Amtsgericht Köln Urteil, 24. Feb. 2016 - 648 Ds 43/16
Tenor
Der Angeklagte C. wird wegen gemeinschaftlichen Diebstahls kostenpflichtig zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Der Angeklagte T. ist des Diebstahls in vier Fällen, davon in zwei Fällen gemeinschaftlich, sowie des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte schuldig.
Die Entscheidung über die Verhängung einer Jugendstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.
Von der Erhebung von Kosten und Auslagen gegen den Angeklagten T. wird abgesehen. Der Angeklagte T. trägt seine notwendigen Auslagen selbst.
§§ 113 Abs. 1, 242 Abs. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB; 1, 3ff., 105ff. JGG
1
Gründe:
2(abgekürzt gem. § 267 Abs. 4 StPO)
3I.
4Zur Person des Angeklagten zu 1) (im folgenden genannt: Angeklagter C.) konnten lediglich folgende Feststellungen getroffen werden: Seine BKA-Führungspersonalien lauten C.C., geboren am 00.00.00, Staatsangehörigkeit: tunesisch. Er ist weiter bereits mehrfach unter folgenden Aliaspersonalien aufgetreten: N.N., geboren am 00.00.00 in B., sowie N.N., geboren am 00.00.00 in B. In der Hauptverhandlung hat er erklärt, N.N. zu heißen und am 00.00.00 geboren zu sein. Die Personalie C.C. habe er im Mai 2015 fälschlich angegeben, als er im alkoholisierten Zustand polizeilich festgehalten und sein Fingerabdruck genommen worden sei. Zu der Frage, ob er aus Tunesien oder Algerien stamme, wollte er in der Hauptverhandlung keine Angaben machen. Anhand der BKA-Führungspersonalie ist davon auszugehen, dass der Angeklagte C. zum Tatzeitpunkt 22 Jahre alt war. Über seinen Verteidiger hat er erklären lassen, dass er vom 5. bis zum 10. Lebensjahr die Schule besucht, den Schulbesuch dann aber abgebrochen habe. Er sei nach wie vor Analphabet. Sein Vater sei vor seiner Geburt verstorben; seit 2009 habe seine Mutter einen neuen Ehemann. Er habe zwischenzeitlich bei seinem Onkel gelebt. Im Jahr 2013 sei ihm bei einer Demonstration in Tunesien ins Bein geschossen worden, eine Stahlschiene sei ihm jetzt in Deutschland aus dem Bein entfernt worden. Im Jahr 2015 sei er über Italien und Frankreich nach Deutschland gekommen.
5Der Angeklagte T. wurde ausweislich seiner BKA-Führungspersonalien am 00.00.00 in D. geboren und ist marokkanischer Staatsangehöriger. Seit Ende 2014 befindet er sich in Deutschland. Am 00.00.00 sprach er bei der Ausländerbehörde in C. vor. Noch im März 2015 wurde er an die Landesaufnahmestelle NRW bei Ersteinreise in E. („Erstaufnahmeeinrichtung I“ in E.) verwiesen. Die ihm zugewiesene Unterkunft sagte ihm jedoch nicht zu, so dass er sich bereits nach wenigen Tagen wieder entfernte und am 07.04.2015 dort abgemeldet wurde. In der „Auffangstation X“ für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in D. wurde er am 00.00.00 mit der Begründung abgewiesen, augenscheinlich älter als 18 Jahre zu sein. Nach seinen eigenen Angaben lebte er in den letzten Monaten vor seiner Inhaftierung in E. bei einem Freund namens H.H.. Es ist davon auszugehen, dass der Angeklagte T. im Tatzeitraum 17 und 18 Jahre alt war.
6In der Silvesternacht 2015/ 2016 sind beide Angeklagte aufgrund der hier angeklagten Tat vorläufig festgenommen und sodann mit Haftbefehl des Amtsgerichts Köln vom 01.01.2016 inhaftiert worden. Ausweislich des Führungsberichts der JVA Y. konnte der Angeklagte T. aufgrund seines normkonformen Verhaltens in die oberste Vollzugsstufe aufsteigen, was gewisse Vergünstigungen wie Aufschluss in den Abendstunden und Nutzungsmöglichkeit der Küche der Abteilung zur Folge hatte. Laut Mitteilung des medizinischen Dienstes der JVA Y. ist der Angeklagte T. weder abhängig noch suchtgefährdet.
