Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.11.2014 - 4 K 675/13 - geändert. Nr. 5 des Bescheids der Beklagten vom 11.11.2011 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.2.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen eine Verkleinerungsverfügung.
Die Klägerin ist Inhaber eines Erbbaurechts an den zusammen 3.745 m2 großen Grundstücken Flst.Nr. ..., ... und ... in Heidelberg. Die Grundstücke wurden in den sechziger Jahren mit drei ursprünglich zweigeschossigen Mehrfamilienwohnhäusern (..., ... und ...) bebaut. Das Gebäude ... befindet sich ungefähr 3 m von dem nach Norden angrenzenden, ebenfalls mit einem Wohnhaus (...) bebauten Grundstück Flst.Nr. ... entfernt.
Die Klägerin beantragte am 4.12.2009 die Erteilung einer Baugenehmigung für den „Umbau und Sanierung mit Ausbau der Dachgeschosse“ der drei Gebäude. Die dem Bauantrag zugrunde liegenden Bauvorlagen sehen auf der Nordseite den Anbau eines 1,50 m vor die nördliche Außenwand des bestehenden Gebäudes ... tretenden Balkons im Dachgeschoss vor. Der bei den Bauvorlagen befindliche Abstandsflächenplan stellt die erforderlichen Abstandsflächen auch auf der Nordseite des Gebäudes als eingehalten dar. Die Beklagte erteilte am 20.4.2010 die beantragte Baugenehmigung.
Auf die Beschwerde eines Bewohners des Wohngebäudes ... stellte die Beklagte im November 2011 fest, dass der genannte Balkon den erforderlichen Mindestabstand von 2 m zur nördlichen Grundstücksgrenze nicht einhält. Nach vorheriger Anhörung verpflichtete die Beklagte die Klägerin mit Verfügung vom 11.11.2011, den bereits ausgeführten nördlichen Balkon so zurückzubauen, „dass er zur Grenze einen Mindestabstand von 2 m einhält.“ Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Bescheid vom 15.2.2013 zurück.
Die Klägerin hat am 18.3.2013 beim Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, der beanstandete Balkon sei zwar materiell baurechtswidrig, er werde jedoch von der ihr erteilten Baugenehmigung gedeckt. In den Plänen werde der nördliche Balkon des Gebäudes ... genau so dargestellt, wie er ausgeführt worden sei. Die Tatsache, dass der Balkon in dem Abstandsflächenplan unberücksichtigt geblieben sei, mache das Vorhaben zwar rechtswidrig, lasse jedoch den Regelungsumfang der Baugenehmigung unberührt.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt und erwidert, die Baugenehmigung sei wegen der Unrichtigkeit des Abstandsflächenplans widersprüchlich, da dieser die Aussage enthalte, die Abstandsflächen seien eingehalten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 5.11.2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die angefochtene Verfügung sei rechtmäßig. Der beanstandete Balkon verstoße gegen materielles Baurecht, da er nicht mindestens 2 m von der Nachbargrenze entfernt sei und daher bei der Bemessung der Abstandsfläche zu berücksichtigen sei. Ein Anspruch der Klägerin auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe bestehe nicht. Das Vorhaben sei auch formell rechtswidrig. Entgegen der Ansicht der Klägerin habe die Baugenehmigung nicht den Inhalt, dass die Errichtung des Balkons auch insoweit genehmigt sei, als dieser einen geringeren Grenzabstand als 2 m einhalte. Der Textteil der Baugenehmigung treffe hierzu keine Aussage, sondern verweise vielmehr darauf, dass die mit Genehmigungsvermerk versehenen Bauvorlagen Bestandteile der Genehmigung seien. Den genehmigten Bauvorlagen lasse sich jedoch nicht entnehmen, dass ein Balkon im realisierten Ausmaß genehmigt worden sei. Maßgebend für die Auslegung einer Baugenehmigung sei der objektive Erklärungswert aus der Sicht des Empfängerhorizonts. Nach Maßgabe dessen lasse sich nicht mit hinreichender Bestimmtheit ermitteln, das ein Balkon genehmigt worden sei, der weniger als 2 m Grenzabstand einhalte. Der Abstandsflächenplan sei nach § 4 Abs. 4 Satz 2 LBOVVO Teil des Lageplans. Ihm komme mit der Genehmigung der Erklärungswert zu, dass das Vorhaben nach seiner Lage und Höhe die Abstandsflächen einhalte oder - anders ausgedrückt -, dass es keine Bauteile in den Abstandsflächen gebe, die bei der Ausweisung der Abstandsfläche hätten berücksichtigt werden müssen. Die Bauvorlagen widersprächen sich daher in der Darstellung des Balkons. Ob die mangelnde Bestimmtheit der Baugenehmigung die Teilnichtigkeit der Genehmigung nach sich ziehe, könne offen bleiben. Denn selbst wenn dies nicht der Fall sei, führe die mangelnde Bestimmtheit dazu, dass die Klägerin sich nicht darauf berufen könne, dass mit der Baugenehmigung der Balkon in einem Abstand von weniger als 2 m zur Grundstücksgrenze zugelassen worden sei, da die Unklarheiten und Widersprüche im Verantwortungsbereich der Klägerin lägen.
Gegen das Urteil richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 25.3.2015 zugelassene Berufung der Klägerin. Zu deren Begründung trägt die Klägerin vor, der von ihr errichtete Balkon sei von der Baugenehmigung vom 20.4.2010 gedeckt. Denn nur wenn es Zweifel über die Auslegung des Inhalts einer Baugenehmigung gebe, gingen diese zu Lasten des Bauherrn. Solche Zweifel bestünden hier aber nicht, da der Balkon genauso errichtet worden sei, wie in den Plänen dargestellt. Ihr könne deshalb nicht vorgehalten werden, von den genehmigten Bauvorlagen abgewichen zu sein. Der mit der Erstellung des Abstandsflächenplans beauftragte Vermesser habe den Balkon übersehen oder jedenfalls nicht miteinberechnet. Deswegen sei die Baugenehmigung auf Grund der Zulassung des Balkons mit seinen Ausmaßen zwar rechtswidrig und hätte insoweit zurückgenommen werden können. Das sei jedoch nicht geschehen. Die Rückbauverfügung sei daher rechtswidrig.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 5.11.2014 - 4 K 675/13 - zu ändern und Nr. 5 des Bescheids vom 11.11.2011 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 15.2.2013 aufzuheben.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Sie erwidert, die LBOVVO verlange die Einreichung eines gesonderten Abstandsflächenplans. Seien Abstandsflächen nicht eingehalten, sei dies im Abstandsflächenplan zu vermerken. Damit komme einem Abstandsflächenplan, der die Einhaltung der Abstandsflächen auf allen Seiten des Vorhabens darstelle, der objektive Erklärungswert zu, dass die für das Vorhaben erforderlichen Abstandsflächen insgesamt eingehalten seien. Die Baurechtsbehörde habe dann nicht die Pflicht, die Übereinstimmung der Darstellungen des Abstandsflächenplans mit den Bauzeichnungen nachzumessen. Denn nach § 43 Abs. 1 LBO sei der Entwurfsverfasser dafür verantwortlich, dass sein Entwurf den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspreche. Damit komme es zu nicht durch eine Auslegung ausräumbaren Widersprüchen hinsichtlich des Inhalts der der Klägerin erteilten Baugenehmigung. Die Klägerin könne sich deshalb im Hinblick auf die Ausmaße des Balkons an der Nordwand im Dachgeschoss jedenfalls nicht auf die Baugenehmigung vom 20.4.2010 berufen.
14 
Sei der Balkon somit nicht nur materiell, sondern auch formell rechtswidrig, habe sie mit einer Verkleinerungsverfügung den geringstmöglichen Eingriff gewählt. Denn durch die Unterschreitung der erforderlichen Abstandsflächentiefe würden nachbarliche Belange erheblich beeinträchtigt. Die der Klägerin entstehenden Umbaukosten seien kein Gesichtspunkt, der einem Einschreiten entgegenstehe.
15 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten des Verwaltungsgerichts sowie auf die Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die unter Nr. 5 des Bescheids der Beklagten vom 11.11.2011 getroffene Anordnung, den bereits ausgeführten nördlichen Balkon zurückzubauen, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin somit in ihren Rechten.
17 
Die angefochtene Verfügung stützt sich auf § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Ein Einschreiten auf der Grundlage dieser Vorschrift setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und sie seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.4.2014 - 3 S 1962/13 -juris; Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; s. auch BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 -BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz). An diesen Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall. Der von der Beklagten beanstandete Balkon verstößt zwar gegen § 5 LBO und ist damit materiell baurechtswidrig (1.). Die Errichtung des Balkons wird jedoch durch die der Klägerin am 20.4.2010 erteilte Baugenehmigung gedeckt (2.). Die der Baugenehmigung zukommende Legalisierungswirkung schließt ein Einschreiten der Beklagten wegen des Verstoßes gegen § 5 LBO aus (3.).
18 
1.Die Beteiligten sind sich darin einig, dass der Balkon gegen § 5 LBO verstößt und damit materiell baurechtswidrig ist. Das ist zutreffend.
19 
a) Bei der Bemessung der Abstandsfläche bleiben nach § 5 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 LBO Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten außer Betracht, wenn sie nicht breiter als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben. Diese Maße sind im vorliegenden Fall nicht eingehalten. Zwar ist der von der Klägerin errichtete Balkon 5 m breit und tritt nur 1,5 m vor die nördliche Außenwand. Der Balkon hält jedoch zu der nördlichen Nachbargrenze nur einen Grenzabstand von deutlich weniger als 2 m ein, wobei dahin stehen kann, ob der tatsächlich eingehaltene Abstand 1,43 m - so die Klägerin - oder 1,39 m - so die Beklagte - beträgt. Der Balkon ist danach in die Bemessung der Abstandsfläche miteinzubeziehen, d.h. mit ihm ist eine eigene Abstandsfläche einzuhalten, so als ob auf dieser Höhe die Außenwand vorspringen würde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201). Wie sich daraus zugleich ergibt, hält der umstrittene Balkon zur nördlichen Grundstücksgrenze nicht die erforderliche Abstandsfläche ein und verstößt damit gegen § 5 LBO.
20 
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von § 5 LBO. Die Zulassung eine geringere Tiefe der Abstandsfläche gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO scheidet aus, weil sich weder aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück noch aus Rechtsgründen Besonderheiten erkennen lassen, die ausnahmsweise eine geringere Abstandsflächentiefe rechtfertigten. Die Voraussetzungen für eine Zulassung eine Abweichung von § 5 LBO gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO sind ebenfalls nicht gegeben.
21 
Nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO sind Abweichungen von den Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO - und somit auch in § 5 LBO - zuzulassen „zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, Teilung von Wohnungen oder Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches“, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Zu der Feststellung, ob eine Abweichung von § 5 LBO mit öffentlichen Belangen vereinbar ist und deshalb bei Vorliegen der übrigen in § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO genannten Voraussetzungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zuzulassen ist, bedarf es einer Abwägung des mit § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO verfolgten öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlichen Wohnraums gegen die von § 5 LBO geschützten öffentlichen und privaten Interessen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 3.3.2015 - 3 S 1913/14 - juris). Den von § 5 LBO geschützten öffentlichen und privaten Interessen kommt bei dieser Abwägung im vorliegenden Fall der Vorrang zu, da es über den durch die Aufstockung des Gebäudes geschaffenen zusätzlichen Wohnraum hinaus nicht der Schaffung weiteren Wohnraums durch einen näher als 2 m an die nördliche Grundstücksgrenze heranrückenden Balkon bedarf.
22 
2. Der Balkon ist jedoch, so wie er errichtet worden ist, von der Genehmigung vom 24.10.2010 gedeckt.
23 
a) Die Baugenehmigung ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Inhalt und Umfang einer Baugenehmigung werden deshalb durch den Bauantrag und die mit ihm einzureichenden Bauvorlagenbestimmt, sofern die Baugenehmigung selbst keine entsprechenden Vorbehalte oder Maßgaben enthält (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.2.1993 - 5 S 1650/92 - BRS 55 Nr. 193; Sauter, LBO für Baden-Württemberg, § 58 Rn. 32). Andere Unterlagen oder sonstige Umstände sind angesichts der zwingend vorgeschriebenen Schriftform der Baugenehmigung (§ 58 Abs. 1 Satz 3 LBO) für deren Inhalt regelmäßig nicht relevant (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.5.2005 - 10 A 2017/03 - BauR 2005, 1459).
24 
b) Wie die Klägerin zu Recht einwendet, wird der beanstandete Balkon des Gebäudes ... in dem bei den Bauvorlagen vom 14.8.2009 befindlichen „Grundriss Dachgeschoss“ genau so dargestellt, wie er ausgeführt worden ist, nämlich mit einer Breite von 5 m und einer Tiefe von - bezogen auf die Außenwand des bestehenden Gebäudes - 1,5 m. Die geplante Tiefe des Balkons von 1,5 m geht auch aus den bei den Bauvorlagen befindlichen Ansichten von Osten und Westen zweifelsfrei hervor, wenngleich sich die Ansichten nicht auf das Gebäude ..., sondern auf das - baugleiche - Gebäude ... beziehen. Weder im „Grundriss Dachgeschoss“ noch in den Ansichten von Osten und Westen ist allerdings der Abstand vermerkt, den das bestehende Gebäude von der nördlichen Grundstücksgrenze einhält. Das Gleiche gilt für den Lageplan. Der Abstand kann deshalb nur durch „Herausmessen“ bestimmt werden und beträgt danach unter Zugrundelegung des „Grundrisses Dachgeschoss“ 3 m.
25 
c) Einen die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage stellenden Widerspruch zwischen den genannten Plänen und dem Abstandsflächenplan vermag der Senat anders als das Verwaltungsgericht nicht zu erkennen.
26 
In dem Abstandsflächenplan ist die vor der nördlichen Außenwand gelegene Abstandsfläche mit A gekennzeichnet. Ihre Tiefe wird ausgehend von einer Wandhöhe von 7,10 m mit (7,10 m x 0,4 =) 2,84 m beziffert. Das „Planmaß zur Grenze“ wird mit 2,86 m angegeben, wobei unklar ist, ob sich dieses Maß auf die ursprüngliche Außenwand oder auf die neue, um 0,18 m verbreiterte Außenwand des Gebäudes bezieht. Eine „Überschreitung“ (gemeint wohl: Unterschreitung) des Abstands wird dementsprechend verneint.
27 
Der Abstandsflächenplan ist demnach ohne Zweifel unrichtig, was auch die Klägerin nicht bestreitet. Einen Widerspruch zu der Darstellung des Balkons in den übrigen Bauvorlagen vermag der Senat darin jedoch nicht zu sehen. In dem Abstandsflächenplan ist der Balkon nicht eingezeichnet. Über die Abmessungen des Balkons kann diesem Plan somit jedenfalls unmittelbar nichts entnommen werden. Die Höhe der Außenwand selbst, die vor ihr liegende Abstandsfläche sowie der Abstand zur Grundstücksgrenze sind in dem Plan korrekt dargestellt.
28 
Der von der Beklagten zitierte Beschluss des OVG Sachsen vom 24.6.1996 - 1 S 248/96 - (LKV 1997, 103) ist deshalb nicht einschlägig. Für den Fall, dass sich Lageplan und Abstandflächenplan hinsichtlich des Grenzabstands zum Nachbarn widersprechen, meint das OVG Sachsen, dass in aller Regel allein der Abstandflächenplan für die Lage des Baukörpers zum Nachbargrundstück hin ausschlaggebend sei. Das folge aus Sinn und Zweck dieses Plans. Das mag zutreffen. Die Lage des Baukörpers wird jedoch in dem Abstandsflächenplan nicht anders dargestellt als in den übrigen Bauvorlagen. Der Balkon wird vielmehr, wie gesagt, überhaupt nicht dargestellt, was zwar mit Blick auf die Notwendigkeit, mit dem Balkon eine eigene Abstandsfläche einzuhalten, einen Fehler des Plans bedeutet, aber keinen Widerspruch zu den übrigen Bauvorlagen in dem Sinn begründet, dass Unklarheiten über die Abmessungen des geplanten Balkons auf der Nordseite des Gebäudes bestünden.
29 
Das Argument des Verwaltungsgerichts, der Abstandsflächenplan enthalte die Erklärung, dass das Vorhaben nach seiner Lage und Höhe die Abstandsflächen einhalte oder - anders ausgedrückt-, dass es keine Bauteile in den Abstandsflächen gebe, die bei der Darstellung der Abstandsfläche hätten berücksichtigt werden müssen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ob dem Abstandsflächenplan eine solche Erklärung zu entnehmen ist, kann dabei dahin stehen. Denn selbst wenn man dies bejaht, handelt es sich dabei nur um die Äußerung einer bestimmten, tatsächlich unzutreffenden Rechtsmeinung des Bauherrn bzw. des von ihm beauftragten Planverfassers und unterstreicht damit nur die Unrichtigkeit des Abstandsflächenplans. Der Schluss, der Balkon solle möglicherweise doch nicht so, wie in den übrigen Bauvorlagen dargestellt, errichtet werden, sondern mit einer geringeren Tiefe als 1,50 m, um den in § 5 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 LBO genannten Mindestabstand von 2 m zu der nördlichen Nachbargrenze zu wahren, kann aus dieser Äußerung nicht gezogen werden.
30 
3. Die für eine bauliche Anlage erteilte Baugenehmigung gestattet zum einen die Errichtung der betreffenden Anlage und enthält zum anderen die Feststellung, dass die Anlage den baurechtlichen sowie den anderen von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichenVorschriften nicht widerspricht (Sauter, Komm. zur LBO für Baden-Württemberg, 3. Aufl., § 58 Rn. 4 m.w.N.). Die mit dieser Feststellung verbundene Legalisierungswirkung schließt es aus, die Errichtung der genehmigten Anlage als baurechtswidrigen Zustand zu werten. Ein Einschreiten gegen die Klägerin scheidet danach aus, solange die ihr am 20.4.2010 erteilte Baugenehmigung hinsichtlich des Balkons nicht zurückgenommen worden ist. Darüber, ob eine solche Rücknahme der Baugenehmigung noch möglich wäre, hat der Senat nicht zu befinden.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
33 
Beschluss
34 
Der Streitwert wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts sowohl für das Berufungsverfahren als auch für das erstinstanzliche Verfahren auf jeweils 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 2 und 52 Abs. 1 GKG).
35 
Die für die Festsetzung des Streitwert maßgebliche Bedeutung der Sache für die Klägerin ergibt sich aus den mutmaßlichen Kosten für den geforderten Rückbau des Balkons. Der Senat schätzt diese Kosten auf ungefähr 10.000 EUR. Die Befugnis des Senats, die Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die Berufung der Klägerin ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die unter Nr. 5 des Bescheids der Beklagten vom 11.11.2011 getroffene Anordnung, den bereits ausgeführten nördlichen Balkon zurückzubauen, ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin somit in ihren Rechten.
17 
Die angefochtene Verfügung stützt sich auf § 65 Satz 1 LBO. Danach kann der teilweise oder vollständige Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, angeordnet werden, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Ein Einschreiten auf der Grundlage dieser Vorschrift setzt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und sie seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.4.2014 - 3 S 1962/13 -juris; Urt. v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; s. auch BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 -BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz). An diesen Voraussetzungen fehlt es im vorliegenden Fall. Der von der Beklagten beanstandete Balkon verstößt zwar gegen § 5 LBO und ist damit materiell baurechtswidrig (1.). Die Errichtung des Balkons wird jedoch durch die der Klägerin am 20.4.2010 erteilte Baugenehmigung gedeckt (2.). Die der Baugenehmigung zukommende Legalisierungswirkung schließt ein Einschreiten der Beklagten wegen des Verstoßes gegen § 5 LBO aus (3.).
18 
1.Die Beteiligten sind sich darin einig, dass der Balkon gegen § 5 LBO verstößt und damit materiell baurechtswidrig ist. Das ist zutreffend.
19 
a) Bei der Bemessung der Abstandsfläche bleiben nach § 5 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 LBO Vorbauten wie Wände, Erker, Balkone, Tür- und Fenstervorbauten außer Betracht, wenn sie nicht breiter als 5 m sind, nicht mehr als 1,5 m vortreten und von Nachbargrenzen mindestens 2 m entfernt bleiben. Diese Maße sind im vorliegenden Fall nicht eingehalten. Zwar ist der von der Klägerin errichtete Balkon 5 m breit und tritt nur 1,5 m vor die nördliche Außenwand. Der Balkon hält jedoch zu der nördlichen Nachbargrenze nur einen Grenzabstand von deutlich weniger als 2 m ein, wobei dahin stehen kann, ob der tatsächlich eingehaltene Abstand 1,43 m - so die Klägerin - oder 1,39 m - so die Beklagte - beträgt. Der Balkon ist danach in die Bemessung der Abstandsfläche miteinzubeziehen, d.h. mit ihm ist eine eigene Abstandsfläche einzuhalten, so als ob auf dieser Höhe die Außenwand vorspringen würde (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201). Wie sich daraus zugleich ergibt, hält der umstrittene Balkon zur nördlichen Grundstücksgrenze nicht die erforderliche Abstandsfläche ein und verstößt damit gegen § 5 LBO.
20 
b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zulassung einer Abweichung von § 5 LBO. Die Zulassung eine geringere Tiefe der Abstandsfläche gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO scheidet aus, weil sich weder aus den tatsächlichen Verhältnissen auf dem Nachbargrundstück noch aus Rechtsgründen Besonderheiten erkennen lassen, die ausnahmsweise eine geringere Abstandsflächentiefe rechtfertigten. Die Voraussetzungen für eine Zulassung eine Abweichung von § 5 LBO gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO sind ebenfalls nicht gegeben.
21 
Nach § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO sind Abweichungen von den Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO - und somit auch in § 5 LBO - zuzulassen „zur Modernisierung von Wohnungen und Wohngebäuden, Teilung von Wohnungen oder Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches“, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichung mit öffentlichen Belangen vereinbar ist. Zu der Feststellung, ob eine Abweichung von § 5 LBO mit öffentlichen Belangen vereinbar ist und deshalb bei Vorliegen der übrigen in § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO genannten Voraussetzungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zuzulassen ist, bedarf es einer Abwägung des mit § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO verfolgten öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlichen Wohnraums gegen die von § 5 LBO geschützten öffentlichen und privaten Interessen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 3.3.2015 - 3 S 1913/14 - juris). Den von § 5 LBO geschützten öffentlichen und privaten Interessen kommt bei dieser Abwägung im vorliegenden Fall der Vorrang zu, da es über den durch die Aufstockung des Gebäudes geschaffenen zusätzlichen Wohnraum hinaus nicht der Schaffung weiteren Wohnraums durch einen näher als 2 m an die nördliche Grundstücksgrenze heranrückenden Balkon bedarf.
22 
2. Der Balkon ist jedoch, so wie er errichtet worden ist, von der Genehmigung vom 24.10.2010 gedeckt.
23 
a) Die Baugenehmigung ist ein antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Inhalt und Umfang einer Baugenehmigung werden deshalb durch den Bauantrag und die mit ihm einzureichenden Bauvorlagenbestimmt, sofern die Baugenehmigung selbst keine entsprechenden Vorbehalte oder Maßgaben enthält (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 9.2.1993 - 5 S 1650/92 - BRS 55 Nr. 193; Sauter, LBO für Baden-Württemberg, § 58 Rn. 32). Andere Unterlagen oder sonstige Umstände sind angesichts der zwingend vorgeschriebenen Schriftform der Baugenehmigung (§ 58 Abs. 1 Satz 3 LBO) für deren Inhalt regelmäßig nicht relevant (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 30.5.2005 - 10 A 2017/03 - BauR 2005, 1459).
24 
b) Wie die Klägerin zu Recht einwendet, wird der beanstandete Balkon des Gebäudes ... in dem bei den Bauvorlagen vom 14.8.2009 befindlichen „Grundriss Dachgeschoss“ genau so dargestellt, wie er ausgeführt worden ist, nämlich mit einer Breite von 5 m und einer Tiefe von - bezogen auf die Außenwand des bestehenden Gebäudes - 1,5 m. Die geplante Tiefe des Balkons von 1,5 m geht auch aus den bei den Bauvorlagen befindlichen Ansichten von Osten und Westen zweifelsfrei hervor, wenngleich sich die Ansichten nicht auf das Gebäude ..., sondern auf das - baugleiche - Gebäude ... beziehen. Weder im „Grundriss Dachgeschoss“ noch in den Ansichten von Osten und Westen ist allerdings der Abstand vermerkt, den das bestehende Gebäude von der nördlichen Grundstücksgrenze einhält. Das Gleiche gilt für den Lageplan. Der Abstand kann deshalb nur durch „Herausmessen“ bestimmt werden und beträgt danach unter Zugrundelegung des „Grundrisses Dachgeschoss“ 3 m.
25 
c) Einen die Wirksamkeit der Baugenehmigung in Frage stellenden Widerspruch zwischen den genannten Plänen und dem Abstandsflächenplan vermag der Senat anders als das Verwaltungsgericht nicht zu erkennen.
26 
In dem Abstandsflächenplan ist die vor der nördlichen Außenwand gelegene Abstandsfläche mit A gekennzeichnet. Ihre Tiefe wird ausgehend von einer Wandhöhe von 7,10 m mit (7,10 m x 0,4 =) 2,84 m beziffert. Das „Planmaß zur Grenze“ wird mit 2,86 m angegeben, wobei unklar ist, ob sich dieses Maß auf die ursprüngliche Außenwand oder auf die neue, um 0,18 m verbreiterte Außenwand des Gebäudes bezieht. Eine „Überschreitung“ (gemeint wohl: Unterschreitung) des Abstands wird dementsprechend verneint.
27 
Der Abstandsflächenplan ist demnach ohne Zweifel unrichtig, was auch die Klägerin nicht bestreitet. Einen Widerspruch zu der Darstellung des Balkons in den übrigen Bauvorlagen vermag der Senat darin jedoch nicht zu sehen. In dem Abstandsflächenplan ist der Balkon nicht eingezeichnet. Über die Abmessungen des Balkons kann diesem Plan somit jedenfalls unmittelbar nichts entnommen werden. Die Höhe der Außenwand selbst, die vor ihr liegende Abstandsfläche sowie der Abstand zur Grundstücksgrenze sind in dem Plan korrekt dargestellt.
28 
Der von der Beklagten zitierte Beschluss des OVG Sachsen vom 24.6.1996 - 1 S 248/96 - (LKV 1997, 103) ist deshalb nicht einschlägig. Für den Fall, dass sich Lageplan und Abstandflächenplan hinsichtlich des Grenzabstands zum Nachbarn widersprechen, meint das OVG Sachsen, dass in aller Regel allein der Abstandflächenplan für die Lage des Baukörpers zum Nachbargrundstück hin ausschlaggebend sei. Das folge aus Sinn und Zweck dieses Plans. Das mag zutreffen. Die Lage des Baukörpers wird jedoch in dem Abstandsflächenplan nicht anders dargestellt als in den übrigen Bauvorlagen. Der Balkon wird vielmehr, wie gesagt, überhaupt nicht dargestellt, was zwar mit Blick auf die Notwendigkeit, mit dem Balkon eine eigene Abstandsfläche einzuhalten, einen Fehler des Plans bedeutet, aber keinen Widerspruch zu den übrigen Bauvorlagen in dem Sinn begründet, dass Unklarheiten über die Abmessungen des geplanten Balkons auf der Nordseite des Gebäudes bestünden.
29 
Das Argument des Verwaltungsgerichts, der Abstandsflächenplan enthalte die Erklärung, dass das Vorhaben nach seiner Lage und Höhe die Abstandsflächen einhalte oder - anders ausgedrückt-, dass es keine Bauteile in den Abstandsflächen gebe, die bei der Darstellung der Abstandsfläche hätten berücksichtigt werden müssen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Ob dem Abstandsflächenplan eine solche Erklärung zu entnehmen ist, kann dabei dahin stehen. Denn selbst wenn man dies bejaht, handelt es sich dabei nur um die Äußerung einer bestimmten, tatsächlich unzutreffenden Rechtsmeinung des Bauherrn bzw. des von ihm beauftragten Planverfassers und unterstreicht damit nur die Unrichtigkeit des Abstandsflächenplans. Der Schluss, der Balkon solle möglicherweise doch nicht so, wie in den übrigen Bauvorlagen dargestellt, errichtet werden, sondern mit einer geringeren Tiefe als 1,50 m, um den in § 5 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 LBO genannten Mindestabstand von 2 m zu der nördlichen Nachbargrenze zu wahren, kann aus dieser Äußerung nicht gezogen werden.
30 
3. Die für eine bauliche Anlage erteilte Baugenehmigung gestattet zum einen die Errichtung der betreffenden Anlage und enthält zum anderen die Feststellung, dass die Anlage den baurechtlichen sowie den anderen von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichenVorschriften nicht widerspricht (Sauter, Komm. zur LBO für Baden-Württemberg, 3. Aufl., § 58 Rn. 4 m.w.N.). Die mit dieser Feststellung verbundene Legalisierungswirkung schließt es aus, die Errichtung der genehmigten Anlage als baurechtswidrigen Zustand zu werten. Ein Einschreiten gegen die Klägerin scheidet danach aus, solange die ihr am 20.4.2010 erteilte Baugenehmigung hinsichtlich des Balkons nicht zurückgenommen worden ist. Darüber, ob eine solche Rücknahme der Baugenehmigung noch möglich wäre, hat der Senat nicht zu befinden.
31 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
33 
Beschluss
34 
Der Streitwert wird unter Änderung des Streitwertbeschlusses des Verwaltungsgerichts sowohl für das Berufungsverfahren als auch für das erstinstanzliche Verfahren auf jeweils 10.000 EUR festgesetzt (§§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 2 und 52 Abs. 1 GKG).
35 
Die für die Festsetzung des Streitwert maßgebliche Bedeutung der Sache für die Klägerin ergibt sich aus den mutmaßlichen Kosten für den geforderten Rückbau des Balkons. Der Senat schätzt diese Kosten auf ungefähr 10.000 EUR. Die Befugnis des Senats, die Festsetzung des Streitwerts für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.
36 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Sept. 2015 - 3 S 741/15

