Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 18. Sept. 2015 - L 8 SO 181/15 B ER

published on 18/09/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 18. Sept. 2015 - L 8 SO 181/15 B ER
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Tenor

I.

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 21. August 2015, S 3 SO 69/15 ER, wird zurückgewiesen.

II.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I. Gegenstand des vorliegenden Eilverfahrens ist die Bewilligung von Leistungen der Eingliederungshilfe in Form der Übernahme der Mehrkosten an Schul- und Personalaufwendungen für die Einrichtung einer Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe für den Antragsteller (es verbleibt bei der Bezeichnung der Beteiligten im Ausgangsverfahren) mit maximal 10 anstelle von bis zu 33 Schülern im Schuljahr 2015/2016 an dem S.-K.-Gymnasium in K-Stadt im Schulmodus G 8, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“.

Der 2001 geborene Antragsteller ist aufgrund einer im ersten Lebensjahr erlittenen Meningitis beidseits gehörlos und seit dem Jahr 2002 beidseits mit Cochlea-Implantaten (elektronische Hörprothesen) versorgt. Bis April 2014 besuchte er die private Internationale Schule D-Stadt und wechselte dann in die 6. Klasse des S.-K.-Gymnasiums in K-Stadt, Landkreis G. Dabei handelt es sich um eine öffentliche staatliche Schule, die nicht das Schulprofil „Inklusion“ aufweist. Der Sachaufwandsträger der Schule (Landkreis G.) finanzierte bauliche Veränderungen im Hinblick auf die Schallreduzierung (Umbau des Klassenzimmers und Akustikmaßnahmen).

Im Schuljahr 2014/2015 besuchte der Antragsteller mit Erfolg (Notenschnitt 1,64; Zeugnis vom 31.07.2015) die 7. Jahrgangsstufe des Gymnasiums in einer Klasse mit insgesamt 23 Schülern. Während des laufenden Schuljahres wurde dem Antragsteller ein Online-Schriftdolmetscher der Firma „V.“ zunächst im Umfang von 11, dann von 12 Schulstunden in der Woche bewilligt. Die Kosten hierfür (Stundensatz 75 € je Zeitstunde, sowie 23 € pro Stunde für die Plattformgebühr, insgesamt monatlich 5597,76 €) trug der Antragsgegner (Bezirk Schwaben) als überörtlicher Träger der Sozialhilfe, weil es sich um Eingliederungshilfe als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung handele (Bescheide vom 21.11.2014 und vom 04.02.2015). Der Antragsgegner hat beim D. (VG) Klage gegen den Freistaat Bayern auf Erstattung der durch den Einsatz des Online-Dolmetschers entstandenen Aufwendungen erhoben. Über diese Klage (Au 3 K 15.198), ist noch nicht entschieden. Hintergrund ist, dass der Antragsgegner mit dem Antragsteller der Auffassung ist, letzterem stehe - wie vom Mobilen Sonderpädagogischen Dienst, vom Förderzentrum Hören und von verschiedenen fachärztlichen Stellungnahmen empfohlen - ein Anspruch auf Beschulung in einer Klasse mit nur 10 Schülern zu, um keinem gesundheitsschädlichen Hörstress ausgesetzt zu sein. Die vom Antragsgegner bewilligte Eingliederungshilfe sei nur erforderlich, weil der Freistaat Bayern seiner Pflicht zur Ermöglichung einer inklusiven Schulbildung nicht nachkomme.

Am 09.07.2015 hat der Antragsteller beim VG den Antrag gestellt, den Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, und den Landkreis G. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, eine Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal 10 Schülerinnen und Schülern unter Übernahme der hierfür notwendigen Schul- und Personalaufwendungen für das Schuljahr 2015/2016 im Schulmodus G8, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe plus“, einzurichten. Mit Beschluss vom 10. August 2015 hat das VG den Antrag (Au ) abgelehnt, weil der Antragsteller oder seine Eltern kein allgemeines Recht auf eine bestimmte Klassenbildung hätten. Es handele sich um eine schulinterne Organisationsmaßnahme. Auch aufgrund der besonderen Situation des Antragstellers ergebe sich weder aus der UN-BRK noch aus den Bestimmungen des BayEUG ein Anspruch auf die Errichtung einer Klasse in der gewünschten Klassengröße. Mit Beschluss vom 4. September 2015 hat der BayVGH die Beschwerde gegen den Beschluss des VG zurückgewiesen (7 CE 15.1791).

