Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 10. Okt. 2007 - 11 S 2967/06

bei uns veröffentlicht am10.10.2007

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31. August 2006 - 2 K 2059/04 geändert. Die Regelungen Nrn. I. bis III. in der Verfügung der Beklagten vom 16. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29. Juni 2004 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der 1966 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger. Nach Eheschließung mit einer türkischen Staatsangehörigen hielt er sich erstmals ab September 1995 im Bundesgebiet auf. Aus dieser ersten Ehe ging ein 1996 geborener Sohn hervor. Nach Trennung der Eheleute kehrte der Kläger im Juli 1999 in die Türkei zurück. Sein Sohn lebt bis heute bei der Mutter in Bayern.
Am 23.08.2002 reiste der Kläger mit einem Visum zur Eheschließung erneut in das Bundesgebiet ein. Am 15.11.2002 schloss er die Ehe mit einer in Pforzheim wohnhaften deutschen Staatsangehörigen. Daraufhin erteilte die Beklagte ihm am 21.11.2002 eine bis zum 24.08.2005 befristete Aufenthaltserlaubnis. Anschließend erteilte das Arbeitsamt Pforzheim dem Kläger am 29.11.2002 eine unbefristete Arbeitsgenehmigung für eine berufliche Tätigkeit jeder Art. Am 28.01.2003 schloss der Kläger mit der Firma "...-..." (Auto-Kosmetik-Salon) in ... einen schriftlichen Arbeitsvertrag über eine Tätigkeit als "Aufbereiter im Bereich der Autokosmetik" ab dem 03.02.2003.
Am 21.09.2003 meldete die Ehefrau den Kläger nach "unbekannt" ab. Darauf hin kündigte die Beklagte dem Kläger an, es sei beabsichtigt, seine Aufenthaltsgenehmigung nachträglich zeitlich zu beschränken und ihn zur Ausreise aus dem Bundesgebiet aufzufordern. Ende November 2003 erschien die Ehefrau bei der Ausländerbehörde und übergab die Kopie einer Erklärung über ein dauerndes Getrenntleben im steuerlichen Sinne seit 21.09.2003. Der Kläger sprach anschließend bei der Ausländerbehörde vor und versicherte, die Abmeldung aus der ehelichen Wohnung sei ein Missverständnis. Noch am selben Tag teilte die Ehefrau der Behörde fernmündlich mit, die Abmeldung sei endgültig und eine Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht beabsichtigt.
Mit Verfügung vom 16.12.2003, zugestellt am 18.12.2003, beschränkte die Beklagte die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers auf den Tag der Zustellung der Verfügung (Nr. I.) und drohte dem Kläger für den Fall, dass er nicht bis zum 20.01.2004 aus dem Bundesgebiet ausgereist sei, die Abschiebung in die Türkei an (Nrn. II. und III.). Sie ordnete ferner die sofortige Vollziehung der Beschränkung an (IV.) und bestimmte, dass die Kosten einer Abschiebung zu Lasten des Klägers gingen (Nr. V.) und der Kläger bis zum 13.01.2004 unter Vorlage seines Passes bei der Ausländerbehörde vorzusprechen habe (Nr. VI.). Zur Begründung der zeitlichen Beschränkung verwies die Behörde auf § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG und darauf, dass die eheliche Lebensgemeinschaft, derentwegen die Aufenthaltserlaubnis erteilt worden sei, nicht fortbestehe. Die Voraussetzungen eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AuslG seien nicht erfüllt. Sonstige Rechtsgrundlagen für ein Aufenthaltsrecht seien nicht ersichtlich. Die auf § 42 Abs. 3 AuslG gestützte Ausreisefrist sei angemessen. Die Abschiebungsandrohung beruhe auf § 50 Abs. 1 und 2 AuslG. Die Kosten einer Abschiebung gingen nach § 82 Abs. 1 AuslG zu Lasten des Klägers. Die Anordnung des persönlichen Erscheinens beruhe auf § 70 Abs. 4 AuslG.
Mit seinem Widerspruch brachte der Kläger vor: Zwar lebe er seit September 2003 von seiner Ehefrau getrennt. Er sei jedoch nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates EWG/Türkei - ARB 1/80 - weiter aufenthaltsberechtigt, um seine Beschäftigung bei der Firma... ... in ... fortzusetzen, die er auf Grund mündlicher Vereinbarung bereits im Dezember 2002 aufgenommen habe. Der Kläger legte Kopien seiner Arbeitsberechtigung, einer EDV-Anmeldung des Arbeitgebers zur Sozialversicherung bei der AOK P. ab Februar 2003, des Arbeitsvertrages vom 28.01.2003, einer Arbeitsbescheinigung der Firma ... vom 18.11.2003 über den Eintritt in das Unternehmen am "03.02.2003" und von Lohnabrechnungen dieser Firma für die Monate Februar bis Dezember 2003 vor. Ferner versicherte er unter dem 09.02.2004 an Eides statt, dass er seine Tätigkeit bei der Firma ... am 02.12.202 begonnen habe; er habe mit dem Firmeninhaber ... vereinbart, dass er zunächst für ca. zwei Monate die anfallenden Tätigkeiten verrichte bzw. von Herrn ... oder dessen Vorarbeiter in diese Tätigkeiten eingewiesen werde; über eine Entlohnung sei dergestalt gesprochen worden, dass er dann, wenn er einen Festvertrag erhalte, zum einen laufenden Lohn und dann auch rückwirkend für die Monate Dezember 2002 und Januar 2003 eine noch zu vereinbarende Pauschale erhalte; ab Februar 2003 habe er seine Arbeit aufgrund "offiziellen" Arbeitsvertrages fortgesetzt.
Einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes des Klägers lehnte das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 12.03.2004 - 2 K 220/04 - ab. Auf die Beschwerde des Klägers änderte der erkennende Senat mit Beschluss vom 05.05.2004 - 11 S 898/04 - diese Entscheidung, stellte die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis in der Verfügung der Beklagten vom 16.12.2003 wieder her und ordnete die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Abschiebungsandrohung in dieser Verfügung an.
Mit Bescheid vom 29.06.2004, zugestellt am 01.07.2004, wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers zurück.
Am 29.07.2004 hat der Kläger Klage erhoben mit dem Antrag, die Verfügung der Beklagten vom 16.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.06.2004 aufzuheben. Zur Begründung hat er noch vorgebracht: Er habe für Dezember 2002 netto 700 EUR und für Januar 2003 netto 600 EUR Lohn erhalten. Zum Beweis für seine Arbeitnehmertätigkeit in diesem Zeitraum hat er das Zeugnis des Firmeninhabers ..., eines Vorarbeiters "..." sowie der Herren ... und ... angeboten. Ihm stehe auch wegen seiner Beziehung zu seinem Sohn ein Recht auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis zu. Seit seiner Rückkehr nach Deutschland bemühe er sich um einen Kontakt zu seinem Sohn. Sein Rechtsanwalt sei beauftragt, ein Umgangsrecht durchzusetzen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Eine besondere Härte i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AuslG sei nicht gegeben. Der Kläger habe keinen persönlichen Kontakt zu seinem Sohn. Der Vortrag, ab Dezember 2002 in der Firma ... beschäftigt gewesen zu sein, sei eine Schutzbehauptung. Ungeachtet dessen sei der Kläger mangels Entlohnung in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 kein Arbeitnehmer gewesen. In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts hat der Kläger ergänzend angegeben, seit Dezember 2002 für die Firma ... gearbeitet zu haben. Er habe bis zu seiner Entlassung für jedes Auto eine Pauschale von 31 EUR erhalten, wobei er täglich bis zu drei Autos hergerichtet habe. Sein monatliches Einkommen habe zwischen 1.000 und 1.200 EUR betragen. Zum Beweis dafür, dass er seit dem 02.12.2002 bei der Firma ... gearbeitet und hierfür auch Lohn erhalten habe, hat er die Vernehmung des Zeugen ... beantragt.
Am 15.08.2005 hat der Kläger einen Antrag auf Verlängerung der ursprünglichen Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis gestellt, über den bislang noch nicht entschieden wurde.
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Mit Urteil vom 31.08.2006 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig, aber nicht begründet. Die Beschränkungsverfügung habe sich nicht durch Zeitablauf erledigt, da sie auch in Zukunft noch Rechtswirkungen hinsichtlich der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts des Klägers im Bundesgebiet in dem Zeitraum entfalte, um den die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis verkürzt worden sei. Die Beschränkung sei nach der maßgebenden Sach- und Rechtslage bei Zustellung des Widerspruchsbescheids gemäß § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG, die Abschiebungsandrohung nach §§ 49, 50 AuslG rechtmäßig. Die Beklagte habe die Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich beschränken dürfen, weil die Voraussetzungen ihrer Erteilung nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG i. V. m. § 17 Abs. 1 AuslG ab dem 21.09.2003 entfallen seien. Die von der Behörde angestellten Ermessenserwägungen seien rechtsfehlerfrei. Der Beschränkung entgegenstehende schutzwürdige Belange des Klägers seien nicht erkennbar. Das gelte auch für die Beziehung des Klägers zu seinem Sohn. Denn es fehle eine familiäre Lebensgemeinschaft. Dass der Kläger sich neuerdings um die Wiederherstellung einer solchen Lebensgemeinschaft bemühe, sei unerheblich, weil es für die Rechtmäßigkeit der Beschränkungsverfügung auf den Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ankomme. Auch die Voraussetzungen eines eigenständigen Aufenthaltsrechts nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 AuslG seien nicht erfüllt. Schließlich habe dem Kläger mangels einer mindestens einjährigen ordnungsgemäßen Beschäftigung auch kein Aufenthaltsrecht aus Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 zugestanden. Nach der Rechtsprechung des EuGH setze die Ordnungsmäßigkeit einer Beschäftigung voraus, dass der Betroffene im Einklang mit den deutschen arbeitserlaubnis- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften arbeite und zudem als Arbeitnehmer eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt innehabe. Beides sei erst ab dem 03.02.2003 der Fall gewesen, wobei zugunsten des Klägers unterstellt werden könne, dass er bereits seit dem 02.12.2002 für die Firma ... gearbeitet und Lohn erhalten habe, weshalb auch die beantragte Beweiserhebung nicht erforderlich sei. Denn für die Monate Dezember 2002 und Januar 2003 fehle es an einem Arbeitsvertrag, der den gesetzlichen, insbesondere steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben entspreche. Zwar werde die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung nicht dadurch berührt, dass der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer gegen einschlägiges Steuer-, Sozialversicherungs- oder Arbeitsrecht verstoße. Für die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt und eine gesicherte Position auf dem Arbeitsmarkt sei die Vereinbarung eines Arbeitsvertrages mit entsprechendem Inhalt erforderlich, "Schwarzarbeit" genüge diesen Anforderungen nicht. Dass der Tätigkeit des Klägers bei der Firma ... auch in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 ein solcher Arbeitsvertrag zugrunde gelegen habe, sei aber nicht ersichtlich. Die ordnungsgemäße Beschäftigung des Klägers habe mit Zustellung der Beschränkungsverfügung am 18.12.2003 geendet. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ändere daran nichts.
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Auf Antrag des Klägers hat der Senat die Berufung zugelassen. Zur Begründung der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seinen Vortrag aus erster Instanz, nimmt Bezug auf seine Beweisangebote und die Begründung des Zulassungsantrages und beruft sich dafür, seit Dezember 2002 bei der Firma ... beschäftigt gewesen zu sein, auch auf das Zeugnis des Herrn ... .... In der Berufungsverhandlung hat der Kläger weitere Angaben zu seiner Beschäftigung bei der Firma ... gemacht; wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
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Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31. August 2006 - 2 K 2059/04 - zu ändern und die Regelungen Nrn. I bis III. in der Verfügung der Beklagten vom 16. Dezember 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29. Juni 2004 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil, verweist auf ihren Vortrag erster Instanz sowie im Berufungszulassungsverfahren und erwidert: Da der schriftliche Arbeitsvertrag als Beginn des Arbeitsverhältnisses den 03.02.2003 und eine Probezeit von sechs Monaten festlege und keinerlei Anhaltspunkte dafür enthalte, dass es sich um die Fortsetzung einer bereits am 02.12.2002 probeweise begonnenen Beschäftigung handele, sei der Vortrag des Klägers, schon zuvor bei der Firma ... ordnungsgemäß beschäftigt gewesen zu sein, unglaubhaft. Dagegen sprächen auch die vorgelegten Lohnabrechnungen und der Umstand, dass der Kläger im Eilverfahren keine Bestätigung des Arbeitgebers über einen früheren Beginn des Arbeitsverhältnisses vorgelegt habe. Ungeachtet dessen wäre eine Beschäftigung vor dem 03.02.2003 keine Arbeitnehmertätigkeit i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80, weil kein Lohn vereinbart worden sei bzw. der Kläger keinen Lohn erhalten habe. Der gegenteilige Vortrag des Klägers sei unglaubhaft. Im Übrigen sei nach dem Vortrag des Klägers davon auszugehen, dass er nicht dem regulären Arbeitsmarkt angehört habe, weil er "Schwarzarbeit" verrichtet habe. Die angeblich mit der Firma ... für die Monate Dezember 2002 und Januar 2003 geschlossene Vereinbarung habe nicht den deutschen steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben entsprochen. Eine etwaige Beschäftigung des Klägers sei daher jedenfalls nicht i. S. des Art. 6 Abs.1 ARB 1/80 ordnungsgemäß gewesen. Indiz für eine vorsätzliche Umgehung steuer- und sozialversicherungsrechtlicher Vorgaben sei, dass keine Steuern und Sozialabgaben abgeführt, kein Arbeitsvertrag schriftlich fixiert und eine Vergütungspauschale vereinbart worden seien. Gegen ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht spreche schließlich, dass der Kläger zwischenzeitlich nicht mehr bei der Firme ... beschäftigt sei. Nach Aktenlage sei er seit dem 01.09.2005 durchgängig arbeitslos und beziehe Arbeitslosengeld.
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Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ... und .... Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
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Dem Senat liegen die einschlägigen Akten der Beklagten, des Regierungspräsidiums Karlsruhe und des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vor. Hierauf sowie auf die Gerichtsakten wird wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage, die bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) auf die Aufhebung - nur - der nachträglichen zeitlichen Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis und der mit einer Ausreisefrist verbundenen Abschiebungsandrohung (Regelungen Nrn. I. bis III.) in den angefochtenen Bescheiden beschränkt ist, stattgeben müssen. Die Klage ist zulässig und begründet. Die auch nach Außerkrafttreten des Ausländergesetzes und Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis wirksam gebliebenen und demzufolge anfechtbaren Regelungen Nrn. I. bis III. in der Verfügung der Beklagten vom 16.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.06.2004 sind nach der maßgebenden Sach- und Rechtslage bei Zustellung des Widerspruchsbescheids rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis findet ungeachtet dessen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels weggefallen sind, in § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG (vgl. nunmehr § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) keine Rechtsgrundlage, weil der Kläger im maßgebenden Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids ein supranationales europarechtliches Aufenthaltsrecht zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei der Firma... in ... nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 besaß. Mangels Ausreisepflicht sind daher auch Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung rechtswidrig.
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Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. In erster Instanz hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der Verfügung vom 16.12.2003 und des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2004 beantragt (vgl. Sitzungsprotokoll vom 31.08.2006, S. 133 der Akten des VG). An die Fassung des Klageantrages besteht aber keine strikte Bindung. Maßgebend ist das sich aus dem gesamten Vortrag des Klägers, insbesondere der Klagebegründung ergebende Rechtsschutzziel (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.07.1976 - IV C 15.76 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 5; Rennert in Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Auflage § 88 Rn. 8 m. w. N.). Danach hat der Kläger die Aufhebung dieser Behördenentscheidungen nur insoweit begehrt, als seine Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich beschränkt, eine Ausreisefrist bestimmt und die Abschiebung für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise angedroht worden sind (Regelungen Nrn. I. bis III.). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. IV ist nicht mit einer Klage anfechtbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.10.1968 - IV C 33.68 - NJW 1969, 202) und der Ausspruch in Nr. V. erschöpft sich in einem ebenfalls nicht anfechtbaren tatsächlichen Hinweis auf die gesetzliche Kostentragungspflicht nach § 82 Abs. 1 AuslG (jetzt § 66 Abs. 1 AufenthG). Gegen die in Nr. VI verfügte Pflicht zur Vorsprache und Vorlage des Passes hat der Kläger im übrigen nichts eingewandt.
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Die angegriffenen ausländerrechtlichen Verwaltungsakte sind trotz Außerkrafttretens des Ausländergesetzes am 31.12.2004 nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wirksam geblieben. Die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis hat sich auch nicht dadurch auf sonstige Weise erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), dass die ursprüngliche Geltungsdauer der beschränkten Aufenthaltserlaubnis am 24.08.2005 abgelaufen und die Aufenthaltserlaubnis daher spätestens zu diesem Zeitpunkt erloschen wäre (vgl. § 101 Abs. 2 i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Denn sie entfaltet ungeachtet dessen auch gegenwärtig und künftig noch Rechtswirkungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Bundesgebiet in dem Zeitraum, um den die Geltungsdauer verkürzt worden ist (vgl. bereits Senatsurteil vom 02.02.1994 - 11 S 1014/93 - juris, m. w. N., im Ergebnis bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 27.06.1995 - 1 C 5.94 - BVerwGE 99, 28; ebenso: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.10.1998 - 10 S 1152/98 -; BayVGH, Beschluss vom 18.01.2007 - 24 ZB 06.421 - juris; VG Hamburg, Urteil vom 17.08.1999 - 10 VG 5331/98 - juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Ausländer - wie der Kläger - rechtzeitig vor Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis einen Verlängerungsantrag gestellt hat. Denn die Beschränkung verkürzt die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und die Dauer des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis. Das schließt nicht nur den vorläufigen Fortbestand des bisherigen Aufenthaltstitels aufgrund des rechtzeitigen Verlängerungsantrages nach § 81 Abs. 4 AufenthG aus. Es wirkt sich auch nachteilig auf die für die Entscheidung über den Verlängerungsantrag möglicherweise erhebliche rechtliche Verfestigung des Aufenthalts aus. Auch kann die Verkürzung der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels für die Dauer ordnungsgemäßer Beschäftigung i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erheblich sein. Die Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung sind ebenfalls weiterhin wirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Die Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Klägers haben daran nichts geändert. Dadurch entfiel zwar die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG, § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und der Abschiebungsandrohung (§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 12 LVwVG). Das bewirkt aber lediglich eine Unterbrechung der Ausreisefrist (§ 50 Abs. 4 AuslG, § 50 Abs. 3 AufenthG).
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Für die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der nachträglichen zeitlichen Beschränkung eines befristeten Aufenthaltstitels, der - wie hier - ein nationales Aufenthaltsrecht konstitutiv begründet, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 01.07.2003 - 1 C 32.02 - NVwZ 2004, 245 m. w. N.). Das ist hier der Tag der Zustellung des Widerspruchsbescheids am 01.07.2004. Als Rechtsgrundlage ist demzufolge noch § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG heranzuziehen (vgl. nunmehr § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Danach kann eine befristete Aufenthaltsgenehmigung nachträglich zeitlich beschränkt werden, wenn eine für ihre Erteilung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Das gilt allerdings nicht, wenn dem Ausländer im maßgebenden Zeitpunkt ungeachtet des Wegfalls einer solchen Voraussetzung ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis aus einem anderen Rechtsgrund zusteht, etwa weil er ein Recht zum Aufenthalt nach Art. 6 ff. ARB 1/80 besitzt (BVerwG, Urteil vom 27.06.1995 - 1 C 5.94 - BVerwGE 99, 28; Urteil vom 01.07.2003, a. a. O.). Ist Letzteres nicht der Fall, sind bei der Ausübung des nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG eröffneten Ermessens die eine Aufenthaltsbeendigung rechtfertigenden öffentlichen Belange gegen die privaten Interessen des Ausländers am weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) abzuwägen (BVerwG, Urteil vom 01.07.2003, a. a. O., m. w. N.).
