommunalen Träger aus dem jeweiligen Land zugelassen werden. Die jeweils am höchsten gereihten kommunalen Träger werden entsprechend dem Verteilungsschlüssel nach Absatz 2 durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales ohne Zustimmung des Bundesrates bis zur Höchstgrenze des § 6a Absatz 2 Satz 4 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch zugelassen.

(4) […]

§ 2 Voraussetzungen der Eignungsfeststellung

(1) Zur Feststellung der Eignung und Bestimmung der Reihenfolge haben die antragstellenden kommunalen Träger mit dem Antrag bei der zuständigen obersten Landesbehörde Konzepte zu ihrer Eignung zur alleinigen Aufgabenwahrnehmung nach § 3 einzureichen und die Verpflichtungserklärungen nach § 6a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 bis 5 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch abzugeben.

(2) Zur Bewertung der eingereichten Konzepte erstellen die zuständigen obersten Landesbehörden eine Bewertungsmatrix, anhand derer die zuständigen obersten Landesbehörden eine Punktzahl vergeben. Der kommunale Träger muss bei jedem Kriterium eine von der zuständigen obersten Landesbehörde festzulegende Mindestpunktzahl erzielen. Die summierten Einzelwerte müssen ihrerseits eine von der zuständigen obersten Landesbehörde zu bestimmende Mindestpunktzahl ergeben. Die erreichte Punktzahl ist auch maßgeblich für die Platzierung in der für das jeweilige Land von der zuständigen obersten Landesbehörde zu erstellenden Reihenfolge.

§ 3 Eignungskriterien

(1) Der kommunale Träger stellt in dem Konzept nach § 2 Absatz 1 die organisatorische Leistungsfähigkeit seiner Verwaltung dar. Dieses muss zu folgenden Bereichen Angaben enthalten:

1. infrastrukturelle Voraussetzungen,

2. Personalqualifizierung,

3. Aktenführung und Rechnungslegung und

4. bestehende und geplante Verwaltungskooperationen sowie Kooperationen mit Dritten.

(2) Der kommunale Träger stellt zum Nachweis seiner Fähigkeit zur Erfüllung der Aufgaben und Ziele nach § 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch dar,

1. mit welchem Konzept und mit welchem Erfolg er sich seit 2003 arbeitsmarktpolitisch engagiert hat und wie dieses Engagement künftig ausgestaltet werden soll,

2. nach welchen Grundsätzen und in welchem Umfang er seit 2005 kommunale Eingliederungsleistungen erbracht hat und wie die Erbringung kommunaler Eingliederungsleistungen künftig ausgestaltet werden soll,

3. wie die kommunalen Eingliederungsleistungen bisher mit Leistungen der Agenturen für Arbeit verknüpft wurden und zukünftig verknüpft werden sollen,

4. nach welchen Zweckmäßigkeitserwägungen die arbeitsmarktpolitischen Leistungen erbracht werden sollen und

5. wie das Eingliederungsbudget verwendet und eine bürgerfreundliche und wirksame Arbeitsvermittlung aufgebaut werden soll.

(3) Der kommunale Träger legt ein Konzept für eine überregionale Arbeitsvermittlung vor.

(4) Der kommunale Träger legt ein Konzept für ein transparentes internes System zur Kontrolle der recht- und zweckmäßigen Leistungserbringung und Mittelverwendung vor.

(5) Der kommunale Träger legt ein Konzept für den Übergang der in seinem Gebiet bestehenden Aufgabenwahrnehmung in die zugelassene kommunale Trägerschaft vor. Das Konzept umfasst einen Arbeits- und Zeitplan zur Vorbereitung der Trägerschaft, zur rechtlichen und tatsächlichen Abwicklung der bestehenden Trägerform sowie zur Überführung des Daten- und Aktenbestandes und des Eigentums in die zugelassene kommunale Trägerschaft.

13

6. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4) sollten insgesamt 110 kommunale Träger für die Grundsicherung für Arbeitslose zugelassen werden, wobei die Betrauung der bereits unter der alten Rechtslage zugelassenen Träger nicht in Frage gestellt werden sollte (§ 6a Abs. 1 und Abs. 2 SGB II). Um die noch zur Verteilung anstehenden 41 Plätze bewarben sich bundesweit 77 Gemeinden und Gemeindeverbände. Mit Ausnahme des Beschwerdeführers zu 1. hatten alle Antragsteller das von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II geforderte Zwei-Drittel-Quorum in ihren zuständigen Vertretungskörperschaften erreicht. Im Kreistag des Beschwerdeführers zu 1. hatten in der Sitzung vom 25. Oktober 2010 von den 60 Mitgliedern des Kreistages jedoch nur 36 mit "Ja" gestimmt, 19 mit "Nein"; fünf Mitglieder waren entschuldigt abwesend. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales erließ am 14. April 2011 sodann die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung (BGBl I S. 645) und ließ 41 Gemeinden und Gemeindeverbände mit Wirkung zum 1. Januar 2012 als Optionskommunen neu zu. Die Beschwerdeführer zu 1. bis 15. wurden nicht zugelassen. Der Beschwerdeführer zu 16. ist hingegen bereits seit dem 1. Januar 2005 zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

II.

14

Zur Begründung ihrer Verfassungsbeschwerden tragen die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

15

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II sei zulässig (a) und begründet (b).

16

a) Der Beschwerdeführer zu 1. sei von der gesetzlichen Vorschrift unmittelbar, selbst und gegenwärtig betroffen. Die Kommunen würden von § 6a Abs. 2 SGB II vor die Wahl gestellt, die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende in alleiniger Verantwortung wahrzunehmen oder sie in einer gemeinsamen Einrichtung zu erfüllen. Die den kreisfreien Städten und Kreisen spezialgesetzlich in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zugeordneten Aufgaben und die Aufgaben, die von Optionskommunen nach §§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 6a ff. SGB II wahrgenommen würden, fielen in den Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Mit der Festschreibung einer Zwei-Drittel-Mehrheit für den Antrag auf Zulassung in § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II greife der Bundesgesetzgeber in die kommunale Binnenorganisation ein. Eines weiteren Vollzugsakts bedürfe es nicht.

17

b) Der Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG sei eröffnet, denn der Antragstellung komme eine "weichenstellende Bedeutung" zu. Sie sei nach der gesetzlichen Konzeption Voraussetzung für eine alleinige Aufgabenwahrnehmung; andernfalls bleibe nur die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen. Das erhöhte Mehrheitserfordernis erschwere diese Entscheidung und greife damit in die Selbstverwaltungsgarantie ein. Der Eingriff sei verfassungswidrig, weil der Bund über keine Gesetzgebungszuständigkeit verfüge. Im Bundesstaat des Grundgesetzes seien die Kommunen den Ländern zugeordnet; die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht liege gemäß Art. 70 GG ausschließlich bei diesen. Zwar sei der Bund zu kommunalrelevanten, nicht jedoch zu kommunalspezifischen Regelungen befugt. Er dürfe insbesondere keine Regelungen erlassen, welche die innere Kommunalverfassung beträfen. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II könne - auch wenn er als "Zulassungskriterium" deklariert worden sei - vor diesem Hintergrund nicht auf die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für das Recht der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) gestützt werden, denn nach seinem Gehalt betreffe er allein die kommunalinterne Willensbildung. Art. 91e Abs. 3 GG stelle insoweit keine Ausnahme zu Art. 70 GG dar, sondern knüpfe an die nach Art. 74 Abs. 1 GG bestehende Kompetenzverteilung an. Für eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs sei schließlich kein Raum. Das Antragserfordernis sei zwar von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gedeckt; der Antrag selbst müsse jedoch von den zuständigen Organen (Kreistag, Gemeinderat) nach landesrechtlichen Vorschriften gestellt werden.

18

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15.gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II seien ebenfalls zulässig (a) und begründet (b).

19

a) Die Beschwerdeführer zu 2. bis 15. seien von der gesetzlichen Quotierung unmittelbar betroffen, auch wenn noch Zwischenschritte zur endgültigen Entscheidung über die Zulassung erforderlich gewesen seien, wie die Bewerbung von mehr als einem Viertel der Kommunen, eine Reihung und die Aufteilung auf Länderkontingente; denn diese Zwischenschritte seien gerichtlich nicht überprüfbar. Die Beschwerdebefugnis ergebe sich bereits aus der Begrenzung der Optionskommunen auf höchstens 25 Prozent. Diese beschneide die kommunale Entscheidungsfreiheit, sei gleichheitswidrig und willkürlich. Es handele sich dabei um eine objektive Zulassungsbeschränkung, auf deren Erfüllung die einzelne Kommune keinen Einfluss habe. Die länderbezogene Kontingentierung habe zudem zur Folge, dass in Ländern mit einer großen Zahl von Antragstellern Bewerber nicht zugelassen worden seien, die in einem anderen Land ohne weiteres zugelassen worden wären. Darin liege ein besonders intensiver Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie, das interkommunale Gleichbehandlungsgebot und das Willkürverbot.

20

b) Entschließe sich der Gesetzgeber, über die bereits zugelassenen Optionskommunen hinaus weitere Gemeinden und Gemeindeverbände zuzulassen, sei dies an der Garantie kommunaler Selbstverwaltung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu messen. Art. 91e GG sehe nur ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor. § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II beschränke die neu zuzulassenden Optionskommunen dagegen auf 25 Prozent der Aufgabenträger. Der Sache nach handele es sich bei dieser Quote um einen tagespolitischen Kompromiss, den der Gesetzgeber umgesetzt habe, ohne abweichende Erwägungen anzustellen oder ein Regelwerk für eine nachvollziehbare Zulassungsreihenfolge vorzugeben. Die auf Art. 91e Abs. 3 GG basierenden gesetzlichen Regelungen müssten verfassungskonform ausgelegt werden, damit sie nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstießen. Für den Fall eines Überhangs an Antragstellern müsse der Gesetzgeber ein Verteilungsverfahren normieren, das die Auswahl der besten Antragsteller gewährleiste. Das sei bisher nicht der Fall. Die geltenden Regelungen sähen keine Bewertung der Qualität der Antragsteller vor. Das Verfahren genüge auch nicht dem Grundsatz der interkommunalen Gleichbehandlung, wenn es in § 1 Abs. 2 KtEfV den Ländern überlassen werde, wie viele kommunale Träger in einem Land zugelassen würden, unabhängig von der Zahl der antragsberechtigten Kommunen und konkreten Antragsteller sowie ihrer qualitativen Bewertung.

21

3. Schließlich sei auch die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 3, § 6b Abs. 4 SGB II zulässig (a) und begründet (b).

22

a) Die Verfassungsbeschwerde sei insbesondere fristgerecht erhoben worden. Durch die Novellierung im Jahr 2010 habe § 6b Abs. 3 SGB II eine den Beschwerdeführer zu 16. stärker belastende Wirkung erhalten als zuvor. § 6b Abs. 3 und Abs. 4 SGB II sähen Prüfbefugnisse des Bundes vor, obwohl die betroffenen Aufgaben von den Kommunen als Selbstverwaltungsaufgaben wahrgenommen würden, die Länder die Aufsicht führten und keinerlei Verwaltungsbefugnisse des Bundes bestünden. Diese Prüfbefugnisse griffen in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie ein und seien nicht durch Art. 91e GG gedeckt.

23

b) Bei einem Auseinanderfallen von Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeit sei für die Prüfbefugnis auf die Verwaltungszuständigkeit abzustellen. Bei der Aufgabenwahrnehmung nach den §§ 6a ff. SGB II bestünden jedoch keine Verwaltungsbefugnisse des Bundes; die Aufsicht werde von den Ländern ausgeübt. Abweichendes ergebe sich auch nicht aus Art. 91e Abs. 2 und Abs. 3 GG. Für Prüfbefugnisse des Bundes sei daher kein Raum. Andernfalls sähen sich die Kommunen drei Prüfungsinstanzen ausgesetzt: den kommunalen Gemeinschaftseinrichtungen (Kommunalprüfungsämtern), der Aufsicht des Landes und der des Bundes.

24

Die Datenerhebung durch den Bundesrechnungshof sei nicht anders zu beurteilen als die Informationsbeschaffung durch die Bundesverwaltung. Die Befugnisse des Bundesrechnungshofes seien weder im Sinne ihrer Effektivierung großzügig auszulegen noch von der Finanzierungskompetenz des Bundes her zu begründen, sondern folgten den Verwaltungskompetenzen des Bundes. Von der Kontrolle durch den Bundesrechnungshof gingen im Übrigen, etwa durch öffentlichen Druck und politische Reaktionen, auch dann Einwirkungen auf die Rechtssphäre Dritter aus, wenn er keine unmittelbar eingreifenden und belastenden Entscheidungen treffe.

25

Der Bund trage nach § 6b Abs. 2 Satz 1 SGB II die Aufwendungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Vor Inkrafttreten des Art. 91e GG seien die Aufwendungen im Rahmen des Sonderlastenausgleichs nach Art. 106 Abs. 8 GG erstattet worden. Dies habe die Verwaltungszuständigkeiten jedoch unberührt gelassen, so dass § 6b Abs. 3 SGB II nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu § 6a ZuInvG bereits damals verfassungswidrig gewesen sei und die Gesetzesbegründung zu Art. 91e GG (BTDrucks 17/1554, S. 5) somit auf eine verfassungswidrige Rechtslage beziehungsweise Praxis Bezug nehme. Daran ändere auch Art. 91e GG nichts. Wie Art. 106 Abs. 8 GG ("erforderliche"), so knüpfe auch Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ("notwendige") an materiell-rechtliche Vorgaben an. Er lasse sich auch nicht als Ausnahme zu Art. 84 Abs. 3 GG verstehen. Für die Bundesaufsicht über die Länder verbleibe es vielmehr bei den allgemeinen Regeln der Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG.

III.

26

Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat, die Bundesregierung und alle Landesregierungen hatten Gelegenheit zur Äußerung. Von den Äußerungsberechtigten hat nur die Bundesregierung eine Stellungnahme abgegeben.

27

1. a) Die Verfassungsbeschwerde sei bereits unzulässig. Der Beschwerdeführer zu 1. sei von der angegriffenen Vorschrift nicht unmittelbar betroffen, weil die Zulassungsentscheidung durch Rechtsverordnung erfolge, in deren Rahmen die Zulassungsvoraussetzungen geprüft würden. Um den fachgerichtlichen Rechtsweg zu erschöpfen, hätte der Beschwerdeführer zu 1. zudem Feststellungsklage gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG erheben müssen; jedenfalls wäre dies aufgrund des Grundsatzes der materiellen Subsidiarität geboten gewesen, um die sachnäheren Fachgerichte mit der Sache befassen zu können. Im Übrigen fehle die für die Beschwerdebefugnis erforderliche Kausalität zwischen der angegriffenen Rechtsnorm und der behaupteten Rechtsverletzung, denn auch bei Erreichen der Zwei-Drittel-Mehrheit hätte der Beschwerdeführer zu 1. mangels Eignung nicht als Optionskommune zugelassen werden können.

28

b) Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. sei aber jedenfalls unbegründet, weil es bereits an einem Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie fehle. Deshalb könne auch das Fehlen einer - in der Sache durchaus vorhandenen - Gesetzgebungskompetenz des Bundes nicht gerügt werden.

29

aa) Die kommunale Verfassungsbeschwerde nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG folge nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle, so dass kompetenzwidrige Gesetzgebungsakte nur dann mit Erfolg angegriffen werden könnten, wenn sie zugleich einen Eingriff in die kommunale Selbstverwaltungsgarantie darstellten. Dies sei hier nicht der Fall. Ein Eingriff in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG scheide schon deshalb aus, weil dem Beschwerdeführer zu 1. nach den Feststellungen des zuständigen Bayerischen Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung die nach § 6a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II erforderliche fachliche Eignung gefehlt habe und das qualifizierte Mehrheitserfordernis somit für die behauptete Rechtsverletzung schon nicht ursächlich sei; der Beschwerdeführer zu 1. hätte auch bei Erreichen des Quorums nicht als kommunaler Träger zugelassen werden können.

30

Art. 28 Abs. 2 GG begründe aber auch keinen Anspruch auf Zulassung als kommunaler Träger und auf alleinige Wahrnehmung der Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Im Gegenteil: Bei Gemeindeverbänden beschränke sich der Schutz des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG von vornherein auf den gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich. Regelungen wie § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II erschwerten zwar die Aussichten auf eine Zulassung als kommunaler Träger, griffen aber nicht in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Wäre der Beschwerdeführer zu 1. früher als Optionskommune zugelassen worden, griffe auch der Entzug dieser Aufgabe nicht in Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein; umso weniger könne dies bei einer vorenthaltenen Zulassung der Fall sein. Aus Art. 91e GG folge nichts anderes, denn dieser sehe als Regelfall die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen vor; diese verfassungsrechtliche Vorgabe präge zugleich den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG.

31

Ein Eingriff liege auch nicht unter dem - nicht gerügten - Gesichtspunkt der eigenverantwortlichen Aufgabenwahrnehmung vor. Diese sei den Gemeindeverbänden ebenfalls nur nach Maßgabe der Gesetze gewährleistet. Bei ihrer inhaltlichen Ausgestaltung müsse der Gesetzgeber nur sicherstellen, dass der Kernbereich der Selbstverwaltung unangetastet bleibe. Gesetzliche Vorgaben bedürften lediglich eines am Gemeinwohl orientierten, rechtfertigenden Grundes, der sich im vorliegenden Fall aus der Gesetzesbegründung ergebe.

32

bb) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II sei keine Regelung des allgemeinen Kommunalverfassungsrechts, sondern eine Regelung über die Organisation der Aufgabenerledigung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Insoweit folge die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG, der auch die Befugnis einschließe, die Organisation der Aufgabenerledigung zu regeln. Zur Organisation in diesem Sinne gehöre die Frage, ob und inwieweit Kommunen die Aufgaben in gemeinsamen Einrichtungen oder alleine wahrnehmen und unter welchen Voraussetzungen sie als kommunale Träger zugelassen werden können. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II enthalte eine Zulassungsvoraussetzung; gesetzessystematisch handele es sich dabei um eine Konkretisierung des Antragserfordernisses. Das qualifizierte Mehrheitserfordernis solle die Nachhaltigkeit der Aufgabenwahrnehmung sicherstellen, was ebenfalls für eine Einordnung als Zulassungsvoraussetzung spreche. Auch aus Art. 91e Abs. 3 GG folge, dass dem Bundesgesetzgeber die Ausgestaltung der Zulassungskriterien obliege. Dass die Vorschrift formal Anforderungen an ein Entscheidungsorgan der Kommune stelle, mache sie noch nicht zu einer kommunalverfassungsrechtlichen Regelung. Einzelne Regelungen dürften insoweit nicht aus dem Regelungszusammenhang gelöst werden; komme eine Zugehörigkeit zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, sei auf den Schwerpunkt abzustellen. Der Schwerpunkt von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II liege nach der gesetzgeberischen Zielsetzung auf den Anforderungen an die Zulassung als kommunaler Träger. Das Kommunalverfassungsrecht werde durch die Regelung allenfalls reflexhaft betroffen.

