Arbeitsgericht Hamburg Beschluss, 07. Jan. 2015 - 27 BVGa 5/14

bei uns veröffentlicht am07.01.2015

Tenor

Die Anträge werden zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Dem Beteiligten zu 1. geht es um den Zutritt seiner Mitglieder zu den Betriebsstätten, dem Aushang von Dokumenten zur Betriebsratswahl, der Herausgabe von Arbeitnehmerdaten, der Zurverfügungstellung von Sachmitteln sowie der Unterlassung von Behinderungen der Betriebsratswahl.

2

Die Antragsgegnerin und Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Beteiligte zu 2.) ist ein Dienstleister für mehrere Theater der S. Hamburg. Sie betreut in fünf Spielstätten den Gästeservice. Ihre Beschäftigten empfangen den Gast im Theater, kontrollieren den Einlass, organisieren die Garderobe, den Gastronomieservice vor und nach der Aufführung sowie in den Pausen nebst jeweiliger Vor- und Nachbereitung und regeln den Zugang zum Vorführungsraum. Bei ihr sind ca. 538 Mitarbeiter beschäftigt, überwiegend in Teilzeit mit unregelmäßigen Arbeitszeiten.

3

Der Antragsteller und Beteiligte zu 1. (im Folgenden: Beteiligte zu 1.) ist der auf einer Betriebsversammlung gewählte Wahlvorstand, bestehend aus drei Mitarbeitern der Beteiligten zu 2.

4

Mit Schreiben vom 25.11.2014 teilte die im Betrieb vertretene Gewerkschaft v. mit, dass eine Betriebsratswahl eingeleitet werden würde. Es wird auf die Anlage Ast 1 (Bl. 18 d.A.) Bezug genommen. Dieses Schreiben wurde am 28.11.2014 an den Geschäftsführer der Beteiligten zu 2. übersandt. Die weiteren Versuche der Kommunikation zwischen den Beteiligten sind streitig. Beigefügt war eine „Einladung zur Versammlung zur Wahl eines Wahlvorstandes“. Mit der auf den 25.11.2014 datierenden Einladung wurde zu einer Betriebsversammlung in das D. Gewerkschaftshaus am 05.12.2014, von 11.00 Uhr bis ca. 12.30 Uhr, eingeladen. Als Gegenstand der Tagesordnung heißt es u.a., dass ein 3- oder 5-köpfiger Wahlvorstand zu wählen ist, der die Betriebsratswahl einleiten und durchführen wird. Es wird auf die Anlage Ast 3 (Bl. 20 d.A.) Bezug genommen. Wann und wo die Einladung in den Theatern, in denen die Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. eingesetzt wurden, ausgehängt wurde, ist zwischen den Beteiligten streitig. Ein Aushang in der Zentrale ist nicht erfolgt.

5

An der Betriebsversammlung am 05.12.2014 nahmen nach der Unterschriftenliste 39 Arbeitnehmer teil. Von der Versammlung wurden Frau Sch., stellvertretende Landesbezirksleiterin von v., sowie Herr H. von v. als Versammlungsleiter gewählt, nachdem Frau W., eine Büromitarbeiterin der Beteiligten zu 2, vorgeschlagen hat, die Versammlung zu leiten. Weiterhin heißt es zur Wahl des Wahlvorstandes im Protokoll zu der Versammlung:

6

Sch. bittet die Versammlung um Vorschläge zum Wahlvorstand. Es seien entweder 3 oder 5 ordentliche Mitglieder sowie Ersatzmitglieder zu wählen. Sie rege an, dass aufgrund der Größe und Verteilung auf 4 Theater ein 5-köpfiger Wahlvorstand gewählt werde. Aus der Versammlung wird vorgeschlagen, dass ein 3-köpfiger Wahlvorstand gewählt werden solle. Sch. bittet um Abstimmung per Handzeichen. Für die Wahl eines 3-köpfigen Wahlvorstandes melden sich nur knapp ein Dutzend. Für die Wahl eines 5-köpfigen Wahlvorstandes melden sich mehr als 20. Damit wird die Wahl eines 5-köpfigen Wahlvorstandes aufgerufen.
(…)

7

Die Abstimmung erfolgt geheim und in schriftlicher Wahl. Die Auszählung der Stimmzettel ergibt folgende Ergebnisse:

8

S1 (9), J. (14), S2 (9), A. (10), A1 (11), S3 (10), W. (11), B. (4), N. (6), S4 (7), K. (2), U. (10), K1 (21), G. (21), S5 (16), W1 (23).

9

In der Versammlung wurden die fünf Mitarbeiter mit den meisten Stimmen als Mitglieder des Wahlvorstandes bezeichnet, die folgenden fünf Mitarbeiter in der Reihenfolge der erhaltenen Stimmen als Ersatzmitglieder.

10

Es wird auf die Anlage ASt 5 (Bl. 24 f. d.A.) Bezug genommen.

11

Frau W1 wurde vom Wahlvorstand in der konstituierenden Sitzung am 18.12.2014 zu ihrer Vorsitzenden gewählt.

12

Mit Schreiben vom 18.12.2014 wies der Geschäftsführer der Beteiligten zu 2. die Wahlvorstandsmitglieder darauf hin, dass aus seiner Sicht ein Wahlvorstand nicht ordnungsgemäß gewählt worden sei und insbesondere nicht alle Mitglieder sowie die Ersatzmitglieder nicht die erforderliche absolute Mehrheit der Stimmen in der Wahlversammlung erhalten hätten. Es wird auf die Anlage ASt 6 (Bl. 26 ff. d.A.) Bezug genommen. Mit E-Mail vom 18.12.2014 (Anlage ASt 8, Bl. 36 d.A.) teilte Frau Sch. dem Geschäftsführer mit, dass „tatsächlich kein 5-köpfiger Wahlvorstand zustande gekommen (ist).“ Zugleich wurde darauf hingewiesen, dass der Wahlvorstand aus drei Mitarbeitern bestehe. Dies wurde der Beteiligten zu 2. nochmals mit Schreiben vom 19.12.2014 (Anlage ASt 11, Bl. 44 f. d.A.) mitgeteilt.

13

Der Beteiligte zu 1. erstellte Wahlausschreiben und stellte eine Wählerliste zusammen, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob dabei auf Personaldaten zurückgegriffen werden durfte, die dem Beteiligten zu 1. nicht von der Beteiligten zu 2. zur Verfügung gestellt wurden. Die Betriebsratswahl sollte am 30.01.2015 von 09.00 bis 18.00 Uhr in den Räumlichkeiten des D. stattfinden. Es wird Bezug genommen auf das Wahlausschreiben vom 18.12.2014 (Anlage ASt 7, Bl. 34 f. d.A.). Das Wahlausschreiben, die Wählerliste und die Abschrift der Wahlordnung wurden am Abend des 18.12.2014 in den vier Theatern und in der Zentrale ausgehängt. Von dem Beteiligten zu 1. wurden später noch weitere weitestgehend gleichlautende Schreiben in Verkehr gebracht. Die vorgenannten Ausschreiben und Unterlagen wurden in der Folgezeit von Mitarbeitern der Beteiligten zu 2. entfernt.

14

Mit Schreiben vom 18.12.2014 erteilte die Beteiligte zu 2. den Mitgliedern des Wahlvorstandes Hausverbot. Auszugsweise lauten die Schreiben wie folgt:

15

(…) Wir hatten Ihnen unter anderem geschrieben

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- uns unverzüglich vollständige Auskunft über von Ihnen gespeicherte Daten des Unternehmens zu geben. Wir untersagen jede Datennutzung durch Sie und fordern zur Herausgabe aller Daten an uns und Löschung unserer Daten aus ihrem privaten Besitz auf.

17

Wir müssen feststellen, dass Sie heute im Unternehmen Schriftstücke unter Bezugnahme auf eine „Wählerliste“ verteilen. Wir nehmen daher leider zur Kenntnis, dass Sie sich weigern, die Datenschutzbestimmungen und die Eigentumsrechte Ihrer Arbeitgeberin zu akzeptieren und dass Sie gegen diese Rechte auch vorsätzlich verstoßen.

18

Wir werden diese Fehlverhalten noch mit gesondertem Schreiben würdigen.
Bis dahin bitten wir um Beachtung

19

1. Bis Sie Ihrer Verpflichtung nachkommen, die Daten der Arbeitgeber herauszugeben und zu erklären, keine weiteren Daten im Privatbesitz zu halten und/oder zu benutzen, weisen wir Ihre Arbeitskraft als nicht ordnungsgemäß zurück.

20

2. Zur Vorsorge weiterer Verstöße erteilen wir Ihnen bis zur Abgabe der mit erstem Schreiben von heute geforderten Erklärungen auch Hausverbot.

21

Bitte beachten Sie, dass durch Ihre nicht vertragsgemäße Leistungserbringung auch keine Ansprüche auf Vergütung erworben werden. Nachdrücklich müssen wir Sie auch erneut auf Ihre Ersatzpflicht für Schäden durch vorsätzlich rechtswidriges Verhalten hinweisen.
(…)

22

Es wird auf die Anlage ASt 10 (Bl. 38 ff. d.A.) Bezug genommen.

23

Mit Schreiben vom 31.12.2014 (Anlage ASt 20, Bl. 112 ff. d.A.) erklärte die Beteiligte zu 2. gegenüber den drei Mitgliedern des Beteiligten zu 1. die fristlose, hilfsweise fristgerechte Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses.

24

Der Beteiligte zu 1. trägt vor, dass die Beteiligte zu 2. die Durchführung der Betriebsratswahl behindere. Die Wahl des Beteiligten zu 1. sei ordnungsgemäß abgelaufen. Die Einladungen zu der Wahlversammlung seien rechtzeitig am 27.11.2014 in den Theatern ausgehängt worden. Die Mitarbeiter der Zentrale hätten von der Wahlversammlung per E-Mail Kenntnis erlangt. Da der weit überwiegende Teil der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zu 13 Einsätzen im Monat erbringe, durchschnittlich an zwei bis drei Tagen in der Woche, hätten über 90 % der gesamten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer die Einladung zu der Wahlversammlung zur Kenntnis nehmen können. Zudem sei die Einladung zu der Wahlversammlung in der Facebook-Gruppe betreffend die Beteiligte zu 2. - „O.-Hamburg“ - bekannt gemacht worden, in der zum damaligen Zeitpunkt 495 Arbeitnehmer der Beteiligten zu 2. Mitglied gewesen seien, was sich auch aus der dem Gericht im Termin zur Anhörung vor der Kammer vorgelegten Mitgliederliste ergebe. Auch wenn es sich nicht um eine offizielle Kommunikationsplattform der Beteiligten zu 2. handele, würden Disponenten der Beteiligten zu 2. über diese Gruppe kommunizieren.

25

Die Wahlversammlung sei ordnungsgemäß durchgeführt worden. Da die Beteiligte zu 2. nicht über geeignete Räumlichkeiten verfüge, sei die Durchführung der Versammlung im D.-Gewerkschaftshaus nicht zu beanstanden. Die Wahl des Versammlungsleiters sei demokratisch gewesen. Die Bestellung eines 3-köpfigen statt 5-köpfigen Wahlvorstandes führe letztlich allenfalls zur Anfechtbarkeit der Wahl.

26

Die Beteiligte zu 2. behindere die Durchführung der Betriebsratswahl. Sie habe die Wählerlisten, die Ausfertigung der Wahlordnung sowie das Wahlausschreiben entfernt. Auch habe sie unberechtigt Hausverbote bzw. Kündigungen ausgesprochen. Hierdurch sei der Beteiligte zu 1. gehindert, seiner Kontroll- und Aktualisierungsverpflichtung hinsichtlich der Wahlaushänge nachzukommen. Die Freistellung ohne Zahlung des Entgelts stelle eine Maßregelung dar. Schließlich seien dem Beteiligten zu 1. keine ausreichenden Büroräume zur Verfügung gestellt worden.

27

Der Beteiligte zu 1. beantragt zuletzt,

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1. das Betretungs-/Hausverbot des Wahlvorstandsmitglieds Frau W1 bzgl. der Zentrale der Antragsgegnerin S.-Deich, Hamburg und der Betriebsstätten S. Theater ...1, R.-Weg, Hamburg; Theater ...2, N.-Straße, Hamburg; T.-Haus, Sp.-Platz, Hamburg und S. Theater ...3, St.-Straße, Hamburg aufzuheben,

29

2. das Betretungs-/Hausverbot des Wahlvorstandsmitglieds Herrn G. bzgl. der Zentrale der Antragsgegnerin S.-Deich, Hamburg und der Betriebsstätten S. Theater ...1, R.-Weg, Hamburg; Theater ...2, N.-Straße, Hamburg; T.-Haus, Sp.-Platz, Hamburg und S. Theater ...3, St.-Straße, Hamburg aufzuheben,

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3. das Betretungs-/Hausverbot des Wahlvorstandsmitglieds Frau K1 bzgl. der Zentrale der Antragsgegnerin S.-Deich, Hamburg und der Betriebsstätten S. Theater ...1, R.-Weg, Hamburg; Theater ...2, N.-Straße, Hamburg; T.-Haus, Sp.-Platz, Hamburg und S. Theater ...3, St.-Straße, Hamburg aufzuheben,

31

4. der Antragsgegnerin bzw. den für diese handelnden Personen der Geschäftsleitung unter Androhung von Ordnungsgeld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Ordnungshaft, zu vollstrecken an dem Geschäftsführer Herrn G1, ab sofort zu untersagen, die für die Durchführung der Betriebsratswahl erforderlichen Dokumente/Wahlausschreiben vom 25.11.2014, Wählerliste der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Antragsgegnerin und die Wahlordnung in den Betriebsstätten Zentrale und Büro S.-Deich, Hamburg; S. Theater ...1, R.-Weg, Hamburg; Theater ...2, N.-Straße, Hamburg; T.-Haus, jetzt S. Haus, Sp.-Platz, Hamburg und S. Theater ...3, St.-Straße, Hamburg, zu entfernen und die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die zur Betriebsratswahl erforderlichen Sachmittel, bestehend aus Wahlzetteln, Wahlumschlägen, fünf verschließbaren Urnen, fünf Wandschirmen sowie Büromaterial (Kugelschreiber und Zettelblöcke) zur Verfügung zu stellen,

32

5. der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsgeld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gelegt wird, ersatzweise Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer Herr G1, aufzugeben, umgehend, jedoch spätestens bis zum 29.12.2014, eine aktualisierte Liste der in den Betriebsstätten Zentrale und Büro, S.-Deich, Hamburg; S. Theater ...1, R.-Weg, Hamburg; Theater ...2, N.-Straße, Hamburg; T.-Haus, Sp.-Platz, Hamburg und S. Theater ...3, St.-Straße, Hamburg beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu erstellen und an den Antragsteller herauszugeben,

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6. der Antragsgegnerin unter Androhung von Ordnungsgeld, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gelegt wird, ersatzweise Ordnungshaft zu vollstrecken an dem Geschäftsführer Herr G1, aufzugeben, jegliche weitere Behinderung der Wahl zum Betriebsrat der Antragsgegnerin zu unterlassen.

34

Die Beteiligte zu 2. beantragt,

35

die Anträge zurückzuweisen.

36

Die Beteiligte zu 2 trägt vor, dass sie aufgrund fehlender Kommunikation keine Möglichkeit zur Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft v. im Vorfeld der Betriebsversammlung gehabt habe. Es habe keinen ernsthaften Versuch zur Kontaktaufnahme auf Seiten von v. gegeben. Das Verfahren sei bereits unzulässig, da kein Wahlvorstand existiere. Insofern sei auch das Rubrum zu ändern, da Beteiligte zu 1. die Vorsitzende des - nicht existierenden - Wahlvorstandes sei. Die Wahlversammlung sei der Belegschaft nicht rechtzeitig bekannt gemacht worden. Nahezu die Hälfte der Arbeitnehmer arbeite als Teilzeitkräfte nur alle zwei Wochen. 158 Arbeitnehmer seien nach ihrer Recherche in der Zeit vom 28.11.2014 bis 05.12.2014 nicht im Dienst gewesen und hätten demnach von der Einladung keine Kenntnis nehmen können. Aus diesem Grund sei in der Wahlversammlung auch darauf hingewiesen worden, dass ein wesentlicher Teil der Beschäftigten fehle und dies an der mangelnden Ladung liege. Die damit verbundene Verletzung des Grundsatzes der Allgemeinheit der Wahl habe die Nichtigkeit zur Folge. Im Übrigen sei es unzulässig, die Betriebsversammlung nicht in betrieblichen Räumen durchzuführen. Eine vorherige Anfrage nach geeigneten Räumlichkeiten habe es nicht gegeben. Außerdem habe einem Mitarbeiter der Beteiligten zu 2. die Versammlungsleitung anvertraut werden müssen, keinem Mitarbeiter von v..

37

Das Hausverbot sei erteilt worden, da die Gefahr der unzulässigen Verwendung von Personaldaten bestanden habe.

38

Da es keinen Wahlvorstand gebe, gebe es auch keine zu schützenden Dokumente eines solchen. Die mit dem Antrag zu 5. begehrte Herausgabe von Daten laufe auf eine Datenschutzverletzung hinaus. Der Antrag zu 6. sei als Pauschalantrag unbegründet. Auch bestehe für diesen kein Feststellungsinteresse.

39

Wegen des weiteren Sachvortrages der Beteiligten, ihrer Glaubhaftmachung und der von ihnen überreichten Unterlagen sowie ihrer Rechtsausführungen im Übrigen wird ergänzend auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen (§ 80 Abs. 2, § 46 Abs. 2 ArbGG, § 313 Abs. 2 ZPO).

II.

40

Die Anträge des Beteiligten zu 1. auf Erlass einer einstweiligen Verfügung haben keinen Erfolg. Sie sind nur teilweise zulässig und im Übrigen unbegründet.

41

1. Der Wahlvorstand war am Verfahren zu beteiligen. Er ist in diesem Verfahren auch beteiligtenfähig iSv § 10 S. 1 HS 2 ArbGG. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Beteiligte zu 1. als Wahlvorstand überhaupt existent ist oder ob die Wahl des Beteiligten zu 1. nichtig ist, da es vorliegend um die Existenz des Wahlvorstandes als wesentliche Vorfrage geht. Es kann insofern nichts anderes gelten als bei einem Verfahren eines Arbeitgebers auf Abbruch einer Betriebsratswahl (vgl. BAG v. 27.07.2011 - 7 ABR 61/10 -, juris Rn. 13, 21). Insofern bestand keine Veranlassung, das Rubrum dahingehend zu ändern, dass als Beteiligte zu 1. lediglich die Wahlvorstandsvorsitzende als natürliche Person zu nennen ist.

42

2. Die Anträge auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sind nur teilweise zulässig. Dem Antrag zu 6. fehlt die erforderliche Bestimmtheit. Mit dem Antrag zu 6. begehrt der Beteiligte zu 1. die Unterlassung „jeglicher weiterer Behinderung der Wahl zum Betriebsrat“. Dies genügt nicht den Anforderungen an die Bestimmtheit, da ein vollstreckungsfähiger Inhalt fehlt.

43

Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Antragsschrift außer der bestimmten Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs einen bestimmten Klageantrag enthalten. Dessen Angabe ist zum einen zur Festlegung des Streitgegenstandes und des Um-fangs der Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Abs. 1 ZPO) sowie zur Festlegung von Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 ZPO) erforderlich. Zum anderen muss eine Entscheidung, die eine Handlungspflicht ausspricht, grundsätzlich zur Zwangsvollstreckung geeignet sein. Die Prüfung, welche Handlung der Schuldner vornehmen soll, darf dabei nicht durch eine ungenaue Antragsformulierung und einen dem entsprechenden gerichtlichen Titel aus dem Erkenntnis- in das Zwangsvollstreckungsverfahren verlagert werden. Der Arbeitgeber, der zur Erfüllung seiner Pflichten angehalten werden soll, muss vorher wissen, wann er mit der Verhängung eines Zwangsgeldes rechnen muss (LAG Hamm v. 04.01.2013 - 10 Sa 901/12 -, juris Rn. 61). Entsprechendes gilt für die Pflicht zur Unterlassung und der Androhung eines Ordnungsgeldes. Der Arbeitgeber muss vorher wissen, bei welchen konkreten Handlungen er ein Ordnungsgeld verwirkt (BAG v. 25.08.2004 - 1 AZB 41/03 -, juris Rn. 17).

44

Aus dem Antrag zu 6. ist nicht ersichtlich, welche Handlungen die Beteiligte zu 2. zu unterlassen hat. Der Grundsatz, dass der Arbeitgeber eine Betriebsratswahl nicht behindern darf, folgt bereits aus § 20 Abs. 1 S. 1 BetrVG und ist nach § 119 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG strafbewehrt. Welche Handlungen hierunter fallen, kann nur bezogen auf den konkreten Einzelfall bestimmt werden. Mit einem Antrag, der im Wesentlichen den Gesetzeswortlaut wiederholt, würde demgegenüber der Streit, ob eine Handlung des Arbeitgebers als Behinderung der Betriebsratswahl anzusehen ist, in das Vollstreckungsverfahren verlagert. Dies führt zur Unzulässigkeit des Antrags zu 6.

45

3. Die Anträge sind im Übrigen unbegründet. In der Betriebsversammlung vom 05.12.2014 wurde die Wahl des Wahlvorstandes nicht beendet, sodass eine Wahl faktisch nicht stattgefunden hat. Zudem wäre die Wahl wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl nichtig. Dies führt dazu, dass dem Beteiligten zu 1. die im vorliegenden Verfahren geltend gemachten Rechte eines Wahlvorstandes nach dem BetrVG nicht zustehen.

46

a. In dem vorliegenden Verfahren, in dem der Beteiligte zu 1. sich gegen behauptete Behinderungen der Betriebsratswahl wendet, die Herausgabe von Arbeitnehmerdaten geltend macht und Sachmittel fordert, ist als Vorfrage zu prüfen, ob der Beteiligte zu 1. überhaupt existiert, d.h. ob eine Wahl stattgefunden hat und ob diese nichtig ist. Nur ein existierender Wahlvorstand kann eine Betriebsratswahl durchführen und in diesem Zusammenhang Rechte aus dem BetrVG geltend machen. Insofern ist von denselben Grundsätzen auszugehen wie in den Verfahren, in denen der Arbeitgeber den Abbruch einer Betriebsratswahl verlangt. Kann der Arbeitgeber den Abbruch einer Betriebsratswahl verlangen, kann er nicht zugleich verpflichtet werden, den - ggf. nicht existierenden - Wahlvorstand bei der Durchführung einer solchen Betriebsratswahl zu unterstützen. Dies wäre rechtsmissbräuchlich.

47

Nach der Rechtsprechung des BAG, der sich die Kammer anschließt, hat ein Arbeitgeber zunächst Anspruch auf den Abbruch einer Betriebsratswahl, wenn diese nichtig ist. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt insofern nicht (BAG v. 27.07.2011 - 7 ABR 61/10 -, juris Rn. 30). Ob eine Betriebsratswahl nichtig ist, wenn die Bestellung des Wahlvorstandes nichtig ist, hat das BAG bislang offen gelassen (BAG v. 27.07.2011 - 7 ABR 61/10 -, juris Rn. 45 m.w.N.; v. 13.03.2013 - 7 ABR 70/11 -, juris Rn. 18; für die Nichtigkeit wohl LAG Köln v. 10.03.2000 - 13 TaBV 9/00). Unabhängig von einer voraussichtlichen Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass die Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist (BAG v. 27.07.2011 - 7 ABR 61/10 -, juris Rn. 51; LAG Baden-Württemberg v. 20.02.2009 - 5 TaBVGa 1/09 -, juris Rn. 44).

48

b. Der Beteiligte zu 1. wurde in Funktion als Wahlvorstand überhaupt nicht bestellt.

49

Besteht in einem Betrieb weder ein Betriebsrat noch ein zuständiger Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat, wird in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein Wahlvorstand gewählt (§ 17 Abs. 1 BetrVG). Dieser Wahlvorstand besteht aus drei Wahlberechtigten, wobei die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöht werden kann, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Betriebsratswahl erforderlich ist (§ 16 Abs. 1 S. 2 BetrVG). „Mehrheit der Arbeitnehmer“ im Sinne des § 17 Abs. 2 S. 1 BetrVG bedeutet dabei die Mehrheit der abgegebenen Stimmen (vgl. BAG v. 14.12.1965 - 1 ABR 6/65 -, juris Rn. 28; LAG München v. 16.06.2008 - 11 TaBV 50/08 -, juris Rn. 102; Fitting, BetrVG, 27. Aufl. 2014, § 17 Rn. 28). Das heißt, dass jedes Wahlvorstandsmitglied und jedes Ersatzmitglied die Mehrheit der abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen muss. Es kommt damit nicht darauf an, welche Bewerber die meisten Stimmen haben, soweit sie nicht eine absolute Mehrheit erreichen.

