Arbeitsrecht: Keine fristlose Kündigung wegen Telefonanrufs bei Gewinnspielhotline

published on 29/05/2018 11:59
Arbeitsrecht: Keine fristlose Kündigung wegen Telefonanrufs bei Gewinnspielhotline
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Der Anruf bei einer Gewinnspielhotline rechtfertigt keine fristlose Kündigung, wenn dem Arbeitnehmer private Telefonate gestattet sind, deren Umfang aber nicht klar festgelegt ist – BSP Rechtsanwälte – Anwältin für Arbeitsrecht Berlin.

So entschied das Landesarbeitsgericht Düsseldorf im Fall einer Bürokauffrau in einem Kleinbetrieb. Ihr Aufgabenbereich umfasste unter anderem die Kontrolle der eingehenden Rechnungen und das Einscannen derselben. Überweisungen durfte sie nicht vornehmen. Den Mitarbeitern war es gestattet, über die Telefonanlage des Arbeitgebers private Anrufe zu tätigen, ohne diese zu bezahlen. Der Anruf bei kostenpflichtigen Sonderrufnummern war weder ausdrücklich genehmigt noch ausdrücklich untersagt. Die Frau rief in ihrer Arbeitspause mehrfach bei der Hotline eines lokalen Radiosenders an. Jeder Anruf für das Gewinnspielspiel „Das geheimnisvolle Geräusch“ kostete 0,50 Euro. Die Telefonrechnung wies für den Monat 37 Einheiten für Sonderrufnummern aus. Die Frau scannte die Rechnung ein, ohne auf die Anrufe bei dem Gewinnspiel hinzuweisen. Die Rechnungen wurden per Lastschrift eingezogen. Nachdem dem Geschäftsführer die 37 Einheiten aufgefallen waren, sprach er die Frau darauf an. Sie antwortete, dass aufgrund der Einzelverbindungsnachweise herauszufinden sein müsse, wer angerufen habe. Am nächsten Morgen räumte sie die Anrufe bei der Gewinnspielhotline ein und bot an, einen Betrag von 18,50 Euro zu erstatten. Drei Tage später kündigte der Arbeitgeber der Frau fristlos und hilfsweise fristgerecht.

 

Ebenso wie das Arbeitsgericht Wesel hat das LAG die fristlose Kündigung für unwirksam erachtet. Es liegt zwar eine Pflichtverletzung vor. Auch wenn das private Telefonieren am Arbeitsplatz gestattet ist, ist es pflichtwidrig, diese Genehmigung dazu zu benutzen, um bei einer kostenpflichtigen Gewinnspielhotline anzurufen. Die Pflichtverletzung hatte zur Überzeugung der Kammer in diesem Fall aber nicht das Gewicht, um eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Der Verschuldensvorwurf bei der Frau sei gemindert, da der Umfang der Privatnutzung betrieblich nicht geregelt war. Zu berücksichtigen war weiter, dass die Anrufe in den Arbeitspausen erfolgten. Daher sei nicht von einem Arbeitszeitbetrug auszugehen. Der Arbeitgeber hatte zudem weder vor dem Arbeitsgericht noch vor der erkennenden Kammer die genaue Anzahl der getätigten Anrufe ausreichend dargelegt.

 

Die ordentliche Kündigung der Frau stand nicht im Streit und war von ihr nicht mehr angegriffen.

 

Das Landesarbeitsgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 16.09.2015 (12 Sa 630/15) folgendes entschieden:

 

Gestattet ein Arbeitgeber den Arbeitnehmern auf seine Kosten privat zu telefonieren, bezieht sich diese Erlaubnis auch ohne ausdrückliche Einschränkung nicht darauf, auf Kosten des Arbeitgebers bei einer Gewinnspielhotline anzurufen.

Trotz der gegebenen Pflichtverletzung war aufgrund der vorgenommenen Interessenabwägung die alleine noch streitige fristlose Kündigung unwirksam.