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Sept. 2015 - 3 S 741/15 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 29. Sept. 2015 - 3 S 741/15 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 03. März 2015 - 3 S 1913/14

bei uns veröffentlicht am 03.03.2015

Tenor Die Anträge der Beklagten und der Beigeladenen 1 und 2 auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28. Mai 2014 - 6 K 2034/13 - werden abgelehnt.Die Beklagte und die Beigeladenen 1 und 2 tragen die Kosten

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2014 - 3 S 1962/13

bei uns veröffentlicht am 16.04.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2012 - 5 K 588/11 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Juni 2007 - 3 S 39/07

bei uns veröffentlicht am 13.06.2007

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert. Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungs
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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Beschluss, 27. Juli 2017 - 15 C 14.2047

bei uns veröffentlicht am 27.07.2017

Tenor I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Gründe I. Die Klägerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre beim Verwaltungsgericht Augs

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 04. Sept. 2017 - 2 M 69/17

bei uns veröffentlicht am 04.09.2017

Gründe I. 1 Die Antragstellerin richtet sich gegen die Rücknahme einer ihr erteilten Baugenehmigung. 2 Bei einem Außentermin am 17.02.2015 wurde von Mitarbeitern des Antragsgegners festgestellt, dass die Antragstellerin auf ihrem Grundstück G

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 22. März 2017 - 11 S 266/13

bei uns veröffentlicht am 22.03.2017

Tenor Die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 8. September 2011 - 8 K 3119/09 - werden zurückgewiesen.Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehobe

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Feb. 2016 - 3 S 2167/15

bei uns veröffentlicht am 16.02.2016

Tenor Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 13. Oktober 2015 - 5 K 3722/15 - werden zurückgewiesen.Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlich

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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2012 - 5 K 588/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, einen von ihm errichteten Anbau an ein Wohngebäude abzubrechen.
Der Kläger erwarb im Jahr 2007 das Grundstück Flst.-Nr. ... im Gewann W..., Gemarkung B., U... 13. Zum Zeitpunkt seines Erwerbs war das Grundstück mit einem im Jahr 1985 genehmigten Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m² bebaut. Das Grundstück befindet sich im Bereich des Wochenendhausgebiets „Wanne“. Für dieses Gebiet beschloss der Gemeinderat der Gemeinde B. am 21.3.1961 unter Aufhebung bisher geltender Bestimmungen den Erlass einer „Ortsbausatzung über die Errichtung von Wochenendhäusern auf den Markungen des Gemeindebezirks B.“ (OBS). Nach § 2 OBS sind Wochenendhäuser nur für den vorübergehenden Aufenthalt, insbesondere über das Wochenende oder in Ferienzeiten, bestimmt. Nach § 4 OBS darf die Grundfläche der Wochenendhäuser 35 m² nicht überschreiten.
Schon im Jahr 1994 kam es zu Beschwerden einzelner Grundstückseigentümer gegenüber dem Landratsamt Heilbronn, wonach andere Eigentümer sich über die Regelungen der Ortsbausatzung hinwegsetzten, ihre Wochenendhäuser „schwarz“ erweiterten und zum dauerhaften Wohnen nutzten. Nach einem vom damaligen Dezernenten gebilligten Aktenvermerk vom 9.6.1996 wurde jedoch von einem Einschreiten abgesehen, da es sich um Erweiterungsbauten meist älterer Leute handele und daher mit künftigen Erweiterungen nicht mehr zu rechnen sei. Im Jahr 2007 waren so im Gebiet „Wanne“ eine erhebliche Anzahl von Gebäuden mit einer Grundfläche von mehr als 35 m2 vorhanden sowie eine erhebliche Anzahl von Gebäuden, die zum dauerhaften Wohnen genutzt wurden. Die Voreigentümer des klägerischen Grundstücks schrieben im März 2007 die Stadtverwaltung B.s mit Fragen zur zulässigen Bebauung an und forderten sie zum Einschreiten gegen „illegal erstellte Anbauten“ auf. Dieses Schreiben leitete die Stadtverwaltung mangels Baurechtszuständigkeit an das Landratsamt weiter. Dem Landratsamt kamen in diesem Zusammenhang Zweifel an der Gültigkeit der Ortsbausatzung. In einem von Sachgebietsleiter am 13.4.2007 unterschriebenen Vermerk wurde deswegen vorgeschlagen:
„Weiteres Vorgehen:
1. Erhebung des rechtlichen Status…
2. Zielbesprechung. Bisherigen Baulichkeiten sollen geduldet werden, neue Bauten unter best. festzulegenden Bedingungen genutzt und ggf. neu gebaut werden dürfen. Gemeinde muss hier mit ins Boot genommen werden… Bebauungsplan durch Gemeinde als Ziel“.
Der Bürgermeister der Stadt B. erklärte jedoch im Juni 2007 gegenüber dem Landratsamt, die Aufstellung eine Bebauungsplans sei nicht beabsichtigt. Daraufhin ordnete das Baurechtsamt eine Auflistung der feststellbaren baurechtlichen Verstöße an. Das Vermessungsamt ermittelte danach die Grundflächen der vorhandenen Gebäude und fertigte zwei entsprechende Karten, die das Datum 16.1.2008 tragen Auf dem Grundstück des Klägers ist in den Karten neben einer Garage ein Hauptgebäude mit einer Grundfläche von rund 38 m2 verzeichnet.
Der Sachgebietsleiter der Baurechtsbehörde entschied am 28.3.2008, die Karten dem Bürgermeister zuzuleiten mit der nochmaligen Anregung, einen Bebauungsplan aufzustellen. Falls die Stadt dem nicht nachkomme, würden Bauvorhaben, deren Zustand auf den Karten dokumentiert sei, genehmigt oder zumindest geduldet. Neufälle, die die in den Karten verzeichneten Maße der baulichen Anlagen überschritten, müssten dagegen zurückgebaut werden. Der Bürgermeister antwortete darauf am 17.4.2008, dass für den Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Legalisierung bisheriger Verstöße „auf gar keinen Fall in Betracht“ komme. Man wünsche sogar, Altfälle aufzugreifen.
Bereits Mitte Dezember 2007 hatte das Landratsamt einen Hinweis auf einen Schwarzbau im Bereich des Unteren Wannenwegs erhalten. Daraufhin stellte ein Baukontrolleur am 31.1.2008 auf dem klägerischen Grundstück einen Erweiterungsbau fest, durch den sich die Grundfläche des entstandenen Gesamtgebäudes auf rund 92 m² erhöht. Mit Verfügung vom 4.2.2008 ordnete das Landratsamt die sofortige Einstellung der Bauarbeiten an und forderte den Kläger auf, Planunterlagen einzureichen. Nach einem Aktenvermerk des Landratsamts über einen erneuten Ortstermin am 27.3.2008 wurde „der Anbau zwischenzeitlich fertig gestellt. Der Innenausbau war bis auf Streicharbeiten (gerade in Garage) abgeschlossen. Daher hat sich Herr H. nicht an den Baustopp gehalten“.
Mit Schreiben vom 28.3.2008 wurde der Kläger zum Erlass einer Abbruchs- und Rückbauanordnung angehört. Mit Schriftsatz vom 2.6.2008 legte er Planunterlagen über den Umfang der Baumaßnahmen vor und führte aus, die Bestimmungen der Ortsbausatzung seien durch die tatsächliche Handhabung und Entwicklung in den letzten Jahren wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Nun ausgerechnet gegen ihn einzuschreiten, sei wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig.
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Mit Verfügung vom 4.9.2008 ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger an, den errichteten Anbau abzubrechen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Anbau sei formell und materiell baurechtswidrig. Er sei ohne Baugenehmigung im Außenbereich errichtet worden und könne als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht zugelassen werden, da er Bestimmungen der wirksamen Ortsbausatzung verletze und damit öffentliche Belange beeinträchtige. Das Anordnungsermessen sei dahingehend auszuüben, die Beseitigung des Anbaus zu verlangen. Denn das Interesse des Klägers an der Erhaltung einer durch eigenmächtiges Handeln erlangten Position sei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung baurechtsgemäßer Zustände nachgeordnet. Ein weniger belastendes Mittel stehe nicht zur Verfügung. Die Anordnung verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
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Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 7.10.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Überbauung seines Grundstücks richte sich nicht nach § 35 BauGB, sondern nach § 34 BauGB. Maßgeblich hierfür sei die in der Umgebung tatsächlich vorhandene Bebauung. In diese füge sich sein Bauvorhaben ein.
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Mit Bescheid vom 18.1.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der errichtete Anbau sei materiell rechtswidrig, da er gegen § 4 OBS verstoße, der als Bestimmung eines einfachen Bebauungsplans fortgelte. Dieser einfache Bebauungsplan sei auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Denn das von ihm umfasste Wochenendhausgebiet bestehe aus 101 Grundstücken. Im März 2010 seien auf 33 Grundstücken Wohnsitze gemeldet gewesen und auf 29 Grundstücken sei die Gebäudegrundfläche von 35 m² überschritten worden. Der ganz überwiegende Teil der Grundstücke werde daher nicht entgegen den Regelungen der Ortsbausatzung genutzt. Die Abbruchsanordnung sei auch ermessensfehlerfrei. Zwar sei sie für den Kläger mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden, doch habe er aufgrund seiner Vorgehensweise das Risiko einer baurechtswidrigen Ausführung selbst zu tragen. Die Abbruchsanordnung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser hindere die Baurechtsbehörde bei Schwarzbauten nicht, auch den Abbruch größerer Bauwerke zu verlangen, denn der Bauherr habe in einem solchen Fall bewusst auf eigenes Risiko gehandelt. Ferner verstoße die Abbruchsanordnung auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Das Landratsamt habe sich dazu entschieden, alle Gebäude mit einer Grundfläche von mehr als 35 m², die in einer vom Vermessungsamt gefertigten Karte eingezeichnet seien, nicht mehr aufzugreifen. Dagegen werde gegen alle Gebäude bzw. Gebäudeteile, die in der Karte eine zulässige Gebäudegrundfläche aufwiesen und später vergrößert würden, vorgegangen.
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Der Kläger hat am 18.2.2011 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Mit Urteil vom 9.10.2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Abbruchsanordnung sei nicht zu beanstanden. Denn für den Anbau fehle es an einer Baugenehmigung, er verstoße gegen materielles Recht und auf andere Weise als durch den Erlass der Abbruchsanordnung könnten rechtmäßige Zustände nicht hergestellt werden. Die materielle Rechtswidrigkeit lasse sich allerdings nicht auf einen Verstoß gegen die Ortsbausatzung der Gemeinde B. stützen, das die Satzung mangels Bekanntmachung nicht wirksam zustande gekommen sei. Damit richte sich die Zulässigkeit des Anbaus nach § 35 BauGB. Denn das Vorhaben des Klägers liege nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, da sich die in seiner Umgebung vorhandene Bebauung nicht als Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur darstelle. Als im Außenbereich nicht privilegiertes Vorhaben könne der Anbau des Klägers somit nur zugelassen werden, wenn er keine öffentlichen Belange beeinträchtige. Er lasse jedoch die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Zudem fehle es an einer ausreichenden Erschließung jedenfalls in abwasserrechtlicher Hinsicht. Das somit eröffnete Ermessen zum Erlass einer Abbruchsanordnung sei fehlerfrei ausgeübt worden. Insbesondere fehle es an Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dieser Grundsatz gebiete es nicht, rechtswidrige Zustände stets „flächendeckend“ zu bekämpfen. Die Baurechtsbehörde müsse sich für ihr Vorgehen nur bestimmte Regeln setzen und diese auch befolgen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz werde nur dann begründet, wenn sie zeitgleich oder später errichtete vergleichbare Vorhaben ungleich behandele. Nach diesen Maßgaben habe das Landratsamt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Denn es sei gegen den klägerischen Anbau noch in dessen Errichtungsphase eingeschritten. Weiter sei glaubhaft, dass seither gegen jeden weiteren bekannt gewordenen Fall eines Ausbaus der Häuser im Gewann Wanne eingeschritten werde.
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Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 11.9.2013 die Berufung zugelassen.
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Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung geltend, die angefochtene Abbruchsanordnung und der Widerspruchsbescheid seien rechtswidrig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abbruchsanordnung fehlten und überdies das Anordnungsermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei. Der Anordnungstatbestand sei nicht erfüllt, da das vergrößerte Wohnhaus planungsrechtlich zulässig sei. Die Ortsbausatzung der Gemeinde B. über die Bebauung des Wochenendhausgebiets sei nicht wirksam zustande gekommen und damit für die Zulässigkeit des Anbaus ohne Bedeutung. Das Baugrundstück liege in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht verneint, dass der Bebauungskomplex im Bereich Wanne Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Denn dieser Komplex, insbesondere auch entlang des U... Wegs, bestehe aus Wochenendhäusern und massiven Wohnhäusern, häufig mit Grundflächen zwischen 76 m2 bis zu 112 m2. Ob dieser Bebauungskomplex als städtebauliche Einheit in Erscheinung trete oder stark durchgrünt sei, sei für die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ebenso unerheblich wie seine Entstehungsgeschichte. In die solchermaßen gebildete Umgebungsbebauung füge sich sein Wohngebäude mit Anbau ein. Das gelte auch für das Maß der baulichen Nutzung. Denn die Grundfläche des entstandenen Gesamtgebäudes mit rund 92 m2 füge sich in die Bandbreite der in der Umgebung vorhandenen Grundflächen von Wohnhäusern ein. Nicht anderes gelte für die Zahl der Vollgeschosse, weil das neu entstandene Gebäude nur eines aufweise und seine Firsthöhe mit 4,3 m auf der Südseite dem durch die Umgebung geprägten Rahmen entspreche. Selbst wenn man zur Auffassung komme, der Anbau sei doch rechtswidrig, sei jedenfalls das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden. Denn dem Konzept des Landratsamts für ein bauaufsichtliches Einschreiten liege zugrunde, nur gegen bauliche Anlagen einzuschreiten, die nach dem 16.1.2008, dem Tag der Erstellung der beiden Karten des Vermessungsamts, errichtet worden seien. Zu diesem Stichtag sei sein Anbau aber längst vollständig fertig gestellt gewesen. Dagegen sei das Landratsamt gegen andere bauliche Anlagen, die nach dem 16.1.2008 errichtet worden seien, bislang nicht eingeschritten. In einem Fall, auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., habe das Landratsamt sogar ein Gebäude mit einer Grundfläche von rund 70 m2 genehmigt.
16 
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9.10.2012 - 5 K 588/11 - zu ändern und die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 aufzuheben.
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Das beklagte Land beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
20 
Es erwidert, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abbruchsanordnung lägen vor. Das Vorhabengrundstück liege im Außenbereich. Für die Annahme, dort bestehe ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, fehle es schon an einer organischen Siedlungsstruktur. Das Verwaltungsgericht habe nach Einnahme eines Augenscheins aus dem Umständen des Einzelfalls zu Recht geschlossen, dass es sich bei der Bebauung im Bereich Wanne um eine Splittersiedlung handele. Selbst wenn das anders zu sehen sein und doch ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegen sollte, füge sich das klägerische Vorhaben nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein. Da das Wohnhaus des Klägers durch seine äußere Erscheinungsform die Umgebung dominiere, sei der Rahmen, der zur Beurteilung seines Einfügens zu wählen sei, weit zu ziehen und entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die auf der nördlichen Seite des U... Wegs belegenen Vorhaben zu beschränken. In den so zu bestimmenden Rahmen füge sich ein Gebäude mit 92 m2 Grundfläche keinesfalls ein. Eines der angrenzenden Wohnhäuser habe z.B. nur eine Grundfläche von 50 m2. Von 68 Wochenend-/Wohnhäusern hätten 49 eine Grundfläche von lediglich bis zu 39 m². Lediglich sieben bis acht hätten eine Grundfläche von 73 bis 94 m². Sei der Anbau somit in jedem Fall planungsrechtlich unzulässig, lasse die Ausübung des Anordnungsermessens keine Fehler erkennen. Das Einschreiten gegen das klägerische Vorhaben sei nicht gleichheitswidrig, zumal es am 16.1.2008 nicht fertiggestellt gewesen sei. Dagegen spreche schon, dass am 31.1.2008 noch ein Gerüst angebracht gewesen sei und selbst am 27.3.2008 noch Malerarbeiten stattgefunden hätten. Was die übrigen Baulichkeiten betreffe, warte das Landratsamt den Ausgang dieses Verfahrens als Musterverfahren ab. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... sei zwar im Jahr 1997 ein Gebäude genehmigt worden, doch nur dessen Untergeschoss überschreite die 35 m2 Grenze deutlich, nicht aber seine oberirdische Gebäudeteile.
21 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.
22 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts, des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landratsamts Heilbronn verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist auch sonst zulässig, insbesondere - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Vorsitzenden - fristgerecht (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und ausreichend (§ 124a Abs. 3 VwGO) begründet worden. Sie dringt aber in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 und den diese bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 zu Recht abgewiesen. Denn beide Bescheide sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann das Landratsamt als zuständige untere Baurechtsbehörde (§§ 46 Abs. 1 Nr. 3 u. 48 Abs. 1 LBO) den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach dieser Ermächtigungsgrundlage liegen hinsichtlich des Anbaus des Klägers vor. Denn seine Errichtung war und ist baurechtswidrig (I.), rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch den Erlass einer Abbruchsanordnung hergestellt werden (II.) und die erfolgte Ausübung des Anordnungsermessens ist nicht zu beanstanden (III.).
I.
25 
Das durch den Anbau des Klägers vergrößerte Wohngebäude verstößt fortlaufend gegen materielles Baurecht.
26 
Ein nach § 65 Satz 1 LBO erforderlicher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setzt mit Rücksicht auf den durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz; Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Reichelt/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1128).
27 
Der von dem Kläger errichtete Anbau, der unstreitig nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist, widerspricht dem materiellen Baurecht. Zwar ist die Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, gegen deren Bestimmungen das klägerische Vorhaben verstoßen würde, nie wirksam in Kraft gesetzt worden (dazu 1.). Das Grundstück des Klägers liegt auch nicht im Außenbereich, sondern in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (2.). Doch nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu 3.), so dass es keiner Entscheidung des Senats bedarf, ob seine Erschließung gesichert ist.
28 
1. Der Anbau des Klägers verstößt nicht gegen die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, da diese nie Wirksamkeit erlangt hat.
29 
Mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass es an der nach § 174 Abs. 1 BBauG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 WürttBauO 1910 (RegBl. S. 333) erforderlichen Bekanntmachung der Ortsbausatzung nach ihrer Genehmigung durch die damalige Aufsichtsbehörde fehlt, wobei dahinstehen kann, ob sich das Genehmigungserfordernis, wie das Verwaltungsgericht meint, aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Baugestaltung (v. 10.11.1936, RGBl I, S. 938), aus Art. 4 WürttBauO 1910 oder aus § 10 Aufbaugesetz (v. 18.8.1948, RegBl. S. 127) ergab.
30 
2. Das Vorhabengrundstück liegt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern in einem Bebauungszusammenhang, der einen Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet.
31 
Ein vorhandener Bebauungszusammenhang ist als Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, st. Rspr seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. d. Senats v. 17.10.2003 - 3 S 2298/02 - VBlBW 2004, 345). Das ist beim Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ der Fall.
32 
a) Im Gebiet „Wanne“ befinden sich - abgesehen von einigen Nebengebäuden wie Schuppen - insgesamt rund 69 Häuser. Allerdings ist nicht jede bauliche Anlage geeignet, zu einem „Bebauungszusammenhang“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beizutragen, sondern nur solche, die für eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Abzustellen ist dabei regelmäßig auf den durch die Baugenehmigung vorgegebenen Nutzungszweck (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012 - 3 L 3/08 - juris).
33 
Danach bestünde im Bereich „Wanne“ kein Bebauungszusammenhang, weil kein einziges der vorhandenen Häuser für eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen genehmigt worden ist. Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz gilt aber dann, wenn sich die zuständige Behörde mit einer von den erteilten Baugenehmigungen abweichenden kontinuierlichen Wohnnutzung auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Denn das zuständige Landratsamt hat aktenkundig bereits in den 90er-Jahren auf ein Einschreiten gegenüber den schon damals dauerhaft dort Wohnenden verzichtet. Damit sind derzeit rund 25 Häuser, deren Nutzung zum dauerhaften Wohnen seit langem geduldet wird, in der Umgebung des Grundstücks des Klägers vorhanden.
34 
b) Diese Anzahl maßstabsbildender Baulichkeiten hat das erforderliche Gewicht zur Bildung eines Ortsteils, zumal zur Stadt B. auch eingemeindete Teilorte mit nur rund 30 Einwohnern gehören.
35 
c) Der zusammenhängende Bebauungskomplex aus rund 25 geduldet zum dauerhaften Wohnen benutzten Häusern, rund 45 Wochenendhäusern und einigen Nebengebäuden ist Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dieser Begriff ist aus der Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) zu verstehen (st. Rspr. d. BVerwG seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.68 - BVerwGE 31, 22; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Der Annahme einer organischen Siedlungsstruktur steht insbesondere entgegen, wenn es sich um eine Anhäufung nur behelfsmäßiger Bauten oder eine völlig regellos angeordnete Bebauung handelt. Dagegen kann nicht gefordert werden, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist. Ebenso unerheblich ist, ob die Infrastruktur des Bebauungskomplexes ein eigenständiges Leben dort gestattet (Urt. des Senats v. 10.9.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Zu fragen ist vielmehr, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben (Urt. des Senats v. 10.7.2006, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
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Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, es fehle an dem Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur des Bebauungskomplexes im Bereich „Wanne“, primär auf den optischen Eindruck gestützt, wonach dort große durchgrünte Grundstücke mit nur schmalen Wegen vorhanden seien und dem Betrachter nur vereinzelt bauliche Anlagen auffielen, die zudem noch sehr „verschieden“ seinen. Dieser optische Eindruck werde durch Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes bestätigt. Denn der Komplex sei nicht selbständig und natürlich gewachsen, sondern auf Grund der (unerkannt unwirksamen) Ortsbausatzung dort bewusst und gewollt entstanden. Während auf vielen Grundstücken deren Vorgaben eingehalten würden, sei es auf anderen zunehmend zu Abweichungen gekommen.
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Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die - in der Tat vorhandene - starke „Durchgrünung“ steht einer organischen Siedlungsstruktur nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht angeführte Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes gilt das Gleiche. Das Vorliegen eines Ortsteils ist ausschließlich nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung kommt es daher nicht an (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Hinzu kommt, dass der Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung einen sehr homogenen Eindruck vermittelt, da er nur aus Wohnhäuser, Wochenendhäuser und den dazugehörigen Nebenanlagen besteht. Auch deren Anordnung entlang der Wege und auf den einzelnen Grundstücken lässt deutlich regelhafte Züge erkennen.
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3. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre das Vorhaben des Klägers nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei nicht etwa nur der Anbau des Klägers, sondern sein durch den Anbau erweitertes Wohnhaus (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81). Dieses fügt sich jedenfalls hinsichtlich des Maßes seiner baulichen Nutzung nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein.
39 
a) Die „nähere Umgebung“ des zu beurteilenden Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie sich die Ausführung des zu beurteilenden Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.3.2012 - 5 S 1778/11 - BauR 2013, 20). Der die nähere Umgebung prägende Rahmen ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Merkmale getrennt zu bestimmen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - ZfBR 1998, 164).
40 
b) Der Senat kann nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins offen lassen, ob die das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Grundstücks prägende nähere Umgebung der gesamte Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ bildet, wofür Vieles spricht, oder nur ein engerer Teilbereich, etwa entlang des U... Wegs. Denn in beiden Fällen überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers den Rahmen, wie er durch die nähere Umgebung geprägt wird, löst dadurch auch bodenrechtliche Spannungen aus und fügt sich somit nicht ein.
41 
aa) Zur Bestimmung dieses Rahmens kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Bestimmungen der (unwirksamen) Ortsbausatzung abgestellt werden. Beurteilungsmaßstab für das „Sich-Einfügen“ eines Vorhabens ist das tatsächlich in der maßgeblichen Umgebung prägend Vorhandene. Daran ändert sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn die vorhandene Orts- bzw. Bebauungsstruktur das Ergebnis der Verwirklichung eines nichtigen Bebauungsplans ist (BVerwG, Beschl. v. 10.1.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Den Festsetzungen eines solchen Plans kann deshalb auch § 34 BauGB nicht - mittelbar - zur Durchsetzung verhelfen.
42 
Wie sich bereits aus den Akten des Landratsamts ergibt und sich bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt hat, sind im Gebiet „Wanne“ zahlreiche Wohngebäude vorhanden, die die Festsetzungen der Ortsbausatzung zum Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreiten. Das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers geht jedoch selbst über die den Rahmen mitprägenden größeren vorhandenen Wohngebäude noch hinaus. Zwar bewegt sich die Grundfläche von rund 92 m2 möglicherweise noch im Rahmen der Umgebungsbebauung, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein Gebäude mit einer sogar noch etwas größeren Grundfläche vorhanden ist. Die Kombination aus einer Grundfläche von rund 92 m2 und der über die gesamte Grundfläche in Erscheinung tretenden beträchtlichen Höhenentwicklung des Gesamtgebäudes des Klägers führt jedoch dazu, dass das Gebäude den Rahmen der Umgebungsbebauung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet. Hinsichtlich des Vergleichs mit den Grundflächen anderer Wohngebäude hat die Klägervertreterin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Gebiet Wanne entgegen ihres schriftsätzlichen Vortrags kein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 112 m2 vorhanden ist. Es gibt nur ein einziges Wohngebäude mit einer der Grundfläche des Vorhabens des Klägers vergleichbar großen Grundfläche, nämlich das Gebäude U... Wegs 22 (so die Bezeichnung in den Karten des Landratsamts) auf dem bereits erwähnten Grundstück FlSt.-Nr. ... Die größten übrigen Wohngebäude haben Grundflächen von jedenfalls unter 85 m2. Dieses einzige Gebäude mit vergleichbar großer Grundfläche U... Weg 22 tritt aber selbst auf seiner hangabwärtigen Nordseite nur als bungalowartiges eingeschossiges Gebäude in Erscheinung. Dagegen besitzt das erweiterte Wohnhaus des Klägers ein nach Norden hin freistehendes Untergeschoss, ein Erdgeschoss und ein Dachgeschoss, wirkt also zur Nordseite hin dreigeschossig. Eine ähnliche optische Wirkung seiner Höhenentwicklung entfaltet zwar das östliche Nachbargebäude U... Weg 15 (Flst.-Nr....), jedoch ist dessen Grundfläche mit 84 m2 wahrnehmbar geringer, zumal ein Teil davon auf einen Anbau entfällt, der nur im Untergeschoss besteht. Die Wohngebäude mit den nächstgrößeren Grundflächen M... Weg 6 und 8 sowie O... Weg 5 haben Grundflächen von 83 m2 oder weniger.
43 
bb) Überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Gesamtgebäudes somit deutlich den Rahmen der durch die Umgebung gebildeten Bebauung, würde es sich nur dann einfügen, wenn es gleichwohl keine bodenrechtlichen Spannungen hervorriefe (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Bodenrechtliche Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung hervorrufen, insbesondere, weil sie eine negative Vorbildwirkung haben (BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Es ist offensichtlich, dass das durch den Anbau vergrößerte Wohngebäude des Klägers eine solche negative Vorbildwirkung hat, weil es selbst die Eigentümer, deren Gebäude die Vorgaben der unwirksamen Ortsbausatzung schon jetzt merklich überschreiten, einen Anreiz dazu geben kann, ihre Gebäude in einer mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Weise weiter auszubauen.
II.
44 
Auf andere Weise als durch Erlass einer Abbruchsanordnung lassen sich rechtmäßige Zustände auf dem Grundstück des Klägers nicht herstellen.
45 
Diese Erfordernis des § 65 Satz 1 LBO gebietet die Prüfung, ob nicht Gesetzesverstöße durch Befreiungen oder Ausnahmen nach geheilt werden können oder ob nicht Nebenbestimmungen oder weniger weitreichende Verfügungen ausreichen (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 65 Rn. 9). Das ist beim Anbau des Klägers nicht der Fall. Die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau kommt mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht in Betracht. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist nicht möglich, wenn sich die Zulässigkeit des zu beurteilenden Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 - BauR 2014, 231; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Sept. 2013, § 31 Rn. 19. Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist zur Erreichung des mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zwecks, den Verstoß gegen Bauplanungsrecht durch einen zu große Grundfläche und ein zu großes Volumen zu beseitigen, offensichtlich nicht geeignet. Das Landratsamt hatte schließlich keine Pflicht, ohne konkrete Angebote des Klägers nach sinnvollen Verkleinerungsmöglichkeiten zu forschen (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1994 - 4 B 21.94 - juris m.w.N.). Die Möglichkeit, dem Landratsamt ein solches Angebot zu unterbreiten, steht dem Kläger jedoch weiterhin - etwa auch zur Abwendung einer Vollstreckung - offen.
III.
46 
Die Ausübung des Ermessens durch das beklagten Land lässt keine vom Gericht überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG) erkennen.
47 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 65 Satz 1 LBO und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Sauter, LBO für Bad.-Württ., Stand Nov. 2013, § 65 Rn. 44; Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1139). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 11.4.2002 - 4 C 4.01 - NVwZ 2002, 1250 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
48 
1. Zwar haben sich die Ermessenserwägungen in Ausgangsverfügung und Widerspruchsbescheid noch daran orientiert, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die wirksame Ortsbausatzung, was, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Der Beklagte hat jedoch in seinen gerichtlichen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Erwägungen auch für den Fall ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), dass das Vorhaben des Klägers in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht worden sein sollte.
49 
2. Der Kläger hält dem Landratsamt vor, es habe durch Erlass der Abbruchsanordnung in zweifacher Weise gleichheitswidrig gehandelt. Denn es habe beschlossen, gegen „Altfälle“ nicht vorzugehen, fordere aber ihn dennoch zum Abbruch seines Anbaus auf, obwohl er ihn vor dem 16.1.2008 bereits vollständig fertiggestellt gehabt habe. Zum anderen lasse das Landratsamt die notwendige Konsequenz gegenüber ihm bekannten „Neufällen“, d.h. der Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen nach dem 16.1.2008, vermissen. Auch mit dieser Argumentation vermag der Kläger nicht durchzudringen.
50 
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Zustände, die bei mehreren Grundstücke vorliegen, nicht stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die zuständige Behörde auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzugeben vermag (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR 1997, 465). Wenn sich innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs mehrere rechtswidrige Anlagen befinden und nicht gegen alle eingeschritten wird, muss dem behördlichen Einschreiten allerdings ein der jeweiligen Sachlage angemessenes Konzept zugrunde liegen (Reichelt/Schule, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1141 m.w.N.). Grundvoraussetzung hierfür ist unter anderem eine systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands. Ist der Träger der Baurechtsbehörde - wie hier - nicht Träger der Bauleitplanung, kann wegen des Gewichts der kommunalen Planungshoheit auch eine Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung geboten sein.
51 
aa) Diesen Verpflichtungen entsprechend ist das Landratsamt bereits lange vor dem Hinweis vom 13.12.2007 auf einen „Schwarzbau“ auf dem Grundstück des Klägers am 13.4.2007 nach einer schriftlichen Forderung des Voreigentümers in Überlegungen über sein künftiges Handeln im Gebiet „Wanne“ eingetreten. Das Ergebnis dieser Überlegungen hat es in einem Aktenvermerk vom 13.4.2007 niedergelegt. Danach sollte die Gültigkeit der Ortsbausatzung geprüft und ggf. bei der Gemeinde B. der Erlass eines Bebauungsplans angeregt werden. Sollte ein Bebauungsplan nicht zustande kommen, sollten die vorhandenen Bauten „auf Grundlage des vom Vermessungsamt erstellten Kartenmaterials akzeptiert“ werden. Neufälle, die in der Karte des Vermessungsamts nicht enthalten seien, sollten dagegen künftig auf das in der Satzung geregelte Maß zurückgebaut werden.
52 
Der Ausdruck des vom Vermessungsamt erstellten Bestandsplans trägt zwar das Datum 16.1.2008. Nach den Darlegungen des Landratsamts beruht dieser Plan aber auf einer Erfassung des Vermessungsamts durch eine Ortsbegehung mit Ausmessung der Gebäude im Dezember 2006. Nachdem der Gemeinderat der Stadt B. im April 2008 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets abgelehnt hatte, legte die Baurechtsbehörde - wie der Vertreter des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - entsprechend dem im April 2007 entwickelten Konzept für ihr künftiges Einschreiten - den in den Karten des Vermessungsamts (mit dem Stand Dezember 2006) eingezeichneten Bestand zugrunde. Dieser darf erhalten bleiben, jede darüberhinausgehende Erweiterung ist zurückzubauen. In diesem Plan ist auf dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. ... nur ein Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m2 eingezeichnet, was auch dem Vortrag des Klägers entspricht, wonach er mit der Errichtung des Anbaus erst im September 2007 begonnen hat.
53 
Der Kläger meint, da er seinen Anbau vor dem 16.1.2008, dem Ausfertigungsdatum der Karte, vollständig errichtet habe, zähle sein Anbau zu den „Altfällen“ des Konzepts des Landratsamts und dürfe bestehen bleiben. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dieser Einwand in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ob also der Anbau des Klägers am 16.1.2008 bereits fertiggestellt war. Daran bestehen allerdings schon deswegen erhebliche Zweifel, weil ein Baukontrolleur des Landratsamts noch am 31.1.2008 Veranlassung sah, eine Baueinstellung zu verfügen. Der Einwand ist aber unabhängig davon jedenfalls in rechtlicher Hinsicht unbegründet, da der Kläger damit den Bedeutungsgehalt des Einschreitenskonzepts des Landratsamts verkennt. Das Landratsamt hatte schon im April 2007 und damit vor dem Erwerb des Baugrundstücks durch den Kläger die Grundzüge seines künftigen Eingreifens aktenkundig dokumentiert und gleichzeitig die nach der Rechtsprechung erforderlichen Schritte zur Umsetzung des Konzepts eingeleitet. Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn das Landratsamt sich dazu entscheidet, auch gegen ein Bauwerk einzuschreiten, das während der für die Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen (Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung, Erstellung eines Bestandsplans) errichtet worden ist. Die Argumentation des Klägers könnte allenfalls dann verfangen, wenn er sein Bauwerk zwischen dem Zeitpunkt der dem Bestandsplan zugrundeliegenden Ortsbegehung im Dezember 2006 und dem Vermerk über das Einschreitenskonzept im April 2007 errichtet hätte, was aber unzweifelhaft nicht der Fall war.
54 
bb) Ebenso fehlt es an Hinweisen, dass das Landratsamt in gleichheitswidriger Weise gegen später erstellte rechtswidrige bauliche Anlagen nicht vorgeht. Auf der Grundlage der Auffassung des Senats, wonach die vorhandene Bebauung im Gewann Wanne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bildet und der aus der Umgebungsbebauung abzuleitende Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung das in der unwirksamen Ortsbausatzung festgesetzte Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet, wäre nur ein Untätigbleiben bei Neubauten und Anbauten, die den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten, gleichheitswidrig. Solche Vorhaben hat der Kläger nicht benannt; sie waren für den Senat bei der Einnahme seines Augenscheins auch nicht erkennbar.
IV.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
57 
Beschluss vom 9. April 2014
58 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs in seinen Fassungen von 2004 und 2013 entsprechend der Angaben des Klägers zum Zeitwert der Anlage sowie den geschätzte Abbruchskosten auf 100.000 EUR festgesetzt.
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist auch sonst zulässig, insbesondere - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Vorsitzenden - fristgerecht (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und ausreichend (§ 124a Abs. 3 VwGO) begründet worden. Sie dringt aber in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 und den diese bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 zu Recht abgewiesen. Denn beide Bescheide sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann das Landratsamt als zuständige untere Baurechtsbehörde (§§ 46 Abs. 1 Nr. 3 u. 48 Abs. 1 LBO) den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach dieser Ermächtigungsgrundlage liegen hinsichtlich des Anbaus des Klägers vor. Denn seine Errichtung war und ist baurechtswidrig (I.), rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch den Erlass einer Abbruchsanordnung hergestellt werden (II.) und die erfolgte Ausübung des Anordnungsermessens ist nicht zu beanstanden (III.).
I.
25 
Das durch den Anbau des Klägers vergrößerte Wohngebäude verstößt fortlaufend gegen materielles Baurecht.
26 
Ein nach § 65 Satz 1 LBO erforderlicher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setzt mit Rücksicht auf den durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz; Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Reichelt/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1128).
27 
Der von dem Kläger errichtete Anbau, der unstreitig nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist, widerspricht dem materiellen Baurecht. Zwar ist die Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, gegen deren Bestimmungen das klägerische Vorhaben verstoßen würde, nie wirksam in Kraft gesetzt worden (dazu 1.). Das Grundstück des Klägers liegt auch nicht im Außenbereich, sondern in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (2.). Doch nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu 3.), so dass es keiner Entscheidung des Senats bedarf, ob seine Erschließung gesichert ist.
28 
1. Der Anbau des Klägers verstößt nicht gegen die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, da diese nie Wirksamkeit erlangt hat.
29 
Mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass es an der nach § 174 Abs. 1 BBauG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 WürttBauO 1910 (RegBl. S. 333) erforderlichen Bekanntmachung der Ortsbausatzung nach ihrer Genehmigung durch die damalige Aufsichtsbehörde fehlt, wobei dahinstehen kann, ob sich das Genehmigungserfordernis, wie das Verwaltungsgericht meint, aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Baugestaltung (v. 10.11.1936, RGBl I, S. 938), aus Art. 4 WürttBauO 1910 oder aus § 10 Aufbaugesetz (v. 18.8.1948, RegBl. S. 127) ergab.
30 
2. Das Vorhabengrundstück liegt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern in einem Bebauungszusammenhang, der einen Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet.
31 
Ein vorhandener Bebauungszusammenhang ist als Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, st. Rspr seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. d. Senats v. 17.10.2003 - 3 S 2298/02 - VBlBW 2004, 345). Das ist beim Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ der Fall.
32 
a) Im Gebiet „Wanne“ befinden sich - abgesehen von einigen Nebengebäuden wie Schuppen - insgesamt rund 69 Häuser. Allerdings ist nicht jede bauliche Anlage geeignet, zu einem „Bebauungszusammenhang“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beizutragen, sondern nur solche, die für eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Abzustellen ist dabei regelmäßig auf den durch die Baugenehmigung vorgegebenen Nutzungszweck (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012 - 3 L 3/08 - juris).
33 
Danach bestünde im Bereich „Wanne“ kein Bebauungszusammenhang, weil kein einziges der vorhandenen Häuser für eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen genehmigt worden ist. Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz gilt aber dann, wenn sich die zuständige Behörde mit einer von den erteilten Baugenehmigungen abweichenden kontinuierlichen Wohnnutzung auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Denn das zuständige Landratsamt hat aktenkundig bereits in den 90er-Jahren auf ein Einschreiten gegenüber den schon damals dauerhaft dort Wohnenden verzichtet. Damit sind derzeit rund 25 Häuser, deren Nutzung zum dauerhaften Wohnen seit langem geduldet wird, in der Umgebung des Grundstücks des Klägers vorhanden.
34 
b) Diese Anzahl maßstabsbildender Baulichkeiten hat das erforderliche Gewicht zur Bildung eines Ortsteils, zumal zur Stadt B. auch eingemeindete Teilorte mit nur rund 30 Einwohnern gehören.
35 
c) Der zusammenhängende Bebauungskomplex aus rund 25 geduldet zum dauerhaften Wohnen benutzten Häusern, rund 45 Wochenendhäusern und einigen Nebengebäuden ist Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dieser Begriff ist aus der Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) zu verstehen (st. Rspr. d. BVerwG seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.68 - BVerwGE 31, 22; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Der Annahme einer organischen Siedlungsstruktur steht insbesondere entgegen, wenn es sich um eine Anhäufung nur behelfsmäßiger Bauten oder eine völlig regellos angeordnete Bebauung handelt. Dagegen kann nicht gefordert werden, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist. Ebenso unerheblich ist, ob die Infrastruktur des Bebauungskomplexes ein eigenständiges Leben dort gestattet (Urt. des Senats v. 10.9.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Zu fragen ist vielmehr, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben (Urt. des Senats v. 10.7.2006, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
36 
Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, es fehle an dem Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur des Bebauungskomplexes im Bereich „Wanne“, primär auf den optischen Eindruck gestützt, wonach dort große durchgrünte Grundstücke mit nur schmalen Wegen vorhanden seien und dem Betrachter nur vereinzelt bauliche Anlagen auffielen, die zudem noch sehr „verschieden“ seinen. Dieser optische Eindruck werde durch Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes bestätigt. Denn der Komplex sei nicht selbständig und natürlich gewachsen, sondern auf Grund der (unerkannt unwirksamen) Ortsbausatzung dort bewusst und gewollt entstanden. Während auf vielen Grundstücken deren Vorgaben eingehalten würden, sei es auf anderen zunehmend zu Abweichungen gekommen.
37 
Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die - in der Tat vorhandene - starke „Durchgrünung“ steht einer organischen Siedlungsstruktur nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht angeführte Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes gilt das Gleiche. Das Vorliegen eines Ortsteils ist ausschließlich nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung kommt es daher nicht an (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Hinzu kommt, dass der Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung einen sehr homogenen Eindruck vermittelt, da er nur aus Wohnhäuser, Wochenendhäuser und den dazugehörigen Nebenanlagen besteht. Auch deren Anordnung entlang der Wege und auf den einzelnen Grundstücken lässt deutlich regelhafte Züge erkennen.
38 
3. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre das Vorhaben des Klägers nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei nicht etwa nur der Anbau des Klägers, sondern sein durch den Anbau erweitertes Wohnhaus (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81). Dieses fügt sich jedenfalls hinsichtlich des Maßes seiner baulichen Nutzung nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein.
39 
a) Die „nähere Umgebung“ des zu beurteilenden Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie sich die Ausführung des zu beurteilenden Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.3.2012 - 5 S 1778/11 - BauR 2013, 20). Der die nähere Umgebung prägende Rahmen ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Merkmale getrennt zu bestimmen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - ZfBR 1998, 164).
40 
b) Der Senat kann nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins offen lassen, ob die das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Grundstücks prägende nähere Umgebung der gesamte Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ bildet, wofür Vieles spricht, oder nur ein engerer Teilbereich, etwa entlang des U... Wegs. Denn in beiden Fällen überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers den Rahmen, wie er durch die nähere Umgebung geprägt wird, löst dadurch auch bodenrechtliche Spannungen aus und fügt sich somit nicht ein.
41 
aa) Zur Bestimmung dieses Rahmens kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Bestimmungen der (unwirksamen) Ortsbausatzung abgestellt werden. Beurteilungsmaßstab für das „Sich-Einfügen“ eines Vorhabens ist das tatsächlich in der maßgeblichen Umgebung prägend Vorhandene. Daran ändert sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn die vorhandene Orts- bzw. Bebauungsstruktur das Ergebnis der Verwirklichung eines nichtigen Bebauungsplans ist (BVerwG, Beschl. v. 10.1.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Den Festsetzungen eines solchen Plans kann deshalb auch § 34 BauGB nicht - mittelbar - zur Durchsetzung verhelfen.
42 
Wie sich bereits aus den Akten des Landratsamts ergibt und sich bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt hat, sind im Gebiet „Wanne“ zahlreiche Wohngebäude vorhanden, die die Festsetzungen der Ortsbausatzung zum Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreiten. Das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers geht jedoch selbst über die den Rahmen mitprägenden größeren vorhandenen Wohngebäude noch hinaus. Zwar bewegt sich die Grundfläche von rund 92 m2 möglicherweise noch im Rahmen der Umgebungsbebauung, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein Gebäude mit einer sogar noch etwas größeren Grundfläche vorhanden ist. Die Kombination aus einer Grundfläche von rund 92 m2 und der über die gesamte Grundfläche in Erscheinung tretenden beträchtlichen Höhenentwicklung des Gesamtgebäudes des Klägers führt jedoch dazu, dass das Gebäude den Rahmen der Umgebungsbebauung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet. Hinsichtlich des Vergleichs mit den Grundflächen anderer Wohngebäude hat die Klägervertreterin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Gebiet Wanne entgegen ihres schriftsätzlichen Vortrags kein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 112 m2 vorhanden ist. Es gibt nur ein einziges Wohngebäude mit einer der Grundfläche des Vorhabens des Klägers vergleichbar großen Grundfläche, nämlich das Gebäude U... Wegs 22 (so die Bezeichnung in den Karten des Landratsamts) auf dem bereits erwähnten Grundstück FlSt.-Nr. ... Die größten übrigen Wohngebäude haben Grundflächen von jedenfalls unter 85 m2. Dieses einzige Gebäude mit vergleichbar großer Grundfläche U... Weg 22 tritt aber selbst auf seiner hangabwärtigen Nordseite nur als bungalowartiges eingeschossiges Gebäude in Erscheinung. Dagegen besitzt das erweiterte Wohnhaus des Klägers ein nach Norden hin freistehendes Untergeschoss, ein Erdgeschoss und ein Dachgeschoss, wirkt also zur Nordseite hin dreigeschossig. Eine ähnliche optische Wirkung seiner Höhenentwicklung entfaltet zwar das östliche Nachbargebäude U... Weg 15 (Flst.-Nr....), jedoch ist dessen Grundfläche mit 84 m2 wahrnehmbar geringer, zumal ein Teil davon auf einen Anbau entfällt, der nur im Untergeschoss besteht. Die Wohngebäude mit den nächstgrößeren Grundflächen M... Weg 6 und 8 sowie O... Weg 5 haben Grundflächen von 83 m2 oder weniger.
43 
bb) Überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Gesamtgebäudes somit deutlich den Rahmen der durch die Umgebung gebildeten Bebauung, würde es sich nur dann einfügen, wenn es gleichwohl keine bodenrechtlichen Spannungen hervorriefe (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Bodenrechtliche Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung hervorrufen, insbesondere, weil sie eine negative Vorbildwirkung haben (BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Es ist offensichtlich, dass das durch den Anbau vergrößerte Wohngebäude des Klägers eine solche negative Vorbildwirkung hat, weil es selbst die Eigentümer, deren Gebäude die Vorgaben der unwirksamen Ortsbausatzung schon jetzt merklich überschreiten, einen Anreiz dazu geben kann, ihre Gebäude in einer mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Weise weiter auszubauen.
II.
44 
Auf andere Weise als durch Erlass einer Abbruchsanordnung lassen sich rechtmäßige Zustände auf dem Grundstück des Klägers nicht herstellen.
45 
Diese Erfordernis des § 65 Satz 1 LBO gebietet die Prüfung, ob nicht Gesetzesverstöße durch Befreiungen oder Ausnahmen nach geheilt werden können oder ob nicht Nebenbestimmungen oder weniger weitreichende Verfügungen ausreichen (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 65 Rn. 9). Das ist beim Anbau des Klägers nicht der Fall. Die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau kommt mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht in Betracht. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist nicht möglich, wenn sich die Zulässigkeit des zu beurteilenden Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 - BauR 2014, 231; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Sept. 2013, § 31 Rn. 19. Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist zur Erreichung des mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zwecks, den Verstoß gegen Bauplanungsrecht durch einen zu große Grundfläche und ein zu großes Volumen zu beseitigen, offensichtlich nicht geeignet. Das Landratsamt hatte schließlich keine Pflicht, ohne konkrete Angebote des Klägers nach sinnvollen Verkleinerungsmöglichkeiten zu forschen (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1994 - 4 B 21.94 - juris m.w.N.). Die Möglichkeit, dem Landratsamt ein solches Angebot zu unterbreiten, steht dem Kläger jedoch weiterhin - etwa auch zur Abwendung einer Vollstreckung - offen.
III.
46 
Die Ausübung des Ermessens durch das beklagten Land lässt keine vom Gericht überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG) erkennen.
47 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 65 Satz 1 LBO und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Sauter, LBO für Bad.-Württ., Stand Nov. 2013, § 65 Rn. 44; Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1139). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 11.4.2002 - 4 C 4.01 - NVwZ 2002, 1250 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
48 
1. Zwar haben sich die Ermessenserwägungen in Ausgangsverfügung und Widerspruchsbescheid noch daran orientiert, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die wirksame Ortsbausatzung, was, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Der Beklagte hat jedoch in seinen gerichtlichen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Erwägungen auch für den Fall ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), dass das Vorhaben des Klägers in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht worden sein sollte.
49 
2. Der Kläger hält dem Landratsamt vor, es habe durch Erlass der Abbruchsanordnung in zweifacher Weise gleichheitswidrig gehandelt. Denn es habe beschlossen, gegen „Altfälle“ nicht vorzugehen, fordere aber ihn dennoch zum Abbruch seines Anbaus auf, obwohl er ihn vor dem 16.1.2008 bereits vollständig fertiggestellt gehabt habe. Zum anderen lasse das Landratsamt die notwendige Konsequenz gegenüber ihm bekannten „Neufällen“, d.h. der Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen nach dem 16.1.2008, vermissen. Auch mit dieser Argumentation vermag der Kläger nicht durchzudringen.
50 
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Zustände, die bei mehreren Grundstücke vorliegen, nicht stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die zuständige Behörde auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzugeben vermag (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR 1997, 465). Wenn sich innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs mehrere rechtswidrige Anlagen befinden und nicht gegen alle eingeschritten wird, muss dem behördlichen Einschreiten allerdings ein der jeweiligen Sachlage angemessenes Konzept zugrunde liegen (Reichelt/Schule, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1141 m.w.N.). Grundvoraussetzung hierfür ist unter anderem eine systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands. Ist der Träger der Baurechtsbehörde - wie hier - nicht Träger der Bauleitplanung, kann wegen des Gewichts der kommunalen Planungshoheit auch eine Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung geboten sein.
51 
aa) Diesen Verpflichtungen entsprechend ist das Landratsamt bereits lange vor dem Hinweis vom 13.12.2007 auf einen „Schwarzbau“ auf dem Grundstück des Klägers am 13.4.2007 nach einer schriftlichen Forderung des Voreigentümers in Überlegungen über sein künftiges Handeln im Gebiet „Wanne“ eingetreten. Das Ergebnis dieser Überlegungen hat es in einem Aktenvermerk vom 13.4.2007 niedergelegt. Danach sollte die Gültigkeit der Ortsbausatzung geprüft und ggf. bei der Gemeinde B. der Erlass eines Bebauungsplans angeregt werden. Sollte ein Bebauungsplan nicht zustande kommen, sollten die vorhandenen Bauten „auf Grundlage des vom Vermessungsamt erstellten Kartenmaterials akzeptiert“ werden. Neufälle, die in der Karte des Vermessungsamts nicht enthalten seien, sollten dagegen künftig auf das in der Satzung geregelte Maß zurückgebaut werden.
52 
Der Ausdruck des vom Vermessungsamt erstellten Bestandsplans trägt zwar das Datum 16.1.2008. Nach den Darlegungen des Landratsamts beruht dieser Plan aber auf einer Erfassung des Vermessungsamts durch eine Ortsbegehung mit Ausmessung der Gebäude im Dezember 2006. Nachdem der Gemeinderat der Stadt B. im April 2008 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets abgelehnt hatte, legte die Baurechtsbehörde - wie der Vertreter des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - entsprechend dem im April 2007 entwickelten Konzept für ihr künftiges Einschreiten - den in den Karten des Vermessungsamts (mit dem Stand Dezember 2006) eingezeichneten Bestand zugrunde. Dieser darf erhalten bleiben, jede darüberhinausgehende Erweiterung ist zurückzubauen. In diesem Plan ist auf dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. ... nur ein Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m2 eingezeichnet, was auch dem Vortrag des Klägers entspricht, wonach er mit der Errichtung des Anbaus erst im September 2007 begonnen hat.
53 
Der Kläger meint, da er seinen Anbau vor dem 16.1.2008, dem Ausfertigungsdatum der Karte, vollständig errichtet habe, zähle sein Anbau zu den „Altfällen“ des Konzepts des Landratsamts und dürfe bestehen bleiben. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dieser Einwand in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ob also der Anbau des Klägers am 16.1.2008 bereits fertiggestellt war. Daran bestehen allerdings schon deswegen erhebliche Zweifel, weil ein Baukontrolleur des Landratsamts noch am 31.1.2008 Veranlassung sah, eine Baueinstellung zu verfügen. Der Einwand ist aber unabhängig davon jedenfalls in rechtlicher Hinsicht unbegründet, da der Kläger damit den Bedeutungsgehalt des Einschreitenskonzepts des Landratsamts verkennt. Das Landratsamt hatte schon im April 2007 und damit vor dem Erwerb des Baugrundstücks durch den Kläger die Grundzüge seines künftigen Eingreifens aktenkundig dokumentiert und gleichzeitig die nach der Rechtsprechung erforderlichen Schritte zur Umsetzung des Konzepts eingeleitet. Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn das Landratsamt sich dazu entscheidet, auch gegen ein Bauwerk einzuschreiten, das während der für die Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen (Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung, Erstellung eines Bestandsplans) errichtet worden ist. Die Argumentation des Klägers könnte allenfalls dann verfangen, wenn er sein Bauwerk zwischen dem Zeitpunkt der dem Bestandsplan zugrundeliegenden Ortsbegehung im Dezember 2006 und dem Vermerk über das Einschreitenskonzept im April 2007 errichtet hätte, was aber unzweifelhaft nicht der Fall war.
54 
bb) Ebenso fehlt es an Hinweisen, dass das Landratsamt in gleichheitswidriger Weise gegen später erstellte rechtswidrige bauliche Anlagen nicht vorgeht. Auf der Grundlage der Auffassung des Senats, wonach die vorhandene Bebauung im Gewann Wanne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bildet und der aus der Umgebungsbebauung abzuleitende Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung das in der unwirksamen Ortsbausatzung festgesetzte Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet, wäre nur ein Untätigbleiben bei Neubauten und Anbauten, die den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten, gleichheitswidrig. Solche Vorhaben hat der Kläger nicht benannt; sie waren für den Senat bei der Einnahme seines Augenscheins auch nicht erkennbar.
IV.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
57 
Beschluss vom 9. April 2014
58 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs in seinen Fassungen von 2004 und 2013 entsprechend der Angaben des Klägers zum Zeitwert der Anlage sowie den geschätzte Abbruchskosten auf 100.000 EUR festgesetzt.
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Anträge der Beklagten und der Beigeladenen 1 und 2 auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28. Mai 2014 - 6 K 2034/13 - werden abgelehnt.

