Kündigungsrecht: Auflösungsantrag beendet Arbeitsverhältnis nicht sofort

bei uns veröffentlicht am25.03.2015
Zusammenfassung des Autors
Das Arbeitsverhältnis besteht auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag angekündigt hat, über den das Arbeitsgericht noch nicht entschieden hat.
Hierauf hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln hingewiesen. Auch wenn die Auflösung rückwirkend erfolgen kann, ändere dies nichts an dem Umstand, dass das Gericht die Auflösung nicht lediglich feststellt, sondern das Arbeitsverhältnis durch Urteil erst auflöst. Dies bedeute, dass das Arbeitsverhältnis und damit die sich aus ihm ergebenden wechselseitigen Pflichten bestehen, solange das Arbeitsverhältnis nicht durch (rechtskräftiges) gestaltendes Urteil des Arbeitsgerichts aufgelöst ist.

Die Entscheidung im Einzelnen lautet:

LAG Köln, Urteil vom 12.11.2014, (Az.: 5 Sa 420/14)-

Das Arbeitsverhältnis besteht auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag angekündigt hat, über den das Arbeitsgericht noch nicht entschieden hat. Auch wenn die Auflösung rückwirkend erfolgen kann, ändert dies nichts an dem Umstand, dass das Gericht die Auflösung nicht lediglich feststellt, sondern das Arbeitsverhältnis durch Urteil erst auflöst. Dies bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis und damit die sich aus ihm ergebenden wechselseitigen Pflichten bestehen, solange das Arbeitsverhältnis nicht durch gestaltendes Urteil des Arbeitsgerichts aufgelöst ist.

Daher ist ein Arbeitnehmer auch dann, wenn er einen Auflösungsantrag mit Tatsachenvortrag verknüpft hat, zur Arbeitsleistung verpflichtet, solange über den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein rechtskräftiges Urteil noch nicht vorliegt.

Ein Urteil eines LAG, das vom BAG aufgehoben worden ist, ist nicht divergenzfähig.


Tatbestand

Die Parteien streiten über die zum 31. Januar 2013 von der Klägerin angestrebte Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 11. Juni 2013.

Die am...1969 geborene Klägerin ist bei der Beklagten seit dem 6. Dezember 2004 als Reinigungskraft beschäftigt. Wegen des Inhalts des Arbeitsvertrages, der in § 7 eine Versetzungsklausel enthält, wird auf die Kopie Bl. 6 ff. d. A. Bezug genommen.

Die Beklagte setzte die Klägerin im C -C in K -C ein. Der Kunde der Beklagten kündigte den Auftrag zum 31. Dezember 2012. Dies nahm die Beklagte zum Anlass, allen in dem Objekt eingesetzten Mitarbeitern zum 31. Dezember 2012 zu kündigen. Auch die Klägerin erhielt am 12. Oktober 2012 eine auf den 8. Oktober 2012 datierte Kündigung zum 31. Dezember 2012. Hiergegen hat sie Kündigungsschutzklage erhoben. Sie ist ab dem 2. Januar 2013 bei der Nachfolgefirma der Beklagten in dem Objekt beschäftigt worden.

Die Beklagte hat mit außergerichtlichem Schreiben vom 5. Februar 2013 gegenüber der Klägerin erklärt, sie leitete aus der Kündigung keine Rechte mehr her. Sie forderte die Klägerin auf, ihre Tätigkeit in einem Objekt in D aufzunehmen. Hierfür solle sie sich mit der zuständigen Mitarbeiterin Frau T telefonisch in Verbindung setzen. Der Inhalt des zwischen der Klägerin und Frau T geführten Telefonats ist zwischen den Parteien streitig.

Die Beklagte hat ebenfalls am 5. Februar 2013 den Kündigungsschutzantrag anerkannt. Die Klägerin hat am 19. Februar 2013 Teilanerkenntnisurteil beantragt und einen Auflösungsantrag angekündigt. Das am 21. Februar 2013 erlassene Teilanerkenntnisurteil ist der Beklagten am 22. März 2013 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 25. März 2013 hat die Beklagte Rechtsmittelverzicht erklärt.

Die Klägerin hat ihre Tätigkeit in D. auch nach Rechtskraft des Teilanerkenntnisurteils nicht aufgenommen. Mit Schreiben vom 17. Mai 2013 hat die Beklagte die Klägerin abgemahnt. Auf den Inhalt der Abmahnung wird Bezug genommen.

Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis erneut mit Schreiben vom 11. Juni 2013, welches die Klägerin am 13. Juni 2013 erhielt, fristlos, hilfsweise fristgerecht, gekündigt. Der gegen die Wirksamkeit dieser Kündigung gerichtete Antrag ist am 4. Juli 2013 beim Arbeitsgericht eingegangen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten sei ihr unzumutbar. Sie habe sie und die anderen Arbeitnehmer vorsätzlich über das Vorliegen eines Kündigungsgrundes getäuscht, indem sie den unzutreffenden Eindruck erweckt habe, eine Umsetzung komme nicht in Betracht. Die Beklagte führe an ihrem „Stammgericht“ in Nürnberg massenweise Verfahren nach demselben Muster. Wer sich gegen eine Kündigung wehre, erhalte postwendend die Rücknahme der Kündigung und die Aufforderung zur Arbeitsaufnahme. Zudem habe sich die Beklagte nach dem Ausspruch der Kündigung nicht mehr um sie gekümmert. In dem Telefonat habe Frau T ihr erklärt, sie wisse überhaupt nicht, worum es gehe. Sie habe keinen Bedarf und könne ihr keine Arbeit zuweisen. Die Kündigung vom 11. Juni 2013 sei formunwirksam, weil sie nicht ordnungsgemäß unterschrieben worden sei.

Die Klägerin hat beantragt:

1. Auf Antrag der Klägerin wird das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst.

2. Als Auflösungszeitpunkt wird der 31.01.2013 festgestellt.

3. Die Beklagte wird verurteilt, eine angemessene, der Höhe nach in das Ermessen des Gerichtes gestellte Abfindung zu bezahlen.

4. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten vom 11.06.2013, zugegangen am 13.06.2013, nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, der Auflösungsantrag der Klägerin sei nicht unverzüglich gestellt worden. Zudem bestehe kein Grund für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Der Wegfall des bisher von der Klägerin innegehabten Arbeitsplatzes sei unstreitig. Die Klägerin sei an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht interessiert gewesen, weil sie sogleich bei der Nachfolgefirma weiterbeschäftigt worden sei. In dem Telefonat mit Frau T habe die Klägerin erklärt, sie habe wegen des langen Arbeitsweges kein Interesse, ihre Arbeit in D aufzunehmen.

Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 18. März 2014 teilweise stattgegeben. Während es den Auflösungsantrag abgewiesen hat, hat es dem Kündigungsschutzantrag stattgegeben. Gegen das ihr am 15. April 2014 zugestellte erstinstanzliche Urteil hat die Beklagte am 12. Mai 2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 15. Juli 2014 am 14. Juli 2014 begründet. Die Berufungsbegründung ist der Klägerin am 30. Juli 2014 zugestellt worden. Sie hat am Montag, dem1. September 2014, Anschlussberufung eingelegt und diese sogleich begründet.

Die Beklagte ist nach wie vor der Auffassung, die Kündigung sei wirksam. Die Klägerin sei nach der Rechtskraft des Teilanerkenntnisurteils verpflichtet gewesen, ihre Arbeit in D. aufzunehmen. Sie habe die Möglichkeit gehabt, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nach § 12 KSchG zu beenden. Da sie dies unterlassen habe, habe das Arbeitsverhältnis ungeachtet des Auflösungsantrages mit allen Rechten und Pflichten fortbestanden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.03.2014- 10 Ca 8475/12 - teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen;

2. das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 18.03.2014 - 10 Ca 8475/12 - teilweise abzuändern und das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.01.2013 gegen Zahlung einer Abfindung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, den Betrag von 6.974,00 € aber nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Eintritt der Rechtskraft des Abfindungsurteils aufzulösen.

Die Beklagte beantragt,

die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin hält an ihrem Vortrag fest, die Beklagte spreche systematisch Kündigungen aus, die sie zurücknehme, wenn der Arbeitnehmer Klage erhebe. Das Arbeitsgericht habe insoweit die Anforderungen an ihre Darlegungslast überspannt. Der Beklagte sei es nur darum gegangen, sich aus Kostengründen nach dem Verlust des Objekts in K -C taggenau zum 31. Dezember 2012 ihrer Arbeitnehmer zu entledigen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze, die eingereichten Unterlagen sowie die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.


Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 ArbGG statthaft und wurde gemäß §§ 66 Abs. 1 Satz 1, 64 Abs. 6 Satz 1 und 5 ArbGG, §§ 519 und 520 ZPO frist- und formgerecht eingelegt und begründet. Gleiches gilt für die Anschlussberufung der Klägerin.

Das Rechtsmittel der Klägerin ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung erkannt, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufzulösen war. Dagegen ist die Berufung der Beklagten begründet. Die außerordentliche Kündigung vom 11. Juni 2013 ist wirksam. Die Klägerin hat ihre Arbeit beharrlich verweigert, weil sie nicht bereit war, trotz Arbeitsaufforderung und anschließender Abmahnung die ihr zugewiesenen Arbeiten in D zu verrichten. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts und des LAG Rheinland-Pfalz war die Klägerin nicht wegen des von ihr angekündigten Auflösungsantrags zur Arbeitsverweigerung berechtigt.

Das Arbeitsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung angenommen, dass der Auflösungsantrag der Klägerin nach § 9 Abs. 1 KSchG unbegründet ist.

Das Berufungsgericht folgt insoweit den Gründen der angefochtenen Entscheidung und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG insoweit von der Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Der Umstand, dass die Kammer anders als das Arbeitsgericht von einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem11. Juni 2013 ausgeht, rechtfertigt ebenso wenig eine andere Betrachtung wie die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsinstanz.

Der Klägerin ist zwar Recht zu geben, dass der Beklagten die Rechtswidrigkeit der Kündigung vom 8. Oktober 2012 schon bei ihrem Ausspruch erkennbar war. Sie hat offensichtlich die Kündigungsfrist nicht eingehalten. Vor allem aber hätte sie der Klägerin schon zum damaligen Zeitpunkt eine andere Beschäftigung anbieten müssen.

Dieser Gesichtspunkt allein rechtfertigt indes nicht die Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass die Kündigung nicht ohne jeglichen Anlass erfolgt ist. Sie geht auf den unstreitigen Auftragsverlust in dem Objekt in K -C zurück. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte den Kündigungsschutzantrag im arbeitsgerichtlichen Verfahren anerkannt und sich damit wenigstens zu einem späteren Zeitpunkt rechtskonform verhalten hat. Von einem systematischen Vorgehen der Beklagten kann mangels konkreten Sachvortrags der Klägerin zu diesem Punkt nicht ausgegangen werden.

Die außerordentliche Kündigung vom 11. Juni 2013 ist wirksam. Sie genügt der Schriftform. Sie ist aus wichtigem Grund ausgesprochen worden. Die Klägerin hat trotz vorheriger Abmahnung beharrlich ihre Arbeit verweigert.

Die Kündigung vom 11. Juni 2013 ist formwirksam. Sie ist ordnungsgemäß unterschrieben.

Die in § 623 BGB angeordnete Schriftform der Kündigung soll Rechtssicherheit für die Vertragsparteien und eine Beweiserleichterung im Rechtsstreit bewirken. Durch das in § 126 Abs. 1 BGB vorgesehene Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift wird der Aussteller der Urkunde erkennbar. Die Unterschrift stellt eine unzweideutige Verbindung zwischen der Urkunde und dem Aussteller her. Der Erklärungsempfänger erhält die Möglichkeit zu überprüfen, wer die Erklärung abgegeben hat und ob die Erklärung echt ist. Das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift verlangt nicht, dass unmittelbar bei Abgabe der schriftlichen Erklärung für den Erklärungsempfänger die Person des Ausstellers feststehen muss. Dieser soll nur identifiziert werden können. Hierzu bedarf es nicht der Lesbarkeit des Namenszugs. Vielmehr genügt ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender Schriftzug, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, welche die Nachahmung erschweren. Ein lesbarer Zusatz des Namens des Unterzeichnenden wird von § 126 BGB nicht verlangt. Der Schriftzug muss sich als Wiedergabe eines Namens darstellen und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Die Unterschrift ist vom Handzeichen abzugrenzen. Auch das Gesetz unterscheidet in § 126 Abs. 1 BGB zwischen einer Namensunterschrift und einem Handzeichen; letzteres wahrt die Schriftform nur im Falle notarieller Beglaubigung. Für die Abgrenzung zwischen Unterschrift und Handzeichen ist das äußere Erscheinungsbild maßgeblich; der Wille des Unterzeichnenden ist nur von Bedeutung, soweit er in dem Schriftzug seinen Ausdruck gefunden hat.