33

2. Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. seien ebenfalls unzulässig (a), jedenfalls aber unbegründet (b).

34

a) Auch den Beschwerdeführern zu 2. bis 15. fehle es insoweit an der unmittelbaren Betroffenheit. Hinzu komme, dass das 25-Prozent-Kontingent nicht nur der Umsetzung, sondern auch der Konkretisierung durch Rechtsverordnung bedürfe. Mit der Begrenzung des Kontingents auf 25 Prozent allein stehe noch nicht fest, welche Kommunen insoweit nachteilig betroffen seien. Zudem seien die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. nicht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG, die Beschwerdeführerin zu 2. nicht nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG beschwerdebefugt. Da es sich nicht um Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft handele, griffen gesetzliche Regelungen, die die Aussichten auf eine Zulassung als kommunaler Träger erschwerten, weder in den Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch in den des Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG ein. Etwas anderes folge auch nicht aus Art. 91e GG, denn dieser bestimme die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen zum Regelfall. Schließlich sei auch insoweit der Rechtsweg nicht erschöpft beziehungsweise dem Grundsatz der materiellen Subsidiarität nicht Genüge getan worden, weil die Beschwerdeführer zu 2. bis 15. keine atypische Feststellungsklage vor den Sozialgerichten erhoben hätten.

35

b) § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II verletze weder Art. 28 Abs. 2 GG noch das Willkürverbot oder das interkommunale Gleichbehandlungsgebot.

36

aa) Die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. könnten sich nur auf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG berufen. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts gewährleiste dieser lediglich, dass den Kreisen ein Mindestbestand an Aufgaben zugewiesen wird, was offensichtlich der Fall sei. Soweit die Beschwerdeführerin zu 2. sich auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG berufen könne, liege ebenfalls keine Verletzung vor, weil es sich bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht um Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft handele.

37

bb) Das Willkürverbot sei nur verletzt, wenn sich schlechthin kein sachgerechter Grund für eine Maßnahme finden lasse oder wenn diese unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar sei. Dies sei nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden und auch sonst nicht ersichtlich. Der Gesetzgeber habe den ihm zustehenden Gestaltungspielraum genutzt. Zudem gebe es sachliche Gründe für die Begrenzung, weil damit die Vorgabe eines Regel-Ausnahme-Verhältnisses durch Art. 91e GG umgesetzt worden sei.

38

cc) Die von den Beschwerdeführern insoweit gerügte Ungleichbehandlung - Zulassung sämtlicher Antragsteller in drei Ländern aufgrund des dortigen Kontingents und der fehlenden Antragskonkurrenz, nicht aber Zulassung der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. - ergebe sich nicht aus der Begrenzung der Zahl der neu zuzulassenden kommunalen Träger, sondern aus deren Aufteilung auf die von den Ländern gemäß der Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende vereinbarten Länderkontingente.

39

3. Auch der Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. müsse der Erfolg versagt bleiben.

40

a) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 3 SGB II richte, sei sie verfristet. Die Vorschrift sei bereits am 6. August 2004 in Kraft getreten. Weder § 6b Abs. 4 SGB II n.F. noch Art. 91e GG enthielten insoweit neue, belastende Wirkungen. Im Übrigen sei Art. 91e GG am 27. Juli 2010 in Kraft getreten, sodass die Jahresfrist auch dann verstrichen wäre, wenn man dieser Vorschrift neue Belastungen im Hinblick auf das Schutzgut des Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG zuschreiben wollte. Soweit § 6b Abs. 4 SGB II angegriffen werde, fehle es an einer gegenwärtigen Beschwer, weil es vollkommen ungewiss sei, ob der Beschwerdeführer von einer anlasslosen Vor-Ort-Überprüfung jemals betroffen sein werde.

41

b) Die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 4 SGB II sei jedenfalls unbegründet. In der Entscheidung zum Zukunftsinvestitionsgesetz (BVerfGE 127, 165 ff.) habe das Bundesverfassungsgericht offengelassen, ob Prüfbefugnisse des Bundes die Finanzhoheit der Gemeinden beeinträchtigten. Die Schranken der Finanzkontrolle des Bundes gegenüber den Ländern seien vielmehr aus dem Grundsatz der Selbstständigkeit und Unabhängigkeit der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern (Art. 109 Abs. 1 GG) sowie der Zuweisung der Erfüllung staatlicher Aufgaben an die Länder (Art. 30 GG) abgeleitet worden. Auf diese Bestimmungen könnten sich Gemeindeverbände im Rahmen einer kommunalen Verfassungsbeschwerde jedoch nicht berufen.

42

Die Kompetenz des Bundes für die Anordnung von Prüfbefugnissen sowohl des Bundesrechnungshofes als auch des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales folge aus Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Art. 91e GG stelle die Beziehung zwischen Bund und Optionskommune auf eine eigene verfassungsrechtliche Grundlage und enthalte nicht nur die Abstützung der Optionskommunen und der Kostenbeteiligung des Bundes, sondern auch eine Ermächtigung des Bundes zur Einrichtung einer Finanzkontrolle. Er sei insoweit eine Ausnahmevorschrift zu Art. 83 ff. und Art. 104a ff. GG. Art. 91e GG beschränke die Kostentragungspflicht des Bundes auf "notwendige Ausgaben", so dass auch eine Kontrolle erforderlich sei, ob die Ausgaben für diese Zwecke tatsächlich eingesetzt würden. Die materielle Beschränkung der Finanzierungspflicht begründe mit anderen Worten eine entsprechende Kontrollbefugnis des Bundes und eine Informationspflicht der Begünstigten. Dies belegten auch die Gesetzgebungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Vorschrift. Eine "verfassungssystematische" Auslegung zeige überdies, dass Art. 91e Abs. 2 GG dem Bund die Möglichkeit eröffne, anlasslose Vor-Ort-Prüfungen zuzulassen. Insoweit handele es sich um eine Ausnahmevorschrift zu Art. 84 f. und Art. 30 GG.

43

Die Prüfbefugnisse des Bundes hätten keine aufsichtsgleiche Wirkung. Zwar bestehe ein Risiko von Rückforderungen, wenn eine Kommune am automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) teilnehme und der Bund ihr somit Mittel vorstrecke; dieses Risiko wurzele aber im rechtswidrigen Mitteleinsatz, nicht in den Prüfbefugnissen des Bundes. Diese erleichterten allenfalls die Aufdeckung. Die Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Rückforderung liege nicht in den Händen des Bundesministeriums, sondern der Sozialgerichte. Somit seien die Prüfbefugnisse des § 6b Abs. 4 Sätze 1 und 2 SGB II ebenso verfassungskonform wie die anlasslosen Überprüfungen vor Ort (§ 6b Abs. 4 Satz 3 SGB II). § 6b Abs. 4 Satz 1 SGB II sei auf die Feststellung des Sachverhalts und dessen Bewertung beschränkt. Das entspreche den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aus der Entscheidung zu § 6a Satz 3 ZuInvG und finde seine Stütze in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG. Die Vorschrift begründe keine Befugnis zur aktiven Informationsbeschaffung, sondern setze die Verfügbarkeit der zur Prüfung benötigten Informationen voraus. § 6b Abs. 4 Satz 2 SGB II knüpfe an eine freiwillige Entscheidung der Optionskommune zur Teilnahme an dem Informations- und Kontrollsystem an, während § 6b Abs. 4 Satz 3 SGB II eine Befugnis des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales statuiere, Informationen vor Ort zu erheben. Dies sei von Art. 91e Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG gedeckt und diene der Geltendmachung von Rückforderungsansprüchen in Fällen, in denen die von den zugelassenen kommunalen Trägern im automatisierten Verfahren abgerufenen Bundesmittel rechtswidrig verwendet worden seien.

44

c) Schließlich sei auch die Verfassungsbeschwerde gegen § 6b Abs. 3 SGB II zumindest unbegründet. Durch die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes werde die Selbstverwaltungsgarantie ebenfalls nicht beeinträchtigt. Weder Art. 109 Abs. 1 GG noch Art. 30 GG begründeten eine für die Kommunen wehrfähige Position. Zudem sei Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG im übertragenen Wirkungskreis nicht anzuwenden. Art. 91e Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 GG decke auch die Prüfbefugnisse des Bundesrechnungshofes. Wenn bei einer Verwaltungsaufgabe eine alleinige und umfassende Finanzierungsverantwortung des Bundes bestehe, sei die uneingeschränkte Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof nicht nur zulässig, sondern im Interesse einer möglichst lückenlosen parlamentarischen Finanzkontrolle über die Verwendung der Bundesmittel sogar geboten.

IV.

45

Als sachkundige Dritte gemäß § 27a BVerfGG hatten der Deutsche Landkreistag, der Deutsche Städtetag, der Deutsche Städte- und Gemeindebund und der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. Gelegenheit zur Stellungnahme. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. und der Deutsche Landkreistag haben sich zu den vorliegenden Verfassungsbeschwerden geäußert. Die übrigen sachkundigen Dritten haben von ihrem Äußerungsrecht keinen Gebrauch gemacht.

46

1. Der Deutsche Landkreistag hält die Verfassungsbeschwerden für zulässig und begründet.

47

a) Es habe - vor der Föderalismusreform und der Einfügung des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG - zwei mögliche Wege gegeben, wie der Bund Aufgaben auf Kommunen übertragen konnte. Entweder habe er den Weg über Art. 85 GG oder über Art. 84 GG gewählt. Im ersten Fall seien die übertragenen Aufgaben nicht dem Schutzbereich des Art. 28 Abs. 2 GG unterfallen, im zweiten Fall schon. Eine dritte Kategorie von Selbstverwaltungsaufgaben, die nicht dem Schutz des Art. 28 Abs. 2 GG unterfalle, existiere nicht. Zum Schutz der Organisationshoheit der Länder sei es dem Bund auch grundsätzlich untersagt, eine weitergehende Kategorisierung kommunaler Aufgaben vorzunehmen.

48

b) Das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit in der zuständigen Vertretungskörperschaft sei verfassungswidrig, da es nicht auf Art. 91e Abs. 3 GG gestützt werden könne. Art. 91e GG modifiziere die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus nicht. Die Zuordnung der Kommunen zu den Ländern sei mithin nicht nur bei der Gestaltung der Aufsichtsbeziehungen zu berücksichtigen, sondern auch bei der Gesetzgebungszuständigkeit. Die Regelung sei wegen Verstoßes gegen Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 70 GG verfassungswidrig.

49

c) Ausweislich des Wortlauts von Art. 91e Abs. 2 GG bestehe zwar keine Verpflichtung, überhaupt Optionskommunen zuzulassen. Entscheide sich der Gesetzgeber aber, dies zu tun, seien das Willkürverbot und das interkommunale Gleichbehandlungsgebot zu beachten. Die Kontingentierung in Höhe von 25 vom Hundert finde sich zwar in der Begründung zu Art. 91e GG. Die textliche Fixierung eines tagespolitischen Kompromisses binde den Gesetzgeber jedoch nicht. In der Sache gebe es keinen nachvollziehbaren Grund für die Festlegung des konkreten Kontingents. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Erbringung der Leistungen durch kommunale Träger nicht auch ohne zahlenmäßige Begrenzung erfolgen könne, zumal auch die Zulassung aller geeigneten Träger zu einer Quote von weniger als einem Drittel der Aufgabenträger führen würde.

50

d) Mit Blick auf die Prüfbefugnisse des Bundes sei von der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 7. September 2010 auszugehen (BVerfGE 127, 165 ff.). Dabei sei besonders problematisch, dass der Bund seine Prüfbefugnisse dazu nutze, Rückforderungsansprüche gegenüber den Optionskommunen ohne materiell-rechtliche Rechtsgrundlage geltend zu machen. Die kommunalen Träger würden damit bei der Verwaltung von Bundesmitteln einer "Quasi-Fachaufsicht" des Bundes unterstellt und faktisch zu Bundesbehörden degradiert. Aufsichtsrechte des Bundes bestünden jedoch nur nach Maßgabe des Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG. § 48 Abs. 2 Satz 2 SGB II sei insoweit verfassungswidrig.

51

Art. 91e Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz GG sei der Sache nach eine Regelung der Finanzverfassung, modifiziere die Art. 104a Abs. 1 und Abs. 5 GG und begründe eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Bund und Kommunen. Für die Prüfbefugnisse des Bundes müssten die in BVerfGE 127, 165 ff. zu Art. 104b GG entwickelten Grundsätze übertragen werden. Zwar handele es sich bei Art. 104b GG und Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG um unterschiedliche Anknüpfungsnormen; den Prüfbefugnissen des Bundes vor Ort liege jedoch eine vergleichbare Konstellation zugrunde. In beiden Fällen fielen Aufgaben- und Finanzierungsverantwortung auseinander.

52

Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG entspreche den Mehrbelastungsausgleichsverpflichtungen in den Landesverfassungen. Da Art. 91e Abs. 2 GG eine Ausnahme vom Aufgabenübertragungsverbot des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG darstelle, sei dies konsequent. Der Pflicht des Bundes, die "notwendigen Ausgaben" zu tragen, korrespondiere allerdings kein Recht zur Prüfung der Ausgaben und zur Rückforderung.

53

Dass die Aufsicht über die Optionskommunen lückenhaft sei, lasse sich nicht belegen. In den Jobcentern habe es bislang fünf Betrugsfälle von Bediensteten gegeben, wovon vier vom zuständigen Landkreis selbst aufgedeckt worden seien und der fünfte im Kontext des Geldwäschegesetzes. Eine Prüftätigkeit des Bundes sei für keinen dieser Fälle erforderlich gewesen.

54

Weder Art. 91e Abs. 2 noch Abs. 3 GG ermächtigten zur Regelung einer umfassenden Finanzkontrolle. Die Bundesregierung behaupte einerseits einen Unterschied zwischen Fachaufsicht und Finanzkontrolle, qualifiziere die Aufsicht der Länder über die Kommunen aber mit dem Argument ab, diese hätten mangels Einsatzes eigener Mittel kein Interesse an einer rechtmäßigen Verwaltung. Der Bund wolle eigene, den zweistufigen Staatsaufbau negierende Kontrollmechanismen an deren Stelle setzen und die Aufgabenerfüllung nach Art. 91e Abs. 2 GG dem Modell der gemeinsamen Träger nach Art. 91e Abs. 1 GG annähern. Sinn der unterschiedlichen Modelle sei jedoch gerade die andere Ausgestaltung der Verwaltungsstruktur.

55

Die unterschiedlichen Auffassungen der Kommunen und des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zur Kontrolle der Kommunen schlügen sich in den Verwaltungsvereinbarungen nieder, die Möglichkeiten zur Anpassung, Änderung oder Kündigung offen ließen. Soweit sich Kommunen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht auf den Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung verständigen konnten, habe der Bund die Bereitstellung der abzurufenden Mittel verweigert. Die Verwaltungsvereinbarungen nicht abzuschließen, habe somit zur Folge, dass die Kommunen in Vorleistung treten müssten.

56

2. Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. hat seine Stellungnahme auf § 6a SGB II beschränkt.

57

a) Er ist ebenfalls der Auffassung, das Zwei-Drittel-Quorum sei nicht von der Bundeskompetenz gedeckt. Der Regelung des § 6a SGB II mangele es schon deshalb an Konsistenz, weil der Widerruf der Zulassung von der Kommune mit einfacher Mehrheit beantragt werden könne (vgl. § 6a Abs. 6 Satz 2 SGB II). Zwar greife die Vorschrift nicht in den Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie ein; gleichwohl sei das Antragserfordernis in Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie. Zudem seien die Kommunen gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II ohnehin für einen Teil der Grundsicherungsaufgaben zuständig, so dass der kommunale Wirkungskreis schon insoweit eröffnet sei (Art. 28 Abs. 2 GG). Das Erfordernis einer Zwei-Drittel-Mehrheit greife in die Entscheidungsfreiheit der Kommunen ein, was auch jenseits des Kernbereichs kommunaler Selbstverwaltung nur durch ein formell und materiell verfassungskonformes Gesetz geschehen dürfe. Die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG decke aber nicht die Regelung von Mehrheitserfordernissen in der kommunalen Repräsentativkörperschaft. Auch Art. 91e Abs. 2 und Abs. 3 GG gebe dafür nichts her. Regelungen der kommunalinternen Willensbildung unterfielen vielmehr der ausschließlichen Zuständigkeit der Länder.

58

b) Die gesetzliche Begrenzung der Optionskommunen auf ein Viertel der Aufgabenträger stelle sich ebenfalls als Eingriff in die Garantie kommunaler Selbstverwaltung dar. Zwar dürfe der Bund eine zahlenmäßige Höchstgrenze festlegen. Verfassungsrechtlich geboten sei die Begrenzung auf ein Viertel jedoch nicht. Weder die frühere Zahl von 69 Optionskommunen noch ihre Erweiterung auf höchstens ein Viertel der Aufgabenträger sei verfassungsrechtlich gefordert. Die Auswahl der Optionskommunen durch die obersten Landesbehörden sei problematisch, weil der Bund ein transparentes bundesweites Verfahren hätte vorsehen müssen.

V.

59

In der mündlichen Verhandlung vom 15. Januar 2014 haben die Beteiligten ihr Vorbringen bekräftigt und vertieft. Für den Deutschen Landkreistag hat der Senat außerdem Frau Dr. Vorholz als sachverständige Auskunftsperson gehört.

B.

60

Die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 1. (I.) sowie zu 2. bis 15. (II.) sind zulässig. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 4 SGB II richtet, ist sie ebenfalls zulässig (III.1.); soweit sie sich gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist sie unzulässig (III.2.).

I.

61

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist zulässig. Der Beschwerdeführer ist durch die gesetzliche Regelung unmittelbar betroffen.

62

1. Das Erfordernis der unmittelbaren Betroffenheit gilt grundsätzlich auch für Kommunalverfassungsbeschwerden (vgl. BVerfGE 59, 216 <225>; 71, 25 <34 f.>). Diese Anforderung an die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde beruht auf dem in § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck gekommenen und dieser Vorschrift zugrunde liegenden Gedanken der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde. Sie fällt vor allem dann ins Gewicht, wenn das Gesetz der Verwaltung einen Spielraum lässt, gilt grundsätzlich aber auch, wenn ein solcher Spielraum fehlt. In beiden Fällen entspricht es dem Grundsatz der Subsidiarität, dass zunächst die für das jeweilige Rechtsgebiet zuständigen Fachgerichte eine Klärung insbesondere darüber herbeiführen, ob und in welchem Ausmaß der Bürger oder die Gemeinde durch die beanstandete Regelung konkret in seinen Rechten betroffen und ob sie mit der Verfassung vereinbar ist; dabei ist nach Maßgabe der Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Vorschriften gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen(vgl. BVerfGE 71, 25 <34 f.>). Mit Blick auf die Kommunalverfassungsbeschwerde ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich diese ausschließlich gegen Gesetze richtet und etwaige Vollzugsakte gar nicht angegriffen werden können. Gemeinden und Gemeindeverbände können daher grundsätzlich nicht darauf verwiesen werden, zunächst einen gegen den Vollzugsakt eröffneten Rechtsweg zu beschreiten, weil Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG sonst weitgehend leer liefen.