7Beide Angeklagte sind bislang strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten. Die Bundeszentralregisterauszüge vom 18. bzw. 19.01.2016 betreffend die Angeklagten weisen hinsichtlich des Angeklagten C. (auch unter seinen Aliaspersonalien) keine Eintragungen und bezüglich des Angeklagten T. nur Suchvermerke auf. Die Ermittlungsverfahren auswärtiger Staatsanwaltschaften, in denen die Suchvermerke betreffend den Angeklagten T. gefertigt worden sind, sind zu hiesigem Verfahren übernommen worden.
8II.
9Zur Sache hat das Gericht folgende Feststellungen getroffen:
10648 Ds 77/16 – 103 Js 49/16
11Am Nachmittag des 28.03.2015 entwendete der Angeklagte T. aus den Auslagen der Firma M. im A.-weg in der E. Innenstadt ein T-Shirt, indem er es in seinen Rucksack steckte und damit die Geschäftsräume ohne zu bezahlen verließ. Kurz darauf, gegen 18:45 Uhr, betrat er die ebenfalls im A.-weg gelegenen Geschäftsräume der Firma B. KG und entwendete aus den dortigen Auslagen in gleicher Weise zwei Hosen im Gesamtwert von 59,90 €, um diese wie auch das T-Shirt für sich zu behalten.
12Im Zuge einer Nahbereichsfahndung konnte der Angeklagte T. durch die Polizeibeamten PK U. und PKin V., die zum Einsatz „Ladendiebstahl mit flüchtigem Täter“ gerufen worden waren, gegen 19:15 Uhr festgenommen werden. Gegen das Anlegen von Handfesseln, um eine erneute Flucht zu verhindern und den Angeklagten T. zur Personalienfeststellung zur Wache bringen zu können, sperrte sich der Angeklagte T. so massiv, dass die Beamten erhebliche körperliche Gewalt anwenden mussten und ihn zu Boden brachten. Dazu griffen sie den Angeklagten T. am Kopf und setzten einen Hebel. Als der Angeklagte T. wenig später gefesselt vor der Aufzugtür stand, schlug er plötzlich seinen Kopf gegen die Aufzugtür, so dass er erneut zu Boden gebracht wurde. Nur durch den erneuten Einsatz körperlicher Gewalt gelang es den Beamten schließlich, den Angeklagten T. am Boden zu fixieren und seinen Widerstand endgültig zu brechen.
13648 Ds 64/16 – 103 Js 32/16
14Gemeinsam mit einem unbekannt gebliebenen Mittäter bestieg der Angeklagte T. in den späten Abendstunden des 29.03.2015 im W.- Hauptbahnhof den ICE 528 in Richtung E.. Im Zug begaben sie sich in das Abteil des Zeugen J. und sahen sich nach stehlenswerten Gegenständen um. In einem unbeobachteten Augenblick nahmen sie den blauen Reisekoffer des Zeugen J. an sich und verließen damit in der Absicht, diesen bzw. dessen Inhalt für sich zu behalten, gegen 23:15 Uhr den Zug am D.- Hauptbahnhof. Kurz darauf bemerkte der Zeuge J. den Verlust seines Koffers und informierte einen Zugbegleiter. Die über ihn alarmierten Einsatzkräfte der Bundespolizei konnten den Angeklagten noch im D.-Bahnhofsgebäude im Besitz der Tatbeute festnehmen. Der Koffer sowie sein gesamter Inhalt konnte an den Zeugen J. zurückgegeben werden.
15648 Ds 43/16 – 103 Js 3/16
16Der Angeklagte C. sprach den Zeugen F. in der Silvesternacht 2015/2016 gegen 23:30 Uhr auf der Hohenzollernbrücke in Köln an und stellte ihm eine belanglose Frage. Während der Zeuge F. auf diese Weise abgelenkt war, nahm der Angeklagte T. dessen Tasche, die vor dem Zeugen F. auf dem Boden stand und in der sich eine Fotokamera der Marke Canon 1200 D im Wert von etwa 450,- € befand, an sich und reichte sie einer weiteren unbekannt gebliebenen Person weiter. Diese lief mit einer vierten bislang nicht identifizierten Person mitsamt der Beute davon, um sie für sich zu behalten, während der Zeuge F. die beiden Angeklagten festhalten und schließlich der Polizei zuführen konnte. Beide Angeklagte ließen sich von dem Zeugen F. widerstandslos festhalten.
17III.