50

Auf der Wahlversammlung vom 05.12.2014 wurde ausweislich des Protokolls von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer beschlossen, einen fünfköpfigen Wahlvorstand zu wählen. Bei dieser Frage handelte es sich um einen Tagesordnungspunkt, der in der Einladung vom 25.11.2014 aufgeführt war. Der Beschluss der Betriebsversammlung ist konstitutiv für die Größe des Wahlvorstandes (vgl. Richardi-Thüsing, BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 17 Rn. 21). Anschließend wurde die Wahl durchgeführt. Lediglich drei der Wahlbewerber haben dabei die absolute Mehrheit erreicht. Ausweislich der von dem Beteiligten zu 1. vorgelegten Unterschriftsliste waren 39 Arbeitnehmer anwesend. Für die absolute Mehrheit waren damit 20 Stimmen erforderlich. Diese Hürde haben nur drei der Wahlbewerber genommen. Die Versammlungsleitung hätte nunmehr Stichwahlen durchführen müssen (vgl. Richardi-Thüsing, BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 17 Rn. 22), um zu bestimmen, welche der weiteren Wahlbewerber Mitglieder des Wahlvorstandes würden und welche lediglich als Ersatzmitglieder heranzuziehen sind. Dies wurde aufgrund einer - vermutlich - unzutreffenden rechtlichen Bewertung unterlassen. Zwar wurde von Seiten des Beteiligten zu 1. zu einem späteren Zeitpunkt eingeräumt, dass lediglich drei Wahlbewerber die erforderliche Mehrheit erhalten haben. Anstatt eine Neuwahl bzw. Nachwahl durchzuführen, wurde eigenmächtig von dem Beteiligten zu 1. bzw. v. entschieden, die Betriebsratswahl mit einem dreiköpfigen Wahlvorstand fortzusetzen. Auch wenn der Wunsch nachvollziehbar sein mag, ohne weitere Verzögerungen möglichst zeitnah die Betriebsratswahl durchführen zu können, hat sich damit die Versammlungsleitung über den deutlich artikulierten Willen der Betriebsversammlung hinweggesetzt. Nach dem Willen der Betriebsversammlung sollte der Wahlvorstand aus fünf Mitgliedern bestehen. Dies wurde ausweislich des Protokolls mit der Mehrheit beschlossen, was konstitutiv für die Größe des Wahlvorstandes ist. Der Versammlungsleitung stand es nicht zu, gleichwohl lediglich einen dreiköpfigen Wahlvorstand wählen zu lassen, obwohl ausreichend Kandidaten für einen fünfköpfigen zur Verfügung standen. Auch wurden damit die weiteren Kandidaten um ihre - mögliche - Stellung als Mitglied des Wahlvorstandes gebracht. Insofern blieb der Wahlvorgang unvollständig. Die Wahl des Beteiligten zu 1. wurde nicht abgeschlossen. Dies steht einer unterlassenen Bestellung des gesamten Gremiums gleich. Ist die Bestellung eines Wahlvorstandes nicht erfolgt, kann eine Betriebsratswahl nicht durchgeführt werden (LAG München v. 16.06.2008 - 11 TaBV 50/08 -, juris Rn. 102). Insofern kann der Beteiligte zu 1. die in diesem Verfahren geltend gemachten Rechte eines Wahlvorstands nicht für sich beanspruchen.

51

c. Die Wahl zum Wahlvorstand war - unabhängig von den oben dargestellten Gründen - hinsichtlich des dreiköpfigen Wahlvorstandes nichtig.

52

aa. Die Nichtigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn es sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handelt. Für die Beschränkung der nichtigen Bestellung auf ungewöhnliche Ausnahmefälle spricht vor allem das vom Betriebsverfassungsgesetz geschützte Interesse daran, betriebsratslose Zustände zu vermeiden, das insbesondere in §§ 1, 21a, 21b und 22 BetrVG zum Ausdruck kommt. Maßnahmen, die eine Betriebsratswahl vorbereiten sollen, dürfen nicht unnötig erschwert werden. Das gilt für die Bestellung des Wahlvorstands umso mehr, als dessen Kompetenzen nach §§ 18 und 18a BetrVG eng begrenzt sind. Seine Pflichten werden durch das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung genau umrissen (BAG v. 27.07.2011 - 7 ABR 61/10 -, juris Rn. 47).

53

Bei der Bestellung des Wahlvorstandes in einer Betriebsversammlung nach § 17 Abs. 1 BetrVG handelt es sich um eine Wahl, für die die an eine demokratische Wahl zu stellenden Grundvoraussetzungen erfüllt sein müssen. Hierzu gehört der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Er ist verletzt, wenn die Einladung zu der Wahlversammlung nicht in einer Weise bekannt gemacht worden ist, dass alle nach § 17 Abs. 1 BetrVG wahlberechtigten Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, Ort, Zeit und Zweck der Betriebsversammlung zu erfahren und an ihr teilzunehmen, und wenn auch nicht alle Arbeitnehmer auf andere Weise tatsächlich von der Betriebsversammlung Kenntnis erlangt haben. Bei der Wahl des Wahlvorstandes nach § 17 Abs. 1 u. 2 BetrVG hängt die Beschlussfähigkeit der Wahlversammlung nicht von der Teilnahme einer Mindestzahl von Arbeitnehmern ab; der Wahlvorstand wird vielmehr von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer gewählt. Ferner gelten für das Wahlverfahren keine besonderen Vorschriften, so dass auch keine geheime Abstimmung erforderlich ist. Damit hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen für die Einleitung einer Betriebsratswahl und die Wahl von Betriebsräten erleichtern wollen. Somit kann eine kleine Minderheit von Arbeitnehmern eines Betriebes die Bestellung eines Wahlvorstandes durchsetzen und eine Betriebsratswahl einleiten. Gerade deshalb muss gewährleistet sein, dass alle Arbeitnehmer zumindest die Möglichkeit erhalten, an dieser Wahl mitzuwirken. Anderenfalls könnte durch eine gezielte Auswahl der eingeladenen Arbeitnehmer der überwiegenden Mehrheit die Durchführung einer Betriebsratswahl aufgezwungen werden. Deshalb kann auch von einer Wahl im Sinne des § 17 Abs. 1 BetrVG zumindest dann nicht mehr gesprochen werden, wenn die Einladung zur Wahlversammlung nicht in der im Betrieb üblichen Weise bekannt gemacht wurde und die auch nicht anderweitig unterrichteten und der Versammlung ferngebliebenen Arbeitnehmer das Wahlergebnis beeinflusst haben konnten (BAG v. 07.05.1986 - 2 AZR 349/85 -, juris Rn. 22 f.). Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer so rechtzeitig vom Termin und Gegenstand der Betriebsversammlung unterrichtet werden, dass alle Arbeitnehmer die Möglichkeit erhalten, Ort, Zeit und Zweck der Betriebsversammlung zu erfahren und an ihr teilzunehmen, wobei auf schichtplanmäßige Abwesenheit Rücksicht zu nehmen ist (LAG Baden-Württemberg v. 20.02.2009 - 5 TaBVGa 1/09 -, juris Rn. 20, 36; ähnlich LAG Sachsen-Anhalt v. 29.06.2011 - 5 TaBVGa 1/11 -, juris Rn. 34).

54

bb. Nach dem glaubhaft gemachten Vortrag des Beteiligten zu 1. wurde die Einladung vom 25.11.2014 zu der Wahlversammlung am 05.12.2014 am 27.11.2014 in den vier Theatern ausgehängt. Nach der Überzeugung der Kammer aufgrund der im einstweiligen Verfügungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung wurden damit die Arbeitnehmer nicht rechtzeitig unterrichtet.

55

Nicht maßgeblich ist, ob die Einladungen am 27.11.2014 oder - wie ursprünglich in der Antragsschrift vorgetragen - am 28.11.2014 ausgehängt wurden. In der Literatur wird unter Verweis auf § 28 Abs. 1 S. 1 WO verlangt, dass die Einladung zur Wahlversammlung entsprechend § 28 Abs. 1 S. 1 WO 2001 sieben Tage vorher bekannt gemacht werden muss (Richardi-Thüsing, BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 17 Rn. 12). Es bestehen allerdings erhebliche Bedenken, die Frist des § 28 Abs. 1 S. 1 WO 2001 auf andere Wahlverfahren als das vereinfachte Wahlverfahren anzuwenden (vgl. LAG Baden-Württemberg v. 20.02.2009 - 5 TaBVGa 1/09 -, juris Rn. 32 ff.). Unabhängig davon, dass der Gesetzgeber eine klare Fristenregelung nur für das vereinfachte Wahlverfahren getroffen hat, was gegen eine planwidrige Regelungslücke spricht, bestehen zwischen dem vereinfachten Wahlverfahren und dem „regulären“ Wahlverfahren grundlegende Unterschiede. Im vereinfachten Wahlverfahren wird in einer ersten Wahlversammlung nicht nur der Wahlvorstand gewählt. Es können Wahlvorschläge gemacht werden (§ 14 Abs. 2 BetrVG). Dies rechtfertigt es, eine gesonderte Fristenregelung ins Gesetz aufzunehmen, um den Arbeitnehmern die Sammlung von Wahlvorschlägen zu ermöglichen. Demgegenüber ist vorliegend das Ziel der Wahlversammlung auf die Bestellung des Wahlvorstandes beschränkt. Wahlvorschläge werden erst zu einem späteren Zeitpunkt eingereicht, sodass den Arbeitnehmern nach der Wahlversammlung noch ausreichend Zeit verbleibt. Dementsprechend bleibt es bei dem demokratischen Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, der verlangt, dass alle Arbeitnehmer von der Anberaumung einer Wahlversammlung Kenntnis nehmen können. Es hängt von der Eigenart des Betriebes ab, wieviel Zeit zwischen dem Aushang der Einladung und der Durchführung der Wahlversammlung liegen muss. Ein fester und vom Einzelfall unabhängiger Zeitraum kann hingegen nicht angenommen werden.

56

Die Eigenart des Betriebs der Beteiligten zu 2. mit vielen Teilzeitbeschäftigten, die nicht wöchentlich arbeiten, verlangt es, dass eine Wahleinladung länger als eine Woche bekannt zu machen ist. Auch der Beteiligte zu 1. räumt ein, dass mit der Wahleinladung nur ca. 90 % der Arbeitnehmer erreicht werden konnten. Bei 538 Arbeitnehmern hätten damit ca. 53 Arbeitnehmer keine Kenntnis von der Wahleinladung nehmen können. In der Zentrale wurde das Schreiben zudem überhaupt nicht ausgehängt. Aus welchem Grund der Beteiligte zu 1. angenommen hat, alle Mitarbeiter der Zentrale seien gleichwohl informiert gewesen, konnte die Kammer nicht nachvollziehen. Dass sie per E-Mail angeschrieben worden seien oder aber vollständig an der Betriebsversammlung teilgenommen haben, konnte die Kammer nicht ersehen. Entsprechendes gilt für die von dem Beteiligten zu 1. angeführte Facebook-Gruppe. Zwar hat der Beteiligte zu 1. die Liste der Teilnehmer dieser Gruppe vorgelegt, denen die Wahleinladung auf diesem Weg bekannt gemacht worden sein soll. Unabhängig davon, ob die Facebook-Gruppe als Kommunikationsmedium überhaupt ausreichend ist, konnte die Kammer nicht nachvollziehen, ob und welche Personen, die dort aufgeführt sind, bei der Beteiligten zu 2. arbeiten und wahlberechtigt sind bzw. welche der genannten Personen zum Zeitpunkt der Einladung zur Wahlversammlung bereits Mitglied der Facebook-Gruppe waren. Die Vorlage einer Namensliste, die zum Teil auch Pseudonyme enthält, kann als Glaubhaftmachung nicht ausreichen, wobei auch darauf hinzuweisen ist, dass in den Unterlagen zur Facebook-Gruppe allenfalls 482 Arbeitnehmer von 538 verzeichnet sind. Unterstellt man, dass zum Zeitpunkt der Einladung - wie von dem Beteiligten zu 1. vorgetragen - noch 495 Arbeitnehmer Mitglied waren, konnten 43 Arbeitnehmer bereits nach dem Vortrag des Beteiligten zu 1. nicht erreicht werden. Bei der Teilnahme von nur 39 Arbeitnehmern, mithin 7 % der Belegschaft, könnten bereits wenige Arbeitnehmer die Mehrheitsverhältnisse ändern. Insofern weist bereits der Vortrag des Beteiligten zu 1. darauf hin, dass eine maßgebliche Anzahl der Arbeitnehmer keine Kenntnis von der Wahlversammlung hatte. Dies führt zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, der die Nichtigkeit der Wahl zur Folge hat. Dementsprechend kommt es nicht mehr darauf an, ob nach dem Vortrag der Beteiligten zu 2. sogar 158 Arbeitnehmer in dem Zeitraum, in dem die Einladung aushing, schichtplangemäß nicht im Betrieb waren.

57

d. Ob es bei der Wahl des Wahlvorstandes zu weiteren Verstößen gekommen ist, kann offen bleiben. Dies gilt insbesondere für die Durchführung der Betriebsversammlung im D.-Gewerkschaftshaus, soweit die Beteiligte zu 2. über geeignete Räumlichkeiten verfügen sollte, was streitig ist. Soweit hierin ein Verstoß gegen Grundsatz, dass eine Betriebsversammlung grundsätzlich in Betriebsräumen stattzufinden hat, zu sehen sein sollte, führt dies allenfalls zur Anfechtbarkeit der Wahl (vgl. LAG Hamm v. 12.04.2013 - 13 TaBV 64/12 -, juris Rn. 54). Entsprechendes gilt für die Wahl des Versammlungsleiters. Auch hier führen etwaige Fehler nicht automatisch zur Fehlerhaftigkeit der Wahl des Wahlvorstandes (Richardi-Thüsing, BetrVG, 13. Aufl. 2012, § 17 Rn. 15).

58

4. Diese Entscheidung ergeht gerichtskostenfrei (§ 2 Abs. 2 GKG i.V.m. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG). Eine gesonderte Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Beteiligten ist wegen der Besonderheiten des arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahrens nicht zu treffen (BAG v. 20.04.1999 - 1 ABR 13/98 -, juris).

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift). (2) Die Klageschrift muss enthalten:1.die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;2.die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Ansp

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§ 21a idF d. Art. 1 Nr. 51 G v. 23.7.2001 I 1852 dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim

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(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen. (2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch oh

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(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung. (2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsger

Zivilprozessordnung - ZPO | § 322 Materielle Rechtskraft


(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. (2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, da

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(1) Das Urteil enthält:1.die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;2.die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;3.den Tag, an dem die mündliche Ve

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(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlich

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(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ferner ausschließlich zuständig für1.Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 119 bis 121 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;2.Angelegenheit

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(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung. (2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus d

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(1) Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellt der Betriebsrat einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden. Der Betriebsrat kann die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies

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(1) Besteht in einem Betrieb, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllt, kein Betriebsrat, so bestellt der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand. § 16 Abs. 1 gilt entsprechend.

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(1) Wird ein Betrieb gespalten, so bleibt dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, soweit sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und nicht in einen Betrieb eingegliedert

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 18 Vorbereitung und Durchführung der Wahl


(1) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten, sie durchzuführen und das Wahlergebnis festzustellen. Kommt der Wahlvorstand dieser Verpflichtung nicht nach, so ersetzt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats, von mindestens dr

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 21b Restmandat


Geht ein Betrieb durch Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung unter, so bleibt dessen Betriebsrat so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 20 Wahlschutz und Wahlkosten


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(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten V

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 22 Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats


In den Fällen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 führt der Betriebsrat die Geschäfte weiter, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist.

Betriebsverfassungsgesetz - BetrVG | § 18a Zuordnung der leitenden Angestellten bei Wahlen


(1) Sind die Wahlen nach § 13 Abs. 1 und nach § 5 Abs. 1 des Sprecherausschussgesetzes zeitgleich einzuleiten, so haben sich die Wahlvorstände unverzüglich nach Aufstellung der Wählerlisten, spätestens jedoch zwei Wochen vor Einleitung der Wahlen, ge

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Bundesarbeitsgericht Beschluss, 13. März 2013 - 7 ABR 70/11

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Tenor Die Rechtsbeschwerde des Regionalbetriebsrats und die Anschlussrechtsbeschwerde der zu 1. und zu 2. beteiligten Unternehmen gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln

Bundesarbeitsgericht Beschluss, 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10

bei uns veröffentlicht am 27.07.2011

Tenor Auf die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2010 - 16 TaBV 57/10 - aufgehoben.

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(1) Das Beschlußverfahren findet in den in § 2a bezeichneten Fällen Anwendung.

(2) Für das Beschlussverfahren des ersten Rechtszugs gelten die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften entsprechend, soweit sich aus den §§ 81 bis 84 nichts anderes ergibt. Der Vorsitzende kann ein Güteverfahren ansetzen; die für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs maßgebenden Vorschriften über das Güteverfahren gelten entsprechend.

(3) § 48 Abs. 1 findet entsprechende Anwendung.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2010 - 16 TaBV 57/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahr 2010 eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen und dem Wahlvorstand zu untersagen ist, die Wahl erneut einzuleiten.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Gebäudereinigungsarbeiten und sonstige Dienstleistungen für gewerbliche Kunden ausführt. Sie beschäftigt ca. 827 Arbeitnehmer in etwa 350 Objekten. Im Jahr 2008 wurde bei ihr ein dreizehnköpfiger Betriebsrat gewählt. Eines der Betriebsratsmitglieder war der Leiter der Lohnbuchhaltung der Arbeitgeberin M. Das frühere Betriebsratsmitglied S ist der Schwiegervater des Geschäftsführers der Arbeitgeberin.

3

In der Zeit vom 1. März 2010 bis 31. Mai 2010 sollten die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden. Die Betriebsratsvorsitzende V lud mit Schreiben vom 26. März 2010 zu einer Betriebsratssitzung am 30. März 2010, 9:00 Uhr, in das DGB-Haus in D, W-Saal, ein. Ersatzmitglieder wurden nicht geladen. In der Tagesordnung waren ua. die Themen genannt:

        

„5.     

Aufnahme von der BR-Sitzung am 29.01.2010 (Handy) - Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn M und Herrn S mit Beschlussfassung

        

…       

        
        

9.    

Wahl mit anschließendem Beschluss eines Wahlvorstandes für die kommende BR-Neuwahl“

4

Am 30. März 2010 erschienen alle 13 Mitglieder zu der Betriebsratssitzung. Auch die Gewerkschaftssekretärin der IG Bauen-Agrar-Umwelt B war anwesend. Als über den Tagesordnungspunkt 5 beraten werden sollte, verlangte die Vorsitzende, dass die Betriebsratsmitglieder M und S den Sitzungssaal verlassen sollten. Beide kamen dem nicht nach. Es folgte ein Streitgespräch. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen den W-Saal, um in einem anderen Raum über den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S zu beraten. Zuvor hatte die Vorsitzende die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z aufgefordert, den Betriebsratsmitgliedern zu folgen, die den Saal verließen. Die fünf aufgeforderten Betriebsratsmitglieder hatten das abgelehnt. Nach den Angaben des Wahlvorstands wurde in dem anderen Sitzungssaal beschlossen, die Betriebsratsmitglieder M und S von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 auszuschließen.

5

Die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U kehrten danach in den W-Saal zurück und teilten den übrigen Betriebsratsmitgliedern mit, die Betriebsratsmitglieder M und S seien mit sechs Jastimmen und fünf Enthaltungen von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 ausgeschlossen worden. Dieser Beschluss ist in Nr. 3 eines handschriftlichen Protokolls festgehalten, das von der Vorsitzenden und der Schriftführerin O unterzeichnet wurde. Die Vorsitzende forderte die Betriebsratsmitglieder M und S auf, nun den W-Saal zu verlassen, damit die Betriebsratssitzung fortgeführt werden könne. Die beiden Betriebsratsmitglieder lehnten das ab. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen daraufhin erneut den W-Saal, um die Sitzung in einem anderen Raum fortzusetzen. Zuvor hatten sie die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z erneut erfolglos aufgefordert, sie zu begleiten. Die Sitzung wurde von der Vorsitzenden sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I, O und U in dem anderen Sitzungssaal fortgeführt. Auch auf diesen Teil der Betriebsratssitzung geht das handschriftliche Protokoll der Vorsitzenden und der Schriftführerin ein. Die Niederschrift behandelt die Bestellung eines Wahlvorstands nicht. Über die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 wurde ein weiteres Protokoll verfasst, das von den Betriebsratsmitgliedern M und Z unterschrieben wurde.

6

Mit Schreiben vom 30. März 2010 verlangte der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin die erforderlichen Auskünfte, um eine Wählerliste zu erstellen. Die Arbeitgeberin weigerte sich mit der Begründung, ein Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß gebildet worden. Unter dem 1. April 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, mit dem die Betriebsratswahl für alle Arbeitnehmer der von der Arbeitgeberin betreuten Objekte eingeleitet wurde.

7

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr am 12. April 2010 eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, weil der Wahlvorstand nicht wirksam errichtet sei. Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat sei unwirksam. Als die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten, sei zuvor nicht mitgeteilt worden, in welchem Raum die Sitzung fortgesetzt und dass dort über die Bestellung eines Wahlvorstands abgestimmt werden solle. Die Betriebsratsmitglieder F, K, M, R, H, S und Z hätten gegen einen Wahlvorstand in der jetzigen Besetzung gestimmt, wenn die Betriebsratssitzung am 30. März 2010 mit den Betriebsratsmitgliedern M und S im W-Saal fortgesetzt worden wäre. Die Wahl sei auch deshalb abzubrechen, weil das Unternehmen der Arbeitgeberin aufgrund einer Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 in zehn einzelne Betriebe aufgespalten worden sei.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

       

dem Wahlvorstand aufzugeben, das eingeleitete Verfahren zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrats abzubrechen und nicht fortzuführen und auch nicht neu einzuleiten.

9

Der Wahlvorstand hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat behauptet, er sei in der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 bestellt worden, nachdem die sechs Betriebsratsmitglieder zum zweiten Mal den W-Saal verlassen hätten. Der Wahlvorstand bestehe aus der Betriebsratsvorsitzenden V sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I und O. Das Betriebsratsmitglied S habe die Sitzung vom 30. März 2010 von Beginn an gestört. Herr S habe unter Hinweis auf die Arbeitsunfähigkeit der Betriebsratsvorsitzenden bezweifelt, dass sie aufgrund ihres Tablettenkonsums in der Lage sei, die Tragweite ihres Handelns zu erkennen. Dem hätten sich die anderen, dem Arbeitgeber nahestehenden Betriebsratsmitglieder und vor allem das Betriebsratsmitglied M angeschlossen. Sie hätten die Betriebsratsvorsitzende immer wieder unterbrochen. Die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 habe wegen der Störungen in einen anderen Saal verlegt werden müssen, um die Sitzung ohne die Betriebsratsmitglieder M und S fortzusetzen. Da die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z dem nicht nachgekommen seien, habe ihr Verhalten als Stimmenthaltung gewertet werden müssen. Die Fortführung einer Betriebsratswahl dürfe nur dann untersagt werden, wenn die Wahl nichtig und nicht nur anfechtbar sei. Die durchzuführende Wahl sei weder nichtig noch „sicher anfechtbar“.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Wahlvorstands zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verlangt der Wahlvorstand weiter die Abweisung des Antrags der Arbeitgeberin.

11

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Für eine abschließende Entscheidung fehlen erforderliche Tatsachenfeststellungen. Die Sache ist deshalb zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Neben der Arbeitgeberin ist nur der Wahlvorstand am Verfahren beteiligt. Die Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten.

13

1. Der Wahlvorstand ist selbst dann am Verfahren beteiligt, wenn seine Bestellung nichtig ist, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat.

14

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (für die st. Rspr. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 3/10 - Rn. 10).

15

b) Der Wahlvorstand ist danach am Verfahren beteiligt. Die von der Arbeitgeberin erstrebte Entscheidung betrifft unmittelbar seine Existenz und seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte.

16

2. Die einzelnen Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten des Verfahrens. Es geht nicht um die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der einzelnen Wahlvorstandsmitglieder, sondern um die Existenz und die Rechte des Gremiums.

17

II. Die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Ob er begründet ist, lässt sich erst beurteilen, wenn weitere Tatsachenfeststellungen getroffen sind.

18

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

19

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist das Begehren der Arbeitgeberin als einheitlicher Unterlassungsantrag zu verstehen. Er ist darauf gerichtet, dem Wahlvorstand jede weitere Handlung zu untersagen, die auf die Durchführung der Wahl gerichtet ist. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

b) Die Arbeitgeberin ist antragsbefugt. Sie kann sich mit einem Unterlassungsantrag dagegen wenden, dass der nach ihrer Auffassung nicht wirksam errichtete Wahlvorstand tätig wird (vgl. schon BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 98/74 - zu II 2 der Gründe, BAGE 27, 163). Ihre Antragsbefugnis entspricht dem Recht, die spätere Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 2 BetrVG anzufechten.

