Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juli 2012 - 3 S 321/11

bei uns veröffentlicht am03.07.2012

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13. Januar 2011 - 4 K 2390/10 - werden zurückgewiesen.

Die Beklagte und der Beigeladene tragen die Kosten des Berufungsverfahrens je zur Hälfte.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen eine Baugenehmigung für einen Kunstrasenplatz und eine Lautsprecheranlage sowie gegen Lärm- und Lichtimmissionen im Zusammenhang mit der Nutzung des sog. Weststadions in Freiburg. Er ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ... (... ...) in Freiburg. Das Grundstück wurde aufgrund einer Baugenehmigung aus dem Jahre 1987 bebaut. Östlich der Grenzstraße schließt das Vereinsgelände des Beigeladenen an, auf dem sich seit längerem ein Naturrasenplatz mit Tribünengebäude, ein kleinerer Rasenplatz und ein Hartplatz befinden.
Die Grundstücke des Klägers und des Beigeladenen liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „5 bis 14 c Schlettstadter Straße (neu)“ vom 18.12.1979 i.d.F. vom 21.02.1984. Der Bebauungsplan weist den Bereich südlich der Schlettstadter Straße und westlich der Grenzstraße, in dem das Grundstück des Klägers liegt, als Allgemeines Wohngebiet (WA) nach der BauNVO 1977 aus. Für den Bereich nördlich der Schlettstadter Straße werden ein Sondergebiet „Eislaufanlage“ und ein Sondergebiet „Sportanlagen“ festgesetzt. Der Bereich des „Weststadions“ zwischen der Grenzstraße und der Berliner Allee ist als Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportanlagen“ und im südlichen Zipfel (Vereinsgaststätte) als MI-Gebiet ausgewiesen. In der Grünfläche sind drei Spielfelder, ein Grünrandstreifen mit Baumbestand und das damals schon bestehende Vereinsheim eingezeichnet. Im Sondergebiet „Eislaufanlage“ befindet sich das Ende der 60er-Jahre errichtete Eisstadion, im Sondergebiet „Sportanlagen“ liegen Tennisplätze und ein Fitnesspark mit Sporthalle. Westlich davon, außerhalb des Plangebiets, befinden sich das Westbad, die Sporthalle der Wentzinger-Schulen und das Stadion am Seepark. Südlich und westlich des WA-Gebiets erstreckt sich das Freigelände (mit Parkplätzen) der ehemaligen Landesgartenschau rund um den Flückinger See. Laut Planbegründung sollte die bisherige gewerbliche Nutzung südlich der Schlettstadter Straße zugunsten einer Arrondierung der Wohnbebauung an der Schlettstadter Straße nach Süden aufgegeben und sollten gleichzeitig die vorhandenen Sportanlagen rechtlich gesichert werden.
Am 29.09.2006 beantragte der Beigeladene die Erteilung einer Baugenehmigung für den Abbruch des bestehenden Tribünendaches und des Vereinsheims sowie den Neubau eines Funktionsgebäudes auf dem Sportgelände und den Umbau der vorhandenen Tribüne auf den jenseits der Grenzstraße gelegenen Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... (... ...). Bereits vor Beantragung der Baugenehmigung waren auf dem ehemaligen Rasenplatz nördlich der Tribüne und gegenüber dem Grundstück des Klägers ein Kunstrasenplatz sowie nördlich des neu anzulegenden Hauptspielfeldes ein Hartplatz angelegt worden. Im Angrenzerbenachrichtigungsverfahren erhob der Kläger Einwendungen im Hinblick auf Lärmbelästigungen und machte Störungen durch die bereits installierte Flutlichtanlage geltend.
Mit Bescheid vom 16.03.2007 erteilte die Beklagte die Baugenehmigung für den Abbruch des bestehenden Tribünendaches und des Vereinsheims, den Neubau eines Funktionsgebäudes (Sportgelände) und den Umbau der vorhandenen Tribüne. Im genehmigten Lageplan sind die Plätze S 1 (Naturrasenplatz), S 2 (Tennenplatz) und S 3 (Kunstrasenplatz mit Flutlicht) eingezeichnet. Laut Text umfasst die Genehmigung (auch) die Sanierung der zwei bestehenden Sportplätze S 1 und S 2 und die Errichtung des Kunstrasenplatzes S 3. Dieser Genehmigungsinhalt ist unstreitig. Die Baugenehmigung enthält eine Vielzahl von Nebenbestimmungen, die sich u.a. auf den Einsatz von Lautsprecheranlagen sowie die Nutzung des Kunstrasenplatzes S 3 beziehen. Nach der Auflage 0.9.02F darf die Lautsprecheranlage u.a. vor dem am stärksten betroffenen Raum einer Wohnung im angrenzenden Wohngebiet an der Grenzstraße die Immissionsrichtwerte der 18. BImschV für ein Mischgebiet (künftig MI) nicht überschreiten. In der Auflage 0.9.03F werden betriebsorganisatorische Schallschutzmaßnahmen bezüglich Zeit und Umfang des Spiel- und Trainingsbetriebs auf dem Kunstrasenplatz S 3 festgelegt. Diese setzen im einzelnen die Empfehlungen eines Lärmschutzgutachtens des Ingenieurbüros isw vom 22.11.2006 um. Das Gutachten geht davon aus, dass bei Einhaltung dieser Empfehlungen im angrenzenden Wohngebiet die Richtwerte der 18. BImschV für ein MI eigehalten werden. Die Einwendungen des Klägers wurden zurückgewiesen: Unter Berücksichtigung der Auflagen verstoße das Vorhaben nicht gegen das in § 15 BauNVO enthaltene Rücksichtnahmegebot. Der Bebauungsplan enthalte für den fraglichen Bereich die Festsetzung „Sportanlage“. Die Wohnbebauung sei rechtlich und tatsächlich vorbelastet. Sie sei in der Nachbarschaft zu der schon länger bestehenden Sportplatzanlage und zu einem Kieswerk in entstanden und habe planungsrechtlich einer Außenbereichsrandlage geglichen. Die Rechtspre-chung zum Zusammentreffen unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete rechtfertige es im vorliegenden Fall, für das im Bebauungsplan ausgewiesene WA-Gebiet die Immissionsrichtwerte eines MI-Gebiets zugrunde zu legen. Denn der Wohnblock, in dem das Haus des Klägers liege, sei erst nach Rechtskraft des Bebauungsplans genehmigt worden, und die Bebauung sei auch insgesamt an die seit Jahrzehnten vorhandene Sportanlage herangerückt. Bei Betrachtung der Zulässigkeit der Lärmimmissionen seien das Hauptspielfeld mit zugehöriger Tribüne und der Hartplatz als bereits bestehende Altanlagen und der Kunstrasenplatz sei als Neuanlage einzustufen.
Mit Bescheid vom 09.01.2009 wies das Regierungspräsidium Freiburg den Widerspruch des Klägers zurück. Hiergegen erhob der Kläger Klage: Die angenommene Mittelwertbildung zwischen Wohn- und Mischgebietswerten sei unzulässig. Die Sportanlage werde hier durch das WA-Gebiet und nicht durch das angrenzende kleine MI-Gebiet geprägt, so dass die Richtwerte eines WA-Gebiets einzuhalten seien. Bei Errichtung der vorhandenen Wohnhäuser Ende der 50er-Jahre und seines Gebäudes 1987 sei die jetzige Erweiterung der Sportanlage nicht voraussehbar gewesen. Durch Ausweisung eines WA-Gebiets in der Nähe von Sportanlagen im Bebauungsplan sei der Bestandsschutz der Anlage auf eine mit einem WA-Gebiet verträgliche Nutzung eingeschränkt worden. Der Beklagte und der Beigeladene traten der Klage entgegen: Auf einen möglichen Verstoß des Bebauungsplans gegen das Trennungsgebot (§ 50 BImSchG) könne sich der Kläger wegen Ablaufs der Rügefristen nicht mehr berufen. Dem Kläger stehe nur die Schutzwürdigkeit eines MI-Gebiets zu. Sein Wohnhaus sei erst lange nach Anlage der Sportplätze und nach Inkrafttreten des Bebauungsplans genehmigt worden und die Wohnbebauung sei auch insgesamt an die Sportanlagen herangerückt. Die Schutzbedürftigkeit der Sportflächen entspreche ihrerseits mindestens einem MI-Gebiet, tatsächlich aber eher einem Gewerbegebiet als Vergleichsmaßstab. Das Gros der Sportflächen sei in den 60er- und 70er-Jahre zu einer Zeit entstanden, in der noch mehrere störende große Gewerbebetriebe die Umgebung geprägt hätten. Die Sportanlagen hätten daher bei ihrer Errichtung und ihrem Betrieb darauf vertrauen dürfen, dass Lärmbelästigungen zulässig seien, die mindestens einem Gewerbegebiet entsprächen.
Das Verwaltungsgericht hat ein Sachverständigenguten des Ingenieurbüros IBK zu der Frage eingeholt, welche Geräuschimmissionen durch den Betrieb des Weststadions auf das Grundstück des Klägers einwirken. Im Einzelnen wird auf das Gutachten vom 07.08.2009 verwiesen. Der Sachverständige hat Geräuschmessungen während des Sportanlagenbetriebs an einem Werktag und bei Punktespielen an einem Samstag durchgeführt und diese auf andere Betriebszustände der Sportanlage übertragen. Als Ergebnis hält er fest, dass die lautesten Geräuschpegel prinzipiell vom neuen Kunstrasenplatz S 3 ausgehen, dass das Wohnhaus des Klägers stärker als das der Klägerin im Verfahren 3 S 320/11 betroffen wird und dass die Immissionsrichtwerte und Maximalpegel der 18. BImSchV bei Einstufung der Messpunkte als WA-Gebiet teilweise überschritten, bei der Einstufung als Gemengelage - mit Richtwerten zwischen einem WA- und einem MI-Gebiet - aber jeweils eingehalten werden.
Mit Urteil vom 13.01.2011 - 4 K 2390/10 - hat das Verwaltungsgericht der Klage gegen die Baugenehmigung teilweise stattgegeben und diese aufgehoben, soweit darin die Nutzung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage genehmigt wird: Das Vorhaben sei zwar nach Art der baulichen Nutzung mit dem - wirksamen - Bebauungsplan Schlettstadter Straße (neu) vereinbar, der eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportplatz“ festsetze. Denn die baulichen Anlagen seien untergeordnet und stellten die Nutzung als Grünfläche nicht in Frage. Die Baugenehmigung verstoße insoweit aber gegen das Gebot der Rücksichtnahme, soweit mit ihr für die Nutzung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage (nur) die Einhaltung der Richtwerte für ein MI-Gebiet festgesetzt werde. Grundlage seien die zur Konkretisierung zumutbaren Lärms heranzuziehenden Kriterien der 18. BImSchV. Die Schutzbedürftigkeit richte sich u.a. nach den Festsetzungen im Bebauungsplan. Obwohl das Grundstück des Klägers in einem WA-Gebiet liege, sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diesem nicht das Schutzniveau dieses Gebietstyps zugebilligt habe. Dies ergebe sich aus der nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO beim Rücksichtnahmegebot anzustellenden einzelfallbezogenen konkreten Sichtweise. Allerdings sei die Beklagte zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Kläger beim Lärmschutz nur die Schutzwürdigkeit eines MI-Gebiets beanspruchen könne. Die Rechtsprechung von Mittelwerten in sog. Gemengelagen als Ausprägung des Rücksichtnahmegebots finde auch bei - wie hier - unmittelbarer Geltung der 18. BImSchV Anwendung. Bei einem Nebeneinander von Gebieten mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit sei daher zunächst zu prüfen, welche Schutzwürdigkeit dem Vorhaben nach Maßgabe der planerischen Festsetzungen und mit Blick auf das Gebot der Rücksichtnahme zuzubilligen sei. Erst in einem weiteren Schritt sei sodann Raum für die (immissionsschutzrechtliche) Frage, mit welchem Immissionsmittelwert das einer Gemengelage zuzuordnende Vorhaben zu beaufschlagen sei. Gemessen daran stehe dem Kläger ein Schutzniveau zwischen den Werten eines WA- und eines MI-Gebiets zu, ohne dass es auf die genaue Bestimmung der Höhe dieses Mittelwerts ankomme. Dagegen verstoße die Baugenehmigung, soweit sie Mischgebietsimmissionen zulasse. Die Sportanlagen seien, anders als die nördlichen Sportanlagen, seinerzeit keinem Sondergebiet zugeordnet, sondern als Bestandteil einer Grünfläche zugelassen worden. Mit ihrer Größe wären sie seinerzeit nur in einem MI allgemein zulässig gewesen. Dies sei bei Auslegung des Bebauungsplans dergestalt zu berücksichtigen, dass auch den streitigen Erweiterungen der Sportanlagen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG das Lärmschutzniveau eines MI zuzuordnen sei. Bei der sich daran anschließenden Frage, was dem Kläger unter Berücksichtigung des Rücksichtnahmegebots zuzumuten sei, sei einerseits zu berücksichtigen, dass die sportliche Nutzung, nicht nur auf den Grundstücken des Weststadions, bereits lange Zeit vor der Wohnnutzung auf dem Grundstück des Klägers vorhanden gewesen und insbesondere die Wohnnutzung an der Grenzstraße an den vorhandenen Sportplatz herangerückt sei. Andererseits könne nicht unberücksichtigt bleiben, dass der Kunstrasenplatz S 3 selbst näher an die (vorhandene) Wohnbebauung heranrücke und die Beklagte vor dem Hintergrund der Entwicklung im fraglichen Bereich mit dem Bebauungsplan Schlettstadter Straße (neu) im Jahre 1979 eine Planungsentscheidung dahingehend getroffen habe, dass sie eine wohngebietsverträgliche Nutzung durch einen Sportplatz neben einem festgesetzten WA-Gebiet ermöglichen wollte. Frühere Vorbelastungen und Konfliktsituationen seien 1979 durch die Bauleitplanung neu geordnet und bewältigt worden. Es sei mit dem Bebauungsplan nicht vereinbar, dass das Gebäude des Klägers mit mischgebietsrelevanten Lärmimmissionen beaufschlagt werde. Damit werde auch dem Grundsatz der Normenwahrheit hinreichend Rechnung getragen und „Etikettenschwindel“ vermieden. Allenfalls zulässig sei eine Mittelwertbildung zwischen den Richtwerten für eines WA- und eines MI-Gebiets. Danach erweise sich die Baugenehmigung bezüglich der Nebenbestimmungen 0.9.02F und 0.9.03F als rechtswidrig. Dem stehe nicht entgegen, dass die tatsächliche Nutzung ausweislich des vom Verwaltungsgericht eingeholten Gutachtens der IBK im Wesentlichen hinter den Mischgebietswerten zurückbleibe. Denn die Sportanlage dürfe nach der Baugenehmigung in weitergehendem Umfang genutzt werden.
Gegen dieses Urteil, soweit es der Klage stattgibt, richten sich die - vom Verwaltungsgericht zugelassenen - Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen.
Die Beklagte führt zusammengefasst aus: Dem Verwaltungsgericht sei zwar insoweit zu folgen, als es von der Zulässigkeit der Sportanlage nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, bei Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO und der Rechtsprechung zur sog. Mittelwertbildung auch bei unmittelbarer Anwendung der 18. BImSchV ausgehe. Unzutreffend sei jedoch die dem Grundstück des Klägers zugebilligte - zu hohe - Schutzwürdigkeit. Diese gehe nicht über das Niveau eines MI-Gebiets hinaus. Nach der Begründung zum Bebauungsplan von 1979 habe nur die frühere gewerbliche Nutzung in Wohnnutzung umgewandelt werden sollen. Dies mindere die Schutzwürdigkeit der Bewohner. Hieran ändere nichts, dass die Gemeinde zugleich die vorhandenen Sportflächen im Rahmen einer öffentlichen Grünfläche festgesetzt habe. Der vom Verwaltungsgericht gezogene Schluss, Sportanlagen seien nach der BauNVO 1977 nur in MI-Gebieten allgemein zulässig gewesen und dies bestimmte das Immissionsniveau der Sportflächen, sei unzutreffend, da der Plangeber damals eine Festsetzung nach § 6 Abs. 2 Ziff. 5 BauNVO gerade nicht gewählt habe. Die Festsetzung einer öffentlichen Grünfläche statt eines Sondergebiets lasse nicht den Schluss zu, dass man gegenüber den Sportflächen im Norden einen geringeren Störungsgrad gewollt habe. Der Störgrad aller damals gesicherten Sportflächen entspreche dem historisch gewachsenen gewerblichen Umfeld. Immissionen mit dem Mittelwert eines MI-Gebiets seien dem Kläger daher - auch unter Berücksichtigung der zeitlichen Priorität der Fußballfelder - zuzumuten. Sein Grundstück liege an der Nahtstelle zwischen Wohnbebauung, großen besucherintensiven Sportanlagen und dem im Zuge der Landesgartenschau entstandenen Seeparkgelände. Im Übrigen würden nach den Messungen im Gutachten der IBK, die die wohl am stärksten belastenden Betriebszustände berücksichtigten, auch beim werktäglichen Trainingsbetrieb und am Wochenende die Pegel eines MI-Gebiets erheblich und teilweise sogar die Werte eines WA-Gebiets unterschritten.
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Der Beigeladene führt aus: Das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass die Lärmkonflikte auch im Vollzug des Bebauungsplans gelöst werden könnten. Vor allem habe aber es die Vorbelastung des Grundstücks des Klägers unzutreffend gewürdigt. Die Einstufung der Sportflächen als eine Art „Mischgebiet“ sei fehlerhaft. Der Plangeber habe - eingedenk der Erfolge des Beigeladenen mit hohen Zuschauerzahlen - keine Einschränkung auf Mischgebietswerte gewollt. Bei Genehmigung des Wohnhauses des Klägers sei der Sportbetrieb längst durchgeführt worden. Auch im Bereich des Kunstrasenplatzes sei ein Fußballfeld, wenn auch geringerer Güte, existent gewesen. Daher sei auch nichts an das Anwesen des Klägers herangerückt. Der vom Verwaltungsgericht erhobene Vorwurf des „Etikettenschwindels“ liege neben der Sache. Es könne Ergebnis einer gerechten Abwägung sein, einem festgesetzten WA-Gebiet das Lärmschutzniveau eines MI-Gebiets zuzumessen. Schließlich bleibe auch die tatsächliche Nutzung des Sportgeländes deutlich hinter dem genehmigten Umfang zurück. Der Gerichtsgutachter habe unter repräsentativen Nutzungsbedingungen festgestellt, dass auch die vom Verwaltungsgericht geforderten Mischwerte zwischen WA- und MI-Gebiet eingehalten würden.
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Die Beklagte und der Beigeladene beantragen jeweils,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 13.01.2011 - 4 K 2390/10 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
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Der Kläger beantragt,
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die Berufungen zurückzuweisen.
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Er erwidert, Bezug nehmend auf das Urteil des Verwaltungsgerichts, zusammengefasst wie folgt: Die heutige Nutzung der Sportanlage entspreche nicht deren Umfang bei Errichtung des Hauses des Klägers im Jahre 1987. Vielmehr habe sich der Sportbetrieb im Zuge der Fusion der „Sportfreunde DJK Freiburg“ - und der „SV Eintracht Freiburg“ im Jahre 2004 erheblich erhöht. Der heutige Kunstrasenplatz sei früher praktisch überhaupt nicht bespielt worden. Spiel und Training hätten ausschließlich auf dem Hartplatz und auf dem Rasenplatz stattgefunden. Wenn auch die Hauptaufenthaltsräume seines Gebäudes nach Westen ausgerichtet seien, würden dort die Geräusche des Spielbetriebs praktisch ebenso wahrgenommen wie auf der Ostseite. Die 18. BImSchV sehe, anders als etwa die TA-Lärm, die Bildung von Mittelwerten für Gemengelagen nicht vor. Jedenfalls müsse der Kläger aber allenfalls einen Mittelwert zwischen WA- und MI-Werten hinnehmen. Der Satzungs-geber habe mit der Ausweisung eines WA-Gebiets im Bebauungsplan seinerzeit eine klare Entscheidung getroffen und die städtebauliche Situation damit auf eine neue Grundlage gestellt. An der Stelle des jetzigen Kunstrasenplatzes habe sich seinerzeit nur eine Art „besserer Krautacker“ befunden.
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Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze, die beigezogenen Baugenehmigungs- und Bebauungsplanakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen sind darauf gerichtet, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit zu ändern, als darin die Baugenehmigung vom 16.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 09.01.2009 aufgehoben wird. Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist damit nur die Genehmigung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage. Das Prüfprogramm des Senats beschränkt sich dabei auf die Frage, ob die Genehmigung mit dem durch die Nebenbestimmungen 0.9.01 F, 0.9.02 F und 0.9.03 F zugelassenen Nutzungsumfang beider Anlagen Rechte des Klägers verletzt.
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Mit diesem Inhalt sind die vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufungen beider Berufungsführer zulässig. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Baugenehmigung sowie den sie bestätigenden Widerspruchsbescheid zu Recht bezüglich der Lautsprecheranlage und des Kunstrasenplatzes S 3 aufgehoben, da die Baugenehmigung insofern den Kläger wegen nicht zumutbaren Sportlärms in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht hierbei darin, dass der Kläger die nach der Baugenehmigung - auf Grundlage der Berechnungen und der Nutzungsannahmen des Gutachters der isw - zulässigen Lärmimmissionen im Umfang eines Mischgebiets nach der 18. BImSchV nicht hinnehmen muss, sondern dass ihm nur Immissionswerte nach der 18. BImSchV zuzumuten sind, die in einem Zwischenbereich zwischen einem Mischgebiet (MI) nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV und einem allgemeinen Wohngebiet (WA) nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV liegen. Soweit sie diese Zwischenwerte übersteigenden Sportlärm zulässt, verstößt die Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme (dazu I.), dessen Maßstäbe - mit dem Verwaltungsgericht - aus einer Bewertung der Schutzwürdigkeit der emittierenden Sportanlage einerseits und der immissionsbetroffenen Wohnbebauung an der Grenzstraße andererseits zu ermitteln sind (dazu II.). Auf eine genauere Ermittlung des zumutbaren Zwischenwerts im Einzelnen kommt es dabei nicht an, da die streitige Baugenehmigung nicht teilbar ist (dazu III.).
I.
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Als verletztes Recht kann sich der Kläger auf das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme in seiner drittschützenden Ausprägung stützen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 05.08.1983 - 4 C 96.79 -, BVerwGE 67, 334 ff.; Urt. v. 06.10.1989 - 4 C 14.87 -, NJW 1990, 1192 ff., seither ständige Rspr.). Denn sein Wohngrundstück liegt im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „5-14 c Schlettstadter Straße (neu)“ vom 18.12.1979 i.d.F. südlich der Schlettstadter- und westlich der Grenzstraße vom 18.12.1979 i.d.F. v. 02.03.1984, der für den Bereich südlich der Schlettstadter- und westlich der Grenzstraße ein WA-Gebiet (§ 4 BauNVO 1977), im Bereich zwischen Grenzstraße und Berliner Allee (Areal des Weststadions) eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportanlagen“ (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG) und im Bereich nördlich der Schlettstadter Straße Sondergebiete „Sportanlagen“ und „Eislaufanlage“ festsetzt (vgl. § 11 Abs. 1 BauNVO 1977).
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1. Über das Rücksichtnahmegebot hinaus vermittelt der Bebauungsplan dem Kläger allerdings kein zusätzliches unmittelbar drittschützendes Abwehrrecht. Die Voraussetzungen des sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruchs, wonach jeder Gebietsanlieger - als Angehöriger einer auf Achtung gegenseitiger Rechte und Pflichten angelegten bodenrechtlichen „Schicksalsgemeinschaft“ - grundsätzlich die Einhaltung aller Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung (ohne Rücksicht auf das Ausmaß der Beeinträchtigung) verlangen kann (vgl. dazu bereits BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BauR 1994, 223 ff.), liegen nicht vor. Denn dieser Anspruch gilt grundsätzlich nur innerhalb eines „Baugebiets“ nach § 1 Abs. 2 BauNVO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 -, NVwZ 2008, 427 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2011 - 8 S 2581/10 -, juris), d.h. hier nur innerhalb des als WA-Gebiet festgesetzten Plangebietsausschnitt, nicht aber mit Blick auf die benachbarten - als Sondergebiete bzw. als öffentliche Grünfläche ausgewiesenen - Sportanlagengebiete. Ob sich der Kläger ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des sog. planübergreifenden Nachbarschutzes auf die Festsetzungen zur Nutzungsart auf dem Weststadiongelände berufen könnte (dazu BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 a.a.O.; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1987 - 8 S 1920/86 -), kann auf sich beruhen. Denn dieser Anspruch wäre jedenfalls nicht verletzt, da das genehmigte Vorhaben - drei ebenerdige Sportplätze mit Umkleide- und Tribünengebäude - nach Art der baulichen Nutzung zulässig ist. Es überschreitet den Rahmen einer „Grünfläche“ nicht. Alle baulichen Anlagen dienen unmittelbar der Zweckbestimmung „Sportanlagen“ und die genehmigten Hochbauten sind räumlich im Verhältnis zur Gesamtfläche des Weststadions auch deutlich untergeordnet, sodass der Rahmen und das Erscheinungsbild einer „Grünfläche“ noch gewahrt sind (vgl. zu diesen Anforderungen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2008 - 3 S 1771/07 -, VBlBW 2009, 61 ff.). Die Zweckbestimmung „Sportanlagen“ ist auch noch hinreichend bestimmt, da sich Art und Lage der vom Plangeber gewollten Sporteinrichtungen - Ballspiel- bzw. Rasenspielplätze mit Nebengebäuden - aus dem Lageplan in einer Gesamtschau mit der Planbegründung (Ziff. 2.3) erschließen lassen (zu den Bestimmtheitsanforderungen vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.07.1983 - 5 S 433/83 -, BauR 1985, 550 f.).
21 
2. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind bauliche Anlagen u.a. dann unzulässig - und damit (objektiv) rücksichtslos -, wenn von ihnen Belästigungen ausgehen, die in der Umgebung des Baugebiets unzumutbar sind. Drittschützende Wirkung entfaltet das Rücksichtnahmegebot insoweit, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter, d.h. qualifiziert betroffener Nachbarn, Rücksicht zu nehmen ist (Beschl. des Senats v. 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff.). Ausgehend davon ist der - wegen der Grenzlage seines Grundstücks zum Weststadion - zum geschützten Personenkreis gehörende Kläger in unzumutbarem Umfang durch Sportlärm des genehmigten Kunstrasenplatzes und der Lautsprecheranlage betroffen. Dies ergibt sich aus §§ 3 Abs. 1, 22 BImSchG, wonach (auch) bauliche Anlagen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, d.h. Immissionen, für die Nachbarschaft herbeiführen dürfen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Bei voller Ausnutzung der Baugenehmigung ist der Kläger in diesem Sinne erheblichen und damit unzumutbaren Belästigungen durch den genehmigten Sportbetrieb auf dem Kunstrasenplatz S 3 sowie durch den genehmigtem Betrieb der Lautsprecheranlage ausgesetzt. Dies ergibt sich nach den Maßstäben der auf der Grundlage von § 23 Satz 1 BImSchG erlassenen Sportanlagenlärmschutzverordnung vom 18.07.1991 mit späteren Änderungen (18. BImSchV).
22 
a) Die 18. BImschV ist in ihrem sachlichen Anwendungsbereich einschlägig. Denn bei dem Kunstrasensportfeld S 3 handelt es sich um eine zur Sportausübung bestimmte ortsfeste (Teil-)Einrichtung des Weststadions, mit der die Lautsprecheranlage in engem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang steht (vgl. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 18. BImSchV).
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b) Da es um die Errichtung und den Betrieb dieser Anlagen geht, ist auch die Regelung über gebietsbezogene Immissionsrichtwerte nach § 2 der 18. BImSchV unmittelbar anzuwenden. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die in § 2 Abs. 2 18. BImSchV aufgeführten Immissionsrichtwerte für Baugebiete nach der BauNVO absolute und uneingeschränkte Geltung ohne Rücksicht auf Lage und konkrete Empfindlichkeit des Emissions- wie des Immissionsorts beanspruchen können. Es kommt vielmehr auch bei Anwendung der 18. BImSchV darauf an, ob der Immissionsort etwa inmitten des jeweils einschlägigen Baugebietstyps liegt, oder ob er - wie hier - an der Grenze zu einem Gebietstyp unterschiedlicher Störempfindlichkeit und Schutzwürdigkeit angesiedelt ist. Zwar konkretisieren die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV verbindlich die Zumutbarkeit von Sportlärm (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.1994 - 7 B 73.94 -, NVwZ 1995, 993 ff.) und die Einhaltung dieser Richtwerte ist auch im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen (BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, VBlBW 2000, 103 ff.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend betont, sind die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV Ausdruck einer lediglich typisierenden Betrachtungsweise des Verordnungsgebers. Sie beruhen auf abstrakt - generellen Abwägungen der in einem Baugebiet typischerweise miteinander konkurrierenden Nutzungsinteressen. Sie bilden damit das Maß zumutbarer Lärmimmissionen und damit die Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft immer nur nach dem abstrakten Maßstab der allgemeinen Zweckbestimmung der normierten Baugebiete ab, wie sie jeweils in Abs. 1 der §§ 2 bis 11 BauNVO umschrieben wird und bestimmen - mit anderen Worten - somit nur Inhalt und Grenzen der jeweiligen „Gebietsverträglichkeit“ (zu diesem Kriterium vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 02.02.2012 - 4 C 14.10 -, ZfBR 2012, 368 ff. und Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.11.2009 - 3 S 2679/08 -, VBlBW 2010, 195 ff. [insofern bestätigt durch BVerwG], Beschl. v. 30.07.2009 - 5 S 973/09 -, juris).
24 
c) Soweit es um atypische Konfliktsituationen geht, wie sie insbesondere bei planungsrechtlich vorgegebenen oder tatsächlich angetroffenen Gemengelagen bestehen, versagt dieser auf starre und abstrakte Gebietsabstufungen zugeschnittene Maßstab des § 2 Abs. 2 18. BImSchV. Dies gilt insbesondere bei Beurteilung solcher betroffener Grundstücke, die - wie hier - in enger Zuordnung am Rande unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete liegen. In solchen Fällen kann die Konfliktlage bauplanungsrechtlich nur durch eine an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der jeweils betroffenen Grundstückseigentümer orientierten Abwägung bewältigt werden. Für solche Sachverhalte trifft § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV keine abschließende Regelung, sondern nimmt sich zurück und bleibt offen für Einzelbeurteilungen anhand des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierten bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots. In dieses System fügen sich auch die Bestimmungen in § 2 Abs. 6 Satz 2 und 3 der 18. BImschV ein, wonach sich die Schutzwürdigkeit sonstiger in Bebauungsplänen festgesetzter Flächen und von Flächen ohne Festsetzungen nach Abs. 2 „entsprechend der Schutzwürdigkeit“ zu beurteilen sind und bei erheblichen Abweichungen der tatsächlichen von der festgesetzten Nutzung von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen Entwicklung des Gebietes auszugehen ist. Diese Bestimmungen, die Richtwerte, aber keine Grenzwerte festlegen, sind nicht als abschließende Ausnahmen von der starren Regel des § 2 Abs. 2 der 18. BImschV anzusehen. Vielmehr enthalten sie nur wichtige gesetzliche Fallgruppen für eine vom abstrakten Modell des § 2 Abs. 2 der 18. BImschV abweichende Bewertung der Schutzwürdigkeit anhand der (tatsächlich und konkreten) Umständen des Einzelfalls. Insofern kann § 2 Abs. 6 Satz 3 der 18. BImschV strukturell durchaus als einer der Anwendungsfälle des Rücksichtnahmegebots interpretiert werden. Von diesem Verständnis gehen zutreffend auch das Verwaltungsgericht und die ganz überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung aus (vgl. etwa BayVGH, Beschl. v. 05.04.2001 - 1 Cs 00.3649 -, juris [Fußballplatz im Plangebiet „Sportanlagen“ neben einem reinen Wohngebiet]; BayVGH, Urt. v. 24.08.2007 - 22 B 05.2870 -, UPR 2008, 153 f. [Freibad im Außenbereich neben reinem Wohngebiet in Ortsrandlage]; OVG NRW, Urt. v. 19.04.2010 - 7 A 2362/07 - [Freibad und Wohnbebauung in Gemengelage]). Auch der für Baurecht zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts weist - wenn auch in einem Fall der mittelbaren Anwendung der 18. BImSchV (heranrückende Wohnbebauung an eine Sportanlage) - auf die bauplanungsrechtlich unverzichtbare Regulativfunktion des Rücksichtnahmegebots hin und betont dabei den eingeschränkten Geltungsbereich der - vergröbernden - baugebietsbezogenen Richtwerte in § 2 Abs. 2 der 18. BImschV. Diese Werte müssten bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Vorhaben in Gemengelagen um situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien ergänzt werden. Hierbei seien die tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastungen und die sich daraus ergebende jeweilige Schutzwürdigkeit des Emissionsorts (Gebiet der Sportanlage) und des angrenzenden oder nahegelegenen Immissionsorts (Gebiet des von Sportlärm betroffenen Vorhabens) zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.1999 - 4 C 6.98 -, NVwZ 2000, 1050 ff.). Diesen Vorgaben ist auch im - wie hier - unmittelbaren Anwendungsbereich der 18. BImSchV zu folgen. Das Urteil des Immissionsschutzsenats des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 08.11.1994 - 7 B 73.94 -, NVwZ 1995, 993 ff.) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Das Urteil betont zwar die Verbindlichkeit der Richtwerte des § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV. Gleichzeitig weist es aber auch auf den auf typisierende Konfliktsituationen zugeschnittenen Charakter der Richtwerte hin. Ein Verbot, bei Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit konkretisierend auf die Kriterien des Rücksichtnahmegebots zurückgreifen zu dürfen, vermag der Senat dieser Entscheidung nicht zu entnehmen (ebenso Deutsch/Tusch, BauR 2009, 1840 ff. ; a.A. Uechtritz, NVwZ 2000, 106 ff., unentschieden Ketteler, NVwZ 2002, 1070 ff.).
II.
25 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht - unter „Abarbeitung“ der Kriterien des Rücksichtnahmegebots - zutreffend die jeweilige individuelle und gebietsbezogene Vorbelastung und die sich hieraus ergebende Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Klägers und des Beigeladenen ermittelt (zu diesen Kriterien vgl. zusammenfassend zuletzt etwa dazu Beschluss des Senats vom 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris). Hierbei ist das Verwaltungsgericht - unter Würdigung des Konfliktgeschehens und dessen Lösung durch den geltenden Bebauungsplan - des weiteren zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass dem Kläger jedenfalls die nach der Baugenehmigung zulässigen Lärmimmissionen durch die Nutzung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage nicht zuzumuten sind, weil die nachbarverträgliche Immissionsbelastung einen Zwischenwert zwischen einem WA- und einem MI-Gebiet nicht überschreiten darf. Das Verwaltungsgericht hat die Baugenehmigung daher zu Recht bezüglich beider Anlagen aufgehoben, die bis zur Grenze eines Mischgebiets genutzt werden dürfen. Diese Aufhebungsentscheidung hätte, worauf der Senat hinweist, im Übrigen auch dann erfolgen müssen, wenn der Auffassung des Klägers und der von ihm zitierten Literatur gefolgt würde, dass er als Belegener in einem WA-Gebiet nur Sportlärm im strikten Umfang der WA-Richtwerte nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV hinzunehmen hat.
26 
Wegen der zur Begründung der Hinnahmepflicht (nur, aber auch) des genannten Zwischenwerts verweist der Senat zunächst auf die Gründe des Verwaltungsgerichts. Ergänzend hierzu hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
27 
1. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass sich Grad und Ausmaß der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Beteiligten maßgeblich nach der Sach- und Rechtslage bei Erlass des Bebauungsplans „Schlettstadter Straße (neu)“ vom 18.12.1979 und den damaligen Abwägungen des Plangebers beurteilen. Denn der Bebauungsplan beinhaltet einen wichtigen rechtsverbindlichen Abschluss der vorangegangenen langjährigen städtebaulichen Entwicklung im Freiburger Westen. Von der Gültigkeit dieses Bebauungsplans ist auszugehen. Anhaltspunkte für (noch rügefähige) Fehler mit „Ewigkeitswert“ sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei verständiger Würdigung der Planziele und deren Begründung ist auch die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats nicht zu beanstanden.
28 
a) Der Plan war nach dem ihm zugrundeliegenden „zweipoligen“ Konzept erforderlich (§ 1 Abs. 3 BBauG/BauGB). Sowohl das Ziel, die entlang der Schlettstadter Straße und der Grenzstraße „inselartig“ vorhandene Wohnbebauung räumlich zu erweitern und als „echtes“ Wohngebiet festzulegen als auch die Absicht, die vorhandenen Sportanlagen nördlich und östlich des Wohngebiets in ihrem Bestand planerisch abzusichern, waren städtebaulich gerechtfertigt und folgerichtig. Das erstgenannte Ziel diente in erster Linie den Wohnbedürfnissen und der Eigentumsbildung der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Satz 2, 2. Spiegelstrich BBauG, § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB); des weiteren trug der Bebauungsplan hierbei - mit Blick auf das zwischenzeitlich aufgegebene Gewerbe (Verlegung des Bauhofs, Aufgabe des Baggerbetriebs am Flückiger See) sowohl der Fortentwicklung und Anpassung der Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB, vgl. Ziff. 1.1.3 der Planbegründung) als auch - mit Blick auf die Anpassung und Öffnung des Wohngebiets zum angrenzenden Naherholungsgebiet „Seepark“ - der Gestaltung des Ortsbilds Rechnung (§ 1 Abs. 6 10. Spiegelstrich BBauG, § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB). Die - erstmalige - Überplanung der vorhandenen Sportanlagen im Norden (Eisstadion, Kegelbahn, Tennisanlage etc.) und im Osten (Sportplätze mit Clubhaus und Tribünenanlage eines lokalen Sportvereins) diente in hohem Maß sowohl den sozialen, sportlichen und Freizeitbedürfnissen der ansässigen Bevölkerung als auch dem Eigentumsschutz der Sportanlagenbetreiber (§ 1 Abs. 6, 15. Spiegelstrich BBauG, § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB).
29 
b) Der Plangeber verfolgte mit der Gliederung, Einstufung und Zuordnung der einzelnen im Bebauungsplan ausgewiesenen Baugebiete auch das Ziel, ein verträgliches Nebeneinander der unterschiedlichen Nutzungen mit jeweils bedarfsgerechten Immissionsverhältnissen zu gewährleisten. Diese Absicht der Konfliktvermeidung bzw. -minimierung unter Beachtung des Trennungsgebots (§ 50 BImSchG) kommt im Festsetzungsteil wie in der Begründung des Bebauungsplans mehrfach deutlich zum Ausdruck. So wurde eine Teilfläche im Südosten des Plangebiets nahe der Lehener Straße und der Berliner Allee aus Lärmschutzgründen nicht als WA-, sondern als MI-Gebiet festgesetzt und sollte das neue Wohngebiet durch bauliche Maßnahmen in der Grenzstraße vom durchfließenden Verkehr zu den nördlichen Sportanlagen sowie vom Zufahrtsverkehr zu den Parkplätzen für Besucher des Weststadions verschont werden (vgl. Planbegründung Ziff. 2.3 und 3.4). Zur Immissionsverträglichkeit des neuen Wohngebiets mit dem Spielbetrieb im Weststadion enthält die Begründung zwar keine ausdrücklichen Ausführungen. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, der Gemeinderat habe sich seinerzeit über die Ausmaße beider Nutzungen und deren jeweilige Immissionsempfindlichkeit keine Gedanken gemacht. Aus der Entwicklungsgeschichte des Bebauungsplans lassen sich vielmehr hinreichende Grundlagen für eine mit dem Gebot der Konfliktbewältigung noch konforme Abwägungsentscheidung entnehmen. Der Gemeinderat ist seinerzeit ersichtlich vom bestehenden Betriebsumfang der Sportanlagen des damaligen Betreibers, des Vereins „Sportfreunde DJK Freiburg“ ausgegangen. Das Konzept einer Erweiterung der Sportplätze auf ein Areal westlich der Grenzstraße, wie es noch im Bebauungsplan „Schlettstadter Straße“ von 1963 auf Wunsch des Vereins festgelegt worden war, wurde ausdrücklich nicht weiterverfolgt. Stattdessen wurden als Ersatz und anderweitige Expansionsmöglichkeit eine etwa gleich große Fläche an anderer Stelle im Gewann „Zinklern“ ausgewiesen. Diese Umplanungen machen deutlich, dass im Wesentlichen nunmehr nur noch der Staus quo im Umfang der bestehenden Anlagen des Weststadions abgesichert werden sollte. Insbesondere war an eine Intensivierung des Sportbetriebs im Grenzbereich des Weststadions gegenüber der Wohnbebauung an der Grenzstraße im heutigen - nach der Vereinsfusion - durch die Baugenehmigung gestatteten Umfang und Ausmaß ersichtlich nicht gedacht. Vielmehr wurde im Bereich des heutigen Platzes S 3 erkennbar an die seinerzeit quantitativ wie qualitativ bestehende „moderate“ Gemengelage angeknüpft. Diese war gekennzeichnet durch einen wesentlich kleineren Rasenspielplatz in deutlich größerem Abstand zur Grenzstraße (vgl. die vorliegenden Luftbilder Stand 1968 und Stand 1975). Innerhalb der Abstandsfläche befanden sich, wie auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, zudem eine größere Zahl von Bäumen. Diese Situation hat der Plangeber 1979 aufgegriffen und zum Gegenstand der Konfliktabwägung gemacht. Denn im zeichnerischen Lageplan ist ein Abstand von ca. 10 m zur westlichsten Sportplatzfläche und innerhalb dieser Fläche sind Gebote zur Erhaltung der damals bestehenden Baumreihe festgelegt. Der kleine Rasenplatz war in seinen damaligen Ausmaßen zudem nicht wettkampftauglich. Dort fand auch in der Folgezeit kein offizieller Spielbetrieb und nach den glaubhaften Angaben des Klägers auch kein regelmäßiges Training statt, zumal der Platz auch über keine Flutlichtanlage verfügte. Die Angaben des Klägers, wonach auf dem Platz nur gelegentlich Fußball gespielt worden sei, hat die Schatzmeisterin und langjährige Trainerin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt.
30 
2. Nach all dem kann daher von einem Gesamtlärmpotential des damaligen Weststadions im Umfang der Richtwerte eines Gewerbegebiets nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 der 18. BImSchV nicht ausgegangen werden und hat auch der Gemeinderat ein derart konfliktträchtiges Störpotential nicht angenommen. Vielmehr dürften sich die Werte im Grenzbereich entlang der Grenzstraße im Wesentlichen noch in einem mischgebietsverträglichen und damit mit dem Gebot der Konfliktbewältigung noch verträglichen - und abwägungsfehlerfreien - Rahmen gehalten haben (zum damaligen Abwehranspruch gegen Sportanlagen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.97 -, NJW 1989, 1291 ff.). Daran ändert entgegen der Auffassung der Beklagten auch der Umstand nichts, dass in der Nachkriegszeit bis in die 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts die damals noch kleine „Wohninsel“ entlang der Grenzstraße von Westen her durch Gewerbebetriebe (Kieswerk, Baggerbetrieb) akustisch belastet war. Denn diese Gewerbebetriebe waren, wie dargelegt, bei Erlass des Bebauungsplans weitestgehend aufgegeben und der Plangeber hielt die Zulässigkeit weiterer gewerblicher Nutzung ausdrücklich für städtebaulich nicht mehr vertretbar (Ziff. 1.3 der Planbegründung). Aus der bisherigen Gemengelage in der Bandbreite von Wohnnutzung bis Industrienutzung entstand daher ein „echtes“ planerisch abgesichertes Wohngebiet.
31 
Damit steht auch dem Beigeladenen heute keine Schutzwürdigkeit im Umfang eines Gewerbegebiets zu. An der moderaten Immissionsbelastung der Wohngrundstücke durch die Nutzung des kleineren Rasenspielfelds hat sich auch nach Erlass des Bebauungsplans nichts Wesentliches geändert. Insofern verweist der Senat erneut auf die glaubhaften Angaben des Klägers und der Schatzmeisterin/Trainerin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung. Erst nach Errichtung des Kunstrasenplatzes S 3 und dessen intensiver Nutzung durch den Beigeladenen im Zuge der Vereinsfusion hat sich das Immissionspotential nachhaltig erhöht. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kunstrasenplatz unter Missachtung der Festsetzungen des Bebauungsplans (Baumreihe mit Erhaltungsgebot) näher an die gegenüberliegenden Wohngrundstücke im WA-Gebiet herangerückt ist.
32 
3. In Anwendung des Rücksichtnahmegebots hat umgekehrt auch der Kläger die tatsächliche und rechtliche Gebietsvorbelastung durch das Weststadion hinzunehmen, wie sie im Bebauungsplan ihren Niederschlag gefunden hat. Er kann daher nicht das volle Immissionsschutzniveau eines WA-Gebiets nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImschV verlangen, sondern muss sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausarbeitet, eine Absenkung seines Abwehrrechts auf einen Immissionswert zwischen den Richtwerten eines WA-Gebiets und eines MI-Gebiets gefallen lassen. Nach unbestrittener Darstellung der Beklagten, die durch die vorliegenden alten Luftbilder bestätigt wird, wurden die ersten vereinzelten Wohngebäude an der Grenzstraße schon Anfang der fünfziger Jahre errichtet. Eine weitere Verdichtung der Reihenhauszeile trat auf Grundlage der Stadtbauordnung vom 09.03.1957 Ende der fünfziger Jahre in den Folgejahren ein. Die Wohnbebauung traf andererseits seit ihren Anfängen auf die schon damals vorhandenen Sportanlagen östlich der Grenzstraße. Diese bestanden aus dem Hauptspielfeld, der 1958 genehmigten Tribüne, einem Hartplatz im Bereich des heutigen Platzes S 2 sowie der mehrfach erwähnten kleineren Rasensportfläche im Bereich des heutigen Kunstrasenplatzes S 3. „Schlettstadter Straße (neu)“ von 1979 griff dieses Nebeneinander von Sportanlagen des Weststadions und Wohnbebauung auf und überführte es in einen rechtsverbindlichen Rahmen. Der Gemeinderat erlegte damit den Wohneigentümern im Grenzbereich wie dem Betreiber des Weststadions gegenseitige Rücksichtnahmepflichten im Umfang des damaligen Sportlärmpotenzials auf. Gleichzeitig, insbesondere im Hinblick auf die entfallenden Gewerbebetriebe, wertete der Gemeinderat die Wohnnutzung quantitativ wie qualitativ deutlich auf. Das Schutzniveau des Gebiets wurde von einer „dreifachen“ Gemengelage mit gewerblich/industriellen Elementen, einer „Wohninsel“ und sportlichen Einrichtungen in ein „echtes“ Wohngebiet - mit fortbestehenden Rücksichtnahmepflichten auf die Sportanlagen - umgewidmet. Die Eigentümer am Rande des festgesetzten Wohngebiets an der Grenzstraße müssen demnach zwar keine Sportlärmimmissionen in Mischgebietsstärke hinnehmen, wohl aber mutet der Bebauungsplan ihnen Immissionen oberhalb der Richtwerte der 18. BImschV für ein WA-Gebiet zu.
33 
Auf das Schutzniveau eines derartigen Zwischenwerts eines WA- und eines MI-Gebiets kann sich auch der Kläger berufen. Denn bei Genehmigung seines Reihenmittelhauses im Jahre 1987 wurde das Weststadion auf der heutigen Fläche S 3 im Wesentlichen nicht anders genutzt als bei Erlass des Bebauungsplans. Eine erhebliche Intensivierung des Spielbetriebs, die der Plangeber seinerzeit nicht voraussehen konnte, hat - in einer ersten Stufe - 2004 nach Vereinigung der Sportfreunde mit der Eintracht und - in einer zweiten Stufe - nach Verwirklichung des genehmigten Kunstrasenplatzes S 3 stattgefunden. Zu berücksichtigen ist dabei wiederum, dass der Kunstrasenplatz gegenüber seinem kleineren Vorgänger näher an die Wohnbebauung heranrückt und in diesem Bereich mit den Festsetzungen des Bebauungsplans (Baumreihe mit Pflanzerhaltungsgebot) nicht in Einklang steht.
III.
34 
Nach all dem hat das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht teilweise stattgegeben, indem es die Baugenehmigung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage in vollem Umfang aufgehoben hat. Denn gemäß den Nebenbestimmungen 0.9.02 F und 0.9.03 F und auf Grundlage der Berechnungen der Lärmschutzgutachten der isw vom 22.11.2006/07.02.2007, die ebenfalls Genehmigungsgegenstand sind (Nebenbestimmung 0.0.01 F), dürfen beide Anlagen in einem Umfang betrieben werden, der die Ausschöpfung der Immissionsrichtwerte für Mischgebiete nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV bei den Beurteilungs- wie bei den Spitzenpegeln gestattet.
35 
Die vollständige Aufhebung der Genehmigung des Platzes S 3 und der Lautsprecheranlage ist auch verhältnismäßig. Eine Teilaufhebung im Hinblick darauf, dass beide Anlagen tatsächlich mit geringeren Immissionswerten (Zwischenbereich zwischen WA- und MI-Richtwerten) betrieben werden dürften, kommt nicht in Betracht. Denn die Baugenehmigung ist insoweit subjektiv wie objektiv nicht teilbar. Subjektiv steht der Teilbarkeit entgegen, dass der Beigeladene zu keiner Zeit bekundet hat, sich auch mit Anlagen in einem geringeren „wohngebietsverträglichen“ Umfang als genehmigt zufrieden zu geben. Demgemäß hat er auch keine Vorschläge unterbreitet, wie der Spiel- und Lautsprecherbetrieb nach Art und Umfang immissionsverträglich eingeschränkt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.04.2006 - 8 S 1737/05 -, BR 2006, 768 [Ls]). Objektiv scheitert die Teilbarkeit daran, dass die den Spiel- und Sprecherbetrieb regelnden Nebenbestimmungen 0.9.0.2.F und 0.9.0.3.F als inhaltsbestimmende Regelungen untrennbar mit der Baugenehmigung verbunden sind.
36 
Im Übrigen könnte der für den Kläger zumutbare und damit zulässige Nutzungsumfang des Kunstrasenspielfelds und der Lautsprecheranlage nach Aktenlage auch nicht genau bestimmt werden. Dies gilt auch dann, wenn angenommen würde, dass der zulässige Immissionswert beider Anlagen exakt in der Mitte zwischen den Richtwerten der 18. BImSchV für MI- und WA-Gebiete liegt. Denn das isw-Gutachten, auf dem die Baugenehmigung beruht, hat keine alternativen Nutzungsberechnungen auf der Grundlage eines derartigen „echten“ Mittelwerts durchgeführt. Diesen Weg ist zwar, gemäß den Vorgaben des Verwaltungsgerichts, der Gutachter der IBK im Gutachten vom 07.08.2009 gegangen. Er hat während eines bestimmten Trainingsbetriebs an einem Wochentag und eines bestimmten Spielbetriebs an einem Samstag Messungen durchgeführt und die Messergebnisse auf einen Sonntag sowie auf einen Trainingssamstag übertragen. Auf dieser Grundlage hat er die Immissionswerte u.a. am Wohnhaus des Klägers für drei Schutzbedürftigkeitsvarianten ermittelt (Schutzniveau eines WA-Gebiets, eines MI-Gebiets und eines gemittelten Werts zwischen beiden Gebieten). Dabei kommt er zum Ergebnis, dass beim Kläger zu keinem Zeitpunkt der Mittelwert zwischen einem WA- und einem MI-Gebiet überschritten wird, und zwar weder beim Beurteilungs- noch beim Maximalpegel. Bedenken gegen die Methodik und die Ergebnisse dieses Gutachtens sind bislang nicht geltend gemacht worden und derzeit auch nicht ersichtlich. Auch erscheinen die Mess- bzw. Berechnungszeiträume des Gutachters realistisch, da sie mit den Beteiligten abgesprochen waren. Gleichwohl kann auch der Senat nicht feststellen, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Baugenehmigung durch den im IBK-Gutachten angenommenen Spiel- und Trainingsbetrieb derart ausgeschöpft sind, dass sie angesichts des derzeitigen Mitgliederstands des Beigeladenen dauerhaft nicht noch weiter ausgenutzt werden könnten (vgl. dazu Urteil des Senats vom 17.06.1992 - 3 S 829/92 -, VBlBW 1993, 131 ff.). Der Senat bemerkt jedoch abschließend, dass vieles dafür spricht, dass der Kläger eine Nutzung der Sportanlagen des Weststadions in dem dem IBK-Gutachtens zugrundeliegenden Umfang und mit den dort ermittelten Zwischenwerten als zumutbar hinnehmen müsste.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO.
39 
Beschluss vom 03.07.2012
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
17 
Die Berufungen der Beklagten und des Beigeladenen sind darauf gerichtet, das Urteil des Verwaltungsgerichts insoweit zu ändern, als darin die Baugenehmigung vom 16.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Freiburg vom 09.01.2009 aufgehoben wird. Streitgegenstand im Berufungsverfahren ist damit nur die Genehmigung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage. Das Prüfprogramm des Senats beschränkt sich dabei auf die Frage, ob die Genehmigung mit dem durch die Nebenbestimmungen 0.9.01 F, 0.9.02 F und 0.9.03 F zugelassenen Nutzungsumfang beider Anlagen Rechte des Klägers verletzt.
18 
Mit diesem Inhalt sind die vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufungen beider Berufungsführer zulässig. Die Berufungen sind jedoch nicht begründet. Denn das Verwaltungsgericht hat die Baugenehmigung sowie den sie bestätigenden Widerspruchsbescheid zu Recht bezüglich der Lautsprecheranlage und des Kunstrasenplatzes S 3 aufgehoben, da die Baugenehmigung insofern den Kläger wegen nicht zumutbaren Sportlärms in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der Senat folgt dem Verwaltungsgericht hierbei darin, dass der Kläger die nach der Baugenehmigung - auf Grundlage der Berechnungen und der Nutzungsannahmen des Gutachters der isw - zulässigen Lärmimmissionen im Umfang eines Mischgebiets nach der 18. BImSchV nicht hinnehmen muss, sondern dass ihm nur Immissionswerte nach der 18. BImSchV zuzumuten sind, die in einem Zwischenbereich zwischen einem Mischgebiet (MI) nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV und einem allgemeinen Wohngebiet (WA) nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV liegen. Soweit sie diese Zwischenwerte übersteigenden Sportlärm zulässt, verstößt die Baugenehmigung gegen das Gebot der Rücksichtnahme (dazu I.), dessen Maßstäbe - mit dem Verwaltungsgericht - aus einer Bewertung der Schutzwürdigkeit der emittierenden Sportanlage einerseits und der immissionsbetroffenen Wohnbebauung an der Grenzstraße andererseits zu ermitteln sind (dazu II.). Auf eine genauere Ermittlung des zumutbaren Zwischenwerts im Einzelnen kommt es dabei nicht an, da die streitige Baugenehmigung nicht teilbar ist (dazu III.).
I.
19 
Als verletztes Recht kann sich der Kläger auf das in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO enthaltene Gebot der Rücksichtnahme in seiner drittschützenden Ausprägung stützen (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 05.08.1983 - 4 C 96.79 -, BVerwGE 67, 334 ff.; Urt. v. 06.10.1989 - 4 C 14.87 -, NJW 1990, 1192 ff., seither ständige Rspr.). Denn sein Wohngrundstück liegt im räumlichen Geltungsbereich des Bebauungsplans „5-14 c Schlettstadter Straße (neu)“ vom 18.12.1979 i.d.F. südlich der Schlettstadter- und westlich der Grenzstraße vom 18.12.1979 i.d.F. v. 02.03.1984, der für den Bereich südlich der Schlettstadter- und westlich der Grenzstraße ein WA-Gebiet (§ 4 BauNVO 1977), im Bereich zwischen Grenzstraße und Berliner Allee (Areal des Weststadions) eine öffentliche Grünfläche mit der Zweckbestimmung „Sportanlagen“ (§ 9 Abs. 1 Nr. 15 BBauG) und im Bereich nördlich der Schlettstadter Straße Sondergebiete „Sportanlagen“ und „Eislaufanlage“ festsetzt (vgl. § 11 Abs. 1 BauNVO 1977).
20 
1. Über das Rücksichtnahmegebot hinaus vermittelt der Bebauungsplan dem Kläger allerdings kein zusätzliches unmittelbar drittschützendes Abwehrrecht. Die Voraussetzungen des sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruchs, wonach jeder Gebietsanlieger - als Angehöriger einer auf Achtung gegenseitiger Rechte und Pflichten angelegten bodenrechtlichen „Schicksalsgemeinschaft“ - grundsätzlich die Einhaltung aller Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung (ohne Rücksicht auf das Ausmaß der Beeinträchtigung) verlangen kann (vgl. dazu bereits BVerwG, Urt. v. 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BauR 1994, 223 ff.), liegen nicht vor. Denn dieser Anspruch gilt grundsätzlich nur innerhalb eines „Baugebiets“ nach § 1 Abs. 2 BauNVO (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 - 4 B 55.07 -, NVwZ 2008, 427 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.06.2011 - 8 S 2581/10 -, juris), d.h. hier nur innerhalb des als WA-Gebiet festgesetzten Plangebietsausschnitt, nicht aber mit Blick auf die benachbarten - als Sondergebiete bzw. als öffentliche Grünfläche ausgewiesenen - Sportanlagengebiete. Ob sich der Kläger ausnahmsweise unter dem Gesichtspunkt des sog. planübergreifenden Nachbarschutzes auf die Festsetzungen zur Nutzungsart auf dem Weststadiongelände berufen könnte (dazu BVerwG, Beschl. v. 18.12.2007 a.a.O.; s. auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 06.02.1987 - 8 S 1920/86 -), kann auf sich beruhen. Denn dieser Anspruch wäre jedenfalls nicht verletzt, da das genehmigte Vorhaben - drei ebenerdige Sportplätze mit Umkleide- und Tribünengebäude - nach Art der baulichen Nutzung zulässig ist. Es überschreitet den Rahmen einer „Grünfläche“ nicht. Alle baulichen Anlagen dienen unmittelbar der Zweckbestimmung „Sportanlagen“ und die genehmigten Hochbauten sind räumlich im Verhältnis zur Gesamtfläche des Weststadions auch deutlich untergeordnet, sodass der Rahmen und das Erscheinungsbild einer „Grünfläche“ noch gewahrt sind (vgl. zu diesen Anforderungen VGH Bad.-Württ., Urt. v. 16.04.2008 - 3 S 1771/07 -, VBlBW 2009, 61 ff.). Die Zweckbestimmung „Sportanlagen“ ist auch noch hinreichend bestimmt, da sich Art und Lage der vom Plangeber gewollten Sporteinrichtungen - Ballspiel- bzw. Rasenspielplätze mit Nebengebäuden - aus dem Lageplan in einer Gesamtschau mit der Planbegründung (Ziff. 2.3) erschließen lassen (zu den Bestimmtheitsanforderungen vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 26.07.1983 - 5 S 433/83 -, BauR 1985, 550 f.).
21 
2. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO sind bauliche Anlagen u.a. dann unzulässig - und damit (objektiv) rücksichtslos -, wenn von ihnen Belästigungen ausgehen, die in der Umgebung des Baugebiets unzumutbar sind. Drittschützende Wirkung entfaltet das Rücksichtnahmegebot insoweit, als in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter, d.h. qualifiziert betroffener Nachbarn, Rücksicht zu nehmen ist (Beschl. des Senats v. 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urt. v. 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff.). Ausgehend davon ist der - wegen der Grenzlage seines Grundstücks zum Weststadion - zum geschützten Personenkreis gehörende Kläger in unzumutbarem Umfang durch Sportlärm des genehmigten Kunstrasenplatzes und der Lautsprecheranlage betroffen. Dies ergibt sich aus §§ 3 Abs. 1, 22 BImSchG, wonach (auch) bauliche Anlagen keine schädlichen Umwelteinwirkungen, d.h. Immissionen, für die Nachbarschaft herbeiführen dürfen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Nachbarschaft herbeizuführen. Bei voller Ausnutzung der Baugenehmigung ist der Kläger in diesem Sinne erheblichen und damit unzumutbaren Belästigungen durch den genehmigten Sportbetrieb auf dem Kunstrasenplatz S 3 sowie durch den genehmigtem Betrieb der Lautsprecheranlage ausgesetzt. Dies ergibt sich nach den Maßstäben der auf der Grundlage von § 23 Satz 1 BImSchG erlassenen Sportanlagenlärmschutzverordnung vom 18.07.1991 mit späteren Änderungen (18. BImSchV).
22 
a) Die 18. BImschV ist in ihrem sachlichen Anwendungsbereich einschlägig. Denn bei dem Kunstrasensportfeld S 3 handelt es sich um eine zur Sportausübung bestimmte ortsfeste (Teil-)Einrichtung des Weststadions, mit der die Lautsprecheranlage in engem räumlichen und betrieblichen Zusammenhang steht (vgl. § 1 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 1 18. BImSchV).
23 
b) Da es um die Errichtung und den Betrieb dieser Anlagen geht, ist auch die Regelung über gebietsbezogene Immissionsrichtwerte nach § 2 der 18. BImSchV unmittelbar anzuwenden. Dies ist auch zwischen den Beteiligten unstreitig. Hieraus folgt jedoch nicht, dass die in § 2 Abs. 2 18. BImSchV aufgeführten Immissionsrichtwerte für Baugebiete nach der BauNVO absolute und uneingeschränkte Geltung ohne Rücksicht auf Lage und konkrete Empfindlichkeit des Emissions- wie des Immissionsorts beanspruchen können. Es kommt vielmehr auch bei Anwendung der 18. BImSchV darauf an, ob der Immissionsort etwa inmitten des jeweils einschlägigen Baugebietstyps liegt, oder ob er - wie hier - an der Grenze zu einem Gebietstyp unterschiedlicher Störempfindlichkeit und Schutzwürdigkeit angesiedelt ist. Zwar konkretisieren die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte der 18. BImSchV verbindlich die Zumutbarkeit von Sportlärm (vgl. BVerwG, Beschl. v. 08.11.1994 - 7 B 73.94 -, NVwZ 1995, 993 ff.) und die Einhaltung dieser Richtwerte ist auch im Baugenehmigungsverfahren zu prüfen (BVerwG, Urt. v. 12.08.1999 - 4 CN 4.98 -, VBlBW 2000, 103 ff.). Wie das Verwaltungsgericht zutreffend betont, sind die gebietsbezogenen Immissionsrichtwerte in § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV Ausdruck einer lediglich typisierenden Betrachtungsweise des Verordnungsgebers. Sie beruhen auf abstrakt - generellen Abwägungen der in einem Baugebiet typischerweise miteinander konkurrierenden Nutzungsinteressen. Sie bilden damit das Maß zumutbarer Lärmimmissionen und damit die Schutzwürdigkeit der Nachbarschaft immer nur nach dem abstrakten Maßstab der allgemeinen Zweckbestimmung der normierten Baugebiete ab, wie sie jeweils in Abs. 1 der §§ 2 bis 11 BauNVO umschrieben wird und bestimmen - mit anderen Worten - somit nur Inhalt und Grenzen der jeweiligen „Gebietsverträglichkeit“ (zu diesem Kriterium vgl. etwa BVerwG, Urt. v. 02.02.2012 - 4 C 14.10 -, ZfBR 2012, 368 ff. und Urt. v. 18.11.2010 - 4 C 10.09 -, NVwZ 2011, 748 ff.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 09.11.2009 - 3 S 2679/08 -, VBlBW 2010, 195 ff. [insofern bestätigt durch BVerwG], Beschl. v. 30.07.2009 - 5 S 973/09 -, juris).
24 
c) Soweit es um atypische Konfliktsituationen geht, wie sie insbesondere bei planungsrechtlich vorgegebenen oder tatsächlich angetroffenen Gemengelagen bestehen, versagt dieser auf starre und abstrakte Gebietsabstufungen zugeschnittene Maßstab des § 2 Abs. 2 18. BImSchV. Dies gilt insbesondere bei Beurteilung solcher betroffener Grundstücke, die - wie hier - in enger Zuordnung am Rande unterschiedlich schutzwürdiger Gebiete liegen. In solchen Fällen kann die Konfliktlage bauplanungsrechtlich nur durch eine an der konkreten Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der jeweils betroffenen Grundstückseigentümer orientierten Abwägung bewältigt werden. Für solche Sachverhalte trifft § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV keine abschließende Regelung, sondern nimmt sich zurück und bleibt offen für Einzelbeurteilungen anhand des in § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO konkretisierten bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots. In dieses System fügen sich auch die Bestimmungen in § 2 Abs. 6 Satz 2 und 3 der 18. BImschV ein, wonach sich die Schutzwürdigkeit sonstiger in Bebauungsplänen festgesetzter Flächen und von Flächen ohne Festsetzungen nach Abs. 2 „entsprechend der Schutzwürdigkeit“ zu beurteilen sind und bei erheblichen Abweichungen der tatsächlichen von der festgesetzten Nutzung von der tatsächlichen baulichen Nutzung unter Berücksichtigung der vorgesehenen Entwicklung des Gebietes auszugehen ist. Diese Bestimmungen, die Richtwerte, aber keine Grenzwerte festlegen, sind nicht als abschließende Ausnahmen von der starren Regel des § 2 Abs. 2 der 18. BImschV anzusehen. Vielmehr enthalten sie nur wichtige gesetzliche Fallgruppen für eine vom abstrakten Modell des § 2 Abs. 2 der 18. BImschV abweichende Bewertung der Schutzwürdigkeit anhand der (tatsächlich und konkreten) Umständen des Einzelfalls. Insofern kann § 2 Abs. 6 Satz 3 der 18. BImschV strukturell durchaus als einer der Anwendungsfälle des Rücksichtnahmegebots interpretiert werden. Von diesem Verständnis gehen zutreffend auch das Verwaltungsgericht und die ganz überwiegende obergerichtliche Rechtsprechung aus (vgl. etwa BayVGH, Beschl. v. 05.04.2001 - 1 Cs 00.3649 -, juris [Fußballplatz im Plangebiet „Sportanlagen“ neben einem reinen Wohngebiet]; BayVGH, Urt. v. 24.08.2007 - 22 B 05.2870 -, UPR 2008, 153 f. [Freibad im Außenbereich neben reinem Wohngebiet in Ortsrandlage]; OVG NRW, Urt. v. 19.04.2010 - 7 A 2362/07 - [Freibad und Wohnbebauung in Gemengelage]). Auch der für Baurecht zuständige Senat des Bundesverwaltungsgerichts weist - wenn auch in einem Fall der mittelbaren Anwendung der 18. BImSchV (heranrückende Wohnbebauung an eine Sportanlage) - auf die bauplanungsrechtlich unverzichtbare Regulativfunktion des Rücksichtnahmegebots hin und betont dabei den eingeschränkten Geltungsbereich der - vergröbernden - baugebietsbezogenen Richtwerte in § 2 Abs. 2 der 18. BImschV. Diese Werte müssten bei der bauplanungsrechtlichen Beurteilung von Vorhaben in Gemengelagen um situationsbezogene Zumutbarkeitskriterien ergänzt werden. Hierbei seien die tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastungen und die sich daraus ergebende jeweilige Schutzwürdigkeit des Emissionsorts (Gebiet der Sportanlage) und des angrenzenden oder nahegelegenen Immissionsorts (Gebiet des von Sportlärm betroffenen Vorhabens) zu ermitteln (vgl. BVerwG, Urt. v. 23.09.1999 - 4 C 6.98 -, NVwZ 2000, 1050 ff.). Diesen Vorgaben ist auch im - wie hier - unmittelbaren Anwendungsbereich der 18. BImSchV zu folgen. Das Urteil des Immissionsschutzsenats des Bundesverwaltungsgerichts (Urt. v. 08.11.1994 - 7 B 73.94 -, NVwZ 1995, 993 ff.) steht dieser Auffassung nicht entgegen. Das Urteil betont zwar die Verbindlichkeit der Richtwerte des § 2 Abs. 2 der 18. BImSchV. Gleichzeitig weist es aber auch auf den auf typisierende Konfliktsituationen zugeschnittenen Charakter der Richtwerte hin. Ein Verbot, bei Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit konkretisierend auf die Kriterien des Rücksichtnahmegebots zurückgreifen zu dürfen, vermag der Senat dieser Entscheidung nicht zu entnehmen (ebenso Deutsch/Tusch, BauR 2009, 1840 ff. ; a.A. Uechtritz, NVwZ 2000, 106 ff., unentschieden Ketteler, NVwZ 2002, 1070 ff.).
II.
25 
Ausgehend davon hat das Verwaltungsgericht - unter „Abarbeitung“ der Kriterien des Rücksichtnahmegebots - zutreffend die jeweilige individuelle und gebietsbezogene Vorbelastung und die sich hieraus ergebende Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Klägers und des Beigeladenen ermittelt (zu diesen Kriterien vgl. zusammenfassend zuletzt etwa dazu Beschluss des Senats vom 20.03.2012 - 3 S 223/12 -, juris). Hierbei ist das Verwaltungsgericht - unter Würdigung des Konfliktgeschehens und dessen Lösung durch den geltenden Bebauungsplan - des weiteren zum zutreffenden Ergebnis gelangt, dass dem Kläger jedenfalls die nach der Baugenehmigung zulässigen Lärmimmissionen durch die Nutzung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage nicht zuzumuten sind, weil die nachbarverträgliche Immissionsbelastung einen Zwischenwert zwischen einem WA- und einem MI-Gebiet nicht überschreiten darf. Das Verwaltungsgericht hat die Baugenehmigung daher zu Recht bezüglich beider Anlagen aufgehoben, die bis zur Grenze eines Mischgebiets genutzt werden dürfen. Diese Aufhebungsentscheidung hätte, worauf der Senat hinweist, im Übrigen auch dann erfolgen müssen, wenn der Auffassung des Klägers und der von ihm zitierten Literatur gefolgt würde, dass er als Belegener in einem WA-Gebiet nur Sportlärm im strikten Umfang der WA-Richtwerte nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImSchV hinzunehmen hat.
26 
Wegen der zur Begründung der Hinnahmepflicht (nur, aber auch) des genannten Zwischenwerts verweist der Senat zunächst auf die Gründe des Verwaltungsgerichts. Ergänzend hierzu hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
27 
1. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass sich Grad und Ausmaß der Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Beteiligten maßgeblich nach der Sach- und Rechtslage bei Erlass des Bebauungsplans „Schlettstadter Straße (neu)“ vom 18.12.1979 und den damaligen Abwägungen des Plangebers beurteilen. Denn der Bebauungsplan beinhaltet einen wichtigen rechtsverbindlichen Abschluss der vorangegangenen langjährigen städtebaulichen Entwicklung im Freiburger Westen. Von der Gültigkeit dieses Bebauungsplans ist auszugehen. Anhaltspunkte für (noch rügefähige) Fehler mit „Ewigkeitswert“ sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Bei verständiger Würdigung der Planziele und deren Begründung ist auch die Abwägungsentscheidung des Gemeinderats nicht zu beanstanden.
28 
a) Der Plan war nach dem ihm zugrundeliegenden „zweipoligen“ Konzept erforderlich (§ 1 Abs. 3 BBauG/BauGB). Sowohl das Ziel, die entlang der Schlettstadter Straße und der Grenzstraße „inselartig“ vorhandene Wohnbebauung räumlich zu erweitern und als „echtes“ Wohngebiet festzulegen als auch die Absicht, die vorhandenen Sportanlagen nördlich und östlich des Wohngebiets in ihrem Bestand planerisch abzusichern, waren städtebaulich gerechtfertigt und folgerichtig. Das erstgenannte Ziel diente in erster Linie den Wohnbedürfnissen und der Eigentumsbildung der Bevölkerung (§ 1 Abs. 6 Satz 2, 2. Spiegelstrich BBauG, § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauGB); des weiteren trug der Bebauungsplan hierbei - mit Blick auf das zwischenzeitlich aufgegebene Gewerbe (Verlegung des Bauhofs, Aufgabe des Baggerbetriebs am Flückiger See) sowohl der Fortentwicklung und Anpassung der Ortsteile (§ 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB, vgl. Ziff. 1.1.3 der Planbegründung) als auch - mit Blick auf die Anpassung und Öffnung des Wohngebiets zum angrenzenden Naherholungsgebiet „Seepark“ - der Gestaltung des Ortsbilds Rechnung (§ 1 Abs. 6 10. Spiegelstrich BBauG, § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB). Die - erstmalige - Überplanung der vorhandenen Sportanlagen im Norden (Eisstadion, Kegelbahn, Tennisanlage etc.) und im Osten (Sportplätze mit Clubhaus und Tribünenanlage eines lokalen Sportvereins) diente in hohem Maß sowohl den sozialen, sportlichen und Freizeitbedürfnissen der ansässigen Bevölkerung als auch dem Eigentumsschutz der Sportanlagenbetreiber (§ 1 Abs. 6, 15. Spiegelstrich BBauG, § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB).
29 
b) Der Plangeber verfolgte mit der Gliederung, Einstufung und Zuordnung der einzelnen im Bebauungsplan ausgewiesenen Baugebiete auch das Ziel, ein verträgliches Nebeneinander der unterschiedlichen Nutzungen mit jeweils bedarfsgerechten Immissionsverhältnissen zu gewährleisten. Diese Absicht der Konfliktvermeidung bzw. -minimierung unter Beachtung des Trennungsgebots (§ 50 BImSchG) kommt im Festsetzungsteil wie in der Begründung des Bebauungsplans mehrfach deutlich zum Ausdruck. So wurde eine Teilfläche im Südosten des Plangebiets nahe der Lehener Straße und der Berliner Allee aus Lärmschutzgründen nicht als WA-, sondern als MI-Gebiet festgesetzt und sollte das neue Wohngebiet durch bauliche Maßnahmen in der Grenzstraße vom durchfließenden Verkehr zu den nördlichen Sportanlagen sowie vom Zufahrtsverkehr zu den Parkplätzen für Besucher des Weststadions verschont werden (vgl. Planbegründung Ziff. 2.3 und 3.4). Zur Immissionsverträglichkeit des neuen Wohngebiets mit dem Spielbetrieb im Weststadion enthält die Begründung zwar keine ausdrücklichen Ausführungen. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, der Gemeinderat habe sich seinerzeit über die Ausmaße beider Nutzungen und deren jeweilige Immissionsempfindlichkeit keine Gedanken gemacht. Aus der Entwicklungsgeschichte des Bebauungsplans lassen sich vielmehr hinreichende Grundlagen für eine mit dem Gebot der Konfliktbewältigung noch konforme Abwägungsentscheidung entnehmen. Der Gemeinderat ist seinerzeit ersichtlich vom bestehenden Betriebsumfang der Sportanlagen des damaligen Betreibers, des Vereins „Sportfreunde DJK Freiburg“ ausgegangen. Das Konzept einer Erweiterung der Sportplätze auf ein Areal westlich der Grenzstraße, wie es noch im Bebauungsplan „Schlettstadter Straße“ von 1963 auf Wunsch des Vereins festgelegt worden war, wurde ausdrücklich nicht weiterverfolgt. Stattdessen wurden als Ersatz und anderweitige Expansionsmöglichkeit eine etwa gleich große Fläche an anderer Stelle im Gewann „Zinklern“ ausgewiesen. Diese Umplanungen machen deutlich, dass im Wesentlichen nunmehr nur noch der Staus quo im Umfang der bestehenden Anlagen des Weststadions abgesichert werden sollte. Insbesondere war an eine Intensivierung des Sportbetriebs im Grenzbereich des Weststadions gegenüber der Wohnbebauung an der Grenzstraße im heutigen - nach der Vereinsfusion - durch die Baugenehmigung gestatteten Umfang und Ausmaß ersichtlich nicht gedacht. Vielmehr wurde im Bereich des heutigen Platzes S 3 erkennbar an die seinerzeit quantitativ wie qualitativ bestehende „moderate“ Gemengelage angeknüpft. Diese war gekennzeichnet durch einen wesentlich kleineren Rasenspielplatz in deutlich größerem Abstand zur Grenzstraße (vgl. die vorliegenden Luftbilder Stand 1968 und Stand 1975). Innerhalb der Abstandsfläche befanden sich, wie auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung bestätigt hat, zudem eine größere Zahl von Bäumen. Diese Situation hat der Plangeber 1979 aufgegriffen und zum Gegenstand der Konfliktabwägung gemacht. Denn im zeichnerischen Lageplan ist ein Abstand von ca. 10 m zur westlichsten Sportplatzfläche und innerhalb dieser Fläche sind Gebote zur Erhaltung der damals bestehenden Baumreihe festgelegt. Der kleine Rasenplatz war in seinen damaligen Ausmaßen zudem nicht wettkampftauglich. Dort fand auch in der Folgezeit kein offizieller Spielbetrieb und nach den glaubhaften Angaben des Klägers auch kein regelmäßiges Training statt, zumal der Platz auch über keine Flutlichtanlage verfügte. Die Angaben des Klägers, wonach auf dem Platz nur gelegentlich Fußball gespielt worden sei, hat die Schatzmeisterin und langjährige Trainerin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen bestätigt.
30 
2. Nach all dem kann daher von einem Gesamtlärmpotential des damaligen Weststadions im Umfang der Richtwerte eines Gewerbegebiets nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 der 18. BImSchV nicht ausgegangen werden und hat auch der Gemeinderat ein derart konfliktträchtiges Störpotential nicht angenommen. Vielmehr dürften sich die Werte im Grenzbereich entlang der Grenzstraße im Wesentlichen noch in einem mischgebietsverträglichen und damit mit dem Gebot der Konfliktbewältigung noch verträglichen - und abwägungsfehlerfreien - Rahmen gehalten haben (zum damaligen Abwehranspruch gegen Sportanlagen vgl. BVerwG, Urteil vom 19.01.1989 - 7 C 77.97 -, NJW 1989, 1291 ff.). Daran ändert entgegen der Auffassung der Beklagten auch der Umstand nichts, dass in der Nachkriegszeit bis in die 70-er Jahre des letzten Jahrhunderts die damals noch kleine „Wohninsel“ entlang der Grenzstraße von Westen her durch Gewerbebetriebe (Kieswerk, Baggerbetrieb) akustisch belastet war. Denn diese Gewerbebetriebe waren, wie dargelegt, bei Erlass des Bebauungsplans weitestgehend aufgegeben und der Plangeber hielt die Zulässigkeit weiterer gewerblicher Nutzung ausdrücklich für städtebaulich nicht mehr vertretbar (Ziff. 1.3 der Planbegründung). Aus der bisherigen Gemengelage in der Bandbreite von Wohnnutzung bis Industrienutzung entstand daher ein „echtes“ planerisch abgesichertes Wohngebiet.
31 
Damit steht auch dem Beigeladenen heute keine Schutzwürdigkeit im Umfang eines Gewerbegebiets zu. An der moderaten Immissionsbelastung der Wohngrundstücke durch die Nutzung des kleineren Rasenspielfelds hat sich auch nach Erlass des Bebauungsplans nichts Wesentliches geändert. Insofern verweist der Senat erneut auf die glaubhaften Angaben des Klägers und der Schatzmeisterin/Trainerin des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung. Erst nach Errichtung des Kunstrasenplatzes S 3 und dessen intensiver Nutzung durch den Beigeladenen im Zuge der Vereinsfusion hat sich das Immissionspotential nachhaltig erhöht. Zu berücksichtigen ist ferner, dass der Kunstrasenplatz unter Missachtung der Festsetzungen des Bebauungsplans (Baumreihe mit Erhaltungsgebot) näher an die gegenüberliegenden Wohngrundstücke im WA-Gebiet herangerückt ist.
32 
3. In Anwendung des Rücksichtnahmegebots hat umgekehrt auch der Kläger die tatsächliche und rechtliche Gebietsvorbelastung durch das Weststadion hinzunehmen, wie sie im Bebauungsplan ihren Niederschlag gefunden hat. Er kann daher nicht das volle Immissionsschutzniveau eines WA-Gebiets nach § 2 Abs. 2 Nr. 3 der 18. BImschV verlangen, sondern muss sich, wie das Verwaltungsgericht zutreffend herausarbeitet, eine Absenkung seines Abwehrrechts auf einen Immissionswert zwischen den Richtwerten eines WA-Gebiets und eines MI-Gebiets gefallen lassen. Nach unbestrittener Darstellung der Beklagten, die durch die vorliegenden alten Luftbilder bestätigt wird, wurden die ersten vereinzelten Wohngebäude an der Grenzstraße schon Anfang der fünfziger Jahre errichtet. Eine weitere Verdichtung der Reihenhauszeile trat auf Grundlage der Stadtbauordnung vom 09.03.1957 Ende der fünfziger Jahre in den Folgejahren ein. Die Wohnbebauung traf andererseits seit ihren Anfängen auf die schon damals vorhandenen Sportanlagen östlich der Grenzstraße. Diese bestanden aus dem Hauptspielfeld, der 1958 genehmigten Tribüne, einem Hartplatz im Bereich des heutigen Platzes S 2 sowie der mehrfach erwähnten kleineren Rasensportfläche im Bereich des heutigen Kunstrasenplatzes S 3. „Schlettstadter Straße (neu)“ von 1979 griff dieses Nebeneinander von Sportanlagen des Weststadions und Wohnbebauung auf und überführte es in einen rechtsverbindlichen Rahmen. Der Gemeinderat erlegte damit den Wohneigentümern im Grenzbereich wie dem Betreiber des Weststadions gegenseitige Rücksichtnahmepflichten im Umfang des damaligen Sportlärmpotenzials auf. Gleichzeitig, insbesondere im Hinblick auf die entfallenden Gewerbebetriebe, wertete der Gemeinderat die Wohnnutzung quantitativ wie qualitativ deutlich auf. Das Schutzniveau des Gebiets wurde von einer „dreifachen“ Gemengelage mit gewerblich/industriellen Elementen, einer „Wohninsel“ und sportlichen Einrichtungen in ein „echtes“ Wohngebiet - mit fortbestehenden Rücksichtnahmepflichten auf die Sportanlagen - umgewidmet. Die Eigentümer am Rande des festgesetzten Wohngebiets an der Grenzstraße müssen demnach zwar keine Sportlärmimmissionen in Mischgebietsstärke hinnehmen, wohl aber mutet der Bebauungsplan ihnen Immissionen oberhalb der Richtwerte der 18. BImschV für ein WA-Gebiet zu.
33 
Auf das Schutzniveau eines derartigen Zwischenwerts eines WA- und eines MI-Gebiets kann sich auch der Kläger berufen. Denn bei Genehmigung seines Reihenmittelhauses im Jahre 1987 wurde das Weststadion auf der heutigen Fläche S 3 im Wesentlichen nicht anders genutzt als bei Erlass des Bebauungsplans. Eine erhebliche Intensivierung des Spielbetriebs, die der Plangeber seinerzeit nicht voraussehen konnte, hat - in einer ersten Stufe - 2004 nach Vereinigung der Sportfreunde mit der Eintracht und - in einer zweiten Stufe - nach Verwirklichung des genehmigten Kunstrasenplatzes S 3 stattgefunden. Zu berücksichtigen ist dabei wiederum, dass der Kunstrasenplatz gegenüber seinem kleineren Vorgänger näher an die Wohnbebauung heranrückt und in diesem Bereich mit den Festsetzungen des Bebauungsplans (Baumreihe mit Pflanzerhaltungsgebot) nicht in Einklang steht.
III.
34 
Nach all dem hat das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht teilweise stattgegeben, indem es die Baugenehmigung des Kunstrasenplatzes S 3 und der Lautsprecheranlage in vollem Umfang aufgehoben hat. Denn gemäß den Nebenbestimmungen 0.9.02 F und 0.9.03 F und auf Grundlage der Berechnungen der Lärmschutzgutachten der isw vom 22.11.2006/07.02.2007, die ebenfalls Genehmigungsgegenstand sind (Nebenbestimmung 0.0.01 F), dürfen beide Anlagen in einem Umfang betrieben werden, der die Ausschöpfung der Immissionsrichtwerte für Mischgebiete nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 der 18. BImSchV bei den Beurteilungs- wie bei den Spitzenpegeln gestattet.
35 
Die vollständige Aufhebung der Genehmigung des Platzes S 3 und der Lautsprecheranlage ist auch verhältnismäßig. Eine Teilaufhebung im Hinblick darauf, dass beide Anlagen tatsächlich mit geringeren Immissionswerten (Zwischenbereich zwischen WA- und MI-Richtwerten) betrieben werden dürften, kommt nicht in Betracht. Denn die Baugenehmigung ist insoweit subjektiv wie objektiv nicht teilbar. Subjektiv steht der Teilbarkeit entgegen, dass der Beigeladene zu keiner Zeit bekundet hat, sich auch mit Anlagen in einem geringeren „wohngebietsverträglichen“ Umfang als genehmigt zufrieden zu geben. Demgemäß hat er auch keine Vorschläge unterbreitet, wie der Spiel- und Lautsprecherbetrieb nach Art und Umfang immissionsverträglich eingeschränkt werden können (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 05.04.2006 - 8 S 1737/05 -, BR 2006, 768 [Ls]). Objektiv scheitert die Teilbarkeit daran, dass die den Spiel- und Sprecherbetrieb regelnden Nebenbestimmungen 0.9.0.2.F und 0.9.0.3.F als inhaltsbestimmende Regelungen untrennbar mit der Baugenehmigung verbunden sind.
36 
Im Übrigen könnte der für den Kläger zumutbare und damit zulässige Nutzungsumfang des Kunstrasenspielfelds und der Lautsprecheranlage nach Aktenlage auch nicht genau bestimmt werden. Dies gilt auch dann, wenn angenommen würde, dass der zulässige Immissionswert beider Anlagen exakt in der Mitte zwischen den Richtwerten der 18. BImSchV für MI- und WA-Gebiete liegt. Denn das isw-Gutachten, auf dem die Baugenehmigung beruht, hat keine alternativen Nutzungsberechnungen auf der Grundlage eines derartigen „echten“ Mittelwerts durchgeführt. Diesen Weg ist zwar, gemäß den Vorgaben des Verwaltungsgerichts, der Gutachter der IBK im Gutachten vom 07.08.2009 gegangen. Er hat während eines bestimmten Trainingsbetriebs an einem Wochentag und eines bestimmten Spielbetriebs an einem Samstag Messungen durchgeführt und die Messergebnisse auf einen Sonntag sowie auf einen Trainingssamstag übertragen. Auf dieser Grundlage hat er die Immissionswerte u.a. am Wohnhaus des Klägers für drei Schutzbedürftigkeitsvarianten ermittelt (Schutzniveau eines WA-Gebiets, eines MI-Gebiets und eines gemittelten Werts zwischen beiden Gebieten). Dabei kommt er zum Ergebnis, dass beim Kläger zu keinem Zeitpunkt der Mittelwert zwischen einem WA- und einem MI-Gebiet überschritten wird, und zwar weder beim Beurteilungs- noch beim Maximalpegel. Bedenken gegen die Methodik und die Ergebnisse dieses Gutachtens sind bislang nicht geltend gemacht worden und derzeit auch nicht ersichtlich. Auch erscheinen die Mess- bzw. Berechnungszeiträume des Gutachters realistisch, da sie mit den Beteiligten abgesprochen waren. Gleichwohl kann auch der Senat nicht feststellen, dass die Nutzungsmöglichkeiten der Baugenehmigung durch den im IBK-Gutachten angenommenen Spiel- und Trainingsbetrieb derart ausgeschöpft sind, dass sie angesichts des derzeitigen Mitgliederstands des Beigeladenen dauerhaft nicht noch weiter ausgenutzt werden könnten (vgl. dazu Urteil des Senats vom 17.06.1992 - 3 S 829/92 -, VBlBW 1993, 131 ff.). Der Senat bemerkt jedoch abschließend, dass vieles dafür spricht, dass der Kläger eine Nutzung der Sportanlagen des Weststadions in dem dem IBK-Gutachtens zugrundeliegenden Umfang und mit den dort ermittelten Zwischenwerten als zumutbar hinnehmen müsste.
37 
Die Revision war nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
38 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 159 VwGO.
39 
Beschluss vom 03.07.2012
40 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 47 Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt.
41 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juli 2012 - 3 S 321/11