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Gemessen daran ist die unter Nr. I. des angefochtenen Bescheids verfügte nachträgliche Beschränkung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers rechtswidrig. Zwar waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine solche Beschränkung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG erfüllt, weil die für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG i. V. m. § 17 Abs. 1 AuslG wesentliche Voraussetzung des Bestehens einer familiären - ehelichen - Lebensgemeinschaft nicht mehr vorlag. Auch bestand aus sonstigen Gründen kein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach nationalem Recht. Das wird im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt und mit der Berufungsbegründung auch nicht angegriffen, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug nimmt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beklagten stand dem Kläger in dem für die gerichtliche Kontrolle maßgebenden Zeitpunkt am 01.07.2004 jedoch ein Aufenthaltsrecht zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei der Firma ... nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 zu. Ob die Verkürzung der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels des Klägers darüber hinaus zum maßgebenden Zeitpunkt gegen das supranationale europarechtliche Gleichbehandlungsgebot nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 verstößt, weil sie die Ausübung eines "überschießenden" Beschäftigungsrechts auf Grund einer unbefristeten nationalen Arbeitsgenehmigung vereitelt (vgl. EuGH, Slg. 2006, I-10279 - Güzeli - Rn. 48 ff. = NVwZ 2007, 187; Slg. 2006, I-11917 - Gattoussi - Rn. 42 f. = NVwZ 2007, 430; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.09.2007 - 13 S 1059/07 -; a. A. BVerwG, Urteil vom 01.07.2003 - 1 C 18.02 - NVwZ 2004, 241), kann daher offen bleiben.
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Das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei - Assoziierungsabkommen - wurde am 12.09.1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und den damaligen Mitgliedstaaten der EWG sowie der Gemeinschaft andererseits unterzeichnet und durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23.12.1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685; BGBl. 1964 II S. 509) im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt. Nach Artikel 36 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen vom 23.11.1970 (ABl. 1972 L 293/1; BGBl. 1972 II S. 385) legt der Assoziationsrat die erforderlichen Regeln für die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundzügen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens fest. Demgemäß erließ der Assoziationsrat den Beschluss Nr. 1/80 vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation - ARB 1/80 (der Beschluss wurde nicht im Amtsblatt veröffentlicht; er ist abgedruckt in: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Assoziierungsabkommen und Protokolle EWG-Türkei sowie andere Basisdokumente, Brüssel 1992 und auszugsweise wiedergegeben in Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1981 S. 4 sowie in InfAuslR 1982, 33 f.). Artikel 6 Absatz 1 ARB 1/80 bestimmt:
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„Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat
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- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
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- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
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- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis."
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Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften verleiht diese Bestimmung, der unmittelbare Wirkung zuerkannt worden ist, türkischen Arbeitnehmern ein individuelles Recht im Bereich der Beschäftigung und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht (vgl. EuGH, Slg. 2005, I-4759 - Dörr und Ünal - Rn. 66, m. w. N. = InfAuslR 2006, 72; BVerwG, Urteil vom 24.01.1995 - 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301 <304>). Diese Rechte werden nach der Dauer einer ordnungsgemäßen Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis in der in den drei Gedankenstrichen abgestuften Weise erweitert und bezwecken, die Situation der Betroffenen im Aufnahmemitgliedstaat schrittweise zu festigen. Aus Systematik und praktischer Wirksamkeit dieses Systems folgt, dass die in den drei Gedankenstrichen des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 jeweils aufgestellten Bedingungen von den Betroffenen nacheinander erfüllt werden müssen (vgl. EuGH, Slg. 2006, I-157 - Sedef - Rn. 34 ff., m. w. N. = NVwZ 2006, 315).
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Dem Kläger stand am 01.07.2004 ein Beschäftigungsrecht und damit ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei der Firma... in ... zu. Er verfügte zu diesem Zeitpunkt nach einer mehr als einem Jahr währenden ordnungsgemäßen Beschäftigung bei der Firma ... über einen Arbeitsplatz bei diesem Arbeitgeber.
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Der Kläger war - das ist durch die von ihm vorgelegten Nachweise zweifelsfrei belegt und zwischen den Beteiligten zudem unstreitig - ab dem 03.02.2003 bei der Firma ... als "Aufbereiter im Bereich der Autokosmetik" beschäftigt und erhielt dafür ein entsprechendes monatliches Gehalt. Aufgrund der Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat darüber hinaus überzeugt, dass der Kläger diese Tätigkeit auch bereits in den beiden Monaten zuvor bei der Firma ... gegen Entgelt ausgeübt hat. Danach hat der Zeuge ..., den der Kläger nach seiner Einreise kennengelernt hatte und der bei der Firma ... beschäftigt war, dem Kläger im November 2002 die Stelle bei der Firma ... vermittelt. Der Kläger wurde, nachdem er dem dafür zuständigen Mitarbeiter der Firma seine Arbeitsgenehmigung sowie Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsnachweis und Meldebestätigung übergeben hatte, Ende November 2002 zunächst für eine Woche eingelernt und anschließend nach Weisung des Arbeitgebers auf auswärtigen Arbeitsstellen eingesetzt. Er erhielt im Dezember 2002 und Januar 2003 jeweils Mitte und Ende des Monats Lohn in bar ausgezahlt, im Dezember insgesamt etwa 700 EUR, im Januar 2003 etwas mehr. Der schriftliche Arbeitsvertrag von Ende Januar 2003 kam erst auf Drängen des Klägers zustande, nachdem dieser bei seinem Arbeitgeber mehrfach reklamiert hatte, keine Lohnabrechnungen erhalten zu haben.
32 
Die detailreichen, in sich im Wesentlichen schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Klägers zu seiner Tätigkeit bei der Firma ... im Dezember 2002 und im Januar 2003 in der Berufungsverhandlung sind glaubhaft und werden durch die Angaben des Zeugen ... bestätigt, der einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ. Der Zeuge ... war sich bei der zeitliche Einordnung der Vorgänge im Laufe der Vernehmung zwar zunächst nicht mehr sicher, konnte dann aber doch mit überzeugender Gewissheit darlegen, dass er den Kläger bereits Ende November/Anfang Dezember 2002 in den Betrieb des Zeugen ... vermittelt hatte. Der Zeuge ... konnte allerdings nicht bestätigen, dass der Kläger bereits im Dezember 2002 bei seiner Firma beschäftigt war, obwohl er sich an der Kläger persönlich "ganz gut" erinnern konnte. Sein Hinweis darauf, dass es darüber keine schriftlichen Unterlagen bei seiner Firma gebe, widerspricht dem Vortrag des Klägers jedoch nicht. Er belegt eher dessen Richtigkeit, soweit der Kläger dargelegt hat, dass er zunächst ohne schriftlichen Arbeitsvertrag angestellt worden und der schriftliche Arbeitsvertrag erst auf sein Drängen zustande gekommen sei, nachdem er keine Lohnabrechnungen erhalten habe. Die pauschale Einlassung des Zeugen ..., gerade deshalb genau zu wissen, dass der Kläger im Dezember 2002 noch nicht bei seiner Firma beschäftigt gewesen sei, weil das ja "Schwarzarbeit" wäre, was seine Firma nicht mache, wertet der Senat als bloße Schutzbehauptung. Diese Aussage des Zeugen ..., die er trotz Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 98 VwGO i. V. m. § 384 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gemacht hat, dürfte allein dadurch motiviert sein, den im Raum stehenden Vorwurf eines Verstoßes gegen steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Arbeitgeberpflichten zu entkräften. Der Zeuge ... hatte bereits im Vorfeld der Berufungsverhandlung alles daran gesetzt, seiner Vernehmung aus dem Weg zu gehen und ist zur Berufungsverhandlung erst nach mehrmaligen richterlichen Hinweisen über die möglichen Folgen einer Verletzung seiner Zeugenpflichten erschienen. Auch ließ sein Verhalten während seiner Vernehmung teilweise deutliche Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger erkennen. Seine Angaben wirkten im Gegensatz zu denen des Klägers und des Zeugen ... detailarm und präpariert. Für die Richtigkeit der Angaben des Klägers spricht zudem, dass selbst der Zeuge ... nicht auszuschließen vermochte, dass der Zeuge ... den Kläger bereits im Jahr 2002 in seinen Betrieb vermittelt und dass der Kläger auch vor dem 03.02.2003, wenn auch angeblich nur für ein oder zwei Wochen, "zur Probe" bei ihm gearbeitet hat.
33 
Der Senat verkennt nicht, dass die Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung teilweise in deutlichem Widerspruch zu seinen bisherigen Angaben im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren stehen, insbesondere zu seiner eidesstattlichen Versicherung vom 09.02.2004. Das stellt ihre Glaubhaftigkeit und die Glaubwürdigkeit des Klägers zur Überzeugung des Senats aber nicht entscheidend in Frage. Dem Kläger wurden die Ungereimtheiten vorgehalten. Er hat sie mit Missverständnissen oder Fehlern bei der Übersetzung aus der türkischen in die deutsche Sprache erklärt. Das erscheint plausibel. Wie der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter glaubhaft angegeben haben, beruhen die Angaben zur Beschäftigung des Klägers in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 in den bisherigen Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten und in der eidesstattlichen Versicherung vom 09.02.2004 im Wesentlichen auf der Übersetzung durch Landsleute des Klägers, die bei den Besuchen in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten jeweils als Dolmetscher fungiert und offenbar wesentliche Details unzutreffend, nicht präzise oder gar nicht übersetzt haben. Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass die Angaben des Klägers zu seiner Beschäftigung bei der Firma ... in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 in den Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten und in der eidesstattlichen Versicherung vom 09.02.2004 jedenfalls i m K e r n auch mit den heutigen Angaben des Klägers und des Zeugen ... übereinstimmen.
34 
Die mithin bereits ab Anfang Dezember 2002 aufgenommene Beschäftigung des Klägers bei der Firma ... erfüllt alle Merkmale einer Arbeitnehmertätigkeit i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Insoweit ist die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffes im Gemeinschaftsrecht heranzuziehen (EuGH, Slg. 1998, I-7747, Rn. 23 - Birden -). Danach ist Arbeitnehmer, wer eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfangs völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses in diesem Sinne besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. etwa EuGH, Slg. 2004, I-7573 - Trojani - Rn. 15).Die rechtliche Natur des Beschäftigungsverhältnisses ist unerheblich (EuGH, Slg. 1974, 153 - Sotgiu - Rn. 5; Slg. 1989, 1621 - Bettray - Rn. 16; Slg. 2004, I-7573 - Trojani - Rn. 16). Höhe und Herkunft der Vergütung sowie Produktivität sind unerheblich, auch Teilzeitbeschäftigungen, kurz befristete Arbeiten (EuGH, Slg. 2003, I-13187 - Ninni-Orasche -) oder Gelegenheitsarbeiten (EuGH Slg. 1986, 2121 - Lawrie-Blum -; Slg. 1988, 3205 - Brown -) können umfasst sein. Nur Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen, sind keine Arbeitnehmertätigkeit (EuGH, Slg. 1982, 1035 - Levin; Slg. 1999, I-3289 - Meeusen). Die Voraussetzung der Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit ist nach objektiven Kriterien zu prüfen, und in einer Gesamtbetrachtung sind alle Umstände zu würdigen, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeiten und des fraglichen Arbeitsverhältnisses betreffen (EuGH, Slg. 2003, I-13187 - Ninni-Orasche - Rn. 27). Gemessen daran ist der Kläger ab Dezember 2002 als Arbeitnehmer bei der Firma ... beschäftigt gewesen. Denn er hat eine tatsächliche und echte, nicht völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit als "Aufbereiter im Bereich der Autokosmetik" nach Weisung des Arbeitgebers ausgeübt, für die ihm als Gegenleistung monatlich - bereits im Dezember 2002 - eine Vergütung gezahlt wurde.
35 
Die Beschäftigung des Klägers war auch ordnungsgemäß im regulären Arbeitsmarkt. Der Begriff "ordnungsgemäße Beschäftigung“ setzt eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus (EuGH Slg. 1990, I-3461, Rn. 30 - Sevince -; Slg. 1995, I-1475, Rn. 26 - Bozkurt -; Slg. 1992, I-6781, Rn. 12, 22 und 49 - Kus -). Der Begriff "regulärer Arbeitsmarkt“ bestimmt ferner, dass das Arbeitsverhältnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats lokalisiert sein muss oder eine enge Verknüpfung zu diesem Gebiet aufweist (EuGH, Slg. 1997, I-143 - Günaydin - Rn. 29; Slg. 1998, I-7747 - Birden - 33; Slg. 1997, I-5179 - Ertanir - Rn. 39). Er stellt aber keine Voraussetzungen auf, die über das Erfordernis der ordnungsgemäßen Beschäftigung hinausgehen. Die in der deutschen Sprachfassung des Beschlusses Nr. 1/80 verwendeten Begriffe "regulär“ und "ordnungsgemäß“ sind synonym (EuGH, Slg. 1998, I-7747 - Birden - Rn. 47 ff.). Der Begriff "regulärer Arbeitsmarkt“ umschreibt demzufolge die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats nachkommen und somit das Recht haben, dort eine Berufstätigkeit auszuüben (EuGH Slg. 1998, I-7747 - Birden - Rn. 51; Slg. 2000, I-957 - Nazli - Rn. 31; Slg. 2006, I-10279 - Güzeli - Rn. 32). In der Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte wird im Anschluss daran im Wesentlichen auf den Einklang mit den arbeitserlaubnis- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften abgestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.1995 - 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301; HessVGH, Beschluss vom 20.05.1994 - 12 TH 986/94 - InfAuslR 1994, 307 <308>). Fraglich ist allerdings, ob die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung nicht auch berührt wird, wenn der türkische Arbeitnehmer oder sein Arbeitgeber - wie von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht in Bezug auf den Tatsachenvortrag des Klägers zu seiner Beschäftigung im Dezember 2002 und im Januar 2003 bei der Firma ... angenommen - gegen einschlägiges Steuer- oder Sozialversicherungsrecht verstoßen. Denn auch dabei handelt es sich um Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats, die die Beschäftigung des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben oder an sie anknüpfen. Zwar sind steuer- und sozialversicherungsrechtliche Rechtsverstöße des Arbeitgebers für die Frage, ob der türkische Arbeitnehmer i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ordnungsgemäß beschäftigt ist, nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift unerheblich (vgl. auch HessVGH, Beschluss vom 22.04.2004 - 12 UE 234/04 - InfAuslR 2004, 333). Anderes könnte freilich gelten, wenn der türkische Arbeitnehmer sich an Verstößen des Arbeitgebers gegen Vorschriften dieser Art kollusiv beteiligt, etwa indem er mit dem Arbeitgeber die Abrede trifft, dass die Arbeitsvergütung ohne Berücksichtigung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen - "schwarz" - ausgezahlt werden soll (so genannte Schwarzgeldvereinbarung, vgl. BAG, Urteil vom 26.02.2003 - 5 AZR 690/01 - BAGE 105, 187), oder wenn der türkische Arbeitnehmer mit der Ausübung der Beschäftigung gegen ihn selbst treffende steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Rechtspflichten verstößt. In einem solchen Fall dürfte wohl - zumindest - ein Fall der Rechtsmissbrauchs vorliegen, der die Berufung auf eine Rechtsposition nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ausschlösse. Das bedarf hier indes keiner Vertiefung, weil ein solcher Fall - entgegen der Annahme der Beklagten und wohl auch des Verwaltungsgerichts - nicht vorliegt.
36 
Die Beschäftigung des Klägers bei der Firma ... ab Dezember 2002 war ordnungsgemäß und erfolgte im regulären Arbeitsmarkt. Der Kläger war sowohl im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis als auch der erforderlichen Arbeitsgenehmigung. Der Kläger hatte, wie dies zur Überzeugung des Senats auf Grund der Beweisaufnahme erwiesen ist (s. o. ), zu Beginn seiner Beschäftigung zudem die für die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben durch den Arbeitgeber notwendigen Unterlagen vorgelegt, insbesondere seine Lohnsteuerkarte. Er erfüllte auch keinen Tatbestand einer ordnungswidrigen Schwarzarbeit i. S. der §§ 1, 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 30.03.1957 (BGBl I 1957, 315) in der im Dezember 2002 und Januar 2003 geltenden Fassung. Schließlich ergibt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein konkreter Anhaltspunkt für eine "Schwarzgeldvereinbarung" zwischen dem Kläger und dem Firmeninhaber ... als Arbeitgeber.
37 
Die Beschäftigung des Klägers bei der Firma ... war auch mindestens ein Jahr ordnungsgemäß. Zwar endete die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung mit Zustellung der angefochtenen nachträglichen Beschränkung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis am 18.12.2003. Denn infolge dieser Verfügung hatte der Kläger keine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt mehr inne, wie sie der Begriff der ordnungsgemäßen Beschäftigung voraussetzt (vgl. EuGH Slg. 1990, I-3461, Rn. 30 - Sevince - = NVwZ 1991, 255 <256>; Slg. 1995, I-1475, Rn. 26 - Bozkurt -;Slg. 1992, I-6781, Rn. 12, 22 und 49 - Kus -). Nach dem insoweit maßgeblichen nationalen Recht muss die Beschäftigung grundsätzlich auf der Grundlage einer die Arbeitsaufnahme gestattenden Aufenthaltsgenehmigung und einer entsprechenden Arbeitsgenehmigung ausgeübt worden sein (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15.07.1997 - 1 C 24.96 - InfAuslR 1998, 4 m. w. N.). Nach Zustellung der sofort vollziehbaren Beschränkungsverfügung war das Aufenthaltsrecht des Klägers erloschen (§ 44 Abs. 1 AuslG). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Eilverfahren hatte daran nichts - rückwirkend - geändert (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG). Zwar waren die Ausreisepflicht des Klägers nicht mehr vollziehbar und die verfügte Ausreisefrist unterbrochen (§§ 42 Abs. 2 Satz 2, 50 Abs. 4 AuslG) und der Kläger nach § 80 Abs. 1 VwGO einstweilen so zu behandeln, wie wenn die Beschränkungsverfügung nicht ergangen wäre. Dieses mit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einhergehende einstweilige Bleiberecht begründete jedoch keine gesicherte Position auf dem Arbeitsmarkt (EuGH, Slg. 1990, I-3461, Rn. 31 - Sevince - = NVwZ 1991, 255 <256>). Der Kläger war jedoch bis zur Zustellung der angefochtenen Beschränkungsverfügung bereits - wie oben dargelegt - seit Anfang Dezember 2002 und damit mehr als ein Jahr bei der Firma ... ordnungsgemäß beschäftigt. Das dadurch unmittelbar nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 begründete supranationale europarechtliche Beschäftigungs- und Aufenthaltsrecht zur Fortsetzung dieser Beschäftigung bei dem selben Arbeitgeber blieb dem Kläger auch nach Erlöschen seines nationalen Aufenthaltstitels "kraft Gesetzes" erhalten, solange er einen Arbeitsplatz bei der Firma... besaß, was bei Zustellung des Widerspruchsbescheids am 01.07.2004 noch der Fall war. Der Einwand der Beklagten, der Kläger sei mittlerweile arbeitslos, ist insoweit unerheblich.
38 
Mangels Ausreisepflicht des Klägers sind demzufolge auch die Bestimmung einer Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung in den Regelungen Nrn. II und III der angefochtenen Verfügung rechtswidrig.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
41 
Beschluss
vom 10. Oktober 2007
        
