Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 17. Juni 2013 - 3 K 1904/11 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Kläger begehrt die Zulassung der Berufung gegen das im Tenor bezeichnete Urteil des Verwaltungsgerichts, das seine Klage gegen eine wasserrechtliche Verfügung abgewiesen hat, mit der er zur Duldung der Durchleitung des Schmutzwassers von einem Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 durch sein Privatstraßengrundstück verpflichtet worden ist.
Das auf dem mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 anfallende Abwasser wird derzeit über eine Klärgrube in den Rhein abgeleitet. Ursprünglich erfolgte diese Ableitung im Rahmen der Werksentwässerung der Firma ... ... ..., weil die zwölf Wohnungen in dem Mehrfamilienhaus als Werkswohnungen genutzt wurden. Nach Beendigung dieser Nutzung und dem Verkauf des Grundstücks wurde der zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Beklagten für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2008 die wasserrechtliche Erlaubnis erteilt, das über die Klärgrube vorgeklärte häusliche Schmutzwasser weiterhin über die Werkskanalisation in den Rhein abzuleiten; die Erlaubnis war verbunden mit der Auflage, das Schmutzwasser nach der Übergangszeit in die Kanalisation in der Friedrichstraße einzuleiten. Das Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 grenzt an die Privatstraße des Klägers an; zwischen dieser Privatstraße und der Friedrichstraße liegt ein weiteres Grundstück der Beigeladenen.
Auf Antrag der Beigeladenen 1 und 2 verpflichtete die Beklagte den Kläger auf der Grundlage von § 88 Abs. 2 WG, gegen Entschädigung die Herstellung, Unterhaltung und Benutzung einer Abwasserleitung von dem nicht an die Friedrichstraße angrenzenden Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 über sein Straßengrundstück zu dulden.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Urteil die Rechtmäßigkeit dieser Duldungsverfügung bestätigt. Rechtsgrundlage dafür sei allerdings nicht § 88 Abs. 2 WG, sondern § 93 Satz 1 WHG. § 88 Abs. 2 WG sei insoweit ergänzend heranzuziehen, als der zu dieser Norm entwickelte ungeschriebene Rechtssatz gelte, dass der Erlass einer Duldungsverfügung im Regelfall nur in Betracht komme, wenn es dem Unternehmer trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen sei, mit dem Grundstückseigentümer eine Einigung zu erzielen. Dabei sei allein entscheidend, dass der Unternehmer den Versuch einer gütlichen Einigung bezüglich der Verlegung der Abwasserleitung auf dem fremden Grundstück unternommen habe. Der Kläger sei allerdings selbst dann nicht in eigenen Rechten verletzt, wenn die Beigeladenen sich nicht ausreichend um eine gütliche Einigung bemüht hätten, weil die Duldungsverfügung nicht nur ihren privaten Interessen diene, sondern daran auch ein öffentliches Interesse bestehe. Denn die Beklagte sei als Gemeinde zur Abwasserbeseitigung verpflichtet, habe aber nur die bis zum 31.12.2008 befristete Erlaubnis, die lediglich vorgeklärten häuslichen Schmutzwässer vom Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 in den Rhein einzuleiten. Um ihrerseits den rechtlichen Vorgaben zu genügen, müsse die Beklagte dafür Sorge tragen, dass die Schmutzwässer in den in der Friedrichstraße verlegten Abwasserkanal eingeleitet werden könnten. Daher könne der Beklagten auch nicht vorgehalten werden, sie hätte die Beigeladenen 1 und 2 darauf verweisen müssen, die Duldung der Abwasserleitung gegen den Kläger gestützt auf § 7e Abs. 1 Satz 1 NRG im Zivilrechtsweg durchzusetzen. Auch die Voraussetzungen nach § 93 Satz 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG lägen vor. Das Vorhaben sei nicht auf andere Weise ebenso zweckmäßig durchführbar. Denn das Grundstück der Beigeladenen könne nicht ohne Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks an die öffentliche Kanalisation in der Friedrichstraße angeschlossen werden. Der zu erwartende Nutzen der ordnungsgemäßen Beseitigung des Abwassers vom Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 sei erheblich größer als die demgegenüber geringen Nachteile des Klägers. Die Verfügung sei auch nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere handle es sich bei der vom Kläger favorisierten Lösung, die Abwasserleitung vom Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 über das Nachbargrundstück des Beigeladenen 3 zu verlegen, nicht um eine Alternative, die fremdes Eigentum weniger in Anspruch nehme.
II.
Der zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die vom Kläger allein geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils liegen nicht vor. Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind dann zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens als möglich erscheint. Das ist hier nicht der Fall.
1. Der Kläger meint, das Verwaltungsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass vom ernsthaften Versuch einer Einigung als Voraussetzung einer Duldungsverfügung abgesehen werden könne, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Durchleitung bestehe. Er nimmt damit Bezug auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, dass es auf die Frage, ob das Erfordernis des Bemühens um eine gütliche Einigung auch den Interessen des Klägers diene, nicht ankomme, weil er auch dann nicht in eigenen Rechten verletzt wäre, wenn die Beigeladenen 1 und 2 keine ausreichenden Einigungsbemühungen unternommen hätten (Urteilsabdr. S. 11). Das Verwaltungsgericht hat sich jedoch nicht auf diese Ausführungen beschränkt, sondern darüber hinaus zum Umfang der erforderlichen Einigungsbemühungen dargelegt, es sei allein entscheidend, dass der Unternehmer den Versuch einer gütlichen Einigung bezüglich der Verlegung der Abwasserleitung auf dem fremden Grundstück übernommen habe. Er sei nicht genötigt, Kompromisse abzuschließen, die ihn dazu zwängen, im Einklang mit den Regeln der Technik und der Wasserwirtschaft erarbeitete Lösungen aufzugeben, die er mit vertretbarem wirtschaftlichem Aufwand verwirklichen könne.
Eine gütliche Einigung über die Verlegung der Abwasserleitung der Beigeladenen durch sein Straßengrundstück hat der Kläger jedoch abgelehnt. Dass er von den Beigeladenen, wie im Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils referiert, mehrfach erfolglos um Zustimmung zu dieser Verlegung gebeten worden ist, hat er nicht in Abrede gestellt. Auch im gerichtlichen Verfahren hat er den Standpunkt vertreten, ihm könne nicht angesonnen werden, freiwillig das zu gewähren, wodurch er jetzt mit der angefochtenen Verfügung gezwungen werden solle, nämlich die Verlegung der Abwasserleitung der Beigeladenen durch sein Eigentum (Schriftsatz vom 5.6.2013, Seite 2). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern den Beigeladenen 1 und 2 hier noch weitergehende Bemühungen um eine Einigung über die Durchleitung oblegen haben könnten (vgl. dazu auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.2.1974 - IX 391/73 - ZfW 1974, 383; Zöllner, in: Sieder-Zeitler-Dahme, WHG, Stand: April 2012, § 93 Rn. 51). Auf den Einwand des Klägers, auch bei einem besonderen öffentlichen Interesse an der Durchleitung dürfe nicht vom ernsthaften Versuch einer Einigung abgesehen werden, kommt es daher nicht an; ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils werden damit nicht begründet.
Soweit der Kläger davon ausgeht, die Einigungsbemühungen hätten sich auch auf anderweitige Möglichkeiten zur Abwasserbeseitigung jenseits der begehrten Durchleitung durch sein Grundstück erstrecken müssen, trifft dies nicht zu. Alternativen zur gewünschten Durchleitung sind zwar von der Behörde vor Erlass einer Duldungsverfügung zu prüfen. Denn nach § 93 Satz 2 WHG i.V.m. § 92 Satz 2 WHG kann eine Verpflichtung zur Duldung nur ausgesprochen werden, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann. Zum Gegenstand von Verhandlungen zwischen einem Antragsteller und dem betroffenen Grundstückseigentümer müssen sie jedoch nicht gemacht werden.
Insoweit kann auf die bisherige ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu § 88 Abs. 2 WG verwiesen werden. Danach ergibt sich aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit der Zwangsverpflichtung als ungeschriebene Rechtmäßigkeitsvoraussetzung, dass es dem Unternehmensträger trotz ernsthafter Bemühungen nicht gelungen ist, sich mit dem betroffenen Grundstückseigentümer zu angemessenen Bedingungen über das Durchleitungsrecht vertraglich zu einigen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 6.12.1994 - 8 S 3177/94 - ZfW 1996, 38; Urt. v. 22.4.1988 - 5 S 2933/87 - BWGZ 1988, 126). Dagegen muss er keine Bereitschaft zeigen, bei mangelndem Einverständnis des betroffenen Grundstückseigentümers von der als zweckmäßig erachteten Leitungsführung abzurücken. Denn Sinn und Zweck der ungeschriebenen Rechtmäßigkeitsvoraussetzung ist nur, die Einleitung unnötiger Zwangsverpflichtungsverfahren zu vermeiden, wenn die Chance für eine vertragliche Regelung besteht (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.4.1988 - 5 S 2933/87 - LS in juris).
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Dies gilt auch im Rahmen der hier vom Verwaltungsgericht zu Recht herangezogenen Regelung des § 93 WHG. Insoweit ist zwar, anders als das Verwaltungsgericht meint, nicht § 88 Abs. 2 WG ergänzend anzuwenden. Denn der Bundesgesetzgeber hat das Gebot der Erforderlichkeit der Zwangsverpflichtung, das der Verwaltungsgerichtshof § 88 Abs. 2 WG im Wege der Auslegung als ungeschriebenen Grundsatz entnommen hat, ausdrücklich in den Tatbestand des § 93 WHG aufgenommen, der mit der am 1.3.2010 in Kraft getretenen Novelle des Wasserhaushaltsgesetzes neu in das Gesetz eingefügt worden ist. Daher scheidet ein Rückgriff auf § 88 Abs. 2 WG i. d. F. v. 20.1.2005 insoweit aus (Art. 72 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG; BVerfG, Beschl. v. 6.10.1959 - 1 BvL 13/58 - BVerfGE 10, 124).
11 
