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| Die Berufung ist zulässig; sie wurde insbesondere innerhalb der zuletzt bis 31.07.2008 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. |
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| Die Zulässigkeit der von der Klägerin erhobenen (negativen) Feststellungsklage (vgl. § 43 VwGO) folgt bereits aus der Bindungswirkung des rechtskräftig gewordenen, nach § 109 VwGO zulässigen Zwischenurteils vom 17.07.2007 (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 512 ZPO). |
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| Das Verwaltungsgericht hat die negative Feststellungsklage zu Unrecht abgewiesen, da durch den „Riedgraben-Durchlass“ bei Inkrafttreten des Straßengesetzes mangels nachweisbarer Widmung kein öffentlicher Weg geführt hat, der als solcher hätte fortbestehen können. |
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| Zu den öffentlichen Wegen i.S. des § 2 Abs. 1 StrG zählen neben den nach Inkrafttreten des Straßengesetzes gewidmeten Wegen - zu diesen gehört der in Rede stehende Weg ersichtlich nicht (vgl. §§ 5 Abs. 1 u. 6, 55 StrG) - auch solche Wege, die bei Inkrafttreten des Straßengesetzes am 01.07.1964 bereits vorhanden waren. Dass die dahingehende Regelung des § 57 Abs. 1 StrG a.F. bei der Neufassung des Straßengesetzes durch das Gesetz vom 26.09.1987 (GBl. S. 478) ersatzlos gestrichen worden ist, bedeutet nicht, dass damit diese Straßen ihre Eigenschaft als öffentliche Straßen verlieren sollten. Vielmehr ist die Streichung lediglich erfolgt, weil eine Übergangsregelung für alte Wege als nicht mehr erforderlich angesehen wurde. |
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| Bis zum Inkrafttreten des Straßengesetzes war es in Baden Voraussetzung für einen öffentlichen Weg, dass eine erkennbare Wegeanlage vorhanden war, der Weg für den Gemeingebrauch (ausdrücklich oder stillschweigend) gewidmet und auch in dieser Weise benutzt wurde sowie in einer rechtlichen Beziehung zu einem wegebaupflichtigen Verband stand. Soweit eine Widmung nicht nachweisbar war, wurde sie durch unvordenkliche Verjährung vermutet, sofern der Weg nachweislich 40 Jahre lang vor Inkrafttreten des Straßengesetzes als öffentlicher Weg benutzt wurde und für die vorausgegangenen 40 Jahre eine gegenteilige Erinnerung nicht feststellbar ist (vgl. Senatsurt. v. 22.10.1991 - 5 S 189/90 -, v. 17.12.1992 - 5 S 315/90 -, v. 30.04.2008 – 5 S 2858/06 -). Allerdings sind im Hinblick auf den mit der Annahme eines öffentlichen Weges auf privatem Grundeigentum verbundenen Eingriff in die Rechtsstellung des Eigentümers hohe Anforderungen an den Nachweis des Vorliegens der Voraussetzungen einer Widmung kraft unvordenklicher Verjährung zu stellen mit der Folge, dass im Zweifel nicht von der Existenz eines öffentlichen Weges ausgegangen werden kann (vgl. Senatsurt. v. 20.08.1991 - 5 S 2473/89 -, VBlBW 1992, 144 m.w.N.; auch BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009 - 1 BvR 3478/08 -). Danach hat bei Inkrafttreten des Landesstraßengesetzes durch den streitgegenständlichen Durchlass kein öffentlicher Weg geführt. |