Am 10.07.2015 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Augsburg (SG) beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zur der Übernahme der Mehrkosten an Schul- und Personalaufwendungen für die Einrichtung einer Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe für den Antragsteller mit maximal 10 anstelle von bis zu 33 Schülern im Schuljahr 2015/2016 an der S.-K.-Gymnasium in K-Stadt im Schulmodus G 8, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“, zu verpflichten. Der Antragsgegner habe die notwendigen finanziellen Mittel zur inklusiven Beschulung des Antragstellers in einer kleinen Klasse zur Verfügung zu stellen, da der Freistaat Bayern und der Landkreis G. nicht gewillt seien, die notwendigen finanziellen Mittel bereitzustellen. Auch bei Einsatz des Online-Dolmetschers komme es zu wesentlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Antragstellers (Kopfweh und Migräne), weil dieser in einer großen Klasse einem Hörstress ausgesetzt und durch den Einsatz von V. an einer aktiven Unterrichtsteilnahme gehindert sei. Durch die Bildung einer kleinen Klasse brauche der Antragsteller kein Hilfsmittel V. mehr. Es gehe nicht um den Kernbereich der Schule, sondern nur um die Finanzierung einer Eingliederungsmaßnahme (Mehrkosten an Personalaufwendungen), die günstiger seien als das V. System.

Mit Beschluss vom 16.07.2015 hat das SG den Freistaat Bayern, vertreten durch das Bayerische Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, beigeladen.

Mit Beschluss vom 21.August 2015 hat das SG den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt. Es fehle sowohl am Anordnungsanspruch als auch am Anordnungsgrund nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG. Das VG habe in seinem Beschluss vom 10. August 2015 entschieden, dass ein Anspruch des Antragstellers auf Bildung einer Klasse mit höchstens 10 Schülerinnen und Schülern nicht bestehe. Hierauf werde vollumfänglich verwiesen.

Es sei auch kein Anordnungsgrund gegeben. Der Antragsgegner sei bereit, den Distanz-Dolmetscher auch weiterhin zu bezahlen. Er habe jedoch keinen Einfluss auf die Klassenbildung. Nach den Angaben des Ministerialbeauftragten für die Gymnasien in Schwaben liege die Klassenbildung in der Verantwortung der Schule vor Ort. Es sei nicht nachgewiesen, dass die Schule nicht bereits jetzt die entsprechenden Budgetstunden habe, um die Klasse des Antragstellers zu teilen. Der Ministerialbeauftragte für die Gymnasien in Schwaben habe aber zu Recht darauf hingewiesen, dass dies auch immer zulasten der anderen Schülerinnen und Schüler gehe, weil dadurch weniger Wahlkurse und sonstige Zusatzangebote für die Mehrheit der Schülerschaft angeboten werden könnten. Der Beigeladene habe ausdrücklich dargelegt, dass der Antragsgegner nicht dafür zuständig sei, Schulklassen mit einer bestimmten Größe einzurichten oder zu finanzieren. Es bleibe deshalb abzuwarten, ob der Beschluss des VG rechtskräftig werde.

Gegen den am 26.08.2015 zugestellten Beschluss des SG hat der Antragsteller am 31.08.2015 Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) erhoben.