21

c) Der Wahlvorstand ist beteiligtenfähig iSv. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG. Das gilt selbst dann, wenn seine Bestellung nichtig ist. Der Wahlvorstand hält sich für existent. Für das Verfahren, in dem mittelbar über die Nichtigkeit seiner Bestellung gestritten wird, ist er als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig.

22

d) Das Verfahren ist nicht erledigt. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist weiter ein Betriebsrat zu wählen.

23

2. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem Unterlassungsantrag nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zu Recht erkannt, dass einem in nichtiger Weise errichteten Wahlvorstand untersagt werden kann, weiter tätig zu werden. Die getroffenen Feststellungen lassen aber nicht die Würdigung zu, dass die Errichtung des Wahlvorstands nichtig ist. Es fehlen Feststellungen zu der Frage, ob die sechs Betriebsratsmitglieder, die am 30. März 2010 zweimal den W-Saal verließen, bei ihrem zweiten Aufenthalt in dem anderen Saal des DGB-Hauses in D überhaupt einen Wahlvorstand bestellten.

24

a) Ein Anspruch des Arbeitgebers darauf, die von einem Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, kann sich zum einen aus der zu erwartenden Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergeben. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht. Ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers besteht zum anderen, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.

25

aa) Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.

26

(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Wahlvorstand untersagt werden kann, eine von ihm eingeleitete Betriebsratswahl weiter durchzuführen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Das Bundesarbeitsgericht konnte die Frage bisher nicht klären, weil diese Streitigkeiten regelmäßig in einstweiligen Verfügungsverfahren ausgetragen werden, deren Rechtszüge vor dem Landesarbeitsgericht enden (§ 92 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 85 Abs. 2 ArbGG).

27

(a) Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt an, im Allgemeinen könne der Abbruch einer laufenden Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung nur angeordnet werden, wenn die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen sei (vgl. beispielhaft aus der Instanzrechtsprechung Sächsisches LAG 22. April 2010 - 2 TaBVGa 2/10 - zu II 1 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 16 - 19; LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 3 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15; grundlegend LAG Baden-Württemberg 20. Mai 1998 - 8 Ta 9/98 - AiB 1998, 401; aus dem Schrifttum zB ErfK/Koch 11. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7; wohl auch Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 18 Rn. 21).

28

(b) Die noch immer überwiegende Ansicht lässt dagegen bereits die sichere Anfechtbarkeit der Wahl genügen (vgl. bspw. LAG Schleswig-Holstein 7. April 2011 - 4 TaBVGa 1/11 - zu II 2 a aa aE der Gründe; LAG Hamburg 19. April 2010 - 7 TaBVGa 2/10 - zu II 2 b der Gründe, NZA-RR 2010, 585; Hessisches LAG 7. August 2008 - 9 TaBVGa 188/08 - zu II der Gründe; im Schrifttum zB Dzida/Hohenstatt BB-Special 14 Heft 50, 1, 2 bis 4; Fitting 25. Aufl. § 18 Rn. 42; DKKW/Schneider/Homburg 12. Aufl. § 18 Rn. 6; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 18 Rn. 79 f. mwN; Rieble/Triskatis NZA 2006, 233, 234 bis 236; Veit/Wichert DB 2006, 390, 391; wohl auch Bram FA 2006, 66 ff.; siehe zu weiter differenzierenden Ansichten auch die Übersicht in LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 2 b der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15).

29

(2) Das Betriebsverfassungsgesetz regelt nicht ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen ist und wer hierfür anspruchsberechtigt ist. Ausdrücklich geregelt ist in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nur die Anfechtung einer durchgeführten Wahl. Obwohl eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage fehlt, ergibt sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang, dass jedenfalls der Arbeitgeber es unterbinden kann, wenn in seinem Betrieb eine nichtige Betriebsratswahl durchgeführt wird. Er kann verlangen, die nichtige Wahl zu unterlassen. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für den Unterlassungsanspruch dagegen nicht.

30

(a) Der Arbeitgeber hat Anspruch darauf, dass eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchgeführt wird. Die mit der Durchführung einer Betriebsratswahl verbundenen Maßnahmen berühren den Arbeitgeber als Betriebsinhaber unmittelbar in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zugleich werden ihm im Zusammenhang mit der Wahl Pflichten auferlegt (vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 WO). Ferner hat er nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Kosten der Wahl zu tragen. Schon daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber in seinem Betrieb verlangen kann, eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchzuführen. Der Fall verlangt keine Entscheidung darüber, ob das in gleicher Weise für die weiteren in § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Anfechtungsberechtigten gilt.

31

(b) Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für einen Anspruch auf Abbruch der Wahl demgegenüber nicht.

32

(aa) Der Antragsteller könnte sonst mit dem gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Unterlassungsantrag mehr erreichen als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

33

(bb) Würde schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein Betriebsrat zustande kommt, wie es das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht. Damit würde ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten darf. Das Betriebsverfassungsgesetz will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden (vgl. BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - zu B IV 3 a der Gründe, BAGE 95, 15). Das zeigen nicht nur die gesetzlichen Regelungen des Übergangs- und des Restmandats in §§ 21a und 21b BetrVG sowie der Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats nach § 22 BetrVG. Der Gesetzeszweck kommt auch in § 1 BetrVG zum Ausdruck. Die Bestimmung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht. Die Vorschriften, die die Betriebsratswahl regeln, sind daher so auszulegen, dass der Gesetzeszweck, Betriebsräte zu bilden, möglichst erreicht wird (vgl. schon BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

34

(cc) Die Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs einer voraussichtlich nur anfechtbaren Wahl würde auch der Konzeption nicht gerecht, die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Ausdruck kommt. Danach ist die Wahlanfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Macht innerhalb dieser Frist keiner der Anfechtungsberechtigten von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch, können Fehler bei der Wahl des Betriebsrats - mit Ausnahme der Nichtigkeit der Wahl - nicht mehr geltend gemacht werden. Durch den vorzeitigen Abbruch der Wahl würde dem Anfechtungsberechtigten von vornherein die Möglichkeit genommen, die Frist verstreichen und die Wahl unangefochten zu lassen.

35

(dd) Auch die Grundsätze, die für politische Wahlen gelten, sprechen dafür, den Abbruch der Wahl auf Fälle der Nichtigkeit zu beschränken. Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren zum Deutschen Bundestag beziehen, können nach § 49 BWahlG nur mit den im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Gegen interne Entscheidungen des Wahlorgans kann außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens, das nach Abschluss des Wahlverfahrens erfolgt, kein gerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden (vgl. nur BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 3 bis 14 mwN; s. auch Nießen Fehlerhafte Betriebsratswahlen S. 374 f., der auf S. 377 ff. eine - vollständige - Übertragung der Grundsätze politischer Wahlen auf Betriebsratswahlen ablehnt). Betriebsratswahlen sind zwar nicht so komplex wie Bundestagswahlen (vgl. dazu BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 4). Bei § 49 BWahlG handelt es sich gleichwohl um die Konkretisierung eines allgemeinen für Wahlrechtsangelegenheiten geltenden Grundsatzes(vgl. für eine Landtagswahl BVerfG 15. Mai 1963 - 2 BvR 194/63 - BVerfGE 16, 128; für eine Stadtratswahl BVerfG 20. Oktober 1960 - 2 BvQ 6/60 - BVerfGE 11, 329).

36

bb) Der Arbeitgeber kann zudem verlangen, dass die weitere Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das sich als Wahlvorstand geriert, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Handlungen eines inexistenten Wahlvorstands muss der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht hinnehmen.

37

b) Hier sind die von der Arbeitgeberin geltend gemachten Mängel - bis auf die Frage der wirksamen Bestellung des Wahlvorstands - nicht so schwer-wiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl begründen könnten. Auch die bislang feststellbaren Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht derart gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten. Der Senat kann aber nicht abschließend beurteilen, ob der Wahlvorstand überhaupt bestellt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, wäre dem Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, zu untersagen, die Wahl durchzuführen.

38

aa) Die Betriebsratswahl ist im Entscheidungsfall voraussichtlich nicht nichtig.

39

(1) Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (vgl. für die st. Rspr. BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - zu B II 1 b bb (1) der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1).

40

(2) Diesen hohen Anforderungen ist nicht genügt. Sollte der Betriebsbegriff mit Blick auf die von der Arbeitgeberin behauptete Betriebsaufspaltung vom 28. Oktober 2009 verkannt sein, führt dieser Mangel nicht dazu, dass die eingeleitete Betriebsratswahl sicher nichtig ist. Auch die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten.

41

(a) Die mögliche Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl.

42

(aa) Der Ausnahmefall einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl ist bei einer Wahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt wird, grundsätzlich nicht anzunehmen. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten. Das erfordert eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung. Kommt es bei diesem Prozess zu Fehlern, sind sie regelmäßig nicht derart grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (vgl. etwa BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1).

43

(bb) Die Tatsachengrundlage einer möglichen Aufspaltung des ursprünglich einheitlichen Betriebs in zehn selbständige Betriebe aufgrund der von der Arbeitgeberin behaupteten Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 war zwischen der Arbeitgeberin und einem Teil der Mitglieder des früheren Betriebsrats umstritten. In einem solchen Fall kann wegen der stets nötigen Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände nicht von einem derart groben und evidenten Verstoß ausgegangen werden, der selbst den Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Betriebsratswahl ausschlösse.

44

(b) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen es nicht anzunehmen, die Betriebsratswahl sei voraussichtlich deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand wegen gravierender Fehler bei seiner Bestellung rechtlich inexistent sei. Dabei kann offenbleiben, ob die nichtige Bestellung des Wahlvorstands stets zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Die bislang festgestellten Mängel bei der Bestellung des Wahlvorstands sind hier jedenfalls nicht so gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Bestellung zur Folge hätten.

45

(aa) Auch die Frage der zwingenden Folge der Nichtigkeit einer eingeleiteten Betriebsratswahl aufgrund der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands wird in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutiert. Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt die Nichtigkeit der Betriebsratswahl infolge einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands an (vgl. zB LAG Köln 10. März 2000 - 13 TaBV 9/00 - zu II 3 der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 3 Nr. 6; GK-BetrVG/Kreutz § 16 Rn. 5; grundlegend Nießen S. 137 ff., 141 ff. mwN). Ein anderer Teil der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums verlangt über die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands hinaus zusätzliche Umstände, um die Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl annehmen zu können (vgl. zB LAG Berlin 8. April 2003 - 5 TaBV 1990/02 - zu II 3 c der Gründe, NZA-RR 2003, 587; LAG Nürnberg 29. Juli 1998 - 4 TaBV 12/97 - zu II der Gründe; Fitting § 19 Rn. 5; grundlegend Jacobs Die Wahlvorstände S. 124 ff. mwN). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage bisher offengelassen (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 3 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1). Auch dieser Fall verlangt nicht, die Frage abschließend zu beantworten.

46

(bb) Die bislang festgestellten Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie zur Nichtigkeit der Bestellung führten.

47

(aaa) Zwischen der nur fehlerhaften und der darüber hinaus nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist sorgfältig zu unterscheiden. Im Fall eines (einfachen) Errichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte Betriebsratswahl kann dann zwar anfechtbar sein, sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. Eine nur fehlerhafte Bestellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Errichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handeln. Für die Beschränkung der nichtigen Bestellung auf ungewöhnliche Ausnahmefälle spricht vor allem das vom Betriebsverfassungsgesetz geschützte Interesse daran, betriebsratslose Zustände zu vermeiden, das insbesondere in §§ 1, 21a, 21b und 22 BetrVG zum Ausdruck kommt. Maßnahmen, die eine Betriebsratswahl vorbereiten sollen, dürfen nicht unnötig erschwert werden. Das gilt für die Bestellung des Wahlvorstands umso mehr, als dessen Kompetenzen nach §§ 18 und 18a BetrVG eng begrenzt sind. Seine Pflichten werden durch das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung genau umrissen (vgl. bereits BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

48

(bbb) Nach diesen Grundsätzen rechtfertigen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass die Bestellung des Wahlvorstands nichtig ist.

49

(aaaa) Aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist allerdings davon auszugehen, dass der Wahlvorstand nicht mit der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Mehrheit der Stimmen der anwesenden Betriebsratsmitglieder bestellt wurde. Der frühere Betriebsrat hat zum einen verkannt, dass der vollständige Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG voraussetzt. Er hat zum anderen nicht beachtet, dass für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Ersatzmitglieder heranzuziehen sind. Er ist schließlich auch zu Unrecht davon ausgegangen, die im W-Saal verbliebenen weiteren fünf Betriebsratsmitglieder enthielten sich dadurch ihrer Stimme.

50

(bbbb) Die Bestellung eines Wahlvorstands durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber kein solch gravierender Verstoß gegen die Bestellungsbestimmungen der §§ 16 bis 17a BetrVG, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands waren hier erheblich. Der ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und den Betriebsratsmitgliedern, die sie in den anderen Saal begleiteten, ging es jedoch ersichtlich darum, ihrer Pflicht zur Bestellung des Wahlvorstands nachzukommen. Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn die Bestellung durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder auf dem machttaktischen oder willkürlichen Kalkül beruht hätte, die Mehrheit durch die Minderheit zu majorisieren. Dafür bestehen nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Arbeitgeberin keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der sog. Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S von der Sitzung vom 30. März 2010 war nach Nr. 3 des handschriftlichen Protokolls der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O vielmehr insbesondere auf angenommene unbefugte Tonaufnahmen einer Betriebsratssitzung zurückzuführen. Das ergibt sich aus den in Nr. 1 der Niederschrift enthaltenen Gründen für ein angestrebtes Ausschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht. Die sechs Betriebsratsmitglieder verließen den W-Saal, weil sie annahmen, die Betriebsratssitzung wegen der behaupteten erheblichen Störungen der Betriebsratsmitglieder M und S nicht ordnungsgemäß durchführen zu können. Sie forderten die übrigen fünf Betriebsratsmitglieder zudem erfolglos auf, sie in den anderen Saal zu begleiten.

51

bb) Unabhängig von einer voraussichtlichen Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass die Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands kann hier aus den genannten Gründen nicht ausgegangen werden. Nicht festgestellt ist aber, ob am 30. März 2010 während des zweiten Aufenthalts der Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V in einem anderen Saal als dem W-Saal überhaupt ein Wahlvorstand bestellt wurde. Das handschriftliche Protokoll der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O über die Betriebsratssitzung, die am 30. März 2010 außerhalb des W-Saal abgehalten wurde, weist keinen Beschluss aus, mit dem ein Wahlvorstand bestellt wurde. Die Verfahrensbevollmächtigte des Wahlvorstands hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V hätten in Abwesenheit der übrigen Betriebsratsmitglieder durch Beschluss den Wahlvorstand bestellt, nachdem sie den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten. Die Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin konnte dieses Vorbringen nicht unstreitig stellen. Das Landesarbeitsgericht wird den Umstand deshalb aufzuklären haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Schuh    

        

    Hansen    

                 

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Das Gericht ist nicht befugt, einer Partei etwas zuzusprechen, was nicht beantragt ist. Dies gilt insbesondere von Früchten, Zinsen und anderen Nebenforderungen.

(2) Über die Verpflichtung, die Prozesskosten zu tragen, hat das Gericht auch ohne Antrag zu erkennen.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

(1) Niemand darf die Wahl des Betriebsrats behindern. Insbesondere darf kein Arbeitnehmer in der Ausübung des aktiven und passiven Wahlrechts beschränkt werden.

(2) Niemand darf die Wahl des Betriebsrats durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflussen.

(3) Die Kosten der Wahl trägt der Arbeitgeber. Versäumnis von Arbeitszeit, die zur Ausübung des Wahlrechts, zur Betätigung im Wahlvorstand oder zur Tätigkeit als Vermittler (§ 18a) erforderlich ist, berechtigt den Arbeitgeber nicht zur Minderung des Arbeitsentgelts.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
eine Wahl des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats oder der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 oder 5 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer behindert oder durch Zufügung oder Androhung von Nachteilen oder durch Gewährung oder Versprechen von Vorteilen beeinflusst,
2.
die Tätigkeit des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der in § 76 Abs. 8 bezeichneten tariflichen Schlichtungsstelle, der in § 86 bezeichneten betrieblichen Beschwerdestelle oder des Wirtschaftsausschusses behindert oder stört, oder
3.
ein Mitglied oder ein Ersatzmitglied des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Gesamt-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Konzern-Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, der Einigungsstelle, der in § 76 Abs. 8 bezeichneten Schlichtungsstelle, der in § 86 bezeichneten betrieblichen Beschwerdestelle oder des Wirtschaftsausschusses um seiner Tätigkeit willen oder eine Auskunftsperson nach § 80 Absatz 2 Satz 4 um ihrer Tätigkeit willen benachteiligt oder begünstigt.

(2) Die Tat wird nur auf Antrag des Betriebsrats, des Gesamtbetriebsrats, des Konzernbetriebsrats, der Bordvertretung, des Seebetriebsrats, einer der in § 3 Abs. 1 bezeichneten Vertretungen der Arbeitnehmer, des Wahlvorstands, des Unternehmers oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft verfolgt.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2010 - 16 TaBV 57/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahr 2010 eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen und dem Wahlvorstand zu untersagen ist, die Wahl erneut einzuleiten.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Gebäudereinigungsarbeiten und sonstige Dienstleistungen für gewerbliche Kunden ausführt. Sie beschäftigt ca. 827 Arbeitnehmer in etwa 350 Objekten. Im Jahr 2008 wurde bei ihr ein dreizehnköpfiger Betriebsrat gewählt. Eines der Betriebsratsmitglieder war der Leiter der Lohnbuchhaltung der Arbeitgeberin M. Das frühere Betriebsratsmitglied S ist der Schwiegervater des Geschäftsführers der Arbeitgeberin.

3

In der Zeit vom 1. März 2010 bis 31. Mai 2010 sollten die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden. Die Betriebsratsvorsitzende V lud mit Schreiben vom 26. März 2010 zu einer Betriebsratssitzung am 30. März 2010, 9:00 Uhr, in das DGB-Haus in D, W-Saal, ein. Ersatzmitglieder wurden nicht geladen. In der Tagesordnung waren ua. die Themen genannt:

        

„5.     

Aufnahme von der BR-Sitzung am 29.01.2010 (Handy) - Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn M und Herrn S mit Beschlussfassung

        

…       

        
        

9.    

Wahl mit anschließendem Beschluss eines Wahlvorstandes für die kommende BR-Neuwahl“

4

Am 30. März 2010 erschienen alle 13 Mitglieder zu der Betriebsratssitzung. Auch die Gewerkschaftssekretärin der IG Bauen-Agrar-Umwelt B war anwesend. Als über den Tagesordnungspunkt 5 beraten werden sollte, verlangte die Vorsitzende, dass die Betriebsratsmitglieder M und S den Sitzungssaal verlassen sollten. Beide kamen dem nicht nach. Es folgte ein Streitgespräch. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen den W-Saal, um in einem anderen Raum über den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S zu beraten. Zuvor hatte die Vorsitzende die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z aufgefordert, den Betriebsratsmitgliedern zu folgen, die den Saal verließen. Die fünf aufgeforderten Betriebsratsmitglieder hatten das abgelehnt. Nach den Angaben des Wahlvorstands wurde in dem anderen Sitzungssaal beschlossen, die Betriebsratsmitglieder M und S von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 auszuschließen.

5

Die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U kehrten danach in den W-Saal zurück und teilten den übrigen Betriebsratsmitgliedern mit, die Betriebsratsmitglieder M und S seien mit sechs Jastimmen und fünf Enthaltungen von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 ausgeschlossen worden. Dieser Beschluss ist in Nr. 3 eines handschriftlichen Protokolls festgehalten, das von der Vorsitzenden und der Schriftführerin O unterzeichnet wurde. Die Vorsitzende forderte die Betriebsratsmitglieder M und S auf, nun den W-Saal zu verlassen, damit die Betriebsratssitzung fortgeführt werden könne. Die beiden Betriebsratsmitglieder lehnten das ab. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen daraufhin erneut den W-Saal, um die Sitzung in einem anderen Raum fortzusetzen. Zuvor hatten sie die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z erneut erfolglos aufgefordert, sie zu begleiten. Die Sitzung wurde von der Vorsitzenden sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I, O und U in dem anderen Sitzungssaal fortgeführt. Auch auf diesen Teil der Betriebsratssitzung geht das handschriftliche Protokoll der Vorsitzenden und der Schriftführerin ein. Die Niederschrift behandelt die Bestellung eines Wahlvorstands nicht. Über die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 wurde ein weiteres Protokoll verfasst, das von den Betriebsratsmitgliedern M und Z unterschrieben wurde.

6

Mit Schreiben vom 30. März 2010 verlangte der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin die erforderlichen Auskünfte, um eine Wählerliste zu erstellen. Die Arbeitgeberin weigerte sich mit der Begründung, ein Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß gebildet worden. Unter dem 1. April 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, mit dem die Betriebsratswahl für alle Arbeitnehmer der von der Arbeitgeberin betreuten Objekte eingeleitet wurde.

7

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr am 12. April 2010 eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, weil der Wahlvorstand nicht wirksam errichtet sei. Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat sei unwirksam. Als die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten, sei zuvor nicht mitgeteilt worden, in welchem Raum die Sitzung fortgesetzt und dass dort über die Bestellung eines Wahlvorstands abgestimmt werden solle. Die Betriebsratsmitglieder F, K, M, R, H, S und Z hätten gegen einen Wahlvorstand in der jetzigen Besetzung gestimmt, wenn die Betriebsratssitzung am 30. März 2010 mit den Betriebsratsmitgliedern M und S im W-Saal fortgesetzt worden wäre. Die Wahl sei auch deshalb abzubrechen, weil das Unternehmen der Arbeitgeberin aufgrund einer Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 in zehn einzelne Betriebe aufgespalten worden sei.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

       

dem Wahlvorstand aufzugeben, das eingeleitete Verfahren zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrats abzubrechen und nicht fortzuführen und auch nicht neu einzuleiten.

9

Der Wahlvorstand hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat behauptet, er sei in der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 bestellt worden, nachdem die sechs Betriebsratsmitglieder zum zweiten Mal den W-Saal verlassen hätten. Der Wahlvorstand bestehe aus der Betriebsratsvorsitzenden V sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I und O. Das Betriebsratsmitglied S habe die Sitzung vom 30. März 2010 von Beginn an gestört. Herr S habe unter Hinweis auf die Arbeitsunfähigkeit der Betriebsratsvorsitzenden bezweifelt, dass sie aufgrund ihres Tablettenkonsums in der Lage sei, die Tragweite ihres Handelns zu erkennen. Dem hätten sich die anderen, dem Arbeitgeber nahestehenden Betriebsratsmitglieder und vor allem das Betriebsratsmitglied M angeschlossen. Sie hätten die Betriebsratsvorsitzende immer wieder unterbrochen. Die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 habe wegen der Störungen in einen anderen Saal verlegt werden müssen, um die Sitzung ohne die Betriebsratsmitglieder M und S fortzusetzen. Da die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z dem nicht nachgekommen seien, habe ihr Verhalten als Stimmenthaltung gewertet werden müssen. Die Fortführung einer Betriebsratswahl dürfe nur dann untersagt werden, wenn die Wahl nichtig und nicht nur anfechtbar sei. Die durchzuführende Wahl sei weder nichtig noch „sicher anfechtbar“.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Wahlvorstands zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verlangt der Wahlvorstand weiter die Abweisung des Antrags der Arbeitgeberin.

11

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Für eine abschließende Entscheidung fehlen erforderliche Tatsachenfeststellungen. Die Sache ist deshalb zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Neben der Arbeitgeberin ist nur der Wahlvorstand am Verfahren beteiligt. Die Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten.

13

1. Der Wahlvorstand ist selbst dann am Verfahren beteiligt, wenn seine Bestellung nichtig ist, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat.

14

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (für die st. Rspr. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 3/10 - Rn. 10).

15

b) Der Wahlvorstand ist danach am Verfahren beteiligt. Die von der Arbeitgeberin erstrebte Entscheidung betrifft unmittelbar seine Existenz und seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte.

16

2. Die einzelnen Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten des Verfahrens. Es geht nicht um die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der einzelnen Wahlvorstandsmitglieder, sondern um die Existenz und die Rechte des Gremiums.

17

II. Die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Ob er begründet ist, lässt sich erst beurteilen, wenn weitere Tatsachenfeststellungen getroffen sind.

18

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

19

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist das Begehren der Arbeitgeberin als einheitlicher Unterlassungsantrag zu verstehen. Er ist darauf gerichtet, dem Wahlvorstand jede weitere Handlung zu untersagen, die auf die Durchführung der Wahl gerichtet ist. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

b) Die Arbeitgeberin ist antragsbefugt. Sie kann sich mit einem Unterlassungsantrag dagegen wenden, dass der nach ihrer Auffassung nicht wirksam errichtete Wahlvorstand tätig wird (vgl. schon BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 98/74 - zu II 2 der Gründe, BAGE 27, 163). Ihre Antragsbefugnis entspricht dem Recht, die spätere Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 2 BetrVG anzufechten.