18Die Feststellungen zur Person beruhen auf den Angaben, die die Angeklagten über ihre Verteidiger in der Hauptverhandlung gemacht haben, der Verlesung der die Angeklagten betreffenden Bundeszentralregisterauszüge vom 18./19.01.2016, dem mündlich erstatteten Bericht der Mitarbeiterin der Jugendgerichtshilfe Köln betreffend den Angeklagten T. in der Hauptverhandlung sowie der Verlesung des Führungsberichts des Leiters der Justizvollzugsanstalt V. betreffend den Angeklagten T. in der Hauptverhandlung.
19Die Feststellungen zur Sache beruhen auf den vollumfänglich geständigen Einlassungen beider Angeklagter sowie der glaubhaften Bekundung des Zeugen U.
20Beide Angeklagte haben in der Hauptverhandlung angegeben, einander erstmalig in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof begegnet zu sein. Spontan habe man sich dazu entschlossen, den Diebstahl der Tasche zu begehen. Vom Bahnhof zur Hohenzollernbrücke sei man nur gegangen, um „zu gucken“. Auch die Person, der man die Tasche weitergegeben habe, habe man am Hauptbahnhof erstmalig kennengelernt. Es habe sich dabei um einen Algerier mit Namen „G.“ gehandelt.
21Was die Festnahmesituation im März 2015 angeht, hat der Angeklagte T. bekundet, nicht aggressiv gewesen zu sein, sondern lediglich seine Hand weggezogen zu haben, um keine Fesseln zu bekommen. Er sei dabei „nicht klar im Kopf“ gewesen, weil er zuvor etwas eingenommen habe. Der Zeuge U. hat insoweit bekundet, dass der Angeklagte T. mit seiner freien Hand herumgefuchtelt, jedoch weder geschlagen noch getreten habe. Er habe starke Stimmungsschwankungen aufgewiesen. Eigentlich sei er ruhig und entspannt gewesen, zeitweise dann jedoch sehr aufbrausend geworden. Dann habe er geschrien und sich gedreht.
22IV.
23Der Angeklagte C. hat sich des gemeinschaftlichen Diebstahls gemäß §§ 242 Abs. 1, 25 Abs. 2 StGB, der Angeklagte T. hat sich des Diebstahls in vier Fällen, davon in zwei Fällen gemeinschaftlich, sowie des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte gemäß §§ 113 Abs. 1, 242 Abs. 1, 25 Abs. 2, 53 StGB schuldig gemacht.
24Der Angeklagte T. war bei den Taten teilweise Jugendlicher und teilweise Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG. Auf ihn war insgesamt das Jugendstrafrecht anzuwenden, denn aufgrund der Brüche in seiner Fluchtbiographie sowie seiner fehlenden Schul- und Berufsausbildung waren Reifeverzögerungen, die auch im späteren Tatzeitpunkt noch fortbestanden, jedenfalls nicht auszuschließen.
25V.
261. Hinsichtlich des Angeklagten C. hat das Gericht auf eine Freiheitsstrafe von drei Monaten erkannt.
27Der Strafrahmen, der auf den Angeklagten C. anzuwenden war, ist dem § 242 Abs. 1 StGB zu entnehmen und beträgt Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
28Im Rahmen der Strafzumessung hat sich das Gericht von folgenden Erwägungen leiten lassen:
29Zu Gunsten des Angeklagten C. war zu berücksichtigen, dass er die Tat gestanden und damit deren gerichtliche Aufarbeitung erleichtert hat. Allerdings musste insoweit einschränkend berücksichtigt werden, dass der Angeklagte C. keine Nachfragen zugelassen hat und so die gerichtliche Aufarbeitung auf das Bestätigen der dürren in der Anklageschrift enthaltenen Tatsachen beschränkt blieb, ohne dass ein Verstehen der Hintergründe der Tat möglich geworden wäre. Letztendlich ist aber das Geständnis in jedem Fall strafmildernd zu werten. Dasselbe gilt für die seitens des Angeklagten C. formulierte Entschuldigung für die begangene Tat.
30Strafmildernd wirkte sich auch aus, dass der Angeklagte C. zum ersten Mal vor Gericht stand.
31Strafschärfend war demgegenüber zu berücksichtigen, dass in der Art der gemeinschaftlichen Begehungsweise größere kriminelle Energie zu Tage getreten ist als dies bei einem alleine begangenen Diebstahl der Fall gewesen wäre. Die arbeitsteilige Vorgehensweise erfordert vorherige Absprachen und erschwert das Verhindern der Tat, was sich hier auch dadurch gezeigt hat, dass die Tatbeute trotz des beherzten Eingreifens des Geschädigten unwiederbringlich verloren war.