 

Tenor:

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 13.05.2015 - 3 Ca 393/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Gerichtskosten erster Instanz der Klägerin zu 60 % und der Beklagten zu 40% auferlegt werden.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

Die Revision wird nicht zugelassen.


Tatbestand


Die Parteien streiten noch über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung.


Die Klägerin war bei der Beklagten, welche regelmäßig weniger als zehn Arbeitnehmer beschäftigt, seit dem 01.02.2014 auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 01.02.2014 als Bürokauffrau mit einem monatlichen Bruttogehalt von zuletzt 2.600,00 Euro beschäftigt. Sie wurde gemäß § 4 des Arbeitsvertrags vor allem mit folgenden Tätigkeiten beschäftigt: "Büroorganisation, Bearbeitung der Eingangspost, Unterstützung bei der Finanzbuchhaltung, Personalabrechnung, Führung Kassenbuch, Archivierung von Belegen". Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Arbeitsvertrag Bezug genommen.


Im Rahmen ihrer Tätigkeit war die Klägerin unter anderem dafür zuständig, bei der Beklagten eingehende Rechnungen zu kontrollieren und diese einzuscannen. Die Klägerin war nicht berechtigt, die Überweisung des Rechnungsbetrages zu veranlassen. Hierzu waren lediglich der Geschäftsführer der Beklagten und dessen Ehefrau befugt. Die Klägerin verrichtete ihre Tätigkeit in einem Einzelbüro in den Räumen der Beklagten, welches an das Büro des Geschäftsführers unmittelbar angrenzte. Während ihrer Arbeit stand die Tür zu ihrem Büro stets offen. Der Klägerin war es, wie den anderen Mitarbeitern der Beklagten, gestattet, über die Telefonanlage der Beklagten auch private Anrufe zu tätigen, ohne diese gesondert bezahlen zu müssen. Eine Genehmigung, auch kostenpflichtige Sonderrufnummern in Anspruch zu nehmen, hatte die Beklagte nicht erteilt, dies aber auch nicht ausdrücklich untersagt.


Im Monat Januar 2015 tätigte die Klägerin in den Arbeitspausen mehrere Anrufe bei der Gewinnspielhotline eines lokalen Radiosenders im Rahmen des Gewinnspiels "Das geheimnisvolle Geräusch". Hierbei wurde sie jeweils zu Beginn eines jeden Telefonats darauf hingewiesen, dass für den Anruf Kosten in Höhe von 0,50 Euro pro Anruf anfallen. Im Jackpot befanden sich seinerzeit 26.000,00 Euro. Nachdem die Telefonrechnung für den Monat Januar 2015 bei der Beklagten eingegangen war, scannte die Klägerin diese ein, ohne auf die von ihr getätigten Anrufe bei dem Gewinnspiel hinzuweisen. Die Beklagte hatte gegenüber dem Telefonanbieter einen Lastschrifteinzug vereinbart, so dass es keiner Überweisung seitens der Beklagten bedurfte. Nachdem dem Geschäftsführer der Beklagten aufgefallen war, dass auf der Telefonrechnung 37 Einheiten für die Inanspruchnahme von Sonderrufnummern ausgewiesen waren, sprach er die Klägerin am 19.02.2015 darauf an. Die Klägerin wies darauf hin, dass herauszufinden sein müsse, wer die Anrufe getätigt habe, da über einen Einzelverbindungsnachweis die Anrufe der konkreten Nebenstelle der Telefonanlage zuzuweisen seien. Am 20.02.2015 teilte die Klägerin unmittelbar nach Eintreffen des Geschäftsführers in den Büroräumen diesem mit, dass sie Anrufe bei der Gewinnspielhotline getätigt habe. Sie bot an, einen Betrag von 18,50 Euro zu erstatten.


Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 23.02.2015, das der Geschäftsführer der Klägerin am 23.02.2015 persönlich aushändigte, fristlos und hilfsweise fristgerecht zum 31.03.2015.