Die Beklagte und die Beigeladenen 1 und 2 tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen 3 je zur Hälfte. Die Beigeladenen 1 und 2 haften für den von ihnen zu tragenden Anteil an den Kosten als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (... ...) in Baden-Baden. Die Beigeladenen 1 und 2 sind Eigentümer des nach Nordwesten angrenzenden, ebenfalls mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (... ...). Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 25.8.1967 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Straßen- und Baulinienplan Hardberg“, der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen enthält.
Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 4.8.2011 eine Baugenehmigung zur Aufstockung des bestehenden Wohnhauses und die Errichtung einer Garage auf dem ihm gehörenden Grundstück. Mit der Baugenehmigung wurden Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl, der Überschreitung der straßenseitigen Baulinie sowie der Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse erteilt. Auf den gegen die Baugenehmigung eingelegten Widerspruch der Beigeladenen 1 und 2 veranlasste das Regierungspräsidium Karlsruhe eine Begutachtung durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur und kam danach zu dem Ergebnis, dass in den Bauvorlagen die Wandhöhen aufgrund der Zugrundelegung falscher Gebäudehöhen nicht zutreffend dargestellt würden, was im Bereich des abgeschrägten vorderen Anbaus zu der Ermittlung einer zu geringen Abstandsflächen geführt habe. Aus der korrekten Geländehöhe ergäben sich an den maßgeblichen Eckpunkten Wandhöhen von 8,61 m (8,23 m + 0,38 m) und 10,71 m, woraus sich bei einer gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO zu einem Viertel anzurechnenden Giebelhöhe des Pultdachs von 0,28 m eine relevante Wandhöhe von 9,73 m und nach Multiplikation mit dem Faktor 0,4 eine Abstandsflächentiefe von 3,89 m errechne, die nach den tatsächlichen Abständen an den beiden Ecken zum Nachbargrundstück um 17 cm bzw. 18 cm unterschritten werde. Nach Anhörung des Klägers half die Beklagte dem Widerspruch der Beigeladenen mit Bescheid vom 19.7.2013 ab und hob die Baugenehmigung vom 4.8.2001 „in Bezug auf die Sanierung und Aufstockung des Wohnhauses“ auf.
Auf die vom Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28.5.2014 den Bescheid vom 19.7.2013 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Abhilfeentscheidung der Beklagten sei rechtswidrig und verletze den Kläger als betroffenen Bauherrn in seinen Rechten, da die Baugenehmigung keine nachbarschützenden Vorschriften verletze. Zwar sei hinsichtlich der dem Grundstück der Beigeladenen zugewandten Schrägwand die bei den Bauvorlagen befindliche Berechnung der einzuhaltenden Abstandsfläche fehlerhaft. Aus dem arithmetischen Mittel der nördlichen und der südlichen Wandhöhe von 9,596 m errechne sich eine notwendige Abstandsfläche von 3,838 m. Diese werde ausweislich der Genehmigungsplanung, die einen Grenzabstand von 3,75 m vorsehe, um 8,8 cm unterschritten. Diese Abstandsflächenunterschreitung sei jedoch gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen, weil sich das Vorhaben auf die Modernisierung eines Wohngebäudes und die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Aufstockung beziehe, die Baugenehmigung für die Errichtung des Hauses bereits mehr als fünf Jahre zurückliege und die Planung mit öffentlichen Belangen vereinbar sei. § 56 Abs. 2 LBO ermögliche auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen. Diese Abwägung müsse hier zugunsten des Klägers ausfallen.
II.
Die Anträge der Beklagten sowie der Beigeladenen 1 und 2, die Berufung gegen das bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zuzulassen, bleiben ohne Erfolg. Die von der Beklagten und den Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen ihrer jeweiligen Darlegungen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
1. Aus dem Vorbringen der Beklagten und der Beigeladenen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Dem Verwaltungsgericht ist zwar bei der Berechnung der Abstandsfläche, die nach § 5 LBO vor der dem Grundstück der Beigeladenen zugewandten, dem Verlauf der Grundstücksgrenze entsprechend abgeschrägten Außenwand liegen muss, insoweit ein Fehler unterlaufen, als es dabei die Höhe der Giebelfläche nicht berücksichtigt hat. Dieser Fehler führt dazu, dass sich die Wandhöhe, gegen deren Berechnung ansonsten keine Bedenken bestehen, gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO um ein Viertel von 27,7 cm, d.h. um 6,92 cm erhöht, woraus sich eine um 2,77 cm größere Abstandsflächentiefe errechnet, als vom Verwaltungsgericht angenommen. Für die weiteren Überlegungen des Verwaltungsgerichts ist dieser Umstand jedoch ohne Bedeutung.
a) Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage des in den Bauvorlagen dargestellten Geländes zu einer am nördlichen Bezugspunkt gemessenen Höhe der in Rede stehenden Außenwand von 8,722 m und einer am südlichen Bezugspunkt gemessenen Höhe von ,47 m gekommen, woraus es eine im Mittel gemessene Wandhöhe von 9,596 m sowie eine notwendige Abstandsfläche von 3,838 m errechnet hat. Die Genehmigungsplanung, die einen Grenzabstand von 3,75 m vorsehe, werde somit um 8,8 cm unterschritten.
Gegen diese Berechnung bestehen im Grundsatz keine Bedenken. Die Berechnung ist entgegen der Ansicht der Beigeladenen insbesondere nicht deshalb zu beanstanden, weil das Verwaltungsgericht dabei auf die im Zusammenhang mit der Ausführung des Bauvorhabens geplante Veränderung des Geländes abgestellt hat. Wie § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO in ihrer am 1.3.2015 in Kraft getretenen Fassung vom 5.11.2014 klarstellt, ist unter Geländeoberfläche im Sinne der in § 5 Abs. 4 Sätze 2 bis 4 LBO getroffenen Regelungen die „tatsächliche Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens“ zu verstehen, „soweit sie nicht zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird oder wurde.“ Das entspricht jedenfalls im Wesentlichen den bereits zuvor in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg zum Begriff der Geländeoberfläche im Sinne der Abstandsflächenvorschriften entwickelten Grundsätzen (vgl. u.a. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8..2014 - 3 S 1279/14 - BauR 2015, 307; Beschl. v. 29.11.2010 - 3 S 1019/09 - NVwZ-RR 2011, 272). Maßgeblich ist danach grundsätzlich die tatsächliche, sich nach Ausführung des geplanten Bauvorhabens ergebende Geländeoberfläche. Etwas anderes gilt nur dann, wenn mangels nachvollziehbarer rechtfertigender Gründe davon auszugehen ist, dass die neue tatsächliche Geländeoberfläche nur zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird, was bei Abgrabungen von vornherein ausscheidet, bei Aufschüttungen dagegen in Betracht zu ziehen ist (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 15/5294, S. 17).
Der Senat sieht ebenso wie das Verwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die im Zusammenhang mit der Ausführung des Bauvorhabens geplanten Veränderungen des Geländes mit dem Ziel vorgenommen werden sollen, die Abstandsflächenvorschriften zu umgehen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass der Geländeverlauf nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins den örtlichen Notwendigkeiten folge, um zwischen Garage und Wohnhaus eine Treppenverbindung von der Gartenterrasse zur Straße herzustellen. Dem Gutachten des Sachverständigen ... sei zudem zu entnehmen, dass in dem hier maßgeblichen mittleren Treppenabschnitt im Vergleich zu dem ursprünglich vorhandenen Gelände sogar in Bezug auf die Abstandsflächen für den Kläger nachteilige Abgrabungen vorgenommen worden seien, so dass eine manipulative Geländemodellierung fern liege.
Das Vorbringen der Beigeladenen in der Begründung ihres Zulassungsantrags rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Behauptung der Beigeladenen, dass das Gelände zu einem Großteil zugunsten des Klägers angehoben worden sei, wird von ihnen nicht näher erläutert. Die Beigeladenen verweisen stattdessen pauschal auf Fotografien, die den früheren Geländeverlauf vor der Baumaßnahme zeigen. Die von ihnen vorgelegten Fotografien vermögen die Behauptung jedoch nicht zu stützen. Für die bei den Behördenakten und den Akten des Verwaltungsgerichts befindlichen Fotografien gilt das Gleiche. Die von den Beigeladenen ferner erwähnten Messungen des Vermessungsbüros ... vom 8.5.2012 zeigen nicht den ursprünglichen Geländeverlauf, sondern den Geländeverlauf zu einem Zeitpunkt, als die Bauarbeiten bereits im Gang waren.
10 
b) Dem Verwaltungsgericht kann dagegen nicht gefolgt werden, soweit es angenommen hat, dass die Höhe der Giebelfläche von 27,7 cm auf die Wandhöhe gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO in seiner im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung noch geltenden früheren Fassung nicht angerechnet werden könne, da das aufgesetzte Pultdach an keiner Stelle eine größere Neigung als 45° aufweise. Nach dieser Vorschrift wird die Höhe einer Giebelfläche zur Hälfte des Verhältnisses, in dem ihre tatsächliche Fläche zur gedachten Gesamtfläche einer rechtwinkligen Wand mit denselben Maximalabmessungen steht, auf die Wandhöhe angerechnet, wenn zumindest ein Teil der Dachfläche eine Neigung von mehr als 45° aufweist. Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg gilt diese Vorschrift auch für Gebäude bzw. Gebäudeteile mit einem Pultdach (Urt. v. 14.7.2000 - 5 S 2324/99 - NVwZ-RR 2001, 501; Beschl. v. 7.5.1986 - 8 S 1171/86 - unveröffentlicht). Bei der senkrechten seitlichen Begrenzung eines Pultdachs handelt es sich zwar nicht um eine Dachfläche im bautechnischen Sinn. Von ihr gehen jedoch dieselben nachteiligen Wirkungen für Beleuchtung und Belüftung aus wie von einer mehr als 45 Grad geneigten Dachfläche, was es erforderlich macht, die in § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO a. F. getroffene Regelung auch in diesen Fällen anzuwenden. Die durch eine Dachfläche und eine senkrechte Wand gebildete Fläche eines Pultdachs ist auch eine „Giebelfläche“ im Sinne des § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO a. F., da dieser Begriff nur auf einer Seite eine seitliche Begrenzung durch eine „echte“ Dachfläche erfordert (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.7.2000, a.a.O.).
11 
Zu der vom Verwaltungsgericht errechneten Wandhöhe von 9,596 m ist danach die 27,7 cm betragende Höhe der Giebelfläche zu einem Viertel hinzuzurechnen, woraus sich eine notwendigen Abstandsfläche von 3,866 m ergibt. Verglichen mit der geplanten Abstandsflächentiefe von 3,75 m führt dies statt der vom Verwaltungsgericht angenommenen Unterschreitung der notwendigen Abstandsfläche von 8,8 cm zu einer Unterschreitung von 11,6 cm. Für den weiteren Gedankengang des Verwaltungsgerichts ist die insoweit erforderliche Korrektur bei der Berechnung der notwendigen Abstandsfläche jedoch ohne Bedeutung.
12 
c) Das Verwaltungsgericht hat weiter angenommen, die dem Kläger erteilte Baugenehmigung verstoße gleichwohl nicht gegen § 5 LBO, da die Unterschreitung der an sich notwendigen Abstandsfläche gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen sei. Auch dagegen bestehen keine Bedenken.
13 
Nach dieser Vorschrift sind (u.a.) zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO zuzulassen, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichungen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend bejaht. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten und der Beigeladenen rechtfertigen keine andere Beurteilung.
14 
aa) Nach Ansicht der Beigeladenen gestattet § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO nur „Maßnahmen im Bestand“. Danach sei zwar bspw. der Einbau eines Kniestocks oder ein anderweitiges Anheben des Dachs, nicht aber das Aufbringen eines weiteren Vollgeschosses Gegenstand der Vorschrift. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die von den Beigeladenen vertretene restriktive Auslegung ist weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch ihrem Sinn und Zweck zu vereinbaren. Zu den gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO privilegierten Vorhaben zählt das Gesetz ausdrücklich die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch „Aufstockung“, worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch die Erweiterung eines vorhandenen Gebäudes durch das Hinzufügen eines weiteren Geschosses zu verstehen ist. Ob es sich bei dem weiteren Geschoss um ein Vollgeschoss im Sinne der Definition in § 2 Abs. 6 LBO handelt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Dafür, dass § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO den Begriff der „Aufstockung“ in einem hiervon abweichenden, engeren Sinn verwendet, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nichts entnehmen. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich nichts anderes. Die hier in Rede stehende Tatbestandsalternative des § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO bezweckt, die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch nachträgliche bauliche Veränderungen eines bestehenden Gebäudes zu erleichtern, indem sie für solche Vorhaben Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO gestattet, soweit die Abweichungen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Zu der von den Beigeladenen für richtig gehaltenen restriktiven Auslegung des Begriffs der Aufstockung als Beispiel einer solchen nachträglichen baulichen Veränderung besteht auch im Hinblick darauf keine Veranlassung.
15 
bb) Die Abweichung von § 5 LBO unter Zulassung einer Abstandsfläche mit einer etwas geringeren Tiefe ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts auch mit öffentlichen Belangen vereinbar. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass das Erfordernis der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen den Schutz von Rechten Dritter einschließt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.2010 - 8 S 1977/09 - NVwZ-RR 2010, 387) und die Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinn des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange darstellt, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankommt (vgl. u.a. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.6.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483; Beschl. v. 13.6.2003 - 3 S 938/03 - BauR 2003, 1549; Urt. v. 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201). Das steht jedoch, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, der Annahme nicht entgegen, die Zulassung einer Abstandsfläche mit einer geringeren Tiefe als von § 5 LBO vorgeschrieben könne ebenso wie Abweichungen von den anderen in § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO genannten Vorschriften mit öffentlichen Belangen vereinbar sein. Wollte man dies anders sehen, liefe § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO insoweit leer.
16 
Um festzustellen, ob eine Abweichung von § 5 LBO mit öffentlichen Belangen vereinbar ist und deshalb bei Vorliegen der übrigen in § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO genannten Voraussetzungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zuzulassen ist, bedarf es deshalb einer Abwägung des mit § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO verfolgten öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlichen Wohnraums gegen die von § 5 LBO geschützten öffentlichen und privaten Interessen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.2010, a.a.O.; ebenso Sauter, LBO für Baden-Württemberg, § 56 Rn. 13), wie sie auch das Verwaltungsgericht vorgenommen hat. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist dabei im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Schaffung zusätzlichen Wohnraums der Vorrang einzuräumen. Das Verwaltungsgericht hat dies zum einen damit begründet, dass das Gebäude des Klägers nach der genehmigten Aufstockung der sonstigen Bebauung entlang der Sonnenhalde entspreche, die dort zweigeschossig in Erscheinung trete. Es hat zum anderen berücksichtigt, dass die abstandsflächenrechtliche Problematik im Verhältnis zum Grundstück der Beigeladenen im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass die gemeinsame Grenze nicht gerade, sondern schräg verlaufe und das Grundstück des Klägers deshalb im rückwärtigen Bereich schmaler sei als im vorderen. Dem habe der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass die dem Grundstück des Beigeladene gegenüberliegende Wand im hinteren Teil des Grundstücks abknicke und dem Grenzverlauf folge. Aus dem Umstand, dass die Wand nicht weiter nach hinten zurückversetzt sei oder das Gebäude im südlichen Bereich nicht niedriger geplant worden sei, ergebe sich im Hinblick auf die von § 5 LBO geschützten Belange der Beleuchtung und Belüftung sowie des Brandschutzes und im Vergleich zu einer die Abstandsflächen noch einhaltenden Bebauung keine erhebliche zusätzliche Belastung. Das Wohnhaus des Klägers befinde sich auf der nordöstlichen Seite des Wohnhauses der Beigeladenen. Die natürliche Sonneneinstrahlung aus dieser Richtung sei deshalb von vorneherein eingeschränkt. In diesem Bereich befinde sich zudem in Richtung auf das Grundstück des Klägers eine steil aufragende, stark bepflanzte Böschung, die zu einer weiteren Verschattung des nördlichen und östlichen Terrassenabschnitts mit Wintergarten führe. Angesichts dieser örtlichen Gegebenheiten könne eine zusätzliche Gebäudehöhe von im Schnitt 22 cm im Hinblick auf die Besonnung nicht wesentlich ins Gewicht fallen.
17 
Dem ist trotz der Einwendungen der Beklagten und der Beigeladenen zuzustimmen.
18 
Die Beklagte macht geltend, dass bei einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine Unvereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen anzunehmen sei und nur in Ausnahmefällen etwas anderes gelten könne, da das Abstandsflächenrecht ansonsten bei Aufstockungen völlig konturlos wäre. Ein solcher Ausnahmefall sei hier nicht gegeben, da eine minimale Verschiebung der betreffenden Außenwand genüge, um die von § 5 LBO vorgeschriebene Abstandsflächentiefe einzuhalten. Der damit verbundene Verlust an zusätzlichem Wohnraum sei dementsprechend ebenfalls nur minimal.
19 
Die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird durch dieses Vorbringen nicht in Frage gestellt. Die Auffassung der Beklagten, dass bei einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine Unvereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen anzunehmen sei und nur in Ausnahmefällen etwas anderes gelten könne, widerspricht den Intentionen des Gesetzgebers, sofern die Ausführungen der Beklagten dahingehend zu verstehen sein sollten, dass eine Abweichung von § 5 LBO nur in atypischen Fällen in Betracht komme. Nach der Begründung des Entwurfs der Landesbauordnung 1995, mit der § 56 Abs. 2 LBO seine heutige Fassung erhalten hat, sollte damit ein „allgemeiner gesetzlicher Vorbehalt“ geschaffen werden, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Abweichungen von der Baurechtsbehörde zuzulassen sind, ohne dass es einer atypischen Fallgestaltung bedarf (vgl. die Begründung zur Landesbauordnung 1995, LT-Drs. 11/5337, S. 117). Um trotz einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsfläche die Vereinbarkeit der Abweichung von dieser Vorschrift mit öffentlichen Belangen zu bejahen, ist deshalb - im Unterschied zu § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO - das Vorliegen eines atypischen Falls keine Voraussetzung.
20 
Der Beklagten ist gleichwohl insoweit zuzustimmen, als sie auf die Gefahr einer „Aufweichung“ der Abstandsvorschriften bei nachträglichen Aufstockungen eines bestehenden Gebäudes hinweist. Die Berechnung der erforderlichen Abstandsflächentiefe ist in § 5 LBO exakt geregelt. Die Regelung ist gleichzeitig sehr differenziert und berücksichtigt verschiedene besondere Fallkonstellationen. Das gilt bspw. für die Frage, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen sich bei einer Wand durch die Geländeoberfläche unterschiedliche Höhen ergeben, die Frage nach der Bildung von Wandabschnitten, wenn einer Wand die Schnittpunkte mit der Dachhaut oder die oberen Abschlüsse verschieden hoch sind, oder die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Höhe von Dächern oder Dachaufbauten sowie die Höhe von Giebelflächen zu berücksichtigen sind. § 6 LBO ergänzt diese Regelungen durch einen ebenfalls umfangreichen Katalog von unter bestimmten Voraussetzungen geltenden Einschränkungen und Vergünstigungen zugunsten des Bauherrn. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO darf vor diesem Hintergrund nicht in einer Weise gehandhabt werden, welche die in §§ 5 und 6 LBO getroffenen Regelungen in einem Maße relativierte, die den Sinn des gesamten komplizierten Berechnungssystems in Frage stellte. Das macht es erforderlich, die Vorschrift in den Fällen der nachträglichen Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes in Bezug auf § 5 LBO nur zurückhaltend anzuwenden.
21 
Dabei darf aber auf der anderen Seite auch nicht das gesetzgeberische Anliegen vernachlässigt werden, die Schaffung zusätzlichen Wohnraums durch nachträgliche Veränderungen bestehender Gebäude zu erleichtern und dazu auch Abweichungen von § 5 LBO in Kauf zu nehmen. Die Annahme der Beklagten, dass bei einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine Unvereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen anzunehmen sei, ist damit unvereinbar. Das Gleiche gilt, soweit sie meint, dass eine Abweichung von § 5 LBO in den Fällen der Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes nur dann in Betracht komme, wenn die Aufstockung nur bei einer Unterschreitung des von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe möglich sei.
22 
Der Begriff der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen ist daher in den Fällen der Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes zwar restriktiv auszulegen, aber doch in einer Weise, die dem gesetzgeberischen Anliegen in substantieller Weise Rechnung trägt. Die Vereinbarkeit der Abweichung von § 5 LBO mit öffentlichen Belangen dürfte danach nur dann bejaht werden können, wenn die von § 5 LBO vorgeschriebene Abstandsflächentiefe nur geringfügig unterschritten wird oder die mit der Unterschreitung verbundenen Nachteile für den Nachbarn aus anderen Gründen als noch hinnehmbar angesehen werden können. Der vorliegende Fall gibt jedoch keinen Anlass zu einer abschließenden Klärung dieser Frage, da die in Rede stehende Abweichung auch bei einem solchen restriktiven Verständnis der Vorschrift als mit öffentlichen Belangen vereinbar anzusehen ist. Die dafür maßgebenden Umstände hat das Verwaltungsgericht genannt: Die von § 5 LBO vorgeschriebene Abstandsflächentiefe von 3,866 m wird nur geringfügig, nämlich um 11,6 cm unterschritten. Die mit dieser Unterschreitung verbundenen zusätzlichen Nachteile für die Beigeladenen sind angesichts der Lage ihres Wohnhauses zu dem Wohnhaus des Klägers sowie der topografischen Verhältnisse noch als hinnehmbar zu betrachten. Das gilt um so mehr, als das Gebäude des Klägers auch nach seiner Aufstockung von der Sonnenhalde her betrachtet nur zweigeschossig in Erscheinung tritt und damit aus diesem Blickwinkel der Bebauung der Nachbargrundstücke entspricht. Die von den Beigeladenen hervorgehobene Hanglage des Grundstücks des Klägers sowie ihres eigenen Grundstücks rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
23 
2. Die Rechtssache besitzt keine grundsätzliche Bedeutung.
24 
a) Die von den Beigeladenen als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO auch dann Anwendung finden kann, wenn - wie im vorliegenden Fall - auf ein vorhandenes Flachdach ein komplettes Vollgeschoss aufgesetzt wird, ist nicht klärungsbedürftig. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erst im Berufungsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Berufungszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine obergerichtliche Entscheidung verlangt. Daran fehlt es, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (vgl. zur Revisionszulassungsrecht BVerwG, Beschl. v. 7.2.2005 - 4 BN 1.05 - NVwZ 2005, 584; Beschl. v. 10.9.2002 - 4 BN 39.02 - Juris).
25 
Die von den Beigeladenen formulierte Frage hat danach keine grundsätzliche Bedeutung, da sich ihre Beantwortung unter Heranziehung der allgemeinen Auslegungsmethoden ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Zu den unter die Vorschrift fallenden Vorhaben zählt § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO ausdrücklich die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch „Aufstockung“, worunter, wie bereits ausgeführt, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Erweiterung eines vorhandenen Gebäudes durch das Hinzufügen eines weiteren Geschosses zu verstehen ist. Zu einem hiervon abweichenden Verständnis besteht aus den bereits genannten Gründen kein Anlass.
26 
b) Die von der Beklagten aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis zwischen § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO und § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO ist durch den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 14.1.2010 bereits geklärt. Die für die Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird danach durch § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend.
27 
c) Die von der Beklagten formulierte weitere Frage, ob bei der im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen erforderlichen Abwägung der Schaffung von Wohnraum nur in atypischen Fällen der Vorrang zukommt, ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig, da sich auch ihre Beantwortung unter Heranziehung der allgemeinen Auslegungsmethoden ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Die oben zitierten Gesetzgebungsmaterialien lassen keinen Zweifel daran, dass die Anwendung des § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO keine atypische Fallgestaltung bedingt.
28 
3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben. Wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt, weist die Rechtssache keine besondere tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.
29 
4. Eine die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eröffnende Divergenz liegt nicht vor. Das Urteil des Verwaltungsgericht steht zwar in Widerspruch zu dem von der Beklagten bezeichneten Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 17.7.2000, indem es angenommen hat, dass die Giebelfläche des Pultdachs bei der Berechnung der Wandhöhe nicht zu berücksichtigen sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf dieser Abweichung, da auch das Verwaltungsgericht von einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe ausgegangen ist. Nach seiner Ansicht ist jedoch diese Abweichung von § 5 LBO gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen. Ob dies richtig ist, hängt nicht davon ab, ob das Ausmaß der Unterschreitung 8,8 cm beträgt, wie dies das Verwaltungsgerichts angenommen hat, oder in Folge der Anwendung der in § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO getroffenen Regelung 11,6 cm.
30 
5. Der von den Beigeladenen geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.
31 
Die von den Beigeladenen erhobene Aufklärungsrüge scheitert schon daran, dass die Beigeladenen ausweislich des Sitzungsprotokolls einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht gestellt haben. Nach ständiger Rechtsprechung kann von einer anwaltlich vertretenen Partei im Allgemeinen erwartet werden, dass eine von ihr für notwendig erachtete Beweisaufnahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt wird. Wenn der Anwalt dies versäumt hat, kann sein Mandant eine mangelnde Sachaufklärung nicht mehr erfolgreich rügen (vgl. u. a. BVerwG, Beschl. v. 20.9.2007 - 4 B 38.07 - Juris; Beschl. v. 14.9.2007 - 4 B 37.07 - Juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die fehlende Stellung eines Beweisantrags wäre nur dann unschädlich, wenn sich dem Verwaltungsgericht auch ohne einen solchen Antrag eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Das ist jedoch aus den bereits genannten Gründen nicht der Fall.
32 
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
33 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Oktober 2012 - 5 K 588/11 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung des Beklagten, einen von ihm errichteten Anbau an ein Wohngebäude abzubrechen.
Der Kläger erwarb im Jahr 2007 das Grundstück Flst.-Nr. ... im Gewann W..., Gemarkung B., U... 13. Zum Zeitpunkt seines Erwerbs war das Grundstück mit einem im Jahr 1985 genehmigten Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m² bebaut. Das Grundstück befindet sich im Bereich des Wochenendhausgebiets „Wanne“. Für dieses Gebiet beschloss der Gemeinderat der Gemeinde B. am 21.3.1961 unter Aufhebung bisher geltender Bestimmungen den Erlass einer „Ortsbausatzung über die Errichtung von Wochenendhäusern auf den Markungen des Gemeindebezirks B.“ (OBS). Nach § 2 OBS sind Wochenendhäuser nur für den vorübergehenden Aufenthalt, insbesondere über das Wochenende oder in Ferienzeiten, bestimmt. Nach § 4 OBS darf die Grundfläche der Wochenendhäuser 35 m² nicht überschreiten.