Nach diesen Grundsätzen ist die Kündigung vom 11. Juni 2013 als formwirksam anzusehen. Der Schriftzug unter der Kündigungserklärung erfüllt die an eine Unterschrift zu stellenden Anforderungen.
Sie ist von der Personalleiterin K unterschrieben worden. Die Unterschrift ist zwar von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet, sie lässt aber erkennen, dass die Absicht bestand, nicht nur mit einer Paraphe, sondern mit dem vollständigen Namen zu unterzeichnen. Der Klägerin war die Identität der unterzeichnenden Person auch durch den Erhalt vorheriger Schriftstücke bekannt, so dass sich für insoweit keine Zweifel ergeben konnten. Zudem ist unter der Unterschrift das Wort „Personalleitung“ aufgeführt.

Für die außerordentliche Kündigung vom 11. Juni 2013 besteht ein Kündigungsgrund. Sie ist durch eine wichtigen Grund gedeckt.

Die am Maßstab des § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmende Prüfung einer außerordentlichen Kündigung hat zweistufig zu erfolgen. Zunächst ist zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls an sich geeignet, ist, einen wichtigen Kündigungsgrund abzugeben. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und der Abwägung der Interessen beider Vertragsteile bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht.

In Fällen einer sogenannten „beharrlichen Arbeitsverweigerung“ ist in aller Regel eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt. Die beharrliche Arbeitsverweigerung setzt nach der Rechtsprechung des BAG in der Person des Arbeitnehmers im Willen eine Nachhaltigkeit voraus. Der Arbeitnehmer muss die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten wollen. Dabei genügt es nicht, dass der Arbeitnehmer eine Weisung unbeachtet lässt. Die beharrliche Arbeitsverweigerung setzt vielmehr voraus, dass eine intensive Weigerung des Arbeitnehmers vorliegt. Das Moment der Beharrlichkeit kann auch darin zu sehen sein, dass der Arbeitnehmer in einem einmaligen Falle eine Anweisung nicht befolgt. Dies muss dann jedoch regelmäßig durch eine vorhergehende, erfolglose Abmahnung verdeutlicht worden sein.

Das Arbeitsgericht und das LAG Rheinland-Pfalz haben angenommen, ein Arbeitnehmer, der einen Auflösungsantrag mit Tatsachenvortrag verknüpfe, sei nicht verpflichtet, einer Arbeitsaufforderung des Arbeitgebers zu folgen, wenn und solange über den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses ein rechtskräftiges Urteil noch nicht vorliege. Jedenfalls begehe er keine beharrliche Arbeitsverweigerung, wenn er sich im Stadium der Ungewissheit, ob seinem Auflösungsverlangen durch das Gericht entsprochen werde, weigere, einer Arbeitsaufforderung nachzukommen.

Die Kammer teilt diese Auffassung nicht. Die Begründung des LAG Rheinland-Pfalz, der Arbeitgeber, der eine unwirksame Kündigung ausgesprochen habe, habe es nicht in der Hand, durch Rücknahme einer Kündigung oder Anerkenntnis des Kündigungsschutzantrags die Wirkungen eines unverändert fortbestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Folge herbeizuführen, dass der Arbeitnehmer zur Arbeitsaufnahme verpflichtet sei, vermag nicht zu überzeugen. Zutreffend ist sie insoweit, als sie annimmt, dass der Arbeitgeber die Wirkungen einer Kündigung nicht durch die Erklärung ihrer Rücknahme beseitigen kann. Anders verhält es sich, wenn er ein prozessuales Anerkenntnis erklärt und daraufhin ein Anerkenntnisurteil ergeht. Mit dem Eintritt der Rechtskraft des Anerkenntnisurteils steht fest, dass das Arbeitsverhältnis, solange kein anderer Beendigungstatbestand geltend gemacht wird, fortbesteht.