Die Klägerin hat behauptet, keine besondere Vertrauensposition in der Hierarchie der Beklagten eingenommen zu haben. Sie habe als Sachbearbeiterin Kreditorenrechnungen anhand von Lieferscheinen kontrolliert. Lag ein Lieferschein nicht vor, habe sie die eingehenden Rechnungen nur per Ansicht grob geprüft und in das System der Beklagten eingescannt. Die letzte Prüfung der Rechnungen sei immer durch die Ehefrau des Geschäftsführers erfolgt.


Sie hat eingeräumt, die kostenpflichtige Gewinnspielnummer gewählt zu haben, wobei sie bestritten hat, dies 37mal getan zu haben. Wie oft sie angerufen habe, könne sie nicht mehr sagen. Die Telefonrechnung habe nicht die konkrete Nummer ausgewiesen, sondern lediglich zusammengefasst alle Sondernummern. Die Rechnung habe sich zudem auf alle zehn Telefonapparate der Beklagten bezogen, von denen jedoch nicht alle stets besetzt waren. Es sei daher möglich, dass auch andere Mitarbeiter Sonderrufnummern gewählt hätten. Auch im Rahmen der betrieblich bedingten Tätigkeiten, seien zum Teil kostenpflichtige Hotlines, z.B. bei Händlern, anzurufen gewesen.


Die Anrufe seien stets bei offener Tür durchgeführt worden. Auch im Nachhinein habe sie nicht vorgehabt, die Anrufe zu verheimlichen. Sie habe am 19.02.2015 lediglich nicht daran gedacht, dass die Position der Sonderrufnummern mit dem Gewinnspielanrufen zusammenhänge. Als ihr dies am Abend des 19.02.2015 wieder eingefallen sei, habe sie am 20.02.2015 unmittelbar den Geschäftsführer darauf hingewiesen.


Die Klägerin hat mit der am 24.02.2014 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 26.02.2015 zugestellten Klage ursprünglich beantragt, festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 23.02.2015 beendet wurde, sondern mindestens bis zum 31.03.2015 fortbesteht.


Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die fristlose Kündigung vom 23.02.2015 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 31.03.2015 fortbestanden hat.


Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.


Die Beklagte hat gemeint, sie habe zu Recht fristlos gekündigt. Der Klägerin sei ein schwerwiegender Pflichtverstoß vorzuwerfen. Sie hat hierzu behauptet, die Klägerin habe eine besonders herausgehobene Position in ihrer Hierarchie eingenommen. Sie habe sämtliche Rechnungen auf ihre sachliche Richtigkeit prüfen müssen. Soweit die Klägerin nicht auf die Unrichtigkeit einer Rechnung hingewiesen habe, habe die Geschäftsführung keine Möglichkeit mehr gehabt, die weitere Abwicklung der Rechnungsbegleichung zu unterbinden. Auch aufgrund der Tatsache, dass der Klägerin ein Einzelbüro zugewiesen gewesen sei, habe sie die Klägerin nicht kontrollieren können. Ihr Geschäftsführer habe der Klägerin dadurch einen erheblichen Vertrauensvorschuss entgegengebracht.


Dieses Vertrauen habe die Klägerin missbraucht, indem sie auf Kosten der Beklagten an dem Gewinnspiel teilnahm. Sie habe dieses Vertrauen bewusst und heimlich sowie in Kenntnis der Rechtswidrigkeit ihres Handelns missbraucht und die Beklagte mit den Kosten belastet, denn sie hätte die Anrufe auch mit ihrem eigenen Mobiltelefon tätigen können. Die Anrufe habe sie heimlich getätigt, weil sie ein Einzelbüro hatte und sie davon ausgegangen sei, dass dies nicht auffalle, weil sie selbst die Telefonrechnungen kontrolliere. Das Fehlverhalten werde noch dadurch verstärkt, dass die Klägerin, nachdem dem Geschäftsführer die Inanspruchnahme der Sonderrufnummern aufgefallen sei, zunächst überrascht getan und geäußert habe, es müsse doch herauszubekommen sein, von welchem Apparat die Anrufe getätigt worden seien. Erst als klar gewesen sei, dass sie ihr Fehlverhalten nicht mehr verbergen könne, habe sie dieses am 20.02.2015 eingeräumt.


Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die außerordentliche Kündigung ohne vorangegangene Abmahnung im konkreten Fall unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien nicht gerechtfertigt sei. Gegen das ihr am 01.06.2015 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.06.2015 Berufung eingelegt und diese am 29.07.2015 begründet.


Die Beklagte verweist erneut darauf, dass die Klägerin in einer besonderen Vertrauensstellung gearbeitet habe, weil sie die Telefonrechnungen kontrollierte habe. Wäre ihr Geschäftsführer nicht auf die Idee gekommen, die Telefonrechnungen zu kontrollieren, wäre der Pflichtenverstoß der Klägerin wohl nie aufgefallen. Das Gericht habe zudem nicht berücksichtigt, dass die Klägerin ausgeführt habe, ihren Festnetzanschluss deshalb zu benutzen, weil es durch die Wiederholungstaste einfacher, sei den Sender zu erreichen. Außerdem sei der Anruf über die private Mobilnummer deutlich teurer. Darauf, dass lediglich Mehrkosten in Höhe von 18,50 Euro angefallen seien, könne es nicht ankommen. Maßgeblich sei, dass die Klägerin die ihr zugewiesene Kontrollfunktion ausgenutzt habe, indem sie die streitige Telefonrechnung zum Lastschrifteinzug freigegeben habe. Hätte sie loyal gehandelt, hätte sie sofort Kontakt mit der Beklagten aufnehmen und die Kosten privat erstatten können. Letztlich habe die Klägerin mit Verdeckungsabsicht gehandelt und es auch bei dem Gespräch am 19.02.2015 nicht für erforderlich gehalten, ihr Fehlverhalten einzuräumen. Dies sei erst am nächsten Tag geschehen, als die Gewissenbisse wohl zu stark geworden seien. Zu diesem Zeitpunkt sei das Vertrauensverhältnis zur Klägerin aber bereits zerstört gewesen. Die Klägerin habe auch nie bestritten, selbst die 37 Anrufe getätigt zu haben. Angesichts der Gewinnerwartung von 26.000,00 Euro könne die Klägerin nicht damit gehört werden, dass ihr ihr Fehlverhalten am 19.02.2015 nicht präsent gewesen sei. Letztlich habe die Klägerin so gehandelt, als wenn sie regelmäßig eine Firmenkreditkarte missbraucht habe.


Zur Anzahl der Anrufe behauptet die Beklagte zuletzt, die Klägerin habe eingeräumt, zehnmal und an einem anderen Tag noch einmal bei dem Gewinnspiel angerufen zu haben. Es hätten aber auch insgesamt 29 Anrufe sein können.


Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 13.05.2015 abzuändern und die Klage abzuweisen.


Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.


Sie verteidigt das Urteil des Arbeitsgerichts. Sie behauptet erneut, dass sie bezüglich der Telefonrechnungen keine Vertrauensstellung inne gehabt habe. Telefonabrechnungen habe sie in keiner Weise nachprüfen können, weil es keine Einzelverbindungsnachweise gegeben habe. Es sei auch regelmäßig vorgekommen, dass Sonderrufnummer angerufen worden seien, wie z.B. die Auskunft. Sie habe auch nicht vorgehabt, dem Geschäftsführer der Beklagten zu verschweigen, dass sie die Sonderrufnummern gewählt habe. Sie habe überhaupt nicht gewusst, ob der Geschäftsführer oder seine Ehefrau die Telefonrechnungen durchsieht oder nicht. Die Anrufe habe sie auch nicht heimlich durchgeführt; sich dabei im Übrigen schlicht nichts dabei gedacht. Am 19.02.2015 habe sie gar nicht mehr an die Gewinnspielteilnahme gedacht. Bei einer Verdeckungsabsicht hätte sie dem Geschäftsführer auch nicht vorgeschlagen, Einzelgesprächsnachweise einzuholen. Außerdem habe sie sehr wohl bestritten, alle 37 Anrufe getätigt zu haben. Letztlich habe sie erlaubter Weise die Anrufe getätigt und sei aus freien Stücken am 20.02.2015 zum Geschäftsführer gegangen.


Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen Bezug genommen.


Entscheidungsgründe


Die zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.


Die Berufung ist unbegründet, weil das Arbeitsgericht der zuletzt nur noch auf die fristlose Kündigung bezogenen, rechtzeitig erhobenen Kündigungsschutzklage zu Recht stattgegeben hat. Das Arbeitsverhältnis ist durch die fristlose Kündigung vom 23.02.2015 nicht aufgelöst worden, sondern hat erst mit der nicht mehr angegriffenen ordentlichen Kündigung zum 31.03.2015 sein Ende gefunden. Die außerordentliche Kündigung vom 23.02.2015 hat das Arbeitsverhältnis nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst, weil sie unwirksam ist. Es liegt kein zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigender wichtiger Grund gemäß § 626 Abs. 1 BGB vor.


Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und bei Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände "an sich", d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht.


Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkung einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber angesichts der Gesamtumstände sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam, wenn schon eine ordentliche Kündigung geeignet war, das Risiko künftiger Störungen zu vermeiden.


In Anwendung dieser Umstände ist kein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB gegeben. Es liegt zwar eine Pflichtverletzung vor, die auch an sich als Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht kommt. Unter Würdigung der konkreten Umstände des Falles fiel die Interessenabwägung aber zu Gunsten der Klägerin aus.


Die Klägerin hat pflichtwidrig gehandelt, indem sie mehrfach bei der kostenpflichtigen Gewinnspielhotline "Das geheimnisvolle Geräusch" angerufen hat.


Richtig ist allerdings, dass die Beklagte den Arbeitnehmer in ihrem Betrieb das private Telefonieren gestatte, ohne dass diese die Telefonate zu bezahlen hatten. Es ist allerdings auch so, dass es zum Anruf von kostenpflichtigen Sonderrufnummern keine Regelung gab. Dies war weder ausdrücklich verboten noch ausdrücklich erlaubt. Dies ist im Termin nochmals erörtert worden und so von der Beklagten bestätigt worden. Damit liegt kein Fall vor, in welchem ein Arbeitnehmer privat telefoniert und die Telefonate entgegen einer ausdrücklichen betrieblichen Regelung nicht abrechnet, was an sich ein Grund für eine außerordentliche Kündigung sein kann.