Schon im Jahr 1994 kam es zu Beschwerden einzelner Grundstückseigentümer gegenüber dem Landratsamt Heilbronn, wonach andere Eigentümer sich über die Regelungen der Ortsbausatzung hinwegsetzten, ihre Wochenendhäuser „schwarz“ erweiterten und zum dauerhaften Wohnen nutzten. Nach einem vom damaligen Dezernenten gebilligten Aktenvermerk vom 9.6.1996 wurde jedoch von einem Einschreiten abgesehen, da es sich um Erweiterungsbauten meist älterer Leute handele und daher mit künftigen Erweiterungen nicht mehr zu rechnen sei. Im Jahr 2007 waren so im Gebiet „Wanne“ eine erhebliche Anzahl von Gebäuden mit einer Grundfläche von mehr als 35 m2 vorhanden sowie eine erhebliche Anzahl von Gebäuden, die zum dauerhaften Wohnen genutzt wurden. Die Voreigentümer des klägerischen Grundstücks schrieben im März 2007 die Stadtverwaltung B.s mit Fragen zur zulässigen Bebauung an und forderten sie zum Einschreiten gegen „illegal erstellte Anbauten“ auf. Dieses Schreiben leitete die Stadtverwaltung mangels Baurechtszuständigkeit an das Landratsamt weiter. Dem Landratsamt kamen in diesem Zusammenhang Zweifel an der Gültigkeit der Ortsbausatzung. In einem von Sachgebietsleiter am 13.4.2007 unterschriebenen Vermerk wurde deswegen vorgeschlagen:
„Weiteres Vorgehen:
1. Erhebung des rechtlichen Status…
2. Zielbesprechung. Bisherigen Baulichkeiten sollen geduldet werden, neue Bauten unter best. festzulegenden Bedingungen genutzt und ggf. neu gebaut werden dürfen. Gemeinde muss hier mit ins Boot genommen werden… Bebauungsplan durch Gemeinde als Ziel“.
Der Bürgermeister der Stadt B. erklärte jedoch im Juni 2007 gegenüber dem Landratsamt, die Aufstellung eine Bebauungsplans sei nicht beabsichtigt. Daraufhin ordnete das Baurechtsamt eine Auflistung der feststellbaren baurechtlichen Verstöße an. Das Vermessungsamt ermittelte danach die Grundflächen der vorhandenen Gebäude und fertigte zwei entsprechende Karten, die das Datum 16.1.2008 tragen Auf dem Grundstück des Klägers ist in den Karten neben einer Garage ein Hauptgebäude mit einer Grundfläche von rund 38 m2 verzeichnet.
Der Sachgebietsleiter der Baurechtsbehörde entschied am 28.3.2008, die Karten dem Bürgermeister zuzuleiten mit der nochmaligen Anregung, einen Bebauungsplan aufzustellen. Falls die Stadt dem nicht nachkomme, würden Bauvorhaben, deren Zustand auf den Karten dokumentiert sei, genehmigt oder zumindest geduldet. Neufälle, die die in den Karten verzeichneten Maße der baulichen Anlagen überschritten, müssten dagegen zurückgebaut werden. Der Bürgermeister antwortete darauf am 17.4.2008, dass für den Gemeinderat die Aufstellung eines Bebauungsplans zur Legalisierung bisheriger Verstöße „auf gar keinen Fall in Betracht“ komme. Man wünsche sogar, Altfälle aufzugreifen.
Bereits Mitte Dezember 2007 hatte das Landratsamt einen Hinweis auf einen Schwarzbau im Bereich des Unteren Wannenwegs erhalten. Daraufhin stellte ein Baukontrolleur am 31.1.2008 auf dem klägerischen Grundstück einen Erweiterungsbau fest, durch den sich die Grundfläche des entstandenen Gesamtgebäudes auf rund 92 m² erhöht. Mit Verfügung vom 4.2.2008 ordnete das Landratsamt die sofortige Einstellung der Bauarbeiten an und forderte den Kläger auf, Planunterlagen einzureichen. Nach einem Aktenvermerk des Landratsamts über einen erneuten Ortstermin am 27.3.2008 wurde „der Anbau zwischenzeitlich fertig gestellt. Der Innenausbau war bis auf Streicharbeiten (gerade in Garage) abgeschlossen. Daher hat sich Herr H. nicht an den Baustopp gehalten“.
Mit Schreiben vom 28.3.2008 wurde der Kläger zum Erlass einer Abbruchs- und Rückbauanordnung angehört. Mit Schriftsatz vom 2.6.2008 legte er Planunterlagen über den Umfang der Baumaßnahmen vor und führte aus, die Bestimmungen der Ortsbausatzung seien durch die tatsächliche Handhabung und Entwicklung in den letzten Jahren wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Nun ausgerechnet gegen ihn einzuschreiten, sei wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz rechtswidrig.
10 
Mit Verfügung vom 4.9.2008 ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger an, den errichteten Anbau abzubrechen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Anbau sei formell und materiell baurechtswidrig. Er sei ohne Baugenehmigung im Außenbereich errichtet worden und könne als sonstiges Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB nicht zugelassen werden, da er Bestimmungen der wirksamen Ortsbausatzung verletze und damit öffentliche Belange beeinträchtige. Das Anordnungsermessen sei dahingehend auszuüben, die Beseitigung des Anbaus zu verlangen. Denn das Interesse des Klägers an der Erhaltung einer durch eigenmächtiges Handeln erlangten Position sei gegenüber dem öffentlichen Interesse an der Wiederherstellung baurechtsgemäßer Zustände nachgeordnet. Ein weniger belastendes Mittel stehe nicht zur Verfügung. Die Anordnung verstoße auch nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz.
11 
Gegen diese Entscheidung erhob der Kläger am 7.10.2008 Widerspruch. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Überbauung seines Grundstücks richte sich nicht nach § 35 BauGB, sondern nach § 34 BauGB. Maßgeblich hierfür sei die in der Umgebung tatsächlich vorhandene Bebauung. In diese füge sich sein Bauvorhaben ein.
12 
Mit Bescheid vom 18.1.2011 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der errichtete Anbau sei materiell rechtswidrig, da er gegen § 4 OBS verstoße, der als Bestimmung eines einfachen Bebauungsplans fortgelte. Dieser einfache Bebauungsplan sei auch nicht wegen Funktionslosigkeit außer Kraft getreten. Denn das von ihm umfasste Wochenendhausgebiet bestehe aus 101 Grundstücken. Im März 2010 seien auf 33 Grundstücken Wohnsitze gemeldet gewesen und auf 29 Grundstücken sei die Gebäudegrundfläche von 35 m² überschritten worden. Der ganz überwiegende Teil der Grundstücke werde daher nicht entgegen den Regelungen der Ortsbausatzung genutzt. Die Abbruchsanordnung sei auch ermessensfehlerfrei. Zwar sei sie für den Kläger mit schwerwiegenden Nachteilen verbunden, doch habe er aufgrund seiner Vorgehensweise das Risiko einer baurechtswidrigen Ausführung selbst zu tragen. Die Abbruchsanordnung verstoße auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Dieser hindere die Baurechtsbehörde bei Schwarzbauten nicht, auch den Abbruch größerer Bauwerke zu verlangen, denn der Bauherr habe in einem solchen Fall bewusst auf eigenes Risiko gehandelt. Ferner verstoße die Abbruchsanordnung auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Das Landratsamt habe sich dazu entschieden, alle Gebäude mit einer Grundfläche von mehr als 35 m², die in einer vom Vermessungsamt gefertigten Karte eingezeichnet seien, nicht mehr aufzugreifen. Dagegen werde gegen alle Gebäude bzw. Gebäudeteile, die in der Karte eine zulässige Gebäudegrundfläche aufwiesen und später vergrößert würden, vorgegangen.
13 
Der Kläger hat am 18.2.2011 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben. Mit Urteil vom 9.10.2012 hat das Verwaltungsgericht die Klage nach Einnahme eines Augenscheins abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angefochtene Abbruchsanordnung sei nicht zu beanstanden. Denn für den Anbau fehle es an einer Baugenehmigung, er verstoße gegen materielles Recht und auf andere Weise als durch den Erlass der Abbruchsanordnung könnten rechtmäßige Zustände nicht hergestellt werden. Die materielle Rechtswidrigkeit lasse sich allerdings nicht auf einen Verstoß gegen die Ortsbausatzung der Gemeinde B. stützen, das die Satzung mangels Bekanntmachung nicht wirksam zustande gekommen sei. Damit richte sich die Zulässigkeit des Anbaus nach § 35 BauGB. Denn das Vorhaben des Klägers liege nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, da sich die in seiner Umgebung vorhandene Bebauung nicht als Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur darstelle. Als im Außenbereich nicht privilegiertes Vorhaben könne der Anbau des Klägers somit nur zugelassen werden, wenn er keine öffentlichen Belange beeinträchtige. Er lasse jedoch die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten. Zudem fehle es an einer ausreichenden Erschließung jedenfalls in abwasserrechtlicher Hinsicht. Das somit eröffnete Ermessen zum Erlass einer Abbruchsanordnung sei fehlerfrei ausgeübt worden. Insbesondere fehle es an Anhaltspunkten für einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Dieser Grundsatz gebiete es nicht, rechtswidrige Zustände stets „flächendeckend“ zu bekämpfen. Die Baurechtsbehörde müsse sich für ihr Vorgehen nur bestimmte Regeln setzen und diese auch befolgen. Ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz werde nur dann begründet, wenn sie zeitgleich oder später errichtete vergleichbare Vorhaben ungleich behandele. Nach diesen Maßgaben habe das Landratsamt nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Denn es sei gegen den klägerischen Anbau noch in dessen Errichtungsphase eingeschritten. Weiter sei glaubhaft, dass seither gegen jeden weiteren bekannt gewordenen Fall eines Ausbaus der Häuser im Gewann Wanne eingeschritten werde.
14 
Auf Antrag des Klägers hat der Senat mit Beschluss vom 11.9.2013 die Berufung zugelassen.
15 
Der Kläger macht zur Begründung seiner Berufung geltend, die angefochtene Abbruchsanordnung und der Widerspruchsbescheid seien rechtswidrig, da die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abbruchsanordnung fehlten und überdies das Anordnungsermessen fehlerhaft ausgeübt worden sei. Der Anordnungstatbestand sei nicht erfüllt, da das vergrößerte Wohnhaus planungsrechtlich zulässig sei. Die Ortsbausatzung der Gemeinde B. über die Bebauung des Wochenendhausgebiets sei nicht wirksam zustande gekommen und damit für die Zulässigkeit des Anbaus ohne Bedeutung. Das Baugrundstück liege in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht verneint, dass der Bebauungskomplex im Bereich Wanne Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur sei. Denn dieser Komplex, insbesondere auch entlang des U... Wegs, bestehe aus Wochenendhäusern und massiven Wohnhäusern, häufig mit Grundflächen zwischen 76 m2 bis zu 112 m2. Ob dieser Bebauungskomplex als städtebauliche Einheit in Erscheinung trete oder stark durchgrünt sei, sei für die Annahme einer organischen Siedlungsstruktur ebenso unerheblich wie seine Entstehungsgeschichte. In die solchermaßen gebildete Umgebungsbebauung füge sich sein Wohngebäude mit Anbau ein. Das gelte auch für das Maß der baulichen Nutzung. Denn die Grundfläche des entstandenen Gesamtgebäudes mit rund 92 m2 füge sich in die Bandbreite der in der Umgebung vorhandenen Grundflächen von Wohnhäusern ein. Nicht anderes gelte für die Zahl der Vollgeschosse, weil das neu entstandene Gebäude nur eines aufweise und seine Firsthöhe mit 4,3 m auf der Südseite dem durch die Umgebung geprägten Rahmen entspreche. Selbst wenn man zur Auffassung komme, der Anbau sei doch rechtswidrig, sei jedenfalls das Ermessen fehlerhaft ausgeübt worden. Denn dem Konzept des Landratsamts für ein bauaufsichtliches Einschreiten liege zugrunde, nur gegen bauliche Anlagen einzuschreiten, die nach dem 16.1.2008, dem Tag der Erstellung der beiden Karten des Vermessungsamts, errichtet worden seien. Zu diesem Stichtag sei sein Anbau aber längst vollständig fertig gestellt gewesen. Dagegen sei das Landratsamt gegen andere bauliche Anlagen, die nach dem 16.1.2008 errichtet worden seien, bislang nicht eingeschritten. In einem Fall, auf dem Grundstück Flst.-Nr. ..., habe das Landratsamt sogar ein Gebäude mit einer Grundfläche von rund 70 m2 genehmigt.
16 
Der Kläger beantragt,
17 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9.10.2012 - 5 K 588/11 - zu ändern und die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 aufzuheben.
18 
Das beklagte Land beantragt,
19 
die Berufung zurückzuweisen.
20 
Es erwidert, die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Abbruchsanordnung lägen vor. Das Vorhabengrundstück liege im Außenbereich. Für die Annahme, dort bestehe ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil, fehle es schon an einer organischen Siedlungsstruktur. Das Verwaltungsgericht habe nach Einnahme eines Augenscheins aus dem Umständen des Einzelfalls zu Recht geschlossen, dass es sich bei der Bebauung im Bereich Wanne um eine Splittersiedlung handele. Selbst wenn das anders zu sehen sein und doch ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegen sollte, füge sich das klägerische Vorhaben nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein. Da das Wohnhaus des Klägers durch seine äußere Erscheinungsform die Umgebung dominiere, sei der Rahmen, der zur Beurteilung seines Einfügens zu wählen sei, weit zu ziehen und entgegen der Ansicht des Klägers nicht auf die auf der nördlichen Seite des U... Wegs belegenen Vorhaben zu beschränken. In den so zu bestimmenden Rahmen füge sich ein Gebäude mit 92 m2 Grundfläche keinesfalls ein. Eines der angrenzenden Wohnhäuser habe z.B. nur eine Grundfläche von 50 m2. Von 68 Wochenend-/Wohnhäusern hätten 49 eine Grundfläche von lediglich bis zu 39 m². Lediglich sieben bis acht hätten eine Grundfläche von 73 bis 94 m². Sei der Anbau somit in jedem Fall planungsrechtlich unzulässig, lasse die Ausübung des Anordnungsermessens keine Fehler erkennen. Das Einschreiten gegen das klägerische Vorhaben sei nicht gleichheitswidrig, zumal es am 16.1.2008 nicht fertiggestellt gewesen sei. Dagegen spreche schon, dass am 31.1.2008 noch ein Gerüst angebracht gewesen sei und selbst am 27.3.2008 noch Malerarbeiten stattgefunden hätten. Was die übrigen Baulichkeiten betreffe, warte das Landratsamt den Ausgang dieses Verfahrens als Musterverfahren ab. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... sei zwar im Jahr 1997 ein Gebäude genehmigt worden, doch nur dessen Untergeschoss überschreite die 35 m2 Grenze deutlich, nicht aber seine oberirdische Gebäudeteile.
21 
Der Senat hat das Baugrundstück und dessen nähere Umgebung in der mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.
22 
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akten des Verwaltungsgerichts, des Regierungspräsidiums Stuttgart und des Landratsamts Heilbronn verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist auch sonst zulässig, insbesondere - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Vorsitzenden - fristgerecht (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und ausreichend (§ 124a Abs. 3 VwGO) begründet worden. Sie dringt aber in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 und den diese bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 zu Recht abgewiesen. Denn beide Bescheide sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann das Landratsamt als zuständige untere Baurechtsbehörde (§§ 46 Abs. 1 Nr. 3 u. 48 Abs. 1 LBO) den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach dieser Ermächtigungsgrundlage liegen hinsichtlich des Anbaus des Klägers vor. Denn seine Errichtung war und ist baurechtswidrig (I.), rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch den Erlass einer Abbruchsanordnung hergestellt werden (II.) und die erfolgte Ausübung des Anordnungsermessens ist nicht zu beanstanden (III.).
I.
25 
Das durch den Anbau des Klägers vergrößerte Wohngebäude verstößt fortlaufend gegen materielles Baurecht.
26 
Ein nach § 65 Satz 1 LBO erforderlicher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setzt mit Rücksicht auf den durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz; Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Reichelt/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1128).
27 
Der von dem Kläger errichtete Anbau, der unstreitig nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist, widerspricht dem materiellen Baurecht. Zwar ist die Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, gegen deren Bestimmungen das klägerische Vorhaben verstoßen würde, nie wirksam in Kraft gesetzt worden (dazu 1.). Das Grundstück des Klägers liegt auch nicht im Außenbereich, sondern in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (2.). Doch nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu 3.), so dass es keiner Entscheidung des Senats bedarf, ob seine Erschließung gesichert ist.
28 
1. Der Anbau des Klägers verstößt nicht gegen die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, da diese nie Wirksamkeit erlangt hat.
29 
Mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass es an der nach § 174 Abs. 1 BBauG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 WürttBauO 1910 (RegBl. S. 333) erforderlichen Bekanntmachung der Ortsbausatzung nach ihrer Genehmigung durch die damalige Aufsichtsbehörde fehlt, wobei dahinstehen kann, ob sich das Genehmigungserfordernis, wie das Verwaltungsgericht meint, aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Baugestaltung (v. 10.11.1936, RGBl I, S. 938), aus Art. 4 WürttBauO 1910 oder aus § 10 Aufbaugesetz (v. 18.8.1948, RegBl. S. 127) ergab.
30 
2. Das Vorhabengrundstück liegt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern in einem Bebauungszusammenhang, der einen Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet.
31 
Ein vorhandener Bebauungszusammenhang ist als Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, st. Rspr seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. d. Senats v. 17.10.2003 - 3 S 2298/02 - VBlBW 2004, 345). Das ist beim Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ der Fall.
32 
a) Im Gebiet „Wanne“ befinden sich - abgesehen von einigen Nebengebäuden wie Schuppen - insgesamt rund 69 Häuser. Allerdings ist nicht jede bauliche Anlage geeignet, zu einem „Bebauungszusammenhang“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beizutragen, sondern nur solche, die für eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Abzustellen ist dabei regelmäßig auf den durch die Baugenehmigung vorgegebenen Nutzungszweck (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012 - 3 L 3/08 - juris).
33 
Danach bestünde im Bereich „Wanne“ kein Bebauungszusammenhang, weil kein einziges der vorhandenen Häuser für eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen genehmigt worden ist. Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz gilt aber dann, wenn sich die zuständige Behörde mit einer von den erteilten Baugenehmigungen abweichenden kontinuierlichen Wohnnutzung auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Denn das zuständige Landratsamt hat aktenkundig bereits in den 90er-Jahren auf ein Einschreiten gegenüber den schon damals dauerhaft dort Wohnenden verzichtet. Damit sind derzeit rund 25 Häuser, deren Nutzung zum dauerhaften Wohnen seit langem geduldet wird, in der Umgebung des Grundstücks des Klägers vorhanden.
34 
b) Diese Anzahl maßstabsbildender Baulichkeiten hat das erforderliche Gewicht zur Bildung eines Ortsteils, zumal zur Stadt B. auch eingemeindete Teilorte mit nur rund 30 Einwohnern gehören.
35 
c) Der zusammenhängende Bebauungskomplex aus rund 25 geduldet zum dauerhaften Wohnen benutzten Häusern, rund 45 Wochenendhäusern und einigen Nebengebäuden ist Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dieser Begriff ist aus der Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) zu verstehen (st. Rspr. d. BVerwG seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.68 - BVerwGE 31, 22; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Der Annahme einer organischen Siedlungsstruktur steht insbesondere entgegen, wenn es sich um eine Anhäufung nur behelfsmäßiger Bauten oder eine völlig regellos angeordnete Bebauung handelt. Dagegen kann nicht gefordert werden, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist. Ebenso unerheblich ist, ob die Infrastruktur des Bebauungskomplexes ein eigenständiges Leben dort gestattet (Urt. des Senats v. 10.9.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Zu fragen ist vielmehr, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben (Urt. des Senats v. 10.7.2006, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
36 
Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, es fehle an dem Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur des Bebauungskomplexes im Bereich „Wanne“, primär auf den optischen Eindruck gestützt, wonach dort große durchgrünte Grundstücke mit nur schmalen Wegen vorhanden seien und dem Betrachter nur vereinzelt bauliche Anlagen auffielen, die zudem noch sehr „verschieden“ seinen. Dieser optische Eindruck werde durch Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes bestätigt. Denn der Komplex sei nicht selbständig und natürlich gewachsen, sondern auf Grund der (unerkannt unwirksamen) Ortsbausatzung dort bewusst und gewollt entstanden. Während auf vielen Grundstücken deren Vorgaben eingehalten würden, sei es auf anderen zunehmend zu Abweichungen gekommen.
37 
Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die - in der Tat vorhandene - starke „Durchgrünung“ steht einer organischen Siedlungsstruktur nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht angeführte Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes gilt das Gleiche. Das Vorliegen eines Ortsteils ist ausschließlich nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung kommt es daher nicht an (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Hinzu kommt, dass der Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung einen sehr homogenen Eindruck vermittelt, da er nur aus Wohnhäuser, Wochenendhäuser und den dazugehörigen Nebenanlagen besteht. Auch deren Anordnung entlang der Wege und auf den einzelnen Grundstücken lässt deutlich regelhafte Züge erkennen.
38 
3. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre das Vorhaben des Klägers nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei nicht etwa nur der Anbau des Klägers, sondern sein durch den Anbau erweitertes Wohnhaus (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81). Dieses fügt sich jedenfalls hinsichtlich des Maßes seiner baulichen Nutzung nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein.
39 
a) Die „nähere Umgebung“ des zu beurteilenden Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie sich die Ausführung des zu beurteilenden Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.3.2012 - 5 S 1778/11 - BauR 2013, 20). Der die nähere Umgebung prägende Rahmen ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Merkmale getrennt zu bestimmen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - ZfBR 1998, 164).
40 
b) Der Senat kann nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins offen lassen, ob die das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Grundstücks prägende nähere Umgebung der gesamte Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ bildet, wofür Vieles spricht, oder nur ein engerer Teilbereich, etwa entlang des U... Wegs. Denn in beiden Fällen überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers den Rahmen, wie er durch die nähere Umgebung geprägt wird, löst dadurch auch bodenrechtliche Spannungen aus und fügt sich somit nicht ein.
41 
aa) Zur Bestimmung dieses Rahmens kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Bestimmungen der (unwirksamen) Ortsbausatzung abgestellt werden. Beurteilungsmaßstab für das „Sich-Einfügen“ eines Vorhabens ist das tatsächlich in der maßgeblichen Umgebung prägend Vorhandene. Daran ändert sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn die vorhandene Orts- bzw. Bebauungsstruktur das Ergebnis der Verwirklichung eines nichtigen Bebauungsplans ist (BVerwG, Beschl. v. 10.1.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Den Festsetzungen eines solchen Plans kann deshalb auch § 34 BauGB nicht - mittelbar - zur Durchsetzung verhelfen.
42 
Wie sich bereits aus den Akten des Landratsamts ergibt und sich bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt hat, sind im Gebiet „Wanne“ zahlreiche Wohngebäude vorhanden, die die Festsetzungen der Ortsbausatzung zum Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreiten. Das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers geht jedoch selbst über die den Rahmen mitprägenden größeren vorhandenen Wohngebäude noch hinaus. Zwar bewegt sich die Grundfläche von rund 92 m2 möglicherweise noch im Rahmen der Umgebungsbebauung, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein Gebäude mit einer sogar noch etwas größeren Grundfläche vorhanden ist. Die Kombination aus einer Grundfläche von rund 92 m2 und der über die gesamte Grundfläche in Erscheinung tretenden beträchtlichen Höhenentwicklung des Gesamtgebäudes des Klägers führt jedoch dazu, dass das Gebäude den Rahmen der Umgebungsbebauung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet. Hinsichtlich des Vergleichs mit den Grundflächen anderer Wohngebäude hat die Klägervertreterin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Gebiet Wanne entgegen ihres schriftsätzlichen Vortrags kein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 112 m2 vorhanden ist. Es gibt nur ein einziges Wohngebäude mit einer der Grundfläche des Vorhabens des Klägers vergleichbar großen Grundfläche, nämlich das Gebäude U... Wegs 22 (so die Bezeichnung in den Karten des Landratsamts) auf dem bereits erwähnten Grundstück FlSt.-Nr. ... Die größten übrigen Wohngebäude haben Grundflächen von jedenfalls unter 85 m2. Dieses einzige Gebäude mit vergleichbar großer Grundfläche U... Weg 22 tritt aber selbst auf seiner hangabwärtigen Nordseite nur als bungalowartiges eingeschossiges Gebäude in Erscheinung. Dagegen besitzt das erweiterte Wohnhaus des Klägers ein nach Norden hin freistehendes Untergeschoss, ein Erdgeschoss und ein Dachgeschoss, wirkt also zur Nordseite hin dreigeschossig. Eine ähnliche optische Wirkung seiner Höhenentwicklung entfaltet zwar das östliche Nachbargebäude U... Weg 15 (Flst.-Nr....), jedoch ist dessen Grundfläche mit 84 m2 wahrnehmbar geringer, zumal ein Teil davon auf einen Anbau entfällt, der nur im Untergeschoss besteht. Die Wohngebäude mit den nächstgrößeren Grundflächen M... Weg 6 und 8 sowie O... Weg 5 haben Grundflächen von 83 m2 oder weniger.
43 
bb) Überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Gesamtgebäudes somit deutlich den Rahmen der durch die Umgebung gebildeten Bebauung, würde es sich nur dann einfügen, wenn es gleichwohl keine bodenrechtlichen Spannungen hervorriefe (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Bodenrechtliche Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung hervorrufen, insbesondere, weil sie eine negative Vorbildwirkung haben (BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Es ist offensichtlich, dass das durch den Anbau vergrößerte Wohngebäude des Klägers eine solche negative Vorbildwirkung hat, weil es selbst die Eigentümer, deren Gebäude die Vorgaben der unwirksamen Ortsbausatzung schon jetzt merklich überschreiten, einen Anreiz dazu geben kann, ihre Gebäude in einer mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Weise weiter auszubauen.
II.
44 
Auf andere Weise als durch Erlass einer Abbruchsanordnung lassen sich rechtmäßige Zustände auf dem Grundstück des Klägers nicht herstellen.
45 
Diese Erfordernis des § 65 Satz 1 LBO gebietet die Prüfung, ob nicht Gesetzesverstöße durch Befreiungen oder Ausnahmen nach geheilt werden können oder ob nicht Nebenbestimmungen oder weniger weitreichende Verfügungen ausreichen (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 65 Rn. 9). Das ist beim Anbau des Klägers nicht der Fall. Die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau kommt mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht in Betracht. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist nicht möglich, wenn sich die Zulässigkeit des zu beurteilenden Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 - BauR 2014, 231; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Sept. 2013, § 31 Rn. 19. Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist zur Erreichung des mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zwecks, den Verstoß gegen Bauplanungsrecht durch einen zu große Grundfläche und ein zu großes Volumen zu beseitigen, offensichtlich nicht geeignet. Das Landratsamt hatte schließlich keine Pflicht, ohne konkrete Angebote des Klägers nach sinnvollen Verkleinerungsmöglichkeiten zu forschen (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1994 - 4 B 21.94 - juris m.w.N.). Die Möglichkeit, dem Landratsamt ein solches Angebot zu unterbreiten, steht dem Kläger jedoch weiterhin - etwa auch zur Abwendung einer Vollstreckung - offen.
III.
46 
Die Ausübung des Ermessens durch das beklagten Land lässt keine vom Gericht überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG) erkennen.
47 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 65 Satz 1 LBO und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Sauter, LBO für Bad.-Württ., Stand Nov. 2013, § 65 Rn. 44; Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1139). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 11.4.2002 - 4 C 4.01 - NVwZ 2002, 1250 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
48 
1. Zwar haben sich die Ermessenserwägungen in Ausgangsverfügung und Widerspruchsbescheid noch daran orientiert, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die wirksame Ortsbausatzung, was, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Der Beklagte hat jedoch in seinen gerichtlichen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Erwägungen auch für den Fall ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), dass das Vorhaben des Klägers in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht worden sein sollte.
49 
2. Der Kläger hält dem Landratsamt vor, es habe durch Erlass der Abbruchsanordnung in zweifacher Weise gleichheitswidrig gehandelt. Denn es habe beschlossen, gegen „Altfälle“ nicht vorzugehen, fordere aber ihn dennoch zum Abbruch seines Anbaus auf, obwohl er ihn vor dem 16.1.2008 bereits vollständig fertiggestellt gehabt habe. Zum anderen lasse das Landratsamt die notwendige Konsequenz gegenüber ihm bekannten „Neufällen“, d.h. der Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen nach dem 16.1.2008, vermissen. Auch mit dieser Argumentation vermag der Kläger nicht durchzudringen.
50 