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| Davon, dass nicht nur bei Inkrafttreten des Straßengesetzes, sondern auch in dem für das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung maßgeblichen Zeitraum eine Wegeanlage vorhanden war, ist allerdings auszugehen. So ist bereits in der - allerdings nur als topografische Karte zu wertenden (vgl. amtliche Auskunft des Landratsamts Konstanz v. 23.10.2009) - Karte Jakob Hebers von Radolfzell von 1708 ein vom Bodensee kommender Weg eingetragen, der entlang der Gemarkungsgrenze zu Markelfingen in nordwestlicher Richtung führt und den seinerzeit noch auf der späteren Bahntrasse über das Ried nach Markelfingen führenden, möglicherweise sogar ausdrücklich für den Gemeingebrauch gewidmeten Feldweg kreuzt. Dass ein solcher auch noch nach Errichtung der Bahnstrecke dort verlief, folgt aus dem Bauwerksplan von 1861. Abgesehen davon, dass dieser mit „Durchgang und Dohlen …“ überschrieben ist, wurde der „Durchlass“ so geplant, dass oberhalb einer 0,18 m dicken Abdeckung eines 0,71 m tiefen Kanals ein 1,50 m breiter und 1,90 bis 2,08 hoher lichter Raum geschaffen wurde (vgl. die entsprechenden Längs- und Querschnitte); lediglich zu dessen Beginn (und Ende) weist dieser - offenbar aufgrund von Querverstärkungen - eine geringere Höhe auf (vgl. die Ansicht). Dass dadurch Menschen ein Durchgehen ermöglicht werden sollte, liegt auf der Hand. Hätte mit dem Bauwerk lediglich eine Weiterführung des Riedgrabens in Richtung Bodensee erreicht werden sollen, hätte es einer solchen, für den Durchgang von Menschen ohne Weiteres geeigneten Ausführung ersichtlich nicht bedurft. Dafür, dass das Bauwerk abweichend ausgeführt, insbesondere der Kanal erst 1910 mittels Betonplatten abgedeckt worden wäre, fehlt es an jeglichen Anhaltspunkten. Solches folgt insbesondere nicht aus der erst einen wesentlich späteren Zeitraum betreffenden Aussage des Zeugen Fr. vor dem Verwaltungsgericht, wonach man vor Einbringung zweier Röhren und deren Überdeckung mit Kies und Brettern Ende der 80er Jahre nur beidseits des Kanals habe entlang gehen können. So mag die mutmaßlich durch Sandstein-Platten hergestellte Abdeckung irgendwann infolge Verwitterung in Wegfall geraten sein. Auch der Umstand, dass die beidseits der Bahnlinie angelegten Entwässerungsgräben unmittelbar vor dem mutmaßlichen Weg enden, mag schließlich für die Existenz einer querenden Wegeanlage sprechen. Dass sich im Wasserbuch und voraussichtlich auch in den beim Landratsamt Konstanz noch vorhandenen Abschriften der Einträge in das vormalige Wasserrechtsbuch (in der dritten Abteilung, „B-Buch“) keine den Riedgraben betreffende Eintragungen befinden, stellt das Vorhandensein eines durch den „Riedgraben-Durchlass“ führenden Weges als solchen nicht in Frage (zur Beweiskraft entsprechender Eintragungen ungeachtet der Vorschrift des § 21 Abs. 3 bzw. § 24 Abs. 3 des Wassergesetzes (WG) vom 26.06.1899 bzw. vom 12.04.1913 vgl. Wiener, Das bad. Wasserrecht, Ergänzungsband zur 2. A. „Das bad. Wasserrecht“ von Schenkel, 1913). Die Führung von Wasserrechtsbüchern war im Wassergesetz vom 25.08.1876 (Reg.Bl. S. 233 ff.) ohnehin noch nicht vorgesehen. Nach § 21 bzw. § 24 WG vom 26.06.1899 (GVBl. S. 309) bzw. 12.04.1913 (GVBl. S. 250) i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 16 Abs. 1 c der Verordnung v. 12.04.1913 zum Vollzug des Wassergesetzes (GVBl. S. 311) wäre zwar auch eine „Überbrückung“ i. S. des § 91 bzw. 99 Abs. 3 WG bzw. des Art. 86 Abs. 1 WG 1876 einzutragen gewesen, soweit diese nicht - wofür hier manches spricht - ohnehin nur von geringer Bedeutung gewesen war (§ 14 Abs. 3 der Verordnung). Nach der Anweisung der Oberdirection des Wasser- und Straßenbaus vom 15.01.1900 