Gleichwohl liegt eine Pflichtverletzung der Klägerin vor, die an sich geeignet ist, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. So kommen umfangreiche, unerlaubt und heimlich geführte Privattelefonate auf Kosten des Arbeitgebers als wichtiger Grund für eine Kündigung in Betracht. Ein ausdrückliches Verbot des privaten Telefonierens bestand zwar nicht. Dieses war vielmehr erlaubt. Auch gab es keine ausdrückliche Regelung zu den Anrufen bei kostenpflichtigen Sonderrufnummern. Gleichwohl war den Arbeitnehmern erkennbar, dass jedenfalls der Anruf bei einer kostenpflichtigen Gewinnspielhotline von der Gestattung zum privaten Telefonieren nicht umfasst war. Die Pflichtwidrigkeit liegt hier - ebenso wie bei der privaten Nutzung des Internets - in der privaten Nutzung der von der Arbeitgeberin zur Verfügung gestellten Telefonanschlusses als solches, weil dadurch der Arbeitgeberin zusätzliche Kosten entstehen und der Arbeitnehmer die Betriebsmittel unberechtigt in Anspruch nimmt. Das Merkmal der unberechtigten Nutzung kann sich nicht nur aus einem ausdrücklichen Verbot, sondern auch konkludent ergeben. So kann z.B. eine Betriebsvereinbarung aus dem Jahre 1991, welche das private Telefonieren im Nahbereich gestattete, betreffend einen Fall aus dem Jahr 2008 dahingehend ausgelegt werden, dass das Telefonieren in ein Mobilfunknetz nicht erlaubt ist. Es kann sich zur Überzeugung der Kammer aber auch bereits aus der gewählten Nummer bzw. dem angerufenen Dienst ergeben, dass angesichts der damit verbundenen Kosten und der Art der in Anspruch genommenen Dienstleistung dieser Anruf nicht mehr von der Gestattung umfasst ist, so dass grundsätzlich auch ohne vorherige Abmahnung eine fristlose Kündigung in Betracht kommt 1773/04, NZA-RR 2006, 353 Rn. 36 f [LAG Hamm 30.05.2005 - 8 Sa 1773/04] ür die Anwahl von 0190-Nummern; zur Anwahl einer Gewinnspielhotline und ordentlichen Kündigung s. a. LAG Rheinland-Pfalz 16.12.2005 - 8 Sa 719/05, LAGE § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 90a Rn. 26). Genau dies ist bei einem Anruf bei einer Gewinnspielhotline wie "dem geheimnisvollen Geräusch" der Fall. Ein solcher Anruf unterscheidet sich von gewöhnlichen Telefonanrufen, die letztlich darauf hinauslaufen, ein Gespräch zu führen. Die Anwahl der Gewinnspielhotline unterscheidet sich aber auch von anderen kostenpflichtigen Sonderrufnummern, wie z.B. dem kostenpflichtigen Anruf der Auskunft. Letztlich kauft der Anrufer bei dem Gewinnspiel "Das geheimnisvolle Geräusch" eine Gewinnchance. Jeder Anruf kostet 0,50 Euro und zwar auch dann, wenn der Teilnehmer nur bis zum Anrufbeantworter gelangt und nicht in die Sendung durchgestellt wird, um das Geräusch zu erraten und zu gewinnen. Dadurch erzielt der Veranstalter des Gewinnspiels Einnahmen, die letztlich auch zur Finanzierung des ausgeschütteten Gewinns herangezogen werden können. Bei der Anwahl des Gewinnspiels setzt der Arbeitnehmer mithin über die nicht von ihm, sondern vom Arbeitgeber bezahlten Telefonkosten die Mittel des Arbeitgebers ein, um wie bei einer Lotterie - hier durch Erraten des Geräusches - einen Gewinn zu erzielen. Ein Arbeitnehmer, dem das private kostenfreie Telefonieren am Arbeitsplatz erlaubt ist, kann erkennen, dass der Arbeitgeber ihm nicht auch die kostenfreie Möglichkeit zugestehen will, auf seine Kosten mittels eines Telefonanrufs bei einem Gewinnspiel teilzunehmen.


Ergänzend ist anzumerken, dass sich in diesem Fall kein Pflichtverstoß daraus ergibt, dass die Klägerin die Anrufe während der Arbeitszeit tätigte. Die Klägerin hat - wie das Arbeitsgericht bereits in seinem Tatbestand festgestellt hat -, während der Arbeitspausen die Anrufe bei der Gewinnspielhotline getätigt. Die Kammer hat im Termin mitgeteilt, dass sie ebenfalls keinen Anlass hat, davon auszugehen, dass die Telefonate während der Arbeitszeit getätigt worden sind und einen solchen Pflichtverstoß nicht annehmen kann. Weiterer Sachvortrag der Beklagten ist dazu nicht erfolgt. Das Anrufen bei dem Gewinnspiel "Das geheimnisvolle Geräusch" führt bei der Rückverfolgung der Anrufe nicht zu einer Rufschädigung der Beklagten. Diese Wertung der Kammer, die bereits das Arbeitsgericht ausgeführt hat, ist den Parteien in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt worden. Weiterer Sachvortrag ist nicht erfolgt.