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(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 4 Allgemeine Wohngebiete


(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,3. Anlagen für kirchliche, kulture

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 1 Allgemeine Vorschriften für Bauflächen und Baugebiete


(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als 1.Wohnbauflächen(W)2.gemischte Bauflächen(M)3.gewerbliche Bauflächen(G)4.Sonderbauflächen

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 11 Sonstige Sondergebiete


(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden. (2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzuste

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 2 Kleinsiedlungsgebiete


(1) Kleinsiedlungsgebiete dienen vorwiegend der Unterbringung von Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebäuden mit entsprechenden Nutzgärten und landwirtschaftlichen Nebenerwerbsstellen. (2) Zulässig sind 1. Kleinsiedlungen einschließlich Wohngebä

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 50 Planung


Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in B

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 23 Anforderungen an die Errichtung, die Beschaffenheit und den Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, dass die Errichtung, die Beschaffenheit und der Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen b

Referenzen - Urteile

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juli 2012 - 3 S 321/11 zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juli 2012 - 3 S 321/11 zitiert 5 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 20. März 2012 - 3 S 223/12

bei uns veröffentlicht am 20.03.2012

Tenor Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kos

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 09. Nov. 2009 - 3 S 2679/08

bei uns veröffentlicht am 09.11.2009

Tenor Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Die Berufung der Klägerin gegen

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 30. Juli 2009 - 5 S 973/09

bei uns veröffentlicht am 30.07.2009

Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. März 2009 - 3 K 230/08 - wird abgelehnt. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesam

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 16. Apr. 2008 - 3 S 1771/07

bei uns veröffentlicht am 16.04.2008

Tenor Der Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Gemeinde Ötigheim vom 02.08.2005 wird für unwirksam erklärt, soweit er sich auf die Grundstücke Flurstücke Nrn. 6589/1 und 6638/1 des Antragstellers bezieht.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 05. Apr. 2006 - 8 S 1737/05

bei uns veröffentlicht am 05.04.2006

Tenor Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand   1  Im Berufungsverfahren begehrt die Klägerin die Feststellung,
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 03. Juli 2012 - 3 S 321/11.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 06. Feb. 2015 - 22 B 12.269

bei uns veröffentlicht am 06.02.2015

Tenor I. Die Berufung wird zurückgewiesen. II. Die Kläger haben als Gesamtschuldner auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die V

Sächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 12. Dez. 2018 - 2 M 82/18

bei uns veröffentlicht am 12.12.2018

Gründe I. 1 Die Antragstellerin wendet sich gegen eine dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung für den Neubau eines Funktionsgebäudes. 2 Der Beigeladene betreibt auf dem im Eigentum der Stadt A. stehenden Grundstück der Gemarkung A-Stadt, Fl

Referenzen

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

Tenor

Der Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Gemeinde Ötigheim vom 02.08.2005 wird für unwirksam erklärt, soweit er sich auf die Grundstücke Flurstücke Nrn. 6589/1 und 6638/1 des Antragstellers bezieht.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Antragsgegnerin vom 02.08.2005 (Satzungsbeschluss). Er ist Eigentümer der im Westen des Plangebiets liegenden und aneinander grenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. 6589/1 und 6638/1. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6589/1 (... ...) befinden sich die Betriebsgebäude der Erwerbsgärtnerei des Antragstellers, die 1985 genehmigt wurde. Das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wurde im Zuge von Grundstückstauschgeschäften des Antragstellers mit der Antragsgegnerin und privaten Grundstückszukäufen im Jahre 1998 gebildet. In der nordwestlichen Ecke dieses Grundstücks errichtete der Antragsteller aufgrund einer Baugenehmigung von 2001 ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen (... ...), in dem er mit seiner Familie lebt. Die Zufahrt soll danach, durch Baulast gesichert, von der ... aus über einen 3 m breiten, auf dem Betriebsgrundstück angelegten Weg erfolgen. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin, bei der der Bauantrag am 21.06.2001 eingereicht worden war, hatte in der Sitzung vom 24.07.2001 gegen das Wohnhaus keine grundsätzlichen Einwendungen erhoben, eine Entscheidung über das Einvernehmen aber im Hinblick auf zu klärende Fragen (Zuordnung zum Gartenbaubetrieb) zurückgestellt. Am 20.09.2001 schlossen die Antragsgegnerin mit dem Antragsteller und seiner Ehefrau eine Vereinbarung. Darin übernahmen letztere die Verpflichtung, das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 nur mit einem Zweifamilien-Wohnhaus zu bebauen und die Restfläche künftig ausschließlich der Erwerbsgärtnerei zu überlassen; eine „weitere Verringerung des Grundstück“ für Wohnbauzwecke wurde „für alle Fälle“ ausgeschlossen (§ 2). Ferner verpflichteten sich die Eheleute ..., das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 auch künftig nur „zur Erwerbsgärtnerei in Verbindung mit Blumengeschäft und Gewächshäusern“ zu nutzen und jegliche Wohnbebauung auszuschließen sowie dazu, die übernommenen Verpflichtungen durch Grunddienstbarkeit zu sichern, was bis heute nicht erfolgte. Im Hinblick auf diese Vereinbarung hatte der Gemeinderat mit Beschluss vom 17.09.2001 sein „endgültiges Einvernehmen“ zu dem Wohnbauvorhaben erteilt.
Das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 ist im Übrigen unbebaut und wird gartenbaulich als Freilandfläche (Anbau von Koniferen und Schnittblumen) genutzt Östlich der Grundstücke des Antragstellers liegt der Friedhof von Ötigheim (Grundstück Flst.-Nr. 6598), der im Osten und Süden von als Park angelegten Grünflächen (Grundstücke Flst.-Nrn. 8225 und 8199) sowie im Norden vom Friedhofsparkplatz (Grundstück Flst.-Nr. 6599/1) umgeben ist. Südlich des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 liegt - jenseits der Neuen Friedhofstraße - der 1998 erbaute örtliche Kindergarten. Westlich des Plangebiets schließen Hausgärten und dahinter Wohnbebauung an (Bebauungsplan „Breit-Eich“, Festsetzung: WA). Auch südlich und nördlich des Plangebiets erstrecken sich überplante Wohngebiete (Bebauungsplan „Steinäcker I“, Festsetzung: WR und WA, sowie Bebauungsplan „Steinäcker II“, Festsetzung: WA). Zwischen dem Friedhof und der Erwerbsgärtnerei verläuft ein Fuß- und Radweg.
Das bisher nicht überplante Plangebiet umfasst die eben beschriebenen Flächen einschließlich eines im Westen anschließenden Hausgartenstreifens. Es grenzt im Norden an die ..., seinen östlichen Abschluss bildet die ..., die noch Bestandteil des Plangebiets ist. Der Bebauungsplan setzt das Friedhofsgelände als öffentliche Grünfläche (ÖG 1) und den Bereich der Einsegnungshalle und Kapelle als Gemeinbedarfsfläche fest. Auch die parkähnlich angelegten Flächen im Osten und Süden des Friedhofs werden als öffentliche Grünflächen (ÖG 2 „Nutzung Parkanlage“) ausgewiesen. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6599/1 südlich der ... wird der bestehende Parkplatz nebst Verkehrsgrün festgeschrieben. Für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 des Antragstellers setzt der Bebauungsplan ein Sondergebiet (SO 1) mit der besonderen Zweckbestimmung „Sondergebiet Gartenbaubetrieb, Handel mit Pflanzen, Blumen und ähnlichen Produkten“ fest. Zulässig sind nur bauliche Anlagen, Einrichtungen und Nutzungen, die dieser Zweckbestimmung dienen (Verkaufsräume, Gewächshäuser etc.). Weiterhin sind jegliche Wohnnutzungen ausgeschlossen. Die überbaubare Grundstücksfläche wird durch ein großes, parallel zu den Grundstücksgrenzen verlaufendes Baufenster festgelegt. Zum Maß der baulichen Nutzung werden eine maximale Grundfläche, Firsthöhe und Wandhöhe angeordnet. Die Grundfläche darf bis zum Höchstwert von 0,6 überschritten werden. Die mit dem Wohnhaus des Antragstellers bebaute Teilfläche des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 wird ebenfalls als Sondergebiet (SO 2) ausgewiesen und ebenfalls mit Baugrenzen und Vorgaben zum Nutzungsmaß versehen. Im SO 2 ist nur Wohnnutzung für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen zulässig; diese Nutzung muss dem Gartenbaubetrieb zugeordnet sein (so Textteil). Zulässig sind maximal zwei Wohnungen. Der übrige Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 wird als private Grünfläche (PG 2) ausgewiesen. Nach dem Textteil ist auf dieser Fläche Gartenbau zugelassen. Als bauliche Anlagen sind nur Gewächshäuser mit einer maximalen Firsthöhe von 4,0 m zulässig. Die private Grünfläche Gartenbau darf zu höchstens 50 % mit Gewächshäusern überbaut werden.
Auf dem Kindergartengrundstück (Flst.-Nr. 6640) setzt der Bebauungsplan eine Gemeinbedarfsfläche „Kindergarten“ mit einem geräumigen Baufenster fest. Die im Westen angrenzenden jeweils zu Wohngrundstücken gehörenden Hausgartenflächen werden ebenfalls als private Grünflächen (PG 1, Hausgarten) ausgewiesen. Ferner werden durch örtliche Bauvorschriften die äußere Gestaltung der baulichen Anlagen sowie die Gestaltung der Freiflächen auf den Baugrundstücken geregelt.
Zweck des Bebauungsplans ist es nach der Begründung, die bestehende städtebauliche Freiraumsituation um den Friedhof zu sichern und im Zusammenhang mit einer geordneten Bebauung festzuschreiben. Weitere Bebauung außer den vorhandenen bestandsgeschützten Gebäuden soll, auch im Hinblick auf die Abstände nach dem Bestattungsgesetz, nicht zulässig sein. Die Erwerbsgärtnerei und der Kindergarten sollen ausnahmsweise aus wirtschaftlichen Gründen bzw. aus Gründen der gemeindlichen Vorsorge die Möglichkeit erhalten, sich angemessen weiter zu entwickeln. Erweiterungen des Gartenbaubetriebs sollen möglich, flächenmäßig aber begrenzt sein. Ansonsten soll die bestehende Pufferzone zum angrenzenden Wohngebiet „Breit-Eich“ planerisch verfestigt werden. Das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei ausnahmsweise auf Wunsch der Eigentümer für betriebliches Wohnen im Vorgriff auf den Bebauungsplan genehmigt worden.
Im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt, zweite Änderung, von 1997 werden der Friedhof und die westlich angrenzende Fläche als Grünfläche dargestellt; in der aktuellen dritten Änderung von 2006 sind die Darstellungen nachträglich an die Festsetzungen im Bebauungsplan angepasst.
Am 06.11.2001 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung fand u.a. in Form einer Informationsveranstaltung am 10.02.2003, die Beteiligten der Träger öffentlicher Belange fand vom 12.02. bis 13.03.2003 statt. Dabei machte die IHK Karlsruhe Bedenken hinsichtlich des Sondergebiets geltend, dessen Nutzungen zu eng an den bestehenden Gärtnereibetrieb angebunden seien. Auch der Antragsteller erhob Einwendungen bezüglich der Einschränkung seines Eigentums und fehlender wirtschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten. Am 20.01.2004 billigte der Gemeinderat einen geänderten Planentwurf und beschloss dessen öffentliche Auslegung, die nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung vom 15.03. bis einschließlich 13.04.2004 im Rathaus der Antragsgegnerin erfolgte. Auf Wunsch des Antragstellers wurden die Baufenster und die Grundfläche auf dem Betriebsgrundstück vergrößert. Die IHK Karlsruhe wiederholte ihre Bedenken und auch der Antragsteller erhob wiederum Einwendungen. Am 26.04.2005 billigte der Gemeinderat den Planentwurf und beschloss die erneute Offenlage und Anhörung der berührten Träger öffentlicher Belange. Der Beschluss wurde ortsüblich bekannt gemacht und der Entwurf vom 09.05. bis einschließlich 10.06.2005 öffentlich ausgelegt. Die IHK hielt trotz Zugeständnissen ihre Forderung nach breiteren Nutzungsmöglichkeiten im SO 1 und ihre Kritik an der Nutzungsbeschränkung in SO 2 aufrecht. Der Antragsteller wiederholte und vertiefte seine bisherigen Einwendungen. Er machte zusammengefasst geltend, der Bebauungsplan greife erheblich in sein Grundeigentum ein mit dem Ziel, ihm letztlich die Existenzgrundlage zu entziehen. Die geplanten Festsetzungen ließen eine Intensivierung der Nutzung nicht zu. Auf dem Betriebsgrundstück sei im Wesentlichen nur der bisherige Bestand zulässig. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei eine Nutzung mit Gewächshäusern zu nur 50 % und in den zulässigen Maßen unzureichend. Die Grünfläche könne nach einer Betriebsaufgabe praktisch nicht mehr genutzt werden. Die Beschränkung der Wohnnutzung im SO 2 sei weder angezeigt noch erforderlich. Er habe hierfür unter Verfahrensbeteiligung der Antragsgegnerin eine Baugenehmigung ohne jegliche Nutzungsbeschränkung für das Wohnhaus erhalten. Es sei unzutreffend, dass ihm die Genehmigung im Vorgriff auf den Bebauungsplan und auf seinen Wunsch erteilt worden sei. Die Genehmigung sei unabhängig vom Plan auf § 34 BauGB gestützt worden. Ohne den Bebauungsplan wäre auch eine Wohnbebauung entlang des genehmigten Wohnhauses, wie sie in der Umgebung üblich sei, zulässig gewesen. Diese Bebauungsmöglichkeit solle mit ausreichenden Abständen zum Friedhof erhalten bleiben.
Am 02.08.2005 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die Bedenken und Anregungen, wobei er auch ausführlich zu den einzelnen Einwendungen des Antragstellers Stellung bezog (Bl. 389 ff.). Anschließend beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan und die örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Der Beschluss wurde mit dem Inhalt des § 10 Abs. 3 BauGB am 25.08.2005 ortsüblich im Gemeindeanzeiger Ötigheim sowie durch Anschlag bekannt gemacht, den Einwendern wurde das Prüfergebnis jeweils mitgeteilt.
Am 31.07.2007 hat der Antragsteller ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seine Einwendungen im Bebauungsplanverfahren. Das Verfahren sei von unsachlichen emotionalen Momenten mitgeprägt worden. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 habe er nur unter Druck unterschreiben. Der Bürgermeister habe seinerzeit als Alternative in Aussicht gestellt, dass er dann 150.000,-- DM für die Aufstellung eines Bebauungsplans bezahlen müsse. Nach Abschluss der Vereinbarung habe ihm der Bürgermeister noch weitere Entwürfe übersandt, die er jedoch nicht unterschrieben habe. Wahres Motiv des Bebauungsplans sei es, seinen Betrieb zum Umzug in den Außenbereich zu veranlassen. Mittlere Gärtnereien seiner Größenordnung könnten sich ohne Expansionsmöglichkeiten und Rentabilitätssteigerungen wirtschaftlich nicht mehr halten. Hierfür reichten die im Bebauungsplan eröffneten Erweiterungsmöglichkeiten nicht aus. Die auf der Grünfläche nur zulässigen kleinen Gewächshäuser mit 4,0 m Höhe auf 50 % der Fläche genügten nicht. Der Bebauungsplan trage auch dem Umstand einer sinnvollen Nutzung nach späterer Betriebsaufgabe nicht Rechnung. Es werde jede andere Nutzung als diejenige als Gartenbaubetrieb verboten und die Wohnfläche werde zwingend der Erwerbsgärtnerei zugeordnet. Unter diesen Umständen könne er später seine Grundstücke wirtschaftlich nicht sinnvoll verwerten und müsse sein Familienheim aufgeben.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
den Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Antragsgegnerin vom 02.08.2005 für unwirksam zu erklären.
12 
Die Antragsgegnerin beantragt,
13 
den Antrag abzuweisen.
14 
Sie führt zusammengefasst aus: Der Antragsteller könne Fehler in der Begründung wegen Ablaufs der hierfür maßgeblichen Jahres-Frist der §§ 214 Abs. 1 Nr. 3, 215 Abs. 2 Nr. 1 BauGB 1998 nicht mehr rügen. Im Übrigen sei der Bebauungsplan frei von Abwägungsfehlern. Der Gemeinderat habe sich ausweislich der Unterlagen ausführlich mit allen Einwendungen des Antragstellers auseinandergesetzt und diese mit den für die Planung sprechenden öffentlichen Belangen sachgerecht abgewogen. Das städtebauliche Konzept bestehe darin, in einem gewissen Umkreis um den Friedhof keine Wohnbebauung, sondern nur öffentliche Anlagen (Kindergarten) bzw. „symbiotische“ Nutzungen wie die Gärtnerei zuzulassen. Der Antragsteller habe die Grünfläche beim Tausch 1998 als „landwirtschaftliche Fläche“ erworben. Es sei konsequent und notwendig, dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 keine 100%-ige Ausnutzbarkeit zuzuerkennen. Im SO 1 sei neben dem Gartenbaubetrieb eine beachtliche gewerbliche Palette möglich und die Anlagen könnten auch beträchtlich erweitert werden. Zudem dürften auf der Grünfläche auch Gewächshäuser in beachtlichem Umfang errichtet und die maximale GFZ in der Umgebung dürfe dabei sogar überschritten werden. Von einer Existenzgefährdung durch die Planfestsetzungen beim Antragsteller könne nach alledem keine Rede sein. Mit der Beschränkung des SO 1 auf Gartenbaubetriebe wolle man sicherstellen, dass auf dem Betriebsgrundstück keine nicht „friedhofsverträglichen“ Nutzungen aufgenommen würden. Auch das SO 2 sei fehlerfrei festgesetzt worden. Das Wohnhaus des Antragstellers genieße Bestandsschutz, weil es als Wohnhaus genehmigt worden sei. Der Bestandsschutz entfalle erst bei einer Nutzungsänderung oder bei erheblichen baulichen Veränderungen. Die Antragsgegnerin hätte demnach auch das gesamte Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 als private Grünfläche ausweisen können. Die Festsetzung einer Wohnbebauung im SO 2 belasse dem Antragsteller die Möglichkeit, sein Wohnhaus später zusammen mit dem Betrieb zu veräußern. Die Ausweisung der privaten Grünfläche auf dem überwiegenden Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 (PG 2) sei ebenfalls abwägungsfehlerfrei. Die bisherige Nutzung als Freilandfläche werde festgeschrieben und dem währende des Verfahrens geäußerten Wunsch des Antragstellers, Gewächshäuser bauen zu dürfen, sei entsprochen worden. Die Höhenbegrenzung der Gewächshäuser auf 4,0 m Firsthöhe diene dazu „die Schaffung eines zusammenhängenden Gebiets ohne Bebauung weitestgehend zu erhalten“ und zugleich der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers Raum zu geben. Die Gewächshäuser wirkten luftig und seien durchlässig. Dem Antragsteller sei bei einem Ausnutzungsanteil von 50 % - und damit einer „Grundflächenzahl“ von 0,5 - mehr zugestanden worden, als es die BauNVO vorsehe. Ein Gewächshausensemble in der im Bebauungsplan zugelassenen Größenordnung könne „nicht mehr als untergeordnete Nebenanlage angesehen werden“. Das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei bisher als Außenbereichsgrundstück nach § 35 BauGB zu beurteilen gewesen. Ein Bebauungszusammenhang nach Nordosten fehle, das Friedhofsgelände stelle mangels optisch wahrnehmbarer und gewichtiger baulicher Anlagen keine „Bebauung“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB dar, die Friedhofskapelle sei nicht gebietsprägend. Die Bebauung ende damit westlich des Grundstücks mit den letzten Gebäuden im Plangebiet „Breit-Eich“. Der Wohnbereich des Grundstücks habe trotz Bestandskraft der Baugenehmigung überplant werden dürfen. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 habe den Gemeinderat beeinflusst; dieser habe auf diese Vereinbarung vertraut, ihr Zustandekommen sei maßgeblich für die Erteilung des Einvernehmens gewesen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten nimmt der Senat auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Verfahrensakte der Antragsgegnerin (1 Band) und die Baugenehmigungsakten (2 Bände) der Stadt Rastatt sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug.

Entscheidungsgründe

 
A.
16 
Der Antrag des Antragstellers ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt:
I.
17 
Der Antragsteller hat seinen Antrag noch innerhalb der vorgeschriebenen Frist gestellt. Maßgeblich ist hierbei nach § 195 Abs. 7 VwGO die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis Ende 2006 geltenden Fassung, da der Bebauungsplan vor dem 01.01.2007 bekannt gemacht worden ist. Die Antragsfrist betrug nach dem BauGB 1998 zwei Jahre ab Bekanntgabe der Satzung. Da der Bebauungsplan vorliegend am 25.08.2005 im Gemeindeanzeiger Ötigheim bekannt gemacht wurde und der Normenkontrollantrag am 31.07.2007 bei Gericht einging, ist die Frist gewahrt.
II.
18 
Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Er kann geltend machen, durch den Bebauungsplan in seinen Rechten verletzt zu werden. Der Antragsteller ist Eigentümer von zwei Grundstücken im Plangebiet. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung seines Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Der Antragsteller wendet sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar seine Grundstücke betreffen. Er beanstandet, dass die Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 nach Art der baulichen Nutzung auf ein Sondergebiet für Gartenbaubetriebe, Handel mit Pflanzen, Blumen u.ä. Produkte (SO 1) beschränkt wird und sonstige Nutzungen, insbesondere Wohnnutzung, ausgeschlossen sind. Ferner greift der Antragsteller die ebenfalls eingeschränkte Nutzbarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 als lediglich private Grünfläche mit zu geringen Gewächshausgrößen und nur zum „betrieblichen Wohnen“ (SO 2) an und rügt den Entzug bisher bestehender Bebauungsmöglichkeiten. Der Antragsteller trägt damit substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass er durch die Einschränkung der Bebaubarkeit seiner Grundstücke in seinem Grundeigentum verletzt ist (st. Rechtspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732) und eine solche Rechtsverletzung ist auch tatsächlich gegeben (dazu nachfolgend B.).
III.
19 
Schließlich kann dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzinteresse auch insoweit nicht abgesprochen werden, als er den Bebauungsplan in seinem gesamten räumlichen Geltungsbereich angreift. Zwar ist der Bebauungsplan hinsichtlich der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers von den Festsetzungen für das übrige Plangebiet abtrennbar, weil letztere auch für sich betrachtet noch städtebaulich sinnvoll sind und vom Gemeinderat im Zweifel auch isoliert in gleicher Weise so beschlossen worden wären, was dazu führt, dass der Bebauungsplan nur für teilweise unwirksam zu erklären ist (dazu unten, zur Teilnichtigkeit vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris und vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, NVwZ 1994, 271 f.). Dieser Umstand der Teilbarkeit des Bebauungsplans „Erweiterung Breit-Eich“ macht den Normenkontrollantrag aber nicht teilweise unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es vielmehr, dass ein Antragsteller substantiiert geltend machen kann, durch den Bebauungsplan insgesamt in seinen Rechten verletzt zu werden. Er muss darüber hinaus nicht auch noch darlegen, inwieweit sich die geltend gemachten Rechtsfehler nur partiell auf den Plan auswirken. Damit würden die Anforderungen überspannt. Das Rechtsschutzinteresse entfällt ausnahmsweise nur dann, wenn ein Antragsteller ihn sachlich oder räumlich nicht berührende Regelungen eines Bebauungsplans mit einbezieht, obwohl sich diese schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für ihn erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans darstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 -, NVwZ 1992, 373). Von einer derart offensichtlichen Eigenständigkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers einerseits und der Festsetzungen für den Friedhof und dessen Umfeld andererseits kann hier aber nicht ausgegangen werden. Denn die Regelungen für beide Planbereiche waren zumindest teilweise durch das gemeinsame Planziel verklammert, die bestehenden Freiräume und „friedhofskonformen“ Nutzungsstrukturen zu erhalten und abzusichern.
B.
20 
Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
21 
Gegen die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanverfahrens sind rechtserhebliche Bedenken nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
22 
Der Senat geht ferner davon aus, dass der Bebauungsplan jedenfalls nicht in beachtlicher Weise gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt. Zwar weichen die Festsetzungen im westlichen Plangebiet (Sondergebiet SO 2 und Gemeinbedarfsfläche für den Kindergarten) teilweise von den Darstellungen des beim Satzungsbeschluss geltenden Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt (2. Änderung) von 1997 ab, der hier eine Grünfläche vorsieht. Diese Abweichung beeinträchtigt aber inhaltlich, vor allem aber räumlich noch nicht die sich aus dem Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung und beeinflusst die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB damit nicht (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.2002 - 5 S 2687/00 -, BauR 2003, 1001; BVerwG, Urteil vom 26.01.1999 - 4 CN 6.98 -, juris).
23 
Des weiteren erscheint der Bebauungsplan unter Zurückstellung von Rechtszweifeln auch nach dem nur groben Maßstab des § 1 Abs. 3 BauGB noch erforderlich, da der Plangeber mit ihm städtebaulich ableitbare Ziele verfolgt (Freihaltung des Friedhofsumfeldes, Beschränkung der gewerblichen Nutzung sowie Ausschluss zusätzlicher Wohnbebauung aus Gründen der Ortsbilderhaltung und des Schutzes der Totenruhe, Absicherung des Kindergartens für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung; Festlegung der Parkplätze für Friedhofsbesucher, Anlegung von Längsparkplätzen und Haltebuchten an der ... aus Gründen des Verkehrs, Erhalt der Parkanlagen und Grünflächen zwecks Landschaftsschutzes), wobei das Ziel einer Koppelung von Gartenbaubetrieb mit dem „betriebsbezogenen“ Wohnen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wegen des Bestandsschutzes der Baugenehmigung vom 30.10.2001 allerdings nur sehr eingeschränkt zu realisieren ist (dazu noch unten).
24 
Einer abschließenden Klärung dieser Fragen bedarf es jedoch nicht. Denn für die Festsetzung der privaten Grünfläche (PG 2) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 fehlt es an einer Rechtsgrundlage (dazu I.). Diese Festsetzung beruht ferner, ebenso wie die Einschränkung des Sondergebiets SO 2 auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen, auf Abwägungsfehlern (dazu II.), die zur Unwirksamkeit auch der Reglungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 führen, die Regelungen für das übrige Plangebiet aber unberührt lassen (dazu III.).
I.
25 
Die als private Grünfläche „Gartenbau“ (PG 2) ausgewiesene Fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers ist nicht durch § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB als Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Da die Antragsgegnerin ihr gesamtes Grünflächenkonzept (PG 1 und PG 2) nur auf § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB gestützt hat, erkennbar also durchweg „Grünflächen“ und nicht etwa sonstige Freihalteflächen festsetzen wollte, ist es dem Senat verwehrt, eine Parallelprüfung anhand alternativ denkbare Rechtsgrundlagen vorzunehmen (etwa: § 9 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 18 a oder Nr. 25 BauGB). Dies würde die Absichten des Gemeinderats verfälschen, der „Überlagerungen“ bzw. „Doppelungen“ mit anderen Ermächtigungsnormen und deren Zielen ersichtlich nicht gewollt hat (zur Möglichkeit solcher „sich überlagernder“ Festsetzungen vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.12.1998 - 10a D 186/96.NE -, BRS 60 Nr. 21; BVerwG, Beschluss vom 24.04.1991 - 4 NB 24.90 -, NVwZ 1991, 877 ff; zur Ausweisung einer privaten Grünanlage mit gleichzeitigem Bauverbot nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 24.11.1993 - 3 S 1631/91 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 10).
26 
1. Bei Festsetzung einer Grünfläche muss außer der Bestimmung ihrer Privat- oder Gemeinnützigkeit eine Entscheidung über die Zweckbestimmung getroffen werden. Der Verwendungszweck ist dabei im Regelfall bereits im Einzelnen anzugeben (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 57; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 9 Rdnr. 127 f). Hierbei ist der Begriff „Grünfläche“ lediglich als Oberbegriff zu verstehen. Dieser reicht für eine Konkretisierung nur insoweit aus, als er die Anlage, Unterhaltung und „zweckfreie“ Nutzung einer lediglich begrünten Fläche gestattet. Ist eine Anlage (auch) mit anderer Zweckbestimmung geplant, so muss diese Zweckbestimmung, also der spezielle Nutzungszweck, konkret bezeichnet werden (BVerwG, Urteil vom 16.02.1973 - 4 C 66.69 -, NJW 1973, 588; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 128). Der spezielle Nutzungszweck darf sodann die Grenzen der Nutzungsart „Grünfläche“ nicht überschreiten. „Grünflächen“ sind nur solche Flächen, die grundsätzlich frei von Bebauung, insbesondere mit geschlossenen Gebäuden, sind und die durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene oder zumindest dem Aufenthalt im Freien dienende Flächen geprägt werden (so zutreffend Sächs. OVG, Beschluss vom 05.03.2002 - 1 D 18/00 -, Sächs.VBl. 2002, 245 ff. m.w.N.). Aus dieser Umschreibung folgt, dass bauliche Anlagen und sonstige Einrichtungen, die der Zweckbestimmung der jeweiligen Grünfläche dienen, zwar nicht völlig ausgeschlossen sind. Sie dürfen bei einer Gesamtbetrachtung jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sein. Festsetzungen, die eine Bebauung ermöglichen, welche den Charakter einer Grünfläche maßgeblich prägt und damit verfälscht, scheiden damit aus (so zutreffend auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 124). Für das Verhältnis der Hauptnutzung (freigehaltene Grünfläche) zu den erlaubten baulichen Anlagen kann dabei auf die Abgrenzungskriterien des § 14 Abs. 1 BauNVO zurückgegriffen werden. Die baulichen Anlagen dürfen den Rang „untergeordneter Nebenanlagen“ nicht überschreiten, d.h. sie müssen der Grünflächennutzung räumlich und funktional zu- und untergeordnet sein (zu diesen Kriterien vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 Rdnr. 3 m.w.N.). In diesem Zusammenhang muss auch stets geprüft werden, ob der Plangeber in Wirklichkeit nicht eine andere Regelungsmaterie aus dem Katalog des § 9 Abs. 1 BauGB „im Gewand“ einer Grünflächenplanung umsetzen will. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ermächtigt nämlich nicht zur Festsetzung teilweise „begrünter“ Flächen, die im Schwerpunkt jedoch einen anderen Zweck verfolgen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 122). Insbesondere ist dabei die Abgrenzung zwischen einer Grünfläche und einem „begrünten“ Sondergebiet in den Blick zu nehmen.
27 
2. Gemessen daran sind die Festsetzungen zu der privaten Grünfläche PG 2 auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers mit § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nicht vereinbar.
28 
a) Zwar dürften die Festsetzungen hinreichend bestimmt sein. Als besondere Zweckbestimmung (spezieller Nutzungszweck) ist die Nutzung „Gartenbau“ angegeben (vgl. Einschrieb im Plan sowie Überschrift in 1.1.2 des Textteils). Im Textteil heißt es ergänzend, dass „Gartenbau zugelassen“ ist. Damit wird klargestellt, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wie bisher als eine dem Betrieb des Antragstellers dienende Freilandfläche zum Anpflanzen von Zier- und Nutzpflanzen genutzt werden darf. Insoweit dürfte es sich wohl noch um eine - weil von baulichen Anlagen freie und durchgehend bepflanzte - „Grünfläche“ handeln. Der Umstand, dass es sich um keine „wertfreie“ auf optisch-landschaftliche Reize ausgerichtete Fläche, sondern um eine der Gewinnerzielung dienende „Begrünung“ handelt, dürfte für die hier gebotene objektiv-städtebauliche Bewertung nicht entscheidend sein; dies zeigt auch die Erwähnung von Zeltplätzen im Beispielskatalog des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, die sowohl gemeinnützig als auch gewerblich geführt werden können (in diesem Sinne auch BayVGH, NK-Urteil vom 04.05.1998 - 15 N 96.2535 -, juris).
29 
b) Einer abschließenden Beurteilung, welche Rechtsqualität eine in den Betrieb integrierte Freilandfläche ohne weitere Nutzungsmöglichkeiten hätte, bedarf es indessen nicht. Denn der Bebauungsplan lässt es zu, dass die gesamte „private Grünfläche Gartenbau zu max. 50 % mit Gewächshäusern überbaut werden darf“. Nach dem Plan dürfen damit Gewächshäuser an beliebiger Stelle und in unterschiedlicher Größe, wenn auch nur mit einer Firsthöhe bis zu 4 m, errichtet werden und diese Gebäude (zum Begriff vgl. § 2 Abs. 2 LBO) dürfen den als Grünfläche festgesetzten Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 (PG 2) bis zur Hälfte überdecken. Die hälftige Überbauungsmöglichkeit dürfte sich, ohne dass dies letztlich ausschlaggebend ist, auf die Gesamtfläche des Grundstücks beziehen („große“ Ausnutzbarkeit). Hätte der Satzungsgeber nur auf die tatsächlich bebaubare - kleinere - Fläche als Berechnungsgrundlage abstellen wollen (etwa: Abzug des 10 m - Freihaltestreifens nach § 8 Abs. 1 BestattG, „kleine“ Ausnutzbarkeit), hätte diese Einschränkung im Text zum Ausdruck kommen müssen. Damit lässt es der Bebauungsplan wohl zu, dass auf dem ca. 3.060 qm großen Grünflächenareal Gewächshäuser mit einer Grundfläche bis zu ca. 1.530 qm erstellt werden dürfen. Dies bedeutet, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 bei Ausnutzung aller Möglichkeiten sehr dicht bebaut werden kann. Von einer nach dem räumlich-optischen Erscheinungsbild nur unwesentlichen oder gar untergeordneten Bebauung kann bei dieser Größenordnung und Dichte nicht mehr die Rede sein. Auch bei der nur „kleinen“ Ausnutzbarkeit würden die Gewächshäuser den Umfang von gegenüber der Hauptnutzung „Grünfläche“ untergeordneten Nebenanlagen bei weitem überschreiten. Dies räumt auch die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung ein. Für das quantitativ prägende Gewicht der zugelassenen Bebauung mit Gewächshäusern spricht ferner, dass damit (Grundflächenzahl von 0,5) verdichteter gebaut werden darf als es die BauNVO für die umgebenden Wohngebiete vorsieht. Die gebotene optisch-räumliche Unterordnung der Gewächshäuser wird auch nicht dadurch hergestellt, dass diese im First „nur“ 4 m hoch sein dürfen und nicht gemauert, sondern aus durchsichtigem Glas gefertigt sind. Es sind und bleiben oberirdische, raumgreifende Anlagen, die sich auch dann gegenüber den grünen Freiflächen optisch und funktional in den Vordergrund drängen. Zwar „passen“ die Gewächshäuser funktional zur Zweckbestimmung „Gartenbau“. Bei der hier zulässigen Massierung gewinnt aber eine andere Zweckbestimmung die Oberhand. Entstehen wird in Wirklichkeit keine „Grünfläche Gartenbau“ (mehr), sondern stattdessen ein „begrüntes“ Sondergebiet für Gewächshäuser und Freilandflächen. Dieses überschreitet die Bandbreite des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB jedoch deutlich und könnte nur auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden (zur Wandlung einer Grünfläche in eine als Sondergebiet zu qualifizierende „grüne“ gewerbliche Ausstellungsfläche vgl. auch Niedersächs. OVG, Urteil vom 30.10.1986 - 6 C 20/85 -, BRS 46 Nr. 23). Mit den in einem Sondergebiet verfügbaren rechtlichen Instrumentarien könnten die von der Antragsgegnerin mit der „Grünfläche“ verbundenen Planziele auch sachgerecht und differenziert umgesetzt werden; die Lage und Dichte der Bebauung mit Gewächshäusern ließe sich differenziert über Regelungen zum Maß (GRZ, Grundfläche) und zur überbaubaren Grundstücksfläche (Baufenster) regeln.
II.
30 
Bei der Festsetzung der privaten Grünfläche PG 2 und des Sondergebiets SO 2 (betriebsbezogenes Wohnen “Gartenbau“) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sind der Antragsgegnerin zudem in mehrfacher Hinsicht Abwägungsfehler unterlaufen. Der Bebauungsplan verstößt insofern gegen § 1 Abs. 6 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.). Danach sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
31 
Diesen Anforderungen wird der Bebauungsplan schon im Abwägungsvorgang nicht gerecht. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die Ausgangslage bei Festsetzung der privaten Grünfläche und bei der Beschränkung im SO 2 auf (nur) betriebsbezogenes Wohnen in mehrfacher Hinsicht rechtlich unzutreffend und infolgedessen auch unvollständig beurteilt.
32 
1. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist davon ausgegangen, das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei ausnahmsweise „auf besonderen Wunsch“ der Grundstückseigentümer bzw. als „besonderes Zugeständnis“ an diese und „im Vorgriff auf diesen Bebauungsplan“ genehmigt worden (Begründung S. 4; Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen S. 2). Dieser auch vom Antragsteller gerügte Ansatz ist nicht zutreffend. Tatsächlich war die Baugenehmigung vom 30.10.2001 für das Wohnhaus völlig unabhängig vom späteren Bebauungsplan. Sie war mit diesem weder verfahrens- noch materiellrechtlich verknüpft. Die Voraussetzungen einer „vorgezogenen“ Baugenehmigung nach § 33 BauGB lagen nicht vor. Weder war die formelle Planreife nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erreicht noch hatten die Bauherrn eine den Planvorstellungen entsprechende eingeschränkte „betriebliche“ Nutzung anerkannt (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB). Die Baugenehmigung wurde von der Stadt Rastatt vielmehr unabhängig vom späteren Bebauungsplan „nach § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch“ erteilt, weil sie zu Recht von einer Innenbereichslage des Baugrundstücks (Nordwestecke des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1) ausging. Ausweislich der vorliegenden Pläne und Fotos haben dieses Baugrundstück und (jedenfalls) der sich nach Süden anschließende vordere Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 teil am Bebauungszusammenhang mit der vorhandenen Bebauung im Norden (Betriebsgebäude der Gärtnerei) und im Westen (Wohnhäuser des Plangebiets „Breit-Eich“); der Bebauungszusammenhang endet hier nicht mit den jeweils letzten Gebäuden dieser Bestandsbebauung. Nach Süden hin ist das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 noch in den Bebauungszusammenhang mit dem Kindergartengebäude Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 eingebettet. Dieses 1998 genehmigte Gebäude prägt in seinen Dimensionen und seiner Lage den Bereich zwischen dem westlich anschließenden Wohngebiet „Breit-Eich“ und dem südlich angrenzenden Wohngebiet „Steinäcker I“ maßgeblich. Diese Prägung strahlt nach Norden aus und schlägt eine Brücke über die Neue Friedhofsstraße hinweg in Richtung Gartenbetrieb und Wohnhaus des Antragstellers. Die in der Flucht zwischen Kindergarten und Wohnhaus des Antragstellers liegenden Freiflächen von ca. 50 m Breite ( = 2 bis 3 Bauplätze) stellten sich bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans als Baulücken dar, auf denen Wohnbebauung zulässig war. Auch die Erschließung war gesichert (Neue Friedhofstraße einerseits, durch Baulast gesicherter Weg über das Betriebsgrundstück des Antragstellers andererseits) oder hätte gesichert werden können. Davon sind auch die Baugenehmigungsbehörde und wohl auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem Abgabenrechtsstreit zwischen den Eheleuten ... und der Antragsgegnerin (3 K 3020/03) ausgegangen, wie der am 07.04.2005 geschlossene Vergleich zeigt (vgl. Bl. 94/95 der Baugenehmigungsakten). Auch die Verwaltung der Antragsgegnerin ist von der Innenbereichsqualität des Baugrundstücks und von der Zulässigkeit von Wohnbebauung ausgegangen (vgl. Vorlage TOP 1, 2 für die Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am 17.07.2001). Auf sich beruhen kann die Frage, ob das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 zusätzlich auch von Osten her am Bebauungszusammenhang mit dem Baugebiet „Steinäcker II“ teilhat oder ob der dazwischen liegende Friedhof mangels städtebaulich relevanter „Bebauung“ für einen solchen Brückenschlag ungeeignet ist (so teilweise die Rechtsprechung zu Friedhöfen in - hier nicht gegebener - Ortsrandlage, vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2004 - 1 A 11591/04 -, BauR 2005, 586 ff.).
33 
Nach all dem hatte der Antragsteller, da sich das Wohnhaus nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Umgebungsbebauung einfügte, seinerzeit einen Anspruch auf uneingeschränkte Genehmigung des Wohnhauses im heutigen SO 2 nach § 34 Abs. 1 BauGB. So sah es auch die Stadt Rastatt und hat demgemäß von einer Nutzungsbeschränkung auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen abgesehen. Eine derartige Beschränkung ist nur in Gebieten zulässig oder geboten, die prägende Merkmale eines Gewerbe- oder Industriegebiets aufweisen (vgl. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Die Baugenehmigung vom 30.10.2001 beruhte daher nicht auf „Zugeständnissen“ an den Antragsteller, sondern musste nach § 58 Abs. 1 LBO kraft Gesetzes erteilt werden. Darüber hinaus besaßen zumindest die südlich an das SO 2 anschließenden Teilflächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Baulandqualität. Beide Umstände, die der Antragsteller im Verfahren auch geltend gemacht hat, hat der Gemeinderat verkannt. Er hat mithin die Ausgangslage für das Sondergebietskonzept falsch eingeschätzt und die Folgen der Grünflächenausweisung für das Grundeigentum des Antragstellers (Entzug von Bauland) nicht mit dem gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
34 
2. Der Gemeinderat durfte die nachteiligen Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 auch nicht etwa deswegen aus der Abwägung ausblenden, weil sich die Eheleute ... in der Vereinbarung vom 20.09.2001 u.a. verpflichtet hatten, dieses Grundstück nur mit einem - dem später genehmigten - Wohnhaus zu bebauen und jegliche „weitere Verringerung des Grundstücks zum Zwecke der Wohnbebauung“ auszuschließen.
35 
a) Es ist bereits fraglich, ob die Antragsgegnerin diese Vereinbarung seinerzeit selbst als verbindlich ansah und sie durchsetzen wollte. Denn zum Einen hat sie bis heute nicht auf Sicherung der Zusagen der Eheleute ... durch Grunddienstbarkeit gedrängt und zum Anderen hat der Bürgermeister in der Folgezeit im Zuge von Nachverhandlungen den Eheleuten ... zwei teilweise geänderte Vertragsentwürfe angeboten (vgl. die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgelegen Unterlagen).
36 
b) Jedenfalls ist die Vereinbarung vom 20.09.2001 jedoch nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG nichtig. Diese Vorschrift ist anwendbar, da es sich bei der Vereinbarung vom 20.09.2001 nach ihrem Inhalt - unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien - um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelte. Die Vereinbarung bezog sich auf Gegenstände, die in Normen des öffentlichen Rechts geregelt sind. Sie stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB für die Erteilung der Baugenehmigung des Wohnhauses erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens. Dies ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf und der Behandlung der Vereinbarung im Gemeinderat der Antragsgegnerin. Der Gemeinderat hatte in der Sitzung am 24.07.2001 zunächst zwar sein grundsätzliches Einverständnis zu dem beantragten Wohnhausneubau erklärt. Er stellte eine endgültige Entscheidung aber zurück, um gegen den Bauantrag aufgekommene Bedenken von Gemeinderatsmitgliedern mit dem Antragsteller zu klären (vgl. Sitzungsprotokoll, S.15 f.). Nachdem in den folgenden Wochen der Inhalt der „Vereinbarung über die künftige Gesamtnutzung des Grundstücks für die Erwerbsgärtnerei und für Wohnbauzwecke“ festgelegt war, stimmte der Gemeinderat in der Sitzung am 17.09.2001 dem Wohnbauvorhaben endgültig zu (vgl. Sitzungsprotokoll).
37 
Die Vereinbarung vom 20.09.2001 mit ihrem am 17.09.2001 feststehenden Inhalt war aus Sicht der Antragsgegnerin mithin eine Gegenleistung, jedenfalls aber eine „Bedingung“ für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Die in §§ 2 und 3 übernommenen Verpflichtungen der Eheleute... wurden vom Gemeinderat mit anderen Worten für erforderlich und gerechtfertigt gehalten, um einer positiven Einvernehmenserteilung entgegenstehende Hindernisse auszuräumen (zu einem solchen Vertrag im Rahmen des § 36 BauGB vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 54 Rn. 34). Diese öffentlichrechtliche „causa“ der Vereinbarung (zu diesem Begriff siehe auch Kopp/Ramsauer, a.a.O.) war auch den Eheleuten ... bewusst und ist damit gemeinsame Vertragsgrundlage geworden. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 ist damit als öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag nach §§ 54 Satz 1, 56 LVwVfG zu qualifizieren. Die „Leistung“ der Antragsgegnerin bestand darin, den Weg für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB frei zu machen, als „Gegenleistung“ verpflichteten sich die Eheleute..., das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 nur mit dem zu genehmigende Wohnhaus zu bebauen und es im Übrigen unter Verzicht auf weitere Wohnbebauung nur erwerbsgärtnerisch zu nutzen (§ 2). Auch bezüglich der Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 gingen die Eheleute ... erhebliche Verpflichtungen ein, indem sie sich bereit erklärten, es im Wesentlichen nur im bisherigen Umfang gewerblich zu verwenden und von jeglicher Wohnbebauung abzusehen (§ 3).
38 
c) Mit diesem Inhalt hat die Vereinbarung keinen rechtlichen Bestand. Sie ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nichtig, weil sich die Antragsgegnerin eine nach § 56 LVwVfG unzulässige Gegenleistung hat zusagen lassen. Vieles spricht dafür, dass die den Eheleuten ... abverlangten erheblichen Nutzungseinschränkungen beider Grundstücke schon nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG unzulässig waren, weil sie den Umständen gemäß Unangemessenes verlangten und - jedenfalls bezüglich der Verzichtsregelungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 - in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Zustimmung zum Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück standen. Jedenfalls erfüllten die von den Eheleuten ... als „Gegenleistung“ verlangten Nutzungsverzichte aber die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 LVwVfG. Denn auf die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB hatten die Bauherrn, wie dargelegt, einen uneingeschränkten Anspruch. Der Gemeinderat hätte daher sein Einvernehmen auch ohne Vorbedingungen erteilen müssen. Die Mitwirkung der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 Abs. 1 BauGB beruht zwar auf der kommunalen Planungshoheit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Gemeinde dabei ein Ermessen oder eine sonstige Entscheidungsfreiheit zusteht, wie § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausdrücklich klarstellt. Insbesondere ist es der Gemeinde, was die Antragsgegnerin hier wohl verkannt hat, verwehrt, ihr Einvernehmen deswegen zu versagen oder von Änderungen eines Vorhabens abhängig zu mache, weil dieses ihren Planungsvorstellungen nicht entspricht (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 17.06.2003 - 4 B 14.03 -, ZfBR 2003, 695; Roeser in Berliner Komm. zum BauGB, § 36 Rn. 13; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. § 36 Rn 12 m.w.N.).
39 
3. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 war darüber hinaus auch aus einem zweiten (zusätzlichen) Grund für das Einvernehmen der Gemeinde rechtlich bedeutungslos. Dies ergibt sich aus der Fiktionsvorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, wonach das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Bauantrags bei der Gemeinde verweigert wird. Vorliegend wurde der Bauantrag am 21.06.2001 entsprechend dem nach § 52 LBO im Land Baden-Württemberg vorgeschriebenen Verfahren bei der Gemeinde eingereicht. An diesem Tag begann die Einvernehmensfrist zu laufen und endete nach § 31 LVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 21.08.2001. Bis zu diesem Tag war der Baurechtsbehörde, der Stadt Rastatt, keine Erklärung der Antragsgegnerin zugegangen, dass das Einvernehmen versagt werde. Eine Erklärung dieses Inhalts hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin erst unter dem 01.10.2001 (Eingang am 02.10.2001) - und damit verspätet - abgegeben, wobei anzumerken ist, dass diese Erklärung der innergemeindlichen Beschlusslage widersprach, da der Gemeinderat, wie dargelegt, bereits in seiner Sitzung am 27.09. 2001 einstimmig sein Einvernehmen erklärt hatte.
40 
Für den Ablauf der Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB unerheblich ist, ob die bei der Gemeinde eingereichten Bauvorlagen von Anfang an vollständig waren, was wohl zu verneinen ist (vgl. Schreiben der Stadt Rastatt an den Antragsteller vom 03.07.2001, Bl. 30 der Baugenehmigungsakte). Zwar will der Gesetzgeber mit dem Einvernehmenserfordernis in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB den Gemeinden eine Entscheidung auf der Grundlage planungsrechtlich vollständiger Antragsunterlagen ermöglichen. Die Gemeinde hat jedoch die Obliegenheit, im Rahmen der ihr durch das Landesrecht eröffneten Möglichkeiten innerhalb der zweimonatigen Einvernehmensfrist gegenüber dem Bauherrn oder der Baurechtsbehörde auf die Vervollständigung des Bauantrags hinzuwirken. Kommt sie dieser Mitwirkungslast nicht nach, gilt ihr Einvernehmen auch bei Unvollständigkeit der Bauvorlagen nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB als erteilt (zu all dem - auf der Grundlage baden-württembergischen Landesrechts - BVerwG, Urteil vom 16.09.2004 - 4 C 7.03 -, NVwZ 2005, 213 ff.; anders noch VGH Bad.-Württ. im zugrunde liegenden Urteil vom 07.02.2003 - 8 S 2563/02 -, ESVGH 53, 190 f. = BauR 2003, 625 ff. ). Eine derartige Unvollständigkeitsrüge hat die Antragsgegnerin während der Zweimonatsfrist aber weder gegenüber dem Antragsteller noch gegenüber der Baugenehmigungsbehörde erhoben. Sie muss sich daher an dem am 21.08.2001 erfolgten Fristablauf festhalten lassen. Sollte die Erklärung des Bürgermeisters vom 01.10.2001 als Widerruf des fiktiven Einvernehmens zu verstehen sein, wäre sie mit diesem Inhalt unwirksam. Eine nachträgliche Beseitigung der Rechtswirkungen der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB durch Widerruf, Rücknahme oder Anfechtung ist aus Gründen der Rechtssicherheit ausgeschlossen (vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 24.95 -, NVwZ 1997, 900 f.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.03.2002 - 1 M 6/02 -, NVwZ-RR 2002, 821 ff.).
41 
4. Daraus, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 in seiner genehmigten Nutzung zum „allgemeinen“ Wohnen sowohl formellen als auch materiellen Bestandsschutz genießt, ergeben sich nachteilige Folgen für die Umsetzung des Planziels, dieses Wohnhaus rechtlich und wirtschaftlich mit dem Gartenbaubetrieb zu verknüpfen. Auch mit diesem Umstand hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin sich bei der Abwägung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der Bestandsschutz dürfte noch auf längere Zeit fortbestehen, Anhaltspunkte für seine Beendigung (hierfür wäre ein Austausch der schutzwürdigen Bausubstanz - Identitätswechsel - oder die Aufgabe der bisherigen Nutzung erforderlich, vgl. im einzelnen Sauter, LBO, § 65 Rn.14a -14e) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies bedeutet nicht nur, dass der Antragsteller mit seiner Familie auch bei einer Betriebsaufgabe oder -verpachtung im Wohnhaus verbleiben, sondern dieses jederzeit auch an dritte Personen zur Wohnnutzung verkaufen könnte, die mit dem Betrieb in keinerlei Beziehung stehen. Denn der Bestandsschutz ist nicht personengebunden, sondern steht als ein aus dem Eigentum fließendes Recht dem jeweiligen Eigentümer, also auch dem Rechtsnachfolger, zu (Sauter a.a.O., Rn. 14e); gleichermaßen gehen die Rechte aus der Baugenehmigung nach § 58 Abs. 2 LBO auf den Rechtsnachfolger über. Damit kann der angestrebte Verbund von Betrieb und Wohnhaus jedenfalls auf längere Zeit nicht gewährleistet werden.
III.
42 
Die dargestellten Fehler im Abwägungsvorgang (Verkennung der uneingeschränkten Zulässigkeit des Wohnhauses nach § 34 Abs. 1 BauGB und der Baulandqualität der übrigen vorderen Flächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1, Nichtberücksichtigung bzw. Fehleinschätzung der Rechtslage beim Einvernehmen, unzureichende Auseinandersetzung mit den Folgen des umfassenden Bestandsschutzes der Baugenehmigung für die Verwirklichung der Planziele) sind auch nach § 214 Abs. 3 BauGB erheblich. Sie sind sowohl offensichtlich als auch in ihrer Gesamtheit für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Der Senat hat keinen Zweifel an der konkreten Möglichkeit dass der Gemeinderat bei Vermeidung der rechtlichen Fehleinschätzungen und voller Berücksichtigung der privaten Eigentumsbelange des Antragstellers sowie in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Grünflächenfestsetzung eine andere, dem Antragsteller potenziell günstigere Entscheidung für das SO 1 auf dem Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1, für das SO 2 und die Frei(land)fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 und bezüglich der Verknüpfung beider Grundstücke getroffen oder dass er von einer Überplanung dieser Grundstücke möglicherweise überhaupt abgesehen hätte.
43 
Darauf, ob die einschränkenden Festsetzungen auf den Grundstücken des Antragstellers sich (auf dem Hintergrund der oben dargelegten rechtlichen Ausgangslage) im Ergebnis aufrecht erhalten ließen, ob sie insbesondere verhältnismäßig wären, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass insoweit erhebliche Zweifel bestehen. Insbesondere dürfte das Planziel, den Bereich um den Friedhof im bisherigen Umfang von Bebauung freizuhalten, es schwerlich rechtfertigen, dem Antragsteller die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 in der Flucht seines Wohnhauses vorzuenthalten. Denn auch wenn das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 „in erster Reihe“ bebaut wäre, wäre im Rücken der Bebauung noch ein Geländestreifen von ca. 25 m Tiefe frei, was in etwa der Tiefe der übrigen (öffentlichen) Grünflächen auf der Süd- und Ostseite entspricht und immerhin noch das Zweieinhalbfache des Mindestabstands nach § 8 Abs. 1 BestattG von 10 m ausmacht. Zudem ist das „Freihaltekonzept“ auf der Westseite des Friedhofs durch das Gebäude des Kindergartens bereits deutlich relativiert.
44 
Die Unwirksamkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers führt nicht auch zur Nichtigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans auf den übrigen, im Wesentlichen im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden und öffentlichen bzw. Gemeinbedarfszwecken gewidmeten Grundstücken. Diese Regelungen sind vom Plankonzept für den Gartenbaubetrieb und für das Wohnhaus des Antragstellers klar abtrennbar und ergeben auch ohne diese Regelungen eine für sich sinnvolle städtebauliche Ordnung (Absicherung der öffentlichen Grünflächen und Gemeinbedarfsanlagen, Erhalt des Parkplatzes, zeitgemäße Verschmälerung der ... mit gleichzeitiger Schaffung von Längsparkplätzen). Auch das Ziel, die Gartenflächen im äußersten Westen des Plangebiets als Grünflächen (PG 1) zu erhalten, hat selbstständigen Bestand. Nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen - und von den Vertretern der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bestätigten - Willen hätte der Gemeinderat im Zweifel den Bebauungsplan für diese „Restgebiete“ mit gleichem Inhalt beschlossen (zu diesen Voraussetzungen der Teilnichtigkeit vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris).
C.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Aus den bereits oben bei Behandlung des Rechtsschutzinteresses genannten Gründen besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller im Hinblick auf die nur teilweise Plannichtigkeit einen Teil der Kosten aufzuerlegen, da er im kostenrechtlichen Sinn nicht „unterlegen“ ist.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je Grundstück 10.000,-- EUR).
49 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
16 
Der Antrag des Antragstellers ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt:
I.
17 
Der Antragsteller hat seinen Antrag noch innerhalb der vorgeschriebenen Frist gestellt. Maßgeblich ist hierbei nach § 195 Abs. 7 VwGO die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis Ende 2006 geltenden Fassung, da der Bebauungsplan vor dem 01.01.2007 bekannt gemacht worden ist. Die Antragsfrist betrug nach dem BauGB 1998 zwei Jahre ab Bekanntgabe der Satzung. Da der Bebauungsplan vorliegend am 25.08.2005 im Gemeindeanzeiger Ötigheim bekannt gemacht wurde und der Normenkontrollantrag am 31.07.2007 bei Gericht einging, ist die Frist gewahrt.
II.
18 
Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Er kann geltend machen, durch den Bebauungsplan in seinen Rechten verletzt zu werden. Der Antragsteller ist Eigentümer von zwei Grundstücken im Plangebiet. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung seines Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Der Antragsteller wendet sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar seine Grundstücke betreffen. Er beanstandet, dass die Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 nach Art der baulichen Nutzung auf ein Sondergebiet für Gartenbaubetriebe, Handel mit Pflanzen, Blumen u.ä. Produkte (SO 1) beschränkt wird und sonstige Nutzungen, insbesondere Wohnnutzung, ausgeschlossen sind. Ferner greift der Antragsteller die ebenfalls eingeschränkte Nutzbarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 als lediglich private Grünfläche mit zu geringen Gewächshausgrößen und nur zum „betrieblichen Wohnen“ (SO 2) an und rügt den Entzug bisher bestehender Bebauungsmöglichkeiten. Der Antragsteller trägt damit substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass er durch die Einschränkung der Bebaubarkeit seiner Grundstücke in seinem Grundeigentum verletzt ist (st. Rechtspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732) und eine solche Rechtsverletzung ist auch tatsächlich gegeben (dazu nachfolgend B.).
III.
19 
Schließlich kann dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzinteresse auch insoweit nicht abgesprochen werden, als er den Bebauungsplan in seinem gesamten räumlichen Geltungsbereich angreift. Zwar ist der Bebauungsplan hinsichtlich der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers von den Festsetzungen für das übrige Plangebiet abtrennbar, weil letztere auch für sich betrachtet noch städtebaulich sinnvoll sind und vom Gemeinderat im Zweifel auch isoliert in gleicher Weise so beschlossen worden wären, was dazu führt, dass der Bebauungsplan nur für teilweise unwirksam zu erklären ist (dazu unten, zur Teilnichtigkeit vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris und vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, NVwZ 1994, 271 f.). Dieser Umstand der Teilbarkeit des Bebauungsplans „Erweiterung Breit-Eich“ macht den Normenkontrollantrag aber nicht teilweise unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es vielmehr, dass ein Antragsteller substantiiert geltend machen kann, durch den Bebauungsplan insgesamt in seinen Rechten verletzt zu werden. Er muss darüber hinaus nicht auch noch darlegen, inwieweit sich die geltend gemachten Rechtsfehler nur partiell auf den Plan auswirken. Damit würden die Anforderungen überspannt. Das Rechtsschutzinteresse entfällt ausnahmsweise nur dann, wenn ein Antragsteller ihn sachlich oder räumlich nicht berührende Regelungen eines Bebauungsplans mit einbezieht, obwohl sich diese schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für ihn erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans darstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 -, NVwZ 1992, 373). Von einer derart offensichtlichen Eigenständigkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers einerseits und der Festsetzungen für den Friedhof und dessen Umfeld andererseits kann hier aber nicht ausgegangen werden. Denn die Regelungen für beide Planbereiche waren zumindest teilweise durch das gemeinsame Planziel verklammert, die bestehenden Freiräume und „friedhofskonformen“ Nutzungsstrukturen zu erhalten und abzusichern.
B.
20 
Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
21 
Gegen die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanverfahrens sind rechtserhebliche Bedenken nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
22 
Der Senat geht ferner davon aus, dass der Bebauungsplan jedenfalls nicht in beachtlicher Weise gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt. Zwar weichen die Festsetzungen im westlichen Plangebiet (Sondergebiet SO 2 und Gemeinbedarfsfläche für den Kindergarten) teilweise von den Darstellungen des beim Satzungsbeschluss geltenden Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt (2. Änderung) von 1997 ab, der hier eine Grünfläche vorsieht. Diese Abweichung beeinträchtigt aber inhaltlich, vor allem aber räumlich noch nicht die sich aus dem Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung und beeinflusst die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB damit nicht (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.2002 - 5 S 2687/00 -, BauR 2003, 1001; BVerwG, Urteil vom 26.01.1999 - 4 CN 6.98 -, juris).
23 
Des weiteren erscheint der Bebauungsplan unter Zurückstellung von Rechtszweifeln auch nach dem nur groben Maßstab des § 1 Abs. 3 BauGB noch erforderlich, da der Plangeber mit ihm städtebaulich ableitbare Ziele verfolgt (Freihaltung des Friedhofsumfeldes, Beschränkung der gewerblichen Nutzung sowie Ausschluss zusätzlicher Wohnbebauung aus Gründen der Ortsbilderhaltung und des Schutzes der Totenruhe, Absicherung des Kindergartens für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung; Festlegung der Parkplätze für Friedhofsbesucher, Anlegung von Längsparkplätzen und Haltebuchten an der ... aus Gründen des Verkehrs, Erhalt der Parkanlagen und Grünflächen zwecks Landschaftsschutzes), wobei das Ziel einer Koppelung von Gartenbaubetrieb mit dem „betriebsbezogenen“ Wohnen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wegen des Bestandsschutzes der Baugenehmigung vom 30.10.2001 allerdings nur sehr eingeschränkt zu realisieren ist (dazu noch unten).
24 
Einer abschließenden Klärung dieser Fragen bedarf es jedoch nicht. Denn für die Festsetzung der privaten Grünfläche (PG 2) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 fehlt es an einer Rechtsgrundlage (dazu I.). Diese Festsetzung beruht ferner, ebenso wie die Einschränkung des Sondergebiets SO 2 auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen, auf Abwägungsfehlern (dazu II.), die zur Unwirksamkeit auch der Reglungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 führen, die Regelungen für das übrige Plangebiet aber unberührt lassen (dazu III.).
I.
25 
Die als private Grünfläche „Gartenbau“ (PG 2) ausgewiesene Fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers ist nicht durch § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB als Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Da die Antragsgegnerin ihr gesamtes Grünflächenkonzept (PG 1 und PG 2) nur auf § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB gestützt hat, erkennbar also durchweg „Grünflächen“ und nicht etwa sonstige Freihalteflächen festsetzen wollte, ist es dem Senat verwehrt, eine Parallelprüfung anhand alternativ denkbare Rechtsgrundlagen vorzunehmen (etwa: § 9 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 18 a oder Nr. 25 BauGB). Dies würde die Absichten des Gemeinderats verfälschen, der „Überlagerungen“ bzw. „Doppelungen“ mit anderen Ermächtigungsnormen und deren Zielen ersichtlich nicht gewollt hat (zur Möglichkeit solcher „sich überlagernder“ Festsetzungen vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.12.1998 - 10a D 186/96.NE -, BRS 60 Nr. 21; BVerwG, Beschluss vom 24.04.1991 - 4 NB 24.90 -, NVwZ 1991, 877 ff; zur Ausweisung einer privaten Grünanlage mit gleichzeitigem Bauverbot nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 24.11.1993 - 3 S 1631/91 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 10).
26 
1. Bei Festsetzung einer Grünfläche muss außer der Bestimmung ihrer Privat- oder Gemeinnützigkeit eine Entscheidung über die Zweckbestimmung getroffen werden. Der Verwendungszweck ist dabei im Regelfall bereits im Einzelnen anzugeben (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 57; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 9 Rdnr. 127 f). Hierbei ist der Begriff „Grünfläche“ lediglich als Oberbegriff zu verstehen. Dieser reicht für eine Konkretisierung nur insoweit aus, als er die Anlage, Unterhaltung und „zweckfreie“ Nutzung einer lediglich begrünten Fläche gestattet. Ist eine Anlage (auch) mit anderer Zweckbestimmung geplant, so muss diese Zweckbestimmung, also der spezielle Nutzungszweck, konkret bezeichnet werden (BVerwG, Urteil vom 16.02.1973 - 4 C 66.69 -, NJW 1973, 588; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 128). Der spezielle Nutzungszweck darf sodann die Grenzen der Nutzungsart „Grünfläche“ nicht überschreiten. „Grünflächen“ sind nur solche Flächen, die grundsätzlich frei von Bebauung, insbesondere mit geschlossenen Gebäuden, sind und die durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene oder zumindest dem Aufenthalt im Freien dienende Flächen geprägt werden (so zutreffend Sächs. OVG, Beschluss vom 05.03.2002 - 1 D 18/00 -, Sächs.VBl. 2002, 245 ff. m.w.N.). Aus dieser Umschreibung folgt, dass bauliche Anlagen und sonstige Einrichtungen, die der Zweckbestimmung der jeweiligen Grünfläche dienen, zwar nicht völlig ausgeschlossen sind. Sie dürfen bei einer Gesamtbetrachtung jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sein. Festsetzungen, die eine Bebauung ermöglichen, welche den Charakter einer Grünfläche maßgeblich prägt und damit verfälscht, scheiden damit aus (so zutreffend auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 124). Für das Verhältnis der Hauptnutzung (freigehaltene Grünfläche) zu den erlaubten baulichen Anlagen kann dabei auf die Abgrenzungskriterien des § 14 Abs. 1 BauNVO zurückgegriffen werden. Die baulichen Anlagen dürfen den Rang „untergeordneter Nebenanlagen“ nicht überschreiten, d.h. sie müssen der Grünflächennutzung räumlich und funktional zu- und untergeordnet sein (zu diesen Kriterien vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 Rdnr. 3 m.w.N.). In diesem Zusammenhang muss auch stets geprüft werden, ob der Plangeber in Wirklichkeit nicht eine andere Regelungsmaterie aus dem Katalog des § 9 Abs. 1 BauGB „im Gewand“ einer Grünflächenplanung umsetzen will. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ermächtigt nämlich nicht zur Festsetzung teilweise „begrünter“ Flächen, die im Schwerpunkt jedoch einen anderen Zweck verfolgen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 122). Insbesondere ist dabei die Abgrenzung zwischen einer Grünfläche und einem „begrünten“ Sondergebiet in den Blick zu nehmen.
27 
2. Gemessen daran sind die Festsetzungen zu der privaten Grünfläche PG 2 auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers mit § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nicht vereinbar.
28 
a) Zwar dürften die Festsetzungen hinreichend bestimmt sein. Als besondere Zweckbestimmung (spezieller Nutzungszweck) ist die Nutzung „Gartenbau“ angegeben (vgl. Einschrieb im Plan sowie Überschrift in 1.1.2 des Textteils). Im Textteil heißt es ergänzend, dass „Gartenbau zugelassen“ ist. Damit wird klargestellt, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wie bisher als eine dem Betrieb des Antragstellers dienende Freilandfläche zum Anpflanzen von Zier- und Nutzpflanzen genutzt werden darf. Insoweit dürfte es sich wohl noch um eine - weil von baulichen Anlagen freie und durchgehend bepflanzte - „Grünfläche“ handeln. Der Umstand, dass es sich um keine „wertfreie“ auf optisch-landschaftliche Reize ausgerichtete Fläche, sondern um eine der Gewinnerzielung dienende „Begrünung“ handelt, dürfte für die hier gebotene objektiv-städtebauliche Bewertung nicht entscheidend sein; dies zeigt auch die Erwähnung von Zeltplätzen im Beispielskatalog des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, die sowohl gemeinnützig als auch gewerblich geführt werden können (in diesem Sinne auch BayVGH, NK-Urteil vom 04.05.1998 - 15 N 96.2535 -, juris).
29 
b) Einer abschließenden Beurteilung, welche Rechtsqualität eine in den Betrieb integrierte Freilandfläche ohne weitere Nutzungsmöglichkeiten hätte, bedarf es indessen nicht. Denn der Bebauungsplan lässt es zu, dass die gesamte „private Grünfläche Gartenbau zu max. 50 % mit Gewächshäusern überbaut werden darf“. Nach dem Plan dürfen damit Gewächshäuser an beliebiger Stelle und in unterschiedlicher Größe, wenn auch nur mit einer Firsthöhe bis zu 4 m, errichtet werden und diese Gebäude (zum Begriff vgl. § 2 Abs. 2 LBO) dürfen den als Grünfläche festgesetzten Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 (PG 2) bis zur Hälfte überdecken. Die hälftige Überbauungsmöglichkeit dürfte sich, ohne dass dies letztlich ausschlaggebend ist, auf die Gesamtfläche des Grundstücks beziehen („große“ Ausnutzbarkeit). Hätte der Satzungsgeber nur auf die tatsächlich bebaubare - kleinere - Fläche als Berechnungsgrundlage abstellen wollen (etwa: Abzug des 10 m - Freihaltestreifens nach § 8 Abs. 1 BestattG, „kleine“ Ausnutzbarkeit), hätte diese Einschränkung im Text zum Ausdruck kommen müssen. Damit lässt es der Bebauungsplan wohl zu, dass auf dem ca. 3.060 qm großen Grünflächenareal Gewächshäuser mit einer Grundfläche bis zu ca. 1.530 qm erstellt werden dürfen. Dies bedeutet, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 bei Ausnutzung aller Möglichkeiten sehr dicht bebaut werden kann. Von einer nach dem räumlich-optischen Erscheinungsbild nur unwesentlichen oder gar untergeordneten Bebauung kann bei dieser Größenordnung und Dichte nicht mehr die Rede sein. Auch bei der nur „kleinen“ Ausnutzbarkeit würden die Gewächshäuser den Umfang von gegenüber der Hauptnutzung „Grünfläche“ untergeordneten Nebenanlagen bei weitem überschreiten. Dies räumt auch die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung ein. Für das quantitativ prägende Gewicht der zugelassenen Bebauung mit Gewächshäusern spricht ferner, dass damit (Grundflächenzahl von 0,5) verdichteter gebaut werden darf als es die BauNVO für die umgebenden Wohngebiete vorsieht. Die gebotene optisch-räumliche Unterordnung der Gewächshäuser wird auch nicht dadurch hergestellt, dass diese im First „nur“ 4 m hoch sein dürfen und nicht gemauert, sondern aus durchsichtigem Glas gefertigt sind. Es sind und bleiben oberirdische, raumgreifende Anlagen, die sich auch dann gegenüber den grünen Freiflächen optisch und funktional in den Vordergrund drängen. Zwar „passen“ die Gewächshäuser funktional zur Zweckbestimmung „Gartenbau“. Bei der hier zulässigen Massierung gewinnt aber eine andere Zweckbestimmung die Oberhand. Entstehen wird in Wirklichkeit keine „Grünfläche Gartenbau“ (mehr), sondern stattdessen ein „begrüntes“ Sondergebiet für Gewächshäuser und Freilandflächen. Dieses überschreitet die Bandbreite des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB jedoch deutlich und könnte nur auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden (zur Wandlung einer Grünfläche in eine als Sondergebiet zu qualifizierende „grüne“ gewerbliche Ausstellungsfläche vgl. auch Niedersächs. OVG, Urteil vom 30.10.1986 - 6 C 20/85 -, BRS 46 Nr. 23). Mit den in einem Sondergebiet verfügbaren rechtlichen Instrumentarien könnten die von der Antragsgegnerin mit der „Grünfläche“ verbundenen Planziele auch sachgerecht und differenziert umgesetzt werden; die Lage und Dichte der Bebauung mit Gewächshäusern ließe sich differenziert über Regelungen zum Maß (GRZ, Grundfläche) und zur überbaubaren Grundstücksfläche (Baufenster) regeln.
II.
30 
Bei der Festsetzung der privaten Grünfläche PG 2 und des Sondergebiets SO 2 (betriebsbezogenes Wohnen “Gartenbau“) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sind der Antragsgegnerin zudem in mehrfacher Hinsicht Abwägungsfehler unterlaufen. Der Bebauungsplan verstößt insofern gegen § 1 Abs. 6 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.). Danach sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
31 
Diesen Anforderungen wird der Bebauungsplan schon im Abwägungsvorgang nicht gerecht. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die Ausgangslage bei Festsetzung der privaten Grünfläche und bei der Beschränkung im SO 2 auf (nur) betriebsbezogenes Wohnen in mehrfacher Hinsicht rechtlich unzutreffend und infolgedessen auch unvollständig beurteilt.
32 
1. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist davon ausgegangen, das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei ausnahmsweise „auf besonderen Wunsch“ der Grundstückseigentümer bzw. als „besonderes Zugeständnis“ an diese und „im Vorgriff auf diesen Bebauungsplan“ genehmigt worden (Begründung S. 4; Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen S. 2). Dieser auch vom Antragsteller gerügte Ansatz ist nicht zutreffend. Tatsächlich war die Baugenehmigung vom 30.10.2001 für das Wohnhaus völlig unabhängig vom späteren Bebauungsplan. Sie war mit diesem weder verfahrens- noch materiellrechtlich verknüpft. Die Voraussetzungen einer „vorgezogenen“ Baugenehmigung nach § 33 BauGB lagen nicht vor. Weder war die formelle Planreife nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erreicht noch hatten die Bauherrn eine den Planvorstellungen entsprechende eingeschränkte „betriebliche“ Nutzung anerkannt (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB). Die Baugenehmigung wurde von der Stadt Rastatt vielmehr unabhängig vom späteren Bebauungsplan „nach § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch“ erteilt, weil sie zu Recht von einer Innenbereichslage des Baugrundstücks (Nordwestecke des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1) ausging. Ausweislich der vorliegenden Pläne und Fotos haben dieses Baugrundstück und (jedenfalls) der sich nach Süden anschließende vordere Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 teil am Bebauungszusammenhang mit der vorhandenen Bebauung im Norden (Betriebsgebäude der Gärtnerei) und im Westen (Wohnhäuser des Plangebiets „Breit-Eich“); der Bebauungszusammenhang endet hier nicht mit den jeweils letzten Gebäuden dieser Bestandsbebauung. Nach Süden hin ist das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 noch in den Bebauungszusammenhang mit dem Kindergartengebäude Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 eingebettet. Dieses 1998 genehmigte Gebäude prägt in seinen Dimensionen und seiner Lage den Bereich zwischen dem westlich anschließenden Wohngebiet „Breit-Eich“ und dem südlich angrenzenden Wohngebiet „Steinäcker I“ maßgeblich. Diese Prägung strahlt nach Norden aus und schlägt eine Brücke über die Neue Friedhofsstraße hinweg in Richtung Gartenbetrieb und Wohnhaus des Antragstellers. Die in der Flucht zwischen Kindergarten und Wohnhaus des Antragstellers liegenden Freiflächen von ca. 50 m Breite ( = 2 bis 3 Bauplätze) stellten sich bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans als Baulücken dar, auf denen Wohnbebauung zulässig war. Auch die Erschließung war gesichert (Neue Friedhofstraße einerseits, durch Baulast gesicherter Weg über das Betriebsgrundstück des Antragstellers andererseits) oder hätte gesichert werden können. Davon sind auch die Baugenehmigungsbehörde und wohl auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem Abgabenrechtsstreit zwischen den Eheleuten ... und der Antragsgegnerin (3 K 3020/03) ausgegangen, wie der am 07.04.2005 geschlossene Vergleich zeigt (vgl. Bl. 94/95 der Baugenehmigungsakten). Auch die Verwaltung der Antragsgegnerin ist von der Innenbereichsqualität des Baugrundstücks und von der Zulässigkeit von Wohnbebauung ausgegangen (vgl. Vorlage TOP 1, 2 für die Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am 17.07.2001). Auf sich beruhen kann die Frage, ob das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 zusätzlich auch von Osten her am Bebauungszusammenhang mit dem Baugebiet „Steinäcker II“ teilhat oder ob der dazwischen liegende Friedhof mangels städtebaulich relevanter „Bebauung“ für einen solchen Brückenschlag ungeeignet ist (so teilweise die Rechtsprechung zu Friedhöfen in - hier nicht gegebener - Ortsrandlage, vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2004 - 1 A 11591/04 -, BauR 2005, 586 ff.).
33 
Nach all dem hatte der Antragsteller, da sich das Wohnhaus nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Umgebungsbebauung einfügte, seinerzeit einen Anspruch auf uneingeschränkte Genehmigung des Wohnhauses im heutigen SO 2 nach § 34 Abs. 1 BauGB. So sah es auch die Stadt Rastatt und hat demgemäß von einer Nutzungsbeschränkung auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen abgesehen. Eine derartige Beschränkung ist nur in Gebieten zulässig oder geboten, die prägende Merkmale eines Gewerbe- oder Industriegebiets aufweisen (vgl. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Die Baugenehmigung vom 30.10.2001 beruhte daher nicht auf „Zugeständnissen“ an den Antragsteller, sondern musste nach § 58 Abs. 1 LBO kraft Gesetzes erteilt werden. Darüber hinaus besaßen zumindest die südlich an das SO 2 anschließenden Teilflächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Baulandqualität. Beide Umstände, die der Antragsteller im Verfahren auch geltend gemacht hat, hat der Gemeinderat verkannt. Er hat mithin die Ausgangslage für das Sondergebietskonzept falsch eingeschätzt und die Folgen der Grünflächenausweisung für das Grundeigentum des Antragstellers (Entzug von Bauland) nicht mit dem gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
34 
2. Der Gemeinderat durfte die nachteiligen Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 auch nicht etwa deswegen aus der Abwägung ausblenden, weil sich die Eheleute ... in der Vereinbarung vom 20.09.2001 u.a. verpflichtet hatten, dieses Grundstück nur mit einem - dem später genehmigten - Wohnhaus zu bebauen und jegliche „weitere Verringerung des Grundstücks zum Zwecke der Wohnbebauung“ auszuschließen.
35 
a) Es ist bereits fraglich, ob die Antragsgegnerin diese Vereinbarung seinerzeit selbst als verbindlich ansah und sie durchsetzen wollte. Denn zum Einen hat sie bis heute nicht auf Sicherung der Zusagen der Eheleute ... durch Grunddienstbarkeit gedrängt und zum Anderen hat der Bürgermeister in der Folgezeit im Zuge von Nachverhandlungen den Eheleuten ... zwei teilweise geänderte Vertragsentwürfe angeboten (vgl. die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgelegen Unterlagen).
36 
b) Jedenfalls ist die Vereinbarung vom 20.09.2001 jedoch nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG nichtig. Diese Vorschrift ist anwendbar, da es sich bei der Vereinbarung vom 20.09.2001 nach ihrem Inhalt - unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien - um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelte. Die Vereinbarung bezog sich auf Gegenstände, die in Normen des öffentlichen Rechts geregelt sind. Sie stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB für die Erteilung der Baugenehmigung des Wohnhauses erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens. Dies ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf und der Behandlung der Vereinbarung im Gemeinderat der Antragsgegnerin. Der Gemeinderat hatte in der Sitzung am 24.07.2001 zunächst zwar sein grundsätzliches Einverständnis zu dem beantragten Wohnhausneubau erklärt. Er stellte eine endgültige Entscheidung aber zurück, um gegen den Bauantrag aufgekommene Bedenken von Gemeinderatsmitgliedern mit dem Antragsteller zu klären (vgl. Sitzungsprotokoll, S.15 f.). Nachdem in den folgenden Wochen der Inhalt der „Vereinbarung über die künftige Gesamtnutzung des Grundstücks für die Erwerbsgärtnerei und für Wohnbauzwecke“ festgelegt war, stimmte der Gemeinderat in der Sitzung am 17.09.2001 dem Wohnbauvorhaben endgültig zu (vgl. Sitzungsprotokoll).
37 
Die Vereinbarung vom 20.09.2001 mit ihrem am 17.09.2001 feststehenden Inhalt war aus Sicht der Antragsgegnerin mithin eine Gegenleistung, jedenfalls aber eine „Bedingung“ für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Die in §§ 2 und 3 übernommenen Verpflichtungen der Eheleute... wurden vom Gemeinderat mit anderen Worten für erforderlich und gerechtfertigt gehalten, um einer positiven Einvernehmenserteilung entgegenstehende Hindernisse auszuräumen (zu einem solchen Vertrag im Rahmen des § 36 BauGB vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 54 Rn. 34). Diese öffentlichrechtliche „causa“ der Vereinbarung (zu diesem Begriff siehe auch Kopp/Ramsauer, a.a.O.) war auch den Eheleuten ... bewusst und ist damit gemeinsame Vertragsgrundlage geworden. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 ist damit als öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag nach §§ 54 Satz 1, 56 LVwVfG zu qualifizieren. Die „Leistung“ der Antragsgegnerin bestand darin, den Weg für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB frei zu machen, als „Gegenleistung“ verpflichteten sich die Eheleute..., das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 nur mit dem zu genehmigende Wohnhaus zu bebauen und es im Übrigen unter Verzicht auf weitere Wohnbebauung nur erwerbsgärtnerisch zu nutzen (§ 2). Auch bezüglich der Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 gingen die Eheleute ... erhebliche Verpflichtungen ein, indem sie sich bereit erklärten, es im Wesentlichen nur im bisherigen Umfang gewerblich zu verwenden und von jeglicher Wohnbebauung abzusehen (§ 3).
38 
c) Mit diesem Inhalt hat die Vereinbarung keinen rechtlichen Bestand. Sie ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nichtig, weil sich die Antragsgegnerin eine nach § 56 LVwVfG unzulässige Gegenleistung hat zusagen lassen. Vieles spricht dafür, dass die den Eheleuten ... abverlangten erheblichen Nutzungseinschränkungen beider Grundstücke schon nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG unzulässig waren, weil sie den Umständen gemäß Unangemessenes verlangten und - jedenfalls bezüglich der Verzichtsregelungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 - in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Zustimmung zum Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück standen. Jedenfalls erfüllten die von den Eheleuten ... als „Gegenleistung“ verlangten Nutzungsverzichte aber die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 LVwVfG. Denn auf die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB hatten die Bauherrn, wie dargelegt, einen uneingeschränkten Anspruch. Der Gemeinderat hätte daher sein Einvernehmen auch ohne Vorbedingungen erteilen müssen. Die Mitwirkung der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 Abs. 1 BauGB beruht zwar auf der kommunalen Planungshoheit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Gemeinde dabei ein Ermessen oder eine sonstige Entscheidungsfreiheit zusteht, wie § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausdrücklich klarstellt. Insbesondere ist es der Gemeinde, was die Antragsgegnerin hier wohl verkannt hat, verwehrt, ihr Einvernehmen deswegen zu versagen oder von Änderungen eines Vorhabens abhängig zu mache, weil dieses ihren Planungsvorstellungen nicht entspricht (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 17.06.2003 - 4 B 14.03 -, ZfBR 2003, 695; Roeser in Berliner Komm. zum BauGB, § 36 Rn. 13; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. § 36 Rn 12 m.w.N.).
39 
3. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 war darüber hinaus auch aus einem zweiten (zusätzlichen) Grund für das Einvernehmen der Gemeinde rechtlich bedeutungslos. Dies ergibt sich aus der Fiktionsvorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, wonach das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Bauantrags bei der Gemeinde verweigert wird. Vorliegend wurde der Bauantrag am 21.06.2001 entsprechend dem nach § 52 LBO im Land Baden-Württemberg vorgeschriebenen Verfahren bei der Gemeinde eingereicht. An diesem Tag begann die Einvernehmensfrist zu laufen und endete nach § 31 LVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 21.08.2001. Bis zu diesem Tag war der Baurechtsbehörde, der Stadt Rastatt, keine Erklärung der Antragsgegnerin zugegangen, dass das Einvernehmen versagt werde. Eine Erklärung dieses Inhalts hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin erst unter dem 01.10.2001 (Eingang am 02.10.2001) - und damit verspätet - abgegeben, wobei anzumerken ist, dass diese Erklärung der innergemeindlichen Beschlusslage widersprach, da der Gemeinderat, wie dargelegt, bereits in seiner Sitzung am 27.09. 2001 einstimmig sein Einvernehmen erklärt hatte.
40 
Für den Ablauf der Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB unerheblich ist, ob die bei der Gemeinde eingereichten Bauvorlagen von Anfang an vollständig waren, was wohl zu verneinen ist (vgl. Schreiben der Stadt Rastatt an den Antragsteller vom 03.07.2001, Bl. 30 der Baugenehmigungsakte). Zwar will der Gesetzgeber mit dem Einvernehmenserfordernis in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB den Gemeinden eine Entscheidung auf der Grundlage planungsrechtlich vollständiger Antragsunterlagen ermöglichen. Die Gemeinde hat jedoch die Obliegenheit, im Rahmen der ihr durch das Landesrecht eröffneten Möglichkeiten innerhalb der zweimonatigen Einvernehmensfrist gegenüber dem Bauherrn oder der Baurechtsbehörde auf die Vervollständigung des Bauantrags hinzuwirken. Kommt sie dieser Mitwirkungslast nicht nach, gilt ihr Einvernehmen auch bei Unvollständigkeit der Bauvorlagen nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB als erteilt (zu all dem - auf der Grundlage baden-württembergischen Landesrechts - BVerwG, Urteil vom 16.09.2004 - 4 C 7.03 -, NVwZ 2005, 213 ff.; anders noch VGH Bad.-Württ. im zugrunde liegenden Urteil vom 07.02.2003 - 8 S 2563/02 -, ESVGH 53, 190 f. = BauR 2003, 625 ff. ). Eine derartige Unvollständigkeitsrüge hat die Antragsgegnerin während der Zweimonatsfrist aber weder gegenüber dem Antragsteller noch gegenüber der Baugenehmigungsbehörde erhoben. Sie muss sich daher an dem am 21.08.2001 erfolgten Fristablauf festhalten lassen. Sollte die Erklärung des Bürgermeisters vom 01.10.2001 als Widerruf des fiktiven Einvernehmens zu verstehen sein, wäre sie mit diesem Inhalt unwirksam. Eine nachträgliche Beseitigung der Rechtswirkungen der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB durch Widerruf, Rücknahme oder Anfechtung ist aus Gründen der Rechtssicherheit ausgeschlossen (vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 24.95 -, NVwZ 1997, 900 f.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.03.2002 - 1 M 6/02 -, NVwZ-RR 2002, 821 ff.).
41 
4. Daraus, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 in seiner genehmigten Nutzung zum „allgemeinen“ Wohnen sowohl formellen als auch materiellen Bestandsschutz genießt, ergeben sich nachteilige Folgen für die Umsetzung des Planziels, dieses Wohnhaus rechtlich und wirtschaftlich mit dem Gartenbaubetrieb zu verknüpfen. Auch mit diesem Umstand hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin sich bei der Abwägung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der Bestandsschutz dürfte noch auf längere Zeit fortbestehen, Anhaltspunkte für seine Beendigung (hierfür wäre ein Austausch der schutzwürdigen Bausubstanz - Identitätswechsel - oder die Aufgabe der bisherigen Nutzung erforderlich, vgl. im einzelnen Sauter, LBO, § 65 Rn.14a -14e) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies bedeutet nicht nur, dass der Antragsteller mit seiner Familie auch bei einer Betriebsaufgabe oder -verpachtung im Wohnhaus verbleiben, sondern dieses jederzeit auch an dritte Personen zur Wohnnutzung verkaufen könnte, die mit dem Betrieb in keinerlei Beziehung stehen. Denn der Bestandsschutz ist nicht personengebunden, sondern steht als ein aus dem Eigentum fließendes Recht dem jeweiligen Eigentümer, also auch dem Rechtsnachfolger, zu (Sauter a.a.O., Rn. 14e); gleichermaßen gehen die Rechte aus der Baugenehmigung nach § 58 Abs. 2 LBO auf den Rechtsnachfolger über. Damit kann der angestrebte Verbund von Betrieb und Wohnhaus jedenfalls auf längere Zeit nicht gewährleistet werden.
III.
42 
Die dargestellten Fehler im Abwägungsvorgang (Verkennung der uneingeschränkten Zulässigkeit des Wohnhauses nach § 34 Abs. 1 BauGB und der Baulandqualität der übrigen vorderen Flächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1, Nichtberücksichtigung bzw. Fehleinschätzung der Rechtslage beim Einvernehmen, unzureichende Auseinandersetzung mit den Folgen des umfassenden Bestandsschutzes der Baugenehmigung für die Verwirklichung der Planziele) sind auch nach § 214 Abs. 3 BauGB erheblich. Sie sind sowohl offensichtlich als auch in ihrer Gesamtheit für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Der Senat hat keinen Zweifel an der konkreten Möglichkeit dass der Gemeinderat bei Vermeidung der rechtlichen Fehleinschätzungen und voller Berücksichtigung der privaten Eigentumsbelange des Antragstellers sowie in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Grünflächenfestsetzung eine andere, dem Antragsteller potenziell günstigere Entscheidung für das SO 1 auf dem Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1, für das SO 2 und die Frei(land)fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 und bezüglich der Verknüpfung beider Grundstücke getroffen oder dass er von einer Überplanung dieser Grundstücke möglicherweise überhaupt abgesehen hätte.
43 
Darauf, ob die einschränkenden Festsetzungen auf den Grundstücken des Antragstellers sich (auf dem Hintergrund der oben dargelegten rechtlichen Ausgangslage) im Ergebnis aufrecht erhalten ließen, ob sie insbesondere verhältnismäßig wären, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass insoweit erhebliche Zweifel bestehen. Insbesondere dürfte das Planziel, den Bereich um den Friedhof im bisherigen Umfang von Bebauung freizuhalten, es schwerlich rechtfertigen, dem Antragsteller die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 in der Flucht seines Wohnhauses vorzuenthalten. Denn auch wenn das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 „in erster Reihe“ bebaut wäre, wäre im Rücken der Bebauung noch ein Geländestreifen von ca. 25 m Tiefe frei, was in etwa der Tiefe der übrigen (öffentlichen) Grünflächen auf der Süd- und Ostseite entspricht und immerhin noch das Zweieinhalbfache des Mindestabstands nach § 8 Abs. 1 BestattG von 10 m ausmacht. Zudem ist das „Freihaltekonzept“ auf der Westseite des Friedhofs durch das Gebäude des Kindergartens bereits deutlich relativiert.
44 
Die Unwirksamkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers führt nicht auch zur Nichtigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans auf den übrigen, im Wesentlichen im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden und öffentlichen bzw. Gemeinbedarfszwecken gewidmeten Grundstücken. Diese Regelungen sind vom Plankonzept für den Gartenbaubetrieb und für das Wohnhaus des Antragstellers klar abtrennbar und ergeben auch ohne diese Regelungen eine für sich sinnvolle städtebauliche Ordnung (Absicherung der öffentlichen Grünflächen und Gemeinbedarfsanlagen, Erhalt des Parkplatzes, zeitgemäße Verschmälerung der ... mit gleichzeitiger Schaffung von Längsparkplätzen). Auch das Ziel, die Gartenflächen im äußersten Westen des Plangebiets als Grünflächen (PG 1) zu erhalten, hat selbstständigen Bestand. Nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen - und von den Vertretern der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bestätigten - Willen hätte der Gemeinderat im Zweifel den Bebauungsplan für diese „Restgebiete“ mit gleichem Inhalt beschlossen (zu diesen Voraussetzungen der Teilnichtigkeit vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris).
C.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Aus den bereits oben bei Behandlung des Rechtsschutzinteresses genannten Gründen besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller im Hinblick auf die nur teilweise Plannichtigkeit einen Teil der Kosten aufzuerlegen, da er im kostenrechtlichen Sinn nicht „unterlegen“ ist.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je Grundstück 10.000,-- EUR).
49 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss vom 09.01.2012 ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klage der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15.06.2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2011 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die genehmigten zwei Mehrfamilienwohnhäuser (Haus 1 mit acht und Haus 2 mit sechs Wohneinheiten) mit vier offenen Stellplätzen und einer Tiefgarage auf dem derzeit unbebauten Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in Müllheim verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller als Eigentümer des östlich angrenzenden und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ... (G... ...) zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), wobei davon auszugehen ist, dass die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert sind und daher Anspruch auf volle Überprüfung ihrer Einwendungen haben. Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller ist Folgendes auszuführen:
I.
Die Antragsteller halten dem Verwaltungsgericht zusammengefasst vor, es hätte die Prüfung des - im unbeplanten Innenbereich von Müllheim innerhalb einer Baulücke gelegenen - Vorhabens auf seine objektive Rechtmäßigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht offen lassen dürfen. Das Gericht hätte diese Frage vielmehr notwendigerweise prüfen und als Prüfungsergebnis zwingend verneinen müssen, da die genehmigten Gebäude in ihrer Massivität, Lage und Wohnungszahl in der durch großzügige Einfamilienhausbebauung gekennzeichneten Umgebung beispiellos seien und eine irreversible Verfremdung des bislang harmonischen und völlig spannungsfreien Baugebiets einleiteten. Dieser massive Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Einfügensgebot löse unmittelbare Abwehransprüche für sie als Angrenzer aus, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Voraussetzungen des Rücksichtnahmegebots bedürfe. Im Übrigen wirkten sich die beiden Häuser aber auch rücksichtslos erdrückend und einmauernd auf ihr nur bescheiden bebautes Wohngrundstück aus, ohne dass es auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ankomme, da diese nur „technisches Recht“ umsetzten und nachbarliche Belange nur untergeordnet berücksichtigten.
II.
Dem ist im dogmatischen Ansatz und im Ergebnis nicht zu folgen:
1. a) In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass § 34 Abs. 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die jeweils maßgebliche nähere Umgebung einzufügen hat, d.h. sich in dem jeweils prägenden Rahmen halten muss und diesen Rahmen nur bei Vermeidung städtebaulicher Spannungen überschreiten darf, unmittelbar keine drittschützende Wirkung entfaltet. Unmittelbarer Drittschutz gegen Gebietsveränderungen steht Gebietsanliegern nur im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB zu, wenn die nähere Umgebung der Nutzungsart nach einem der gesetzlich vorgeformten Gebiete nach §§ 2 ff. BauNVO entspricht. Sie können in diesem Fall nach ihrer Nutzungsart unzulässige Vorhaben abwehren, ohne sich auf die qualifizierten Anforderungen des Rücksichtnahmegebots verweisen lassen zu müssen (sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376 f. sowie Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff. = NJW 1994, 1546 ff.).
Nur in diesem Sonderfall des § 34 Abs. 2 BauGB gesteht der Gesetzgeber, beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung auf Nachbargrundstücken, den Bewohnern unbeplanter und beplanter Gebiete unter dem Gesichtspunkt der „Schicksalsgemeinschaft“ gleiche - unmittelbare - Abwehrrechte zu. Für die übrigen Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB (Nutzungsmaß, Bauweise, über- baubare Grundstücksfläche) gilt dies nicht. Dies verkennen die Antragsteller. Nachbarschützende Wirkung kommt Verstößen gegen diese Merkmale nur mittelbar über das im Begriff des „Einfügens“ aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zu. Dieses ist verletzt, wenn ein Vorhaben es trotz Einhaltung des Umgebungsrahmens hinsichtlich eines oder mehrerer der Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB „an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt“ (so bereits BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 386). Das Rücksichtnahmegebot hat insoweit zunächst objektiv-rechtliche Bedeutung. Nachbarschutz vermittelt es nur insoweit, als - mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts - „in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter“ Rücksicht zu nehmen ist (st. Rpr. zu. § 34 Abs. 1 BBauG wie zu § 34 Abs. 1 BauGB; vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff. sowie Beschluss vom 20.01.1992 - 4 B 229.91 -, juris). An dieser Unterscheidung zwischen objektiv-rechtlicher und subjektiv-rechtlicher Ausprägung des Rücksichtnahmegebots ist rechtsdogmatisch bis heute festzuhalten, auch wenn in der Praxis beide Komponenten meist zusammenfallen und sich daher eine zweistufige Prüfung erübrigt. In Nachbarrechtsverfahren kommt es jedenfalls allein darauf an, ob sich ein Vorhaben in der dargelegten qualifizierten Art und Weise rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats - bezogen auf die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile - zu beurteilen (vgl. etwa Beschlüsse vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff. und vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, war das Verwaltungsgericht nicht zu einer vollumfänglichen und abschließenden Prüfung der streitigen Mehrfamilienhäuser am objektiv-rechtlichen Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB (einschließlich des Rücksichtnahmegebots in seiner objektiv-rechtlichen Ausgestaltung) verpflichtet, sondern durfte sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die Gebäude zu Lasten der Antragsteller anhand eines oder mehrerer der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB subjektiv-rechtlich als rücksichtslos erweisen und insoweit „drittschützende“ städtebauliche Spannungen auslösen (zum Gebot der Rücksichtnahme als Unterfall des Verbots der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen in § 34 Abs. 1 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 -, NVwZ 2011, 436 ff.). Derartige die Schwelle der Rücksichtslosigkeit erreichende Nachteile des Vorhabens für die Antragsteller vermag auch der Senat noch nicht zu erkennen.
a) Bezüglich der Nutzungsart (Wohnen) wird der Rahmen der Umgebung unstreitig eingehalten. Die den Gebietsrahmen möglicherweise übersteigende Gesamtwohnungszahl des Vorhabens (14 Wohneinheiten), die Wohnungsdichte, wird von § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1992 - 3 S 309/92 -, VBlBW 1992, 344 ff. m.w.N.). Sie kann nur mittelbar durchschlagen, etwa dann, wenn gleichzeitig unzumutbarer Verkehrslärm durch die Bewohner hervorgerufen wird. Davon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden, nachdem die Zufahrt zur genehmigten Tiefgarage sich auf der vom Grundstück der Antragsteller abgewandten Westseite des Baugrundstücks befindet.
b) Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind rücksichtslose Auswirkungen des Vorhabens für die Antragsteller noch nicht zu erkennen. Bei der Beurteilung ist hierbei allerdings nicht auf „relative“ Maßkriterien wie insbesondere die - hier eingehaltene - Grund- und Geschossflächenzahl abzuheben, sondern es kommt vorrangig auf die nach außen im Verhältnis zur Umgebungsbebauung prägenden Eigenschaften an, zu denen insbesondere die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude zählen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 1691 f.). Diesbezüglich dürften sich die streitigen zwei Mehrfamilienhäuser sowohl nach ihrer Grundfläche von jeweils etwa 300 m² als auch nach ihrer Geschosszahl und ihrer Gebäudehöhe möglicherweise sogar objektiv-rechtlich (gerade noch) im Umgebungsrahmen halten, der räumlich mindestens die Bebauungszeile südlich der G... umfasst. In dieser Zeile befindet sich das große und damit auch prägende Mehrfamilienwohnhaus auf dem östlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...). Der dortige aus drei versetzten Einheiten bestehende Gebäudekomplex weist ausweislich der nicht bestrittenen Ermittlungen der Antragsgegnerin eine Grundfläche von 315 m² auf, hat ebenfalls zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss und übertrifft die genehmigten Wohnhäuser in der Firsthöhe um mindestens 2 m. Allein schon wegen dieses prägenden Gebäudekomplexes kann der Einschätzung der Antragsteller nicht gefolgt werden, im Baugebiet herrsche „Harmonie“ im Sinne einer in sich geschlossenen und von kleinen freistehenden Einfamilienhäusern geprägten „Schicksalsgemeinschaft“. Unabhängig von ihrer objektiv-rechtlichen Bewertung kommt den genehmigten Häusern auf dem Grundstück der Beigeladenen jedenfalls aber keine (subjektiv) rücksichtslose, weil unzumutbar optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung zu. Diese Entscheidung ist, worauf die Antragsteller zu Recht abheben, nicht allein schon dadurch determiniert, dass die genehmigten Gebäude die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in jeder Hinsicht einhalten. Diese Abstandsflächengebote sind allerdings keine rein „technischen Normen“, sondern haben eine starke nachbarschützende Zielrichtung. Jedoch umfasst ihr Schutzbereichskatalog (Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz und ggf. auch ein Minimum an Wohnfrieden) nicht auch den Schutz gegen optisch erdrückende oder abriegelnde Baukörper. Dieser Schutz wird vielmehr vom bundesrechtlichen Kriterium des Maßes baulicher Nutzung abgeleitet (vgl. Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, BauR 1986, 542 f.). Indessen treten die beiden genehmigten Wohnhäuser der Beigeladenen gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch nicht unzumutbar optisch erdrückend oder gar abriegelnd in Erscheinung. Denn beide Gebäude sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nur mit den Giebelseiten zum Grundstück der Antragsteller hin ausgerichtet, zudem voneinander durch eine Freifläche von ca. 13 m getrennt.
10 
c) Auch bezüglich der überbauten Grundstücksfläche und in einer Gesamtwürdigung aller Umstände müssen die Antragsteller noch nicht mit unzumutbaren Nachteilen rechnen. Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass sich der bisher in Richtung Westen außergewöhnlich günstige Lagevorteil des Grundstücks der Antragsteller im Zuge der Verwirklichung des streitigen Vorhabens verschlechtern wird. Die Antragsteller, die ihr großes Gartengrundstück im Verhältnis zur Umgebung eher gering ausnutzen, können jedoch in Anwendung des Rücksichtnahmegebots nicht verlangen, dass das Nachbargrundstück auch in Zukunft gänzlich unbebaut bleibt oder zwingend nur „in erster Reihe“ mit nur einem Gebäude (Haus 1) bebaut werden darf. Denn im Blockinnenbereich zwischen G... und H... sind auch an anderer Stelle „Hinterlandbebauungen“ in zweiter Reihe anzutreffen. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die durchgehend tiefgestaffelte Bebauung im Bereich nördlich der H..., sondern auch für den Bereich südlich der G...-..., da auch hier - prägend - Wohnbebauung in „zweiter Reihe“ auf den Grundstücken Flst.-Nr. ... (G... ...) und dem dahinterliegenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in einer mit Haus 2 vergleichbaren Bebauungstiefe vorhanden ist.
11 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab und nimmt stattdessen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es nicht, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat im Schriftsatz vom 09.03.2012 zwar Ausführungen zur Sache gemacht. Die an den Anfang gestellte Formulierung, es werde im Folgenden dargetan, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei, ist jedoch nicht als förmlicher Prozessantrag auszulegen. Da die Beigeladene daher für den Fall des Unterliegens kein Kostenrisiko zu tragen gehabt hätte (§ 154 Abs. 3 VwGO), ist es nach der Rechtsprechung aller Bausenate des erk. Gerichtshofs auch nicht unbillig, dass sie - korrespondierend - im Falle des Obsiegens keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen kann (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, VBlBW 2011, 279 f.).
13 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, dass die Errichtung, die Beschaffenheit und der Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen bestimmten Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und, soweit diese Anlagen gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden und Betriebsbereiche oder Bestandteile von Betriebsbereichen sind, vor sonstigen Gefahren zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU und zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle für Mensch und Umwelt sowie zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen genügen müssen, insbesondere dass