In der Sache stellt jedoch das Gebot der Erforderlichkeit als Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes in § 93 WHG keine anderen Anforderungen als bei der Anwendung von § 88 Abs. 2 WG. Eine gütliche Einigung über die begehrte Durchleitung hat danach als milderes Mittel Vorrang vor einer Zwangsverpflichtung. Einigungsbemühungen, die einen Verzicht auf diese Durchleitung bedeuten, werden dagegen nicht vorausgesetzt. Davon ist auch der Bundesgesetzgeber ausgegangen, wie die Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 16/12275, S. 78) belegt. Danach kommen behördliche Anordnungen nach § 93 Satz 1 WHG erst dann in Betracht, wenn sich der Träger der Maßnahme - der auch ein Privater sein kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 24.10.1989 - 1 S 3085/88 - VBlBW 1990, 265 noch zu § 88 WG; ebenso Zöllner, a.a.O., § 93, Rn. 39) - und der Betroffene privatrechtlich nicht über die Einräumung eines Leitungsrechts einigen können (ebenso etwa auch Zöllner, in: Sieder-Zeitler-Dahme, WHG, Stand: April 2012, § 93 Rn. 50; Weber, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2011 § 93 Rn. 19; Czychowski/Reinhard, WHG, 10. Aufl. 2010, § 93, Rn. 4).
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2. Der Kläger wendet außerdem ein, auch ein öffentliches Interesse an der Durchleitung könne nicht dazu führen, dass den Beigeladenen die Mühe erspart werde, ihren vermeintlichen Durchleitungsanspruch nach § 7e NRG im Zivilrechtsweg geltend zu machen. Zudem habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht ein öffentliches Interesse schon wegen der Pflicht der Beklagten zur Abwasserbeseitigung bejaht. Diese sei aber bereits Tatbestandsvoraussetzung für eine Duldungsverfügung.
13 
Eine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung, dass eine Duldungsverfügung nur erlassen werden dürfe, wenn zuvor erfolglos die Durchsetzung eines Anspruchs nach § 7e NRG im Zivilgerichtsweg versucht worden sei, kann entgegen der Ansicht des Klägers in § 93 WHG nicht hineingelesen werden. Die Norm enthält als ausdrückliche Schranke für den Erlass einer Duldungsverfügung das Gebot der Erforderlichkeit. Ob dieses im Einzelfall vor Erlass einer Duldungsverfügung nicht nur den Versuch einer gütlichen Einigung verlangt, sondern auch den Versuch, ein Durchleitungsrecht im Zivilrechtsweg durchzusetzen, ist nach den konkreten Umständen des Einzelfalls unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten zu beurteilen. Ein allgemeiner Vorrang des Zivilrechts in dem Sinne, dass ein privater Antragsteller, der den Erlass einer Duldungsverfügung begehrt, immer auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden müsste, besteht nicht. Vielmehr ist grundsätzlich von der Zweigleisigkeit des öffentlichen und privaten Nachbarrechts auszugehen (vgl. dazu BGH, Urt. v. 4.7.2008 - V ZR 172/07 - UPR 2008, 443; vgl. auch Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl. 2004, Rn. 1054).
14 
Auch in der Literatur wird, soweit ersichtlich, nicht vertreten, dass eine Duldungsverfügung zu Gunsten eines Privaten ausscheidet, wenn dieser die Möglichkeit hat, ein Leitungsrecht vor den Zivilgerichten einzuklagen. Verlangt wird, wie oben ausgeführt, dass er sich um die Durchsetzung eines zivilrechtlichen Leitungsrechts im Verhandlungswege bemüht (vgl. dazu auch Bulling/Finkenbeiner/Eckardt/Kibele, WG für Bad.-Württ., Stand: Okt. 2012, § 88 Rn. 47; Habel, WG für Bad.-Württ., 1982, § 88 Rn. 15; so wohl auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.4.1988 - 5 S 2933/87, a.a.O.); bei Streit über das Vorliegen dieses Rechts wird ein Eingreifen der Wasserbehörde aber für möglich gehalten (vgl. nur Czychowski/Reinhard, a.a.O., § 93, Rn. 4).
15 
Ein Hindernis für den Erlass einer Duldungsverfügung wird zum Teil allerdings dann angenommen, wenn die Durchleitung allein im privaten Interesse liegt, etwa um eine bestehende Bebauungs- oder Nutzungseinschränkung zu beseitigen (Zöllner, a.a.O. § 93 Rn. 16) oder, anders formuliert, kein besonderes öffentliches Interesse an der Durchleitung besteht (Bulling/Finkenbeiner/ Eckardt/Kibele, a.a.O., § 88 Rn. 47; Schulte, Anm. zu VGH Bad.-Württ., Urt. v. 28.4.1970 - II 605/66 - ZfW 1971, 123, 124). Ein solches öffentliches Interesse hat das Verwaltungsgericht hier jedoch bejaht. Auch diese Beurteilung begegnet entgegen der Auffassung des Klägers keinen ernstlichen Zweifeln.
16 
Das Verwaltungsgericht hat angenommen, ein Verweis der Beigeladenen auf den Zivilrechtsweg sei angesichts der laufenden, lediglich geduldeten Einleitung der nur vorgeklärten häuslichen Schmutzwässer vom Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 in den Rhein, der rechtlichen Verpflichtung der Beklagten zur Abwasserbeseitigung und ihrer fehlenden Einflussmöglichkeit darauf, innerhalb welcher Zeit die Beigeladenen 1 und 2 ein zivilgerichtliches Urteil erstreiten und dieses ggf. im Wege der Vollstreckung durchsetzen könnten, nicht geboten gewesen. Dem setzt der Kläger nur entgegen, hier werde mit der Abwasserbeseitigung ein Gesichtspunkt für das öffentliche Interesse angeführt, der bereits Tatbestandsvoraussetzung einer Duldungsverfügung sei.
17 
Tatbestandsvoraussetzung des § 93 WHG ist jedoch nicht etwa eine Konstellation wie die vorliegende, in der laufend Abwasser in nicht unerheblicher Menge anfällt, das ordnungsgemäß beseitigt werden muss. Der Tatbestand von § 93 WHG setzt vielmehr nur voraus, dass die Durchleitung zum Zweck einer Beseitigung von Abwasser - etwa auch künftig anfallender Abwässer - erfolgt. Zudem ist die Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an einer Maßnahme nicht deshalb ausgeschlossen, weil es an ein Tatbestandsmerkmal anknüpft. Selbst eine Anordnung des Sofortvollzugs, die nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ein besonderes Vollzugsinteresse voraussetzt, kann unter bestimmten Umständen - typischerweise im Bereich der Gefahrenabwehr - aus Gründen erfolgen, die sich mit dem Gesetzeszweck decken (vgl. etwa Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage, 2013, § 80, Rn. 92, Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 2012, § 80 Rn. 209, jew. m.w.N.). Hier geht es zumindest auch um Gefahrenabwehr, nämlich darum, weitere unerlaubte und damit zumindest ordnungswidrige (vgl. § 103 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 WHG) Abwassereinleitungen in den Rhein zu verhindern. Dabei handelt es sich um Schmutzwasser aus immerhin zwölf Wohnungen, das derzeit nur vorgeklärt und damit wohl auch nicht den materiellen Vorgaben des WHG entsprechend (vgl. § § 57 Abs. 1 Nr. 1 WHG) in den Rhein eingeleitet wird. Demgegenüber wiegen die Nachteile für den Kläger gering, da die Durchleitung ein Straßengrundstück betrifft, das zur Aufnahme von Rohrleitungen bestimmt ist, nur wenige Quadratmeter dieses Grundstücks beansprucht und seine Nutzung nicht beeinträchtigt.
18 
3. Schließlich vermag auch die Rüge des Klägers, das Verwaltungsgericht habe zur Frage der Zweckmäßigkeit der Durchleitung zu Unrecht Rechtsprechung und Literatur zu § 88 WG herangezogen, nicht zum Erfolg seines Zulassungsantrags zu führen.
19 
Das Verwaltungsgericht hat ausgehend von § 93 S. 2 i.V.m. § 92 S. 2 WHG festgestellt, das Vorhaben der Beigeladenen sei auch nicht auf andere Weise ebenso zweckmäßig durchführbar. Es hat dazu ausgeführt, das Tatbestandsmerkmal „ebenso zweckmäßig ausführbar“ sei bereits dann verwirklicht, wenn überhaupt ein fremdes Grundstück in Anspruch genommen werden müsse. Die Auswahl unter mehreren in Betracht kommenden fremden Grundstücken habe im Rahmen des Ermessens zu erfolgen.
20 
Der Kläger meint demgegenüber, die Auswahl zwischen verschiedenen Grundstückseigentümern habe schon auf der Tatbestandsebene zu erfolgen. § 93 Satz 1 WHG gelte nach § 93 Satz 2 i.V.m. § 92 Satz 2 WHG nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig durchgeführt werden könne. Insoweit unterscheide sich die Regelung von § 88 Abs. 2 WG, der die Möglichkeit einer Duldungsverfügung schon bejahe, wenn das Vorhaben nur bei Inanspruchnahme eines fremden Grundstücks zweckmäßig ausführbar sei. Er übersieht dabei aber, dass eine Durchleitung nicht deshalb ebenso zweckmäßig durchgeführt werden kann, weil der Eingriff auf einem anderen privaten Grundstück erfolgen könnte, das in gleicher Weise durch die Durchleitung betroffen wäre. Denn sonst müsste sich die zuständige Behörde stets auf die Belastung eines anderen verweisen lassen, ohne die Duldung der Durchleitung jemals durchsetzen zu können (vgl. dazu Weber in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2011, § 93, Rn. 34). Dass die vom Kläger favorisierte Inanspruchnahme des Grundstücks des Beigeladenen 3 zweckmäßiger wäre als die Durchleitung durch sein Grundstück, behauptet er nicht. Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass bei der vom Kläger vorgeschlagenen Lösung die Abwasserleitung über eine längere Strecke auf einem Baugrundstück verlegt werden müsse, während sie in der vorgesehenen Form nur das Straßengrundstück des Klägers auf einer geringeren Länge in Anspruch nehme. Dem setzt der Kläger nichts entgegen.
21 
Der Kläger wirft auch sonst keine ernstlichen Zweifel an der Beurteilung des Verwaltungsgerichts auf, dass das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig durchgeführt werden kann. Mit seinem Hinweis auf einen früheren erfolglosen Versuch seinerseits, mit den Beigeladenen die Herstellung einer gemeinsamen Abwasserbeseitigungsanlage für deren Grundstück und mehrere seiner Grundstücke zu vereinbaren, zeigt er schon keine mögliche Alternative zu der von den Beigeladenen begehrten Durchleitung auf. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hat er bereits eine Abwasserbeseitigungsanlage für seine Grundstücke errichtet, die nur bei wesentlicher Beeinträchtigung ihres Betriebs auch zur Entsorgung des Abwassers vom Grundstück der Beigeladenen 1 und 2 genutzt werden könnte (vgl. § 94 Abs. 1 Nr. 3 WHG).
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2 und 3, 162 Abs. 3 VwGO; die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 2 GKG.
23 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Bundesgerichtshof Urteil, 04. Juli 2008 - V ZR 172/07