63

Es ist Gemeinden und Gemeindeverbänden allerdings auch im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde verwehrt, ein Gesetz anzugreifen, das noch der Konkretisierung durch eine Rechtsverordnung bedarf, weil sie die verfassungsgerichtliche Überprüfung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage in diesem Fall grundsätzlich auch im Rahmen einer gegen die Rechtsverordnung gerichteten Kommunalverfassungsbeschwerde erreichen können (vgl. BVerfGE 71, 25 <34 f.>; 76, 107 <112 f.>). Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde können nicht nur Gesetze im formellen Sinne angegriffen werden, sondern alle untergesetzlichen Rechtsnormen mit Außenwirkung (vgl. BVerfGE 71, 25 <34>; 107, 1 <10>). Rechtsverordnungen (vgl. BVerfGE 26, 228 <236>; 56, 298 <309>; 71, 25 <34>; 107, 1 <8>) des Bundes und der Länder sind daher ebenso tauglicher Gegenstand einer Kommunalverfassungsbeschwerde wie Satzungen von Selbstverwaltungskörperschaften (vgl. BVerfGE 26, 228 <245>).

64

2. Nach diesen Grundsätzen ist der Beschwerdeführer zu 1. durch die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen. Er musste die Anforderungen der Norm erfüllen, um überhaupt einen aussichtsreichen Antrag auf Zulassung als Optionskommune stellen zu können und hat sie verfehlt. Dass die zuständige oberste Landesbehörde dies im Zulassungsverfahren festgestellt und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, daran anknüpfend, den Beschwerdeführer zu 1. aus dem Kreis der in Betracht kommenden Optionskommunen ausgeschieden hat, vermag daran nichts zu ändern.

II.

65

Die gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II gerichteten Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. sind ebenfalls zulässig. Diese sind durch die angegriffene Regelung selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen.

66

Die von den Beschwerdeführern beanstandete zahlenmäßige Begrenzung der Optionskommunen durch § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II wird zwar sowohl durch die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende als auch durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung umgesetzt. Vor allem die unmittelbare Betroffenheit der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. durch die angegriffene Regelung stellt dies jedoch nicht in Frage, weil sich die Kontingentierung der Anzahl der Optionskommunen und damit die bloße Einräumung einer Zulassungschance unmittelbar aus dem Gesetz ergibt.

III.

67

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. ist zulässig, soweit sie die Vorschrift des § 6b Abs. 4 SGB II angreift; insbesondere ist der Beschwerdeführer zu 16. von der angegriffenen Vorschrift auch gegenwärtig betroffen (vgl. BVerfGE 1, 97 <102>; 43, 291 <385 f.>; 60, 360 <371>; 74, 297 <319>; 114, 258 <277>).

68

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat in seinem Tätigkeitsbericht 2010/2011 ausgeführt, es sei geplant, die Prüfung der Schlussrechnungen 2010 und 2011 im Jahr 2012 zusammen durchzuführen und abzuschließen, um dadurch mit der Prüfung der Schlussrechnungen 2012, die erstmalig auch von den neuen zugelassenen kommunalen Trägern einzureichen seien, gemeinsam für alte und neue kommunale Träger im Jahr 2013 beginnen zu können (HaushaltsausschussDrucks 17/3512, S. 4). Darüber hinaus ergibt sich aus den bisherigen Tätigkeitsberichten - die sich auf die bislang 69 zugelassenen kommunalen Träger beziehen -, dass bei der Prüfung der Jahresschlussrechnung zwischen 14 und 17 - auch verdachtsunabhängige - Vor-Ort-Prüfungen durchgeführt wurden, jährlich also etwa 20 Prozent bis 25 Prozent der zugelassenen kommunalen Träger derartige Überprüfungen hinzunehmen hatten (HaushaltsausschussDrucks 16/3434, S. 6; 16/4563, S. 2; 17/151, S. 4; 17/3512, S. 4). Aus der angekündigten Prüfung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und der hinreichend großen Wahrscheinlichkeit, einer anlasslosen Vor-Ort-Prüfung unterzogen zu werden, ergibt sich auch eine gegenwärtige Betroffenheit für den Beschwerdeführer zu 16. durch die angegriffene gesetzliche Regelung.

69

2. Soweit sich die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist sie hingegen unzulässig, da sie nicht fristgerecht eingelegt wurde (§ 93 Abs. 3 BVerfGG).

70

a) Für die Kommunalverfassungsbeschwerde gilt - wie für alle Rechtssatzverfassungsbeschwerden - die Fristvorschrift des § 93 Abs. 3 BVerfGG. Danach ist die Verfassungsbeschwerde innerhalb eines Jahres seit Inkrafttreten der angegriffenen Norm einzulegen (vgl. BVerfGE 76, 107 <115>; 79, 127 <142>; 107, 1 <8>). Wird eine Bestimmung im Rahmen einer Gesetzesnovellierung nicht verändert, so beginnt die Frist nicht alleine deshalb neu zu laufen, weil der Gesetzgeber die in Rede stehende Bestimmung - im Sinne einer Bestätigung - erneut in seinen Willen aufgenommen hat (vgl. BVerfGE 11, 255 <259 f.>; stRspr). Auch die Bekanntmachung des gleichen Wortlauts ohne inhaltliche Änderungen führt nicht zu einem neuen Fristlauf (vgl. BVerfGE 17, 364 <368 f.>). Von der Bestimmung muss vielmehr eine neue, den Beschwerdeführer ersichtlich stärker belastende Wirkung ausgehen (vgl. BVerfGE 45, 104 <119 f.>; 78, 350 <356>; 100, 313 <356>). Dies kann der Fall sein, wenn die Änderungen dazu führen, dass der unverändert gebliebenen Norm faktisch ein neuer Inhalt gegeben wird (vgl. BVerfGE 11, 351 <359 f.>; 74, 69 <73>; 78, 350 <356>), oder die Einbettung in ein anderes gesetzliches Umfeld erfolgt, so dass auch von der Anwendung der älteren Vorschrift neue belastende Wirkungen ausgehen können (vgl. BVerfGE 100, 313 <356>; vgl. auch BVerfGE 12, 10 <24>; 49, 1 <7>; 120, 274 <298>).

71

b) Soweit sie sich gegen § 6b Abs. 3 SGB II richtet, ist die am 1. August 2011 beim Bundesverfassungsgericht eingegangene Verfassungsbeschwerde demnach verfristet. Da § 6b Abs. 3 SGB II bereits am 6. August 2004 in Kraft getreten ist, endete die Beschwerdefrist gemäß § 93 Abs. 3 BVerfGG in Verbindung mit § 187 Abs. 2, § 188 Abs. 2, 2. Alt. BGB (vgl. BVerfGE 102, 254 <295 f.>) am 5. August 2005. Sie wurde weder durch die Einfügung des Art. 91e GG (aa) noch durch die Neubekanntmachung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (bb) oder durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende erneut in Gang gesetzt. Letzteres hat auch keine neue Belastung für den Beschwerdeführer zu 16. mit sich gebracht (cc).

72

aa) Ob die Einfügung von Art. 91e GG in das Grundgesetz mit Blick auf § 6b Abs. 3 SGB II eine neue Belastung für den Beschwerdeführer zu 16. verursacht hat, kann im Ergebnis offenbleiben. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, wäre die Verfassungsbeschwerde nicht fristgerecht erhoben worden. Art. 91e GG ist gemäß Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91e) am 27. Juli 2010 in Kraft getreten (BGBl I S. 944), die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde folglich am 26. Juli 2011 abgelaufen.

73

bb) Die Bekanntmachung der Neufassung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vom 13. Mai 2011 im Bundesgesetzblatt (BGBl I S. 850) hat ausschließlich den aktuellen Wortlaut in übersichtlicher Form, jedoch ohne inhaltliche Änderungen bekannt gemacht und die Frist zur Erhebung der Verfassungsbeschwerde daher nicht erneut in Gang gesetzt (vgl. BVerfGE 17, 364 <368 f.>).

74

cc) Durch das Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 (BGBl I S. 1112) ist der Wortlaut des § 6b Abs. 3 SGB II gegenüber der Vorfassung unverändert geblieben. Aus der Begründung des Gesetzentwurfes ergibt sich überdies, dass der Gesetzgeber die Norm nicht ändern und ihr keinen veränderten Inhalt oder eine vom bisherigen Verständnis abweichende Bedeutung geben wollte. Ausdrücklich heißt es dort, dass das Prüfungsrecht des Bundesrechnungshofes unberührt bleibe und in der schon bisher geregelten Form aufrechterhalten werde (BTDrucks 17/1555, S. 16). Auch führen die neu in das Gesetz aufgenommenen Bestimmungen, insbesondere § 6b Abs. 4 SGB II, nicht dazu, dass § 6b Abs. 3 SGB II eine neue, den Beschwerdeführer zu 16. stärker als bisher belastende Wirkung erhalten hätte. § 6b Abs. 3 SGB II und § 6b Abs. 4 SGB II weisen inhaltlich keinerlei Bezug zueinander auf und begründen für unterschiedliche Institutionen unterschiedliche Befugnisse.

C.

75

Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. ist begründet. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden, soweit sie zulässig sind, unbegründet.

I.

76

Mit Art. 91e GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber für das Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine umfassende Sonderregelung getroffen, die in ihrem Anwendungsbereich die allgemeinen Vorschriften des Grundgesetzes verdrängt (1.). Die Vorschrift begründet eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden und dem Bund und relativiert insoweit die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus (2.). Art. 91e Abs. 2 GG räumt Gemeinden und Gemeindeverbänden eine von der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie geschützte Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende alleinverantwortlich wahrzunehmen (3.). Zur näheren Ausgestaltung der mit der Zulassung kommunaler Träger nach Art. 91e Abs. 2 GG zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zwischen den Kommunen und dem jeweiligen Land sowie zwischen den Kommunen und dem Bund weist Art. 91e Abs. 3 GG dem Bund eine abschließende Gesetzgebungskompetenz zu (4.).

77

1. Art. 91e GG enthält eine Spezialregelung für den Vollzug der Verwaltungsaufgabe Grundsicherung für Arbeitsuchende. Soweit er die Kommunen betrifft, konkretisiert er die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 GG (vgl. BVerfGE 119, 331 <356 f.>) (a). Dies belegen die Entstehungsgeschichte der Norm und ihre Stellung im Grundgesetz (b). Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit von Art. 91e GG bestehen nicht (c). Soweit sein Anwendungsbereich reicht, geht Art. 91e GG den Regelungen des Grundgesetzes über die Ausführung der Bundesgesetze und die Bundesverwaltung sowie das Finanzwesen vor (d).

78

a) Der verfassungsändernde Gesetzgeber hat mit Art. 91e GG für das Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine umfassende Sonderregelung geschaffen. Er hat damit auf das Urteil des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Dezember 2007 (BVerfGE 119, 331 ff.) reagiert, das die Unvereinbarkeit von § 44b SGB II a.F. mit Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 in Verbindung mit Art. 83 GG festgestellt hatte. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu, dass sich die Durchführung der Grundsicherung für Arbeitsuchende in den Arbeitsgemeinschaften grundsätzlich bewährt habe und dass die Zusammenarbeit von Arbeitsagenturen und Kommunen gewährleiste, dass die erwerbsfähigen Hilfebedürftigen aus einer Hand betreut würden und Leistungen aus einer Hand erhielten. Diese Organisationsform solle daher als Regelfall fortgesetzt werden (BTDrucks 17/1554, S. 4). Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte mit Art. 91e GG somit den für verfassungswidrig erklärten, im politischen Raum aber für praktikabel befundenen Zustand aufrechterhalten und absichern. Zweck von Art. 91e GG ist es daher, die verfassungsrechtliche Grundlage für die Fortsetzung der Aufgabenwahrnehmung der aus den Agenturen für Arbeit und den kommunalen Trägern bestehenden Arbeitsgemeinschaften in gemeinsamen Einrichtungen zu schaffen und so sicherzustellen, dass die Zusammenarbeit in gemeinsamen Einrichtungen über das Jahr 2010 hinaus weitergeführt werden kann (BTDrucks 17/1554, S. 4).

79

b) Dass der verfassungsändernde Gesetzgeber für die Grundsicherung für Arbeitsuchende eine eigenständige Form der Verwaltungsorganisation schaffen wollte (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 4), in der die Beteiligten, losgelöst von den übrigen Strukturen des Staatsaufbaus, zu einer Zusammenarbeit eigener Art finden, wird auch durch systematische Gesichtspunkte bestätigt. So war von Seiten der Bundesregierung zunächst vorgeschlagen worden, den nunmehrigen Art. 91e GG als Art. 86a oder Art. 87 Abs. 2a und Art. 125d GG in den VIII. und XI. Abschnitt des Grundgesetzes aufzunehmen (vgl. BTDrucks 17/182, S. 3; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 91e Rn. 18 ff.; ders., Der Landkreis 2009, S. 55 ff., 111 ff.) und die beabsichtigte Regelung insoweit in die überkommenen Verwaltungsstrukturen des Grundgesetzes einzupassen. Dem ist der verfassungsändernde Gesetzgeber jedoch nicht gefolgt, sondern hat Art. 91e GG in den Abschnitt VIIIa. des Grundgesetzes "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" eingefügt.

80

c) Bei Art. 91e GG handelt es sich um eine eng begrenzte Durchbrechung der grundsätzlich auf Trennung von Bund und Ländern angelegten Verteilung der Verwaltungszuständigkeiten nach den Art. 83 ff. GG (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 11). Sie beschränkt sich auf die Regelung der Verwaltungs- und Finanzierungszuständigkeiten im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Die in Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG enthaltenen und durch Art. 79 Abs. 3 GG abgesicherten Systementscheidungen der Demokratie sowie des Rechts- und Bundesstaates stellt sie nicht in Frage. Die im Schrifttum teilweise geäußerte Auffassung, Art. 91e GG sei "verfassungswidriges Verfassungsrecht" (vgl. hierzu Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 20 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 13 ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 11; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 13 <32. Erg.-Lfg. VI/11>), vermag daher nicht zu überzeugen.

81

aa) Zwar durchbricht Art. 91e Abs. 1 GG das grundsätzliche Verbot der Mischverwaltung, das das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 20. Dezember 2007 nicht nur auf Art. 28 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 83 ff. GG gestützt, sondern auch mit Argumenten untermauert hat, die im Demokratieprinzip wurzeln (BVerfGE 119, 331 <365 f.>). Demokratie und Volkssouveränität erschöpfen sich im repräsentativ-parlamentarischen System des Grundgesetzes nicht in Zurechnungsfiktionen und stellen auch nicht nur formale Mindestanforderungen an den Legitimationszusammenhang zwischen dem Volk und den handelnden Staatsorganen. Sie sind vielmehr Rechtsprinzipien, die ihren praktischen Niederschlag in der Verfassungswirklichkeit finden müssen (vgl. BVerfGE 5, 85 <204 f.>; 107, 59 <91 f.>; 130, 76 <123 f.>; 131, 316 <334>). Die Wahlen zum Bundestag und zu den Volksvertretungen der Länder dienen so gesehen nicht nur der Kreation dieser Verfassungsorgane, sondern weisen auch eine real- wie personalplebiszitäre Dimension auf, welche die mit der Wahl verbundene politische Richtungsentscheidung auch konkret erfahrbar macht. Eine Verflechtung von Zuständigkeiten stellt sich vor diesem Hintergrund als Problem dar, weil sie dazu führen kann, dass der Auftrag des Wählers auf Bundes- oder Landesebene durch die Mitwirkung anderer Ebenen relativiert und konterkariert wird. Das gilt auch im Hinblick auf die Verwaltungskompetenzen. Demokratische Verantwortlichkeit setzt auch hier grundsätzlich eine hinreichend klare Zuordnung voraus. Der wahlberechtigte Bürger muss wissen können, wen er wofür - nicht zuletzt durch Vergabe oder Entzug seiner Stimme - verantwortlich machen kann. Daran fehlt es, wenn die Aufgaben durch Organe oder Amtswalter unter Bedingungen wahrgenommen werden, die eine solche Verantwortungszuordnung nicht ermöglichen (vgl. BVerfGE 119, 331 <366>). Das Demokratieprinzip des Art. 20 Abs. 1 und Abs. 2 GG gebietet deshalb nicht nur eine weitgehende Normierung von Zuständigkeitszuweisungen, Verfahren und Aufsichtsrechtsverhältnissen, sondern enthält auch ein grundsätzliches Verbot der Mischverwaltung (vgl. BVerfGE 119, 331 <364 ff.>; 127, 165 <191 f.>).

82

bb) Die Anforderungen des Demokratieprinzips berühren sich insoweit mit dem Grundsatz der Rechtsstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 3 GG), der mit Blick auf die Verwaltungsräume von Bund und Ländern und im Interesse eines effektiven Rechtsschutzes eine klare und auf Vollständigkeit angelegte Zuordnung von Kompetenzen der handelnden Staatsorgane gebietet. Auch das Rechtsstaatsprinzip verlangt mit Blick auf die für die Ausrichtung und das Verständnis der Verfassungsordnung maßgebliche Sicht des Bürgers zuallererst Klarheit der Kompetenzordnung.

83

cc) Das Gebot der Bundesstaatlichkeit (Art. 20 Abs. 1 GG) schließlich gebietet in seinem verfassungsänderungsfesten Kern lediglich, dass den Ländern im Bereich aller drei Staatsfunktionen - Legislative, Exekutive und Judikative - Aufgaben von substantiellem Gewicht als "Hausgut" unentziehbar verbleiben (vgl. BVerfGE 34, 9 <19 f.>). Bestimmte Aufgaben werden damit nicht zugewiesen.

84

dd) Ein Verstoß von Art. 91e GG gegen Art. 79 Abs. 3 GG scheidet vor diesem Hintergrund aus. Ein absolutes Verbot der Mischverwaltung lässt sich weder aus dem Demokratie- noch aus dem Rechtsstaatsprinzip des Grundgesetzes ableiten (vgl. BVerfGE 63, 1 <38 ff.>; 108, 169 <182>; 119, 331 <364 ff.>; 127, 165 <191>; siehe auch Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 13 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Die bundesstaatliche Kompetenzverteilung gilt hingegen ohnehin nur so, wie sie durch das Grundgesetz konkret ausgestaltet ist (vgl. BVerfGE 119, 331 <364>). Selbst wenn man - entgegen der sehr engen Interpretation von Art. 79 Abs. 3 GG durch das Bundesverfassungsgericht in der Entscheidung vom 15. Dezember 1970 (BVerfGE 30, 1 <24 ff.>) - mit dem Sondervotum der Richter Geller, von Schlabrendorff und Rupp (vgl. BVerfGE 30, 1, 33 <39>) und Ansätzen in der jüngeren Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte (vgl. BayVerfGHE 52, 104 <122 ff.>; 53, 42 <60 ff.>; Thüringer Verfassungsgerichtshof, LVerfGE 12, 405 <424 ff.>) unverhältnismäßige Beschränkungen oder eine substantielle Erosion der in Art. 79 Abs. 3 GG geschützten Grundsätze einer Verfassungsänderung entzogen sieht, wird diese Schwelle hier nicht überschritten. Art. 20 Abs. 1 bis Abs. 3 GG in Verbindung mit Art. 79 Abs. 3 GG hindern den verfassungsändernden Gesetzgeber nicht, in begrenzten Ausnahmefällen die konkreten Ausprägungen der dort verankerten Grundsätze aus sachgerechten Gründen zu modifizieren (vgl. BVerfGE 109, 279 <310>; 132, 195 <244> Rn. 118). Das hat er mit Art. 91e GG getan.