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der Klage, die bei sachdienlicher Auslegung (§ 88 VwGO) auf die Aufhebung - nur - der nachträglichen zeitlichen Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis und der mit einer Ausreisefrist verbundenen Abschiebungsandrohung (Regelungen Nrn. I. bis III.) in den angefochtenen Bescheiden beschränkt ist, stattgeben müssen. Die Klage ist zulässig und begründet. Die auch nach Außerkrafttreten des Ausländergesetzes und Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis wirksam gebliebenen und demzufolge anfechtbaren Regelungen Nrn. I. bis III. in der Verfügung der Beklagten vom 16.12.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 29.06.2004 sind nach der maßgebenden Sach- und Rechtslage bei Zustellung des Widerspruchsbescheids rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten. Die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis findet ungeachtet dessen, dass die Voraussetzungen für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels weggefallen sind, in § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG (vgl. nunmehr § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) keine Rechtsgrundlage, weil der Kläger im maßgebenden Zeitpunkt der Zustellung des Widerspruchsbescheids ein supranationales europarechtliches Aufenthaltsrecht zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei der Firma... in ... nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 besaß. Mangels Ausreisepflicht sind daher auch Ausreisefrist und Abschiebungsandrohung rechtswidrig.
20 
Gegenstand der uneingeschränkt zugelassenen Berufung ist das gesamte Klagebegehren erster Instanz. In erster Instanz hatte der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Aufhebung der Verfügung vom 16.12.2003 und des Widerspruchsbescheids vom 29.06.2004 beantragt (vgl. Sitzungsprotokoll vom 31.08.2006, S. 133 der Akten des VG). An die Fassung des Klageantrages besteht aber keine strikte Bindung. Maßgebend ist das sich aus dem gesamten Vortrag des Klägers, insbesondere der Klagebegründung ergebende Rechtsschutzziel (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.07.1976 - IV C 15.76 - Buchholz 310 § 88 VwGO Nr. 5; Rennert in Eyermann, VwGO, Kommentar, 12. Auflage § 88 Rn. 8 m. w. N.). Danach hat der Kläger die Aufhebung dieser Behördenentscheidungen nur insoweit begehrt, als seine Aufenthaltserlaubnis nachträglich zeitlich beschränkt, eine Ausreisefrist bestimmt und die Abschiebung für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise angedroht worden sind (Regelungen Nrn. I. bis III.). Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in Nr. IV ist nicht mit einer Klage anfechtbar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21.10.1968 - IV C 33.68 - NJW 1969, 202) und der Ausspruch in Nr. V. erschöpft sich in einem ebenfalls nicht anfechtbaren tatsächlichen Hinweis auf die gesetzliche Kostentragungspflicht nach § 82 Abs. 1 AuslG (jetzt § 66 Abs. 1 AufenthG). Gegen die in Nr. VI verfügte Pflicht zur Vorsprache und Vorlage des Passes hat der Kläger im übrigen nichts eingewandt.
21 
Die angegriffenen ausländerrechtlichen Verwaltungsakte sind trotz Außerkrafttretens des Ausländergesetzes am 31.12.2004 nach § 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG wirksam geblieben. Die nachträgliche zeitliche Beschränkung der Aufenthaltserlaubnis hat sich auch nicht dadurch auf sonstige Weise erledigt (§ 43 Abs. 2 LVwVfG), dass die ursprüngliche Geltungsdauer der beschränkten Aufenthaltserlaubnis am 24.08.2005 abgelaufen und die Aufenthaltserlaubnis daher spätestens zu diesem Zeitpunkt erloschen wäre (vgl. § 101 Abs. 2 i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG). Denn sie entfaltet ungeachtet dessen auch gegenwärtig und künftig noch Rechtswirkungen in Bezug auf die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts im Bundesgebiet in dem Zeitraum, um den die Geltungsdauer verkürzt worden ist (vgl. bereits Senatsurteil vom 02.02.1994 - 11 S 1014/93 - juris, m. w. N., im Ergebnis bestätigt durch BVerwG, Urteil vom 27.06.1995 - 1 C 5.94 - BVerwGE 99, 28; ebenso: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 22.10.1998 - 10 S 1152/98 -; BayVGH, Beschluss vom 18.01.2007 - 24 ZB 06.421 - juris; VG Hamburg, Urteil vom 17.08.1999 - 10 VG 5331/98 - juris). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Ausländer - wie der Kläger - rechtzeitig vor Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis einen Verlängerungsantrag gestellt hat. Denn die Beschränkung verkürzt die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts und die Dauer des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis. Das schließt nicht nur den vorläufigen Fortbestand des bisherigen Aufenthaltstitels aufgrund des rechtzeitigen Verlängerungsantrages nach § 81 Abs. 4 AufenthG aus. Es wirkt sich auch nachteilig auf die für die Entscheidung über den Verlängerungsantrag möglicherweise erhebliche rechtliche Verfestigung des Aufenthalts aus. Auch kann die Verkürzung der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels für die Dauer ordnungsgemäßer Beschäftigung i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erheblich sein. Die Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung sind ebenfalls weiterhin wirksam (§ 102 Abs. 1 Satz 1 AufenthG). Die Wiederherstellung und Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Klägers haben daran nichts geändert. Dadurch entfiel zwar die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht (§ 42 Abs. 2 Satz 2 AuslG, § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und der Abschiebungsandrohung (§ 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i. V. m. § 12 LVwVG). Das bewirkt aber lediglich eine Unterbrechung der Ausreisefrist (§ 50 Abs. 4 AuslG, § 50 Abs. 3 AufenthG).
22 
Für die verwaltungsgerichtliche Kontrolle der nachträglichen zeitlichen Beschränkung eines befristeten Aufenthaltstitels, der - wie hier - ein nationales Aufenthaltsrecht konstitutiv begründet, ist auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung abzustellen (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 01.07.2003 - 1 C 32.02 - NVwZ 2004, 245 m. w. N.). Das ist hier der Tag der Zustellung des Widerspruchsbescheids am 01.07.2004. Als Rechtsgrundlage ist demzufolge noch § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG heranzuziehen (vgl. nunmehr § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG). Danach kann eine befristete Aufenthaltsgenehmigung nachträglich zeitlich beschränkt werden, wenn eine für ihre Erteilung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Das gilt allerdings nicht, wenn dem Ausländer im maßgebenden Zeitpunkt ungeachtet des Wegfalls einer solchen Voraussetzung ein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis aus einem anderen Rechtsgrund zusteht, etwa weil er ein Recht zum Aufenthalt nach Art. 6 ff. ARB 1/80 besitzt (BVerwG, Urteil vom 27.06.1995 - 1 C 5.94 - BVerwGE 99, 28; Urteil vom 01.07.2003, a. a. O.). Ist Letzteres nicht der Fall, sind bei der Ausübung des nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG eröffneten Ermessens die eine Aufenthaltsbeendigung rechtfertigenden öffentlichen Belange gegen die privaten Interessen des Ausländers am weiteren Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland pflichtgemäß (§ 40 LVwVfG) abzuwägen (BVerwG, Urteil vom 01.07.2003, a. a. O., m. w. N.).
23 
Gemessen daran ist die unter Nr. I. des angefochtenen Bescheids verfügte nachträgliche Beschränkung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers rechtswidrig. Zwar waren die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine solche Beschränkung nach § 12 Abs. 2 Satz 2 AuslG erfüllt, weil die für die Erteilung dieses Aufenthaltstitels nach § 23 Abs. 1 Nr. 1 AuslG i. V. m. § 17 Abs. 1 AuslG wesentliche Voraussetzung des Bestehens einer familiären - ehelichen - Lebensgemeinschaft nicht mehr vorlag. Auch bestand aus sonstigen Gründen kein Anspruch auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis nach nationalem Recht. Das wird im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt und mit der Berufungsbegründung auch nicht angegriffen, weshalb der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen insoweit auf die Begründung des angefochtenen Urteils Bezug nimmt. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts und der Beklagten stand dem Kläger in dem für die gerichtliche Kontrolle maßgebenden Zeitpunkt am 01.07.2004 jedoch ein Aufenthaltsrecht zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei der Firma ... nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 zu. Ob die Verkürzung der Geltungsdauer des Aufenthaltstitels des Klägers darüber hinaus zum maßgebenden Zeitpunkt gegen das supranationale europarechtliche Gleichbehandlungsgebot nach Art. 10 Abs. 1 ARB 1/80 verstößt, weil sie die Ausübung eines "überschießenden" Beschäftigungsrechts auf Grund einer unbefristeten nationalen Arbeitsgenehmigung vereitelt (vgl. EuGH, Slg. 2006, I-10279 - Güzeli - Rn. 48 ff. = NVwZ 2007, 187; Slg. 2006, I-11917 - Gattoussi - Rn. 42 f. = NVwZ 2007, 430; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 27.09.2007 - 13 S 1059/07 -; a. A. BVerwG, Urteil vom 01.07.2003 - 1 C 18.02 - NVwZ 2004, 241), kann daher offen bleiben.
24 
Das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei - Assoziierungsabkommen - wurde am 12.09.1963 in Ankara von der Republik Türkei einerseits und den damaligen Mitgliedstaaten der EWG sowie der Gemeinschaft andererseits unterzeichnet und durch den Beschluss 64/732/EWG des Rates vom 23.12.1963 (ABl. 1964, Nr. 217, S. 3685; BGBl. 1964 II S. 509) im Namen der Gemeinschaft geschlossen, gebilligt und bestätigt. Nach Artikel 36 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen vom 23.11.1970 (ABl. 1972 L 293/1; BGBl. 1972 II S. 385) legt der Assoziationsrat die erforderlichen Regeln für die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer zwischen den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und der Türkei nach den Grundzügen des Artikels 12 des Assoziierungsabkommens fest. Demgemäß erließ der Assoziationsrat den Beschluss Nr. 1/80 vom 19.09.1980 über die Entwicklung der Assoziation - ARB 1/80 (der Beschluss wurde nicht im Amtsblatt veröffentlicht; er ist abgedruckt in: Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften, Assoziierungsabkommen und Protokolle EWG-Türkei sowie andere Basisdokumente, Brüssel 1992 und auszugsweise wiedergegeben in Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1981 S. 4 sowie in InfAuslR 1982, 33 f.). Artikel 6 Absatz 1 ARB 1/80 bestimmt:
25 
„Vorbehaltlich der Bestimmungen in Artikel 7 über den freien Zugang der Familienangehörigen zur Beschäftigung hat der türkische Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaates angehört, in diesem Mitgliedstaat
26 
- nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung Anspruch auf Erneuerung seiner Arbeitserlaubnis bei dem gleichen Arbeitgeber, wenn er über einen Arbeitsplatz verfügt;
27 
- nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung – vorbehaltlich des den Arbeitnehmern aus den Mitgliedstaaten der Gemeinschaft einzuräumenden Vorrangs – das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl auf ein unter normalen Bedingungen unterbreitetes und bei den Arbeitsämtern dieses Mitgliedstaates eingetragenes anderes Stellenangebot zu bewerben;
28 
- nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis."
29 
Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften verleiht diese Bestimmung, der unmittelbare Wirkung zuerkannt worden ist, türkischen Arbeitnehmern ein individuelles Recht im Bereich der Beschäftigung und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht (vgl. EuGH, Slg. 2005, I-4759 - Dörr und Ünal - Rn. 66, m. w. N. = InfAuslR 2006, 72; BVerwG, Urteil vom 24.01.1995 - 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301 <304>). Diese Rechte werden nach der Dauer einer ordnungsgemäßen Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis in der in den drei Gedankenstrichen abgestuften Weise erweitert und bezwecken, die Situation der Betroffenen im Aufnahmemitgliedstaat schrittweise zu festigen. Aus Systematik und praktischer Wirksamkeit dieses Systems folgt, dass die in den drei Gedankenstrichen des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 jeweils aufgestellten Bedingungen von den Betroffenen nacheinander erfüllt werden müssen (vgl. EuGH, Slg. 2006, I-157 - Sedef - Rn. 34 ff., m. w. N. = NVwZ 2006, 315).
30 
Dem Kläger stand am 01.07.2004 ein Beschäftigungsrecht und damit ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 zur Fortsetzung seiner Beschäftigung bei der Firma... in ... zu. Er verfügte zu diesem Zeitpunkt nach einer mehr als einem Jahr währenden ordnungsgemäßen Beschäftigung bei der Firma ... über einen Arbeitsplatz bei diesem Arbeitgeber.
31 
Der Kläger war - das ist durch die von ihm vorgelegten Nachweise zweifelsfrei belegt und zwischen den Beteiligten zudem unstreitig - ab dem 03.02.2003 bei der Firma ... als "Aufbereiter im Bereich der Autokosmetik" beschäftigt und erhielt dafür ein entsprechendes monatliches Gehalt. Aufgrund der Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung sowie des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist der Senat darüber hinaus überzeugt, dass der Kläger diese Tätigkeit auch bereits in den beiden Monaten zuvor bei der Firma ... gegen Entgelt ausgeübt hat. Danach hat der Zeuge ..., den der Kläger nach seiner Einreise kennengelernt hatte und der bei der Firma ... beschäftigt war, dem Kläger im November 2002 die Stelle bei der Firma ... vermittelt. Der Kläger wurde, nachdem er dem dafür zuständigen Mitarbeiter der Firma seine Arbeitsgenehmigung sowie Lohnsteuerkarte, Sozialversicherungsnachweis und Meldebestätigung übergeben hatte, Ende November 2002 zunächst für eine Woche eingelernt und anschließend nach Weisung des Arbeitgebers auf auswärtigen Arbeitsstellen eingesetzt. Er erhielt im Dezember 2002 und Januar 2003 jeweils Mitte und Ende des Monats Lohn in bar ausgezahlt, im Dezember insgesamt etwa 700 EUR, im Januar 2003 etwas mehr. Der schriftliche Arbeitsvertrag von Ende Januar 2003 kam erst auf Drängen des Klägers zustande, nachdem dieser bei seinem Arbeitgeber mehrfach reklamiert hatte, keine Lohnabrechnungen erhalten zu haben.
32 
Die detailreichen, in sich im Wesentlichen schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Klägers zu seiner Tätigkeit bei der Firma ... im Dezember 2002 und im Januar 2003 in der Berufungsverhandlung sind glaubhaft und werden durch die Angaben des Zeugen ... bestätigt, der einen glaubwürdigen Eindruck hinterließ. Der Zeuge ... war sich bei der zeitliche Einordnung der Vorgänge im Laufe der Vernehmung zwar zunächst nicht mehr sicher, konnte dann aber doch mit überzeugender Gewissheit darlegen, dass er den Kläger bereits Ende November/Anfang Dezember 2002 in den Betrieb des Zeugen ... vermittelt hatte. Der Zeuge ... konnte allerdings nicht bestätigen, dass der Kläger bereits im Dezember 2002 bei seiner Firma beschäftigt war, obwohl er sich an der Kläger persönlich "ganz gut" erinnern konnte. Sein Hinweis darauf, dass es darüber keine schriftlichen Unterlagen bei seiner Firma gebe, widerspricht dem Vortrag des Klägers jedoch nicht. Er belegt eher dessen Richtigkeit, soweit der Kläger dargelegt hat, dass er zunächst ohne schriftlichen Arbeitsvertrag angestellt worden und der schriftliche Arbeitsvertrag erst auf sein Drängen zustande gekommen sei, nachdem er keine Lohnabrechnungen erhalten habe. Die pauschale Einlassung des Zeugen ..., gerade deshalb genau zu wissen, dass der Kläger im Dezember 2002 noch nicht bei seiner Firma beschäftigt gewesen sei, weil das ja "Schwarzarbeit" wäre, was seine Firma nicht mache, wertet der Senat als bloße Schutzbehauptung. Diese Aussage des Zeugen ..., die er trotz Belehrung über sein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 98 VwGO i. V. m. § 384 Abs. 1 Nr. 2 ZPO gemacht hat, dürfte allein dadurch motiviert sein, den im Raum stehenden Vorwurf eines Verstoßes gegen steuer- oder sozialversicherungsrechtlichen Arbeitgeberpflichten zu entkräften. Der Zeuge ... hatte bereits im Vorfeld der Berufungsverhandlung alles daran gesetzt, seiner Vernehmung aus dem Weg zu gehen und ist zur Berufungsverhandlung erst nach mehrmaligen richterlichen Hinweisen über die möglichen Folgen einer Verletzung seiner Zeugenpflichten erschienen. Auch ließ sein Verhalten während seiner Vernehmung teilweise deutliche Voreingenommenheit gegenüber dem Kläger erkennen. Seine Angaben wirkten im Gegensatz zu denen des Klägers und des Zeugen ... detailarm und präpariert. Für die Richtigkeit der Angaben des Klägers spricht zudem, dass selbst der Zeuge ... nicht auszuschließen vermochte, dass der Zeuge ... den Kläger bereits im Jahr 2002 in seinen Betrieb vermittelt und dass der Kläger auch vor dem 03.02.2003, wenn auch angeblich nur für ein oder zwei Wochen, "zur Probe" bei ihm gearbeitet hat.
33 
Der Senat verkennt nicht, dass die Angaben des Klägers in der Berufungsverhandlung teilweise in deutlichem Widerspruch zu seinen bisherigen Angaben im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren stehen, insbesondere zu seiner eidesstattlichen Versicherung vom 09.02.2004. Das stellt ihre Glaubhaftigkeit und die Glaubwürdigkeit des Klägers zur Überzeugung des Senats aber nicht entscheidend in Frage. Dem Kläger wurden die Ungereimtheiten vorgehalten. Er hat sie mit Missverständnissen oder Fehlern bei der Übersetzung aus der türkischen in die deutsche Sprache erklärt. Das erscheint plausibel. Wie der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter glaubhaft angegeben haben, beruhen die Angaben zur Beschäftigung des Klägers in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 in den bisherigen Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten und in der eidesstattlichen Versicherung vom 09.02.2004 im Wesentlichen auf der Übersetzung durch Landsleute des Klägers, die bei den Besuchen in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten jeweils als Dolmetscher fungiert und offenbar wesentliche Details unzutreffend, nicht präzise oder gar nicht übersetzt haben. Dafür spricht nicht zuletzt auch, dass die Angaben des Klägers zu seiner Beschäftigung bei der Firma ... in den Monaten Dezember 2002 und Januar 2003 in den Schriftsätzen seines Prozessbevollmächtigten und in der eidesstattlichen Versicherung vom 09.02.2004 jedenfalls i m K e r n auch mit den heutigen Angaben des Klägers und des Zeugen ... übereinstimmen.
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Die mithin bereits ab Anfang Dezember 2002 aufgenommene Beschäftigung des Klägers bei der Firma ... erfüllt alle Merkmale einer Arbeitnehmertätigkeit i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80. Insoweit ist die Auslegung des Arbeitnehmerbegriffes im Gemeinschaftsrecht heranzuziehen (EuGH, Slg. 1998, I-7747, Rn. 23 - Birden -). Danach ist Arbeitnehmer, wer eine tatsächliche und echte Tätigkeit ausübt, wobei solche Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die wegen ihres geringen Umfangs völlig untergeordnet und unwesentlich sind. Das wesentliche Merkmal eines Arbeitsverhältnisses in diesem Sinne besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (st. Rspr., vgl. etwa EuGH, Slg. 2004, I-7573 - Trojani - Rn. 15).Die rechtliche Natur des Beschäftigungsverhältnisses ist unerheblich (EuGH, Slg. 1974, 153 - Sotgiu - Rn. 5; Slg. 1989, 1621 - Bettray - Rn. 16; Slg. 2004, I-7573 - Trojani - Rn. 16). Höhe und Herkunft der Vergütung sowie Produktivität sind unerheblich, auch Teilzeitbeschäftigungen, kurz befristete Arbeiten (EuGH, Slg. 2003, I-13187 - Ninni-Orasche -) oder Gelegenheitsarbeiten (EuGH Slg. 1986, 2121 - Lawrie-Blum -; Slg. 1988, 3205 - Brown -) können umfasst sein. Nur Tätigkeiten, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen, sind keine Arbeitnehmertätigkeit (EuGH, Slg. 1982, 1035 - Levin; Slg. 1999, I-3289 - Meeusen). Die Voraussetzung der Ausübung einer tatsächlichen und echten Tätigkeit ist nach objektiven Kriterien zu prüfen, und in einer Gesamtbetrachtung sind alle Umstände zu würdigen, die die Art der in Rede stehenden Tätigkeiten und des fraglichen Arbeitsverhältnisses betreffen (EuGH, Slg. 2003, I-13187 - Ninni-Orasche - Rn. 27). Gemessen daran ist der Kläger ab Dezember 2002 als Arbeitnehmer bei der Firma ... beschäftigt gewesen. Denn er hat eine tatsächliche und echte, nicht völlig untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit als "Aufbereiter im Bereich der Autokosmetik" nach Weisung des Arbeitgebers ausgeübt, für die ihm als Gegenleistung monatlich - bereits im Dezember 2002 - eine Vergütung gezahlt wurde.
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Die Beschäftigung des Klägers war auch ordnungsgemäß im regulären Arbeitsmarkt. Der Begriff "ordnungsgemäße Beschäftigung“ setzt eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position des Betroffenen auf dem Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus (EuGH Slg. 1990, I-3461, Rn. 30 - Sevince -; Slg. 1995, I-1475, Rn. 26 - Bozkurt -; Slg. 1992, I-6781, Rn. 12, 22 und 49 - Kus -). Der Begriff "regulärer Arbeitsmarkt“ bestimmt ferner, dass das Arbeitsverhältnis im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats lokalisiert sein muss oder eine enge Verknüpfung zu diesem Gebiet aufweist (EuGH, Slg. 1997, I-143 - Günaydin - Rn. 29; Slg. 1998, I-7747 - Birden - 33; Slg. 1997, I-5179 - Ertanir - Rn. 39). Er stellt aber keine Voraussetzungen auf, die über das Erfordernis der ordnungsgemäßen Beschäftigung hinausgehen. Die in der deutschen Sprachfassung des Beschlusses Nr. 1/80 verwendeten Begriffe "regulär“ und "ordnungsgemäß“ sind synonym (EuGH, Slg. 1998, I-7747 - Birden - Rn. 47 ff.). Der Begriff "regulärer Arbeitsmarkt“ umschreibt demzufolge die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats nachkommen und somit das Recht haben, dort eine Berufstätigkeit auszuüben (EuGH Slg. 1998, I-7747 - Birden - Rn. 51; Slg. 2000, I-957 - Nazli - Rn. 31; Slg. 2006, I-10279 - Güzeli - Rn. 32). In der Rechtsprechung deutscher Verwaltungsgerichte wird im Anschluss daran im Wesentlichen auf den Einklang mit den arbeitserlaubnis- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften abgestellt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.01.1995 - 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301; HessVGH, Beschluss vom 20.05.1994 - 12 TH 986/94 - InfAuslR 1994, 307 <308>). Fraglich ist allerdings, ob die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung nicht auch berührt wird, wenn der türkische Arbeitnehmer oder sein Arbeitgeber - wie von der Beklagten und vom Verwaltungsgericht in Bezug auf den Tatsachenvortrag des Klägers zu seiner Beschäftigung im Dezember 2002 und im Januar 2003 bei der Firma ... angenommen - gegen einschlägiges Steuer- oder Sozialversicherungsrecht verstoßen. Denn auch dabei handelt es sich um Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats, die die Beschäftigung des Arbeitnehmers zum Gegenstand haben oder an sie anknüpfen. Zwar sind steuer- und sozialversicherungsrechtliche Rechtsverstöße des Arbeitgebers für die Frage, ob der türkische Arbeitnehmer i. S. des Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ordnungsgemäß beschäftigt ist, nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift unerheblich (vgl. auch HessVGH, Beschluss vom 22.04.2004 - 12 UE 234/04 - InfAuslR 2004, 333). Anderes könnte freilich gelten, wenn der türkische Arbeitnehmer sich an Verstößen des Arbeitgebers gegen Vorschriften dieser Art kollusiv beteiligt, etwa indem er mit dem Arbeitgeber die Abrede trifft, dass die Arbeitsvergütung ohne Berücksichtigung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen - "schwarz" - ausgezahlt werden soll (so genannte Schwarzgeldvereinbarung, vgl. BAG, Urteil vom 26.02.2003 - 5 AZR 690/01 - BAGE 105, 187), oder wenn der türkische Arbeitnehmer mit der Ausübung der Beschäftigung gegen ihn selbst treffende steuer- oder sozialversicherungsrechtliche Rechtspflichten verstößt. In einem solchen Fall dürfte wohl - zumindest - ein Fall der Rechtsmissbrauchs vorliegen, der die Berufung auf eine Rechtsposition nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 ausschlösse. Das bedarf hier indes keiner Vertiefung, weil ein solcher Fall - entgegen der Annahme der Beklagten und wohl auch des Verwaltungsgerichts - nicht vorliegt.
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Die Beschäftigung des Klägers bei der Firma ... ab Dezember 2002 war ordnungsgemäß und erfolgte im regulären Arbeitsmarkt. Der Kläger war sowohl im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis als auch der erforderlichen Arbeitsgenehmigung. Der Kläger hatte, wie dies zur Überzeugung des Senats auf Grund der Beweisaufnahme erwiesen ist (s. o. ), zu Beginn seiner Beschäftigung zudem die für die Abführung von Steuern und Sozialversicherungsabgaben durch den Arbeitgeber notwendigen Unterlagen vorgelegt, insbesondere seine Lohnsteuerkarte. Er erfüllte auch keinen Tatbestand einer ordnungswidrigen Schwarzarbeit i. S. der §§ 1, 2 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit vom 30.03.1957 (BGBl I 1957, 315) in der im Dezember 2002 und Januar 2003 geltenden Fassung. Schließlich ergibt sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme kein konkreter Anhaltspunkt für eine "Schwarzgeldvereinbarung" zwischen dem Kläger und dem Firmeninhaber ... als Arbeitgeber.
37 
Die Beschäftigung des Klägers bei der Firma ... war auch mindestens ein Jahr ordnungsgemäß. Zwar endete die Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung mit Zustellung der angefochtenen nachträglichen Beschränkung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis am 18.12.2003. Denn infolge dieser Verfügung hatte der Kläger keine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt mehr inne, wie sie der Begriff der ordnungsgemäßen Beschäftigung voraussetzt (vgl. EuGH Slg. 1990, I-3461, Rn. 30 - Sevince - = NVwZ 1991, 255 <256>; Slg. 1995, I-1475, Rn. 26 - Bozkurt -;Slg. 1992, I-6781, Rn. 12, 22 und 49 - Kus -). Nach dem insoweit maßgeblichen nationalen Recht muss die Beschäftigung grundsätzlich auf der Grundlage einer die Arbeitsaufnahme gestattenden Aufenthaltsgenehmigung und einer entsprechenden Arbeitsgenehmigung ausgeübt worden sein (vgl. BVerwG, Vorlagebeschluss vom 15.07.1997 - 1 C 24.96 - InfAuslR 1998, 4 m. w. N.). Nach Zustellung der sofort vollziehbaren Beschränkungsverfügung war das Aufenthaltsrecht des Klägers erloschen (§ 44 Abs. 1 AuslG). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Eilverfahren hatte daran nichts - rückwirkend - geändert (§ 72 Abs. 2 Satz 1 AuslG). Zwar waren die Ausreisepflicht des Klägers nicht mehr vollziehbar und die verfügte Ausreisefrist unterbrochen (§§ 42 Abs. 2 Satz 2, 50 Abs. 4 AuslG) und der Kläger nach § 80 Abs. 1 VwGO einstweilen so zu behandeln, wie wenn die Beschränkungsverfügung nicht ergangen wäre. Dieses mit der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes einhergehende einstweilige Bleiberecht begründete jedoch keine gesicherte Position auf dem Arbeitsmarkt (EuGH, Slg. 1990, I-3461, Rn. 31 - Sevince - = NVwZ 1991, 255 <256>). Der Kläger war jedoch bis zur Zustellung der angefochtenen Beschränkungsverfügung bereits - wie oben dargelegt - seit Anfang Dezember 2002 und damit mehr als ein Jahr bei der Firma ... ordnungsgemäß beschäftigt. Das dadurch unmittelbar nach Art. 6 Abs. 1 erster Gedankenstrich ARB 1/80 begründete supranationale europarechtliche Beschäftigungs- und Aufenthaltsrecht zur Fortsetzung dieser Beschäftigung bei dem selben Arbeitgeber blieb dem Kläger auch nach Erlöschen seines nationalen Aufenthaltstitels "kraft Gesetzes" erhalten, solange er einen Arbeitsplatz bei der Firma... besaß, was bei Zustellung des Widerspruchsbescheids am 01.07.2004 noch der Fall war. Der Einwand der Beklagten, der Kläger sei mittlerweile arbeitslos, ist insoweit unerheblich.
38 
Mangels Ausreisepflicht des Klägers sind demzufolge auch die Bestimmung einer Ausreisefrist und die Abschiebungsandrohung in den Regelungen Nrn. II und III der angefochtenen Verfügung rechtswidrig.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO erfüllt ist.
41 
Beschluss
vom 10. Oktober 2007
        