21

c) Der Wahlvorstand ist beteiligtenfähig iSv. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG. Das gilt selbst dann, wenn seine Bestellung nichtig ist. Der Wahlvorstand hält sich für existent. Für das Verfahren, in dem mittelbar über die Nichtigkeit seiner Bestellung gestritten wird, ist er als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig.

22

d) Das Verfahren ist nicht erledigt. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist weiter ein Betriebsrat zu wählen.

23

2. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem Unterlassungsantrag nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zu Recht erkannt, dass einem in nichtiger Weise errichteten Wahlvorstand untersagt werden kann, weiter tätig zu werden. Die getroffenen Feststellungen lassen aber nicht die Würdigung zu, dass die Errichtung des Wahlvorstands nichtig ist. Es fehlen Feststellungen zu der Frage, ob die sechs Betriebsratsmitglieder, die am 30. März 2010 zweimal den W-Saal verließen, bei ihrem zweiten Aufenthalt in dem anderen Saal des DGB-Hauses in D überhaupt einen Wahlvorstand bestellten.

24

a) Ein Anspruch des Arbeitgebers darauf, die von einem Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, kann sich zum einen aus der zu erwartenden Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergeben. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht. Ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers besteht zum anderen, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.

25

aa) Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.

26

(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Wahlvorstand untersagt werden kann, eine von ihm eingeleitete Betriebsratswahl weiter durchzuführen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Das Bundesarbeitsgericht konnte die Frage bisher nicht klären, weil diese Streitigkeiten regelmäßig in einstweiligen Verfügungsverfahren ausgetragen werden, deren Rechtszüge vor dem Landesarbeitsgericht enden (§ 92 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 85 Abs. 2 ArbGG).

27

(a) Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt an, im Allgemeinen könne der Abbruch einer laufenden Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung nur angeordnet werden, wenn die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen sei (vgl. beispielhaft aus der Instanzrechtsprechung Sächsisches LAG 22. April 2010 - 2 TaBVGa 2/10 - zu II 1 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 16 - 19; LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 3 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15; grundlegend LAG Baden-Württemberg 20. Mai 1998 - 8 Ta 9/98 - AiB 1998, 401; aus dem Schrifttum zB ErfK/Koch 11. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7; wohl auch Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 18 Rn. 21).

28

(b) Die noch immer überwiegende Ansicht lässt dagegen bereits die sichere Anfechtbarkeit der Wahl genügen (vgl. bspw. LAG Schleswig-Holstein 7. April 2011 - 4 TaBVGa 1/11 - zu II 2 a aa aE der Gründe; LAG Hamburg 19. April 2010 - 7 TaBVGa 2/10 - zu II 2 b der Gründe, NZA-RR 2010, 585; Hessisches LAG 7. August 2008 - 9 TaBVGa 188/08 - zu II der Gründe; im Schrifttum zB Dzida/Hohenstatt BB-Special 14 Heft 50, 1, 2 bis 4; Fitting 25. Aufl. § 18 Rn. 42; DKKW/Schneider/Homburg 12. Aufl. § 18 Rn. 6; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 18 Rn. 79 f. mwN; Rieble/Triskatis NZA 2006, 233, 234 bis 236; Veit/Wichert DB 2006, 390, 391; wohl auch Bram FA 2006, 66 ff.; siehe zu weiter differenzierenden Ansichten auch die Übersicht in LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 2 b der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15).

29

(2) Das Betriebsverfassungsgesetz regelt nicht ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen ist und wer hierfür anspruchsberechtigt ist. Ausdrücklich geregelt ist in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nur die Anfechtung einer durchgeführten Wahl. Obwohl eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage fehlt, ergibt sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang, dass jedenfalls der Arbeitgeber es unterbinden kann, wenn in seinem Betrieb eine nichtige Betriebsratswahl durchgeführt wird. Er kann verlangen, die nichtige Wahl zu unterlassen. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für den Unterlassungsanspruch dagegen nicht.

30

(a) Der Arbeitgeber hat Anspruch darauf, dass eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchgeführt wird. Die mit der Durchführung einer Betriebsratswahl verbundenen Maßnahmen berühren den Arbeitgeber als Betriebsinhaber unmittelbar in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zugleich werden ihm im Zusammenhang mit der Wahl Pflichten auferlegt (vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 WO). Ferner hat er nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Kosten der Wahl zu tragen. Schon daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber in seinem Betrieb verlangen kann, eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchzuführen. Der Fall verlangt keine Entscheidung darüber, ob das in gleicher Weise für die weiteren in § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Anfechtungsberechtigten gilt.

31

(b) Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für einen Anspruch auf Abbruch der Wahl demgegenüber nicht.

32

(aa) Der Antragsteller könnte sonst mit dem gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Unterlassungsantrag mehr erreichen als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

33

(bb) Würde schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein Betriebsrat zustande kommt, wie es das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht. Damit würde ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten darf. Das Betriebsverfassungsgesetz will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden (vgl. BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - zu B IV 3 a der Gründe, BAGE 95, 15). Das zeigen nicht nur die gesetzlichen Regelungen des Übergangs- und des Restmandats in §§ 21a und 21b BetrVG sowie der Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats nach § 22 BetrVG. Der Gesetzeszweck kommt auch in § 1 BetrVG zum Ausdruck. Die Bestimmung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht. Die Vorschriften, die die Betriebsratswahl regeln, sind daher so auszulegen, dass der Gesetzeszweck, Betriebsräte zu bilden, möglichst erreicht wird (vgl. schon BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

34

(cc) Die Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs einer voraussichtlich nur anfechtbaren Wahl würde auch der Konzeption nicht gerecht, die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Ausdruck kommt. Danach ist die Wahlanfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Macht innerhalb dieser Frist keiner der Anfechtungsberechtigten von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch, können Fehler bei der Wahl des Betriebsrats - mit Ausnahme der Nichtigkeit der Wahl - nicht mehr geltend gemacht werden. Durch den vorzeitigen Abbruch der Wahl würde dem Anfechtungsberechtigten von vornherein die Möglichkeit genommen, die Frist verstreichen und die Wahl unangefochten zu lassen.

35

(dd) Auch die Grundsätze, die für politische Wahlen gelten, sprechen dafür, den Abbruch der Wahl auf Fälle der Nichtigkeit zu beschränken. Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren zum Deutschen Bundestag beziehen, können nach § 49 BWahlG nur mit den im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Gegen interne Entscheidungen des Wahlorgans kann außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens, das nach Abschluss des Wahlverfahrens erfolgt, kein gerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden (vgl. nur BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 3 bis 14 mwN; s. auch Nießen Fehlerhafte Betriebsratswahlen S. 374 f., der auf S. 377 ff. eine - vollständige - Übertragung der Grundsätze politischer Wahlen auf Betriebsratswahlen ablehnt). Betriebsratswahlen sind zwar nicht so komplex wie Bundestagswahlen (vgl. dazu BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 4). Bei § 49 BWahlG handelt es sich gleichwohl um die Konkretisierung eines allgemeinen für Wahlrechtsangelegenheiten geltenden Grundsatzes(vgl. für eine Landtagswahl BVerfG 15. Mai 1963 - 2 BvR 194/63 - BVerfGE 16, 128; für eine Stadtratswahl BVerfG 20. Oktober 1960 - 2 BvQ 6/60 - BVerfGE 11, 329).

36

bb) Der Arbeitgeber kann zudem verlangen, dass die weitere Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das sich als Wahlvorstand geriert, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Handlungen eines inexistenten Wahlvorstands muss der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht hinnehmen.

37

b) Hier sind die von der Arbeitgeberin geltend gemachten Mängel - bis auf die Frage der wirksamen Bestellung des Wahlvorstands - nicht so schwer-wiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl begründen könnten. Auch die bislang feststellbaren Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht derart gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten. Der Senat kann aber nicht abschließend beurteilen, ob der Wahlvorstand überhaupt bestellt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, wäre dem Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, zu untersagen, die Wahl durchzuführen.

38

aa) Die Betriebsratswahl ist im Entscheidungsfall voraussichtlich nicht nichtig.

39

(1) Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (vgl. für die st. Rspr. BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - zu B II 1 b bb (1) der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1).

40

(2) Diesen hohen Anforderungen ist nicht genügt. Sollte der Betriebsbegriff mit Blick auf die von der Arbeitgeberin behauptete Betriebsaufspaltung vom 28. Oktober 2009 verkannt sein, führt dieser Mangel nicht dazu, dass die eingeleitete Betriebsratswahl sicher nichtig ist. Auch die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten.

41

(a) Die mögliche Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl.

42

(aa) Der Ausnahmefall einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl ist bei einer Wahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt wird, grundsätzlich nicht anzunehmen. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten. Das erfordert eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung. Kommt es bei diesem Prozess zu Fehlern, sind sie regelmäßig nicht derart grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (vgl. etwa BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1).

43

(bb) Die Tatsachengrundlage einer möglichen Aufspaltung des ursprünglich einheitlichen Betriebs in zehn selbständige Betriebe aufgrund der von der Arbeitgeberin behaupteten Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 war zwischen der Arbeitgeberin und einem Teil der Mitglieder des früheren Betriebsrats umstritten. In einem solchen Fall kann wegen der stets nötigen Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände nicht von einem derart groben und evidenten Verstoß ausgegangen werden, der selbst den Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Betriebsratswahl ausschlösse.

44

(b) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen es nicht anzunehmen, die Betriebsratswahl sei voraussichtlich deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand wegen gravierender Fehler bei seiner Bestellung rechtlich inexistent sei. Dabei kann offenbleiben, ob die nichtige Bestellung des Wahlvorstands stets zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Die bislang festgestellten Mängel bei der Bestellung des Wahlvorstands sind hier jedenfalls nicht so gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Bestellung zur Folge hätten.

45

(aa) Auch die Frage der zwingenden Folge der Nichtigkeit einer eingeleiteten Betriebsratswahl aufgrund der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands wird in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutiert. Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt die Nichtigkeit der Betriebsratswahl infolge einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands an (vgl. zB LAG Köln 10. März 2000 - 13 TaBV 9/00 - zu II 3 der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 3 Nr. 6; GK-BetrVG/Kreutz § 16 Rn. 5; grundlegend Nießen S. 137 ff., 141 ff. mwN). Ein anderer Teil der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums verlangt über die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands hinaus zusätzliche Umstände, um die Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl annehmen zu können (vgl. zB LAG Berlin 8. April 2003 - 5 TaBV 1990/02 - zu II 3 c der Gründe, NZA-RR 2003, 587; LAG Nürnberg 29. Juli 1998 - 4 TaBV 12/97 - zu II der Gründe; Fitting § 19 Rn. 5; grundlegend Jacobs Die Wahlvorstände S. 124 ff. mwN). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage bisher offengelassen (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 3 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1). Auch dieser Fall verlangt nicht, die Frage abschließend zu beantworten.

46

(bb) Die bislang festgestellten Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie zur Nichtigkeit der Bestellung führten.

47

(aaa) Zwischen der nur fehlerhaften und der darüber hinaus nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist sorgfältig zu unterscheiden. Im Fall eines (einfachen) Errichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte Betriebsratswahl kann dann zwar anfechtbar sein, sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. Eine nur fehlerhafte Bestellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Errichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handeln. Für die Beschränkung der nichtigen Bestellung auf ungewöhnliche Ausnahmefälle spricht vor allem das vom Betriebsverfassungsgesetz geschützte Interesse daran, betriebsratslose Zustände zu vermeiden, das insbesondere in §§ 1, 21a, 21b und 22 BetrVG zum Ausdruck kommt. Maßnahmen, die eine Betriebsratswahl vorbereiten sollen, dürfen nicht unnötig erschwert werden. Das gilt für die Bestellung des Wahlvorstands umso mehr, als dessen Kompetenzen nach §§ 18 und 18a BetrVG eng begrenzt sind. Seine Pflichten werden durch das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung genau umrissen (vgl. bereits BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

48

(bbb) Nach diesen Grundsätzen rechtfertigen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass die Bestellung des Wahlvorstands nichtig ist.

49

(aaaa) Aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist allerdings davon auszugehen, dass der Wahlvorstand nicht mit der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Mehrheit der Stimmen der anwesenden Betriebsratsmitglieder bestellt wurde. Der frühere Betriebsrat hat zum einen verkannt, dass der vollständige Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG voraussetzt. Er hat zum anderen nicht beachtet, dass für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Ersatzmitglieder heranzuziehen sind. Er ist schließlich auch zu Unrecht davon ausgegangen, die im W-Saal verbliebenen weiteren fünf Betriebsratsmitglieder enthielten sich dadurch ihrer Stimme.

50

(bbbb) Die Bestellung eines Wahlvorstands durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber kein solch gravierender Verstoß gegen die Bestellungsbestimmungen der §§ 16 bis 17a BetrVG, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands waren hier erheblich. Der ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und den Betriebsratsmitgliedern, die sie in den anderen Saal begleiteten, ging es jedoch ersichtlich darum, ihrer Pflicht zur Bestellung des Wahlvorstands nachzukommen. Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn die Bestellung durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder auf dem machttaktischen oder willkürlichen Kalkül beruht hätte, die Mehrheit durch die Minderheit zu majorisieren. Dafür bestehen nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Arbeitgeberin keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der sog. Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S von der Sitzung vom 30. März 2010 war nach Nr. 3 des handschriftlichen Protokolls der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O vielmehr insbesondere auf angenommene unbefugte Tonaufnahmen einer Betriebsratssitzung zurückzuführen. Das ergibt sich aus den in Nr. 1 der Niederschrift enthaltenen Gründen für ein angestrebtes Ausschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht. Die sechs Betriebsratsmitglieder verließen den W-Saal, weil sie annahmen, die Betriebsratssitzung wegen der behaupteten erheblichen Störungen der Betriebsratsmitglieder M und S nicht ordnungsgemäß durchführen zu können. Sie forderten die übrigen fünf Betriebsratsmitglieder zudem erfolglos auf, sie in den anderen Saal zu begleiten.

51

bb) Unabhängig von einer voraussichtlichen Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass die Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands kann hier aus den genannten Gründen nicht ausgegangen werden. Nicht festgestellt ist aber, ob am 30. März 2010 während des zweiten Aufenthalts der Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V in einem anderen Saal als dem W-Saal überhaupt ein Wahlvorstand bestellt wurde. Das handschriftliche Protokoll der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O über die Betriebsratssitzung, die am 30. März 2010 außerhalb des W-Saal abgehalten wurde, weist keinen Beschluss aus, mit dem ein Wahlvorstand bestellt wurde. Die Verfahrensbevollmächtigte des Wahlvorstands hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V hätten in Abwesenheit der übrigen Betriebsratsmitglieder durch Beschluss den Wahlvorstand bestellt, nachdem sie den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten. Die Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin konnte dieses Vorbringen nicht unstreitig stellen. Das Landesarbeitsgericht wird den Umstand deshalb aufzuklären haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Schuh    

        

    Hansen    

                 

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Regionalbetriebsrats und die Anschlussrechtsbeschwerde der zu 1. und zu 2. beteiligten Unternehmen gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. Mai 2011 - 4 TaBV 5/11 - werden zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die zu 1. und zu 2. beteiligten Unternehmen machen in erster Linie die Nichtigkeit, hilfsweise die Unwirksamkeit einer am 19. März 2010 durchgeführten Betriebsratswahl geltend, aus der der zu 3. beteiligte Regionalbetriebsrat hervorgegangen ist.

2

Das zu 1. beteiligte Unternehmen (künftig: H) ist das deutsche Tochterunternehmen der H Group (ehemals B-Gruppe), einem internationalen Anbieter von Unternehmensdienstleistungen. Es ist vor allem in den Bereichen des Geschäftsreise-, Reisekosten- sowie Event- und Meeting-Managements tätig. Sein Hauptsitz ist in K. Es unterhält bundesweit Betriebe und Betriebsstätten, in denen ca. 715 Mitarbeiter beschäftigt sind.

3

Das zu 2. beteiligte Unternehmen (künftig: E) ist eine 51%ige Tochtergesellschaft der H mit Sitz in F und dort beschäftigten 9 Mitarbeitern. Es bietet vor allem Sport- und Fanreisen im Zusammenhang mit Spielen der deutschen Fußballnationalmannschaft an.

4

Am 11. April 2002 schlossen die E L R GmbH & Co. KG als Rechtsvorgängerin der H, die E und weitere mit ihnen verbundene Unternehmen mit der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) einen Tarifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen (TV EBS 2002). Dieser sah ua. die Zusammenfassung näher bezeichneter Betriebe und Betriebsstätten aller Unternehmen zu Wahlregionen vor, in denen jeweils ein Regionalbetriebsrat zu wählen ist. Im Zeitpunkt des Abschlusses des TV EBS 2002 waren die Betriebe der beteiligten Unternehmen noch durch Regionalleitungen geführt. Insoweit sind in einem von H und E zur Akte gereichten Organigramm beim sog. „Client Services D“ die Regionen „Süd“, „Mitte/West“ und „Nord/Ost“ mit jeweils zuständigen „RL Account Management“ und „RL Client Services“ angeführt. Mit Wirkung ab 1. April 2004 wurden die Regionalleitungen abgeschafft und ausweislich eines Organigramms vom selben Datum die unternehmerische Leitung bei H nach Geschäftsfeldern strukturiert.

5

Der nach dem Ausscheiden eines am TV EBS 2002 beteiligten Unternehmens aus der Unternehmensgruppe zwischen H (damals noch E L R GmbH & Co. KG), E sowie fünf weiteren konzernangehörigen Unternehmen und ver.di neu geschlossene Tarifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen vom 25. Oktober 2004 (TV EBS 2004) lautet auszugsweise (Hinweis: auch § 3 dieses Tarifvertrags ist exakt wiedergegeben):

        

„…    

        

wird in Ausgestaltung des § 3 Abs 1 Ziff. 1b) und Ziff. 3 BetrVG nachfolgender Tarifvertrag zur Bildung gemeinsamer Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstrukturen der B-Gruppe vereinbart.

        

Die Unternehmen der B-Gruppe unterhalten zum Teil gemeinsame Betriebe an verschiedenen Standorten in der Bundesrepublik. Sie unterhielten gemeinsame Betriebe auch mit der K GmbH, die nach Gesellschafterwechseln im Konzern nicht mehr der Unternehmensgruppe angehört. Aus diesem Grund hatten die Unternehmen der B-Gruppe und die K GmbH den Tarifvertrag zur Bildung einheitlicher Betriebsrats- und Gesamtbetriebsstrukturen vom 11.04.2002 am 17.02.2004 außerordentlich gekündigt. Gemeinsame Betriebe mit der K GmbH unterhalten die Unternehmen der B-Gruppe nicht mehr. Der vorliegende Tarifvertrag dient der Anpassung der Betriebsratsstrukturen in der B-Gruppe bei gleichzeitiger Fortführung der Regionalstruktur und eines einheitlichen Gesamtbetriebsrates innerhalb der Unternehmensgruppe.

                 
        

§ 1 Geltungsbereich

        

Dieser Tarifvertrag gilt

                 

●       

räumlich auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland

                 

●       

fachlich für alle Betriebsstätten der im Rubrum genannten Unternehmen

                 

●       

persönlich für alle Arbeitnehmer/-innen im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG

                                   
        

§ 2 Zweck

        

Dieser Tarifvertrag fördert mit der Bildung von Wahlregionen und eines gemeinsamen Gesamtbetriebsrates die sachgerechte Wahrnehmung der gesetzlichen Arbeitnehmerinteressen.

        

Die auf Grund dieses Tarifvertrages gebildeten betriebsverfassungsrechtlichen Organisationseinheiten gelten als Betriebe i.S. des BetrVG. Der Betriebsbegriff anderer Gesetze, insbesondere des KSchG, wird dagegen von dieser Vereinbarung nicht berührt. Auf die nach diesem Tarifvertrag gebildeten Arbeitnehmervertretungen finden die Vorschriften über die Rechte und Pflichten des Betriebsrates und die Rechtsstellung seiner Mitglieder nach dem BetrVG Anwendung.

                 
        

§ 3 Wahlregionen

                 

Die einzelnen Betriebsstätten der im sachlichen Geltungsbereich genannten Unternehmen werden in Wahlregionen zusammengefasst. Die Zuordnung erfolgt gemäß der einen wesentlichen Bestandteil dieses Tarifvertrages bildenden Anlage (1).

                 

Neu hinzukommende Betriebsstätten, in denen ein Betriebsrat errichtet ist, werden den jeweiligen Regionen bei der nächsten regelmäßigen Betriebsratswahl zugeordnet. Abweichungen hiervon können durch Ergänzungen zu diesem Haustarifvertrag vereinbart werden, wenn dies einer sachgerechten Wahrnehmung der Arbeitnehmerinteressen dient und die Arbeitnehmer und Arbeitnehmervertreter der hinzukommenden Betriebsstätte dies mehrheitlich befürworten.

                 

Neu hinzukommende Betriebsstätten, in denen kein Betriebsrat errichtet ist, werden sofort den jeweiligen Regionen zugeordnet.

        

(4)     

Die Beschäftigten in den Wahlregionen wählen gemäß BetrVG je einen Regionalbetriebsrat.

        

…       

        

§ 5 Gesamtbetriebsrat

        

Für die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Unternehmen wird ein einheitlicher Gesamtbetriebsrat im Sinne des § 47 Abs. 1 BetrVG errichtet.

        

Für die Entsendung in den Gesamtbetriebsrat gelten die gesetzlichen Bestimmungen des § 47 Abs. 2 und 3 BetrVG.

        

…       

        

§ 7 Laufzeit

        

Dieser Tarifvertrag tritt mit Unterzeichnung in Kraft und ersetzt den Tarifvertrag vom 11.04.2002.

        

Der vorliegende Tarifvertrag schreibt die Betriebsratsstrukturen des Tarifvertrages vom 11.04.2002 fort. Gesamtbetriebsvereinbarungen gelten als solche weiter. Neuwahlen sind in den Regionen Südwest 1 und Südwest 2 einzuleiten. Im übrigen sind in keiner der Regionen außerhalb des für die regelmäßigen Betriebsratswahlen festgelegten Zeitraums erforderlich, weil die Voraussetzungen für Neuwahlen nach § 13 BetrVG nicht vorliegen und die Regionen ihre Identität behalten. Soweit einzelne Mitglieder der bestehenden regionalen Betriebsratsgremien ausscheiden, weil sie bei der K GmbH angestellt sind, rücken Ersatzmitglieder nach den gesetzlichen Bestimmungen nach.

        

Dieser Tarifvertrag ist mit einer Frist von 6 Monaten zum Quartalsende erstmals zum 31. März 2006 ordentlich kündbar.

        

…       

        

Im Falle einer Kündigung wirkt der Tarifvertrag nicht nach.

        

…“    

6

Die von allen Tarifvertragsparteien unterzeichnete Anlage (1) zum TV EBS 2004 weist neun „Betriebsrat-Regionen“ aus, ua. die Region Mitte mit 14 Betriebsstätten der H - fünf in F, eine in E, eine in La, zwei in Ba, eine in M, eine in Ho, eine in T, eine in Li, eine in He - und zwei Betriebsstätten der E in F. Nach Abschluss des TV EBS 2004 gingen vier Betriebsstätten - A, O, Es und Of - im Zuge einer Verschmelzung der nicht an dem TV EBS 2004 beteiligten E L R GmbH K (bis 20. März 2007 firmierend als E L M R GmbH) auf die H über. Für diese Betriebsstätten war ein gemeinsamer Betriebsrat gewählt. Mit Schreiben vom 17. September 2009 kündigten H, E und die anderen den TV EBS 2004 schließenden Unternehmen diesen zum 31. März 2010.

7

Am 4. Dezember 2009 traten die Mitglieder des nach dem TV EBS 2004 für die Wahlregion Mitte im Mai 2006 gewählten Regionalbetriebsrats zurück. Der daraufhin bestellte Wahlvorstand bestand aus drei bei der H angestellten und in der Betriebsstätte F tätigen Arbeitnehmern. Die Wahlvorstandsvorsitzende wandte sich mit Mail vom 28. Dezember 2009 an mehrere Personalverantwortliche der H und teilte mit, der Wahlvorstand benötige die „aktuelle Wählerliste für die gesamte Region Mitte (inklusive der Mitarbeiter von M in Of)“. Die Director Human Resources äußerte in ihrer Antwortmail vom 18. Januar 2010 die Ansicht, dass wegen der Kündigung des TV EBS 2004 und dem vereinbarten Ausschluss seiner Nachwirkung nunmehr Betriebsräte nach den gesetzlichen Strukturen zu wählen seien. In einem Mailanhang waren die Daten der Mitarbeiter der H ausgewiesen, die bestimmten - nach Auffassung der Personalleiterin iSv. §§ 1 und 4 BetrVG bestehenden - Betrieben zuzuordnen sind. Nicht aufgeführt waren zwei in einer Betriebsstätte in Ba beschäftigte Arbeitnehmer. Auf weitere Aufforderung des Wahlvorstands, der an seiner Auffassung von durchzuführenden Regionalbetriebsratswahlen nach dem TV EBS 2004 festhielt, erhielt dieser später auch die Daten der in Of sowie der von E beschäftigten Mitarbeiter mitgeteilt. In der vom Wahlvorstand erstellten Wählerliste sind die zwei Arbeitnehmer der Betriebsstätte Ba nicht angegeben. Die Stimmabgabe fand am 19. März 2010 statt. An ihr nahmen ua. die Arbeitnehmer der Betriebsstätte Of teil, diejenigen der Betriebsstätte Ba dagegen nicht. Mit Mail vom 25. März 2010 wurde das Wahlergebnis bekannt gegeben. Am 26. März 2010 fand die konstituierende Sitzung des Regionalbetriebsrats Mitte statt.