Das Arbeitsverhältnis besteht auch dann fort, wenn der Arbeitnehmer einen Auflösungsantrag angekündigt hat, über den das Arbeitsgericht noch nicht entschieden hat. Auch wenn die Auflösung rückwirkend erfolgen kann, ändert dies nichts an dem Umstand, dass das Gericht die Auflösung nicht lediglich feststellt, sondern das Arbeitsverhältnis durch Urteil erst auflöst. Dies bedeutet, dass das Arbeitsverhältnis und damit die sich aus ihm ergebenden wechselseitigen Pflichten bestehen, solange das Arbeitsverhältnis nicht durch gestaltendes Urteil des Arbeitsgerichts aufgelöst ist. In diesem Sinne hat das BAG in der Entscheidung vom 27. April 2006 ausgeführt, mit der Rechtskraft des Urteils sei das Arbeitsverhältnis zu dem festgelegten Zeitpunkt aufgelöst.

Maßgebend für die Frage, ob das Verhalten des Arbeitnehmers eine beharrliche Arbeitsverweigerung und damit eine erhebliche Vertragspflichtverletzung darstellt, ist die objektive Rechtslage. Der Arbeitnehmer kann sich einem vertragsgemäßen Verlangen des Arbeitgebers nicht dadurch - vorläufig - entziehen, dass er ein gerichtliches Verfahren zur Klärung der umstrittenen Frage einleitet. Verweigert der Arbeitnehmer die geschuldete Arbeitsleistung in der Annahme, er handele rechtmäßig, hat grundsätzlich er selbst das Risiko zu tragen, dass sich seine Rechtsauffassung als fehlerhaft erweist.

Unverschuldet ist ein Rechtsirrtum nur, wenn sie mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Es reicht nicht aus, dass sich die betreffende Partei ihre eigene Rechtsauffassung nach sorgfältiger Prüfung und sachgemäßer Beratung gebildet hat.

Die bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden Umstände lassen sich nicht abschließend für alle Fälle festlegen. Zunächst kommt der Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen beanstandungsfreiem Bestand ein besonderes Gewicht zu. Ferner können das Bestehen einer Wiederholungsgefahr, das Maß der dem Arbeitgeber entstandenen Schädigung und auch die Frage in Betracht zu ziehen sein, ob dem Verhalten des Arbeitnehmers eine besondere Verwerflichkeit innewohnt. Auch Unterhaltspflichten und der Familienstand können - je nach Lage des Falles - Bedeutung gewinnen. Sie sind jedenfalls nicht von vornherein von der Berücksichtigung ausgeschlossen. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind.

Danach erweist sich die Kündigung vom 11. Juni 2013 als wirksam.

Die Klägerin hat ihre Pflicht zur Arbeitsaufnahme beharrlich verweigert. Sie war nach der Rechtskraft des Teilurteils verpflichtet, ihre Hauptleistungspflicht , die in der Erbringung der Arbeitsleistung besteht, wieder zu erfüllen.

Der Umstand, dass sie einen Auflösungsantrag angekündigt hatte, führt nicht zu der Annahme, dass die Hauptleistungspflichten aus dem Arbeitsverhältnis suspendiert waren. Sie bestanden vielmehr fort, weil über den Auflösungsantrag noch nicht und auch nicht zu ihren Gunsten entschieden worden war.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, sie habe sich in einem Rechtsirrtum befunden. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sie sich gar nicht auf einen Rechtsirrtum berufen hat. Sie hat nicht geltend gemacht, sie habe die Arbeit deswegen nicht aufgenommen, weil sie der irrigen Auffassung gewesen sei, wegen des Auflösungsantrags hierzu nicht verpflichtet zu sein. Sie hat die Arbeit in D vielmehr deswegen nicht angetreten, weil sie hierzu wegen des Arbeitsverhältnisses mit der Nachfolgefirma der Beklagten nicht in der Lage war. Im Übrigen hätte die Klägerin bei einem gegebenen Rechtsirrtum das Risiko zu tragen, dass sich ihre Rechtsauffassung als fehlerhaft erweist.

Die Interessenabwägung fällt zulasten der Klägerin aus. Das Interesse der Beklagten, das Arbeitsverhältnis sofort zu beenden, überwiegt das Bestandsinteresse der Klägerin. Die Beklagte war nicht auf ein milderes Mittel als den Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung zu verweisen.