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Zustände, die bei mehreren Grundstücke vorliegen, nicht stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die zuständige Behörde auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzugeben vermag (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR 1997, 465). Wenn sich innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs mehrere rechtswidrige Anlagen befinden und nicht gegen alle eingeschritten wird, muss dem behördlichen Einschreiten allerdings ein der jeweiligen Sachlage angemessenes Konzept zugrunde liegen (Reichelt/Schule, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1141 m.w.N.). Grundvoraussetzung hierfür ist unter anderem eine systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands. Ist der Träger der Baurechtsbehörde - wie hier - nicht Träger der Bauleitplanung, kann wegen des Gewichts der kommunalen Planungshoheit auch eine Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung geboten sein.
51 
aa) Diesen Verpflichtungen entsprechend ist das Landratsamt bereits lange vor dem Hinweis vom 13.12.2007 auf einen „Schwarzbau“ auf dem Grundstück des Klägers am 13.4.2007 nach einer schriftlichen Forderung des Voreigentümers in Überlegungen über sein künftiges Handeln im Gebiet „Wanne“ eingetreten. Das Ergebnis dieser Überlegungen hat es in einem Aktenvermerk vom 13.4.2007 niedergelegt. Danach sollte die Gültigkeit der Ortsbausatzung geprüft und ggf. bei der Gemeinde B. der Erlass eines Bebauungsplans angeregt werden. Sollte ein Bebauungsplan nicht zustande kommen, sollten die vorhandenen Bauten „auf Grundlage des vom Vermessungsamt erstellten Kartenmaterials akzeptiert“ werden. Neufälle, die in der Karte des Vermessungsamts nicht enthalten seien, sollten dagegen künftig auf das in der Satzung geregelte Maß zurückgebaut werden.
52 
Der Ausdruck des vom Vermessungsamt erstellten Bestandsplans trägt zwar das Datum 16.1.2008. Nach den Darlegungen des Landratsamts beruht dieser Plan aber auf einer Erfassung des Vermessungsamts durch eine Ortsbegehung mit Ausmessung der Gebäude im Dezember 2006. Nachdem der Gemeinderat der Stadt B. im April 2008 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets abgelehnt hatte, legte die Baurechtsbehörde - wie der Vertreter des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - entsprechend dem im April 2007 entwickelten Konzept für ihr künftiges Einschreiten - den in den Karten des Vermessungsamts (mit dem Stand Dezember 2006) eingezeichneten Bestand zugrunde. Dieser darf erhalten bleiben, jede darüberhinausgehende Erweiterung ist zurückzubauen. In diesem Plan ist auf dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. ... nur ein Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m2 eingezeichnet, was auch dem Vortrag des Klägers entspricht, wonach er mit der Errichtung des Anbaus erst im September 2007 begonnen hat.
53 
Der Kläger meint, da er seinen Anbau vor dem 16.1.2008, dem Ausfertigungsdatum der Karte, vollständig errichtet habe, zähle sein Anbau zu den „Altfällen“ des Konzepts des Landratsamts und dürfe bestehen bleiben. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dieser Einwand in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ob also der Anbau des Klägers am 16.1.2008 bereits fertiggestellt war. Daran bestehen allerdings schon deswegen erhebliche Zweifel, weil ein Baukontrolleur des Landratsamts noch am 31.1.2008 Veranlassung sah, eine Baueinstellung zu verfügen. Der Einwand ist aber unabhängig davon jedenfalls in rechtlicher Hinsicht unbegründet, da der Kläger damit den Bedeutungsgehalt des Einschreitenskonzepts des Landratsamts verkennt. Das Landratsamt hatte schon im April 2007 und damit vor dem Erwerb des Baugrundstücks durch den Kläger die Grundzüge seines künftigen Eingreifens aktenkundig dokumentiert und gleichzeitig die nach der Rechtsprechung erforderlichen Schritte zur Umsetzung des Konzepts eingeleitet. Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn das Landratsamt sich dazu entscheidet, auch gegen ein Bauwerk einzuschreiten, das während der für die Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen (Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung, Erstellung eines Bestandsplans) errichtet worden ist. Die Argumentation des Klägers könnte allenfalls dann verfangen, wenn er sein Bauwerk zwischen dem Zeitpunkt der dem Bestandsplan zugrundeliegenden Ortsbegehung im Dezember 2006 und dem Vermerk über das Einschreitenskonzept im April 2007 errichtet hätte, was aber unzweifelhaft nicht der Fall war.
54 
bb) Ebenso fehlt es an Hinweisen, dass das Landratsamt in gleichheitswidriger Weise gegen später erstellte rechtswidrige bauliche Anlagen nicht vorgeht. Auf der Grundlage der Auffassung des Senats, wonach die vorhandene Bebauung im Gewann Wanne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bildet und der aus der Umgebungsbebauung abzuleitende Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung das in der unwirksamen Ortsbausatzung festgesetzte Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet, wäre nur ein Untätigbleiben bei Neubauten und Anbauten, die den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten, gleichheitswidrig. Solche Vorhaben hat der Kläger nicht benannt; sie waren für den Senat bei der Einnahme seines Augenscheins auch nicht erkennbar.
IV.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
57 
Beschluss vom 9. April 2014
58 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs in seinen Fassungen von 2004 und 2013 entsprechend der Angaben des Klägers zum Zeitwert der Anlage sowie den geschätzte Abbruchskosten auf 100.000 EUR festgesetzt.
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
23 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte Berufung des Klägers ist auch sonst zulässig, insbesondere - nach Verlängerung der Begründungsfrist durch den Vorsitzenden - fristgerecht (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) und ausreichend (§ 124a Abs. 3 VwGO) begründet worden. Sie dringt aber in der Sache nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen die Abbruchsanordnung des Landratsamts Heilbronn vom 4.9.2008 und den diese bestätigenden Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 18.1.2011 zu Recht abgewiesen. Denn beide Bescheide sind rechtmäßig und können daher den Kläger nicht in seinen Rechten verletzten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
24 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann das Landratsamt als zuständige untere Baurechtsbehörde (§§ 46 Abs. 1 Nr. 3 u. 48 Abs. 1 LBO) den teilweisen oder vollständigen Abbruch einer Anlage, die im Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften errichtet wurde, anordnen, wenn nicht auf andere Weise rechtmäßige Zustände hergestellt werden können. Die Voraussetzungen für ein Einschreiten nach dieser Ermächtigungsgrundlage liegen hinsichtlich des Anbaus des Klägers vor. Denn seine Errichtung war und ist baurechtswidrig (I.), rechtmäßige Zustände können nicht auf andere Weise als durch den Erlass einer Abbruchsanordnung hergestellt werden (II.) und die erfolgte Ausübung des Anordnungsermessens ist nicht zu beanstanden (III.).
I.
25 
Das durch den Anbau des Klägers vergrößerte Wohngebäude verstößt fortlaufend gegen materielles Baurecht.
26 
Ein nach § 65 Satz 1 LBO erforderlicher Widerspruch zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften setzt mit Rücksicht auf den durch Art. 14 Abs. 1 GG gewährleisteten Bestandsschutz voraus, dass die Anlage nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist und seit ihrem Beginn fortdauernd gegen materielles Baurecht verstößt (BVerwG, Urt. v. 3.5.1988 - 4 C 54.85 - BauR 1988, 576 zum vergleichbaren Landesrecht in Rheinland-Pfalz; Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Reichelt/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1128).
27 
Der von dem Kläger errichtete Anbau, der unstreitig nicht durch eine Baugenehmigung gedeckt ist, widerspricht dem materiellen Baurecht. Zwar ist die Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, gegen deren Bestimmungen das klägerische Vorhaben verstoßen würde, nie wirksam in Kraft gesetzt worden (dazu 1.). Das Grundstück des Klägers liegt auch nicht im Außenbereich, sondern in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil (2.). Doch nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 BauGB ist das Vorhaben unzulässig, da es sich nicht in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt (dazu 3.), so dass es keiner Entscheidung des Senats bedarf, ob seine Erschließung gesichert ist.
28 
1. Der Anbau des Klägers verstößt nicht gegen die Bestimmungen der Ortsbausatzung der Stadt B. vom 21.3.1961, da diese nie Wirksamkeit erlangt hat.
29 
Mit dem Verwaltungsgericht und den Beteiligten geht der Senat davon aus, dass es an der nach § 174 Abs. 1 BBauG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 WürttBauO 1910 (RegBl. S. 333) erforderlichen Bekanntmachung der Ortsbausatzung nach ihrer Genehmigung durch die damalige Aufsichtsbehörde fehlt, wobei dahinstehen kann, ob sich das Genehmigungserfordernis, wie das Verwaltungsgericht meint, aus § 3 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Baugestaltung (v. 10.11.1936, RGBl I, S. 938), aus Art. 4 WürttBauO 1910 oder aus § 10 Aufbaugesetz (v. 18.8.1948, RegBl. S. 127) ergab.
30 
2. Das Vorhabengrundstück liegt entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht im Außenbereich (§ 35 BauGB), sondern in einem Bebauungszusammenhang, der einen Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB bildet.
31 
Ein vorhandener Bebauungszusammenhang ist als Ortsteil nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB anzusehen, wenn er nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist (BVerwG, st. Rspr seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.66 - BVerwGE 31, 22; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. d. Senats v. 17.10.2003 - 3 S 2298/02 - VBlBW 2004, 345). Das ist beim Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ der Fall.
32 
a) Im Gebiet „Wanne“ befinden sich - abgesehen von einigen Nebengebäuden wie Schuppen - insgesamt rund 69 Häuser. Allerdings ist nicht jede bauliche Anlage geeignet, zu einem „Bebauungszusammenhang“ im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB beizutragen, sondern nur solche, die für eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung maßstabsbildend sind. Das sind grundsätzlich nur Bauwerke, die dem ständigen Aufenthalt von Menschen dienen (BVerwG, Beschl. v. 2.8.2001 - 4 B 26.01 - BauR 2002, 277; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Abzustellen ist dabei regelmäßig auf den durch die Baugenehmigung vorgegebenen Nutzungszweck (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012 - 3 L 3/08 - juris).
33 
Danach bestünde im Bereich „Wanne“ kein Bebauungszusammenhang, weil kein einziges der vorhandenen Häuser für eine Nutzung zum dauerhaften Wohnen genehmigt worden ist. Eine Ausnahme von dem genannten Grundsatz gilt aber dann, wenn sich die zuständige Behörde mit einer von den erteilten Baugenehmigungen abweichenden kontinuierlichen Wohnnutzung auf Dauer abgefunden hat (BVerwG, Beschl. v. 11.2.2000 - 4 B 1.00 - BRS 63 Nr. 102; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 18.4.2012, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011, a.a.O.). Das ist hier der Fall. Denn das zuständige Landratsamt hat aktenkundig bereits in den 90er-Jahren auf ein Einschreiten gegenüber den schon damals dauerhaft dort Wohnenden verzichtet. Damit sind derzeit rund 25 Häuser, deren Nutzung zum dauerhaften Wohnen seit langem geduldet wird, in der Umgebung des Grundstücks des Klägers vorhanden.
34 
b) Diese Anzahl maßstabsbildender Baulichkeiten hat das erforderliche Gewicht zur Bildung eines Ortsteils, zumal zur Stadt B. auch eingemeindete Teilorte mit nur rund 30 Einwohnern gehören.
35 
c) Der zusammenhängende Bebauungskomplex aus rund 25 geduldet zum dauerhaften Wohnen benutzten Häusern, rund 45 Wochenendhäusern und einigen Nebengebäuden ist Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur. Dieser Begriff ist aus der Entgegensetzung zur unerwünschten Splittersiedlung (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB) zu verstehen (st. Rspr. d. BVerwG seit Urt. v. 6.11.1968 - IV C 31.68 - BVerwGE 31, 22; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Der Annahme einer organischen Siedlungsstruktur steht insbesondere entgegen, wenn es sich um eine Anhäufung nur behelfsmäßiger Bauten oder eine völlig regellos angeordnete Bebauung handelt. Dagegen kann nicht gefordert werden, dass die Bebauung nach Art und Zweckbestimmung einheitlich ist. Ebenso unerheblich ist, ob die Infrastruktur des Bebauungskomplexes ein eigenständiges Leben dort gestattet (Urt. des Senats v. 10.9.1998 - 3 S 1866/98 - VBlBW 1999, 139). Zu fragen ist vielmehr, ob die vorhandenen Bauten eine angemessene Fortentwicklung der Bebauung vorgeben (Urt. des Senats v. 10.7.2006, a.a.O.). Das ist hier der Fall.
36 
Das Verwaltungsgericht hat seine Auffassung, es fehle an dem Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur des Bebauungskomplexes im Bereich „Wanne“, primär auf den optischen Eindruck gestützt, wonach dort große durchgrünte Grundstücke mit nur schmalen Wegen vorhanden seien und dem Betrachter nur vereinzelt bauliche Anlagen auffielen, die zudem noch sehr „verschieden“ seinen. Dieser optische Eindruck werde durch Einbeziehung der Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes bestätigt. Denn der Komplex sei nicht selbständig und natürlich gewachsen, sondern auf Grund der (unerkannt unwirksamen) Ortsbausatzung dort bewusst und gewollt entstanden. Während auf vielen Grundstücken deren Vorgaben eingehalten würden, sei es auf anderen zunehmend zu Abweichungen gekommen.
37 
Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die - in der Tat vorhandene - starke „Durchgrünung“ steht einer organischen Siedlungsstruktur nicht entgegen. Für die vom Verwaltungsgericht angeführte Entstehungsgeschichte des Bebauungskomplexes gilt das Gleiche. Das Vorliegen eines Ortsteils ist ausschließlich nach den äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen. Auf die Entstehungsgeschichte der vorhandenen Bebauung kommt es daher nicht an (BVerwG, Beschl. v. 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 18.1.2011 - 8 S 600/09 - VBlBW 2011, 308; Bay. VGH, Beschl. v. 18.8.2011 - 1 ZB 10.2244 - juris). Hinzu kommt, dass der Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung einen sehr homogenen Eindruck vermittelt, da er nur aus Wohnhäuser, Wochenendhäuser und den dazugehörigen Nebenanlagen besteht. Auch deren Anordnung entlang der Wege und auf den einzelnen Grundstücken lässt deutlich regelhafte Züge erkennen.
38 
3. Nach der deshalb anzuwendenden Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB wäre das Vorhaben des Klägers nur dann zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügte. Gegenstand dieser Prüfung ist dabei nicht etwa nur der Anbau des Klägers, sondern sein durch den Anbau erweitertes Wohnhaus (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BauR 1994, 81). Dieses fügt sich jedenfalls hinsichtlich des Maßes seiner baulichen Nutzung nicht in die Eigenart seiner näheren Umgebung ein.
39 
a) Die „nähere Umgebung“ des zu beurteilenden Vorhabens im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB reicht so weit, wie sich die Ausführung des zu beurteilenden Vorhabens auswirken kann und wie die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Vorhabengrundstücks prägt (vgl. BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.3.2012 - 5 S 1778/11 - BauR 2013, 20). Der die nähere Umgebung prägende Rahmen ist dabei für jedes der in § 34 Abs. 1 BauGB genannten Merkmale getrennt zu bestimmen (BVerwG, Beschl. v. 6.11.1997 - 4 B 172.97 - ZfBR 1998, 164).
40 
b) Der Senat kann nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins offen lassen, ob die das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Grundstücks prägende nähere Umgebung der gesamte Bebauungskomplex im Gebiet „Wanne“ bildet, wofür Vieles spricht, oder nur ein engerer Teilbereich, etwa entlang des U... Wegs. Denn in beiden Fällen überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers den Rahmen, wie er durch die nähere Umgebung geprägt wird, löst dadurch auch bodenrechtliche Spannungen aus und fügt sich somit nicht ein.
41 
aa) Zur Bestimmung dieses Rahmens kann entgegen der Ansicht des Beklagten nicht auf die Bestimmungen der (unwirksamen) Ortsbausatzung abgestellt werden. Beurteilungsmaßstab für das „Sich-Einfügen“ eines Vorhabens ist das tatsächlich in der maßgeblichen Umgebung prägend Vorhandene. Daran ändert sich im Grundsatz auch dann nichts, wenn die vorhandene Orts- bzw. Bebauungsstruktur das Ergebnis der Verwirklichung eines nichtigen Bebauungsplans ist (BVerwG, Beschl. v. 10.1.1994 - 4 B 158.93 - BRS 56 Nr. 66). Den Festsetzungen eines solchen Plans kann deshalb auch § 34 BauGB nicht - mittelbar - zur Durchsetzung verhelfen.
42 
Wie sich bereits aus den Akten des Landratsamts ergibt und sich bei dem vom Senat eingenommenen Augenschein bestätigt hat, sind im Gebiet „Wanne“ zahlreiche Wohngebäude vorhanden, die die Festsetzungen der Ortsbausatzung zum Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreiten. Das Maß der baulichen Nutzung des Wohngebäudes des Klägers geht jedoch selbst über die den Rahmen mitprägenden größeren vorhandenen Wohngebäude noch hinaus. Zwar bewegt sich die Grundfläche von rund 92 m2 möglicherweise noch im Rahmen der Umgebungsbebauung, da auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... ein Gebäude mit einer sogar noch etwas größeren Grundfläche vorhanden ist. Die Kombination aus einer Grundfläche von rund 92 m2 und der über die gesamte Grundfläche in Erscheinung tretenden beträchtlichen Höhenentwicklung des Gesamtgebäudes des Klägers führt jedoch dazu, dass das Gebäude den Rahmen der Umgebungsbebauung in Bezug auf das Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet. Hinsichtlich des Vergleichs mit den Grundflächen anderer Wohngebäude hat die Klägervertreterin auf Nachfrage in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass im Gebiet Wanne entgegen ihres schriftsätzlichen Vortrags kein Wohngebäude mit einer Grundfläche von 112 m2 vorhanden ist. Es gibt nur ein einziges Wohngebäude mit einer der Grundfläche des Vorhabens des Klägers vergleichbar großen Grundfläche, nämlich das Gebäude U... Wegs 22 (so die Bezeichnung in den Karten des Landratsamts) auf dem bereits erwähnten Grundstück FlSt.-Nr. ... Die größten übrigen Wohngebäude haben Grundflächen von jedenfalls unter 85 m2. Dieses einzige Gebäude mit vergleichbar großer Grundfläche U... Weg 22 tritt aber selbst auf seiner hangabwärtigen Nordseite nur als bungalowartiges eingeschossiges Gebäude in Erscheinung. Dagegen besitzt das erweiterte Wohnhaus des Klägers ein nach Norden hin freistehendes Untergeschoss, ein Erdgeschoss und ein Dachgeschoss, wirkt also zur Nordseite hin dreigeschossig. Eine ähnliche optische Wirkung seiner Höhenentwicklung entfaltet zwar das östliche Nachbargebäude U... Weg 15 (Flst.-Nr....), jedoch ist dessen Grundfläche mit 84 m2 wahrnehmbar geringer, zumal ein Teil davon auf einen Anbau entfällt, der nur im Untergeschoss besteht. Die Wohngebäude mit den nächstgrößeren Grundflächen M... Weg 6 und 8 sowie O... Weg 5 haben Grundflächen von 83 m2 oder weniger.
43 
bb) Überschreitet das Maß der baulichen Nutzung des klägerischen Gesamtgebäudes somit deutlich den Rahmen der durch die Umgebung gebildeten Bebauung, würde es sich nur dann einfügen, wenn es gleichwohl keine bodenrechtlichen Spannungen hervorriefe (BVerwG, Urt. v. 17.6.1993 - 4 C 17.91 - BRS 55 Nr. 72; Urt. des Senats v. 10.3.2010 - 3 S 2627/08 - BWGZ 2010, 761). Bodenrechtliche Spannungen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie ein Bedürfnis für eine ausgleichende städtebauliche Planung hervorrufen, insbesondere, weil sie eine negative Vorbildwirkung haben (BVerwG, Urt. v. 5.12.2013 - 4 C 5.12 - BauR 2014, 658; Urt. des Senats v. 10.7.2006 - 3 S 2309/05 - VBlBW 2006, 433). Es ist offensichtlich, dass das durch den Anbau vergrößerte Wohngebäude des Klägers eine solche negative Vorbildwirkung hat, weil es selbst die Eigentümer, deren Gebäude die Vorgaben der unwirksamen Ortsbausatzung schon jetzt merklich überschreiten, einen Anreiz dazu geben kann, ihre Gebäude in einer mit dem Vorhaben des Klägers vergleichbaren Weise weiter auszubauen.
II.
44 
Auf andere Weise als durch Erlass einer Abbruchsanordnung lassen sich rechtmäßige Zustände auf dem Grundstück des Klägers nicht herstellen.
45 
Diese Erfordernis des § 65 Satz 1 LBO gebietet die Prüfung, ob nicht Gesetzesverstöße durch Befreiungen oder Ausnahmen nach geheilt werden können oder ob nicht Nebenbestimmungen oder weniger weitreichende Verfügungen ausreichen (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Schlotterbeck, in: Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO, 6. Aufl., § 65 Rn. 9). Das ist beim Anbau des Klägers nicht der Fall. Die nachträgliche Erteilung einer Baugenehmigung für den Anbau kommt mangels planungsrechtlicher Zulässigkeit nicht in Betracht. Die Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB ist nicht möglich, wenn sich die Zulässigkeit des zu beurteilenden Vorhabens nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt (OVG Niedersachsen, Beschl. v. 18.11.2013 - 1 LA 43/13 - BauR 2014, 231; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand Sept. 2013, § 31 Rn. 19. Der Erlass einer Nutzungsuntersagungsverfügung ist zur Erreichung des mit der angefochtenen Verfügung verfolgten Zwecks, den Verstoß gegen Bauplanungsrecht durch einen zu große Grundfläche und ein zu großes Volumen zu beseitigen, offensichtlich nicht geeignet. Das Landratsamt hatte schließlich keine Pflicht, ohne konkrete Angebote des Klägers nach sinnvollen Verkleinerungsmöglichkeiten zu forschen (BVerwG, Beschl. v. 8.2.1994 - 4 B 21.94 - juris m.w.N.). Die Möglichkeit, dem Landratsamt ein solches Angebot zu unterbreiten, steht dem Kläger jedoch weiterhin - etwa auch zur Abwendung einer Vollstreckung - offen.
III.
46 
Die Ausübung des Ermessens durch das beklagten Land lässt keine vom Gericht überprüfbaren Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO, § 40 LVwVfG) erkennen.
47 
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Baurechtsbehörde grundsätzlich in Übereinstimmung mit dem Zweck des § 65 Satz 1 LBO und damit rechtmäßig handelt, wenn sie die Beseitigung einer im Widerspruch zum materiellen Baurecht errichteten Anlage anordnet (Urt. des Senats v. 13.6.2007 - 3 S 39/07 - BauR 2007, 1861; Urt. des Senats v. 16.6.2003 - 3 S 2436/02 - VBlBW 2004, 263; Sauter, LBO für Bad.-Württ., Stand Nov. 2013, § 65 Rn. 44; Reichel/Schulte, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1139). Es entspricht daher regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn ganz konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (BVerwG, Urt. v. 11.4.2002 - 4 C 4.01 - NVwZ 2002, 1250 m.w.N.). Derartige besondere Umstände sind vorliegend nicht gegeben.
48 
1. Zwar haben sich die Ermessenserwägungen in Ausgangsverfügung und Widerspruchsbescheid noch daran orientiert, das Vorhaben des Klägers verstoße gegen die wirksame Ortsbausatzung, was, wie ausgeführt, nicht zutrifft. Der Beklagte hat jedoch in seinen gerichtlichen Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat seine Erwägungen auch für den Fall ergänzt (vgl. § 114 Satz 2 VwGO), dass das Vorhaben des Klägers in einem im Zusammenhang bebauten Ortsteil verwirklicht worden sein sollte.
49 
2. Der Kläger hält dem Landratsamt vor, es habe durch Erlass der Abbruchsanordnung in zweifacher Weise gleichheitswidrig gehandelt. Denn es habe beschlossen, gegen „Altfälle“ nicht vorzugehen, fordere aber ihn dennoch zum Abbruch seines Anbaus auf, obwohl er ihn vor dem 16.1.2008 bereits vollständig fertiggestellt gehabt habe. Zum anderen lasse das Landratsamt die notwendige Konsequenz gegenüber ihm bekannten „Neufällen“, d.h. der Errichtung oder Erweiterung von baulichen Anlagen nach dem 16.1.2008, vermissen. Auch mit dieser Argumentation vermag der Kläger nicht durchzudringen.
50 
a) In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass rechtswidrige Zustände, die bei mehreren Grundstücke vorliegen, nicht stets "flächendeckend" zu bekämpfen sind. Vielmehr darf die zuständige Behörde auch anlassbezogen vorgehen und sich auf die Regelung von Einzelfällen beschränken, sofern sie hierfür sachliche Gründe anzugeben vermag (BVerwG, Beschl. v. 19.2.1992 - 7 B 106.91 - NVwZ-RR 1992, 360; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.2.1996 - 8 S 3371/95 - NVwZ-RR 1997, 465). Wenn sich innerhalb eines bestimmten räumlichen Bereichs mehrere rechtswidrige Anlagen befinden und nicht gegen alle eingeschritten wird, muss dem behördlichen Einschreiten allerdings ein der jeweiligen Sachlage angemessenes Konzept zugrunde liegen (Reichelt/Schule, Handbuch Bauordnungsrecht, S. 1141 m.w.N.). Grundvoraussetzung hierfür ist unter anderem eine systematische Erfassung des rechtswidrigen Baubestands. Ist der Träger der Baurechtsbehörde - wie hier - nicht Träger der Bauleitplanung, kann wegen des Gewichts der kommunalen Planungshoheit auch eine Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung geboten sein.
51 
aa) Diesen Verpflichtungen entsprechend ist das Landratsamt bereits lange vor dem Hinweis vom 13.12.2007 auf einen „Schwarzbau“ auf dem Grundstück des Klägers am 13.4.2007 nach einer schriftlichen Forderung des Voreigentümers in Überlegungen über sein künftiges Handeln im Gebiet „Wanne“ eingetreten. Das Ergebnis dieser Überlegungen hat es in einem Aktenvermerk vom 13.4.2007 niedergelegt. Danach sollte die Gültigkeit der Ortsbausatzung geprüft und ggf. bei der Gemeinde B. der Erlass eines Bebauungsplans angeregt werden. Sollte ein Bebauungsplan nicht zustande kommen, sollten die vorhandenen Bauten „auf Grundlage des vom Vermessungsamt erstellten Kartenmaterials akzeptiert“ werden. Neufälle, die in der Karte des Vermessungsamts nicht enthalten seien, sollten dagegen künftig auf das in der Satzung geregelte Maß zurückgebaut werden.
52 
Der Ausdruck des vom Vermessungsamt erstellten Bestandsplans trägt zwar das Datum 16.1.2008. Nach den Darlegungen des Landratsamts beruht dieser Plan aber auf einer Erfassung des Vermessungsamts durch eine Ortsbegehung mit Ausmessung der Gebäude im Dezember 2006. Nachdem der Gemeinderat der Stadt B. im April 2008 die Aufstellung eines Bebauungsplans zur städtebaulichen Neuordnung des Gebiets abgelehnt hatte, legte die Baurechtsbehörde - wie der Vertreter des Landratsamts in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt hat - entsprechend dem im April 2007 entwickelten Konzept für ihr künftiges Einschreiten - den in den Karten des Vermessungsamts (mit dem Stand Dezember 2006) eingezeichneten Bestand zugrunde. Dieser darf erhalten bleiben, jede darüberhinausgehende Erweiterung ist zurückzubauen. In diesem Plan ist auf dem Grundstück des Klägers Flst.-Nr. ... nur ein Wochenendhaus mit einer Grundfläche von rund 38 m2 eingezeichnet, was auch dem Vortrag des Klägers entspricht, wonach er mit der Errichtung des Anbaus erst im September 2007 begonnen hat.
53 
Der Kläger meint, da er seinen Anbau vor dem 16.1.2008, dem Ausfertigungsdatum der Karte, vollständig errichtet habe, zähle sein Anbau zu den „Altfällen“ des Konzepts des Landratsamts und dürfe bestehen bleiben. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dieser Einwand in tatsächlicher Hinsicht zutrifft, ob also der Anbau des Klägers am 16.1.2008 bereits fertiggestellt war. Daran bestehen allerdings schon deswegen erhebliche Zweifel, weil ein Baukontrolleur des Landratsamts noch am 31.1.2008 Veranlassung sah, eine Baueinstellung zu verfügen. Der Einwand ist aber unabhängig davon jedenfalls in rechtlicher Hinsicht unbegründet, da der Kläger damit den Bedeutungsgehalt des Einschreitenskonzepts des Landratsamts verkennt. Das Landratsamt hatte schon im April 2007 und damit vor dem Erwerb des Baugrundstücks durch den Kläger die Grundzüge seines künftigen Eingreifens aktenkundig dokumentiert und gleichzeitig die nach der Rechtsprechung erforderlichen Schritte zur Umsetzung des Konzepts eingeleitet. Es ist nicht gleichheitswidrig, wenn das Landratsamt sich dazu entscheidet, auch gegen ein Bauwerk einzuschreiten, das während der für die Umsetzung des Konzepts erforderlichen Maßnahmen (Abstimmung mit dem Träger der Bauleitplanung, Erstellung eines Bestandsplans) errichtet worden ist. Die Argumentation des Klägers könnte allenfalls dann verfangen, wenn er sein Bauwerk zwischen dem Zeitpunkt der dem Bestandsplan zugrundeliegenden Ortsbegehung im Dezember 2006 und dem Vermerk über das Einschreitenskonzept im April 2007 errichtet hätte, was aber unzweifelhaft nicht der Fall war.
54 
bb) Ebenso fehlt es an Hinweisen, dass das Landratsamt in gleichheitswidriger Weise gegen später erstellte rechtswidrige bauliche Anlagen nicht vorgeht. Auf der Grundlage der Auffassung des Senats, wonach die vorhandene Bebauung im Gewann Wanne einen im Zusammenhang bebauten Ortsteil bildet und der aus der Umgebungsbebauung abzuleitende Rahmen für das Maß der baulichen Nutzung das in der unwirksamen Ortsbausatzung festgesetzte Maß der baulichen Nutzung deutlich überschreitet, wäre nur ein Untätigbleiben bei Neubauten und Anbauten, die den Rahmen der Umgebungsbebauung überschreiten, gleichheitswidrig. Solche Vorhaben hat der Kläger nicht benannt; sie waren für den Senat bei der Einnahme seines Augenscheins auch nicht erkennbar.
IV.
55 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
56 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht erfüllt sind.
57 
Beschluss vom 9. April 2014
58 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.5 des Streitwertkatalogs in seinen Fassungen von 2004 und 2013 entsprechend der Angaben des Klägers zum Zeitwert der Anlage sowie den geschätzte Abbruchskosten auf 100.000 EUR festgesetzt.
59 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29. September 2006 - 2 K 1085/05 - geändert.