8

In der nach dem TV EBS 2004 gebildeten Region Südwest 2 wurden im Jahre 2010 die Betriebsratswahlen in den nach §§ 1 und 4 BetrVG bestehenden Betrieben durchgeführt. In den Regionen Nord und West 1 wurden im Oktober bzw. November 2009 Regionalbetriebsräte auf der Grundlage des TV EBS 2004 gewählt; diese Wahlen wurden nicht angefochten. In den Regionen Süd 1, Ost und Südwest 1 besteht nach unwidersprochenem Vorbringen der zu 1. und 2. beteiligten Unternehmen kein Unterschied zwischen der tarifvertraglichen und der gesetzlichen Betriebsstruktur. In den Regionen Süd 2 und West 2 fanden die Wahlen - ebenso wie vorliegend in der Region Mitte - im März 2010 nach den Strukturen des TV EBS 2004 statt. Diese Wahlen sind von den betroffenen Arbeitgeberinnen angefochten worden.

9

H und E haben mit am 6. April 2010 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenem Schriftsatz das vorliegende Beschlussverfahren eingeleitet mit dem Ziel der Feststellung der Nichtigkeit, hilfsweise Unwirksamkeit der Betriebsratswahl sowie dem weiteren hilfsweisen Feststellungsantrag, dass dem gewählten (Regional-)Betriebsrat ab dem 1. April 2010 ein Übergangsmandat mit der Verpflichtung zur Einleitung von Neuwahlen zukomme. Nach Verweisung des Verfahrens an das örtlich zuständige Arbeitsgericht Köln haben H und E die Auffassung vertreten, die Betriebsratswahl hätte nicht auf der Grundlage des TV EBS 2004 durchgeführt werden dürfen. Wegen des Wegfalls der Regionalleiterebene sei die von der gesetzlichen Betriebsverfassungsstruktur abweichende Bildung betriebsverfassungsrechtlicher Organisationseinheiten nach dem TV EBS 2004 nicht sachdienlich gewesen; jedenfalls sei der TV EBS 2004 während seiner Laufzeit gegenstandslos und unwirksam geworden. Auch wegen der Kündigung des TV EBS 2004 zum 31. März 2010 hätten Betriebsräte in den Betrieben entsprechend der gesetzlichen Betriebsverfassung gewählt werden müssen. Ginge man davon aus, dass auf der Grundlage des TV EBS 2004 hätte gewählt werden dürfen, sei der tarifvertraglich festgelegte Betriebsbegriff für die Region Mitte dennoch verkannt worden, weil die Baer Betriebsstätte mit ihren beiden Arbeitnehmern nicht einbezogen worden sei. Die Verkennung des Betriebsbegriffs führe - ebenso wie der weitere Wahlfehler der Besetzung des Wahlvorstands ausschließlich mit Arbeitnehmern einer Betriebsstätte von H - zur Nichtigkeit der Wahl. Jedenfalls sei die Wahl anfechtbar. Sähe man dies anders, stünde dem Regionalbetriebsrat allenfalls ein Übergangsmandat mit der daraus resultierenden Verpflichtung der unverzüglichen Bestellung von Wahlvorständen zu, weil der TV EBS 2004 ab dem 1. April 2010 nicht mehr gelte.

10

H und E haben beantragt

        

1.    

festzustellen, dass die am 19. März 2010 durchgeführte Betriebsratswahl nichtig ist;

        

2.    

hilfsweise, die am 19. März 2010 durchgeführte Betriebsratswahl für unwirksam zu erklären;

        

3.    

hilfsweise festzustellen, dass der Betriebsrat ab dem 1. April 2010 ein Übergangsmandat iSv. § 21a BetrVG innehat und mit Entstehung dieses Übergangsmandats verpflichtet ist, unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen.

11

Der Regionalbetriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Er hat die Zulässigkeit des Wahlanfechtungsantrags bezweifelt und sich auf den Standpunkt gestellt, der TV EBS 2004 habe als wirksam geschlossener und auch nicht unwirksam gewordener Zuordnungstarifvertrag bis 31. März 2010 gegolten, so dass am 19. März 2010 die Wahl zu Recht auf seiner Grundlage durchgeführt worden sei. Die Nichteinbeziehung der beiden in der Baer Betriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer habe sich nicht auf das Wahlergebnis auswirken können. Im Übrigen könne die Anfechtung der Wahl nicht auf diesen Fehler gestützt werden, weil die entsprechenden Arbeitnehmerdaten dem Wahlvorstand nicht mitgeteilt worden seien.

12

Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde von H und E hat das Landesarbeitsgericht dem Hilfsantrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Betriebsratswahl stattgegeben und die Beschwerde im Übrigen zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, deren Zurückweisung H und E beantragen, erstrebt der Regionalbetriebsrat die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. H und E verfolgen mit ihrer innerhalb der nach § 95 Satz 1 bis 3 ArbGG gesetzten Äußerungsfrist zur Rechtsbeschwerdebegründung beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen und zugleich begründeten Anschlussrechtsbeschwerde ihr Hauptziel der Feststellung der Wahlnichtigkeit weiter. Der Regionalbetriebsrat beantragt, die Anschlussrechtsbeschwerde zurückzuweisen.

13

B. Die Rechtsbeschwerde und die Anschlussrechtsbeschwerde sind unbegründet.

14

I. Das Landesarbeitsgericht hat dem Hauptantrag auf Feststellung der Nichtigkeit der „am 19. März 2010 durchgeführten Betriebsratswahl“ nicht entsprochen. Dagegen wendet sich die zulässige Anschlussrechtsbeschwerde von H und E ohne Erfolg. Das Beschwerdegericht hat zu Recht erkannt, dass die angegriffene Betriebsratswahl nicht nichtig ist. Es kann dahinstehen, ob die Wahl - sei es wegen der Unwirksamkeit des TV EBS 2004 oder aus anderen Gründen - unter Verkennung des Betriebsbegriffs erfolgt ist. Dies führt ebenso wenig zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl wie die Annahme einer fehlerhaften Bestellung des Wahlvorstands.

15

1. Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist ein so eklatanter Verstoß gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Nicht zuletzt wegen der schwerwiegenden Folgen einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl kann deren jederzeit feststellbare Nichtigkeit nur bei besonders krassen Wahlverstößen angenommen werden. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 5; 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 39 mwN, BAGE 138, 377).

16

2. Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Obwohl wegen der Unwirksamkeit des TV EBS 2004 die Wahl des Regionalbetriebsrats Mitte unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt wurde (siehe dazu B. II. 2. der Gründe), ist sie deshalb nicht nichtig. Auch die von H und E geltend gemachte fehlerhafte Zusammensetzung des Wahlvorstands ist nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl zur Folge hätte.

17

a) Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 26 mwN, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 5; 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 42 mwN, BAGE 138, 377). Dies gilt auch dann, wenn es um eine Verkennung der „richtigen“ Rechtsgrundlage für die Bestimmung des Betriebsbegriffs geht, vorliegend also um die Frage, ob in den Betrieben nach §§ 1 und 4 BetrVG oder in den Organisationseinheiten nach dem TV EBS 2004 ein Betriebsrat zu wählen ist (vgl. zur Anfechtung der Wahl einer Schwerbehindertenvertretung auf der Grundlage eines unwirksamen Zuordnungstarifvertrags BAG 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 1; ebenso ErfK/Koch 13. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 13; Fitting 26. Aufl. § 3 Rn. 23 mwN; Mückl/Koehler NZA-RR 2009, 513; aA Spinner/Wiesenecker FS Löwisch S. 375, 387 f.; Plander NZA 2002, 483, 488 f.; diff. nach der „Schwere des Verstoßes gegen die Dienlichkeitsklauseln iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG“ Trümner/Sparchholz AiB 2009, 98). Mit § 3 Abs. 1 BetrVG ist - unter näher geregelten Voraussetzungen - die Möglichkeit eröffnet, durch Tarifvertrag von der gesetzlichen Betriebsverfassung abzuweichen. Die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür sind unter Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe beschrieben. Bei einer Betriebsratswahl, die auf der Grundlage eines sog. Zuordnungstarifvertrags nach § 3 Abs. 1 BetrVG durchgeführt wird, ist daher die Beurteilung seiner Wirksamkeit oder Unwirksamkeit regelmäßig mit schwierigen Fragestellungen verbunden. Ist ein Zuordnungstarifvertrag vereinbart, dürfen die Betriebspartner und ein die Betriebsratswahlen einleitender Wahlvorstand zudem grundsätzlich von dessen Rechtswirksamkeit ausgehen. Die von der Anschlussrechtsbeschwerde herangezogene Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 29. April 1998 (- 7 ABR 42/97 - BAGE 88, 322) besagt nichts Gegenteiliges. In dieser Entscheidung ist ua. ausgeführt, eine Betriebsratswahl sei nichtig, wenn sie in einem Betrieb durchgeführt werde, der nach § 118 Abs. 2 BetrVG nicht unter den Geltungsbereich des Betriebsverfassungsgesetzes falle, weil es sich um eine karitative und erzieherische Einrichtung einer Religionsgemeinschaft handele; insoweit fehle es von Anbeginn an den gesetzlichen Voraussetzungen für die Durchführung einer Betriebsratswahl (vgl. auch BAG 9. Februar 1982 - 1 ABR 36/80 - zu B II der Gründe, BAGE 41, 5; vgl. ferner zur Nichtigkeit eines gesetzlich nicht vorgesehenen unternehmensüberschreitenden Gesamtbetriebsrats BAG 17. März 2010 - 7 AZR 706/08 - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 18 = EzA BetrVG 2001 § 47 Nr. 5). Vorliegend geht es aber nicht um die Frage, ob überhaupt ein Betriebsrat gebildet werden kann, sondern darum, für welchen Betrieb oder welche Repräsentationseinheit er zu wählen ist.

18

b) Ein - unterstellter - Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands rechtfertigte gleichfalls nicht die Annahme einer Nichtigkeit der Wahl. In diesem Zusammenhang kann unentschieden bleiben, ob eine nichtige Wahlvorstandsbestellung die Nichtigkeit der Wahl zur Folge hätte (ebenso offengelassen von BAG 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 45, BAGE 138, 377).

19

(1) Zwischen der fehlerhaften und der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist zu unterscheiden. Im Fall eines bloßen Errichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte Betriebsratswahl kann dann zwar anfechtbar sein; sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. Erforderlich ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Errichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handeln(vgl. BAG 27. Juli 2011 - 7 ABR 61/10 - Rn. 47 mwN, BAGE 138, 377).

20

(2) Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht. Zwar hätte wegen der Unwirksamkeit des TV EBS 2004 (siehe dazu B. II. 2. b) bb) der Gründe) kein Wahlvorstand für die Wahl eines Regionalbetriebsrats Mitte errichtet werden dürfen. Dieser Verstoß war aber nicht so offensichtlich und gravierend, dass er die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands zur Folge hätte. Es handelt sich nicht um eine Sachlage, bei der nicht einmal mehr der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands besteht.

21

II. Auch die Rechtsbeschwerde des Regionalbetriebsrats, mit der dieser die dem Wahlanfechtungsantrag stattgebende Entscheidung des Landesarbeitsgerichts angreift, hat keinen Erfolg. Es kann offenbleiben, ob - wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat - bereits die Kündigung des TV EBS 2004 der erneuten Wahl eines Regionalbetriebsrats Mitte entgegenstand. Denn jedenfalls ist die angefochtene Wahl schon deshalb unwirksam und die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Ergebnis richtig (§ 561 ZPO), weil der TV EBS 2004 unwirksam ist und daher auf seiner Grundlage keine Betriebsratswahl durchgeführt werden durfte.

22

1. Die Wahlanfechtung ist zulässig.

23

a) Ihre förmlichen Voraussetzungen sind erfüllt. H und E sind als Arbeitgeberinnen nach § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG anfechtungsberechtigt. Sie haben die Wahl, deren Ergebnis nicht vor dem 25. März 2010 iSv. § 18 Satz 1 WO bekannt gemacht sein kann, mit ihrer am 6. April 2010 beim Arbeitsgericht eingegangenen Antragsschrift fristgerecht innerhalb der zweiwöchigen Anfechtungsfrist nach § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG angefochten. Auch ein innerhalb der Frist des § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG bei einem örtlich unzuständigen Arbeitsgericht eingegangener Anfechtungsantrag wahrt die Anfechtungsfrist(vgl. für die Anfechtungsfrist bei der Wahl der Arbeitnehmervertreter für den Aufsichtsrat BAG 15. Juli 1960 - 1 ABR 3/59 - zu B II 1 der Gründe, AP BetrVG § 76 Nr. 10; zur Einhaltung der Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG bei Eingang der Klage bei einem örtlich unzuständigen Arbeitsgericht und Verweisung an das örtlich zuständige Arbeitsgericht vgl. BAG 31. März 1993 - 2 AZR 467/92 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 73, 30).

24

b) Entgegen der Auffassung des Regionalbetriebsrats Mitte ist der Antrag nicht deshalb unzulässig, weil (vorangegangene) Wahlen von Betriebsräten in anderen nach dem TV EBS 2004 gebildeten Regionen unangefochten geblieben sind. Ungeachtet dessen, dass die auf der Grundlage des TV EBS 2004 im März 2010 durchgeführten Wahlen in den Regionen Süd 2 und West 2 gleichfalls angefochten worden sind, ist die Zulässigkeit einer Wahlanfechtung wegen Verkennung des tarifvertraglich gewillkürten Betriebsbegriffs nicht davon abhängig, dass alle Wahlen in den gebildeten Organisationseinheiten angegriffen werden. Dies gilt umso mehr, wenn die Wahlen nicht zeitgleich, sondern - wie hier wegen der Wahlzeitpunkte in den Regionen Nord und West 1 - zeitlich versetzt stattgefunden haben (vgl. BAG 21. September 2011 - 7 ABR 54/10 - Rn. 20 bis 23, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 5).

25

2. Die Wahlanfechtung ist begründet. Bei der Wahl des Regionalbetriebsrats Mitte wurde der Betriebsbegriff verkannt. Die Wahl hätte nicht in der nach dem TV EBS 2004 festgelegten Wahlregion Mitte durchgeführt werden dürfen. Der TV EBS 2004 ist unwirksam. Er entspricht nicht den Erfordernissen des § 3 Abs. 1 BetrVG. Offenbleiben kann, ob er auch wegen Verstoßes gegen das Gebot der Normenklarheit und Bestimmtheit insgesamt unwirksam wäre.

26

a) Nach § 19 Abs. 1 BetrVG kann die Wahl eines Betriebsrats angefochten werden, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen wurde und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, durch den Verstoß konnte das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflusst werden. Ein solcher Verstoß liegt ua. vor, wenn bei der Wahl der betriebsverfassungsrechtliche Betriebsbegriff verkannt wurde (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1). Gleiches gilt, wenn eine Betriebsratswahl unter Anwendung eines unwirksamen Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG durchgeführt wurde(vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 11, BAGE 131, 277) oder der Wahlvorstand bei der Anwendung eines wirksamen Tarifvertrags nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG die danach maßgebliche betriebsverfassungsrechtliche Organisationseinheit verkannt hat(vgl. BAG 21. September 20117 ABR 54/10 - Rn. 29, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 5).

27

b) Hiernach ist die streitbefangene Wahl anfechtbar. Sie hat unter Anwendung eines unwirksamen Tarifvertrags stattgefunden. Der TV EBS 2004 legt von der gesetzlichen Betriebsverfassung abweichende Strukturen fest, ohne den hierfür vorgesehenen gesetzlichen Voraussetzungen zu genügen.

28

aa) Der TV EBS 2004 bestimmt andere als die gesetzlichen Betriebsverfassungsstrukturen.

29

(1) Die Wahl von Betriebsräten erfolgt nach § 1 Abs. 1 BetrVG grundsätzlich in den Betrieben. § 1 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und § 4 BetrVG enthalten Regelungen zu gemeinsamen Betrieben mehrerer Unternehmen und zu Betriebsteilen und Kleinstbetrieben.

30

(2) Hiervon abweichend sind im TV EBS 2004 Organisationseinheiten festgelegt, in denen Regionalbetriebsräte gewählt werden. Die Organisationseinheiten sind geografisch-regional bezeichnet und einerseits statisch durch die Aufzählung der der jeweiligen Region zugehörigen Betriebsstätten (vgl. § 3 Satz 1 und Satz 2 TV EBS 2004 iVm. dessen Anlage (1)), andererseits dynamisch durch die Bestimmungen über neu hinzukommende Betriebsstätten (vgl. § 3 Satz 3 bis 5 TV EBS 2004) beschrieben. Nach der Anlage (1) zum TV EBS 2004 sind in den Regionen Nord, Mitte und West 2 Betriebsstätten jeweils zweier Unternehmen zusammengefasst. Außerdem wird gemäß § 5 TV EBS 2004 „für die vom Geltungsbereich dieses Tarifvertrages erfassten Unternehmen“ - also nach § 1 letzter Punkt des TV EBS 2004 für die den Tarifvertrag schließenden Unternehmen - ein einheitlicher Gesamtbetriebsrat „im Sinne des § 47 Abs. 1 BetrVG errichtet“. Auch diese Bildung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats weicht von der gesetzlichen Betriebsverfassung ab (vgl. zu einem Verstoß gegen § 47 BetrVG bei der gemeinsamen Bildung eines Gesamtbetriebsrats für verschiedene Unternehmen BAG 17. März 2010 - 7 AZR 706/08 - Rn. 15 ff., AP BetrVG 1972 § 47 Nr. 18 = EzA BetrVG 2001 § 47 Nr. 5 im Anschluss an BAG 13. Februar 2007 - 1 AZR 184/06 - Rn. 19 mwN, BAGE 121, 168).

31

bb) Die abweichenden Regelungen sind unwirksam. Der TV EBS 2004 entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen des § 3 Abs. 1 BetrVG.

32

(1) Die Möglichkeit einer vom Gesetz abweichenden Ausgestaltung der Repräsentationsstrukturen der Arbeitnehmer in der Betriebsverfassung ist den Tarifvertragsparteien nur in dem durch § 3 Abs. 1 BetrVG bestimmten Umfang eröffnet. Danach können durch Tarifvertrag unter bestimmten Voraussetzungen unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Betriebsräte (Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b), Spartenbetriebsräte (Nr. 2) oder andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen (Nr. 3) bestimmt werden. Die vereinbarten Tarifnormen gelten auch für die Arbeitnehmer, die nicht Mitglieder der abschließenden Gewerkschaft sind. Nach § 1 Abs. 1, § 3 Abs. 2 TVG ist für die unmittelbare und zwingende Wirkung von betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen die Tarifbindung des Arbeitgebers ausreichend(vgl. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 15, BAGE 131, 277). § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG ist verfassungsgemäß. Die Vorschrift verstößt nicht gegen die negative Koalitionsfreiheit der nicht oder anders organisierten Arbeitnehmer und beruht auf einer ausreichend legitimierten Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnisse (ausf. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 16 ff., aaO). Die betriebsverfassungsrechtlichen Tarifnormen treten in ihrem Geltungsbereich aber nur dann an die Stelle der im Betriebsverfassungsgesetz enthaltenen organisatorischen Bestimmungen, wenn sie den Anforderungen des § 3 Abs. 1 BetrVG genügen. Die Gültigkeit eines nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG abgeschlossenen Tarifvertrags unterliegt der Kontrolle durch die Gerichte für Arbeitssachen, die bei der Auslegung und der Anwendung der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 3 BetrVG verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Delegation staatlicher Normsetzungsbefugnis an die Tarifvertragsparteien ebenso berücksichtigen müssen, wie die sich aus der Betriebsverfassung ergebenden Grundsätze für die Bildung demokratisch legitimierter Arbeitnehmervertretungen(ausf. BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 22, aaO).

33

(2) Der TV EBS 2004 genügt nicht den Voraussetzungen der von den Tarifvertragsparteien in Anspruch genommenen Gestaltungsbefugnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG.

34

(a) Der TV EBS 2004 muss den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG entsprechen. Es handelt sich nicht um einen Tarifvertrag iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG, denn er legt keine Spartenbetriebsräte fest. Auch die Gestaltungsmöglichkeit nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist mit der im TV EBS 2004 vereinbarten Betriebsrats- und Gesamtbetriebsratsstruktur von vornherein überschritten.

35

(aa) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kann durch Tarifvertrag für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats(Buchst. a) oder die Zusammenfassung von Betrieben (Buchst. b) bestimmt werden, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Die Gestaltungsmöglichkeiten beziehen sich nach dem Wortlaut von § 3 Abs. 1 Nr. 1 Eingangssatz BetrVG auf „Unternehmen“. Sie eröffnen damit keine Dispositionsbefugnis der Tarifvertragsparteien zur Festlegung unternehmensübergreifender Repräsentationseinheiten, selbst wenn ein Unternehmen gemeinsam mit einem anderen Unternehmen einen Gemeinschaftsbetrieb führt (vgl. BAG 10. November 2004 - 7 ABR 17/04 - zu B I 3 b bb (1) der Gründe, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 4 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 1, wo die Bildung von unternehmensübergreifenden „Standortbetriebsräten” in einem näher bezeichneten Tarifvertrag als allein nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG in Betracht kommend beurteilt worden ist; so auch Franzen GK-BetrVG 9. Aufl. § 3 Rn. 10; Fitting 26. Aufl. § 3 Rn. 27, 33; H/S/W/G/N/R-Rose 8. Aufl. § 3 Rn. 47; Richardi in Richardi BetrVG 13. Aufl. § 3 Rn. 18; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 3 Rn. 10; aA - allerdings nur zum unternehmenseinheitlichen Betriebsrat iSv. § 3 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BetrVG - ErfK/Koch 13. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 3; vgl. auch HaKo-BetrVG/Kloppenburg 3. Aufl. § 3 Rn. 33; DKKW-Trümner 13. Aufl. § 3 Rn. 47, allerdings unter Rn. 48 ff. auch ablehnend zur Begründung eines Gemeinschaftsbetriebs durch Zuordnungstarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG; sogar dies halten wiederum wohl für denkbar Löwisch/Kaiser BetrVG 6. Aufl. § 3 Rn. 6). Ebenso erfasst § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG nicht die Bildung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats.

36

(bb) Der TV EBS 2004 fasst nicht Betriebsstätten eines Unternehmens, sondern solche mehrerer Unternehmen zusammen, wie es in einigen Wahlregionen in seiner Anlage (1) explizit festgelegt und im Hinblick auf neu hinzukommende Betriebsstätten auch in anderen Wahlregionen jederzeit möglich ist. Außerdem installiert der TV EBS 2004 einen unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrat. Diese Tarifbestimmungen sind nur nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG und nicht nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG möglich.

37

(b) Der TV EBS 2004 entspricht nicht der mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG eröffneten Gestaltungsbefugnis. Deren Tatbestandsvoraussetzung lag bereits im Zeitpunkt des Abschlusses des TV EBS 2004 nicht vor.

38

(aa) Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können durch Tarifvertrag „andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen“ bestimmt werden, „soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient“. Hierbei kommt den Tarifvertragsparteien - ebenso wie bei § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG - ein Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum zu. Allerdings ist mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG die Organisation der Betriebsverfassung nicht gänzlich in die Disposition der Tarifvertragsparteien gestellt. § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ermöglicht tarifvertragliche Vereinbarungen vielmehr nur insoweit, als sie den Voraussetzungen der gesetzlichen Öffnungsklausel entsprechen. Die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG sind von denen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG abzugrenzen. Erforderlich ist für § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ein Zusammenhang zwischen vornehmlich organisatorischen oder kooperativen Spezifika auf Arbeitgeberseite und wirksamer sowie zweckmäßiger Interessenvertretung der Arbeitnehmer. Die vereinbarte Struktur muss im Hinblick auf diesen Zusammenhang zur Vertretung der Arbeitnehmerinteressen „besser geeignet“ sein als die gesetzliche. Dieses Verständnis folgt aus einer am Wortlaut und der Systematik, vor allem aber an Sinn und Zweck orientierten Auslegung von § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG, für die auch verfassungsrechtliche Gründe streiten.