1.
die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen entsprechen müssen,
2.
die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen,
3.
die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und Immissionen nach in der Rechtsverordnung näher zu bestimmenden Verfahren vorzunehmen haben oder von einer in der Rechtsverordnung zu bestimmenden Stelle vornehmen lassen müssen,
4.
die Betreiber bestimmter Anlagen der zuständigen Behörde unverzüglich die Inbetriebnahme oder eine Änderung einer Anlage, die für die Erfüllung von in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung sein kann, anzuzeigen haben,
4a.
die Betreiber von Anlagen, die Betriebsbereiche oder Bestandteile von Betriebsbereichen sind, innerhalb einer angemessenen Frist vor Errichtung, vor Inbetriebnahme oder vor einer Änderung dieser Anlagen, die für die Erfüllung von in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung sein kann, dies der zuständigen Behörde anzuzeigen haben und
5.
bestimmte Anlagen nur betrieben werden dürfen, nachdem die Bescheinigung eines von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen vorgelegt worden ist, dass die Anlage den Anforderungen der Rechtsverordnung oder einer Bauartzulassung nach § 33 entspricht.
In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können auch die Anforderungen bestimmt werden, denen Sachverständige hinsichtlich ihrer Fachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnischen Ausstattung genügen müssen. Wegen der Anforderungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.

(1a) Für bestimmte nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 vorgeschrieben werden, dass auf Antrag des Trägers des Vorhabens ein Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 durchzuführen ist. Im Falle eines Antrags nach Satz 1 sind für die betroffene Anlage an Stelle der für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Vorschriften die Vorschriften über genehmigungsbedürftige Anlagen anzuwenden. Für das Verfahren gilt § 19 Absatz 2 und 3 entsprechend.

(2) Soweit die Bundesregierung von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften im Sinne des Absatzes 1 zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf eine oder mehrere oberste Landesbehörden übertragen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. in beiden Rechtszügen.

Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen jeweils selbst.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Nutzungsänderung eines Lagerraums im Untergeschoss einer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte für Gemeindepriester). Sie ist ein seit 1983 eingetragener Verein und Mitglied des Erzdiözesanrats der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien (vgl. Satzung i.d.F. vom 25.03.2007). In Kirchardt bzw. Kirchardt/Kirchhausen gibt es zwei weitere syrisch-orthodoxe Gemeinden. Die Klägerin ist Eigentümerin des im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ vom 06.11.1970 gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... (... ...). Der Bebauungsplan setzt ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest, Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO werden zugelassen. Auf den westlich angrenzenden Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... befinden sich eine Textildruckerei bzw. ein Wohnhaus mit der ehemaligen Betriebsleiterwohnung. Auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ist ein Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern angesiedelt. In der Halle wird im Schichtbetrieb gearbeitet. Nördlich, jenseits der Industriestraße, schließen sich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern und nördlich davon ein Betonwerk an. Östlich an diese Betriebe und an das Plangebiet angrenzend befindet sich das Gebiet des Bebauungsplans „Wimpfener Grund“ von 2008, der ebenfalls ein Industriegebiet und im Ostteil ein Gewerbegebiet festsetzt. Im Industriegebiet sind unter anderem ein neues Gießereigebäude der Beigeladenen zu 2. und eine Druckerei untergebracht (zu weiteren Einzelheiten vgl. die Anlage zum Sitzungsprotokoll).
Mit Bescheid vom 04.11.1994 erteilte die Beklagte dem Verein Syrisch-Orthodoxe Kirche e.V. Kirchardt, einem Rechtsvorgänger der Klägerin, die Baugenehmigung zur Errichtung einer Kirche mit zwei Ober- und einem Untergeschoss und Glockentürmen sowie zur Errichtung eines nördlich der Kirche liegenden Versammlungsraums (Ziff. 1). Der Antrag auf ein gleichzeitig im östlichsten Raum im Untergeschoss der Kirche geplantes Mausoleum bzw. auf eine Krypta mit 10 Begräbnisplätzen wurde abgelehnt (Ziff. 2). Nach Hinweis des Regierungspräsidiums Stuttgart, dass sich der Bauantrag nach einer einvernehmlich mit der Klägerin erfolgten Planänderung des Architekten nur noch auf einen Abstellraum im Untergeschoss beziehe, hob die Beklagte Ziff. 2 des Bescheids durch Bescheid vom 14.03.1995 mit der Begründung auf, für die Einrichtung der Krypta bedürfe es eines Nachtragsbaugesuchs. Die Kirche wurde genehmigungsgemäß errichtet und wird seither genutzt.
Am 07.07.2005 beantragte die Klägerin, den Abstellraum an der Kirchenostseite als Bestattungsplatz für verstorbene Geistliche der örtlichen Kirche zu nutzen und entsprechend umbauen zu dürfen. In dem Raum sollen, entsprechend der ursprünglichen Absicht, entlang der Westwand 10 Begräbnisplätze (Grab-Sarkophage) in Wandnischen und einer vorgelagerten Frontwand eingebaut werden. In den abgeschlossenen Gruftzellen sollen die Verstorbenen mit Holzsärgen beigesetzt und danach sollen die Kopfseiten durch dicht verfugte Stahlbetonplatten hermetisch zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden (vgl. Baubeschreibung vom 07.07.2005). Zum Beleg der kirchenrechtlichen Erforderlichkeit einer solchen Priesterbegräbnisstätte lagen dem Antrag Stellungnahmen der Theologen Dr. ... und Prof. Dr. ..., des Kunsthistorikers ... (Universität Heidelberg) und des Kirchenrechtlers Prof. Dr. ... (Universität Konstanz) bei. Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht vorbehaltlich der Einhaltung vorgegebener Auflagen zu. Die Angrenzer wurden mit Schreiben vom 03.08.2005 benachrichtigt, Einwendungen wurden nicht erhoben. Der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1. versagte mit Beschluss vom 17.10.2005 sein Einvernehmen. Unter Hinweis auf dieses fehlende Einvernehmen lehnte die Beklagte den Bauantrag mit Bescheid vom 06.03.2006 ab. Gleichzeitig versagte sie auch die parallel hierzu beantragte bestattungsrechtliche Genehmigung der Krypta als privater Bestattungsplatz; dagegen hatten zahlreiche Bürger sowie die Beigeladene zu 2. Einwendungen erhoben. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit ausführlicher Begründung (u.a. unter Beifügung einer Stellungnahme des Patriarchat-Vikariats der Erzdiözese vom 26.03.2006) Widerspruch ein. Den gegen den baurechtlichen Bescheid eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart, ebenfalls unter Bezugnahme auf das versagte Einvernehmen, mit Bescheid vom 04.05.2006 zurück. Der Widerspruch gegen den bestattungsrechtlichen Ablehnungsbescheid blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.11.2006).
Mit ihrer am 02.06.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Nutzungsänderungsgenehmigung, hilfsweise zur Neubescheidung zu verpflichten. In ihrer umfangreichen Begründung hat sie zusammengefasst vorgetragen: Die Krypta sei eine Anlage für kirchliche Zwecke. Das Ausnahmeermessen der Beklagten sei zu Gunsten einer positiven Entscheidung auf Null reduziert. Dies folge daraus, dass städtebauliche Gründe nicht entgegenstünden - die Krypta sei als kirchliche Nebenanlage gebietsverträglich - und dass das Grundrecht auf freie Religionsausübung die Bestattung syrisch-orthodoxer Priester in ihrer Kirche in Altarnähe gebiete. Sie sei auch dauerhaft zur Pflege der Grabplätze in der Lage. Bestattungsrecht stehe der Baugenehmigung nicht entgegen, die dortigen Abstandsvorschriften seien nicht anwendbar und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf einen privaten Bestattungsplatz nach § 9 BestattG seien erfüllt. Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben Klagabweisung beantragt und diese ebenfalls ausführlich begründet. Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Totengedenken und Bestattungsrituale seien mit dem gewerblichen Charakter des Baugebiets nicht zu vereinbaren. Sowohl die Gebietsverträglichkeit als auch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO stünden der Zulassung der Krypta im Industriegebiet daher entgegen. Die Zulässigkeit der Krypta sei unabhängig von der bereits zugelassenen Kirche neu zu prüfen. Die Beigeladene zu 1. hat zusätzlich vorgetragen: Die von einem Verein genützte Krypta sei schon keine von § 9 Abs. 3 BauNVO erfasste kirchliche Gemeinbedarfsanlage und erfülle auch die Voraussetzungen einer kirchlichen Nebenanlage nach § 14 BauNVO nicht. Die Krypta verstoße zu Lasten der Nachbarn gegen das Rücksichtnahmegebot sowie gegen Vorschriften des Bestattungsgesetzes i.V.m. § 3 LBO. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG unterliege den im Bestattungsgesetz (allgemeiner Friedhofszwang) niedergelegten immanenten Grenzen.
Mit Urteil vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag auf die begehrte Nutzungsänderungsgenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvoraussetzungen für eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 BauNVO lägen vor. Bei der Krypta handle es sich im vorliegenden Sonderfall um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Sie diene nicht der allgemeinen Totenbestattung, sondern sei ausschließlich für verstorbene Priester bestimmt. Hintergrund der Anlegung einer Krypta sei die althergebrachte Tradition der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Die vorgesehene Art der Bestattung in einer Krypta oder jedenfalls in der Nähe des Altars folge einer kirchlichen Tradition dieser Glaubensgemeinschaft, wobei sogar eine andere Bestattung nach Liturgie bzw. nach altchristlicher Tradition verboten sei. Die Ausnahmeerteilung sei nicht schon deswegen unzulässig, weil die Krypta als Anlage für kirchliche Zwecke den Gebietscharakter des Industriegebiets gefährde und daher gebietsunverträglich sei. Denn die bestandskräftig genehmigte Kirche präge nunmehr - als Ausnahmefall und Fremdkörper - das Industriegebiet mit. Eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Baugebietscharakter werde durch die geplante Umnutzung im Kircheninnern nicht hervorgerufen. Die Beklagte müsse daher ihre Ermessensentscheidung nachholen. Eine Ermessensreduzierung auf Null scheide aber aus, da es auch gute Gründe - etwa berechtigte Interessen von Nachbarn - für eine Ablehnung der Ausnahme gebe.
Gegen dieses am 28.07.2008 zugestellte Urteil richten sich die - jeweils gegen den sie beschwerenden Teil - eingelegten und durch Beschluss des Senats vom 01.10.2008 zugelassenen Berufungen der Klägerin einerseits und der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. andererseits. Die Klägerin macht zusammenfassend geltend: Das Bedürfnis nach Beerdigung von Gemeindepriestern unter oder in der Nähe des Altars sei ein auf bindendem Ritus beruhendes Urbedürfnis der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Dies ergebe sich aus den von ihr vorgelegten und unwiderlegten Gutachten sowie aus dem „Nomokon des Bar Hebraeus“. Hieraus folge, dass es sich bei der Krypta um eine kirchliche Anlage handle, die der Kirche funktional zugeordnet sei und mit dieser eine städtebauliche Einheit bilde. Die anderslautende Auffassung der Beklagten und der Gemeinde führe dazu, dass als kirchliche Anlagen nur „Bibelfabriken“ zulässig seien. Die Krypta verstoße weder gegen den Gebietscharakter noch verletze sie Grundzüge der Planung oder Interessen der Nachbarn. Die Zweckbestimmung des Baugebiets sei zwar das maßstabsbildende Kriterium für die Gebietsverträglichkeit, stelle aber keine Anforderungen an die ausnahmsweise zulässige Anlage selbst. Die Krypta berge im Verhältnis zu der seit langem eröffneten Kirche kein zusätzliches Konfliktpotential, zumal Totenruhe, Bestattungen und Totengedenken abgeschirmt von der Umgebung im Gebäudeinneren daher trotz der Industrie in einem würdigen Rahmen stattfänden. Die „psychische Ausstrahlungswirkung“ von Begräbnisstätten sei kein städtebaulich erheblicher Belang. Aus § 3 BestattG könne nicht auf die Unzulässigkeit der Anlage im Industriegebiet geschlossen werden, da es sich nicht um einen Friedhof handle. Das Ermessen der Beklagten sei, da entgegenstehende städtebauliche Belange nicht bestünden, aufgrund der kollektiven Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 2 GG auf Null reduziert. Auf diesen grundrechtlichen Schutz habe sie nicht etwa im Ausgangsgenehmigungsverfahren für die Kirche verzichtet. Das Grundrecht der Religionsausübung erstrecke sich in seinem Kernbereich auf die Bestattung und Totensorge jedenfalls für kirchliche Würdenträger. Dieser Bereich unterfalle auch dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, der für sie als rechtsfähiger Verein ebenfalls gelte. Die Ermessensschrumpfung auf Null ergebe sich auch aus dem Gleichheitssatz. Sie werde als Trägerin der ältesten christlichen Kirche überhaupt gegenüber den Krypten der großen Amtskirchen benachteiligt. So sei zuletzt 2008 der katholische Erzbischof Dr. ... ... im Freiburger Münster bestattet worden. Für eine Ermessensreduzierung spreche auch der Rechtsgedanke der Zulässigkeit von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO. Die Krypta sei eine der bestandskräftig genehmigten Hauptnutzung der Kirche untergeordnete Einrichtung. Schließlich ergebe sich der Anspruch auf Nutzungsänderung auch als Folge des aktiven Bestandsschutzes der genehmigten Kirche. Die Ergänzung um eine Krypta sei untergeordnet und lasse die Kirche nach wie vor als „Hauptsache“ erscheinen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 07.07.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen jeweils,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
11 
Die Beklagte führt zusammenfassend aus: Das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung zum Erfordernis der Gebietsverträglichkeit allgemein und ausnahmsweise zugelassener Nutzungen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Krypta möge zwar einen Bezug zur genehmigten Kirche aufweisen. Ihr fehle jedoch der erforderliche funktionelle Zusammenhang mit der Zweckbestimmung des Baugebiets als Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 BauNVO. An der Gebietsunverträglichkeit ändere sich dadurch nichts, dass die Kirche bereits bestandskräftig genehmigt sei. Die Krypta sei auch nicht als Nebenanlage zur Kirche zu beurteilen. Im Übrigen stelle die bestattungsrechtliche Unzulässigkeit der Krypta in Industriegebieten nach § 3 BestattG eine ermessenshindernde Schranke dar. § 3 BestattG sei durch seinen Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete städtebaulich angereichert und daher ungeachtet des § 58 Abs. 1 LBO im baurechtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Art. 4 GG verschaffe der Klägerin keinen Anspruch. Die Bestattung Geistlicher in Kirchen falle schon nicht unter den Schutzbereich des Art. 4 GG. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass es sich um eine zwingende Verfahrensregel oder strikte Gewissenspflicht handle. Nach den vorgelegten Stellungnahmen handle es sich nur um eine Pflege religiösen Brauchtums. Die alternative Bestattung der Gemeindepriester in einem Kloster in den Niederlanden stürze die einzelnen Gemeindemitglieder nicht in einen unüberwindbaren Konflikt. Dies werde auch dadurch belegt, dass die Kirche seit ihrer Errichtung ohne Krypta betrieben werde. Letzteres spreche zudem auch dafür, dass die Klägerin auf einen Teilbereich einer unterstellten Religionsausübungsfreiheit verzichtet habe. Die streitige Kirchenbestattung falle auch nicht unter den Schutzbereich des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV. Auch Art. 3 GG komme nicht zum Tragen, die von der Klägerin angeführten Vergleichsfälle beträfen andere Träger öffentlicher Gewalt, mithin einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.
12 
Die Beigeladene zu 1. bestreitet nach wie vor, dass es sich bei der Krypta um eine kirchliche Anlage nach § 9 Abs. 3 BauNVO handle. Kirche und Begräbnisstätte müssten begrifflich und rechtlich getrennt behandelt werden. Die Krypta sei abgesehen davon selbst bei einer Anerkennung als kirchliche Anlage gebietsunverträglich, weil sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirke. Im Industriegebiet würden täglich Hunderte von Menschen den gesteigerten Kontakt mit dem sensiblen Thema Tod ausgesetzt. Die Krypta verletze auch das Rücksichtnahmegebot zu Lasten ihres und anderer Industriebetriebe im alten wie im 2008 erweiterten Industriegebiet. Schließlich fehle der Klägerin auch das erforderliche Sachbescheidungsinteresse für die baurechtliche Genehmigung, da die bestattungsrechtliche Genehmigung im Hinblick auf den Verstoß der Anlage gegen die §§ 3 und 32 Abs. 1 BestattG offensichtlich zu Recht abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde auf den bisherigen Vortrag im erstinstanzlichen und im Zulassungsverfahren Bezug genommen.
13 
Im bestattungsrechtlichen Verfahren ist die Klage gegen deren Ablehnung vollumfänglich erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 15.04.2008 - 5 K 4450/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Auf Antrag der Klägerin hat der 1. Senat des erk. Gerichtshofs ebenfalls die Berufung zugelassen. Mit Beschluss vom 29.09.2009 - 1 S 3217/08 - ist dort im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Genehmigungsfähigkeit der Krypta als einer privaten Bestattungsanlage nach § 9 Abs. 1 BestattG wegen Verstoßes gegen § 3 BestattG verneint, wonach bei Anlegung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand u.a. zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten eingehalten werden muss. Daraus folge, dass Friedhöfe erst Recht nicht „in“ Industriegebieten angelegt werden dürften. Dies gelte auch für die beantragten privaten Bestattungsplätze, die von außen zugänglich seien und denen die Toten in einer Prozession zugeführt würden. Industriegebietstypische Störungen seien mit dem für eine pietätvolle Totenbestattung erforderlichen kontemplativen Umfeld nicht vereinbar. Ferner hat das Verwaltungsgericht auch § 32 Abs. 1 BestattG als Genehmigungshindernis angesehen, da die Gemeindegeistlichen ersichtlich mumifiziert und damit nicht in einer der gesetzlich zulässigen Bestattungsarten (Erd- und Feuerbestattung) beigesetzt werden sollten.
14 
Dem Senat liegen die Baugenehmigungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die Bebauungsplanakten zum Baugebiet „Industriegebiet“ vor. Der Senat hat zusätzlich die Gerichts- und Behördenakten im bestattungsrechtlichen Verfahren - 1 S 3217/08 - beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakten mit dem ausführlichen Vortrag der Beteiligten wird verwiesen.
15 
In der mündlichen Verhandlung hat der Gemeindepfarrer der Klägerin, Herr ..., erklärt, in der Kirche sollten nur eigene Gemeindepriester bestattet werden. Die Bestattung auch von Priestern anderer Gemeinden sei nach dem Ritus möglich. Die in umgebauten Hallen eingerichteten Versammlungsstätten der beiden anderen syrisch-orthodoxen Gemeinden in Kirchardt/Kirchhausen seien baulich nicht für eine Krypta geeignet. Die Kirche seiner Gemeinde sei stattdessen von Anfang an mit Krypta geplant worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
16 
Die Berufungen aller Berufungsführer sind zulässig. Sie sind jeweils rechtzeitig und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Die Berufungsführer sind im Umfang ihrer eingelegten Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil sämtlich auch sowohl formell wie materiell beschwert, sodass offen bleiben kann, ob und inwieweit beide Ausprägungen der Beschwer bei Trägern öffentlicher Verwaltung und Beigeladenen vorliegen müssen (vgl. dazu Nachweise bei Happ, in: Eyermann u.a., Komm. zur VwGO, 12. Aufl., Vorb. § 124 RdNrn. 28-30). Die materielle Beschwer der Beklagten folgt daraus, dass sie die beantragte uneingeschränkte Klagabweisung nicht erreicht hat, sondern unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide zur - bisher fehlenden - Bescheidung des Bauantrags nach Ermessen nach § 31 Abs. 1 BauGB verpflichtet worden ist und das Verwaltungsgericht hierbei als Maßstab für die Ermessensausübung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 121 VwGO bindend vorgegeben hat, dass die Kirche der Klägerin das Industriegebiet mitpräge und dass durch die Krypta eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Gebietscharakter nicht hervorgerufen werde. Die Beigeladene zu 1. ist materiell deswegen beschwert, weil sie durch eine der Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen und zugunsten der Klägerin ausfallende Neubescheidung des Bauantrags in ihrem durch § 36 BauGB geschützten Recht auf Planungshoheit verletzt sein kann (vgl. Bader: in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Komm. zur VwGO, 4. Aufl. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048).
B.
17 
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. sind begründet, die Berufung der Klägerin hat hingegen keinen Erfolg.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge der sich ergänzenden Teilberufungen der gesamte Streitgegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Senat hat mithin zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die beantragte baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung des Abstellraums im Untergeschoss ihrer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte) mit 10 Begräbnisplätzen zur Bestattung der jeweiligen Gemeindegeistlichen zu erteilen und die Ablehnungsbescheide daher rechtwidrig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Dies beurteilt sich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und ihm materiellrechtlich keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19 
Allerdings ist die beantragte Nutzungsänderung nach § 49 Abs. 1 LBO i.V.m. § 2 Abs. 12 LBO genehmigungspflichtig und greifen die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach §§ 50 und 51 nicht an. Die angestrebte Umwandlung des Abstellraums in eine Begräbnisstätte ist insbesondere nicht nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei, da sich sowohl in bauordnungsrechtlicher Hinsicht (Hygiene, Gesundheitsgefährdung, vgl. dazu die Auflagen des Gesundheitsamts) als vor allem auch bauplanungsrechtlich andere und rechtlich deutlich weitergehende Anforderungen als bei der bisherigen Nutzung des Raums zu Abstellzwecken stellen.
20 
Die geplante Nutzungsänderung ist jedoch nicht genehmigungsfähig . Denn ihr stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Demgegenüber gehört die Zulässigkeit der Krypta, einer privaten - außerhalb eines kommunalen oder eines kirchlichen Friedhofs im Sinne von § 1 Abs. 2 BestattG gelegenen - Begräbnisstätte, nach den spezifischen Anforderungen des Bestattungsrechts (Bestattungsgesetz, Bestattungsverordnung) nicht zum baurechtsbehördlichen Prüfprogramm, sondern ist dem gesondert anhängigen bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG). Da letzteres noch nicht negativ-bestandskräftig abgeschlossen ist, kann der Klägerin das (Sachbescheidungs-)Interesse an der Durchführung des baurechtlichen Verfahrens nicht abgesprochen werden. Die erstrebte Baugenehmigung bildet auch nicht den „Schlusspunkt“ einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Überprüfung derart, dass sie erst erteilt werden darf, wenn die bestattungsrechtliche Genehmigung vorliegt oder mit ihr gerechnet werden darf (gegen diese teilweise vertretene „Schlusspunkttheorie“ vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 -, NVwZ 2000, 1068; weitere Nachweise bei Sauter a.a.O § 58 RdNrn. 61, 62). Ungeachtet der getrennten Verfahren hat die Baurechtsbehörde freilich auch im Bestattungsrecht niedergelegte städtebauliche Leitvorstellungen zur Zulässigkeit von Begräbnisstätten zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 BestattG und gilt vor allem für die Abstandsregelungen nach §§ 3 und 8 BestattG. Die Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen über Friedhöfe wie in Einzelgenehmigungsverfahren oder in Verfahren gegen die Abwehr „heranrückender“ Grabfelder ist unbestritten (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.2009 - 3 S 2728/08 - sowie Normenkontrollbeschlüsse vom 22.06.1998 - 8 S 1950/97 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 11, B3-4; und vom 11.10.1994 - 8 S 434/94 -, VGHBW-Ls 1995, Beil. 1, B5; siehe auch Normenkontrollurteil vom 21.2.1986 - 8 S 2800/85 -, ESVGH 36,197). Die Abstandsregelungen in § 3 BestattG beschränken sich dabei nicht nur auf Friedhöfe, sondern gelten entsprechend auch für private Bestattungsplätze (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG).
21 
Bei Anlegung dieses Prüfungsrahmens ist die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, denn das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „Industriegebiet“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970 zur Art der baulichen Nutzung; gleiches würde im Fall der Plannichtigkeit nach dem Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB gelten (dazu I.). Zwar handelt es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche freilich eigenständig zu würdigende - Nutzungsart nach dem Ausnahmekatalog des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968/1990 (dazu II.). Gleichwohl ist sie wegen Unverträglichkeit mit dem typischen Gebietscharakter des Industriegebiets unzulässig (dazu III.) und dürfte zudem auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (dazu IV.). Wegen dieses Rechtsverstoßes gegen den Bebauungsplan ist das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht eröffnet und auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt - auch im Licht des Art. 4 GG und des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV - nicht in Betracht (dazu V.). Schließlich verstößt die Ablehnung der Krypta auch nicht gegen Art. 3 GG (dazu VI.).
I.
22 
1. Maßstab für die planungsrechtliche Beurteilung der geplanten Krypta ist der Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ bis „Beim Fürfelder Zollstock“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970. Dieser setzt für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) nach § 9 BauNVO 1968 fest. Ziff. 1 des Textteils sieht ferner vor, dass Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 „zugelassen werden“. Diese Regelung ist nicht dahin zu verstehen, dass die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Anlagen in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1968 allgemein zulässig sein sollen, sondern sie sollte, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, ersichtlich nur die Grundlage für deren ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BBauG (= § 31 Abs. 1 BauGB) schaffen.
23 
Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten wurde die Aufstellung des Bebauungsplans in seiner endgültigen Ausdehnung am 26.09.1969 und die Offenlage am 14.08.1970 beschlossen, lag der Planentwurf - nach rechtzeitiger öffentlicher Bekanntmachung - vom 18.09. bis 19.10.1970 öffentlich aus und erfolgte am 06.11.1970 der Satzungsbeschluss. Dass der Satzungsbeschluss vom Bürgermeister der Beigeladenen allein gefasst wurde, weil der Gemeinderat wegen Befangenheit mehrerer Gemeinderäte beschlussunfähig war, ist nicht zu beanstanden. Der Bürgermeister hat damit von seiner Entscheidungskompetenz nach § 37 Abs. 4 GemO Gebrauch gemacht (vgl. dazu zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303). Die Satzung sowie der Rechtsplan mit den textlichen und zeichnerischen Festsetzungen sind vom damaligen Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter dem 06.11.1970 jeweils ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Am 28.05.1971 ist der Bebauungsplan zwar im vereinfachten Verfahren nach § 13 BBauG wegen Verschiebung der Baugrenze auf einem Grundstück geändert worden. Auch dieser Beschluss ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber in ausreichender Weise dadurch ausgefertigt worden, dass der Bürgermeister das Sitzungsprotokoll mit Wiedergabe des Planänderungsbeschlusses am 08.06.1971 unterschrieben und damit in ausreichender Weise die Authentizität der Planänderung bekundet hat (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.02.2009 - 3 S 2290/07 -, DÖV 2009, 544 [Ls]). Der am 21.07.1971 vom Landratsamt Sinsheim genehmigte Plan ist daher mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im August 1971 wirksam geworden.
24 
2. Klarstellend bemerkt der Senat, dass vom planungsrechtlichen Rahmen eines Industriegebiets nach § 9 Abs. 1 bis 3 BauNVO auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre. Denn die nähere Umgebung des Kirchengrundstücks der Klägerin entspricht, worüber auch Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht, aufgrund der vorhandenen betrieblichen Nutzungen nach ihrer Eigenart zweifelsfrei einem Industriegebiet. Wie dargelegt, befindet sich auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ein flächenintensiver Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern. Die Arbeiten finden in einer großen Halle sowie im Schichtbetrieb statt. Die Grundstücke westlich des Kirchengrundstücks werden von einer Schlosserei, einem Landschaftsbaubetrieb, einer Lackiererei, einem Karosserie- und Fahrzeugbaubetrieb, einem Textildruckbetrieb und einem Schrotthandel eingenommen. Weitere Großbetriebe liegen dem Kirchengrundstück jenseits der Industriestraße gegenüber, darunter insbesondere der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern sowie nördlich davon das Betonwerk. In den Blick zu nehmen sind ferner die neue Gießerei der Beigeladenen zu 2. östlich des bisherigen Betriebsgeländes, aber auch die sich westlich des Betriebsgeländes anschließenden Betriebe und Betriebsteile, wie die im Bau befindliche Lagerhalle des Holzverarbeitungsbetriebs, ein Betrieb für Verpackungsmaterialien sowie ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit ca. 150 Mitarbeitern. Nach unbestrittener Mitteilung der Beklagten unterliegen zumindest die Gießerei und das Betonwerk sowie eine im angrenzenden Industriegebiet errichtete Druckerei wegen ihrer Emissionen oder Größe der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Angesichts dieser Massierung industriegebietstypischer gewerblicher Anlagen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO wäre bei Plannichtigkeit mithin zweifelsfrei von einem faktischen Industriegebiet nach § 34 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 BauNVO auszugehen. Die Existenz der Kirche der Klägerin würde hieran nichts ändern. Sie ist eine zwar große, aber doch die bisher einzige nichtgewerbliche Nutzung. Als solche mag sie bei der Gebietsbewertung (und nicht lediglich als „Fremdkörper“) zu berücksichtigen sein. Angesichts der Größe und des Umfangs der umgebenden Industriebetriebe vermag sie die industrielle Hauptnutzung der Umgebung jedoch nicht umzuprägen. Die Zulässigkeit der Krypta würde sich somit nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richten, sodass relevante Unterschiede zur Rechtslage bei Plangültigkeit nicht bestünden.
II.
25 
Gemessen am Wortlaut des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist die streitige Krypta nicht schon deswegen unzulässig, weil sie unter keine der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Ausnahmenutzungen fällt. Der gegenteiligen Auffassung der Beigeladenen zu 1. und der Beklagten, es handle sich um eine unter § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht subsumierbare eigenständige Nutzungsart „sui generis“, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Krypta wegen ihrer Beschränkung auf Gemeindepriester und ihres Zusammenhangs mit der Bestattungstradition der syrisch-orthodoxen Kirche noch als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht schon daraus, dass sie das rechtliche Schicksal der Gemeindekirche als „mitgezogener“ Annex oder als Nebenanlage nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO teilt. Vielmehr ist sie trotz ihrer räumlichen Verbindung mit der Gemeindekirche als städtebaurechtlich eigenständige „Hauptanlage“ zu bewerten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
26 
1. Anlagen für kirchliche Zwecke sind - ebenso wie die sonstigen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen - im weitesten Sinn Anlagen für den Gemeinbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Sie haben nach ihrem Zweck einen Gemeinwohlbezug und stehen im Rahmen der Zweckbestimmung prinzipiell allen Interessierten offen. „Kirchliche“ Anlagen umfassen insbesondere Kirchengebäude, Gemeindehäuser, kirchlich geleitete Kindergärten und Kindertagesstätten, Pfarrhäuser, konfessionelle Beratungs- und Betreuungsstellen sowie sonstige Einrichtungen von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind von den Anlagen für kulturelle Zwecke - zu denen auch religiös ausgerichtete Anlagen nichtkirchlicher Art gehören können - und den Anlagen für soziale Zwecke zu trennen, wobei freilich Überschneidungen und Doppelfunktionen nicht selten sind.
27 
a) Danach stellt die 1994 genehmigte syrisch-orthodoxe Kirche zweifelsfrei eine Anlage für kirchliche - und nicht „nur“ religiöse/kulturelle - Zwecke dar. Sie beherbergt die für christliche Kirchen typischen Räumlichkeiten (Altarraum, Chor, Taufbecken, Gebetsraum für die Gemeindemitglieder mit Bänken, Türme, Kuppel) und dient dem kirchentypischen Zweck der Andacht, des Gottesdienstes und der Anbetung Gottes. Auch die organisatorischen Strukturen einer „Kirche“ werden erfüllt. Die Klägerin versteht sich als Mitglied der Erzdiözese der „Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland“. An deren Spitze steht ein Patriarchalvikar (Bischof) mit Sitz in Warburg, der wiederum Stellvertreter des Patriarchen von Damaskus ist (vgl. Schreiben des Patriarchalvikars vom 26.03.2006 sowie Nachweise in Wikipedia, Onlinelexikon, Stichwort „Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien“). Die Klägerin ist zudem als eingetragener Verein mit den Organen Vorstand (Kirchenrat) und Mitgliederversammlung organisiert. Dass die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV hat, ist für die Eigenschaft ihrer Gotteshäuser als kirchliche Anlagen unerheblich, zumal auch Moscheen wegen ihrer Funktion als Gebetshäuser trotz Fehlens organisatorischer kirchlicher Strukturen zunehmend den Anlagen für kirchliche Zwecke zugerechnet werden (vgl. etwa BVerwG , Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BRS 54 Nr. 193; anders VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324: Moscheen sind Anlagen für religiöse/kulturelle Zwecke).
28 
b) Auch die Krypta ist angesichts ihrer konkreten Zweckbestimmung als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen. Als Begräbnisstätte nur für Gemeindepriester unterscheidet sie sich von herkömmlichen kommunalen oder auch konfessionellen kirchlichen Friedhöfen oder Bestattungshallen. Ihren kirchlichen Bezug gewinnt sie dadurch, dass Priester der syrisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer herausgehobenen Stellung nicht auf Gemeindefriedhöfen, sondern nur in Kirchen bestattet werden dürfen und die Beisetzung jedenfalls traditionell in der „Hauskirche“ erfolgen soll. Dies reicht aus, um die Eigenschaft als kirchliche Anlage zu begründen, ohne dass an dieser Stelle auf Bedeutung und Gewicht der einzelnen Begräbnisriten näher eingegangen werden muss.
29 
2. Trotz dieses kirchlichen Nutzungszwecks stellt die Krypta aber weder einen bloßen „mitgezogenen“ Annex noch eine „Einrichtung“ der Kirche im Sinne von § 14 Abs. 1 BauNVO dar. Denn sie widerspricht wohl schon der „Eigenart“ des umgebenden Industriegebiets (vgl. dazu die Ausführungen unten zum deckungsgleichen Begriff der Gebietseigenart in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Zudem dient sie aber auch weder dem Nutzungszweck der in dem Industriegebiet gelegenen Grundstücke noch dem des Industriegebiets selbst. In ihrer Funktion als kirchliche Begräbnisstätte ist sie weder dem primären gewerblichen Nutzungszweck des Industriegebiets selbst noch der diesem Nutzungszweck entsprechenden tatsächlichen Bebauung auf den umliegenden Grundstücken zu- und untergeordnet (so die ständige Definition der Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 14 RdNr. 3). Vielmehr fehlt es an jeglichem Funktionszusammenhang zwischen dem industriegebietstypischen produzierenden Gewerbe und einer kirchlichen Begräbnisstätte, was zur Gebietsunverträglichkeit der Krypta führt (dazu nachfolgend). Die Krypta steht auch mit der kirchlichen Nutzung des Baugrundstücks selbst in keinem dienenden Zusammenhang. Nach der durch tatsächliche Gepflogenheiten und den aktuellen rechtlichen Rahmen geprägten Verkehrsanschauung sind Kirchen Versammlungsstätten von Menschen zum Zwecke der Andacht, des Gebets und der Zwiesprache mit Gott. Diesem Zweck zugeordnet sind, wie dargelegt, auch andere einem aktiven organisierten Gemeindeleben dienende Einrichtungen, wie sie zum Teil auch im Untergeschoss der Kirche der Klägerin genehmigt sind (Pfarrbüro, Gemeinderatssaal). Begräbnisstätten - auch für Priester - gehen über diesen Rahmen einer kirchlichen „Hilfsfunktion“ aber deutlich hinaus, sie sind diesen gegenüber ein kirchliches „aliud“ . Die Bestattung der Geistlichen in der eigenen Kirche - freilich auch damals nur höherer Würdenträger - mag in früheren Jahrhunderten üblich gewesen sein, sie entspricht der derzeitigen deutschen und europäischen Rechts- und Kirchenpraxis der großen christlichen Kirchen jedoch nicht mehr. Geistliche werden vielmehr grundsätzlich auf kommunalen oder auf kirchlichen Friedhöfen beigesetzt. Dies entspricht der auch verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtslage, wie sie im Bestattungsrecht der meisten Länder ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst in den syrisch-orthodoxen Gotteshäusern in Deutschland sind solche Einrichtungen bislang nicht anzutreffen. Sie werden vielmehr - wie seit vielen Jahren auch die Kirche der Klägerin - als Kirchen herkömmlicher Nutzungsbreite geführt.
III.
30 
Auch wenn sie als kirchliche „Hauptanlage“ unter den Nutzungskatalog der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten fällt, ist die Krypta gleichwohl aus Rechtsgründen im (festgesetzten wie im faktischen) Industriegebiet unzulässig, weil sie gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit verstößt.
31 
1. Das Merkmal der Gebietsverträglichkeit folgt aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der BauNVO. Diese weisen den Baugebieten jeweils eine allgemeine Zweckbestimmung, eine typische Funktion, zu. Rechtssystematisch, teleologisch und funktional ist die Gebietsverträglichkeit untrennbar mit der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus verbunden. Diese allgemeine Zweckbestimmung, den normtypischen Gebietscharakter des jeweiligen Baugebiets, hat der Verordnungsgeber jeweils in den Absätzen 1 der Baugebietsvorschriften umschrieben und dem Katalog der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Absätzen 2 und 3 gleichsam „vor die Klammer gezogen“ eingrenzend vorangestellt. Die Gebietsverträglichkeit bildet demgemäß die Zulässigkeitsgrenze für die allgemein wie für die nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten der Baugebiete (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786 sowie Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 1118 f.)
32 
Rechtsdogmatisch ist die Gebietsverträglichkeit der Prüfungsebene des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO übergeordnet. Anders als bei letzteren kommt es auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft, auf die konkrete Gebietseigenart und auf den konkreten Störungsgrad des Vorhabens für den Nachbarn nicht an. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO greift erst ein, wenn es darum geht, die Genehmigung solcher Vorhaben zu versagen, die zwar nach Art, Größe, Störpotential oder Störungsempfindlichkeit den typischen Gebietscharakter nicht konterkarieren, jedoch nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets „vor Ort“ widersprechen bzw. für die Nachbarschaft mit unzumutbaren Belästigungen oder Störungen verbunden sind (vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, a.a.O.). So ist die Gebietsverträglichkeit solcher Vorhaben in Wohngebieten verneint worden, von denen eine allgemeine Unruhe ausgeht, die mit der typischen Zweckbestimmung der Gebiete (möglichst ungestörtes Wohnen) nicht vereinbar ist (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 a.a.O: Unzulässigkeit eines Dialysezentrums - Anlage für gesundheitliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - im WA; BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 118: Zustellstützpunkt der Deutschen Post - Anlage für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO - im WA). In den Gewerbegebieten hat die Rechtsprechung umgekehrt solche Vorhaben als gebietsunverträglich eingestuft, die aufgrund ihrer besonderen Störanfälligkeit oder ihrer „gewerbefremden“ Funktion mit der typischen Betriebsamkeit und Emissionsbelastung des gewerblichen Umfelds nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, VBlBW 1993, 49: Pensionsbetrieb im GE; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499: Seniorenpflegeheim im GE). In der auch von den Beteiligten mehrfach zitierten Entscheidung über die Zulässigkeit einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium) mit angeschlossenem Zeremonienraum im Gewerbegebiet hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: Krematorien seien jedenfalls dann, wenn sie über einen Raum für Trauerfeierlichkeiten verfügten, für Gewerbegebiete nicht charakteristisch. Gewerbegebiete zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet werde, sie seien geprägt durch „werktägliche Geschäftigkeit“. Nach dem Leitbild der BauNVO seien sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Demgegenüber handle es sich bei Krematorien mit einer angeschlossenen Pietätshalle um Orte, an denen die Hinterbliebenen in Ruhe, Besinnung und innerer Einkehr von den Verstorbenen Abschied nehmen wollten. Das nach herkömmlicher Anschauung erforderliche kontemplative Umfeld für eine pietätvolle Totenbestattung sei nicht gegeben. Dass derartige Krematorien nicht mit der typischen Funktion eines Gewerbegebiets im Einklang stehen, werde auch durch deren lediglich ausnahmsweise Zulassung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bestätigt (Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, ZfBR 2006, 262 f.; ebenso BayVGH im zugrunde liegenden Urteil vom 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, BauR 2005, 1884; a.A. teilweise OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.10.2005 - 8 B 11345/05 -, BauR 2006, 336).
33 
2. Gemessen daran ist auch die streitige Krypta (schon) auf der Ebene der Gebietsverträglichkeit unzulässig. Als Begräbnisstätte mit spezifischen Nutzungs- und Lagebedürfnissen ist sie mit der Zweckbestimmung und dem Charakter des umliegenden Industriegebiets städtebaulich nicht vereinbar. Auf diese Rechtsverletzung können sich auch die Gebietsanlieger, vornehmlich die Beigeladene zu 2., aber auch der Betreiber des östlich angrenzenden Holzverarbeitungsbetriebs, berufen (zum Nachbarschutz vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008, a.a.O.).
34 
a) Wie mehrfach dargestellt, dienen Industriegebiete nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten (also auch in Misch- oder Gewerbegebieten) unzulässig sind. Hier finden - stärker noch als in Gewerbegebieten - mithin typischerweise gewerbliche Lebensbetätigungen mit der entsprechenden Betriebsamkeit von Arbeitnehmern, Kunden und Anlieferern sowie einer spezifischen „Unruhe“ durch den Gebietsverkehr mit hohem Lkw-Anteil statt. Sie müssen als Hauptnutzung gegenüber sonstigen - misch- oder gewerbegebietsverträglichen - Betrieben im Baugebiet überwiegend zulässig bleiben (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 9 RdNr. 1.13). Zu dieser Hauptnutzung gehören im Grundsatz die nach den §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. § 2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schichtarbeit nachts und an Wochenenden ist in Industriegebieten regelmäßig zulässig und findet auch in dem der Klägerin benachbarten Holzverarbeitungsbetrieb statt. Die „werktägliche Geschäftigkeit“ kann sich daher auch auf die üblichen Ruhezeiten und auf die Wochenenden erstrecken. Die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprechen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft. Die vorhandene Kirche als einzige Ausnahmenutzung ist nicht geeignet, den ansonsten rein industriellen (Regel-)Gebietscharakter nach § 9 Abs. 1 BauNVO in Frage zu stellen.
35 
b) Mit dieser Gebietstypik verträgt sich die im Streit stehende Krypta mit 10 Begräbnisplätzen nicht. Es handelt sich um einen nur von außen über eine Tür auf der Südseite zugänglichen Raum; die Fläche östlich der Grabnischen steht für Trauernde und Betende zur Verfügung. Das Trauern und Gedenken findet entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nur im Innern unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern wird auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein. Dies ergibt sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens. Danach soll das Gedenken „feierlich zelebriert“ (Bauantrag) und sollen die Toten mit gelegentlichen Feiern geehrt werden (Prof. ...). Nach Schilderung der Klägerin im Ausgangsverfahren 1994 ist es zudem Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den „Priestergruften“ Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Dass sich an diesem Brauch zwischenzeitlich Grundlegendes geändert hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert erklärt, darauf verzichten zu wollen. Für die Gebietsverträglichkeit sind letztlich aber Quantität und Dauer der „externen“ Traueraktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die funktionsgemäße städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte. Sie erfordert zum Schutz der Totenruhe wie zum Schutz der Trauernden ein ruhiges, pietätvolles Umfeld ohne unmittelbare Konfrontation mit dem Arbeitsalltag und immissionsintensiven Betrieben. Das Schutzbedürfnis ist bodenrechtlich dem eines Friedhofs durchaus vergleichbar. Auch dort werden die Toten häufig in einem Trauerraum im Inneren der Totenhalle oder der Friedhofskapelle aufgebahrt. Während dieser Zeit kann von ihnen Abschied genommen werden. Danach werden sie in Erd- oder Urnengräber überführt, wo ihrer jederzeit - auch mit Gedenkgottesdiensten - gedacht werden kann. Zum Schutz der Totenruhe, der Würde des Anlasses und Ortes hat dies alles in einer ruhigen, der Besinnung und inneren Einkehr angemessenen Umgebung zu geschehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 40). Das Bauplanungsrecht trägt dem durch zweckentsprechende Regelungen für die Bauleitplanung Rechnung (vgl. auch den Hinweis in BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005, a.a.O.). So können gemeindliche oder kirchliche Friedhöfe als öffentliche oder private Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ausgewiesen und innerhalb dieser können die zugehörigen Gebäude (Leichenhalle, Kapelle) mittels Baufenstern für Gemeinbedarfsanlagen festgelegt werden; zudem kann durch die Anordnung von Bepflanzungen und Bauverbotsflächen gesichert werden, dass die räumlich und optisch erforderlichen Schutz- und Freiräume im Umfeld gewährleistet sind. Flächen für Kirchen mit umgebenden Bestattungseinrichtungen (Gemeindefriedhof oder Bestattungsräume) können gegebenenfalls auch als Sondergebiete nach § 11 Abs. 1 BauNVO festgelegt werden, da sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Kleinere gebäudeinterne Bestattungseinrichtungen können schließlich auch durch Ausweisung einer isolierten Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit konkretem Nutzungseinschrieb festgelegt werden. Schließlich sind wie oben bereits dargelegt, die im Bestattungsgesetz normierten Abstandsvorschriften in den Blick zu nehmen, die Ausdruck städtebaulicher Leitvorstellungen sind. Nach § 3 BestattG ist bei der Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen unter anderem zu Gewerbe- und Industriegebieten ein ausreichender Abstand einzuhalten. Hieraus folgt, dass Friedhöfe erst Recht innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich unzulässig sind. Gleiches gilt für die Errichtung privater Bestattungsplätze nach § 9 BestattG, auf die § 3 BestattG entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG). Das den §§ 3, 9 Abs. 3 BestattG zu entnehmende planerische Trennungsgebot zwischen Bestattungsanlagen und Gewerbegebieten entspricht nicht nur den gängigen kulturellen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), sondern auch dem wohlverstandenen Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB). Deren schützenswerte Interessen an der (städtebaulichen) Gewährleistung von Gottesdienst und Seelsorge werden dadurch nicht geschmälert. Dies gilt auch für die Klägerin.
IV.
36 
Angesichts der Gebietsunverträglichkeit der Krypta kommt es auf die Frage, ob sie darüber hinaus auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in unmittelbarer oder (über § 34 Abs. 2 BauGB) mittelbarer Anwendung verstößt, nicht mehr an. Der Senat merkt zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten gleichwohl an, dass ein solcher Verstoß zu bejahen wäre. Die Krypta als Begräbnisstätte dürfte nach ihrer Zweckbestimmung als letzte Ruhestätte der Eigenart des Baugebiets bei Gültigkeit wie bei Ungültigkeit des Bebauungsplans widersprechen. Auch hierauf könnten sich die Gebietsanlieger im Rahmen ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.2009, a.a.O. m.N.).
37 
1. Die „Eigenart“ eines Baugebiets ergibt sich, anders als die Gebietsverträglichkeit, nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO, sondern bedarf des Blicks auf die konkrete Ausgestaltung des Baugebiets. Bei beplanten Gebieten lässt sich die Eigenart erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die das Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde berücksichtigt werden, soweit dieser in den Festsetzungen und in der Planbegründung zum Ausdruck gekommen ist; bei unbeplanten (faktischen) Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376; Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 -, BauR 1991, 714). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des nachbarlichen Gebietserhaltungsanspruchs; die Vorschrift dient der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets und verlangt nicht, dass andere Gebietsanlieger unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499). Damit überschneidet sich der Schutzzweck „Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gebietsverträglichkeit. Dessen Erwägungen zum typischen Charakter eines Baugebiets sind bei Beurteilung der örtlichen Verhältnisse im Plangebiet in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, juris). Dies hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen die Eigenart des konkreten örtlichen Baugebiets unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bzw. der im Planvollzug verwirklichten Nutzungen nicht von seiner vom Normgeber gewollten typischen Zweckbestimmung abweicht, ein nicht gebietsverträgliches Vorhaben grundsätzlich auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht.
38 
2. So liegt der Fall hier. Weder die Festsetzungen noch die Begründung des hier maßgeblichen Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 enthalten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche lassen eine geradezu „klassische“ Industriegebietsnutzung erkennen. Dies wurde an anderer Stelle dargelegt, hierauf wird verwiesen. Auch bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB ist von einer Identität zwischen der regeltypischen Beschaffenheit und der konkreten Eigenart des Gebiets auszugehen, ohne dass die vorhandene Kirche als - einzige - Ausnahmenutzung daran etwas ändert.
V.
39 
Die nach all dem aus Rechtsgründen unzulässige Krypta kann auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden. Zunächst spricht alles dafür, dass diese private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berührt, die - nach dem Maßstab zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13.06.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet war. Jedenfalls führt der Verzicht auf die Krypta aber weder zu einer baugrundstücksbezogenen Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) noch ist diese Bestattungseinrichtung innerhalb des Industriegebiets städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Die hier vorliegende (städtebauliche) Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens schließt es aus, dieses im Widerspruch dazu auf der Befreiungsebene als städtebaulich vertretbar zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054). Schließlich erfordern es auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet wird. Dies gilt auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in ihrer Funktion als im Genehmigungsverfahren zu beachtende objektivrechtliche Wertentscheidungen.
40 
1. a) Was das - einheitliche - Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrifft, zu dem auch die freie Religionsausübung gehört, dürfte dessen Schutzbereich hier berührt sein. Dabei ist zum einen auf die Gemeindemitglieder der Klägerin einschließlich der Geistlichen als individuelle Grundrechtsträger, zum anderen auf die Klägerin als religiös-kirchlicher Verein, als kollektive Grundrechtsträgerin, abzustellen (vgl. dazu Rechtsprechungsnachweise bei Jarras/Pieroth, Komm. zum GG, 8. Aufl., Art. 4 RdNrn. 18, 19). Zu den geschützten Tätigkeiten der Gemeindemitglieder - gleich ob Angehörige der großen Kirchen oder kleinerer Glaubensgemeinschaften - gehören insbesondere die zum Bekenntnis des Glaubens erforderlichen kultischen Handlungen sowie religiöse Feiern und Gebräuche. Diese glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn sind durch die versagte Krypta wohl nicht berührt. Denn das Beten, Gedenken und Trauern um Verstorbene - auch um verstorbene Geistliche - wird den syrisch-orthodoxen Gemeindemitgliedern nicht vorenthalten, sie können diese Tätigkeiten jederzeit ohne weiteres auch in der Kirche ausüben. Auch Prozessionen zum Gedenken an verstorbene Pfarrer sind ohne die Krypta möglich. Über diesen engeren Bereich der Religionsausübung hinaus schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch „das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln“ (ständige Formel des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 17.12.1975 - 1 BvR 63/68 -, BVerfGE 41, 29). Auch die Klägerin selbst, deren Zweck die Pflege und Förderung des christlichen Glaubens in seiner syrisch-orthodoxen Ausprägung ist, kann sich grundsätzlich auf die Religionsausübung in diesem Umfang einschließlich der eigenen innerkirchlichen Organisationsfreiheit (Art. 137 Abs. 3 WRV) sowie nach außen gerichteter glaubensbezogener Tätigkeiten berufen, soweit sie sich im Rahmen des kirchlichen Aufgabenbereichs halten. Verhaltensregeln einer Religionsgemeinschaft müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „zwingend“ dergestalt erweisen, dass sie dem Betroffenen eine ansonsten unausweichliche seelische Bedrängnis ersparen (vgl. Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 = NJW 2001, 1225; vgl. auch Urteil vom 26.06.1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 224 m.w.N.). Bei dem gebotenen weiten Verständnis des Art. 4 GG sind allerdings auch unterhalb dieser Schwelle zwingender religiöser Gebote liegende Regeln, Traditionen oder Gebräuche einer Religionsgemeinschaft nicht schutzlos. Ihre geringere Schutzwürdigkeit führt jedoch zu geringeren Anforderungen auf der Ebene der (verfassungsimmanenten) Schranken.
41 
b) An diesen Vorgaben gemessen bewertet der Senat das Bedürfnis, über eine Krypta zur Bestattung der Gemeindepriester in der eigenen Kirche zu verfügen, zwar als einen vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG erfassten Teil des traditionellen Ritus der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft, nicht jedoch als einen aktuellen zwingenden Bestandteil der Religionsausübung im engeren Sinn. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Begräbnisregel insofern hohe religiöse Bedeutung hat, als es verboten ist, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten und stattdessen die Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen, während dieses Privileg einem Laien verschlossen ist „selbst wenn er König wäre“. Dieses Kirchenbestattungsgebot für Priester wird in den von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen jedenfalls übereinstimmend bestätigt (vgl. insbesondere die Stellungnahme der Theologen Prof. Dr. ... vom 10.03.1995 und Prof. Dr. ... vom 06.03.1995). Um dieses allgemeine priesterliche Kirchenbestattungsgebot/Friedhofsbestattungsverbot geht es hier aber nicht. Dieses Gebot kann ungeachtet der hier streitigen Genehmigung eingehalten werden, da syrisch-orthodoxe Priester in Deutschland ersichtlich von der Bestattungspflicht auf Friedhöfen befreit sind und stattdessen dem religiösen Ritus gemäß unter einem Kirchaltar in einer Klosteranlage in den Niederlanden beigesetzt werden dürfen (vgl. dazu auch den von der Klägerin vorgelegen Schriftverkehr mit niederländischen Behörden). Dass die Beisetzung der Priester darüber hinaus zwingend, d.h. mit derselben Verpflichtungskraft, gerade auch in der „Hauskirche“ erfolgen muss, wird von den Sachverständigen indessen nicht eindeutig bekundet. Der Patriarchalvikar weist in seinem Schreiben vom 26.03.2006 vor allem auf die Traditionen in früheren Zeiten hin und auch sein Schreiben vom 08.09.2009 legt die Bedeutung der „Hausbeisetzung“ nicht hinreichend dar. Gegen den zwingenden Charakter der „Hausbeisetzung“ sprechen vor allem aber die Aussagen und das Verhalten der Klägerin selbst. So haben die Vertreter der Klägerin im Zuge ihres ersten Bauantrags (für die Kirche mit Krypta) darauf hingewiesen, dass die Beisetzung der Priester norddeutscher Gemeinden im Kloster St. Ephrem in Glane-Losser/Niederlande praktiziert werde, diese Praxis ihr selbst wegen der großen Entfernung von fast 500 km aber nicht zugemutet werden könne (Widerspruch vom 20.01.1994). Diese Argumentation kann der Senat gut nachvollziehen, sie lässt aber erkennen, dass die Bestattung der Gemeindepriester auch außerhalb der eigenen Kirche als zwar nicht der heimischen Tradition gemäß, gleichwohl aber innerhalb angemessener Entfernung noch als hinnehmbar angesehen wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sich im Anschluss mit der Genehmigung auch nur des Kirchenbaus ohne Krypta begnügt und die Kirche sodann gebaut und genutzt. Hätte der Verzicht auf die Hausbeisetzung die Klägerin in seelische Bedrängnis gebracht, hätte sie auf den Bau an der vorgesehenen Stelle im Industriegebiet verzichtet und sich um einen anderen Bauplatz bemüht. Zu berücksichtigen ist ferner die Erklärung der Vereinsvertreter der Klägerin während des Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens, wonach die im norddeutschen Raum liegenden syrisch-orthodoxen Gemeinden „aufgrund der Nähe“ zu dem niederländischen Kloster „keine Notwendigkeit (hätten), sich Gedanken über eine Krypta zu machen“ (Schreiben an die Beigeladene zu 1. vom 23.09.2005). Diese Äußerung belegt nochmals deutlich, dass die Klägerin der Hausbestattung jedenfalls keine zwingende Bedeutung beimisst.
42 
2. Der trotz dieses geringeren Stellenwerts der Hausbestattung verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit durch Versagung der Baugenehmigung ist gerechtfertigt. Die Krypta erfordert, wie dargelegt, ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen. Dieses Umfeld ist in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befindet sich die Krypta auch nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet wird, wobei teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfindet. Diese Situation widerspricht der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern wird der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG ergibt (BVerfG, Urteil vom 24.02.1971 - 1 BvR 435/68 -, BVerfGE 30, 173 = NJW 1971, 1645). Darüber hinaus wird bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setzt sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und ist auch verhältnismäßig. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort verwirklicht, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Wie dargelegt, bietet das Planungsrecht zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine der Totenruhe angemessene pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen.
VI.
43 
Die Ablehnung der Krypta im vorliegenden Fall verstößt auch nicht gegen das spezielle Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 3 GG. Die Klägerin wird dadurch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen gegenüber den großen christlichen Kirchen benachteiligt. Das Nutzungsverbot zielt zunächst nicht auf die kirchliche Ausrichtung der Klägerin ab, sondern soll allein dem Schutz einer angemessenen und würdigen Totenruhe dienen. Der Senat vermag insbesondere aber keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur - allein in Betracht kommenden - katholischen Kirche zu erkennen. Katholische Gemeindepriester werden seit langem auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen bestattet, private Bestattungsplätze in Kirchen werden ihnen aus den gleichen städtebaulichen Gründen verweigert oder gewährt wie der Klägerin. Die Situation, dass früher hohe Würdenträger in ihren Kirchen beigesetzt werden durften und dass diese Bestattungsart - traditionell nachwirkend - auch heute noch gelegentlich mit behördlicher Gestattung durchgeführt wird, ist mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt weder personell („einfacher“ Geistlicher) noch räumlich (Lage der Kirche im Industriegebiet) vergleichbar.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. hat diese aus Billigkeitsgründen selbst zu tragen, da sie in beiden Rechtszügen keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
45 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Begräbnisstätten für Priester innerhalb einer Kirche in typischen Industrie- oder Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind. Diese Frage ist, wie der vorliegende Fall zeigt, über den Einzelfall hinaus bedeutsam.
46 
Beschluss vom 04. November 2009
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
16 
Die Berufungen aller Berufungsführer sind zulässig. Sie sind jeweils rechtzeitig und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Die Berufungsführer sind im Umfang ihrer eingelegten Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil sämtlich auch sowohl formell wie materiell beschwert, sodass offen bleiben kann, ob und inwieweit beide Ausprägungen der Beschwer bei Trägern öffentlicher Verwaltung und Beigeladenen vorliegen müssen (vgl. dazu Nachweise bei Happ, in: Eyermann u.a., Komm. zur VwGO, 12. Aufl., Vorb. § 124 RdNrn. 28-30). Die materielle Beschwer der Beklagten folgt daraus, dass sie die beantragte uneingeschränkte Klagabweisung nicht erreicht hat, sondern unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide zur - bisher fehlenden - Bescheidung des Bauantrags nach Ermessen nach § 31 Abs. 1 BauGB verpflichtet worden ist und das Verwaltungsgericht hierbei als Maßstab für die Ermessensausübung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 121 VwGO bindend vorgegeben hat, dass die Kirche der Klägerin das Industriegebiet mitpräge und dass durch die Krypta eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Gebietscharakter nicht hervorgerufen werde. Die Beigeladene zu 1. ist materiell deswegen beschwert, weil sie durch eine der Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen und zugunsten der Klägerin ausfallende Neubescheidung des Bauantrags in ihrem durch § 36 BauGB geschützten Recht auf Planungshoheit verletzt sein kann (vgl. Bader: in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Komm. zur VwGO, 4. Aufl. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048).
B.
17 
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. sind begründet, die Berufung der Klägerin hat hingegen keinen Erfolg.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge der sich ergänzenden Teilberufungen der gesamte Streitgegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Senat hat mithin zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die beantragte baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung des Abstellraums im Untergeschoss ihrer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte) mit 10 Begräbnisplätzen zur Bestattung der jeweiligen Gemeindegeistlichen zu erteilen und die Ablehnungsbescheide daher rechtwidrig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Dies beurteilt sich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und ihm materiellrechtlich keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19 
Allerdings ist die beantragte Nutzungsänderung nach § 49 Abs. 1 LBO i.V.m. § 2 Abs. 12 LBO genehmigungspflichtig und greifen die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach §§ 50 und 51 nicht an. Die angestrebte Umwandlung des Abstellraums in eine Begräbnisstätte ist insbesondere nicht nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei, da sich sowohl in bauordnungsrechtlicher Hinsicht (Hygiene, Gesundheitsgefährdung, vgl. dazu die Auflagen des Gesundheitsamts) als vor allem auch bauplanungsrechtlich andere und rechtlich deutlich weitergehende Anforderungen als bei der bisherigen Nutzung des Raums zu Abstellzwecken stellen.
20 
Die geplante Nutzungsänderung ist jedoch nicht genehmigungsfähig . Denn ihr stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Demgegenüber gehört die Zulässigkeit der Krypta, einer privaten - außerhalb eines kommunalen oder eines kirchlichen Friedhofs im Sinne von § 1 Abs. 2 BestattG gelegenen - Begräbnisstätte, nach den spezifischen Anforderungen des Bestattungsrechts (Bestattungsgesetz, Bestattungsverordnung) nicht zum baurechtsbehördlichen Prüfprogramm, sondern ist dem gesondert anhängigen bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG). Da letzteres noch nicht negativ-bestandskräftig abgeschlossen ist, kann der Klägerin das (Sachbescheidungs-)Interesse an der Durchführung des baurechtlichen Verfahrens nicht abgesprochen werden. Die erstrebte Baugenehmigung bildet auch nicht den „Schlusspunkt“ einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Überprüfung derart, dass sie erst erteilt werden darf, wenn die bestattungsrechtliche Genehmigung vorliegt oder mit ihr gerechnet werden darf (gegen diese teilweise vertretene „Schlusspunkttheorie“ vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 -, NVwZ 2000, 1068; weitere Nachweise bei Sauter a.a.O § 58 RdNrn. 61, 62). Ungeachtet der getrennten Verfahren hat die Baurechtsbehörde freilich auch im Bestattungsrecht niedergelegte städtebauliche Leitvorstellungen zur Zulässigkeit von Begräbnisstätten zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 BestattG und gilt vor allem für die Abstandsregelungen nach §§ 3 und 8 BestattG. Die Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen über Friedhöfe wie in Einzelgenehmigungsverfahren oder in Verfahren gegen die Abwehr „heranrückender“ Grabfelder ist unbestritten (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.2009 - 3 S 2728/08 - sowie Normenkontrollbeschlüsse vom 22.06.1998 - 8 S 1950/97 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 11, B3-4; und vom 11.10.1994 - 8 S 434/94 -, VGHBW-Ls 1995, Beil. 1, B5; siehe auch Normenkontrollurteil vom 21.2.1986 - 8 S 2800/85 -, ESVGH 36,197). Die Abstandsregelungen in § 3 BestattG beschränken sich dabei nicht nur auf Friedhöfe, sondern gelten entsprechend auch für private Bestattungsplätze (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG).
21 
Bei Anlegung dieses Prüfungsrahmens ist die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, denn das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „Industriegebiet“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970 zur Art der baulichen Nutzung; gleiches würde im Fall der Plannichtigkeit nach dem Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB gelten (dazu I.). Zwar handelt es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche freilich eigenständig zu würdigende - Nutzungsart nach dem Ausnahmekatalog des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968/1990 (dazu II.). Gleichwohl ist sie wegen Unverträglichkeit mit dem typischen Gebietscharakter des Industriegebiets unzulässig (dazu III.) und dürfte zudem auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (dazu IV.). Wegen dieses Rechtsverstoßes gegen den Bebauungsplan ist das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht eröffnet und auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt - auch im Licht des Art. 4 GG und des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV - nicht in Betracht (dazu V.). Schließlich verstößt die Ablehnung der Krypta auch nicht gegen Art. 3 GG (dazu VI.).
I.
22 
1. Maßstab für die planungsrechtliche Beurteilung der geplanten Krypta ist der Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ bis „Beim Fürfelder Zollstock“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970. Dieser setzt für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) nach § 9 BauNVO 1968 fest. Ziff. 1 des Textteils sieht ferner vor, dass Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 „zugelassen werden“. Diese Regelung ist nicht dahin zu verstehen, dass die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Anlagen in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1968 allgemein zulässig sein sollen, sondern sie sollte, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, ersichtlich nur die Grundlage für deren ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BBauG (= § 31 Abs. 1 BauGB) schaffen.
23 
Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten wurde die Aufstellung des Bebauungsplans in seiner endgültigen Ausdehnung am 26.09.1969 und die Offenlage am 14.08.1970 beschlossen, lag der Planentwurf - nach rechtzeitiger öffentlicher Bekanntmachung - vom 18.09. bis 19.10.1970 öffentlich aus und erfolgte am 06.11.1970 der Satzungsbeschluss. Dass der Satzungsbeschluss vom Bürgermeister der Beigeladenen allein gefasst wurde, weil der Gemeinderat wegen Befangenheit mehrerer Gemeinderäte beschlussunfähig war, ist nicht zu beanstanden. Der Bürgermeister hat damit von seiner Entscheidungskompetenz nach § 37 Abs. 4 GemO Gebrauch gemacht (vgl. dazu zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303). Die Satzung sowie der Rechtsplan mit den textlichen und zeichnerischen Festsetzungen sind vom damaligen Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter dem 06.11.1970 jeweils ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Am 28.05.1971 ist der Bebauungsplan zwar im vereinfachten Verfahren nach § 13 BBauG wegen Verschiebung der Baugrenze auf einem Grundstück geändert worden. Auch dieser Beschluss ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber in ausreichender Weise dadurch ausgefertigt worden, dass der Bürgermeister das Sitzungsprotokoll mit Wiedergabe des Planänderungsbeschlusses am 08.06.1971 unterschrieben und damit in ausreichender Weise die Authentizität der Planänderung bekundet hat (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.02.2009 - 3 S 2290/07 -, DÖV 2009, 544 [Ls]). Der am 21.07.1971 vom Landratsamt Sinsheim genehmigte Plan ist daher mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im August 1971 wirksam geworden.
24 
2. Klarstellend bemerkt der Senat, dass vom planungsrechtlichen Rahmen eines Industriegebiets nach § 9 Abs. 1 bis 3 BauNVO auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre. Denn die nähere Umgebung des Kirchengrundstücks der Klägerin entspricht, worüber auch Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht, aufgrund der vorhandenen betrieblichen Nutzungen nach ihrer Eigenart zweifelsfrei einem Industriegebiet. Wie dargelegt, befindet sich auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ein flächenintensiver Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern. Die Arbeiten finden in einer großen Halle sowie im Schichtbetrieb statt. Die Grundstücke westlich des Kirchengrundstücks werden von einer Schlosserei, einem Landschaftsbaubetrieb, einer Lackiererei, einem Karosserie- und Fahrzeugbaubetrieb, einem Textildruckbetrieb und einem Schrotthandel eingenommen. Weitere Großbetriebe liegen dem Kirchengrundstück jenseits der Industriestraße gegenüber, darunter insbesondere der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern sowie nördlich davon das Betonwerk. In den Blick zu nehmen sind ferner die neue Gießerei der Beigeladenen zu 2. östlich des bisherigen Betriebsgeländes, aber auch die sich westlich des Betriebsgeländes anschließenden Betriebe und Betriebsteile, wie die im Bau befindliche Lagerhalle des Holzverarbeitungsbetriebs, ein Betrieb für Verpackungsmaterialien sowie ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit ca. 150 Mitarbeitern. Nach unbestrittener Mitteilung der Beklagten unterliegen zumindest die Gießerei und das Betonwerk sowie eine im angrenzenden Industriegebiet errichtete Druckerei wegen ihrer Emissionen oder Größe der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Angesichts dieser Massierung industriegebietstypischer gewerblicher Anlagen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO wäre bei Plannichtigkeit mithin zweifelsfrei von einem faktischen Industriegebiet nach § 34 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 BauNVO auszugehen. Die Existenz der Kirche der Klägerin würde hieran nichts ändern. Sie ist eine zwar große, aber doch die bisher einzige nichtgewerbliche Nutzung. Als solche mag sie bei der Gebietsbewertung (und nicht lediglich als „Fremdkörper“) zu berücksichtigen sein. Angesichts der Größe und des Umfangs der umgebenden Industriebetriebe vermag sie die industrielle Hauptnutzung der Umgebung jedoch nicht umzuprägen. Die Zulässigkeit der Krypta würde sich somit nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richten, sodass relevante Unterschiede zur Rechtslage bei Plangültigkeit nicht bestünden.
II.
25 
Gemessen am Wortlaut des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist die streitige Krypta nicht schon deswegen unzulässig, weil sie unter keine der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Ausnahmenutzungen fällt. Der gegenteiligen Auffassung der Beigeladenen zu 1. und der Beklagten, es handle sich um eine unter § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht subsumierbare eigenständige Nutzungsart „sui generis“, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Krypta wegen ihrer Beschränkung auf Gemeindepriester und ihres Zusammenhangs mit der Bestattungstradition der syrisch-orthodoxen Kirche noch als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht schon daraus, dass sie das rechtliche Schicksal der Gemeindekirche als „mitgezogener“ Annex oder als Nebenanlage nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO teilt. Vielmehr ist sie trotz ihrer räumlichen Verbindung mit der Gemeindekirche als städtebaurechtlich eigenständige „Hauptanlage“ zu bewerten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
26 
1. Anlagen für kirchliche Zwecke sind - ebenso wie die sonstigen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen - im weitesten Sinn Anlagen für den Gemeinbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Sie haben nach ihrem Zweck einen Gemeinwohlbezug und stehen im Rahmen der Zweckbestimmung prinzipiell allen Interessierten offen. „Kirchliche“ Anlagen umfassen insbesondere Kirchengebäude, Gemeindehäuser, kirchlich geleitete Kindergärten und Kindertagesstätten, Pfarrhäuser, konfessionelle Beratungs- und Betreuungsstellen sowie sonstige Einrichtungen von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind von den Anlagen für kulturelle Zwecke - zu denen auch religiös ausgerichtete Anlagen nichtkirchlicher Art gehören können - und den Anlagen für soziale Zwecke zu trennen, wobei freilich Überschneidungen und Doppelfunktionen nicht selten sind.
27 
a) Danach stellt die 1994 genehmigte syrisch-orthodoxe Kirche zweifelsfrei eine Anlage für kirchliche - und nicht „nur“ religiöse/kulturelle - Zwecke dar. Sie beherbergt die für christliche Kirchen typischen Räumlichkeiten (Altarraum, Chor, Taufbecken, Gebetsraum für die Gemeindemitglieder mit Bänken, Türme, Kuppel) und dient dem kirchentypischen Zweck der Andacht, des Gottesdienstes und der Anbetung Gottes. Auch die organisatorischen Strukturen einer „Kirche“ werden erfüllt. Die Klägerin versteht sich als Mitglied der Erzdiözese der „Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland“. An deren Spitze steht ein Patriarchalvikar (Bischof) mit Sitz in Warburg, der wiederum Stellvertreter des Patriarchen von Damaskus ist (vgl. Schreiben des Patriarchalvikars vom 26.03.2006 sowie Nachweise in Wikipedia, Onlinelexikon, Stichwort „Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien“). Die Klägerin ist zudem als eingetragener Verein mit den Organen Vorstand (Kirchenrat) und Mitgliederversammlung organisiert. Dass die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV hat, ist für die Eigenschaft ihrer Gotteshäuser als kirchliche Anlagen unerheblich, zumal auch Moscheen wegen ihrer Funktion als Gebetshäuser trotz Fehlens organisatorischer kirchlicher Strukturen zunehmend den Anlagen für kirchliche Zwecke zugerechnet werden (vgl. etwa BVerwG , Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BRS 54 Nr. 193; anders VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324: Moscheen sind Anlagen für religiöse/kulturelle Zwecke).
28 
b) Auch die Krypta ist angesichts ihrer konkreten Zweckbestimmung als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen. Als Begräbnisstätte nur für Gemeindepriester unterscheidet sie sich von herkömmlichen kommunalen oder auch konfessionellen kirchlichen Friedhöfen oder Bestattungshallen. Ihren kirchlichen Bezug gewinnt sie dadurch, dass Priester der syrisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer herausgehobenen Stellung nicht auf Gemeindefriedhöfen, sondern nur in Kirchen bestattet werden dürfen und die Beisetzung jedenfalls traditionell in der „Hauskirche“ erfolgen soll. Dies reicht aus, um die Eigenschaft als kirchliche Anlage zu begründen, ohne dass an dieser Stelle auf Bedeutung und Gewicht der einzelnen Begräbnisriten näher eingegangen werden muss.
29 
2. Trotz dieses kirchlichen Nutzungszwecks stellt die Krypta aber weder einen bloßen „mitgezogenen“ Annex noch eine „Einrichtung“ der Kirche im Sinne von § 14 Abs. 1 BauNVO dar. Denn sie widerspricht wohl schon der „Eigenart“ des umgebenden Industriegebiets (vgl. dazu die Ausführungen unten zum deckungsgleichen Begriff der Gebietseigenart in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Zudem dient sie aber auch weder dem Nutzungszweck der in dem Industriegebiet gelegenen Grundstücke noch dem des Industriegebiets selbst. In ihrer Funktion als kirchliche Begräbnisstätte ist sie weder dem primären gewerblichen Nutzungszweck des Industriegebiets selbst noch der diesem Nutzungszweck entsprechenden tatsächlichen Bebauung auf den umliegenden Grundstücken zu- und untergeordnet (so die ständige Definition der Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 14 RdNr. 3). Vielmehr fehlt es an jeglichem Funktionszusammenhang zwischen dem industriegebietstypischen produzierenden Gewerbe und einer kirchlichen Begräbnisstätte, was zur Gebietsunverträglichkeit der Krypta führt (dazu nachfolgend). Die Krypta steht auch mit der kirchlichen Nutzung des Baugrundstücks selbst in keinem dienenden Zusammenhang. Nach der durch tatsächliche Gepflogenheiten und den aktuellen rechtlichen Rahmen geprägten Verkehrsanschauung sind Kirchen Versammlungsstätten von Menschen zum Zwecke der Andacht, des Gebets und der Zwiesprache mit Gott. Diesem Zweck zugeordnet sind, wie dargelegt, auch andere einem aktiven organisierten Gemeindeleben dienende Einrichtungen, wie sie zum Teil auch im Untergeschoss der Kirche der Klägerin genehmigt sind (Pfarrbüro, Gemeinderatssaal). Begräbnisstätten - auch für Priester - gehen über diesen Rahmen einer kirchlichen „Hilfsfunktion“ aber deutlich hinaus, sie sind diesen gegenüber ein kirchliches „aliud“ . Die Bestattung der Geistlichen in der eigenen Kirche - freilich auch damals nur höherer Würdenträger - mag in früheren Jahrhunderten üblich gewesen sein, sie entspricht der derzeitigen deutschen und europäischen Rechts- und Kirchenpraxis der großen christlichen Kirchen jedoch nicht mehr. Geistliche werden vielmehr grundsätzlich auf kommunalen oder auf kirchlichen Friedhöfen beigesetzt. Dies entspricht der auch verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtslage, wie sie im Bestattungsrecht der meisten Länder ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst in den syrisch-orthodoxen Gotteshäusern in Deutschland sind solche Einrichtungen bislang nicht anzutreffen. Sie werden vielmehr - wie seit vielen Jahren auch die Kirche der Klägerin - als Kirchen herkömmlicher Nutzungsbreite geführt.
III.
30 
Auch wenn sie als kirchliche „Hauptanlage“ unter den Nutzungskatalog der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten fällt, ist die Krypta gleichwohl aus Rechtsgründen im (festgesetzten wie im faktischen) Industriegebiet unzulässig, weil sie gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit verstößt.
31 
1. Das Merkmal der Gebietsverträglichkeit folgt aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der BauNVO. Diese weisen den Baugebieten jeweils eine allgemeine Zweckbestimmung, eine typische Funktion, zu. Rechtssystematisch, teleologisch und funktional ist die Gebietsverträglichkeit untrennbar mit der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus verbunden. Diese allgemeine Zweckbestimmung, den normtypischen Gebietscharakter des jeweiligen Baugebiets, hat der Verordnungsgeber jeweils in den Absätzen 1 der Baugebietsvorschriften umschrieben und dem Katalog der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Absätzen 2 und 3 gleichsam „vor die Klammer gezogen“ eingrenzend vorangestellt. Die Gebietsverträglichkeit bildet demgemäß die Zulässigkeitsgrenze für die allgemein wie für die nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten der Baugebiete (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786 sowie Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 1118 f.)
32 
Rechtsdogmatisch ist die Gebietsverträglichkeit der Prüfungsebene des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO übergeordnet. Anders als bei letzteren kommt es auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft, auf die konkrete Gebietseigenart und auf den konkreten Störungsgrad des Vorhabens für den Nachbarn nicht an. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO greift erst ein, wenn es darum geht, die Genehmigung solcher Vorhaben zu versagen, die zwar nach Art, Größe, Störpotential oder Störungsempfindlichkeit den typischen Gebietscharakter nicht konterkarieren, jedoch nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets „vor Ort“ widersprechen bzw. für die Nachbarschaft mit unzumutbaren Belästigungen oder Störungen verbunden sind (vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, a.a.O.). So ist die Gebietsverträglichkeit solcher Vorhaben in Wohngebieten verneint worden, von denen eine allgemeine Unruhe ausgeht, die mit der typischen Zweckbestimmung der Gebiete (möglichst ungestörtes Wohnen) nicht vereinbar ist (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 a.a.O: Unzulässigkeit eines Dialysezentrums - Anlage für gesundheitliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - im WA; BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 118: Zustellstützpunkt der Deutschen Post - Anlage für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO - im WA). In den Gewerbegebieten hat die Rechtsprechung umgekehrt solche Vorhaben als gebietsunverträglich eingestuft, die aufgrund ihrer besonderen Störanfälligkeit oder ihrer „gewerbefremden“ Funktion mit der typischen Betriebsamkeit und Emissionsbelastung des gewerblichen Umfelds nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, VBlBW 1993, 49: Pensionsbetrieb im GE; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499: Seniorenpflegeheim im GE). In der auch von den Beteiligten mehrfach zitierten Entscheidung über die Zulässigkeit einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium) mit angeschlossenem Zeremonienraum im Gewerbegebiet hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: Krematorien seien jedenfalls dann, wenn sie über einen Raum für Trauerfeierlichkeiten verfügten, für Gewerbegebiete nicht charakteristisch. Gewerbegebiete zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet werde, sie seien geprägt durch „werktägliche Geschäftigkeit“. Nach dem Leitbild der BauNVO seien sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Demgegenüber handle es sich bei Krematorien mit einer angeschlossenen Pietätshalle um Orte, an denen die Hinterbliebenen in Ruhe, Besinnung und innerer Einkehr von den Verstorbenen Abschied nehmen wollten. Das nach herkömmlicher Anschauung erforderliche kontemplative Umfeld für eine pietätvolle Totenbestattung sei nicht gegeben. Dass derartige Krematorien nicht mit der typischen Funktion eines Gewerbegebiets im Einklang stehen, werde auch durch deren lediglich ausnahmsweise Zulassung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bestätigt (Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, ZfBR 2006, 262 f.; ebenso BayVGH im zugrunde liegenden Urteil vom 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, BauR 2005, 1884; a.A. teilweise OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.10.2005 - 8 B 11345/05 -, BauR 2006, 336).
33 
2. Gemessen daran ist auch die streitige Krypta (schon) auf der Ebene der Gebietsverträglichkeit unzulässig. Als Begräbnisstätte mit spezifischen Nutzungs- und Lagebedürfnissen ist sie mit der Zweckbestimmung und dem Charakter des umliegenden Industriegebiets städtebaulich nicht vereinbar. Auf diese Rechtsverletzung können sich auch die Gebietsanlieger, vornehmlich die Beigeladene zu 2., aber auch der Betreiber des östlich angrenzenden Holzverarbeitungsbetriebs, berufen (zum Nachbarschutz vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008, a.a.O.).
34 
a) Wie mehrfach dargestellt, dienen Industriegebiete nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten (also auch in Misch- oder Gewerbegebieten) unzulässig sind. Hier finden - stärker noch als in Gewerbegebieten - mithin typischerweise gewerbliche Lebensbetätigungen mit der entsprechenden Betriebsamkeit von Arbeitnehmern, Kunden und Anlieferern sowie einer spezifischen „Unruhe“ durch den Gebietsverkehr mit hohem Lkw-Anteil statt. Sie müssen als Hauptnutzung gegenüber sonstigen - misch- oder gewerbegebietsverträglichen - Betrieben im Baugebiet überwiegend zulässig bleiben (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 9 RdNr. 1.13). Zu dieser Hauptnutzung gehören im Grundsatz die nach den §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. § 2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schichtarbeit nachts und an Wochenenden ist in Industriegebieten regelmäßig zulässig und findet auch in dem der Klägerin benachbarten Holzverarbeitungsbetrieb statt. Die „werktägliche Geschäftigkeit“ kann sich daher auch auf die üblichen Ruhezeiten und auf die Wochenenden erstrecken. Die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprechen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft. Die vorhandene Kirche als einzige Ausnahmenutzung ist nicht geeignet, den ansonsten rein industriellen (Regel-)Gebietscharakter nach § 9 Abs. 1 BauNVO in Frage zu stellen.
35 
b) Mit dieser Gebietstypik verträgt sich die im Streit stehende Krypta mit 10 Begräbnisplätzen nicht. Es handelt sich um einen nur von außen über eine Tür auf der Südseite zugänglichen Raum; die Fläche östlich der Grabnischen steht für Trauernde und Betende zur Verfügung. Das Trauern und Gedenken findet entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nur im Innern unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern wird auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein. Dies ergibt sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens. Danach soll das Gedenken „feierlich zelebriert“ (Bauantrag) und sollen die Toten mit gelegentlichen Feiern geehrt werden (Prof. ...). Nach Schilderung der Klägerin im Ausgangsverfahren 1994 ist es zudem Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den „Priestergruften“ Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Dass sich an diesem Brauch zwischenzeitlich Grundlegendes geändert hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert erklärt, darauf verzichten zu wollen. Für die Gebietsverträglichkeit sind letztlich aber Quantität und Dauer der „externen“ Traueraktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die funktionsgemäße städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte. Sie erfordert zum Schutz der Totenruhe wie zum Schutz der Trauernden ein ruhiges, pietätvolles Umfeld ohne unmittelbare Konfrontation mit dem Arbeitsalltag und immissionsintensiven Betrieben. Das Schutzbedürfnis ist bodenrechtlich dem eines Friedhofs durchaus vergleichbar. Auch dort werden die Toten häufig in einem Trauerraum im Inneren der Totenhalle oder der Friedhofskapelle aufgebahrt. Während dieser Zeit kann von ihnen Abschied genommen werden. Danach werden sie in Erd- oder Urnengräber überführt, wo ihrer jederzeit - auch mit Gedenkgottesdiensten - gedacht werden kann. Zum Schutz der Totenruhe, der Würde des Anlasses und Ortes hat dies alles in einer ruhigen, der Besinnung und inneren Einkehr angemessenen Umgebung zu geschehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 40). Das Bauplanungsrecht trägt dem durch zweckentsprechende Regelungen für die Bauleitplanung Rechnung (vgl. auch den Hinweis in BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005, a.a.O.). So können gemeindliche oder kirchliche Friedhöfe als öffentliche oder private Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ausgewiesen und innerhalb dieser können die zugehörigen Gebäude (Leichenhalle, Kapelle) mittels Baufenstern für Gemeinbedarfsanlagen festgelegt werden; zudem kann durch die Anordnung von Bepflanzungen und Bauverbotsflächen gesichert werden, dass die räumlich und optisch erforderlichen Schutz- und Freiräume im Umfeld gewährleistet sind. Flächen für Kirchen mit umgebenden Bestattungseinrichtungen (Gemeindefriedhof oder Bestattungsräume) können gegebenenfalls auch als Sondergebiete nach § 11 Abs. 1 BauNVO festgelegt werden, da sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Kleinere gebäudeinterne Bestattungseinrichtungen können schließlich auch durch Ausweisung einer isolierten Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit konkretem Nutzungseinschrieb festgelegt werden. Schließlich sind wie oben bereits dargelegt, die im Bestattungsgesetz normierten Abstandsvorschriften in den Blick zu nehmen, die Ausdruck städtebaulicher Leitvorstellungen sind. Nach § 3 BestattG ist bei der Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen unter anderem zu Gewerbe- und Industriegebieten ein ausreichender Abstand einzuhalten. Hieraus folgt, dass Friedhöfe erst Recht innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich unzulässig sind. Gleiches gilt für die Errichtung privater Bestattungsplätze nach § 9 BestattG, auf die § 3 BestattG entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG). Das den §§ 3, 9 Abs. 3 BestattG zu entnehmende planerische Trennungsgebot zwischen Bestattungsanlagen und Gewerbegebieten entspricht nicht nur den gängigen kulturellen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), sondern auch dem wohlverstandenen Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB). Deren schützenswerte Interessen an der (städtebaulichen) Gewährleistung von Gottesdienst und Seelsorge werden dadurch nicht geschmälert. Dies gilt auch für die Klägerin.
IV.
36 
Angesichts der Gebietsunverträglichkeit der Krypta kommt es auf die Frage, ob sie darüber hinaus auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in unmittelbarer oder (über § 34 Abs. 2 BauGB) mittelbarer Anwendung verstößt, nicht mehr an. Der Senat merkt zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten gleichwohl an, dass ein solcher Verstoß zu bejahen wäre. Die Krypta als Begräbnisstätte dürfte nach ihrer Zweckbestimmung als letzte Ruhestätte der Eigenart des Baugebiets bei Gültigkeit wie bei Ungültigkeit des Bebauungsplans widersprechen. Auch hierauf könnten sich die Gebietsanlieger im Rahmen ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.2009, a.a.O. m.N.).
37 
1. Die „Eigenart“ eines Baugebiets ergibt sich, anders als die Gebietsverträglichkeit, nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO, sondern bedarf des Blicks auf die konkrete Ausgestaltung des Baugebiets. Bei beplanten Gebieten lässt sich die Eigenart erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die das Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde berücksichtigt werden, soweit dieser in den Festsetzungen und in der Planbegründung zum Ausdruck gekommen ist; bei unbeplanten (faktischen) Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376; Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 -, BauR 1991, 714). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des nachbarlichen Gebietserhaltungsanspruchs; die Vorschrift dient der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets und verlangt nicht, dass andere Gebietsanlieger unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499). Damit überschneidet sich der Schutzzweck „Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gebietsverträglichkeit. Dessen Erwägungen zum typischen Charakter eines Baugebiets sind bei Beurteilung der örtlichen Verhältnisse im Plangebiet in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, juris). Dies hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen die Eigenart des konkreten örtlichen Baugebiets unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bzw. der im Planvollzug verwirklichten Nutzungen nicht von seiner vom Normgeber gewollten typischen Zweckbestimmung abweicht, ein nicht gebietsverträgliches Vorhaben grundsätzlich auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht.
38 
2. So liegt der Fall hier. Weder die Festsetzungen noch die Begründung des hier maßgeblichen Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 enthalten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche lassen eine geradezu „klassische“ Industriegebietsnutzung erkennen. Dies wurde an anderer Stelle dargelegt, hierauf wird verwiesen. Auch bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB ist von einer Identität zwischen der regeltypischen Beschaffenheit und der konkreten Eigenart des Gebiets auszugehen, ohne dass die vorhandene Kirche als - einzige - Ausnahmenutzung daran etwas ändert.
V.
39 
Die nach all dem aus Rechtsgründen unzulässige Krypta kann auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden. Zunächst spricht alles dafür, dass diese private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berührt, die - nach dem Maßstab zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13.06.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet war. Jedenfalls führt der Verzicht auf die Krypta aber weder zu einer baugrundstücksbezogenen Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) noch ist diese Bestattungseinrichtung innerhalb des Industriegebiets städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Die hier vorliegende (städtebauliche) Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens schließt es aus, dieses im Widerspruch dazu auf der Befreiungsebene als städtebaulich vertretbar zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054). Schließlich erfordern es auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet wird. Dies gilt auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in ihrer Funktion als im Genehmigungsverfahren zu beachtende objektivrechtliche Wertentscheidungen.
40 
1. a) Was das - einheitliche - Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrifft, zu dem auch die freie Religionsausübung gehört, dürfte dessen Schutzbereich hier berührt sein. Dabei ist zum einen auf die Gemeindemitglieder der Klägerin einschließlich der Geistlichen als individuelle Grundrechtsträger, zum anderen auf die Klägerin als religiös-kirchlicher Verein, als kollektive Grundrechtsträgerin, abzustellen (vgl. dazu Rechtsprechungsnachweise bei Jarras/Pieroth, Komm. zum GG, 8. Aufl., Art. 4 RdNrn. 18, 19). Zu den geschützten Tätigkeiten der Gemeindemitglieder - gleich ob Angehörige der großen Kirchen oder kleinerer Glaubensgemeinschaften - gehören insbesondere die zum Bekenntnis des Glaubens erforderlichen kultischen Handlungen sowie religiöse Feiern und Gebräuche. Diese glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn sind durch die versagte Krypta wohl nicht berührt. Denn das Beten, Gedenken und Trauern um Verstorbene - auch um verstorbene Geistliche - wird den syrisch-orthodoxen Gemeindemitgliedern nicht vorenthalten, sie können diese Tätigkeiten jederzeit ohne weiteres auch in der Kirche ausüben. Auch Prozessionen zum Gedenken an verstorbene Pfarrer sind ohne die Krypta möglich. Über diesen engeren Bereich der Religionsausübung hinaus schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch „das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln“ (ständige Formel des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 17.12.1975 - 1 BvR 63/68 -, BVerfGE 41, 29). Auch die Klägerin selbst, deren Zweck die Pflege und Förderung des christlichen Glaubens in seiner syrisch-orthodoxen Ausprägung ist, kann sich grundsätzlich auf die Religionsausübung in diesem Umfang einschließlich der eigenen innerkirchlichen Organisationsfreiheit (Art. 137 Abs. 3 WRV) sowie nach außen gerichteter glaubensbezogener Tätigkeiten berufen, soweit sie sich im Rahmen des kirchlichen Aufgabenbereichs halten. Verhaltensregeln einer Religionsgemeinschaft müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „zwingend“ dergestalt erweisen, dass sie dem Betroffenen eine ansonsten unausweichliche seelische Bedrängnis ersparen (vgl. Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 = NJW 2001, 1225; vgl. auch Urteil vom 26.06.1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 224 m.w.N.). Bei dem gebotenen weiten Verständnis des Art. 4 GG sind allerdings auch unterhalb dieser Schwelle zwingender religiöser Gebote liegende Regeln, Traditionen oder Gebräuche einer Religionsgemeinschaft nicht schutzlos. Ihre geringere Schutzwürdigkeit führt jedoch zu geringeren Anforderungen auf der Ebene der (verfassungsimmanenten) Schranken.
41 
b) An diesen Vorgaben gemessen bewertet der Senat das Bedürfnis, über eine Krypta zur Bestattung der Gemeindepriester in der eigenen Kirche zu verfügen, zwar als einen vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG erfassten Teil des traditionellen Ritus der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft, nicht jedoch als einen aktuellen zwingenden Bestandteil der Religionsausübung im engeren Sinn. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Begräbnisregel insofern hohe religiöse Bedeutung hat, als es verboten ist, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten und stattdessen die Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen, während dieses Privileg einem Laien verschlossen ist „selbst wenn er König wäre“. Dieses Kirchenbestattungsgebot für Priester wird in den von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen jedenfalls übereinstimmend bestätigt (vgl. insbesondere die Stellungnahme der Theologen Prof. Dr. ... vom 10.03.1995 und Prof. Dr. ... vom 06.03.1995). Um dieses allgemeine priesterliche Kirchenbestattungsgebot/Friedhofsbestattungsverbot geht es hier aber nicht. Dieses Gebot kann ungeachtet der hier streitigen Genehmigung eingehalten werden, da syrisch-orthodoxe Priester in Deutschland ersichtlich von der Bestattungspflicht auf Friedhöfen befreit sind und stattdessen dem religiösen Ritus gemäß unter einem Kirchaltar in einer Klosteranlage in den Niederlanden beigesetzt werden dürfen (vgl. dazu auch den von der Klägerin vorgelegen Schriftverkehr mit niederländischen Behörden). Dass die Beisetzung der Priester darüber hinaus zwingend, d.h. mit derselben Verpflichtungskraft, gerade auch in der „Hauskirche“ erfolgen muss, wird von den Sachverständigen indessen nicht eindeutig bekundet. Der Patriarchalvikar weist in seinem Schreiben vom 26.03.2006 vor allem auf die Traditionen in früheren Zeiten hin und auch sein Schreiben vom 08.09.2009 legt die Bedeutung der „Hausbeisetzung“ nicht hinreichend dar. Gegen den zwingenden Charakter der „Hausbeisetzung“ sprechen vor allem aber die Aussagen und das Verhalten der Klägerin selbst. So haben die Vertreter der Klägerin im Zuge ihres ersten Bauantrags (für die Kirche mit Krypta) darauf hingewiesen, dass die Beisetzung der Priester norddeutscher Gemeinden im Kloster St. Ephrem in Glane-Losser/Niederlande praktiziert werde, diese Praxis ihr selbst wegen der großen Entfernung von fast 500 km aber nicht zugemutet werden könne (Widerspruch vom 20.01.1994). Diese Argumentation kann der Senat gut nachvollziehen, sie lässt aber erkennen, dass die Bestattung der Gemeindepriester auch außerhalb der eigenen Kirche als zwar nicht der heimischen Tradition gemäß, gleichwohl aber innerhalb angemessener Entfernung noch als hinnehmbar angesehen wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sich im Anschluss mit der Genehmigung auch nur des Kirchenbaus ohne Krypta begnügt und die Kirche sodann gebaut und genutzt. Hätte der Verzicht auf die Hausbeisetzung die Klägerin in seelische Bedrängnis gebracht, hätte sie auf den Bau an der vorgesehenen Stelle im Industriegebiet verzichtet und sich um einen anderen Bauplatz bemüht. Zu berücksichtigen ist ferner die Erklärung der Vereinsvertreter der Klägerin während des Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens, wonach die im norddeutschen Raum liegenden syrisch-orthodoxen Gemeinden „aufgrund der Nähe“ zu dem niederländischen Kloster „keine Notwendigkeit (hätten), sich Gedanken über eine Krypta zu machen“ (Schreiben an die Beigeladene zu 1. vom 23.09.2005). Diese Äußerung belegt nochmals deutlich, dass die Klägerin der Hausbestattung jedenfalls keine zwingende Bedeutung beimisst.
42 
2. Der trotz dieses geringeren Stellenwerts der Hausbestattung verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit durch Versagung der Baugenehmigung ist gerechtfertigt. Die Krypta erfordert, wie dargelegt, ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen. Dieses Umfeld ist in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befindet sich die Krypta auch nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet wird, wobei teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfindet. Diese Situation widerspricht der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern wird der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG ergibt (BVerfG, Urteil vom 24.02.1971 - 1 BvR 435/68 -, BVerfGE 30, 173 = NJW 1971, 1645). Darüber hinaus wird bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setzt sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und ist auch verhältnismäßig. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort verwirklicht, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Wie dargelegt, bietet das Planungsrecht zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine der Totenruhe angemessene pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen.
VI.
43 
Die Ablehnung der Krypta im vorliegenden Fall verstößt auch nicht gegen das spezielle Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 3 GG. Die Klägerin wird dadurch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen gegenüber den großen christlichen Kirchen benachteiligt. Das Nutzungsverbot zielt zunächst nicht auf die kirchliche Ausrichtung der Klägerin ab, sondern soll allein dem Schutz einer angemessenen und würdigen Totenruhe dienen. Der Senat vermag insbesondere aber keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur - allein in Betracht kommenden - katholischen Kirche zu erkennen. Katholische Gemeindepriester werden seit langem auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen bestattet, private Bestattungsplätze in Kirchen werden ihnen aus den gleichen städtebaulichen Gründen verweigert oder gewährt wie der Klägerin. Die Situation, dass früher hohe Würdenträger in ihren Kirchen beigesetzt werden durften und dass diese Bestattungsart - traditionell nachwirkend - auch heute noch gelegentlich mit behördlicher Gestattung durchgeführt wird, ist mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt weder personell („einfacher“ Geistlicher) noch räumlich (Lage der Kirche im Industriegebiet) vergleichbar.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. hat diese aus Billigkeitsgründen selbst zu tragen, da sie in beiden Rechtszügen keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
45 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Begräbnisstätten für Priester innerhalb einer Kirche in typischen Industrie- oder Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind. Diese Frage ist, wie der vorliegende Fall zeigt, über den Einzelfall hinaus bedeutsam.
46 
Beschluss vom 04. November 2009
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. März 2009 - 3 K 230/08 - wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Rechtssache sowie Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) gestützte Antrag hat aus den von den Klägern dargelegten, nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO indes allein maßgeblichen Gründen keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392), dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32).
Entsprechende Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, mit dem die Verpflichtungsklage der Kläger auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung ihres Gebäudes „N. U.-straße 8“ in ein Hotel abgewiesen wurde, lassen sich der Antragsbegründung nicht entnehmen.
Soweit die Kläger den dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Rechtssatz in Frage zu stellen versuchen, dass ein Beherbergungsbetrieb wegen seines typischen Erscheinungsbildes, insbesondere wegen der typisierenden Standortanforderungen, der (allgemeinen) Zweckbestimmung eines Industriegebiets in der Regel nicht entspreche und anderes allenfalls dann gelten könne, wenn ein solcher Besonderheiten aufweise, die ihn von den typischen Beherbergungsbetrieben unterschieden (vgl. UA, S. 11 oben), muss dies erfolglos bleiben. Den beanstandeten Rechtssatz hat das Verwaltungsgericht in konsequenter Anwendung der (neueren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu insbes. BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 -, BVerwGE 68, 207, Urt. v. 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, BVerwGE 90, 140, Urt. v. 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, BVerwGE 116, 155) zu dem von ihm entwickelten, auf der typisierenden Betrachtungsweise aufbauenden eingrenzenden Kriterium der Gebietsverträglichkeit aufgestellt (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO 11. A. 2008, Vorbem. 9.2; Ziegler in: Brügelmann, BauGB , § 1 BauNVO Rn. 44 ff.; ausführlich hierzu Stühler, BauR 2007, 1350 ff.). Das von den Klägern demgegenüber herangezogene, diesen Grundsatz noch nicht berücksichtigende Urteil des beschließenden Gerichtshofs vom 07.11.1974 - VIII 1054/745 -, ESVGH 25, 232), wonach ein Beherbergungsbetrieb in einem Industriegebiet allgemein zulässig sei, sofern dadurch nicht der Gebietscharakter verändert werde, ist insoweit überholt.
Soweit die Kläger weiter geltend machen, dass auch ausgehend von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.04.1992 (a.a.O.) nicht ersichtlich sei, warum ihr Bauvorhaben in dem konkreten Industriegebiet nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO nicht allgemein zulässig sein solle, nachdem es sich von dem vom Bundesverwaltungsgericht in einem Gewerbegebiet als zulässig angesehenen Beherbergungsbetrieb nicht unterscheide, führt auch dies - zumal vor dem Hintergrund der Feststellungen des Verwaltungsgerichts (vgl. UA. S. 11) - auf keine ernstlichen Zweifel. So zeigen die Kläger schon nicht auf, warum den Gästen eines „größeren Hotels mit regelmäßiger kurzer Verweildauer“ bzw. einer „kerngebietstypischen Beherbergungsstätte“ ggf. nicht nur die typischen Belästigungen eines Gewerbegebiets, sondern auch diejenigen eines Industriegebiets mit den dort zulässigen erheblich belästigenden Gewerbebetrieben zugemutet werden könnten. Im Hinblick auf den den Indu-striegebieten zukommenden Zweck, der Unterbringung vorwiegend solcher Gewerbebetriebe zu dienen, die in anderen Baugebieten unzulässig sind (vgl. § 9 Abs. 1 BauNVO), kann solches allenfalls beim Vorliegen noch weiterer Besonderheiten in Betracht kommen (vgl. zur Frage der Zulässigkeit eines Bordells im Industriegebiet BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 -, BVerwGE 68, 213). Inwiefern solche entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts darin begründet sein könnten, dass das Gebäude, dessen Umnutzung in Rede steht, „mit Schallschutzfenstern ausgestattet ist“, zeigen die Kläger nicht auf. Dass es bei der Frage der Gebietsverträglichkeit hierauf nicht entscheidend ankommen kann, folgt im Übrigen bereits daraus, dass hierfür - auch im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung - die typische bzw. eine sich davon ggf. unterscheidende Nutzungsweise des jeweiligen Gewerbebetriebs und nicht nur dessen Immissionsverträglichkeit maßgebend ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 -, a.a.O.); insbesondere kann nicht entscheidend sein, ob ein störungsempfindlicher, nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb im Einzelfall tatsächlich keinen die maßgeblichen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte überschreitenden Immissionen ausgesetzt ist (vgl. zum umgekehrten Fall eines störenden Betriebs BVerwG, Urt. v. 21.03.2002, a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Kläger folgt auch für das hier in Rede stehende konkrete Industriegebiet nichts anderes, da dessen allgemeine Zweckbestimmung durch keine differenzierenden Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 ff. BauNVO modifiziert ist, welche die Ansiedlung störungsempfindlicher Gewerbebetriebe erleichterten. Vielmehr können nach dem maßgeblichen Bebauungsplan Nr. 614 vom 30.11.1984 Anlagen nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO noch nicht einmal ausnahmsweise zugelassen werden; dass dies gleichermaßen für alle Industriegebiete der Beklagten gilt, ändert daran nichts. Dass sich aus dem konkreten Standort des Vorhabens anderes ergäbe, geht aus der Antragsbegründung ebenso wenig hervor. Inwiefern ungeachtet der im Urteil getroffenen Feststellungen von einer – etwa von der Rücksichtnahme auf ein benachbartes schutzwürdigeres Baugebiet geprägten – „Randlage“ auszugehen wäre, lässt die Antragbegründung nicht erkennen. Die aufgrund der errichteten Gewerbebetriebe entstandene konkrete Eigenart des Industriegebiets ist schließlich, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (UA, S. 12), für den Gebietscharakter eines Industriegebiets nicht bestimmend (vgl. hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB § 1 BauNVO Rn. 10), da sie sich jederzeit ändern kann.
Dass das Verwaltungsgericht in einem weiteren Urteil vom 02.03.2009 – 3 K 484/08 – die Einrichtung eines Bordells in demselben Gebäude für allgemein zulässig angesehen haben mag (vgl. demgegenüber BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 -, a.a.O.), vermag an der Richtigkeit des vorliegend angefochtenen Urteils von vornherein keine ernstlichen Zweifel zu begründen.
2. Dass die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufwiese, geht aus der Antragsbegründung ebenso wenig hervor. Hinsichtlich welcher konkreten Rechtsfrage ein besonderer Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils vorläge, zeigt die Antragsbegründung im Übrigen nicht auf. Vielmehr stellt das Verwaltungsgericht im gebotenen Umfang zunächst die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar und wendet diese sodann konsequent auf den vorliegenden Einzelfall an. Einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der durch diese Rechtsprechung überholten abweichenden Entscheidung des beschließenden Gerichtshofs bedurfte es dabei nicht, weshalb sich auch daraus keine besonderen Schwierigkeiten herleiten lassen.
3. Der Rechtssache kommt auch nicht die geltend gemachte „grundsätzliche Bedeutung“ zu (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine solche kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine fallübergreifende, bisher noch nicht grundsätzlich geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung in einem Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung geboten erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.10.1961 - VIII B 78.61 -, BVerwGE 13, 90 <91 f.>; Urt. v. 31.07.1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 <26>).
Soweit die Kläger für grundsätzlich klärungsbedürftig halten,
10 
„ob ein Beherbergungsbetrieb/Hotel in einem Industriegebiet gemäß § 9 BauNVO in der Regel unzulässig und nur dann zulässig ist, wenn das geplante Hotel Besonderheiten aufweist, die es von typischen Beherbergungsbetrieben/Hotels unterscheidet oder aber solange (grundsätzlich) zulässig ist, als er/es zusammen mit anderen nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben nicht überwiegt und dadurch den Gebietscharakter verändert“,
11 
lässt sich diese Frage bereits durch die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere das Urteil vom 29.04.1992 (a.a.O.), im ersteren Sinne bejahen. Dass dieses Urteil die grundsätzliche Zulässigkeit eines Beherbergungsbetriebs in einem Gewerbebetrieb betraf, ändert an der Allgemeingültigkeit der darin enthaltenen Rechtssätze nichts.
12 
4. Auch eine die Zulassung der Berufung rechtfertigende „Abweichung“ von einer Entscheidung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor, da das von den Klägern bezeichnete Urteil vom 07.11.1974 (a.a.O.) aufgrund der späteren ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum eingrenzenden Kriterium der Gebietsverträglichkeit überholt ist (vgl. BVerwG, 23.03.2009 - 8 B 2.09 -, GewArch 2009, 796, Beschl. v. 17.04.1991 - 5 B 55.91 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 300).
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss vom 09.01.2012 ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klage der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15.06.2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2011 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die genehmigten zwei Mehrfamilienwohnhäuser (Haus 1 mit acht und Haus 2 mit sechs Wohneinheiten) mit vier offenen Stellplätzen und einer Tiefgarage auf dem derzeit unbebauten Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in Müllheim verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller als Eigentümer des östlich angrenzenden und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ... (G... ...) zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), wobei davon auszugehen ist, dass die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert sind und daher Anspruch auf volle Überprüfung ihrer Einwendungen haben. Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller ist Folgendes auszuführen:
I.
Die Antragsteller halten dem Verwaltungsgericht zusammengefasst vor, es hätte die Prüfung des - im unbeplanten Innenbereich von Müllheim innerhalb einer Baulücke gelegenen - Vorhabens auf seine objektive Rechtmäßigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht offen lassen dürfen. Das Gericht hätte diese Frage vielmehr notwendigerweise prüfen und als Prüfungsergebnis zwingend verneinen müssen, da die genehmigten Gebäude in ihrer Massivität, Lage und Wohnungszahl in der durch großzügige Einfamilienhausbebauung gekennzeichneten Umgebung beispiellos seien und eine irreversible Verfremdung des bislang harmonischen und völlig spannungsfreien Baugebiets einleiteten. Dieser massive Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Einfügensgebot löse unmittelbare Abwehransprüche für sie als Angrenzer aus, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Voraussetzungen des Rücksichtnahmegebots bedürfe. Im Übrigen wirkten sich die beiden Häuser aber auch rücksichtslos erdrückend und einmauernd auf ihr nur bescheiden bebautes Wohngrundstück aus, ohne dass es auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ankomme, da diese nur „technisches Recht“ umsetzten und nachbarliche Belange nur untergeordnet berücksichtigten.
II.
Dem ist im dogmatischen Ansatz und im Ergebnis nicht zu folgen:
1. a) In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass § 34 Abs. 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die jeweils maßgebliche nähere Umgebung einzufügen hat, d.h. sich in dem jeweils prägenden Rahmen halten muss und diesen Rahmen nur bei Vermeidung städtebaulicher Spannungen überschreiten darf, unmittelbar keine drittschützende Wirkung entfaltet. Unmittelbarer Drittschutz gegen Gebietsveränderungen steht Gebietsanliegern nur im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB zu, wenn die nähere Umgebung der Nutzungsart nach einem der gesetzlich vorgeformten Gebiete nach §§ 2 ff. BauNVO entspricht. Sie können in diesem Fall nach ihrer Nutzungsart unzulässige Vorhaben abwehren, ohne sich auf die qualifizierten Anforderungen des Rücksichtnahmegebots verweisen lassen zu müssen (sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376 f. sowie Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff. = NJW 1994, 1546 ff.).
Nur in diesem Sonderfall des § 34 Abs. 2 BauGB gesteht der Gesetzgeber, beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung auf Nachbargrundstücken, den Bewohnern unbeplanter und beplanter Gebiete unter dem Gesichtspunkt der „Schicksalsgemeinschaft“ gleiche - unmittelbare - Abwehrrechte zu. Für die übrigen Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB (Nutzungsmaß, Bauweise, über- baubare Grundstücksfläche) gilt dies nicht. Dies verkennen die Antragsteller. Nachbarschützende Wirkung kommt Verstößen gegen diese Merkmale nur mittelbar über das im Begriff des „Einfügens“ aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zu. Dieses ist verletzt, wenn ein Vorhaben es trotz Einhaltung des Umgebungsrahmens hinsichtlich eines oder mehrerer der Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB „an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt“ (so bereits BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 386). Das Rücksichtnahmegebot hat insoweit zunächst objektiv-rechtliche Bedeutung. Nachbarschutz vermittelt es nur insoweit, als - mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts - „in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter“ Rücksicht zu nehmen ist (st. Rpr. zu. § 34 Abs. 1 BBauG wie zu § 34 Abs. 1 BauGB; vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff. sowie Beschluss vom 20.01.1992 - 4 B 229.91 -, juris). An dieser Unterscheidung zwischen objektiv-rechtlicher und subjektiv-rechtlicher Ausprägung des Rücksichtnahmegebots ist rechtsdogmatisch bis heute festzuhalten, auch wenn in der Praxis beide Komponenten meist zusammenfallen und sich daher eine zweistufige Prüfung erübrigt. In Nachbarrechtsverfahren kommt es jedenfalls allein darauf an, ob sich ein Vorhaben in der dargelegten qualifizierten Art und Weise rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats - bezogen auf die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile - zu beurteilen (vgl. etwa Beschlüsse vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff. und vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, war das Verwaltungsgericht nicht zu einer vollumfänglichen und abschließenden Prüfung der streitigen Mehrfamilienhäuser am objektiv-rechtlichen Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB (einschließlich des Rücksichtnahmegebots in seiner objektiv-rechtlichen Ausgestaltung) verpflichtet, sondern durfte sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die Gebäude zu Lasten der Antragsteller anhand eines oder mehrerer der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB subjektiv-rechtlich als rücksichtslos erweisen und insoweit „drittschützende“ städtebauliche Spannungen auslösen (zum Gebot der Rücksichtnahme als Unterfall des Verbots der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen in § 34 Abs. 1 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 -, NVwZ 2011, 436 ff.). Derartige die Schwelle der Rücksichtslosigkeit erreichende Nachteile des Vorhabens für die Antragsteller vermag auch der Senat noch nicht zu erkennen.
a) Bezüglich der Nutzungsart (Wohnen) wird der Rahmen der Umgebung unstreitig eingehalten. Die den Gebietsrahmen möglicherweise übersteigende Gesamtwohnungszahl des Vorhabens (14 Wohneinheiten), die Wohnungsdichte, wird von § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1992 - 3 S 309/92 -, VBlBW 1992, 344 ff. m.w.N.). Sie kann nur mittelbar durchschlagen, etwa dann, wenn gleichzeitig unzumutbarer Verkehrslärm durch die Bewohner hervorgerufen wird. Davon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden, nachdem die Zufahrt zur genehmigten Tiefgarage sich auf der vom Grundstück der Antragsteller abgewandten Westseite des Baugrundstücks befindet.
b) Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind rücksichtslose Auswirkungen des Vorhabens für die Antragsteller noch nicht zu erkennen. Bei der Beurteilung ist hierbei allerdings nicht auf „relative“ Maßkriterien wie insbesondere die - hier eingehaltene - Grund- und Geschossflächenzahl abzuheben, sondern es kommt vorrangig auf die nach außen im Verhältnis zur Umgebungsbebauung prägenden Eigenschaften an, zu denen insbesondere die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude zählen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 1691 f.). Diesbezüglich dürften sich die streitigen zwei Mehrfamilienhäuser sowohl nach ihrer Grundfläche von jeweils etwa 300 m² als auch nach ihrer Geschosszahl und ihrer Gebäudehöhe möglicherweise sogar objektiv-rechtlich (gerade noch) im Umgebungsrahmen halten, der räumlich mindestens die Bebauungszeile südlich der G... umfasst. In dieser Zeile befindet sich das große und damit auch prägende Mehrfamilienwohnhaus auf dem östlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...). Der dortige aus drei versetzten Einheiten bestehende Gebäudekomplex weist ausweislich der nicht bestrittenen Ermittlungen der Antragsgegnerin eine Grundfläche von 315 m² auf, hat ebenfalls zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss und übertrifft die genehmigten Wohnhäuser in der Firsthöhe um mindestens 2 m. Allein schon wegen dieses prägenden Gebäudekomplexes kann der Einschätzung der Antragsteller nicht gefolgt werden, im Baugebiet herrsche „Harmonie“ im Sinne einer in sich geschlossenen und von kleinen freistehenden Einfamilienhäusern geprägten „Schicksalsgemeinschaft“. Unabhängig von ihrer objektiv-rechtlichen Bewertung kommt den genehmigten Häusern auf dem Grundstück der Beigeladenen jedenfalls aber keine (subjektiv) rücksichtslose, weil unzumutbar optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung zu. Diese Entscheidung ist, worauf die Antragsteller zu Recht abheben, nicht allein schon dadurch determiniert, dass die genehmigten Gebäude die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in jeder Hinsicht einhalten. Diese Abstandsflächengebote sind allerdings keine rein „technischen Normen“, sondern haben eine starke nachbarschützende Zielrichtung. Jedoch umfasst ihr Schutzbereichskatalog (Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz und ggf. auch ein Minimum an Wohnfrieden) nicht auch den Schutz gegen optisch erdrückende oder abriegelnde Baukörper. Dieser Schutz wird vielmehr vom bundesrechtlichen Kriterium des Maßes baulicher Nutzung abgeleitet (vgl. Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, BauR 1986, 542 f.). Indessen treten die beiden genehmigten Wohnhäuser der Beigeladenen gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch nicht unzumutbar optisch erdrückend oder gar abriegelnd in Erscheinung. Denn beide Gebäude sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nur mit den Giebelseiten zum Grundstück der Antragsteller hin ausgerichtet, zudem voneinander durch eine Freifläche von ca. 13 m getrennt.
10 
c) Auch bezüglich der überbauten Grundstücksfläche und in einer Gesamtwürdigung aller Umstände müssen die Antragsteller noch nicht mit unzumutbaren Nachteilen rechnen. Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass sich der bisher in Richtung Westen außergewöhnlich günstige Lagevorteil des Grundstücks der Antragsteller im Zuge der Verwirklichung des streitigen Vorhabens verschlechtern wird. Die Antragsteller, die ihr großes Gartengrundstück im Verhältnis zur Umgebung eher gering ausnutzen, können jedoch in Anwendung des Rücksichtnahmegebots nicht verlangen, dass das Nachbargrundstück auch in Zukunft gänzlich unbebaut bleibt oder zwingend nur „in erster Reihe“ mit nur einem Gebäude (Haus 1) bebaut werden darf. Denn im Blockinnenbereich zwischen G... und H... sind auch an anderer Stelle „Hinterlandbebauungen“ in zweiter Reihe anzutreffen. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die durchgehend tiefgestaffelte Bebauung im Bereich nördlich der H..., sondern auch für den Bereich südlich der G...-..., da auch hier - prägend - Wohnbebauung in „zweiter Reihe“ auf den Grundstücken Flst.-Nr. ... (G... ...) und dem dahinterliegenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in einer mit Haus 2 vergleichbaren Bebauungstiefe vorhanden ist.
11 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab und nimmt stattdessen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es nicht, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat im Schriftsatz vom 09.03.2012 zwar Ausführungen zur Sache gemacht. Die an den Anfang gestellte Formulierung, es werde im Folgenden dargetan, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei, ist jedoch nicht als förmlicher Prozessantrag auszulegen. Da die Beigeladene daher für den Fall des Unterliegens kein Kostenrisiko zu tragen gehabt hätte (§ 154 Abs. 3 VwGO), ist es nach der Rechtsprechung aller Bausenate des erk. Gerichtshofs auch nicht unbillig, dass sie - korrespondierend - im Falle des Obsiegens keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen kann (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, VBlBW 2011, 279 f.).
13 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Im Berufungsverfahren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ der Stadt R. ein Anspruch auf baurechtliche Genehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes auf ihrem Grundstück zugestanden habe.
Am 15.06.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück Flst.Nr. ... in R., F.-Sch.-Straße 20, mit 97 oberirdischen Stellplätzen. Der damals geltende Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ (Änderung vom 28.06.1965) setzte für das Baugrundstück ein Gewerbegebiet fest. Bis Ende 1999 befand sich dort die Betriebstätte der Süßwarenbäckerei T.-Werk GmbH & Co. KG; die Betriebsgebäude stehen nach wie vor. Mit Schreiben des Bauordnungsamts der Beklagten vom 27.06.2000 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Stellplätze und die Zufahrt zu den Stellplätzen 87 bis 97 teilweise außerhalb der Baulinie und der überbaubaren Fläche lägen, eine Befreiung hierfür nicht in Aussicht gestellt werde und die Planung zu ändern sei. In der Folgezeit hat die Klägerin ihren Antrag nicht dahin gehend geändert.
Am 27.07.2000 kaufte die Klägerin das Grundstück. Zuvor war mit Verfügung vom 21.07.2000 die Entscheidung über den Baugenehmigungsantrag um zwölf Monate zurückgestellt worden; die Verfügung wurde der Klägerin am 28.07.2000 zugestellt.
Am 02.07.2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten eine Veränderungssperre für das Baugrundstück, in der als Planziel unter anderem die „Unterbringung der Stellplätze in erdüberdeckten Tiefgaragen“ angegeben wird (öffentliche Bekanntmachung: 13.07.2001). Am 10.06.2002 beschloss der Gemeinderat, die Veränderungssperre um ein Jahr zu verlängern (öffentliche Bekanntmachung: 18.06.2002). Am 14.07.2003 beschloss der Gemeinderat mit Zustimmung des Regierungspräsidiums Tübingen, die Veränderungssperre um ein weiteres Jahr auf dann insgesamt vier Jahre zu verlängern (öffentliche Bekanntmachung: 18.07.2003).
Die Beklagte lehnte den Baugenehmigungsantrag mit Bescheid vom 20.8.2002 mit der Begründung ab, das Vorhaben widerspreche den mit der Veränderungssperre gesicherten Planungszielen. Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 21.01.2004 aus denselben Gründen zurück; der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 23.01.2004 zugestellt.
Am 24.01.2004 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag,
die baurechtliche Entscheidung der Stadt Ravensburg vom 20. August 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Antrag vom 9. Juni 2000 begehrte Baugenehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes zu erteilen, hilfsweise, über den Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Am 01.12.2003 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ als Satzung, dessen Festsetzungen etwa zur Unterbringung von Stellplätzen in Tiefgaragen dem Vorhaben der Klägerin widerspricht. Der Bebauungsplan wurde am 17.04.2004 ortsüblich bekannt gemacht.
Daraufhin stellte die Klägerin den - weiteren - Hilfsantrag
10 
festzustellen, dass ihr in der Zeit vom 28. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustand.
11 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 16.03.2005 - 4 K 200/04 - abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt:
12 
Die Verpflichtungsklage bleibe erfolglos, weil der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ wirksam sei und dem Vorhaben entgegenstehe. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Der ursprüngliche Streitgegenstand werde nicht ausgewechselt und im Hinblick auf den geplanten Amtshaftungsprozess bestehe auch ein Feststellungsinteresse. Der Klägerin habe jedoch in der Zeit vom 28.07.2003 bis zum 17.04.2004 kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt zugestanden, weil die am 02.07.2001 erlassene und am 10.06.2002 sowie nochmals am 14.07.2003 verlängerte Veränderungssperre für das Grundstück Flst.Nr. ... dem entgegengestanden habe. Die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre hätten vorgelegen. Formelle Mängel seien nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre beziehe sich auch auf eine hinreichend konkretisierte Planung.
13 
Die weitere (zweite) Verlängerung der Veränderungssperre am 14.07.2003 stelle keine unwirksame „Vorratsplanung“ dar. Zwar habe die allgemeine Geltungsdauer der am 02.07.2001 beschlossenen und am 14.07.2001 bekannt gegebenen Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB am 14.07.2003 und die allgemeine Geltungsdauer der ersten Verlängerung um ein Jahr gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB erst am 15.07.2004 geendet. Gleichwohl sei die weitere Verlängerung bereits am 14.07.2003 erforderlich gewesen. Denn hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin habe die einjährige Zurückstellung des Baugesuchs gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer angerechnet werden müssen, so dass der Klägerin die beantragte Baugenehmigung ohne die erneute Verlängerung hätte erteilt werden müssen mit der Folge, dass die Planung der Beklagten gescheitert wäre. Es sei nicht auf die allgemeine Geltungsdauer der Veränderungssperre abzustellen sondern allein darauf, ob besondere Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 BauGB eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre gegenüber der Klägerin auf insgesamt vier Jahre gerechtfertigt hätten. Das sei der Fall. Es hätten außergewöhnliche, von der Beklagten nicht zu vertretende Umstände vorgelegen, die zu einer Verzögerung des Verfahrensablaufs geführt und die weitere Verlängerung notwendig gemacht hätten. Die ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks, die T.-Werk KG, habe nach Aufgabe von Produktion und Standort zunächst eine Wohnnutzung angestrebt. Diesen Vorstellungen habe der Aufstellungsbeschluss vom 14.06.2000 entsprochen, der die Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes vorgesehen habe. Die Klägerin, die das Grundstück am 27.07.2000 gekauft habe, habe abweichend hiervon jedoch eine rein gewerbliche Nutzung realisieren wollen, und zwar in einer Weise, die mit den städtebaulichen Zielsetzungen der Beklagten zumindest teilweise nicht zu vereinbaren gewesen sei. Somit habe geprüft werden müssen, ob die zunächst geplante und vom ursprünglichen Eigentümer mitgetragene völlige Entziehung der gewerblichen Nutzungsmöglichkeit noch habe durchgesetzt werden können. Erst nachdem insofern die rechtlichen Grenzen durch das Gutachten B. aufgezeigt worden seien, habe eine Umplanung unter Berücksichtigung der Belange der Klägerin in Angriff genommen werden können. Diese Umplanung habe sich dann dadurch verzögert, dass die Klägerin bereit gewesen sei, von ihren auf eine rein gewerbliche Nutzung zielenden Vorstellungen abzugehen und eine Bebauung des Grundstücks durch einen Dritten zu akzeptieren, wenn ihr im Gegenzug die Beklagte einen Ersatzstandort für den Lebensmittelmarkt in der Jahnstraße ermögliche. Die Beklagte habe die weitere Planung für das Baugrundstück von der Klärung dieser alternativen Lösung abhängig machen dürfen, weil diese eine Wohnnutzung des Baugrundstücks als möglich habe erscheinen lassen, was ihren städtebaulichen Vorstellungen weit eher entsprochen hätte. Ohne den Grundstückskauf der Klägerin hätte das Planverfahren mithin in wesentlich kürzerer Frist abgewickelt werden können. Der Beklagten könnten auch keine vermeidbaren Verzögerungen vorgeworfen werden. Das gelte insbesondere für den Zeitraum zwischen der Vorlage des schalltechnischen Gutachtens am 09.10.2002 und dem Auslegungsbeschluss vom 19.03.2003, während dessen ein weiteres Rechtsgutachten von Prof. B. eingeholt worden sei, das an die Planer zur „themenbezogenen Überprüfung“ habe übersandt werden müssen. Denn der komplett veränderte Planentwurf sei noch nicht rechtlich beurteilt worden. Außerdem habe Prof. B. in seiner ersten Stellungnahme die vorliegenden Erkenntnisse als unzureichend bemängelt. Zudem habe am 30.01.2003 eine weitere Besprechung zwischen der Klägerin und der Beklagten zur Frage einer Alternativlösung stattgefunden.
14 
Gegen das am 08.07.2005 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 08.08.2005 Berufung ein. Auf Antrag vom 05.09.2005 wurde die Berufungsbegründungsfrist zunächst bis 24.10.2005 und auf weiteren Antrag vom 10.10.2005 bis 15.11.2005 verlängert. Am 04.11.2005/24.03.2006 hat die Klägerin den Antrag gestellt,
15 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. März 2005 - 4 K 200/04 - zu ändern und festzustellen, dass ihr in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustand,
16 
hilfsweise festzustellen,
17 
dass ihr in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung mit Ausnahme der Stellplätze Nr. 46 bis 69 zustand.
18 
Sie begründet die Berufung wie folgt: Es komme nicht darauf an, ob das Feststellungsinteresse dadurch entfallen sei, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes im fraglichen Zeitraum als Kollegialorgan verneint habe und es daher offensichtlich am Verschulden der zuständigen Behörde fehle. Denn sie könne diese negative Feststellung des Verwaltungsgerichts nur im Wege der Berufung beseitigen und dürfe nicht rechtsschutzlos gestellt werden. Vor diesem Hintergrund müsse das Feststellungsinteresse gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses bejaht werden. Im Übrigen sei das Feststellungsinteresse auch unabhängig davon nicht entfallen, weil die Beklagte selbst um die unangemessen lange Verfahrensdauer gewusst habe. Außerdem bestehe Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte im Bebauungsplanverfahren „Gewerbegebiet zwischen Jahnstraße und Bahnlinie“ in derselben Weise vorgehen werde wie hier, falls sie dort einen Lebensmittelmarkt realisieren wolle.
19 
In dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum habe keine wirksame Veränderungssperre mehr bestanden. In den Sitzungsvorlagen zur Verlängerung der Veränderungssperre sei als Zeitpunkt des Außerkrafttretens der bisherigen Veränderungssperre jeweils der Tag genannt worden, an dem die Frist gegenüber der Klägerin wegen der individuellen Anrechnung der Zurückstellung des Baugesuchs abgelaufen sei, obwohl die Veränderungssperre nach ihrer allgemeinen Geltungsdauer noch ein Jahr länger in Kraft gewesen sei, was auch im Satzungstext selbst zum Ausdruck komme. Mithin habe sich der Normsetzungswille des Gemeinderats nicht auf den - maßgeblichen - Zeitraum der allgemeinen (objektiven) Geltungsdauer der Veränderungssperre bezogen. An der Unwirksamkeit der Verlängerungen würde sich auch für den Fall nichts ändern, dass der Gemeinderat die längere, allgemeine Geltungsdauer zwar erkannt, die Veränderungssperre jedoch bewusst ein Jahr vor deren Ablauf habe verlängern wollen. Denn dann wäre der Satzungsbeschluss verfrüht „auf´s Geratewohl“ erfolgt, ohne dass der Gemeinderat die Erforderlichkeit der Verlängerung zu dem Zeitpunkt hätte beurteilen können, zu dem sie infolge Ablaufs der allgemeinen Geltungsdauer erst notwendig geworden wäre. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die vorzeitige Verlängerung der Veränderungssperre entsprechend der individuellen Geltungsdauer auch nicht zur effektiven Sicherung der Bebauungsplanung erforderlich gewesen. Denn nach ständiger Rechtsprechung könne sich der einzelne Grundstückseigentümer solange nicht auf einen nur ihm gegenüber eingetretenen Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre infolge individueller Anrechnung von Zurückstellungszeiten berufen, als die Möglichkeit zur Verlängerung ihm gegenüber bestehe.
20 
Auch hätten die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB für eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre nicht vorgelegen. Die Notwendigkeit einer Umplanung unter Berücksichtigung geänderter Nutzungsvorstellungen des neuen Eigentümers stelle keine Besonderheit dar. Die Planung sei auch nicht durch eine „im Raum stehende“ Alternativlösung - Bau des Lebensmittelmarktes an der Jahnstraße und im Gegenzug Wohnbebauung auf dem Baugrundstück - erschwert worden. Hierzu habe bereits am 11.04.2001 ein Gespräch stattgefunden. Die Beklagte habe die Alternativlösung jedoch dann nicht mehr näher geprüft, sondern stattdessen mit dem Aufstellungsbeschluss vom 21.11.2001 für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet zwischen Jahnstraße und Bahnlinie“ reagiert. Ziel sei bereits damals die Verhinderung von Einzelhandelsbetrieben an der Jahnstraße gewesen, wie sich dem Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 24.11.2001 entnehmen lasse. In der Folgezeit sei sie mit ihren Bemühungen um eine Alternativlösung dann nur noch hingehalten worden. Tatsächlich sei längst entschieden gewesen, dass eine Umsiedlung des Lebensmittelmarktes auf das Grundstück Jahnstraße nicht in Betracht komme. Dementsprechend heiße es auch in der Begründung des Planentwurfs vom 23.04.2002, dass der Ersatzstandort Jahnstraße/Goethestraße als „nicht integrierter“ Standort nicht im Einklang mit den Zielen des Einzelhandelskonzeptes vom 06.03.2002 stehe. Zwar habe auf ihre Veranlassung am 30.01.2003 nochmals ein Gespräch über eine Alternativlösung stattgefunden. Auf Seiten der Beklagten habe dazu jedoch ernsthaft keine Bereitschaft mehr bestanden. Dementsprechend sei ihr Alternativvorschlag auch in der Begründung des vom 31.03. bis 02.05.2003 öffentlich ausgelegten Planentwurfs erneut abgelehnt worden. Gleichwohl habe die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2003 das Regierungspräsidium um Zustimmung zur weiteren Verlängerung der Veränderungssperre gebeten mit der - wahrheitswidrigen - Begründung, dies sei für die Erarbeitung einer Lösung erforderlich, die sowohl die Errichtung eines Lebensmittelmarktes als auch die Wahrung der städtebaulichen Zielsetzungen ermögliche. Tatsächlich sei in dieser Richtung in der Folgezeit nichts geschehen. Im Übrigen sei es mit dem Eigentumsrecht nicht vereinbar, dass eine Stadt mit 50.000 Einwohnern, die über einen eigenen, auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts geschulten Volljuristen verfüge, zu Lasten eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstückseigentümers einen externen Gutachter mit der Prüfung der Frage beauftrage, ob es möglich sei, im Plangebiet statt der bisher zulässigen gewerblichen Nutzung Wohnnutzung festzusetzen, und in welchem Umfang gegebenenfalls Entschädigungsansprüche entstehen könnten. Es komme hinzu, dass das Gutachten dann erst am 27.02.2001, also acht Monate nach dem Aufstellungsbeschluss, erstellt worden sei. Es gehe nicht an, zu Lasten des in der Ausnutzung seines Grundeigentums blockierten Eigentümers einen - überlasteten - Gutachter zu beauftragen, der allein für die Prüfung planungsrechtlicher Vorfragen ein Drittel der Regeldauer einer Veränderungssperre benötige. Ähnlich verhalte es sich mit dem im Mai 2001 in Auftrag gegebenen Einzelhandelsgutachten für die Stadt Ravensburg vom 06.03.2002; die Beklagte habe bereits mit dem Aufstellungsbeschluss vom 28.06.2000 zum Ausdruck gebracht, dass sie auf dem Baugrundstück keinen (Lebensmittel-) Einzelhandelsbetrieb wünsche. Hätte daher die Beklagte zu Beginn des Planverfahrens ihr eigenes Rechtsamt oder jedenfalls einen weniger überlasteten Gutachter mit der Prüfung der planungsrechtlichen Vorfragen beauftragt, hätte sie den geänderten Planentwurf deutlich vor Juli 2002 fassen können mit der Folge, dass das Bauleitplanverfahren innerhalb der bis Ende Juli 2003 währenden Drei-Jahres-Frist hätte abgeschlossen werden können. Zumindest hätte die weitere Verlängerung nicht ohne Weiteres für die gesetzliche Höchstdauer von vier Jahren beschlossen werden dürfen. Dass diese Geltungsdauer zu lange bemessen gewesen sei, zeige sich daran, dass sie nicht habe ausgeschöpft werden müssen.
21 
Ihrem Anspruch auf Genehmigung des Lebensmittelmarktes habe bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ auch nicht der bis dahin geltende Bebauungsplan „ Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ entgegen gestanden. Zwar habe ihr Vorhaben wohl dessen Festsetzungen widersprochen, weil die in den Bauvorlagen eingetragenen 24 Stellplätze Nrn. 46 bis 69 innerhalb der nicht überbaubaren Grundstücksfläche gelegen hätten. Dieser Bebauungsplan sei jedoch wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam gewesen. Weder der zeichnerische Teil des Plans noch die Satzung noch die Niederschrift über die Sitzung  des Gemeinderats seien von dem zur Ausfertigung allein befugten Oberbürgermeister unterzeichnet worden. Selbst wenn die amtliche Bekanntmachung des Plans vom Oberbürgermeister unterzeichnet worden sein sollte, fehle es an der „gedanklichen Schnur“ zum Bebauungsplan selbst. Der diesem Bebauungsplan vorangegangene Plan „Ortsbauplan für das Gebiet zwischen Rudolf-, Olga-, Schiller- und Ziegelstraße“ von 1953 habe keine ihrem Vorhaben entgegen stehende Festsetzungen enthalten. Der geplante Lebensmittelmarkt sei mithin bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung  T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 nach § 34
22 
Abs. 1 BauGB zu beurteilen gewesen. Bei der näheren Umgebung habe es sich um eine durch Wohnbebauung, Gewerbebetriebe und einen Industriebetrieb (T.-Werk) geprägte Gemengelage gehandelt, in welcher die Wohnbebauung bestenfalls die Schutzwürdigkeit eines Mischgebiets in Anspruch habe nehmen können. In diesen Rahmen habe sich ihr Vorhaben eingefügt.
23 
Sollte der Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ von 1965 wirksam gewesen sein, sei jedenfalls der Hilfsantrag begründet. Denn bei Verzicht auf die Stellplätze Nrn. 46 bis 69 hätte das Vorhaben dessen Festsetzungen nicht widersprochen. Ein solcher Verzicht wäre auch ohne weiteres möglich gewesen, ohne das Bauvorhaben in seiner Identität in Frage zu stellen; die Baurechtsbehörde hätte beachten müssen, dass der Bauantrag insoweit teilbar gewesen sei und der genehmigungsfähige Teil des Vorhabens hätte genehmigt werden müssen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung als unzulässig zu verwerfen oder zurückzuweisen.
26 
Sie führt aus: Die Berufung sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Das Verwaltungsgericht habe als Kammer entschieden, dass sie sich rechtmäßig verhalten habe und der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt zugestanden habe, so dass die beabsichtigte Amtshaftungsklage mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei. Unabhängig davon habe der Klägerin im fraglichen Zeitraum wegen der Veränderungssperre auch in der Sache kein Anspruch auf Genehmigungserteilung zugestanden. Der Normsetzungswille des Gemeinderats bei Verlängerung der Veränderungssperre habe sich auf die individuelle Geltungsdauer gegenüber der Klägerin bezogen und decke sich daher mit der in der Begründung angegebenen Geltungsdauer. Da sich die Veränderungssperre nur auf das Baugrundstück der Klägerin bezogen habe, habe auch kein Anlass für eine davon abweichende Bestimmung der allgemeinen Geltungsdauer bestanden. Auch das Regierungspräsidium sei bei seiner Zustimmung zur weiteren Verlängerung zutreffend von einer individuellen Berechnung der Geltungsdauer ausgegangen. Die Erforderlichkeit einer Verlängerung der Veränderungssperre könne zur effektiven Sicherung der Planung auch aus dem individuellen Ablauf der Geltungsdauer hergeleitet werden. Dem stehe nicht entgegen, dass sich ein Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung solange nicht auf eine individuelle Anrechnung des Zeitraums der Zurückstellung auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre berufen könne, als diese ihm gegenüber noch verlängert werden könne. Denn zum einen entscheide über diese Möglichkeit einer Verlängerung nicht die Gemeinde, sondern die Baurechtsbehörde. Die Gemeinde könne folglich nur dann sicher sein, dass ein der Planung widersprechendes Vorhaben nicht realisiert werde, wenn sie befugt sei, die Veränderungssperre in Anlehnung an deren individuelle Geltungsdauer zu verlängern. Gemäß dem hier anzuwendenden § 17 Abs. 2 BauGB a.F. habe eine Veränderungssperre zum anderen nur mit Zustimmung des Regierungspräsidiums nochmals bis zu insgesamt vier Jahren verlängert werden dürfen. Dieses Zustimmungserfordernis wäre ausgehöhlt worden, wenn bei individuellem Fristablauf die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung durch die Baurechtsbehörde hätte geprüft werden können.
27 
Die von § 17 Abs. 2 BauGB vorausgesetzten „besonderen Umstände“ für eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre hätten vorgelegen. Die Klägerin habe während der öffentlichen Auslegung (bis zum 02.05.2003) sehr umfangreiche Anregungen vorgebracht, die mit ihren städtebaulichen Zielsetzungen nicht ohne Weiteres vereinbar gewesen seien. Deshalb sei eine schwierige und komplexe Beratung in tatsächlicher und rechtlicher Sicht über eventuelle Planänderungen erforderlich gewesen. Es sei daher auch im Hinblick auf die notwendige Genehmigung des Bebauungsplans durch das Regierungspräsidium Tübingen klar gewesen, dass der Bebauungsplan bis zum individuellen Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre nicht rechtskräftig verabschiedet werden könne. Für die Unterstellung der Klägerin, sie sei von der Beklagten hingehalten worden, gebe es keine sachliche Grundlage. Das Planverfahren sei von Beginn an gegenüber der Klägerin transparent geführt worden; es sei stets angegeben worden, welche Schritte zur Lösungsfindung - etwa die Einholung von Gutachten - notwendig seien. Sie habe auch über einen langen Zeitraum hinweg ergebnisoffene Verhandlungsgespräche mit der Klägerin geführt. Schließlich könne nicht beanstandet werden, dass die zweite Verlängerung für ein ganzes Jahr erfolgt sei, weil eine kürzere Dauer wegen der noch durchzuführenden Abklärungen nicht abzusehen gewesen sei.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Bauakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Tübingen und die Akten zur Veränderungssperre sowie zu den Bebauungsplänen „Bebauungsplanänderung im Gebiet zwischen Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ und „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
29 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft. Sie ist auch sonst zulässig. In entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann die Klägerin von ihrem Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit dieses Vorhabens mit Blick auf die beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen übergehen, nachdem während des erstinstanzlichen Verfahrens der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ in Kraft getreten ist, dessen Festsetzungen das Vorhaben widerspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128; Eyermann/Schmidt, VwGO, 11. Aufl., § 113 RdNr. 104). Dabei kann offen bleiben, ob ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG im Hinblick auf das klageabweisende Urteil der Kammer des Verwaltungsgerichts wegen fehlenden Verschuldens von vornherein ausscheiden würde und es daher am Feststellungsinteresse fehlte („Kollegialgerichtsrichtlinie“, vgl. Eyermann/Schmidt, a.a.O., § 113 RdNr. 90 m.w.N.). Denn jedenfalls kann eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht als offensichtlich aussichtslos beurteilt werden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die rechtswidrige zeitweilige Versagung einer Baugenehmigung einen solchen Entschädigungsanspruch auslösen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1994 - III ZR 27/93 -, NJW 1994, 3158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.1998 - 3 S 990/98 -, VBlBW 1999, 97). Die Klägerin war in dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 auch Eigentümerin des Baugrundstücks, so dass sie als Trägerin eines solchen Anspruchs in Betracht kommt.
30 
2. Die Berufung ist jedoch hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 nicht begründet.
31 
Hierbei bedarf keiner Klärung, ob dem Vorhaben die von der Beklagten erlassenen Veränderungssperren entgegengehalten werden konnten, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, oder ob diese unwirksam waren. Denn der geplante Lebensmittelmarkt widersprach nicht nur den Veränderungssperren, sondern auch dem Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ vom 28.06.1965, der bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 in Geltung war. Dieser Plan sah entlang der Neuwiesenstraße, der Ziegelstraße und der Schillerstraße eine drei Meter breite, nicht überbaubare Grundstücksfläche vor, auf der Nebenanlagen unzulässig waren und die gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten war. Nach dem Genehmigungsantrag sollten im Bereich der nicht überbaubaren Fläche entlang der Schillerstraße und der Ziegelstraße insgesamt 24 Stellplätze (Nrn. 46 - 69) errichtet werden. Das beantragte Vorhaben war somit planwidrig. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der vormalige Bebauungsplan auch nicht wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Originalniederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 28.06.1965, in der der Plan als Satzung beschlossen wurde, zur Einsicht vorgelegt. Diese Niederschrift ist auf dem Vorblatt, in dem die Tagungsordnungspunkte - unter § 246 auch der Satzungsbeschluss über den maßgeblichen Bebauungsplan - aufgelistet sind, vom damaligen Oberbürgermeister Sauer unterzeichnet; der Satzungsbeschluss selbst nimmt ausdrücklich Bezug auf den Lageplan des Stadtplanungsamtes vom 07.01.1965, der die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen enthält. Damit ist der Bebauungsplan insgesamt durch eine hierzu befugte Amtsperson ausgefertigt worden (vgl. zur Zuständigkeit des Bürgermeisters für die Ausfertigung von Bebauungsplänen Urteil des Senats vom 15.12.1994 - 8 S 1948/94 - VBlBW 1995, 207). Somit bestand unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Veränderungssperren bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ kein Anspruch auf Genehmigung des konkret beantragten Lebensmittelmarktes.
II.
32 
1. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ohne die innerhalb der nicht überbaubaren Flächen liegenden Stellplätze Nrn. 46 - 69 ist zulässig. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass die Baurechtsbehörde im Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 eine auf den genehmigungsfähigen Teil des Vorhabens beschränkte Baugenehmigung auch ohne eine dahin gehende ausdrückliche Änderung des Genehmigungsantrags und der Bauvorlagen hätte erteilen müssen. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Klägerin in diesem Falle ein Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs mit Blick auf eine rechtswidrige Versagung der Baugenehmigung zustünde.
33 
2. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist jedoch ebenfalls nicht begründet.
34 
Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. In dieser Regelung ist der Grundsatz enthalten, dass eine Baugenehmigung nur insoweit abgelehnt werden kann, als es erforderlich ist, um einen Widerspruch des Vorhabens zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu verhindern, falls eine solche Teilung objektiv möglich ist und die Identität des Vorhabens gewahrt bleibt; die Baurechtsbehörde kann die Baugenehmigung jedoch auch in diesen Fällen insgesamt versagen, wenn sich aus den Antragsunterlagen oder sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Bauherr nicht beabsichtigt, nur den genehmigungsfähigen Teil seines Vorhabens zu verwirklichen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl.,
35 
Bd. 2, § 58 Rn. 44; Schlez, LBO, 3. Aufl., § 59 Rn. 58; vgl. auch VGH Bad.-Württbg., Urteil vom 25.3.1971 - III 498/67 -).
36 
Das ist hier der Fall. Zwar hätten die in der nicht überbaubaren Fläche liegenden Stellplätze nicht nachgewiesen werden müssen (vgl. VwV Stellplätze vom 08.12.1986 und vom 04.08.2003 - GABl. 1987, S. 3 und GABl. 2003, S. 590 - : Verkaufsstätten bis 700 qm 1 Stellplatz je 30-50 qm Verkaufsnutzfläche; Stellplatznachweis vom 09.06.2000 in den Bauvorlagen). Auch wäre es objektiv gesehen möglich gewesen, den Lebensmittelmarkt unter Wahrung seiner Identität ohne diese Stellplätze zu realisieren. Von einer entsprechenden Absicht der Klägerin musste die Baurechtsbehörde jedoch nicht ausgehen. Diese wurde zu Beginn des Baugenehmigungsverfahrens von der Baurechtsbehörde mit Schreiben vom 27.06.2000 auf die Planwidrigkeit eines Teils der Stellplätze hingewiesen und um entsprechende Änderung des Genehmigungsantrags gebeten, weil eine Befreiung insoweit nicht in Aussicht gestellt werden könne. Hierauf hat die Klägerin in der Folgezeit nicht reagiert und keine geänderten Pläne eingereicht. Aus diesem Verhalten konnte die Baurechtsbehörde schließen, dass sie auf der Realisierung des Vorhabens nach den eingereichten Bauvorlagen beharre. Dem steht nicht entgegen, dass unmittelbar nach dem oben genannten Hinweisschreiben der Baurechtsbehörde der Genehmigungsantrag zurückgestellt wurde und danach Veränderungssperren erlassen wurden, um eine Realisierung des Lebensmittelmarktes zu verhindern. Denn die von der Baurechtsbehörde angeregte Änderung des Genehmigungsantrags war in jedem Falle notwendig, um das Vorhaben im Falle der Unwirksamkeit dieser Maßnahmen realisieren zu können.
37 
Auch unabhängig von diesem Verhalten der Klägerin konnte die Baurechtsbehörde nicht davon ausgehen, dass diese den Lebensmittelmarkt auch bei einer um mehr als ein Viertel verringerten Stellplatzzahl unverändert realisieren werde. Vielmehr durfte sie angesichts des Umstandes, dass die Klägerin bereit war, in erheblichem Umfang wertvolles Bauland für Stellplätze zu „opfern“, die nach den rechtlichen Vorgaben nicht notwendig gewesen wären, annehmen, dass eine hohe Anzahl von Stellplätzen wesentlicher Bestandteil ihres Geschäftskonzeptes war (leichte Erreichbarkeit des Marktes mit Pkw).
38 
Dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11.05.2005 - Au 4 K 04.1558 - lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob der dortige Kläger bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Anspruch auf Verbescheidung seines Bauantrags hatte, weil ihm wegen des ganz geringfügigen Überschreitens der vorgeschriebenen Abstandsfläche eine „Abweichung“ nach Bayerischem Bauordnungsrecht hätte erteilt werden müssen bzw. ob er diesen Mangel bei entsprechendem Hinweis ohne Weiteres durch eine geringfügige Verschiebung des Standorts des Vorhabens hätte ausräumen können. Vorliegend geht es jedoch weder um die „Herstellung“ der Rechtmäßigkeit des Vorhabens durch die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung noch ist der nicht genehmigungsfähige Teil des Bauvorhabens von lediglich untergeordneter Bedeutung.
39 
Nach allem hätte die Klägerin in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt mit Ausnahme der Stellplätze Nrn. 46 bis 69 gehabt, weil sie keinen dahingehenden Genehmigungsantrag eingereicht hat.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die Voraussetzungen des §§ 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf 70.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Gründe
45 
Von der Festsetzung eines höheren Streitwerts gemäß Ziff. 9.1.4 des Streitwertkatalogs 2004 (700 qm Verkaufsfläche x 150,-- EUR = 105.000,-- EUR) sieht der Senat ab, weil die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung der Baugenehmigung, sondern nur noch die Feststellung der Genehmigungsfähigkeit begehrt.
46 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
29 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft. Sie ist auch sonst zulässig. In entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann die Klägerin von ihrem Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit dieses Vorhabens mit Blick auf die beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen übergehen, nachdem während des erstinstanzlichen Verfahrens der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ in Kraft getreten ist, dessen Festsetzungen das Vorhaben widerspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128; Eyermann/Schmidt, VwGO, 11. Aufl., § 113 RdNr. 104). Dabei kann offen bleiben, ob ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG im Hinblick auf das klageabweisende Urteil der Kammer des Verwaltungsgerichts wegen fehlenden Verschuldens von vornherein ausscheiden würde und es daher am Feststellungsinteresse fehlte („Kollegialgerichtsrichtlinie“, vgl. Eyermann/Schmidt, a.a.O., § 113 RdNr. 90 m.w.N.). Denn jedenfalls kann eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht als offensichtlich aussichtslos beurteilt werden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die rechtswidrige zeitweilige Versagung einer Baugenehmigung einen solchen Entschädigungsanspruch auslösen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1994 - III ZR 27/93 -, NJW 1994, 3158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.1998 - 3 S 990/98 -, VBlBW 1999, 97). Die Klägerin war in dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 auch Eigentümerin des Baugrundstücks, so dass sie als Trägerin eines solchen Anspruchs in Betracht kommt.
30 
2. Die Berufung ist jedoch hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 nicht begründet.
31 
Hierbei bedarf keiner Klärung, ob dem Vorhaben die von der Beklagten erlassenen Veränderungssperren entgegengehalten werden konnten, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, oder ob diese unwirksam waren. Denn der geplante Lebensmittelmarkt widersprach nicht nur den Veränderungssperren, sondern auch dem Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ vom 28.06.1965, der bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 in Geltung war. Dieser Plan sah entlang der Neuwiesenstraße, der Ziegelstraße und der Schillerstraße eine drei Meter breite, nicht überbaubare Grundstücksfläche vor, auf der Nebenanlagen unzulässig waren und die gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten war. Nach dem Genehmigungsantrag sollten im Bereich der nicht überbaubaren Fläche entlang der Schillerstraße und der Ziegelstraße insgesamt 24 Stellplätze (Nrn. 46 - 69) errichtet werden. Das beantragte Vorhaben war somit planwidrig. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der vormalige Bebauungsplan auch nicht wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Originalniederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 28.06.1965, in der der Plan als Satzung beschlossen wurde, zur Einsicht vorgelegt. Diese Niederschrift ist auf dem Vorblatt, in dem die Tagungsordnungspunkte - unter § 246 auch der Satzungsbeschluss über den maßgeblichen Bebauungsplan - aufgelistet sind, vom damaligen Oberbürgermeister Sauer unterzeichnet; der Satzungsbeschluss selbst nimmt ausdrücklich Bezug auf den Lageplan des Stadtplanungsamtes vom 07.01.1965, der die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen enthält. Damit ist der Bebauungsplan insgesamt durch eine hierzu befugte Amtsperson ausgefertigt worden (vgl. zur Zuständigkeit des Bürgermeisters für die Ausfertigung von Bebauungsplänen Urteil des Senats vom 15.12.1994 - 8 S 1948/94 - VBlBW 1995, 207). Somit bestand unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Veränderungssperren bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ kein Anspruch auf Genehmigung des konkret beantragten Lebensmittelmarktes.
II.
32 
1. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ohne die innerhalb der nicht überbaubaren Flächen liegenden Stellplätze Nrn. 46 - 69 ist zulässig. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass die Baurechtsbehörde im Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 eine auf den genehmigungsfähigen Teil des Vorhabens beschränkte Baugenehmigung auch ohne eine dahin gehende ausdrückliche Änderung des Genehmigungsantrags und der Bauvorlagen hätte erteilen müssen. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Klägerin in diesem Falle ein Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs mit Blick auf eine rechtswidrige Versagung der Baugenehmigung zustünde.
33 
2. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist jedoch ebenfalls nicht begründet.
34 
Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. In dieser Regelung ist der Grundsatz enthalten, dass eine Baugenehmigung nur insoweit abgelehnt werden kann, als es erforderlich ist, um einen Widerspruch des Vorhabens zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu verhindern, falls eine solche Teilung objektiv möglich ist und die Identität des Vorhabens gewahrt bleibt; die Baurechtsbehörde kann die Baugenehmigung jedoch auch in diesen Fällen insgesamt versagen, wenn sich aus den Antragsunterlagen oder sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Bauherr nicht beabsichtigt, nur den genehmigungsfähigen Teil seines Vorhabens zu verwirklichen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl.,
35 
Bd. 2, § 58 Rn. 44; Schlez, LBO, 3. Aufl., § 59 Rn. 58; vgl. auch VGH Bad.-Württbg., Urteil vom 25.3.1971 - III 498/67 -).
36 
Das ist hier der Fall. Zwar hätten die in der nicht überbaubaren Fläche liegenden Stellplätze nicht nachgewiesen werden müssen (vgl. VwV Stellplätze vom 08.12.1986 und vom 04.08.2003 - GABl. 1987, S. 3 und GABl. 2003, S. 590 - : Verkaufsstätten bis 700 qm 1 Stellplatz je 30-50 qm Verkaufsnutzfläche; Stellplatznachweis vom 09.06.2000 in den Bauvorlagen). Auch wäre es objektiv gesehen möglich gewesen, den Lebensmittelmarkt unter Wahrung seiner Identität ohne diese Stellplätze zu realisieren. Von einer entsprechenden Absicht der Klägerin musste die Baurechtsbehörde jedoch nicht ausgehen. Diese wurde zu Beginn des Baugenehmigungsverfahrens von der Baurechtsbehörde mit Schreiben vom 27.06.2000 auf die Planwidrigkeit eines Teils der Stellplätze hingewiesen und um entsprechende Änderung des Genehmigungsantrags gebeten, weil eine Befreiung insoweit nicht in Aussicht gestellt werden könne. Hierauf hat die Klägerin in der Folgezeit nicht reagiert und keine geänderten Pläne eingereicht. Aus diesem Verhalten konnte die Baurechtsbehörde schließen, dass sie auf der Realisierung des Vorhabens nach den eingereichten Bauvorlagen beharre. Dem steht nicht entgegen, dass unmittelbar nach dem oben genannten Hinweisschreiben der Baurechtsbehörde der Genehmigungsantrag zurückgestellt wurde und danach Veränderungssperren erlassen wurden, um eine Realisierung des Lebensmittelmarktes zu verhindern. Denn die von der Baurechtsbehörde angeregte Änderung des Genehmigungsantrags war in jedem Falle notwendig, um das Vorhaben im Falle der Unwirksamkeit dieser Maßnahmen realisieren zu können.
37 
Auch unabhängig von diesem Verhalten der Klägerin konnte die Baurechtsbehörde nicht davon ausgehen, dass diese den Lebensmittelmarkt auch bei einer um mehr als ein Viertel verringerten Stellplatzzahl unverändert realisieren werde. Vielmehr durfte sie angesichts des Umstandes, dass die Klägerin bereit war, in erheblichem Umfang wertvolles Bauland für Stellplätze zu „opfern“, die nach den rechtlichen Vorgaben nicht notwendig gewesen wären, annehmen, dass eine hohe Anzahl von Stellplätzen wesentlicher Bestandteil ihres Geschäftskonzeptes war (leichte Erreichbarkeit des Marktes mit Pkw).
38 
Dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11.05.2005 - Au 4 K 04.1558 - lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob der dortige Kläger bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Anspruch auf Verbescheidung seines Bauantrags hatte, weil ihm wegen des ganz geringfügigen Überschreitens der vorgeschriebenen Abstandsfläche eine „Abweichung“ nach Bayerischem Bauordnungsrecht hätte erteilt werden müssen bzw. ob er diesen Mangel bei entsprechendem Hinweis ohne Weiteres durch eine geringfügige Verschiebung des Standorts des Vorhabens hätte ausräumen können. Vorliegend geht es jedoch weder um die „Herstellung“ der Rechtmäßigkeit des Vorhabens durch die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung noch ist der nicht genehmigungsfähige Teil des Bauvorhabens von lediglich untergeordneter Bedeutung.
39 
Nach allem hätte die Klägerin in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt mit Ausnahme der Stellplätze Nrn. 46 bis 69 gehabt, weil sie keinen dahingehenden Genehmigungsantrag eingereicht hat.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die Voraussetzungen des §§ 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf 70.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Gründe
45 
Von der Festsetzung eines höheren Streitwerts gemäß Ziff. 9.1.4 des Streitwertkatalogs 2004 (700 qm Verkaufsfläche x 150,-- EUR = 105.000,-- EUR) sieht der Senat ab, weil die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung der Baugenehmigung, sondern nur noch die Feststellung der Genehmigungsfähigkeit begehrt.
46 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Allgemeine Wohngebiete dienen vorwiegend dem Wohnen.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
die der Versorgung des Gebiets dienenden Läden, Schank- und Speisewirtschaften sowie nicht störenden Handwerksbetriebe,
3.
Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke.