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Tenor I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. II. Der Beigeladene hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt.

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Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
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2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat.

(2) Auf den Gebieten des Artikels 74 Abs. 1 Nr. 4, 7, 11, 13, 15, 19a, 20, 22, 25 und 26 hat der Bund das Gesetzgebungsrecht, wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht.

(3) Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen über:

1.
das Jagdwesen (ohne das Recht der Jagdscheine);
2.
den Naturschutz und die Landschaftspflege (ohne die allgemeinen Grundsätze des Naturschutzes, das Recht des Artenschutzes oder des Meeresnaturschutzes);
3.
die Bodenverteilung;
4.
die Raumordnung;
5.
den Wasserhaushalt (ohne stoff- oder anlagenbezogene Regelungen);
6.
die Hochschulzulassung und die Hochschulabschlüsse;
7.
die Grundsteuer.
Bundesgesetze auf diesen Gebieten treten frühestens sechs Monate nach ihrer Verkündung in Kraft, soweit nicht mit Zustimmung des Bundesrates anderes bestimmt ist. Auf den Gebieten des Satzes 1 geht im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht das jeweils spätere Gesetz vor.

(4) Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, daß eine bundesgesetzliche Regelung, für die eine Erforderlichkeit im Sinne des Absatzes 2 nicht mehr besteht, durch Landesrecht ersetzt werden kann.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 172/07 Verkündet am:
4. Juli 2008
Langendörfer-Kunz,
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Weder die Kompetenzvorschriften der Art. 70 bis 74 GG noch die Regelung in § 18a
WHG noch das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen stehen der entsprechenden
Anwendung von § 917 BGB auf das Notleitungsrecht entgegen.
BGH, Urt. v. 4. Juli 2008 - V ZR 172/07 - LG Bochum
AGBochum
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 4. Juli 2008 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Lemke, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bochum vom 4. September 2007 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Klägerin ist Miteigentümerin eines mit einer Tiefgarage bebauten Grundstücks in B. , das von ihr und den übrigen Miteigentümern als Zuwegung zu den angrenzenden Hausgrundstücken genutzt wird. Ferner verläuft über das Grundstück eine Abwasserleitung, welche die Hausgrundstücke mit der öffentlichen Kanalisation verbindet. Diese Leitung hatte der Voreigentümer des gesamten Geländes, ein Bauträger, vor der Veräußerung des Tiefgaragengrundstücks und der Hausgrundstücke bis zu einem ihm gehörenden Nachbargrundstück verlegt, das nicht an einer Straße liegt und über keine andere Verbindung zu der öffentlichen Kanalisation verfügt. Die Beklagten erwarben das Nachbargrundstück und bebauten es mit einem Wohnhaus. Sie errichteten eine Sickeranlage für das Niederschlagswasser und schlossen ihr Haus an die über das Tiefgaragengrundstück verlaufende Abwasserleitung an. Seither leiten sie ihr Schmutzwasser durch diese Leitung ab. Eine entsprechende Dienstbarkeit besteht nicht. Die Miteigentümer des Tiefgaragengrundstücks haben die Mitbenutzung der Abwasserleitung auch nicht gestattet.
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Mit der Behauptung, die Abwasserleitung sei überlastet und die Beklagten leiteten auch Niederschlagswasser ein, was schon mehrfach zu einem Rückstau mit Überschwemmungen geführt habe, verlangt die Klägerin von den Beklagten, die Benutzung der Leitung zu unterlassen und den Anschluss wieder zu beseitigen. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der von dem Landgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagten beantragen , verfolgt die Klägerin beide Anträge weiter.

Entscheidungsgründe:


I.