85

d) In seinem Anwendungsbereich verdrängt Art. 91e GG sowohl die Art. 83 ff. GG (aa) als auch Art. 104a GG (bb).

86

aa) Im Verhältnis zu Art. 83 ff. GG wirkt Art. 91e GG als abschließende Sonderregelung.

87

Dass Art. 91e GG eine Ausnahme vom Verbot der Mischverwaltung für die Ausführung von Bundesgesetzen auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende enthält und auch das Verbot einer bundesgesetzlichen Aufgabenübertragung auf die Gemeinden und Gemeindeverbände (Art. 84 Abs. 1 Satz 7, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG) insoweit nicht gilt (BTDrucks 17/1554, S. 5), ist offensichtlich (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 4; Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 31 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 22; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 12). Der Umfang dieser Spezialregelung reicht jedoch weiter. Im Verfahren der Verfassungsänderung hat der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, dass im Bereich des Art. 91e GG auch die sonstigen Vorgaben der Art. 83 ff. GG, insbesondere Art. 84 Abs. 2 bis Abs. 5 GG, nicht gelten sollen: Die Aufsicht über die Aufgabenwahrnehmung durch die Optionskommunen nach Art. 91e Abs. 2 GG solle sich zwar an der Zuständigkeitsverteilung orientieren, die für die Ausführung der Bundesgesetze durch die Länder als eigene Angelegenheit gelte. Sie solle jedoch "durch ein einheitliches und transparentes Steuerungssystem durch Zielvereinbarungen zwischen Bund und Ländern sowie entsprechende Zielvereinbarungen zwischen den jeweiligen Ländern und Optionskommunen ergänzt" werden (BTDrucks 17/1554, S. 5). Im Rahmen der Ausführungsgesetzgebung wurde in § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB II zudem vorgesehen, dass die Bundesregierung die Ausübung der Rechtsaufsicht auf das Bundesministerium für Arbeit und Soziales übertragen kann, was auf der Grundlage von Art. 84 GG nicht möglich wäre. Wäre Art. 84 GG neben Art. 91e GG anwendbar, wären sowohl die in der Gesetzesbegründung skizzierten Aufsichtsstrukturen als auch § 48 Abs. 2 Satz 3 SGB II erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48 f.; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 f. ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 23). Der verfassungsändernde Gesetzgeber wollte offenkundig keine Regelung schaffen, die sich möglichst schonend in die allgemeinen Strukturen einfügt und als Ausnahme grundsätzlich restriktiv interpretiert werden müsste (vgl. Mehde, in: Beck'scher OK-GG, Art. 91e Rn. 13 <1. Juni 2014>; a.A. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 35). Er wollte vielmehr eine umfassende Absicherung der Verwaltungspraxis ermöglichen.

88

bb) Das zeigt auch die Regelung über die Kostentragung in Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG. Diese Bestimmung - wonach der Bund bei einer Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Kosten trägt, soweit er dies auch im Regelfall des Art. 91e Abs. 1 GG täte - bedeutet in der Sache eine direkte Finanzierung kommunalen Verwaltungshandelns durch den Bund. Dies ermöglicht es zwar, die Verteilung der Finanzierungslasten zwischen Bund und Ländern im Übrigen unangetastet zu lassen, stellt in der Sache jedoch eine Abweichung von den Grundsätzen des Art. 104a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 5 GG dar (vgl. Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 10). Auch insoweit geht Art. 91e GG den allgemeinen Regelungen der Finanzverfassung vor.

89

2. Indem Art. 91e Abs. 2 GG unmittelbare Verwaltungs- und Finanzbeziehungen zwischen dem Bund und den Optionskommunen herstellt, durchbricht er, wenn auch nur punktuell, die Zweistufigkeit des Staatsaufbaus der Bunderepublik Deutschland. Zwar sind die Gemeinden grundsätzlich den Ländern zugeordnet (a); eine klarere Trennung und Entflechtung der Aufgaben der unterschiedlichen staatlichen Ebenen war zudem ein zentrales Anliegen der Föderalismusreform des Jahres 2006 (b). Art. 91e GG enthält jedoch eine teilweise Abkehr von diesen Grundsätzen und Zielsetzungen (c).

90

a) Im zweistufigen Bundesstaat des Grundgesetzes sind die Kommunen - unbeschadet ihrer finanzverfassungsrechtlichen Absicherung durch Art. 28 Abs. 2 Satz 3, Art. 106 Abs. 5 bis Abs. 8 GG - grundsätzlich Teil der Länder (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>; 119, 331 <364>). Ihre Aufgaben und ihr Finanzgebaren werden den Ländern zugerechnet (vgl. BVerfGE 86, 148 <215>).

91

aa) Nach der Kompetenzordnung des Grundgesetzes ist es daher grundsätzlich Sache der Länder, die staatlichen Aufgaben zu erfüllen und staatliche Befugnisse auszuüben (Art. 30 GG). Dazu gehört, dass die Länder die Bundesgesetze grundsätzlich in eigener Verantwortung und durch eigene Behörden ausführen (Art. 83 GG). Die Verwaltung des Bundes und die Verwaltung der Länder sind in Aufbau und Organisation voneinander getrennt (vgl. BVerfGE 108, 169 <182>; 119, 331 <364>). Die Verwaltungszuständigkeiten des Bundes und seine Ingerenzrechte in die Verwaltung der Länder sind in den Art. 83 ff. GG abschließend geregelt und können - soweit nichts anderes vorgesehen ist - grundsätzlich weder abbedungen (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 41, 291 <311>; 63, 1 <39>; 119, 331 <364>) noch erweitert werden. Insoweit findet auch der Spielraum des Bundes zur organisatorischen Ausgestaltung der Verwaltung in den Kompetenz- und Organisationsnormen der Art. 83 ff. GG seine Grenzen (vgl. BVerfGE 63, 1 <39>; 119, 331 <365>). Mitplanungs-, Mitverwaltungs- und Mitentscheidungsbefugnisse des Bundes gleich welcher Art im Aufgabenbereich der Länder sind durch das Grundgesetz daher ausgeschlossen, soweit nicht die Verfassung dem Bund entsprechende Sach- und Verwaltungskompetenzen übertragen hat (vgl. BVerfGE 32, 145 <156>; 108, 169 <182>; 119, 331 <365>).

92

bb) Diese strikte Trennung von Bundes- und Länderhoheit setzt sich auch im Bereich der Finanzverfassung fort (vgl. Art. 104a Abs. 1, Art. 109 Abs. 1 GG) und wird mit Blick auf die Kommunen in Art. 106 Abs. 9 GG noch einmal ausdrücklich bestätigt.

93

b) Mit der Föderalismusreform des Jahres 2006 wollte der verfassungsändernde Gesetzgeber eine noch klarere Trennung von Aufgaben und Befugnissen der unterschiedlichen staatlichen Ebenen erreichen und zu einer Entflechtung der Verantwortung gelangen (vgl. BVerfGE 127, 165 <197>; Bauer, in: Dreier, GG, Supplementum 2007, Art. 20 Rn. 11c; Trute, in: Starck, Föderalismusreform, 2007, Rn. 147 und 149; Burgi, in: Henneke, Kommunen in den Föderalismusreformen I und II, 2008, S. 44 <45 ff.>). Dementsprechend heißt es in der Begründung des einschlägigen Gesetzentwurfs, dass sich die bundesstaatliche Ordnung zwar grundsätzlich bewährt habe, jedoch von langwierigen und komplizierten Entscheidungsprozessen geprägt sei und dass sie an einer übermäßigen institutionellen Verflechtung von Bund und Ländern leide (BTDrucks 16/813, S. 7). Dem sollte durch eine Reihe von Verfassungsänderungen abgeholfen werden, unter anderem durch das in Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG normierte sogenannte Durchgriffsverbot (vgl. Trute, a.a.O., Rn. 174).

94

c) Art.91e GG bedeutet in der Sache eine punktuelle Abkehr von der Zielsetzung einer möglichst klaren Trennung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen Bund, Ländern und Kommunen (aa). Er begründet eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und den Optionskommunen und ermöglicht eine Finanzkontrolle, die sich von der Aufsicht wie auch von der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof unterscheidet (bb).

95

aa) Aufsichtsbefugnisse über Behörden und Einrichtungen der Länder kommen dem Bund nur insoweit zu, als sie vom Grundgesetz ausdrücklich vorgesehen werden. So räumt etwa Art. 84 GG dem Bund Einflussmöglichkeiten auf die Anwendung des von ihm gesetzten Rechts ein. Er soll die Möglichkeit haben, auf eine einheitliche Geltung der Rechtsvorschriften hinzuwirken (vgl. BVerfGE 11, 6 <18>; 127, 165 <203>) und für einen wirksamen Gesetzesvollzug zu sorgen (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>; 127, 165 <203>). Dabei kommen ihm insbesondere die Rechte nach Art. 84 Abs. 3 und Abs. 4 GG zu (vgl. BVerfGE 39, 96 <109>; 127, 165 <203>). Zur Aufsichtskompetenz gehört auch die Möglichkeit der Aktenanforderung. Diese ist allerdings auf Fälle beschränkt, in denen es Anhaltspunkte für einen Rechtsverstoß gibt (vgl. BVerfGE 127, 165 <221>). Daneben besteht die Befugnis zur Akteneinsicht vor Ort durch den gemäß Art. 84 Abs. 3 Satz 2 GG entsandten Beauftragten. Ein unmittelbarer Durchgriff auf Behörden der Länder ist damit nicht verbunden; auch im Bereich der Bundesauftragsverwaltung sind Weisungen grundsätzlich an die oberste Landesbehörde zu richten (Art. 85 Abs. 3 Satz 2 GG). Diese ist zudem in den Vollzug der Weisung einzubinden (Art. 85 Abs. 3 Satz 3 GG). Ein unmittelbarer Durchgriff auf die Gemeinden war dem Bund - vom Sonderfall des Art. 106 Abs. 8 GG abgesehen - bislang grundsätzlich versagt. Namentlich war er weder berechtigt noch verpflichtet, deren finanzielle Verhältnisse ohne Einschaltung der Länder zu ordnen (vgl. BVerfGE 26, 172 <181 f.>).

96

bb) Art. 91e GG hat diese Rechtslage für den Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende teilweise modifiziert. Art. 91e Abs. 2 GG begründet eine direkte Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene (BTDrucks 17/1554, S. 5) und ermöglicht eine besondere Finanzkontrolle des Bundes, die sich von der Aufsicht (1) wie auch von der Finanzkontrolle durch den Bundesrechnungshof (2) unterscheidet.

97

Zusammen mit der Finanzierungsbefugnis hat der verfassungsändernde Gesetzgeber dem Bund auch die Möglichkeit einer Finanzkontrolle eröffnet. Ohne eine solche Finanzkontrolle bestünde die Gefahr, dass Vollzugs- und Finanzierungsverantwortung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende auseinanderfallen und keine Anreize für ein wirtschaftliches und sparsames Verwaltungshandeln der Optionskommunen bestehen. Angesichts dieser verfassungsrechtlich ungewöhnlichen Konstellation hat der verfassungsändernde Gesetzgeber die Finanzbeziehungen in diesem eng abgegrenzten Bereich neu geordnet und dem Bund nicht nur die Finanzierungslast zugewiesen, sondern ihm auch die Befugnis wirksamer Finanzkontrolle eingeräumt. So wird in der Begründung zu dem Gesetzentwurf zum einen zwischen einer Finanzkontrolle und der Aufsicht unterschieden und zum anderen in Bezug auf Art. 91e Abs. 2 GG bestimmt, dass "das Bundesgesetz unter anderem Regelungen (…) zu Aufsicht, (…) Finanzkontrolle, Rechnungsprüfung und Leistungsbewertung sowie Übergangsbestimmungen bei Veränderung der Organisation der Gesetzesdurchführung treffen" werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5; siehe hierzu bereits BVerfGE 127, 165 <203 f.>).

98

(1) Die (Rechts- und Fach-)Aufsicht über die Optionskommunen ist hingegen nicht Regelungsgegenstand von Art. 91e GG. Weder enthält der Wortlaut entsprechende Anhaltspunkte noch lassen sich der Entstehungsgeschichte, nach welcher der verfassungsändernde Gesetzgeber im Wesentlichen die ursprüngliche Rechtslage absichern wollte, solche Anhaltspunkte entnehmen (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Die Aufsicht über Gemeinden und Gemeindeverbände bleibt insoweit Sache der Länder.

99

Die durch Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ermöglichte Finanzkontrolle des Bundes hebt sich hinreichend von einer Aufsicht ab (vgl. hierzu BVerfGE 127, 165 <203 f.>). Während es bei der Wahrnehmung von Aufsichtsbefugnissen um ein auf Kontrolle zielendes Beobachten, in der Regel in einem hierarchischen Verhältnis, geht, das die Befugnis zum Einwirken auf die zu beaufsichtigende Stelle umfasst, so dass der Aufsichtsmaßstab gegebenenfalls zwangsweise durchgesetzt werden kann (vgl. Kahl, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts, Bd. III, 2. Aufl. 2013, § 47 Rn. 12 m.w.N.), beschränkt sich die Finanzkontrolle des Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG auf die Überprüfung der Rechnungslegung, die Wirtschaftlichkeit der Ausgaben und die Durchsetzung eventueller Erstattungsansprüche. Sie dient nicht der Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht der Gewährleistung eines grundsätzlich einheitlichen Gesetzesvollzugs, sondern richtet sich ausschließlich auf die Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung, von der Möglichkeit des Art. 91e Abs. 2 GG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 127, 165 <203 f.>).

100

(2) Die Finanzkontrolle des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unterscheidet sich aber auch von jener des Bundesrechnungshofs. Der Bundesrechnungshof ist ein zur unabhängigen Finanzkontrolle berufenes Organ, dessen Prüftätigkeit das allgemeine Verfassungsgebot der Kontrolle über die staatliche Finanzgewalt umsetzt und damit letztlich im Demokratieprinzip gründet (vgl. Hufeld, in: Isensee/Kirchhof, HStR III, 3. Aufl. 2005, § 56 Rn. 10; Degenhart, VVDStRL 55 <1995>, S. 190 <204>; Schulze-Fielitz, VVDStRL 55 <1995>, S. 231 <234>; Schwarz, DVBl 2011, S. 135 <136>). Dies legitimiert ihn, alle Einnahmen und Ausgaben des Bundes zu prüfen und ihre Wirtschaftlichkeit zu bewerten. Ziel der Prüfung ist es allein, Missstände aufzuzeigen und ihre Beseitigung durch Mitteilung an die zuständigen Organe und gegebenenfalls durch Veröffentlichung zu bewirken. Die Prüfungsbefugnis des Bundesrechnungshofes beschränkt sich jedoch auf eine reine Kontrolle; Mitentscheidungs- oder Sanktionsbefugnisse kommen ihm nicht zu. Seine Finanzkontrolle kann daher auch allenfalls mittelbar dazu beitragen, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung zu sichern, ihre Leistungsfähigkeit zu verbessern und Fehlentwicklungen zu vermeiden (vgl. Bergel, Rechnungshöfe als vierte Staatsgewalt, 2010, S. 30). Die Finanzkontrolle nach Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG ist in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Zielsetzung enger als jene des Bundesrechnungshofes, reicht hinsichtlich ihrer Befugnisse jedoch weiter. Sie bezieht sich ausschließlich auf die fiskalischen Interessen des Bundes, gestattet es ihm aber auch, öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltend zu machen und im Wege der Verrechnung durchzusetzen.

101

3. Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden eine Chance ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als kommunale Träger alleinverantwortlich wahrzunehmen (a). Die gesetzliche Ausgestaltung dieser Chance muss willkürfrei erfolgen (b). Ihre Wahrnehmung fällt in den Schutzbereich der Garantie kommunaler Selbstverwaltung (c).

102

a) Art. 91e Abs. 2 GG räumt den Gemeinden und Gemeindeverbänden keinen Anspruch, wohl aber eine Chance darauf ein, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende als sogenannte Optionskommune alleinverantwortlich wahrzunehmen. Dies folgt sowohl aus dem Wortlaut von Art. 91e Abs. 2 GG (aa) als auch aus dem in Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG angelegten Regel-Ausnahme-Verhältnis (bb) und gilt unbeschadet des Umstandes, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, das "Optionsmodell" umzusetzen (cc).

103

aa) Nach Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG kann der Bund zulassen, dass eine begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein wahrnimmt. Die Formulierung "eine begrenzte Anzahl" macht dabei deutlich, dass nicht alle Gemeinden und Gemeindeverbände die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein wahrnehmen sollen, selbst wenn sie die in der Ausführungsgesetzgebung nach Art. 91e Abs. 3 GG niedergelegten Zulassungsvoraussetzungen erfüllen. Damit steht zugleich fest, dass es auch keinen verfassungsunmittelbaren Zulassungsanspruch zur alleinigen Aufgabenerfüllung gibt. Verfassungsrechtliche Ansprüche einer einzelnen Kommune aus Art. 91e Abs. 2 GG kommen nur insoweit in Betracht, als der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch gemacht hat, eine begrenzte Anzahl von Optionskommunen zuzulassen. Sie beschränken sich - der Rechtsstellung von Bewerbern um kontingentierte Zulassungen in anderen Bereichen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 33, 303 <336>; 45, 393 <399>; 85, 36 <54>; 97, 298 <313>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 27. April 2001 - 1 BvR 1282/99 -, DVBl 2002, S. 400 <401>; vgl. auch BVerwGE 42, 296 <300>; 64, 238 <245>; 139, 210 <212>; BVerwG, Urteil vom 27. April 1984 - 1 C 24/82 -, NVwZ 1984, S. 585) vergleichbar - von vornherein auf eine chancengleiche Teilhabe an der Verteilung der zahlenmäßig begrenzten Optionsmöglichkeiten.

104

bb) Systematische Gesichtspunkte erhärten diesen Befund. Ausweislich des Nebeneinanders von Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG besteht zwischen der Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen nach Art. 91e Abs. 1 GG und ihrer alleinigen Erfüllung durch Optionskommunen gemäß Art. 91e Abs. 2 GG ein Regel-Ausnahme-Verhältnis (BTDrucks 17/1554, S. 4) in dem Sinne, dass die Wahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende durch Optionskommunen die Ausnahme bleiben muss (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 39; Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 9; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 15; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 27 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 23 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 8; Luthe, ZfF 2011, S. 1).