32Auch dass die Täter die unübersichtliche Situation der Silvesternacht auf der Hohenzollernbrücke zur Begehung ihrer Tat ausgenutzt haben, fiel insoweit negativ ins Gewicht.
33Strafschärfend wirkte sich weiter die Hochwertigkeit der Tatbeute aus. Dem Geschädigten, einem Touristen aus K., wurde seine mehrere Hundert Euro teure Kamera entwendet, was für diesen einen deutlichen Verlust und eine erhebliche Beeinträchtigung seiner Reise nach Köln dargestellt haben dürfte.
34Schließlich war unter dem Aspekt der Generalprävention zu berücksichtigen, dass dem Verfahren große Aufmerksamkeit zuteil wurde und die Bestrafung des Angeklagten eine gewisse Signalwirkung entfalten dürfte. Diese erhöhte Außenwirkung machte es notwendig, eine tat- und schuldangemessene Strafe zu finden, die zudem eine gewisse Abschreckungswirkung entfaltet, um dem rapide angewachsenen Phänomen des mittäterschaftlich begangenen Taschendiebstahls in größeren Menschenmengen wirksam Einhalt zu gebieten.
35Insgesamt hielt das Gericht eine
36Freiheitsstrafe von drei Monaten
37für tat- und schuldangemessen.
38Hierbei hielt das Gericht die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe anstelle von Geldstrafe ausdrücklich für unerlässlich im Sinne des § 47 Abs. 1 StGB. Dies ergibt sich nach der Auffassung des Gerichts aus zweierlei Aspekten.
39Zunächst hielt das Gericht die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter für unerlässlich.
40Da der Angeklagte C. über keinerlei legale Einkünfte verfügt, war er schlicht durch eine Geldstrafe nicht wirksam zu erreichen. Hinzu kommt, dass nicht zu erwarten ist, dass er bei der Vollstreckung einer etwaigen Geldstrafe kooperieren würde. Denn er hat sich bislang durch Abtauchen und Verwendung von Aliaspersonalien jeglichem förmlichen Verfahren entzogen und hat auch in der Hauptverhandlung in keiner Weise den Eindruck vermittelt, nunmehr eine Integration in die deutsche Gesellschaft anzustreben, was zunächst einmal die Anmeldung bei der Ausländerbehörde oder das Stellen eines Asylantrags erfordern würde. Er hat hierzu in der Hauptverhandlung mit voller Überzeugung angegeben, auf jeden Fall in Deutschland zu bleiben, auch wenn ein etwaiger Asylantrag abschlägig beschieden würde. Erst nach Intervention durch seinen Verteidiger hat er Gegenteiliges bekundet. Dabei hat es sich aber nach dem Eindruck des Gerichts um ein bloßes Lippenbekenntnis gehandelt, dessen Belastbarkeit sehr zweifelhaft erscheint.
41Vor diesem Hintergrund sind hier auch besondere Umstände gegeben, die die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Verteidigung der Rechtsordnung unerlässlich machen. Hierbei durfte und musste berücksichtigt werden, dass die Tat nicht unter normalen Umständen stattfand, sondern in einem speziellen Gesamtkontext. Aufgrund der massenweisen Begehung von Taschendiebstählen zum Nachteil Feiernder in der Silvesternacht in Köln wurde das Sicherheitsgefühl der Allgemeinheit in erheblicher Weise beeinträchtigt. Dies musste bei der Strafzumessung insoweit Berücksichtigung finden, als nicht nur eine nach dem Schuldprinzip verhältnismäßige Strafe zu finden war, sondern auch der Eindruck vermieden werden musste, dass die Tat mangels Durchsetzbarkeit einer Geldstrafe letztlich sanktionslos bleiben würde.
42Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe war allerdings gemäß § 56 Abs. 1 Satz 1 StGB zurBewährung auszusetzen. Dem steht nicht schon entgegen, dass die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe gemäß § 47 StGB für unerlässlich gehalten wurde. Da der Angeklagte C. erstmalig strafrechtlich verurteilt worden ist, konnte trotz aller Bedenken hinsichtlich seiner Integrationsfähigkeit und -willigkeit davon ausgegangen werden, dass er sich die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Eine deutliche Warnfunktion hat das Gericht insoweit der verbüßten Untersuchungshaft beigemessen – umso mehr, als der Angeklagte C. der deutschen Sprache nicht mächtig ist und insofern besonders haftempfindlich sein dürfte. Dem Angeklagten C. ist in der Hauptverhandlung eindringlich vor Augen gehalten worden, dass er im Falle der Begehung weiterer Straftaten oder eines gröblichen Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen mit dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung zu rechnen hat. Er ist insbesondere darauf hingewiesen worden, dass auch der illegale Aufenthalt einen Straftatbestand erfüllt.
