Bundesarbeitsgericht Urteil, 21. Sept. 2011 - 5 AZR 629/10
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 19. März 2010 - 9 Sa 2161/08 -, - 9 Sa 2266/08 - und - 9 Sa 2316/08 - teilweise aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. September 2008 - 30 Ca 18451/07 - und - 30 Ca 14891/08 (WK) - in seinen Ziff. II. 1. bis 3. teilweise abgeändert und insoweit zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:
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Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.000,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2008 zu zahlen.
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3. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 17. September 2008 - 30 Ca 18451/07 - und - 30 Ca 14891/08 (WK) - wird mit der vom Landesarbeitsgericht in Ziff. II. seines Urteils vom 19. März 2010 - 9 Sa 2161/08 -, - 9 Sa 2266/08 - und - 9 Sa 2316/08 - ausgesprochenen Maßgabe insgesamt zurückgewiesen.
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4. Die Kosten der Revision hat der Kläger zu tragen. Von den Kosten der Berufung haben der Kläger 19/20 und die Beklagte 1/20 sowie von den erstinstanzlichen Kosten der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10 zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob für die Monate Oktober bis Dezember 2007 eine Brutto- oder Nettovergütung geschuldet ist, und über die Abgeltung von Überstunden.
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Der 1965 geborene Kläger war bei der Beklagten, einer Versicherungsmaklerin, seit dem 1. April 2005 als Büroleiter tätig. Grundlage seiner Tätigkeit war die am 22. März 2005 handschriftlich festgehaltene Vereinbarung, in der es heißt:
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„1.
Beide Parteien beschließen ab 1.4.05 eine Zusammenarbeit. H. S ist bereit ab 21.3.05 in der H zeitweise tätig zu sein. Diese Zeit wird separat vergütet oder verrechnet.
2.
Die Tätigkeit von H. S ist die eines Büroleiters gemäß den ausgehändigten Beschreibungen.
3.
Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 40 Stunden (Mo - Freitag).
4.
Das Arbeitsentgelt beträgt € 3.000 per Monat.
5.
Es wird eine Probezeit von 3 Monaten vereinbart. Die Kündigungsfrist beträgt in dieser Zeit 14 Tage.
6.
(…)
7.
Nach Ablauf der Probezeit wird über die Vertragsmodalitäten neu verhandelt.
8.
Geplant ist ab 1.1.2006 die Tätigkeit als stellvertr. GF.
9.
Ab 1.1.2007 ist die Tätigkeit als GF geplant mit Unternehmensbeteiligung in Höhe von 10 % (i.W. zehn).
...“
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Rückwirkend zum selben Zeitpunkt schlossen die Parteien eine „Zusatzvereinbarung zum Mitarbeitervertrag“, in der sie ua. Folgendes vereinbarten:
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„§ 1: Herr S erhält als Vergütung für von ihm allein und eigenständig vermitteltes Neugeschäft von den dem Arbeitgeber daran zufließenden Abschlussprovisionen in den Bereichen Kapitalanlagen (Fonds), Lebens-, Renten- und Krankenversicherung eine Beteiligung in Höhe von siebenundsechzig Prozent. Ist das Neugeschäft nicht aus dem Umfeld von H geworben, beträgt der Beteiligungssatz achtzig Prozent der H zufließenden Provisionen.
§ 2: Herr S erhält als Vergütung für von ihm allein und eigenständig vermitteltes Neugeschäft, von den dem Arbeitgeber daran zufließende Erstjahrescourtagen in den Bereichen der Sach-, Haftpflicht-, Unfall- und Rechtsschutz-Versicherung eine Beteiligung in Höhe von siebenundsechzig Prozent. Ist das Neugeschäft nicht aus dem Umfeld von H geworben, beträgt der Beteiligungssatz achtzig Prozent der H zufließenden Provisionen.
§ 3: Für Verträge, die mit Hilfe von weiteren Mitarbeitern des Arbeitgebers als Zuträger abgeschlossen werden, wird der Provisionsanspruch um fünfundzwanzig Prozent der vorgenannten Provisionen des Arbeitgebers gekürzt. (…)
...“
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In einem Nachtrag hierzu heißt es:
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„a)
Das vereinbarte Grundgehalt ist ausschließlich dem Arbeitsvertrag mit den dazu gehörigen Arbeitsplatzbeschreibungen zuzuordnen.
b)
Außendiensttätigkeiten gemäß der Zusatzvereinbarung sind, sofern ein Grundgehalt bezahlt wird, nach Arbeitsschluss (reguläre Arbeitszeit) durchzuführen.
c)
Sollte ein Termin während der Arbeitszeit anfallen, kann dieser durchgeführt werden und wird jedoch mit der Arbeitszeit verrechnet und abgezogen.
d)
Angebote und Telefonate fallen in den Bereich der Arbeitszeit.
…“
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Vom Beginn der Zusammenarbeit an erhielt der Kläger von der Beklagten monatlich 3.000,00 Euro. Die Beklagte führte hierfür weder Lohnsteuern ab, noch meldete sie den Kläger zur Sozialversicherung an. Auch der Kläger zahlte weder Steuern noch Sozialversicherungsbeiträge auf das Entgelt. Über den Betrag von 3.000,00 Euro existieren monatliche Rechnungen des Klägers, deren Echtheit teilweise streitig ist.
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Mit Schreiben vom 23. Oktober 2007 kündigte die Beklagte „die Zusammenarbeit aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung“. Im Kündigungsschutzprozess stützte sie ihre Kündigung darauf, der Kläger habe sich in Medien als „kommissarischer Reichspräsident“ dargestellt. Das Landesarbeitsgericht hat im Berufungsurteil festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 23. Oktober 2007 nicht fristlos aufgelöst wurde, sondern bis zum 31. Dezember 2007 fortbestand.