sollte damit freilich noch zugewartet werden. Auch wurden in der Folge in erster Linie nur die seither neu geschaffenen (ab 05.12.1904 begründeten) Rechtsverhältnisse eingetragen (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 der Verordnung); es wurde lediglich angestrebt, mit der Zeit auch die älteren Rechtsverhältnisse nachzutragen (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 der Verordnung; vgl. v. Bayer/Ehrenberg, Das badische Wasserrecht, 1951, S. 79). Insofern bot das (infolge von Kriegseinwirkungen ohnehin im Original zerstörte) Wasserrechtsbuch von vornherein kein lückenloses Bild. Abgesehen davon erscheint zweifelhaft, ob das Bauwerk „Durchgang und Dohlen“ bei seiner Errichtung bereits genehmigungspflichtig war; maßgeblich dürften insofern nämlich die vor Inkrafttreten des Wassergesetzes 1876 noch einschlägigen Landrechtssätze gewesen sein (vgl. Schenkel, Bad. Wasserrecht, 1877). Dass schließlich in den seinerzeit entstandenen Plänen - weder im „Uebersichts-Plan“ der Gemarkung Radolfzell von 1875 noch in den Plänen Nr. 9 - auch nicht im Detailplan - und 11 zum Gemarkungsatlas von Radolfzell bzw. Markelfingen noch in den entsprechenden Handrissen 27 und 14 bzw. Katasterplänen von 1863 bzw. 1865 ein querender Weg eingetragen ist, ändert an dem tatsächlichen Befund ebenso wenig etwas, sondern ist ersichtlich auf den rechtlichen Charakter des Weges zurückzuführen. So sind im „Uebersichtsplan“ von 1875 lediglich Güter- und Vicinalwege, im Gemarkungsatlas darüber hinaus lediglich noch (öffentliche bzw. gemeinschaftlich benutzte) Fußpfade eingetragen (vgl. die jeweiligen Zeichenerklärungen). Dass auch bei Inkrafttreten des Straßengesetzes noch von der Existenz einer die Bahnlinie querenden, nach Aussage des Zeugen auch ohne aufgelegte Platten begehbaren Wegeanlage auszugehen war, erhellt nicht nur aus dieser Zeugenaussage, sondern auch aus neueren Luftbildern (AS 327/329 der VG-Akten), auf denen immer noch ein in nordwestlicher Richtung verlaufender sowie ein weiterer, zur „Amrisweiler Straße“ führender Weg zu erkennen sind, die beide vom streitgegenständlichen Durchlass wegführen. Dass jene noch vor dem Durchlass nach Westen und nicht nach Südosten weiterführten, liegt demgegenüber fern. Dass der Durchlass infolge eingebrachten bzw. eingeschwemmten Materials zuletzt eine geringere lichte Höhe aufgewiesen haben mag, änderte an dem Vorhandensein einer begehbaren Wegeanlage nichts. |
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| Dass (auch) der durch den „Riedgraben-Durchlass“ führende Weg für den Gemeingebrauch gewidmet war, lässt sich jedoch nicht feststellen. Davon kann für die vormals badischen Landesteile schon deshalb nicht ohne Weiteres ausgegangen werden kann, weil nach §§ 1, 2 Nr. 1 des Gesetzes die Einteilung, Anlage und Unterhaltung der öffentlichen Wege betreffend, vom 14.01.1868 (Reg.Bl. S. 13 ff.) bzw. §§ 1, 6 des Straßengesetzes vom 14.06.1884 (GVBl. S. 285) nur die einem „allgemeinen Verkehr“ dienenden Wege als Gemeindewege öffentlichen Charakter hatten. Bei Feldwegen - wie er auch hier in Rede steht - war dies regelmäßig nicht der Fall (vgl. auch § 55 StrG). Bei diesen handelte es sich vielmehr regelmäßig um als Privatwege zu qualifizierende Interessentenwege (vgl. Senatsurt. v. 18.04.1984 - 5 S 1411/82 -, BWGZ 1984, 478, u. v. 17.04.1980 - V 3260/78 - m.w.N.). |