43Als Bewährungsauflage für die dreijährige Bewährungszeit hat das Gericht neben der Meldung bei der Zentralen Ausländerbehörde in E. und der Wohnsitznahme nach deren Weisung die Ableistung von 60 Sozialdienststunden sowie die Teilnahme an einem Sprachkurs nach Weisung des Bewährungshelfers festgesetzt.
442. Hinsichtlich des Angeklagten T. war die Schuld des Angeklagten gemäß § 27 JGG festzustellen und eine zweijährige Bewährungszeit festzusetzen.
45Hierfür waren folgende Erwägungen ausschlaggebend:
46Vorangestellt sei zunächst, dass sich das Jugendstrafrecht gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 JGG vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten hat, so dass betreffend den Angeklagten T. generalpräventive Aspekte keine Berücksichtigung fanden.
47Zentraler Aspekt der gerichtlichen Strafzumessungserwägungen war vielmehr die Frage, ob in dem angeklagten Verhalten des Angeklagten T. schädliche Neigungen hervorgetreten sind, die die Verhängung von Jugendstrafe im Sinne des § 17 JGG erforderlich machen oder ob die Lebensführung des Angeklagten T. hinlänglich positiv durch die Verhängung von Erziehungsmaßregeln und Zuchtmitteln beeinflusst werden kann.
48Angesichts der Vielzahl der Diebstahlstaten erachtete das Gericht die Verhängung der schärfsten Waffe im Rahmen der Zuchtmittel – vier Wochen Dauerarrest – für nicht mehr ausreichend, um hinreichend auf den Angeklagten T. einzuwirken. Denn durch die wiederholte – auch mittäterschaftliche -- Begehung von Diebstahlstaten liegen zumindest deutliche Anhaltspunkte für eine Neigung zur Begehung von Straftaten aufgrund von Persönlichkeitsmängeln vor, die vor der Tatbegehung bereits angelegt und im Zeitpunkt der Urteilsverkündung noch wirksam sind. Zwar ist der Angeklagte T. nunmehr zum ersten Mal gerichtlich zur Rechenschaft gezogen worden; allerdings kam es auch bei den früheren Diebstahlstaten im März 2015 zu vorläufigen Festnahmen, was dem Angeklagten T. eine Warnung hätte sein müssen. Dabei hat das Gericht nicht außer Acht gelassen, dass der Angeklagte T. aufgrund seiner Flucht im jugendlichen Alter vor besondere Herausforderungen gestellt war. Denn diesbezüglich war ihm jedenfalls anzulasten, dass er nicht bereit war, die Hilfestellungen des ihn aufnehmenden Gastlandes anzunehmen und die Regeln für seinen Aufenthalt zu akzeptieren.
49Im Ergebnis ließ sich aus Sicht des Gerichts im Zeitpunkt der Hauptverhandlung nicht feststellen, ob bei dem Angeklagten T. schädliche Neigungen in einem Umfang vorliegen, die die Verhängung von Jugendstrafe aus erzieherischer Sicht bereits jetzt erforderlich machen. Hierbei war zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, dass er sämtliche Taten vollumfänglich gestanden und auch Bereitschaft gezeigt hat, hierfür die Verantwortung zu übernehmen. Entscheidend hierfür war weiter die mögliche Zäsur, die durch die verbüßte Untersuchungshaft eingetreten sein dürfte. Der Angeklagte T. war als Erstverbüßer, der kein deutsch spricht und noch recht jungen Alters ist, besonders haftempfindlich und wurde durch den Leiter der Justizvollzugsanstalt Y. als angepasst und freundlich beschrieben. Schließlich war auch zu Gunsten des Angeklagten T. zu berücksichtigen, dass selbst die gemeinschaftlichen Diebstahlstaten keine schwere Kriminalität darstellen und sein Verhalten bei der Widerstandsleistung am unteren Rand der Schwelle zur Strafbarkeit geblieben ist.
50Um dem Angeklagten eindringlich vor Augen zu halten, dass er sich nunmehr straffrei zu führen hat, wenn er vermeiden will, für die begangenen Taten Jugendstrafe zu verbüßen, genügte es aus Sicht des Gerichts daher, die Schuld des Angeklagten T. gemäß § 27 JGG festzustellen und eine zweijährige Bewährungszeit festzusetzen.