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Ab Oktober 2007 zahlte die Beklagte keine Vergütung mehr. Auf ihre Aufforderung arbeitete der Kläger wieder vom 13. November 2007 bis zu seiner Freistellung ab dem 3. Dezember 2007.
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Mit Klageerweiterungen im Kündigungsschutzprozess hat der Kläger Vergütung für die Monate Oktober bis Dezember 2007 begehrt, die er ausgehend von 3.000,00 Euro netto unter Zugrundelegung der Steuerklasse V auf eine monatliche Bruttovergütung von 6.910,77 Euro hochrechnete. Er hat geltend gemacht, die Parteien hätten ein Nettoentgelt vereinbart, zumindest ergebe sich eine Nettolohnabrede aus § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Außerdem hat der Kläger die Abgeltung von während der gesamten Beschäftigungszeit geleisteter 1.448,5 Überstunden verlangt und vorgetragen, der Geschäftsführer der Beklagten habe diese angeordnet und genehmigt. Wie alle anderen Arbeitnehmer habe der Kläger mittels einer Excel-Tabelle ein Arbeitszeitkonto führen müssen. Dieses habe er regelmäßig, letztmalig am 6. Juli 2007 dem Geschäftsführer vorgelegt.
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Der Kläger hat - soweit für die Revision von Belang - nach vorläufiger Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils zuletzt beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an ihn zu zahlen
a)
6.910,77 Euro brutto (Gehalt Oktober 2007) abzüglich gezahlter 3.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2008,
b)
6.910,77 Euro brutto (Gehalt November 2007) abzüglich gezahlter 3.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2008,
c)
6.910,77 Euro brutto (Gehalt Dezember 2007) abzüglich gezahlter 3.000,00 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2008,
d)
weitere 55.000,66 Euro brutto zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. September 2008.
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Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, eine Nettovergütung sei weder vereinbart gewesen, noch ergebe sich eine solche aus § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Die Parteien hätten keine Schwarzgeldabrede getroffen, sondern sich über eine freie Mitarbeit geeinigt, weil der Erwerb von Gesellschaftsanteilen beabsichtigt war. Ein Arbeitszeitkonto habe der Kläger nicht führen müssen. Seine Aufzeichnungen über angeblich geleistete Arbeitszeit hätten nachträglich manipuliert werden können. Überstunden habe sie weder angeordnet noch genehmigt.
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Das Arbeitsgericht hat die Beklagte zur Zahlung von 9.000,00 Euro netto nebst Zinsen verurteilt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Nach vier Terminen zur mündlichen Verhandlung hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und sie auf die Berufung des Klägers verurteilt, an diesen weitere 23.671,42 Euro netto nebst Zinsen zur Abgeltung von Überstunden zu zahlen. Mit der vom Senat für die Beklagte zugelassenen Revision wendet sich diese gegen die Zahlung einer Nettovergütung für die Monate Oktober bis Dezember 2007 und verfolgt hinsichtlich der Abgeltung von Überstunden ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision der Beklagten ist begründet.
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Streitgegenständlich sind in der Revisionsinstanz nach der Erklärung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu ihrem Revisionsantrag und mangels Anschlussrevision des Klägers nur die Fragen, ob für die Monate Oktober bis Dezember 2007 eine Brutto- oder Nettovergütung geschuldet ist und der Kläger die Abgeltung von Überstunden beanspruchen kann. Damit steht insbesondere rechtskräftig fest, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestand, das durch die Kündigung der Beklagten vom 23. Oktober 2007 zum 31. Dezember 2007 aufgelöst wurde.
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Zu Unrecht hat das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen die erstinstanzliche Verurteilung zu einer Nettovergütung für die Monate Oktober bis Dezember 2007 zurückgewiesen und der Berufung des Klägers gegen das die Klage auf Abgeltung von Überstunden abweisende Urteil des Arbeitsgerichts stattgegeben.
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I. Die Revision der Beklagten ist allerdings nicht bereits deshalb begründet, weil der von ihr geltend gemachte absolute Revisionsgrund der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Berufungsgerichts nach § 547 Nr. 1 ZPO iVm. § 72 Abs. 5 ArbGG vorläge. Die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des Gerichts ist unbegründet.
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1. Die Rüge der nicht vorschriftsmäßigen Besetzung des erkennenden Gerichts ist unverzichtbar, so dass entgegen der Auffassung des Klägers ein mögliches Einverständnis der Beklagten mit der Besetzung der Richterbank in der letzten Berufungsverhandlung am 19. März 2010 unerheblich ist.
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2. Nach § 547 Nr. 1 ZPO ist eine Entscheidung stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war. Die Norm umfasst auch diejenigen Fälle, in denen über die Rechtsstreitigkeit andere Richter entscheiden als die gesetzlich Berufenen (BAG 9. Juni 2011 - 2 ABR 35/10 - Rn. 16, NJW 2011, 3053; 26. September 2007 - 10 AZR 35/07 - Rn. 11, AP ZPO § 547 Nr. 7; 16. Mai 2002 - 8 AZR 412/01 - zu II 3 der Gründe, BAGE 101, 145 - jeweils mwN). Aus dem verfassungsrechtlichen Verbot, einem Verfahrensbeteiligten den gesetzlichen Richter zu entziehen (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) folgt, dass die Rechtsprechungsorgane nicht anders besetzt werden dürfen als es in den allgemeinen Normen der Gesetze und der Geschäftsverteilungspläne vorgesehen ist. „Gesetzlicher Richter“ bedeutet, dass sich der für die einzelne Sache zuständige Richter im Voraus eindeutig aus einer allgemeinen Regelung ergeben muss. Kennzeichnung der Gewährleistung des gesetzlichen Richters ist die normative, abstrakt-generelle Vorherbestimmung des jeweils für die Entscheidung zuständigen Richters (BAG 20. Juni 2007 - 10 AZR 375/06 - Rn. 16, AP ZPO § 547 Nr. 6 = EzA GG Art. 101 Nr. 8; 26. September 1996 - 8 AZR 126/95 - zu A I der Gründe, BAGE 84, 189).