Dabei hat die Kammer zugunsten der Klägerin berücksichtigt, dass das Arbeitsverhältnis mehrere Jahre beanstandungsfrei verlaufen ist. Zu ihren Lasten hat sich dagegen ausgewirkt, dass sie auch nach der Rechtskraft des Teilurteils keine Bereitschaft mehr gezeigt hat, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten auch tatsächlich fortzuführen. Sie hat nach der Rechtskraft des Teilurteils weder ihre Arbeitskraft angeboten noch auf die ausgesprochene Abmahnung reagiert. Damit hat sie deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie nicht mehr für die Beklagte arbeiten wollte. Der Beklagten war es nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis mit einer Arbeitnehmerin fortzusetzen, die ihre Hauptleistungspflicht dauerhaft nicht mehr erbringen wollte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i. V.m. § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen. Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung, weil die Entscheidung auf den besonderen Umständen des Einzelfalls beruht. Eine Zulassung wegen Divergenz war schon deswegen nicht angezeigt, weil das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz vom 7. April 2005 vom BAG aufgehoben worden und damit nicht mehr divergenzfähig ist.

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Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, ist jedoch der Arbeitnehmer inzwischen ein neues Arbeitsverhältnis eingegangen, so kann er binnen einer Woche nach der Rechtskraft des Urteils durch Erklärung gegenüber dem alten Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei diesem verweigern. Die Frist wird auch durch eine vor ihrem Ablauf zur Post gegebene schriftliche Erklärung gewahrt. Mit dem Zugang der Erklärung erlischt das Arbeitsverhältnis. Macht der Arbeitnehmer von seinem Verweigerungsrecht Gebrauch, so ist ihm entgangener Verdienst nur für die Zeit zwischen der Entlassung und dem Tag des Eintritts in das neue Arbeitsverhältnis zu gewähren. § 11 findet entsprechende Anwendung.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die Frist für die Einlegung der Berufung beträgt einen Monat, die Frist für die Begründung der Berufung zwei Monate. Beide Fristen beginnen mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Berufung muß innerhalb einer Frist von einem Monat nach Zustellung der Berufungsbegründung beantwortet werden. Mit der Zustellung der Berufungsbegründung ist der Berufungsbeklagte auf die Frist für die Berufungsbeantwortung hinzuweisen. Die Fristen zur Begründung der Berufung und zur Berufungsbeantwortung können vom Vorsitzenden einmal auf Antrag verlängert werden, wenn nach seiner freien Überzeugung der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn die Partei erhebliche Gründe darlegt.

(2) Die Bestimmung des Termins zur mündlichen Verhandlung muss unverzüglich erfolgen. § 522 Abs. 1 der Zivilprozessordnung bleibt unberührt; die Verwerfung der Berufung ohne mündliche Verhandlung ergeht durch Beschluss des Vorsitzenden. § 522 Abs. 2 und 3 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung.

(1) Die Berufung wird durch Einreichung der Berufungsschrift bei dem Berufungsgericht eingelegt.

(2) Die Berufungsschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird;
2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde.

(3) Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.

(4) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsschrift anzuwenden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.

(1) Stellt das Gericht fest, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, ist jedoch dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, so hat das Gericht auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen. Die gleiche Entscheidung hat das Gericht auf Antrag des Arbeitgebers zu treffen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber können den Antrag auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses bis zum Schluß der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz stellen.

(2) Das Gericht hat für die Auflösung des Arbeitsverhältnisses den Zeitpunkt festzusetzen, an dem es bei sozial gerechtfertigter Kündigung geendet hätte.

(1) Das Urteil nebst Tatbestand und Entscheidungsgründen ist von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben. § 60 Abs. 1 bis 3 und Abs. 4 Satz 2 bis 4 ist entsprechend mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Frist nach Absatz 4 Satz 3 vier Wochen beträgt und im Falle des Absatzes 4 Satz 4 Tatbestand und Entscheidungsgründe von sämtlichen Mitgliedern der Kammer zu unterschreiben sind.

(2) Im Urteil kann von der Darstellung des Tatbestandes und, soweit das Berufungsgericht den Gründen der angefochtenen Entscheidung folgt und dies in seinem Urteil feststellt, auch von der Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen werden.

(3) Ist gegen das Urteil die Revision statthaft, so soll der Tatbestand eine gedrängte Darstellung des Sach- und Streitstandes auf der Grundlage der mündlichen Vorträge der Parteien enthalten. Eine Bezugnahme auf das angefochtene Urteil sowie auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen ist zulässig, soweit hierdurch die Beurteilung des Parteivorbringens durch das Revisionsgericht nicht wesentlich erschwert wird.