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird nach §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 58 Abschiebung


(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Si

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(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht. (2) Der Ausländer hat da

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Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

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(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen: 1. Ablauf seiner Geltungsdauer,2. Eintritt einer auflösenden Bedingung,3. Rücknahme des Aufenthaltstitels,4. Widerruf des Aufenthaltstitels,5. Ausweisung des Ausländers,5a. Bekanntgabe einer Absc

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 7 Aufenthaltserlaubnis


(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorg

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 66 Kostenschuldner; Sicherheitsleistung


(1) Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen, hat der Ausländer zu tragen. (2) Neben dem Ausländer haftet für die in Absatz 1 bezeichneten Kosten, wer sich geg

Zivilprozessordnung - ZPO | § 384 Zeugnisverweigerung aus sachlichen Gründen


Das Zeugnis kann verweigert werden:1.über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;2.über

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 102 Fortgeltung ausländerrechtlicher Maßnahmen und Anrechnung


(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungs

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 27. Sept. 2007 - 13 S 1059/07

bei uns veröffentlicht am 27.09.2007

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Dezember 2006 - 11 K 1727/06 - geändert; die Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiu

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen, hat der Ausländer zu tragen.

(2) Neben dem Ausländer haftet für die in Absatz 1 bezeichneten Kosten, wer sich gegenüber der Ausländerbehörde oder der Auslandsvertretung verpflichtet hat, für die Ausreisekosten des Ausländers aufzukommen.

(3) In den Fällen des § 64 Abs. 1 und 2 haftet der Beförderungsunternehmer neben dem Ausländer für die Kosten der Rückbeförderung des Ausländers und für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen. Ein Beförderungsunternehmer, der schuldhaft einer Verfügung nach § 63 Abs. 2 zuwiderhandelt, haftet neben dem Ausländer für sonstige Kosten, die in den Fällen des § 64 Abs. 1 durch die Zurückweisung und in den Fällen des § 64 Abs. 2 durch die Abschiebung entstehen.

(4) Für die Kosten der Abschiebung oder Zurückschiebung haftet:

1.
wer als Arbeitgeber den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war;
2.
ein Unternehmer, für den ein Arbeitgeber als unmittelbarer Auftragnehmer Leistungen erbracht hat, wenn ihm bekannt war oder er bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass der Arbeitgeber für die Erbringung der Leistung den Ausländer als Arbeitnehmer eingesetzt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war;
3.
wer als Generalunternehmer oder zwischengeschalteter Unternehmer ohne unmittelbare vertragliche Beziehungen zu dem Arbeitgeber Kenntnis von der Beschäftigung des Ausländers hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war;
4.
wer eine nach § 96 strafbare Handlung begeht;
5.
der Ausländer, soweit die Kosten von den anderen Kostenschuldnern nicht beigetrieben werden können.
Die in Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen haften als Gesamtschuldner im Sinne von § 421 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4a) Die Haftung nach Absatz 4 Nummer 1 entfällt, wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nach § 4a Absatz 5 sowie seiner Meldepflicht nach § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den §§ 6, 7 und 13 der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung oder nach § 18 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes nachgekommen ist, es sei denn, er hatte Kenntnis davon, dass der Aufenthaltstitel oder die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers gefälscht war.

(5) Von dem Kostenschuldner kann eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung des Ausländers oder des Kostenschuldners nach Absatz 4 Satz 1 und 2 kann von der Behörde, die sie erlassen hat, ohne vorherige Vollstreckungsanordnung und Fristsetzung vollstreckt werden, wenn andernfalls die Erhebung gefährdet wäre. Zur Sicherung der Ausreisekosten können Rückflugscheine und sonstige Fahrausweise beschlagnahmt werden, die im Besitz eines Ausländers sind, der zurückgewiesen, zurückgeschoben, ausgewiesen oder abgeschoben werden soll oder dem Einreise und Aufenthalt nur wegen der Stellung eines Asylantrages gestattet wird.

(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungsandrohungen, Aussetzungen der Abschiebung und Abschiebungen einschließlich ihrer Rechtsfolgen und der Befristung ihrer Wirkungen sowie begünstigende Maßnahmen, die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren und Befreiungen von der Passpflicht, Entscheidungen über Kosten und Gebühren, bleiben wirksam. Ebenso bleiben Maßnahmen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen wirksam, auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf Zeiträume nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beziehen. Entsprechendes gilt für die kraft Gesetzes eingetretenen Wirkungen der Antragstellung nach § 69 des Ausländergesetzes.

(2) Auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 wird die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungsandrohungen, Aussetzungen der Abschiebung und Abschiebungen einschließlich ihrer Rechtsfolgen und der Befristung ihrer Wirkungen sowie begünstigende Maßnahmen, die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren und Befreiungen von der Passpflicht, Entscheidungen über Kosten und Gebühren, bleiben wirksam. Ebenso bleiben Maßnahmen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen wirksam, auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf Zeiträume nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beziehen. Entsprechendes gilt für die kraft Gesetzes eingetretenen Wirkungen der Antragstellung nach § 69 des Ausländergesetzes.