39

(aaa) Bereits der in § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG verwendete Ausdruck „aufgrund“ macht deutlich, dass zwischen der Errichtung anderer Arbeitnehmervertretungsstrukturen einerseits und der „Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation“ oder „anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen“ andererseits notwendig ein Kausalzusammenhang bestehen muss. Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ ergibt sich zwar, dass die Umstände, die eine Vereinbarung alternativer Arbeitnehmervertretungsstrukturen veranlassen können, nicht abschließend beschrieben sind. Sie müssen aber mit den in § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG genannten Gegebenheiten wertungsmäßig vergleichbar sein.

40

(bbb) Systematisch ist es geboten, die Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG von denen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BetrVG abzugrenzen. Nach Nrn. 1 und 2 des § 3 Abs. 1 BetrVG ist den Tarifvertragsparteien eine Regelungsbefugnis eröffnet, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer(Nr. 1) bzw. der Aufgaben des Betriebsrats (Nr. 2) dient. Im Unterschied hierzu knüpft § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG an besondere Umstände - vornehmlich betriebs-, unternehmens- oder konzernbezogene organisatorische oder unternehmenskooperative Rahmenbedingungen - an. Die Nrn. 1 und 2 von § 3 Abs. 1 BetrVG wären überflüssig, wenn seiner Nr. 3 kein davon abzugrenzender Regelungsgehalt zukäme.

41

(ccc) Sinn und Zweck von § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gehen nicht dahin, den Tarifvertragsparteien die gesetzlichen Arbeitnehmervertretungsstrukturen zur freien Disposition zu stellen. Vielmehr geht es darum, in besonderen Konstellationen, in denen sich die im BetrVG vorgesehene Organisation für eine wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer als nicht ausreichend erweist, die Möglichkeit zu eröffnen, in einem Tarifvertrag durch eine Änderung der Strukturen der Arbeitnehmervertretung für Abhilfe zu sorgen (so auch Fitting 26. Aufl. § 3 Rn. 48). Sinn und Zweck gebieten daher ein Verständnis dahingehend, dass die wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer eine Relation zu den in der Norm beschriebenen organisatorischen oder kooperativen oder ähnlichen Besonderheiten aufweisen muss. Mit § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG soll die Möglichkeit eröffnet sein, „über die in Nummer 1 und 2 genannten speziellen Fälle hinaus auch dort eine wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer zu errichten, wo dies aufgrund von Sonderformen der Betriebs-, Unternehmens- oder Konzernorganisation oder der Zusammenarbeit von Unternehmen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht generell mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist. … Darüber hinaus hat die Regelung den Sinn, den Tarifvertragsparteien zu ermöglichen, auf zukünftige neue Entwicklungen von Unternehmensstrukturen in Produktion und Dienstleistung angemessen zu reagieren und entsprechende Arbeitnehmervertretungssysteme errichten zu können, ohne dabei auf ein Tätigwerden des Gesetzgebers angewiesen zu sein“ (vgl. BT-Drucks. 14/5741 S. 34). Der mit dem Ziel einer Flexibilisierung erklärte Regelungsgehalt ist damit einerseits durch einen Bezug zum gesetzlichen Vertretungsmodell beschrieben: Die mit dem Betriebsverfassungsgesetz verfolgten Zwecke müssen innerhalb einer alternativen Repräsentationsstruktur besser erreicht werden können als im Rahmen des gesetzlichen Vertretungsmodells (so auch zB Annuß NZA 2002, 290, 292; ErfK/Koch 13. Aufl. § 3 BetrVG Rn. 6; Franzen GK-BetrVG 9. Aufl. § 3 Rn. 22; Kania/Klemm RdA 2006, 22, 23). Andererseits ist ein Bedürfnis nach alternativen Arbeitnehmervertretungsstrukturen nur insoweit anerkannt, als aufgrund bestimmter - vornehmlich organisatorischer oder funktionaler - Rahmenbedingungen die Errichtung einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung rechtlich oder tatsächlich „generell mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist“.

42

(ddd) Verfassungsrechtlich ist es angezeigt, die materiellen Anforderungen an einen Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG nicht allzu weit zu verstehen. Durch einen solchen Tarifvertrag werden auch Arbeitnehmer einer vom Gesetz abweichenden Arbeitnehmervertretungsstruktur unterworfen, gegenüber denen die Geltung des Tarifvertrags nicht mitgliedschaftlich legitimiert ist. Dies ist zwar grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. im einzelnen BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 19 ff., BAGE 131, 277). Die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit beruht aber gerade auf dem Umstand, dass § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG inhaltliche Anforderungen an den Tarifvertrag stellt, deren Erfüllung die Gerichte für Arbeitssachen überprüfen können(BAG 29. Juli 2009 - 7 ABR 27/08 - Rn. 22, aaO).

43

(bb) Gemessen an diesem Normverständnis entspricht die in dem TV EBS 2004 festgelegte andere Arbeitnehmervertretungsstruktur nicht der Voraussetzung von § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG. Auch unter Berücksichtigung des den Tarifvertragsparteien zustehenden Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums ist nicht erkennbar, dass die Bildung von Regionalbetriebsräten und die Errichtung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats einen Bezug zu organisatorischen, kooperativen oder in ihrer Wertung ähnlichen Rahmenbedingungen auf Seiten der den TV EBS 2004 schließenden Unternehmen aufweisen. Im Gegenteil: Genau der Aspekt, der für die Dienlichkeit der Tarifgestaltung streiten könnte, lag bei Abschluss des TV EBS 2004 nicht (mehr) vor. In diesem Zeitpunkt war die Regionalstruktur und Regionalleitungsebene der beteiligten Unternehmen aufgegeben. Die offensichtlich von den Tarifvertragsparteien noch mit dem TV EBS 2002 bezweckte Kongruenz von Regionalbetriebsräten und tatsächlichen Entscheidungsträgern auf Seiten der Unternehmen war damit von vornherein nicht - mehr - zu erreichen.

44

cc) Danach kann unentschieden bleiben, ob der TV EBS 2004 dem Gebot der Bestimmtheit und Normenklarheit entspricht (hierzu allg. [mit Bezug auf einen Zuordnungstarifvertrag] BAG 21. September 20117 ABR 54/10 - Rn. 36 mwN, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 9 = EzA BetrVG 2001 § 3 Nr. 5). Ungeachtet der Frage, ob sich dies auf den gesamten TV EBS 2004 auswirken würde, liegt allerdings eine Unbestimmtheit von § 3 Satz 3 und Satz 5 TV EBS 2004 nicht fern. Die Tarifbestimmungen ordnen neu hinzukommende Betriebsstätten - zu unterschiedlichen Zeitpunkten - „den jeweiligen Regionen“ zu. Die Regionen sind im TV EBS 2004 iVm. seiner Anlage (1) aber lediglich durch Himmelsrichtungen - zT mit weiteren numerischen Unterteilungen - sowie bereits zugeordnete Betriebsstätten beschrieben und nicht etwa durch geografische Grenzen festgelegt. Es dürfte daher nicht bei jeder hinzukommenden Betriebsstätte klar sein, welche Region die „jeweilige“ sein soll. Diese Unwägbarkeit relativierte sich auch nicht durch ein Verständnis von § 3 Satz 3 und Satz 5 TV EBS 2004 dahingehend, die „jeweilige“ richtige Region in Abhängigkeit von der arbeitgeberseitigen Leitungszuständigkeit zu bestimmen, denn eben diese Regionalleitungsstruktur war bereits seit 1. April 2004 aufgegeben.

45

III. Der nur für den Fall des Unterliegens mit dem Wahlanfechtungsantrag gestellte Antrag zu 3. ist dem Senat nicht zur Entscheidung angefallen.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Schmidt    

        

        

        

    Bea    

        

    Strippelmann    

                 

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2010 - 16 TaBV 57/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahr 2010 eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen und dem Wahlvorstand zu untersagen ist, die Wahl erneut einzuleiten.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Gebäudereinigungsarbeiten und sonstige Dienstleistungen für gewerbliche Kunden ausführt. Sie beschäftigt ca. 827 Arbeitnehmer in etwa 350 Objekten. Im Jahr 2008 wurde bei ihr ein dreizehnköpfiger Betriebsrat gewählt. Eines der Betriebsratsmitglieder war der Leiter der Lohnbuchhaltung der Arbeitgeberin M. Das frühere Betriebsratsmitglied S ist der Schwiegervater des Geschäftsführers der Arbeitgeberin.

3

In der Zeit vom 1. März 2010 bis 31. Mai 2010 sollten die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden. Die Betriebsratsvorsitzende V lud mit Schreiben vom 26. März 2010 zu einer Betriebsratssitzung am 30. März 2010, 9:00 Uhr, in das DGB-Haus in D, W-Saal, ein. Ersatzmitglieder wurden nicht geladen. In der Tagesordnung waren ua. die Themen genannt:

        

„5.     

Aufnahme von der BR-Sitzung am 29.01.2010 (Handy) - Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn M und Herrn S mit Beschlussfassung

        

…       

        
        

9.    

Wahl mit anschließendem Beschluss eines Wahlvorstandes für die kommende BR-Neuwahl“

4

Am 30. März 2010 erschienen alle 13 Mitglieder zu der Betriebsratssitzung. Auch die Gewerkschaftssekretärin der IG Bauen-Agrar-Umwelt B war anwesend. Als über den Tagesordnungspunkt 5 beraten werden sollte, verlangte die Vorsitzende, dass die Betriebsratsmitglieder M und S den Sitzungssaal verlassen sollten. Beide kamen dem nicht nach. Es folgte ein Streitgespräch. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen den W-Saal, um in einem anderen Raum über den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S zu beraten. Zuvor hatte die Vorsitzende die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z aufgefordert, den Betriebsratsmitgliedern zu folgen, die den Saal verließen. Die fünf aufgeforderten Betriebsratsmitglieder hatten das abgelehnt. Nach den Angaben des Wahlvorstands wurde in dem anderen Sitzungssaal beschlossen, die Betriebsratsmitglieder M und S von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 auszuschließen.

5

Die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U kehrten danach in den W-Saal zurück und teilten den übrigen Betriebsratsmitgliedern mit, die Betriebsratsmitglieder M und S seien mit sechs Jastimmen und fünf Enthaltungen von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 ausgeschlossen worden. Dieser Beschluss ist in Nr. 3 eines handschriftlichen Protokolls festgehalten, das von der Vorsitzenden und der Schriftführerin O unterzeichnet wurde. Die Vorsitzende forderte die Betriebsratsmitglieder M und S auf, nun den W-Saal zu verlassen, damit die Betriebsratssitzung fortgeführt werden könne. Die beiden Betriebsratsmitglieder lehnten das ab. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen daraufhin erneut den W-Saal, um die Sitzung in einem anderen Raum fortzusetzen. Zuvor hatten sie die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z erneut erfolglos aufgefordert, sie zu begleiten. Die Sitzung wurde von der Vorsitzenden sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I, O und U in dem anderen Sitzungssaal fortgeführt. Auch auf diesen Teil der Betriebsratssitzung geht das handschriftliche Protokoll der Vorsitzenden und der Schriftführerin ein. Die Niederschrift behandelt die Bestellung eines Wahlvorstands nicht. Über die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 wurde ein weiteres Protokoll verfasst, das von den Betriebsratsmitgliedern M und Z unterschrieben wurde.

6

Mit Schreiben vom 30. März 2010 verlangte der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin die erforderlichen Auskünfte, um eine Wählerliste zu erstellen. Die Arbeitgeberin weigerte sich mit der Begründung, ein Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß gebildet worden. Unter dem 1. April 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, mit dem die Betriebsratswahl für alle Arbeitnehmer der von der Arbeitgeberin betreuten Objekte eingeleitet wurde.

7

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr am 12. April 2010 eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, weil der Wahlvorstand nicht wirksam errichtet sei. Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat sei unwirksam. Als die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten, sei zuvor nicht mitgeteilt worden, in welchem Raum die Sitzung fortgesetzt und dass dort über die Bestellung eines Wahlvorstands abgestimmt werden solle. Die Betriebsratsmitglieder F, K, M, R, H, S und Z hätten gegen einen Wahlvorstand in der jetzigen Besetzung gestimmt, wenn die Betriebsratssitzung am 30. März 2010 mit den Betriebsratsmitgliedern M und S im W-Saal fortgesetzt worden wäre. Die Wahl sei auch deshalb abzubrechen, weil das Unternehmen der Arbeitgeberin aufgrund einer Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 in zehn einzelne Betriebe aufgespalten worden sei.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

       

dem Wahlvorstand aufzugeben, das eingeleitete Verfahren zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrats abzubrechen und nicht fortzuführen und auch nicht neu einzuleiten.

9

Der Wahlvorstand hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat behauptet, er sei in der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 bestellt worden, nachdem die sechs Betriebsratsmitglieder zum zweiten Mal den W-Saal verlassen hätten. Der Wahlvorstand bestehe aus der Betriebsratsvorsitzenden V sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I und O. Das Betriebsratsmitglied S habe die Sitzung vom 30. März 2010 von Beginn an gestört. Herr S habe unter Hinweis auf die Arbeitsunfähigkeit der Betriebsratsvorsitzenden bezweifelt, dass sie aufgrund ihres Tablettenkonsums in der Lage sei, die Tragweite ihres Handelns zu erkennen. Dem hätten sich die anderen, dem Arbeitgeber nahestehenden Betriebsratsmitglieder und vor allem das Betriebsratsmitglied M angeschlossen. Sie hätten die Betriebsratsvorsitzende immer wieder unterbrochen. Die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 habe wegen der Störungen in einen anderen Saal verlegt werden müssen, um die Sitzung ohne die Betriebsratsmitglieder M und S fortzusetzen. Da die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z dem nicht nachgekommen seien, habe ihr Verhalten als Stimmenthaltung gewertet werden müssen. Die Fortführung einer Betriebsratswahl dürfe nur dann untersagt werden, wenn die Wahl nichtig und nicht nur anfechtbar sei. Die durchzuführende Wahl sei weder nichtig noch „sicher anfechtbar“.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Wahlvorstands zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verlangt der Wahlvorstand weiter die Abweisung des Antrags der Arbeitgeberin.

11

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Für eine abschließende Entscheidung fehlen erforderliche Tatsachenfeststellungen. Die Sache ist deshalb zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Neben der Arbeitgeberin ist nur der Wahlvorstand am Verfahren beteiligt. Die Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten.

13

1. Der Wahlvorstand ist selbst dann am Verfahren beteiligt, wenn seine Bestellung nichtig ist, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat.

14

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (für die st. Rspr. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 3/10 - Rn. 10).

15

b) Der Wahlvorstand ist danach am Verfahren beteiligt. Die von der Arbeitgeberin erstrebte Entscheidung betrifft unmittelbar seine Existenz und seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte.

16

2. Die einzelnen Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten des Verfahrens. Es geht nicht um die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der einzelnen Wahlvorstandsmitglieder, sondern um die Existenz und die Rechte des Gremiums.

17

II. Die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Ob er begründet ist, lässt sich erst beurteilen, wenn weitere Tatsachenfeststellungen getroffen sind.

18

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

19

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist das Begehren der Arbeitgeberin als einheitlicher Unterlassungsantrag zu verstehen. Er ist darauf gerichtet, dem Wahlvorstand jede weitere Handlung zu untersagen, die auf die Durchführung der Wahl gerichtet ist. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

b) Die Arbeitgeberin ist antragsbefugt. Sie kann sich mit einem Unterlassungsantrag dagegen wenden, dass der nach ihrer Auffassung nicht wirksam errichtete Wahlvorstand tätig wird (vgl. schon BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 98/74 - zu II 2 der Gründe, BAGE 27, 163). Ihre Antragsbefugnis entspricht dem Recht, die spätere Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 2 BetrVG anzufechten.

21

c) Der Wahlvorstand ist beteiligtenfähig iSv. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG. Das gilt selbst dann, wenn seine Bestellung nichtig ist. Der Wahlvorstand hält sich für existent. Für das Verfahren, in dem mittelbar über die Nichtigkeit seiner Bestellung gestritten wird, ist er als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig.

22

d) Das Verfahren ist nicht erledigt. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist weiter ein Betriebsrat zu wählen.

23

2. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem Unterlassungsantrag nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zu Recht erkannt, dass einem in nichtiger Weise errichteten Wahlvorstand untersagt werden kann, weiter tätig zu werden. Die getroffenen Feststellungen lassen aber nicht die Würdigung zu, dass die Errichtung des Wahlvorstands nichtig ist. Es fehlen Feststellungen zu der Frage, ob die sechs Betriebsratsmitglieder, die am 30. März 2010 zweimal den W-Saal verließen, bei ihrem zweiten Aufenthalt in dem anderen Saal des DGB-Hauses in D überhaupt einen Wahlvorstand bestellten.

24

a) Ein Anspruch des Arbeitgebers darauf, die von einem Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, kann sich zum einen aus der zu erwartenden Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergeben. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht. Ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers besteht zum anderen, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.

25

aa) Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.

26

(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Wahlvorstand untersagt werden kann, eine von ihm eingeleitete Betriebsratswahl weiter durchzuführen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Das Bundesarbeitsgericht konnte die Frage bisher nicht klären, weil diese Streitigkeiten regelmäßig in einstweiligen Verfügungsverfahren ausgetragen werden, deren Rechtszüge vor dem Landesarbeitsgericht enden (§ 92 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 85 Abs. 2 ArbGG).

27

(a) Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt an, im Allgemeinen könne der Abbruch einer laufenden Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung nur angeordnet werden, wenn die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen sei (vgl. beispielhaft aus der Instanzrechtsprechung Sächsisches LAG 22. April 2010 - 2 TaBVGa 2/10 - zu II 1 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 16 - 19; LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 3 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15; grundlegend LAG Baden-Württemberg 20. Mai 1998 - 8 Ta 9/98 - AiB 1998, 401; aus dem Schrifttum zB ErfK/Koch 11. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7; wohl auch Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 18 Rn. 21).

28

(b) Die noch immer überwiegende Ansicht lässt dagegen bereits die sichere Anfechtbarkeit der Wahl genügen (vgl. bspw. LAG Schleswig-Holstein 7. April 2011 - 4 TaBVGa 1/11 - zu II 2 a aa aE der Gründe; LAG Hamburg 19. April 2010 - 7 TaBVGa 2/10 - zu II 2 b der Gründe, NZA-RR 2010, 585; Hessisches LAG 7. August 2008 - 9 TaBVGa 188/08 - zu II der Gründe; im Schrifttum zB Dzida/Hohenstatt BB-Special 14 Heft 50, 1, 2 bis 4; Fitting 25. Aufl. § 18 Rn. 42; DKKW/Schneider/Homburg 12. Aufl. § 18 Rn. 6; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 18 Rn. 79 f. mwN; Rieble/Triskatis NZA 2006, 233, 234 bis 236; Veit/Wichert DB 2006, 390, 391; wohl auch Bram FA 2006, 66 ff.; siehe zu weiter differenzierenden Ansichten auch die Übersicht in LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 2 b der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15).

29

(2) Das Betriebsverfassungsgesetz regelt nicht ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen ist und wer hierfür anspruchsberechtigt ist. Ausdrücklich geregelt ist in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nur die Anfechtung einer durchgeführten Wahl. Obwohl eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage fehlt, ergibt sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang, dass jedenfalls der Arbeitgeber es unterbinden kann, wenn in seinem Betrieb eine nichtige Betriebsratswahl durchgeführt wird. Er kann verlangen, die nichtige Wahl zu unterlassen. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für den Unterlassungsanspruch dagegen nicht.

30

(a) Der Arbeitgeber hat Anspruch darauf, dass eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchgeführt wird. Die mit der Durchführung einer Betriebsratswahl verbundenen Maßnahmen berühren den Arbeitgeber als Betriebsinhaber unmittelbar in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zugleich werden ihm im Zusammenhang mit der Wahl Pflichten auferlegt (vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 WO). Ferner hat er nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Kosten der Wahl zu tragen. Schon daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber in seinem Betrieb verlangen kann, eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchzuführen. Der Fall verlangt keine Entscheidung darüber, ob das in gleicher Weise für die weiteren in § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Anfechtungsberechtigten gilt.

31

(b) Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für einen Anspruch auf Abbruch der Wahl demgegenüber nicht.

32

(aa) Der Antragsteller könnte sonst mit dem gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Unterlassungsantrag mehr erreichen als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

33

(bb) Würde schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein Betriebsrat zustande kommt, wie es das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht. Damit würde ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten darf. Das Betriebsverfassungsgesetz will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden (vgl. BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - zu B IV 3 a der Gründe, BAGE 95, 15). Das zeigen nicht nur die gesetzlichen Regelungen des Übergangs- und des Restmandats in §§ 21a und 21b BetrVG sowie der Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats nach § 22 BetrVG. Der Gesetzeszweck kommt auch in § 1 BetrVG zum Ausdruck. Die Bestimmung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht. Die Vorschriften, die die Betriebsratswahl regeln, sind daher so auszulegen, dass der Gesetzeszweck, Betriebsräte zu bilden, möglichst erreicht wird (vgl. schon BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

34

(cc) Die Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs einer voraussichtlich nur anfechtbaren Wahl würde auch der Konzeption nicht gerecht, die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Ausdruck kommt. Danach ist die Wahlanfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Macht innerhalb dieser Frist keiner der Anfechtungsberechtigten von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch, können Fehler bei der Wahl des Betriebsrats - mit Ausnahme der Nichtigkeit der Wahl - nicht mehr geltend gemacht werden. Durch den vorzeitigen Abbruch der Wahl würde dem Anfechtungsberechtigten von vornherein die Möglichkeit genommen, die Frist verstreichen und die Wahl unangefochten zu lassen.

35

(dd) Auch die Grundsätze, die für politische Wahlen gelten, sprechen dafür, den Abbruch der Wahl auf Fälle der Nichtigkeit zu beschränken. Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren zum Deutschen Bundestag beziehen, können nach § 49 BWahlG nur mit den im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Gegen interne Entscheidungen des Wahlorgans kann außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens, das nach Abschluss des Wahlverfahrens erfolgt, kein gerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden (vgl. nur BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 3 bis 14 mwN; s. auch Nießen Fehlerhafte Betriebsratswahlen S. 374 f., der auf S. 377 ff. eine - vollständige - Übertragung der Grundsätze politischer Wahlen auf Betriebsratswahlen ablehnt). Betriebsratswahlen sind zwar nicht so komplex wie Bundestagswahlen (vgl. dazu BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 4). Bei § 49 BWahlG handelt es sich gleichwohl um die Konkretisierung eines allgemeinen für Wahlrechtsangelegenheiten geltenden Grundsatzes(vgl. für eine Landtagswahl BVerfG 15. Mai 1963 - 2 BvR 194/63 - BVerfGE 16, 128; für eine Stadtratswahl BVerfG 20. Oktober 1960 - 2 BvQ 6/60 - BVerfGE 11, 329).

36

bb) Der Arbeitgeber kann zudem verlangen, dass die weitere Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das sich als Wahlvorstand geriert, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Handlungen eines inexistenten Wahlvorstands muss der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht hinnehmen.

37

b) Hier sind die von der Arbeitgeberin geltend gemachten Mängel - bis auf die Frage der wirksamen Bestellung des Wahlvorstands - nicht so schwer-wiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl begründen könnten. Auch die bislang feststellbaren Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht derart gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten. Der Senat kann aber nicht abschließend beurteilen, ob der Wahlvorstand überhaupt bestellt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, wäre dem Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, zu untersagen, die Wahl durchzuführen.

38

aa) Die Betriebsratswahl ist im Entscheidungsfall voraussichtlich nicht nichtig.

39

(1) Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (vgl. für die st. Rspr. BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - zu B II 1 b bb (1) der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1).

40

(2) Diesen hohen Anforderungen ist nicht genügt. Sollte der Betriebsbegriff mit Blick auf die von der Arbeitgeberin behauptete Betriebsaufspaltung vom 28. Oktober 2009 verkannt sein, führt dieser Mangel nicht dazu, dass die eingeleitete Betriebsratswahl sicher nichtig ist. Auch die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten.

41

(a) Die mögliche Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl.

42

(aa) Der Ausnahmefall einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl ist bei einer Wahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt wird, grundsätzlich nicht anzunehmen. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten. Das erfordert eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung. Kommt es bei diesem Prozess zu Fehlern, sind sie regelmäßig nicht derart grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (vgl. etwa BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1).

43

(bb) Die Tatsachengrundlage einer möglichen Aufspaltung des ursprünglich einheitlichen Betriebs in zehn selbständige Betriebe aufgrund der von der Arbeitgeberin behaupteten Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 war zwischen der Arbeitgeberin und einem Teil der Mitglieder des früheren Betriebsrats umstritten. In einem solchen Fall kann wegen der stets nötigen Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände nicht von einem derart groben und evidenten Verstoß ausgegangen werden, der selbst den Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Betriebsratswahl ausschlösse.