51Als Bewährungsauflage war auch der Angeklagte T. anzuweisen, sich umgehend bei der Zentralen Ausländerbehörde in E. zu melden und Wohnsitz nach deren Weisung zu nehmen. Weiter wurden auch ihm die Ableistung von 60 Sozialdienststunden sowie die Teilnahme an einem Sprachkurs nach Weisung des Bewährungshelfers auferlegt.
52Der Angeklagte ist eindringlich darauf hingewiesen worden, dass bei einem Verstoß gegen Bewährungsauflagen, insbesondere bei neuer Strafbarkeit, die Einleitung eines Nachverfahrens zur Verhängung von Jugendstrafe droht und zusätzlich auch die Verhängung von Ungehorsamsarrest bis zu vier Wochen in Betracht kommt. Auch dem Angeklagten T. ist vor Augen gehalten worden, dass zu einer straffreien Führung auch die Regelung seines Aufenthaltes gehört.
53VI.
54Die Kostenentscheidung folgt aus § 465 Abs. 1 StPO hinsichtlich des Angeklagten C. und aus §§ 74, 109 JGG hinsichtlich des Angeklagten T..
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(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.
(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.
(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.
(1) Wird der Angeklagte verurteilt, so müssen die Urteilsgründe die für erwiesen erachteten Tatsachen angeben, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden. Soweit der Beweis aus anderen Tatsachen gefolgert wird, sollen auch diese Tatsachen angegeben werden. Auf Abbildungen, die sich bei den Akten befinden, kann hierbei wegen der Einzelheiten verwiesen werden.
(2) Waren in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände behauptet worden, welche die Strafbarkeit ausschließen, vermindern oder erhöhen, so müssen die Urteilsgründe sich darüber aussprechen, ob diese Umstände für festgestellt oder für nicht festgestellt erachtet werden.
(3) Die Gründe des Strafurteils müssen ferner das zur Anwendung gebrachte Strafgesetz bezeichnen und die Umstände anführen, die für die Zumessung der Strafe bestimmend gewesen sind. Macht das Strafgesetz Milderungen von dem Vorliegen minder schwerer Fälle abhängig, so müssen die Urteilsgründe ergeben, weshalb diese Umstände angenommen oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen verneint werden; dies gilt entsprechend für die Verhängung einer Freiheitsstrafe in den Fällen des § 47 des Strafgesetzbuches. Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb ein besonders schwerer Fall nicht angenommen wird, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, unter denen nach dem Strafgesetz in der Regel ein solcher Fall vorliegt; liegen diese Voraussetzungen nicht vor, wird aber gleichwohl ein besonders schwerer Fall angenommen, so gilt Satz 2 entsprechend. Die Urteilsgründe müssen ferner ergeben, weshalb die Strafe zur Bewährung ausgesetzt oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht ausgesetzt worden ist; dies gilt entsprechend für die Verwarnung mit Strafvorbehalt und das Absehen von Strafe. Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist auch dies in den Urteilsgründen anzugeben.
(4) Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so müssen die erwiesenen Tatsachen, in denen die gesetzlichen Merkmale der Straftat gefunden werden, und das angewendete Strafgesetz angegeben werden; bei Urteilen, die nur auf Geldstrafe lauten oder neben einer Geldstrafe ein Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zusammen die Einziehung des Führerscheins anordnen, oder bei Verwarnungen mit Strafvorbehalt kann hierbei auf den zugelassenen Anklagesatz, auf die Anklage gemäß § 418 Abs. 3 Satz 2 oder den Strafbefehl sowie den Strafbefehlsantrag verwiesen werden. Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend. Den weiteren Inhalt der Urteilsgründe bestimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls nach seinem Ermessen. Die Urteilsgründe können innerhalb der in § 275 Abs. 1 Satz 2 vorgesehenen Frist ergänzt werden, wenn gegen die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt wird.
(5) Wird der Angeklagte freigesprochen, so müssen die Urteilsgründe ergeben, ob der Angeklagte für nicht überführt oder ob und aus welchen Gründen die für erwiesen angenommene Tat für nicht strafbar erachtet worden ist. Verzichten alle zur Anfechtung Berechtigten auf Rechtsmittel oder wird innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt, so braucht nur angegeben zu werden, ob die dem Angeklagten zur Last gelegte Straftat aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen nicht festgestellt worden ist. Absatz 4 Satz 4 ist anzuwenden.