Es gehe um einen Anspruch des Antragstellers auf Eingliederungshilfe nach §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII, § 12 EinglHV, zu der auch die Finanzierung der Mehrkosten der Schule zähle. Kern sei nicht eine schulorganisatorische Maßnahme (Klassenbildung), sondern deren Finanzierung als Eingliederungshilfe. Der Schulleiter habe die Bildung einer kleinen Klasse für den Antragsteller bereits zugesagt, wenn er die dafür nötigen finanziellen Mittel erhalte. Damit liege kein Eingriff in die Organisationsgewalt der Schule vor; der sog. pädagogische Kernbereich sei nicht betroffen. Die mit der Bildung einer kleinen Klasse verbundenen Kosten seien geringer als die des Einsatzes von V.. Der Wunsch des Antragstellers nach Finanzierung einer kleinen Klasse anstelle des teureren V. sei nach § 9 Abs. 2 S. 1 SGB XII zu beachten. Der Antragsteller könne durch die Beschulung in einer kleinen Klasse ohne V. ohne gesundheitlichen Beeinträchtigungen, ohne starre Konzentration auf einen Online-Dolmetscher und ohne kommunikative Verluste bei der Interaktion mit seinen Mitschülern und Lehrern dem Unterricht folgen und eine angemessene Schulbildung erleben. Die Entscheidung des VG, wonach der Antragsteller gegen den Schulträger keinen Anspruch auf Bildung einer kleinen Klasse habe, sei nicht richtig. Zu Unrecht habe das SG seine Entscheidung von der Entscheidung des VG abhängig gemacht. Der Antragsteller habe aus Art. 2, 30 a, 30 b Abs. 2 S. 1 BayEUG einen Anspruch auf Bildung einer kleinen Klasse, weil er durch die Beschulung in einer großen Klasse (auch unter dem Einsatz von V.) unzumutbar in seinen Grundrechten auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt werde. Es gehe im Übrigen nur um eine Ressourcenumverteilung. Der Antragsteller werde ohne staatliche Förderung die Schullaufbahn des Gymnasiums nicht meistern. Wenn keine kleine Klasse eingerichtet werde, bestehe ein Anspruch auf Eingliederungshilfe. Werde eine kleine Klasse eingerichtet, bestehe keine Notwendigkeit für Eingliederungshilfe mehr. Der Antragsteller werde durch den Einsatz von V. gegenüber seinen Mitschülern benachteiligt und eingeschränkt (Art. 3 Abs. 1 GG) und habe aus Art. 24 UN-BRK einen Anspruch auf ein optimales schulisches Umfeld. Der Antragsgegner sei an die Entscheidung der Schulbehörde, den Antragsteller im S.-K.-Gymnasium aufzunehmen und inklusiv zu beschulen, gebunden. Dem Antragsteller gehe es nur um eine anderweitige Verwendung der Mittel zur Eingliederungshilfe, nicht um eine Mehrleistung an Eingliederungshilfe.

Zur Glaubhaftmachung hat der Antragsteller u. a. verschiedene ärztliche Atteste vorgelegt.

Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 21. August 2015 aufzuheben und den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die den jeweiligen Kostenträgern entstehenden Mehrkosten an Schul- und Personalaufwendungen für die Einrichtung einer Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe für den Antragsteller mit maximal 10 anstelle von bis zu 33 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2015/2016 im S.-K.-Gymnasium in K-Stadt im Schulmodus G 8, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“, zu übernehmen.

Der Antragsgegner beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Beigeladene beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner sei nicht dafür zuständig, Schulklassen mit einer bestimmten Größe einzurichten oder zu finanzieren.

Der Antragsgegner hat auf den Antrag des Antragstellers vom 13.09.2015 diesem mit Bescheid vom 16.09.2015 wie beantragt Eingliederungshilfe ab Beginn des Schuljahres 2015/2016 bis zunächst 29.02.2016 durch Einsatz eines Distanzschriftdolmetschers der Fa. V. im Umfang von 11 Wochenstunden zum Besuch des S.-K.-Gymnasiums in K-Stadt bewilligt.

Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie der in Auszügen vorliegenden Verwaltungsakte des Antragsgegners verwiesen.

II. Das Bayer. LSG ist zur Entscheidung über die Beschwerde in dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes zuständig §§ 86 b Abs. 4, 172 Abs. 1 SGG.

Die unter Beachtung der §§ 172, 173 SGG frist- und formgerecht eingelegte Beschwerde, ist zulässig, aber unbegründet, weil das SG eine vorläufige Regelung zu Recht abgelehnt hat.

Nach § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Verfahrens- bzw. Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (Satz 2 a. a. O.).

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die - summarische - Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung (Anordnungsgrund); grundsätzlich müssen die überwiegenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache für den Spruchkörper „glaubhaft“ vorliegen. Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs der Hauptsache und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung sind in diesem Sinne „glaubhaft“ zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Aus Gründen effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Grundgesetz) sind dabei die insoweit zu stellenden Anforderungen mit Blick auf ihre Grundrechtsrelevanz zu modifizieren (vgl. Bundesverfassungsgericht NJW 1997, 479; NJW 2003, 1236). Dabei sind die insoweit zu stellenden Anforderungen umso niedriger, je schwerer die mit der Versagung vorläufigen Rechtsschutzes verbundenen Belastungen wiegen (Beschluss des BVerfGE vom 12.05.2005, BvR 569/05, NVwZ 2005, 927 m. w. N.).