Trotz der gegebenen Pflichtverletzung ist die außerordentliche Kündigung unwirksam. Das Kündigungsrecht kennt keinen absoluten Kündigungsgrund. Die Interessenabwägung fiel im konkreten Fall in Anwendung der zu A.II. dargestellten Grundsätze unter Würdigung der von den Parteien vorgebrachten Umstände zu Gunsten der Klägerin aus. Dies ergibt sich insbesondere aus Folgendem: Die Kammer verkennt zunächst nicht die relativ kurze Beschäftigungszeit der Klägerin, die ihr Arbeitsverhältnis bei der Beklagten erst am 01.02.2014 begonnen hatte. Sie unterstellt zu Gunsten der Beklagten auch die der Klägerin von dieser zugeschrieben Vertrauensstellung insbesondere im Hinblick auf die Kontrolle der Rechnungen, d.h. auch der Telefonrechnungen. Gleichwohl wirkt der Pflichtenverstoß der Klägerin zur Überzeugung der Kammer nicht so schwer, dass es der Beklagten nicht zumutbar gewesen wäre, die Klägerin bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. Der Grad des Verschuldens wirkt nicht so schwer, dass eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses geboten ist. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass den Arbeitnehmern bei der Beklagten das kostenfreie Telefonieren gestattet war und es zu den Anrufen von Sonderrufnummern keine Regeln gab. Es ist richtig, dass die Kammer davon ausgeht, dass es der Klägerin erkennbar war, dass sie bei dem Gewinnspiel nicht anrufen durfte. Daraus folgt aber nicht, dass ihr Verhalten vorsätzlich und beharrlich gewesen wäre.. Von einem vorsätzlichen und beharrlichen Verhalten der Klägerin ist nicht auszugehen. Dagegen spricht, dass das konkrete Maß der erlaubten Telefonnutzung von der Beklagten nicht eindeutig präzisiert worden ist. Konkrete Regeln, welche Privattelefonate erlaubt waren, gab es nicht. Auch wenn der Anruf bei einer privaten Gewinnspielhotlinie sich von einem "normalen" Telefongespräch unterscheidet, so bleibt es letztlich doch ein getätigter Telefonanruf. Hinzu kommt, dass selbst die Anwahl von Sonderrufnummern nicht vollständig ausgenommen sein sollte, wie z.B. der Anruf bei der Auskunft zeigt. Darauf hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung hingewiesen. Dass ein solcher Anruf nicht erlaubt gewesen wäre, hat die Beklagte insoweit nicht ausgeführt. Sie hat vielmehr darauf abgestellt, dass von all diesen Anrufen der Anruf bei einer Gewinnspielhotline zu unterscheiden sei, weil letztlich "auf Kosten des Arbeitgebers ein Los gekauft werde". Dies trifft - wie oben ausgeführt - zu, führt aber nicht dazu, dass seitens der Klägerin Vorsatz oder beharrliches und bewusstes Handeln zu Lasten der Beklagten anzunehmen ist. Die Klägerin kann sich - wie sie ausgeführt hat - bei dem Anruf bei der Hotline angesichts der unklaren Weisungslage betreffend die private Telefonnutzung schlicht nichts gedacht haben. Auch aus den übrigen Umständen lässt sich kein heimliches oder vorsätzliches Handeln mit Schädigungsabsicht zu Lasten der Beklagten ableiten. Aus den Umständen, dass die Klägerin ein Einzelbüro hatte und - entsprechend dem unterstellten Sachvortrag der Beklagten - die Telefonrechnungen zu kontrollieren hatte, ergibt sich nichts anderes. Wenn sie sich bei den Anrufen schlicht nichts gedacht hat und angesichts der unklaren Weisungslage allenfalls fahrlässig zu Unrecht davon ausgegangen ist, die Anrufe tätigen zu dürfen, ergibt sich aus den Umständen, dass diese aus einem Einzelbüro getätigt wurden und dass die Klägerin die Telefonrechnungen nicht sofort beanstandete und sie aus Bequemlichkeit, um die schnellere Wahlwiederholung anstelle ihres Handys beim Festnetz zu nutzen oder weil die Anrufe über das Handy teurer waren - worauf die Beklagte hingewiesen hat -, nichts anderes. Es mag sein, dass sie bei Zweifeln die Beklagte hätte fragen können, ob solche Anrufe wirklich auch von der Genehmigung zum privaten Telefonieren gedeckt seien. Vorsätzliches oder beharrliches Handeln lässt sich damit in der konkreten Situation indes nicht begründen. Entgegen der Ansicht der Beklagten kann aus dem Verhalten der Klägerin bei der ersten Ansprache nichts anderes abgeleitet werden. Ein auf