(6) Die Urteilsgründe müssen auch ergeben, weshalb eine Maßregel der Besserung und Sicherung angeordnet, eine Entscheidung über die Sicherungsverwahrung vorbehalten oder einem in der Verhandlung gestellten Antrag entgegen nicht angeordnet oder nicht vorbehalten worden ist. Ist die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69a Abs. 1 Satz 3 des Strafgesetzbuches nicht angeordnet worden, obwohl dies nach der Art der Straftat in Betracht kam, so müssen die Urteilsgründe stets ergeben, weshalb die Maßregel nicht angeordnet worden ist.
(1) Wer einem Amtsträger oder Soldaten der Bundeswehr, der zur Vollstreckung von Gesetzen, Rechtsverordnungen, Urteilen, Gerichtsbeschlüssen oder Verfügungen berufen ist, bei der Vornahme einer solchen Diensthandlung mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt Widerstand leistet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn
- 1.
der Täter oder ein anderer Beteiligter eine Waffe oder ein anderes gefährliches Werkzeug bei sich führt, - 2.
der Täter durch eine Gewalttätigkeit den Angegriffenen in die Gefahr des Todes oder einer schweren Gesundheitsschädigung bringt oder - 3.
die Tat mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich begangen wird.
(3) Die Tat ist nicht nach dieser Vorschrift strafbar, wenn die Diensthandlung nicht rechtmäßig ist. Dies gilt auch dann, wenn der Täter irrig annimmt, die Diensthandlung sei rechtmäßig.
(4) Nimmt der Täter bei Begehung der Tat irrig an, die Diensthandlung sei nicht rechtmäßig, und konnte er den Irrtum vermeiden, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder bei geringer Schuld von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen. Konnte der Täter den Irrtum nicht vermeiden und war ihm nach den ihm bekannten Umständen auch nicht zuzumuten, sich mit Rechtsbehelfen gegen die vermeintlich rechtswidrige Diensthandlung zu wehren, so ist die Tat nicht nach dieser Vorschrift strafbar; war ihm dies zuzumuten, so kann das Gericht die Strafe nach seinem Ermessen mildern (§ 49 Abs. 2) oder von einer Bestrafung nach dieser Vorschrift absehen.
(1) Dieses Gesetz gilt, wenn ein Jugendlicher oder ein Heranwachsender eine Verfehlung begeht, die nach den allgemeinen Vorschriften mit Strafe bedroht ist.
(2) Jugendlicher ist, wer zur Zeit der Tat vierzehn, aber noch nicht achtzehn, Heranwachsender, wer zur Zeit der Tat achtzehn, aber noch nicht einundzwanzig Jahre alt ist.
(3) Ist zweifelhaft, ob der Beschuldigte zur Zeit der Tat das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat, sind die für Jugendliche geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden.
(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.
(1) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von nicht mehr als einem Jahr setzt das Gericht die Vollstreckung der Strafe zur Bewährung aus, wenn zu erwarten ist, daß der Verurteilte sich schon die Verurteilung zur Warnung dienen lassen und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird. Dabei sind namentlich die Persönlichkeit des Verurteilten, sein Vorleben, die Umstände seiner Tat, sein Verhalten nach der Tat, seine Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für ihn zu erwarten sind.
(2) Das Gericht kann unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 auch die Vollstreckung einer höheren Freiheitsstrafe, die zwei Jahre nicht übersteigt, zur Bewährung aussetzen, wenn nach der Gesamtwürdigung von Tat und Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen. Bei der Entscheidung ist namentlich auch das Bemühen des Verurteilten, den durch die Tat verursachten Schaden wiedergutzumachen, zu berücksichtigen.
(3) Bei der Verurteilung zu Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten wird die Vollstreckung nicht ausgesetzt, wenn die Verteidigung der Rechtsordnung sie gebietet.
(4) Die Strafaussetzung kann nicht auf einen Teil der Strafe beschränkt werden. Sie wird durch eine Anrechnung von Untersuchungshaft oder einer anderen Freiheitsentziehung nicht ausgeschlossen.
(1) Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten verhängt das Gericht nur, wenn besondere Umstände, die in der Tat oder der Persönlichkeit des Täters liegen, die Verhängung einer Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter oder zur Verteidigung der Rechtsordnung unerläßlich machen.