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3. Diese Voraussetzungen sind gegeben. Die von der Beklagten gerügte Mitwirkung des ehrenamtlichen Richters R an der angefochtenen Entscheidung entspricht dem Geschäftsverteilungsplan des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg für das Geschäftsjahr 2010 (im Folgenden: GVPl.). Nach dessen Ziff. 7.1 Satz 3 war zwar zunächst aufgrund der in der Berufungsverhandlung vom 31. Juli 2009 erfolgten Beweisaufnahme die ehrenamtliche Richterin W zu den Fortsetzungsterminen heranzuziehen. Dementsprechend nahm Frau W an der Berufungsverhandlung am 20. November 2009 teil, die mit dem Beschluss endete, Termin zur Verkündung einer Entscheidung werde auf den 18. Dezember 2009 bestimmt. Diesen Verkündungstermin hob die Kammervorsitzende mit Beschluss vom 14. Dezember 2009 auf. Am 5. März 2010 erließ die vollbesetzte Kammer unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richterin W den am selben Tag verkündeten Beschluss, die mündliche Verhandlung am 19. März 2009 fortzusetzen. Nachdem die ehrenamtliche Richterin W sich für diesen Termin für verhindert erklärte, wurde statt ihrer der ehrenamtliche Richter R herangezogen.
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Diese Verfahrensweise steht im Einklang mit Ziff. 7.2 GVPl. Danach sind bei Verhinderung ehrenamtlicher Richter und Richterinnen an der Wahrnehmung einer Sitzung, eines Fortsetzungstermins oder eines für diesen anberaumten Ersatztermins der festgelegten Reihenfolge nach noch nicht zu nachfolgenden Sitzungen eingeteilte ehrenamtliche Richter und Richterinnen heranzuziehen. Für die Anzeige einer Verhinderung durch den ehrenamtlichen Richter oder die ehrenamtliche Richterin ist deren förmliche Ladung nicht erforderlich. Das gilt umso mehr, als im Streitfall der ehrenamtlichen Richterin W durch ihre Mitwirkung an dem Beschluss vom 5. März 2010 der anberaumte Fortsetzungstermin schon vor einer förmlichen Ladung hierzu bekannt war.
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II. Die Revision der Beklagten ist begründet, soweit das Landesarbeitsgericht die Berufung der Beklagten gegen ihre erstinstanzliche Verurteilung zu einer Nettovergütung für die Monate Oktober bis Dezember 2007 zurückgewiesen hat. Der Kläger kann eine Nettovergütung für diesen Zeitraum nicht beanspruchen.
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1. Zwischen den Parteien steht in der Revisionsinstanz außer Streit, dass dem Kläger für die Monate Oktober bis Dezember 2007 Vergütung nach § 611 Abs. 1 BGB für geleistete Arbeit und im Übrigen unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs(§ 615 Satz 1 BGB) zusteht. Eine Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger die vereinbarte Vergütung in Höhe von 3.000,00 Euro monatlich als Nettovergütung zu zahlen, besteht jedoch nicht.
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a) Eine solche ergibt sich nicht aus den Vereinbarungen der Parteien. Eine ausdrückliche Nettolohnvereinbarung wurde von ihnen nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht getroffen.
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b) Eine Nettolohnabrede folgt auch nicht aus § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV. Danach gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart, wenn bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge nicht gezahlt worden sind. Unbeschadet der - vom Landesarbeitsgericht bejahten - Frage, ob die Parteien eine Schwarzgeldabrede getroffen haben, beschränkt sich der Anwendungsbereich dieser Vorschrift auf das Sozialversicherungsrecht und erstreckt sich nicht auf das bürgerlichrechtliche Rechtsverhältnis der Arbeitsvertragsparteien (BAG 17. März 2010 - 5 AZR 301/09 - Rn. 13 ff., BAGE 133, 332; ErfK/Preis 11. Aufl. § 611 BGB Rn. 475; DFL/Kamanabrou 4. Aufl. § 611 BGB Rn. 228; Palandt/Weidenkaff 70. Aufl. § 611 BGB Rn. 51; Arnold ArbR Aktuell 2010, 322; Steenfatt BB 2010, 1992). Das ergibt eine systematische Auslegung der Norm, deren Ergebnis durch den Zweck und die Entstehungsgeschichte des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV bestätigt wird(s. dazu im Einzelnen BAG 17. März 2010 - 5 AZR 301/09 - aaO).
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Die Befürchtung des Klägers, ein solches Verständnis des § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV schaffe für Arbeitgeber Anreize zur Schwarzarbeit, ist unberechtigt. Neben seiner Strafbarkeit wegen des Vorenthaltens und der Veruntreuung von Arbeitsentgelt nach § 266a StGB muss der Arbeitgeber die Nachentrichtung des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gegenwärtigen, in der Regel ohne(volle) Rückgriffsmöglichkeit auf den Arbeitnehmer, § 28e Abs. 1 Satz 1, § 28g Satz 3 SGB IV.
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Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts steht auch nicht in Widerspruch zu der des Bundesgerichtshofs. Dieser versteht § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IV ebenfalls(nur) als sozialversicherungsrechtliche Berechnungsgrundlage des Arbeitsentgelts in einem illegalen Beschäftigungsverhältnis, die er im Rahmen der Strafnorm des § 266a StGB bei der Berechnung der vorenthaltenen Sozialversicherungsbeiträge anwendet(BGH 2. Dezember 2008 - 1 StR 416/08 - Rn. 12 ff., BGHSt. 53, 71). Der vom Kläger angeregten Vorlage an die Vereinigten Großen Senate beim Bundesgerichtshof (§ 132 Abs. 1 Satz 2 GVG) bedurfte es schon deshalb nicht, weil das Bundesarbeitsgericht - anders als das Reichsarbeitsgericht, das als besonders besetzter Senat des Reichsgerichts konzipiert war (vgl. GMP/Prütting 7. Aufl. ArbGG Einl. Rn. 14) - ein eigenständiger oberster Gerichtshof des Bundes (Art. 95 Abs. 1 GG) ist.