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| Dass es sich bei dem durch den „Riedgraben-Durchlass“ führenden Weg ursprünglich um einen von Bauern genutzten Feldweg handelte, folgt zwar nicht aus der Verfügung des großherzoglichen Bezirksamts vom 15.10.1859, weil diese sich ersichtlich nur auf den seinerzeit noch auf der Bahntrasse verlaufenden (nach dem neuen Sachvortrag der Beklagten möglicherweise sogar ausdrücklich gewidmeten) Feldweg über das Ried (nach Markelfingen) bezogen hatte, der im Zuge des Eisenbahnbaus nördlich der Bahn als Parallelweg neu hergestellt (vgl. hierzu Schreiben der großherzoglichen Badischen Domänenverwaltung an großherzogliches Bezirksamt v. 07.07.1863, Schreiben des großherzoglichen Bezirksamts v. 20.03.1863 an den Markelfinger Gemeinderat) und der Gemeinde Markelfingen „überwiesen“ worden war (vgl. Schreiben v. 22.04.1863 an das Bürgermeisteramt Markelfingen). Es ist jedoch, worauf der Historiker St. in seiner Ausarbeitung (AS 335 ff., 477 ff. der VG-Akten) überzeugend hingewiesen hat, davon auszugehen, dass auch der streitgegenständliche Weg ursprünglich von den Reichenauer Bauern benutzt worden war, um - ggf. über den Riedweg - zu ihren nördlich der Bahn liegenden Grundstücken gelangen und diese bewirtschaften bzw. das gemähte Schilf bzw. Streuheu von dort zur Verschiffung nach Niederzell (Reichenau) bringen zu können. Dass der Weg aufgrund der Höhe und Breite des „Durchlasses“ nicht mit von Tieren gezogenen Fuhrwerken benutzt werden konnte, steht dem nicht entgegen, da eine sinnvolle landwirtschaftliche Nutzung gleichwohl möglich war. So erfolgte ein Transport üblicherweise auf Handkarren (vgl. die Ausführungen des Historikers St., AS 335). Dass ein Bauwerk lediglich für landwirtschaftliche Zwecke nicht so aufwendig bzw. ästhetisch ausgeführt worden wäre, stellt eine bloße Vermutung dar, deren Richtigkeit sich nicht belegen lässt. Auch daraus, dass das Bauwerk genau auf der Gemarkungsgrenze errichtet und der Empfang einer Kopie des Bauwerksplans von einem Vertreter der Beklagten bescheinigt wurde, kann nicht ohne Weiteres geschlossen werden, dass es sich nur um einen gemeindlichen Fußweg gehandelt haben konnte, zumal nicht zu erkennen wäre, inwiefern ein solcher seinerzeit bereits einem allgemeinen Verkehr gedient haben könnte. So kam die Bebauung am Riedweg bzw. an der „Reichenauer Straße“ im Wesentlichen erst in den 1950er Jahren hinzu. Der südliche Parallelweg nach Markelfingen war nach den Einlassungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht ebenfalls erst im 20. Jahrhundert über das Bahnwärterhaus hinaus weitergeführt worden. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erstmals eine Wegebeziehung von der Mettnau kommend, südlich der Bahnlinie entlang, Querung derselben durch das sog. „Fuchsloch“ sowie nördlich entlang der Bahnlinie nach Markelfingen behauptet hat, stellt eine solche vor dem Hintergrund der zunächst noch bestehenden weiteren Querungsmöglichkeiten („Schießhüttenweg“ bzw. Bahnübergang am Bahnwärterhaus) lediglich eine von mehreren denkbaren Möglichkeiten dar, um nach Markelfingen zu gelangen. |