(2) Auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 wird die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Dezember 2006 - 11 K 1727/06 - geändert; die Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.3.2006 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste 1992 in das Bundesgebiet ein und wurde zunächst nach zwei erfolglosen Asylverfahren im Bundesgebiet geduldet. Am 16.5.2002 erteilte die Beklagte dem Kläger eine bis zum 16.5.2004 befristete Aufenthaltsbefugnis, die am 30.3.2004 bis zum 17.5.2006 verlängert wurde. Hintergrund der Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse war die Tatsache, dass im Jahr 2000 zugunsten der Ehefrau des Klägers ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG festgestellt worden war.
Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte mit Bescheid vom 1.4.2005 die am 30.3.2004 verlängerte Aufenthaltsbefugnis mit Wirkung für die Zukunft zurück und drohte ihm mit einer Ausreisefrist bis zum 29.4.2005 die Abschiebung nach Algerien an. Zur Begründung wurde ausgeführt, der für die Ehefrau des Klägers günstige Bescheid des Bundesamts vom 10.8.2000 sei am 15.6.2003 widerrufen worden, und die Aufenthaltsbefugnis des Klägers sei verlängert worden, ohne dass man sich vergewissert habe, ob dieser Widerruf unanfechtbar geworden sei. Nach der Bestandskraft dieses Widerrufsbescheides hätten die Verlängerungsvoraussetzungen nicht vorgelegen, wie dem Kläger bekannt gewesen sei. Ein anderweitiger Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis bestehe nicht. Bei dem Kläger liege zwar ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet vor; er habe sich jedoch nicht integriert. Er gehe erst seit mehr als fünf Jahren einer Beschäftigung nach, die allerdings die finanziellen Bedürfnisse der Familie (Ehefrau und sechs Kinder) nicht decken könne. Auch komme er der Passpflicht nicht nach und sei zur Mitarbeit in diesem Bereich nicht bereit. Auch die Kinder des Klägers seien in Deutschland nicht integriert.
Der hiergegen am 2.5.2005 eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.3.2006 mit der Maßgabe zurückgewiesen, die bis zum 17.5.2006 verlängerte Aufenthaltsbefugnis gelte mit Wirkung der Bekanntgabe der Entscheidung zum 2.4.2005 als zurückgenommen. Die Widerspruchsbehörde führt aus, die Feststellung des Bundesamts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG in der Person der Ehefrau des Klägers sei im Juni 2003 widerrufen worden und bestandskräftig; die Ausländerbehörde habe wegen der getrennten Wohnsitze des Klägers und seiner Restfamilie erst im April 2004 vom Widerruf Kenntnis erlangt. Nach Wegfall des Ausreisehindernisses hätte die Aufenthaltsbefugnis am 30.3.2004 nicht verlängert werden dürfen.
Zur Begründung der am 28.4.2006 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, der Rücknahmebescheid verstoße gegen die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG. Im Übrigen sei im Zeitpunkt dieses Bescheides bereits klar gewesen, dass wegen laufender Asylverfahren der beiden jüngsten Kinder auf unabsehbare Zeit ein rechtliches Abschiebungsverbot bestehe. Auch habe zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AuslG bestanden, der von der Widerspruchsbehörde nicht geprüft worden sei.
Die Beklagte hat im Klageverfahren den Rücknahmebescheid verteidigt.
Mit Urteil vom 4.12.2006 - 11 K 1727/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis habe am 30.3.2004 nicht verlängert werden dürfen, weil das Abschiebungshindernis in der Person seiner Ehefrau nicht mehr vorgelegen habe. Der entsprechende Widerrufsbescheid sei seit dem 18.3.2004 rechtskräftig. Auch ein anderweitiger Rechtsanspruch auf Aufenthaltsbefugnis habe nicht vorgelegen; insbesondere seien die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG nicht gegeben gewesen. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG sei eingehalten, und das der Behörde eröffnete Rücknahmeermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Ein vorrangiges Interesse des Klägers bestehe bereits wegen eines fehlenden anderweitigen Anspruchs auf einen Aufenthaltstitel nicht. Insofern scheide auch § 26 Abs. 4 AufenthG als Anspruchsgrundlage aus. Auch sonstige Ermessenfehler seien nicht zu erkennen, und auch die Abschiebungsandrohung sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen die am 18.12.2006 zugestellte Entscheidung hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt; mit Beschluss vom 3.5.2007 hat der Senat die Berufung zugelassen. In der rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung nimmt der Kläger auf den Zulassungsantrag Bezug und trägt vor, das klagabweisende Urteil sei fehlerhaft, da ihm am 8.9.2002 eine unbefristete Arbeitsgenehmigung erteilt worden sei. Dementsprechend sei er bereits seit 1999 bei der Firma Mc Donalds Deutschland in Sindelfingen in Vollzeit beschäftigt. Aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und seinem Heimatland Algerien habe er Anspruch auf Unterlassung jeder Diskriminierung; hieraus folge nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die Dauer einer Aufenthaltserlaubnis mit der Dauer der ihm erteilten unbefristeten Arbeitserlaubnis in Deckung zu bringen sei. Insofern stehe ihm ein anderweitiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu, der von Abschiebungshindernissen in der Person seiner Ehefrau unabhängig sei. Dass Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für eine Aufenthaltsbeendigung bestünden, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Im übrigen habe die Behörde irrtümlich angenommen, er sei im Bundesgebiet weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich integriert; dabei habe das Gericht verkannt, dass er rückwirkend seit Oktober 2002 für seine vier Kinder und ab Dezember/Januar 2005 für zwei weitere Kinder einen Kindergeldanspruch habe. Dieser Anspruch solle mit einem Erstattungsanspruch gegen seine Ehefrau verrechnet werden; dies müsse aber gerichtlich erst geklärt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.12.2006 - 11 K 1727/06 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 1.4.2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.3.2006 aufzuheben sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Die Beklagte trägt vor, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 64 des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Marokko kein aufenthaltsrechtlicher Anspruch für marokkanische Arbeitnehmer. Insofern müsse das gleiche gelten zu Art. 67 des hier einschlägigen Mittelmeer-Abkommens mit Algerien. Dieser Auffassung werde auch in der Literatur vertreten. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Abkommen mit Marokko sei daher für den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
13 
Beide Beteiligte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
14 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor; auf ihren Inhalt wird verwiesen. Sie waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, da beide Beteiligte auf die mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat Erfolg; die von dem Kläger mit der Anfechtungsklage angegriffene Rücknahme der Aufenthaltsbefugnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung (Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass sie und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart 31.3.206 aufzuheben waren. Der Rücknahme der dem Kläger am 30.3.2004 (erneut) erteilten Aufenthaltsbefugnis steht nämlich ein dem Kläger zustehendes anderweitiges Aufenthaltsrecht entgegen.
17 
Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; diese Vorschrift gilt auch für ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnisse (siehe BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3.94 -, BVerwGE 98, 298, 304 und zuletzt Urteil vom 5.9.2006 - 1 C 20.05 -, NVwZ 2007, 470). Der Senat kann offenlassen, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Rücknahme bzw. des Widerspruchsbescheids ein Anspruch auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG oder ein Aufenthaltstitel nach den zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bereits geltenden Regelungen des AufenthG (§§ 23 i.V.m. der Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt bzw. § 25 oder § 26 Abs. 4 AufenthG) zustand; unabhängig hiervon ist die behördliche Rücknahmeentscheidung bereits deswegen rechtlich zu beanstanden, weil der Kläger aufenthaltsrechtlich zu seinen Gunsten auf ein aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits (im folgenden: Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien, Amtsblatt der Europäischen Union vom 10.10.2005, L 265/2) abgeleitetes Aufenthaltsrecht verweisen kann. Es ist anerkannt, dass der Rücknahme eines Aufenthaltstitels ein anderweitiger Aufenthaltstitel entgegengehalten werden kann (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 23.5.1995, a.a.O.; zur vergleichbaren Problematik bei der Widerrufsentscheidung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG siehe BVerwG, Urteil vom 20.2.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.2.2007 - 13 S 2409/06 -, juris und Urteil vom 26.7.2006 - 11 S 951/06 -, VBlBW 2006, 442). Ein solcher Fall ist hier gegeben, wobei es ohne rechtliche Bedeutung ist, dass das Entgegenstehen des Anspruchs auf einen anderweitigen Aufenthaltstitel im vorliegenden Fall erst im Berufungszulassungsverfahren gerügt worden ist und nicht bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Erörterung war (vgl. dazu Sodan/Ziekow, VwGO, 2006, Rn 88 f. zu § 124.).
18 
Der Kläger unterfällt als algerischer Staatsangehöriger dem Regelungsbereich des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Algerien zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits. Art. 67 Abs. 1 dieses Abkommens bestimmt, dass jeder Mitgliedstaat für algerische Arbeitnehmer, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Regelung gewährt, „die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen beinhaltet“. Der Kläger ist unstreitig seit Jahren Arbeitnehmer im Sinn dieser Regelung; er ist seit dem 8.9.2002 Inhaber einer unbefristeten Arbeitsberechtigung des (damaligen) Arbeitsamts Stuttgart, die auch nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes fortgilt (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
19 
Was die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen solcher unbefristeter Arbeitsgenehmigungen angeht, hat der für die Auslegung der einzelnen Europa-Mittelmeer-Abkommen im Hinblick auf die jeweils verliehene Rechtsstellung letztlich maßgebende Europäische Gerichtshof zu vergleichbaren Antidiskriminierungsvorschriften (Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Tunesien vom 17.7.1995 und Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Marokko vom 27.4.1976, jetzt Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen/Marokko vom 26.2.1996) entschieden, dass die dort enthaltenen, auf die „Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen“ bezogenen Antidiskriminierungsgrundsätze auch eine aufenthaltsrechtliche Wirkung haben; übersteigt der zeitliche Anwendungsbereich einer einem solchen Staatsangehörigen enthaltenen Arbeitserlaubnis die Dauer einer Aufenthaltserlaubnis, so führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer aus der „zeitlich überschießenden“ Arbeitserlaubnis auch ein entsprechendes (weitergehendes) Aufenthaltsrecht ableiten kann (siehe dazu EuGH, Urteil vom 2.3.1999 - C 416/96 - El Yassini, InfAuslR 1999, 218, und Urteil vom 14.12.2006 - C 97/05 - Gattoussi, InfAuslR 2007, 89, Rn 38 f.). Damit ist der Europäische Gerichtshof der anderslautenden deutschen Rechtsprechung (siehe BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - 1 C 18/02 -, NVwZ 2004, 241, 245; OVG Münster, Beschluss vom 25.7.2005 - 18 B 983/05 -, juris und vom 22.6.2007 - 18 B 722/07 -, DVBl. 2007, 983; BayVGH, Beschluss vom 23.3.2006 - 24 CS 06.514 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 6.4.2004 - 9 TG 864/04 -, NVwZ-RR 2005, 285) entgegengetreten. Der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung „überschießender“ Arbeitserlaubnisse schließt sich der Senat, der als nationales Gericht im Interesse der einheitlichen Anwendung des Europarechts grundsätzlich gehalten ist, die vom EuGH vorgegebene Auslegung anzuwenden (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6.10.1982 - Rs 283/81 - CILFIT -, Slg. 1982, 3415, Rn 16 ff.), jedenfalls für das hier streitige Abkommen mit Algerien an. Im Einzelnen:
20 
Insbesondere aus der Entscheidung vom 14.12.2006 (a.a.O.) und der vorangegangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Übertragung der im Urteil El Yassini entwickelten Grundsätze auf türkische Arbeitnehmer nach Art. 10 ARB 1/80 (EuGH, Urteil vom 26.10.2006 - C 4/05 - Güzeli, InfAuslR 2007, 1, 4, Rn 52) ergibt sich, dass der Europäische Gerichtshof auch einer nach deutschem Recht erteilten Arbeitsgenehmigung (vgl. § 286 Abs. 3 SGB III) eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Wirkung beimisst. Beide Verfahren betrafen Arbeitnehmer, die aufgrund entsprechender arbeitsrechtlicher Erlaubnisse dem deutschen Arbeitsmarkt angehörten. Dem Urteil Güzeli (a.a.O.) und auch der Bezugnahme auf die Entscheidung El Yassini (Urteil vom 2.3.1999, a.a.O.) in der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) kann nicht entnommen werden, dass der Europäische Gerichtshof es der deutschen Rechtsprechung überlässt, nach nationalem Recht zu entscheiden, ob mit der Erteilung der unbefristeten Arbeitserlaubnis mit entsprechender Wirkung für die Europa-Mittelmeer-Abkommen derartige aufenthaltsrechtliche Wirkungen verbunden sein sollen oder nicht (a.A. OVG Münster a.a.O.). Der Europäische Gerichtshof hat in dem Urteil Güzeli (a.a.O. S. 4) der nationalen Rechtsordnung (und damit den nationalen Gerichten) lediglich die Feststellung überlassen, “ob eine solche (d.h. der Entscheidung El Yassini vergleichbare) Fallgestaltung im Ausgangsverfahren vorlag“. Diese die Frage der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt - konkret: das Vorliegen eines Auflagenverstoßes - betreffende Zurückverweisung an das vorzulegende Gericht hätte keinen Sinn gehabt, wenn auch die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt dem Kläger kein aus der unbefristeten Arbeitsgenehmigung abgeleitetes überschießendes Aufenthaltsrecht verschaffen könnte. In der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) fehlt dementsprechend ein derartiger Hinweis auf eine der nationalen Rechtsordnung vorbehaltene abweichende Auslegungsmöglichkeit. Da nach deutschem Recht mit der Arbeitserlaubnis gerade keine aufenthaltserlaubnisunabhängigen Rechte verliehen werden (siehe dazu BVerwG, a.a.O. und Hailbronner, NVwZ 2007, S 416), würde die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den aufenthaltsrechtlichen Wirkungen von deutschen Arbeitserlaubnissen und -genehmigungen leerlaufen, wenn man sie auf solche Fälle beschränken würde, in denen nach innerstaatlichem Recht von der Aufenthaltserlaubnis unabhängige Beschäftigungsrechte verliehen worden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 39). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gattoussi, a.a.O. und Güzeli, a.a.O.) Fälle aus Deutschland betroffen hat, die hinsichtlich der Arbeitserlaubnis und ihrer Wirkungen nach deutschem Recht zu beurteilen waren, und es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Europäischen Gerichtshof die deutsche Rechtslage (grundsätzliche Abhängigkeit der Arbeitserlaubnis vom aufenthaltsrechtlichen Status) bekannt war (siehe dazu auch den Schlussantrag des Generalanwalts Colombo vom 6.4.2006 im Verfahren Gattoussi, juris). Der für die anderslautende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) und die Literatur (Hailbronner a.a.O.) entscheidende - und allerdings durchaus schwerwiegende - Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Abkommen mit Marokko (El Yassini) und Tunesien (Gattoussi) war auch weniger die innerdeutsche Konstruktion des Verhältnisses zwischen Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, sondern vielmehr der Hinweis darauf, dass der vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Auslegung eine anderslautende „Gemeinsame Erklärung“ der jeweiligen Vertragsparteien entgegenstand, die ihrerseits Vertragsbestandteil geworden ist (siehe etwa Art. 91 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien). Diese Gemeinsame Erklärung lautet z.B. hinsichtlich Tunesien, dass Art. 64 Abs. 1 „nicht in Anspruch genommen werden (kann), um die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung zu erwirken. Für die Erteilung, die Verlängerung oder die Verweigerung einer Aufenthaltsgenehmigung sind ausschließlich die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten sowie die ... bilateralen Übereinkünfte ... maßgeblich“ (zur völkerrechtlichen Bedeutung einer solchen Gemeinsamen Erklärung vgl. insbesondere Hailbronner a.a.O. S. 415, 416 m.w.N.; siehe auch BVerwG a.a.O.). Der Senat kann offenlassen, inwieweit eine solche Gemeinsame Erklärung - dort, wo sie abgegeben worden ist - der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Erfolg entgegengehalten werden kann; immerhin hat auch der Europäische Gerichtshof in dem Verfahren Gattoussi eingeräumt, aus der Gemeinsamen Erklärung ergebe sich jedenfalls, dass das Diskriminierungsverbot „als solches“ nicht der Regelung des Aufenthaltsrechts diene (Urteil vom 14.12.2006, a.a.O. Rn 35). Für den vorliegenden Fall ist der aus einer derartigen Gemeinsamen Erklärung hergeleitete grundsätzliche Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung von Arbeitserlaubnissen und Arbeitsgenehmigungen aber nicht weiterführend; das hier einschlägige und als letztes derartiges Abkommen geschlossene Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien enthält nämlich eine vergleichbare Gemeinsame Erklärung nicht (mehr). Es liegen lediglich Gemeinsame Erklärungen zu Art. 44, 84, 104 und 110 des Abkommens sowie „zum Austausch von Menschen“ und betreffend das Fürstentum Andorra, die Republik San Marino und zur „Ursprungskumulierung“ vor, so dass Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens Algerien im vorliegenden Fall gerade nicht völkerrechtlich eingeschränkt ist. Auch sind aufenthaltsrechtliche Fragen in Art. 103 des hier einschlägigen Abkommens nicht aus dem Regelungsbereich des Abkommens herausgenommen worden. Damit geht der Senat davon aus, dass die aufenthaltsrechtlichen Vorbehalte, die in den sonstigen Europa-Mittelmeer-Abkommen in den genannten Gemeinsamen Erklärungen enthalten sind, jedenfalls in dem hier anzuwendenden Abkommen mit Algerien für die Vertragsparteien nicht (mehr) maßgebend waren. Ob dies darauf beruht, dass die Vertragsparteien in Kenntnis der früheren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere der Entscheidung im Fall El Yassini) solchen aufenthaltsrechtlichen Vorbehalten in Gemeinsamen Erklärungen keine Bedeutung mehr beimaßen oder nicht, kann der Senat offenlassen; jedenfalls kann dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Arbeitnehmer mit algerischer Staatsangehörigkeit kein Völkerrechtsverstoß entgegengehalten werden.
21 
Ergibt sich danach für den Kläger aus Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens-Tunesien ein entsprechendes „überschießendes“ Aufenthaltsrecht, so ist dies lediglich durch die dem Abkommen selbst zu entnehmenden Vorbehalte begrenzt, die dem Schutz eines berechtigten Interesses des Staates sowie der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit dienen (siehe EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 40 m.w.N.). Dass das dem Kläger aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien zustehende, aus der „überschießenden“ Arbeitserlaubnis abgeleitete Aufenthaltsrecht nach diesen Grundsätzen - etwa wegen Vorliegens eines Ausweisungsgrundes - konkret zu beschränken ist, trägt die Beklagte nicht vor, und dies lässt sich aus den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten auch nicht entnehmen. Ebenso wenig kann diesem Aufenthaltsrecht die nach nationalem Recht für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen relevante Passlosigkeit (siehe § 5 Abs. 1 AufenthG) entgegengehalten werden.
22 
Dementsprechend war das erstinstanzliche Urteil abzuändern; die gegen den Kläger ergangene Rücknahmeverfügung sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid waren aufzuheben.
23 
Das gleiche gilt für die der Rücknahmeverfügung beigegebene Abschiebungsandrohung, da deren Voraussetzung (Ausreisepflicht, siehe §§ 50, 58, 59 Abs. 1 AufenthG ) durch die Aufhebung der Rücknahmeverfügung entfallen sind.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Auslegung der im Wortlaut nahezu identischen Antidiskriminierungsvorschriften der Europa-Mittelmeer-Abkommen angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung bestehenden Uneinigkeit von grundsätzlicher Bedeutung ist.
26 
Beschluss
27 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5000.-- EUR festgesetzt (§§ 63, 52 Abs. 2 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar („§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
15 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, da beide Beteiligte auf die mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat Erfolg; die von dem Kläger mit der Anfechtungsklage angegriffene Rücknahme der Aufenthaltsbefugnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung (Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass sie und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart 31.3.206 aufzuheben waren. Der Rücknahme der dem Kläger am 30.3.2004 (erneut) erteilten Aufenthaltsbefugnis steht nämlich ein dem Kläger zustehendes anderweitiges Aufenthaltsrecht entgegen.
17 
Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; diese Vorschrift gilt auch für ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnisse (siehe BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3.94 -, BVerwGE 98, 298, 304 und zuletzt Urteil vom 5.9.2006 - 1 C 20.05 -, NVwZ 2007, 470). Der Senat kann offenlassen, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Rücknahme bzw. des Widerspruchsbescheids ein Anspruch auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG oder ein Aufenthaltstitel nach den zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bereits geltenden Regelungen des AufenthG (§§ 23 i.V.m. der Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt bzw. § 25 oder § 26 Abs. 4 AufenthG) zustand; unabhängig hiervon ist die behördliche Rücknahmeentscheidung bereits deswegen rechtlich zu beanstanden, weil der Kläger aufenthaltsrechtlich zu seinen Gunsten auf ein aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits (im folgenden: Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien, Amtsblatt der Europäischen Union vom 10.10.2005, L 265/2) abgeleitetes Aufenthaltsrecht verweisen kann. Es ist anerkannt, dass der Rücknahme eines Aufenthaltstitels ein anderweitiger Aufenthaltstitel entgegengehalten werden kann (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 23.5.1995, a.a.O.; zur vergleichbaren Problematik bei der Widerrufsentscheidung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG siehe BVerwG, Urteil vom 20.2.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.2.2007 - 13 S 2409/06 -, juris und Urteil vom 26.7.2006 - 11 S 951/06 -, VBlBW 2006, 442). Ein solcher Fall ist hier gegeben, wobei es ohne rechtliche Bedeutung ist, dass das Entgegenstehen des Anspruchs auf einen anderweitigen Aufenthaltstitel im vorliegenden Fall erst im Berufungszulassungsverfahren gerügt worden ist und nicht bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Erörterung war (vgl. dazu Sodan/Ziekow, VwGO, 2006, Rn 88 f. zu § 124.).
18 
Der Kläger unterfällt als algerischer Staatsangehöriger dem Regelungsbereich des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Algerien zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits. Art. 67 Abs. 1 dieses Abkommens bestimmt, dass jeder Mitgliedstaat für algerische Arbeitnehmer, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Regelung gewährt, „die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen beinhaltet“. Der Kläger ist unstreitig seit Jahren Arbeitnehmer im Sinn dieser Regelung; er ist seit dem 8.9.2002 Inhaber einer unbefristeten Arbeitsberechtigung des (damaligen) Arbeitsamts Stuttgart, die auch nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes fortgilt (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
19 
Was die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen solcher unbefristeter Arbeitsgenehmigungen angeht, hat der für die Auslegung der einzelnen Europa-Mittelmeer-Abkommen im Hinblick auf die jeweils verliehene Rechtsstellung letztlich maßgebende Europäische Gerichtshof zu vergleichbaren Antidiskriminierungsvorschriften (Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Tunesien vom 17.7.1995 und Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Marokko vom 27.4.1976, jetzt Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen/Marokko vom 26.2.1996) entschieden, dass die dort enthaltenen, auf die „Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen“ bezogenen Antidiskriminierungsgrundsätze auch eine aufenthaltsrechtliche Wirkung haben; übersteigt der zeitliche Anwendungsbereich einer einem solchen Staatsangehörigen enthaltenen Arbeitserlaubnis die Dauer einer Aufenthaltserlaubnis, so führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer aus der „zeitlich überschießenden“ Arbeitserlaubnis auch ein entsprechendes (weitergehendes) Aufenthaltsrecht ableiten kann (siehe dazu EuGH, Urteil vom 2.3.1999 - C 416/96 - El Yassini, InfAuslR 1999, 218, und Urteil vom 14.12.2006 - C 97/05 - Gattoussi, InfAuslR 2007, 89, Rn 38 f.). Damit ist der Europäische Gerichtshof der anderslautenden deutschen Rechtsprechung (siehe BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - 1 C 18/02 -, NVwZ 2004, 241, 245; OVG Münster, Beschluss vom 25.7.2005 - 18 B 983/05 -, juris und vom 22.6.2007 - 18 B 722/07 -, DVBl. 2007, 983; BayVGH, Beschluss vom 23.3.2006 - 24 CS 06.514 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 6.4.2004 - 9 TG 864/04 -, NVwZ-RR 2005, 285) entgegengetreten. Der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung „überschießender“ Arbeitserlaubnisse schließt sich der Senat, der als nationales Gericht im Interesse der einheitlichen Anwendung des Europarechts grundsätzlich gehalten ist, die vom EuGH vorgegebene Auslegung anzuwenden (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6.10.1982 - Rs 283/81 - CILFIT -, Slg. 1982, 3415, Rn 16 ff.), jedenfalls für das hier streitige Abkommen mit Algerien an. Im Einzelnen:
20 
Insbesondere aus der Entscheidung vom 14.12.2006 (a.a.O.) und der vorangegangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Übertragung der im Urteil El Yassini entwickelten Grundsätze auf türkische Arbeitnehmer nach Art. 10 ARB 1/80 (EuGH, Urteil vom 26.10.2006 - C 4/05 - Güzeli, InfAuslR 2007, 1, 4, Rn 52) ergibt sich, dass der Europäische Gerichtshof auch einer nach deutschem Recht erteilten Arbeitsgenehmigung (vgl. § 286 Abs. 3 SGB III) eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Wirkung beimisst. Beide Verfahren betrafen Arbeitnehmer, die aufgrund entsprechender arbeitsrechtlicher Erlaubnisse dem deutschen Arbeitsmarkt angehörten. Dem Urteil Güzeli (a.a.O.) und auch der Bezugnahme auf die Entscheidung El Yassini (Urteil vom 2.3.1999, a.a.O.) in der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) kann nicht entnommen werden, dass der Europäische Gerichtshof es der deutschen Rechtsprechung überlässt, nach nationalem Recht zu entscheiden, ob mit der Erteilung der unbefristeten Arbeitserlaubnis mit entsprechender Wirkung für die Europa-Mittelmeer-Abkommen derartige aufenthaltsrechtliche Wirkungen verbunden sein sollen oder nicht (a.A. OVG Münster a.a.O.). Der Europäische Gerichtshof hat in dem Urteil Güzeli (a.a.O. S. 4) der nationalen Rechtsordnung (und damit den nationalen Gerichten) lediglich die Feststellung überlassen, “ob eine solche (d.h. der Entscheidung El Yassini vergleichbare) Fallgestaltung im Ausgangsverfahren vorlag“. Diese die Frage der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt - konkret: das Vorliegen eines Auflagenverstoßes - betreffende Zurückverweisung an das vorzulegende Gericht hätte keinen Sinn gehabt, wenn auch die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt dem Kläger kein aus der unbefristeten Arbeitsgenehmigung abgeleitetes überschießendes Aufenthaltsrecht verschaffen könnte. In der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) fehlt dementsprechend ein derartiger Hinweis auf eine der nationalen Rechtsordnung vorbehaltene abweichende Auslegungsmöglichkeit. Da nach deutschem Recht mit der Arbeitserlaubnis gerade keine aufenthaltserlaubnisunabhängigen Rechte verliehen werden (siehe dazu BVerwG, a.a.O. und Hailbronner, NVwZ 2007, S 416), würde die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den aufenthaltsrechtlichen Wirkungen von deutschen Arbeitserlaubnissen und -genehmigungen leerlaufen, wenn man sie auf solche Fälle beschränken würde, in denen nach innerstaatlichem Recht von der Aufenthaltserlaubnis unabhängige Beschäftigungsrechte verliehen worden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 39). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gattoussi, a.a.O. und Güzeli, a.a.O.) Fälle aus Deutschland betroffen hat, die hinsichtlich der Arbeitserlaubnis und ihrer Wirkungen nach deutschem Recht zu beurteilen waren, und es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Europäischen Gerichtshof die deutsche Rechtslage (grundsätzliche Abhängigkeit der Arbeitserlaubnis vom aufenthaltsrechtlichen Status) bekannt war (siehe dazu auch den Schlussantrag des Generalanwalts Colombo vom 6.4.2006 im Verfahren Gattoussi, juris). Der für die anderslautende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) und die Literatur (Hailbronner a.a.O.) entscheidende - und allerdings durchaus schwerwiegende - Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Abkommen mit Marokko (El Yassini) und Tunesien (Gattoussi) war auch weniger die innerdeutsche Konstruktion des Verhältnisses zwischen Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, sondern vielmehr der Hinweis darauf, dass der vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Auslegung eine anderslautende „Gemeinsame Erklärung“ der jeweiligen Vertragsparteien entgegenstand, die ihrerseits Vertragsbestandteil geworden ist (siehe etwa Art. 91 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien). Diese Gemeinsame Erklärung lautet z.B. hinsichtlich Tunesien, dass Art. 64 Abs. 1 „nicht in Anspruch genommen werden (kann), um die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung zu erwirken. Für die Erteilung, die Verlängerung oder die Verweigerung einer Aufenthaltsgenehmigung sind ausschließlich die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten sowie die ... bilateralen Übereinkünfte ... maßgeblich“ (zur völkerrechtlichen Bedeutung einer solchen Gemeinsamen Erklärung vgl. insbesondere Hailbronner a.a.O. S. 415, 416 m.w.N.; siehe auch BVerwG a.a.O.). Der Senat kann offenlassen, inwieweit eine solche Gemeinsame Erklärung - dort, wo sie abgegeben worden ist - der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Erfolg entgegengehalten werden kann; immerhin hat auch der Europäische Gerichtshof in dem Verfahren Gattoussi eingeräumt, aus der Gemeinsamen Erklärung ergebe sich jedenfalls, dass das Diskriminierungsverbot „als solches“ nicht der Regelung des Aufenthaltsrechts diene (Urteil vom 14.12.2006, a.a.O. Rn 35). Für den vorliegenden Fall ist der aus einer derartigen Gemeinsamen Erklärung hergeleitete grundsätzliche Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung von Arbeitserlaubnissen und Arbeitsgenehmigungen aber nicht weiterführend; das hier einschlägige und als letztes derartiges Abkommen geschlossene Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien enthält nämlich eine vergleichbare Gemeinsame Erklärung nicht (mehr). Es liegen lediglich Gemeinsame Erklärungen zu Art. 44, 84, 104 und 110 des Abkommens sowie „zum Austausch von Menschen“ und betreffend das Fürstentum Andorra, die Republik San Marino und zur „Ursprungskumulierung“ vor, so dass Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens Algerien im vorliegenden Fall gerade nicht völkerrechtlich eingeschränkt ist. Auch sind aufenthaltsrechtliche Fragen in Art. 103 des hier einschlägigen Abkommens nicht aus dem Regelungsbereich des Abkommens herausgenommen worden. Damit geht der Senat davon aus, dass die aufenthaltsrechtlichen Vorbehalte, die in den sonstigen Europa-Mittelmeer-Abkommen in den genannten Gemeinsamen Erklärungen enthalten sind, jedenfalls in dem hier anzuwendenden Abkommen mit Algerien für die Vertragsparteien nicht (mehr) maßgebend waren. Ob dies darauf beruht, dass die Vertragsparteien in Kenntnis der früheren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere der Entscheidung im Fall El Yassini) solchen aufenthaltsrechtlichen Vorbehalten in Gemeinsamen Erklärungen keine Bedeutung mehr beimaßen oder nicht, kann der Senat offenlassen; jedenfalls kann dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Arbeitnehmer mit algerischer Staatsangehörigkeit kein Völkerrechtsverstoß entgegengehalten werden.
21 
Ergibt sich danach für den Kläger aus Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens-Tunesien ein entsprechendes „überschießendes“ Aufenthaltsrecht, so ist dies lediglich durch die dem Abkommen selbst zu entnehmenden Vorbehalte begrenzt, die dem Schutz eines berechtigten Interesses des Staates sowie der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit dienen (siehe EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 40 m.w.N.). Dass das dem Kläger aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien zustehende, aus der „überschießenden“ Arbeitserlaubnis abgeleitete Aufenthaltsrecht nach diesen Grundsätzen - etwa wegen Vorliegens eines Ausweisungsgrundes - konkret zu beschränken ist, trägt die Beklagte nicht vor, und dies lässt sich aus den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten auch nicht entnehmen. Ebenso wenig kann diesem Aufenthaltsrecht die nach nationalem Recht für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen relevante Passlosigkeit (siehe § 5 Abs. 1 AufenthG) entgegengehalten werden.
22 
Dementsprechend war das erstinstanzliche Urteil abzuändern; die gegen den Kläger ergangene Rücknahmeverfügung sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid waren aufzuheben.
23 
Das gleiche gilt für die der Rücknahmeverfügung beigegebene Abschiebungsandrohung, da deren Voraussetzung (Ausreisepflicht, siehe §§ 50, 58, 59 Abs. 1 AufenthG ) durch die Aufhebung der Rücknahmeverfügung entfallen sind.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Auslegung der im Wortlaut nahezu identischen Antidiskriminierungsvorschriften der Europa-Mittelmeer-Abkommen angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung bestehenden Uneinigkeit von grundsätzlicher Bedeutung ist.
26 
Beschluss
27 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5000.-- EUR festgesetzt (§§ 63, 52 Abs. 2 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar („§ 152 Abs. 1 VwGO).