44

(b) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen es nicht anzunehmen, die Betriebsratswahl sei voraussichtlich deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand wegen gravierender Fehler bei seiner Bestellung rechtlich inexistent sei. Dabei kann offenbleiben, ob die nichtige Bestellung des Wahlvorstands stets zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Die bislang festgestellten Mängel bei der Bestellung des Wahlvorstands sind hier jedenfalls nicht so gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Bestellung zur Folge hätten.

45

(aa) Auch die Frage der zwingenden Folge der Nichtigkeit einer eingeleiteten Betriebsratswahl aufgrund der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands wird in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutiert. Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt die Nichtigkeit der Betriebsratswahl infolge einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands an (vgl. zB LAG Köln 10. März 2000 - 13 TaBV 9/00 - zu II 3 der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 3 Nr. 6; GK-BetrVG/Kreutz § 16 Rn. 5; grundlegend Nießen S. 137 ff., 141 ff. mwN). Ein anderer Teil der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums verlangt über die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands hinaus zusätzliche Umstände, um die Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl annehmen zu können (vgl. zB LAG Berlin 8. April 2003 - 5 TaBV 1990/02 - zu II 3 c der Gründe, NZA-RR 2003, 587; LAG Nürnberg 29. Juli 1998 - 4 TaBV 12/97 - zu II der Gründe; Fitting § 19 Rn. 5; grundlegend Jacobs Die Wahlvorstände S. 124 ff. mwN). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage bisher offengelassen (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 3 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1). Auch dieser Fall verlangt nicht, die Frage abschließend zu beantworten.

46

(bb) Die bislang festgestellten Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie zur Nichtigkeit der Bestellung führten.

47

(aaa) Zwischen der nur fehlerhaften und der darüber hinaus nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist sorgfältig zu unterscheiden. Im Fall eines (einfachen) Errichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte Betriebsratswahl kann dann zwar anfechtbar sein, sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. Eine nur fehlerhafte Bestellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Errichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handeln. Für die Beschränkung der nichtigen Bestellung auf ungewöhnliche Ausnahmefälle spricht vor allem das vom Betriebsverfassungsgesetz geschützte Interesse daran, betriebsratslose Zustände zu vermeiden, das insbesondere in §§ 1, 21a, 21b und 22 BetrVG zum Ausdruck kommt. Maßnahmen, die eine Betriebsratswahl vorbereiten sollen, dürfen nicht unnötig erschwert werden. Das gilt für die Bestellung des Wahlvorstands umso mehr, als dessen Kompetenzen nach §§ 18 und 18a BetrVG eng begrenzt sind. Seine Pflichten werden durch das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung genau umrissen (vgl. bereits BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

48

(bbb) Nach diesen Grundsätzen rechtfertigen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass die Bestellung des Wahlvorstands nichtig ist.

49

(aaaa) Aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist allerdings davon auszugehen, dass der Wahlvorstand nicht mit der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Mehrheit der Stimmen der anwesenden Betriebsratsmitglieder bestellt wurde. Der frühere Betriebsrat hat zum einen verkannt, dass der vollständige Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG voraussetzt. Er hat zum anderen nicht beachtet, dass für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Ersatzmitglieder heranzuziehen sind. Er ist schließlich auch zu Unrecht davon ausgegangen, die im W-Saal verbliebenen weiteren fünf Betriebsratsmitglieder enthielten sich dadurch ihrer Stimme.

50

(bbbb) Die Bestellung eines Wahlvorstands durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber kein solch gravierender Verstoß gegen die Bestellungsbestimmungen der §§ 16 bis 17a BetrVG, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands waren hier erheblich. Der ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und den Betriebsratsmitgliedern, die sie in den anderen Saal begleiteten, ging es jedoch ersichtlich darum, ihrer Pflicht zur Bestellung des Wahlvorstands nachzukommen. Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn die Bestellung durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder auf dem machttaktischen oder willkürlichen Kalkül beruht hätte, die Mehrheit durch die Minderheit zu majorisieren. Dafür bestehen nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Arbeitgeberin keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der sog. Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S von der Sitzung vom 30. März 2010 war nach Nr. 3 des handschriftlichen Protokolls der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O vielmehr insbesondere auf angenommene unbefugte Tonaufnahmen einer Betriebsratssitzung zurückzuführen. Das ergibt sich aus den in Nr. 1 der Niederschrift enthaltenen Gründen für ein angestrebtes Ausschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht. Die sechs Betriebsratsmitglieder verließen den W-Saal, weil sie annahmen, die Betriebsratssitzung wegen der behaupteten erheblichen Störungen der Betriebsratsmitglieder M und S nicht ordnungsgemäß durchführen zu können. Sie forderten die übrigen fünf Betriebsratsmitglieder zudem erfolglos auf, sie in den anderen Saal zu begleiten.

51

bb) Unabhängig von einer voraussichtlichen Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass die Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands kann hier aus den genannten Gründen nicht ausgegangen werden. Nicht festgestellt ist aber, ob am 30. März 2010 während des zweiten Aufenthalts der Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V in einem anderen Saal als dem W-Saal überhaupt ein Wahlvorstand bestellt wurde. Das handschriftliche Protokoll der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O über die Betriebsratssitzung, die am 30. März 2010 außerhalb des W-Saal abgehalten wurde, weist keinen Beschluss aus, mit dem ein Wahlvorstand bestellt wurde. Die Verfahrensbevollmächtigte des Wahlvorstands hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V hätten in Abwesenheit der übrigen Betriebsratsmitglieder durch Beschluss den Wahlvorstand bestellt, nachdem sie den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten. Die Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin konnte dieses Vorbringen nicht unstreitig stellen. Das Landesarbeitsgericht wird den Umstand deshalb aufzuklären haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Schuh    

        

    Hansen    

                 

(1) Besteht in einem Betrieb, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllt, kein Betriebsrat, so bestellt der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand. § 16 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Besteht weder ein Gesamtbetriebsrat noch ein Konzernbetriebsrat, so wird in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein Wahlvorstand gewählt; § 16 Abs. 1 gilt entsprechend. Gleiches gilt, wenn der Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat die Bestellung des Wahlvorstands nach Absatz 1 unterlässt.

(3) Zu dieser Betriebsversammlung können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen und Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen.

(4) Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit bestellt der Betriebsrat einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand und einen von ihnen als Vorsitzenden. Der Betriebsrat kann die Zahl der Wahlvorstandsmitglieder erhöhen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist. Der Wahlvorstand muss in jedem Fall aus einer ungeraden Zahl von Mitgliedern bestehen. Für jedes Mitglied des Wahlvorstands kann für den Fall seiner Verhinderung ein Ersatzmitglied bestellt werden. In Betrieben mit weiblichen und männlichen Arbeitnehmern sollen dem Wahlvorstand Frauen und Männer angehören. Jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft kann zusätzlich einen dem Betrieb angehörenden Beauftragten als nicht stimmberechtigtes Mitglied in den Wahlvorstand entsenden, sofern ihr nicht ein stimmberechtigtes Wahlvorstandsmitglied angehört.

(2) Besteht acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats kein Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei Wahlberechtigten oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft; Absatz 1 gilt entsprechend. In dem Antrag können Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands gemacht werden. Das Arbeitsgericht kann für Betriebe mit in der Regel mehr als zwanzig wahlberechtigten Arbeitnehmern auch Mitglieder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft, die nicht Arbeitnehmer des Betriebs sind, zu Mitgliedern des Wahlvorstands bestellen, wenn dies zur ordnungsgemäßen Durchführung der Wahl erforderlich ist.

(3) Besteht acht Wochen vor Ablauf der Amtszeit des Betriebsrats kein Wahlvorstand, kann auch der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat den Wahlvorstand bestellen. Absatz 1 gilt entsprechend.

(1) Besteht in einem Betrieb, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllt, kein Betriebsrat, so bestellt der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand. § 16 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Besteht weder ein Gesamtbetriebsrat noch ein Konzernbetriebsrat, so wird in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein Wahlvorstand gewählt; § 16 Abs. 1 gilt entsprechend. Gleiches gilt, wenn der Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat die Bestellung des Wahlvorstands nach Absatz 1 unterlässt.

(3) Zu dieser Betriebsversammlung können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen und Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen.

(4) Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) In Betrieben mit in der Regel mindestens fünf ständigen wahlberechtigten Arbeitnehmern, von denen drei wählbar sind, werden Betriebsräte gewählt. Dies gilt auch für gemeinsame Betriebe mehrerer Unternehmen.

(2) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen wird vermutet, wenn

1.
zur Verfolgung arbeitstechnischer Zwecke die Betriebsmittel sowie die Arbeitnehmer von den Unternehmen gemeinsam eingesetzt werden oder
2.
die Spaltung eines Unternehmens zur Folge hat, dass von einem Betrieb ein oder mehrere Betriebsteile einem an der Spaltung beteiligten anderen Unternehmen zugeordnet werden, ohne dass sich dabei die Organisation des betroffenen Betriebs wesentlich ändert.

(1) Wird ein Betrieb gespalten, so bleibt dessen Betriebsrat im Amt und führt die Geschäfte für die ihm bislang zugeordneten Betriebsteile weiter, soweit sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und nicht in einen Betrieb eingegliedert werden, in dem ein Betriebsrat besteht (Übergangsmandat). Der Betriebsrat hat insbesondere unverzüglich Wahlvorstände zu bestellen. Das Übergangsmandat endet, sobald in den Betriebsteilen ein neuer Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekannt gegeben ist, spätestens jedoch sechs Monate nach Wirksamwerden der Spaltung. Durch Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung kann das Übergangsmandat um weitere sechs Monate verlängert werden.

(2) Werden Betriebe oder Betriebsteile zu einem Betrieb zusammengefasst, so nimmt der Betriebsrat des nach der Zahl der wahlberechtigten Arbeitnehmer größten Betriebs oder Betriebsteils das Übergangsmandat wahr. Absatz 1 gilt entsprechend.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch, wenn die Spaltung oder Zusammenlegung von Betrieben und Betriebsteilen im Zusammenhang mit einer Betriebsveräußerung oder einer Umwandlung nach dem Umwandlungsgesetz erfolgt.
-----

*)
Diese Vorschrift dient der Umsetzung des Artikels 6 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Betriebsteilen (ABl. EG Nr. L 82 S. 16).

Geht ein Betrieb durch Stilllegung, Spaltung oder Zusammenlegung unter, so bleibt dessen Betriebsrat so lange im Amt, wie dies zur Wahrnehmung der damit im Zusammenhang stehenden Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte erforderlich ist.

In den Fällen des § 13 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 führt der Betriebsrat die Geschäfte weiter, bis der neue Betriebsrat gewählt und das Wahlergebnis bekanntgegeben ist.

(1) Der Wahlvorstand hat die Wahl unverzüglich einzuleiten, sie durchzuführen und das Wahlergebnis festzustellen. Kommt der Wahlvorstand dieser Verpflichtung nicht nach, so ersetzt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag des Betriebsrats, von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(2) Ist zweifelhaft, ob eine betriebsratsfähige Organisationseinheit vorliegt, so können der Arbeitgeber, jeder beteiligte Betriebsrat, jeder beteiligte Wahlvorstand oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft eine Entscheidung des Arbeitsgerichts beantragen.

(3) Unverzüglich nach Abschluss der Wahl nimmt der Wahlvorstand öffentlich die Auszählung der Stimmen vor, stellt deren Ergebnis in einer Niederschrift fest und gibt es den Arbeitnehmern des Betriebs bekannt. Dem Arbeitgeber und den im Betrieb vertretenen Gewerkschaften ist eine Abschrift der Wahlniederschrift zu übersenden.

(1) Sind die Wahlen nach § 13 Abs. 1 und nach § 5 Abs. 1 des Sprecherausschussgesetzes zeitgleich einzuleiten, so haben sich die Wahlvorstände unverzüglich nach Aufstellung der Wählerlisten, spätestens jedoch zwei Wochen vor Einleitung der Wahlen, gegenseitig darüber zu unterrichten, welche Angestellten sie den leitenden Angestellten zugeordnet haben; dies gilt auch, wenn die Wahlen ohne Bestehen einer gesetzlichen Verpflichtung zeitgleich eingeleitet werden. Soweit zwischen den Wahlvorständen kein Einvernehmen über die Zuordnung besteht, haben sie in gemeinsamer Sitzung eine Einigung zu versuchen. Soweit eine Einigung zustande kommt, sind die Angestellten entsprechend ihrer Zuordnung in die jeweilige Wählerliste einzutragen.

(2) Soweit eine Einigung nicht zustande kommt, hat ein Vermittler spätestens eine Woche vor Einleitung der Wahlen erneut eine Verständigung der Wahlvorstände über die Zuordnung zu versuchen. Der Arbeitgeber hat den Vermittler auf dessen Verlangen zu unterstützen, insbesondere die erforderlichen Auskünfte zu erteilen und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bleibt der Verständigungsversuch erfolglos, so entscheidet der Vermittler nach Beratung mit dem Arbeitgeber. Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend.

(3) Auf die Person des Vermittlers müssen sich die Wahlvorstände einigen. Zum Vermittler kann nur ein Beschäftigter des Betriebs oder eines anderen Betriebs des Unternehmens oder Konzerns oder der Arbeitgeber bestellt werden. Kommt eine Einigung nicht zustande, so schlagen die Wahlvorstände je eine Person als Vermittler vor; durch Los wird entschieden, wer als Vermittler tätig wird.

(4) Wird mit der Wahl nach § 13 Abs. 1 oder 2 nicht zeitgleich eine Wahl nach dem Sprecherausschussgesetz eingeleitet, so hat der Wahlvorstand den Sprecherausschuss entsprechend Absatz 1 Satz 1 erster Halbsatz zu unterrichten. Soweit kein Einvernehmen über die Zuordnung besteht, hat der Sprecherausschuss Mitglieder zu benennen, die anstelle des Wahlvorstands an dem Zuordnungsverfahren teilnehmen. Wird mit der Wahl nach § 5 Abs. 1 oder 2 des Sprecherausschussgesetzes nicht zeitgleich eine Wahl nach diesem Gesetz eingeleitet, so gelten die Sätze 1 und 2 für den Betriebsrat entsprechend.

(5) Durch die Zuordnung wird der Rechtsweg nicht ausgeschlossen. Die Anfechtung der Betriebsratswahl oder der Wahl nach dem Sprecherausschussgesetz ist ausgeschlossen, soweit sie darauf gestützt wird, die Zuordnung sei fehlerhaft erfolgt. Satz 2 gilt nicht, soweit die Zuordnung offensichtlich fehlerhaft ist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands wird der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 7. September 2010 - 16 TaBV 57/10 - aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die im Jahr 2010 eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen und dem Wahlvorstand zu untersagen ist, die Wahl erneut einzuleiten.

2

Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen, das Gebäudereinigungsarbeiten und sonstige Dienstleistungen für gewerbliche Kunden ausführt. Sie beschäftigt ca. 827 Arbeitnehmer in etwa 350 Objekten. Im Jahr 2008 wurde bei ihr ein dreizehnköpfiger Betriebsrat gewählt. Eines der Betriebsratsmitglieder war der Leiter der Lohnbuchhaltung der Arbeitgeberin M. Das frühere Betriebsratsmitglied S ist der Schwiegervater des Geschäftsführers der Arbeitgeberin.

3

In der Zeit vom 1. März 2010 bis 31. Mai 2010 sollten die regelmäßigen Betriebsratswahlen stattfinden. Die Betriebsratsvorsitzende V lud mit Schreiben vom 26. März 2010 zu einer Betriebsratssitzung am 30. März 2010, 9:00 Uhr, in das DGB-Haus in D, W-Saal, ein. Ersatzmitglieder wurden nicht geladen. In der Tagesordnung waren ua. die Themen genannt:

        

„5.     

Aufnahme von der BR-Sitzung am 29.01.2010 (Handy) - Ausschluss von der Sitzung am 30.03.2010 von Herrn M und Herrn S mit Beschlussfassung

        

…       

        
        

9.    

Wahl mit anschließendem Beschluss eines Wahlvorstandes für die kommende BR-Neuwahl“

4

Am 30. März 2010 erschienen alle 13 Mitglieder zu der Betriebsratssitzung. Auch die Gewerkschaftssekretärin der IG Bauen-Agrar-Umwelt B war anwesend. Als über den Tagesordnungspunkt 5 beraten werden sollte, verlangte die Vorsitzende, dass die Betriebsratsmitglieder M und S den Sitzungssaal verlassen sollten. Beide kamen dem nicht nach. Es folgte ein Streitgespräch. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen den W-Saal, um in einem anderen Raum über den Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S zu beraten. Zuvor hatte die Vorsitzende die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z aufgefordert, den Betriebsratsmitgliedern zu folgen, die den Saal verließen. Die fünf aufgeforderten Betriebsratsmitglieder hatten das abgelehnt. Nach den Angaben des Wahlvorstands wurde in dem anderen Sitzungssaal beschlossen, die Betriebsratsmitglieder M und S von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 auszuschließen.

5

Die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U kehrten danach in den W-Saal zurück und teilten den übrigen Betriebsratsmitgliedern mit, die Betriebsratsmitglieder M und S seien mit sechs Jastimmen und fünf Enthaltungen von der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 ausgeschlossen worden. Dieser Beschluss ist in Nr. 3 eines handschriftlichen Protokolls festgehalten, das von der Vorsitzenden und der Schriftführerin O unterzeichnet wurde. Die Vorsitzende forderte die Betriebsratsmitglieder M und S auf, nun den W-Saal zu verlassen, damit die Betriebsratssitzung fortgeführt werden könne. Die beiden Betriebsratsmitglieder lehnten das ab. Die Vorsitzende sowie die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U verließen daraufhin erneut den W-Saal, um die Sitzung in einem anderen Raum fortzusetzen. Zuvor hatten sie die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z erneut erfolglos aufgefordert, sie zu begleiten. Die Sitzung wurde von der Vorsitzenden sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I, O und U in dem anderen Sitzungssaal fortgeführt. Auch auf diesen Teil der Betriebsratssitzung geht das handschriftliche Protokoll der Vorsitzenden und der Schriftführerin ein. Die Niederschrift behandelt die Bestellung eines Wahlvorstands nicht. Über die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 wurde ein weiteres Protokoll verfasst, das von den Betriebsratsmitgliedern M und Z unterschrieben wurde.

6

Mit Schreiben vom 30. März 2010 verlangte der Wahlvorstand von der Arbeitgeberin die erforderlichen Auskünfte, um eine Wählerliste zu erstellen. Die Arbeitgeberin weigerte sich mit der Begründung, ein Wahlvorstand sei nicht ordnungsgemäß gebildet worden. Unter dem 1. April 2010 erließ der Wahlvorstand ein Wahlausschreiben, mit dem die Betriebsratswahl für alle Arbeitnehmer der von der Arbeitgeberin betreuten Objekte eingeleitet wurde.

7

Die Arbeitgeberin hat in dem von ihr am 12. April 2010 eingeleiteten Beschlussverfahren verlangt, die eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, weil der Wahlvorstand nicht wirksam errichtet sei. Der Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat sei unwirksam. Als die Vorsitzende und die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O und U den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten, sei zuvor nicht mitgeteilt worden, in welchem Raum die Sitzung fortgesetzt und dass dort über die Bestellung eines Wahlvorstands abgestimmt werden solle. Die Betriebsratsmitglieder F, K, M, R, H, S und Z hätten gegen einen Wahlvorstand in der jetzigen Besetzung gestimmt, wenn die Betriebsratssitzung am 30. März 2010 mit den Betriebsratsmitgliedern M und S im W-Saal fortgesetzt worden wäre. Die Wahl sei auch deshalb abzubrechen, weil das Unternehmen der Arbeitgeberin aufgrund einer Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 in zehn einzelne Betriebe aufgespalten worden sei.

8

Die Arbeitgeberin hat beantragt,

       

dem Wahlvorstand aufzugeben, das eingeleitete Verfahren zur Durchführung der Wahl eines Betriebsrats abzubrechen und nicht fortzuführen und auch nicht neu einzuleiten.

9

Der Wahlvorstand hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Er hat behauptet, er sei in der Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 bestellt worden, nachdem die sechs Betriebsratsmitglieder zum zweiten Mal den W-Saal verlassen hätten. Der Wahlvorstand bestehe aus der Betriebsratsvorsitzenden V sowie den Betriebsratsmitgliedern A, E, I und O. Das Betriebsratsmitglied S habe die Sitzung vom 30. März 2010 von Beginn an gestört. Herr S habe unter Hinweis auf die Arbeitsunfähigkeit der Betriebsratsvorsitzenden bezweifelt, dass sie aufgrund ihres Tablettenkonsums in der Lage sei, die Tragweite ihres Handelns zu erkennen. Dem hätten sich die anderen, dem Arbeitgeber nahestehenden Betriebsratsmitglieder und vor allem das Betriebsratsmitglied M angeschlossen. Sie hätten die Betriebsratsvorsitzende immer wieder unterbrochen. Die Betriebsratssitzung vom 30. März 2010 habe wegen der Störungen in einen anderen Saal verlegt werden müssen, um die Sitzung ohne die Betriebsratsmitglieder M und S fortzusetzen. Da die Betriebsratsmitglieder F, K, R, H und Z dem nicht nachgekommen seien, habe ihr Verhalten als Stimmenthaltung gewertet werden müssen. Die Fortführung einer Betriebsratswahl dürfe nur dann untersagt werden, wenn die Wahl nichtig und nicht nur anfechtbar sei. Die durchzuführende Wahl sei weder nichtig noch „sicher anfechtbar“.

10

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag der Arbeitgeberin stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Wahlvorstands zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verlangt der Wahlvorstand weiter die Abweisung des Antrags der Arbeitgeberin.

11

B. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Für eine abschließende Entscheidung fehlen erforderliche Tatsachenfeststellungen. Die Sache ist deshalb zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

12

I. Neben der Arbeitgeberin ist nur der Wahlvorstand am Verfahren beteiligt. Die Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten.

13

1. Der Wahlvorstand ist selbst dann am Verfahren beteiligt, wenn seine Bestellung nichtig ist, wie es das Landesarbeitsgericht angenommen hat.

14

a) Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im einzelnen Fall beteiligt sind. Beteiligte in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsstellung unmittelbar betroffen ist (für die st. Rspr. BAG 4. Mai 2011 - 7 ABR 3/10 - Rn. 10).

15

b) Der Wahlvorstand ist danach am Verfahren beteiligt. Die von der Arbeitgeberin erstrebte Entscheidung betrifft unmittelbar seine Existenz und seine betriebsverfassungsrechtlichen Rechte.

16

2. Die einzelnen Wahlvorstandsmitglieder sind keine Beteiligten des Verfahrens. Es geht nicht um die betriebsverfassungsrechtlichen Rechte der einzelnen Wahlvorstandsmitglieder, sondern um die Existenz und die Rechte des Gremiums.

17

II. Die Rechtsbeschwerde des Wahlvorstands ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig. Ob er begründet ist, lässt sich erst beurteilen, wenn weitere Tatsachenfeststellungen getroffen sind.

18

1. Der Antrag der Arbeitgeberin ist zulässig.

19

a) Wie die gebotene Auslegung ergibt, ist das Begehren der Arbeitgeberin als einheitlicher Unterlassungsantrag zu verstehen. Er ist darauf gerichtet, dem Wahlvorstand jede weitere Handlung zu untersagen, die auf die Durchführung der Wahl gerichtet ist. Mit diesem Verständnis ist der Antrag hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

20

b) Die Arbeitgeberin ist antragsbefugt. Sie kann sich mit einem Unterlassungsantrag dagegen wenden, dass der nach ihrer Auffassung nicht wirksam errichtete Wahlvorstand tätig wird (vgl. schon BAG 3. Juni 1975 - 1 ABR 98/74 - zu II 2 der Gründe, BAGE 27, 163). Ihre Antragsbefugnis entspricht dem Recht, die spätere Betriebsratswahl nach § 19 Abs. 2 BetrVG anzufechten.

21

c) Der Wahlvorstand ist beteiligtenfähig iSv. § 10 Satz 1 Halbs. 2 ArbGG. Das gilt selbst dann, wenn seine Bestellung nichtig ist. Der Wahlvorstand hält sich für existent. Für das Verfahren, in dem mittelbar über die Nichtigkeit seiner Bestellung gestritten wird, ist er als bestehend zu behandeln und damit beteiligtenfähig.

22

d) Das Verfahren ist nicht erledigt. Im Betrieb der Arbeitgeberin ist weiter ein Betriebsrat zu wählen.

23

2. Der Senat kann nicht abschließend beurteilen, ob der Antrag der Arbeitgeberin begründet ist. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann dem Unterlassungsantrag nicht stattgegeben werden. Das Landesarbeitsgericht hat zwar im Ergebnis zu Recht erkannt, dass einem in nichtiger Weise errichteten Wahlvorstand untersagt werden kann, weiter tätig zu werden. Die getroffenen Feststellungen lassen aber nicht die Würdigung zu, dass die Errichtung des Wahlvorstands nichtig ist. Es fehlen Feststellungen zu der Frage, ob die sechs Betriebsratsmitglieder, die am 30. März 2010 zweimal den W-Saal verließen, bei ihrem zweiten Aufenthalt in dem anderen Saal des DGB-Hauses in D überhaupt einen Wahlvorstand bestellten.