105

cc) Ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf Zulassung als Optionskommune scheitert schließlich auch daran, dass Art. 91e Abs. 2 Satz 1 GG es dem Gesetzgeber freistellt, das "Optionsmodell" überhaupt einzuführen. Hat er es eingeführt, kann er es auch wieder auslaufen lassen(vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10).

106

b) Bei der Ausgestaltung der Zulassungschance nach Art. 91e Abs. 2 GG ist der Gesetzgeber grundsätzlich frei. Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG vermitteln Gemeinden und Gemeindeverbänden keinen verfassungsrechtlich verankerten Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung der Zulassungschance, auf eine bestimmte Anzahl von Optionsmöglichkeiten oder auf deren Optimierung im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraumes. Schafft der Gesetzgeber allerdings eine Verteilungssituation und eröffnet er Gemeinden und Gemeindeverbänden zumindest eine Chance auf das normativ verknappte Gut, so hat er dabei das allgemeine Willkürverbot in Gestalt des Gebotes interkommunaler Gleichbehandlung zu beachten (aa). Gemeinden und Gemeindeverbände können sich auf dieses Gebot berufen (bb). In Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip fordert es zumindest eine gleichmäßige Verteilung der knappen Optionsmöglichkeiten (cc).

107

aa) Zwar gelten die Grundrechte im Allgemeinen und das Grundrecht des Art. 3 Abs. 1 GG im Besonderen grundsätzlich nicht für juristische Personen des öffentlichen Rechts (vgl. BVerfGE 21, 362 <372 f.>; 26, 228 <244>; stRspr); sie gelten daher auch nicht für Gemeinden und Gemeindeverbände, die insoweit keine Grundrechtsträger im Sinne von Art. 19 Abs. 3 GG sind (vgl. BVerfGE 45, 63 <78 f.>; 61, 82 <100 ff.>). Dessen ungeachtet verpflichten das Bundesstaatsprinzip und das Rechtsstaatsgebot (Art. 20 Abs. 3, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG) Bund und Länder, mit Blick auf ihnen nachgeordnete Hoheitsträger das Gebot der Gleichbehandlung zu beachten.

108

Das gilt grundsätzlich auch mit Blick auf Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. BVerfGE 83, 363 <393>; zuvor bereits ähnlich BVerfGE 76, 107 <119>). Soweit Bund und Länder Verteilungsentscheidungen zwischen Gemeinden und Gemeindeverbänden vorsehen und durchführen, dürfen sie zwischen diesen jedenfalls nicht willkürlich differenzieren. Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot verbietet, einzelne Gemeinden oder Gemeindeverbände aufgrund sachlich nicht vertretbarer Differenzierungen zu benachteiligen oder zu bevorzugen, und ist verletzt, wenn für eine unterschiedliche Behandlung kein sachlicher Grund besteht. Der Gesetzgeber ist daher verpflichtet, Begünstigungen und Vorteile nach einheitlichen und sachlich vertretbaren Maßstäben auf die einzelnen Kommunen zu verteilen; auch dürfen die Modalitäten des Verteilungssystems nicht zu willkürlichen Ergebnissen führen (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, LVerfGE 17, 103 <118>; Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen, OVGE 53, 264 <270>; Landesverfassungsgericht des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NVwZ-RR 2012, S. 377 <379>; Kempny/Reimer, Die Gleichheitssätze, 2012, S. 26; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 12. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 23). Gefordert ist nicht die bestmögliche und gerechteste Lösung; angesichts der Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist auch nicht entscheidend, ob eine Regelung notwendig oder gar unabweisbar ist. Vielmehr kommt ihm insoweit ein weiter Einschätzungs- und Beurteilungsspielraum zu, der gewahrt ist, wenn er sich auf eine nachvollziehbare und vertretbare Einschätzung stützt (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, LVerfGE 17, 103 <118>; Landesverfassungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 23. Februar 2012 - LVerfG 37/10 -, NVwZ-RR 2012, S. 377 <379>).

109

bb) Das interkommunale Gleichbehandlungsgebot (vgl. SächsVerfGH, Urteil vom 25. September 2008 - Vf. 54-VIII-08 - NVwZ 2009, S. 39 <44>; BbgVerfG, Urteil vom 16. September 1999 - VfGBbg 28/98 -, NVwZ-RR 2000, S. 129 <132>) ist Teil der durch Art. 28 Abs. 2 GG gewährleisteten subjektiven Rechtsstellungsgarantie der Kommunen. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich deshalb gegenüber dem Staat auf dieses Gebot berufen und seine Verletzung vor dem Bundesverfassungsgericht rügen (vgl. auch BVerfGE 23, 353 <372 f.>; 26, 228 <244>; 76, 107 <119>; 83, 363 <393 >).

110

cc) Fordert das Gebot interkommunaler Gleichbehandlung eine gleichmäßige Verteilung knapper Mittel oder Güter zwischen den konkurrierenden Kommunen, so ist aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit ein transparentes Verteilungsverfahren zu gewährleisten (vgl. StGH BW, ESVGH 49, 241 <256 ff.>; Schoch, AfK 39 <2000>, S. 225 <240>; ders., in: Ehlers/Krebs, Grundfragen des Verwaltungsrechts und des Kommunalrechts, 2000, S. 93 <127 f.>; Meyer, LKV 2000, S. 1 <4 f.>).

111

Für den Bereich des Grundrechtsschutzes ist anerkannt, dass die in Ansehung einer Entscheidung betroffenen Grundrechte nach einer adäquaten Verfahrensgestaltung verlangen. Unter diesen Voraussetzungen kann ein materieller Zulassungsanspruch in Knappheitssituationen zu einem Anspruch auf chancengerechte Teilhabe am Verfahren reduziert werden, wobei die sachgerechte, rechtswahrende und faire Ausgestaltung des Verteilungsverfahrens der Minderung der Eingriffsintensität dient (vgl. BVerfGE 33, 303 <336>; 45, 393 <399>; 54, 173 <192 ff.>; 73, 280 <296>; 85, 36 <54>; BVerfGK 1, 292 <295>). Prozedurale Vorkehrungen sind auch dort erforderlich, wo eine nachgelagerte gerichtliche Kontrolle etwaige Grundrechtsverletzungen nicht mehr korrigieren kann (vgl. BVerfGE 53, 30 <65>; 63, 131 <143>; 65, 1 <44>; 84, 34 <46>; 90, 60 <95>; stRspr).

112

Dieser Grundgedanke gilt auch für die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. Gebhardt, Das kommunale Selbstverwaltungsrecht, 2007, S. 55 ff.). So hat das Bundesverfassungsgericht im Zusammenhang mit dem niedersächsischen Rück-Neugliederungsgesetz ausgesprochen, dass die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung zu ihrem Schutz bestimmter prozeduraler Vorkehrungen, namentlich von Anhörungsrechten und Begründungspflichten bedarf (vgl. BVerfGE 86, 90 <107 f.; 110>). In der Rechtsprechung der Landesverfassungsgerichte ist dieser Ansatz mit Blick auf Gebietsreformen und die Ausgestaltung des kommunalen Finanzausgleichs weiter ausgebaut worden (vgl. VerfGH NW, OVGE 30, 306 <307>; Nds.StGH, OVGE 33, 497 <499 f.>; ThürVerfGH, Urteil vom 28. Mai 1999 - VerfGH 39/97 -, LKV 2000, S. 31; SächsVerfGH, Urteil vom 25. September 2008 - Vf. 54-VIII-08 -, NVwZ 2009, S. 39 <40>; Gebhardt, a.a.O., S. 55 ff. m.w.N.).

113

c) Die Chance auf Zulassung als Optionskommune nach Art. 91e Abs. 2 GG wird durch Art. 28 Abs. 2 GG geschützt (aa). Er gewährleistet grundsätzlich auch das Recht von Gemeinden und Gemeindeverbänden, die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen (bb). Dieses Recht besteht indes nur "im Rahmen der Gesetze" (cc).

114

aa) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG statuiert ein verfassungsrechtliches Aufgabenverteilungsprinzip hinsichtlich aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zugunsten der Gemeinden (vgl. dazu BVerfGE 79, 127 <150 f.>; 83, 363 <383>; 91, 228 <236>; 110, 370 <400>). Jenseits dessen enthalten weder Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG noch Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG eine inhaltlich umrissene Aufgabengarantie zugunsten von Gemeinden und Gemeindeverbänden. Insbesondere Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG knüpft lediglich an die vom Gesetzgeber zugewiesenen Aufgaben an, erschöpft sich hierin aber auch. Die kommunale Selbstverwaltung der Gemeindeverbände besteht insoweit nur nach Maßgabe der Gesetze. Allerdings muss der Gesetzgeber den Kreisen hinreichende Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zuweisen und darf sich nicht ausschließlich auf die Zuweisung materiell staatlicher Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises beschränken (vgl. BVerfGE 83, 363 <383>; 119, 331 <353 f.>). Auch auf der Ebene der Kreise muss der Bestand an Selbstverwaltungsaufgaben für sich genommen und im Vergleich zu den zugewiesenen materiell staatlichen Aufgaben ein Gewicht haben, das der institutionellen Garantie der Kreise als Selbstverwaltungskörperschaften gerecht wird. Würden ihnen nur randständige, in Bedeutung und Umfang nebensächliche Aufgaben des eigenen Wirkungskreises zugewiesen, so wäre Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG verletzt (vgl. BVerfGE 119, 331 <353 f.>).

115

Hat der Gesetzgeber Kreisen und Gemeinden Aufgaben zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung zugewiesen, fällt deren Erledigung grundsätzlich in den Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG (vgl. BVerfGE 119, 331 <354> unter Bezugnahme auf NWVerfGH, Urteil vom 22. September 1992 - VerfGH 3/91 -, NVwZ-RR 1993, S. 486 <487>; Urteil vom 12. Dezember 1995 - VerfGH 5/94 -, NVwZ 1996, S. 1100; Urteil vom 9. Dezember 1996 - VerfGH 11, 12, 15, 34 u. 37/95 -, NVwZ 1997, S. 793 f.; RhPfVerfGH, Urteil vom 16. März 2001 - VGH 88/00 -, NVwZ 2001, S. 912 <914>; SachsAnhVerfG, Urteil vom 8. Dezember 1998 - LVG 10-97 -, NVwZ-RR 1999, S. 393 <396>; siehe auch Mehde, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 28 Rn. 100 ; Tettinger/Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2010, Art. 28 Rn. 231). Soweit der Gesetzgeber den Zugang zu einer kommunalen Aufgabe kontingentiert und den Kommunen lediglich eine entsprechende Chance eröffnet hat, ist der Gewährleistungsbereich von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 GG ebenfalls berührt. Das gilt auch für die durch Art. 91e Abs. 2 GG eröffnete Chance auf alleinige Aufgabenwahrnehmung der Grundsicherung für Arbeitsuchende.

116

bb) Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistet Gemeinden und Gemeindeverbänden ferner das Recht, die ihnen zugewiesenen Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen (vgl. BVerfGE 21, 117 <129>; 23, 353 <365>; 83, 363 <383>; 119, 331 <361>).

117

Eine Regelung gemeindlicher Angelegenheiten in eigener Verantwortung, wie sie Art. 28 Abs. 2 GG garantiert, ist ohne eine gewisse Selbstständigkeit bei der Organisation der Aufgabenwahrnehmung nicht vorstellbar (vgl. BVerfGE 91, 228 <237 f.>). Eine umfassende staatliche Steuerung der kommunalen Organisation widerspräche der vom Verfassungsgeber vorgefundenen und in Art. 28 Abs. 2 GG niedergelegten Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (vgl. BVerfGE 91, 228 <239>). Zu der von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG den Gemeinden garantierten Eigenverantwortlichkeit gehört daher auch die Organisationshoheit (vgl. BVerfGE 38, 258 <278 ff.>; 52, 95 <117>; 78, 331 <341>; 83, 363 <382>; 91, 228 <236>). Sie gewährleistet den Gemeinden - Vergleichbares gilt nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG für die Gemeindeverbände (vgl. BVerfGE 21, 117 <129>; 23, 353 <365>; 83, 363 <383>; 119, 331 <361>; siehe auch Th. J. Schmidt, Kommunale Kooperation, 2005, S. 58) - das grundsätzliche Recht, die Wahrnehmung der eigenen Aufgaben, Abläufe und Entscheidungszuständigkeiten im Einzelnen festzulegen und damit auch über Gewichtung, Qualität und Inhalt der Entscheidungen zu befinden. Die Organisationshoheit von Gemeinden und Gemeindeverbänden verbietet Regelungen, die eine eigenständige organisatorische Gestaltungsfähigkeit der Kommunen ersticken würden. Zu ihr rechnet ferner die Möglichkeit, für die Wahrnehmung einzelner Verwaltungsaufgaben aus mehreren vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Organisationsformen auswählen zu können (vgl. Schmidt-Jortzig, in: von Mutius, Festgabe für von Unruh, 1983, S. 525 <527>).

118

cc) Die Organisationshoheit der Gemeinden und Gemeindeverbände erfasst sowohl den eigenen als auch den übertragenen Wirkungskreis (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; ebenso Schmidt-Jortzig, in: von Mutius, Festgabe für von Unruh, 1983, S. 525 <531> m.w.N.; Löwer, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 1, 6. Aufl. 2012, Art. 28 Rn. 81 m.w.N.). Sie besteht indes gemäß Art. 28 Abs. 2 GG nur im Rahmen der Gesetze. Dementsprechend sind die Organisationsbefugnisse der Gemeinden oder Gemeindeverbände an Vorgaben des Gesetzgebers nicht nur gebunden (vgl. BVerfGE 83, 363 <382>; 91, 228 <238>); ihre Organisationshoheit gilt grundsätzlich nur nach Maßgabe der gesetzlichen Ausgestaltung.

119

Bei dieser Ausgestaltung setzt die Selbstverwaltungsgarantie dem Gesetzgeber allerdings insoweit Grenzen, als ihr Kernbereich nicht ausgehöhlt werden darf (vgl. BVerfGE 1, 167 <174 f.>; 79, 127 <146>; stRspr). Der Gesetzgeber muss zudem der geschichtlichen Entwicklung und den verschiedenen Erscheinungsformen der Selbstverwaltung Rechnung tragen (vgl. BVerfGE 59, 216 <226>; 76, 107 <118>; 79, 127 <146>; stRspr) und ihnen bei der Ausgestaltung ihrer internen Organisation eine hinreichende (Mit-)Verantwortung für die organisatorische Bewältigung ihrer Aufgaben lassen. Seine Vorgaben dürfen die Gemeinden aus dieser Verantwortung nicht verdrängen. Daraus folgt nicht nur, dass den Gemeinden insgesamt nennenswerte organisatorische Befugnisse verbleiben müssen, sondern auch, dass ihnen ein hinreichender organisatorischer Spielraum bei der Wahrnehmung der jeweiligen Aufgabenbereiche offengehalten wird. Unterschiede zwischen Selbstverwaltungsaufgaben und Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises mögen dabei eine Rolle spielen; in keinem Fall darf jedoch ausgeschlossen werden, dass die Gemeinden im Bereich ihrer inneren Organisation individuell auf die besonderen Anforderungen vor Ort durch eigene organisatorische Maßnahmen reagieren können (vgl. BVerfGE 79, 127 <147>; 91, 228 <239 f.>). Die Organisation einer Kommune erschließt sich so erst aus dem Ineinandergreifen von staatlichen Vorgaben und eigenverantwortlichen kommunalen Organisationsentscheidungen.

120

4. Art. 91e Abs. 3 GG enthält einen umfassenden und weit zu verstehenden Gesetzgebungsauftrag zugunsten des Bundes. Der Bund verfügt insoweit über die Gesetzgebungskompetenz, die mit der Zulassung als kommunaler Träger zusammenhängenden Rechtsverhältnisse zu regeln (a). Für die Abgrenzung dieser Gesetzgebungskompetenz gelten die allgemeinen Grundsätze (b).

121

a) Nach Art. 91e Abs. 3 GG regelt "das Nähere" ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Vorschrift weist dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu und enthält zugleich einen Gesetzgebungsauftrag (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 11). Dieser ist bewusst weit gefasst und soll dem Bundesgesetzgeber bei der organisatorischen Ausgestaltung der Grundsicherung für Arbeitsuchende einen großen Spielraum eröffnen (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ).

122

Der Stellung von Art. 91e GG im Gemeinschaftsaufgaben und Verwaltungszusammenarbeit gewidmeten VIIIa. Abschnitt des Grundgesetzes lässt sich entnehmen, dass Art. 91e Abs. 3 GG den Bundesgesetzgeber ermächtigt, Art und Weise des Vollzugs der in materiell-rechtlicher Hinsicht unter die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG fallenden Grundsicherung für Arbeitsuchende zu regeln. Das gilt sowohl für das Zusammenwirken von Bund und Ländern als auch für das von Bund und Gemeinden und Gemeindeverbänden. Es gilt für die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen (Art. 91e Abs. 1 GG) und für die Festlegung der Anzahl der Optionskommunen, die Kriterien für ihre Zulassung, das von ihnen durchzuführende Antragsverfahren und - im Falle der Zulassung - die Kostentragung (Art. 91e Abs. 2 GG). In der Begründung zu Art. 91e GG heißt es mit Blick auf Absatz 2, dass das Bundesgesetz "unter anderem Regelungen zur Festlegung der Anzahl der Optionskommunen, zu den Kriterien für die Zulassung von Optionskommunen, […] und zu Kostentragung, Aufsicht, […] Finanzkontrolle, Rechnungsprüfung […] treffen" werde, wobei "die Aufzählung nicht abschließend" sei. Bei der Wahrnehmung dieses Auftrags habe der Gesetzgeber zudem zu berücksichtigen, dass im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende eine Mischverwaltung als Regelfall und die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Kommunen als Ausnahmefall vorgesehen sei (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5).

123

b) Aus dem Hinweis der Gesetzesbegründung auf die "zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes" folgt hingegen, dass die Regelungen des Grundgesetzes im Übrigen zu beachten sind. Namentlich will Art. 91e Abs. 3 GG nichts an der Verteilung der Sachgesetzgebungszuständigkeiten durch die Art. 70 ff. GG ändern. Für die Abgrenzung gelten die allgemeinen Regelungen. Besteht eine sachliche Verknüpfung eines Regelungsgegenstands mit den Materien verschiedener Gesetzgebungszuständigkeiten, so ist zunächst auf die wesensmäßige und historische Zugehörigkeit zu einem dieser Sachgebiete abzustellen (vgl. BVerfGE 7, 29 <40>; 36, 193 <203>). Teilregelungen eines umfassenden Regelungskomplexes dürfen dabei nicht aus ihrem Regelungszusammenhang gelöst und isoliert betrachtet werden. Kommt die Zuordnung einer solchen Regelung zu verschiedenen Kompetenzbereichen in Betracht, so ist aus dem Regelungszusammenhang zu erschließen, wo sie ihren Schwerpunkt hat. Dabei fällt insbesondere ins Gewicht, wie eng die fragliche Teilregelung mit dem Gegenstand der Gesamtregelung verbunden ist. Eine enge Verzahnung und ein geringer eigenständiger Regelungsgehalt der Teilregelung sprechen regelmäßig für eine Zuordnung zum Kompetenzbereich der Gesamtregelung (vgl. BVerfGE 97, 228 <251 f.>).