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Das Berufungsgericht meint, die Klägerin müsse die Mitbenutzung des Tiefgaragengrundstücks dulden, weil den Beklagten entsprechend § 917 BGB ein Notleitungsrecht zustehe. Zum einen enthalte das Landesrecht keine Vorschrift , welche die entsprechende Anwendung der bundesrechtlichen Bestimmungen über den Notweg ausschließe. Das im Wasserrecht des Landes Nordrhein -Westfalen vorgesehene Zwangsrecht sei keine privatrechtliche Regelung im Sinne der Art. 65 und 124 EGBGB, sondern ausschließlich öffentlichrechtlicher Natur. Zum anderen lägen die Voraussetzungen für ein Notleitungsrecht analog § 917 BGB vor. Insbesondere habe die Klägerin weder die Überlastung der Abwasserleitung noch das Einleiten von Niederschlagswasser bewiesen. Sie sei beweisfällig geblieben, weil sie den Auslagenvorschuss für die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht gezahlt habe.
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Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

II.


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Der Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB, den die Klägerin gemäß § 1011 BGB geltend macht, steht den Miteigentümern des Tiefgaragengrundstücks nicht zu, weil sie entsprechend § 917 Abs. 1 BGB den Beklagten gegenüber verpflichtet sind, die Mitbenutzung der über ihr Grundstück verlaufenden Abwasserleitung zur Durchleitung von Schmutzwasser zu dulden (§ 1004 Abs. 2 BGB). Eine weitergehende Beeinträchtigung des Miteigentums durch die Durchleitung von Niederschlagswasser hat die Klägerin nicht bewiesen, so dass der Anspruch nach § 1004 Abs. 1 BGB insoweit von vornherein nicht besteht.
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1. Das Berufungsgericht geht zu Recht davon aus, dass das Recht des Landes Nordrhein-Westfalen der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB nicht entgegensteht.
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a) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats kann sich aus § 917 BGB die Befugnis ergeben, Abwässer eines Grundstücks über ein anderes, fremdes Grundstück der öffentlichen Kanalisation zuzuführen (BGHZ 79, 307, 308 f.; Urt. v. 4. November 1959, V ZR 49/58, WM 1959, 1461, 1462; Urt. v. 15. April 1964, V ZR 134/62, NJW 1964, 1321, 1322; Urt. v. 24. Januar 1968, V ZR 175/64, WM 1968, 434, 435; Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 59/89, NJW 1991, 176 f.; vgl. auch Urt. v. 31. Januar 2003, V ZR 143/02, NJW 2003, 1392 f.). Inhalt eines solchen Notleitungsrechts kann auch die Mitbenutzung der auf dem belasteten Grundstück vorhandenen Leitungen sein (vgl. nur Senat, BGHZ 79, aaO). Wie der Senat in seinem Urteil vom 22. Juni 1990 (V ZR 59/89, aaO) klargestellt hat, dient diese Rechtsprechung zur Lückenfüllung im Wege analoger Rechtsfortbildung , soweit entsprechende landesrechtliche Regelungen fehlen. Unmittelbar regeln die Vorschriften der §§ 917, 918 BGB nämlich nur das Notwegrecht, und für ihre analoge Anwendung besteht kein Bedürfnis, wenn das Landesrecht die Voraussetzungen des Notleitungsrechts entsprechend dem Vorbehalt in Art. 124 EGBGB in eigenständiger Weise regelt, wie dies in den Nachbarrechtsgesetzen der Bundesländer Baden-Württemberg (§ 7e), Brandenburg (§ 44), Hessen (§ 30), Rheinland-Pfalz (§ 26), Saarland (§ 27), Sachsen (§ 19) und Thüringen (§ 26) der Fall ist.
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Die ganz herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur ist dem gefolgt (OLG Düsseldorf AgrarR 1984, 20; NJW-RR 1991, 403, 404; OLG Hamm OLGZ 1994, 62, 63; NJW-RR 1992, 723; OLG Koblenz BauR 2003, 1881; OLG Köln BauR 1986, 727; ZMR 1994, 115, 116; VersR 2004, 1143, 1145; OLG München OLGR 1994, 217; LG Freiburg MDR 1981, 229; LG Hamburg ZMR 1980, 344; LG Köln MDR 1969, 1011; BVerwGE 50, 282, 289; Bamberger /Roth/Fritzsche, BGB, 2. Aufl., § 917 Rdn. 48; Erman/Lorenz, BGB, 12. Aufl., § 917 Rdn. 1; JurisPK-BGB/Rösch, 3. Aufl., § 917 Rdn. 2; NomosKomm -BGB/Ring, 2. Aufl., § 917 Rdn. 23; Palandt/Bassenge, BGB, 67. Aufl., § 917 Rdn. 1; PWW/Lemke, BGB, 3. Aufl., § 917 Rdn. 3; Bender /Dohle, Nachbarschutz im Zivil- und Verwaltungsrecht, Rdn. 350; Breuer, Öffentliches und privates Wasserrecht, 3. Aufl., Rdn. 1053; Saller in Grziwotz /Lüke/Saller, Praxishandbuch Nachbarrecht, 4. Teil Rdn. 85 m.w.N.; ebenso - wenn auch mit Zweifeln an der Wirksamkeit der landesrechtlichen Bestimmungen - MünchKomm-BGB/Säcker, 4. Aufl., § 917 Rdn. 36 und Dehner, Nachbarrecht, 7. Aufl., B § 27 V 2). Eine andere Auffassung will § 917 BGB sogar unmittelbar anwenden (Staudinger/Roth, BGB [2002], § 917 Rdn. 4; Stau- dinger/Albrecht, BGB [2005], Art. 124 EGBGB Rdn. 26; Soergel/Baur, BGB, 13. Aufl., § 917 Rdn. 12; Jauernig, BGB, 12. Aufl., § 917 Rdn. 3).
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Die Revision meint demgegenüber, § 917 BGB sei weder unmittelbar noch entsprechend anwendbar. Denn die Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das bürgerliche Recht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG) erstrecke sich nicht auf das Durchleiten von Abwasser durch fremde Grundstücke und die Mitbenutzung fremder Abwasserleitungen; § 18a WHG ordne diese wasserrechtlichen Tatbestände dem öffentlichen Recht zu, und Art. 65 EGBGB schließe die Anwendung des Bürgerlichen Gesetzbuchs insoweit aus. Diese Auffassung, die der Instanzanwalt der Klägerin auch in einem während des Rechtsstreits veröffentlichten Aufsatz vertreten hat (Wilhelms, MDR 2006, 125, 129), trifft nicht zu.
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aa) Die Kompetenzvorschriften der Art. 70 bis 74 GG stehen der entsprechenden Anwendung von Bundesrecht schon deshalb nicht entgegen, weil sie nicht die Befugnis der rechtsprechenden Gewalt zur Rechtsfortbildung, sondern nur die Befugnis des Gesetzgebers zum Erlass förmlicher Gesetze betreffen (vgl. dazu nur BVerfGE 55, 7, 21; von Mangoldt/Klein/Starck/Rozer, Kommentar zum Grundgesetz, 5. Aufl., Art. 70 Abs. 1 Rdn. 24 m.w.N.). Die Gerichte sind daher nicht gehindert, Lücken im Landesrecht durch entsprechende Anwendung von Bundesrecht zu schließen. Das solchermaßen geschaffene Richterrecht bleibt allerdings Landesrecht, und zwar unabhängig davon, ob es bundesweit gilt (BVerfGE 61, 149, 202 ff.; von Mangoldt/Klein/Starck/Rozer, aaO, Art. 70 Abs. 1 Rdn. 34).
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Zudem wäre der Bundesgesetzgeber durchaus befugt, die in § 917 BGB geregelte Duldungspflicht auf das Durchleiten von Abwasser auszudehnen. Auf die kompetenzrechtliche Zuordnung einer solchen Regelung kommt es dabei nicht an. Denn seit der Föderalismusreform (Gesetz vom 28. August 2006, BGBl. I 2034) erstreckt sich die konkurrierende Gesetzgebung auf das Gebiet des Wasserhaushalts (Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG). Auch hier ist der Bundesgesetzgeber also nicht mehr - wie nach Art. 75 Nr. 4 GG a.F. - auf den Erlass von Rahmenvorschriften beschränkt; nach Art. 72 GG hat er vielmehr die gleiche uneingeschränkte Regelungsbefugnis wie auf dem Gebiet des bürgerlichen Rechts.