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2. Der Kläger kann die vereinbarte Vergütung von 3.000,00 Euro monatlich, die auch dann wirksam vereinbart ist, wenn die Parteien - wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat - eine Schwarzgeldabrede getroffen haben (vgl. BAG 26. Februar 2003 - 5 AZR 690/01 - zu II 4 der Gründe, BAGE 105, 187), nur als Bruttovergütung beanspruchen (BAG 16. Juni 2004 - 5 AZR 521/03 - zu II 1 und 2 der Gründe, BAGE 111, 131; ErfK/Preis § 611 BGB Rn. 474 mwN). Denn der Arbeitnehmer ist gemäß § 38 Abs. 2 EStG Schuldner der Lohnsteuer und muss im Innenverhältnis zum Arbeitgeber den ihn treffenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags tragen, § 28g SGB IV. Dass das Vertragsverhältnis der Parteien als Arbeitsverhältnis einzuordnen ist, steht aufgrund der nicht angegriffenen Entscheidung des Berufungsgerichts im Kündigungsschutzprozess rechtskräftig fest.
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3. Die Beklagte hat den Vergütungsanspruch nach ihrem eigenen Vorbringen nicht erfüllt (§ 362 Abs. 1 BGB). Die vorläufige Vollstreckung des erstinstanzlichen Urteils durch den Kläger bewirkt nicht die materiell-rechtliche Erfüllung des Vergütungsanspruchs und führt bis zur Rechtskraft der Entscheidung nicht zur endgültigen Tilgung nach § 815 Abs. 3, § 819 ZPO(vgl. Palandt/Grüneberg § 362 BGB Rn. 15 mwN).
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4. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB iVm. § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
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III. Die Revision der Beklagten ist auch begründet, soweit das Landesarbeitsgericht der Berufung des Klägers gegen das die Klage auf Abgeltung von Überstunden abweisende Urteil des Arbeitsgerichts stattgegeben hat. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Überstundenvergütung.
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1. Der Arbeitsvertrag der Parteien enthält weder eine positive noch eine negative Regelung zur Vergütung von Überstunden. Anspruchsgrundlage für das Begehren des Klägers kann deshalb nur § 612 Abs. 1 BGB sein. Nach dieser Vorschrift gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
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Die nach § 612 Abs. 1 BGB erforderliche - objektive - Vergütungserwartung wird zwar in weiten Teilen des Arbeitslebens gegeben sein. Einen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jede Mehrarbeitszeit oder jede dienstliche Anwesenheit über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus zu vergüten ist, gibt es jedoch nicht (vgl. BAG 17. August 2011 - 5 AZR 406/10 - Rn. 21, ZIP 2011, 2204; ErfK/Preis § 612 BGB Rn. 18; HWK/Thüsing 4. Aufl. § 612 BGB Rn. 23 - jeweils mwN). Die Vergütungserwartung ist deshalb stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankäme (BAG 11. Oktober 2000 - 5 AZR 122/99 -- zu IV 4 a der Gründe, BAGE 96, 45). Darlegungs- und beweispflichtig für das Bestehen einer Vergütungserwartung ist nach allgemeinen Grundsätzen derjenige, der eine Vergütung begehrt.
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2. Aus dem Sachvortrag des Klägers lässt sich das Bestehen einer Vergütungserwartung nicht begründen. Anders als im „Normalarbeitsverhältnis“ sind die Vertragsbeziehungen der Parteien im Streitfall dadurch gekennzeichnet, dass der Kläger neben dem Arbeitsverhältnis als Büroleiter, in dem er für eine bestimmte Wochenarbeitszeit eine gleichbleibende monatliche Vergütung erhalten sollte, damit betraut war, Versicherungsverträge für die Beklagte unabhängig von dem dafür benötigten Zeitaufwand auf Provisionsbasis zu vermitteln. Dabei waren die unterschiedlichen Vergütungsregelungen folgenden Tätigkeiten arbeitszeitlich nicht strikt getrennt, sondern ineinander verschränkt. Der Kläger durfte nach Buchst. d des Nachtrags zur Zusatzvereinbarung (im Folgenden: Nachtrag) während der Arbeitszeit als Büroleiter Angebote für seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter ausarbeiten und entsprechende Telefonate führen. Außendiensttätigkeiten sollten zwar nach der Arbeitszeit als Büroleiter erfolgen, konnten aber unter Verrechnung auf diese während der „regulären Arbeitszeit“ durchgeführt werden, Buchst. b und Buchst. c des Nachtrags. Damit wird deutlich, dass es den Parteien nicht auf eine strikte Trennung der unterschiedlich vergüteten Arbeitsbereiche ankam. Der Kläger durfte ohne zeitliche Begrenzung während der Arbeitszeit als Büroleiter Angebote für seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter ausarbeiten und entsprechende Telefonate führen. Bei einer derartigen Verschränkung arbeitszeitbezogen und arbeitszeitunabhängig vergüteter Arbeits- bzw. Dienstleistungen lässt sich das Bestehen einer objektiven Vergütungserwartung für Überstunden im arbeitszeitbezogen vergüteten Arbeitsbereich nicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände oder einer entsprechenden Verkehrssitte begründen. Fehlt es daran, kann eine Überstundenvergütung nur verlangt werden, wenn sie arbeitsvertraglich vereinbart ist.