II.

124

Nach diesen Maßstäben ist die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II begründet (1.). Soweit sich die Verfassungsbeschwerden der Beschwerdeführer zu 2. bis 15. gegen § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II (2.) und des Beschwerdeführers zu 16. gegen § 6b Abs. 4 SGB II richten (3.), sind sie unbegründet.

125

1. Die Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers zu 1. gegen § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist begründet. Die Rüge, das angegriffene Gesetz verstoße gegen die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 GG), kann das Bundesverfassungsgericht im Rahmen der Kommunalverfassungsbeschwerde prüfen (a). § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II greift in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung ein (b). Der Sache nach stellt er eine Regelung des Kommunalverfassungsrechts dar, für das ausschließlich die Länder zuständig sind (c).

126

a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts folgt die Kommunalverfassungsbeschwerde des Art. 93 Abs. 1 Nr. 4b GG, § 91 BVerfGG, auch wenn sie ausschließlich gegen Rechtsnormen gerichtet werden kann, nicht den Regeln der abstrakten Normenkontrolle. Gemeinden und Gemeindeverbände können sich im Rahmen dieses Verfahrens deshalb nur eingeschränkt darauf berufen, dass eine gesetzliche Regelung - über Art. 28 Abs. 2 GG hinaus - auch sonstiges Verfassungsrecht verletzt. Namentlich ist das Bundesverfassungsgericht nicht befugt, im Gefolge einer zulässigen Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG die Begründetheitsprüfung beliebig auf andere Verfassungsbestimmungen auszuweiten (vgl. BVerfGE 119, 331 <356>).

127

Mit der Kommunalverfassungsbeschwerde gemäß § 91 BVerfGG gerügt werden kann jedoch, dass das angegriffene Gesetz unter Verstoß gegen die grundgesetzliche Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen zustande gekommen ist, weil die Art. 70 ff. GG ihrem Inhalt nach geeignet sind, das verfassungsrechtliche Bild der Selbstverwaltung mitzubestimmen. Nach Art. 70 GG gehören Gemeindeangelegenheiten grundsätzlich zur Gesetzgebungsbefugnis der Länder. Eingriffe des Bundesgesetzgebers in das kommunale Selbstverwaltungsrecht sind hiernach grundsätzlich ausgeschlossen, soweit nicht die Verfassung besondere Kompetenznormen bereithält, die den Bund auch zu einer Einschränkung der gemeindlichen Selbstverwaltung berechtigen (vgl. BVerfGE 1, 167 <176>; 56, 298 <310>). Das hat der verfassungsändernde Gesetzgeber nicht zuletzt durch die Aufnahme der Art. 84 Abs. 1 Satz 7 und Art. 85 Abs. 1 Satz 2 in das Grundgesetz unterstrichen.

128

b) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II beschränkt die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung. Er verkürzt die von Art. 28 Abs. 2 GG gewährleistete Organisationshoheit der Gemeinden in ihrer konkreten gesetzlichen Ausgestaltung hinsichtlich der Art und Weise ihrer Willensbildung.

129

Die durch Art. 28 Abs. 2 GG verbürgte Organisationshoheit gestattet es den Kommunen, über ihre interne Organisation und Willensbildung grundsätzlich selbst zu entscheiden. Sie umfasst das Recht zur eigenverantwortlichen Führung der Geschäfte und gewährleistet insoweit eine grundsätzliche Freiheit von staatlicher Reglementierung in Bezug auf die Art und Weise der Aufgabenerledigung (vgl. BVerfGE 119, 331 <362>). Art. 28 Abs. 2 GG verbürgt auch die Befugnis der Gemeinden und Gemeindeverbände, über "Ob", "Wann" und "Wie" bei der Wahrnehmung der ihnen zugewiesenen Aufgaben im Rahmen der Gesetze grundsätzlich eigenverantwortlich zu entscheiden. Ändert der Gesetzgeber daher die Vorgaben für die interne Organisation und Willensbildung von Gemeinden und Gemeindeverbänden, greift er damit zugleich in die konkrete Ausgestaltung der verfassungsrechtlich geschützten Organisationshoheit ein.

130

Dies ist bei § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II der Fall. Er bestimmt, dass der Antrag auf Zulassung als Optionskommune unter anderem einer Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder in der zuständigen Vertretungskörperschaft bedarf. Damit erschwert er, verglichen mit den allgemeinen Regelungen des Kommunalrechts (vgl. Art. 45 Abs. 1 BayLKrO; Art. 51 Abs. 1 BayGO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO), die Willensbildung in den Stadträten und Kreistagen und greift damit in die de lege lata bestehende Ausgestaltung der kommunalen Organisationshoheit ein. Die Vorschrift knüpft die Realisierung der vom Gesetzgeber eingeräumten Chance, die Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende allein zu erbringen, an zusätzliche Hürden. Im Fall des Beschwerdeführers zu 1. käme, obwohl sich eine Mehrheit des Kreistages - 36 von 60 Mitgliedern - für den Antrag auf Zulassung als Optionskommune ausgesprochen hatte, eine Realisierung der gesetzlich eröffneten Chance schon deshalb nicht mehr in Betracht.

131

c) § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist der Sache nach eine Regelung des Kommunalverfassungsrechts. Dieses fällt als Teil des Kommunalrechts in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (aa). Etwas anderes folgt weder aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (bb) noch aus Art. 91e Abs.3 GG (cc) oder aus einer Kompetenz kraft Sachzusammenhangs (dd).

132

aa) Das Grundgesetz weist die Gesetzgebungszuständigkeit für das Kommunalrecht nicht dem Bund zu, sondern belässt sie bei den Ländern (vgl. BVerfGE 22, 180 <210>; 77, 288 <299>; vgl. auch BVerfGE 1, 167 <176>; 26, 172 <181>; 48, 64 <83>; 56, 298 <310>; 57, 43 <59>; 58, 177 <191 f.>). Das Kommunalrecht in diesem Sinne umfasst die Summe der Rechtssätze, die sich mit der Rechtsstellung, der Organisation, den Aufgaben sowie den Handlungsformen der kommunalen Körperschaften befassen. Darunter fällt auch das Gemeindeverfassungsrecht (vgl. Uhle, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 70 Rn. 104 ) und insbesondere die Art und Weise der kommunalen Willensbildung (vgl. Burgi, Kommunalrecht, 4. Aufl. 2012, § 1 Rn. 10).

133

§ 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II ist eine Regelung des Kommunalrechts. Er regelt das Zustandekommen von Beschlüssen in Stadträten und Kreistagen und betrifft damit die interne Willensbildung in den Kommunen, die Verwirklichung des Mehrheitsprinzips und der Demokratie auf kommunaler Ebene (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG) und in gewissem Umfang auch die funktionale Zuständigkeitsverteilung zwischen den Organen der in Rede stehenden Kommune. Die interne Willensbildung in den Kommunen und das Zusammenwirken zwischen den unterschiedlichen Organen der Kommune wird in allen Ländern in den jeweiligen Kommunalordnungen geregelt (vgl. Art. 51 Abs. 1 BayGO, Art. 45 Abs. 1 BayLKrO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO) und ist ein wesentlicher Teil des Kommunal(verfassungs)rechts. Dieses bestimmt, wie die Willensbildung innerhalb einer Kommune abzulaufen hat und wie die Gewichtsverteilung zwischen Bürgermeister und Gemeinderat beziehungsweise Landrat und Kreistag auszugestalten ist. Wäre dies anders, könnte der Bund in allen Bereichen, in denen er eine Gesetzgebungskompetenz besitzt, auch Vorgaben über die Beschlussfähigkeit der kommunalen Vertretungskörperschaften, die Form der Beschlussfassung oder den Ablauf der Sitzungen treffen. Die den Ländern zustehende Gesetzgebungskompetenz für das Kommunalrecht liefe damit leer.

134

bb) Die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für "die öffentliche Fürsorge" aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG vermag die angegriffene Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht zu stützen.

135

(1) Zwar ist der Begriff der "öffentlichen Fürsorge" im Sinne des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht eng auszulegen (vgl. BVerfGE 88, 203 <329 f.>; 97, 332 <341>). Zu dieser Materie gehören nicht nur Bestimmungen darüber, was die Träger der Fürsorge an materiellen Fürsorgeleistungen zu erbringen haben und auf welche Weise dies geschehen soll. Der Regelungsbereich des Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG umfasst auch organisatorische Vorschriften über die Abgrenzung öffentlicher und privater Träger (vgl. BVerfGE 22, 180 <203>; 106, 62 <133 f.>).

136

Bei der Bestimmung der Reichweite der aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG folgenden Gesetzgebungskompetenz ist jedoch Zurückhaltung geboten, wenn mit ihr Regelungen gerechtfertigt werden sollen, von denen nach dem Grundgedanken der Art. 70 ff. GG anzunehmen ist, dass der Regelungsgegenstand im Wesentlichen oder weitgehend in der Kompetenz der Länder verbleiben soll. Das gilt insbesondere mit Blick auf das Kommunalrecht, das nicht nur zum "Hausgut" jener Zuständigkeiten zählen dürfte, das die Organisationshoheit der Länder prägt und den Ländern daher unentziehbar verbleiben muss, sondern das der verfassungsändernde Gesetzgeber im Jahre 2006 auch noch mit einem generellen Durchgriffsverbot gegen Zugriffe des Bundes abgesichert hat (Art. 84 Abs. 1 Satz 7, Art. 85 Abs. 1 Satz 2 GG). Damit hat er auch punktuelle Übergriffe des Bundes, wie sie aufgrund seiner Zuständigkeiten zur Regelung des Verwaltungsvollzugs nach der alten Rechtslage möglich waren (vgl. BVerfGE 22, 180 <209 f.>; 77, 288 <299>), ausgeschlossen. Im Hinblick auf organisationsrechtliche Regelungen ist zudem zu bedenken, dass die Verfassung zwischen der materiellen Gesetzgebungskompetenz in Art. 70 ff. GG und der Regelung von Behördenorganisation und Verwaltungsverfahren in Art. 83 ff. GG unterscheidet und dies nicht durch eine extensive Interpretation von dem Vollzug dienenden Vorschriften wie Art. 91e GG unterlaufen werden darf.

137

(2) Hieran gemessen kann § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden. Das Erfordernis einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in der zuständigen Vertretungskörperschaft der Kommune regelt keine rein organisatorische Frage bei der Erbringung sozialrechtlicher Leistungen, sondern die Art und Weise der Willensbildung auf kommunaler Ebene (). Gegen die Annahme, die Regelung könne auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, spricht zudem die Existenz des Art. 91e GG selbst ().

138

(a) Das Erfordernis einer Mehrheit von zwei Dritteln der Stimmen in der zuständigen Vertretungskörperschaft der Kommune regelt die Art und Weise der Willensbildung auf kommunaler Ebene. Mit der qualifizierten Mehrheit des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II statuiert der Gesetzgeber verfahrensrechtliche Anforderungen an die Willensbildung der Kommunen, also die Voraussetzungen, unter denen sie zu einer rechtlich relevanten Willensbildung in der Lage sind. Nach der Auffassung des Gesetzgebers soll mit § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II "eine sorgfältige und ausführliche politische Meinungsbildung" sichergestellt werden, welche die Gewähr für "eine langfristig angelegte, umfassend aktiv unterstützte und nachhaltige Aufgabenwahrnehmung" bietet. Dies stelle sicher, dass für die alleinige Wahrnehmung der Aufgaben ein hoher Grad an Akzeptanz vorhanden und die für eine nachhaltige Aufgabenwahrnehmung unabdingbare Kontinuität der Verwaltungsstrukturen gewährleistet sei (vgl. BTDrucks 17/1555, S. 18). Wäre § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II gültig, verdrängte er in seinem Anwendungsbereich die kommunalrechtlichen Regelungen über Form und Verfahren der Beschlussfassung in den Gemeinderäten und Kreistagen und würde sie - da er denselben Gegenstand mit unterschiedlichen Rechtsfolgen regelt - nach Art. 31 GG brechen. Denn er weist denselben Regelungsgegenstand auf wie etwa Art. 51 Abs. 1 BayGO, Art. 45 Abs. 1 BayLKrO, § 50 Abs. 1 GO-NW, § 35 KrO-NW, § 37 Abs. 6 GemOBW, § 32 Abs. 6 LKrOBW, § 39 Abs. 1 ThürKO, § 112 ThürKO und vergleichbare Bestimmungen, an deren kompetenzrechtlicher Zulässigkeit keine Zweifel bestehen. Ist die Festlegung der Mehrheitserfordernisse in den kommunalen Repräsentativkörperschaften aber eine Regelung des Kommunalrechts, dann kann sie nach der Systematik der Art. 70 und Art. 72 Abs. 1 GG nicht zugleich eine solche des Sozialrechts sein.

139

Dem steht auch die Rechtsprechung des Senats zur grundsätzlich weiten Interpretation von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG (vgl. BVerfGE 22, 180 <212 f.>; 106, 62 <133 f.>) nicht entgegen. Die dort entschiedenen Fälle betrafen die Regelung des Zusammenwirkens und Nebeneinanders von öffentlicher Hand und Privaten und damit Rechte und Pflichten in einem fürsorgerechtlichen Rechtsverhältnis. § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II betrifft dagegen nicht das Rechtsverhältnis, in dem das Zusammenwirken von Bund und Gemeinden oder Gemeindeverbänden bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende näher ausgestaltet wird und Antragserfordernisse, Formvorschriften oder Mitwirkungshandlungen statuiert werden. Er regelt vielmehr, nach welchen Regeln die interne Willensbildung bei einem der Beteiligten im Vorfeld des Zusammenwirkens mit Bund und Ländern zu erfolgen hat. Das Rechtsverhältnis zwischen Kommune und Bund, das insoweit allein möglicher Anknüpfungspunkt für eine Regelung auf der Grundlage von Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG sein könnte, ist somit nicht Regelungsgegenstand der Norm, mag diese auch reflexartige Rückwirkungen auf die Interessen des Bundes haben, indem sie dazu beitragen kann, die Anzahl der antragstellenden Kommunen zu begrenzen und das Risiko zu reduzieren, dass sich einmal zugelassene Optionskommunen aus der Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach § 6a Abs. 7 SGB II wieder zurückziehen.

140

(b) Gegen die Annahme, die organisatorische beziehungsweise verfahrensrechtliche Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 GG könne auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG gestützt werden, spricht zudem die Stellung des Art. 91e GG im VIIIa. Abschnitt des Grundgesetzes. Die Regelungen über die gemeinsamen Einrichtungen und die Optionskommunen wurden nach längerer Debatte (vgl. Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein/Hofmann/Hopfauf, GG, 12. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 16) an dieser Stelle eingefügt, weil es auch nach Auffassung des verfassungsändernden Gesetzgebers um eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot der Mischverwaltung ging, also um den Vollzug des Zweiten Buches des Sozialgesetzbuches und damit zusammenhängende Fragen der Einrichtung der Behörden und des Verwaltungsverfahrens. Dies unterstreicht die Systematik des Grundgesetzes, nach der die Einrichtung der Behörden und das Verwaltungsverfahren gerade keine Frage der Sachgesetzgebungskompetenzen sind und schließt es aus, für eine den Vollzug des materiellen Sozialrechts betreffende Regelung auf Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG zurückzugreifen.

141

cc) Eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes ergibt sich auch nicht aus Art. 91e Abs. 3 GG. Auf dieser Grundlage kann der Gesetzgeber zwar die Voraussetzungen für die Zulassung von Gemeinden und Gemeindeverbänden als Optionskommunen regeln, insbesondere deren Anzahl sowie Kriterien für die Zulassung festlegen. Auf die Art und Weise der internen Willensbildung der Kommunen erstreckt sich seine Regelungskompetenz jedoch nicht.

142

(1) Nach Art. 91e Abs. 3 GG regelt das Nähere über das Zusammenwirken von Bund und Ländern oder der nach Landesrecht zuständigen Gemeinden und Gemeindeverbände bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Die Vorschrift weist dem Bund eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zu und enthält zugleich einen Gesetzgebungsauftrag, der bewusst weit gefasst wurde und dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung einen großen Spielraum lassen soll (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ). In der Sache bezieht er sich, wie dargelegt, auf die nähere Ausgestaltung der gemeinsamen Einrichtungen (Art. 91e Abs. 1 GG), die Anzahl möglicher Optionskommunen, das von ihnen zu durchlaufende Verfahren und - im Falle der Zulassung - die Kostentragung für die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG).

143

(2) Auch wenn diese Aufzählung nicht abschließend ist, kann § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht auf Art. 91e Abs. 3 GG gestützt werden. Weder kann das Erfordernis einer Zweidrittelmehrheit in der zuständigen Repräsentativkörperschaft als Zulassungskriterium angesehen werden noch darf der Gesetzgeber über den Regelungsgehalt von Art. 91e Abs. 1 und 2 GG hinausgehen.

144

In der Begründung zu Art. 91e GG hat der verfassungsändernde Gesetzgeber unter anderem betont, dass sich der Gesetzgeber "an die zwingenden Vorgaben des Grundgesetzes zu halten" habe (BTDrucks 17/1554, S. 5) und damit deutlich gemacht, dass Art. 91e GG nichts an der in Art. 70 ff. und 109 GG niedergelegten Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern ändern will. Art. 91e Abs. 3 GG erlaubt vor diesem Hintergrund zwar den Erlass von Vorschriften "zur Festlegung der Anzahl der Optionskommunen" und "zu den Kriterien für die Zulassung von Optionskommunen". Insoweit sind Regelungen über das Erfordernis einer Antragstellung durch die kommunalen Träger und das verfahrensmäßige Zusammenwirken der Kommunen mit anderen Verwaltungsträgern - ähnlich wie bei dem auf Art. 84 Abs. 1 GG gestützten Erfordernis des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB - Teil der auf die Vollziehung der Verwaltungsaufgabe gerichteten Regelung und gestalten die Rechtsverhältnisse zwischen dem Bund und der Kommune beziehungsweise dem Land und der Kommune näher aus. Der Regelungsgehalt von § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II betrifft dagegen nicht die Rechtsverhältnisse zwischen der antragstellenden Kommune und dem Bund oder dem Land, sondern die interne Organisation der Kommunen. Mit dem Erfordernis der Zwei-Drittel-Mehrheit in den zuständigen Vertretungskörperschaften regelt er die Modalitäten ihrer Beschlussfassung und modifiziert damit nicht nur die Anforderungen an die demokratische Willensbildung in den Kommunen, sondern auch die funktionale Zuständigkeitsverteilung zwischen ihren Organen. Als in der Sache kommunalrechtliche Vorschrift ist § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II nicht von Art. 91e Abs. 3 GG gedeckt.