(3) Ausnahmsweise können zugelassen werden

1.
Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
2.
sonstige nicht störende Gewerbebetriebe,
3.
Anlagen für Verwaltungen,
4.
Gartenbaubetriebe,
5.
Tankstellen.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Als sonstige Sondergebiete sind solche Gebiete darzustellen und festzusetzen, die sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 wesentlich unterscheiden.

(2) Für sonstige Sondergebiete sind die Zweckbestimmung und die Art der Nutzung darzustellen und festzusetzen. Als sonstige Sondergebiete kommen insbesondere in Betracht
Gebiete für den Fremdenverkehr, wie Kurgebiete und Gebiete für die Fremdenbeherbergung, auch mit einer Mischung von Fremdenbeherbergung oder Ferienwohnen einerseits sowie Dauerwohnen andererseits,
Ladengebiete,
Gebiete für Einkaufszentren und großflächige Handelsbetriebe,
Gebiete für Messen, Ausstellungen und Kongresse,
Hochschulgebiete,
Klinikgebiete,
Hafengebiete,
Gebiete für Anlagen, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung erneuerbarer Energien, wie Windenergie und solare Strahlungsenergie, dienen.

(3)

1.
Einkaufszentren,
2.
großflächige Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können,
3.
sonstige großflächige Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbraucher und auf die Auswirkungen den in Nummer 2 bezeichneten Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind,
sind außer in Kerngebieten nur in für sie festgesetzten Sondergebieten zulässig. Auswirkungen im Sinne des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sind insbesondere schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie Auswirkungen auf die infrastrukturelle Ausstattung, auf den Verkehr, auf die Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich der in Satz 1 bezeichneten Betriebe, auf die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden, auf das Orts- und Landschaftsbild und auf den Naturhaushalt. Auswirkungen im Sinne des Satzes 2 sind bei Betrieben nach Satz 1 Nummer 2 und 3 in der Regel anzunehmen, wenn die Geschossfläche 1 200 m2überschreitet. Die Regel des Satzes 3 gilt nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Auswirkungen bereits bei weniger als 1 200 m2Geschossfläche vorliegen oder bei mehr als 1 200 m2Geschossfläche nicht vorliegen; dabei sind in Bezug auf die in Satz 2 bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warenangebot des Betriebs zu berücksichtigen.

(1) Im Flächennutzungsplan können die für die Bebauung vorgesehenen Flächen nach der allgemeinen Art ihrer baulichen Nutzung (Bauflächen) dargestellt werden als

1.Wohnbauflächen(W)
2.gemischte Bauflächen(M)
3.gewerbliche Bauflächen(G)
4.Sonderbauflächen(S).

(2) Die für die Bebauung vorgesehenen Flächen können nach der besonderen Art ihrer baulichen Nutzung (Baugebiete) dargestellt werden als

1.Kleinsiedlungsgebiete(WS)
2.reine Wohngebiete(WR)
3.allgemeine Wohngebiete(WA)
4.besondere Wohngebiete(WB)
5.Dorfgebiete(MD)
6.dörfliche Wohngebiete(MDW)
7.Mischgebiete(MI)
8.urbane Gebiete(MU)
9.Kerngebiete(MK)
10.Gewerbegebiete(GE)
11.Industriegebiete(GI)
12.Sondergebiete(SO).

(3) Im Bebauungsplan können die in Absatz 2 bezeichneten Baugebiete festgesetzt werden. Durch die Festsetzung werden die Vorschriften der §§ 2 bis 14 Bestandteil des Bebauungsplans, soweit nicht auf Grund der Absätze 4 bis 10 etwas anderes bestimmt wird. Bei Festsetzung von Sondergebieten finden die Vorschriften über besondere Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 10 keine Anwendung; besondere Festsetzungen über die Art der Nutzung können nach den §§ 10 und 11 getroffen werden.

(4) Für die in den §§ 4 bis 9 bezeichneten Baugebiete können im Bebauungsplan für das jeweilige Baugebiet Festsetzungen getroffen werden, die das Baugebiet

1.
nach der Art der zulässigen Nutzung,
2.
nach der Art der Betriebe und Anlagen und deren besonderen Bedürfnissen und Eigenschaften
gliedern. Die Festsetzungen nach Satz 1 können auch für mehrere Gewerbegebiete einer Gemeinde im Verhältnis zueinander getroffen werden; dies gilt auch für Industriegebiete. Absatz 5 bleibt unberührt.

(5) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzungen, die nach den §§ 2 bis 9 sowie 13 und 13a allgemein zulässig sind, nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 2 bis 9 vorgesehen sind,

1.
nicht Bestandteil des Bebauungsplans werden oder
2.
in dem Baugebiet allgemein zulässig sind, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt.

(7) In Bebauungsplänen für Baugebiete nach den §§ 4 bis 9 kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen, Ebenen oder sonstigen Teilen baulicher Anlagen

1.
nur einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen zulässig sind,
2.
einzelne oder mehrere der in dem Baugebiet allgemein zulässigen Nutzungen unzulässig sind oder als Ausnahme zugelassen werden können oder
3.
alle oder einzelne Ausnahmen, die in den Baugebieten nach den §§ 4 bis 9 vorgesehen sind, nicht zulässig oder, sofern die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt, allgemein zulässig sind.

(8) Die Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 7 können sich auch auf Teile des Baugebiets beschränken.

(9) Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungsplan bei Anwendung der Absätze 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen baulichen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können.

(10) Wären bei Festsetzung eines Baugebiets nach den §§ 2 bis 9 in überwiegend bebauten Gebieten bestimmte vorhandene bauliche und sonstige Anlagen unzulässig, kann im Bebauungsplan festgesetzt werden, dass Erweiterungen, Änderungen, Nutzungsänderungen und Erneuerungen dieser Anlagen allgemein zulässig sind oder ausnahmsweise zugelassen werden können. Im Bebauungsplan können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets muss in seinen übrigen Teilen gewahrt bleiben. Die Sätze 1 bis 3 gelten auch für die Änderung und Ergänzung von Bebauungsplänen.

Tenor

Der Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Gemeinde Ötigheim vom 02.08.2005 wird für unwirksam erklärt, soweit er sich auf die Grundstücke Flurstücke Nrn. 6589/1 und 6638/1 des Antragstellers bezieht.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen den Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Antragsgegnerin vom 02.08.2005 (Satzungsbeschluss). Er ist Eigentümer der im Westen des Plangebiets liegenden und aneinander grenzenden Grundstücke Flst.-Nrn. 6589/1 und 6638/1. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6589/1 (... ...) befinden sich die Betriebsgebäude der Erwerbsgärtnerei des Antragstellers, die 1985 genehmigt wurde. Das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wurde im Zuge von Grundstückstauschgeschäften des Antragstellers mit der Antragsgegnerin und privaten Grundstückszukäufen im Jahre 1998 gebildet. In der nordwestlichen Ecke dieses Grundstücks errichtete der Antragsteller aufgrund einer Baugenehmigung von 2001 ein Wohnhaus mit zwei Wohnungen (... ...), in dem er mit seiner Familie lebt. Die Zufahrt soll danach, durch Baulast gesichert, von der ... aus über einen 3 m breiten, auf dem Betriebsgrundstück angelegten Weg erfolgen. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin, bei der der Bauantrag am 21.06.2001 eingereicht worden war, hatte in der Sitzung vom 24.07.2001 gegen das Wohnhaus keine grundsätzlichen Einwendungen erhoben, eine Entscheidung über das Einvernehmen aber im Hinblick auf zu klärende Fragen (Zuordnung zum Gartenbaubetrieb) zurückgestellt. Am 20.09.2001 schlossen die Antragsgegnerin mit dem Antragsteller und seiner Ehefrau eine Vereinbarung. Darin übernahmen letztere die Verpflichtung, das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 nur mit einem Zweifamilien-Wohnhaus zu bebauen und die Restfläche künftig ausschließlich der Erwerbsgärtnerei zu überlassen; eine „weitere Verringerung des Grundstück“ für Wohnbauzwecke wurde „für alle Fälle“ ausgeschlossen (§ 2). Ferner verpflichteten sich die Eheleute ..., das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 auch künftig nur „zur Erwerbsgärtnerei in Verbindung mit Blumengeschäft und Gewächshäusern“ zu nutzen und jegliche Wohnbebauung auszuschließen sowie dazu, die übernommenen Verpflichtungen durch Grunddienstbarkeit zu sichern, was bis heute nicht erfolgte. Im Hinblick auf diese Vereinbarung hatte der Gemeinderat mit Beschluss vom 17.09.2001 sein „endgültiges Einvernehmen“ zu dem Wohnbauvorhaben erteilt.
Das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 ist im Übrigen unbebaut und wird gartenbaulich als Freilandfläche (Anbau von Koniferen und Schnittblumen) genutzt Östlich der Grundstücke des Antragstellers liegt der Friedhof von Ötigheim (Grundstück Flst.-Nr. 6598), der im Osten und Süden von als Park angelegten Grünflächen (Grundstücke Flst.-Nrn. 8225 und 8199) sowie im Norden vom Friedhofsparkplatz (Grundstück Flst.-Nr. 6599/1) umgeben ist. Südlich des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 liegt - jenseits der Neuen Friedhofstraße - der 1998 erbaute örtliche Kindergarten. Westlich des Plangebiets schließen Hausgärten und dahinter Wohnbebauung an (Bebauungsplan „Breit-Eich“, Festsetzung: WA). Auch südlich und nördlich des Plangebiets erstrecken sich überplante Wohngebiete (Bebauungsplan „Steinäcker I“, Festsetzung: WR und WA, sowie Bebauungsplan „Steinäcker II“, Festsetzung: WA). Zwischen dem Friedhof und der Erwerbsgärtnerei verläuft ein Fuß- und Radweg.
Das bisher nicht überplante Plangebiet umfasst die eben beschriebenen Flächen einschließlich eines im Westen anschließenden Hausgartenstreifens. Es grenzt im Norden an die ..., seinen östlichen Abschluss bildet die ..., die noch Bestandteil des Plangebiets ist. Der Bebauungsplan setzt das Friedhofsgelände als öffentliche Grünfläche (ÖG 1) und den Bereich der Einsegnungshalle und Kapelle als Gemeinbedarfsfläche fest. Auch die parkähnlich angelegten Flächen im Osten und Süden des Friedhofs werden als öffentliche Grünflächen (ÖG 2 „Nutzung Parkanlage“) ausgewiesen. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6599/1 südlich der ... wird der bestehende Parkplatz nebst Verkehrsgrün festgeschrieben. Für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 des Antragstellers setzt der Bebauungsplan ein Sondergebiet (SO 1) mit der besonderen Zweckbestimmung „Sondergebiet Gartenbaubetrieb, Handel mit Pflanzen, Blumen und ähnlichen Produkten“ fest. Zulässig sind nur bauliche Anlagen, Einrichtungen und Nutzungen, die dieser Zweckbestimmung dienen (Verkaufsräume, Gewächshäuser etc.). Weiterhin sind jegliche Wohnnutzungen ausgeschlossen. Die überbaubare Grundstücksfläche wird durch ein großes, parallel zu den Grundstücksgrenzen verlaufendes Baufenster festgelegt. Zum Maß der baulichen Nutzung werden eine maximale Grundfläche, Firsthöhe und Wandhöhe angeordnet. Die Grundfläche darf bis zum Höchstwert von 0,6 überschritten werden. Die mit dem Wohnhaus des Antragstellers bebaute Teilfläche des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 wird ebenfalls als Sondergebiet (SO 2) ausgewiesen und ebenfalls mit Baugrenzen und Vorgaben zum Nutzungsmaß versehen. Im SO 2 ist nur Wohnnutzung für Betriebsinhaber und Betriebsleiter sowie für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen zulässig; diese Nutzung muss dem Gartenbaubetrieb zugeordnet sein (so Textteil). Zulässig sind maximal zwei Wohnungen. Der übrige Bereich des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 wird als private Grünfläche (PG 2) ausgewiesen. Nach dem Textteil ist auf dieser Fläche Gartenbau zugelassen. Als bauliche Anlagen sind nur Gewächshäuser mit einer maximalen Firsthöhe von 4,0 m zulässig. Die private Grünfläche Gartenbau darf zu höchstens 50 % mit Gewächshäusern überbaut werden.
Auf dem Kindergartengrundstück (Flst.-Nr. 6640) setzt der Bebauungsplan eine Gemeinbedarfsfläche „Kindergarten“ mit einem geräumigen Baufenster fest. Die im Westen angrenzenden jeweils zu Wohngrundstücken gehörenden Hausgartenflächen werden ebenfalls als private Grünflächen (PG 1, Hausgarten) ausgewiesen. Ferner werden durch örtliche Bauvorschriften die äußere Gestaltung der baulichen Anlagen sowie die Gestaltung der Freiflächen auf den Baugrundstücken geregelt.
Zweck des Bebauungsplans ist es nach der Begründung, die bestehende städtebauliche Freiraumsituation um den Friedhof zu sichern und im Zusammenhang mit einer geordneten Bebauung festzuschreiben. Weitere Bebauung außer den vorhandenen bestandsgeschützten Gebäuden soll, auch im Hinblick auf die Abstände nach dem Bestattungsgesetz, nicht zulässig sein. Die Erwerbsgärtnerei und der Kindergarten sollen ausnahmsweise aus wirtschaftlichen Gründen bzw. aus Gründen der gemeindlichen Vorsorge die Möglichkeit erhalten, sich angemessen weiter zu entwickeln. Erweiterungen des Gartenbaubetriebs sollen möglich, flächenmäßig aber begrenzt sein. Ansonsten soll die bestehende Pufferzone zum angrenzenden Wohngebiet „Breit-Eich“ planerisch verfestigt werden. Das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei ausnahmsweise auf Wunsch der Eigentümer für betriebliches Wohnen im Vorgriff auf den Bebauungsplan genehmigt worden.
Im Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt, zweite Änderung, von 1997 werden der Friedhof und die westlich angrenzende Fläche als Grünfläche dargestellt; in der aktuellen dritten Änderung von 2006 sind die Darstellungen nachträglich an die Festsetzungen im Bebauungsplan angepasst.
Am 06.11.2001 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplans. Die frühzeitige Bürgerbeteiligung fand u.a. in Form einer Informationsveranstaltung am 10.02.2003, die Beteiligten der Träger öffentlicher Belange fand vom 12.02. bis 13.03.2003 statt. Dabei machte die IHK Karlsruhe Bedenken hinsichtlich des Sondergebiets geltend, dessen Nutzungen zu eng an den bestehenden Gärtnereibetrieb angebunden seien. Auch der Antragsteller erhob Einwendungen bezüglich der Einschränkung seines Eigentums und fehlender wirtschaftlicher Entwicklungsmöglichkeiten. Am 20.01.2004 billigte der Gemeinderat einen geänderten Planentwurf und beschloss dessen öffentliche Auslegung, die nach erfolgter öffentlicher Bekanntmachung vom 15.03. bis einschließlich 13.04.2004 im Rathaus der Antragsgegnerin erfolgte. Auf Wunsch des Antragstellers wurden die Baufenster und die Grundfläche auf dem Betriebsgrundstück vergrößert. Die IHK Karlsruhe wiederholte ihre Bedenken und auch der Antragsteller erhob wiederum Einwendungen. Am 26.04.2005 billigte der Gemeinderat den Planentwurf und beschloss die erneute Offenlage und Anhörung der berührten Träger öffentlicher Belange. Der Beschluss wurde ortsüblich bekannt gemacht und der Entwurf vom 09.05. bis einschließlich 10.06.2005 öffentlich ausgelegt. Die IHK hielt trotz Zugeständnissen ihre Forderung nach breiteren Nutzungsmöglichkeiten im SO 1 und ihre Kritik an der Nutzungsbeschränkung in SO 2 aufrecht. Der Antragsteller wiederholte und vertiefte seine bisherigen Einwendungen. Er machte zusammengefasst geltend, der Bebauungsplan greife erheblich in sein Grundeigentum ein mit dem Ziel, ihm letztlich die Existenzgrundlage zu entziehen. Die geplanten Festsetzungen ließen eine Intensivierung der Nutzung nicht zu. Auf dem Betriebsgrundstück sei im Wesentlichen nur der bisherige Bestand zulässig. Auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei eine Nutzung mit Gewächshäusern zu nur 50 % und in den zulässigen Maßen unzureichend. Die Grünfläche könne nach einer Betriebsaufgabe praktisch nicht mehr genutzt werden. Die Beschränkung der Wohnnutzung im SO 2 sei weder angezeigt noch erforderlich. Er habe hierfür unter Verfahrensbeteiligung der Antragsgegnerin eine Baugenehmigung ohne jegliche Nutzungsbeschränkung für das Wohnhaus erhalten. Es sei unzutreffend, dass ihm die Genehmigung im Vorgriff auf den Bebauungsplan und auf seinen Wunsch erteilt worden sei. Die Genehmigung sei unabhängig vom Plan auf § 34 BauGB gestützt worden. Ohne den Bebauungsplan wäre auch eine Wohnbebauung entlang des genehmigten Wohnhauses, wie sie in der Umgebung üblich sei, zulässig gewesen. Diese Bebauungsmöglichkeit solle mit ausreichenden Abständen zum Friedhof erhalten bleiben.
Am 02.08.2005 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin über die Bedenken und Anregungen, wobei er auch ausführlich zu den einzelnen Einwendungen des Antragstellers Stellung bezog (Bl. 389 ff.). Anschließend beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan und die örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Der Beschluss wurde mit dem Inhalt des § 10 Abs. 3 BauGB am 25.08.2005 ortsüblich im Gemeindeanzeiger Ötigheim sowie durch Anschlag bekannt gemacht, den Einwendern wurde das Prüfergebnis jeweils mitgeteilt.
Am 31.07.2007 hat der Antragsteller ein Normenkontrollverfahren eingeleitet. Er wiederholt und vertieft im Wesentlichen seine Einwendungen im Bebauungsplanverfahren. Das Verfahren sei von unsachlichen emotionalen Momenten mitgeprägt worden. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 habe er nur unter Druck unterschreiben. Der Bürgermeister habe seinerzeit als Alternative in Aussicht gestellt, dass er dann 150.000,-- DM für die Aufstellung eines Bebauungsplans bezahlen müsse. Nach Abschluss der Vereinbarung habe ihm der Bürgermeister noch weitere Entwürfe übersandt, die er jedoch nicht unterschrieben habe. Wahres Motiv des Bebauungsplans sei es, seinen Betrieb zum Umzug in den Außenbereich zu veranlassen. Mittlere Gärtnereien seiner Größenordnung könnten sich ohne Expansionsmöglichkeiten und Rentabilitätssteigerungen wirtschaftlich nicht mehr halten. Hierfür reichten die im Bebauungsplan eröffneten Erweiterungsmöglichkeiten nicht aus. Die auf der Grünfläche nur zulässigen kleinen Gewächshäuser mit 4,0 m Höhe auf 50 % der Fläche genügten nicht. Der Bebauungsplan trage auch dem Umstand einer sinnvollen Nutzung nach späterer Betriebsaufgabe nicht Rechnung. Es werde jede andere Nutzung als diejenige als Gartenbaubetrieb verboten und die Wohnfläche werde zwingend der Erwerbsgärtnerei zugeordnet. Unter diesen Umständen könne er später seine Grundstücke wirtschaftlich nicht sinnvoll verwerten und müsse sein Familienheim aufgeben.
10 
Der Antragsteller beantragt,
11 
den Bebauungsplan „Erweiterung Bebauungsplan Breit-Eich“ der Antragsgegnerin vom 02.08.2005 für unwirksam zu erklären.
12 
Die Antragsgegnerin beantragt,
13 
den Antrag abzuweisen.
14 
Sie führt zusammengefasst aus: Der Antragsteller könne Fehler in der Begründung wegen Ablaufs der hierfür maßgeblichen Jahres-Frist der §§ 214 Abs. 1 Nr. 3, 215 Abs. 2 Nr. 1 BauGB 1998 nicht mehr rügen. Im Übrigen sei der Bebauungsplan frei von Abwägungsfehlern. Der Gemeinderat habe sich ausweislich der Unterlagen ausführlich mit allen Einwendungen des Antragstellers auseinandergesetzt und diese mit den für die Planung sprechenden öffentlichen Belangen sachgerecht abgewogen. Das städtebauliche Konzept bestehe darin, in einem gewissen Umkreis um den Friedhof keine Wohnbebauung, sondern nur öffentliche Anlagen (Kindergarten) bzw. „symbiotische“ Nutzungen wie die Gärtnerei zuzulassen. Der Antragsteller habe die Grünfläche beim Tausch 1998 als „landwirtschaftliche Fläche“ erworben. Es sei konsequent und notwendig, dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 keine 100%-ige Ausnutzbarkeit zuzuerkennen. Im SO 1 sei neben dem Gartenbaubetrieb eine beachtliche gewerbliche Palette möglich und die Anlagen könnten auch beträchtlich erweitert werden. Zudem dürften auf der Grünfläche auch Gewächshäuser in beachtlichem Umfang errichtet und die maximale GFZ in der Umgebung dürfe dabei sogar überschritten werden. Von einer Existenzgefährdung durch die Planfestsetzungen beim Antragsteller könne nach alledem keine Rede sein. Mit der Beschränkung des SO 1 auf Gartenbaubetriebe wolle man sicherstellen, dass auf dem Betriebsgrundstück keine nicht „friedhofsverträglichen“ Nutzungen aufgenommen würden. Auch das SO 2 sei fehlerfrei festgesetzt worden. Das Wohnhaus des Antragstellers genieße Bestandsschutz, weil es als Wohnhaus genehmigt worden sei. Der Bestandsschutz entfalle erst bei einer Nutzungsänderung oder bei erheblichen baulichen Veränderungen. Die Antragsgegnerin hätte demnach auch das gesamte Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 als private Grünfläche ausweisen können. Die Festsetzung einer Wohnbebauung im SO 2 belasse dem Antragsteller die Möglichkeit, sein Wohnhaus später zusammen mit dem Betrieb zu veräußern. Die Ausweisung der privaten Grünfläche auf dem überwiegenden Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 (PG 2) sei ebenfalls abwägungsfehlerfrei. Die bisherige Nutzung als Freilandfläche werde festgeschrieben und dem währende des Verfahrens geäußerten Wunsch des Antragstellers, Gewächshäuser bauen zu dürfen, sei entsprochen worden. Die Höhenbegrenzung der Gewächshäuser auf 4,0 m Firsthöhe diene dazu „die Schaffung eines zusammenhängenden Gebiets ohne Bebauung weitestgehend zu erhalten“ und zugleich der wirtschaftlichen Existenz des Antragstellers Raum zu geben. Die Gewächshäuser wirkten luftig und seien durchlässig. Dem Antragsteller sei bei einem Ausnutzungsanteil von 50 % - und damit einer „Grundflächenzahl“ von 0,5 - mehr zugestanden worden, als es die BauNVO vorsehe. Ein Gewächshausensemble in der im Bebauungsplan zugelassenen Größenordnung könne „nicht mehr als untergeordnete Nebenanlage angesehen werden“. Das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei bisher als Außenbereichsgrundstück nach § 35 BauGB zu beurteilen gewesen. Ein Bebauungszusammenhang nach Nordosten fehle, das Friedhofsgelände stelle mangels optisch wahrnehmbarer und gewichtiger baulicher Anlagen keine „Bebauung“ i.S.v. § 34 Abs. 1 BauGB dar, die Friedhofskapelle sei nicht gebietsprägend. Die Bebauung ende damit westlich des Grundstücks mit den letzten Gebäuden im Plangebiet „Breit-Eich“. Der Wohnbereich des Grundstücks habe trotz Bestandskraft der Baugenehmigung überplant werden dürfen. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 habe den Gemeinderat beeinflusst; dieser habe auf diese Vereinbarung vertraut, ihr Zustandekommen sei maßgeblich für die Erteilung des Einvernehmens gewesen.
15 
Wegen weiterer Einzelheiten nimmt der Senat auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, auf die Verfahrensakte der Antragsgegnerin (1 Band) und die Baugenehmigungsakten (2 Bände) der Stadt Rastatt sowie auf den Inhalt der Gerichtsakten und das Ergebnis der mündlichen Verhandlung Bezug.