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bb) Auch § 18a WHG schließt ein privates Notleitungsrecht nicht aus. Nach dieser Vorschrift umfasst die Abwasserbeseitigung im Sinne des Wasserhaushaltsgesetzes zwar auch das Sammeln und Fortleiten des Abwassers. Daraus folgt aber nicht, dass die Regelung dieser Tatbestände dem öffentlichen Recht vorbehalten wäre. Denn die öffentlich-rechtliche Ordnung der Wasserwirtschaft durch das Wasserhaushaltsgesetz und die Wassergesetze der Länder schließt zivilrechtliche Ansprüche nur aus, wenn dies - wie in § 11 WHG - ausdrücklich bestimmt ist (vgl. etwa BGHZ 88, 34, 40 f.; BGH, Urt. v. 5. Oktober 1995, III ZR 61/93, WM 1996, 1228, 1229 f.). Im Übrigen unterliegen die Beziehungen zwischen den von einer wasserwirtschaftlichen Maßnahme betroffenen Personen dem Privatrecht (dazu allgemein Breuer, aaO, Rdn. 1037 m.w.N.), und gerade in dem Verhältnis zwischen Grundstücksnachbarn konkurriert der öffentlich-rechtliche Nachbarschutz mit dem privaten Wassernachbarrecht (vgl. nur den Überblick bei Bender/Dohle, aaO, Rdn. 302 ff.).
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cc) Mit Art. 65 EGBGB ist die entsprechende Anwendung der §§ 917 f. BGB ebenfalls vereinbar. Diese Vorschrift durchbricht das Kodifikationsprinzip des Bürgerlichen Gesetzbuchs, indem sie bestimmt, dass die landesgesetzlichen Vorschriften, welche dem Wasserrecht angehören, unberührt bleiben. Nach Art. 1 Abs. 2 EGBGB bedeutet das nicht nur, dass die landesgesetzlichen Vorschriften des privaten Wasserrechts entgegen Art. 55 EGBGB in Kraft geblieben sind, sondern auch, dass die Länder auf diesem Gebiet neue Vorschriften erlassen können. Damit sollte der Landesgesetzgebung nicht bloß die Abweichung von den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder deren Ergänzung, sondern „die Regelung des Wasserrechtes in ihrem vollen Umfange“ vorbehalten werden (Mugdan, Die gesammten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch, Bd. III, S. 588; dazu BVerfGE 58, 300, 333).
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Nach dem Wortlaut von Art. 65 EGBGB erstreckt sich dieser allgemeine Vorbehalt auf die Beförderung der Bewässerung und Entwässerung der Grundstücke. Er setzt damit voraus, dass das Bürgerliche Gesetzbuch diese Fragen nicht regelt. Dementsprechend wurde auch die in § 856 des ersten Entwurfs vorgesehene Bestimmung, dass der Eigentümer eines Grundstücks den infolge der natürlichen Bodenverhältnisse stattfindenden Wasserabfluss von einem anderen Grundstück zu dulden hat, von der zweiten Kommission gestrichen, weil es nicht angezeigt erschien, „eine einzelne, mit den Grundsätzen des privatrechtlichen Nachbarrechts sich allerdings berührende Frage des Wasserrechts einzeln zu regeln“ (Mugdan, aaO, Bd. III, S. XVI, 588).
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Dieser Befund schließt die entsprechende Anwendung der §§ 917 f. BGB jedoch nicht aus. Er bestätigt vielmehr die Rechtsprechung des Senats, nach der diese Vorschriften das Notleitungsrecht nicht unmittelbar erfassen und ihre analoge Anwendung nur in Betracht kommt, wenn auch das Landesrecht eine entsprechende Regelungslücke aufweist. Jedenfalls unter dieser Voraussetzung lässt Art. 65 EGBGB eine solche Rechtsfortbildung zu. Denn das dem Landesgesetzgeber vorbehaltene Wasserrecht überschneidet sich auf dem gesamten Gebiet des Wassernachbarrechts mit den nachbarrechtlichen Vorschriften des Bundes und der Länder, so dass die Stellung des Eigentümers hier nicht allein durch das Landesrecht, sondern erst durch die Zusammenschau aller sie regelnden gesetzlichen Vorschriften bestimmt wird (BGHZ 114, 183, 186; Senat, Urt. v. 12. November 1999, V ZR 229/98, NJW-RR 2000, 537 f.). Ob der Eigentümer gemäß § 1004 Abs. 2 BGB zur Duldung einer Beeinträchtigung verpflichtet ist, hängt danach zwar in erster Linie vom Wasser- und Nachbarrecht des jeweiligen Landes ab (vgl. Senat, BGHZ 49, 68, 71; Urt. v. 22. März 1966, V ZR 126/63, NJW 1966, 1360). Dessen Vorschriften verdrängen das allgemeine Nachbarrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs aber nur, wenn und soweit sie eine bestimmte Materie abschließend regeln (vgl. nur Senat, Urt. v. 12. November 1999, aaO, 538). Im Übrigen gelten die Bestimmungen der §§ 906 ff. BGB sogar unmittelbar (vgl. etwa Senat, BGHZ 49, 340, 346; 90, 255, 258 f.; Urt. v. 22. März 1966, aaO, 1361; Urt. v. 5. November 1976, V ZR 93/73, NJW 1977, 763 f.; BGH, Urt. v. 15. März 1979, III ZR 3/78, WM 1979, 1216, 1217, außerdem Breuer, aaO, Rdn. 1050 ff.; Soergel/Hartmann, BGB, 12. Aufl., Art. 65 EGBGB Rdn. 5; Staudinger/Albrecht, BGB [2005], Art. 124 EGBGB Rdn. 43 und Staudinger/Dittmann, BGB, 10./11. Aufl., Art. 65 EGBGB Rdn. 18, jeweils m.w.N.), so dass auch keine Bedenken bestehen, sie zur Lückenfüllung im Wege analoger Rechtsfortbildung heranzuziehen.
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b) Das hier maßgebliche Recht des Landes Nordrhein-Westfalen schließt die entsprechende Anwendung von § 917 BGB nicht aus (ganz h.M.; vgl. OLG Düsseldorf AgrarR 1984, 20; NJW-RR 1991, 403, 404; OLG Hamm OLGZ 1994, 62, 63; NJW-RR 1992, 723; OLG Köln [22. Zivilsenat] BauR 1986, 727; OLG Köln [11. Zivilsenat] ZMR 1994, 115, 116; LG Köln MDR 1969, 1011; Dröschel /Glaser, Das Nachbarrecht in Nordrhein-Westfalen, 5. Aufl., § 29 Rdn. 2; Schäfer, Nachbarrechtsgesetz für Nordrhein-Westfalen, 14. Aufl., § 27 Rdn. 6, § 29 Rdn. 2; a.A. OLG Köln [19. Zivilsenat] VersR 2004, 1143, 1145; Wilhelms, aaO, 129). Denn ein privates Notleitungsrecht ist weder im Nachbarrechtsge- setz (NachbG NRW) noch im Wassergesetz (LWG NRW) dieses Landes vorgesehen.
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Entgegen der Auffassung der Revision wird die Regelungslücke im privaten Wassernachbarrecht auch nicht durch die Zwangsrechte nach §§ 128, 129 LWG NRW geschlossen (so aber OLG Köln [19. Zivilsenat] aaO, 1143, 1145, und Wilhelms, aaO, 129; zutreffend dagegen Breuer, aaO, Rdn. 1054 und Dehner , aaO, B § 27 V 2 Fn. 111; vgl. auch Hodes/Dehner, Hessisches Nachbarrecht , 5. Aufl., Vorbem. zu §§ 30 ff. Rdn. 3 und Bender/Dohle, aaO, Rdn. 352).
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aa) Gemäß § 128 LWG NRW kann die zuständige Wasserbehörde den Eigentümer eines Grundstücks zugunsten eines Unternehmens der Fortleitung von Abwasser verpflichten, das ober- und unterirdische Durchleiten des Abwassers und die Unterhaltung der Leitungen zu dulden, wenn das Unternehmen anders nicht zweckmäßiger oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann, der von dem Unternehmen zu erwartende Nutzen den Schaden der Betroffenen erheblich übersteigt und das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegensteht. Unter ähnlichen Voraussetzungen kann sie nach § 129 LWG NRW auch den Betreiber einer Abwasseranlage verpflichten, einem anderen deren Mitbenutzung zu gestatten. Vergleichbare Bestimmungen finden sich in den Wassergesetzen der meisten Bundesländer (vgl. die Zusammenstellung bei Dehner, aaO, B § 27 V 2 Fn. 111). Sie knüpfen an eine auf das Allgemeine Landrecht für die Preußischen Staaten von 1794 zurückgehende Tradition an (OVG Münster ZfW 1994, 294, 295 f. m.w.N.) und gehören damit zum hergebrachten Bestand des Wasserrechts (VGH Mannheim ZfW 1974, 383, 385; 1975, 174 f.).