(2) Droht das Gesetz keine Geldstrafe an und kommt eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten oder darüber nicht in Betracht, so verhängt das Gericht eine Geldstrafe, wenn nicht die Verhängung einer Freiheitsstrafe nach Absatz 1 unerläßlich ist. Droht das Gesetz ein erhöhtes Mindestmaß der Freiheitsstrafe an, so bestimmt sich das Mindestmaß der Geldstrafe in den Fällen des Satzes 1 nach dem Mindestmaß der angedrohten Freiheitsstrafe; dabei entsprechen dreißig Tagessätze einem Monat Freiheitsstrafe.
Kann nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob in der Straftat eines Jugendlichen schädliche Neigungen von einem Umfang hervorgetreten sind, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der Richter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit aussetzen.
(1) Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.
(2) Die allgemeinen Vorschriften gelten nur, soweit in diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist.
(1) Die Jugendstrafe ist Freiheitsentzug in einer für ihren Vollzug vorgesehenen Einrichtung.
(2) Der Richter verhängt Jugendstrafe, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld Strafe erforderlich ist.
Kann nach Erschöpfung der Ermittlungsmöglichkeiten nicht mit Sicherheit beurteilt werden, ob in der Straftat eines Jugendlichen schädliche Neigungen von einem Umfang hervorgetreten sind, daß eine Jugendstrafe erforderlich ist, so kann der Richter die Schuld des Jugendlichen feststellen, die Entscheidung über die Verhängung der Jugendstrafe aber für eine von ihm zu bestimmende Bewährungszeit aussetzen.
(1) Die Kosten des Verfahrens hat der Angeklagte insoweit zu tragen, als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen derer er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung im Sinne dieser Vorschrift liegt auch dann vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht.
(2) Sind durch Untersuchungen zur Aufklärung bestimmter belastender oder entlastender Umstände besondere Auslagen entstanden und sind diese Untersuchungen zugunsten des Angeklagten ausgegangen, so hat das Gericht die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten. Dies gilt namentlich dann, wenn der Angeklagte wegen einzelner abtrennbarer Teile einer Tat oder wegen einzelner von mehreren Gesetzesverletzungen nicht verurteilt wird. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für die notwendigen Auslagen des Angeklagten. Das Gericht kann anordnen, dass die Erhöhung der Gerichtsgebühren im Falle der Beiordnung eines psychosozialen Prozessbegleiters ganz oder teilweise unterbleibt, wenn es unbillig wäre, den Angeklagten damit zu belasten.
(3) Stirbt ein Verurteilter vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, so haftet sein Nachlaß nicht für die Kosten.
Im Verfahren gegen einen Jugendlichen kann davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen.
(1) Von den Vorschriften über das Jugendstrafverfahren (§§ 43 bis 81a) sind im Verfahren gegen einen Heranwachsenden die §§ 43, 46a, 47a, 50 Absatz 3 und 4, die §§ 51a, 68 Nummer 1, 4 und 5, die §§ 68a, 68b, 70 Absatz 2 und 3, die §§ 70a, 70b Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2, die §§ 70c, 72a bis 73 und 81a entsprechend anzuwenden. Die Bestimmungen des § 70a sind nur insoweit anzuwenden, als sich die Unterrichtung auf Vorschriften bezieht, die nach dem für die Heranwachsenden geltenden Recht nicht ausgeschlossen sind. Die Jugendgerichtshilfe und in geeigneten Fällen auch die Schule werden von der Einleitung und dem Ausgang des Verfahrens unterrichtet. Sie benachrichtigen den Staatsanwalt, wenn ihnen bekannt wird, daß gegen den Beschuldigten noch ein anderes Strafverfahren anhängig ist. Die Öffentlichkeit kann ausgeschlossen werden, wenn dies im Interesse des Heranwachsenden geboten ist.
(2) Wendet der Richter Jugendstrafrecht an (§ 105), so gelten auch die §§ 45, 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 2 und 3, Abs. 2, 3, §§ 52, 52a, 54 Abs. 1, §§ 55 bis 66, 74 und 79 Abs. 1 entsprechend. § 66 ist auch dann anzuwenden, wenn die einheitliche Festsetzung von Maßnahmen oder Jugendstrafe nach § 105 Abs. 2 unterblieben ist. § 55 Abs. 1 und 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Entscheidung im beschleunigten Verfahren des allgemeinen Verfahrensrechts ergangen ist. § 74 ist im Rahmen einer Entscheidung über die Auslagen des Antragstellers nach § 472a der Strafprozessordnung nicht anzuwenden.
(3) In einem Verfahren gegen einen Heranwachsenden findet § 407 Abs. 2 Satz 2 der Strafprozeßordnung keine Anwendung.