145

dd) Dem Bund steht schließlich auch keine Gesetzgebungskompetenz kraft Sachzusammenhangs zu. Eine Kompetenz kraft Sachzusammenhangs ist von vornherein nur dann anzuerkennen, wenn eine Materie verständiger Weise nicht geregelt werden kann, ohne dass zugleich eine dem Bund nicht ausdrücklich zugewiesene andere Materie mitgeregelt wird, wenn also das Übergreifen in die Gesetzgebungskompetenz der Länder unerlässliche Voraussetzung für die Regelung der in Rede stehenden Materie ist (vgl. BVerfGE 3, 407 <421>; 8, 143 <149>; 12, 205 <237>; 15, 1 <20>; 26, 246 <256>; 26, 281 <300>; 97, 228 <251>; 98, 265 <299>; 106, 62 <114 f.>; stRspr). Die umfassende Regelung eines den Ländern vorbehaltenen Bereichs ist dem Bund in keinem Fall eröffnet (vgl. BVerfGE 61, 149 <205>; 98, 265 <299>; 106, 62 <115>).

146

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Es liegt schon fern, dass eine Frage der internen Willensbildung der kommunalen Repräsentativkörperschaften eine zentrale Bedeutung für die Aufgabenerledigung durch sogenannte Optionskommunen haben sollte. Mag das Antragserfordernis sicherstellen, dass die Kommune die Aufgabe aus eigenem Antrieb übernimmt, und dazu beitragen, dass sie sich an diesem rechtserheblichen Schritt festhalten lassen muss, so ist die Frage, auf welche Weise die dem Antrag zugrunde liegenden Beschlüsse zustande kommen, für die Aufgabenwahrnehmung nachrangig und für die organisatorische Ausgestaltung insgesamt unbedeutend. Schon der Blick auf die Rechtslage vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Weiterentwicklung der Organisation der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 3. August 2010 zeigt, dass die Regelung des § 6a Abs. 2 Satz 3 SGB II keineswegs unerlässlich ist, um eine Behördenstruktur zu schaffen, die die Aufgabe der Grundsicherung für Arbeitsuchende der Zielsetzung des Gesetzgebers entsprechend erfüllen kann (ebenso Luthe, in: Hauck/Noftz/Voelzke, SGB II, § 6a Rn. 11 ; ders., ZfF 2011, S. 1 <3>). Nach § 6a Abs. 2 Satz 1 SGB II a.F. wurden kommunale Träger auf Antrag vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit als Träger im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 durch Rechtsverordnung zugelassen, wenn sie sich zur Schaffung einer besonderen Einrichtung nach § 6a Abs. 6 SGB II a.F. und zur Mitwirkung an der Wirkungsforschung nach § 6c SGB II<2004> verpflichtet hatten. Weitergehende Anforderungen wurden zum damaligen Zeitpunkt als nicht erforderlich angesehen. Vollzugsprobleme haben sich daraus nicht ergeben. Wie die mündliche Verhandlung gezeigt hat, ist es auch nicht zu einem nennenswerten Rückzug von Optionskommunen gekommen.

147

d) § 6a Abs. 2 Satz 3 1.Halbsatz SGB II verletzt danach Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG in Verbindung mit Art. 70 GG. Im Hinblick auf einen geordneten Gesetzesvollzug im Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende ist § 6a Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz SGB II für unvereinbar mit dem Grundgesetz zu erklären. Die Vorschrift gilt für bestehende Zulassungen fort (vgl. BVerfGE 103, 1 <1, 19 f.>). Sie darf in neuen Zulassungsverfahren nach § 6a SGB II nicht mehr angewandt werden. Die bisher ergangenen Zulassungsentscheidungen bleiben unberührt. Das gilt insbesondere für die Zweite Verordnung zur Änderung der Kommunalträger-Zulassungsverordnung vom 14. April 2011 (BGBl I S. 645).

148

aa) Verstößt eine Norm gegen das Grundgesetz, führt dies in der Regel zur Nichtigkeit der angegriffenen Vorschrift. Die bloße Unvereinbarkeitserklärung, verbunden mit der Anordnung einer teilweisen Fortgeltung der verfassungswidrigen Regelung kommt statt der gesetzlich vorgesehenen Nichtigkeit als Rechtsfolge dann in Betracht, wenn es aus verfassungsrechtlichen Gründen unabdingbar ist, eine verfassungswidrige Vorschrift für eine Übergangszeit fortbestehen zu lassen, damit in dieser Zeit nicht ein Zustand besteht, der von der verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt ist als der bisherige (vgl. BVerfGE 119, 331 <382 f.> m.w.N.). Neben den Grundrechten (vgl. BVerfGE 83, 130 <154>; 92, 158 <186>) werden vor allem das Rechts- und das Sozialstaatsprinzip (vgl. BVerfGE 37, 217 <261>; 73, 40 <101 f.>; 119, 331 <383 f.>) als verfassungsrechtliche Gründe anerkannt, welche die befristete Weitergeltung einer nicht verfassungskonformen Regelung rechtfertigen können. Das kommt insbesondere dann in Betracht, wenn mit der Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung ein rechtliches Vakuum aufträte und sowohl bei den Behörden als auch bei den Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entstünde (vgl. BVerfGE 37, 217 <261>; 73, 40 <102>; 92, 53 <74>). Die Feststellung der Unvereinbarkeit einer Rechtslage mit dem Grundgesetz darf auch nicht dazu führen, dass der Verwaltung zeitweilig die Erfüllung verfassungsrechtlicher Pflichtaufgaben mangels hinreichender gesetzlicher Grundlage unmöglich gemacht wird (vgl. BVerfGE 83, 130 <152 ff.>; auch 51, 268 <290 f.>).

149

bb) Danach ist § 6a Abs. 2 Satz 3 1. Halbsatz SGB II lediglich für mit der Verfassung unvereinbar zu erklären, um zu verhindern, dass durch die Nichtigerklärung der angegriffenen Regelung bei den betroffenen Behörden und Rechtsunterworfenen Unsicherheit über die Rechtslage entsteht, und um eine wirkungsvolle, durch das Sozialstaatsprinzip gebotene Aufgabenwahrnehmung zu ermöglichen. Die durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende gewährten Leistungen decken weite Bereiche der Sozialleistungen des Staates ab. Bei einer Nichtigerklärung könnten die Aufgaben ab sofort nicht mehr einheitlich durch alle zugelassenen Optionskommunen wahrgenommen werden. Hiervon wären eine hohe Zahl von Leistungsempfängern und die Mitarbeiter der Kommunen betroffen. Ohne die Aufrechterhaltung der Regelung für die Vergangenheit ist es nicht möglich, eine geordnete Sozialverwaltung sicherzustellen (vgl. BVerfGE 119, 331 <383>).

150

Als Folge der Übergangsregelung kann auch der Beschwerdeführer zu 1. derzeit nicht als Optionskommune zugelassen werden. Er wird einen neuen Antrag stellen müssen (vgl. BVerfGE 103, 1 <20>).

151

2. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden unbegründet. Gegen die Vorschrift des § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Regelung ist formell verfassungsgemäß (a). Mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II füllt der Bundesgesetzgeber in nicht zu beanstandender Weise den ihm eingeräumten Gestaltungsauftrag aus (b). Die Festlegung der Anzahl möglicher kommunaler Träger auf 25 Prozent der zum 31. Dezember 2010 bestehenden Aufgabenträger verstößt auch nicht gegen Art. 28 Abs. 2 GG (c). Der Gesetzgeber hat das Verteilungsverfahren schließlich hinreichend bestimmt ausgestaltet; die Verordnungsermächtigung des § 6a Abs. 3 SGB II ist insoweit nicht zu beanstanden (d).

152

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II ergibt sich aus Art. 91e Abs. 3 GG. Danach regelt das Nähere im Hinblick auf Organisation und Verfahren bei der Erledigung der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf. Zum "Näheren" gehört neben Regelungen über die Ausgestaltung des Zulassungs- und Verteilungsverfahrens sowie die Organisation der Aufgabenerfüllung auch die Festlegung der Anzahl zuzulassender Optionskommunen. In der Begründung zu Art. 91e GG ist im Hinblick auf Absatz 2 insoweit ausdrücklich davon die Rede, dass das Bundesgesetz Regelungen über die Festlegung der Anzahl der Optionskommunen treffen werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II hat der Gesetzgeber die Anzahl möglicher Optionskommunen auf 25 Prozent festgelegt und insoweit das Nähere zu Art. 91e Abs. 2 GG geregelt. Dazu ist er durch Art. 91e Abs. 3 GG ermächtigt.

153

b) Art. 91e Abs. 3 GG eröffnet dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum für die Ausgestaltung des Verwaltungsvollzugs in alleiniger Trägerschaft der Kommunen (aa). Dessen Grenzen überschreitet § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II nicht (bb).

154

aa) Indem Art. 91e Abs. 3 GG den Bundesgesetzgeber ermächtigt, "das Nähere" zu regeln, räumt er ihm grundsätzlich einen nicht unerheblichen Spielraum bei der Ausgestaltung des Vollzugs der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in alleiniger Verantwortung der Kommunen ein (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 12; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 39 ). Inhaltlich geben Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG allerdings ein Regel-Ausnahme-Verhältnis vor: Die Aufgabenwahrnehmung in gemeinsamen Einrichtungen soll danach die Regel sein, die alleinige Aufgabenwahrnehmung durch Optionskommunen die Ausnahme. Dies belegen sowohl der Wortlaut des Art. 91e GG (1) als auch seine systematische Stellung und seine Entstehungsgeschichte (2).

155

(1) Bereits dem Wortlaut des Art. 91e GG lässt sich entnehmen, dass das Grundgesetz die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgabe "Grundsicherung für Arbeitsuchende" in gemeinsamen Einrichtungen als Regelfall vorsieht. In diesem Sinne ist in Art. 91e Abs. 2 GG davon die Rede, dass der Bund zulassen "könne", dass eine "begrenzte Anzahl von Gemeinden und Gemeindeverbänden" auf ihren Antrag und mit Zustimmung der obersten Landesbehörde die Aufgaben nach Absatz 1 allein wahrnimmt. Nicht nur die Formulierung "eine begrenzte Anzahl" weist dabei auf ein "Regel-Ausnahme-Verhältnis" (BTDrucks 17/1554, S. 4) hin; auch die ausdrückliche Eröffnung eines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums ("kann zulassen") unterstreicht dies.

156

(2) Art. 91e GG stellt eine allein auf den Vollzug der Verwaltungsaufgabe Grundsicherung für Arbeitsuchende zugeschnittene abschließende Spezialregelung dar. Er wurde bewusst in den Abschnitt VIIIa. "Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit" aufgenommen und ordnet ausweislich des Art. 91e Abs. 1 GG grundsätzlich eine Mischverwaltung als Regelfall an. Soweit Art. 91e Abs. 2 GG in diesem Zusammenhang ausnahmsweise auch einen Vollzug durch Optionskommunen vorsieht, stellt er die Grundentscheidung des Art. 91e Abs. 1 GG für den Vollzugstyp der Mischverwaltung nicht in Frage. Art. 91e Abs. 2 GG ist insoweit - anders als in der Literatur zum Teil angenommen wird (vgl. Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 31 ; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 31 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 48; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 22) - keine Norm, die einen Rückgriff auf die allgemeinen Regelungen über die Landesexekution gemäß Art. 83 f. GG wieder eröffnete (BTDrucks 17/1554, S. 4), sondern eine spezifische Ausnahmevorschrift von einer ihrerseits abschließenden Spezialregelung.

157

bb) Aus dem Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG lässt sich eine konkrete Anzahl möglicher Optionskommunen nicht ableiten (1). Die mit § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II vorgenommene Konkretisierung des von Art. 91e Abs. 1 und Abs. 2 GG vorgegebenen Regel-Ausnahme-Verhältnisses hält sich im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben (2).

158

(1) Der Gesetzgeber ist im Rahmen der Vorgaben des Art. 91e Abs. 3 GG grundsätzlich frei, die Anzahl der möglichen Optionskommunen aufgrund politischer Dezision festzusetzen. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Festlegung auf 25 Prozent sei willkürlich und daher verfassungswidrig (Hermes, in: Dreier, GG, Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 42; Klein, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 91e Rn. 27 ; Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 20), vermag dies nicht zu überzeugen. Zwar hat die Begrenzung auf 25 Prozent in der Tat lediglich in den Gesetzgebungsmaterialien Niederschlag gefunden (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4; 17/2192, S. 2), nicht jedoch im Wortlaut des Art. 91e Abs. 2 GG. Auch lassen sich der Norm über das Regel-Ausnahme-Verhältnis hinaus keine weiteren Kriterien für dessen Konkretisierung entnehmen. Das macht die Bestimmung des Art. 91e Abs. 2 GG jedoch nicht verfassungswidrig, sondern hat lediglich zur Folge, dass der Gesetzgeber im Rahmen der Verfassung und unter Beachtung des Mehrheitsprinzips (Art. 42 Abs. 2 GG) nach seinen politischen Präferenzen über die Konkretisierung des Regel-Ausnahme-Verhältnisses entscheiden kann. Er ist dabei rechtlich auch nicht an im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens getroffene politische Absprachen gebunden. Den auf die Einführung eines 25-Prozent-Quorums zielenden Absichtserklärungen in den Gesetzgebungsmaterialien (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 4) kommt, für sich genommen, insoweit kein verfassungsrechtlicher Gehalt zu.

159

Mit dem Tatbestandsmerkmal der "begrenzten Anzahl" gibt Art. 91e Abs. 2 GG einen deutlichen Anhaltspunkt dafür vor, dass der Gesetzgeber das Regel-Ausnahme-Verhältnis weitgehend frei konkretisieren darf (vgl. Siekmann, in: Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 91e Rn. 20). Da sich das Regel-Ausnahme-Verhältnis bereits aus dem Nebeneinander von Art. 91e Abs. 1 und 2 GG ergibt, wäre die Aufnahme dieses unbestimmten Verfassungsbegriffs nicht erforderlich gewesen. Spezifischen Bedeutungsgehalt erfährt er daher nur, wenn er als die Bekräftigung der Befugnis des Gesetzgebers verstanden wird, die Anzahl der zuzulassenden Optionskommunen weitgehend nach politischen Präferenzen zu bestimmen.

160

(2) Mit der Festlegung auf 25 Prozent hat der Gesetzgeber die bereits im Verfahren zur Einführung von Art. 91e GG avisierte Zielgröße übernommen und den politischen Erwartungen der Beteiligten Rechnung getragen. Dies ist nicht deshalb willkürlich, weil sich aus der Gesetzesbegründung kein weiteres überzeugendes Regelungsmotiv für die Gewichtung ergibt (vgl. Mehde, in: Beck'scher OK-GG, Art. 91e Rn. 26 <1. Juni 2014>).

161

Es ist nicht ersichtlich, dass § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II den von Art. 91e Abs. 2 GG gezogenen Konkretisierungsspielraum überschreitet (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 26, Fn. 102 <32. Erg.-Lfg. VI/11>; Mager, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 91e Rn. 9; Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 6a Rn. 8). Dem Gesetzgeber hätte es zwar frei gestanden, über das 25-Prozent-Quorum hinaus zu gehen (vgl. Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 26 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Verfassungsrechtlich verpflichtet war er dazu jedoch nicht.

162

c) § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II bedarf auch keiner verfassungskonformen Auslegung im Lichte von Art. 28 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GG. Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistet den Gemeinden (aa), Art. 28 Abs. 2 Satz 2 den Gemeindeverbänden (bb) eine unterschiedlich weit reichende und wehrfähige Aufgabenausstattung. Diese wird durch die Kontingentierung der möglichen Optionskommunen nicht berührt (cc).

163

aa) Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert den Gemeinden einen grundsätzlich alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft umfassenden Aufgabenbereich (vgl. BVerfGE 26, 228 <237 f.>; 56, 298 <312>; 59, 216 <226>; 79, 127 <143>). Dazu gehören diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben (vgl. BVerfGE 8, 122 <134>; 50, 195 <201>; 52, 95 <120>; 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>), die also den Gemeindeeinwohnern als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>). Verändert der Gesetzgeber den Aufgabenbestand der Gemeinden, so hat er den Vorrang zu berücksichtigen, den Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG der Gemeindeebene in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft einräumt. Dagegen ist er in seiner Zuordnung weitgehend frei, wenn eine Aufgabe keinen oder keinen relevanten örtlichen Charakter besitzt; sie fällt dann von vornherein nicht in den Gewährleistungsbereich des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 79, 127 <152>; 110, 370 <400>).

164

bb) Den Gemeindeverbänden ist das Recht der Selbstverwaltung nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG dagegen im Hinblick auf ihren Aufgabenbestand nur eingeschränkt gewährleistet. Anders als bei den Gemeinden beschreibt die Verfassung die Aufgaben der Kreise nicht selbst, sondern überantwortet ihre Festlegung dem Gesetzgeber (vgl. BVerfGE 119, 331 <353> m.w.N.). Dessen Gestaltungsspielraum stößt, wie dargelegt, bei der Ausgestaltung des Aufgabenbereichs der Kreise erst dort an Grenzen, wo die verfassungsrechtliche Gewährleistung des Selbstverwaltungsrechts der Kreise entwertet würde. Der Gesetzgeber darf Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG deshalb nicht dadurch unterlaufen, dass er den Kreisen keine Aufgaben zuweist, die in der von der Verfassung selbst gewährten Eigenverantwortlichkeit wahrgenommen werden könnten. Er muss vielmehr einen Mindestbestand an Aufgaben vorsehen, die die Kreise unter Inanspruchnahme der auch ihnen gewährten Eigenverantwortlichkeit erledigen können (vgl. BVerfGE 119, 331 <353>). Ist dies der Fall, so liegt es im (politischen) Ermessen des Gesetzgebers, ob und inwieweit er über den verfassungsrechtlich geforderten Mindestbestand an Aufgaben hinausgeht.