Das Existenzminimum (Art. 1 Abs. 1 i. V. m. Art 20 Abs. 1 GG) i. S. der Rechtsprechung des BVerfG vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09 u. a. ist im vorliegenden Fall nicht gefährdet. Auch sonstige grundrechtsrelevante Rechtsgüter (Art 2, 3 Abs. 3 S. 2, 7, 12 GG) sind bei der Ablehnung einer Anordnung nicht maßgeblich beeinträchtigt. Der Schulbesuch des Antragstellers im S.-K.-Gymnasium in K-Stadt als solcher ist nicht gefährdet. Zum einen hat die Mutter des Antragstellers dem Antragsgegner mitgeteilt, dass im eigentlichen G8 Modus eine günstigere Konstellation durch den Schulleiter geschaffen werden konnte, so dass der Antragsteller im Schulmodus G 8 mit einer günstigen Klassengröße im Schuljahr 2015/2016 beschult werden kann (und gleichwohl die Option zum Wechsel in die Mittelstufe Plus hat). Ausweislich der Beschwerdeerwiderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 26.08.2015 im Beschwerdeverfahren vor dem BayVGH sind nur 64 Schüler im Modus G 8 in drei Klassen zu beschulen, was einer durchschnittlichen Klassengröße von nur 21 Schülern entspricht. Zudem weist der Stundenplan des Antragstellers für das 1. Schulhalbjahr 2015/2016 nur einen Tag Nachmittagsunterricht aus, so dass der Antragsteller ausreichend Zeit hat, um sich nachmittags von der durch den Einsatz von V. erforderlichen hohen Konzentration zu erholen. Im Übrigen führen die vom Antragsteller dargestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen (Migräne) bei der Benutzung des Distanzschriftdolmetschers angesichts des hervorragenden Jahreszeugnisses der 7. Klasse vom 31.07.2015 weder zu erwähnenswerten krankheitsbedingten Fehlzeiten noch zu Leistungseinbußen des Antragstellers. Damit ist eine Gefährdung des Grundrechts aus Art. 2 GG bei der Ablehnung der beantragten Ablehnung auszuschließen.

Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG liegen weder ein glaubhafter Anordnungsanspruch noch ein glaubhafter Anordnungsgrund i. S. einer besonderen Eilbedürftigkeit vor.

Der Antragsteller hat bei summarischer Prüfung keinen Anspruch auf Eingliederungshilfe nach §§ 53 Abs. 1 S. 1, 54 Abs. 1 S.1 SGB XII i. V. m. § 12 EinglHV in Form der Übernahme der entstehenden Mehrkosten an Schul- und Personalaufwendungen für die Einrichtung einer Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe für den Antragsteller mit maximal 10 anstelle von bis zu 33 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2015/2016 im S.-K.-Gymnasium in K-Stadt im Schulmodus G 8, hilfsweise im Schulmodus „Mittelstufe Plus“. Es handelt sich um eine Maßnahme im Kernbereich der schulischen Verantwortung, die in den Pflichtenkreis des Schulträgers fällt.

Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII erhalten Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 des SGB IX wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Leistungen der Eingliederungshilfe, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es nach § 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört insbesondere, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern (§ 53 Abs. 3 Satz 2 SGB XII). Leistungen der Eingliederungshilfe sind insbesondere Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht (§ 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII). Allerdings bleiben die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht unberührt (§ 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, letzter HS SGB XII. Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung umfasst auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, den behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern (vgl. § 60 SGB XII i. V. m. § 12 EinglHV).

Unter angemessener Schulbildung ist alles zu verstehen, was der Erreichung des Ziels, der Integration in die Gesellschaft, dient. Wie auch sonst in der Sozialhilfe ist Einstehensgrund für den Träger der Sozialhilfe die Deckung eines „notwendigen Bedarfs“. Bedarf und Angemessenheit sind zwei aufeinander bezogene Größen, gelegentlich ist auch von Eignung und Notwendigkeit die Rede. Wenn mit der Maßnahme ein sozialhilferechtlich nicht anerkannter Bedarf befriedigt werden soll, so ist sie von vornherein nicht angemessen (vgl. Münder, LPK- SGB XII, 10. Auflage 2015, § 9 Rn. 25). Dies ist hier der Fall.

Der Antragsteller erfüllt die personenbezogenen Voraussetzungen des § 53 Abs. 1 S. 1 SGB XII, weil er als gehörloser Mensch unter den Begriff des körperlich wesentlich behinderten Menschen i. S. § 2 Abs. 1 SGB IX, § 1 Nr. 5 EinglHV fällt.