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Das Zeugnis kann verweigert werden:

1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;
2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden;
3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Kosten, die durch die Durchsetzung einer räumlichen Beschränkung, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung entstehen, hat der Ausländer zu tragen.

(2) Neben dem Ausländer haftet für die in Absatz 1 bezeichneten Kosten, wer sich gegenüber der Ausländerbehörde oder der Auslandsvertretung verpflichtet hat, für die Ausreisekosten des Ausländers aufzukommen.

(3) In den Fällen des § 64 Abs. 1 und 2 haftet der Beförderungsunternehmer neben dem Ausländer für die Kosten der Rückbeförderung des Ausländers und für die Kosten, die von der Ankunft des Ausländers an der Grenzübergangsstelle bis zum Vollzug der Entscheidung über die Einreise entstehen. Ein Beförderungsunternehmer, der schuldhaft einer Verfügung nach § 63 Abs. 2 zuwiderhandelt, haftet neben dem Ausländer für sonstige Kosten, die in den Fällen des § 64 Abs. 1 durch die Zurückweisung und in den Fällen des § 64 Abs. 2 durch die Abschiebung entstehen.

(4) Für die Kosten der Abschiebung oder Zurückschiebung haftet:

1.
wer als Arbeitgeber den Ausländer als Arbeitnehmer beschäftigt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war;
2.
ein Unternehmer, für den ein Arbeitgeber als unmittelbarer Auftragnehmer Leistungen erbracht hat, wenn ihm bekannt war oder er bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkennen müssen, dass der Arbeitgeber für die Erbringung der Leistung den Ausländer als Arbeitnehmer eingesetzt hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war;
3.
wer als Generalunternehmer oder zwischengeschalteter Unternehmer ohne unmittelbare vertragliche Beziehungen zu dem Arbeitgeber Kenntnis von der Beschäftigung des Ausländers hat, dem die Ausübung der Erwerbstätigkeit nach den Vorschriften dieses Gesetzes nicht erlaubt war;
4.
wer eine nach § 96 strafbare Handlung begeht;
5.
der Ausländer, soweit die Kosten von den anderen Kostenschuldnern nicht beigetrieben werden können.
Die in Satz 1 Nummer 1 bis 4 genannten Personen haften als Gesamtschuldner im Sinne von § 421 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

(4a) Die Haftung nach Absatz 4 Nummer 1 entfällt, wenn der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen nach § 4a Absatz 5 sowie seiner Meldepflicht nach § 28a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit den §§ 6, 7 und 13 der Datenerfassungs- und -übermittlungsverordnung oder nach § 18 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes nachgekommen ist, es sei denn, er hatte Kenntnis davon, dass der Aufenthaltstitel oder die Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung oder die Aussetzung der Abschiebung des Ausländers gefälscht war.

(5) Von dem Kostenschuldner kann eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Anordnung einer Sicherheitsleistung des Ausländers oder des Kostenschuldners nach Absatz 4 Satz 1 und 2 kann von der Behörde, die sie erlassen hat, ohne vorherige Vollstreckungsanordnung und Fristsetzung vollstreckt werden, wenn andernfalls die Erhebung gefährdet wäre. Zur Sicherung der Ausreisekosten können Rückflugscheine und sonstige Fahrausweise beschlagnahmt werden, die im Besitz eines Ausländers sind, der zurückgewiesen, zurückgeschoben, ausgewiesen oder abgeschoben werden soll oder dem Einreise und Aufenthalt nur wegen der Stellung eines Asylantrages gestattet wird.

(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungsandrohungen, Aussetzungen der Abschiebung und Abschiebungen einschließlich ihrer Rechtsfolgen und der Befristung ihrer Wirkungen sowie begünstigende Maßnahmen, die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren und Befreiungen von der Passpflicht, Entscheidungen über Kosten und Gebühren, bleiben wirksam. Ebenso bleiben Maßnahmen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen wirksam, auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf Zeiträume nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beziehen. Entsprechendes gilt für die kraft Gesetzes eingetretenen Wirkungen der Antragstellung nach § 69 des Ausländergesetzes.

(2) Auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 wird die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet.

(1) Der Aufenthaltstitel erlischt in folgenden Fällen:

1.
Ablauf seiner Geltungsdauer,
2.
Eintritt einer auflösenden Bedingung,
3.
Rücknahme des Aufenthaltstitels,
4.
Widerruf des Aufenthaltstitels,
5.
Ausweisung des Ausländers,
5a.
Bekanntgabe einer Abschiebungsanordnung nach § 58a,
6.
wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach nicht vorübergehenden Grunde ausreist,
7.
wenn der Ausländer ausgereist und nicht innerhalb von sechs Monaten oder einer von der Ausländerbehörde bestimmten längeren Frist wieder eingereist ist,
8.
wenn ein Ausländer nach Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß der §§ 22, 23 oder § 25 Abs. 3 bis 5 einen Asylantrag stellt;
ein für mehrere Einreisen oder mit einer Geltungsdauer von mehr als 90 Tagen erteiltes Visum erlischt nicht nach den Nummern 6 und 7.

(1a) Die Gültigkeit einer nach § 19 erteilten ICT-Karte erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie 2014/66/EU vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des unternehmensinternen Transfers in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen. Die Gültigkeit einer nach § 16b oder § 18d erteilten Aufenthaltserlaubnis erlischt nicht nach Absatz 1 Nummer 6 und 7, wenn der Ausländer von der in der Richtlinie (EU) 2016/801 vorgesehenen Möglichkeit Gebrauch macht, einen Teil des Studiums oder des Forschungsvorhabens in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen.