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| Feldwege waren indessen Wege, welche nur für einen besonderen - größeren oder kleineren - Teil der Gemarkung (Oesch, Gewann) und nur wegen der wirtschaftlichen Interessen der dort Begüterten hergestellt wurden, weshalb sie auch in der Regel nur durch diese selbst unterhalten wurden. Auf die Benutzung der Feld- und Gewannwege, welche sich von den öffentlichen Wegen (den Gemeindewegen) unterschieden, hatte sonach nicht jedermann, sondern nur derjenige einen Anspruch, welcher in dem betreffenden Oesch bzw. Gewann begütert war. Ob ein Weg als ein zur Vermittlung des allgemeinen Verkehrs dienender Gemeindeweg, zu dessen Unterhaltung die Gemeinde gesetzlich verpflichtet war (vgl. §§ 6, 7 StrG v. 14.06.1884, GVBl. Nr. 26) oder als Feldweg darstellte, war jeweils nach den gegebenen Verhältnissen zu entscheiden (vgl. zum Ganzen Buchenberger/Pfaff, a.a.O, S. 14). |
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| Da ein (ggf. auch nur schlüssiger) Widmungsakt für eine Nutzung auch durch die Allgemeinheit nicht ersichtlich ist, wäre eine Widmung allenfalls durch das Rechtsinstitut der unvordenklichen Verjährung nachzuweisen. |
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| Nachdem der von der Beklagten allein angebotene (inzwischen verstorbene) Zeuge Fr. aufgrund eigener Wahrnehmung lediglich verlässliche Aussagen für die Zeit ab 1934 machen konnte - das Erinnerungsvermögen dürfte erst ab dem 7. Lebensjahr einsetzen - und im Hinblick auf Erzählungen seiner 1924 nach Radolfzell zugezogenen Eltern, für die Zeit davor lediglich als Zeuge vom Hörensagen und auch nur für die Zeit nach 1924 in Betracht kam, erscheint indes zweifelhaft, ob damit noch der Nachweis einer Nutzung als öffentlicher Weg zu führen wäre. Zwar dürfte aufgrund der - wenn auch etwas verallgemeinernden - Aussage immerhin davon auszugehen sein, dass der streitgegenständliche Weg von den Bewohnern nördlich der Bahnlinie zunehmend allgemein („jedermann“) - und insofern auch in der Überzeugung, ein öffentliches Recht auszuüben -, benutzt wurde, um zum Bodensee bzw. weiter nach Markelfingen zu gelangen. Nachdem die dortige Bebauung jedoch erst wesentlich später hinzukam und der südliche Parallelweg erst im 20. Jahrhundert bis nach Markelfingen weitergeführt wurde, erscheint zweifelhaft, ob aufgrund dieser Aussage mit der erforderlichen Gewissheit davon ausgegangen werden könnte, dass der Weg tatsächlich bereits seit 1924 ständig allgemein benutzt wurde. Doch auch dann, wenn man für den gesamten Zeitraum zwischen 1924 und 1964 von einer durch die Zeugenaussage nachgewiesenen Nutzung durch die Allgemeinheit ausginge, fehlte es doch für das zuvor liegende Menschenalter an jeder Kenntnis, sodass der Nachweis allein durch Zeugen noch nicht geführt wäre (vgl. Senat, Urt. v. 30.04.2008 - 5 S 2858/06 -). Dass für die vorausgegangenen 40 Jahre hinsichtlich einer allgemeinen Nutzung lediglich eine gegenteilige Erinnerung nicht feststellbar sein darf, bedeutet nicht, dass für den entsprechenden Zeitraum überhaupt keine Nachweise erforderlich wären (vgl. auch BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009, a.a.O.). Vielmehr setzt der Nachweis des Nichtbestehens einer anderweitigen Erinnerung voraus, dass auch sonst nichts gegen eine seit jeher allgemeine Nutzung des Weges spricht. |
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| Insbesondere dieser Nachweis kann, wie der Senat in seinem Urteil vom 30.04.2008 erneut betont hat (bestätigt von BVerwG, Beschl. v. 29.10.2008 - 9 B 53.08 – u. BVerfG, Beschl. v. 15.04.2009, a.a.O.), maßgeblich auch anhand von in ihrem Kontext zu interpretierenden Urkunden geführt werden, zumal aus diesen ggf. auch auf das Bewusstsein der Rechtsausübung geschlossen werden kann (vgl. Senat, Urt. v. 30.04.2008, a.a.O.). Jedoch lässt sich der entsprechende Nachweis im vorliegenden Fal auch nicht anhand der dem Senat vorliegenden zahlreichen Urkunden (vgl. die der amtlichen Auskunft vom 23.10.2009 als Anlagen angeschlossenen Pläne) führen. |