Entscheidungsgründe

 
A.
16 
Der Antrag des Antragstellers ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt:
I.
17 
Der Antragsteller hat seinen Antrag noch innerhalb der vorgeschriebenen Frist gestellt. Maßgeblich ist hierbei nach § 195 Abs. 7 VwGO die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis Ende 2006 geltenden Fassung, da der Bebauungsplan vor dem 01.01.2007 bekannt gemacht worden ist. Die Antragsfrist betrug nach dem BauGB 1998 zwei Jahre ab Bekanntgabe der Satzung. Da der Bebauungsplan vorliegend am 25.08.2005 im Gemeindeanzeiger Ötigheim bekannt gemacht wurde und der Normenkontrollantrag am 31.07.2007 bei Gericht einging, ist die Frist gewahrt.
II.
18 
Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Er kann geltend machen, durch den Bebauungsplan in seinen Rechten verletzt zu werden. Der Antragsteller ist Eigentümer von zwei Grundstücken im Plangebiet. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung seines Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Der Antragsteller wendet sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar seine Grundstücke betreffen. Er beanstandet, dass die Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 nach Art der baulichen Nutzung auf ein Sondergebiet für Gartenbaubetriebe, Handel mit Pflanzen, Blumen u.ä. Produkte (SO 1) beschränkt wird und sonstige Nutzungen, insbesondere Wohnnutzung, ausgeschlossen sind. Ferner greift der Antragsteller die ebenfalls eingeschränkte Nutzbarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 als lediglich private Grünfläche mit zu geringen Gewächshausgrößen und nur zum „betrieblichen Wohnen“ (SO 2) an und rügt den Entzug bisher bestehender Bebauungsmöglichkeiten. Der Antragsteller trägt damit substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass er durch die Einschränkung der Bebaubarkeit seiner Grundstücke in seinem Grundeigentum verletzt ist (st. Rechtspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732) und eine solche Rechtsverletzung ist auch tatsächlich gegeben (dazu nachfolgend B.).
III.
19 
Schließlich kann dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzinteresse auch insoweit nicht abgesprochen werden, als er den Bebauungsplan in seinem gesamten räumlichen Geltungsbereich angreift. Zwar ist der Bebauungsplan hinsichtlich der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers von den Festsetzungen für das übrige Plangebiet abtrennbar, weil letztere auch für sich betrachtet noch städtebaulich sinnvoll sind und vom Gemeinderat im Zweifel auch isoliert in gleicher Weise so beschlossen worden wären, was dazu führt, dass der Bebauungsplan nur für teilweise unwirksam zu erklären ist (dazu unten, zur Teilnichtigkeit vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris und vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, NVwZ 1994, 271 f.). Dieser Umstand der Teilbarkeit des Bebauungsplans „Erweiterung Breit-Eich“ macht den Normenkontrollantrag aber nicht teilweise unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es vielmehr, dass ein Antragsteller substantiiert geltend machen kann, durch den Bebauungsplan insgesamt in seinen Rechten verletzt zu werden. Er muss darüber hinaus nicht auch noch darlegen, inwieweit sich die geltend gemachten Rechtsfehler nur partiell auf den Plan auswirken. Damit würden die Anforderungen überspannt. Das Rechtsschutzinteresse entfällt ausnahmsweise nur dann, wenn ein Antragsteller ihn sachlich oder räumlich nicht berührende Regelungen eines Bebauungsplans mit einbezieht, obwohl sich diese schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für ihn erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans darstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 -, NVwZ 1992, 373). Von einer derart offensichtlichen Eigenständigkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers einerseits und der Festsetzungen für den Friedhof und dessen Umfeld andererseits kann hier aber nicht ausgegangen werden. Denn die Regelungen für beide Planbereiche waren zumindest teilweise durch das gemeinsame Planziel verklammert, die bestehenden Freiräume und „friedhofskonformen“ Nutzungsstrukturen zu erhalten und abzusichern.
B.
20 
Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
21 
Gegen die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanverfahrens sind rechtserhebliche Bedenken nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
22 
Der Senat geht ferner davon aus, dass der Bebauungsplan jedenfalls nicht in beachtlicher Weise gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt. Zwar weichen die Festsetzungen im westlichen Plangebiet (Sondergebiet SO 2 und Gemeinbedarfsfläche für den Kindergarten) teilweise von den Darstellungen des beim Satzungsbeschluss geltenden Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt (2. Änderung) von 1997 ab, der hier eine Grünfläche vorsieht. Diese Abweichung beeinträchtigt aber inhaltlich, vor allem aber räumlich noch nicht die sich aus dem Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung und beeinflusst die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB damit nicht (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.2002 - 5 S 2687/00 -, BauR 2003, 1001; BVerwG, Urteil vom 26.01.1999 - 4 CN 6.98 -, juris).
23 
Des weiteren erscheint der Bebauungsplan unter Zurückstellung von Rechtszweifeln auch nach dem nur groben Maßstab des § 1 Abs. 3 BauGB noch erforderlich, da der Plangeber mit ihm städtebaulich ableitbare Ziele verfolgt (Freihaltung des Friedhofsumfeldes, Beschränkung der gewerblichen Nutzung sowie Ausschluss zusätzlicher Wohnbebauung aus Gründen der Ortsbilderhaltung und des Schutzes der Totenruhe, Absicherung des Kindergartens für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung; Festlegung der Parkplätze für Friedhofsbesucher, Anlegung von Längsparkplätzen und Haltebuchten an der ... aus Gründen des Verkehrs, Erhalt der Parkanlagen und Grünflächen zwecks Landschaftsschutzes), wobei das Ziel einer Koppelung von Gartenbaubetrieb mit dem „betriebsbezogenen“ Wohnen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wegen des Bestandsschutzes der Baugenehmigung vom 30.10.2001 allerdings nur sehr eingeschränkt zu realisieren ist (dazu noch unten).
24 
Einer abschließenden Klärung dieser Fragen bedarf es jedoch nicht. Denn für die Festsetzung der privaten Grünfläche (PG 2) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 fehlt es an einer Rechtsgrundlage (dazu I.). Diese Festsetzung beruht ferner, ebenso wie die Einschränkung des Sondergebiets SO 2 auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen, auf Abwägungsfehlern (dazu II.), die zur Unwirksamkeit auch der Reglungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 führen, die Regelungen für das übrige Plangebiet aber unberührt lassen (dazu III.).
I.
25 
Die als private Grünfläche „Gartenbau“ (PG 2) ausgewiesene Fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers ist nicht durch § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB als Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Da die Antragsgegnerin ihr gesamtes Grünflächenkonzept (PG 1 und PG 2) nur auf § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB gestützt hat, erkennbar also durchweg „Grünflächen“ und nicht etwa sonstige Freihalteflächen festsetzen wollte, ist es dem Senat verwehrt, eine Parallelprüfung anhand alternativ denkbare Rechtsgrundlagen vorzunehmen (etwa: § 9 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 18 a oder Nr. 25 BauGB). Dies würde die Absichten des Gemeinderats verfälschen, der „Überlagerungen“ bzw. „Doppelungen“ mit anderen Ermächtigungsnormen und deren Zielen ersichtlich nicht gewollt hat (zur Möglichkeit solcher „sich überlagernder“ Festsetzungen vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.12.1998 - 10a D 186/96.NE -, BRS 60 Nr. 21; BVerwG, Beschluss vom 24.04.1991 - 4 NB 24.90 -, NVwZ 1991, 877 ff; zur Ausweisung einer privaten Grünanlage mit gleichzeitigem Bauverbot nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 24.11.1993 - 3 S 1631/91 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 10).
26 
1. Bei Festsetzung einer Grünfläche muss außer der Bestimmung ihrer Privat- oder Gemeinnützigkeit eine Entscheidung über die Zweckbestimmung getroffen werden. Der Verwendungszweck ist dabei im Regelfall bereits im Einzelnen anzugeben (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 57; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 9 Rdnr. 127 f). Hierbei ist der Begriff „Grünfläche“ lediglich als Oberbegriff zu verstehen. Dieser reicht für eine Konkretisierung nur insoweit aus, als er die Anlage, Unterhaltung und „zweckfreie“ Nutzung einer lediglich begrünten Fläche gestattet. Ist eine Anlage (auch) mit anderer Zweckbestimmung geplant, so muss diese Zweckbestimmung, also der spezielle Nutzungszweck, konkret bezeichnet werden (BVerwG, Urteil vom 16.02.1973 - 4 C 66.69 -, NJW 1973, 588; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 128). Der spezielle Nutzungszweck darf sodann die Grenzen der Nutzungsart „Grünfläche“ nicht überschreiten. „Grünflächen“ sind nur solche Flächen, die grundsätzlich frei von Bebauung, insbesondere mit geschlossenen Gebäuden, sind und die durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene oder zumindest dem Aufenthalt im Freien dienende Flächen geprägt werden (so zutreffend Sächs. OVG, Beschluss vom 05.03.2002 - 1 D 18/00 -, Sächs.VBl. 2002, 245 ff. m.w.N.). Aus dieser Umschreibung folgt, dass bauliche Anlagen und sonstige Einrichtungen, die der Zweckbestimmung der jeweiligen Grünfläche dienen, zwar nicht völlig ausgeschlossen sind. Sie dürfen bei einer Gesamtbetrachtung jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sein. Festsetzungen, die eine Bebauung ermöglichen, welche den Charakter einer Grünfläche maßgeblich prägt und damit verfälscht, scheiden damit aus (so zutreffend auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 124). Für das Verhältnis der Hauptnutzung (freigehaltene Grünfläche) zu den erlaubten baulichen Anlagen kann dabei auf die Abgrenzungskriterien des § 14 Abs. 1 BauNVO zurückgegriffen werden. Die baulichen Anlagen dürfen den Rang „untergeordneter Nebenanlagen“ nicht überschreiten, d.h. sie müssen der Grünflächennutzung räumlich und funktional zu- und untergeordnet sein (zu diesen Kriterien vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 Rdnr. 3 m.w.N.). In diesem Zusammenhang muss auch stets geprüft werden, ob der Plangeber in Wirklichkeit nicht eine andere Regelungsmaterie aus dem Katalog des § 9 Abs. 1 BauGB „im Gewand“ einer Grünflächenplanung umsetzen will. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ermächtigt nämlich nicht zur Festsetzung teilweise „begrünter“ Flächen, die im Schwerpunkt jedoch einen anderen Zweck verfolgen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 122). Insbesondere ist dabei die Abgrenzung zwischen einer Grünfläche und einem „begrünten“ Sondergebiet in den Blick zu nehmen.
27 
2. Gemessen daran sind die Festsetzungen zu der privaten Grünfläche PG 2 auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers mit § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nicht vereinbar.
28 
a) Zwar dürften die Festsetzungen hinreichend bestimmt sein. Als besondere Zweckbestimmung (spezieller Nutzungszweck) ist die Nutzung „Gartenbau“ angegeben (vgl. Einschrieb im Plan sowie Überschrift in 1.1.2 des Textteils). Im Textteil heißt es ergänzend, dass „Gartenbau zugelassen“ ist. Damit wird klargestellt, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wie bisher als eine dem Betrieb des Antragstellers dienende Freilandfläche zum Anpflanzen von Zier- und Nutzpflanzen genutzt werden darf. Insoweit dürfte es sich wohl noch um eine - weil von baulichen Anlagen freie und durchgehend bepflanzte - „Grünfläche“ handeln. Der Umstand, dass es sich um keine „wertfreie“ auf optisch-landschaftliche Reize ausgerichtete Fläche, sondern um eine der Gewinnerzielung dienende „Begrünung“ handelt, dürfte für die hier gebotene objektiv-städtebauliche Bewertung nicht entscheidend sein; dies zeigt auch die Erwähnung von Zeltplätzen im Beispielskatalog des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, die sowohl gemeinnützig als auch gewerblich geführt werden können (in diesem Sinne auch BayVGH, NK-Urteil vom 04.05.1998 - 15 N 96.2535 -, juris).
29 
b) Einer abschließenden Beurteilung, welche Rechtsqualität eine in den Betrieb integrierte Freilandfläche ohne weitere Nutzungsmöglichkeiten hätte, bedarf es indessen nicht. Denn der Bebauungsplan lässt es zu, dass die gesamte „private Grünfläche Gartenbau zu max. 50 % mit Gewächshäusern überbaut werden darf“. Nach dem Plan dürfen damit Gewächshäuser an beliebiger Stelle und in unterschiedlicher Größe, wenn auch nur mit einer Firsthöhe bis zu 4 m, errichtet werden und diese Gebäude (zum Begriff vgl. § 2 Abs. 2 LBO) dürfen den als Grünfläche festgesetzten Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 (PG 2) bis zur Hälfte überdecken. Die hälftige Überbauungsmöglichkeit dürfte sich, ohne dass dies letztlich ausschlaggebend ist, auf die Gesamtfläche des Grundstücks beziehen („große“ Ausnutzbarkeit). Hätte der Satzungsgeber nur auf die tatsächlich bebaubare - kleinere - Fläche als Berechnungsgrundlage abstellen wollen (etwa: Abzug des 10 m - Freihaltestreifens nach § 8 Abs. 1 BestattG, „kleine“ Ausnutzbarkeit), hätte diese Einschränkung im Text zum Ausdruck kommen müssen. Damit lässt es der Bebauungsplan wohl zu, dass auf dem ca. 3.060 qm großen Grünflächenareal Gewächshäuser mit einer Grundfläche bis zu ca. 1.530 qm erstellt werden dürfen. Dies bedeutet, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 bei Ausnutzung aller Möglichkeiten sehr dicht bebaut werden kann. Von einer nach dem räumlich-optischen Erscheinungsbild nur unwesentlichen oder gar untergeordneten Bebauung kann bei dieser Größenordnung und Dichte nicht mehr die Rede sein. Auch bei der nur „kleinen“ Ausnutzbarkeit würden die Gewächshäuser den Umfang von gegenüber der Hauptnutzung „Grünfläche“ untergeordneten Nebenanlagen bei weitem überschreiten. Dies räumt auch die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung ein. Für das quantitativ prägende Gewicht der zugelassenen Bebauung mit Gewächshäusern spricht ferner, dass damit (Grundflächenzahl von 0,5) verdichteter gebaut werden darf als es die BauNVO für die umgebenden Wohngebiete vorsieht. Die gebotene optisch-räumliche Unterordnung der Gewächshäuser wird auch nicht dadurch hergestellt, dass diese im First „nur“ 4 m hoch sein dürfen und nicht gemauert, sondern aus durchsichtigem Glas gefertigt sind. Es sind und bleiben oberirdische, raumgreifende Anlagen, die sich auch dann gegenüber den grünen Freiflächen optisch und funktional in den Vordergrund drängen. Zwar „passen“ die Gewächshäuser funktional zur Zweckbestimmung „Gartenbau“. Bei der hier zulässigen Massierung gewinnt aber eine andere Zweckbestimmung die Oberhand. Entstehen wird in Wirklichkeit keine „Grünfläche Gartenbau“ (mehr), sondern stattdessen ein „begrüntes“ Sondergebiet für Gewächshäuser und Freilandflächen. Dieses überschreitet die Bandbreite des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB jedoch deutlich und könnte nur auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden (zur Wandlung einer Grünfläche in eine als Sondergebiet zu qualifizierende „grüne“ gewerbliche Ausstellungsfläche vgl. auch Niedersächs. OVG, Urteil vom 30.10.1986 - 6 C 20/85 -, BRS 46 Nr. 23). Mit den in einem Sondergebiet verfügbaren rechtlichen Instrumentarien könnten die von der Antragsgegnerin mit der „Grünfläche“ verbundenen Planziele auch sachgerecht und differenziert umgesetzt werden; die Lage und Dichte der Bebauung mit Gewächshäusern ließe sich differenziert über Regelungen zum Maß (GRZ, Grundfläche) und zur überbaubaren Grundstücksfläche (Baufenster) regeln.
II.
30 
Bei der Festsetzung der privaten Grünfläche PG 2 und des Sondergebiets SO 2 (betriebsbezogenes Wohnen “Gartenbau“) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sind der Antragsgegnerin zudem in mehrfacher Hinsicht Abwägungsfehler unterlaufen. Der Bebauungsplan verstößt insofern gegen § 1 Abs. 6 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.). Danach sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
31 
Diesen Anforderungen wird der Bebauungsplan schon im Abwägungsvorgang nicht gerecht. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die Ausgangslage bei Festsetzung der privaten Grünfläche und bei der Beschränkung im SO 2 auf (nur) betriebsbezogenes Wohnen in mehrfacher Hinsicht rechtlich unzutreffend und infolgedessen auch unvollständig beurteilt.
32 
1. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist davon ausgegangen, das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei ausnahmsweise „auf besonderen Wunsch“ der Grundstückseigentümer bzw. als „besonderes Zugeständnis“ an diese und „im Vorgriff auf diesen Bebauungsplan“ genehmigt worden (Begründung S. 4; Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen S. 2). Dieser auch vom Antragsteller gerügte Ansatz ist nicht zutreffend. Tatsächlich war die Baugenehmigung vom 30.10.2001 für das Wohnhaus völlig unabhängig vom späteren Bebauungsplan. Sie war mit diesem weder verfahrens- noch materiellrechtlich verknüpft. Die Voraussetzungen einer „vorgezogenen“ Baugenehmigung nach § 33 BauGB lagen nicht vor. Weder war die formelle Planreife nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erreicht noch hatten die Bauherrn eine den Planvorstellungen entsprechende eingeschränkte „betriebliche“ Nutzung anerkannt (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB). Die Baugenehmigung wurde von der Stadt Rastatt vielmehr unabhängig vom späteren Bebauungsplan „nach § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch“ erteilt, weil sie zu Recht von einer Innenbereichslage des Baugrundstücks (Nordwestecke des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1) ausging. Ausweislich der vorliegenden Pläne und Fotos haben dieses Baugrundstück und (jedenfalls) der sich nach Süden anschließende vordere Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 teil am Bebauungszusammenhang mit der vorhandenen Bebauung im Norden (Betriebsgebäude der Gärtnerei) und im Westen (Wohnhäuser des Plangebiets „Breit-Eich“); der Bebauungszusammenhang endet hier nicht mit den jeweils letzten Gebäuden dieser Bestandsbebauung. Nach Süden hin ist das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 noch in den Bebauungszusammenhang mit dem Kindergartengebäude Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 eingebettet. Dieses 1998 genehmigte Gebäude prägt in seinen Dimensionen und seiner Lage den Bereich zwischen dem westlich anschließenden Wohngebiet „Breit-Eich“ und dem südlich angrenzenden Wohngebiet „Steinäcker I“ maßgeblich. Diese Prägung strahlt nach Norden aus und schlägt eine Brücke über die Neue Friedhofsstraße hinweg in Richtung Gartenbetrieb und Wohnhaus des Antragstellers. Die in der Flucht zwischen Kindergarten und Wohnhaus des Antragstellers liegenden Freiflächen von ca. 50 m Breite ( = 2 bis 3 Bauplätze) stellten sich bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans als Baulücken dar, auf denen Wohnbebauung zulässig war. Auch die Erschließung war gesichert (Neue Friedhofstraße einerseits, durch Baulast gesicherter Weg über das Betriebsgrundstück des Antragstellers andererseits) oder hätte gesichert werden können. Davon sind auch die Baugenehmigungsbehörde und wohl auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem Abgabenrechtsstreit zwischen den Eheleuten ... und der Antragsgegnerin (3 K 3020/03) ausgegangen, wie der am 07.04.2005 geschlossene Vergleich zeigt (vgl. Bl. 94/95 der Baugenehmigungsakten). Auch die Verwaltung der Antragsgegnerin ist von der Innenbereichsqualität des Baugrundstücks und von der Zulässigkeit von Wohnbebauung ausgegangen (vgl. Vorlage TOP 1, 2 für die Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am 17.07.2001). Auf sich beruhen kann die Frage, ob das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 zusätzlich auch von Osten her am Bebauungszusammenhang mit dem Baugebiet „Steinäcker II“ teilhat oder ob der dazwischen liegende Friedhof mangels städtebaulich relevanter „Bebauung“ für einen solchen Brückenschlag ungeeignet ist (so teilweise die Rechtsprechung zu Friedhöfen in - hier nicht gegebener - Ortsrandlage, vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2004 - 1 A 11591/04 -, BauR 2005, 586 ff.).
33 
Nach all dem hatte der Antragsteller, da sich das Wohnhaus nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Umgebungsbebauung einfügte, seinerzeit einen Anspruch auf uneingeschränkte Genehmigung des Wohnhauses im heutigen SO 2 nach § 34 Abs. 1 BauGB. So sah es auch die Stadt Rastatt und hat demgemäß von einer Nutzungsbeschränkung auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen abgesehen. Eine derartige Beschränkung ist nur in Gebieten zulässig oder geboten, die prägende Merkmale eines Gewerbe- oder Industriegebiets aufweisen (vgl. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Die Baugenehmigung vom 30.10.2001 beruhte daher nicht auf „Zugeständnissen“ an den Antragsteller, sondern musste nach § 58 Abs. 1 LBO kraft Gesetzes erteilt werden. Darüber hinaus besaßen zumindest die südlich an das SO 2 anschließenden Teilflächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Baulandqualität. Beide Umstände, die der Antragsteller im Verfahren auch geltend gemacht hat, hat der Gemeinderat verkannt. Er hat mithin die Ausgangslage für das Sondergebietskonzept falsch eingeschätzt und die Folgen der Grünflächenausweisung für das Grundeigentum des Antragstellers (Entzug von Bauland) nicht mit dem gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
34 
2. Der Gemeinderat durfte die nachteiligen Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 auch nicht etwa deswegen aus der Abwägung ausblenden, weil sich die Eheleute ... in der Vereinbarung vom 20.09.2001 u.a. verpflichtet hatten, dieses Grundstück nur mit einem - dem später genehmigten - Wohnhaus zu bebauen und jegliche „weitere Verringerung des Grundstücks zum Zwecke der Wohnbebauung“ auszuschließen.
35 
a) Es ist bereits fraglich, ob die Antragsgegnerin diese Vereinbarung seinerzeit selbst als verbindlich ansah und sie durchsetzen wollte. Denn zum Einen hat sie bis heute nicht auf Sicherung der Zusagen der Eheleute ... durch Grunddienstbarkeit gedrängt und zum Anderen hat der Bürgermeister in der Folgezeit im Zuge von Nachverhandlungen den Eheleuten ... zwei teilweise geänderte Vertragsentwürfe angeboten (vgl. die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgelegen Unterlagen).
36 
b) Jedenfalls ist die Vereinbarung vom 20.09.2001 jedoch nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG nichtig. Diese Vorschrift ist anwendbar, da es sich bei der Vereinbarung vom 20.09.2001 nach ihrem Inhalt - unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien - um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelte. Die Vereinbarung bezog sich auf Gegenstände, die in Normen des öffentlichen Rechts geregelt sind. Sie stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB für die Erteilung der Baugenehmigung des Wohnhauses erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens. Dies ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf und der Behandlung der Vereinbarung im Gemeinderat der Antragsgegnerin. Der Gemeinderat hatte in der Sitzung am 24.07.2001 zunächst zwar sein grundsätzliches Einverständnis zu dem beantragten Wohnhausneubau erklärt. Er stellte eine endgültige Entscheidung aber zurück, um gegen den Bauantrag aufgekommene Bedenken von Gemeinderatsmitgliedern mit dem Antragsteller zu klären (vgl. Sitzungsprotokoll, S.15 f.). Nachdem in den folgenden Wochen der Inhalt der „Vereinbarung über die künftige Gesamtnutzung des Grundstücks für die Erwerbsgärtnerei und für Wohnbauzwecke“ festgelegt war, stimmte der Gemeinderat in der Sitzung am 17.09.2001 dem Wohnbauvorhaben endgültig zu (vgl. Sitzungsprotokoll).
37 
Die Vereinbarung vom 20.09.2001 mit ihrem am 17.09.2001 feststehenden Inhalt war aus Sicht der Antragsgegnerin mithin eine Gegenleistung, jedenfalls aber eine „Bedingung“ für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Die in §§ 2 und 3 übernommenen Verpflichtungen der Eheleute... wurden vom Gemeinderat mit anderen Worten für erforderlich und gerechtfertigt gehalten, um einer positiven Einvernehmenserteilung entgegenstehende Hindernisse auszuräumen (zu einem solchen Vertrag im Rahmen des § 36 BauGB vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 54 Rn. 34). Diese öffentlichrechtliche „causa“ der Vereinbarung (zu diesem Begriff siehe auch Kopp/Ramsauer, a.a.O.) war auch den Eheleuten ... bewusst und ist damit gemeinsame Vertragsgrundlage geworden. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 ist damit als öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag nach §§ 54 Satz 1, 56 LVwVfG zu qualifizieren. Die „Leistung“ der Antragsgegnerin bestand darin, den Weg für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB frei zu machen, als „Gegenleistung“ verpflichteten sich die Eheleute..., das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 nur mit dem zu genehmigende Wohnhaus zu bebauen und es im Übrigen unter Verzicht auf weitere Wohnbebauung nur erwerbsgärtnerisch zu nutzen (§ 2). Auch bezüglich der Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 gingen die Eheleute ... erhebliche Verpflichtungen ein, indem sie sich bereit erklärten, es im Wesentlichen nur im bisherigen Umfang gewerblich zu verwenden und von jeglicher Wohnbebauung abzusehen (§ 3).
38 
c) Mit diesem Inhalt hat die Vereinbarung keinen rechtlichen Bestand. Sie ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nichtig, weil sich die Antragsgegnerin eine nach § 56 LVwVfG unzulässige Gegenleistung hat zusagen lassen. Vieles spricht dafür, dass die den Eheleuten ... abverlangten erheblichen Nutzungseinschränkungen beider Grundstücke schon nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG unzulässig waren, weil sie den Umständen gemäß Unangemessenes verlangten und - jedenfalls bezüglich der Verzichtsregelungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 - in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Zustimmung zum Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück standen. Jedenfalls erfüllten die von den Eheleuten ... als „Gegenleistung“ verlangten Nutzungsverzichte aber die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 LVwVfG. Denn auf die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB hatten die Bauherrn, wie dargelegt, einen uneingeschränkten Anspruch. Der Gemeinderat hätte daher sein Einvernehmen auch ohne Vorbedingungen erteilen müssen. Die Mitwirkung der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 Abs. 1 BauGB beruht zwar auf der kommunalen Planungshoheit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Gemeinde dabei ein Ermessen oder eine sonstige Entscheidungsfreiheit zusteht, wie § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausdrücklich klarstellt. Insbesondere ist es der Gemeinde, was die Antragsgegnerin hier wohl verkannt hat, verwehrt, ihr Einvernehmen deswegen zu versagen oder von Änderungen eines Vorhabens abhängig zu mache, weil dieses ihren Planungsvorstellungen nicht entspricht (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 17.06.2003 - 4 B 14.03 -, ZfBR 2003, 695; Roeser in Berliner Komm. zum BauGB, § 36 Rn. 13; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. § 36 Rn 12 m.w.N.).
39 
3. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 war darüber hinaus auch aus einem zweiten (zusätzlichen) Grund für das Einvernehmen der Gemeinde rechtlich bedeutungslos. Dies ergibt sich aus der Fiktionsvorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, wonach das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Bauantrags bei der Gemeinde verweigert wird. Vorliegend wurde der Bauantrag am 21.06.2001 entsprechend dem nach § 52 LBO im Land Baden-Württemberg vorgeschriebenen Verfahren bei der Gemeinde eingereicht. An diesem Tag begann die Einvernehmensfrist zu laufen und endete nach § 31 LVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 21.08.2001. Bis zu diesem Tag war der Baurechtsbehörde, der Stadt Rastatt, keine Erklärung der Antragsgegnerin zugegangen, dass das Einvernehmen versagt werde. Eine Erklärung dieses Inhalts hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin erst unter dem 01.10.2001 (Eingang am 02.10.2001) - und damit verspätet - abgegeben, wobei anzumerken ist, dass diese Erklärung der innergemeindlichen Beschlusslage widersprach, da der Gemeinderat, wie dargelegt, bereits in seiner Sitzung am 27.09. 2001 einstimmig sein Einvernehmen erklärt hatte.
40 
Für den Ablauf der Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB unerheblich ist, ob die bei der Gemeinde eingereichten Bauvorlagen von Anfang an vollständig waren, was wohl zu verneinen ist (vgl. Schreiben der Stadt Rastatt an den Antragsteller vom 03.07.2001, Bl. 30 der Baugenehmigungsakte). Zwar will der Gesetzgeber mit dem Einvernehmenserfordernis in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB den Gemeinden eine Entscheidung auf der Grundlage planungsrechtlich vollständiger Antragsunterlagen ermöglichen. Die Gemeinde hat jedoch die Obliegenheit, im Rahmen der ihr durch das Landesrecht eröffneten Möglichkeiten innerhalb der zweimonatigen Einvernehmensfrist gegenüber dem Bauherrn oder der Baurechtsbehörde auf die Vervollständigung des Bauantrags hinzuwirken. Kommt sie dieser Mitwirkungslast nicht nach, gilt ihr Einvernehmen auch bei Unvollständigkeit der Bauvorlagen nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB als erteilt (zu all dem - auf der Grundlage baden-württembergischen Landesrechts - BVerwG, Urteil vom 16.09.2004 - 4 C 7.03 -, NVwZ 2005, 213 ff.; anders noch VGH Bad.-Württ. im zugrunde liegenden Urteil vom 07.02.2003 - 8 S 2563/02 -, ESVGH 53, 190 f. = BauR 2003, 625 ff. ). Eine derartige Unvollständigkeitsrüge hat die Antragsgegnerin während der Zweimonatsfrist aber weder gegenüber dem Antragsteller noch gegenüber der Baugenehmigungsbehörde erhoben. Sie muss sich daher an dem am 21.08.2001 erfolgten Fristablauf festhalten lassen. Sollte die Erklärung des Bürgermeisters vom 01.10.2001 als Widerruf des fiktiven Einvernehmens zu verstehen sein, wäre sie mit diesem Inhalt unwirksam. Eine nachträgliche Beseitigung der Rechtswirkungen der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB durch Widerruf, Rücknahme oder Anfechtung ist aus Gründen der Rechtssicherheit ausgeschlossen (vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 24.95 -, NVwZ 1997, 900 f.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.03.2002 - 1 M 6/02 -, NVwZ-RR 2002, 821 ff.).
41 
4. Daraus, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 in seiner genehmigten Nutzung zum „allgemeinen“ Wohnen sowohl formellen als auch materiellen Bestandsschutz genießt, ergeben sich nachteilige Folgen für die Umsetzung des Planziels, dieses Wohnhaus rechtlich und wirtschaftlich mit dem Gartenbaubetrieb zu verknüpfen. Auch mit diesem Umstand hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin sich bei der Abwägung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der Bestandsschutz dürfte noch auf längere Zeit fortbestehen, Anhaltspunkte für seine Beendigung (hierfür wäre ein Austausch der schutzwürdigen Bausubstanz - Identitätswechsel - oder die Aufgabe der bisherigen Nutzung erforderlich, vgl. im einzelnen Sauter, LBO, § 65 Rn.14a -14e) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies bedeutet nicht nur, dass der Antragsteller mit seiner Familie auch bei einer Betriebsaufgabe oder -verpachtung im Wohnhaus verbleiben, sondern dieses jederzeit auch an dritte Personen zur Wohnnutzung verkaufen könnte, die mit dem Betrieb in keinerlei Beziehung stehen. Denn der Bestandsschutz ist nicht personengebunden, sondern steht als ein aus dem Eigentum fließendes Recht dem jeweiligen Eigentümer, also auch dem Rechtsnachfolger, zu (Sauter a.a.O., Rn. 14e); gleichermaßen gehen die Rechte aus der Baugenehmigung nach § 58 Abs. 2 LBO auf den Rechtsnachfolger über. Damit kann der angestrebte Verbund von Betrieb und Wohnhaus jedenfalls auf längere Zeit nicht gewährleistet werden.
III.
42 
Die dargestellten Fehler im Abwägungsvorgang (Verkennung der uneingeschränkten Zulässigkeit des Wohnhauses nach § 34 Abs. 1 BauGB und der Baulandqualität der übrigen vorderen Flächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1, Nichtberücksichtigung bzw. Fehleinschätzung der Rechtslage beim Einvernehmen, unzureichende Auseinandersetzung mit den Folgen des umfassenden Bestandsschutzes der Baugenehmigung für die Verwirklichung der Planziele) sind auch nach § 214 Abs. 3 BauGB erheblich. Sie sind sowohl offensichtlich als auch in ihrer Gesamtheit für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Der Senat hat keinen Zweifel an der konkreten Möglichkeit dass der Gemeinderat bei Vermeidung der rechtlichen Fehleinschätzungen und voller Berücksichtigung der privaten Eigentumsbelange des Antragstellers sowie in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Grünflächenfestsetzung eine andere, dem Antragsteller potenziell günstigere Entscheidung für das SO 1 auf dem Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1, für das SO 2 und die Frei(land)fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 und bezüglich der Verknüpfung beider Grundstücke getroffen oder dass er von einer Überplanung dieser Grundstücke möglicherweise überhaupt abgesehen hätte.
43 
Darauf, ob die einschränkenden Festsetzungen auf den Grundstücken des Antragstellers sich (auf dem Hintergrund der oben dargelegten rechtlichen Ausgangslage) im Ergebnis aufrecht erhalten ließen, ob sie insbesondere verhältnismäßig wären, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass insoweit erhebliche Zweifel bestehen. Insbesondere dürfte das Planziel, den Bereich um den Friedhof im bisherigen Umfang von Bebauung freizuhalten, es schwerlich rechtfertigen, dem Antragsteller die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 in der Flucht seines Wohnhauses vorzuenthalten. Denn auch wenn das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 „in erster Reihe“ bebaut wäre, wäre im Rücken der Bebauung noch ein Geländestreifen von ca. 25 m Tiefe frei, was in etwa der Tiefe der übrigen (öffentlichen) Grünflächen auf der Süd- und Ostseite entspricht und immerhin noch das Zweieinhalbfache des Mindestabstands nach § 8 Abs. 1 BestattG von 10 m ausmacht. Zudem ist das „Freihaltekonzept“ auf der Westseite des Friedhofs durch das Gebäude des Kindergartens bereits deutlich relativiert.
44 
Die Unwirksamkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers führt nicht auch zur Nichtigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans auf den übrigen, im Wesentlichen im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden und öffentlichen bzw. Gemeinbedarfszwecken gewidmeten Grundstücken. Diese Regelungen sind vom Plankonzept für den Gartenbaubetrieb und für das Wohnhaus des Antragstellers klar abtrennbar und ergeben auch ohne diese Regelungen eine für sich sinnvolle städtebauliche Ordnung (Absicherung der öffentlichen Grünflächen und Gemeinbedarfsanlagen, Erhalt des Parkplatzes, zeitgemäße Verschmälerung der ... mit gleichzeitiger Schaffung von Längsparkplätzen). Auch das Ziel, die Gartenflächen im äußersten Westen des Plangebiets als Grünflächen (PG 1) zu erhalten, hat selbstständigen Bestand. Nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen - und von den Vertretern der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bestätigten - Willen hätte der Gemeinderat im Zweifel den Bebauungsplan für diese „Restgebiete“ mit gleichem Inhalt beschlossen (zu diesen Voraussetzungen der Teilnichtigkeit vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris).
C.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Aus den bereits oben bei Behandlung des Rechtsschutzinteresses genannten Gründen besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller im Hinblick auf die nur teilweise Plannichtigkeit einen Teil der Kosten aufzuerlegen, da er im kostenrechtlichen Sinn nicht „unterlegen“ ist.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je Grundstück 10.000,-- EUR).
49 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
16 
Der Antrag des Antragstellers ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft und auch sonst zulässig. Die nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderlichen Voraussetzungen sind erfüllt:
I.
17 
Der Antragsteller hat seinen Antrag noch innerhalb der vorgeschriebenen Frist gestellt. Maßgeblich ist hierbei nach § 195 Abs. 7 VwGO die Frist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO in der bis Ende 2006 geltenden Fassung, da der Bebauungsplan vor dem 01.01.2007 bekannt gemacht worden ist. Die Antragsfrist betrug nach dem BauGB 1998 zwei Jahre ab Bekanntgabe der Satzung. Da der Bebauungsplan vorliegend am 25.08.2005 im Gemeindeanzeiger Ötigheim bekannt gemacht wurde und der Normenkontrollantrag am 31.07.2007 bei Gericht einging, ist die Frist gewahrt.
II.
18 
Der Antragsteller ist auch antragsbefugt. Er kann geltend machen, durch den Bebauungsplan in seinen Rechten verletzt zu werden. Der Antragsteller ist Eigentümer von zwei Grundstücken im Plangebiet. Der Bebauungsplan bestimmt mithin unmittelbar Inhalt und Schranken der Nutzung seines Grundeigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG. Der Antragsteller wendet sich auch gegen Festsetzungen im Bebauungsplan, die unmittelbar seine Grundstücke betreffen. Er beanstandet, dass die Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 nach Art der baulichen Nutzung auf ein Sondergebiet für Gartenbaubetriebe, Handel mit Pflanzen, Blumen u.ä. Produkte (SO 1) beschränkt wird und sonstige Nutzungen, insbesondere Wohnnutzung, ausgeschlossen sind. Ferner greift der Antragsteller die ebenfalls eingeschränkte Nutzbarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 als lediglich private Grünfläche mit zu geringen Gewächshausgrößen und nur zum „betrieblichen Wohnen“ (SO 2) an und rügt den Entzug bisher bestehender Bebauungsmöglichkeiten. Der Antragsteller trägt damit substantiiert Tatsachen vor, die es möglich erscheinen lassen, dass er durch die Einschränkung der Bebaubarkeit seiner Grundstücke in seinem Grundeigentum verletzt ist (st. Rechtspr., vgl. etwa BVerwG, NK-Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732) und eine solche Rechtsverletzung ist auch tatsächlich gegeben (dazu nachfolgend B.).
III.
19 
Schließlich kann dem Antragsteller das erforderliche Rechtsschutzinteresse auch insoweit nicht abgesprochen werden, als er den Bebauungsplan in seinem gesamten räumlichen Geltungsbereich angreift. Zwar ist der Bebauungsplan hinsichtlich der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers von den Festsetzungen für das übrige Plangebiet abtrennbar, weil letztere auch für sich betrachtet noch städtebaulich sinnvoll sind und vom Gemeinderat im Zweifel auch isoliert in gleicher Weise so beschlossen worden wären, was dazu führt, dass der Bebauungsplan nur für teilweise unwirksam zu erklären ist (dazu unten, zur Teilnichtigkeit vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris und vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, NVwZ 1994, 271 f.). Dieser Umstand der Teilbarkeit des Bebauungsplans „Erweiterung Breit-Eich“ macht den Normenkontrollantrag aber nicht teilweise unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung genügt es vielmehr, dass ein Antragsteller substantiiert geltend machen kann, durch den Bebauungsplan insgesamt in seinen Rechten verletzt zu werden. Er muss darüber hinaus nicht auch noch darlegen, inwieweit sich die geltend gemachten Rechtsfehler nur partiell auf den Plan auswirken. Damit würden die Anforderungen überspannt. Das Rechtsschutzinteresse entfällt ausnahmsweise nur dann, wenn ein Antragsteller ihn sachlich oder räumlich nicht berührende Regelungen eines Bebauungsplans mit einbezieht, obwohl sich diese schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und damit auch für ihn erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans darstellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 -, NVwZ 1992, 373). Von einer derart offensichtlichen Eigenständigkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers einerseits und der Festsetzungen für den Friedhof und dessen Umfeld andererseits kann hier aber nicht ausgegangen werden. Denn die Regelungen für beide Planbereiche waren zumindest teilweise durch das gemeinsame Planziel verklammert, die bestehenden Freiräume und „friedhofskonformen“ Nutzungsstrukturen zu erhalten und abzusichern.
B.
20 
Der Antrag ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.
21 
Gegen die Gesetzmäßigkeit des Bebauungsplanverfahrens sind rechtserhebliche Bedenken nicht geltend gemacht und auch nicht ersichtlich.
22 
Der Senat geht ferner davon aus, dass der Bebauungsplan jedenfalls nicht in beachtlicher Weise gegen das Entwicklungsgebot des § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB verstößt. Zwar weichen die Festsetzungen im westlichen Plangebiet (Sondergebiet SO 2 und Gemeinbedarfsfläche für den Kindergarten) teilweise von den Darstellungen des beim Satzungsbeschluss geltenden Flächennutzungsplans der Verwaltungsgemeinschaft Rastatt (2. Änderung) von 1997 ab, der hier eine Grünfläche vorsieht. Diese Abweichung beeinträchtigt aber inhaltlich, vor allem aber räumlich noch nicht die sich aus dem Flächennutzungsplan für das gesamte Gemeindegebiet ergebende geordnete städtebauliche Entwicklung und beeinflusst die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans nach § 214 Abs. 2 Nr. 3 BauGB damit nicht (vgl. dazu VGH Bad.-Württ., Urteil vom 23.09.2002 - 5 S 2687/00 -, BauR 2003, 1001; BVerwG, Urteil vom 26.01.1999 - 4 CN 6.98 -, juris).
23 
Des weiteren erscheint der Bebauungsplan unter Zurückstellung von Rechtszweifeln auch nach dem nur groben Maßstab des § 1 Abs. 3 BauGB noch erforderlich, da der Plangeber mit ihm städtebaulich ableitbare Ziele verfolgt (Freihaltung des Friedhofsumfeldes, Beschränkung der gewerblichen Nutzung sowie Ausschluss zusätzlicher Wohnbebauung aus Gründen der Ortsbilderhaltung und des Schutzes der Totenruhe, Absicherung des Kindergartens für die sozialen Bedürfnisse der Bevölkerung; Festlegung der Parkplätze für Friedhofsbesucher, Anlegung von Längsparkplätzen und Haltebuchten an der ... aus Gründen des Verkehrs, Erhalt der Parkanlagen und Grünflächen zwecks Landschaftsschutzes), wobei das Ziel einer Koppelung von Gartenbaubetrieb mit dem „betriebsbezogenen“ Wohnen auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wegen des Bestandsschutzes der Baugenehmigung vom 30.10.2001 allerdings nur sehr eingeschränkt zu realisieren ist (dazu noch unten).
24 
Einer abschließenden Klärung dieser Fragen bedarf es jedoch nicht. Denn für die Festsetzung der privaten Grünfläche (PG 2) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 fehlt es an einer Rechtsgrundlage (dazu I.). Diese Festsetzung beruht ferner, ebenso wie die Einschränkung des Sondergebiets SO 2 auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen, auf Abwägungsfehlern (dazu II.), die zur Unwirksamkeit auch der Reglungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 führen, die Regelungen für das übrige Plangebiet aber unberührt lassen (dazu III.).
I.
25 
Die als private Grünfläche „Gartenbau“ (PG 2) ausgewiesene Fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers ist nicht durch § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB als Ermächtigungsgrundlage gedeckt. Da die Antragsgegnerin ihr gesamtes Grünflächenkonzept (PG 1 und PG 2) nur auf § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB gestützt hat, erkennbar also durchweg „Grünflächen“ und nicht etwa sonstige Freihalteflächen festsetzen wollte, ist es dem Senat verwehrt, eine Parallelprüfung anhand alternativ denkbare Rechtsgrundlagen vorzunehmen (etwa: § 9 Abs. 1 Nr. 10, Nr. 18 a oder Nr. 25 BauGB). Dies würde die Absichten des Gemeinderats verfälschen, der „Überlagerungen“ bzw. „Doppelungen“ mit anderen Ermächtigungsnormen und deren Zielen ersichtlich nicht gewollt hat (zur Möglichkeit solcher „sich überlagernder“ Festsetzungen vgl. OVG NRW, Urteil vom 17.12.1998 - 10a D 186/96.NE -, BRS 60 Nr. 21; BVerwG, Beschluss vom 24.04.1991 - 4 NB 24.90 -, NVwZ 1991, 877 ff; zur Ausweisung einer privaten Grünanlage mit gleichzeitigem Bauverbot nach § 9 Abs. 1 Nr. 10 BauGB vgl. auch VGH Bad.-Württ., NK-Urteil vom 24.11.1993 - 3 S 1631/91 -, VGHBW-Ls 1994, Beil. 4, B 10).
26 
1. Bei Festsetzung einer Grünfläche muss außer der Bestimmung ihrer Privat- oder Gemeinnützigkeit eine Entscheidung über die Zweckbestimmung getroffen werden. Der Verwendungszweck ist dabei im Regelfall bereits im Einzelnen anzugeben (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl., § 9 Rdnr. 57; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Bd. 1, § 9 Rdnr. 127 f). Hierbei ist der Begriff „Grünfläche“ lediglich als Oberbegriff zu verstehen. Dieser reicht für eine Konkretisierung nur insoweit aus, als er die Anlage, Unterhaltung und „zweckfreie“ Nutzung einer lediglich begrünten Fläche gestattet. Ist eine Anlage (auch) mit anderer Zweckbestimmung geplant, so muss diese Zweckbestimmung, also der spezielle Nutzungszweck, konkret bezeichnet werden (BVerwG, Urteil vom 16.02.1973 - 4 C 66.69 -, NJW 1973, 588; Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 128). Der spezielle Nutzungszweck darf sodann die Grenzen der Nutzungsart „Grünfläche“ nicht überschreiten. „Grünflächen“ sind nur solche Flächen, die grundsätzlich frei von Bebauung, insbesondere mit geschlossenen Gebäuden, sind und die durch naturbelassene oder angelegte, mit Pflanzen bewachsene oder zumindest dem Aufenthalt im Freien dienende Flächen geprägt werden (so zutreffend Sächs. OVG, Beschluss vom 05.03.2002 - 1 D 18/00 -, Sächs.VBl. 2002, 245 ff. m.w.N.). Aus dieser Umschreibung folgt, dass bauliche Anlagen und sonstige Einrichtungen, die der Zweckbestimmung der jeweiligen Grünfläche dienen, zwar nicht völlig ausgeschlossen sind. Sie dürfen bei einer Gesamtbetrachtung jedoch nur von untergeordneter Bedeutung sein. Festsetzungen, die eine Bebauung ermöglichen, welche den Charakter einer Grünfläche maßgeblich prägt und damit verfälscht, scheiden damit aus (so zutreffend auch Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 124). Für das Verhältnis der Hauptnutzung (freigehaltene Grünfläche) zu den erlaubten baulichen Anlagen kann dabei auf die Abgrenzungskriterien des § 14 Abs. 1 BauNVO zurückgegriffen werden. Die baulichen Anlagen dürfen den Rang „untergeordneter Nebenanlagen“ nicht überschreiten, d.h. sie müssen der Grünflächennutzung räumlich und funktional zu- und untergeordnet sein (zu diesen Kriterien vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 10. Aufl., § 14 Rdnr. 3 m.w.N.). In diesem Zusammenhang muss auch stets geprüft werden, ob der Plangeber in Wirklichkeit nicht eine andere Regelungsmaterie aus dem Katalog des § 9 Abs. 1 BauGB „im Gewand“ einer Grünflächenplanung umsetzen will. § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ermächtigt nämlich nicht zur Festsetzung teilweise „begrünter“ Flächen, die im Schwerpunkt jedoch einen anderen Zweck verfolgen (Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a.a.O., § 9 Rdnr. 122). Insbesondere ist dabei die Abgrenzung zwischen einer Grünfläche und einem „begrünten“ Sondergebiet in den Blick zu nehmen.
27 
2. Gemessen daran sind die Festsetzungen zu der privaten Grünfläche PG 2 auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 des Antragstellers mit § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB nicht vereinbar.
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a) Zwar dürften die Festsetzungen hinreichend bestimmt sein. Als besondere Zweckbestimmung (spezieller Nutzungszweck) ist die Nutzung „Gartenbau“ angegeben (vgl. Einschrieb im Plan sowie Überschrift in 1.1.2 des Textteils). Im Textteil heißt es ergänzend, dass „Gartenbau zugelassen“ ist. Damit wird klargestellt, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 wie bisher als eine dem Betrieb des Antragstellers dienende Freilandfläche zum Anpflanzen von Zier- und Nutzpflanzen genutzt werden darf. Insoweit dürfte es sich wohl noch um eine - weil von baulichen Anlagen freie und durchgehend bepflanzte - „Grünfläche“ handeln. Der Umstand, dass es sich um keine „wertfreie“ auf optisch-landschaftliche Reize ausgerichtete Fläche, sondern um eine der Gewinnerzielung dienende „Begrünung“ handelt, dürfte für die hier gebotene objektiv-städtebauliche Bewertung nicht entscheidend sein; dies zeigt auch die Erwähnung von Zeltplätzen im Beispielskatalog des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB, die sowohl gemeinnützig als auch gewerblich geführt werden können (in diesem Sinne auch BayVGH, NK-Urteil vom 04.05.1998 - 15 N 96.2535 -, juris).
29 
b) Einer abschließenden Beurteilung, welche Rechtsqualität eine in den Betrieb integrierte Freilandfläche ohne weitere Nutzungsmöglichkeiten hätte, bedarf es indessen nicht. Denn der Bebauungsplan lässt es zu, dass die gesamte „private Grünfläche Gartenbau zu max. 50 % mit Gewächshäusern überbaut werden darf“. Nach dem Plan dürfen damit Gewächshäuser an beliebiger Stelle und in unterschiedlicher Größe, wenn auch nur mit einer Firsthöhe bis zu 4 m, errichtet werden und diese Gebäude (zum Begriff vgl. § 2 Abs. 2 LBO) dürfen den als Grünfläche festgesetzten Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 (PG 2) bis zur Hälfte überdecken. Die hälftige Überbauungsmöglichkeit dürfte sich, ohne dass dies letztlich ausschlaggebend ist, auf die Gesamtfläche des Grundstücks beziehen („große“ Ausnutzbarkeit). Hätte der Satzungsgeber nur auf die tatsächlich bebaubare - kleinere - Fläche als Berechnungsgrundlage abstellen wollen (etwa: Abzug des 10 m - Freihaltestreifens nach § 8 Abs. 1 BestattG, „kleine“ Ausnutzbarkeit), hätte diese Einschränkung im Text zum Ausdruck kommen müssen. Damit lässt es der Bebauungsplan wohl zu, dass auf dem ca. 3.060 qm großen Grünflächenareal Gewächshäuser mit einer Grundfläche bis zu ca. 1.530 qm erstellt werden dürfen. Dies bedeutet, dass das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 bei Ausnutzung aller Möglichkeiten sehr dicht bebaut werden kann. Von einer nach dem räumlich-optischen Erscheinungsbild nur unwesentlichen oder gar untergeordneten Bebauung kann bei dieser Größenordnung und Dichte nicht mehr die Rede sein. Auch bei der nur „kleinen“ Ausnutzbarkeit würden die Gewächshäuser den Umfang von gegenüber der Hauptnutzung „Grünfläche“ untergeordneten Nebenanlagen bei weitem überschreiten. Dies räumt auch die Antragsgegnerin in der Antragserwiderung ein. Für das quantitativ prägende Gewicht der zugelassenen Bebauung mit Gewächshäusern spricht ferner, dass damit (Grundflächenzahl von 0,5) verdichteter gebaut werden darf als es die BauNVO für die umgebenden Wohngebiete vorsieht. Die gebotene optisch-räumliche Unterordnung der Gewächshäuser wird auch nicht dadurch hergestellt, dass diese im First „nur“ 4 m hoch sein dürfen und nicht gemauert, sondern aus durchsichtigem Glas gefertigt sind. Es sind und bleiben oberirdische, raumgreifende Anlagen, die sich auch dann gegenüber den grünen Freiflächen optisch und funktional in den Vordergrund drängen. Zwar „passen“ die Gewächshäuser funktional zur Zweckbestimmung „Gartenbau“. Bei der hier zulässigen Massierung gewinnt aber eine andere Zweckbestimmung die Oberhand. Entstehen wird in Wirklichkeit keine „Grünfläche Gartenbau“ (mehr), sondern stattdessen ein „begrüntes“ Sondergebiet für Gewächshäuser und Freilandflächen. Dieses überschreitet die Bandbreite des § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB jedoch deutlich und könnte nur auf Grundlage von § 9 Abs. 1 Nr. 1 BauGB i.V.m. § 11 Abs. 1 BauNVO festgesetzt werden (zur Wandlung einer Grünfläche in eine als Sondergebiet zu qualifizierende „grüne“ gewerbliche Ausstellungsfläche vgl. auch Niedersächs. OVG, Urteil vom 30.10.1986 - 6 C 20/85 -, BRS 46 Nr. 23). Mit den in einem Sondergebiet verfügbaren rechtlichen Instrumentarien könnten die von der Antragsgegnerin mit der „Grünfläche“ verbundenen Planziele auch sachgerecht und differenziert umgesetzt werden; die Lage und Dichte der Bebauung mit Gewächshäusern ließe sich differenziert über Regelungen zum Maß (GRZ, Grundfläche) und zur überbaubaren Grundstücksfläche (Baufenster) regeln.
II.
30 
Bei der Festsetzung der privaten Grünfläche PG 2 und des Sondergebiets SO 2 (betriebsbezogenes Wohnen “Gartenbau“) auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sind der Antragsgegnerin zudem in mehrfacher Hinsicht Abwägungsfehler unterlaufen. Der Bebauungsplan verstößt insofern gegen § 1 Abs. 6 BauGB 1998 (= § 1 Abs. 7 BauGB n.F.). Danach sind bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die einschlägigen öffentlichen und privaten Belange gerecht gegeneinander und untereinander abzuwägen. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) auf die Prüfung zu beschränken, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat (kein Abwägungsausfall, keine fehlende Abwägungsbereitschaft), ob in sie an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (keine tatsächliche oder rechtliche Fehlbeurteilung) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 und vom 05.07.1974, a.a.O.). Die genannten Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist gem. § 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan abzustellen.
31 
Diesen Anforderungen wird der Bebauungsplan schon im Abwägungsvorgang nicht gerecht. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin hat die Ausgangslage bei Festsetzung der privaten Grünfläche und bei der Beschränkung im SO 2 auf (nur) betriebsbezogenes Wohnen in mehrfacher Hinsicht rechtlich unzutreffend und infolgedessen auch unvollständig beurteilt.
32 
1. Der Gemeinderat der Antragsgegnerin ist davon ausgegangen, das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 sei ausnahmsweise „auf besonderen Wunsch“ der Grundstückseigentümer bzw. als „besonderes Zugeständnis“ an diese und „im Vorgriff auf diesen Bebauungsplan“ genehmigt worden (Begründung S. 4; Stellungnahme zu Bedenken und Anregungen S. 2). Dieser auch vom Antragsteller gerügte Ansatz ist nicht zutreffend. Tatsächlich war die Baugenehmigung vom 30.10.2001 für das Wohnhaus völlig unabhängig vom späteren Bebauungsplan. Sie war mit diesem weder verfahrens- noch materiellrechtlich verknüpft. Die Voraussetzungen einer „vorgezogenen“ Baugenehmigung nach § 33 BauGB lagen nicht vor. Weder war die formelle Planreife nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB erreicht noch hatten die Bauherrn eine den Planvorstellungen entsprechende eingeschränkte „betriebliche“ Nutzung anerkannt (§ 33 Abs. 1 Nr. 3 BauGB). Die Baugenehmigung wurde von der Stadt Rastatt vielmehr unabhängig vom späteren Bebauungsplan „nach § 34 Abs. 1 Baugesetzbuch“ erteilt, weil sie zu Recht von einer Innenbereichslage des Baugrundstücks (Nordwestecke des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1) ausging. Ausweislich der vorliegenden Pläne und Fotos haben dieses Baugrundstück und (jedenfalls) der sich nach Süden anschließende vordere Teil des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 teil am Bebauungszusammenhang mit der vorhandenen Bebauung im Norden (Betriebsgebäude der Gärtnerei) und im Westen (Wohnhäuser des Plangebiets „Breit-Eich“); der Bebauungszusammenhang endet hier nicht mit den jeweils letzten Gebäuden dieser Bestandsbebauung. Nach Süden hin ist das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 noch in den Bebauungszusammenhang mit dem Kindergartengebäude Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 eingebettet. Dieses 1998 genehmigte Gebäude prägt in seinen Dimensionen und seiner Lage den Bereich zwischen dem westlich anschließenden Wohngebiet „Breit-Eich“ und dem südlich angrenzenden Wohngebiet „Steinäcker I“ maßgeblich. Diese Prägung strahlt nach Norden aus und schlägt eine Brücke über die Neue Friedhofsstraße hinweg in Richtung Gartenbetrieb und Wohnhaus des Antragstellers. Die in der Flucht zwischen Kindergarten und Wohnhaus des Antragstellers liegenden Freiflächen von ca. 50 m Breite ( = 2 bis 3 Bauplätze) stellten sich bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans als Baulücken dar, auf denen Wohnbebauung zulässig war. Auch die Erschließung war gesichert (Neue Friedhofstraße einerseits, durch Baulast gesicherter Weg über das Betriebsgrundstück des Antragstellers andererseits) oder hätte gesichert werden können. Davon sind auch die Baugenehmigungsbehörde und wohl auch das Verwaltungsgericht Karlsruhe in einem Abgabenrechtsstreit zwischen den Eheleuten ... und der Antragsgegnerin (3 K 3020/03) ausgegangen, wie der am 07.04.2005 geschlossene Vergleich zeigt (vgl. Bl. 94/95 der Baugenehmigungsakten). Auch die Verwaltung der Antragsgegnerin ist von der Innenbereichsqualität des Baugrundstücks und von der Zulässigkeit von Wohnbebauung ausgegangen (vgl. Vorlage TOP 1, 2 für die Sitzung des Bau- und Planungsausschusses am 17.07.2001). Auf sich beruhen kann die Frage, ob das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 zusätzlich auch von Osten her am Bebauungszusammenhang mit dem Baugebiet „Steinäcker II“ teilhat oder ob der dazwischen liegende Friedhof mangels städtebaulich relevanter „Bebauung“ für einen solchen Brückenschlag ungeeignet ist (so teilweise die Rechtsprechung zu Friedhöfen in - hier nicht gegebener - Ortsrandlage, vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 09.12.2004 - 1 A 11591/04 -, BauR 2005, 586 ff.).
33 
Nach all dem hatte der Antragsteller, da sich das Wohnhaus nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der überbaubaren Grundstücksfläche in die Umgebungsbebauung einfügte, seinerzeit einen Anspruch auf uneingeschränkte Genehmigung des Wohnhauses im heutigen SO 2 nach § 34 Abs. 1 BauGB. So sah es auch die Stadt Rastatt und hat demgemäß von einer Nutzungsbeschränkung auf nur „betriebsbezogenes“ Wohnen abgesehen. Eine derartige Beschränkung ist nur in Gebieten zulässig oder geboten, die prägende Merkmale eines Gewerbe- oder Industriegebiets aufweisen (vgl. §§ 8 Abs. 3 Nr. 1 und 9 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO). Die Baugenehmigung vom 30.10.2001 beruhte daher nicht auf „Zugeständnissen“ an den Antragsteller, sondern musste nach § 58 Abs. 1 LBO kraft Gesetzes erteilt werden. Darüber hinaus besaßen zumindest die südlich an das SO 2 anschließenden Teilflächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Baulandqualität. Beide Umstände, die der Antragsteller im Verfahren auch geltend gemacht hat, hat der Gemeinderat verkannt. Er hat mithin die Ausgangslage für das Sondergebietskonzept falsch eingeschätzt und die Folgen der Grünflächenausweisung für das Grundeigentum des Antragstellers (Entzug von Bauland) nicht mit dem gebührenden Gewicht in die Abwägung eingestellt.
34 
2. Der Gemeinderat durfte die nachteiligen Auswirkungen des Bebauungsplans auf die Bebaubarkeit des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 auch nicht etwa deswegen aus der Abwägung ausblenden, weil sich die Eheleute ... in der Vereinbarung vom 20.09.2001 u.a. verpflichtet hatten, dieses Grundstück nur mit einem - dem später genehmigten - Wohnhaus zu bebauen und jegliche „weitere Verringerung des Grundstücks zum Zwecke der Wohnbebauung“ auszuschließen.
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a) Es ist bereits fraglich, ob die Antragsgegnerin diese Vereinbarung seinerzeit selbst als verbindlich ansah und sie durchsetzen wollte. Denn zum Einen hat sie bis heute nicht auf Sicherung der Zusagen der Eheleute ... durch Grunddienstbarkeit gedrängt und zum Anderen hat der Bürgermeister in der Folgezeit im Zuge von Nachverhandlungen den Eheleuten ... zwei teilweise geänderte Vertragsentwürfe angeboten (vgl. die vom Antragsteller in der mündlichen Verhandlung vorgelegen Unterlagen).
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b) Jedenfalls ist die Vereinbarung vom 20.09.2001 jedoch nach § 59 Abs. 1 Nr. 4 LVwVfG nichtig. Diese Vorschrift ist anwendbar, da es sich bei der Vereinbarung vom 20.09.2001 nach ihrem Inhalt - unabhängig von den subjektiven Vorstellungen der Vertragsparteien - um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag handelte. Die Vereinbarung bezog sich auf Gegenstände, die in Normen des öffentlichen Rechts geregelt sind. Sie stand in unmittelbarem Zusammenhang mit dem nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB für die Erteilung der Baugenehmigung des Wohnhauses erforderlichen gemeindlichen Einvernehmens. Dies ergibt sich aus dem zeitlichen Ablauf und der Behandlung der Vereinbarung im Gemeinderat der Antragsgegnerin. Der Gemeinderat hatte in der Sitzung am 24.07.2001 zunächst zwar sein grundsätzliches Einverständnis zu dem beantragten Wohnhausneubau erklärt. Er stellte eine endgültige Entscheidung aber zurück, um gegen den Bauantrag aufgekommene Bedenken von Gemeinderatsmitgliedern mit dem Antragsteller zu klären (vgl. Sitzungsprotokoll, S.15 f.). Nachdem in den folgenden Wochen der Inhalt der „Vereinbarung über die künftige Gesamtnutzung des Grundstücks für die Erwerbsgärtnerei und für Wohnbauzwecke“ festgelegt war, stimmte der Gemeinderat in der Sitzung am 17.09.2001 dem Wohnbauvorhaben endgültig zu (vgl. Sitzungsprotokoll).
37 
Die Vereinbarung vom 20.09.2001 mit ihrem am 17.09.2001 feststehenden Inhalt war aus Sicht der Antragsgegnerin mithin eine Gegenleistung, jedenfalls aber eine „Bedingung“ für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB. Die in §§ 2 und 3 übernommenen Verpflichtungen der Eheleute... wurden vom Gemeinderat mit anderen Worten für erforderlich und gerechtfertigt gehalten, um einer positiven Einvernehmenserteilung entgegenstehende Hindernisse auszuräumen (zu einem solchen Vertrag im Rahmen des § 36 BauGB vgl. auch Kopp/Ramsauer, VwVfG, 10. Aufl., § 54 Rn. 34). Diese öffentlichrechtliche „causa“ der Vereinbarung (zu diesem Begriff siehe auch Kopp/Ramsauer, a.a.O.) war auch den Eheleuten ... bewusst und ist damit gemeinsame Vertragsgrundlage geworden. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 ist damit als öffentlich-rechtlicher Austauschvertrag nach §§ 54 Satz 1, 56 LVwVfG zu qualifizieren. Die „Leistung“ der Antragsgegnerin bestand darin, den Weg für die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 BauGB frei zu machen, als „Gegenleistung“ verpflichteten sich die Eheleute..., das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 nur mit dem zu genehmigende Wohnhaus zu bebauen und es im Übrigen unter Verzicht auf weitere Wohnbebauung nur erwerbsgärtnerisch zu nutzen (§ 2). Auch bezüglich der Nutzung des Betriebsgrundstücks Flst.-Nr. 6589/1 gingen die Eheleute ... erhebliche Verpflichtungen ein, indem sie sich bereit erklärten, es im Wesentlichen nur im bisherigen Umfang gewerblich zu verwenden und von jeglicher Wohnbebauung abzusehen (§ 3).
38 
c) Mit diesem Inhalt hat die Vereinbarung keinen rechtlichen Bestand. Sie ist nach § 59 Abs. 2 Nr. 4 LVwVfG nichtig, weil sich die Antragsgegnerin eine nach § 56 LVwVfG unzulässige Gegenleistung hat zusagen lassen. Vieles spricht dafür, dass die den Eheleuten ... abverlangten erheblichen Nutzungseinschränkungen beider Grundstücke schon nach § 56 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG unzulässig waren, weil sie den Umständen gemäß Unangemessenes verlangten und - jedenfalls bezüglich der Verzichtsregelungen für das Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1 - in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Zustimmung zum Wohnhaus auf dem Nachbargrundstück standen. Jedenfalls erfüllten die von den Eheleuten ... als „Gegenleistung“ verlangten Nutzungsverzichte aber die Voraussetzungen des § 56 Abs. 2 LVwVfG. Denn auf die Erteilung des Einvernehmens nach § 36 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 BauGB hatten die Bauherrn, wie dargelegt, einen uneingeschränkten Anspruch. Der Gemeinderat hätte daher sein Einvernehmen auch ohne Vorbedingungen erteilen müssen. Die Mitwirkung der Gemeinde im Baugenehmigungsverfahren nach § 36 Abs. 1 BauGB beruht zwar auf der kommunalen Planungshoheit. Dies bedeutet jedoch nicht, dass der Gemeinde dabei ein Ermessen oder eine sonstige Entscheidungsfreiheit zusteht, wie § 36 Abs. 2 Satz 1 BauGB ausdrücklich klarstellt. Insbesondere ist es der Gemeinde, was die Antragsgegnerin hier wohl verkannt hat, verwehrt, ihr Einvernehmen deswegen zu versagen oder von Änderungen eines Vorhabens abhängig zu mache, weil dieses ihren Planungsvorstellungen nicht entspricht (vgl. dazu etwa BVerwG, Beschluss vom 17.06.2003 - 4 B 14.03 -, ZfBR 2003, 695; Roeser in Berliner Komm. zum BauGB, § 36 Rn. 13; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 9. Aufl. § 36 Rn 12 m.w.N.).
39 
3. Die Vereinbarung vom 20.09.2001 war darüber hinaus auch aus einem zweiten (zusätzlichen) Grund für das Einvernehmen der Gemeinde rechtlich bedeutungslos. Dies ergibt sich aus der Fiktionsvorschrift des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB, wonach das gemeindliche Einvernehmen als erteilt gilt, wenn es nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Bauantrags bei der Gemeinde verweigert wird. Vorliegend wurde der Bauantrag am 21.06.2001 entsprechend dem nach § 52 LBO im Land Baden-Württemberg vorgeschriebenen Verfahren bei der Gemeinde eingereicht. An diesem Tag begann die Einvernehmensfrist zu laufen und endete nach § 31 LVwVfG i.V.m. §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB am 21.08.2001. Bis zu diesem Tag war der Baurechtsbehörde, der Stadt Rastatt, keine Erklärung der Antragsgegnerin zugegangen, dass das Einvernehmen versagt werde. Eine Erklärung dieses Inhalts hat der Bürgermeister der Antragsgegnerin erst unter dem 01.10.2001 (Eingang am 02.10.2001) - und damit verspätet - abgegeben, wobei anzumerken ist, dass diese Erklärung der innergemeindlichen Beschlusslage widersprach, da der Gemeinderat, wie dargelegt, bereits in seiner Sitzung am 27.09. 2001 einstimmig sein Einvernehmen erklärt hatte.
40 
Für den Ablauf der Zweimonatsfrist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB unerheblich ist, ob die bei der Gemeinde eingereichten Bauvorlagen von Anfang an vollständig waren, was wohl zu verneinen ist (vgl. Schreiben der Stadt Rastatt an den Antragsteller vom 03.07.2001, Bl. 30 der Baugenehmigungsakte). Zwar will der Gesetzgeber mit dem Einvernehmenserfordernis in § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB den Gemeinden eine Entscheidung auf der Grundlage planungsrechtlich vollständiger Antragsunterlagen ermöglichen. Die Gemeinde hat jedoch die Obliegenheit, im Rahmen der ihr durch das Landesrecht eröffneten Möglichkeiten innerhalb der zweimonatigen Einvernehmensfrist gegenüber dem Bauherrn oder der Baurechtsbehörde auf die Vervollständigung des Bauantrags hinzuwirken. Kommt sie dieser Mitwirkungslast nicht nach, gilt ihr Einvernehmen auch bei Unvollständigkeit der Bauvorlagen nach Ablauf der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 BauGB als erteilt (zu all dem - auf der Grundlage baden-württembergischen Landesrechts - BVerwG, Urteil vom 16.09.2004 - 4 C 7.03 -, NVwZ 2005, 213 ff.; anders noch VGH Bad.-Württ. im zugrunde liegenden Urteil vom 07.02.2003 - 8 S 2563/02 -, ESVGH 53, 190 f. = BauR 2003, 625 ff. ). Eine derartige Unvollständigkeitsrüge hat die Antragsgegnerin während der Zweimonatsfrist aber weder gegenüber dem Antragsteller noch gegenüber der Baugenehmigungsbehörde erhoben. Sie muss sich daher an dem am 21.08.2001 erfolgten Fristablauf festhalten lassen. Sollte die Erklärung des Bürgermeisters vom 01.10.2001 als Widerruf des fiktiven Einvernehmens zu verstehen sein, wäre sie mit diesem Inhalt unwirksam. Eine nachträgliche Beseitigung der Rechtswirkungen der Frist des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB durch Widerruf, Rücknahme oder Anfechtung ist aus Gründen der Rechtssicherheit ausgeschlossen (vgl. dazu bereits BVerwG, Urteil vom 12.12.1996 - 4 C 24.95 -, NVwZ 1997, 900 f.; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 27.03.2002 - 1 M 6/02 -, NVwZ-RR 2002, 821 ff.).
41 
4. Daraus, dass das Wohnhaus auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 in seiner genehmigten Nutzung zum „allgemeinen“ Wohnen sowohl formellen als auch materiellen Bestandsschutz genießt, ergeben sich nachteilige Folgen für die Umsetzung des Planziels, dieses Wohnhaus rechtlich und wirtschaftlich mit dem Gartenbaubetrieb zu verknüpfen. Auch mit diesem Umstand hat der Gemeinderat der Antragsgegnerin sich bei der Abwägung nicht hinreichend auseinandergesetzt. Der Bestandsschutz dürfte noch auf längere Zeit fortbestehen, Anhaltspunkte für seine Beendigung (hierfür wäre ein Austausch der schutzwürdigen Bausubstanz - Identitätswechsel - oder die Aufgabe der bisherigen Nutzung erforderlich, vgl. im einzelnen Sauter, LBO, § 65 Rn.14a -14e) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Dies bedeutet nicht nur, dass der Antragsteller mit seiner Familie auch bei einer Betriebsaufgabe oder -verpachtung im Wohnhaus verbleiben, sondern dieses jederzeit auch an dritte Personen zur Wohnnutzung verkaufen könnte, die mit dem Betrieb in keinerlei Beziehung stehen. Denn der Bestandsschutz ist nicht personengebunden, sondern steht als ein aus dem Eigentum fließendes Recht dem jeweiligen Eigentümer, also auch dem Rechtsnachfolger, zu (Sauter a.a.O., Rn. 14e); gleichermaßen gehen die Rechte aus der Baugenehmigung nach § 58 Abs. 2 LBO auf den Rechtsnachfolger über. Damit kann der angestrebte Verbund von Betrieb und Wohnhaus jedenfalls auf längere Zeit nicht gewährleistet werden.
III.
42 
Die dargestellten Fehler im Abwägungsvorgang (Verkennung der uneingeschränkten Zulässigkeit des Wohnhauses nach § 34 Abs. 1 BauGB und der Baulandqualität der übrigen vorderen Flächen des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1, Nichtberücksichtigung bzw. Fehleinschätzung der Rechtslage beim Einvernehmen, unzureichende Auseinandersetzung mit den Folgen des umfassenden Bestandsschutzes der Baugenehmigung für die Verwirklichung der Planziele) sind auch nach § 214 Abs. 3 BauGB erheblich. Sie sind sowohl offensichtlich als auch in ihrer Gesamtheit für das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Der Senat hat keinen Zweifel an der konkreten Möglichkeit dass der Gemeinderat bei Vermeidung der rechtlichen Fehleinschätzungen und voller Berücksichtigung der privaten Eigentumsbelange des Antragstellers sowie in Kenntnis der Rechtswidrigkeit der Grünflächenfestsetzung eine andere, dem Antragsteller potenziell günstigere Entscheidung für das SO 1 auf dem Betriebsgrundstück Flst.-Nr. 6589/1, für das SO 2 und die Frei(land)fläche auf dem Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 und bezüglich der Verknüpfung beider Grundstücke getroffen oder dass er von einer Überplanung dieser Grundstücke möglicherweise überhaupt abgesehen hätte.
43 
Darauf, ob die einschränkenden Festsetzungen auf den Grundstücken des Antragstellers sich (auf dem Hintergrund der oben dargelegten rechtlichen Ausgangslage) im Ergebnis aufrecht erhalten ließen, ob sie insbesondere verhältnismäßig wären, kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an. Der Senat bemerkt gleichwohl, dass insoweit erhebliche Zweifel bestehen. Insbesondere dürfte das Planziel, den Bereich um den Friedhof im bisherigen Umfang von Bebauung freizuhalten, es schwerlich rechtfertigen, dem Antragsteller die Bebauung des Grundstücks Flst.-Nr. 6638/1 in der Flucht seines Wohnhauses vorzuenthalten. Denn auch wenn das Grundstück Flst.-Nr. 6638/1 „in erster Reihe“ bebaut wäre, wäre im Rücken der Bebauung noch ein Geländestreifen von ca. 25 m Tiefe frei, was in etwa der Tiefe der übrigen (öffentlichen) Grünflächen auf der Süd- und Ostseite entspricht und immerhin noch das Zweieinhalbfache des Mindestabstands nach § 8 Abs. 1 BestattG von 10 m ausmacht. Zudem ist das „Freihaltekonzept“ auf der Westseite des Friedhofs durch das Gebäude des Kindergartens bereits deutlich relativiert.
44 
Die Unwirksamkeit der Festsetzungen für die Grundstücke des Antragstellers führt nicht auch zur Nichtigkeit der Festsetzungen des Bebauungsplans auf den übrigen, im Wesentlichen im Eigentum der Antragsgegnerin stehenden und öffentlichen bzw. Gemeinbedarfszwecken gewidmeten Grundstücken. Diese Regelungen sind vom Plankonzept für den Gartenbaubetrieb und für das Wohnhaus des Antragstellers klar abtrennbar und ergeben auch ohne diese Regelungen eine für sich sinnvolle städtebauliche Ordnung (Absicherung der öffentlichen Grünflächen und Gemeinbedarfsanlagen, Erhalt des Parkplatzes, zeitgemäße Verschmälerung der ... mit gleichzeitiger Schaffung von Längsparkplätzen). Auch das Ziel, die Gartenflächen im äußersten Westen des Plangebiets als Grünflächen (PG 1) zu erhalten, hat selbstständigen Bestand. Nach dem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen - und von den Vertretern der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung bestätigten - Willen hätte der Gemeinderat im Zweifel den Bebauungsplan für diese „Restgebiete“ mit gleichem Inhalt beschlossen (zu diesen Voraussetzungen der Teilnichtigkeit vgl. zuletzt etwa BVerwG, Beschluss vom 22.01.2008 - 4 B 5.08 -, juris).
C.
45 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Aus den bereits oben bei Behandlung des Rechtsschutzinteresses genannten Gründen besteht keine Veranlassung, dem Antragsteller im Hinblick auf die nur teilweise Plannichtigkeit einen Teil der Kosten aufzuerlegen, da er im kostenrechtlichen Sinn nicht „unterlegen“ ist.
46 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
47 
Beschluss
48 
Der Streitwert des Verfahrens wird gemäß §§ 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 20.000,-- EUR festgesetzt (je Grundstück 10.000,-- EUR).
49 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss vom 09.01.2012 ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klage der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15.06.2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2011 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die genehmigten zwei Mehrfamilienwohnhäuser (Haus 1 mit acht und Haus 2 mit sechs Wohneinheiten) mit vier offenen Stellplätzen und einer Tiefgarage auf dem derzeit unbebauten Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in Müllheim verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller als Eigentümer des östlich angrenzenden und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ... (G... ...) zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), wobei davon auszugehen ist, dass die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert sind und daher Anspruch auf volle Überprüfung ihrer Einwendungen haben. Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller ist Folgendes auszuführen:
I.
Die Antragsteller halten dem Verwaltungsgericht zusammengefasst vor, es hätte die Prüfung des - im unbeplanten Innenbereich von Müllheim innerhalb einer Baulücke gelegenen - Vorhabens auf seine objektive Rechtmäßigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht offen lassen dürfen. Das Gericht hätte diese Frage vielmehr notwendigerweise prüfen und als Prüfungsergebnis zwingend verneinen müssen, da die genehmigten Gebäude in ihrer Massivität, Lage und Wohnungszahl in der durch großzügige Einfamilienhausbebauung gekennzeichneten Umgebung beispiellos seien und eine irreversible Verfremdung des bislang harmonischen und völlig spannungsfreien Baugebiets einleiteten. Dieser massive Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Einfügensgebot löse unmittelbare Abwehransprüche für sie als Angrenzer aus, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Voraussetzungen des Rücksichtnahmegebots bedürfe. Im Übrigen wirkten sich die beiden Häuser aber auch rücksichtslos erdrückend und einmauernd auf ihr nur bescheiden bebautes Wohngrundstück aus, ohne dass es auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ankomme, da diese nur „technisches Recht“ umsetzten und nachbarliche Belange nur untergeordnet berücksichtigten.
II.
Dem ist im dogmatischen Ansatz und im Ergebnis nicht zu folgen:
1. a) In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass § 34 Abs. 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die jeweils maßgebliche nähere Umgebung einzufügen hat, d.h. sich in dem jeweils prägenden Rahmen halten muss und diesen Rahmen nur bei Vermeidung städtebaulicher Spannungen überschreiten darf, unmittelbar keine drittschützende Wirkung entfaltet. Unmittelbarer Drittschutz gegen Gebietsveränderungen steht Gebietsanliegern nur im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB zu, wenn die nähere Umgebung der Nutzungsart nach einem der gesetzlich vorgeformten Gebiete nach §§ 2 ff. BauNVO entspricht. Sie können in diesem Fall nach ihrer Nutzungsart unzulässige Vorhaben abwehren, ohne sich auf die qualifizierten Anforderungen des Rücksichtnahmegebots verweisen lassen zu müssen (sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376 f. sowie Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff. = NJW 1994, 1546 ff.).
Nur in diesem Sonderfall des § 34 Abs. 2 BauGB gesteht der Gesetzgeber, beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung auf Nachbargrundstücken, den Bewohnern unbeplanter und beplanter Gebiete unter dem Gesichtspunkt der „Schicksalsgemeinschaft“ gleiche - unmittelbare - Abwehrrechte zu. Für die übrigen Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB (Nutzungsmaß, Bauweise, über- baubare Grundstücksfläche) gilt dies nicht. Dies verkennen die Antragsteller. Nachbarschützende Wirkung kommt Verstößen gegen diese Merkmale nur mittelbar über das im Begriff des „Einfügens“ aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zu. Dieses ist verletzt, wenn ein Vorhaben es trotz Einhaltung des Umgebungsrahmens hinsichtlich eines oder mehrerer der Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB „an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt“ (so bereits BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 386). Das Rücksichtnahmegebot hat insoweit zunächst objektiv-rechtliche Bedeutung. Nachbarschutz vermittelt es nur insoweit, als - mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts - „in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter“ Rücksicht zu nehmen ist (st. Rpr. zu. § 34 Abs. 1 BBauG wie zu § 34 Abs. 1 BauGB; vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff. sowie Beschluss vom 20.01.1992 - 4 B 229.91 -, juris). An dieser Unterscheidung zwischen objektiv-rechtlicher und subjektiv-rechtlicher Ausprägung des Rücksichtnahmegebots ist rechtsdogmatisch bis heute festzuhalten, auch wenn in der Praxis beide Komponenten meist zusammenfallen und sich daher eine zweistufige Prüfung erübrigt. In Nachbarrechtsverfahren kommt es jedenfalls allein darauf an, ob sich ein Vorhaben in der dargelegten qualifizierten Art und Weise rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats - bezogen auf die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile - zu beurteilen (vgl. etwa Beschlüsse vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff. und vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, war das Verwaltungsgericht nicht zu einer vollumfänglichen und abschließenden Prüfung der streitigen Mehrfamilienhäuser am objektiv-rechtlichen Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB (einschließlich des Rücksichtnahmegebots in seiner objektiv-rechtlichen Ausgestaltung) verpflichtet, sondern durfte sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die Gebäude zu Lasten der Antragsteller anhand eines oder mehrerer der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB subjektiv-rechtlich als rücksichtslos erweisen und insoweit „drittschützende“ städtebauliche Spannungen auslösen (zum Gebot der Rücksichtnahme als Unterfall des Verbots der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen in § 34 Abs. 1 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 -, NVwZ 2011, 436 ff.). Derartige die Schwelle der Rücksichtslosigkeit erreichende Nachteile des Vorhabens für die Antragsteller vermag auch der Senat noch nicht zu erkennen.
a) Bezüglich der Nutzungsart (Wohnen) wird der Rahmen der Umgebung unstreitig eingehalten. Die den Gebietsrahmen möglicherweise übersteigende Gesamtwohnungszahl des Vorhabens (14 Wohneinheiten), die Wohnungsdichte, wird von § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1992 - 3 S 309/92 -, VBlBW 1992, 344 ff. m.w.N.). Sie kann nur mittelbar durchschlagen, etwa dann, wenn gleichzeitig unzumutbarer Verkehrslärm durch die Bewohner hervorgerufen wird. Davon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden, nachdem die Zufahrt zur genehmigten Tiefgarage sich auf der vom Grundstück der Antragsteller abgewandten Westseite des Baugrundstücks befindet.
b) Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind rücksichtslose Auswirkungen des Vorhabens für die Antragsteller noch nicht zu erkennen. Bei der Beurteilung ist hierbei allerdings nicht auf „relative“ Maßkriterien wie insbesondere die - hier eingehaltene - Grund- und Geschossflächenzahl abzuheben, sondern es kommt vorrangig auf die nach außen im Verhältnis zur Umgebungsbebauung prägenden Eigenschaften an, zu denen insbesondere die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude zählen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 1691 f.). Diesbezüglich dürften sich die streitigen zwei Mehrfamilienhäuser sowohl nach ihrer Grundfläche von jeweils etwa 300 m² als auch nach ihrer Geschosszahl und ihrer Gebäudehöhe möglicherweise sogar objektiv-rechtlich (gerade noch) im Umgebungsrahmen halten, der räumlich mindestens die Bebauungszeile südlich der G... umfasst. In dieser Zeile befindet sich das große und damit auch prägende Mehrfamilienwohnhaus auf dem östlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...). Der dortige aus drei versetzten Einheiten bestehende Gebäudekomplex weist ausweislich der nicht bestrittenen Ermittlungen der Antragsgegnerin eine Grundfläche von 315 m² auf, hat ebenfalls zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss und übertrifft die genehmigten Wohnhäuser in der Firsthöhe um mindestens 2 m. Allein schon wegen dieses prägenden Gebäudekomplexes kann der Einschätzung der Antragsteller nicht gefolgt werden, im Baugebiet herrsche „Harmonie“ im Sinne einer in sich geschlossenen und von kleinen freistehenden Einfamilienhäusern geprägten „Schicksalsgemeinschaft“. Unabhängig von ihrer objektiv-rechtlichen Bewertung kommt den genehmigten Häusern auf dem Grundstück der Beigeladenen jedenfalls aber keine (subjektiv) rücksichtslose, weil unzumutbar optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung zu. Diese Entscheidung ist, worauf die Antragsteller zu Recht abheben, nicht allein schon dadurch determiniert, dass die genehmigten Gebäude die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in jeder Hinsicht einhalten. Diese Abstandsflächengebote sind allerdings keine rein „technischen Normen“, sondern haben eine starke nachbarschützende Zielrichtung. Jedoch umfasst ihr Schutzbereichskatalog (Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz und ggf. auch ein Minimum an Wohnfrieden) nicht auch den Schutz gegen optisch erdrückende oder abriegelnde Baukörper. Dieser Schutz wird vielmehr vom bundesrechtlichen Kriterium des Maßes baulicher Nutzung abgeleitet (vgl. Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, BauR 1986, 542 f.). Indessen treten die beiden genehmigten Wohnhäuser der Beigeladenen gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch nicht unzumutbar optisch erdrückend oder gar abriegelnd in Erscheinung. Denn beide Gebäude sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nur mit den Giebelseiten zum Grundstück der Antragsteller hin ausgerichtet, zudem voneinander durch eine Freifläche von ca. 13 m getrennt.
10 
c) Auch bezüglich der überbauten Grundstücksfläche und in einer Gesamtwürdigung aller Umstände müssen die Antragsteller noch nicht mit unzumutbaren Nachteilen rechnen. Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass sich der bisher in Richtung Westen außergewöhnlich günstige Lagevorteil des Grundstücks der Antragsteller im Zuge der Verwirklichung des streitigen Vorhabens verschlechtern wird. Die Antragsteller, die ihr großes Gartengrundstück im Verhältnis zur Umgebung eher gering ausnutzen, können jedoch in Anwendung des Rücksichtnahmegebots nicht verlangen, dass das Nachbargrundstück auch in Zukunft gänzlich unbebaut bleibt oder zwingend nur „in erster Reihe“ mit nur einem Gebäude (Haus 1) bebaut werden darf. Denn im Blockinnenbereich zwischen G... und H... sind auch an anderer Stelle „Hinterlandbebauungen“ in zweiter Reihe anzutreffen. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die durchgehend tiefgestaffelte Bebauung im Bereich nördlich der H..., sondern auch für den Bereich südlich der G...-..., da auch hier - prägend - Wohnbebauung in „zweiter Reihe“ auf den Grundstücken Flst.-Nr. ... (G... ...) und dem dahinterliegenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in einer mit Haus 2 vergleichbaren Bebauungstiefe vorhanden ist.
11 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab und nimmt stattdessen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es nicht, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat im Schriftsatz vom 09.03.2012 zwar Ausführungen zur Sache gemacht. Die an den Anfang gestellte Formulierung, es werde im Folgenden dargetan, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei, ist jedoch nicht als förmlicher Prozessantrag auszulegen. Da die Beigeladene daher für den Fall des Unterliegens kein Kostenrisiko zu tragen gehabt hätte (§ 154 Abs. 3 VwGO), ist es nach der Rechtsprechung aller Bausenate des erk. Gerichtshofs auch nicht unbillig, dass sie - korrespondierend - im Falle des Obsiegens keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen kann (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, VBlBW 2011, 279 f.).
13 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates vorzuschreiben, dass die Errichtung, die Beschaffenheit und der Betrieb nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen bestimmten Anforderungen zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen und, soweit diese Anlagen gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden und Betriebsbereiche oder Bestandteile von Betriebsbereichen sind, vor sonstigen Gefahren zur Verhütung schwerer Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU und zur Begrenzung der Auswirkungen derartiger Unfälle für Mensch und Umwelt sowie zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen genügen müssen, insbesondere dass

1.
die Anlagen bestimmten technischen Anforderungen entsprechen müssen,
2.
die von Anlagen ausgehenden Emissionen bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten dürfen,
3.
die Betreiber von Anlagen Messungen von Emissionen und Immissionen nach in der Rechtsverordnung näher zu bestimmenden Verfahren vorzunehmen haben oder von einer in der Rechtsverordnung zu bestimmenden Stelle vornehmen lassen müssen,
4.
die Betreiber bestimmter Anlagen der zuständigen Behörde unverzüglich die Inbetriebnahme oder eine Änderung einer Anlage, die für die Erfüllung von in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung sein kann, anzuzeigen haben,
4a.
die Betreiber von Anlagen, die Betriebsbereiche oder Bestandteile von Betriebsbereichen sind, innerhalb einer angemessenen Frist vor Errichtung, vor Inbetriebnahme oder vor einer Änderung dieser Anlagen, die für die Erfüllung von in der Rechtsverordnung vorgeschriebenen Pflichten von Bedeutung sein kann, dies der zuständigen Behörde anzuzeigen haben und
5.
bestimmte Anlagen nur betrieben werden dürfen, nachdem die Bescheinigung eines von der nach Landesrecht zuständigen Behörde bekannt gegebenen Sachverständigen vorgelegt worden ist, dass die Anlage den Anforderungen der Rechtsverordnung oder einer Bauartzulassung nach § 33 entspricht.
In der Rechtsverordnung nach Satz 1 können auch die Anforderungen bestimmt werden, denen Sachverständige hinsichtlich ihrer Fachkunde, Zuverlässigkeit und gerätetechnischen Ausstattung genügen müssen. Wegen der Anforderungen nach Satz 1 Nummer 1 bis 3 gilt § 7 Absatz 5 entsprechend.

(1a) Für bestimmte nicht genehmigungsbedürftige Anlagen kann durch Rechtsverordnung nach Absatz 1 vorgeschrieben werden, dass auf Antrag des Trägers des Vorhabens ein Verfahren zur Erteilung einer Genehmigung nach § 4 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 6 durchzuführen ist. Im Falle eines Antrags nach Satz 1 sind für die betroffene Anlage an Stelle der für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen geltenden Vorschriften die Vorschriften über genehmigungsbedürftige Anlagen anzuwenden. Für das Verfahren gilt § 19 Absatz 2 und 3 entsprechend.

(2) Soweit die Bundesregierung von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht, sind die Landesregierungen ermächtigt, durch Rechtsverordnung Vorschriften im Sinne des Absatzes 1 zu erlassen. Die Landesregierungen können die Ermächtigung auf eine oder mehrere oberste Landesbehörden übertragen.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15. April 2008 - 5 K 2146/06 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil vom 15. April 2008 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. in beiden Rechtszügen.