Der Anspruch auf Zahlung der Mehrkosten an Schul- und Personalaufwendungen für die Einrichtung einer Schulklasse der 8. Jahrgangsstufe mit maximal 10 anstelle von bis zu 33 Schülerinnen und Schülern im Schuljahr 2015/2016 scheitert aber daran, dass es sich insoweit nicht um eine Leistung der Eingliederungshilfe handelt. Die Schule ist kein Leistungserbringer im System der Sozialhilfe (vgl. §§ 75 ff SGB XII).Vielmehr liegt eine Maßnahme im Kernbereich der pädagogischen Arbeit vor, der sich nach der Gesetzessystematik unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen (hier namentlich der BayEUG und der Bestimmungen der UN-BRK) bestimmt. Hierfür sind nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteile vom 15.11.2012, B 8 SO 10/11 R und vom 22.03.2012, B 8 SO 30/10 R) die Schulträger zuständig. Die hier vom Antragsteller begehrte Maßnahme betrifft keine die Schulbildung nur begleitende Maßnahme. Daran ändert auch nichts das Vorbringen, dass der Antragsteller „nur“ um die Finanzierung streitet und nicht die Bildung einer kleinen Klasse vom Sozialhilfeträger begehrt bzw. die fiskalische Erwägung, dass das Gewünschte finanziell günstiger sei. Das Ziel der begehrten Maßnahme greift unmittelbar den Kernbereich der pädagogischen Arbeit des Schulträgers an. Hierzu hat das BSG in seinem Urteil vom 15.11.2012, B 8 SO 10/11 R unter Rn. 15 f Folgendes ausgeführt:

„ Nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII sind Leistungen der Eingliederungshilfe neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 SGB IX auch Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu. Erfasst sind von dem Wortlaut der Vorschrift („Hilfen“) nur Maßnahmen, die im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung geeignet und erforderlich sind, die Behinderungsfolgen zu beseitigen oder zu mildern (BSGE 110, 301 ff RdNr. 20 = SozR 4-3500 § 54 Nr. 8). Dies bestätigt auch § 12 Eingliederungshilfe-VO, der seinerseits nur von „Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung“ spricht. Die von dieser Hilfe nach § 12 Eingliederungshilfe-VO (auch) erfassten Regelbeispiele betreffen dementsprechend nur die Schulbildung begleitende Maßnahmen. Die Schulbildung selbst, also der Kernbereich der pädagogischen Arbeit, der sich nach der Gesetzessystematik nicht unter Auslegung der schulrechtlichen Bestimmungen, sondern der sozialhilferechtlichen Regelungen bestimmt, obliegt hingegen allein den Schulträgern. Art 7 Abs. 1 GG überträgt dem Staat einen (außerhalb des Sozialhilferechts liegenden) eigenständigen Unterrichts- und Bildungsauftrag im Schulbereich (BSG, a. a. O., RdNr. 21; BVerfGE 47, 46, 71 f; 98, 218, 241).

Dass der Kernbereich der pädagogischen Arbeit der Schule den Regelungen über die Eingliederungshilfe entzogen ist, bestätigt § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII dadurch, dass die Bestimmungen über die Ermöglichung der Schulbildung im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht (...) unberührt bleiben sollen. Die schulrechtlichen Verpflichtungen bestehen also grundsätzlich neben den sozialhilferechtlichen, ohne dass sie sich gegenseitig inhaltlich beeinflussen.“

Nach diesen Maßstäben, denen sich der Senat vollumfänglich anschließt, hat der Antragsteller keinen Anspruch auf die Übernahme der Mehrkosten für die Personal- und Schulaufwendungen. Zu dem Kernbereich der Schule gehören alle schulischen Maßnahmen, die dazu dienen, die staatlichen Lehrziele (Art. 1 S. 1 BayEUG, „Die Schulen haben den in der Verfassung verankerten Bildungs- und Erziehungsauftrag zu verwirklichen.“) zu erreichen; in erster Linie also der (unentgeltliche) Unterricht, der die für den erfolgreichen Abschluss notwendigen Kenntnisse vermitteln soll. Damit unterliegt auch die vom Antragsteller begehrte Bildung der Schulklasse in einer bestimmten Größe unmittelbar diesem Kernbereich, weil die Schulklassengröße unmittelbar Einfluss auf die Erfüllung des staatlichen und schulischen Bildungsauftrags hat und keine bloß unterstützende Leistung im Zusammenhang mit der Ermöglichung einer angemessenen Schulbildung darstellt. Zutreffend hat das VG darauf hingewiesen, dass der Unterricht nach Art. 49 Abs. 1 S. 1 BayEUG in der Regel nach Jahrgangsstufen in Klassen erteilt wird, die für ein Schuljahr gebildet werden. Nach § 36 Abs. 1 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern richtet sich die Klassenbildung nach pädagogischen, personellen, räumlichen und organisatorischen Gegebenheiten. Bei der Entscheidung der Schulverwaltung über die Klassenbildung und damit die Klassenstärke handelt es sich grundsätzlich um eine schulinterne Organisationsmaßnahme, die nur den Unterrichtsbetrieb betrifft und nicht in den eigenen Rechtskreis des Schülers oder der Erziehungsberechtigten eingreift. Der Senat verweist hierzu auf die Ausführungen des VG in dessen Beschluss vom 10. August 2015, Ziffern 33 ff.