165

cc) Soweit die Beschwerdeführerin zu 2. nicht als Optionskommune anerkannt worden ist, berührt sie dies nicht in ihrer durch Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG geschützten Selbstverwaltungsgarantie. Die Grundsicherung für Arbeitsuchende ist keine Aufgabe der örtlichen Gemeinschaft. Ihre unterlassene Übertragung berührt Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG von vornherein nicht. Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft sind nur diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln, also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und -wohnen der Menschen vor Ort betreffen (vgl. BVerfGE 79, 127 <151 f.>; 83, 363 <384>; 86, 148 <220 f.>; 110, 370 <400>). Fürsorge- und sozialversicherungsrechtliche Aufgaben der Grundsicherung für Arbeitsuchende lassen sich darunter nicht fassen. Die den Optionskommunen zusätzlich zu übertragenden Aufgaben nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II betreffen die Eingliederung in Arbeit, die normalerweise Gegenstand der Arbeitslosenversicherung ist und von der Bundesagentur für Arbeit überregional und im Bundesgebiet einheitlich wahrgenommen wird. Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass Ansprüche auf Sozialhilfe durch die Grundsicherung für Arbeitsuchende abgelöst worden sind, Sozialhilfe jedoch von den kreisfreien Städten und Landkreisen nach Maßgabe der landesrechtlichen Vorschriften in eigener Verantwortung geleistet wird (vgl. § 1 Abs. 1 Hessisches Ausführungsgesetz zum Zwölften Buch Sozialgesetzbuch; § 1 Satz 1 Niedersächsisches Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buchs des Sozialgesetzbuchs; § 1 Ausführungsgesetz zum Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) - Sozialhilfe - für das Land Nordrhein-Westfalen; § 1 Thüringer Gesetz zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch). Dass diese Gebietskörperschaften seit Jahrzehnten örtliche Träger der Sozialhilfe sind, macht die Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht zu einer Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft (vgl. Volkmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 91e Rn. 10). Der Schutzbereich des Art 28 Abs. 2 Satz 1 GG ist insoweit nicht eröffnet (vgl. Rixen/Weißenberger, in: Eicher, SGB II, 3. Aufl. 2013, § 6a Rn. 8; vgl. auch Dyllick/Lörincz/Neubauer, NJ 2011, S. 15 <20>).

166

Vor diesem Hintergrund ist auch die Selbstverwaltungsgarantie der Beschwerdeführer zu 3. bis 15. aus Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG nicht verletzt. Da das Recht der Selbstverwaltung den Gemeindeverbänden von vornherein nur nach Maßgabe der Gesetze eingeräumt ist, obliegt es grundsätzlich auch dem Gesetzgeber, die Aufgaben der Gemeindeverbände festzulegen. Der ihm dabei zukommende Spielraum stößt erst dort an Grenzen, wo durch die Zuweisung neuer Aufgaben, deren Entzug oder Nichtzuweisung die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Selbstverwaltung entleert würde (vgl. BVerfGE 119, 331 <352 ff.>). Die Beschwerdeführer zu 3. bis 15. waren bislang nicht als kommunale Träger zugelassen und haben ihre Zulassung als Optionskommune erstmals beantragt. Ihre Nichtzulassung stellt sich somit weder als Aufgabenentzug noch als eine Änderung ihres bisherigen Aufgabenbestandes dar, die an Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG zu messen wäre. Die Beschwerdeführer begehren vielmehr die Zuweisung einer neuen Aufgabe. Dies könnten sie unter Berufung auf die Selbstverwaltungsgarantie nur verlangen, wenn ohne eine Zuständigkeit für die Grundsicherung für Arbeitsuchende die ihnen zukommende Selbstverwaltungsgarantie in ihrem Kern entwertet wäre. Das ist offensichtlich nicht der Fall.

167

d) Eröffnet der Gesetzgeber den Kommunen die Chance auf eine bestimmte Aufgabenzuständigkeit, so muss er allerdings ein Verfahren vorsehen, das eine transparente und nachvollziehbare Verteilungs- und Zulassungsentscheidung sicherstellt (aa). Der Gesetzgeber musste dieses Verteilungsverfahren nicht im Einzelnen ausgestalten, sondern konnte dies auch dem Verordnungsgeber überlassen. § 6a Abs. 3 SGB II ist insoweit eine ausreichende Rechtsgrundlage (bb). Ob die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende (KtEfV) diesen Anforderungen genügt, bedarf im vorliegenden Verfahren keiner Entscheidung (cc).

168

aa) Angesichts der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Kontingentierung der Anzahl der Optionskommunen durch § 6a Abs. 2 Satz 4 SGB II muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass die Verteilung der Zulassungen willkürfrei, transparent und nachvollziehbar bewältigt wird und dem Gebot interkommunaler Gleichbehandlung entspricht (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 47; Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 28 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Dieser aus der Grundrechtsdogmatik entlehnte Gedanke eines Rechtsgüterschutzes durch Verfahren gilt mit Blick auf Art. 28 Abs. 2 GG auch im vorliegenden Zusammenhang.

169

bb) Der Gesetzgeber muss das Verteilungsverfahren allerdings nicht im Einzelnen selbst ausgestalten, sondern kann dies auch dem Verordnungsgeber überlassen. Allerdings muss er die wesentlichen Grundzüge des Verfahrens im Sinne von Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG selbst regeln.

170

Anders als in der Vorgängerregelung des § 6a Abs. 3 bis 6 SGB II in der Fassung des Kommunalen Optionsgesetzes vom 30. Juli 2004 hat sich der Gesetzgeber für die (weitere) Zulassung von Optionskommunen auf die Normierung einer Verordnungsermächtigung in § 6a Abs. 3 SGB II beschränkt, die ein willkürfreies, transparentes und nachvollziebares Verteilungsverfahren jedenfalls in den Grundzügen vorstrukturiert und die Regelung der Einzelheiten dem Verordnungsgeber überlässt (vgl. Engels, in: Berliner Kommentar zum GG, Art. 91e Rn. 28 <32. Erg.-Lfg. VI/11>). Hiergegen ist verfassungsrechtlich nichts zu erinnern.

171

§ 6a Abs. 3 SGB II ermächtigt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, die Voraussetzungen der Eignung nach § 6a Abs. 2 Nr. 1 SGB II und deren Feststellung sowie die Verteilung der Zulassungen nach § 6a Abs. 2 und Abs. 4 SGB II auf die Länder durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln. Damit hat der Gesetzgeber festgelegt, dass der Zulassung von Optionskommunen eine Eignungsprüfung und -feststellung sowie ein Verteilungsverfahren voranzugehen haben, das an der bestmöglichen Erfüllung der Verwaltungsaufgabe auszurichten ist. Das genügt den Anforderungen des Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG, der nicht verlangt, dass eine Verordnungsermächtigung so bestimmt wie irgend möglich ist, sondern eine hinreichende Bestimmtheit ausreichen lässt (vgl. BVerfGE 8, 274 <312>; 26, 228 <241>; 55, 207 <226>; 58, 257 <277>; 62, 203 <210>; 123, 39 <78>). Vor diesem Hintergrund reicht es, wenn sich - wie hier - das Ausmaß der Ermächtigung mit hinreichender Deutlichkeit aus dem begrenzten Zweck der Ermächtigung ergibt (vgl. BVerfGE 4, 7 <22>; 20, 296 <306>; 28, 66 <86>; 35, 179 <183>; 38, 61 <84>).

172

cc) Ob das Verteilungsverfahren, das die Verordnung über das Verfahren zur Feststellung der Eignung als zugelassener kommunaler Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende näher ausgestaltet, selbst den Anforderungen an ein willkürfreies, transparentes und nachvollziehbares Zulassungsverfahren genügt (vgl. Hermes, in: Dreier, GG, 2. Aufl. Supplementum 2010, Art. 91e Rn. 47 Fn. 149), und ob es insbesondere nicht bundesrechtlicher Regelungen über die Verteilung der möglichen Optionskommunen auf die Länderkontingente bedarf, um ein willkürfreies, transparentes und dem interkommunalen Gleichbehandlungsgrundsatz entsprechendes Verteilungsverfahren sicherzustellen, bedarf hier keiner Entscheidung. Denn die insoweit möglicherweise unzureichende Verordnung ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

173

3. Schließlich begegnet auch die Vorschrift des § 6b Abs. 4 SGB II keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Gesetzgebungskompetenz hierfür folgt ebenfalls aus Art. 91e Abs. 3 GG (a). Mit der Schaffung einer unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene geht für diesen Bereich eine Befugnis des Bundes einher, die ordnungsgemäße Verwendung der eingesetzten Mittel zu kontrollieren (b).

174

a) Die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für § 6b Abs. 4 SGB II folgt aus Art. 91e Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 3 GG. In der Gesetzesbegründung zu Art. 91e Abs. 3 GG heißt es, dass in Bezug auf Art. 91e Abs. 2 das Bundesgesetz unter anderem Regelungen zu Kostentragung, Aufsicht, Finanzkontrolle und Rechnungsprüfung treffen werde (vgl. BTDrucks 17/1554, S. 5). Nach dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers sollte der Bund folglich zu einer derartigen Regelung befugt sein.

175

b) Die Befugnis des Bundes zu einer finanziellen Kontrolle der Optionskommunen folgt zwar nicht schon aus der Finanzierungsverantwortung des Bundes (aa). Mit der Schaffung einer unmittelbaren Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene sind ihm jedoch zugleich Befugnisse eingeräumt worden, die eine wirksame Finanzkontrolle ermöglichen (bb). Dies verletzt nicht die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (cc).

176

aa) Dass den Bund eine Finanzierungsverantwortung für Aufgaben trifft, welche die zugelassenen kommunalen Träger wahrnehmen, zwingt, für sich genommen, nicht dazu, ihm auch Finanzkontrollbefugnisse einzuräumen. Zwar wird im Schrifttum mit Blick auf den Bundesrechnungshof die Auffassung vertreten, dass Kontrollkompetenzen nicht an die Verwaltungs-, sondern an die Finanzierungsverantwortung anknüpfen (vgl. Kammer, DVBl 1990, 555 <558 f.>; Mähring, DÖV 2006, S. 195 <203>). Mit Blick auf den Bundesrechnungshof hat das Bundesverfassungsgericht es jedoch stets abgelehnt, von der Finanzierungsverantwortung auf eine Kontrollzuständigkeit zu schließen. Für die Reichweite seiner Befugnisse gebe die Annahme einer Finanzgewalt nichts her. Aus ihr ergebe sich insbesondere nicht, dass der Bund Erhebungsbefugnisse im Hinblick auf die Gesamtheit der föderalen Finanzströme haben müsse. Die Kompetenz des Bundes, durch seinen Rechnungshof Erhebungen im Länderbereich durchzuführen, folge im Hinblick auf Finanzhilfen nach Art. 104b GG den Verwaltungskompetenzen des Bundes (vgl. BVerfGE 127, 165 <219 f.>). Daran ist auch im vorliegenden Zusammenhang festzuhalten.

177

bb) Mit der Einfügung von Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG in das Grundgesetz hat der verfassungsändernde Gesetzgeber eine unmittelbare Finanzbeziehung zwischen dem Bund und der kommunalen Ebene etabliert und damit eine Sonderregelung geschaffen, die dem Bund spezifische Verwaltungskompetenzen zuweist und den allgemeinen Regelungen über das Finanzwesen vorgeht. Sie ermächtigt den Bund auch zu einer effektiven Finanzkontrolle über die Optionskommunen. Die Finanzkontrolle des Bundes ist strikt auf die Verwaltung der von ihm zur Verfügung gestellten Mittel für die Grundsicherung für Arbeitsuchende beschränkt (1). Seine Kontrollbefugnisse unterscheiden sich insoweit von jenen des Bundesrechnungshofes (2) und haben weder rechtlich noch faktisch aufsichtsgleiche Wirkung (3).

178

(1) Der Gesetzgeber hat die Unterscheidung zwischen den unterschiedlichen Kontrollformen aufgenommen und die Befugnisse des Bundes zur Finanzkontrolle in § 6b Abs. 4 SGB II, jene des Bundesrechnungshofes in § 6b Abs. 3 SGB II und die Aufsichtsbefugnisse des Bundes und der Länder in §§ 47, 48 SGB II geregelt.

179

(2) Die Befugnisse des Bundes im Rahmen der Finanzkontrolle unterscheiden sich von denen des Bundesrechnungshofes und beschränken sich auf die Gewährleistung der fiskalischen Interessen des Bundes. Das kommt schon darin zum Ausdruck, dass die Befugnisse des Bundesrechnungshofes in § 6b Abs. 3 SGB II, die des Bundes aber in § 6b Abs. 4 SGB II normiert sind, ergibt sich aber auch aus dem unterschiedlichen Inhalt der Befugnisse beider Behörden.

180

Die Finanzkontrolle nach § 6b Abs. 4 SGB II bezieht sich ausschließlich auf die fiskalischen Interessen des Bundes. Sie ist in ihrem Anwendungsbereich und ihrer Zielsetzung enger als jene des Bundesrechnungshofes, reicht hinsichtlich ihrer Befugnisse jedoch weiter. Insbesondere gestattet sie es ihm, öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche geltend zu machen und im Wege der Verrechnung durchzusetzen. In der Begründung zu § 6b Abs. 4 und Abs. 5 SGB II heißt es insoweit, dass sich der Erstattungsanspruch in der Finanzbeziehung zwischen Bund und zugelassenem kommunalen Träger zugunsten der Wiederherstellung der rechtmäßigen Ordnung der Haushalte auswirke. Somit werde im Zusammenwirken mit dem Prüfrecht des Bundes nach § 6b Abs. 4 SGB II eine effektive Finanzkontrolle ermöglicht, welche die Finanzinteressen des Bundes absichere. Dazu würden in Satz 1 die gesetzlichen Prüfbefugnisse des Bundes klargestellt, die jederzeit gewährleisteten, dass eine Kostenerstattung nur erfolge, soweit die Aufwendungen des zugelassenen kommunalen Trägers auf einem gesetzmäßigen Mitteleinsatz beruhten (vgl. BTDrucks 17/1555, S. 19).

181

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist im Rahmen der Finanzkontrolle somit befugt, die Wirtschaftlichkeit und Ordnungsgemäßheit der von den zugelassenen kommunalen Trägern verausgabten Bundesmittel anhand der vorgelegten Jahresabschlussrechnung zu prüfen und dabei auch die Gesetzmäßigkeit der Ausgaben zu kontrollieren. Es darf zu diesem Zweck Informationen vor Ort erheben und auch ohne konkreten Anlass bei den zugelassenen kommunalen Trägern Prüfungen durchführen.

182

(3) Die dem Bund durch § 6b Abs. 4 SGB II eröffnete Finanzkontrolle über die Optionskommunen unterscheidet sich schließlich auch von der Rechts- und Fachaufsicht. Die Vorschrift statuiert keine Aufsichtsbefugnisse des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Sie dient nicht der Rückkopplung des Gesetzesvollzugs an die Absichten des Gesetzgebers und insbesondere nicht der Gewährleistung eines grundsätzlich einheitlichen Gesetzesvollzugs, sondern beschränkt sich ausschließlich auf die Kontrolle der finanziellen Auswirkungen der gesetzgeberischen Entscheidung, von der Möglichkeit des Art. 91e Abs. 2 GG Gebrauch zu machen (vgl. BVerfGE 127, 165 <203 f.>). Die Befugnisse des Bundes aus § 6b Abs. 4 SGB II erlauben es daher nicht, vertretbare Rechtsauffassungen des zugelassenen kommunalen Trägers zu beanstanden und auf dieser Grundlage Mittel vorzuenthalten oder Erstattungsansprüche durchzusetzen; die Durchsetzung einer einheitlichen Rechtsanwendung ist vielmehr der Rechts- und Fachaufsicht vorbehalten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ist auch nicht befugt, einzelne Optionskommunen von dem automatisierten Verfahren für das Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesen des Bundes (HKR-Verfahren) auszuschließen. Dieses Verfahren dient der Unterstützung und Dokumentation wesentlicher Tätigkeiten bei der Ausführung des Haushaltsplans, der Abwicklung des Zahlungsverkehrs, der Buchführung und der Rechnungslegung sowie der Bereitstellung von tagesaktuellen Informationen über den Stand des Haushaltsvollzugs für alle bewirtschaftenden Dienststellen und ermöglicht die automatisierte Bereitstellung der im Haushaltsgesetz festgestellten Einnahmen, Ausgaben und Verpflichtungsermächtigungen sowie deren unterjährige Veränderungen (wie Restebewilligungen, Nachträge). Im vorliegenden Zusammenhang dient es der Sache nach dazu, eine Vorfinanzierung der Leistungen für die Grundsicherung für Arbeitsuchende durch die Optionskommunen zu vermeiden. Da ein Ausschluss vom HKR-Verfahren für die betroffenen kommunalen Träger erhebliche wirtschaftliche Belastungen und Risiken mit sich brächte und insoweit Sanktionscharakter besäße, ist er von § 6b Abs. 4 SGB II nicht gedeckt. Sanktionen sind kennzeichnend für die Aufsicht, zu der Art. 91e Abs. 2 Satz 2 GG den Bundesgesetzgeber gerade nicht ermächtigt.

183

cc) Ob ein Eingriff in die Finanzhoheit der Gemeinden (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 1. Halbsatz GG) und Gemeindeverbände (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 und Satz 3, 1. Halbsatz GG) vorliegt, wenn staatliche Stellen über den Einsatz der Finanzmittel zu unterrichten sind und ihnen Einsicht in Bücher und sonstige Unterlagen gewährt werden muss, hat das Bundesverfassungsgericht bislang offen gelassen, da etwaige Einschränkungen in den entschiedenen Fällen jedenfalls gerechtfertigt waren (vgl. BVerfGE 127, 165 <208>). Das gilt auch hier, wo der Eingriff in die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung mit Blick auf die gesamtstaatliche Bedeutung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und den damit verbundenen erheblichen Einsatz von Bundesmitteln im öffentlichen Interesse liegt.

(1) Die zugelassenen kommunalen Träger sind anstelle der Bundesagentur im Rahmen ihrer örtlichen Zuständigkeit Träger der Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 mit Ausnahme der sich aus den §§ 44b, 48b, 50, 51a, 51b, 53, 55, 56 Absatz 2, §§ 64 und 65d ergebenden Aufgaben. Sie haben insoweit die Rechte und Pflichten der Agentur für Arbeit.

(2) Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2. § 46 Absatz 1 Satz 4, Absatz 2 und 3 Satz 1 gilt entsprechend. § 46 Absatz 5 bis 11 bleibt unberührt.

(2a) Für die Bewirtschaftung von Haushaltsmitteln des Bundes durch die zugelassenen kommunalen Träger gelten die haushaltsrechtlichen Bestimmungen des Bundes, soweit in Rechtsvorschriften des Bundes oder Vereinbarungen des Bundes mit den zugelassenen kommunalen Trägern nicht etwas anderes bestimmt ist.

(3) Der Bundesrechnungshof ist berechtigt, die Leistungsgewährung zu prüfen.

(4) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales prüft, ob Einnahmen und Ausgaben in der besonderen Einrichtung nach § 6a Absatz 5 begründet und belegt sind und den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechen. Die Prüfung kann in einem vereinfachten Verfahren erfolgen, wenn der zugelassene kommunale Träger ein Verwaltungs- und Kontrollsystem errichtet hat, das die Ordnungsmäßigkeit der Berechnung und Zahlung gewährleistet und er dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales eine Beurteilung ermöglicht, ob Aufwendungen nach Grund und Höhe vom Bund zu tragen sind. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kündigt örtliche Prüfungen bei einem zugelassenen kommunalen Träger gegenüber der nach § 48 Absatz 1 zuständigen Landesbehörde an und unterrichtet sie über das Ergebnis der Prüfung.

(5) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kann von dem zugelassenen kommunalen Träger die Erstattung von Mitteln verlangen, die er zu Lasten des Bundes ohne Rechtsgrund erlangt hat. Der zu erstattende Betrag ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr 3 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.