(2) Die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis seines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten erlöschen nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn deren Lebensunterhalt gesichert ist und kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Die Niederlassungserlaubnis eines mit einem Deutschen in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ausländers erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 6 und 7, wenn kein Ausweisungsinteresse nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 oder Absatz 2 Nummer 5 bis 7 besteht. Zum Nachweis des Fortbestandes der Niederlassungserlaubnis stellt die Ausländerbehörde am Ort des letzten gewöhnlichen Aufenthalts auf Antrag eine Bescheinigung aus.

(3) Der Aufenthaltstitel erlischt nicht nach Absatz 1 Nr. 7, wenn die Frist lediglich wegen Erfüllung der gesetzlichen Wehrpflicht im Heimatstaat überschritten wird und der Ausländer innerhalb von drei Monaten nach der Entlassung aus dem Wehrdienst wieder einreist.

(4) Nach Absatz 1 Nr. 7 wird in der Regel eine längere Frist bestimmt, wenn der Ausländer aus einem seiner Natur nach vorübergehenden Grunde ausreisen will und eine Niederlassungserlaubnis besitzt oder wenn der Aufenthalt außerhalb des Bundesgebiets Interessen der Bundesrepublik Deutschland dient. Abweichend von Absatz 1 Nummer 6 und 7 erlischt der Aufenthaltstitel eines Ausländers nicht, wenn er die Voraussetzungen des § 37 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 erfüllt, rechtswidrig mit Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel zur Eingehung der Ehe genötigt und von der Rückkehr nach Deutschland abgehalten wurde und innerhalb von drei Monaten nach Wegfall der Zwangslage, spätestens jedoch innerhalb von zehn Jahren seit der Ausreise, wieder einreist.

(5) Die Befreiung vom Erfordernis des Aufenthaltstitels entfällt, wenn der Ausländer ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben wird; § 11 Absatz 2 bis 5 findet entsprechende Anwendung.

(6) Räumliche und sonstige Beschränkungen und Auflagen nach diesem und nach anderen Gesetzen bleiben auch nach Wegfall des Aufenthaltstitels oder der Aussetzung der Abschiebung in Kraft, bis sie aufgehoben werden oder der Ausländer seiner Ausreisepflicht nachgekommen ist.

(7) Im Falle der Ausreise eines Asylberechtigten oder eines Ausländers, dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge unanfechtbar die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt hat, erlischt der Aufenthaltstitel nicht, solange er im Besitz eines gültigen, von einer deutschen Behörde ausgestellten Reiseausweises für Flüchtlinge ist. Der Ausländer hat auf Grund seiner Anerkennung als Asylberechtigter oder der unanfechtbaren Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge keinen Anspruch auf erneute Erteilung eines Aufenthaltstitels, wenn er das Bundesgebiet verlassen hat und die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Reiseausweises für Flüchtlinge auf einen anderen Staat übergegangen ist.

(8) Vor der Aufhebung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a Abs. 1, vor einer Ausweisung eines Ausländers, der eine solche Aufenthaltserlaubnis besitzt und vor dem Erlass einer gegen ihn gerichteten Abschiebungsanordnung nach § 58a gibt die zuständige Behörde in dem Verfahren nach § 91c Absatz 2 über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge dem Mitgliedstaat der Europäischen Union, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten besitzt, Gelegenheit zur Stellungnahme, wenn die Abschiebung in ein Gebiet erwogen wird, in dem diese Rechtsstellung nicht erworben werden kann. Geht die Stellungnahme des anderen Mitgliedstaates rechtzeitig ein, wird sie von der zuständigen Behörde berücksichtigt.

(8a) Soweit die Behörden anderer Schengen-Staaten über Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009, die durch die Ausländerbehörden getroffen wurden, zu unterrichten sind, erfolgt dies über das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die mit der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs beauftragten Behörden unterrichten die Behörden anderer Schengen-Staaten unmittelbar über ihre Entscheidungen nach Artikel 34 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009.

(9) Die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erlischt nur, wenn

1.
ihre Erteilung wegen Täuschung, Drohung oder Bestechung zurückgenommen wird,
2.
der Ausländer ausgewiesen oder ihm eine Abschiebungsanordnung nach § 58a bekannt gegeben wird,
3.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von zwölf aufeinander folgenden Monaten außerhalb des Gebiets aufhält, in dem die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten erworben werden kann; der Zeitraum beträgt 24 aufeinanderfolgende Monate bei einem Ausländer, der zuvor im Besitz einer Blauen Karte EU war, und bei seinen Familienangehörigen, die zuvor im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 30, 32, 33 oder 36 waren,
4.
sich der Ausländer für einen Zeitraum von sechs Jahren außerhalb des Bundesgebiets aufhält oder
5.
der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union erwirbt.
Auf die in Satz 1 Nr. 3 und 4 genannten Fälle sind die Absätze 2 bis 4 entsprechend anzuwenden.

(10) Abweichend von Absatz 1 Nummer 7 beträgt die Frist für die Blaue Karte EU und die Aufenthaltserlaubnisse nach den §§ 30, 32, 33 oder 36, die den Familienangehörigen eines Inhabers einer Blauen Karte EU erteilt worden sind, zwölf Monate. Gleiches gilt für die Niederlassungserlaubnis eines Ausländers, der sich mindestens 15 Jahre rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat sowie die Niederlassungserlaubnis eines mit ihm in ehelicher Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten, wenn sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Die vor dem 1. Januar 2005 getroffenen sonstigen ausländerrechtlichen Maßnahmen, insbesondere zeitliche und räumliche Beschränkungen, Bedingungen und Auflagen, Verbote und Beschränkungen der politischen Betätigung sowie Ausweisungen, Abschiebungsandrohungen, Aussetzungen der Abschiebung und Abschiebungen einschließlich ihrer Rechtsfolgen und der Befristung ihrer Wirkungen sowie begünstigende Maßnahmen, die Anerkennung von Pässen und Passersatzpapieren und Befreiungen von der Passpflicht, Entscheidungen über Kosten und Gebühren, bleiben wirksam. Ebenso bleiben Maßnahmen und Vereinbarungen im Zusammenhang mit Sicherheitsleistungen wirksam, auch wenn sie sich ganz oder teilweise auf Zeiträume nach Inkrafttreten dieses Gesetzes beziehen. Entsprechendes gilt für die kraft Gesetzes eingetretenen Wirkungen der Antragstellung nach § 69 des Ausländergesetzes.

(2) Auf die Frist für die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 wird die Zeit des Besitzes einer Aufenthaltsbefugnis oder einer Duldung vor dem 1. Januar 2005 angerechnet.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Ausländer ist zur Ausreise verpflichtet, wenn er einen erforderlichen Aufenthaltstitel nicht oder nicht mehr besitzt und ein Aufenthaltsrecht nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei nicht oder nicht mehr besteht.

(2) Der Ausländer hat das Bundesgebiet unverzüglich oder, wenn ihm eine Ausreisefrist gesetzt ist, bis zum Ablauf der Frist zu verlassen.

(2a) (weggefallen)

(3) Durch die Einreise in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen anderen Schengen-Staat genügt der Ausländer seiner Ausreisepflicht nur, wenn ihm Einreise und Aufenthalt dort erlaubt sind. Liegen diese Voraussetzungen vor, ist der ausreisepflichtige Ausländer aufzufordern, sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben.

(4) Ein ausreisepflichtiger Ausländer, der seine Wohnung wechseln oder den Bezirk der Ausländerbehörde für mehr als drei Tage verlassen will, hat dies der Ausländerbehörde vorher anzuzeigen.

(5) Der Pass oder Passersatz eines ausreisepflichtigen Ausländers soll bis zu dessen Ausreise in Verwahrung genommen werden.

(6) Ein Ausländer kann zum Zweck der Aufenthaltsbeendigung in den Fahndungshilfsmitteln der Polizei zur Aufenthaltsermittlung und Festnahme ausgeschrieben werden, wenn sein Aufenthalt unbekannt ist. Ein Ausländer, gegen den ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 besteht, kann zum Zweck der Einreiseverweigerung zur Zurückweisung und für den Fall des Antreffens im Bundesgebiet zur Festnahme ausgeschrieben werden. Für Ausländer, die gemäß § 15a verteilt worden sind, gilt § 66 des Asylgesetzes entsprechend.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4. Dezember 2006 - 11 K 1727/06 - geändert; die Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.3.2006 wird aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der im Jahr 1958 geborene Kläger ist algerischer Staatsangehöriger. Er reiste 1992 in das Bundesgebiet ein und wurde zunächst nach zwei erfolglosen Asylverfahren im Bundesgebiet geduldet. Am 16.5.2002 erteilte die Beklagte dem Kläger eine bis zum 16.5.2004 befristete Aufenthaltsbefugnis, die am 30.3.2004 bis zum 17.5.2006 verlängert wurde. Hintergrund der Erteilung der Aufenthaltsbefugnisse war die Tatsache, dass im Jahr 2000 zugunsten der Ehefrau des Klägers ein Abschiebungshindernis nach § 53 Abs. 6 AuslG festgestellt worden war.
Nach Anhörung des Klägers nahm die Beklagte mit Bescheid vom 1.4.2005 die am 30.3.2004 verlängerte Aufenthaltsbefugnis mit Wirkung für die Zukunft zurück und drohte ihm mit einer Ausreisefrist bis zum 29.4.2005 die Abschiebung nach Algerien an. Zur Begründung wurde ausgeführt, der für die Ehefrau des Klägers günstige Bescheid des Bundesamts vom 10.8.2000 sei am 15.6.2003 widerrufen worden, und die Aufenthaltsbefugnis des Klägers sei verlängert worden, ohne dass man sich vergewissert habe, ob dieser Widerruf unanfechtbar geworden sei. Nach der Bestandskraft dieses Widerrufsbescheides hätten die Verlängerungsvoraussetzungen nicht vorgelegen, wie dem Kläger bekannt gewesen sei. Ein anderweitiger Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder Niederlassungserlaubnis bestehe nicht. Bei dem Kläger liege zwar ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet vor; er habe sich jedoch nicht integriert. Er gehe erst seit mehr als fünf Jahren einer Beschäftigung nach, die allerdings die finanziellen Bedürfnisse der Familie (Ehefrau und sechs Kinder) nicht decken könne. Auch komme er der Passpflicht nicht nach und sei zur Mitarbeit in diesem Bereich nicht bereit. Auch die Kinder des Klägers seien in Deutschland nicht integriert.
Der hiergegen am 2.5.2005 eingelegte Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.3.2006 mit der Maßgabe zurückgewiesen, die bis zum 17.5.2006 verlängerte Aufenthaltsbefugnis gelte mit Wirkung der Bekanntgabe der Entscheidung zum 2.4.2005 als zurückgenommen. Die Widerspruchsbehörde führt aus, die Feststellung des Bundesamts über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 53 Abs. 6 AuslG in der Person der Ehefrau des Klägers sei im Juni 2003 widerrufen worden und bestandskräftig; die Ausländerbehörde habe wegen der getrennten Wohnsitze des Klägers und seiner Restfamilie erst im April 2004 vom Widerruf Kenntnis erlangt. Nach Wegfall des Ausreisehindernisses hätte die Aufenthaltsbefugnis am 30.3.2004 nicht verlängert werden dürfen.
Zur Begründung der am 28.4.2006 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, der Rücknahmebescheid verstoße gegen die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 LVwVfG. Im Übrigen sei im Zeitpunkt dieses Bescheides bereits klar gewesen, dass wegen laufender Asylverfahren der beiden jüngsten Kinder auf unabsehbare Zeit ein rechtliches Abschiebungsverbot bestehe. Auch habe zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 26 Abs. 4 AuslG bestanden, der von der Widerspruchsbehörde nicht geprüft worden sei.
Die Beklagte hat im Klageverfahren den Rücknahmebescheid verteidigt.
Mit Urteil vom 4.12.2006 - 11 K 1727/06 - hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und ausgeführt, die dem Kläger erteilte Aufenthaltserlaubnis habe am 30.3.2004 nicht verlängert werden dürfen, weil das Abschiebungshindernis in der Person seiner Ehefrau nicht mehr vorgelegen habe. Der entsprechende Widerrufsbescheid sei seit dem 18.3.2004 rechtskräftig. Auch ein anderweitiger Rechtsanspruch auf Aufenthaltsbefugnis habe nicht vorgelegen; insbesondere seien die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2, Abs. 3 oder Abs. 4 AuslG nicht gegeben gewesen. Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 LVwVfG sei eingehalten, und das der Behörde eröffnete Rücknahmeermessen sei fehlerfrei ausgeübt worden. Ein vorrangiges Interesse des Klägers bestehe bereits wegen eines fehlenden anderweitigen Anspruchs auf einen Aufenthaltstitel nicht. Insofern scheide auch § 26 Abs. 4 AufenthG als Anspruchsgrundlage aus. Auch sonstige Ermessenfehler seien nicht zu erkennen, und auch die Abschiebungsandrohung sei rechtlich nicht zu beanstanden.
Gegen die am 18.12.2006 zugestellte Entscheidung hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt; mit Beschluss vom 3.5.2007 hat der Senat die Berufung zugelassen. In der rechtzeitig eingegangenen Berufungsbegründung nimmt der Kläger auf den Zulassungsantrag Bezug und trägt vor, das klagabweisende Urteil sei fehlerhaft, da ihm am 8.9.2002 eine unbefristete Arbeitsgenehmigung erteilt worden sei. Dementsprechend sei er bereits seit 1999 bei der Firma Mc Donalds Deutschland in Sindelfingen in Vollzeit beschäftigt. Aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und seinem Heimatland Algerien habe er Anspruch auf Unterlassung jeder Diskriminierung; hieraus folge nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, dass die Dauer einer Aufenthaltserlaubnis mit der Dauer der ihm erteilten unbefristeten Arbeitserlaubnis in Deckung zu bringen sei. Insofern stehe ihm ein anderweitiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu, der von Abschiebungshindernissen in der Person seiner Ehefrau unabhängig sei. Dass Gründe der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit für eine Aufenthaltsbeendigung bestünden, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Im übrigen habe die Behörde irrtümlich angenommen, er sei im Bundesgebiet weder wirtschaftlich noch gesellschaftlich integriert; dabei habe das Gericht verkannt, dass er rückwirkend seit Oktober 2002 für seine vier Kinder und ab Dezember/Januar 2005 für zwei weitere Kinder einen Kindergeldanspruch habe. Dieser Anspruch solle mit einem Erstattungsanspruch gegen seine Ehefrau verrechnet werden; dies müsse aber gerichtlich erst geklärt werden.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 4.12.2006 - 11 K 1727/06 - zu ändern, den Bescheid der Beklagten vom 1.4.2005 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 31.3.2006 aufzuheben sowie die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.
10 
Die Beklagte beantragt,
11 
die Berufung zurückzuweisen.
12 
Die Beklagte trägt vor, nach der obergerichtlichen Rechtsprechung insbesondere des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Diskriminierungsverbot des Art. 64 des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Marokko kein aufenthaltsrechtlicher Anspruch für marokkanische Arbeitnehmer. Insofern müsse das gleiche gelten zu Art. 67 des hier einschlägigen Mittelmeer-Abkommens mit Algerien. Dieser Auffassung werde auch in der Literatur vertreten. Der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Abkommen mit Marokko sei daher für den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
13 
Beide Beteiligte haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.
14 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Akten der Beklagten und die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor; auf ihren Inhalt wird verwiesen. Sie waren Gegenstand der Beratung.