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3. Besondere Umstände für eine Ausnahme von dieser Regel hat der Kläger nicht vorgebracht. Die geplante Tätigkeit als Geschäftsführer unter Beteiligung als Minderheitsgesellschafter an der beklagten GmbH spricht eher gegen eine Vergütungserwartung iSv. § 612 Abs. 1 BGB. Anhaltspunkte für eine die Auffassung des Klägers stützende entsprechende Verkehrssitte hat der Senat nicht. Dieses Ergebnis bestätigt das Verhalten des Klägers, der der Beklagten bis zur Beendigung des Vertragsverhältnisses Überstunden aus seiner Büroleitertätigkeit weder in Rechnung gestellt noch sonst geltend gemacht hat.
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IV. Der Kläger hat gemäß § 91 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Nach § 92 Abs. 1 ZPO haben der Kläger von den Kosten der Berufung 19/20 und die Beklagte 1/20 sowie von den erstinstanzlichen Kosten der Kläger 9/10 und die Beklagte 1/10 zu tragen.
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(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
(1) Gegen das Endurteil eines Landesarbeitsgerichts findet die Revision an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Urteil des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 72a Abs. 5 Satz 2 zugelassen worden ist. § 64 Abs. 3a ist entsprechend anzuwenden.
(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn
- 1.
eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat, - 2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, von einer Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts oder, solange eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist, von einer Entscheidung einer anderen Kammer desselben Landesarbeitsgerichts oder eines anderen Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht oder - 3.
ein absoluter Revisionsgrund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zivilprozessordnung oder eine entscheidungserhebliche Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend gemacht wird und vorliegt.
(3) Das Bundesarbeitsgericht ist an die Zulassung der Revision durch das Landesarbeitsgericht gebunden.
(4) Gegen Urteile, durch die über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung entschieden wird, ist die Revision nicht zulässig.
(5) Für das Verfahren vor dem Bundesarbeitsgericht gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Revision mit Ausnahme des § 566 entsprechend.
(6) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1, der §§ 50, 52 und 53, des § 57 Abs. 2, des § 61 Abs. 2 und des § 63 dieses Gesetzes über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellung, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, gütliche Erledigung des Rechtsstreits sowie Inhalt des Urteils und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen und des § 169 Absatz 3 und 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes über die Ton- und Fernseh-Rundfunkaufnahmen sowie Ton- und Filmaufnahmen bei der Entscheidungsverkündung gelten entsprechend.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
Eine Entscheidung ist stets als auf einer Verletzung des Rechts beruhend anzusehen,
- 1.
wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war; - 2.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen war, sofern nicht dieses Hindernis mittels eines Ablehnungsgesuchs ohne Erfolg geltend gemacht ist; - 3.
wenn bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, obgleich er wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt war; - 4.
wenn eine Partei in dem Verfahren nicht nach Vorschrift der Gesetze vertreten war, sofern sie nicht die Prozessführung ausdrücklich oder stillschweigend genehmigt hat; - 5.
wenn die Entscheidung auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt sind; - 6.
wenn die Entscheidung entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes nicht mit Gründen versehen ist.
Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
- 1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder - 2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, - 2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält, - 3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet, - 4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder - 5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.(1) Den Gesamtsozialversicherungsbeitrag hat der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund zu zahlen. Die Zahlung des vom Beschäftigten zu tragenden Teils des Gesamtsozialversicherungsbeitrags gilt als aus dem Vermögen des Beschäftigten erbracht. Ist ein Träger der Kranken- oder Rentenversicherung oder die Bundesagentur für Arbeit der Arbeitgeber, gilt der jeweils für diesen Leistungsträger oder, wenn eine Krankenkasse der Arbeitgeber ist, auch der für die Pflegekasse bestimmte Anteil am Gesamtsozialversicherungsbeitrag als gezahlt; dies gilt für die Beiträge zur Rentenversicherung auch im Verhältnis der Träger der Rentenversicherung untereinander.
(2) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers haftet bei einem wirksamen Vertrag der Entleiher wie ein selbstschuldnerischer Bürge, soweit ihm Arbeitnehmer gegen Vergütung zur Arbeitsleistung überlassen worden sind. Er kann die Zahlung verweigern, solange die Einzugsstelle den Arbeitgeber nicht gemahnt hat und die Mahnfrist nicht abgelaufen ist. Zahlt der Verleiher das vereinbarte Arbeitsentgelt oder Teile des Arbeitsentgelts an den Leiharbeitnehmer, obwohl der Vertrag nach § 9 Absatz 1 Nummer 1 bis 1b des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes unwirksam ist, so hat er auch den hierauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrag an die Einzugsstelle zu zahlen. Hinsichtlich der Zahlungspflicht nach Satz 3 gilt der Verleiher neben dem Entleiher als Arbeitgeber; beide haften insoweit als Gesamtschuldner.
(2a) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht, die sich für den Arbeitgeber knappschaftlicher Arbeiten im Sinne von § 134 Absatz 4 des Sechsten Buches ergibt, haftet der Arbeitgeber des Bergwerkbetriebes, mit dem die Arbeiten räumlich und betrieblich zusammenhängen, wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(3) Für die Erfüllung der Zahlungspflicht des Arbeitgebers von Seeleuten nach § 13 Absatz 1 Satz 2 haften Arbeitgeber und Reeder als Gesamtschuldner.
(3a) Ein Unternehmer des Baugewerbes, der einen anderen Unternehmer mit der Erbringung von Bauleistungen im Sinne des § 101 Absatz 2 des Dritten Buches beauftragt, haftet für die Erfüllung der Zahlungspflicht dieses Unternehmers oder eines von diesem Unternehmer beauftragten Verleihers wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Satz 1 gilt entsprechend für die vom Nachunternehmer gegenüber ausländischen Sozialversicherungsträgern abzuführenden Beiträge. Absatz 2 Satz 2 gilt entsprechend.