Verheimlichung gerichteter Vorsatz ergibt sich aus der von ihr am 19.02.2015 dem Geschäftsführer gegebenen Antwort nicht. Es ist angesichts des Zeitablaufs trotz der Gewinnsumme von 26.000.00 Euro nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin sich an die Anrufe nicht erinnerte. Gegen eine Verheimlichungsabsicht spricht auch, dass sie den Geschäftsführer darauf hinwies, dass durch Einholen der Einzelverbindungsnachweise herauszufinden sein müsse, wer die Anrufe getätigt hatte. Es ist ebenfalls nicht auszuschließen, dass die Klägerin sich dann erinnerte, dass sie die Anrufe getätigt hatte und am nächsten Morgen aus diesem Grunde - und nicht weil sie ihr Gewissen plagte, so die Beklagte - dem Geschäftsführer mitteilte, die Anrufe getätigt zu haben und die Erstattung von 18,50 Euro anbot. Eine fehlende Unrechtseinsicht wird so ebenfalls nicht dokumentiert. Zu beachten ist weiter, dass die Anrufe während der Arbeitspausen erfolgten, so dass bei der erforderlichen Gesamtwürdigung nicht auch noch ein Arbeitszeitverstoß hinzu kam. Das wirtschaftliche Gewicht des Verstoßes wiegt unter Berücksichtigung der bereits genannten Umstände ebenfalls noch nicht so schwer, dass es der Beklagten nicht zumutbar war, das Arbeitsverhältnis bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzusetzen. Dabei ist unerheblich ob die Klägerin alle Anrufe getätigt hat oder vielleicht nur 29, wie die Beklagte im Termin ausgeführte. Selbst bei 31 Anrufen und Würdigung, dass dann auch 31 Mal angerufen worden ist, sind unter Berücksichtigung des Maßes des Verschuldens weder die wirtschaftlichen Folgen noch der bewirkte Vertrauensverlust so gravierend, dass eine sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt ist. Angesichts der nicht eindeutigen Regelung zu den Privattelefonaten begründet auch der Aspekt der Widerholungsgefahr zur Überzeugung der Kammer keinen Umstand, der zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anlass gibt. Insgesamt ergibt sich unter Würdigung aller genannten Umstände, dass es der Beklagten nicht unzumutbar war, das Arbeitsverhältnis jedenfalls bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist fortzuführen. Daran ändern die weiteren von der Beklagten vorgebrachten Argumente und die von ihr angezogenen Entscheidungen nichts. Maßgeblich bleibt insoweit die Würdigung des konkret von der Kammer zu entscheidenden Sachverhalts.


Die Kostenentscheidung betreffend das Berufungsverfahren beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Sie war abzuändern, weil die Klägerin die Kündigung zunächst insgesamt als fristlose und fristgerechte angegriffen hat. Der ursprüngliche Antrag lautete dahingehend, dass das Arbeitsverhältnis mindestens bis zum 31.03.2015 fortbesteht und in der Klagebegründung ist ausgeführt, dass ein Kündigungsgrund auch für die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung nicht ersichtlich sei. Die Klägerin hat dann im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht die Klage betreffend die ordentliche Kündigung konkludent zurückgenommen und sich nur noch gegen die außerordentliche Kündigung gewandt. Dementsprechend war sie an den Gerichtskosten erster Instanz nach dem Maß ihrer Klagerücknahme zu beteiligen. Darauf sind die Parteien im Termin hingewiesen worden. Weiterer Sachvortrag ist nicht erfolgt.


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Tenor

1.Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wesel vom 13.05.2015 - 3 Ca 393/15 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Gerichtskosten erster Instanz der Klägerin zu 60 % und der Beklagten zu 40% auferlegt werden.

2.Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Beklagten auferlegt.

3.Die Revision wird nicht zugelassen.


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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

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b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.

(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.

(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.

(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.