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bb) Die Regelung der §§ 128, 129 LWG NRW gilt sowohl für Unternehmen der öffentlichen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung als auch im unmittelbaren Nachbarschaftsverhältnis (OVG Münster aaO, 296). Die Durchleitungs - und Mitbenutzungsrechte können also auch dem Eigentümer erteilt werden , der sein eigenes Grundstück entwässern oder mit Wasser versorgen will (vgl. Lersner/Berendes/Reinhardt/Broschei, Handbuch des Wasserrechts, § 29 LWG NRW Rdn. 7). Ihr Tatbestand ist darum zwar nicht - wie die Revision meint - mit dem des Notleitungsrechts identisch, sondern erheblich weiter; er erstreckt sich allerdings auf die Fälle, in denen der Eigentümer des Nachbargrundstücks nach dem Rechtsgedanken des § 917 BGB und nach dem Nachbarrecht anderer Länder zur Duldung einer Notleitung verpflichtet ist, weil dem Grundstück die zur ordnungsgemäßen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Abwasserkanal fehlt.
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Die Vorschriften der §§ 128, 129 LWG NRW enthalten deshalb aber noch keine eigenständige landesrechtliche Regelung des Notleitungsrechts, die der entsprechenden Anwendung von § 917 BGB entgegenstünde. Wie das Berufungsgericht zu Recht hervorhebt, regeln sie nämlich gerade nicht die privatrechtliche Beziehung zwischen den Grundstücksnachbarn, sondern die hoheitliche Befugnis zur Erteilung von Zwangsrechten, die der zuständigen Wasserbehörde bei der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe gegenüber dem betroffenen Eigentümer zukommt. Entgegen der Auffassung der Revision beschränkt sich dieser Unterschied auch nicht auf die Form, in der das Notleitungsrecht durchgesetzt wird. Denn bei den Zwangsrechten nach §§ 128, 129 LWG NRW geht es nicht – wie in § 917 BGB (dazu Senat, BGHZ 79, 307, 312) – um den Ausgleich der privaten Interessen benachbarter Grundstückseigentümer. Es handelt sich vielmehr um Inhaltsbestimmungen, welche die Sozialpflichtigkeit des Eigentums konkretisieren (Art. 14 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 GG) und dabei einen gerechten Ausgleich zwischen den schutzwürdigen Interessen des betroffenen Eigentümers und den Belangen des Gemeinwohls herstellen (BVerwG NVwZ 2007, 707; Beschl. v. 19. Februar 1988, 4 B 141/85, zitiert nach Juris, Tz. 4; OVG Münster ZfW 1994, 294, 295 m.w.N.). Die Zwangsrechte dienen auch nicht der Durchsetzung desselben nachbarlichen Anspruchs (so aber VGH Mannheim, ZfW 1975, 174, 175 und Schulte, ZfW 1971, 123 zu § 88 WG BW), sondern dem öffentlichen Interesse an einer geordneten Abwasserbeseitigung und anderen wasserwirtschaftlichen Zwecken (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 8. September 1995, 20 B 2096/95, Tz. 6; Beschl. v. 27. Januar 2005, 20 A 2187/04, Tz. 3 f.; Urt. v. 9. November 2006, 20 A 2136/05, Tz. 31, 41, 43, 48, 62 – alle zitiert nach Juris – sowie die Begründung der Gesetzentwürfe zu §§ 84, 85 LWG NRW 1962, LT-Drs. 4/156, S. 67 f. und 100, zu §§ 124 bis 132 LWG NRW 1979, LT-Drs. 8/2388, S. 124, und zu § 128 LWG NRW 1989, LTDrs. 10/2661, S. 80). Der unterschiedliche Regelungszweck zeigt sich gerade daran, dass die Zwangsrechte auch den Betreibern von öffentlichen Unternehmen der Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung erteilt werden können, während das private Notleitungsrecht nur dem Grundstückseigentümer zusteht. Dieser erweiterte Anwendungsbereich beruht also nicht auf einer Doppelnatur der Zwangsrechte (so aber Schulte, Eigentum und öffentliches Interesse, S. 268 ff. und ZfW 1966, 72, 76 f.), sondern auf ihrer von nachbarlichen Interessen unabhängigen wasserwirtschaftlichen Zielsetzung.
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cc) Das Bedürfnis für die entsprechende Anwendung von § 917 BGB entfällt auch nicht deshalb, weil die wasserrechtlichen Zwangsrechte gemäß §§ 131 Abs. 2, 26 Abs. 1 LWG NRW, 8 Abs. 6 WHG die zivilrechtlichen Wirkungen einer Grunddienstbarkeit entfalten und damit auch dem privaten Interesse des begünstigten Eigentümers dienen. Denn die privatrechtsgestaltende Erteilung eines Zwangsrechts steht im Ermessen der Behörde (BVerwG, Beschl. v. 19.
Februar 1988, aaO, Tz. 4; OVG Münster, Urt. v. 9. November 2006, aaO, Tz. 29), und bei dessen Ausübung sind - dem Zweck der Regelung entsprechend - primär die öffentlichen Belange der Wasserwirtschaft zu beachten. Ein gleichgerichtetes Interesse des Eigentümers fällt zwar ebenfalls ins Gewicht; Voraussetzung ist aber, dass der private Nutzen mit diesen Belangen des Gemeinwohls in Einklang steht (vgl. §§ 2 Abs. 2, 128 Abs. 3 i.V.m. 125 Abs. 2, 129 Abs. 1 Satz 1 LWG NRW und OVG Münster, Urt. v. 9. November 2006, aaO, Tz. 41 ff. und 62).
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Die nach dem Rechtsgedanken von § 917 BGB erforderliche Notlage entfällt deshalb erst mit der Erteilung des Zwangsrechts. Bis dahin besteht kein Anlass, von dem allgemeinen Grundsatz der Zweigleisigkeit des öffentlichen und privaten Nachbarrechts (dazu etwa Senat, BGHZ 66, 354, 357 ff.; 122, 1, 8 und allgemein Saller in Grziwotz/Lüke/Saller, aaO, 1. Teil Rdn. 83 ff.) abzuweichen. Denn den §§ 128, 129 LWG NRW kann nicht entnommen werden, dass der Landesgesetzgeber im Rahmen des Vorbehalts nach Art. 65 EGBGB ein privates Notleitungsrecht ausschließen und den Eigentümer auf das hoheitliche Zwangsrecht verweisen wollte. Das zeigen zum einen die in den Wassergesetzen der Länder Baden-Württemberg (§§ 88 f.), Brandenburg (§§ 116, 118), Hessen (§§ 64 f.), Rheinland-Pfalz (§§ 98 f.), Saarland (§§ 93 f.), Sachsen (§§ 109 f.) und Thüringen (§§ 95 f.) geregelten Zwangsrechte, die jeweils mit den - oben erwähnten - landesrechtlichen Bestimmungen über das private Notleitungsrecht konkurrieren. Zum anderen sah bereits das preußische Allgemeine Landrecht, dessen Tradition die Revision für ihre gegenteilige Auffassung bemüht, neben dem staatlichen Zwang zur Gestattung der Vorflut (ALR I 8 §§ 103 ff.) auch ein nachbarliches Notrecht vor (ALR I 22 § 3), dessen denkbar weit gefasster Tatbestand nicht nur das Notwegrecht, sondern jede Art von Grundgerechtigkeit und damit auch die Befugnis zum "Ausguss" auf das be- nachbarte Grundstück und zur Abführung der Flüssigkeiten durch einen Kanal (vgl. ALR I 22 §§ 59 f.) umfasste. Dass der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber in diesem Punkt von der preußischen Tradition abweichen wollte, lässt sich weder den Materialien zum Landeswassergesetz (LT-Drs. 4/156, 8/2388 und 10/2661, jeweils aaO) noch der amtlichen Begründung zu dem Entwurf des Nachbarrechtsgesetzes (LT-Drs. 6/212, S. 26 ff.) entnehmen. Allein der Umstand, dass das Nachbarrechtsgesetz vom 15. April 1969 keine eigenständige Regelung des Notleitungsrechts enthält, rechtfertigt diese Annahme nicht. Denn zum einen kann der achte Abschnitt, in dem das Gesetz von Abwässern handelt, schon deshalb nicht als abschließende Kodifikation des entsprechenden Wassernachbarrechts angesehen werden, weil er aus einer einzigen Vorschrift besteht (§ 29 NachbG NRW) und die in § 115 LWG NRW geregelten Fragen wild abfließenden Wassers ausklammert. Zum anderen hatte der Senat bereits zehn Jahre vor dem Erlass des Nachbarrechtsgesetzes entschieden , dass sich die Befugnis zur Verlegung eines Abwasserkanals aus § 917 BGB ergeben kann (Urt. v. 4. November 1959, V ZR 49/58, WM 1959, 1461). Es liegt deshalb näher, dass der nordrhein-westfälische Gesetzgeber ein weitergehendes Notleitungsrecht, wie es in den Nachbarrechtsgesetzen anderer Länder vorgesehen ist, schlicht für entbehrlich hielt.