(3b) Die Haftung nach Absatz 3a entfällt, wenn der Unternehmer nachweist, dass er ohne eigenes Verschulden davon ausgehen konnte, dass der Nachunternehmer oder ein von ihm beauftragter Verleiher seine Zahlungspflicht erfüllt. Ein Verschulden des Unternehmers ist ausgeschlossen, soweit und solange er Fachkunde, Zuverlässigkeit und Leistungsfähigkeit des Nachunternehmers oder des von diesem beauftragten Verleihers durch eine Präqualifikation nachweist, die die Eignungsvoraussetzungen nach § 6a der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil A in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 2019 (BAnz. AT 19.02.2019 B2) erfüllt.
(3c) Ein Unternehmer, der Bauleistungen im Auftrag eines anderen Unternehmers erbringt, ist verpflichtet, auf Verlangen der Einzugstelle Firma und Anschrift dieses Unternehmers mitzuteilen. Kann der Auskunftsanspruch nach Satz 1 nicht durchgesetzt werden, hat ein Unternehmer, der einen Gesamtauftrag für die Erbringung von Bauleistungen für ein Bauwerk erhält, der Einzugsstelle auf Verlangen Firma und Anschrift aller Unternehmer, die von ihm mit der Erbringung von Bauleistungen beauftragt wurden, zu benennen.
(3d) Absatz 3a gilt ab einem geschätzten Gesamtwert aller für ein Bauwerk in Auftrag gegebenen Bauleistungen von 275 000 Euro, wobei für Schätzungen die Vergabeverordnung vom 12. April 2016 (BGBl. I S. 624) in der jeweils geltenden Fassung gilt.
(3e) Die Haftung des Unternehmers nach Absatz 3a erstreckt sich in Abweichung von der dort getroffenen Regelung auf das von dem Nachunternehmer beauftragte nächste Unternehmen, wenn die Beauftragung des unmittelbaren Nachunternehmers bei verständiger Würdigung der Gesamtumstände als ein Rechtsgeschäft anzusehen ist, dessen Ziel vor allem die Auflösung der Haftung nach Absatz 3a ist. Maßgeblich für die Würdigung ist die Verkehrsanschauung im Baubereich. Ein Rechtsgeschäft im Sinne dieser Vorschrift, das als Umgehungstatbestand anzusehen ist, ist in der Regel anzunehmen,
- a)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder selbst eigene Bauleistungen noch planerische oder kaufmännische Leistungen erbringt oder - b)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer weder technisches noch planerisches oder kaufmännisches Fachpersonal in nennenswertem Umfang beschäftigt oder - c)
wenn der unmittelbare Nachunternehmer in einem gesellschaftsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Hauptunternehmer steht.
(3f) Der Unternehmer kann den Nachweis nach Absatz 3b Satz 2 anstelle der Präqualifikation auch für den Zeitraum des Auftragsverhältnisses durch Vorlage von lückenlosen Unbedenklichkeitsbescheinigungen der zuständigen Einzugsstellen für den Nachunternehmer oder den von diesem beauftragten Verleiher erbringen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung enthält Angaben über die ordnungsgemäße Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge und die Zahl der gemeldeten Beschäftigten.
(3g) Für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist und der einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragt, gelten die Absätze 3a, 3b Satz 1, 3e und 3f entsprechend. Absatz 3b Satz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass die Präqualifikation die Voraussetzung erfüllt, dass der Nachunternehmer in einem amtlichen Verzeichnis eingetragen ist oder über eine Zertifizierung verfügt, die jeweils den Anforderungen des Artikels 64 der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2017/2365 (ABl. L 337 vom 19.12.2017, S. 19) geändert worden ist, entsprechen. Für einen Unternehmer, der im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördert, gilt Absatz 3c entsprechend. Beförderung von Paketen im Sinne dieses Buches ist
- a)
die Beförderung adressierter Pakete mit einem Einzelgewicht von bis zu 32 Kilogramm, soweit diese mit Kraftfahrzeugen mit einem zulässigen Gesamtgewicht von bis zu 3,5 Tonnen erfolgt, - b)
die stationäre Bearbeitung von adressierten Paketen bis zu 32 Kilogramm mit Ausnahme der Bearbeitung im Filialbereich.
(3h) Die Bundesregierung berichtet unter Beteiligung des Normenkontrollrates zum 31. Dezember 2023 über die Wirksamkeit und Reichweite der Haftung für Sozialversicherungsbeiträge für die Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und einen anderen Unternehmer mit der Beförderung von Paketen beauftragen, insbesondere über die Haftungsfreistellung nach Absatz 3b und Absatz 3f Satz 1.
(4) Die Haftung umfasst die Beiträge und Säumniszuschläge, die infolge der Pflichtverletzung zu zahlen sind, sowie die Zinsen für gestundete Beiträge (Beitragsansprüche).
(5) Die Satzung der Einzugsstelle kann bestimmen, unter welchen Voraussetzungen vom Arbeitgeber Vorschüsse auf den Gesamtsozialversicherungsbeitrag verlangt werden können.
Der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund hat gegen den Beschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Dieser Anspruch kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Beschäftigte seinen Pflichten nach § 28o Absatz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.
(1) Arbeitsentgelt sind alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, gleichgültig, ob ein Rechtsanspruch auf die Einnahmen besteht, unter welcher Bezeichnung oder in welcher Form sie geleistet werden und ob sie unmittelbar aus der Beschäftigung oder im Zusammenhang mit ihr erzielt werden. Arbeitsentgelt sind auch Entgeltteile, die durch Entgeltumwandlung nach § 1 Absatz 2 Nummer 3 des Betriebsrentengesetzes für betriebliche Altersversorgung in den Durchführungswegen Direktzusage oder Unterstützungskasse verwendet werden, soweit sie 4 vom Hundert der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze der allgemeinen Rentenversicherung übersteigen.