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| In dem für einen urkundlichen Nachweis besonders bedeutsamen (vgl. Senatsurt. v. 30.04.2008, a.a.O.) „Uebersichtsplan“ von 1875, der eine grafische Zusammenstellung der Ergebnisse der Katastervermessung für die Gemarkung Radolfzell darstellt und mit den Grundstücks(- und Wald)plänen zum Gemarkungsatlas (vgl. zu dessen Bedeutung bereits Senatsurt. v. 17.12.1992 - 5 S 315/90 -, VBlBW 1993, 183; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.09.1994 - 1 S 1370/93 -) zusammengefasst wurde, findet sich keine Eintragung eines von Südosten nach Nordwesten verlaufenden, die Bahnlinie im Bereich des „Riedgraben-Durchlasses“ kreuzenden Weges. Dass offenbar beidseits der Bahnlinie - mglw. sogar als öffentlich zu qualifizierende - Vicinal- oder Güterwege in Richtung Markelfingen verliefen (vgl. auch die gestrichelten Linien entlang der Böschungsunterkante auf den Handrissen 14 u. 27 bzw. Katasterplänen von 1863 bzw. 1865; demgegenüber Handriss 2 von ca. 1930, auf dem südlich der Bahnlinie gerade keine Wegenutzung eingetragen ist; zum Ganzen die amtliche Auskunft v. 23.10.2009), bedeutet - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und der Beklagten - noch nicht, dass diese im Bereich des Durchlasses durch einen entsprechend klassifizierten Weg verbunden gewesen sein müssten, etwa weil diese nach den Entwässerungsgräben wieder aufgeweitet wären. So erschließt sich schon nicht, welchen (öffentlichen) Zweck eine solche Querung haben sollte, wenn es nach dem Übersichtsplan keinen von Südosten nach Nordwesten entlang der früheren Gemarkungsgrenze zu Markelfingen verlaufenden Vicinal- oder Güterweg gab. Auch Überlegungen, dass unterführte (wie niveaugleich kreuzende) - anders als überführte - Wege im Bereich der Kreuzung ohnehin nicht durchgezogen dargestellt würden, führt nicht weiter, da auch weder nordwestlich noch südöstlich des Kreuzungsbauwerks ein Weg eingetragen ist. Auch waren kreuzende Gewässer bei der „Urvermessung“ nicht durchweg gleich eingetragen worden (vgl. amtliche Auskunft des Landratsamts Konstanz v. 23.10.2009). Auch Wege, die entlang von Gemarkungsgrenzen verliefen, wurden ausweislich der Eintragungen an anderer Stelle durchaus in den Plan eingetragen. Auch aus den Originalhandrissen 27 und 14 bzw. Katasterplänen von 1863 bzw. 1865 und den Plänen Nr. 9 und 11 zum Gemarkungsatlas Radolfzell bzw. Markelfingen ergibt sich nichts anderes. Die darin neben einer roten (Gemarkungsgrenze) und blauen Linie (Entwässerungsgraben) jeweils eingetragene grüne Linie stellt lediglich einen Teil der grünen Umrandung der Nutzungsart „Grünland“ dar (vgl. hierzu Anlage 15 zur amtlichen Auskunft v. 23.10.2009). Hinweise auf einen entlang führenden Fußweg (vgl. die entsprechende Zeichenerklärung zum Gemarkungsatlas, Anlage 12a zur amtlichen Auskunft v. 23.10.2009) lassen sich diesen Plänen demgegenüber nicht entnehmen. Vor dem Hintergrund der Anweisung zu der stückeweisen Vermessung sämtlicher Liegenschaften des Großherzogtums Baden vom 09.08.1862 kann aus diesem Befund letztlich nur der Schluss gezogen werden, dass jedenfalls seinerzeit noch nicht von einem