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dd) Die Revision weist in diesem Zusammenhang noch darauf hin, dass der Nachbar, durch dessen Grundstück die Notleitung verläuft, analog § 917 Abs. 2 BGB durch eine nach dem Minderwert des Grundstücks bemessene Rente zu entschädigen ist (vgl. Senat, BGHZ 79, 307, 310; 113, 32, 35; OLG Hamm NJW-RR 1992, 723, 724), während er für die Erteilung eines entsprechenden Zwangsrechts eine Entschädigung nach den Regelungen des Landesenteignungs - und -entschädigungsgesetzes erhielte (§§ 131 Abs. 1, 134, 135 LWG NRW) und bei der Mitbenutzung eigener Leitungen darüber hinaus die anteilige Erstattung der Anlage- und Unterhaltungskosten verlangen könnte (§ 129 Abs. 2 LWG NRW). Warum das der entsprechenden Anwendung des privaten Notwegrechts entgegenstehen soll, erschließt sich indes nicht, zumal möglicherweise bestehende Unterschiede zwischen den Entschädigungsregelungen des privaten und des öffentlichen Rechts auch deshalb gerechtfertigt wären, weil die Voraussetzungen der wasserrechtlichen Zwangsrechte geringer sind als die des § 917 BGB (vgl. Senat, BGHZ 79, 307, 312 f.).
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Zu bedenken ist lediglich, ob der durch das Notleitungsrecht begünstigte Eigentümer über die Rente hinaus an den Herstellungs- und Unterhaltungskosten zu beteiligen ist, wenn dieses Recht – wie hier – auf die Mitbenutzung einer von dem Nachbarn angelegten Leitung gerichtet ist. Die landesrechtlichen Bestimmungen über das private Notleitungsrecht sehen eine solche Kostenbeteiligung vor (vgl. etwa § 7e Abs. 1 Satz 3, Abs. 5 NRG BW). Bei den Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung entspricht sie auch dem allgemeinen Notwegrecht. Denn nach § 917 BGB ist der Nachbar nur zur Duldung, aber nicht zur Unterhaltung des Notwegs verpflichtet (BGH, Urt. v. 6. April 1995, III ZR 27/94, NJW-RR 1995, 911, 913 f.), und wenn er den Weg gemeinsam mit dem Berechtigten nutzt, sind die Kosten der Unterhaltung und Instandsetzung nach §§ 748, 742 BGB zu teilen (OLG Düsseldorf RdL 1997, 35, 36; OLG Hamm Urt. v. 16. Oktober 2000, 5 U 108/00, zitiert nach Juris, Tz. 34; Staudinger/Roth, BGB [2002], § 917 Rdn. 35; vgl. auch Senat, BGHZ 161, 115, 119 ff. für das Recht der Dienstbarkeiten). Für die Unterhaltung einer gemeinsam genutzten Notleitung gelten diese Grundsätze entsprechend. Daraus folgt aber nicht, dass der Berechtigte dem Nachbarn auch die Kosten für die Herstellung einer solchen Leitung anteilig zu erstatten hätte. Vielmehr scheidet eine Beteiligung an diesen Kosten jedenfalls unter den - hier vorliegenden - Voraussetzungen des § 918 Abs. 2 BGB aus. Denn der Eigentümer, der in seine Grundstücke Abwas- serleitungen für andere, ebenfalls ihm gehörende, später veräußerte Grundstücke verlegt, hat die Möglichkeit, sich einen finanziellen Ausgleich für die Herstellungskosten zu verschaffen, indem er den Kaufpreis für die Grundstücke, denen die Leitungen dienen, entsprechend bemisst (Senat, BGHZ 79, 307, 310 f.). Das schließt eine nachträgliche Kostenbeteiligung des Käufers auch dann aus, wenn die belasteten Grundstücke ebenfalls veräußert werden. Denn der bloße Wechsel des Eigentümers ist auf den Inhalt des Notwegrechts ohne Einfluss (Senat, aaO, 311).
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2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen eines Notleitungsrechts analog § 917 BGB zu Recht bejaht. Das Grundstück der Beklagten hat keine eigene Verbindung zu einem öffentlichen Abwasserkanal. Eine solche Verbindung ist erforderlich, weil das Grundstück zu Wohnzwecken genutzt wird. Diese Nutzung ist ordnungsgemäß. Hieran ändert sich auch dann nichts, wenn die Bebauung des Grundstücks wegen der fehlenden Absicherung der Verbindung zum öffentlichen Kanalnetz durch eine Dienstbarkeit oder eine Baulast nach öffentlichem Baurecht nicht hätte genehmigt werden dürfen. Denn die erforderliche Baugenehmigung ist unstreitig erteilt worden, so dass insoweit von der Ordnungsmäßigkeit der Nutzung auszugehen ist (Senat, Urt. v. 7. Juli 2006, V ZR 159/05, NJW 2006, 3426, 3427; ebenso - für das Notleitungsrecht - BVerwGE 50, 282, 290 f., und Wilhelms, aaO, 127). Das gilt auch für den von der Revision geltend gemachten Verstoß gegen die örtliche Abwassersatzung. Denn eine Baugenehmigung stellt verbindlich fest, dass das Vorhaben mit dem gesamten im Zeitpunkt der Genehmigung geltenden öffentlichen Recht übereinstimmt (BVerwG aaO, 290). Keiner Klärung bedarf daher, ob ein Notleitungsrecht den Anforderungen der Ortssatzung genügt und inwiefern dies nach § 917 BGB für die Ordnungsmäßigkeit der Nutzung von Bedeutung ist (dazu Senat, Urt. v. 22. Juni 1990, V ZR 59/89, NJW 1991, 176, 177).
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3. Von einer Bestimmung nach § 917 Abs. 1 Satz 2 BGB hat das Berufungsgericht abgesehen, weil die Richtung der Notleitung und der Umfang des Notleitungsrechts durch die bei dessen Entstehung vorhandene Abwasserleitung bestimmt werden. Das entspricht der Rechtsprechung des Senats (BGHZ 79, 307, 309) und wird von der Revision auch nicht beanstandet. Inhalt und Umfang des Notleitungsrechts wären zwar ausnahmsweise dann neu zu bestimmen , wenn die vorhandene Leitung überlastet wäre. Insoweit hat die Klägerin den ihr obliegenden Beweis jedoch nicht geführt.
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4. Zu Recht hat das Berufungsgericht die erstinstanzliche Abweisung der Klage auch insoweit bestätigt, als der geltend gemachte Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch die Durchleitung von Niederschlagswasser betrifft. Dabei hat es nicht verkannt, dass die Miteigentümer des Garagengrundstücks insoweit nicht nach § 917 BGB verpflichtet sind, die Mitbenutzung ihrer Abwasserleitung zu dulden, weil die Beklagten wegen der auf ihrem Grundstück vorhandenen Sickeranlage nicht auf die Durchleitung des Niederschlagswassers angewiesen sind. Nach seinen Feststellungen fehlt es aber schon an einer Beeinträchtigung des Miteigentums (§ 1004 Abs. 1 BGB), weil die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Beklagten auch Niederschlagswasser in die Abwasserleitung einleiten.
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Diese Feststellung hält den Angriffen der Revision stand. Das Berufungsgericht hat die Beweislast nicht verkannt. Als Störer müssen die Beklagten zwar sämtliche Voraussetzungen der Duldungspflicht nach § 1004 Abs. 2 BGB darlegen und beweisen (Senat, BGHZ 106, 142, 145). Die streitige Frage, ob die Beklagten Niederschlagswasser in die Abwasserleitung einleiten, betrifft aber nicht die Duldungspflicht, sondern die geltend gemachte Eigentumsbeeinträchtigung selbst. Deren Vorliegen und Ausmaß hat nach allgemeinen Regeln die Klägerin zu beweisen (vgl. nur Baumgärtel in Baumgärtel/Laumen, Handbuch der Beweislast, 2. Aufl., Bd. 2, § 1004 Rdn. 4 m.w.N.).