Soweit der Antragsteller meint, es handele sich um eine schulorganisatorische Maßnahme durch den Schulleiter, die aber nicht den pädagogischen Kernbereich der Vermittlung der Lerninhalte betreffe, folgt der Senat dieser Ansicht nicht. Für die Frage, ob ein „Eingriff“ entfällt, weil der Schulleiter hier signalisiert habe, eine kleine Klasse bilden zu wollen, wenn die Finanzierung gesichert sei, sieht der Senat trotz der „Freiwilligkeit“ den Kernbereich der pädagogischen Arbeit eröffnet. Es obliegt den pädagogischen Kräften und der Schulleitung einzuschätzen, inwieweit Lerninhalte sinnvoll in bestimmten Klassengrößen und -zusammensetzungen auch unter Beachtung von Art. 30 b Abs. 2 BayEUG („Einzelne Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die die allgemeine Schule, insbesondere die Sprengelschule, besuchen, werden unter Beachtung ihres Förderbedarfs unterrichtet. 2 Sie werden nach Maßgabe der Art. 19 und 21 durch die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste unterstützt. 3 Art. 30a Abs. 4, 5 und 8 Satz 1 gelten entsprechend.“) vermittelt werden können.

Damit liegt kein glaubhafter Anordnungsanspruch vor.

Daneben fehlt es an einem glaubhaften Anordnungsgrund, nachdem dem Antragsteller mit Bescheid vom 16.09.2015 Eingliederungshilfemaßnahmen für das 1. Schulhalbjahr 2015/2016 im beantragten Umfang bewilligt wurden.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni
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published on 04/09/2015 00:00

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. III. Der Streitwert im Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt. Gründe
published on 15/11/2012 00:00

Tenor Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 22. November 2010 wird zurückgewiesen.
published on 22/03/2012 00:00

Tenor Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 18. November 2010 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Ge
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Annotations

(1) Die Leistungen richten sich nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach der Art des Bedarfs, den örtlichen Verhältnissen, den eigenen Kräften und Mitteln der Person oder des Haushalts bei der Hilfe zum Lebensunterhalt.

(2) Wünschen der Leistungsberechtigten, die sich auf die Gestaltung der Leistung richten, soll entsprochen werden, soweit sie angemessen sind. Wünschen der Leistungsberechtigten, den Bedarf stationär oder teilstationär zu decken, soll nur entsprochen werden, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalles erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels dieses Buches bestehen. Der Träger der Sozialhilfe soll in der Regel Wünschen nicht entsprechen, deren Erfüllung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden wäre.

(3) Auf Wunsch der Leistungsberechtigten sollen sie in einer Einrichtung untergebracht werden, in der sie durch Geistliche ihres Bekenntnisses betreut werden können.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte findet die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Vertagungsbeschlüsse, Fristbestimmungen, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen und Sachverständigen können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Die Beschwerde ist ausgeschlossen

1.
in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte,
2.
gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe, wenn
a)
das Gericht die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint,
b)
in der Hauptsache die Berufung der Zulassung bedürfte oder
c)
das Gericht in der Sache durch Beschluss entscheidet, gegen den die Beschwerde ausgeschlossen ist,
3.
gegen Kostengrundentscheidungen nach § 193,
4.
gegen Entscheidungen nach § 192 Abs. 4, wenn in der Hauptsache kein Rechtsmittel gegeben ist und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro nicht übersteigt.

Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung beim Sozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen; § 181 des Gerichtsverfassungsgesetzes bleibt unberührt. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Landessozialgericht schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Belehrung über das Beschwerderecht ist auch mündlich möglich; sie ist dann aktenkundig zu machen.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren zur Sicherung der Zusammenarbeit nach § 25 Absatz 1 gemeinsame Empfehlungen.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 vereinbaren darüber hinaus gemeinsame Empfehlungen,

1.
welche Maßnahmen nach § 3 geeignet sind, um den Eintritt einer Behinderung zu vermeiden,
2.
in welchen Fällen und in welcher Weise rehabilitationsbedürftigen Menschen notwendige Leistungen zur Teilhabe angeboten werden, insbesondere, um eine durch eine Chronifizierung von Erkrankungen bedingte Behinderung zu verhindern,
3.
über die einheitliche Ausgestaltung des Teilhabeplanverfahrens,
4.
in welcher Weise die Bundesagentur für Arbeit nach § 54 zu beteiligen ist,
5.
wie Leistungen zur Teilhabe nach den §§ 14 und 15 koordiniert werden,
6.
in welcher Weise und in welchem Umfang Selbsthilfegruppen, -organisationen und -kontaktstellen, die sich die Prävention, Rehabilitation, Früherkennung und Bewältigung von Krankheiten und Behinderungen zum Ziel gesetzt haben, gefördert werden,
7.
für Grundsätze der Instrumente zur Ermittlung des Rehabilitationsbedarfs nach § 13,
8.
in welchen Fällen und in welcher Weise der behandelnde Hausarzt oder Facharzt und der Betriebs- oder Werksarzt in die Einleitung und Ausführung von Leistungen zur Teilhabe einzubinden sind,
9.
zu einem Informationsaustausch mit Beschäftigten mit Behinderungen, Arbeitgebern und den in § 166 genannten Vertretungen zur möglichst frühzeitigen Erkennung des individuellen Bedarfs voraussichtlich erforderlicher Leistungen zur Teilhabe sowie
10.
über ihre Zusammenarbeit mit Sozialdiensten und vergleichbaren Stellen.

(3) Bestehen für einen Rehabilitationsträger Rahmenempfehlungen auf Grund gesetzlicher Vorschriften und soll bei den gemeinsamen Empfehlungen von diesen abgewichen werden oder sollen die gemeinsamen Empfehlungen Gegenstände betreffen, die nach den gesetzlichen Vorschriften Gegenstand solcher Rahmenempfehlungen werden sollen, stellt der Rehabilitationsträger das Einvernehmen mit den jeweiligen Partnern der Rahmenempfehlungen sicher.

(4) Die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung können sich bei der Vereinbarung der gemeinsamen Empfehlungen durch ihre Spitzenverbände vertreten lassen. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen schließt die gemeinsamen Empfehlungen auch als Spitzenverband Bund der Pflegekassen ab, soweit die Aufgaben der Pflegekassen von den gemeinsamen Empfehlungen berührt sind.

(5) An der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen werden die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe über die Bundesvereinigung der Kommunalen Spitzenverbände, die Bundesarbeitsgemeinschaft der überörtlichen Träger der Sozialhilfe, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter sowie die Integrationsämter in Bezug auf Leistungen und sonstige Hilfen für schwerbehinderte Menschen nach Teil 3 über die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen beteiligt. Die Träger der Eingliederungshilfe und der öffentlichen Jugendhilfe orientieren sich bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Buch an den vereinbarten Empfehlungen oder können diesen beitreten.

(6) Die Verbände von Menschen mit Behinderungen einschließlich der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, der Selbsthilfegruppen und der Interessenvertretungen von Frauen mit Behinderungen sowie die für die Wahrnehmung der Interessen der ambulanten und stationären Rehabilitationseinrichtungen auf Bundesebene maßgeblichen Spitzenverbände werden an der Vorbereitung der gemeinsamen Empfehlungen beteiligt. Ihren Anliegen wird bei der Ausgestaltung der Empfehlungen nach Möglichkeit Rechnung getragen. Die Empfehlungen berücksichtigen auch die besonderen Bedürfnisse von Frauen und Kindern mit Behinderungen oder von Behinderung bedrohter Frauen und Kinder.

(7) Die beteiligten Rehabilitationsträger vereinbaren die gemeinsamen Empfehlungen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation im Benehmen mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern auf der Grundlage eines von ihnen innerhalb der Bundesarbeitsgemeinschaft vorbereiteten Vorschlags. Der oder die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit wird beteiligt. Hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu einem Vorschlag aufgefordert, legt die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation den Vorschlag innerhalb von sechs Monaten vor. Dem Vorschlag wird gefolgt, wenn ihm berechtigte Interessen eines Rehabilitationsträgers nicht entgegenstehen. Einwände nach Satz 4 sind innerhalb von vier Wochen nach Vorlage des Vorschlags auszuräumen.