öffentlichen bzw. gemeinschaftlich benutzten (Feld-)Weg auszugehen war. Ein solcher wäre in den Plänen jedenfalls einzutragen gewesen (vgl. §§ 30 Nr. 15, 32 Abs. 3 dieser Anweisung). Zwar findet sich - wie oben ausgeführt - ein von Südosten nach Nordwesten führender Weg bereits in der Karte Jakob Hebers von 1708, doch lässt eine topografische Karte eben noch nicht den Schluss zu, dass es sich bei einem eingetragenen Weg auch um einen (zudem auch nach 1884 noch) gemeinschaftlich genutzten bzw. öffentlichen Weg handelte. |
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| Ob die nach altem badischen Recht darüber hinaus erforderliche rechtliche Beziehung zu einem wegebaupflichtigen Verband bestand, kann danach dahinstehen. Insofern erschiene allerdings zweifelhaft, ob eine solche bereits dadurch hergestellt wäre, dass der - nicht im Eigentum der Beklagten stehende - Wegeabschnitt nach Auskunft des Leiters des städtischen Bauhofs von der Beklagten in unregelmäßigen Abständen gewartet wurde, nachdem dieser die Leitung des Bauhofs erst 1992 übernommen hatte. Zwar hatte er die Wartung des sog. „Fuchslochs“ bereits von seinem Vorgänger übernommen, doch waren nach seiner Aussage wie auch nach der des Zeugen Fr. der Kies sowie die Bretter erst Ende der 80er Jahre des 20. Jahrhunderts eingebracht worden. Ob und welche Unterhaltungsmaßnahmen noch vor 1964 gerade auf Veranlassung der Beklagten ergriffen worden waren, lässt sich demgegenüber nicht mehr feststellen. Allerdings mag der Umstand, dass die Beklagte seit Jahrzehnten die Begehbarkeit des unterführten Wegs gewährleistete, dafür sprechen, dass dieser von ihr schon seit jeher unterhalten worden war (vgl. Senat, Urt. v. 30.04.2008, a.a.O.), was ggf. auch eine Vermutung für eine Widmung zum Gemeingebrauch verstärkt hätte (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.07.1961 - IV 825/60 -, ESVGH 12, 32). Ob letzteres anders zu beurteilen wäre, weil, wie die Klägerin unter Hinweis auf eine - allerdings nicht beigebrachte - Verfügung des großherzoglichen Ministeriums des Innern vom 16.12.1882 Nr. 14, 544 meint, Feldwege in der Praxis auch unabhängig von ihrer Widmung von der jeweiligen Markungsgemeinde zu unterhalten waren, kann dahinstehen. Hierfür spräche freilich, dass die Gemeindebehörden jedenfalls darüber zu wachen hatten, dass die aufgrund der Feldbereinigung neu erstellten Feldwege in einem den Forderungen eines vorteilhaften Betriebs der Landwirtschaft entsprechenden Zustand nach Möglichkeit erhalten wurden, sei es, dass die Unterhaltung der Feldwege den beteiligten Grundbesitzern überlassen blieb oder dass die Gemeinde selbst die Unterhaltung übernahm (vgl. Buchenberger/Pfaff, Bad. Gesetz über die Verbesserung der Feldeinteilung (Feldbereinigung), 1887, S. 15). |
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| Nach alledem ist der Nachweis, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Weg gerade um einen öffentlichen Weg handelte, nicht erbracht. Vielmehr spricht viel dafür, dass es sich zumindest zu Beginn des maßgeblichen Zeitraums (ab 1884) noch um einen (privaten) Interessentenweg für die Bauern handelte, der erst sehr viel später - insbesondere in den 1950iger Jahren - einem allgemeinen Verkehr diente. |
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| Insofern kommt es auch nicht mehr entscheidend darauf an, ob ein etwa durch den „Riedgraben-Durchlass“ führender öffentlicher Weg dadurch wieder in Wegfall geraten sein könnte, dass er 2002/2003 unpassierbar geworden und 2005 schließlich auf Veranlassung der Klägerin mit Beton verfüllt wurde. |