(4) § 540 Abs. 1 der Zivilprozessordnung findet keine Anwendung. § 313a Abs. 1 Satz 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass es keiner Entscheidungsgründe bedarf, wenn die Parteien auf sie verzichtet haben; im Übrigen sind die §§ 313a und 313b der Zivilprozessordnung entsprechend anwendbar.

Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen.

(1) Ist durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben, so muss die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden.

(2) Bei einem Vertrag muss die Unterzeichnung der Parteien auf derselben Urkunde erfolgen. Werden über den Vertrag mehrere gleichlautende Urkunden aufgenommen, so genügt es, wenn jede Partei die für die andere Partei bestimmte Urkunde unterzeichnet.

(3) Die schriftliche Form kann durch die elektronische Form ersetzt werden, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt.

(4) Die schriftliche Form wird durch die notarielle Beurkundung ersetzt.

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.

(1) Gegen die Urteile der Arbeitsgerichte findet, soweit nicht nach § 78 das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde gegeben ist, die Berufung an die Landesarbeitsgerichte statt.

(2) Die Berufung kann nur eingelegt werden,

a)
wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist,
b)
wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt,
c)
in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder
d)
wenn es sich um ein Versäumnisurteil handelt, gegen das der Einspruch an sich nicht statthaft ist, wenn die Berufung oder Anschlussberufung darauf gestützt wird, dass der Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe.

(3) Das Arbeitsgericht hat die Berufung zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
die Rechtssache Rechtsstreitigkeiten betrifft
a)
zwischen Tarifvertragsparteien aus Tarifverträgen oder über das Bestehen oder Nichtbestehen von Tarifverträgen,
b)
über die Auslegung eines Tarifvertrags, dessen Geltungsbereich sich über den Bezirk eines Arbeitsgerichts hinaus erstreckt, oder
c)
zwischen tariffähigen Parteien oder zwischen diesen und Dritten aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des Arbeitskampfs oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt, oder
3.
das Arbeitsgericht in der Auslegung einer Rechtsvorschrift von einem ihm im Verfahren vorgelegten Urteil, das für oder gegen eine Partei des Rechtsstreits ergangen ist, oder von einem Urteil des im Rechtszug übergeordneten Landesarbeitsgerichts abweicht und die Entscheidung auf dieser Abweichung beruht.

(3a) Die Entscheidung des Arbeitsgerichts, ob die Berufung zugelassen oder nicht zugelassen wird, ist in den Urteilstenor aufzunehmen. Ist dies unterblieben, kann binnen zwei Wochen ab Verkündung des Urteils eine entsprechende Ergänzung beantragt werden. Über den Antrag kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(4) Das Landesarbeitsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(5) Ist die Berufung nicht zugelassen worden, hat der Berufungskläger den Wert des Beschwerdegegenstands glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides Statt darf er nicht zugelassen werden.

(6) Für das Verfahren vor den Landesarbeitsgerichten gelten, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt, die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Berufung entsprechend. Die Vorschriften über das Verfahren vor dem Einzelrichter finden keine Anwendung.

(7) Die Vorschriften der §§ 46c bis 46g, 49 Abs. 1 und 3, des § 50, des § 51 Abs. 1, der §§ 52, 53, 55 Abs. 1 Nr. 1 bis 9, Abs. 2 und 4, des § 54 Absatz 6, des § 54a, der §§ 56 bis 59, 61 Abs. 2 und 3 und der §§ 62 und 63 über den elektronischen Rechtsverkehr, Ablehnung von Gerichtspersonen, Zustellungen, persönliches Erscheinen der Parteien, Öffentlichkeit, Befugnisse des Vorsitzenden und der ehrenamtlichen Richter, Güterichter, Mediation und außergerichtliche Konfliktbeilegung, Vorbereitung der streitigen Verhandlung, Verhandlung vor der Kammer, Beweisaufnahme, Versäumnisverfahren, Inhalt des Urteils, Zwangsvollstreckung und Übersendung von Urteilen in Tarifvertragssachen gelten entsprechend.

(8) Berufungen in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses sind vorrangig zu erledigen.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.