(2) Ist ein Nettoarbeitsentgelt vereinbart, gelten als Arbeitsentgelt die Einnahmen des Beschäftigten einschließlich der darauf entfallenden Steuern und der seinem gesetzlichen Anteil entsprechenden Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung. Sind bei illegalen Beschäftigungsverhältnissen Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung und zur Arbeitsförderung nicht gezahlt worden, gilt ein Nettoarbeitsentgelt als vereinbart.
(3) Wird ein Haushaltsscheck (§ 28a Absatz 7) verwendet, bleiben Zuwendungen unberücksichtigt, die nicht in Geld gewährt worden sind.
(1) Wer als Arbeitgeber der Einzugsstelle Beiträge des Arbeitnehmers zur Sozialversicherung einschließlich der Arbeitsförderung, unabhängig davon, ob Arbeitsentgelt gezahlt wird, vorenthält, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer als Arbeitgeber
- 1.
der für den Einzug der Beiträge zuständigen Stelle über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder - 2.
die für den Einzug der Beiträge zuständige Stelle pflichtwidrig über sozialversicherungsrechtlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt
(3) Wer als Arbeitgeber sonst Teile des Arbeitsentgelts, die er für den Arbeitnehmer an einen anderen zu zahlen hat, dem Arbeitnehmer einbehält, sie jedoch an den anderen nicht zahlt und es unterlässt, den Arbeitnehmer spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach über das Unterlassen der Zahlung an den anderen zu unterrichten, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Satz 1 gilt nicht für Teile des Arbeitsentgelts, die als Lohnsteuer einbehalten werden.
(4) In besonders schweren Fällen der Absätze 1 und 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter
- 1.
aus grobem Eigennutz in großem Ausmaß Beiträge vorenthält, - 2.
unter Verwendung nachgemachter oder verfälschter Belege fortgesetzt Beiträge vorenthält, - 3.
fortgesetzt Beiträge vorenthält und sich zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege von einem Dritten verschafft, der diese gewerbsmäßig anbietet, - 4.
als Mitglied einer Bande handelt, die sich zum fortgesetzten Vorenthalten von Beiträgen zusammengeschlossen hat und die zur Verschleierung der tatsächlichen Beschäftigungsverhältnisse unrichtige, nachgemachte oder verfälschte Belege vorhält, oder - 5.
die Mithilfe eines Amtsträgers ausnutzt, der seine Befugnisse oder seine Stellung missbraucht.
(5) Dem Arbeitgeber stehen der Auftraggeber eines Heimarbeiters, Hausgewerbetreibenden oder einer Person, die im Sinne des Heimarbeitsgesetzes diesen gleichgestellt ist, sowie der Zwischenmeister gleich.
(6) In den Fällen der Absätze 1 und 2 kann das Gericht von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen, wenn der Arbeitgeber spätestens im Zeitpunkt der Fälligkeit oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich
Liegen die Voraussetzungen des Satzes 1 vor und werden die Beiträge dann nachträglich innerhalb der von der Einzugsstelle bestimmten angemessenen Frist entrichtet, wird der Täter insoweit nicht bestraft. In den Fällen des Absatzes 3 gelten die Sätze 1 und 2 entsprechend.(1) Beim Bundesgerichtshof werden ein Großer Senat für Zivilsachen und ein Großer Senat für Strafsachen gebildet. Die Großen Senate bilden die Vereinigten Großen Senate.
(2) Will ein Senat in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats abweichen, so entscheiden der Große Senat für Zivilsachen, wenn ein Zivilsenat von einem anderen Zivilsenat oder von dem Großen Zivilsenat, der Große Senat für Strafsachen, wenn ein Strafsenat von einem anderen Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen, die Vereinigten Großen Senate, wenn ein Zivilsenat von einem Strafsenat oder von dem Großen Senat für Strafsachen oder ein Strafsenat von einem Zivilsenat oder von dem Großen Senat für Zivilsachen oder ein Senat von den Vereinigten Großen Senaten abweichen will.
(3) Eine Vorlage an den Großen Senat oder die Vereinigten Großen Senate ist nur zulässig, wenn der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, auf Anfrage des erkennenden Senats erklärt hat, daß er an seiner Rechtsauffassung festhält. Kann der Senat, von dessen Entscheidung abgewichen werden soll, wegen einer Änderung des Geschäftsverteilungsplanes mit der Rechtsfrage nicht mehr befaßt werden, tritt der Senat an seine Stelle, der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall, in dem abweichend entschieden wurde, zuständig wäre. Über die Anfrage und die Antwort entscheidet der jeweilige Senat durch Beschluß in der für Urteile erforderlichen Besetzung; § 97 Abs. 2 Satz 1 des Steuerberatungsgesetzes und § 74 Abs. 2 Satz 1 der Wirtschaftsprüferordnung bleiben unberührt.
(4) Der erkennende Senat kann eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung dem Großen Senat zur Entscheidung vorlegen, wenn das nach seiner Auffassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich ist.
(5) Der Große Senat für Zivilsachen besteht aus dem Präsidenten und je einem Mitglied der Zivilsenate, der Große Senate für Strafsachen aus dem Präsidenten und je zwei Mitgliedern der Strafsenate. Legt ein anderer Senat vor oder soll von dessen Entscheidung abgewichen werden, ist auch ein Mitglied dieses Senats im Großen Senat vertreten. Die Vereinigten Großen Senate bestehen aus dem Präsidenten und den Mitgliedern der Großen Senate.
(6) Die Mitglieder und die Vertreter werden durch das Präsidium für ein Geschäftsjahr bestellt. Dies gilt auch für das Mitglied eines anderen Senats nach Absatz 5 Satz 2 und für seinen Vertreter. Den Vorsitz in den Großen Senaten und den Vereinigten Großen Senaten führt der Präsident, bei Verhinderung das dienstälteste Mitglied. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag.