24

a) Ein Anspruch des Arbeitgebers darauf, die von einem Wahlvorstand eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen, kann sich zum einen aus der zu erwartenden Nichtigkeit der Betriebsratswahl ergeben. Die bloße Anfechtbarkeit genügt nicht. Ein Unterlassungsanspruch des Arbeitgebers besteht zum anderen, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht oder in nichtiger Weise bestellt wurde.

25

aa) Der gerichtliche Abbruch einer Betriebsratswahl aufgrund von Mängeln des Wahlverfahrens kommt nur in Betracht, wenn die Wahl voraussichtlich nichtig wäre.

26

(1) Die Frage, unter welchen Voraussetzungen einem Wahlvorstand untersagt werden kann, eine von ihm eingeleitete Betriebsratswahl weiter durchzuführen, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten. Das Bundesarbeitsgericht konnte die Frage bisher nicht klären, weil diese Streitigkeiten regelmäßig in einstweiligen Verfügungsverfahren ausgetragen werden, deren Rechtszüge vor dem Landesarbeitsgericht enden (§ 92 Abs. 1 Satz 3 iVm. § 85 Abs. 2 ArbGG).

27

(a) Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt an, im Allgemeinen könne der Abbruch einer laufenden Betriebsratswahl durch einstweilige Verfügung nur angeordnet werden, wenn die eingeleitete Wahl mit Sicherheit als nichtig anzusehen sei (vgl. beispielhaft aus der Instanzrechtsprechung Sächsisches LAG 22. April 2010 - 2 TaBVGa 2/10 - zu II 1 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 16 - 19; LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 3 der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15; grundlegend LAG Baden-Württemberg 20. Mai 1998 - 8 Ta 9/98 - AiB 1998, 401; aus dem Schrifttum zB ErfK/Koch 11. Aufl. § 18 BetrVG Rn. 7; wohl auch Richardi/Thüsing BetrVG 12. Aufl. § 18 Rn. 21).

28

(b) Die noch immer überwiegende Ansicht lässt dagegen bereits die sichere Anfechtbarkeit der Wahl genügen (vgl. bspw. LAG Schleswig-Holstein 7. April 2011 - 4 TaBVGa 1/11 - zu II 2 a aa aE der Gründe; LAG Hamburg 19. April 2010 - 7 TaBVGa 2/10 - zu II 2 b der Gründe, NZA-RR 2010, 585; Hessisches LAG 7. August 2008 - 9 TaBVGa 188/08 - zu II der Gründe; im Schrifttum zB Dzida/Hohenstatt BB-Special 14 Heft 50, 1, 2 bis 4; Fitting 25. Aufl. § 18 Rn. 42; DKKW/Schneider/Homburg 12. Aufl. § 18 Rn. 6; GK-BetrVG/Kreutz 9. Aufl. § 18 Rn. 79 f. mwN; Rieble/Triskatis NZA 2006, 233, 234 bis 236; Veit/Wichert DB 2006, 390, 391; wohl auch Bram FA 2006, 66 ff.; siehe zu weiter differenzierenden Ansichten auch die Übersicht in LAG Baden-Württemberg 9. März 2010 - 15 TaBVGa 1/10 - zu II 2 b der Gründe, ZBVR online 2010 Nr. 7/8 12 - 15).

29

(2) Das Betriebsverfassungsgesetz regelt nicht ausdrücklich, ob und unter welchen Voraussetzungen eine eingeleitete Betriebsratswahl abzubrechen ist und wer hierfür anspruchsberechtigt ist. Ausdrücklich geregelt ist in § 19 Abs. 1 und Abs. 2 BetrVG nur die Anfechtung einer durchgeführten Wahl. Obwohl eine ausdrückliche gesetzliche Anspruchsgrundlage fehlt, ergibt sich aus dem gesetzlichen Gesamtzusammenhang, dass jedenfalls der Arbeitgeber es unterbinden kann, wenn in seinem Betrieb eine nichtige Betriebsratswahl durchgeführt wird. Er kann verlangen, die nichtige Wahl zu unterlassen. Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für den Unterlassungsanspruch dagegen nicht.

30

(a) Der Arbeitgeber hat Anspruch darauf, dass eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchgeführt wird. Die mit der Durchführung einer Betriebsratswahl verbundenen Maßnahmen berühren den Arbeitgeber als Betriebsinhaber unmittelbar in seinem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Zugleich werden ihm im Zusammenhang mit der Wahl Pflichten auferlegt (vgl. zB § 2 Abs. 2 Satz 1 WO). Ferner hat er nach § 20 Abs. 3 Satz 1 BetrVG die Kosten der Wahl zu tragen. Schon daraus ergibt sich, dass der Arbeitgeber in seinem Betrieb verlangen kann, eine nichtige Betriebsratswahl nicht durchzuführen. Der Fall verlangt keine Entscheidung darüber, ob das in gleicher Weise für die weiteren in § 19 Abs. 2 Satz 1 BetrVG genannten Anfechtungsberechtigten gilt.

31

(b) Die voraussichtliche Anfechtbarkeit der Wahl genügt für einen Anspruch auf Abbruch der Wahl demgegenüber nicht.

32

(aa) Der Antragsteller könnte sonst mit dem gesetzlich nicht ausdrücklich vorgesehenen Unterlassungsantrag mehr erreichen als mit der gesetzlich vorgesehenen Wahlanfechtung. Eine erfolgreiche Wahlanfechtung hat nach § 19 Abs. 1 BetrVG keine rückwirkende Kraft, sondern wirkt nur für die Zukunft. Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens bleibt auch ein nicht ordnungsgemäß gewählter Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen im Amt.

33

(bb) Würde schon im Fall der voraussichtlich sicheren Anfechtbarkeit der bevorstehenden Wahl ein Abbruch zugelassen, würde verhindert, dass zumindest vorläufig ein Betriebsrat zustande kommt, wie es das Betriebsverfassungsgesetz vorsieht. Damit würde ein betriebsratsloser Zustand aufrechterhalten, der nach der Konzeption des Betriebsverfassungsgesetzes lediglich bei einer nichtigen Wahl eintreten darf. Das Betriebsverfassungsgesetz will betriebsratslose Zustände möglichst vermeiden (vgl. BAG 31. Mai 2000 - 7 ABR 78/98 - zu B IV 3 a der Gründe, BAGE 95, 15). Das zeigen nicht nur die gesetzlichen Regelungen des Übergangs- und des Restmandats in §§ 21a und 21b BetrVG sowie der Weiterführung der Geschäfte des Betriebsrats nach § 22 BetrVG. Der Gesetzeszweck kommt auch in § 1 BetrVG zum Ausdruck. Die Bestimmung lässt den Willen des Gesetzgebers erkennen, dass möglichst in jedem betriebsratsfähigen Betrieb ein Betriebsrat besteht. Die Vorschriften, die die Betriebsratswahl regeln, sind daher so auszulegen, dass der Gesetzeszweck, Betriebsräte zu bilden, möglichst erreicht wird (vgl. schon BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

34

(cc) Die Möglichkeit des vorzeitigen Abbruchs einer voraussichtlich nur anfechtbaren Wahl würde auch der Konzeption nicht gerecht, die in § 19 Abs. 2 Satz 2 BetrVG zum Ausdruck kommt. Danach ist die Wahlanfechtung nur binnen einer Frist von zwei Wochen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, zulässig. Macht innerhalb dieser Frist keiner der Anfechtungsberechtigten von seinem Anfechtungsrecht Gebrauch, können Fehler bei der Wahl des Betriebsrats - mit Ausnahme der Nichtigkeit der Wahl - nicht mehr geltend gemacht werden. Durch den vorzeitigen Abbruch der Wahl würde dem Anfechtungsberechtigten von vornherein die Möglichkeit genommen, die Frist verstreichen und die Wahl unangefochten zu lassen.

35

(dd) Auch die Grundsätze, die für politische Wahlen gelten, sprechen dafür, den Abbruch der Wahl auf Fälle der Nichtigkeit zu beschränken. Entscheidungen und Maßnahmen, die sich unmittelbar auf das Wahlverfahren zum Deutschen Bundestag beziehen, können nach § 49 BWahlG nur mit den im Bundeswahlgesetz und in der Bundeswahlordnung vorgesehenen Rechtsbehelfen sowie im Wahlprüfungsverfahren angefochten werden. Gegen interne Entscheidungen des Wahlorgans kann außerhalb des Wahlprüfungsverfahrens, das nach Abschluss des Wahlverfahrens erfolgt, kein gerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden (vgl. nur BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 3 bis 14 mwN; s. auch Nießen Fehlerhafte Betriebsratswahlen S. 374 f., der auf S. 377 ff. eine - vollständige - Übertragung der Grundsätze politischer Wahlen auf Betriebsratswahlen ablehnt). Betriebsratswahlen sind zwar nicht so komplex wie Bundestagswahlen (vgl. dazu BVerfG 1. September 2009 - 2 BvR 1928/09, 2 BvR 2 BvR 1937/09 - Rn. 4). Bei § 49 BWahlG handelt es sich gleichwohl um die Konkretisierung eines allgemeinen für Wahlrechtsangelegenheiten geltenden Grundsatzes(vgl. für eine Landtagswahl BVerfG 15. Mai 1963 - 2 BvR 194/63 - BVerfGE 16, 128; für eine Stadtratswahl BVerfG 20. Oktober 1960 - 2 BvQ 6/60 - BVerfGE 11, 329).

36

bb) Der Arbeitgeber kann zudem verlangen, dass die weitere Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das sich als Wahlvorstand geriert, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Handlungen eines inexistenten Wahlvorstands muss der Arbeitgeber in seinem Betrieb nicht hinnehmen.

37

b) Hier sind die von der Arbeitgeberin geltend gemachten Mängel - bis auf die Frage der wirksamen Bestellung des Wahlvorstands - nicht so schwer-wiegend, dass sie die Nichtigkeit der Wahl begründen könnten. Auch die bislang feststellbaren Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht derart gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten. Der Senat kann aber nicht abschließend beurteilen, ob der Wahlvorstand überhaupt bestellt wurde. Sollte das nicht der Fall sein, wäre dem Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, zu untersagen, die Wahl durchzuführen.

38

aa) Die Betriebsratswahl ist im Entscheidungsfall voraussichtlich nicht nichtig.

39

(1) Eine Betriebsratswahl ist nur in ganz besonderen Ausnahmefällen nichtig. Voraussetzung dafür ist, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Wahl in so hohem Maß verstoßen wird, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen Wahlvorschriften handeln (vgl. für die st. Rspr. BAG 21. Juli 2004 - 7 ABR 57/03 - zu B II 1 b bb (1) der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 15 = EzA BetrVG 2001 § 4 Nr. 1).

40

(2) Diesen hohen Anforderungen ist nicht genügt. Sollte der Betriebsbegriff mit Blick auf die von der Arbeitgeberin behauptete Betriebsaufspaltung vom 28. Oktober 2009 verkannt sein, führt dieser Mangel nicht dazu, dass die eingeleitete Betriebsratswahl sicher nichtig ist. Auch die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie die Nichtigkeit der Betriebsratswahl zur Folge hätten.

41

(a) Die mögliche Verkennung des Betriebsbegriffs führt nicht zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl.

42

(aa) Der Ausnahmefall einer von Anfang an unwirksamen Betriebsratswahl ist bei einer Wahl, die unter Verkennung des Betriebsbegriffs durchgeführt wird, grundsätzlich nicht anzunehmen. Die Verkennung des Betriebsbegriffs hat in der Regel nicht die Nichtigkeit, sondern nur die Anfechtbarkeit der darauf beruhenden Betriebsratswahl zur Folge. Bei der Bestimmung des Betriebsbegriffs und seiner Anwendung auf die konkrete betriebliche Organisation ist eine Vielzahl von Gesichtspunkten zu beachten. Das erfordert eine auf den jeweiligen Einzelfall bezogene Entscheidung. Kommt es bei diesem Prozess zu Fehlern, sind sie regelmäßig nicht derart grob und offensichtlich, dass der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl nicht besteht (vgl. etwa BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 1 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1).

43

(bb) Die Tatsachengrundlage einer möglichen Aufspaltung des ursprünglich einheitlichen Betriebs in zehn selbständige Betriebe aufgrund der von der Arbeitgeberin behaupteten Umstrukturierung vom 28. Oktober 2009 war zwischen der Arbeitgeberin und einem Teil der Mitglieder des früheren Betriebsrats umstritten. In einem solchen Fall kann wegen der stets nötigen Gesamtwürdigung der Einzelfallumstände nicht von einem derart groben und evidenten Verstoß ausgegangen werden, der selbst den Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Betriebsratswahl ausschlösse.

44

(b) Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen es nicht anzunehmen, die Betriebsratswahl sei voraussichtlich deshalb nichtig, weil der Wahlvorstand wegen gravierender Fehler bei seiner Bestellung rechtlich inexistent sei. Dabei kann offenbleiben, ob die nichtige Bestellung des Wahlvorstands stets zur Nichtigkeit der Betriebsratswahl führt. Die bislang festgestellten Mängel bei der Bestellung des Wahlvorstands sind hier jedenfalls nicht so gewichtig, dass sie die Nichtigkeit der Bestellung zur Folge hätten.

45

(aa) Auch die Frage der zwingenden Folge der Nichtigkeit einer eingeleiteten Betriebsratswahl aufgrund der nichtigen Bestellung des Wahlvorstands wird in Rechtsprechung und Schrifttum kontrovers diskutiert. Ein Teil der Instanzrechtsprechung und der Literatur nimmt die Nichtigkeit der Betriebsratswahl infolge einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands an (vgl. zB LAG Köln 10. März 2000 - 13 TaBV 9/00 - zu II 3 der Gründe, LAGE BetrVG 1972 § 3 Nr. 6; GK-BetrVG/Kreutz § 16 Rn. 5; grundlegend Nießen S. 137 ff., 141 ff. mwN). Ein anderer Teil der Instanzrechtsprechung und des Schrifttums verlangt über die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands hinaus zusätzliche Umstände, um die Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl annehmen zu können (vgl. zB LAG Berlin 8. April 2003 - 5 TaBV 1990/02 - zu II 3 c der Gründe, NZA-RR 2003, 587; LAG Nürnberg 29. Juli 1998 - 4 TaBV 12/97 - zu II der Gründe; Fitting § 19 Rn. 5; grundlegend Jacobs Die Wahlvorstände S. 124 ff. mwN). Das Bundesarbeitsgericht hat die Frage bisher offengelassen (vgl. BAG 19. November 2003 - 7 ABR 25/03 - zu C I 3 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 19 Nr. 55 = EzA BetrVG 2001 § 19 Nr. 1). Auch dieser Fall verlangt nicht, die Frage abschließend zu beantworten.

46

(bb) Die bislang festgestellten Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands sind nicht so schwerwiegend, dass sie zur Nichtigkeit der Bestellung führten.

47

(aaa) Zwischen der nur fehlerhaften und der darüber hinaus nichtigen Bestellung des Wahlvorstands ist sorgfältig zu unterscheiden. Im Fall eines (einfachen) Errichtungsfehlers bleibt die Bestellung des Wahlvorstands wirksam. Die von ihm durchgeführte Betriebsratswahl kann dann zwar anfechtbar sein, sie ist aber nicht nichtig. Die Nichtigkeit der Bestellung des Wahlvorstands ist auf ausgesprochen schwerwiegende Errichtungsfehler beschränkt, die dazu führen, dass das Gremium rechtlich inexistent ist. Eine nur fehlerhafte Bestellung genügt nicht. Erforderlich ist vielmehr, dass gegen allgemeine Grundsätze jeder ordnungsgemäßen Errichtung in so hohem Maß verstoßen wurde, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Es muss sich um einen offensichtlichen und besonders groben Verstoß gegen die Bestellungsvorschriften der §§ 16 bis 17a BetrVG handeln. Für die Beschränkung der nichtigen Bestellung auf ungewöhnliche Ausnahmefälle spricht vor allem das vom Betriebsverfassungsgesetz geschützte Interesse daran, betriebsratslose Zustände zu vermeiden, das insbesondere in §§ 1, 21a, 21b und 22 BetrVG zum Ausdruck kommt. Maßnahmen, die eine Betriebsratswahl vorbereiten sollen, dürfen nicht unnötig erschwert werden. Das gilt für die Bestellung des Wahlvorstands umso mehr, als dessen Kompetenzen nach §§ 18 und 18a BetrVG eng begrenzt sind. Seine Pflichten werden durch das Betriebsverfassungsgesetz und die Wahlordnung genau umrissen (vgl. bereits BAG 14. Dezember 1965 - 1 ABR 6/65 - zu 5 a der Gründe, BAGE 18, 41).

48

(bbb) Nach diesen Grundsätzen rechtfertigen die bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht die Beurteilung, dass die Bestellung des Wahlvorstands nichtig ist.

49

(aaaa) Aufgrund der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist allerdings davon auszugehen, dass der Wahlvorstand nicht mit der nach § 33 Abs. 1 Satz 1 BetrVG erforderlichen Mehrheit der Stimmen der anwesenden Betriebsratsmitglieder bestellt wurde. Der frühere Betriebsrat hat zum einen verkannt, dass der vollständige Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S aus dem Betriebsrat ein Ausschlussverfahren nach § 23 Abs. 1 BetrVG voraussetzt. Er hat zum anderen nicht beachtet, dass für zeitweilig verhinderte Betriebsratsmitglieder nach § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG Ersatzmitglieder heranzuziehen sind. Er ist schließlich auch zu Unrecht davon ausgegangen, die im W-Saal verbliebenen weiteren fünf Betriebsratsmitglieder enthielten sich dadurch ihrer Stimme.

50

(bbbb) Die Bestellung eines Wahlvorstands durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder ist auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen aber kein solch gravierender Verstoß gegen die Bestellungsbestimmungen der §§ 16 bis 17a BetrVG, dass auch der Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Bestellung des Wahlvorstands nicht mehr besteht. Die Fehler bei der Bestellung des Wahlvorstands waren hier erheblich. Der ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden und den Betriebsratsmitgliedern, die sie in den anderen Saal begleiteten, ging es jedoch ersichtlich darum, ihrer Pflicht zur Bestellung des Wahlvorstands nachzukommen. Eine andere Beurteilung könnte dann geboten sein, wenn die Bestellung durch die Minderheit der Betriebsratsmitglieder auf dem machttaktischen oder willkürlichen Kalkül beruht hätte, die Mehrheit durch die Minderheit zu majorisieren. Dafür bestehen nach den unangegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Arbeitgeberin keine ausreichenden Anhaltspunkte. Der sog. Ausschluss der Betriebsratsmitglieder M und S von der Sitzung vom 30. März 2010 war nach Nr. 3 des handschriftlichen Protokolls der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O vielmehr insbesondere auf angenommene unbefugte Tonaufnahmen einer Betriebsratssitzung zurückzuführen. Das ergibt sich aus den in Nr. 1 der Niederschrift enthaltenen Gründen für ein angestrebtes Ausschlussverfahren vor dem Arbeitsgericht. Die sechs Betriebsratsmitglieder verließen den W-Saal, weil sie annahmen, die Betriebsratssitzung wegen der behaupteten erheblichen Störungen der Betriebsratsmitglieder M und S nicht ordnungsgemäß durchführen zu können. Sie forderten die übrigen fünf Betriebsratsmitglieder zudem erfolglos auf, sie in den anderen Saal zu begleiten.

51

bb) Unabhängig von einer voraussichtlichen Nichtigkeit der eingeleiteten Betriebsratswahl hat der Arbeitgeber Anspruch darauf, dass die Durchführung der Wahl unterlassen wird, wenn das Gremium, das als Wahlvorstand auftritt, in dieser Funktion überhaupt nicht bestellt wurde oder seine Bestellung nichtig ist. Von einer nichtigen Bestellung des Wahlvorstands kann hier aus den genannten Gründen nicht ausgegangen werden. Nicht festgestellt ist aber, ob am 30. März 2010 während des zweiten Aufenthalts der Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V in einem anderen Saal als dem W-Saal überhaupt ein Wahlvorstand bestellt wurde. Das handschriftliche Protokoll der Betriebsratsvorsitzenden V und der Schriftführerin O über die Betriebsratssitzung, die am 30. März 2010 außerhalb des W-Saal abgehalten wurde, weist keinen Beschluss aus, mit dem ein Wahlvorstand bestellt wurde. Die Verfahrensbevollmächtigte des Wahlvorstands hat in der Anhörung vor dem Senat erklärt, die Betriebsratsmitglieder A, E, I, O, U und V hätten in Abwesenheit der übrigen Betriebsratsmitglieder durch Beschluss den Wahlvorstand bestellt, nachdem sie den W-Saal zum zweiten Mal verlassen hätten. Die Verfahrensbevollmächtigte der Arbeitgeberin konnte dieses Vorbringen nicht unstreitig stellen. Das Landesarbeitsgericht wird den Umstand deshalb aufzuklären haben.

        

    Linsenmaier    

        

    Kiel    

        

    Gallner    

        

        

        

    Schuh    

        

    Hansen    

                 

(1) Besteht in einem Betrieb, der die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllt, kein Betriebsrat, so bestellt der Gesamtbetriebsrat oder, falls ein solcher nicht besteht, der Konzernbetriebsrat einen Wahlvorstand. § 16 Abs. 1 gilt entsprechend.

(2) Besteht weder ein Gesamtbetriebsrat noch ein Konzernbetriebsrat, so wird in einer Betriebsversammlung von der Mehrheit der anwesenden Arbeitnehmer ein Wahlvorstand gewählt; § 16 Abs. 1 gilt entsprechend. Gleiches gilt, wenn der Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat die Bestellung des Wahlvorstands nach Absatz 1 unterlässt.

(3) Zu dieser Betriebsversammlung können drei wahlberechtigte Arbeitnehmer des Betriebs oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft einladen und Vorschläge für die Zusammensetzung des Wahlvorstands machen.

(4) Findet trotz Einladung keine Betriebsversammlung statt oder wählt die Betriebsversammlung keinen Wahlvorstand, so bestellt ihn das Arbeitsgericht auf Antrag von mindestens drei wahlberechtigten Arbeitnehmern oder einer im Betrieb vertretenen Gewerkschaft. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(1) Der Betriebsrat wird in geheimer und unmittelbarer Wahl gewählt.

(2) Die Wahl erfolgt nach den Grundsätzen der Verhältniswahl. Sie erfolgt nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl, wenn nur ein Wahlvorschlag eingereicht wird oder wenn der Betriebsrat im vereinfachten Wahlverfahren nach § 14a zu wählen ist.

(3) Zur Wahl des Betriebsrats können die wahlberechtigten Arbeitnehmer und die im Betrieb vertretenen Gewerkschaften Wahlvorschläge machen.

(4) In Betrieben mit in der Regel bis zu 20 wahlberechtigten Arbeitnehmern bedarf es keiner Unterzeichnung von Wahlvorschlägen. Wahlvorschläge sind in Betrieben mit in der Regel 21 bis 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens zwei wahlberechtigten Arbeitnehmern und in Betrieben mit in der Regel mehr als 100 wahlberechtigten Arbeitnehmern von mindestens einem Zwanzigstel der wahlberechtigten Arbeitnehmer zu unterzeichnen. In jedem Fall genügt die Unterzeichnung durch 50 wahlberechtigte Arbeitnehmer.

(5) Jeder Wahlvorschlag einer Gewerkschaft muss von zwei Beauftragten unterzeichnet sein.

(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.

(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.

(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.

(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.

(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.

(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ferner ausschließlich zuständig für

1.
Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 119 bis 121 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
2.
Angelegenheiten aus dem Sprecherausschußgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 34 bis 36 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
3.
Angelegenheiten aus dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz und dem Drittelbeteiligungsgesetz, soweit über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat und über ihre Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3a.
Angelegenheiten aus den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch,
3b.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 43 bis 45 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist;
3c.
Angelegenheiten aus § 51 des Berufsbildungsgesetzes;
3d.
Angelegenheiten aus § 10 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes;
3e.
Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3675, 3686) mit Ausnahme der §§ 45 und 46 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3f.
Angelegenheiten aus dem SCE-Beteiligungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911, 1917) mit Ausnahme der §§ 47 und 48 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung zu entscheiden ist;
3g.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3332) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 34 und 35 und nach den §§ 23 bis 28 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
3h.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung vom 4. Januar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 10) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 38 und 39 und nach den §§ 25 bis 30 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Absatz 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist;
4.
die Entscheidung über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung;
5.
die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes, einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und einer Rechtsverordnung nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes;
6.
die Entscheidung über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag.

(2) In Streitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Beschlußverfahren statt.