Die Beigeladene zu 2. trägt ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen jeweils selbst.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin begehrt die Nutzungsänderung eines Lagerraums im Untergeschoss einer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte für Gemeindepriester). Sie ist ein seit 1983 eingetragener Verein und Mitglied des Erzdiözesanrats der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien (vgl. Satzung i.d.F. vom 25.03.2007). In Kirchardt bzw. Kirchardt/Kirchhausen gibt es zwei weitere syrisch-orthodoxe Gemeinden. Die Klägerin ist Eigentümerin des im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ und „Beim Fürfelder Zollstock“ vom 06.11.1970 gelegenen Grundstücks Flst.-Nr. ... (... ...). Der Bebauungsplan setzt ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO 1968 fest, Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO und Nebenanlagen nach § 14 BauNVO werden zugelassen. Auf den westlich angrenzenden Grundstücken Flst.-Nrn. ... und ... befinden sich eine Textildruckerei bzw. ein Wohnhaus mit der ehemaligen Betriebsleiterwohnung. Auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ist ein Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern angesiedelt. In der Halle wird im Schichtbetrieb gearbeitet. Nördlich, jenseits der Industriestraße, schließen sich auf dem Grundstück Flst.-Nr. ... der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern und nördlich davon ein Betonwerk an. Östlich an diese Betriebe und an das Plangebiet angrenzend befindet sich das Gebiet des Bebauungsplans „Wimpfener Grund“ von 2008, der ebenfalls ein Industriegebiet und im Ostteil ein Gewerbegebiet festsetzt. Im Industriegebiet sind unter anderem ein neues Gießereigebäude der Beigeladenen zu 2. und eine Druckerei untergebracht (zu weiteren Einzelheiten vgl. die Anlage zum Sitzungsprotokoll).
Mit Bescheid vom 04.11.1994 erteilte die Beklagte dem Verein Syrisch-Orthodoxe Kirche e.V. Kirchardt, einem Rechtsvorgänger der Klägerin, die Baugenehmigung zur Errichtung einer Kirche mit zwei Ober- und einem Untergeschoss und Glockentürmen sowie zur Errichtung eines nördlich der Kirche liegenden Versammlungsraums (Ziff. 1). Der Antrag auf ein gleichzeitig im östlichsten Raum im Untergeschoss der Kirche geplantes Mausoleum bzw. auf eine Krypta mit 10 Begräbnisplätzen wurde abgelehnt (Ziff. 2). Nach Hinweis des Regierungspräsidiums Stuttgart, dass sich der Bauantrag nach einer einvernehmlich mit der Klägerin erfolgten Planänderung des Architekten nur noch auf einen Abstellraum im Untergeschoss beziehe, hob die Beklagte Ziff. 2 des Bescheids durch Bescheid vom 14.03.1995 mit der Begründung auf, für die Einrichtung der Krypta bedürfe es eines Nachtragsbaugesuchs. Die Kirche wurde genehmigungsgemäß errichtet und wird seither genutzt.
Am 07.07.2005 beantragte die Klägerin, den Abstellraum an der Kirchenostseite als Bestattungsplatz für verstorbene Geistliche der örtlichen Kirche zu nutzen und entsprechend umbauen zu dürfen. In dem Raum sollen, entsprechend der ursprünglichen Absicht, entlang der Westwand 10 Begräbnisplätze (Grab-Sarkophage) in Wandnischen und einer vorgelagerten Frontwand eingebaut werden. In den abgeschlossenen Gruftzellen sollen die Verstorbenen mit Holzsärgen beigesetzt und danach sollen die Kopfseiten durch dicht verfugte Stahlbetonplatten hermetisch zur Raumseite hin verschlossen und mit beschrifteten Marmorverkleidungen versehen werden (vgl. Baubeschreibung vom 07.07.2005). Zum Beleg der kirchenrechtlichen Erforderlichkeit einer solchen Priesterbegräbnisstätte lagen dem Antrag Stellungnahmen der Theologen Dr. ... und Prof. Dr. ..., des Kunsthistorikers ... (Universität Heidelberg) und des Kirchenrechtlers Prof. Dr. ... (Universität Konstanz) bei. Das Gesundheitsamt beim Landratsamt Heilbronn stimmte der Krypta aus hygienischer Sicht vorbehaltlich der Einhaltung vorgegebener Auflagen zu. Die Angrenzer wurden mit Schreiben vom 03.08.2005 benachrichtigt, Einwendungen wurden nicht erhoben. Der Gemeinderat der Beigeladenen zu 1. versagte mit Beschluss vom 17.10.2005 sein Einvernehmen. Unter Hinweis auf dieses fehlende Einvernehmen lehnte die Beklagte den Bauantrag mit Bescheid vom 06.03.2006 ab. Gleichzeitig versagte sie auch die parallel hierzu beantragte bestattungsrechtliche Genehmigung der Krypta als privater Bestattungsplatz; dagegen hatten zahlreiche Bürger sowie die Beigeladene zu 2. Einwendungen erhoben. Gegen beide Bescheide legte die Klägerin mit ausführlicher Begründung (u.a. unter Beifügung einer Stellungnahme des Patriarchat-Vikariats der Erzdiözese vom 26.03.2006) Widerspruch ein. Den gegen den baurechtlichen Bescheid eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Stuttgart, ebenfalls unter Bezugnahme auf das versagte Einvernehmen, mit Bescheid vom 04.05.2006 zurück. Der Widerspruch gegen den bestattungsrechtlichen Ablehnungsbescheid blieb ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.11.2006).
Mit ihrer am 02.06.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Nutzungsänderungsgenehmigung, hilfsweise zur Neubescheidung zu verpflichten. In ihrer umfangreichen Begründung hat sie zusammengefasst vorgetragen: Die Krypta sei eine Anlage für kirchliche Zwecke. Das Ausnahmeermessen der Beklagten sei zu Gunsten einer positiven Entscheidung auf Null reduziert. Dies folge daraus, dass städtebauliche Gründe nicht entgegenstünden - die Krypta sei als kirchliche Nebenanlage gebietsverträglich - und dass das Grundrecht auf freie Religionsausübung die Bestattung syrisch-orthodoxer Priester in ihrer Kirche in Altarnähe gebiete. Sie sei auch dauerhaft zur Pflege der Grabplätze in der Lage. Bestattungsrecht stehe der Baugenehmigung nicht entgegen, die dortigen Abstandsvorschriften seien nicht anwendbar und die Voraussetzungen eines Anspruchs auf einen privaten Bestattungsplatz nach § 9 BestattG seien erfüllt. Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. haben Klagabweisung beantragt und diese ebenfalls ausführlich begründet. Die Beklagte hat im Wesentlichen vorgetragen: Totengedenken und Bestattungsrituale seien mit dem gewerblichen Charakter des Baugebiets nicht zu vereinbaren. Sowohl die Gebietsverträglichkeit als auch § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO stünden der Zulassung der Krypta im Industriegebiet daher entgegen. Die Zulässigkeit der Krypta sei unabhängig von der bereits zugelassenen Kirche neu zu prüfen. Die Beigeladene zu 1. hat zusätzlich vorgetragen: Die von einem Verein genützte Krypta sei schon keine von § 9 Abs. 3 BauNVO erfasste kirchliche Gemeinbedarfsanlage und erfülle auch die Voraussetzungen einer kirchlichen Nebenanlage nach § 14 BauNVO nicht. Die Krypta verstoße zu Lasten der Nachbarn gegen das Rücksichtnahmegebot sowie gegen Vorschriften des Bestattungsgesetzes i.V.m. § 3 LBO. Art. 4 Abs. 1 und 2 GG unterliege den im Bestattungsgesetz (allgemeiner Friedhofszwang) niedergelegten immanenten Grenzen.
Mit Urteil vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - hat das Verwaltungsgericht Stuttgart die Beklagte unter Aufhebung der ablehnenden Bescheide verpflichtet, über den Antrag auf die begehrte Nutzungsänderungsgenehmigung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Rechtsvoraussetzungen für eine Ausnahme nach § 31 Abs. 1 BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 BauNVO lägen vor. Bei der Krypta handle es sich im vorliegenden Sonderfall um eine Anlage für kirchliche Zwecke. Sie diene nicht der allgemeinen Totenbestattung, sondern sei ausschließlich für verstorbene Priester bestimmt. Hintergrund der Anlegung einer Krypta sei die althergebrachte Tradition der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Die vorgesehene Art der Bestattung in einer Krypta oder jedenfalls in der Nähe des Altars folge einer kirchlichen Tradition dieser Glaubensgemeinschaft, wobei sogar eine andere Bestattung nach Liturgie bzw. nach altchristlicher Tradition verboten sei. Die Ausnahmeerteilung sei nicht schon deswegen unzulässig, weil die Krypta als Anlage für kirchliche Zwecke den Gebietscharakter des Industriegebiets gefährde und daher gebietsunverträglich sei. Denn die bestandskräftig genehmigte Kirche präge nunmehr - als Ausnahmefall und Fremdkörper - das Industriegebiet mit. Eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Baugebietscharakter werde durch die geplante Umnutzung im Kircheninnern nicht hervorgerufen. Die Beklagte müsse daher ihre Ermessensentscheidung nachholen. Eine Ermessensreduzierung auf Null scheide aber aus, da es auch gute Gründe - etwa berechtigte Interessen von Nachbarn - für eine Ablehnung der Ausnahme gebe.
Gegen dieses am 28.07.2008 zugestellte Urteil richten sich die - jeweils gegen den sie beschwerenden Teil - eingelegten und durch Beschluss des Senats vom 01.10.2008 zugelassenen Berufungen der Klägerin einerseits und der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. andererseits. Die Klägerin macht zusammenfassend geltend: Das Bedürfnis nach Beerdigung von Gemeindepriestern unter oder in der Nähe des Altars sei ein auf bindendem Ritus beruhendes Urbedürfnis der Syrisch-Orthodoxen Kirche. Dies ergebe sich aus den von ihr vorgelegten und unwiderlegten Gutachten sowie aus dem „Nomokon des Bar Hebraeus“. Hieraus folge, dass es sich bei der Krypta um eine kirchliche Anlage handle, die der Kirche funktional zugeordnet sei und mit dieser eine städtebauliche Einheit bilde. Die anderslautende Auffassung der Beklagten und der Gemeinde führe dazu, dass als kirchliche Anlagen nur „Bibelfabriken“ zulässig seien. Die Krypta verstoße weder gegen den Gebietscharakter noch verletze sie Grundzüge der Planung oder Interessen der Nachbarn. Die Zweckbestimmung des Baugebiets sei zwar das maßstabsbildende Kriterium für die Gebietsverträglichkeit, stelle aber keine Anforderungen an die ausnahmsweise zulässige Anlage selbst. Die Krypta berge im Verhältnis zu der seit langem eröffneten Kirche kein zusätzliches Konfliktpotential, zumal Totenruhe, Bestattungen und Totengedenken abgeschirmt von der Umgebung im Gebäudeinneren daher trotz der Industrie in einem würdigen Rahmen stattfänden. Die „psychische Ausstrahlungswirkung“ von Begräbnisstätten sei kein städtebaulich erheblicher Belang. Aus § 3 BestattG könne nicht auf die Unzulässigkeit der Anlage im Industriegebiet geschlossen werden, da es sich nicht um einen Friedhof handle. Das Ermessen der Beklagten sei, da entgegenstehende städtebauliche Belange nicht bestünden, aufgrund der kollektiven Religionsausübungsfreiheit nach Art. 4 Abs. 2 GG auf Null reduziert. Auf diesen grundrechtlichen Schutz habe sie nicht etwa im Ausgangsgenehmigungsverfahren für die Kirche verzichtet. Das Grundrecht der Religionsausübung erstrecke sich in seinem Kernbereich auf die Bestattung und Totensorge jedenfalls für kirchliche Würdenträger. Dieser Bereich unterfalle auch dem Schutz der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV, der für sie als rechtsfähiger Verein ebenfalls gelte. Die Ermessensschrumpfung auf Null ergebe sich auch aus dem Gleichheitssatz. Sie werde als Trägerin der ältesten christlichen Kirche überhaupt gegenüber den Krypten der großen Amtskirchen benachteiligt. So sei zuletzt 2008 der katholische Erzbischof Dr. ... ... im Freiburger Münster bestattet worden. Für eine Ermessensreduzierung spreche auch der Rechtsgedanke der Zulässigkeit von Nebenanlagen nach § 14 BauNVO. Die Krypta sei eine der bestandskräftig genehmigten Hauptnutzung der Kirche untergeordnete Einrichtung. Schließlich ergebe sich der Anspruch auf Nutzungsänderung auch als Folge des aktiven Bestandsschutzes der genehmigten Kirche. Die Ergänzung um eine Krypta sei untergeordnet und lasse die Kirche nach wie vor als „Hauptsache“ erscheinen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern, den Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 06.03.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.05.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr entsprechend ihrem Antrag vom 07.07.2005 eine Baugenehmigung zur Nutzungsänderung des im Untergeschoss der Kirche gelegenen Lagerraums in eine Krypta zu erteilen.
Die Beklagte und die Beigeladene zu 1. beantragen jeweils,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 15.04.2008 - 5 K 2146/06 - zu ändern und die Klage in vollem Umfang abzuweisen.
11 
Die Beklagte führt zusammenfassend aus: Das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung zum Erfordernis der Gebietsverträglichkeit allgemein und ausnahmsweise zugelassener Nutzungen nicht ausreichend berücksichtigt. Die Krypta möge zwar einen Bezug zur genehmigten Kirche aufweisen. Ihr fehle jedoch der erforderliche funktionelle Zusammenhang mit der Zweckbestimmung des Baugebiets als Industriegebiet nach § 9 Abs. 1 BauNVO. An der Gebietsunverträglichkeit ändere sich dadurch nichts, dass die Kirche bereits bestandskräftig genehmigt sei. Die Krypta sei auch nicht als Nebenanlage zur Kirche zu beurteilen. Im Übrigen stelle die bestattungsrechtliche Unzulässigkeit der Krypta in Industriegebieten nach § 3 BestattG eine ermessenshindernde Schranke dar. § 3 BestattG sei durch seinen Bezug auf Gewerbe- und Industriegebiete städtebaulich angereichert und daher ungeachtet des § 58 Abs. 1 LBO im baurechtlichen Verfahren zu berücksichtigen. Art. 4 GG verschaffe der Klägerin keinen Anspruch. Die Bestattung Geistlicher in Kirchen falle schon nicht unter den Schutzbereich des Art. 4 GG. Die Klägerin habe nicht dargelegt, dass es sich um eine zwingende Verfahrensregel oder strikte Gewissenspflicht handle. Nach den vorgelegten Stellungnahmen handle es sich nur um eine Pflege religiösen Brauchtums. Die alternative Bestattung der Gemeindepriester in einem Kloster in den Niederlanden stürze die einzelnen Gemeindemitglieder nicht in einen unüberwindbaren Konflikt. Dies werde auch dadurch belegt, dass die Kirche seit ihrer Errichtung ohne Krypta betrieben werde. Letzteres spreche zudem auch dafür, dass die Klägerin auf einen Teilbereich einer unterstellten Religionsausübungsfreiheit verzichtet habe. Die streitige Kirchenbestattung falle auch nicht unter den Schutzbereich des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV. Auch Art. 3 GG komme nicht zum Tragen, die von der Klägerin angeführten Vergleichsfälle beträfen andere Träger öffentlicher Gewalt, mithin einen nicht vergleichbaren Sachverhalt.
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Die Beigeladene zu 1. bestreitet nach wie vor, dass es sich bei der Krypta um eine kirchliche Anlage nach § 9 Abs. 3 BauNVO handle. Kirche und Begräbnisstätte müssten begrifflich und rechtlich getrennt behandelt werden. Die Krypta sei abgesehen davon selbst bei einer Anerkennung als kirchliche Anlage gebietsunverträglich, weil sie aufgrund ihrer typischen Nutzungsweise störend wirke. Im Industriegebiet würden täglich Hunderte von Menschen den gesteigerten Kontakt mit dem sensiblen Thema Tod ausgesetzt. Die Krypta verletze auch das Rücksichtnahmegebot zu Lasten ihres und anderer Industriebetriebe im alten wie im 2008 erweiterten Industriegebiet. Schließlich fehle der Klägerin auch das erforderliche Sachbescheidungsinteresse für die baurechtliche Genehmigung, da die bestattungsrechtliche Genehmigung im Hinblick auf den Verstoß der Anlage gegen die §§ 3 und 32 Abs. 1 BestattG offensichtlich zu Recht abgelehnt worden sei. Im Übrigen werde auf den bisherigen Vortrag im erstinstanzlichen und im Zulassungsverfahren Bezug genommen.
13 
Im bestattungsrechtlichen Verfahren ist die Klage gegen deren Ablehnung vollumfänglich erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 15.04.2008 - 5 K 4450/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Auf Antrag der Klägerin hat der 1. Senat des erk. Gerichtshofs ebenfalls die Berufung zugelassen. Mit Beschluss vom 29.09.2009 - 1 S 3217/08 - ist dort im Hinblick auf den vorliegenden Rechtsstreit das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Genehmigungsfähigkeit der Krypta als einer privaten Bestattungsanlage nach § 9 Abs. 1 BestattG wegen Verstoßes gegen § 3 BestattG verneint, wonach bei Anlegung von Friedhöfen ein ausreichender Abstand u.a. zu störenden Betrieben, Gewerbe- und Industriegebieten eingehalten werden muss. Daraus folge, dass Friedhöfe erst Recht nicht „in“ Industriegebieten angelegt werden dürften. Dies gelte auch für die beantragten privaten Bestattungsplätze, die von außen zugänglich seien und denen die Toten in einer Prozession zugeführt würden. Industriegebietstypische Störungen seien mit dem für eine pietätvolle Totenbestattung erforderlichen kontemplativen Umfeld nicht vereinbar. Ferner hat das Verwaltungsgericht auch § 32 Abs. 1 BestattG als Genehmigungshindernis angesehen, da die Gemeindegeistlichen ersichtlich mumifiziert und damit nicht in einer der gesetzlich zulässigen Bestattungsarten (Erd- und Feuerbestattung) beigesetzt werden sollten.
14 
Dem Senat liegen die Baugenehmigungsakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Stuttgart sowie die Bebauungsplanakten zum Baugebiet „Industriegebiet“ vor. Der Senat hat zusätzlich die Gerichts- und Behördenakten im bestattungsrechtlichen Verfahren - 1 S 3217/08 - beigezogen. Auf diese Unterlagen und auf den Inhalt der vorliegenden Gerichtsakten mit dem ausführlichen Vortrag der Beteiligten wird verwiesen.
15 
In der mündlichen Verhandlung hat der Gemeindepfarrer der Klägerin, Herr ..., erklärt, in der Kirche sollten nur eigene Gemeindepriester bestattet werden. Die Bestattung auch von Priestern anderer Gemeinden sei nach dem Ritus möglich. Die in umgebauten Hallen eingerichteten Versammlungsstätten der beiden anderen syrisch-orthodoxen Gemeinden in Kirchardt/Kirchhausen seien baulich nicht für eine Krypta geeignet. Die Kirche seiner Gemeinde sei stattdessen von Anfang an mit Krypta geplant worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
A.
16 
Die Berufungen aller Berufungsführer sind zulässig. Sie sind jeweils rechtzeitig und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Die Berufungsführer sind im Umfang ihrer eingelegten Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil sämtlich auch sowohl formell wie materiell beschwert, sodass offen bleiben kann, ob und inwieweit beide Ausprägungen der Beschwer bei Trägern öffentlicher Verwaltung und Beigeladenen vorliegen müssen (vgl. dazu Nachweise bei Happ, in: Eyermann u.a., Komm. zur VwGO, 12. Aufl., Vorb. § 124 RdNrn. 28-30). Die materielle Beschwer der Beklagten folgt daraus, dass sie die beantragte uneingeschränkte Klagabweisung nicht erreicht hat, sondern unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide zur - bisher fehlenden - Bescheidung des Bauantrags nach Ermessen nach § 31 Abs. 1 BauGB verpflichtet worden ist und das Verwaltungsgericht hierbei als Maßstab für die Ermessensausübung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 121 VwGO bindend vorgegeben hat, dass die Kirche der Klägerin das Industriegebiet mitpräge und dass durch die Krypta eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Gebietscharakter nicht hervorgerufen werde. Die Beigeladene zu 1. ist materiell deswegen beschwert, weil sie durch eine der Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen und zugunsten der Klägerin ausfallende Neubescheidung des Bauantrags in ihrem durch § 36 BauGB geschützten Recht auf Planungshoheit verletzt sein kann (vgl. Bader: in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Komm. zur VwGO, 4. Aufl. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048).
B.
17 
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. sind begründet, die Berufung der Klägerin hat hingegen keinen Erfolg.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge der sich ergänzenden Teilberufungen der gesamte Streitgegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Senat hat mithin zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die beantragte baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung des Abstellraums im Untergeschoss ihrer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte) mit 10 Begräbnisplätzen zur Bestattung der jeweiligen Gemeindegeistlichen zu erteilen und die Ablehnungsbescheide daher rechtwidrig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Dies beurteilt sich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und ihm materiellrechtlich keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19 
Allerdings ist die beantragte Nutzungsänderung nach § 49 Abs. 1 LBO i.V.m. § 2 Abs. 12 LBO genehmigungspflichtig und greifen die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach §§ 50 und 51 nicht an. Die angestrebte Umwandlung des Abstellraums in eine Begräbnisstätte ist insbesondere nicht nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei, da sich sowohl in bauordnungsrechtlicher Hinsicht (Hygiene, Gesundheitsgefährdung, vgl. dazu die Auflagen des Gesundheitsamts) als vor allem auch bauplanungsrechtlich andere und rechtlich deutlich weitergehende Anforderungen als bei der bisherigen Nutzung des Raums zu Abstellzwecken stellen.
20 
Die geplante Nutzungsänderung ist jedoch nicht genehmigungsfähig . Denn ihr stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Demgegenüber gehört die Zulässigkeit der Krypta, einer privaten - außerhalb eines kommunalen oder eines kirchlichen Friedhofs im Sinne von § 1 Abs. 2 BestattG gelegenen - Begräbnisstätte, nach den spezifischen Anforderungen des Bestattungsrechts (Bestattungsgesetz, Bestattungsverordnung) nicht zum baurechtsbehördlichen Prüfprogramm, sondern ist dem gesondert anhängigen bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG). Da letzteres noch nicht negativ-bestandskräftig abgeschlossen ist, kann der Klägerin das (Sachbescheidungs-)Interesse an der Durchführung des baurechtlichen Verfahrens nicht abgesprochen werden. Die erstrebte Baugenehmigung bildet auch nicht den „Schlusspunkt“ einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Überprüfung derart, dass sie erst erteilt werden darf, wenn die bestattungsrechtliche Genehmigung vorliegt oder mit ihr gerechnet werden darf (gegen diese teilweise vertretene „Schlusspunkttheorie“ vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 -, NVwZ 2000, 1068; weitere Nachweise bei Sauter a.a.O § 58 RdNrn. 61, 62). Ungeachtet der getrennten Verfahren hat die Baurechtsbehörde freilich auch im Bestattungsrecht niedergelegte städtebauliche Leitvorstellungen zur Zulässigkeit von Begräbnisstätten zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 BestattG und gilt vor allem für die Abstandsregelungen nach §§ 3 und 8 BestattG. Die Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen über Friedhöfe wie in Einzelgenehmigungsverfahren oder in Verfahren gegen die Abwehr „heranrückender“ Grabfelder ist unbestritten (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.2009 - 3 S 2728/08 - sowie Normenkontrollbeschlüsse vom 22.06.1998 - 8 S 1950/97 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 11, B3-4; und vom 11.10.1994 - 8 S 434/94 -, VGHBW-Ls 1995, Beil. 1, B5; siehe auch Normenkontrollurteil vom 21.2.1986 - 8 S 2800/85 -, ESVGH 36,197). Die Abstandsregelungen in § 3 BestattG beschränken sich dabei nicht nur auf Friedhöfe, sondern gelten entsprechend auch für private Bestattungsplätze (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG).
21 
Bei Anlegung dieses Prüfungsrahmens ist die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, denn das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „Industriegebiet“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970 zur Art der baulichen Nutzung; gleiches würde im Fall der Plannichtigkeit nach dem Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB gelten (dazu I.). Zwar handelt es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche freilich eigenständig zu würdigende - Nutzungsart nach dem Ausnahmekatalog des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968/1990 (dazu II.). Gleichwohl ist sie wegen Unverträglichkeit mit dem typischen Gebietscharakter des Industriegebiets unzulässig (dazu III.) und dürfte zudem auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (dazu IV.). Wegen dieses Rechtsverstoßes gegen den Bebauungsplan ist das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht eröffnet und auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt - auch im Licht des Art. 4 GG und des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV - nicht in Betracht (dazu V.). Schließlich verstößt die Ablehnung der Krypta auch nicht gegen Art. 3 GG (dazu VI.).
I.
22 
1. Maßstab für die planungsrechtliche Beurteilung der geplanten Krypta ist der Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ bis „Beim Fürfelder Zollstock“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970. Dieser setzt für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) nach § 9 BauNVO 1968 fest. Ziff. 1 des Textteils sieht ferner vor, dass Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 „zugelassen werden“. Diese Regelung ist nicht dahin zu verstehen, dass die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Anlagen in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1968 allgemein zulässig sein sollen, sondern sie sollte, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, ersichtlich nur die Grundlage für deren ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BBauG (= § 31 Abs. 1 BauGB) schaffen.
23 
Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten wurde die Aufstellung des Bebauungsplans in seiner endgültigen Ausdehnung am 26.09.1969 und die Offenlage am 14.08.1970 beschlossen, lag der Planentwurf - nach rechtzeitiger öffentlicher Bekanntmachung - vom 18.09. bis 19.10.1970 öffentlich aus und erfolgte am 06.11.1970 der Satzungsbeschluss. Dass der Satzungsbeschluss vom Bürgermeister der Beigeladenen allein gefasst wurde, weil der Gemeinderat wegen Befangenheit mehrerer Gemeinderäte beschlussunfähig war, ist nicht zu beanstanden. Der Bürgermeister hat damit von seiner Entscheidungskompetenz nach § 37 Abs. 4 GemO Gebrauch gemacht (vgl. dazu zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303). Die Satzung sowie der Rechtsplan mit den textlichen und zeichnerischen Festsetzungen sind vom damaligen Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter dem 06.11.1970 jeweils ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Am 28.05.1971 ist der Bebauungsplan zwar im vereinfachten Verfahren nach § 13 BBauG wegen Verschiebung der Baugrenze auf einem Grundstück geändert worden. Auch dieser Beschluss ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber in ausreichender Weise dadurch ausgefertigt worden, dass der Bürgermeister das Sitzungsprotokoll mit Wiedergabe des Planänderungsbeschlusses am 08.06.1971 unterschrieben und damit in ausreichender Weise die Authentizität der Planänderung bekundet hat (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.02.2009 - 3 S 2290/07 -, DÖV 2009, 544 [Ls]). Der am 21.07.1971 vom Landratsamt Sinsheim genehmigte Plan ist daher mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im August 1971 wirksam geworden.
24 
2. Klarstellend bemerkt der Senat, dass vom planungsrechtlichen Rahmen eines Industriegebiets nach § 9 Abs. 1 bis 3 BauNVO auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre. Denn die nähere Umgebung des Kirchengrundstücks der Klägerin entspricht, worüber auch Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht, aufgrund der vorhandenen betrieblichen Nutzungen nach ihrer Eigenart zweifelsfrei einem Industriegebiet. Wie dargelegt, befindet sich auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ein flächenintensiver Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern. Die Arbeiten finden in einer großen Halle sowie im Schichtbetrieb statt. Die Grundstücke westlich des Kirchengrundstücks werden von einer Schlosserei, einem Landschaftsbaubetrieb, einer Lackiererei, einem Karosserie- und Fahrzeugbaubetrieb, einem Textildruckbetrieb und einem Schrotthandel eingenommen. Weitere Großbetriebe liegen dem Kirchengrundstück jenseits der Industriestraße gegenüber, darunter insbesondere der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern sowie nördlich davon das Betonwerk. In den Blick zu nehmen sind ferner die neue Gießerei der Beigeladenen zu 2. östlich des bisherigen Betriebsgeländes, aber auch die sich westlich des Betriebsgeländes anschließenden Betriebe und Betriebsteile, wie die im Bau befindliche Lagerhalle des Holzverarbeitungsbetriebs, ein Betrieb für Verpackungsmaterialien sowie ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit ca. 150 Mitarbeitern. Nach unbestrittener Mitteilung der Beklagten unterliegen zumindest die Gießerei und das Betonwerk sowie eine im angrenzenden Industriegebiet errichtete Druckerei wegen ihrer Emissionen oder Größe der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Angesichts dieser Massierung industriegebietstypischer gewerblicher Anlagen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO wäre bei Plannichtigkeit mithin zweifelsfrei von einem faktischen Industriegebiet nach § 34 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 BauNVO auszugehen. Die Existenz der Kirche der Klägerin würde hieran nichts ändern. Sie ist eine zwar große, aber doch die bisher einzige nichtgewerbliche Nutzung. Als solche mag sie bei der Gebietsbewertung (und nicht lediglich als „Fremdkörper“) zu berücksichtigen sein. Angesichts der Größe und des Umfangs der umgebenden Industriebetriebe vermag sie die industrielle Hauptnutzung der Umgebung jedoch nicht umzuprägen. Die Zulässigkeit der Krypta würde sich somit nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richten, sodass relevante Unterschiede zur Rechtslage bei Plangültigkeit nicht bestünden.
II.
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Gemessen am Wortlaut des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist die streitige Krypta nicht schon deswegen unzulässig, weil sie unter keine der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Ausnahmenutzungen fällt. Der gegenteiligen Auffassung der Beigeladenen zu 1. und der Beklagten, es handle sich um eine unter § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht subsumierbare eigenständige Nutzungsart „sui generis“, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Krypta wegen ihrer Beschränkung auf Gemeindepriester und ihres Zusammenhangs mit der Bestattungstradition der syrisch-orthodoxen Kirche noch als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht schon daraus, dass sie das rechtliche Schicksal der Gemeindekirche als „mitgezogener“ Annex oder als Nebenanlage nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO teilt. Vielmehr ist sie trotz ihrer räumlichen Verbindung mit der Gemeindekirche als städtebaurechtlich eigenständige „Hauptanlage“ zu bewerten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
26 
1. Anlagen für kirchliche Zwecke sind - ebenso wie die sonstigen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen - im weitesten Sinn Anlagen für den Gemeinbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Sie haben nach ihrem Zweck einen Gemeinwohlbezug und stehen im Rahmen der Zweckbestimmung prinzipiell allen Interessierten offen. „Kirchliche“ Anlagen umfassen insbesondere Kirchengebäude, Gemeindehäuser, kirchlich geleitete Kindergärten und Kindertagesstätten, Pfarrhäuser, konfessionelle Beratungs- und Betreuungsstellen sowie sonstige Einrichtungen von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind von den Anlagen für kulturelle Zwecke - zu denen auch religiös ausgerichtete Anlagen nichtkirchlicher Art gehören können - und den Anlagen für soziale Zwecke zu trennen, wobei freilich Überschneidungen und Doppelfunktionen nicht selten sind.
27 
a) Danach stellt die 1994 genehmigte syrisch-orthodoxe Kirche zweifelsfrei eine Anlage für kirchliche - und nicht „nur“ religiöse/kulturelle - Zwecke dar. Sie beherbergt die für christliche Kirchen typischen Räumlichkeiten (Altarraum, Chor, Taufbecken, Gebetsraum für die Gemeindemitglieder mit Bänken, Türme, Kuppel) und dient dem kirchentypischen Zweck der Andacht, des Gottesdienstes und der Anbetung Gottes. Auch die organisatorischen Strukturen einer „Kirche“ werden erfüllt. Die Klägerin versteht sich als Mitglied der Erzdiözese der „Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland“. An deren Spitze steht ein Patriarchalvikar (Bischof) mit Sitz in Warburg, der wiederum Stellvertreter des Patriarchen von Damaskus ist (vgl. Schreiben des Patriarchalvikars vom 26.03.2006 sowie Nachweise in Wikipedia, Onlinelexikon, Stichwort „Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien“). Die Klägerin ist zudem als eingetragener Verein mit den Organen Vorstand (Kirchenrat) und Mitgliederversammlung organisiert. Dass die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV hat, ist für die Eigenschaft ihrer Gotteshäuser als kirchliche Anlagen unerheblich, zumal auch Moscheen wegen ihrer Funktion als Gebetshäuser trotz Fehlens organisatorischer kirchlicher Strukturen zunehmend den Anlagen für kirchliche Zwecke zugerechnet werden (vgl. etwa BVerwG , Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BRS 54 Nr. 193; anders VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324: Moscheen sind Anlagen für religiöse/kulturelle Zwecke).
28 
b) Auch die Krypta ist angesichts ihrer konkreten Zweckbestimmung als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen. Als Begräbnisstätte nur für Gemeindepriester unterscheidet sie sich von herkömmlichen kommunalen oder auch konfessionellen kirchlichen Friedhöfen oder Bestattungshallen. Ihren kirchlichen Bezug gewinnt sie dadurch, dass Priester der syrisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer herausgehobenen Stellung nicht auf Gemeindefriedhöfen, sondern nur in Kirchen bestattet werden dürfen und die Beisetzung jedenfalls traditionell in der „Hauskirche“ erfolgen soll. Dies reicht aus, um die Eigenschaft als kirchliche Anlage zu begründen, ohne dass an dieser Stelle auf Bedeutung und Gewicht der einzelnen Begräbnisriten näher eingegangen werden muss.
29 
2. Trotz dieses kirchlichen Nutzungszwecks stellt die Krypta aber weder einen bloßen „mitgezogenen“ Annex noch eine „Einrichtung“ der Kirche im Sinne von § 14 Abs. 1 BauNVO dar. Denn sie widerspricht wohl schon der „Eigenart“ des umgebenden Industriegebiets (vgl. dazu die Ausführungen unten zum deckungsgleichen Begriff der Gebietseigenart in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Zudem dient sie aber auch weder dem Nutzungszweck der in dem Industriegebiet gelegenen Grundstücke noch dem des Industriegebiets selbst. In ihrer Funktion als kirchliche Begräbnisstätte ist sie weder dem primären gewerblichen Nutzungszweck des Industriegebiets selbst noch der diesem Nutzungszweck entsprechenden tatsächlichen Bebauung auf den umliegenden Grundstücken zu- und untergeordnet (so die ständige Definition der Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 14 RdNr. 3). Vielmehr fehlt es an jeglichem Funktionszusammenhang zwischen dem industriegebietstypischen produzierenden Gewerbe und einer kirchlichen Begräbnisstätte, was zur Gebietsunverträglichkeit der Krypta führt (dazu nachfolgend). Die Krypta steht auch mit der kirchlichen Nutzung des Baugrundstücks selbst in keinem dienenden Zusammenhang. Nach der durch tatsächliche Gepflogenheiten und den aktuellen rechtlichen Rahmen geprägten Verkehrsanschauung sind Kirchen Versammlungsstätten von Menschen zum Zwecke der Andacht, des Gebets und der Zwiesprache mit Gott. Diesem Zweck zugeordnet sind, wie dargelegt, auch andere einem aktiven organisierten Gemeindeleben dienende Einrichtungen, wie sie zum Teil auch im Untergeschoss der Kirche der Klägerin genehmigt sind (Pfarrbüro, Gemeinderatssaal). Begräbnisstätten - auch für Priester - gehen über diesen Rahmen einer kirchlichen „Hilfsfunktion“ aber deutlich hinaus, sie sind diesen gegenüber ein kirchliches „aliud“ . Die Bestattung der Geistlichen in der eigenen Kirche - freilich auch damals nur höherer Würdenträger - mag in früheren Jahrhunderten üblich gewesen sein, sie entspricht der derzeitigen deutschen und europäischen Rechts- und Kirchenpraxis der großen christlichen Kirchen jedoch nicht mehr. Geistliche werden vielmehr grundsätzlich auf kommunalen oder auf kirchlichen Friedhöfen beigesetzt. Dies entspricht der auch verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtslage, wie sie im Bestattungsrecht der meisten Länder ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst in den syrisch-orthodoxen Gotteshäusern in Deutschland sind solche Einrichtungen bislang nicht anzutreffen. Sie werden vielmehr - wie seit vielen Jahren auch die Kirche der Klägerin - als Kirchen herkömmlicher Nutzungsbreite geführt.
III.
30 
Auch wenn sie als kirchliche „Hauptanlage“ unter den Nutzungskatalog der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten fällt, ist die Krypta gleichwohl aus Rechtsgründen im (festgesetzten wie im faktischen) Industriegebiet unzulässig, weil sie gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit verstößt.
31 
1. Das Merkmal der Gebietsverträglichkeit folgt aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der BauNVO. Diese weisen den Baugebieten jeweils eine allgemeine Zweckbestimmung, eine typische Funktion, zu. Rechtssystematisch, teleologisch und funktional ist die Gebietsverträglichkeit untrennbar mit der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus verbunden. Diese allgemeine Zweckbestimmung, den normtypischen Gebietscharakter des jeweiligen Baugebiets, hat der Verordnungsgeber jeweils in den Absätzen 1 der Baugebietsvorschriften umschrieben und dem Katalog der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Absätzen 2 und 3 gleichsam „vor die Klammer gezogen“ eingrenzend vorangestellt. Die Gebietsverträglichkeit bildet demgemäß die Zulässigkeitsgrenze für die allgemein wie für die nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten der Baugebiete (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786 sowie Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 1118 f.)
32 
Rechtsdogmatisch ist die Gebietsverträglichkeit der Prüfungsebene des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO übergeordnet. Anders als bei letzteren kommt es auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft, auf die konkrete Gebietseigenart und auf den konkreten Störungsgrad des Vorhabens für den Nachbarn nicht an. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO greift erst ein, wenn es darum geht, die Genehmigung solcher Vorhaben zu versagen, die zwar nach Art, Größe, Störpotential oder Störungsempfindlichkeit den typischen Gebietscharakter nicht konterkarieren, jedoch nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets „vor Ort“ widersprechen bzw. für die Nachbarschaft mit unzumutbaren Belästigungen oder Störungen verbunden sind (vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, a.a.O.). So ist die Gebietsverträglichkeit solcher Vorhaben in Wohngebieten verneint worden, von denen eine allgemeine Unruhe ausgeht, die mit der typischen Zweckbestimmung der Gebiete (möglichst ungestörtes Wohnen) nicht vereinbar ist (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 a.a.O: Unzulässigkeit eines Dialysezentrums - Anlage für gesundheitliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - im WA; BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 118: Zustellstützpunkt der Deutschen Post - Anlage für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO - im WA). In den Gewerbegebieten hat die Rechtsprechung umgekehrt solche Vorhaben als gebietsunverträglich eingestuft, die aufgrund ihrer besonderen Störanfälligkeit oder ihrer „gewerbefremden“ Funktion mit der typischen Betriebsamkeit und Emissionsbelastung des gewerblichen Umfelds nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, VBlBW 1993, 49: Pensionsbetrieb im GE; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499: Seniorenpflegeheim im GE). In der auch von den Beteiligten mehrfach zitierten Entscheidung über die Zulässigkeit einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium) mit angeschlossenem Zeremonienraum im Gewerbegebiet hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: Krematorien seien jedenfalls dann, wenn sie über einen Raum für Trauerfeierlichkeiten verfügten, für Gewerbegebiete nicht charakteristisch. Gewerbegebiete zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet werde, sie seien geprägt durch „werktägliche Geschäftigkeit“. Nach dem Leitbild der BauNVO seien sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Demgegenüber handle es sich bei Krematorien mit einer angeschlossenen Pietätshalle um Orte, an denen die Hinterbliebenen in Ruhe, Besinnung und innerer Einkehr von den Verstorbenen Abschied nehmen wollten. Das nach herkömmlicher Anschauung erforderliche kontemplative Umfeld für eine pietätvolle Totenbestattung sei nicht gegeben. Dass derartige Krematorien nicht mit der typischen Funktion eines Gewerbegebiets im Einklang stehen, werde auch durch deren lediglich ausnahmsweise Zulassung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bestätigt (Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, ZfBR 2006, 262 f.; ebenso BayVGH im zugrunde liegenden Urteil vom 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, BauR 2005, 1884; a.A. teilweise OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.10.2005 - 8 B 11345/05 -, BauR 2006, 336).
33 
2. Gemessen daran ist auch die streitige Krypta (schon) auf der Ebene der Gebietsverträglichkeit unzulässig. Als Begräbnisstätte mit spezifischen Nutzungs- und Lagebedürfnissen ist sie mit der Zweckbestimmung und dem Charakter des umliegenden Industriegebiets städtebaulich nicht vereinbar. Auf diese Rechtsverletzung können sich auch die Gebietsanlieger, vornehmlich die Beigeladene zu 2., aber auch der Betreiber des östlich angrenzenden Holzverarbeitungsbetriebs, berufen (zum Nachbarschutz vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008, a.a.O.).
34 
a) Wie mehrfach dargestellt, dienen Industriegebiete nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten (also auch in Misch- oder Gewerbegebieten) unzulässig sind. Hier finden - stärker noch als in Gewerbegebieten - mithin typischerweise gewerbliche Lebensbetätigungen mit der entsprechenden Betriebsamkeit von Arbeitnehmern, Kunden und Anlieferern sowie einer spezifischen „Unruhe“ durch den Gebietsverkehr mit hohem Lkw-Anteil statt. Sie müssen als Hauptnutzung gegenüber sonstigen - misch- oder gewerbegebietsverträglichen - Betrieben im Baugebiet überwiegend zulässig bleiben (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 9 RdNr. 1.13). Zu dieser Hauptnutzung gehören im Grundsatz die nach den §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. § 2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schichtarbeit nachts und an Wochenenden ist in Industriegebieten regelmäßig zulässig und findet auch in dem der Klägerin benachbarten Holzverarbeitungsbetrieb statt. Die „werktägliche Geschäftigkeit“ kann sich daher auch auf die üblichen Ruhezeiten und auf die Wochenenden erstrecken. Die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprechen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft. Die vorhandene Kirche als einzige Ausnahmenutzung ist nicht geeignet, den ansonsten rein industriellen (Regel-)Gebietscharakter nach § 9 Abs. 1 BauNVO in Frage zu stellen.
35 
b) Mit dieser Gebietstypik verträgt sich die im Streit stehende Krypta mit 10 Begräbnisplätzen nicht. Es handelt sich um einen nur von außen über eine Tür auf der Südseite zugänglichen Raum; die Fläche östlich der Grabnischen steht für Trauernde und Betende zur Verfügung. Das Trauern und Gedenken findet entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nur im Innern unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern wird auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein. Dies ergibt sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens. Danach soll das Gedenken „feierlich zelebriert“ (Bauantrag) und sollen die Toten mit gelegentlichen Feiern geehrt werden (Prof. ...). Nach Schilderung der Klägerin im Ausgangsverfahren 1994 ist es zudem Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den „Priestergruften“ Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Dass sich an diesem Brauch zwischenzeitlich Grundlegendes geändert hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert erklärt, darauf verzichten zu wollen. Für die Gebietsverträglichkeit sind letztlich aber Quantität und Dauer der „externen“ Traueraktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die funktionsgemäße städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte. Sie erfordert zum Schutz der Totenruhe wie zum Schutz der Trauernden ein ruhiges, pietätvolles Umfeld ohne unmittelbare Konfrontation mit dem Arbeitsalltag und immissionsintensiven Betrieben. Das Schutzbedürfnis ist bodenrechtlich dem eines Friedhofs durchaus vergleichbar. Auch dort werden die Toten häufig in einem Trauerraum im Inneren der Totenhalle oder der Friedhofskapelle aufgebahrt. Während dieser Zeit kann von ihnen Abschied genommen werden. Danach werden sie in Erd- oder Urnengräber überführt, wo ihrer jederzeit - auch mit Gedenkgottesdiensten - gedacht werden kann. Zum Schutz der Totenruhe, der Würde des Anlasses und Ortes hat dies alles in einer ruhigen, der Besinnung und inneren Einkehr angemessenen Umgebung zu geschehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 40). Das Bauplanungsrecht trägt dem durch zweckentsprechende Regelungen für die Bauleitplanung Rechnung (vgl. auch den Hinweis in BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005, a.a.O.). So können gemeindliche oder kirchliche Friedhöfe als öffentliche oder private Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ausgewiesen und innerhalb dieser können die zugehörigen Gebäude (Leichenhalle, Kapelle) mittels Baufenstern für Gemeinbedarfsanlagen festgelegt werden; zudem kann durch die Anordnung von Bepflanzungen und Bauverbotsflächen gesichert werden, dass die räumlich und optisch erforderlichen Schutz- und Freiräume im Umfeld gewährleistet sind. Flächen für Kirchen mit umgebenden Bestattungseinrichtungen (Gemeindefriedhof oder Bestattungsräume) können gegebenenfalls auch als Sondergebiete nach § 11 Abs. 1 BauNVO festgelegt werden, da sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Kleinere gebäudeinterne Bestattungseinrichtungen können schließlich auch durch Ausweisung einer isolierten Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit konkretem Nutzungseinschrieb festgelegt werden. Schließlich sind wie oben bereits dargelegt, die im Bestattungsgesetz normierten Abstandsvorschriften in den Blick zu nehmen, die Ausdruck städtebaulicher Leitvorstellungen sind. Nach § 3 BestattG ist bei der Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen unter anderem zu Gewerbe- und Industriegebieten ein ausreichender Abstand einzuhalten. Hieraus folgt, dass Friedhöfe erst Recht innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich unzulässig sind. Gleiches gilt für die Errichtung privater Bestattungsplätze nach § 9 BestattG, auf die § 3 BestattG entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG). Das den §§ 3, 9 Abs. 3 BestattG zu entnehmende planerische Trennungsgebot zwischen Bestattungsanlagen und Gewerbegebieten entspricht nicht nur den gängigen kulturellen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), sondern auch dem wohlverstandenen Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB). Deren schützenswerte Interessen an der (städtebaulichen) Gewährleistung von Gottesdienst und Seelsorge werden dadurch nicht geschmälert. Dies gilt auch für die Klägerin.
IV.
36 
Angesichts der Gebietsunverträglichkeit der Krypta kommt es auf die Frage, ob sie darüber hinaus auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in unmittelbarer oder (über § 34 Abs. 2 BauGB) mittelbarer Anwendung verstößt, nicht mehr an. Der Senat merkt zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten gleichwohl an, dass ein solcher Verstoß zu bejahen wäre. Die Krypta als Begräbnisstätte dürfte nach ihrer Zweckbestimmung als letzte Ruhestätte der Eigenart des Baugebiets bei Gültigkeit wie bei Ungültigkeit des Bebauungsplans widersprechen. Auch hierauf könnten sich die Gebietsanlieger im Rahmen ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.2009, a.a.O. m.N.).
37 
1. Die „Eigenart“ eines Baugebiets ergibt sich, anders als die Gebietsverträglichkeit, nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO, sondern bedarf des Blicks auf die konkrete Ausgestaltung des Baugebiets. Bei beplanten Gebieten lässt sich die Eigenart erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die das Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde berücksichtigt werden, soweit dieser in den Festsetzungen und in der Planbegründung zum Ausdruck gekommen ist; bei unbeplanten (faktischen) Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376; Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 -, BauR 1991, 714). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des nachbarlichen Gebietserhaltungsanspruchs; die Vorschrift dient der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets und verlangt nicht, dass andere Gebietsanlieger unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499). Damit überschneidet sich der Schutzzweck „Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gebietsverträglichkeit. Dessen Erwägungen zum typischen Charakter eines Baugebiets sind bei Beurteilung der örtlichen Verhältnisse im Plangebiet in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, juris). Dies hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen die Eigenart des konkreten örtlichen Baugebiets unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bzw. der im Planvollzug verwirklichten Nutzungen nicht von seiner vom Normgeber gewollten typischen Zweckbestimmung abweicht, ein nicht gebietsverträgliches Vorhaben grundsätzlich auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht.
38 
2. So liegt der Fall hier. Weder die Festsetzungen noch die Begründung des hier maßgeblichen Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 enthalten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche lassen eine geradezu „klassische“ Industriegebietsnutzung erkennen. Dies wurde an anderer Stelle dargelegt, hierauf wird verwiesen. Auch bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB ist von einer Identität zwischen der regeltypischen Beschaffenheit und der konkreten Eigenart des Gebiets auszugehen, ohne dass die vorhandene Kirche als - einzige - Ausnahmenutzung daran etwas ändert.
V.
39 
Die nach all dem aus Rechtsgründen unzulässige Krypta kann auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden. Zunächst spricht alles dafür, dass diese private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berührt, die - nach dem Maßstab zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13.06.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet war. Jedenfalls führt der Verzicht auf die Krypta aber weder zu einer baugrundstücksbezogenen Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) noch ist diese Bestattungseinrichtung innerhalb des Industriegebiets städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Die hier vorliegende (städtebauliche) Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens schließt es aus, dieses im Widerspruch dazu auf der Befreiungsebene als städtebaulich vertretbar zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054). Schließlich erfordern es auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet wird. Dies gilt auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in ihrer Funktion als im Genehmigungsverfahren zu beachtende objektivrechtliche Wertentscheidungen.
40 
1. a) Was das - einheitliche - Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrifft, zu dem auch die freie Religionsausübung gehört, dürfte dessen Schutzbereich hier berührt sein. Dabei ist zum einen auf die Gemeindemitglieder der Klägerin einschließlich der Geistlichen als individuelle Grundrechtsträger, zum anderen auf die Klägerin als religiös-kirchlicher Verein, als kollektive Grundrechtsträgerin, abzustellen (vgl. dazu Rechtsprechungsnachweise bei Jarras/Pieroth, Komm. zum GG, 8. Aufl., Art. 4 RdNrn. 18, 19). Zu den geschützten Tätigkeiten der Gemeindemitglieder - gleich ob Angehörige der großen Kirchen oder kleinerer Glaubensgemeinschaften - gehören insbesondere die zum Bekenntnis des Glaubens erforderlichen kultischen Handlungen sowie religiöse Feiern und Gebräuche. Diese glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn sind durch die versagte Krypta wohl nicht berührt. Denn das Beten, Gedenken und Trauern um Verstorbene - auch um verstorbene Geistliche - wird den syrisch-orthodoxen Gemeindemitgliedern nicht vorenthalten, sie können diese Tätigkeiten jederzeit ohne weiteres auch in der Kirche ausüben. Auch Prozessionen zum Gedenken an verstorbene Pfarrer sind ohne die Krypta möglich. Über diesen engeren Bereich der Religionsausübung hinaus schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch „das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln“ (ständige Formel des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 17.12.1975 - 1 BvR 63/68 -, BVerfGE 41, 29). Auch die Klägerin selbst, deren Zweck die Pflege und Förderung des christlichen Glaubens in seiner syrisch-orthodoxen Ausprägung ist, kann sich grundsätzlich auf die Religionsausübung in diesem Umfang einschließlich der eigenen innerkirchlichen Organisationsfreiheit (Art. 137 Abs. 3 WRV) sowie nach außen gerichteter glaubensbezogener Tätigkeiten berufen, soweit sie sich im Rahmen des kirchlichen Aufgabenbereichs halten. Verhaltensregeln einer Religionsgemeinschaft müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „zwingend“ dergestalt erweisen, dass sie dem Betroffenen eine ansonsten unausweichliche seelische Bedrängnis ersparen (vgl. Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 = NJW 2001, 1225; vgl. auch Urteil vom 26.06.1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 224 m.w.N.). Bei dem gebotenen weiten Verständnis des Art. 4 GG sind allerdings auch unterhalb dieser Schwelle zwingender religiöser Gebote liegende Regeln, Traditionen oder Gebräuche einer Religionsgemeinschaft nicht schutzlos. Ihre geringere Schutzwürdigkeit führt jedoch zu geringeren Anforderungen auf der Ebene der (verfassungsimmanenten) Schranken.
41 
b) An diesen Vorgaben gemessen bewertet der Senat das Bedürfnis, über eine Krypta zur Bestattung der Gemeindepriester in der eigenen Kirche zu verfügen, zwar als einen vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG erfassten Teil des traditionellen Ritus der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft, nicht jedoch als einen aktuellen zwingenden Bestandteil der Religionsausübung im engeren Sinn. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Begräbnisregel insofern hohe religiöse Bedeutung hat, als es verboten ist, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten und stattdessen die Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen, während dieses Privileg einem Laien verschlossen ist „selbst wenn er König wäre“. Dieses Kirchenbestattungsgebot für Priester wird in den von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen jedenfalls übereinstimmend bestätigt (vgl. insbesondere die Stellungnahme der Theologen Prof. Dr. ... vom 10.03.1995 und Prof. Dr. ... vom 06.03.1995). Um dieses allgemeine priesterliche Kirchenbestattungsgebot/Friedhofsbestattungsverbot geht es hier aber nicht. Dieses Gebot kann ungeachtet der hier streitigen Genehmigung eingehalten werden, da syrisch-orthodoxe Priester in Deutschland ersichtlich von der Bestattungspflicht auf Friedhöfen befreit sind und stattdessen dem religiösen Ritus gemäß unter einem Kirchaltar in einer Klosteranlage in den Niederlanden beigesetzt werden dürfen (vgl. dazu auch den von der Klägerin vorgelegen Schriftverkehr mit niederländischen Behörden). Dass die Beisetzung der Priester darüber hinaus zwingend, d.h. mit derselben Verpflichtungskraft, gerade auch in der „Hauskirche“ erfolgen muss, wird von den Sachverständigen indessen nicht eindeutig bekundet. Der Patriarchalvikar weist in seinem Schreiben vom 26.03.2006 vor allem auf die Traditionen in früheren Zeiten hin und auch sein Schreiben vom 08.09.2009 legt die Bedeutung der „Hausbeisetzung“ nicht hinreichend dar. Gegen den zwingenden Charakter der „Hausbeisetzung“ sprechen vor allem aber die Aussagen und das Verhalten der Klägerin selbst. So haben die Vertreter der Klägerin im Zuge ihres ersten Bauantrags (für die Kirche mit Krypta) darauf hingewiesen, dass die Beisetzung der Priester norddeutscher Gemeinden im Kloster St. Ephrem in Glane-Losser/Niederlande praktiziert werde, diese Praxis ihr selbst wegen der großen Entfernung von fast 500 km aber nicht zugemutet werden könne (Widerspruch vom 20.01.1994). Diese Argumentation kann der Senat gut nachvollziehen, sie lässt aber erkennen, dass die Bestattung der Gemeindepriester auch außerhalb der eigenen Kirche als zwar nicht der heimischen Tradition gemäß, gleichwohl aber innerhalb angemessener Entfernung noch als hinnehmbar angesehen wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sich im Anschluss mit der Genehmigung auch nur des Kirchenbaus ohne Krypta begnügt und die Kirche sodann gebaut und genutzt. Hätte der Verzicht auf die Hausbeisetzung die Klägerin in seelische Bedrängnis gebracht, hätte sie auf den Bau an der vorgesehenen Stelle im Industriegebiet verzichtet und sich um einen anderen Bauplatz bemüht. Zu berücksichtigen ist ferner die Erklärung der Vereinsvertreter der Klägerin während des Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens, wonach die im norddeutschen Raum liegenden syrisch-orthodoxen Gemeinden „aufgrund der Nähe“ zu dem niederländischen Kloster „keine Notwendigkeit (hätten), sich Gedanken über eine Krypta zu machen“ (Schreiben an die Beigeladene zu 1. vom 23.09.2005). Diese Äußerung belegt nochmals deutlich, dass die Klägerin der Hausbestattung jedenfalls keine zwingende Bedeutung beimisst.
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2. Der trotz dieses geringeren Stellenwerts der Hausbestattung verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit durch Versagung der Baugenehmigung ist gerechtfertigt. Die Krypta erfordert, wie dargelegt, ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen. Dieses Umfeld ist in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befindet sich die Krypta auch nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet wird, wobei teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfindet. Diese Situation widerspricht der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern wird der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG ergibt (BVerfG, Urteil vom 24.02.1971 - 1 BvR 435/68 -, BVerfGE 30, 173 = NJW 1971, 1645). Darüber hinaus wird bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setzt sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und ist auch verhältnismäßig. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort verwirklicht, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Wie dargelegt, bietet das Planungsrecht zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine der Totenruhe angemessene pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen.
VI.
43 
Die Ablehnung der Krypta im vorliegenden Fall verstößt auch nicht gegen das spezielle Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 3 GG. Die Klägerin wird dadurch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen gegenüber den großen christlichen Kirchen benachteiligt. Das Nutzungsverbot zielt zunächst nicht auf die kirchliche Ausrichtung der Klägerin ab, sondern soll allein dem Schutz einer angemessenen und würdigen Totenruhe dienen. Der Senat vermag insbesondere aber keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur - allein in Betracht kommenden - katholischen Kirche zu erkennen. Katholische Gemeindepriester werden seit langem auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen bestattet, private Bestattungsplätze in Kirchen werden ihnen aus den gleichen städtebaulichen Gründen verweigert oder gewährt wie der Klägerin. Die Situation, dass früher hohe Würdenträger in ihren Kirchen beigesetzt werden durften und dass diese Bestattungsart - traditionell nachwirkend - auch heute noch gelegentlich mit behördlicher Gestattung durchgeführt wird, ist mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt weder personell („einfacher“ Geistlicher) noch räumlich (Lage der Kirche im Industriegebiet) vergleichbar.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. hat diese aus Billigkeitsgründen selbst zu tragen, da sie in beiden Rechtszügen keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
45 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Begräbnisstätten für Priester innerhalb einer Kirche in typischen Industrie- oder Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind. Diese Frage ist, wie der vorliegende Fall zeigt, über den Einzelfall hinaus bedeutsam.
46 
Beschluss vom 04. November 2009
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
A.
16 
Die Berufungen aller Berufungsführer sind zulässig. Sie sind jeweils rechtzeitig und den inhaltlichen Anforderungen des § 124 a Abs. 6 Satz 2 i.V.m. Abs. 3 Satz 4 VwGO entsprechend begründet worden. Die Berufungsführer sind im Umfang ihrer eingelegten Rechtsmittel durch das erstinstanzliche Urteil sämtlich auch sowohl formell wie materiell beschwert, sodass offen bleiben kann, ob und inwieweit beide Ausprägungen der Beschwer bei Trägern öffentlicher Verwaltung und Beigeladenen vorliegen müssen (vgl. dazu Nachweise bei Happ, in: Eyermann u.a., Komm. zur VwGO, 12. Aufl., Vorb. § 124 RdNrn. 28-30). Die materielle Beschwer der Beklagten folgt daraus, dass sie die beantragte uneingeschränkte Klagabweisung nicht erreicht hat, sondern unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide zur - bisher fehlenden - Bescheidung des Bauantrags nach Ermessen nach § 31 Abs. 1 BauGB verpflichtet worden ist und das Verwaltungsgericht hierbei als Maßstab für die Ermessensausübung nach § 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. § 121 VwGO bindend vorgegeben hat, dass die Kirche der Klägerin das Industriegebiet mitpräge und dass durch die Krypta eine über den bisherigen Bestand hinausgehende Unverträglichkeit mit dem Gebietscharakter nicht hervorgerufen werde. Die Beigeladene zu 1. ist materiell deswegen beschwert, weil sie durch eine der Beklagten vom Verwaltungsgericht aufgegebenen und zugunsten der Klägerin ausfallende Neubescheidung des Bauantrags in ihrem durch § 36 BauGB geschützten Recht auf Planungshoheit verletzt sein kann (vgl. Bader: in Bader/Funke-Kaiser/Kuntze/von Albedyll, Komm. zur VwGO, 4. Aufl. unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 14.04.2000 - 4 C 5.99 -, NVwZ 2000, 1048).
B.
17 
Die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. sind begründet, die Berufung der Klägerin hat hingegen keinen Erfolg.
18 
Gegenstand des Berufungsverfahrens ist infolge der sich ergänzenden Teilberufungen der gesamte Streitgegenstand des Klageverfahrens geworden. Der Senat hat mithin zu entscheiden, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin die beantragte baurechtliche Genehmigung zur Nutzungsänderung des Abstellraums im Untergeschoss ihrer Kirche in eine Krypta (Begräbnisstätte) mit 10 Begräbnisplätzen zur Bestattung der jeweiligen Gemeindegeistlichen zu erteilen und die Ablehnungsbescheide daher rechtwidrig sind (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2 VwGO). Dies beurteilt sich nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. Danach ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn das Vorhaben genehmigungspflichtig ist und ihm materiellrechtlich keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19 
Allerdings ist die beantragte Nutzungsänderung nach § 49 Abs. 1 LBO i.V.m. § 2 Abs. 12 LBO genehmigungspflichtig und greifen die Ausnahmen von der Genehmigungspflicht nach §§ 50 und 51 nicht an. Die angestrebte Umwandlung des Abstellraums in eine Begräbnisstätte ist insbesondere nicht nach § 50 Abs. 2 LBO verfahrensfrei, da sich sowohl in bauordnungsrechtlicher Hinsicht (Hygiene, Gesundheitsgefährdung, vgl. dazu die Auflagen des Gesundheitsamts) als vor allem auch bauplanungsrechtlich andere und rechtlich deutlich weitergehende Anforderungen als bei der bisherigen Nutzung des Raums zu Abstellzwecken stellen.
20 
Die geplante Nutzungsänderung ist jedoch nicht genehmigungsfähig . Denn ihr stehen öffentlich-rechtliche Vorschriften des Bauplanungsrechts entgegen. Demgegenüber gehört die Zulässigkeit der Krypta, einer privaten - außerhalb eines kommunalen oder eines kirchlichen Friedhofs im Sinne von § 1 Abs. 2 BestattG gelegenen - Begräbnisstätte, nach den spezifischen Anforderungen des Bestattungsrechts (Bestattungsgesetz, Bestattungsverordnung) nicht zum baurechtsbehördlichen Prüfprogramm, sondern ist dem gesondert anhängigen bestattungsrechtlichen Genehmigungsverfahren vorbehalten (vgl. insbesondere § 9 BestattG). Da letzteres noch nicht negativ-bestandskräftig abgeschlossen ist, kann der Klägerin das (Sachbescheidungs-)Interesse an der Durchführung des baurechtlichen Verfahrens nicht abgesprochen werden. Die erstrebte Baugenehmigung bildet auch nicht den „Schlusspunkt“ einer umfassenden öffentlich-rechtlichen Überprüfung derart, dass sie erst erteilt werden darf, wenn die bestattungsrechtliche Genehmigung vorliegt oder mit ihr gerechnet werden darf (gegen diese teilweise vertretene „Schlusspunkttheorie“ vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 17.12.1999 - 5 S 50/97 -, NVwZ 2000, 1068; weitere Nachweise bei Sauter a.a.O § 58 RdNrn. 61, 62). Ungeachtet der getrennten Verfahren hat die Baurechtsbehörde freilich auch im Bestattungsrecht niedergelegte städtebauliche Leitvorstellungen zur Zulässigkeit von Begräbnisstätten zu berücksichtigen. Dies folgt aus § 2 Abs. 2 BestattG und gilt vor allem für die Abstandsregelungen nach §§ 3 und 8 BestattG. Die Verbindlichkeit dieser Abstandsregelungen bei der Aufstellung von Bebauungsplänen über Friedhöfe wie in Einzelgenehmigungsverfahren oder in Verfahren gegen die Abwehr „heranrückender“ Grabfelder ist unbestritten (vgl. dazu etwa VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.2009 - 3 S 2728/08 - sowie Normenkontrollbeschlüsse vom 22.06.1998 - 8 S 1950/97 -, VGHBW-Ls 1998, Beil. 11, B3-4; und vom 11.10.1994 - 8 S 434/94 -, VGHBW-Ls 1995, Beil. 1, B5; siehe auch Normenkontrollurteil vom 21.2.1986 - 8 S 2800/85 -, ESVGH 36,197). Die Abstandsregelungen in § 3 BestattG beschränken sich dabei nicht nur auf Friedhöfe, sondern gelten entsprechend auch für private Bestattungsplätze (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG).
21 
Bei Anlegung dieses Prüfungsrahmens ist die Nutzungsänderung bauplanungsrechtlich nach § 30 Abs. 1 BauGB unzulässig, denn das Vorhaben widerspricht den Festsetzungen des qualifizierten Bebauungsplans „Industriegebiet“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970 zur Art der baulichen Nutzung; gleiches würde im Fall der Plannichtigkeit nach dem Maßstab des § 34 Abs. 2 BauGB gelten (dazu I.). Zwar handelt es sich bei der Krypta um eine - städtebaulich gegenüber der Kirche freilich eigenständig zu würdigende - Nutzungsart nach dem Ausnahmekatalog des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO 1968/1990 (dazu II.). Gleichwohl ist sie wegen Unverträglichkeit mit dem typischen Gebietscharakter des Industriegebiets unzulässig (dazu III.) und dürfte zudem auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widersprechen (dazu IV.). Wegen dieses Rechtsverstoßes gegen den Bebauungsplan ist das Ermessen für eine ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BauGB nicht eröffnet und auch eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB kommt - auch im Licht des Art. 4 GG und des Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV - nicht in Betracht (dazu V.). Schließlich verstößt die Ablehnung der Krypta auch nicht gegen Art. 3 GG (dazu VI.).
I.
22 
1. Maßstab für die planungsrechtliche Beurteilung der geplanten Krypta ist der Bebauungsplan „Industriegebiet“ für die Gewanne „Kurzer See“ bis „Beim Fürfelder Zollstock“ der Beigeladenen zu 1. vom 06.11.1970. Dieser setzt für das gesamte Plangebiet ein Industriegebiet (GI) nach § 9 BauNVO 1968 fest. Ziff. 1 des Textteils sieht ferner vor, dass Ausnahmen nach § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 „zugelassen werden“. Diese Regelung ist nicht dahin zu verstehen, dass die in § 9 Abs. 3 BauNVO 1968 aufgeführten Anlagen in Anwendung des § 1 Abs. 5 BauNVO 1968 allgemein zulässig sein sollen, sondern sie sollte, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, ersichtlich nur die Grundlage für deren ausnahmsweise Zulassung nach § 31 Abs. 1 BBauG (= § 31 Abs. 1 BauGB) schaffen.
23 
Bedenken gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans vermag der Senat nicht zu erkennen. Ausweislich der beigezogenen Verfahrensakten wurde die Aufstellung des Bebauungsplans in seiner endgültigen Ausdehnung am 26.09.1969 und die Offenlage am 14.08.1970 beschlossen, lag der Planentwurf - nach rechtzeitiger öffentlicher Bekanntmachung - vom 18.09. bis 19.10.1970 öffentlich aus und erfolgte am 06.11.1970 der Satzungsbeschluss. Dass der Satzungsbeschluss vom Bürgermeister der Beigeladenen allein gefasst wurde, weil der Gemeinderat wegen Befangenheit mehrerer Gemeinderäte beschlussunfähig war, ist nicht zu beanstanden. Der Bürgermeister hat damit von seiner Entscheidungskompetenz nach § 37 Abs. 4 GemO Gebrauch gemacht (vgl. dazu zuletzt VGH Bad.-Württ., Urteil vom 15.09.2006 - 8 S 1989/05 -, VBlBW 2007, 303). Die Satzung sowie der Rechtsplan mit den textlichen und zeichnerischen Festsetzungen sind vom damaligen Bürgermeister der Beigeladenen zu 1. unter dem 06.11.1970 jeweils ordnungsgemäß ausgefertigt worden. Am 28.05.1971 ist der Bebauungsplan zwar im vereinfachten Verfahren nach § 13 BBauG wegen Verschiebung der Baugrenze auf einem Grundstück geändert worden. Auch dieser Beschluss ist entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin aber in ausreichender Weise dadurch ausgefertigt worden, dass der Bürgermeister das Sitzungsprotokoll mit Wiedergabe des Planänderungsbeschlusses am 08.06.1971 unterschrieben und damit in ausreichender Weise die Authentizität der Planänderung bekundet hat (vgl. dazu Urteil des Senats vom 09.02.2009 - 3 S 2290/07 -, DÖV 2009, 544 [Ls]). Der am 21.07.1971 vom Landratsamt Sinsheim genehmigte Plan ist daher mit seiner öffentlichen Bekanntmachung im August 1971 wirksam geworden.
24 
2. Klarstellend bemerkt der Senat, dass vom planungsrechtlichen Rahmen eines Industriegebiets nach § 9 Abs. 1 bis 3 BauNVO auch bei unterstellter Unwirksamkeit des Bebauungsplans auszugehen wäre. Denn die nähere Umgebung des Kirchengrundstücks der Klägerin entspricht, worüber auch Einigkeit zwischen den Beteiligten besteht, aufgrund der vorhandenen betrieblichen Nutzungen nach ihrer Eigenart zweifelsfrei einem Industriegebiet. Wie dargelegt, befindet sich auf dem östlich angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... ein flächenintensiver Produktionsbetrieb für Holzverpackungen und Holzkisten mit ca. 30 Mitarbeitern. Die Arbeiten finden in einer großen Halle sowie im Schichtbetrieb statt. Die Grundstücke westlich des Kirchengrundstücks werden von einer Schlosserei, einem Landschaftsbaubetrieb, einer Lackiererei, einem Karosserie- und Fahrzeugbaubetrieb, einem Textildruckbetrieb und einem Schrotthandel eingenommen. Weitere Großbetriebe liegen dem Kirchengrundstück jenseits der Industriestraße gegenüber, darunter insbesondere der metallverarbeitende Betrieb und die Gießerei der Beigeladenen zu 2. mit ca. 250 Mitarbeitern sowie nördlich davon das Betonwerk. In den Blick zu nehmen sind ferner die neue Gießerei der Beigeladenen zu 2. östlich des bisherigen Betriebsgeländes, aber auch die sich westlich des Betriebsgeländes anschließenden Betriebe und Betriebsteile, wie die im Bau befindliche Lagerhalle des Holzverarbeitungsbetriebs, ein Betrieb für Verpackungsmaterialien sowie ein Großbetrieb für Dichtungstechnik mit ca. 150 Mitarbeitern. Nach unbestrittener Mitteilung der Beklagten unterliegen zumindest die Gießerei und das Betonwerk sowie eine im angrenzenden Industriegebiet errichtete Druckerei wegen ihrer Emissionen oder Größe der Genehmigungspflicht nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. Angesichts dieser Massierung industriegebietstypischer gewerblicher Anlagen nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO wäre bei Plannichtigkeit mithin zweifelsfrei von einem faktischen Industriegebiet nach § 34 Abs. 2, 1. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 BauNVO auszugehen. Die Existenz der Kirche der Klägerin würde hieran nichts ändern. Sie ist eine zwar große, aber doch die bisher einzige nichtgewerbliche Nutzung. Als solche mag sie bei der Gebietsbewertung (und nicht lediglich als „Fremdkörper“) zu berücksichtigen sein. Angesichts der Größe und des Umfangs der umgebenden Industriebetriebe vermag sie die industrielle Hauptnutzung der Umgebung jedoch nicht umzuprägen. Die Zulässigkeit der Krypta würde sich somit nach § 34 Abs. 2, 2. Halbsatz BauGB i.V.m. § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO richten, sodass relevante Unterschiede zur Rechtslage bei Plangültigkeit nicht bestünden.
II.
25 
Gemessen am Wortlaut des § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ist die streitige Krypta nicht schon deswegen unzulässig, weil sie unter keine der in dieser Vorschrift abschließend aufgeführten Ausnahmenutzungen fällt. Der gegenteiligen Auffassung der Beigeladenen zu 1. und der Beklagten, es handle sich um eine unter § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO nicht subsumierbare eigenständige Nutzungsart „sui generis“, vermag der Senat nicht zu folgen. Vielmehr spricht alles dafür, dass die Krypta wegen ihrer Beschränkung auf Gemeindepriester und ihres Zusammenhangs mit der Bestattungstradition der syrisch-orthodoxen Kirche noch als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen ist. Dies folgt entgegen der Auffassung der Klägerin allerdings nicht schon daraus, dass sie das rechtliche Schicksal der Gemeindekirche als „mitgezogener“ Annex oder als Nebenanlage nach den Grundsätzen des § 14 Abs. 1 Satz 1 BauNVO teilt. Vielmehr ist sie trotz ihrer räumlichen Verbindung mit der Gemeindekirche als städtebaurechtlich eigenständige „Hauptanlage“ zu bewerten. Dies ergibt sich aus Folgendem:
26 
1. Anlagen für kirchliche Zwecke sind - ebenso wie die sonstigen in § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO genannten Anlagen - im weitesten Sinn Anlagen für den Gemeinbedarf im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB. Sie haben nach ihrem Zweck einen Gemeinwohlbezug und stehen im Rahmen der Zweckbestimmung prinzipiell allen Interessierten offen. „Kirchliche“ Anlagen umfassen insbesondere Kirchengebäude, Gemeindehäuser, kirchlich geleitete Kindergärten und Kindertagesstätten, Pfarrhäuser, konfessionelle Beratungs- und Betreuungsstellen sowie sonstige Einrichtungen von Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind von den Anlagen für kulturelle Zwecke - zu denen auch religiös ausgerichtete Anlagen nichtkirchlicher Art gehören können - und den Anlagen für soziale Zwecke zu trennen, wobei freilich Überschneidungen und Doppelfunktionen nicht selten sind.
27 
a) Danach stellt die 1994 genehmigte syrisch-orthodoxe Kirche zweifelsfrei eine Anlage für kirchliche - und nicht „nur“ religiöse/kulturelle - Zwecke dar. Sie beherbergt die für christliche Kirchen typischen Räumlichkeiten (Altarraum, Chor, Taufbecken, Gebetsraum für die Gemeindemitglieder mit Bänken, Türme, Kuppel) und dient dem kirchentypischen Zweck der Andacht, des Gottesdienstes und der Anbetung Gottes. Auch die organisatorischen Strukturen einer „Kirche“ werden erfüllt. Die Klägerin versteht sich als Mitglied der Erzdiözese der „Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien in Deutschland“. An deren Spitze steht ein Patriarchalvikar (Bischof) mit Sitz in Warburg, der wiederum Stellvertreter des Patriarchen von Damaskus ist (vgl. Schreiben des Patriarchalvikars vom 26.03.2006 sowie Nachweise in Wikipedia, Onlinelexikon, Stichwort „Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien“). Die Klägerin ist zudem als eingetragener Verein mit den Organen Vorstand (Kirchenrat) und Mitgliederversammlung organisiert. Dass die Syrisch-Orthodoxe Kirche in Deutschland nicht den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV hat, ist für die Eigenschaft ihrer Gotteshäuser als kirchliche Anlagen unerheblich, zumal auch Moscheen wegen ihrer Funktion als Gebetshäuser trotz Fehlens organisatorischer kirchlicher Strukturen zunehmend den Anlagen für kirchliche Zwecke zugerechnet werden (vgl. etwa BVerwG , Urteil vom 27.02.1992 - 4 C 50.89 -, BRS 54 Nr. 193; anders VGH Bad.-Württ., Urteil vom 29.09.1999 - 3 S 1163/99 -, VBlBW 2000, 324: Moscheen sind Anlagen für religiöse/kulturelle Zwecke).
28 
b) Auch die Krypta ist angesichts ihrer konkreten Zweckbestimmung als Anlage für kirchliche Zwecke einzustufen. Als Begräbnisstätte nur für Gemeindepriester unterscheidet sie sich von herkömmlichen kommunalen oder auch konfessionellen kirchlichen Friedhöfen oder Bestattungshallen. Ihren kirchlichen Bezug gewinnt sie dadurch, dass Priester der syrisch-orthodoxen Kirche wegen ihrer herausgehobenen Stellung nicht auf Gemeindefriedhöfen, sondern nur in Kirchen bestattet werden dürfen und die Beisetzung jedenfalls traditionell in der „Hauskirche“ erfolgen soll. Dies reicht aus, um die Eigenschaft als kirchliche Anlage zu begründen, ohne dass an dieser Stelle auf Bedeutung und Gewicht der einzelnen Begräbnisriten näher eingegangen werden muss.
29 
2. Trotz dieses kirchlichen Nutzungszwecks stellt die Krypta aber weder einen bloßen „mitgezogenen“ Annex noch eine „Einrichtung“ der Kirche im Sinne von § 14 Abs. 1 BauNVO dar. Denn sie widerspricht wohl schon der „Eigenart“ des umgebenden Industriegebiets (vgl. dazu die Ausführungen unten zum deckungsgleichen Begriff der Gebietseigenart in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO). Zudem dient sie aber auch weder dem Nutzungszweck der in dem Industriegebiet gelegenen Grundstücke noch dem des Industriegebiets selbst. In ihrer Funktion als kirchliche Begräbnisstätte ist sie weder dem primären gewerblichen Nutzungszweck des Industriegebiets selbst noch der diesem Nutzungszweck entsprechenden tatsächlichen Bebauung auf den umliegenden Grundstücken zu- und untergeordnet (so die ständige Definition der Rechtsprechung, vgl. Nachweise bei Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 14 RdNr. 3). Vielmehr fehlt es an jeglichem Funktionszusammenhang zwischen dem industriegebietstypischen produzierenden Gewerbe und einer kirchlichen Begräbnisstätte, was zur Gebietsunverträglichkeit der Krypta führt (dazu nachfolgend). Die Krypta steht auch mit der kirchlichen Nutzung des Baugrundstücks selbst in keinem dienenden Zusammenhang. Nach der durch tatsächliche Gepflogenheiten und den aktuellen rechtlichen Rahmen geprägten Verkehrsanschauung sind Kirchen Versammlungsstätten von Menschen zum Zwecke der Andacht, des Gebets und der Zwiesprache mit Gott. Diesem Zweck zugeordnet sind, wie dargelegt, auch andere einem aktiven organisierten Gemeindeleben dienende Einrichtungen, wie sie zum Teil auch im Untergeschoss der Kirche der Klägerin genehmigt sind (Pfarrbüro, Gemeinderatssaal). Begräbnisstätten - auch für Priester - gehen über diesen Rahmen einer kirchlichen „Hilfsfunktion“ aber deutlich hinaus, sie sind diesen gegenüber ein kirchliches „aliud“ . Die Bestattung der Geistlichen in der eigenen Kirche - freilich auch damals nur höherer Würdenträger - mag in früheren Jahrhunderten üblich gewesen sein, sie entspricht der derzeitigen deutschen und europäischen Rechts- und Kirchenpraxis der großen christlichen Kirchen jedoch nicht mehr. Geistliche werden vielmehr grundsätzlich auf kommunalen oder auf kirchlichen Friedhöfen beigesetzt. Dies entspricht der auch verfassungsrechtlich abgesicherten Rechtslage, wie sie im Bestattungsrecht der meisten Länder ihren Niederschlag gefunden hat. Selbst in den syrisch-orthodoxen Gotteshäusern in Deutschland sind solche Einrichtungen bislang nicht anzutreffen. Sie werden vielmehr - wie seit vielen Jahren auch die Kirche der Klägerin - als Kirchen herkömmlicher Nutzungsbreite geführt.
III.
30 
Auch wenn sie als kirchliche „Hauptanlage“ unter den Nutzungskatalog der nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten fällt, ist die Krypta gleichwohl aus Rechtsgründen im (festgesetzten wie im faktischen) Industriegebiet unzulässig, weil sie gegen das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der Gebietsverträglichkeit verstößt.
31 
1. Das Merkmal der Gebietsverträglichkeit folgt aus dem typisierenden Ansatz der Baugebietsvorschriften in der BauNVO. Diese weisen den Baugebieten jeweils eine allgemeine Zweckbestimmung, eine typische Funktion, zu. Rechtssystematisch, teleologisch und funktional ist die Gebietsverträglichkeit untrennbar mit der jeweiligen spezifischen Zweckbestimmung des Baugebietstypus verbunden. Diese allgemeine Zweckbestimmung, den normtypischen Gebietscharakter des jeweiligen Baugebiets, hat der Verordnungsgeber jeweils in den Absätzen 1 der Baugebietsvorschriften umschrieben und dem Katalog der allgemein und ausnahmsweise zulässigen Nutzungen in den Absätzen 2 und 3 gleichsam „vor die Klammer gezogen“ eingrenzend vorangestellt. Die Gebietsverträglichkeit bildet demgemäß die Zulässigkeitsgrenze für die allgemein wie für die nur ausnahmsweise zulässigen Nutzungsarten der Baugebiete (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, NVwZ 2008, 786 sowie Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 1118 f.)
32 
Rechtsdogmatisch ist die Gebietsverträglichkeit der Prüfungsebene des § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO übergeordnet. Anders als bei letzteren kommt es auf die konkrete Bebauung in der Nachbarschaft, auf die konkrete Gebietseigenart und auf den konkreten Störungsgrad des Vorhabens für den Nachbarn nicht an. Das Korrektiv des § 15 Abs. 1 Satz 1 und 2 BauNVO greift erst ein, wenn es darum geht, die Genehmigung solcher Vorhaben zu versagen, die zwar nach Art, Größe, Störpotential oder Störungsempfindlichkeit den typischen Gebietscharakter nicht konterkarieren, jedoch nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets „vor Ort“ widersprechen bzw. für die Nachbarschaft mit unzumutbaren Belästigungen oder Störungen verbunden sind (vgl. eingehend BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 - 4 B 60.07 -, a.a.O.). So ist die Gebietsverträglichkeit solcher Vorhaben in Wohngebieten verneint worden, von denen eine allgemeine Unruhe ausgeht, die mit der typischen Zweckbestimmung der Gebiete (möglichst ungestörtes Wohnen) nicht vereinbar ist (BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008 a.a.O: Unzulässigkeit eines Dialysezentrums - Anlage für gesundheitliche Zwecke nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO - im WA; BVerwG, Urteil vom 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, NVwZ 2002, 118: Zustellstützpunkt der Deutschen Post - Anlage für Verwaltungen nach § 4 Abs. 3 Nr. 3 BauNVO - im WA). In den Gewerbegebieten hat die Rechtsprechung umgekehrt solche Vorhaben als gebietsunverträglich eingestuft, die aufgrund ihrer besonderen Störanfälligkeit oder ihrer „gewerbefremden“ Funktion mit der typischen Betriebsamkeit und Emissionsbelastung des gewerblichen Umfelds nicht vereinbar sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, VBlBW 1993, 49: Pensionsbetrieb im GE; BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499: Seniorenpflegeheim im GE). In der auch von den Beteiligten mehrfach zitierten Entscheidung über die Zulässigkeit einer Feuerbestattungsanlage (Krematorium) mit angeschlossenem Zeremonienraum im Gewerbegebiet hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt: Krematorien seien jedenfalls dann, wenn sie über einen Raum für Trauerfeierlichkeiten verfügten, für Gewerbegebiete nicht charakteristisch. Gewerbegebiete zeichneten sich dadurch aus, dass in ihnen gearbeitet werde, sie seien geprägt durch „werktägliche Geschäftigkeit“. Nach dem Leitbild der BauNVO seien sie den produzierenden und artverwandten Nutzungen vorbehalten. Demgegenüber handle es sich bei Krematorien mit einer angeschlossenen Pietätshalle um Orte, an denen die Hinterbliebenen in Ruhe, Besinnung und innerer Einkehr von den Verstorbenen Abschied nehmen wollten. Das nach herkömmlicher Anschauung erforderliche kontemplative Umfeld für eine pietätvolle Totenbestattung sei nicht gegeben. Dass derartige Krematorien nicht mit der typischen Funktion eines Gewerbegebiets im Einklang stehen, werde auch durch deren lediglich ausnahmsweise Zulassung in § 8 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO bestätigt (Beschluss vom 20.12.2005 - 4 B 71.05 -, ZfBR 2006, 262 f.; ebenso BayVGH im zugrunde liegenden Urteil vom 30.06.2005 - 15 BV 04.576 -, BauR 2005, 1884; a.A. teilweise OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 28.10.2005 - 8 B 11345/05 -, BauR 2006, 336).
33 
2. Gemessen daran ist auch die streitige Krypta (schon) auf der Ebene der Gebietsverträglichkeit unzulässig. Als Begräbnisstätte mit spezifischen Nutzungs- und Lagebedürfnissen ist sie mit der Zweckbestimmung und dem Charakter des umliegenden Industriegebiets städtebaulich nicht vereinbar. Auf diese Rechtsverletzung können sich auch die Gebietsanlieger, vornehmlich die Beigeladene zu 2., aber auch der Betreiber des östlich angrenzenden Holzverarbeitungsbetriebs, berufen (zum Nachbarschutz vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.02.2008, a.a.O.).
34 
a) Wie mehrfach dargestellt, dienen Industriegebiete nach § 9 Abs. 1 BauNVO ausschließlich der Unterbringung von Gewerbebetrieben und zwar vorwiegend solcher Betriebe, die in anderen Baugebieten (also auch in Misch- oder Gewerbegebieten) unzulässig sind. Hier finden - stärker noch als in Gewerbegebieten - mithin typischerweise gewerbliche Lebensbetätigungen mit der entsprechenden Betriebsamkeit von Arbeitnehmern, Kunden und Anlieferern sowie einer spezifischen „Unruhe“ durch den Gebietsverkehr mit hohem Lkw-Anteil statt. Sie müssen als Hauptnutzung gegenüber sonstigen - misch- oder gewerbegebietsverträglichen - Betrieben im Baugebiet überwiegend zulässig bleiben (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO, 11. Aufl., § 9 RdNr. 1.13). Zu dieser Hauptnutzung gehören im Grundsatz die nach den §§ 4 ff. BImSchG i.V.m. § 2 der 4. BImSchV genehmigungsbedürftigen Anlagen. Schichtarbeit nachts und an Wochenenden ist in Industriegebieten regelmäßig zulässig und findet auch in dem der Klägerin benachbarten Holzverarbeitungsbetrieb statt. Die „werktägliche Geschäftigkeit“ kann sich daher auch auf die üblichen Ruhezeiten und auf die Wochenenden erstrecken. Die vorhandenen Betriebe im Bebauungsplangebiet entsprechen der Nutzungsstruktur eines normtypischen Industriegebiets geradezu beispielhaft. Die vorhandene Kirche als einzige Ausnahmenutzung ist nicht geeignet, den ansonsten rein industriellen (Regel-)Gebietscharakter nach § 9 Abs. 1 BauNVO in Frage zu stellen.
35 
b) Mit dieser Gebietstypik verträgt sich die im Streit stehende Krypta mit 10 Begräbnisplätzen nicht. Es handelt sich um einen nur von außen über eine Tür auf der Südseite zugänglichen Raum; die Fläche östlich der Grabnischen steht für Trauernde und Betende zur Verfügung. Das Trauern und Gedenken findet entgegen dem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung nicht nur im Innern unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, sondern wird auch außerhalb des Kirchengebäudes bemerkbar sein. Dies ergibt sich aus den Äußerungen der Klägerin im Baugenehmigungsverfahren sowie aus den von ihr in Bezug genommenen externen Stellungnahmen zum Ritual des Totengedenkens. Danach soll das Gedenken „feierlich zelebriert“ (Bauantrag) und sollen die Toten mit gelegentlichen Feiern geehrt werden (Prof. ...). Nach Schilderung der Klägerin im Ausgangsverfahren 1994 ist es zudem Brauch der syrisch-orthodoxen Christen, nach jedem samstäglichen Abendgottesdienst vor den „Priestergruften“ Gedenkgebete zu zelebrieren und an bestimmten Sonntagen und an hohen kirchlichen Feiertagen die Gottesdienste mit einer feierlichen Prozession in die Krypta abzuschließen. Dass sich an diesem Brauch zwischenzeitlich Grundlegendes geändert hat, ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat auch nicht substantiiert erklärt, darauf verzichten zu wollen. Für die Gebietsverträglichkeit sind letztlich aber Quantität und Dauer der „externen“ Traueraktivitäten nicht ausschlaggebend. Entscheidend ist die funktionsgemäße städtebauliche Qualität der Krypta als Begräbnisstätte. Sie erfordert zum Schutz der Totenruhe wie zum Schutz der Trauernden ein ruhiges, pietätvolles Umfeld ohne unmittelbare Konfrontation mit dem Arbeitsalltag und immissionsintensiven Betrieben. Das Schutzbedürfnis ist bodenrechtlich dem eines Friedhofs durchaus vergleichbar. Auch dort werden die Toten häufig in einem Trauerraum im Inneren der Totenhalle oder der Friedhofskapelle aufgebahrt. Während dieser Zeit kann von ihnen Abschied genommen werden. Danach werden sie in Erd- oder Urnengräber überführt, wo ihrer jederzeit - auch mit Gedenkgottesdiensten - gedacht werden kann. Zum Schutz der Totenruhe, der Würde des Anlasses und Ortes hat dies alles in einer ruhigen, der Besinnung und inneren Einkehr angemessenen Umgebung zu geschehen (vgl. Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Aufl., S. 40). Das Bauplanungsrecht trägt dem durch zweckentsprechende Regelungen für die Bauleitplanung Rechnung (vgl. auch den Hinweis in BVerwG, Beschluss vom 20.12.2005, a.a.O.). So können gemeindliche oder kirchliche Friedhöfe als öffentliche oder private Grünflächen nach § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB ausgewiesen und innerhalb dieser können die zugehörigen Gebäude (Leichenhalle, Kapelle) mittels Baufenstern für Gemeinbedarfsanlagen festgelegt werden; zudem kann durch die Anordnung von Bepflanzungen und Bauverbotsflächen gesichert werden, dass die räumlich und optisch erforderlichen Schutz- und Freiräume im Umfeld gewährleistet sind. Flächen für Kirchen mit umgebenden Bestattungseinrichtungen (Gemeindefriedhof oder Bestattungsräume) können gegebenenfalls auch als Sondergebiete nach § 11 Abs. 1 BauNVO festgelegt werden, da sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 10 BauNVO wesentlich unterscheiden. Kleinere gebäudeinterne Bestattungseinrichtungen können schließlich auch durch Ausweisung einer isolierten Gemeinbedarfsfläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 5 BauGB mit konkretem Nutzungseinschrieb festgelegt werden. Schließlich sind wie oben bereits dargelegt, die im Bestattungsgesetz normierten Abstandsvorschriften in den Blick zu nehmen, die Ausdruck städtebaulicher Leitvorstellungen sind. Nach § 3 BestattG ist bei der Anlegung oder Erweiterung von Friedhöfen unter anderem zu Gewerbe- und Industriegebieten ein ausreichender Abstand einzuhalten. Hieraus folgt, dass Friedhöfe erst Recht innerhalb solcher Gebiete grundsätzlich unzulässig sind. Gleiches gilt für die Errichtung privater Bestattungsplätze nach § 9 BestattG, auf die § 3 BestattG entsprechend anzuwenden ist (vgl. § 9 Abs. 3 BestattG). Das den §§ 3, 9 Abs. 3 BestattG zu entnehmende planerische Trennungsgebot zwischen Bestattungsanlagen und Gewerbegebieten entspricht nicht nur den gängigen kulturellen und sozialen Bedürfnissen der Bevölkerung (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB), sondern auch dem wohlverstandenen Interesse der Kirchen und Religionsgemeinschaften (§ 1 Abs. 6 Nr. 3 BauGB). Deren schützenswerte Interessen an der (städtebaulichen) Gewährleistung von Gottesdienst und Seelsorge werden dadurch nicht geschmälert. Dies gilt auch für die Klägerin.
IV.
36 
Angesichts der Gebietsunverträglichkeit der Krypta kommt es auf die Frage, ob sie darüber hinaus auch gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO in unmittelbarer oder (über § 34 Abs. 2 BauGB) mittelbarer Anwendung verstößt, nicht mehr an. Der Senat merkt zur Vermeidung weiterer Streitigkeiten gleichwohl an, dass ein solcher Verstoß zu bejahen wäre. Die Krypta als Begräbnisstätte dürfte nach ihrer Zweckbestimmung als letzte Ruhestätte der Eigenart des Baugebiets bei Gültigkeit wie bei Ungültigkeit des Bebauungsplans widersprechen. Auch hierauf könnten sich die Gebietsanlieger im Rahmen ihres Gebietserhaltungsanspruchs berufen (BVerwG, Beschluss vom 26.08.2009, a.a.O. m.N.).
37 
1. Die „Eigenart“ eines Baugebiets ergibt sich, anders als die Gebietsverträglichkeit, nicht allein aus den typisierenden Regelungen der BauNVO, sondern bedarf des Blicks auf die konkrete Ausgestaltung des Baugebiets. Bei beplanten Gebieten lässt sich die Eigenart erst bestimmen, wenn zusätzlich auch die jeweilige örtliche Situation, in die das Gebiet „hineingeplant“ worden ist, und der jeweilige Planungswille der Gemeinde berücksichtigt werden, soweit dieser in den Festsetzungen und in der Planbegründung zum Ausdruck gekommen ist; bei unbeplanten (faktischen) Baugebieten nach § 34 Abs. 2 BauGB ist dementsprechend auf den sich aus den örtlichen Verhältnissen ergebenden besonderen Gebietscharakter des konkreten Baugebiets abzustellen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376; Beschluss vom 29.07.1991 - 4 B 40.91 -, BauR 1991, 714). § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Ausdruck des nachbarlichen Gebietserhaltungsanspruchs; die Vorschrift dient der Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung des Gebiets und verlangt nicht, dass andere Gebietsanlieger unzumutbar beeinträchtigt sein müssen (BVerwG, Beschluss vom 13.05.2002 - 4 B 86.01 -, BauR 2002, 1499). Damit überschneidet sich der Schutzzweck „Aufrechterhaltung der gebietstypischen Prägung“ in § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO mit dem Anwendungsbereich des Grundsatzes der Gebietsverträglichkeit. Dessen Erwägungen zum typischen Charakter eines Baugebiets sind bei Beurteilung der örtlichen Verhältnisse im Plangebiet in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss des Senats vom 26.08.2009 - 3 S 1057/09 -, juris). Dies hat zur Konsequenz, dass in Fällen, in denen die Eigenart des konkreten örtlichen Baugebiets unter Berücksichtigung der oben genannten Kriterien bzw. der im Planvollzug verwirklichten Nutzungen nicht von seiner vom Normgeber gewollten typischen Zweckbestimmung abweicht, ein nicht gebietsverträgliches Vorhaben grundsätzlich auch der Gebietseigenart nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO widerspricht.
38 
2. So liegt der Fall hier. Weder die Festsetzungen noch die Begründung des hier maßgeblichen Bebauungsplans „Industriegebiet“ vom 06.11.1970 enthalten Hinweise für die Absicht des Plangebers, das Baugebiet in einer vom Regelfall des § 9 Abs. 1 BauGB abweichenden Weise auszugestalten. Auch die seither verwirklichten Gewerbebetriebe in der näheren und weiteren Umgebung der Kirche lassen eine geradezu „klassische“ Industriegebietsnutzung erkennen. Dies wurde an anderer Stelle dargelegt, hierauf wird verwiesen. Auch bei der Prüfung nach § 34 Abs. 2 BauGB ist von einer Identität zwischen der regeltypischen Beschaffenheit und der konkreten Eigenart des Gebiets auszugehen, ohne dass die vorhandene Kirche als - einzige - Ausnahmenutzung daran etwas ändert.
V.
39 
Die nach all dem aus Rechtsgründen unzulässige Krypta kann auch nicht im Wege einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB genehmigt werden. Zunächst spricht alles dafür, dass diese private Bestattungsanlage schon die Grundzüge der Planung berührt, die - nach dem Maßstab zum Zeitpunkt des Planerlasses im Jahr 1970 (vgl. dazu Senatsurteil vom 13.06.2007 - 3 S 881/06 -, VBlBW 2007, 385) -, aber auch nach der tatsächlichen Bebauung auf ein typisches, die gewerbliche Nutzungsbreite voll ausschöpfendes Industriegebiet ohne konfliktträchtige Ausnahmenutzungen gerichtet war. Jedenfalls führt der Verzicht auf die Krypta aber weder zu einer baugrundstücksbezogenen Härte (§ 31 Abs. 2 Nr. 3 BauGB) noch ist diese Bestattungseinrichtung innerhalb des Industriegebiets städtebaulich vertretbar (§ 31 Abs. 2 Nr. 2 BauGB). Die hier vorliegende (städtebauliche) Gebietsunverträglichkeit des Vorhabens schließt es aus, dieses im Widerspruch dazu auf der Befreiungsebene als städtebaulich vertretbar zu bewerten (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.02.2000 - 4 C 23.98 -, NVwZ 2000, 1054). Schließlich erfordern es auch Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht, dass die Krypta trotz ihrer bauplanungsrechtlichen Unzulässigkeit an der vorgesehenen Stelle eingerichtet wird. Dies gilt auch bei Bewertung der Grabstättennutzung im Licht der Art. 4 und 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in ihrer Funktion als im Genehmigungsverfahren zu beachtende objektivrechtliche Wertentscheidungen.
40 
1. a) Was das - einheitliche - Grundrecht der Glaubensfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG betrifft, zu dem auch die freie Religionsausübung gehört, dürfte dessen Schutzbereich hier berührt sein. Dabei ist zum einen auf die Gemeindemitglieder der Klägerin einschließlich der Geistlichen als individuelle Grundrechtsträger, zum anderen auf die Klägerin als religiös-kirchlicher Verein, als kollektive Grundrechtsträgerin, abzustellen (vgl. dazu Rechtsprechungsnachweise bei Jarras/Pieroth, Komm. zum GG, 8. Aufl., Art. 4 RdNrn. 18, 19). Zu den geschützten Tätigkeiten der Gemeindemitglieder - gleich ob Angehörige der großen Kirchen oder kleinerer Glaubensgemeinschaften - gehören insbesondere die zum Bekenntnis des Glaubens erforderlichen kultischen Handlungen sowie religiöse Feiern und Gebräuche. Diese glaubensbezogenen Handlungen im engeren Sinn sind durch die versagte Krypta wohl nicht berührt. Denn das Beten, Gedenken und Trauern um Verstorbene - auch um verstorbene Geistliche - wird den syrisch-orthodoxen Gemeindemitgliedern nicht vorenthalten, sie können diese Tätigkeiten jederzeit ohne weiteres auch in der Kirche ausüben. Auch Prozessionen zum Gedenken an verstorbene Pfarrer sind ohne die Krypta möglich. Über diesen engeren Bereich der Religionsausübung hinaus schützt Art. 4 Abs. 1 GG auch „das Recht des Einzelnen, sein gesamtes Verhalten an den Lehren seines Glaubens auszurichten und dieser Überzeugung gemäß zu handeln“ (ständige Formel des Bundesverfassungsgerichts, vgl. z.B. Beschluss vom 17.12.1975 - 1 BvR 63/68 -, BVerfGE 41, 29). Auch die Klägerin selbst, deren Zweck die Pflege und Förderung des christlichen Glaubens in seiner syrisch-orthodoxen Ausprägung ist, kann sich grundsätzlich auf die Religionsausübung in diesem Umfang einschließlich der eigenen innerkirchlichen Organisationsfreiheit (Art. 137 Abs. 3 WRV) sowie nach außen gerichteter glaubensbezogener Tätigkeiten berufen, soweit sie sich im Rahmen des kirchlichen Aufgabenbereichs halten. Verhaltensregeln einer Religionsgemeinschaft müssen sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als „zwingend“ dergestalt erweisen, dass sie dem Betroffenen eine ansonsten unausweichliche seelische Bedrängnis ersparen (vgl. Urteil vom 23.11.2000 - 3 C 40.99 -, BVerwGE 112, 227 = NJW 2001, 1225; vgl. auch Urteil vom 26.06.1974 - VII C 36.72 -, BVerwGE 45, 224 m.w.N.). Bei dem gebotenen weiten Verständnis des Art. 4 GG sind allerdings auch unterhalb dieser Schwelle zwingender religiöser Gebote liegende Regeln, Traditionen oder Gebräuche einer Religionsgemeinschaft nicht schutzlos. Ihre geringere Schutzwürdigkeit führt jedoch zu geringeren Anforderungen auf der Ebene der (verfassungsimmanenten) Schranken.
41 
b) An diesen Vorgaben gemessen bewertet der Senat das Bedürfnis, über eine Krypta zur Bestattung der Gemeindepriester in der eigenen Kirche zu verfügen, zwar als einen vom Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und 2 und Art. 137 Abs. 3 WRV i.V.m. Art. 140 GG erfassten Teil des traditionellen Ritus der syrisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaft, nicht jedoch als einen aktuellen zwingenden Bestandteil der Religionsausübung im engeren Sinn. Allerdings spricht einiges dafür, dass die Begräbnisregel insofern hohe religiöse Bedeutung hat, als es verboten ist, syrisch-orthodoxe Priester zusammen mit den Gemeindeangehörigen auf normalen Friedhöfen zu bestatten und stattdessen die Verpflichtung besteht, diesen Personenkreis in einem geweihten kirchlichen Bestattungsraum beizusetzen, während dieses Privileg einem Laien verschlossen ist „selbst wenn er König wäre“. Dieses Kirchenbestattungsgebot für Priester wird in den von der Klägerin vorgelegten Stellungnahmen jedenfalls übereinstimmend bestätigt (vgl. insbesondere die Stellungnahme der Theologen Prof. Dr. ... vom 10.03.1995 und Prof. Dr. ... vom 06.03.1995). Um dieses allgemeine priesterliche Kirchenbestattungsgebot/Friedhofsbestattungsverbot geht es hier aber nicht. Dieses Gebot kann ungeachtet der hier streitigen Genehmigung eingehalten werden, da syrisch-orthodoxe Priester in Deutschland ersichtlich von der Bestattungspflicht auf Friedhöfen befreit sind und stattdessen dem religiösen Ritus gemäß unter einem Kirchaltar in einer Klosteranlage in den Niederlanden beigesetzt werden dürfen (vgl. dazu auch den von der Klägerin vorgelegen Schriftverkehr mit niederländischen Behörden). Dass die Beisetzung der Priester darüber hinaus zwingend, d.h. mit derselben Verpflichtungskraft, gerade auch in der „Hauskirche“ erfolgen muss, wird von den Sachverständigen indessen nicht eindeutig bekundet. Der Patriarchalvikar weist in seinem Schreiben vom 26.03.2006 vor allem auf die Traditionen in früheren Zeiten hin und auch sein Schreiben vom 08.09.2009 legt die Bedeutung der „Hausbeisetzung“ nicht hinreichend dar. Gegen den zwingenden Charakter der „Hausbeisetzung“ sprechen vor allem aber die Aussagen und das Verhalten der Klägerin selbst. So haben die Vertreter der Klägerin im Zuge ihres ersten Bauantrags (für die Kirche mit Krypta) darauf hingewiesen, dass die Beisetzung der Priester norddeutscher Gemeinden im Kloster St. Ephrem in Glane-Losser/Niederlande praktiziert werde, diese Praxis ihr selbst wegen der großen Entfernung von fast 500 km aber nicht zugemutet werden könne (Widerspruch vom 20.01.1994). Diese Argumentation kann der Senat gut nachvollziehen, sie lässt aber erkennen, dass die Bestattung der Gemeindepriester auch außerhalb der eigenen Kirche als zwar nicht der heimischen Tradition gemäß, gleichwohl aber innerhalb angemessener Entfernung noch als hinnehmbar angesehen wurde. Dementsprechend hat die Klägerin sich im Anschluss mit der Genehmigung auch nur des Kirchenbaus ohne Krypta begnügt und die Kirche sodann gebaut und genutzt. Hätte der Verzicht auf die Hausbeisetzung die Klägerin in seelische Bedrängnis gebracht, hätte sie auf den Bau an der vorgesehenen Stelle im Industriegebiet verzichtet und sich um einen anderen Bauplatz bemüht. Zu berücksichtigen ist ferner die Erklärung der Vereinsvertreter der Klägerin während des Nachtragsbaugenehmigungsverfahrens, wonach die im norddeutschen Raum liegenden syrisch-orthodoxen Gemeinden „aufgrund der Nähe“ zu dem niederländischen Kloster „keine Notwendigkeit (hätten), sich Gedanken über eine Krypta zu machen“ (Schreiben an die Beigeladene zu 1. vom 23.09.2005). Diese Äußerung belegt nochmals deutlich, dass die Klägerin der Hausbestattung jedenfalls keine zwingende Bedeutung beimisst.
42 
2. Der trotz dieses geringeren Stellenwerts der Hausbestattung verbleibende Eingriff in die Religionsausübungsfreiheit durch Versagung der Baugenehmigung ist gerechtfertigt. Die Krypta erfordert, wie dargelegt, ein städtebauliches Umfeld der Ruhe und Andacht, um der Totenruhe und der Würde der Toten Rechnung zu tragen. Dieses Umfeld ist in dem Industriegebiet weder nach seiner Typik noch nach seiner Eigenart gewährleistet. Zudem befindet sich die Krypta auch nur wenige Meter von der Grenze zum östlichen Nachbargrundstück und nur ca. 17 m von der dortigen großen Produktionshalle entfernt, in der auch im Schichtbetrieb gearbeitet wird, wobei teilweise auch Lkw-Verkehr im Grenzbereich stattfindet. Diese Situation widerspricht der Würde der in solchem Umfeld bestatteten Toten in hohem Maße. Insofern wird der Achtungsanspruch der Verstorbenen verletzt, der sich nachwirkend aus dem Grundrecht des Art. 1 Abs. 1 GG ergibt (BVerfG, Urteil vom 24.02.1971 - 1 BvR 435/68 -, BVerfGE 30, 173 = NJW 1971, 1645). Darüber hinaus wird bei objektiver Betrachtung auch das durch Art. 1 Abs. 1 GG geschützte Recht der Angehörigen und Trauernden auf ein würdevolles Gedenken beeinträchtigt. Diese verfassungsimmanente Schranke setzt sich gegenüber der Beeinträchtigung der Religionsausübungsfreiheit durch und ist auch verhältnismäßig. Dabei ist besonders zu berücksichtigen, dass die Krypta keinesfalls nur am vorgesehenen Ort verwirklicht, sondern (zusammen mit der Kirche) an anderer geeigneter Stelle errichtet werden könnte oder damals hätte errichtet werden können. Wie dargelegt, bietet das Planungsrecht zahlreiche Möglichkeiten, um städtebaulich die Grundlagen für eine der Totenruhe angemessene pietätvolle Begräbnisstätte zu schaffen.
VI.
43 
Die Ablehnung der Krypta im vorliegenden Fall verstößt auch nicht gegen das spezielle Gleichheitsgrundrecht nach Art. 3 Abs. 3 GG. Die Klägerin wird dadurch nicht wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Anschauungen gegenüber den großen christlichen Kirchen benachteiligt. Das Nutzungsverbot zielt zunächst nicht auf die kirchliche Ausrichtung der Klägerin ab, sondern soll allein dem Schutz einer angemessenen und würdigen Totenruhe dienen. Der Senat vermag insbesondere aber keine diskriminierende Ungleichbehandlung im Verhältnis zur - allein in Betracht kommenden - katholischen Kirche zu erkennen. Katholische Gemeindepriester werden seit langem auf kirchlichen oder kommunalen Friedhöfen bestattet, private Bestattungsplätze in Kirchen werden ihnen aus den gleichen städtebaulichen Gründen verweigert oder gewährt wie der Klägerin. Die Situation, dass früher hohe Würdenträger in ihren Kirchen beigesetzt werden durften und dass diese Bestattungsart - traditionell nachwirkend - auch heute noch gelegentlich mit behördlicher Gestattung durchgeführt wird, ist mit dem hier in Rede stehenden Sachverhalt weder personell („einfacher“ Geistlicher) noch räumlich (Lage der Kirche im Industriegebiet) vergleichbar.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 2. hat diese aus Billigkeitsgründen selbst zu tragen, da sie in beiden Rechtszügen keine Anträge gestellt und damit auch kein Kostenrisiko auf sich genommen hat.
45 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage zuzulassen, ob und unter welchen Voraussetzungen Begräbnisstätten für Priester innerhalb einer Kirche in typischen Industrie- oder Gewerbegebieten bauplanungsrechtlich zulässig sind. Diese Frage ist, wie der vorliegende Fall zeigt, über den Einzelfall hinaus bedeutsam.
46 
Beschluss vom 04. November 2009
47 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 52 Abs. 2, 47 Abs. 1 und 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
48 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 2. März 2009 - 3 K 230/08 - wird abgelehnt.

Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 30.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), besondere rechtliche Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) der Rechtssache sowie Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) gestützte Antrag hat aus den von den Klägern dargelegten, nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO indes allein maßgeblichen Gründen keinen Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Gerichtsentscheidung sind begründet, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten derart in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschl. v. 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392), dass ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens möglich erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, Buchholz 310 § 124 VwGO Nr. 32).
Entsprechende Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils, mit dem die Verpflichtungsklage der Kläger auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Nutzungsänderung ihres Gebäudes „N. U.-straße 8“ in ein Hotel abgewiesen wurde, lassen sich der Antragsbegründung nicht entnehmen.
Soweit die Kläger den dem angefochtenen Urteil zugrunde liegenden Rechtssatz in Frage zu stellen versuchen, dass ein Beherbergungsbetrieb wegen seines typischen Erscheinungsbildes, insbesondere wegen der typisierenden Standortanforderungen, der (allgemeinen) Zweckbestimmung eines Industriegebiets in der Regel nicht entspreche und anderes allenfalls dann gelten könne, wenn ein solcher Besonderheiten aufweise, die ihn von den typischen Beherbergungsbetrieben unterschieden (vgl. UA, S. 11 oben), muss dies erfolglos bleiben. Den beanstandeten Rechtssatz hat das Verwaltungsgericht in konsequenter Anwendung der (neueren) Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. hierzu insbes. BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 -, BVerwGE 68, 207, Urt. v. 29.04.1992 - 4 C 43.89 -, BVerwGE 90, 140, Urt. v. 21.03.2002 - 4 C 1.02 -, BVerwGE 116, 155) zu dem von ihm entwickelten, auf der typisierenden Betrachtungsweise aufbauenden eingrenzenden Kriterium der Gebietsverträglichkeit aufgestellt (vgl. Fickert/Fieseler, BauNVO 11. A. 2008, Vorbem. 9.2; Ziegler in: Brügelmann, BauGB , § 1 BauNVO Rn. 44 ff.; ausführlich hierzu Stühler, BauR 2007, 1350 ff.). Das von den Klägern demgegenüber herangezogene, diesen Grundsatz noch nicht berücksichtigende Urteil des beschließenden Gerichtshofs vom 07.11.1974 - VIII 1054/745 -, ESVGH 25, 232), wonach ein Beherbergungsbetrieb in einem Industriegebiet allgemein zulässig sei, sofern dadurch nicht der Gebietscharakter verändert werde, ist insoweit überholt.
Soweit die Kläger weiter geltend machen, dass auch ausgehend von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.04.1992 (a.a.O.) nicht ersichtlich sei, warum ihr Bauvorhaben in dem konkreten Industriegebiet nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO nicht allgemein zulässig sein solle, nachdem es sich von dem vom Bundesverwaltungsgericht in einem Gewerbegebiet als zulässig angesehenen Beherbergungsbetrieb nicht unterscheide, führt auch dies - zumal vor dem Hintergrund der Feststellungen des Verwaltungsgerichts (vgl. UA. S. 11) - auf keine ernstlichen Zweifel. So zeigen die Kläger schon nicht auf, warum den Gästen eines „größeren Hotels mit regelmäßiger kurzer Verweildauer“ bzw. einer „kerngebietstypischen Beherbergungsstätte“ ggf. nicht nur die typischen Belästigungen eines Gewerbegebiets, sondern auch diejenigen eines Industriegebiets mit den dort zulässigen erheblich belästigenden Gewerbebetrieben zugemutet werden könnten. Im Hinblick auf den den Indu-striegebieten zukommenden Zweck, der Unterbringung vorwiegend solcher Gewerbebetriebe zu dienen, die in anderen Baugebieten unzulässig sind (vgl. § 9 Abs. 1 BauNVO), kann solches allenfalls beim Vorliegen noch weiterer Besonderheiten in Betracht kommen (vgl. zur Frage der Zulässigkeit eines Bordells im Industriegebiet BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 -, BVerwGE 68, 213). Inwiefern solche entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts darin begründet sein könnten, dass das Gebäude, dessen Umnutzung in Rede steht, „mit Schallschutzfenstern ausgestattet ist“, zeigen die Kläger nicht auf. Dass es bei der Frage der Gebietsverträglichkeit hierauf nicht entscheidend ankommen kann, folgt im Übrigen bereits daraus, dass hierfür - auch im Interesse einer geordneten städtebaulichen Entwicklung - die typische bzw. eine sich davon ggf. unterscheidende Nutzungsweise des jeweiligen Gewerbebetriebs und nicht nur dessen Immissionsverträglichkeit maßgebend ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 64.79 -, a.a.O.); insbesondere kann nicht entscheidend sein, ob ein störungsempfindlicher, nicht erheblich belästigender Gewerbebetrieb im Einzelfall tatsächlich keinen die maßgeblichen immissionsschutzrechtlichen Lärmwerte überschreitenden Immissionen ausgesetzt ist (vgl. zum umgekehrten Fall eines störenden Betriebs BVerwG, Urt. v. 21.03.2002, a.a.O.). Entgegen der Auffassung der Kläger folgt auch für das hier in Rede stehende konkrete Industriegebiet nichts anderes, da dessen allgemeine Zweckbestimmung durch keine differenzierenden Festsetzungen nach § 1 Abs. 4 ff. BauNVO modifiziert ist, welche die Ansiedlung störungsempfindlicher Gewerbebetriebe erleichterten. Vielmehr können nach dem maßgeblichen Bebauungsplan Nr. 614 vom 30.11.1984 Anlagen nach § 9 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO noch nicht einmal ausnahmsweise zugelassen werden; dass dies gleichermaßen für alle Industriegebiete der Beklagten gilt, ändert daran nichts. Dass sich aus dem konkreten Standort des Vorhabens anderes ergäbe, geht aus der Antragsbegründung ebenso wenig hervor. Inwiefern ungeachtet der im Urteil getroffenen Feststellungen von einer – etwa von der Rücksichtnahme auf ein benachbartes schutzwürdigeres Baugebiet geprägten – „Randlage“ auszugehen wäre, lässt die Antragbegründung nicht erkennen. Die aufgrund der errichteten Gewerbebetriebe entstandene konkrete Eigenart des Industriegebiets ist schließlich, worauf bereits das Verwaltungsgericht hingewiesen hat (UA, S. 12), für den Gebietscharakter eines Industriegebiets nicht bestimmend (vgl. hierzu Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautz-berger, BauGB § 1 BauNVO Rn. 10), da sie sich jederzeit ändern kann.
Dass das Verwaltungsgericht in einem weiteren Urteil vom 02.03.2009 – 3 K 484/08 – die Einrichtung eines Bordells in demselben Gebäude für allgemein zulässig angesehen haben mag (vgl. demgegenüber BVerwG, Urt. v. 25.11.1983 - 4 C 21.83 -, a.a.O.), vermag an der Richtigkeit des vorliegend angefochtenen Urteils von vornherein keine ernstlichen Zweifel zu begründen.
2. Dass die Rechtssache besondere rechtliche Schwierigkeiten i. S. des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO aufwiese, geht aus der Antragsbegründung ebenso wenig hervor. Hinsichtlich welcher konkreten Rechtsfrage ein besonderer Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils vorläge, zeigt die Antragsbegründung im Übrigen nicht auf. Vielmehr stellt das Verwaltungsgericht im gebotenen Umfang zunächst die einschlägige Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dar und wendet diese sodann konsequent auf den vorliegenden Einzelfall an. Einer rechtlichen Auseinandersetzung mit der durch diese Rechtsprechung überholten abweichenden Entscheidung des beschließenden Gerichtshofs bedurfte es dabei nicht, weshalb sich auch daraus keine besonderen Schwierigkeiten herleiten lassen.
3. Der Rechtssache kommt auch nicht die geltend gemachte „grundsätzliche Bedeutung“ zu (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine solche kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine fallübergreifende, bisher noch nicht grundsätzlich geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung in einem Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung geboten erscheint (vgl. BVerwG, Beschl. v. 02.10.1961 - VIII B 78.61 -, BVerwGE 13, 90 <91 f.>; Urt. v. 31.07.1984 - 9 C 46.84 -, BVerwGE 70, 24 <26>).
Soweit die Kläger für grundsätzlich klärungsbedürftig halten,
10 
„ob ein Beherbergungsbetrieb/Hotel in einem Industriegebiet gemäß § 9 BauNVO in der Regel unzulässig und nur dann zulässig ist, wenn das geplante Hotel Besonderheiten aufweist, die es von typischen Beherbergungsbetrieben/Hotels unterscheidet oder aber solange (grundsätzlich) zulässig ist, als er/es zusammen mit anderen nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben nicht überwiegt und dadurch den Gebietscharakter verändert“,
11 
lässt sich diese Frage bereits durch die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, insbesondere das Urteil vom 29.04.1992 (a.a.O.), im ersteren Sinne bejahen. Dass dieses Urteil die grundsätzliche Zulässigkeit eines Beherbergungsbetriebs in einem Gewerbebetrieb betraf, ändert an der Allgemeingültigkeit der darin enthaltenen Rechtssätze nichts.
12 
4. Auch eine die Zulassung der Berufung rechtfertigende „Abweichung“ von einer Entscheidung des beschließenden Gerichtshofs (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) liegt nicht vor, da das von den Klägern bezeichnete Urteil vom 07.11.1974 (a.a.O.) aufgrund der späteren ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum eingrenzenden Kriterium der Gebietsverträglichkeit überholt ist (vgl. BVerwG, 23.03.2009 - 8 B 2.09 -, GewArch 2009, 796, Beschl. v. 17.04.1991 - 5 B 55.91 -, Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 300).
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 159 Satz 2, die Festsetzung des Streitwerts auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 09. Januar 2012 - 5 K 2279/11 - wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, als Gesamtschuldner.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss vom 09.01.2012 ist statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klage der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 15.06.2011 i.d.F. des Widerspruchsbescheids vom 05.08.2011 aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Auch nach Auffassung des Senats kommt dem Interesse der Beigeladenen an der - dem gesetzlichen Regelfall entsprechenden - sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung Vorrang vor dem Interesse der Antragsteller an einem vorläufigen Baustopp zu. Nach derzeitigem Erkenntnisstand und nach der im Eilverfahren allein möglichen und gebotenen Prüfung der Sach- und Rechtslage wird die Klage mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen Erfolg haben. Denn die genehmigten zwei Mehrfamilienwohnhäuser (Haus 1 mit acht und Haus 2 mit sechs Wohneinheiten) mit vier offenen Stellplätzen und einer Tiefgarage auf dem derzeit unbebauten Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in Müllheim verstoßen nicht gegen bauplanungsrechtliche Vorschriften, die zumindest auch dem Schutz der Antragsteller als Eigentümer des östlich angrenzenden und mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ... (G... ...) zu dienen bestimmt sind.
Zur Begründung nimmt der Senat auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), wobei davon auszugehen ist, dass die Antragsteller mit ihrem Vorbringen nicht nach § 55 Abs. 2 Satz 2 LBO präkludiert sind und daher Anspruch auf volle Überprüfung ihrer Einwendungen haben. Ergänzend und in Würdigung des Beschwerdevorbringens der Antragsteller ist Folgendes auszuführen:
I.
Die Antragsteller halten dem Verwaltungsgericht zusammengefasst vor, es hätte die Prüfung des - im unbeplanten Innenbereich von Müllheim innerhalb einer Baulücke gelegenen - Vorhabens auf seine objektive Rechtmäßigkeit nach § 34 Abs. 1 BauGB nicht offen lassen dürfen. Das Gericht hätte diese Frage vielmehr notwendigerweise prüfen und als Prüfungsergebnis zwingend verneinen müssen, da die genehmigten Gebäude in ihrer Massivität, Lage und Wohnungszahl in der durch großzügige Einfamilienhausbebauung gekennzeichneten Umgebung beispiellos seien und eine irreversible Verfremdung des bislang harmonischen und völlig spannungsfreien Baugebiets einleiteten. Dieser massive Verstoß gegen das objektiv-rechtliche Einfügensgebot löse unmittelbare Abwehransprüche für sie als Angrenzer aus, ohne dass es eines Rückgriffs auf die Voraussetzungen des Rücksichtnahmegebots bedürfe. Im Übrigen wirkten sich die beiden Häuser aber auch rücksichtslos erdrückend und einmauernd auf ihr nur bescheiden bebautes Wohngrundstück aus, ohne dass es auf die Einhaltung der bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften ankomme, da diese nur „technisches Recht“ umsetzten und nachbarliche Belange nur untergeordnet berücksichtigten.
II.
Dem ist im dogmatischen Ansatz und im Ergebnis nicht zu folgen:
1. a) In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass § 34 Abs. 1 BauGB, wonach sich ein Vorhaben nach Art und Maß der baulichen Nutzung, nach der Bauweise und nach seiner überbauten Grundstücksfläche in die jeweils maßgebliche nähere Umgebung einzufügen hat, d.h. sich in dem jeweils prägenden Rahmen halten muss und diesen Rahmen nur bei Vermeidung städtebaulicher Spannungen überschreiten darf, unmittelbar keine drittschützende Wirkung entfaltet. Unmittelbarer Drittschutz gegen Gebietsveränderungen steht Gebietsanliegern nur im Anwendungsbereich des § 34 Abs. 2 BauGB zu, wenn die nähere Umgebung der Nutzungsart nach einem der gesetzlich vorgeformten Gebiete nach §§ 2 ff. BauNVO entspricht. Sie können in diesem Fall nach ihrer Nutzungsart unzulässige Vorhaben abwehren, ohne sich auf die qualifizierten Anforderungen des Rücksichtnahmegebots verweisen lassen zu müssen (sog. Gebietserhaltungs- oder Gebietsbewahrungsanspruch, vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 16.12.2008 - 4 B 68.08 -, ZfBR 2009, 376 f. sowie Urteil vom 16.09.1993 - 4 C 28.91 -, BVerwGE 94, 151 ff. = NJW 1994, 1546 ff.).
Nur in diesem Sonderfall des § 34 Abs. 2 BauGB gesteht der Gesetzgeber, beschränkt auf die Art der baulichen Nutzung auf Nachbargrundstücken, den Bewohnern unbeplanter und beplanter Gebiete unter dem Gesichtspunkt der „Schicksalsgemeinschaft“ gleiche - unmittelbare - Abwehrrechte zu. Für die übrigen Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB (Nutzungsmaß, Bauweise, über- baubare Grundstücksfläche) gilt dies nicht. Dies verkennen die Antragsteller. Nachbarschützende Wirkung kommt Verstößen gegen diese Merkmale nur mittelbar über das im Begriff des „Einfügens“ aufgehende Gebot der Rücksichtnahme zu. Dieses ist verletzt, wenn ein Vorhaben es trotz Einhaltung des Umgebungsrahmens hinsichtlich eines oder mehrerer der Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB „an der gebotenen Rücksichtnahme auf die sonstige, d.h. vor allem auf die in seiner unmittelbaren Umgebung vorhandene Bebauung fehlen lässt“ (so bereits BVerwG, Urteil vom 26.05.1978 - 4 C 9.77 -, BVerwGE 55, 369, 386). Das Rücksichtnahmegebot hat insoweit zunächst objektiv-rechtliche Bedeutung. Nachbarschutz vermittelt es nur insoweit, als - mit den Worten des Bundesverwaltungsgerichts - „in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise auf schutzwürdige Interessen eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter“ Rücksicht zu nehmen ist (st. Rpr. zu. § 34 Abs. 1 BBauG wie zu § 34 Abs. 1 BauGB; vgl. dazu etwa BVerwG, Urteil vom 13.03.1981 - 4 C 1.78 -, BauR 1981, 354 ff. sowie Beschluss vom 20.01.1992 - 4 B 229.91 -, juris). An dieser Unterscheidung zwischen objektiv-rechtlicher und subjektiv-rechtlicher Ausprägung des Rücksichtnahmegebots ist rechtsdogmatisch bis heute festzuhalten, auch wenn in der Praxis beide Komponenten meist zusammenfallen und sich daher eine zweistufige Prüfung erübrigt. In Nachbarrechtsverfahren kommt es jedenfalls allein darauf an, ob sich ein Vorhaben in der dargelegten qualifizierten Art und Weise rücksichtslos, d.h. unzumutbar auswirkt. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats - bezogen auf die Merkmale des § 34 Abs. 1 BauGB - unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls - insbesondere der tatsächlichen und rechtlichen Vorbelastung der Grundstücke und des Gebiets, der tatsächlichen und rechtlichen Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des Bauherrn und des Nachbarn sowie der Art und Intensität aller in Betracht kommenden städtebaulich relevanten Nachteile - zu beurteilen (vgl. etwa Beschlüsse vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff. und vom 16.2.1990 - 3 S 155/90 -, juris).
2. Gemessen an diesen Grundsätzen, an denen festzuhalten ist, war das Verwaltungsgericht nicht zu einer vollumfänglichen und abschließenden Prüfung der streitigen Mehrfamilienhäuser am objektiv-rechtlichen Maßstab des § 34 Abs. 1 BauGB (einschließlich des Rücksichtnahmegebots in seiner objektiv-rechtlichen Ausgestaltung) verpflichtet, sondern durfte sich auf die Prüfung beschränken, ob sich die Gebäude zu Lasten der Antragsteller anhand eines oder mehrerer der Kriterien des § 34 Abs. 1 BauGB subjektiv-rechtlich als rücksichtslos erweisen und insoweit „drittschützende“ städtebauliche Spannungen auslösen (zum Gebot der Rücksichtnahme als Unterfall des Verbots der Begründung oder Erhöhung bodenrechtlich beachtlicher Spannungen in § 34 Abs. 1 BauGB vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2010 - 4 C 7.10 -, NVwZ 2011, 436 ff.). Derartige die Schwelle der Rücksichtslosigkeit erreichende Nachteile des Vorhabens für die Antragsteller vermag auch der Senat noch nicht zu erkennen.
a) Bezüglich der Nutzungsart (Wohnen) wird der Rahmen der Umgebung unstreitig eingehalten. Die den Gebietsrahmen möglicherweise übersteigende Gesamtwohnungszahl des Vorhabens (14 Wohneinheiten), die Wohnungsdichte, wird von § 34 Abs. 1 BauGB nicht erfasst (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1992 - 3 S 309/92 -, VBlBW 1992, 344 ff. m.w.N.). Sie kann nur mittelbar durchschlagen, etwa dann, wenn gleichzeitig unzumutbarer Verkehrslärm durch die Bewohner hervorgerufen wird. Davon kann vorliegend aber nicht ausgegangen werden, nachdem die Zufahrt zur genehmigten Tiefgarage sich auf der vom Grundstück der Antragsteller abgewandten Westseite des Baugrundstücks befindet.
b) Auch hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung sind rücksichtslose Auswirkungen des Vorhabens für die Antragsteller noch nicht zu erkennen. Bei der Beurteilung ist hierbei allerdings nicht auf „relative“ Maßkriterien wie insbesondere die - hier eingehaltene - Grund- und Geschossflächenzahl abzuheben, sondern es kommt vorrangig auf die nach außen im Verhältnis zur Umgebungsbebauung prägenden Eigenschaften an, zu denen insbesondere die flächenmäßige Ausdehnung, die Geschosszahl und die Höhe der den Rahmen bildenden Gebäude zählen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.06.2007 - 4 B 8.07 -, BauR 2007, 1691 f.). Diesbezüglich dürften sich die streitigen zwei Mehrfamilienhäuser sowohl nach ihrer Grundfläche von jeweils etwa 300 m² als auch nach ihrer Geschosszahl und ihrer Gebäudehöhe möglicherweise sogar objektiv-rechtlich (gerade noch) im Umgebungsrahmen halten, der räumlich mindestens die Bebauungszeile südlich der G... umfasst. In dieser Zeile befindet sich das große und damit auch prägende Mehrfamilienwohnhaus auf dem östlich an das Grundstück der Antragsteller angrenzenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...). Der dortige aus drei versetzten Einheiten bestehende Gebäudekomplex weist ausweislich der nicht bestrittenen Ermittlungen der Antragsgegnerin eine Grundfläche von 315 m² auf, hat ebenfalls zwei Vollgeschosse und ein Dachgeschoss und übertrifft die genehmigten Wohnhäuser in der Firsthöhe um mindestens 2 m. Allein schon wegen dieses prägenden Gebäudekomplexes kann der Einschätzung der Antragsteller nicht gefolgt werden, im Baugebiet herrsche „Harmonie“ im Sinne einer in sich geschlossenen und von kleinen freistehenden Einfamilienhäusern geprägten „Schicksalsgemeinschaft“. Unabhängig von ihrer objektiv-rechtlichen Bewertung kommt den genehmigten Häusern auf dem Grundstück der Beigeladenen jedenfalls aber keine (subjektiv) rücksichtslose, weil unzumutbar optisch erdrückende oder einmauernde Wirkung zu. Diese Entscheidung ist, worauf die Antragsteller zu Recht abheben, nicht allein schon dadurch determiniert, dass die genehmigten Gebäude die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächenvorschriften in jeder Hinsicht einhalten. Diese Abstandsflächengebote sind allerdings keine rein „technischen Normen“, sondern haben eine starke nachbarschützende Zielrichtung. Jedoch umfasst ihr Schutzbereichskatalog (Belichtung, Besonnung, Belüftung, Brandschutz und ggf. auch ein Minimum an Wohnfrieden) nicht auch den Schutz gegen optisch erdrückende oder abriegelnde Baukörper. Dieser Schutz wird vielmehr vom bundesrechtlichen Kriterium des Maßes baulicher Nutzung abgeleitet (vgl. Beschluss des Senats vom 08.11.2007 - 3 S 1923/07 -, VBlBW 2008, 147 ff.; im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 23.05.1986 - 4 C 34.85 -, BauR 1986, 542 f.). Indessen treten die beiden genehmigten Wohnhäuser der Beigeladenen gegenüber dem Grundstück der Antragsteller noch nicht unzumutbar optisch erdrückend oder gar abriegelnd in Erscheinung. Denn beide Gebäude sind, wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, nur mit den Giebelseiten zum Grundstück der Antragsteller hin ausgerichtet, zudem voneinander durch eine Freifläche von ca. 13 m getrennt.
10 
c) Auch bezüglich der überbauten Grundstücksfläche und in einer Gesamtwürdigung aller Umstände müssen die Antragsteller noch nicht mit unzumutbaren Nachteilen rechnen. Dabei verkennt auch der Senat nicht, dass sich der bisher in Richtung Westen außergewöhnlich günstige Lagevorteil des Grundstücks der Antragsteller im Zuge der Verwirklichung des streitigen Vorhabens verschlechtern wird. Die Antragsteller, die ihr großes Gartengrundstück im Verhältnis zur Umgebung eher gering ausnutzen, können jedoch in Anwendung des Rücksichtnahmegebots nicht verlangen, dass das Nachbargrundstück auch in Zukunft gänzlich unbebaut bleibt oder zwingend nur „in erster Reihe“ mit nur einem Gebäude (Haus 1) bebaut werden darf. Denn im Blockinnenbereich zwischen G... und H... sind auch an anderer Stelle „Hinterlandbebauungen“ in zweiter Reihe anzutreffen. Dies gilt nicht nur mit Blick auf die durchgehend tiefgestaffelte Bebauung im Bereich nördlich der H..., sondern auch für den Bereich südlich der G...-..., da auch hier - prägend - Wohnbebauung in „zweiter Reihe“ auf den Grundstücken Flst.-Nr. ... (G... ...) und dem dahinterliegenden Grundstück Flst.-Nr. ... (G... ...) in einer mit Haus 2 vergleichbaren Bebauungstiefe vorhanden ist.
11 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab und nimmt stattdessen auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses Bezug.
12 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Billigem Ermessen entspricht es nicht, den Antragstellern auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn die Beigeladene hat im Schriftsatz vom 09.03.2012 zwar Ausführungen zur Sache gemacht. Die an den Anfang gestellte Formulierung, es werde im Folgenden dargetan, dass die Beschwerde zurückzuweisen sei, ist jedoch nicht als förmlicher Prozessantrag auszulegen. Da die Beigeladene daher für den Fall des Unterliegens kein Kostenrisiko zu tragen gehabt hätte (§ 154 Abs. 3 VwGO), ist es nach der Rechtsprechung aller Bausenate des erk. Gerichtshofs auch nicht unbillig, dass sie - korrespondierend - im Falle des Obsiegens keine Erstattung ihrer außergerichtlichen Kosten verlangen kann (vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 20.01.2011 - 8 S 2567/10 -, VBlBW 2011, 279 f.).
13 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG.
14 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen sind die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen, dass schädliche Umwelteinwirkungen und von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf die ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete, wichtige Verkehrswege, Freizeitgebiete und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich vermieden werden. Bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen in Gebieten, in denen die in Rechtsverordnungen nach § 48a Absatz 1 festgelegten Immissionsgrenzwerte und Zielwerte nicht überschritten werden, ist bei der Abwägung der betroffenen Belange die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität als Belang zu berücksichtigen.

Tenor

Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Im Berufungsverfahren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ der Stadt R. ein Anspruch auf baurechtliche Genehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes auf ihrem Grundstück zugestanden habe.
Am 15.06.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück Flst.Nr. ... in R., F.-Sch.-Straße 20, mit 97 oberirdischen Stellplätzen. Der damals geltende Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ (Änderung vom 28.06.1965) setzte für das Baugrundstück ein Gewerbegebiet fest. Bis Ende 1999 befand sich dort die Betriebstätte der Süßwarenbäckerei T.-Werk GmbH & Co. KG; die Betriebsgebäude stehen nach wie vor. Mit Schreiben des Bauordnungsamts der Beklagten vom 27.06.2000 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Stellplätze und die Zufahrt zu den Stellplätzen 87 bis 97 teilweise außerhalb der Baulinie und der überbaubaren Fläche lägen, eine Befreiung hierfür nicht in Aussicht gestellt werde und die Planung zu ändern sei. In der Folgezeit hat die Klägerin ihren Antrag nicht dahin gehend geändert.
Am 27.07.2000 kaufte die Klägerin das Grundstück. Zuvor war mit Verfügung vom 21.07.2000 die Entscheidung über den Baugenehmigungsantrag um zwölf Monate zurückgestellt worden; die Verfügung wurde der Klägerin am 28.07.2000 zugestellt.
Am 02.07.2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten eine Veränderungssperre für das Baugrundstück, in der als Planziel unter anderem die „Unterbringung der Stellplätze in erdüberdeckten Tiefgaragen“ angegeben wird (öffentliche Bekanntmachung: 13.07.2001). Am 10.06.2002 beschloss der Gemeinderat, die Veränderungssperre um ein Jahr zu verlängern (öffentliche Bekanntmachung: 18.06.2002). Am 14.07.2003 beschloss der Gemeinderat mit Zustimmung des Regierungspräsidiums Tübingen, die Veränderungssperre um ein weiteres Jahr auf dann insgesamt vier Jahre zu verlängern (öffentliche Bekanntmachung: 18.07.2003).
Die Beklagte lehnte den Baugenehmigungsantrag mit Bescheid vom 20.8.2002 mit der Begründung ab, das Vorhaben widerspreche den mit der Veränderungssperre gesicherten Planungszielen. Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 21.01.2004 aus denselben Gründen zurück; der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 23.01.2004 zugestellt.
Am 24.01.2004 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag,
die baurechtliche Entscheidung der Stadt Ravensburg vom 20. August 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Antrag vom 9. Juni 2000 begehrte Baugenehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes zu erteilen, hilfsweise, über den Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Am 01.12.2003 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ als Satzung, dessen Festsetzungen etwa zur Unterbringung von Stellplätzen in Tiefgaragen dem Vorhaben der Klägerin widerspricht. Der Bebauungsplan wurde am 17.04.2004 ortsüblich bekannt gemacht.
Daraufhin stellte die Klägerin den - weiteren - Hilfsantrag
10 
festzustellen, dass ihr in der Zeit vom 28. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustand.
11 
Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 16.03.2005 - 4 K 200/04 - abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt:
12 
Die Verpflichtungsklage bleibe erfolglos, weil der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ wirksam sei und dem Vorhaben entgegenstehe. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Der ursprüngliche Streitgegenstand werde nicht ausgewechselt und im Hinblick auf den geplanten Amtshaftungsprozess bestehe auch ein Feststellungsinteresse. Der Klägerin habe jedoch in der Zeit vom 28.07.2003 bis zum 17.04.2004 kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt zugestanden, weil die am 02.07.2001 erlassene und am 10.06.2002 sowie nochmals am 14.07.2003 verlängerte Veränderungssperre für das Grundstück Flst.Nr. ... dem entgegengestanden habe. Die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre hätten vorgelegen. Formelle Mängel seien nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre beziehe sich auch auf eine hinreichend konkretisierte Planung.
13 
Die weitere (zweite) Verlängerung der Veränderungssperre am 14.07.2003 stelle keine unwirksame „Vorratsplanung“ dar. Zwar habe die allgemeine Geltungsdauer der am 02.07.2001 beschlossenen und am 14.07.2001 bekannt gegebenen Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB am 14.07.2003 und die allgemeine Geltungsdauer der ersten Verlängerung um ein Jahr gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB erst am 15.07.2004 geendet. Gleichwohl sei die weitere Verlängerung bereits am 14.07.2003 erforderlich gewesen. Denn hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin habe die einjährige Zurückstellung des Baugesuchs gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer angerechnet werden müssen, so dass der Klägerin die beantragte Baugenehmigung ohne die erneute Verlängerung hätte erteilt werden müssen mit der Folge, dass die Planung der Beklagten gescheitert wäre. Es sei nicht auf die allgemeine Geltungsdauer der Veränderungssperre abzustellen sondern allein darauf, ob besondere Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 BauGB eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre gegenüber der Klägerin auf insgesamt vier Jahre gerechtfertigt hätten. Das sei der Fall. Es hätten außergewöhnliche, von der Beklagten nicht zu vertretende Umstände vorgelegen, die zu einer Verzögerung des Verfahrensablaufs geführt und die weitere Verlängerung notwendig gemacht hätten. Die ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks, die T.-Werk KG, habe nach Aufgabe von Produktion und Standort zunächst eine Wohnnutzung angestrebt. Diesen Vorstellungen habe der Aufstellungsbeschluss vom 14.06.2000 entsprochen, der die Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes vorgesehen habe. Die Klägerin, die das Grundstück am 27.07.2000 gekauft habe, habe abweichend hiervon jedoch eine rein gewerbliche Nutzung realisieren wollen, und zwar in einer Weise, die mit den städtebaulichen Zielsetzungen der Beklagten zumindest teilweise nicht zu vereinbaren gewesen sei. Somit habe geprüft werden müssen, ob die zunächst geplante und vom ursprünglichen Eigentümer mitgetragene völlige Entziehung der gewerblichen Nutzungsmöglichkeit noch habe durchgesetzt werden können. Erst nachdem insofern die rechtlichen Grenzen durch das Gutachten B. aufgezeigt worden seien, habe eine Umplanung unter Berücksichtigung der Belange der Klägerin in Angriff genommen werden können. Diese Umplanung habe sich dann dadurch verzögert, dass die Klägerin bereit gewesen sei, von ihren auf eine rein gewerbliche Nutzung zielenden Vorstellungen abzugehen und eine Bebauung des Grundstücks durch einen Dritten zu akzeptieren, wenn ihr im Gegenzug die Beklagte einen Ersatzstandort für den Lebensmittelmarkt in der Jahnstraße ermögliche. Die Beklagte habe die weitere Planung für das Baugrundstück von der Klärung dieser alternativen Lösung abhängig machen dürfen, weil diese eine Wohnnutzung des Baugrundstücks als möglich habe erscheinen lassen, was ihren städtebaulichen Vorstellungen weit eher entsprochen hätte. Ohne den Grundstückskauf der Klägerin hätte das Planverfahren mithin in wesentlich kürzerer Frist abgewickelt werden können. Der Beklagten könnten auch keine vermeidbaren Verzögerungen vorgeworfen werden. Das gelte insbesondere für den Zeitraum zwischen der Vorlage des schalltechnischen Gutachtens am 09.10.2002 und dem Auslegungsbeschluss vom 19.03.2003, während dessen ein weiteres Rechtsgutachten von Prof. B. eingeholt worden sei, das an die Planer zur „themenbezogenen Überprüfung“ habe übersandt werden müssen. Denn der komplett veränderte Planentwurf sei noch nicht rechtlich beurteilt worden. Außerdem habe Prof. B. in seiner ersten Stellungnahme die vorliegenden Erkenntnisse als unzureichend bemängelt. Zudem habe am 30.01.2003 eine weitere Besprechung zwischen der Klägerin und der Beklagten zur Frage einer Alternativlösung stattgefunden.
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Gegen das am 08.07.2005 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 08.08.2005 Berufung ein. Auf Antrag vom 05.09.2005 wurde die Berufungsbegründungsfrist zunächst bis 24.10.2005 und auf weiteren Antrag vom 10.10.2005 bis 15.11.2005 verlängert. Am 04.11.2005/24.03.2006 hat die Klägerin den Antrag gestellt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. März 2005 - 4 K 200/04 - zu ändern und festzustellen, dass ihr in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustand,
16 
hilfsweise festzustellen,
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dass ihr in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung mit Ausnahme der Stellplätze Nr. 46 bis 69 zustand.
18 
Sie begründet die Berufung wie folgt: Es komme nicht darauf an, ob das Feststellungsinteresse dadurch entfallen sei, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes im fraglichen Zeitraum als Kollegialorgan verneint habe und es daher offensichtlich am Verschulden der zuständigen Behörde fehle. Denn sie könne diese negative Feststellung des Verwaltungsgerichts nur im Wege der Berufung beseitigen und dürfe nicht rechtsschutzlos gestellt werden. Vor diesem Hintergrund müsse das Feststellungsinteresse gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses bejaht werden. Im Übrigen sei das Feststellungsinteresse auch unabhängig davon nicht entfallen, weil die Beklagte selbst um die unangemessen lange Verfahrensdauer gewusst habe. Außerdem bestehe Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte im Bebauungsplanverfahren „Gewerbegebiet zwischen Jahnstraße und Bahnlinie“ in derselben Weise vorgehen werde wie hier, falls sie dort einen Lebensmittelmarkt realisieren wolle.
19 
In dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum habe keine wirksame Veränderungssperre mehr bestanden. In den Sitzungsvorlagen zur Verlängerung der Veränderungssperre sei als Zeitpunkt des Außerkrafttretens der bisherigen Veränderungssperre jeweils der Tag genannt worden, an dem die Frist gegenüber der Klägerin wegen der individuellen Anrechnung der Zurückstellung des Baugesuchs abgelaufen sei, obwohl die Veränderungssperre nach ihrer allgemeinen Geltungsdauer noch ein Jahr länger in Kraft gewesen sei, was auch im Satzungstext selbst zum Ausdruck komme. Mithin habe sich der Normsetzungswille des Gemeinderats nicht auf den - maßgeblichen - Zeitraum der allgemeinen (objektiven) Geltungsdauer der Veränderungssperre bezogen. An der Unwirksamkeit der Verlängerungen würde sich auch für den Fall nichts ändern, dass der Gemeinderat die längere, allgemeine Geltungsdauer zwar erkannt, die Veränderungssperre jedoch bewusst ein Jahr vor deren Ablauf habe verlängern wollen. Denn dann wäre der Satzungsbeschluss verfrüht „auf´s Geratewohl“ erfolgt, ohne dass der Gemeinderat die Erforderlichkeit der Verlängerung zu dem Zeitpunkt hätte beurteilen können, zu dem sie infolge Ablaufs der allgemeinen Geltungsdauer erst notwendig geworden wäre. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die vorzeitige Verlängerung der Veränderungssperre entsprechend der individuellen Geltungsdauer auch nicht zur effektiven Sicherung der Bebauungsplanung erforderlich gewesen. Denn nach ständiger Rechtsprechung könne sich der einzelne Grundstückseigentümer solange nicht auf einen nur ihm gegenüber eingetretenen Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre infolge individueller Anrechnung von Zurückstellungszeiten berufen, als die Möglichkeit zur Verlängerung ihm gegenüber bestehe.
20 
Auch hätten die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB für eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre nicht vorgelegen. Die Notwendigkeit einer Umplanung unter Berücksichtigung geänderter Nutzungsvorstellungen des neuen Eigentümers stelle keine Besonderheit dar. Die Planung sei auch nicht durch eine „im Raum stehende“ Alternativlösung - Bau des Lebensmittelmarktes an der Jahnstraße und im Gegenzug Wohnbebauung auf dem Baugrundstück - erschwert worden. Hierzu habe bereits am 11.04.2001 ein Gespräch stattgefunden. Die Beklagte habe die Alternativlösung jedoch dann nicht mehr näher geprüft, sondern stattdessen mit dem Aufstellungsbeschluss vom 21.11.2001 für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet zwischen Jahnstraße und Bahnlinie“ reagiert. Ziel sei bereits damals die Verhinderung von Einzelhandelsbetrieben an der Jahnstraße gewesen, wie sich dem Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 24.11.2001 entnehmen lasse. In der Folgezeit sei sie mit ihren Bemühungen um eine Alternativlösung dann nur noch hingehalten worden. Tatsächlich sei längst entschieden gewesen, dass eine Umsiedlung des Lebensmittelmarktes auf das Grundstück Jahnstraße nicht in Betracht komme. Dementsprechend heiße es auch in der Begründung des Planentwurfs vom 23.04.2002, dass der Ersatzstandort Jahnstraße/Goethestraße als „nicht integrierter“ Standort nicht im Einklang mit den Zielen des Einzelhandelskonzeptes vom 06.03.2002 stehe. Zwar habe auf ihre Veranlassung am 30.01.2003 nochmals ein Gespräch über eine Alternativlösung stattgefunden. Auf Seiten der Beklagten habe dazu jedoch ernsthaft keine Bereitschaft mehr bestanden. Dementsprechend sei ihr Alternativvorschlag auch in der Begründung des vom 31.03. bis 02.05.2003 öffentlich ausgelegten Planentwurfs erneut abgelehnt worden. Gleichwohl habe die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2003 das Regierungspräsidium um Zustimmung zur weiteren Verlängerung der Veränderungssperre gebeten mit der - wahrheitswidrigen - Begründung, dies sei für die Erarbeitung einer Lösung erforderlich, die sowohl die Errichtung eines Lebensmittelmarktes als auch die Wahrung der städtebaulichen Zielsetzungen ermögliche. Tatsächlich sei in dieser Richtung in der Folgezeit nichts geschehen. Im Übrigen sei es mit dem Eigentumsrecht nicht vereinbar, dass eine Stadt mit 50.000 Einwohnern, die über einen eigenen, auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts geschulten Volljuristen verfüge, zu Lasten eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstückseigentümers einen externen Gutachter mit der Prüfung der Frage beauftrage, ob es möglich sei, im Plangebiet statt der bisher zulässigen gewerblichen Nutzung Wohnnutzung festzusetzen, und in welchem Umfang gegebenenfalls Entschädigungsansprüche entstehen könnten. Es komme hinzu, dass das Gutachten dann erst am 27.02.2001, also acht Monate nach dem Aufstellungsbeschluss, erstellt worden sei. Es gehe nicht an, zu Lasten des in der Ausnutzung seines Grundeigentums blockierten Eigentümers einen - überlasteten - Gutachter zu beauftragen, der allein für die Prüfung planungsrechtlicher Vorfragen ein Drittel der Regeldauer einer Veränderungssperre benötige. Ähnlich verhalte es sich mit dem im Mai 2001 in Auftrag gegebenen Einzelhandelsgutachten für die Stadt Ravensburg vom 06.03.2002; die Beklagte habe bereits mit dem Aufstellungsbeschluss vom 28.06.2000 zum Ausdruck gebracht, dass sie auf dem Baugrundstück keinen (Lebensmittel-) Einzelhandelsbetrieb wünsche. Hätte daher die Beklagte zu Beginn des Planverfahrens ihr eigenes Rechtsamt oder jedenfalls einen weniger überlasteten Gutachter mit der Prüfung der planungsrechtlichen Vorfragen beauftragt, hätte sie den geänderten Planentwurf deutlich vor Juli 2002 fassen können mit der Folge, dass das Bauleitplanverfahren innerhalb der bis Ende Juli 2003 währenden Drei-Jahres-Frist hätte abgeschlossen werden können. Zumindest hätte die weitere Verlängerung nicht ohne Weiteres für die gesetzliche Höchstdauer von vier Jahren beschlossen werden dürfen. Dass diese Geltungsdauer zu lange bemessen gewesen sei, zeige sich daran, dass sie nicht habe ausgeschöpft werden müssen.
21 
Ihrem Anspruch auf Genehmigung des Lebensmittelmarktes habe bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ auch nicht der bis dahin geltende Bebauungsplan „ Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ entgegen gestanden. Zwar habe ihr Vorhaben wohl dessen Festsetzungen widersprochen, weil die in den Bauvorlagen eingetragenen 24 Stellplätze Nrn. 46 bis 69 innerhalb der nicht überbaubaren Grundstücksfläche gelegen hätten. Dieser Bebauungsplan sei jedoch wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam gewesen. Weder der zeichnerische Teil des Plans noch die Satzung noch die Niederschrift über die Sitzung  des Gemeinderats seien von dem zur Ausfertigung allein befugten Oberbürgermeister unterzeichnet worden. Selbst wenn die amtliche Bekanntmachung des Plans vom Oberbürgermeister unterzeichnet worden sein sollte, fehle es an der „gedanklichen Schnur“ zum Bebauungsplan selbst. Der diesem Bebauungsplan vorangegangene Plan „Ortsbauplan für das Gebiet zwischen Rudolf-, Olga-, Schiller- und Ziegelstraße“ von 1953 habe keine ihrem Vorhaben entgegen stehende Festsetzungen enthalten. Der geplante Lebensmittelmarkt sei mithin bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung  T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 nach § 34
22 
Abs. 1 BauGB zu beurteilen gewesen. Bei der näheren Umgebung habe es sich um eine durch Wohnbebauung, Gewerbebetriebe und einen Industriebetrieb (T.-Werk) geprägte Gemengelage gehandelt, in welcher die Wohnbebauung bestenfalls die Schutzwürdigkeit eines Mischgebiets in Anspruch habe nehmen können. In diesen Rahmen habe sich ihr Vorhaben eingefügt.
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Sollte der Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ von 1965 wirksam gewesen sein, sei jedenfalls der Hilfsantrag begründet. Denn bei Verzicht auf die Stellplätze Nrn. 46 bis 69 hätte das Vorhaben dessen Festsetzungen nicht widersprochen. Ein solcher Verzicht wäre auch ohne weiteres möglich gewesen, ohne das Bauvorhaben in seiner Identität in Frage zu stellen; die Baurechtsbehörde hätte beachten müssen, dass der Bauantrag insoweit teilbar gewesen sei und der genehmigungsfähige Teil des Vorhabens hätte genehmigt werden müssen.
24 
Die Beklagte beantragt,
25 
die Berufung als unzulässig zu verwerfen oder zurückzuweisen.
26 
Sie führt aus: Die Berufung sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Das Verwaltungsgericht habe als Kammer entschieden, dass sie sich rechtmäßig verhalten habe und der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt zugestanden habe, so dass die beabsichtigte Amtshaftungsklage mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei. Unabhängig davon habe der Klägerin im fraglichen Zeitraum wegen der Veränderungssperre auch in der Sache kein Anspruch auf Genehmigungserteilung zugestanden. Der Normsetzungswille des Gemeinderats bei Verlängerung der Veränderungssperre habe sich auf die individuelle Geltungsdauer gegenüber der Klägerin bezogen und decke sich daher mit der in der Begründung angegebenen Geltungsdauer. Da sich die Veränderungssperre nur auf das Baugrundstück der Klägerin bezogen habe, habe auch kein Anlass für eine davon abweichende Bestimmung der allgemeinen Geltungsdauer bestanden. Auch das Regierungspräsidium sei bei seiner Zustimmung zur weiteren Verlängerung zutreffend von einer individuellen Berechnung der Geltungsdauer ausgegangen. Die Erforderlichkeit einer Verlängerung der Veränderungssperre könne zur effektiven Sicherung der Planung auch aus dem individuellen Ablauf der Geltungsdauer hergeleitet werden. Dem stehe nicht entgegen, dass sich ein Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung solange nicht auf eine individuelle Anrechnung des Zeitraums der Zurückstellung auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre berufen könne, als diese ihm gegenüber noch verlängert werden könne. Denn zum einen entscheide über diese Möglichkeit einer Verlängerung nicht die Gemeinde, sondern die Baurechtsbehörde. Die Gemeinde könne folglich nur dann sicher sein, dass ein der Planung widersprechendes Vorhaben nicht realisiert werde, wenn sie befugt sei, die Veränderungssperre in Anlehnung an deren individuelle Geltungsdauer zu verlängern. Gemäß dem hier anzuwendenden § 17 Abs. 2 BauGB a.F. habe eine Veränderungssperre zum anderen nur mit Zustimmung des Regierungspräsidiums nochmals bis zu insgesamt vier Jahren verlängert werden dürfen. Dieses Zustimmungserfordernis wäre ausgehöhlt worden, wenn bei individuellem Fristablauf die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung durch die Baurechtsbehörde hätte geprüft werden können.
27 
Die von § 17 Abs. 2 BauGB vorausgesetzten „besonderen Umstände“ für eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre hätten vorgelegen. Die Klägerin habe während der öffentlichen Auslegung (bis zum 02.05.2003) sehr umfangreiche Anregungen vorgebracht, die mit ihren städtebaulichen Zielsetzungen nicht ohne Weiteres vereinbar gewesen seien. Deshalb sei eine schwierige und komplexe Beratung in tatsächlicher und rechtlicher Sicht über eventuelle Planänderungen erforderlich gewesen. Es sei daher auch im Hinblick auf die notwendige Genehmigung des Bebauungsplans durch das Regierungspräsidium Tübingen klar gewesen, dass der Bebauungsplan bis zum individuellen Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre nicht rechtskräftig verabschiedet werden könne. Für die Unterstellung der Klägerin, sie sei von der Beklagten hingehalten worden, gebe es keine sachliche Grundlage. Das Planverfahren sei von Beginn an gegenüber der Klägerin transparent geführt worden; es sei stets angegeben worden, welche Schritte zur Lösungsfindung - etwa die Einholung von Gutachten - notwendig seien. Sie habe auch über einen langen Zeitraum hinweg ergebnisoffene Verhandlungsgespräche mit der Klägerin geführt. Schließlich könne nicht beanstandet werden, dass die zweite Verlängerung für ein ganzes Jahr erfolgt sei, weil eine kürzere Dauer wegen der noch durchzuführenden Abklärungen nicht abzusehen gewesen sei.
28 
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Bauakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Tübingen und die Akten zur Veränderungssperre sowie zu den Bebauungsplänen „Bebauungsplanänderung im Gebiet zwischen Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ und „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
29 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft. Sie ist auch sonst zulässig. In entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann die Klägerin von ihrem Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit dieses Vorhabens mit Blick auf die beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen übergehen, nachdem während des erstinstanzlichen Verfahrens der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ in Kraft getreten ist, dessen Festsetzungen das Vorhaben widerspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128; Eyermann/Schmidt, VwGO, 11. Aufl., § 113 RdNr. 104). Dabei kann offen bleiben, ob ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG im Hinblick auf das klageabweisende Urteil der Kammer des Verwaltungsgerichts wegen fehlenden Verschuldens von vornherein ausscheiden würde und es daher am Feststellungsinteresse fehlte („Kollegialgerichtsrichtlinie“, vgl. Eyermann/Schmidt, a.a.O., § 113 RdNr. 90 m.w.N.). Denn jedenfalls kann eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht als offensichtlich aussichtslos beurteilt werden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die rechtswidrige zeitweilige Versagung einer Baugenehmigung einen solchen Entschädigungsanspruch auslösen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1994 - III ZR 27/93 -, NJW 1994, 3158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.1998 - 3 S 990/98 -, VBlBW 1999, 97). Die Klägerin war in dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 auch Eigentümerin des Baugrundstücks, so dass sie als Trägerin eines solchen Anspruchs in Betracht kommt.
30 
2. Die Berufung ist jedoch hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 nicht begründet.
31 
Hierbei bedarf keiner Klärung, ob dem Vorhaben die von der Beklagten erlassenen Veränderungssperren entgegengehalten werden konnten, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, oder ob diese unwirksam waren. Denn der geplante Lebensmittelmarkt widersprach nicht nur den Veränderungssperren, sondern auch dem Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ vom 28.06.1965, der bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 in Geltung war. Dieser Plan sah entlang der Neuwiesenstraße, der Ziegelstraße und der Schillerstraße eine drei Meter breite, nicht überbaubare Grundstücksfläche vor, auf der Nebenanlagen unzulässig waren und die gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten war. Nach dem Genehmigungsantrag sollten im Bereich der nicht überbaubaren Fläche entlang der Schillerstraße und der Ziegelstraße insgesamt 24 Stellplätze (Nrn. 46 - 69) errichtet werden. Das beantragte Vorhaben war somit planwidrig. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der vormalige Bebauungsplan auch nicht wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Originalniederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 28.06.1965, in der der Plan als Satzung beschlossen wurde, zur Einsicht vorgelegt. Diese Niederschrift ist auf dem Vorblatt, in dem die Tagungsordnungspunkte - unter § 246 auch der Satzungsbeschluss über den maßgeblichen Bebauungsplan - aufgelistet sind, vom damaligen Oberbürgermeister Sauer unterzeichnet; der Satzungsbeschluss selbst nimmt ausdrücklich Bezug auf den Lageplan des Stadtplanungsamtes vom 07.01.1965, der die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen enthält. Damit ist der Bebauungsplan insgesamt durch eine hierzu befugte Amtsperson ausgefertigt worden (vgl. zur Zuständigkeit des Bürgermeisters für die Ausfertigung von Bebauungsplänen Urteil des Senats vom 15.12.1994 - 8 S 1948/94 - VBlBW 1995, 207). Somit bestand unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Veränderungssperren bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ kein Anspruch auf Genehmigung des konkret beantragten Lebensmittelmarktes.
II.
32 
1. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ohne die innerhalb der nicht überbaubaren Flächen liegenden Stellplätze Nrn. 46 - 69 ist zulässig. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass die Baurechtsbehörde im Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 eine auf den genehmigungsfähigen Teil des Vorhabens beschränkte Baugenehmigung auch ohne eine dahin gehende ausdrückliche Änderung des Genehmigungsantrags und der Bauvorlagen hätte erteilen müssen. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Klägerin in diesem Falle ein Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs mit Blick auf eine rechtswidrige Versagung der Baugenehmigung zustünde.
33 
2. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist jedoch ebenfalls nicht begründet.
34 
Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. In dieser Regelung ist der Grundsatz enthalten, dass eine Baugenehmigung nur insoweit abgelehnt werden kann, als es erforderlich ist, um einen Widerspruch des Vorhabens zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu verhindern, falls eine solche Teilung objektiv möglich ist und die Identität des Vorhabens gewahrt bleibt; die Baurechtsbehörde kann die Baugenehmigung jedoch auch in diesen Fällen insgesamt versagen, wenn sich aus den Antragsunterlagen oder sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Bauherr nicht beabsichtigt, nur den genehmigungsfähigen Teil seines Vorhabens zu verwirklichen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl.,
35 
Bd. 2, § 58 Rn. 44; Schlez, LBO, 3. Aufl., § 59 Rn. 58; vgl. auch VGH Bad.-Württbg., Urteil vom 25.3.1971 - III 498/67 -).
36 
Das ist hier der Fall. Zwar hätten die in der nicht überbaubaren Fläche liegenden Stellplätze nicht nachgewiesen werden müssen (vgl. VwV Stellplätze vom 08.12.1986 und vom 04.08.2003 - GABl. 1987, S. 3 und GABl. 2003, S. 590 - : Verkaufsstätten bis 700 qm 1 Stellplatz je 30-50 qm Verkaufsnutzfläche; Stellplatznachweis vom 09.06.2000 in den Bauvorlagen). Auch wäre es objektiv gesehen möglich gewesen, den Lebensmittelmarkt unter Wahrung seiner Identität ohne diese Stellplätze zu realisieren. Von einer entsprechenden Absicht der Klägerin musste die Baurechtsbehörde jedoch nicht ausgehen. Diese wurde zu Beginn des Baugenehmigungsverfahrens von der Baurechtsbehörde mit Schreiben vom 27.06.2000 auf die Planwidrigkeit eines Teils der Stellplätze hingewiesen und um entsprechende Änderung des Genehmigungsantrags gebeten, weil eine Befreiung insoweit nicht in Aussicht gestellt werden könne. Hierauf hat die Klägerin in der Folgezeit nicht reagiert und keine geänderten Pläne eingereicht. Aus diesem Verhalten konnte die Baurechtsbehörde schließen, dass sie auf der Realisierung des Vorhabens nach den eingereichten Bauvorlagen beharre. Dem steht nicht entgegen, dass unmittelbar nach dem oben genannten Hinweisschreiben der Baurechtsbehörde der Genehmigungsantrag zurückgestellt wurde und danach Veränderungssperren erlassen wurden, um eine Realisierung des Lebensmittelmarktes zu verhindern. Denn die von der Baurechtsbehörde angeregte Änderung des Genehmigungsantrags war in jedem Falle notwendig, um das Vorhaben im Falle der Unwirksamkeit dieser Maßnahmen realisieren zu können.
37 
Auch unabhängig von diesem Verhalten der Klägerin konnte die Baurechtsbehörde nicht davon ausgehen, dass diese den Lebensmittelmarkt auch bei einer um mehr als ein Viertel verringerten Stellplatzzahl unverändert realisieren werde. Vielmehr durfte sie angesichts des Umstandes, dass die Klägerin bereit war, in erheblichem Umfang wertvolles Bauland für Stellplätze zu „opfern“, die nach den rechtlichen Vorgaben nicht notwendig gewesen wären, annehmen, dass eine hohe Anzahl von Stellplätzen wesentlicher Bestandteil ihres Geschäftskonzeptes war (leichte Erreichbarkeit des Marktes mit Pkw).
38 
Dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11.05.2005 - Au 4 K 04.1558 - lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob der dortige Kläger bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Anspruch auf Verbescheidung seines Bauantrags hatte, weil ihm wegen des ganz geringfügigen Überschreitens der vorgeschriebenen Abstandsfläche eine „Abweichung“ nach Bayerischem Bauordnungsrecht hätte erteilt werden müssen bzw. ob er diesen Mangel bei entsprechendem Hinweis ohne Weiteres durch eine geringfügige Verschiebung des Standorts des Vorhabens hätte ausräumen können. Vorliegend geht es jedoch weder um die „Herstellung“ der Rechtmäßigkeit des Vorhabens durch die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung noch ist der nicht genehmigungsfähige Teil des Bauvorhabens von lediglich untergeordneter Bedeutung.
39 
Nach allem hätte die Klägerin in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt mit Ausnahme der Stellplätze Nrn. 46 bis 69 gehabt, weil sie keinen dahingehenden Genehmigungsantrag eingereicht hat.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die Voraussetzungen des §§ 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf 70.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Gründe
45 
Von der Festsetzung eines höheren Streitwerts gemäß Ziff. 9.1.4 des Streitwertkatalogs 2004 (700 qm Verkaufsfläche x 150,-- EUR = 105.000,-- EUR) sieht der Senat ab, weil die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung der Baugenehmigung, sondern nur noch die Feststellung der Genehmigungsfähigkeit begehrt.
46 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
I.
29 
1. Die Berufung ist nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft. Sie ist auch sonst zulässig. In entsprechender Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kann die Klägerin von ihrem Antrag auf Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung der beantragten Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit dieses Vorhabens mit Blick auf die beabsichtigte Geltendmachung von Schadensersatz- und Entschädigungsansprüchen übergehen, nachdem während des erstinstanzlichen Verfahrens der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ in Kraft getreten ist, dessen Festsetzungen das Vorhaben widerspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.10.1980 - 4 C 3.78 -, BVerwGE 61, 128; Eyermann/Schmidt, VwGO, 11. Aufl., § 113 RdNr. 104). Dabei kann offen bleiben, ob ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG im Hinblick auf das klageabweisende Urteil der Kammer des Verwaltungsgerichts wegen fehlenden Verschuldens von vornherein ausscheiden würde und es daher am Feststellungsinteresse fehlte („Kollegialgerichtsrichtlinie“, vgl. Eyermann/Schmidt, a.a.O., § 113 RdNr. 90 m.w.N.). Denn jedenfalls kann eine verschuldensunabhängige Haftung der Beklagten wegen enteignungsgleichen Eingriffs nicht als offensichtlich aussichtslos beurteilt werden. In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass die rechtswidrige zeitweilige Versagung einer Baugenehmigung einen solchen Entschädigungsanspruch auslösen kann (vgl. BGH, Urteil vom 16.03.1994 - III ZR 27/93 -, NJW 1994, 3158; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 03.08.1998 - 3 S 990/98 -, VBlBW 1999, 97). Die Klägerin war in dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 auch Eigentümerin des Baugrundstücks, so dass sie als Trägerin eines solchen Anspruchs in Betracht kommt.
30 
2. Die Berufung ist jedoch hinsichtlich des Hauptantrags auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 nicht begründet.
31 
Hierbei bedarf keiner Klärung, ob dem Vorhaben die von der Beklagten erlassenen Veränderungssperren entgegengehalten werden konnten, wie das Verwaltungsgericht angenommen hat, oder ob diese unwirksam waren. Denn der geplante Lebensmittelmarkt widersprach nicht nur den Veränderungssperren, sondern auch dem Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ vom 28.06.1965, der bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 in Geltung war. Dieser Plan sah entlang der Neuwiesenstraße, der Ziegelstraße und der Schillerstraße eine drei Meter breite, nicht überbaubare Grundstücksfläche vor, auf der Nebenanlagen unzulässig waren und die gärtnerisch anzulegen und zu unterhalten war. Nach dem Genehmigungsantrag sollten im Bereich der nicht überbaubaren Fläche entlang der Schillerstraße und der Ziegelstraße insgesamt 24 Stellplätze (Nrn. 46 - 69) errichtet werden. Das beantragte Vorhaben war somit planwidrig. Entgegen der Auffassung der Klägerin war der vormalige Bebauungsplan auch nicht wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung die Originalniederschrift über die Gemeinderatssitzung vom 28.06.1965, in der der Plan als Satzung beschlossen wurde, zur Einsicht vorgelegt. Diese Niederschrift ist auf dem Vorblatt, in dem die Tagungsordnungspunkte - unter § 246 auch der Satzungsbeschluss über den maßgeblichen Bebauungsplan - aufgelistet sind, vom damaligen Oberbürgermeister Sauer unterzeichnet; der Satzungsbeschluss selbst nimmt ausdrücklich Bezug auf den Lageplan des Stadtplanungsamtes vom 07.01.1965, der die zeichnerischen und textlichen Festsetzungen enthält. Damit ist der Bebauungsplan insgesamt durch eine hierzu befugte Amtsperson ausgefertigt worden (vgl. zur Zuständigkeit des Bürgermeisters für die Ausfertigung von Bebauungsplänen Urteil des Senats vom 15.12.1994 - 8 S 1948/94 - VBlBW 1995, 207). Somit bestand unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Veränderungssperren bereits vor Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ kein Anspruch auf Genehmigung des konkret beantragten Lebensmittelmarktes.
II.
32 
1. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes ohne die innerhalb der nicht überbaubaren Flächen liegenden Stellplätze Nrn. 46 - 69 ist zulässig. Die Klägerin macht insoweit geltend, dass die Baurechtsbehörde im Zeitraum vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 eine auf den genehmigungsfähigen Teil des Vorhabens beschränkte Baugenehmigung auch ohne eine dahin gehende ausdrückliche Änderung des Genehmigungsantrags und der Bauvorlagen hätte erteilen müssen. Es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Klägerin in diesem Falle ein Anspruch auf Entschädigung wegen enteignungsgleichen Eingriffs mit Blick auf eine rechtswidrige Versagung der Baugenehmigung zustünde.
33 
2. Der hilfsweise gestellte Feststellungsantrag ist jedoch ebenfalls nicht begründet.
34 
Nach § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO ist die Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine von der Baurechtsbehörde zu prüfenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegen stehen. In dieser Regelung ist der Grundsatz enthalten, dass eine Baugenehmigung nur insoweit abgelehnt werden kann, als es erforderlich ist, um einen Widerspruch des Vorhabens zu öffentlich-rechtlichen Vorschriften zu verhindern, falls eine solche Teilung objektiv möglich ist und die Identität des Vorhabens gewahrt bleibt; die Baurechtsbehörde kann die Baugenehmigung jedoch auch in diesen Fällen insgesamt versagen, wenn sich aus den Antragsunterlagen oder sonstigen Umständen Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Bauherr nicht beabsichtigt, nur den genehmigungsfähigen Teil seines Vorhabens zu verwirklichen (vgl. Sauter, LBO, 3. Aufl.,
35 
Bd. 2, § 58 Rn. 44; Schlez, LBO, 3. Aufl., § 59 Rn. 58; vgl. auch VGH Bad.-Württbg., Urteil vom 25.3.1971 - III 498/67 -).
36 
Das ist hier der Fall. Zwar hätten die in der nicht überbaubaren Fläche liegenden Stellplätze nicht nachgewiesen werden müssen (vgl. VwV Stellplätze vom 08.12.1986 und vom 04.08.2003 - GABl. 1987, S. 3 und GABl. 2003, S. 590 - : Verkaufsstätten bis 700 qm 1 Stellplatz je 30-50 qm Verkaufsnutzfläche; Stellplatznachweis vom 09.06.2000 in den Bauvorlagen). Auch wäre es objektiv gesehen möglich gewesen, den Lebensmittelmarkt unter Wahrung seiner Identität ohne diese Stellplätze zu realisieren. Von einer entsprechenden Absicht der Klägerin musste die Baurechtsbehörde jedoch nicht ausgehen. Diese wurde zu Beginn des Baugenehmigungsverfahrens von der Baurechtsbehörde mit Schreiben vom 27.06.2000 auf die Planwidrigkeit eines Teils der Stellplätze hingewiesen und um entsprechende Änderung des Genehmigungsantrags gebeten, weil eine Befreiung insoweit nicht in Aussicht gestellt werden könne. Hierauf hat die Klägerin in der Folgezeit nicht reagiert und keine geänderten Pläne eingereicht. Aus diesem Verhalten konnte die Baurechtsbehörde schließen, dass sie auf der Realisierung des Vorhabens nach den eingereichten Bauvorlagen beharre. Dem steht nicht entgegen, dass unmittelbar nach dem oben genannten Hinweisschreiben der Baurechtsbehörde der Genehmigungsantrag zurückgestellt wurde und danach Veränderungssperren erlassen wurden, um eine Realisierung des Lebensmittelmarktes zu verhindern. Denn die von der Baurechtsbehörde angeregte Änderung des Genehmigungsantrags war in jedem Falle notwendig, um das Vorhaben im Falle der Unwirksamkeit dieser Maßnahmen realisieren zu können.
37 
Auch unabhängig von diesem Verhalten der Klägerin konnte die Baurechtsbehörde nicht davon ausgehen, dass diese den Lebensmittelmarkt auch bei einer um mehr als ein Viertel verringerten Stellplatzzahl unverändert realisieren werde. Vielmehr durfte sie angesichts des Umstandes, dass die Klägerin bereit war, in erheblichem Umfang wertvolles Bauland für Stellplätze zu „opfern“, die nach den rechtlichen Vorgaben nicht notwendig gewesen wären, annehmen, dass eine hohe Anzahl von Stellplätzen wesentlicher Bestandteil ihres Geschäftskonzeptes war (leichte Erreichbarkeit des Marktes mit Pkw).
38 
Dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 11.05.2005 - Au 4 K 04.1558 - lässt sich nichts Gegenteiliges entnehmen. Die Entscheidung betrifft die Frage, ob der dortige Kläger bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans Anspruch auf Verbescheidung seines Bauantrags hatte, weil ihm wegen des ganz geringfügigen Überschreitens der vorgeschriebenen Abstandsfläche eine „Abweichung“ nach Bayerischem Bauordnungsrecht hätte erteilt werden müssen bzw. ob er diesen Mangel bei entsprechendem Hinweis ohne Weiteres durch eine geringfügige Verschiebung des Standorts des Vorhabens hätte ausräumen können. Vorliegend geht es jedoch weder um die „Herstellung“ der Rechtmäßigkeit des Vorhabens durch die Erteilung einer Ausnahme oder Befreiung noch ist der nicht genehmigungsfähige Teil des Bauvorhabens von lediglich untergeordneter Bedeutung.
39 
Nach allem hätte die Klägerin in der Zeit vom 30.07.2003 bis zum 14.04.2004 keinen Anspruch auf Erteilung einer Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt mit Ausnahme der Stellplätze Nrn. 46 bis 69 gehabt, weil sie keinen dahingehenden Genehmigungsantrag eingereicht hat.
40 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
41 
Die Voraussetzungen des §§ 132 Abs. 2 VwGO für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
42 
Beschluss
43 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG auf 70.000,-- EUR festgesetzt.
44 
Gründe
45 
Von der Festsetzung eines höheren Streitwerts gemäß Ziff. 9.1.4 des Streitwertkatalogs 2004 (700 qm Verkaufsfläche x 150,-- EUR = 105.000,-- EUR) sieht der Senat ab, weil die Klägerin im Berufungsverfahren nicht mehr die Verpflichtung der Beklagten auf Erteilung der Baugenehmigung, sondern nur noch die Feststellung der Genehmigungsfähigkeit begehrt.
46 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§§ 68 Abs. 1 Satz 4, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.