(1) Für die Gebiete der ordentlichen, der Verwaltungs-, der Finanz-, der Arbeits- und der Sozialgerichtsbarkeit errichtet der Bund als oberste Gerichtshöfe den Bundesgerichtshof, das Bundesverwaltungsgericht, den Bundesfinanzhof, das Bundesarbeitsgericht und das Bundessozialgericht.
(2) Über die Berufung der Richter dieser Gerichte entscheidet der für das jeweilige Sachgebiet zuständige Bundesminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß, der aus den für das jeweilige Sachgebiet zuständigen Ministern der Länder und einer gleichen Anzahl von Mitgliedern besteht, die vom Bundestage gewählt werden.
(3) Zur Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ein Gemeinsamer Senat der in Absatz 1 genannten Gerichte zu bilden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
(1)1Bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit wird die Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer), soweit der Arbeitslohn von einem Arbeitgeber gezahlt wird, der
- 1.
im Inland einen Wohnsitz, seinen gewöhnlichen Aufenthalt, seine Geschäftsleitung, seinen Sitz, eine Betriebsstätte oder einen ständigen Vertreter im Sinne der §§ 8 bis 13 der Abgabenordnung hat (inländischer Arbeitgeber) oder - 2.
einem Dritten (Entleiher) Arbeitnehmer gewerbsmäßig zur Arbeitsleistung im Inland überlässt, ohne inländischer Arbeitgeber zu sein (ausländischer Verleiher).
(2)1Der Arbeitnehmer ist Schuldner der Lohnsteuer.2Die Lohnsteuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitslohn dem Arbeitnehmer zufließt.
(3)1Der Arbeitgeber hat die Lohnsteuer für Rechnung des Arbeitnehmers bei jeder Lohnzahlung vom Arbeitslohn einzubehalten.2Bei juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat die öffentliche Kasse, die den Arbeitslohn zahlt, die Pflichten des Arbeitgebers.3In den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch an die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben hat die Deutsche Rentenversicherung Bund bei Inanspruchnahme des Wertguthabens die Pflichten des Arbeitgebers.
(3a)1Soweit sich aus einem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis tarifvertragliche Ansprüche des Arbeitnehmers auf Arbeitslohn unmittelbar gegen einen Dritten mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland richten und von diesem durch die Zahlung von Geld erfüllt werden, hat der Dritte die Pflichten des Arbeitgebers.2In anderen Fällen kann das Finanzamt zulassen, dass ein Dritter mit Wohnsitz, Geschäftsleitung oder Sitz im Inland die Pflichten des Arbeitgebers im eigenen Namen erfüllt.3Voraussetzung ist, dass der Dritte
- 1.
sich hierzu gegenüber dem Arbeitgeber verpflichtet hat, - 2.
den Lohn auszahlt oder er nur Arbeitgeberpflichten für von ihm vermittelte Arbeitnehmer übernimmt und - 3.
die Steuererhebung nicht beeinträchtigt wird.
(4)1Wenn der vom Arbeitgeber geschuldete Barlohn zur Deckung der Lohnsteuer nicht ausreicht, hat der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber den Fehlbetrag zur Verfügung zu stellen oder der Arbeitgeber einen entsprechenden Teil der anderen Bezüge des Arbeitnehmers zurückzubehalten.2Soweit der Arbeitnehmer seiner Verpflichtung nicht nachkommt und der Arbeitgeber den Fehlbetrag nicht durch Zurückbehaltung von anderen Bezügen des Arbeitnehmers aufbringen kann, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt (§ 41a Absatz 1 Satz 1 Nummer 1) anzuzeigen.3Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber die von einem Dritten gewährten Bezüge (Absatz 1 Satz 3) am Ende des jeweiligen Lohnzahlungszeitraums anzugeben; wenn der Arbeitnehmer keine Angabe oder eine erkennbar unrichtige Angabe macht, hat der Arbeitgeber dies dem Betriebsstättenfinanzamt anzuzeigen.4Das Finanzamt hat die zu wenig erhobene Lohnsteuer vom Arbeitnehmer nachzufordern.
Der Arbeitgeber und in den Fällen der nach § 7f Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 auf die Deutsche Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben die Deutsche Rentenversicherung Bund hat gegen den Beschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Dieser Anspruch kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Beschäftigte seinen Pflichten nach § 28o Absatz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Gepfändetes Geld ist dem Gläubiger abzuliefern.
(2) Wird dem Gerichtsvollzieher glaubhaft gemacht, dass an gepfändetem Geld ein die Veräußerung hinderndes Recht eines Dritten bestehe, so ist das Geld zu hinterlegen. Die Zwangsvollstreckung ist fortzusetzen, wenn nicht binnen einer Frist von zwei Wochen seit dem Tag der Pfändung eine Entscheidung des nach § 771 Abs. 1 zuständigen Gerichts über die Einstellung der Zwangsvollstreckung beigebracht wird.
(3) Die Wegnahme des Geldes durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht nach Absatz 2 oder nach § 720 die Hinterlegung zu erfolgen hat.
Die Empfangnahme des Erlöses durch den Gerichtsvollzieher gilt als Zahlung von Seiten des Schuldners, sofern nicht dem Schuldner nachgelassen ist, durch Sicherheitsleistung oder durch Hinterlegung die Vollstreckung abzuwenden.
(1) Das Schuldverhältnis erlischt, wenn die geschuldete Leistung an den Gläubiger bewirkt wird.
(2) Wird an einen Dritten zum Zwecke der Erfüllung geleistet, so finden die Vorschriften des § 185 Anwendung.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
(2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
(3) (weggefallen)
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.
(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn
- 1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder - 2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.