Die Klage gegen die Verfügung der Beklagten vom 08.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 14.12.2004 wird abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese auf sich behalten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Kläger wenden sich gegen eine Abbruchsanordnung. Sie sind Eigentümer des Grundstücks Flst.-Nr. 3861/1 (...), die Beigeladenen sind Eigentümer des südlich angrenzenden Grundstücks Flst.-Nr. 3861 (...) in ... . Beide mit Einfamilienhäusern bebauten Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard“ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung der Änderung vom 23.02.1988 mit Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 und schriftlichem Teil vom 10.06.1969. Der Bebauungsplan setzt Baufenster mit auf den einzelnen Grundstücken unterschiedlichen seitlichen - nicht vermaßten - Baugrenzen fest. Auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen sind keine Nebenanlagen zulässig, außer Garagen und den erforderlichen Abstellplätzen. Nach § 8 Abs. 1 und 2 der BBV („Grenz- und Gebäudeabstand“) muss der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4,00 m betragen und darf der Mindestabstand zwischen den Hauptgebäuden jeweils 8,00 m nicht unterschreiten. Nach § 8 Abs. 3 der BBV gelten „im übrigen …. die Bestimmungen der §§ 7, 8 u. 9 der Landesbauordnung … vom 06.04.1964 … in der Fassung vom 28. Nov.1983 …“.
Das Wohnhaus der Kläger weist auf der Nordseite eine Grenzgarage mit einem angebauten überdachten Wäscheplatz aus Holz auf; die Grenzlänge beträgt insgesamt ca. 17 m. Eine „Überdachung eines Wäscheplatzes“ wurde 1978 genehmigt. Auf der Gebäudesüdseite befinden sich Balkone im EG und OG mit einem Grenzabstand von 2,91 m (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze). Den Balkonen schräg gegenüber, ca. 2 m bis 2,20 m nach Westen versetzt, steht auf dem Grundstück der Beigeladenen eine 9 m lange Grenzgarage mit Pultdach. Widerspruch und Klage der Kläger gegen die Genehmigung dieser Garage blieben erfolglos (vgl. Urteil des VG Freiburg vom 17.05.1995 - 2 K 1141/94 -). Im April 1996 beantragten die Kläger eine Baugenehmigung zum Umbau des vorhandenen Südbalkons im Erdgeschoss in einen Wintergarten mit einem Grenzabstand von 2,50 m. Diesen Antrag zogen sie nach Hinweis der Beklagten auf den vorgeschriebenen Grenzabstand und auf Einwendungen der Beigeladenen im August 1996 zurück. Im Januar 1998 reichten die Kläger „Nachtragspläne“ - zum Umbau des Balkons in einen Wintergarten und zur Erweiterung des darunterliegenden Geräteraums mit jeweils einem Grenzabstand von 2,50 m ein. Auch insoweit wies die Beklagte darauf hin, dass die vorgeschriebene Baugrenze erheblich überschritten werde. Im Juli 2004 wurde festgestellt, dass die Kläger unterhalb des Balkons einen nach Süden auskragenden, 5,94 m langen Kelleranbau samt Tür im Rohbau mit einem Grenzabstand von 1,44 m (vgl. Fotos sowie Aufmaßskizze) errichtet hatten.
Mit Verfügung vom 08.07.2004 gab die Beklagte den Klägern auf, den ungenehmigten Erweiterungsbau des Kellergeschosses innerhalb von zwei Monaten ab Bestandskraft zu beseitigen und setzte hierfür eine Gebühr von 100,-- EUR fest. Der Erweiterungsbau, der Teil des Hauptgebäudes sei, widerspreche, wie die Kläger wüssten, den Festsetzungen des Bebauungsplans bezüglich Grenzabstand und Baugrenze von jeweils 4,00 m. Eine Befreiung von diesen nachbarschützenden Festsetzungen sei nicht möglich, da sich die Beigeladenen in ihren Rechten verletzt sähen, sich auch so geäußert hätten und eine Einigung nicht gelungen sei. Zur Herstellung baurechtmäßiger Zustände sehe man im Rahmen des Ermessens keine andere Möglichkeit, als den Abbruch des ungenehmigt errichteten Anbaus anzuordnen. Den Widerspruch der Kläger, den sie unter Hinweis auf die Zulässigkeit des Anbaus als Nebenraum nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO und auf § 14 BauNVO - mit der Zulassungsmöglichkeit nach § 23 Abs. 5 BauNVO - sowie mit Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 8 der Bebauungsvorschriften begründeten, wies das Regierungspräsidium Freiburg im Anschluss an einen Ortstermin (mit Aufmaßskizze) mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück: Der Anbau widerspreche den eindeutigen nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans zum Grenzabstand. Die Erweiterung sei auch mehr als nur geringfügig i.S.v. § 23 Abs. 3 BauNVO. Die entsprechenden Ermessensüberlegungen im Ausgangsbescheid seien daher nicht zu beanstanden. Eine Privilegierung nach § 6 Abs. 1 LBO sei schon deswegen ausgeschlossen, weil die entsprechenden Maximalmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO (15 m Grenzbebauung) schon durch die Garage mit insgesamt rund 17 m überschritten würden. Der Widerspruchsbescheid wurde den Klägern durch Anordnung per Einschreiben, abgesandt am 25.04.2005, erneut zugestellt.
Mit ihrer am 19.05.2005 erhobenen Klage beantragten die Kläger, die Verfügung der Beklagten und den Widerspruchsbescheid aufzuheben. Ergänzend zum bisherigen Vorbringen machten sie geltend: Der Anbau sei nach der LBO privilegiert im Grenzbereich zulässig. Die Maße des § 6 Abs. 1 S. 2 LBO würden eingehalten, es handle sich auch um einen privilegierten Nebenraum ohne Verbindung zum Hauptgebäude. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen, selbst wenn die bestehende Grenzbebauung insgesamt 15 m überschreiten sollte. Auf die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 4 LBO werde der streitige Anbau nicht angerechnet, weil er einen Grenzabstand von mindestens 1,44 m einhalte. Die Beklagte habe auch versäumt, eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu prüfen. Das Vorhaben störe niemanden, die Beigeladenen würden nicht beeinträchtigt und auch die Vorgeschichte sei von der Beklagten nicht berücksichtigt worden. Der Abbruch sei insgesamt unverhältnismäßig. Die Beklagte trat der Klage entgegen.
Das Verwaltungsgericht Freiburg hat - nach erfolgsloser Durchführung eines Mediationsverfahrens - der Klage mit Urteil vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - stattgegeben und die angefochtenen Bescheide aufgehoben: Ob die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 S. 1 LBO vorlägen, könne offenbleiben. Jedenfalls leide die Abbruchsanordnung an Ermessensfehlern. Die Beklagte habe die Möglichkeit einer Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften und § 7 Abs. 3 S. 1 der LBO 1983 nicht gesehen und auch nicht geprüft. Die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 lägen vor. Von der streitigen Kellererweiterung gehe keine tatsächliche Beeinträchtigung nachbarlicher Interessen der Beigeladenen aus, da der Anbau weitgehend durch deren eigene Grenzgarage abgeschirmt werde. Schon deswegen, weil die Beklagte die faktisch wohl gänzlich fehlende Beeinträchtigung der Kläger nicht berücksichtigt habe, sei die Abbruchsverfügung ermessensfehlerhaft. Zwar sei es in der Regel als Ermessenserwägung nicht zu beanstanden, wenn die Behörde zur Herstellung rechtmäßiger Zustände den Abbruch anordne. Dies gelte aber nicht, wenn Ausnahmegründe vorlägen, was bei einer fehlenden faktischen Beeinträchtigung gegeben sei. Dieser Umstand hätte vorliegend besonders deswegen berücksichtigt werden müssen, weil bauordnungsrechtlich die Abstandsflächenvorschriften nicht verletzt würden. Der streitige Anbau falle unter § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 bzw. Abs. 6 LBO. Die Höchstmaße des § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 LBO würden nicht überschritten. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe, soweit er im Rahmen des § 6 Abs. 6 LBO überhaupt Anwendung finde, schon deshalb nicht entgegen, weil es sich bei dem streitigen Anbau nicht um einen Grenzbau handle.
Auf Antrag der Beklagten hat der Senat durch Beschluss vom 03.01.2007, abgesandt am 08.01.2007, die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zugelassen. Mit ihrer am 08.02.2007 eingegangenen Berufungsbegründung macht die Beklagte zusammengefasst geltend: Die Annahme des Verwaltungsgerichts, § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) stelle eine Ausnahmeregelung i.S.d. § 31 Abs. 1 BauGB dar, sei unzutreffend. Der Verweis in § 8 Abs. 3 der BBV auf die §§ 7 bis 9 der LBO 1983 beinhalte lediglich einen Hinweis auf die damalige bauordnungsrechtliche Rechtslage. Abgesehen davon lägen aber auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 3 S. 1 Ziff. 2 LBO 1983 für eine Ausnahme nicht vor. Nachbarliche Belange der Beigeladenen würden im Sinne dieser Vorschrift durchaus noch „erheblich“ beeinträchtigt. Denn der streitige Anbau werde nur auf einer Länge von 3,80 m durch die Grenzgarage der Beigeladenen abgeschirmt, auf einer Länge von ca. 2,20 m sei er hingegen von deren Grundstück aus sichtbar. Demnach könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, bei der Ermessensausübung die fehlende faktische Beeinträchtigung der Beigeladenen nicht berücksichtigt zu haben. Schließlich sei der Anbau auch bauordnungsrechtlich nicht nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO zulässig. § 6 Abs. 1 S. 4 LBO stehe nicht entgegen. Die Vorschrift finde auch auf solche Bauten Anwendung, die - wie hier - noch innerhalb des 2,50 m-Grenzabstands errichtet seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 29.09.2006 - 2 K 1085/05 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
10 
die Berufung zurückzuweisen.
11 
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend: Das Verwaltungsgericht sei zu Recht von einer normativen Regelung in § 8 Abs. 3 der BBV ausgegangen. Auch wenn man diese Vorschrift lediglich als Hinweis auf die Beachtlichkeit der §§ 7 ff. LBO 1983 ansehe, sei verkannt worden, dass § 7 Abs. 3 LBO 1983 tatbestandlich erfüllt sei und eine geringere Abstandsflächentiefe daher zugelassen werden könne. Das Grundstück der Beigeladenen weise die von § 7 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 LBO 1983 geforderte Besonderheit in Gestalt einer geminderten Schutzwürdigkeit auf. Durch die 9,00 m lange wuchtige Grenzgarage mit Pultdach werde die Besonnung des klägerischen Grundstücks stark beeinträchtigt. In Verlängerung der Garagen hätten die Beigeladenen einen nahezu undurchsichtigen Zaun von etwa 2,00 m Höhe errichtet und sich dadurch insgesamt regelrecht abgeschottet. Der Zaun überrage den streitigen Anbau höhenmäßig deutlich. Es spiele daher keine Rolle, dass der Anbau etwa 2,00 m über die Garage hinausrage. Die konkrete Situation auf dem Nachbargrundstück werde durch den Anbau in keiner Weise nachteilig verändert. Im Übrigen sei die Abbruchsverfügung allein deswegen rechtswidrig, weil der Aspekt fehlender faktischer Beeinträchtigungen in die Ermessensentscheidung nicht eingeflossen sei und die Behörde die Interessen der Kläger mit keinem Wort berücksichtigt habe. Der Anbau solle u.a. die altersbedingt erschwerte Gartentätigkeit erleichtern. Die Beklagte sei auch nicht auf das Austauschangebot der Kläger eingegangen, den streitigen Anbau gegen Genehmigung des früher beantragten Wintergartens abzubrechen und dadurch rechtmäßige Zustände herzustellen. Abstandsflächen müsse der Anbau schon nach § 6 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 LBO nicht einhalten, der nicht auf § 6 Abs. 1 S. 4 LBO verweise. Ob die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 8 Abs. 3 der BBV vorliegen, habe die Beklagte von sich aus ohne ausdrücklichen Antrag prüfen müssen.
12 
In der mündlichen Verhandlung hat der Senat das Grundstück der Kläger und dessen nähere Umgebung in Augenschein genommen. Wegen der dabei getroffenen Feststellungen wird auf die Niederschrift verwiesen.
13 
Dem Senat liegen außer den behördlichen Bauakten die Gerichtsakten des vorliegenden und des Verfahrens - 2 K 1141/94 - (Klage gegen die Grenzgarage der Beigeladenen) sowie die Bebauungsplanakten vor. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
21 
2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
23 
b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
24 
Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
25 
2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
29 
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
32 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
14 
Der nachgereichte Schriftsatz der Kläger vom 22.06.2007 nebst Anlagen gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung gem. § 104 Abs. 3 S. 2 VwGO wieder zu eröffnen, da es auf die Frage, ob und in welchem Umfang die „Überdachung eines Wäscheplatzes“ durch den auszugsweise vorgelegten Baubescheid vom 24.08.1978 genehmigt worden ist, für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht ankommt.
15 
Die Berufung der Beklagten ist zulässig und auch begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage der Kläger zu Unrecht stattgegeben. Entgegen seiner Auffassung ist die streitige Teilabbruchsanordnung vom 08.07.2004 der Beklagten in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14.12.2004 rechts- und ermessensfehlerfrei ergangen und verletzt damit Rechte der Kläger nicht (§§ 113 Abs. 1 S. 1, 114 VwGO).
16 
Nach § 65 Satz 1 LBO kann der (wie hier) teilweise Abbruch einer Anlage angeordnet werden (Ermessensseite), wenn sie formell baurechtswidrig ist und seit ihrer Errichtung fortdauernd im Widerspruch zu materiellen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht und nicht auf andere Weise (durch nachträgliche Baugenehmigung, Abweichungen, Ausnahmen oder Befreiungen) rechtmäßige Zustände hergestellt werden können (Tatbestandsseite; vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -; Sauter, LBO, § 65 RdNr. 22). Diesen Anforderungen werden die angefochtenen Bescheide gerecht.
17 
I. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 65 Satz 1 LBO liegen vor. Genehmigt ist auf der Südseite des Wohnhauses der Kläger ein Balkon im Dachgeschoss und im Erdgeschoss. Der Erdgeschossbalkon von 5,94 m Länge und ca. 2,20 m Tiefe hält zur südlichen Grundstücksgrenze einen Abstand von 2,91 m ein (Unterseite, vgl. Aufmaßskizze in Bauakten). Der vom Abbruch betroffene Gebäudeteil betrifft einen unterhalb des Balkons liegenden, nach Süden auskragenden Kelleranbau mit abfallendem Dach von 5,98 m Länge und einem Grenzabstand von 1,44 m. Der Anbau ist auf der Westseite mit einer Außentür versehen. Innen ist er geschlossen, Verbindungen zum sonstigen Keller gibt es nicht. Der Raum dient als Abstellraum für Gartengeräte und Holz. Die Höhe der grenznahen Außenwand des Anbaus beträgt 1,64 m (über Gelände Nachbargrundstück) bzw. 1,50 m (über Gelände Baugrundstück) an seiner Westecke und 0,90 m bzw. 0,80 m an der Ostecke (vgl. ebenfalls die Aufmaßskizze).
18 
1. Mit diesen Ausmaßen und Grenzabständen ist das vom Abbruch betroffene Vorhaben formell baurechtswidrig. Zwar sind nach § 50 Abs. 1 LBO i.V.m. Nr. 10 des Anhangs Vorbauten ohne Aufenthaltsräume bis 40 cbm Rauminhalt verfahrensfrei. Jedoch ist das Vorhaben vorliegend wegen seiner grenznahen Lage jedenfalls bauplanungsrechtlich befreiungsbedürftig (dazu nachfolgend) und die diesbezüglich nach § 51 Abs. 5 S. 1 LBO erforderliche Befreiung der Baurechtsbehörde wurde weder beantragt noch erteilt.
19 
2. Der streitige Vorbau ist seit seiner Errichtung jedenfalls in bauplanungsrechtlicher Hinsicht auch fortdauernd materiell baurechtswidrig. Denn er verstößt gegen Festsetzungen des Bebauungsplans für die Gewanne „Im Blechleacker, Im Schuppenacker, Hinterm Dorf, Im Bühl und Vorderhard “ der Gemeinde Ohlsbach in der Fassung vom 23.02.1988. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen diesen Bebauungsplan sind weder geltend gemacht noch ersichtlich. Insbesondere sind solche Bedenken nicht gegen § 8 Abs. 3 der Bebauungsvorschriften (BBV) vom 07.12.1987 zu erheben. Diese Bestimmung, wonach „im übrigen... die Bestimmungen der §§ 7,8, u. 9 der Landesbauordnung ..... vom 6.4.1964 ... in der Fassung vom 28. Nov. 1983“ gelten, wäre zwar unzulässig, sollte sie als eigenständige planungsrechtliche Regelung mit statischer Bezugnahme auf die damals geltenden bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen auszulegen sein. Denn § 9 Abs. 1 Nr. 2 BBauG in der damaligen Fassung (BBauG 1977/1986 - anders heute § 9 Abs. 1 Nr. 2 a BauGB 2004) ermächtigt nicht unmittelbar zur Festsetzung von Abstandsflächen, sondern gestattet nur die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen nach § 23 Abs. 1 BauNVO mit den sich daraus gem. § 23 Abs. 2 - 5 BauNVO ergebenden Rechtsfolgen (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 10.01.2006 - 5 S 2335/05 -, VBlBW 2006, 350). § 8 Abs. 3 der BBV trifft ersichtlich aber keine eigenständige planungsrechtliche Regelung, sondern enthält - wie bereits § 8 Abs. 3 der vorangegangenen BBV vom 12.08.1969 - einen bloßen (deklaratorischen) Hinweis auf die jeweilige bauordnungsrechtliche Rechtslage (so zutreffend auch VGH Bad.-Württ. a.a.O. in einer vergleichbaren Konstellation). Nur dieses Verständnis des § 8 Abs. 3 der BBV macht auch Sinn im Zusammenhang mit der Regelung in § 8 Abs. 1 der BBV (dazu nachfolgend).
20 
Der Verstoß gegen das Bauverbot nach § 23 Abs. 2 S. 1 BauNVO a.F. kann auch nicht durch eine Abweichungsentscheidung beseitigt werden. Vielmehr scheidet die Herstellung (bauplanungsrechtlich) rechtmäßiger Zustände durch eine - allein in Betracht kommende - Zulassung nach § 23 Abs. 5 BauNVO a.F. (dazu 2.1) oder eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB a.F. (dazu 2.2.) schon aus Rechtsgründen aus.
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2.1 Die Voraussetzungen einer Zulassung des Vorbaus im Ermessensweg nach § 23 Abs. 5 BauNVO liegen nicht vor.
22 
a) Die Voraussetzungen des § 23 Abs. 5 S. 1 BauNVO a.F. sind offensichtlich nicht erfüllt. Zum einen ist der streitige Erweiterungsbau Teil des Hauptgebäudes und damit schon keine Nebenanlage im Sinne des § 14 BauNVO (so in einem vergleichbaren Fall BVerwG, Beschluss vom 14.02.1994 - 4 B 18.94 -, UPR 1994, 263 sowie Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 RdNr. 4.11). Zum anderen schließt der Bebauungsplan nach § 7 Abs. 2 BBV auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen aber auch alle Nebenanlagen aus, soweit es sich nicht um Garagen und um erforderliche Abstellplätze handelt.
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b) Der Vorbau ist entgegen der Auffassung der Kläger ferner auch nicht nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zulassungsfähig. Danach können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen bauliche Anlagen zugelassen werden, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können. Die Vorschrift regelt das Zusammenspiel der mit den Mitteln des § 23 Abs. 1 BauNVO bewirkten Festsetzung einer Bauverbotsfläche und den landesrechtlichen Abstandsflächenbestimmungen. Sie gewährleistet, dass letztere auch innerhalb der nach Planungsrecht nicht überbaubaren Grundstücksflächen zum Tragen kommen können, es sei denn, der Bebauungsplan regelt ausdrücklich Abweichendes. Solche abweichenden Regelungen können je nach Willen des Plangebers nach Umfang und Reichweite unterschiedlich ausfallen. So ist der Plangeber im weitestgehenden Fall - bezogen auf das Landesrecht in Baden-Württemberg - berechtigt, sämtliche nach § 6 Abs. 1 bis 3 LBO privilegierten Gebäude- oder Gebäudeteile, deren Zulassung als Abweichung nach § 6 Abs. 4 LBO und auch deren Zulassungsfähigkeit als Ausnahme oder Befreiung nach § 56 LBO auszuschließen, sofern dafür städtebauliche Gründe ins Feld geführt werden können. Der Plangeber kann über § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO die abstandsrechtliche Privilegierung von Vorhaben aber auch nur teilweise einschränken, etwa indem er nur bestimmte Nutzungen und Anlagetypen ausnimmt. In gleicher Weise ist es möglich, alle oder bestimmte privilegierten Anlagen nicht auf der gesamten Bauverbotsfläche, sondern nur auf Teilen davon zu unterbinden. § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO lässt nach seinem Wortlaut wie nach seinem Zweck all diese Differenzierungen zu (zur Zulässigkeit teilgebietsbezogenen Festsetzungen vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O. § 23 Rn. 22). Im Umfang des jeweiligen Ausschlusses geht der Bebauungsplan dann den landesrechtlichen Bestimmungen als speziellere Vorschrift vor; letztere können nur insoweit ausgenutzt werden, als die aufgrund § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO getroffene Festsetzung dies gestattet (vgl. Fickert/Fieseler, a.a.O mit Rechtsprechungshinweisen); maßgeblich für Art und Umfang des Ausschlusses sind dabei die jeweils im Beurteilungszeitpunkt aktuell geltenden landesrechtlichen Vorschriften (dynamische Verweisung, vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 06.09.1995 - 8 S 2388/95 -, BauR 1996, 222).
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Gemessen daran war die Beklagte hier schon aus Rechtsgründen gehindert, die Zulassung des Kellervorbaus nach § 23 Abs. 5 S. 2 BauNVO a.F. zu prüfen. Zwar stellt der streitige Kellererweiterungs- oder -vorbau sowohl nach seinen Ausmaßen als auch nach seiner Beschaffenheit und Nutzung (Abstellen von Gartengeräten und Brennholzlagerung) einen nach § 6 Abs. 1 S. 2 LBO privilegierten Gebäudeteil mit Nebenraum dar (zu den Kriterien eines Nebenraums vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.1999 - 3 S 1437/99 -, Juris). Jedoch steht § 8 Abs. 1 der BBV, wonach der seitliche Grenzabstand der Hauptgebäude von den Nachbargrenzen mindestens 4 m betragen muss, der Ausnutzung dieses landesrechtlichen Privilegs entgegen. § 8 Abs. 1 der BBV kann nach seinem Wortlaut und nach seiner systematischen Stellung nicht als baugestalterische Regelung im Rahmen örtlicher Bauvorschriften verstanden werden (zu dieser Möglichkeit vgl. § 74 Abs. 1 Nr. 6 LBO n.F. sowie § 111 Abs. 1 Nr. 7 LBO a.F.). Vielmehr enthält diese Vorschrift eine nach § 23 Abs. 5 Satz 2 BauNVO zulässige bauplanungsrechtliche (sachliche und räumliche) Teilausschlussregelung für bestimmte abstandsflächenrechtlich privilegierte Anlagen. § 8 Abs. 1 BBV bestimmt bei richtiger Auslegung, dass Hauptgebäude auch mit privilegierten Gebäudeteilen bauplanungsrechtlich ausgeschlossen sind, soweit sie - wie hier - näher als 4 m an die Nachbargrenze heranrücken. Im Übrigen sollen, wie sich aus dem Hinweis in § 8 Abs. 3 der BBV ergibt, die jeweils aktuellen landesrechtlichen Bestimmungen des Abstandsflächenrechts fortgelten.
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2.2. Die damit allein noch zu prüfenden Voraussetzungen einer Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans nach § 31 Abs. 2 BauGB liegen schon aus Rechtsgründen nicht vor. Denn der streitige Vorbau berührt ersichtlich bereits Grundzüge der Planung. Wie sich aus § 8 Abs. 1 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der BBV vom 07.12.1987 ergibt, die wörtlich mit den entsprechenden Regelungen im ursprünglichen Bebauungsplan übereinstimmen (vgl. §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 2 der BBV vom 12.08.1969), war es - im maßgeblichen Zeitpunkt der jeweiligen Satzungsbeschlüsse (vgl. dazu Senatsurteil vom heutigen Tag - 3 S 881/06 -) ein durchgängiges Konzept des Plangebers, die Wohnhäuser (Hauptgebäude) ausnahmslos mindestens 4 m von den Nachbargrenzen fernzuhalten, innerhalb dieses Bereichs im wesentlichen nur Garagen und notwendige Stellplätze zuzulassen und dadurch eine großzügige aufgelockerte Bebauung des Plangebiets zu erreichen (zu diesem über § 23 Abs. 5 Satz 2 zu sichernden Planungsgrundzug vgl. auch Fickert/Fieseler a.a.O § 23 Rn. 22) . Dieses Konzept ist, wovon der Senat sich beim Augenschein überzeugen konnte, in der Umgebung des klägerischen Grundstücks auch weitgehend umgesetzt worden, der Bebauungsplan ist insofern keinesfalls funktionslos geworden. Würde den Klägern eine Befreiung erteilt, so könnten sich in gleicher Weise auch eine Vielzahl anderer von der Festsetzung des § 8 Abs. 1 BBV betroffener Eigentümer im Plangebiet in gleicher Weise darauf berufen. Die Befreiung würde in diesem Fall als unzulässiger Planersatz wirken und damit die Entscheidung des Plangebers im dafür vorgesehenen Verfahren unzulässig vorweg nehmen. Auch deswegen ist von einem Grundzug der Planung auszugehen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 02.11.2006 - 8 S 361/06 -).
26 
2.3. Darauf, ob der Kellervorbau im Grenzabstand von 1,44 m bauordnungsrechtlich zulässig wäre, kommt es nach Vorstehendem nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass dies wohl nicht der Fall wäre. Denn nach § 6 Abs. 1 S. 4 LBO darf die Grenzbebauung mit privilegierten Vorhaben - dazu gehört auch die grenznahe Bebauung innerhalb der Abstandsflächen - entlang der einzelnen Nachbargrenzen insgesamt 15 m nicht überschreiten. Die Kläger haben indessen bereits an ihrer Nordgrenze als Anbau (privilegierter Abstellraum) an ihre Grenzgarage einen seitlich „überdachten Wäscheplatz“ (Gesamtlänge ca. 17 m) errichtet, wobei offen bleiben kann, ob dieser genehmigt (so nachträglich die Kläger) oder nur geduldet ist. Damit müsste der Kelleranbau objektiv-rechtlich wie in seinem nachbarschützenden Teil einen Abstand von 2,50 m einhalten (vgl. § 6 Abs. 7 LBO). Diese Abstandsflächentiefe wird aber bei weitem unterschritten. Ein Anspruch auf Zulassung einer geringeren Abstandsflächentiefe nach § 6 Abs. 4 Nr. 2 LBO käme nicht in Betracht. Denn, wie der Augenschein gezeigt hat, kann nicht davon ausgegangen werden, dass nachbarliche Belange der Beigeladenen „nicht erheblich“ beeinträchtigt werden. Die Auslegung des Begriffs der nicht erheblichen Beeinträchtigung unterliegt nach der Rechtsprechung aller Senate des erkennenden Gerichtshofs strengen Voraussetzungen. Die Unterschreitung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche stellt nach der Systematik des Gesetzes grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit „erhebliche“ Beeinträchtigung nachbarlicher Belange dar, ohne dass es auf das Ausmaß der Unterschreitung oder auf die tatsächliche Intensität der Beeinträchtigung ankommt. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die vorhandene Situation in Bezug auf das Nachbargrundstück durch Besonderheiten gekennzeichnet ist, die dieses Interesse der Nachbarn an der Einhaltung des nachbarschützenden Teils der Abstandsfläche deutlich mindern oder als weniger schutzwürdig erscheinen lassen als im Regelfall; m.a.W. müssen auf dem Nachbargrundstück Umstände vorliegen, die eine vom Regelfall abweichende Beurteilung rechtfertigen (vgl. etwa Beschlüsse vom 18.07.1996 - 3 S 76/96 -, vom 10.10.1996 - 3 S 2205/94 -, vom 08.10.1996 - 8 S 2566/96 - und vom 25.01.2000 - 5 S 2996/99 -). Solche Besonderheiten hat der erkennende Gerichtshof etwa dann in Erwägung gezogen, wenn dem in Rede stehenden Vorhaben auf seiner gesamten Breite/Tiefe eine (gemeinsame) Grenzmauer gegenüberliegt mit der Folge, dass sich keinerlei nachteilige Veränderungen auf dem Nachbargrundstück ergeben (Beschluss vom 25.01.2000, a.a.O.). Damit ist der vorliegende Sachverhalt nicht vergleichbar. Der Kelleranbau und die Grenzgarage der Beigeladenen liegen sich nur teilweise, nicht aber deckungsgleich gegenüber. Vielmehr ragt der Kellervorbau der Kläger westlich ca. 2,10 m über die Garage hinaus und wird durch die ihm in diesem Bereich gegenüberliegende niedrige Grenzmauer mit aufgesetztem Maschendrahtzaun nicht verdeckt, sondern bleibt gut sichtbar. Auch ist die hinter dem Maschendrahtzaun befindliche Kirschlorbeerhecke nicht durchgehend angelegt, sondern endet etwa auf Höhe der östlichen Außenwand des streitigen Vorbaus. Weiter bis zur Garage kann die Hecke nicht geführt werden, weil sonst die Zufahrt zur Garage verengt und damit behindert würde.
27 
3. Angesichts der mithin „unheilbaren“ Rechtswidrigkeit des von den Klägern errichteten Kellervorbaus, lag es im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten, die Beseitigung anzuordnen. Dieses Ermessen hat die Beklagte (in der Fassung des Widerspruchsbescheids) fehlerfrei ausgeübt (§ 114 S. 1 VwGO) Es entspricht regelmäßig ordnungsgemäßer Ermessensbetätigung, unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung und zur Vermeidung von Präzedenzfällen die Beseitigung eines formell und materiell illegalen Bauvorhabens anzuordnen. Die Duldung eines rechtswidrigen Zustands kann nur veranlasst sein, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür sprechen, ihn ausnahmsweise in Kauf zu nehmen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 16.06.2003 - 3 S 2436/02 -). Solche besonderen Umstände auf Seiten der Kläger liegen nicht vor. Die Kläger können sich insbesondere nicht auf Vertrauensschutz berufen. Sie haben mehrfach Bauanträge gestellt und wieder zurückgezogen. Die Beklagte hat jeweils auf die Bestimmungen des Bebauungsplans bezüglich der überbaubaren Grundstücksfläche hingewiesen. Die bauplanungsrechtliche Situation war den Klägern über Jahre bekannt, gleichwohl haben sie ohne die erforderliche Baugenehmigung bzw. jedenfalls ohne die erforderliche Abweichungsentscheidung unerlaubt gebaut. Vor diesem Hintergrund erscheint die Beseitigung des Vorbaus nicht unverhältnismäßig, selbst wenn die Beigeladenen tatsächlich nur in recht geringem Umfang beeinträchtigt werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Angaben seines Sohnes bereit und in der Lage ist, den Abbruch selbst und damit preiswert durchzuführen. Dem öffentlichen Interesse an der Durchsetzung des Baurechts gebührt unter diesen Umständen, wovon der Beklagte zutreffend ausgeht, der Vorrang. Der Beklagte ist bei seinen Erwägungen auch nicht von falschen Tatsachen ausgegangen. Er hat die Verfügung nicht angenommen, dass die Beigeladenen durch das angegriffene Vorhaben in faktisch schwerwiegender Weise beeinträchtigt würden.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen.
30 
Beschluss vom 13. Juni 2007
31 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 2 GKG).
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Die Anträge der Beklagten und der Beigeladenen 1 und 2 auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 28. Mai 2014 - 6 K 2034/13 - werden abgelehnt.