III.


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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO.
Krüger Lemke Stresemann
Czub Roth
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 31.05.2005 - 63 C 552/04 -
LG Bochum, Entscheidung vom 04.09.2007 - 9 S 157/05 -

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Benutzung eines Gewässers bedarf der Erlaubnis oder der Bewilligung, soweit nicht durch dieses Gesetz oder auf Grund dieses Gesetzes erlassener Vorschriften etwas anderes bestimmt ist.

(2) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen Gewässerbenutzungen, die der Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für die öffentliche Sicherheit dienen, sofern der drohende Schaden schwerer wiegt als die mit der Benutzung verbundenen nachteiligen Veränderungen von Gewässereigenschaften. Die zuständige Behörde ist unverzüglich über die Benutzung zu unterrichten.

(3) Keiner Erlaubnis oder Bewilligung bedürfen ferner bei Übungen und Erprobungen für Zwecke der Verteidigung oder der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit

1.
das vorübergehende Entnehmen von Wasser aus einem Gewässer,
2.
das Wiedereinleiten des Wassers in ein Gewässer mittels beweglicher Anlagen und
3.
das vorübergehende Einbringen von Stoffen in ein Gewässer,
wenn durch diese Benutzungen andere nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden und keine nachteilige Veränderung der Gewässereigenschaften zu erwarten ist. Die Gewässerbenutzung ist der zuständigen Behörde rechtzeitig vor Beginn der Übung oder der Erprobung anzuzeigen.

(4) Ist bei der Erteilung der Erlaubnis oder der Bewilligung nichts anderes bestimmt worden, geht die Erlaubnis oder die Bewilligung mit der Wasserbenutzungsanlage oder, wenn sie für ein Grundstück erteilt worden ist, mit diesem auf den Rechtsnachfolger über.

(1) Eine Erlaubnis für das Einleiten von Abwasser in Gewässer (Direkteinleitung) darf nur erteilt werden, wenn

1.
die Menge und Schädlichkeit des Abwassers so gering gehalten wird, wie dies bei Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden Verfahren nach dem Stand der Technik möglich ist,
2.
die Einleitung mit den Anforderungen an die Gewässereigenschaften und sonstigen rechtlichen Anforderungen vereinbar ist und
3.
Abwasseranlagen oder sonstige Einrichtungen errichtet und betrieben werden, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Anforderungen nach den Nummern 1 und 2 sicherzustellen.

(2) Durch Rechtsverordnung nach § 23 Absatz 1 Nummer 3 können an das Einleiten von Abwasser in Gewässer Anforderungen festgelegt werden, die nach Absatz 1 Nummer 1 dem Stand der Technik entsprechen. Die Anforderungen können auch für den Ort des Anfalls des Abwassers oder vor seiner Vermischung festgelegt werden.

(3) Nach Veröffentlichung einer BVT-Schlussfolgerung ist bei der Festlegung von Anforderungen nach Absatz 2 Satz 1 unverzüglich zu gewährleisten, dass für Anlagen nach § 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen und nach § 60 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 die Einleitungen unter normalen Betriebsbedingungen die in den BVT-Schlussfolgerungen genannten Emissionsbandbreiten nicht überschreiten. Wenn in besonderen Fällen wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlagenart die Einhaltung der in Satz 1 genannten Emissionsbandbreiten unverhältnismäßig wäre, können in der Rechtsverordnung für die Anlagenart geeignete Emissionswerte festgelegt werden, die im Übrigen dem Stand der Technik entsprechen müssen. Bei der Festlegung der abweichenden Anforderungen nach Satz 2 ist zu gewährleisten, dass die in den Anhängen V bis VIII der Richtlinie 2010/75/EU festgelegten Emissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf den Gewässerzustand hervorgerufen werden und zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt insgesamt beigetragen wird. Die Notwendigkeit abweichender Anforderungen ist zu begründen.

(4) Für vorhandene Abwassereinleitungen aus Anlagen nach § 3 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen oder bei Anlagen nach § 60 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 ist

1.
innerhalb eines Jahres nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit eine Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Rechtsverordnung vorzunehmen und
2.
innerhalb von vier Jahren nach Veröffentlichung von BVT-Schlussfolgerungen zur Haupttätigkeit sicherzustellen, dass die betreffenden Einleitungen oder Anlagen die Emissionsgrenzwerte der Rechtsverordnung einhalten; dabei gelten die Emissionsgrenzwerte als im Einleitungsbescheid festgesetzt, soweit der Bescheid nicht weitergehende Anforderungen im Einzelfall festlegt.
Sollte die Anpassung der Abwassereinleitung an die nach Satz 1 Nummer 1 geänderten Anforderungen innerhalb der in Satz 1 bestimmten Frist wegen technischer Merkmale der betroffenen Anlage unverhältnismäßig sein, soll die zuständige Behörde einen längeren Zeitraum festlegen.

(5) Entsprechen vorhandene Einleitungen, die nicht unter die Absätze 3 bis 4 fallen, nicht den Anforderungen nach Absatz 2, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entsprechenden Anforderungen der Abwasserverordnung in ihrer am 28. Februar 2010 geltenden Fassung, so hat der Betreiber die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen innerhalb angemessener Fristen durchzuführen; Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 zweiter Halbsatz gilt entsprechend. Für Einleitungen nach Satz 1 sind in der Rechtsverordnung nach Absatz 2 Satz 1 abweichende Anforderungen festzulegen, soweit die erforderlichen Anpassungsmaßnahmen unverhältnismäßig wären.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken und oberirdischen Gewässern verpflichten, das Durchleiten von Wasser und Abwasser sowie die Errichtung und Unterhaltung der dazu dienenden Anlagen zu dulden, soweit dies zur Entwässerung oder Bewässerung von Grundstücken, zur Wasserversorgung, zur Abwasserbeseitigung, zum Betrieb einer Stauanlage oder zum Schutz vor oder zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Natur- oder Wasserhaushalts durch Wassermangel erforderlich ist. § 92 Satz 2 gilt entsprechend.

Die zuständige Behörde kann Eigentümer und Nutzungsberechtigte oberirdischer Gewässer sowie der Grundstücke, deren Inanspruchnahme für die Durchführung des Vorhabens erforderlich ist, verpflichten, Gewässerveränderungen, insbesondere Vertiefungen und Verbreiterungen, zu dulden, die der Verbesserung des Wasserabflusses dienen und zur Entwässerung von Grundstücken, zur Abwasserbeseitigung oder zur besseren Ausnutzung einer Triebwerksanlage erforderlich sind. Satz 1 gilt nur, wenn das Vorhaben anders nicht ebenso zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand durchgeführt werden kann und der von dem Vorhaben zu erwartende Nutzen erheblich größer als der Nachteil des Betroffenen ist.

(1) Die zuständige Behörde kann Betreiber einer Grundstücksentwässerungs-, Wasserversorgungs- oder Abwasseranlage verpflichten, deren Mitbenutzung einer anderen Person zu gestatten, wenn

1.
diese Person Maßnahmen der Entwässerung, Wasserversorgung oder Abwasserbeseitigung anders nicht zweckmäßig oder nur mit erheblichem Mehraufwand ausführen kann,
2.
die Maßnahmen zur Gewässerbewirtschaftung oder zur Erfüllung gesetzlicher Pflichten erforderlich sind,
3.
der Betrieb der Anlage nicht wesentlich beeinträchtigt wird und
4.
die zur Mitbenutzung berechtigte Person einen angemessenen Teil der Kosten für die Errichtung, den Betrieb und die Unterhaltung der Anlage übernimmt.
Kommt eine Einigung über die Kostenteilung nach Satz 1 Nummer 4 nicht zustande, setzt die zuständige Behörde ein angemessenes Entgelt fest.

(2) Ist eine Mitbenutzung nur bei einer Änderung der Anlage zweckmäßig, kann der Betreiber verpflichtet werden, die entsprechende Änderung nach eigener Wahl entweder selbst vorzunehmen oder zu dulden. Die Kosten der Änderung trägt die zur Mitbenutzung berechtigte Person.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die Mitbenutzung von Grundstücksbewässerungsanlagen durch Eigentümer von Grundstücken, die nach § 93 zur Errichtung oder zum Betrieb der Anlage in Anspruch genommen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.