(8) Die Rehabilitationsträger teilen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation alle zwei Jahre ihre Erfahrungen mit den gemeinsamen Empfehlungen mit, die Träger der Renten-, Kranken- und Unfallversicherung über ihre Spitzenverbände. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation stellt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Ländern eine Zusammenfassung zur Verfügung.

(9) Die gemeinsamen Empfehlungen können durch die regional zuständigen Rehabilitationsträger konkretisiert werden.

Eltern, Vormünder, Pfleger und Betreuer, die bei den ihnen anvertrauten Personen Beeinträchtigungen (§ 2 Absatz 1) wahrnehmen oder durch die in § 34 genannten Personen hierauf hingewiesen werden, sollen im Rahmen ihres Erziehungs- oder Betreuungsauftrags diese Personen einer Beratungsstelle nach § 32 oder einer sonstigen Beratungsstelle für Rehabilitation zur Beratung über die geeigneten Leistungen zur Teilhabe vorstellen.

(1) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 erfassen

1.
die Anzahl der gestellten Anträge auf Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe differenziert nach Leistungsgruppen im Sinne von § 5 Nummer 1, 2, 4 und 5,
2.
die Anzahl der Weiterleitungen nach § 14 Absatz 1 Satz 2,
3.
in wie vielen Fällen
a)
die Zweiwochenfrist nach § 14 Absatz 1 Satz 1,
b)
die Dreiwochenfrist nach § 14 Absatz 2 Satz 2 sowie
c)
die Zweiwochenfrist nach § 14 Absatz 2 Satz 3
nicht eingehalten wurde,
4.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Erteilung des Gutachtenauftrages in Fällen des § 14 Absatz 2 Satz 3 und der Vorlage des Gutachtens,
5.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen Antragseingang beim leistenden Rehabilitationsträger und der Entscheidung nach den Merkmalen der Erledigung und der Bewilligung,
6.
die Anzahl der Ablehnungen von Anträgen sowie der nicht vollständigen Bewilligung der beantragten Leistungen,
7.
die durchschnittliche Zeitdauer zwischen dem Datum des Bewilligungsbescheides und dem Beginn der Leistungen mit und ohne Teilhabeplanung nach § 19, wobei in den Fällen, in denen die Leistung von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 erbracht wurde, das Merkmal „mit und ohne Teilhabeplanung nach § 19“ nicht zu erfassen ist,
8.
die Anzahl der trägerübergreifenden Teilhabeplanungen und Teilhabeplankonferenzen,
9.
die Anzahl der nachträglichen Änderungen und Fortschreibungen der Teilhabepläne einschließlich der durchschnittlichen Geltungsdauer des Teilhabeplanes,
10.
die Anzahl der Erstattungsverfahren nach § 16 Absatz 2 Satz 2,
11.
die Anzahl der beantragten und bewilligten Leistungen in Form des Persönlichen Budgets,
12.
die Anzahl der beantragten und bewilligten Leistungen in Form des trägerübergreifenden Persönlichen Budgets,
13.
die Anzahl der Mitteilungen nach § 18 Absatz 1,
14.
die Anzahl der Anträge auf Erstattung nach § 18 nach den Merkmalen „Bewilligung“ oder „Ablehnung“,
15.
die Anzahl der Rechtsbehelfe sowie der erfolgreichen Rechtsbehelfe aus Sicht der Leistungsberechtigten jeweils nach den Merkmalen „Widerspruch“ und „Klage“,
16.
die Anzahl der Leistungsberechtigten, die sechs Monate nach dem Ende der Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, soweit die Maßnahme von einem Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 7 erbracht wurde.

(2) Die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 1 bis 5 melden jährlich die im Berichtsjahr nach Absatz 1 erfassten Angaben an ihre Spitzenverbände, die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 6 und 7 jeweils über ihre obersten Landesjugend- und Sozialbehörden, zur Weiterleitung an die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation in einem mit ihr technisch abgestimmten Datenformat. Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation wertet die Angaben unter Beteiligung der Rehabilitationsträger aus und erstellt jährlich eine gemeinsame Übersicht. Die Erfassung der Angaben soll mit dem 1. Januar 2018 beginnen und ein Kalenderjahr umfassen. Der erste Bericht ist 2019 zu veröffentlichen.

(3) Der Bund erstattet der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation die notwendigen Aufwendungen für folgende Tätigkeiten:

1.
die Bereitstellung von Daten,
2.
die Datenaufarbeitung und
3.
die Auswertungen über das Rehabilitationsgeschehen.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.