Die Beklagte und die Beigeladenen 1 und 2 tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen 3 je zur Hälfte. Die Beigeladenen 1 und 2 haften für den von ihnen zu tragenden Anteil an den Kosten als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (... ...) in Baden-Baden. Die Beigeladenen 1 und 2 sind Eigentümer des nach Nordwesten angrenzenden, ebenfalls mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.Nr. ... (... ...). Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 25.8.1967 in Kraft getretenen Bebauungsplans „Straßen- und Baulinienplan Hardberg“, der Festsetzungen über das Maß der baulichen Nutzung und die überbaubaren Grundstücksflächen enthält.
Die Beklagte erteilte dem Kläger mit Bescheid vom 4.8.2011 eine Baugenehmigung zur Aufstockung des bestehenden Wohnhauses und die Errichtung einer Garage auf dem ihm gehörenden Grundstück. Mit der Baugenehmigung wurden Befreiungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der Überschreitung der zulässigen Geschossflächenzahl, der Überschreitung der straßenseitigen Baulinie sowie der Überschreitung der zulässigen Zahl der Vollgeschosse erteilt. Auf den gegen die Baugenehmigung eingelegten Widerspruch der Beigeladenen 1 und 2 veranlasste das Regierungspräsidium Karlsruhe eine Begutachtung durch einen öffentlich bestellten Vermessungsingenieur und kam danach zu dem Ergebnis, dass in den Bauvorlagen die Wandhöhen aufgrund der Zugrundelegung falscher Gebäudehöhen nicht zutreffend dargestellt würden, was im Bereich des abgeschrägten vorderen Anbaus zu der Ermittlung einer zu geringen Abstandsflächen geführt habe. Aus der korrekten Geländehöhe ergäben sich an den maßgeblichen Eckpunkten Wandhöhen von 8,61 m (8,23 m + 0,38 m) und 10,71 m, woraus sich bei einer gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO zu einem Viertel anzurechnenden Giebelhöhe des Pultdachs von 0,28 m eine relevante Wandhöhe von 9,73 m und nach Multiplikation mit dem Faktor 0,4 eine Abstandsflächentiefe von 3,89 m errechne, die nach den tatsächlichen Abständen an den beiden Ecken zum Nachbargrundstück um 17 cm bzw. 18 cm unterschritten werde. Nach Anhörung des Klägers half die Beklagte dem Widerspruch der Beigeladenen mit Bescheid vom 19.7.2013 ab und hob die Baugenehmigung vom 4.8.2001 „in Bezug auf die Sanierung und Aufstockung des Wohnhauses“ auf.
Auf die vom Kläger erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 28.5.2014 den Bescheid vom 19.7.2013 aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Abhilfeentscheidung der Beklagten sei rechtswidrig und verletze den Kläger als betroffenen Bauherrn in seinen Rechten, da die Baugenehmigung keine nachbarschützenden Vorschriften verletze. Zwar sei hinsichtlich der dem Grundstück der Beigeladenen zugewandten Schrägwand die bei den Bauvorlagen befindliche Berechnung der einzuhaltenden Abstandsfläche fehlerhaft. Aus dem arithmetischen Mittel der nördlichen und der südlichen Wandhöhe von 9,596 m errechne sich eine notwendige Abstandsfläche von 3,838 m. Diese werde ausweislich der Genehmigungsplanung, die einen Grenzabstand von 3,75 m vorsehe, um 8,8 cm unterschritten. Diese Abstandsflächenunterschreitung sei jedoch gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen, weil sich das Vorhaben auf die Modernisierung eines Wohngebäudes und die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Aufstockung beziehe, die Baugenehmigung für die Errichtung des Hauses bereits mehr als fünf Jahre zurückliege und die Planung mit öffentlichen Belangen vereinbar sei. § 56 Abs. 2 LBO ermögliche auch bei einer erheblichen Beeinträchtigung nachbarlicher Belange eine Abwägung der widerstreitenden privaten und öffentlichen Interessen. Diese Abwägung müsse hier zugunsten des Klägers ausfallen.
II.
Die Anträge der Beklagten sowie der Beigeladenen 1 und 2, die Berufung gegen das bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zuzulassen, bleiben ohne Erfolg. Die von der Beklagten und den Beigeladenen geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen ihrer jeweiligen Darlegungen zu prüfen sind, liegen nicht vor.
1. Aus dem Vorbringen der Beklagten und der Beigeladenen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts. Dem Verwaltungsgericht ist zwar bei der Berechnung der Abstandsfläche, die nach § 5 LBO vor der dem Grundstück der Beigeladenen zugewandten, dem Verlauf der Grundstücksgrenze entsprechend abgeschrägten Außenwand liegen muss, insoweit ein Fehler unterlaufen, als es dabei die Höhe der Giebelfläche nicht berücksichtigt hat. Dieser Fehler führt dazu, dass sich die Wandhöhe, gegen deren Berechnung ansonsten keine Bedenken bestehen, gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO um ein Viertel von 27,7 cm, d.h. um 6,92 cm erhöht, woraus sich eine um 2,77 cm größere Abstandsflächentiefe errechnet, als vom Verwaltungsgericht angenommen. Für die weiteren Überlegungen des Verwaltungsgerichts ist dieser Umstand jedoch ohne Bedeutung.
a) Das Verwaltungsgericht ist auf der Grundlage des in den Bauvorlagen dargestellten Geländes zu einer am nördlichen Bezugspunkt gemessenen Höhe der in Rede stehenden Außenwand von 8,722 m und einer am südlichen Bezugspunkt gemessenen Höhe von ,47 m gekommen, woraus es eine im Mittel gemessene Wandhöhe von 9,596 m sowie eine notwendige Abstandsfläche von 3,838 m errechnet hat. Die Genehmigungsplanung, die einen Grenzabstand von 3,75 m vorsehe, werde somit um 8,8 cm unterschritten.
Gegen diese Berechnung bestehen im Grundsatz keine Bedenken. Die Berechnung ist entgegen der Ansicht der Beigeladenen insbesondere nicht deshalb zu beanstanden, weil das Verwaltungsgericht dabei auf die im Zusammenhang mit der Ausführung des Bauvorhabens geplante Veränderung des Geländes abgestellt hat. Wie § 5 Abs. 4 Satz 5 LBO in ihrer am 1.3.2015 in Kraft getretenen Fassung vom 5.11.2014 klarstellt, ist unter Geländeoberfläche im Sinne der in § 5 Abs. 4 Sätze 2 bis 4 LBO getroffenen Regelungen die „tatsächliche Geländeoberfläche nach Ausführung des Bauvorhabens“ zu verstehen, „soweit sie nicht zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird oder wurde.“ Das entspricht jedenfalls im Wesentlichen den bereits zuvor in der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg zum Begriff der Geländeoberfläche im Sinne der Abstandsflächenvorschriften entwickelten Grundsätzen (vgl. u.a. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 8..2014 - 3 S 1279/14 - BauR 2015, 307; Beschl. v. 29.11.2010 - 3 S 1019/09 - NVwZ-RR 2011, 272). Maßgeblich ist danach grundsätzlich die tatsächliche, sich nach Ausführung des geplanten Bauvorhabens ergebende Geländeoberfläche. Etwas anderes gilt nur dann, wenn mangels nachvollziehbarer rechtfertigender Gründe davon auszugehen ist, dass die neue tatsächliche Geländeoberfläche nur zur Verringerung der Abstandsflächen angelegt wird, was bei Abgrabungen von vornherein ausscheidet, bei Aufschüttungen dagegen in Betracht zu ziehen ist (vgl. die Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 15/5294, S. 17).
Der Senat sieht ebenso wie das Verwaltungsgericht keine Anhaltspunkte dafür, dass die im Zusammenhang mit der Ausführung des Bauvorhabens geplanten Veränderungen des Geländes mit dem Ziel vorgenommen werden sollen, die Abstandsflächenvorschriften zu umgehen. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass der Geländeverlauf nach dem Ergebnis des eingenommenen Augenscheins den örtlichen Notwendigkeiten folge, um zwischen Garage und Wohnhaus eine Treppenverbindung von der Gartenterrasse zur Straße herzustellen. Dem Gutachten des Sachverständigen ... sei zudem zu entnehmen, dass in dem hier maßgeblichen mittleren Treppenabschnitt im Vergleich zu dem ursprünglich vorhandenen Gelände sogar in Bezug auf die Abstandsflächen für den Kläger nachteilige Abgrabungen vorgenommen worden seien, so dass eine manipulative Geländemodellierung fern liege.
Das Vorbringen der Beigeladenen in der Begründung ihres Zulassungsantrags rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die Behauptung der Beigeladenen, dass das Gelände zu einem Großteil zugunsten des Klägers angehoben worden sei, wird von ihnen nicht näher erläutert. Die Beigeladenen verweisen stattdessen pauschal auf Fotografien, die den früheren Geländeverlauf vor der Baumaßnahme zeigen. Die von ihnen vorgelegten Fotografien vermögen die Behauptung jedoch nicht zu stützen. Für die bei den Behördenakten und den Akten des Verwaltungsgerichts befindlichen Fotografien gilt das Gleiche. Die von den Beigeladenen ferner erwähnten Messungen des Vermessungsbüros ... vom 8.5.2012 zeigen nicht den ursprünglichen Geländeverlauf, sondern den Geländeverlauf zu einem Zeitpunkt, als die Bauarbeiten bereits im Gang waren.
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b) Dem Verwaltungsgericht kann dagegen nicht gefolgt werden, soweit es angenommen hat, dass die Höhe der Giebelfläche von 27,7 cm auf die Wandhöhe gemäß § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO in seiner im Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung noch geltenden früheren Fassung nicht angerechnet werden könne, da das aufgesetzte Pultdach an keiner Stelle eine größere Neigung als 45° aufweise. Nach dieser Vorschrift wird die Höhe einer Giebelfläche zur Hälfte des Verhältnisses, in dem ihre tatsächliche Fläche zur gedachten Gesamtfläche einer rechtwinkligen Wand mit denselben Maximalabmessungen steht, auf die Wandhöhe angerechnet, wenn zumindest ein Teil der Dachfläche eine Neigung von mehr als 45° aufweist. Nach der Rechtsprechung des VGH Baden-Württemberg gilt diese Vorschrift auch für Gebäude bzw. Gebäudeteile mit einem Pultdach (Urt. v. 14.7.2000 - 5 S 2324/99 - NVwZ-RR 2001, 501; Beschl. v. 7.5.1986 - 8 S 1171/86 - unveröffentlicht). Bei der senkrechten seitlichen Begrenzung eines Pultdachs handelt es sich zwar nicht um eine Dachfläche im bautechnischen Sinn. Von ihr gehen jedoch dieselben nachteiligen Wirkungen für Beleuchtung und Belüftung aus wie von einer mehr als 45 Grad geneigten Dachfläche, was es erforderlich macht, die in § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO a. F. getroffene Regelung auch in diesen Fällen anzuwenden. Die durch eine Dachfläche und eine senkrechte Wand gebildete Fläche eines Pultdachs ist auch eine „Giebelfläche“ im Sinne des § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO a. F., da dieser Begriff nur auf einer Seite eine seitliche Begrenzung durch eine „echte“ Dachfläche erfordert (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 14.7.2000, a.a.O.).
11 
Zu der vom Verwaltungsgericht errechneten Wandhöhe von 9,596 m ist danach die 27,7 cm betragende Höhe der Giebelfläche zu einem Viertel hinzuzurechnen, woraus sich eine notwendigen Abstandsfläche von 3,866 m ergibt. Verglichen mit der geplanten Abstandsflächentiefe von 3,75 m führt dies statt der vom Verwaltungsgericht angenommenen Unterschreitung der notwendigen Abstandsfläche von 8,8 cm zu einer Unterschreitung von 11,6 cm. Für den weiteren Gedankengang des Verwaltungsgerichts ist die insoweit erforderliche Korrektur bei der Berechnung der notwendigen Abstandsfläche jedoch ohne Bedeutung.
12 
c) Das Verwaltungsgericht hat weiter angenommen, die dem Kläger erteilte Baugenehmigung verstoße gleichwohl nicht gegen § 5 LBO, da die Unterschreitung der an sich notwendigen Abstandsfläche gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen sei. Auch dagegen bestehen keine Bedenken.
13 
Nach dieser Vorschrift sind (u.a.) zur Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch Ausbau, Anbau, Nutzungsänderung, Aufstockung oder Änderung des Daches Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO zuzulassen, wenn die Baugenehmigung oder die Kenntnisgabe für die Errichtung des Gebäudes mindestens fünf Jahre zurückliegt und die Abweichungen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das Verwaltungsgericht zutreffend bejaht. Die hiergegen erhobenen Einwendungen der Beklagten und der Beigeladenen rechtfertigen keine andere Beurteilung.
14 
aa) Nach Ansicht der Beigeladenen gestattet § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO nur „Maßnahmen im Bestand“. Danach sei zwar bspw. der Einbau eines Kniestocks oder ein anderweitiges Anheben des Dachs, nicht aber das Aufbringen eines weiteren Vollgeschosses Gegenstand der Vorschrift. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Die von den Beigeladenen vertretene restriktive Auslegung ist weder mit dem Wortlaut der Vorschrift noch ihrem Sinn und Zweck zu vereinbaren. Zu den gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO privilegierten Vorhaben zählt das Gesetz ausdrücklich die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch „Aufstockung“, worunter nach allgemeinem Sprachgebrauch die Erweiterung eines vorhandenen Gebäudes durch das Hinzufügen eines weiteren Geschosses zu verstehen ist. Ob es sich bei dem weiteren Geschoss um ein Vollgeschoss im Sinne der Definition in § 2 Abs. 6 LBO handelt, ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung. Dafür, dass § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO den Begriff der „Aufstockung“ in einem hiervon abweichenden, engeren Sinn verwendet, lässt sich dem Wortlaut der Vorschrift nichts entnehmen. Aus Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich nichts anderes. Die hier in Rede stehende Tatbestandsalternative des § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO bezweckt, die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch nachträgliche bauliche Veränderungen eines bestehenden Gebäudes zu erleichtern, indem sie für solche Vorhaben Abweichungen von den §§ 4 bis 37 LBO gestattet, soweit die Abweichungen mit den öffentlichen Belangen vereinbar sind. Zu der von den Beigeladenen für richtig gehaltenen restriktiven Auslegung des Begriffs der Aufstockung als Beispiel einer solchen nachträglichen baulichen Veränderung besteht auch im Hinblick darauf keine Veranlassung.
15 
bb) Die Abweichung von § 5 LBO unter Zulassung einer Abstandsfläche mit einer etwas geringeren Tiefe ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts auch mit öffentlichen Belangen vereinbar. Es ist dabei zutreffend davon ausgegangen, dass das Erfordernis der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen den Schutz von Rechten Dritter einschließt (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.2010 - 8 S 1977/09 - NVwZ-RR 2010, 387) und die Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine nicht mehr zumutbare und somit im Sinn des § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO erhebliche Beeinträchtigung der nachbarlichen Belange darstellt, ohne dass es auf das Ausmaß dieser Unterschreitung ankommt (vgl. u.a. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 6.6.2008 - 8 S 18/07 - VBlBW 2008, 483; Beschl. v. 13.6.2003 - 3 S 938/03 - BauR 2003, 1549; Urt. v. 10.10.2002 - 5 S 1655/01 - BauR 2003, 1201). Das steht jedoch, wie das Verwaltungsgericht ebenfalls richtig erkannt hat, der Annahme nicht entgegen, die Zulassung einer Abstandsfläche mit einer geringeren Tiefe als von § 5 LBO vorgeschrieben könne ebenso wie Abweichungen von den anderen in § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO genannten Vorschriften mit öffentlichen Belangen vereinbar sein. Wollte man dies anders sehen, liefe § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO insoweit leer.
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Um festzustellen, ob eine Abweichung von § 5 LBO mit öffentlichen Belangen vereinbar ist und deshalb bei Vorliegen der übrigen in § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO genannten Voraussetzungen auf der Grundlage dieser Vorschrift zuzulassen ist, bedarf es deshalb einer Abwägung des mit § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO verfolgten öffentlichen Interesses an der Schaffung zusätzlichen Wohnraums gegen die von § 5 LBO geschützten öffentlichen und privaten Interessen (VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 14.1.2010, a.a.O.; ebenso Sauter, LBO für Baden-Württemberg, § 56 Rn. 13), wie sie auch das Verwaltungsgericht vorgenommen hat. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts ist dabei im vorliegenden Fall dem öffentlichen Interesse an der Schaffung zusätzlichen Wohnraums der Vorrang einzuräumen. Das Verwaltungsgericht hat dies zum einen damit begründet, dass das Gebäude des Klägers nach der genehmigten Aufstockung der sonstigen Bebauung entlang der Sonnenhalde entspreche, die dort zweigeschossig in Erscheinung trete. Es hat zum anderen berücksichtigt, dass die abstandsflächenrechtliche Problematik im Verhältnis zum Grundstück der Beigeladenen im Wesentlichen darauf zurückzuführen sei, dass die gemeinsame Grenze nicht gerade, sondern schräg verlaufe und das Grundstück des Klägers deshalb im rückwärtigen Bereich schmaler sei als im vorderen. Dem habe der Kläger dadurch Rechnung getragen, dass die dem Grundstück des Beigeladene gegenüberliegende Wand im hinteren Teil des Grundstücks abknicke und dem Grenzverlauf folge. Aus dem Umstand, dass die Wand nicht weiter nach hinten zurückversetzt sei oder das Gebäude im südlichen Bereich nicht niedriger geplant worden sei, ergebe sich im Hinblick auf die von § 5 LBO geschützten Belange der Beleuchtung und Belüftung sowie des Brandschutzes und im Vergleich zu einer die Abstandsflächen noch einhaltenden Bebauung keine erhebliche zusätzliche Belastung. Das Wohnhaus des Klägers befinde sich auf der nordöstlichen Seite des Wohnhauses der Beigeladenen. Die natürliche Sonneneinstrahlung aus dieser Richtung sei deshalb von vorneherein eingeschränkt. In diesem Bereich befinde sich zudem in Richtung auf das Grundstück des Klägers eine steil aufragende, stark bepflanzte Böschung, die zu einer weiteren Verschattung des nördlichen und östlichen Terrassenabschnitts mit Wintergarten führe. Angesichts dieser örtlichen Gegebenheiten könne eine zusätzliche Gebäudehöhe von im Schnitt 22 cm im Hinblick auf die Besonnung nicht wesentlich ins Gewicht fallen.
17 
Dem ist trotz der Einwendungen der Beklagten und der Beigeladenen zuzustimmen.
18 
Die Beklagte macht geltend, dass bei einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine Unvereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen anzunehmen sei und nur in Ausnahmefällen etwas anderes gelten könne, da das Abstandsflächenrecht ansonsten bei Aufstockungen völlig konturlos wäre. Ein solcher Ausnahmefall sei hier nicht gegeben, da eine minimale Verschiebung der betreffenden Außenwand genüge, um die von § 5 LBO vorgeschriebene Abstandsflächentiefe einzuhalten. Der damit verbundene Verlust an zusätzlichem Wohnraum sei dementsprechend ebenfalls nur minimal.
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Die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts wird durch dieses Vorbringen nicht in Frage gestellt. Die Auffassung der Beklagten, dass bei einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine Unvereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen anzunehmen sei und nur in Ausnahmefällen etwas anderes gelten könne, widerspricht den Intentionen des Gesetzgebers, sofern die Ausführungen der Beklagten dahingehend zu verstehen sein sollten, dass eine Abweichung von § 5 LBO nur in atypischen Fällen in Betracht komme. Nach der Begründung des Entwurfs der Landesbauordnung 1995, mit der § 56 Abs. 2 LBO seine heutige Fassung erhalten hat, sollte damit ein „allgemeiner gesetzlicher Vorbehalt“ geschaffen werden, wonach unter bestimmten Voraussetzungen Abweichungen von der Baurechtsbehörde zuzulassen sind, ohne dass es einer atypischen Fallgestaltung bedarf (vgl. die Begründung zur Landesbauordnung 1995, LT-Drs. 11/5337, S. 117). Um trotz einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsfläche die Vereinbarkeit der Abweichung von dieser Vorschrift mit öffentlichen Belangen zu bejahen, ist deshalb - im Unterschied zu § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 LBO - das Vorliegen eines atypischen Falls keine Voraussetzung.
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Der Beklagten ist gleichwohl insoweit zuzustimmen, als sie auf die Gefahr einer „Aufweichung“ der Abstandsvorschriften bei nachträglichen Aufstockungen eines bestehenden Gebäudes hinweist. Die Berechnung der erforderlichen Abstandsflächentiefe ist in § 5 LBO exakt geregelt. Die Regelung ist gleichzeitig sehr differenziert und berücksichtigt verschiedene besondere Fallkonstellationen. Das gilt bspw. für die Frage, wie in Fällen zu verfahren ist, in denen sich bei einer Wand durch die Geländeoberfläche unterschiedliche Höhen ergeben, die Frage nach der Bildung von Wandabschnitten, wenn einer Wand die Schnittpunkte mit der Dachhaut oder die oberen Abschlüsse verschieden hoch sind, oder die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Höhe von Dächern oder Dachaufbauten sowie die Höhe von Giebelflächen zu berücksichtigen sind. § 6 LBO ergänzt diese Regelungen durch einen ebenfalls umfangreichen Katalog von unter bestimmten Voraussetzungen geltenden Einschränkungen und Vergünstigungen zugunsten des Bauherrn. § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO darf vor diesem Hintergrund nicht in einer Weise gehandhabt werden, welche die in §§ 5 und 6 LBO getroffenen Regelungen in einem Maße relativierte, die den Sinn des gesamten komplizierten Berechnungssystems in Frage stellte. Das macht es erforderlich, die Vorschrift in den Fällen der nachträglichen Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes in Bezug auf § 5 LBO nur zurückhaltend anzuwenden.
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Dabei darf aber auf der anderen Seite auch nicht das gesetzgeberische Anliegen vernachlässigt werden, die Schaffung zusätzlichen Wohnraums durch nachträgliche Veränderungen bestehender Gebäude zu erleichtern und dazu auch Abweichungen von § 5 LBO in Kauf zu nehmen. Die Annahme der Beklagten, dass bei einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe grundsätzlich eine Unvereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen anzunehmen sei, ist damit unvereinbar. Das Gleiche gilt, soweit sie meint, dass eine Abweichung von § 5 LBO in den Fällen der Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes nur dann in Betracht komme, wenn die Aufstockung nur bei einer Unterschreitung des von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe möglich sei.
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Der Begriff der Vereinbarkeit mit öffentlichen Belangen ist daher in den Fällen der Aufstockung eines vorhandenen Gebäudes zwar restriktiv auszulegen, aber doch in einer Weise, die dem gesetzgeberischen Anliegen in substantieller Weise Rechnung trägt. Die Vereinbarkeit der Abweichung von § 5 LBO mit öffentlichen Belangen dürfte danach nur dann bejaht werden können, wenn die von § 5 LBO vorgeschriebene Abstandsflächentiefe nur geringfügig unterschritten wird oder die mit der Unterschreitung verbundenen Nachteile für den Nachbarn aus anderen Gründen als noch hinnehmbar angesehen werden können. Der vorliegende Fall gibt jedoch keinen Anlass zu einer abschließenden Klärung dieser Frage, da die in Rede stehende Abweichung auch bei einem solchen restriktiven Verständnis der Vorschrift als mit öffentlichen Belangen vereinbar anzusehen ist. Die dafür maßgebenden Umstände hat das Verwaltungsgericht genannt: Die von § 5 LBO vorgeschriebene Abstandsflächentiefe von 3,866 m wird nur geringfügig, nämlich um 11,6 cm unterschritten. Die mit dieser Unterschreitung verbundenen zusätzlichen Nachteile für die Beigeladenen sind angesichts der Lage ihres Wohnhauses zu dem Wohnhaus des Klägers sowie der topografischen Verhältnisse noch als hinnehmbar zu betrachten. Das gilt um so mehr, als das Gebäude des Klägers auch nach seiner Aufstockung von der Sonnenhalde her betrachtet nur zweigeschossig in Erscheinung tritt und damit aus diesem Blickwinkel der Bebauung der Nachbargrundstücke entspricht. Die von den Beigeladenen hervorgehobene Hanglage des Grundstücks des Klägers sowie ihres eigenen Grundstücks rechtfertigt kein anderes Ergebnis.
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2. Die Rechtssache besitzt keine grundsätzliche Bedeutung.
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a) Die von den Beigeladenen als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO auch dann Anwendung finden kann, wenn - wie im vorliegenden Fall - auf ein vorhandenes Flachdach ein komplettes Vollgeschoss aufgesetzt wird, ist nicht klärungsbedürftig. Nicht jede Frage sachgerechter Auslegung und Anwendung einer Vorschrift enthält gleichzeitig eine gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erst im Berufungsverfahren zu klärende Fragestellung. Nach der Zielsetzung des Berufungszulassungsrechts ist Voraussetzung vielmehr, dass der im Rechtsstreit vorhandene Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechtsfortentwicklung eine Klärung gerade durch eine obergerichtliche Entscheidung verlangt. Daran fehlt es, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (vgl. zur Revisionszulassungsrecht BVerwG, Beschl. v. 7.2.2005 - 4 BN 1.05 - NVwZ 2005, 584; Beschl. v. 10.9.2002 - 4 BN 39.02 - Juris).
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Die von den Beigeladenen formulierte Frage hat danach keine grundsätzliche Bedeutung, da sich ihre Beantwortung unter Heranziehung der allgemeinen Auslegungsmethoden ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Zu den unter die Vorschrift fallenden Vorhaben zählt § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO ausdrücklich die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum durch „Aufstockung“, worunter, wie bereits ausgeführt, nach dem allgemeinen Sprachgebrauch die Erweiterung eines vorhandenen Gebäudes durch das Hinzufügen eines weiteren Geschosses zu verstehen ist. Zu einem hiervon abweichenden Verständnis besteht aus den bereits genannten Gründen kein Anlass.
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b) Die von der Beklagten aufgeworfene Frage nach dem Verhältnis zwischen § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO und § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO ist durch den Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 14.1.2010 bereits geklärt. Die für die Vorschriften in den §§ 4 bis 37 LBO sowie für Vorschriften aufgrund der Landesbauordnung geltende generelle Abweichungsregelung in § 56 Abs. 2 LBO wird danach durch § 6 Abs. 3 Nr. 2 LBO nicht verdrängt, sondern gilt ergänzend.
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c) Die von der Beklagten formulierte weitere Frage, ob bei der im Rahmen der Prüfung der Vereinbarkeit der Abweichung mit öffentlichen Belangen erforderlichen Abwägung der Schaffung von Wohnraum nur in atypischen Fällen der Vorrang zukommt, ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig, da sich auch ihre Beantwortung unter Heranziehung der allgemeinen Auslegungsmethoden ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt. Die oben zitierten Gesetzgebungsmaterialien lassen keinen Zweifel daran, dass die Anwendung des § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO keine atypische Fallgestaltung bedingt.
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3. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben. Wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt, weist die Rechtssache keine besondere tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.
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4. Eine die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO eröffnende Divergenz liegt nicht vor. Das Urteil des Verwaltungsgericht steht zwar in Widerspruch zu dem von der Beklagten bezeichneten Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 17.7.2000, indem es angenommen hat, dass die Giebelfläche des Pultdachs bei der Berechnung der Wandhöhe nicht zu berücksichtigen sei. Das Urteil des Verwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf dieser Abweichung, da auch das Verwaltungsgericht von einer Unterschreitung der von § 5 LBO vorgeschriebenen Abstandsflächentiefe ausgegangen ist. Nach seiner Ansicht ist jedoch diese Abweichung von § 5 LBO gemäß § 56 Abs. 2 Nr. 1 LBO zuzulassen. Ob dies richtig ist, hängt nicht davon ab, ob das Ausmaß der Unterschreitung 8,8 cm beträgt, wie dies das Verwaltungsgerichts angenommen hat, oder in Folge der Anwendung der in § 5 Abs. 5 Nr. 2 LBO getroffenen Regelung 11,6 cm.
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5. Der von den Beigeladenen geltend gemachte Verfahrensfehler liegt nicht vor.
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Die von den Beigeladenen erhobene Aufklärungsrüge scheitert schon daran, dass die Beigeladenen ausweislich des Sitzungsprotokolls einen entsprechenden Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht nicht gestellt haben. Nach ständiger Rechtsprechung kann von einer anwaltlich vertretenen Partei im Allgemeinen erwartet werden, dass eine von ihr für notwendig erachtete Beweisaufnahme bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in der gemäß § 86 Abs. 2 VwGO vorgesehenen Form beantragt wird. Wenn der Anwalt dies versäumt hat, kann sein Mandant eine mangelnde Sachaufklärung nicht mehr erfolgreich rügen (vgl. u. a. BVerwG, Beschl. v. 20.9.2007 - 4 B 38.07 - Juris; Beschl. v. 14.9.2007 - 4 B 37.07 - Juris, jeweils mit weiteren Nachweisen). Die fehlende Stellung eines Beweisantrags wäre nur dann unschädlich, wenn sich dem Verwaltungsgericht auch ohne einen solchen Antrag eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Das ist jedoch aus den bereits genannten Gründen nicht der Fall.
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Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.