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| Eine schlüssige Einziehung hätte darin freilich nicht gesehen werden können, nachdem die Klägerin für eine solche nach dem selbstverständlich auch für altrechtliche Straßen i. S. des § 57 Abs. 1 StrG a.F. geltenden Straßengesetz nicht zuständig war. Auch fehlte es an einer entsprechenden Regelung bzw. dem hierfür erforderlichen förmlichen Verfahren. Dass die Beklagte nur mehr von einem „inoffiziellen“ Fußgängerdurchgang ausging, auf dessen Erhalt sie mglw. gar keinen Anspruch hätte, ändert daran nichts. Auch die wasserrechtliche Genehmigung und der Baufreigabebescheid des Eisenbahn-Bundesamts hätten schon mangels einer entsprechenden Regelung zu keiner Entwidmung des Weges geführt. |
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| Auch die Beseitigung der Wegeanlage hätte für sich genommen noch nicht ohne Weiteres dazu geführt, dass damit auch der gleichsam als öffentliche Belastung auf der im Eigentum der Klägerin stehenden Sache ruhende öffentliche Sachstatus in Wegfall geraten wäre (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 17.05.1979 – VII 689/78 -; Senatsurt. v. 17.12.1992, a.a.O.). Auch von einer Funktionslosigkeit (vgl. hierzu Senatsurt. v. 20.08.1991 - 5 S 2473/89 -, a.a.O.) wäre im Hinblick auf die zuletzt nachgewiesene allgemeine Benutzung und die weitere Wegeführung (vgl. den Stadtplan der Beklagten und die bereits angeführten Luftbilder) und die Möglichkeit, die Kreuzung, wenn auch mglw. in geänderter Form wiederherzustellen, nicht auszugehen gewesen, sollte eine solche bereits zum Wegfall einer öffentlichen Straße führen können. |
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| Der Beklagten wäre es nach dem auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. § 242 BGB) auch nicht verwehrt gewesen, sich auf das weitere Vorhandensein eines nachgewiesenen öffentlichen Weges zu berufen. Abgesehen davon, dass die Aufrechterhaltung des Gemeingebrauchs der Allgemeinheit an einem öffentlichen Weg in Rede stand, wäre für solche Überlegungen allenfalls Raum im Rahmen eines jedoch nicht streitgegenständlichen Folgenbeseitigungsanspruchs auf Wiederherstellung des früheren Wegezustands. Insofern kam es, nachdem auch von der Zulässigkeit der Klage auszugehen war, unter keinem Gesichtspunkt darauf an, ob die Kreuzung wegen zwischenzeitlich höherer sicherheitstechnischer Anforderungen an ein Kreuzungsbauwerk als Eisenbahnüberführung überhaupt noch hätte aufrecht erhalten werden können. Dies hätte die Klägerin allenfalls dazu berechtigt, einem Folgenbeseitigungsverlangen der Beklagten entgegenzuhalten, dass sie nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz (§ 3 EKrG) die Änderung der Kreuzung verlangen könnte. |
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| Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen. |
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| Beschluss vom 19. November 2009 |
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| Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG auf 400.000,- EUR festgesetzt (vgl. Nrn. 43.3 und 1.3 des Streitwertkatalogs 2004; § 12 Nr. 1 EKrG). |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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