Entscheidungsgründe

 
15 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, da beide Beteiligte auf die mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat Erfolg; die von dem Kläger mit der Anfechtungsklage angegriffene Rücknahme der Aufenthaltsbefugnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung (Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass sie und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart 31.3.206 aufzuheben waren. Der Rücknahme der dem Kläger am 30.3.2004 (erneut) erteilten Aufenthaltsbefugnis steht nämlich ein dem Kläger zustehendes anderweitiges Aufenthaltsrecht entgegen.
17 
Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; diese Vorschrift gilt auch für ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnisse (siehe BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3.94 -, BVerwGE 98, 298, 304 und zuletzt Urteil vom 5.9.2006 - 1 C 20.05 -, NVwZ 2007, 470). Der Senat kann offenlassen, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Rücknahme bzw. des Widerspruchsbescheids ein Anspruch auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG oder ein Aufenthaltstitel nach den zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bereits geltenden Regelungen des AufenthG (§§ 23 i.V.m. der Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt bzw. § 25 oder § 26 Abs. 4 AufenthG) zustand; unabhängig hiervon ist die behördliche Rücknahmeentscheidung bereits deswegen rechtlich zu beanstanden, weil der Kläger aufenthaltsrechtlich zu seinen Gunsten auf ein aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits (im folgenden: Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien, Amtsblatt der Europäischen Union vom 10.10.2005, L 265/2) abgeleitetes Aufenthaltsrecht verweisen kann. Es ist anerkannt, dass der Rücknahme eines Aufenthaltstitels ein anderweitiger Aufenthaltstitel entgegengehalten werden kann (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 23.5.1995, a.a.O.; zur vergleichbaren Problematik bei der Widerrufsentscheidung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG siehe BVerwG, Urteil vom 20.2.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.2.2007 - 13 S 2409/06 -, juris und Urteil vom 26.7.2006 - 11 S 951/06 -, VBlBW 2006, 442). Ein solcher Fall ist hier gegeben, wobei es ohne rechtliche Bedeutung ist, dass das Entgegenstehen des Anspruchs auf einen anderweitigen Aufenthaltstitel im vorliegenden Fall erst im Berufungszulassungsverfahren gerügt worden ist und nicht bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Erörterung war (vgl. dazu Sodan/Ziekow, VwGO, 2006, Rn 88 f. zu § 124.).
18 
Der Kläger unterfällt als algerischer Staatsangehöriger dem Regelungsbereich des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Algerien zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits. Art. 67 Abs. 1 dieses Abkommens bestimmt, dass jeder Mitgliedstaat für algerische Arbeitnehmer, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Regelung gewährt, „die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen beinhaltet“. Der Kläger ist unstreitig seit Jahren Arbeitnehmer im Sinn dieser Regelung; er ist seit dem 8.9.2002 Inhaber einer unbefristeten Arbeitsberechtigung des (damaligen) Arbeitsamts Stuttgart, die auch nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes fortgilt (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
19 
Was die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen solcher unbefristeter Arbeitsgenehmigungen angeht, hat der für die Auslegung der einzelnen Europa-Mittelmeer-Abkommen im Hinblick auf die jeweils verliehene Rechtsstellung letztlich maßgebende Europäische Gerichtshof zu vergleichbaren Antidiskriminierungsvorschriften (Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Tunesien vom 17.7.1995 und Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Marokko vom 27.4.1976, jetzt Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen/Marokko vom 26.2.1996) entschieden, dass die dort enthaltenen, auf die „Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen“ bezogenen Antidiskriminierungsgrundsätze auch eine aufenthaltsrechtliche Wirkung haben; übersteigt der zeitliche Anwendungsbereich einer einem solchen Staatsangehörigen enthaltenen Arbeitserlaubnis die Dauer einer Aufenthaltserlaubnis, so führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer aus der „zeitlich überschießenden“ Arbeitserlaubnis auch ein entsprechendes (weitergehendes) Aufenthaltsrecht ableiten kann (siehe dazu EuGH, Urteil vom 2.3.1999 - C 416/96 - El Yassini, InfAuslR 1999, 218, und Urteil vom 14.12.2006 - C 97/05 - Gattoussi, InfAuslR 2007, 89, Rn 38 f.). Damit ist der Europäische Gerichtshof der anderslautenden deutschen Rechtsprechung (siehe BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - 1 C 18/02 -, NVwZ 2004, 241, 245; OVG Münster, Beschluss vom 25.7.2005 - 18 B 983/05 -, juris und vom 22.6.2007 - 18 B 722/07 -, DVBl. 2007, 983; BayVGH, Beschluss vom 23.3.2006 - 24 CS 06.514 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 6.4.2004 - 9 TG 864/04 -, NVwZ-RR 2005, 285) entgegengetreten. Der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung „überschießender“ Arbeitserlaubnisse schließt sich der Senat, der als nationales Gericht im Interesse der einheitlichen Anwendung des Europarechts grundsätzlich gehalten ist, die vom EuGH vorgegebene Auslegung anzuwenden (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6.10.1982 - Rs 283/81 - CILFIT -, Slg. 1982, 3415, Rn 16 ff.), jedenfalls für das hier streitige Abkommen mit Algerien an. Im Einzelnen:
20 
Insbesondere aus der Entscheidung vom 14.12.2006 (a.a.O.) und der vorangegangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Übertragung der im Urteil El Yassini entwickelten Grundsätze auf türkische Arbeitnehmer nach Art. 10 ARB 1/80 (EuGH, Urteil vom 26.10.2006 - C 4/05 - Güzeli, InfAuslR 2007, 1, 4, Rn 52) ergibt sich, dass der Europäische Gerichtshof auch einer nach deutschem Recht erteilten Arbeitsgenehmigung (vgl. § 286 Abs. 3 SGB III) eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Wirkung beimisst. Beide Verfahren betrafen Arbeitnehmer, die aufgrund entsprechender arbeitsrechtlicher Erlaubnisse dem deutschen Arbeitsmarkt angehörten. Dem Urteil Güzeli (a.a.O.) und auch der Bezugnahme auf die Entscheidung El Yassini (Urteil vom 2.3.1999, a.a.O.) in der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) kann nicht entnommen werden, dass der Europäische Gerichtshof es der deutschen Rechtsprechung überlässt, nach nationalem Recht zu entscheiden, ob mit der Erteilung der unbefristeten Arbeitserlaubnis mit entsprechender Wirkung für die Europa-Mittelmeer-Abkommen derartige aufenthaltsrechtliche Wirkungen verbunden sein sollen oder nicht (a.A. OVG Münster a.a.O.). Der Europäische Gerichtshof hat in dem Urteil Güzeli (a.a.O. S. 4) der nationalen Rechtsordnung (und damit den nationalen Gerichten) lediglich die Feststellung überlassen, “ob eine solche (d.h. der Entscheidung El Yassini vergleichbare) Fallgestaltung im Ausgangsverfahren vorlag“. Diese die Frage der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt - konkret: das Vorliegen eines Auflagenverstoßes - betreffende Zurückverweisung an das vorzulegende Gericht hätte keinen Sinn gehabt, wenn auch die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt dem Kläger kein aus der unbefristeten Arbeitsgenehmigung abgeleitetes überschießendes Aufenthaltsrecht verschaffen könnte. In der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) fehlt dementsprechend ein derartiger Hinweis auf eine der nationalen Rechtsordnung vorbehaltene abweichende Auslegungsmöglichkeit. Da nach deutschem Recht mit der Arbeitserlaubnis gerade keine aufenthaltserlaubnisunabhängigen Rechte verliehen werden (siehe dazu BVerwG, a.a.O. und Hailbronner, NVwZ 2007, S 416), würde die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den aufenthaltsrechtlichen Wirkungen von deutschen Arbeitserlaubnissen und -genehmigungen leerlaufen, wenn man sie auf solche Fälle beschränken würde, in denen nach innerstaatlichem Recht von der Aufenthaltserlaubnis unabhängige Beschäftigungsrechte verliehen worden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 39). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gattoussi, a.a.O. und Güzeli, a.a.O.) Fälle aus Deutschland betroffen hat, die hinsichtlich der Arbeitserlaubnis und ihrer Wirkungen nach deutschem Recht zu beurteilen waren, und es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Europäischen Gerichtshof die deutsche Rechtslage (grundsätzliche Abhängigkeit der Arbeitserlaubnis vom aufenthaltsrechtlichen Status) bekannt war (siehe dazu auch den Schlussantrag des Generalanwalts Colombo vom 6.4.2006 im Verfahren Gattoussi, juris). Der für die anderslautende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) und die Literatur (Hailbronner a.a.O.) entscheidende - und allerdings durchaus schwerwiegende - Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Abkommen mit Marokko (El Yassini) und Tunesien (Gattoussi) war auch weniger die innerdeutsche Konstruktion des Verhältnisses zwischen Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, sondern vielmehr der Hinweis darauf, dass der vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Auslegung eine anderslautende „Gemeinsame Erklärung“ der jeweiligen Vertragsparteien entgegenstand, die ihrerseits Vertragsbestandteil geworden ist (siehe etwa Art. 91 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien). Diese Gemeinsame Erklärung lautet z.B. hinsichtlich Tunesien, dass Art. 64 Abs. 1 „nicht in Anspruch genommen werden (kann), um die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung zu erwirken. Für die Erteilung, die Verlängerung oder die Verweigerung einer Aufenthaltsgenehmigung sind ausschließlich die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten sowie die ... bilateralen Übereinkünfte ... maßgeblich“ (zur völkerrechtlichen Bedeutung einer solchen Gemeinsamen Erklärung vgl. insbesondere Hailbronner a.a.O. S. 415, 416 m.w.N.; siehe auch BVerwG a.a.O.). Der Senat kann offenlassen, inwieweit eine solche Gemeinsame Erklärung - dort, wo sie abgegeben worden ist - der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Erfolg entgegengehalten werden kann; immerhin hat auch der Europäische Gerichtshof in dem Verfahren Gattoussi eingeräumt, aus der Gemeinsamen Erklärung ergebe sich jedenfalls, dass das Diskriminierungsverbot „als solches“ nicht der Regelung des Aufenthaltsrechts diene (Urteil vom 14.12.2006, a.a.O. Rn 35). Für den vorliegenden Fall ist der aus einer derartigen Gemeinsamen Erklärung hergeleitete grundsätzliche Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung von Arbeitserlaubnissen und Arbeitsgenehmigungen aber nicht weiterführend; das hier einschlägige und als letztes derartiges Abkommen geschlossene Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien enthält nämlich eine vergleichbare Gemeinsame Erklärung nicht (mehr). Es liegen lediglich Gemeinsame Erklärungen zu Art. 44, 84, 104 und 110 des Abkommens sowie „zum Austausch von Menschen“ und betreffend das Fürstentum Andorra, die Republik San Marino und zur „Ursprungskumulierung“ vor, so dass Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens Algerien im vorliegenden Fall gerade nicht völkerrechtlich eingeschränkt ist. Auch sind aufenthaltsrechtliche Fragen in Art. 103 des hier einschlägigen Abkommens nicht aus dem Regelungsbereich des Abkommens herausgenommen worden. Damit geht der Senat davon aus, dass die aufenthaltsrechtlichen Vorbehalte, die in den sonstigen Europa-Mittelmeer-Abkommen in den genannten Gemeinsamen Erklärungen enthalten sind, jedenfalls in dem hier anzuwendenden Abkommen mit Algerien für die Vertragsparteien nicht (mehr) maßgebend waren. Ob dies darauf beruht, dass die Vertragsparteien in Kenntnis der früheren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere der Entscheidung im Fall El Yassini) solchen aufenthaltsrechtlichen Vorbehalten in Gemeinsamen Erklärungen keine Bedeutung mehr beimaßen oder nicht, kann der Senat offenlassen; jedenfalls kann dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Arbeitnehmer mit algerischer Staatsangehörigkeit kein Völkerrechtsverstoß entgegengehalten werden.
21 
Ergibt sich danach für den Kläger aus Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens-Tunesien ein entsprechendes „überschießendes“ Aufenthaltsrecht, so ist dies lediglich durch die dem Abkommen selbst zu entnehmenden Vorbehalte begrenzt, die dem Schutz eines berechtigten Interesses des Staates sowie der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit dienen (siehe EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 40 m.w.N.). Dass das dem Kläger aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien zustehende, aus der „überschießenden“ Arbeitserlaubnis abgeleitete Aufenthaltsrecht nach diesen Grundsätzen - etwa wegen Vorliegens eines Ausweisungsgrundes - konkret zu beschränken ist, trägt die Beklagte nicht vor, und dies lässt sich aus den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten auch nicht entnehmen. Ebenso wenig kann diesem Aufenthaltsrecht die nach nationalem Recht für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen relevante Passlosigkeit (siehe § 5 Abs. 1 AufenthG) entgegengehalten werden.
22 
Dementsprechend war das erstinstanzliche Urteil abzuändern; die gegen den Kläger ergangene Rücknahmeverfügung sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid waren aufzuheben.
23 
Das gleiche gilt für die der Rücknahmeverfügung beigegebene Abschiebungsandrohung, da deren Voraussetzung (Ausreisepflicht, siehe §§ 50, 58, 59 Abs. 1 AufenthG ) durch die Aufhebung der Rücknahmeverfügung entfallen sind.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Auslegung der im Wortlaut nahezu identischen Antidiskriminierungsvorschriften der Europa-Mittelmeer-Abkommen angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung bestehenden Uneinigkeit von grundsätzlicher Bedeutung ist.
26 
Beschluss
27 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5000.-- EUR festgesetzt (§§ 63, 52 Abs. 2 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar („§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
15 
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung über die Berufung entscheiden, da beide Beteiligte auf die mündliche Verhandlung verzichtet haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die zulässige, insbesondere rechtzeitig begründete Berufung (§ 124a Abs. 6 Satz 1 VwGO) hat Erfolg; die von dem Kläger mit der Anfechtungsklage angegriffene Rücknahme der Aufenthaltsbefugnis und die damit verbundene Abschiebungsandrohung (Verfügung der Beklagten vom 1.4.2005) sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), so dass sie und der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart 31.3.206 aufzuheben waren. Der Rücknahme der dem Kläger am 30.3.2004 (erneut) erteilten Aufenthaltsbefugnis steht nämlich ein dem Kläger zustehendes anderweitiges Aufenthaltsrecht entgegen.
17 
Nach § 48 Abs. 1 LVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt auch nach Unanfechtbarkeit ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden; diese Vorschrift gilt auch für ausländerrechtliche Aufenthaltserlaubnisse (siehe BVerwG, Urteil vom 23.5.1995 - 1 C 3.94 -, BVerwGE 98, 298, 304 und zuletzt Urteil vom 5.9.2006 - 1 C 20.05 -, NVwZ 2007, 470). Der Senat kann offenlassen, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Rücknahme bzw. des Widerspruchsbescheids ein Anspruch auf Verlängerung der ihm erteilten Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG oder ein Aufenthaltstitel nach den zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides bereits geltenden Regelungen des AufenthG (§§ 23 i.V.m. der Härtefallregelung für ausländische Familien mit langjährigem Aufenthalt bzw. § 25 oder § 26 Abs. 4 AufenthG) zustand; unabhängig hiervon ist die behördliche Rücknahmeentscheidung bereits deswegen rechtlich zu beanstanden, weil der Kläger aufenthaltsrechtlich zu seinen Gunsten auf ein aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits (im folgenden: Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien, Amtsblatt der Europäischen Union vom 10.10.2005, L 265/2) abgeleitetes Aufenthaltsrecht verweisen kann. Es ist anerkannt, dass der Rücknahme eines Aufenthaltstitels ein anderweitiger Aufenthaltstitel entgegengehalten werden kann (siehe dazu BVerwG, Urteil vom 23.5.1995, a.a.O.; zur vergleichbaren Problematik bei der Widerrufsentscheidung nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AufenthG siehe BVerwG, Urteil vom 20.2.2003 - 1 C 13.02 -, NVwZ 2003, 1275; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.2.2007 - 13 S 2409/06 -, juris und Urteil vom 26.7.2006 - 11 S 951/06 -, VBlBW 2006, 442). Ein solcher Fall ist hier gegeben, wobei es ohne rechtliche Bedeutung ist, dass das Entgegenstehen des Anspruchs auf einen anderweitigen Aufenthaltstitel im vorliegenden Fall erst im Berufungszulassungsverfahren gerügt worden ist und nicht bereits Gegenstand der verwaltungsgerichtlichen Erörterung war (vgl. dazu Sodan/Ziekow, VwGO, 2006, Rn 88 f. zu § 124.).
18 
Der Kläger unterfällt als algerischer Staatsangehöriger dem Regelungsbereich des Europa-Mittelmeer-Abkommens/Algerien zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der demokratischen Volksrepublik Algerien andererseits. Art. 67 Abs. 1 dieses Abkommens bestimmt, dass jeder Mitgliedstaat für algerische Arbeitnehmer, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Regelung gewährt, „die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Diskriminierung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen beinhaltet“. Der Kläger ist unstreitig seit Jahren Arbeitnehmer im Sinn dieser Regelung; er ist seit dem 8.9.2002 Inhaber einer unbefristeten Arbeitsberechtigung des (damaligen) Arbeitsamts Stuttgart, die auch nach dem Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes fortgilt (vgl. § 105 Abs. 1 Satz 1 AufenthG).
19 
Was die aufenthaltsrechtlichen Wirkungen solcher unbefristeter Arbeitsgenehmigungen angeht, hat der für die Auslegung der einzelnen Europa-Mittelmeer-Abkommen im Hinblick auf die jeweils verliehene Rechtsstellung letztlich maßgebende Europäische Gerichtshof zu vergleichbaren Antidiskriminierungsvorschriften (Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Tunesien vom 17.7.1995 und Art. 40 Abs. 1 des Kooperationsabkommens zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und Marokko vom 27.4.1976, jetzt Art. 64 Abs. 1 Europa-Mittelmeer-Abkommen/Marokko vom 26.2.1996) entschieden, dass die dort enthaltenen, auf die „Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen“ bezogenen Antidiskriminierungsgrundsätze auch eine aufenthaltsrechtliche Wirkung haben; übersteigt der zeitliche Anwendungsbereich einer einem solchen Staatsangehörigen enthaltenen Arbeitserlaubnis die Dauer einer Aufenthaltserlaubnis, so führt dies dazu, dass der Arbeitnehmer aus der „zeitlich überschießenden“ Arbeitserlaubnis auch ein entsprechendes (weitergehendes) Aufenthaltsrecht ableiten kann (siehe dazu EuGH, Urteil vom 2.3.1999 - C 416/96 - El Yassini, InfAuslR 1999, 218, und Urteil vom 14.12.2006 - C 97/05 - Gattoussi, InfAuslR 2007, 89, Rn 38 f.). Damit ist der Europäische Gerichtshof der anderslautenden deutschen Rechtsprechung (siehe BVerwG, Urteil vom 1.7.2003 - 1 C 18/02 -, NVwZ 2004, 241, 245; OVG Münster, Beschluss vom 25.7.2005 - 18 B 983/05 -, juris und vom 22.6.2007 - 18 B 722/07 -, DVBl. 2007, 983; BayVGH, Beschluss vom 23.3.2006 - 24 CS 06.514 -, juris; Hess. VGH, Beschluss vom 6.4.2004 - 9 TG 864/04 -, NVwZ-RR 2005, 285) entgegengetreten. Der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung „überschießender“ Arbeitserlaubnisse schließt sich der Senat, der als nationales Gericht im Interesse der einheitlichen Anwendung des Europarechts grundsätzlich gehalten ist, die vom EuGH vorgegebene Auslegung anzuwenden (vgl. dazu EuGH, Urteil vom 6.10.1982 - Rs 283/81 - CILFIT -, Slg. 1982, 3415, Rn 16 ff.), jedenfalls für das hier streitige Abkommen mit Algerien an. Im Einzelnen:
20 
Insbesondere aus der Entscheidung vom 14.12.2006 (a.a.O.) und der vorangegangenen Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zur Übertragung der im Urteil El Yassini entwickelten Grundsätze auf türkische Arbeitnehmer nach Art. 10 ARB 1/80 (EuGH, Urteil vom 26.10.2006 - C 4/05 - Güzeli, InfAuslR 2007, 1, 4, Rn 52) ergibt sich, dass der Europäische Gerichtshof auch einer nach deutschem Recht erteilten Arbeitsgenehmigung (vgl. § 286 Abs. 3 SGB III) eine entsprechende aufenthaltsrechtliche Wirkung beimisst. Beide Verfahren betrafen Arbeitnehmer, die aufgrund entsprechender arbeitsrechtlicher Erlaubnisse dem deutschen Arbeitsmarkt angehörten. Dem Urteil Güzeli (a.a.O.) und auch der Bezugnahme auf die Entscheidung El Yassini (Urteil vom 2.3.1999, a.a.O.) in der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) kann nicht entnommen werden, dass der Europäische Gerichtshof es der deutschen Rechtsprechung überlässt, nach nationalem Recht zu entscheiden, ob mit der Erteilung der unbefristeten Arbeitserlaubnis mit entsprechender Wirkung für die Europa-Mittelmeer-Abkommen derartige aufenthaltsrechtliche Wirkungen verbunden sein sollen oder nicht (a.A. OVG Münster a.a.O.). Der Europäische Gerichtshof hat in dem Urteil Güzeli (a.a.O. S. 4) der nationalen Rechtsordnung (und damit den nationalen Gerichten) lediglich die Feststellung überlassen, “ob eine solche (d.h. der Entscheidung El Yassini vergleichbare) Fallgestaltung im Ausgangsverfahren vorlag“. Diese die Frage der Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt - konkret: das Vorliegen eines Auflagenverstoßes - betreffende Zurückverweisung an das vorzulegende Gericht hätte keinen Sinn gehabt, wenn auch die Zugehörigkeit zum regulären Arbeitsmarkt dem Kläger kein aus der unbefristeten Arbeitsgenehmigung abgeleitetes überschießendes Aufenthaltsrecht verschaffen könnte. In der Entscheidung Gattoussi (a.a.O.) fehlt dementsprechend ein derartiger Hinweis auf eine der nationalen Rechtsordnung vorbehaltene abweichende Auslegungsmöglichkeit. Da nach deutschem Recht mit der Arbeitserlaubnis gerade keine aufenthaltserlaubnisunabhängigen Rechte verliehen werden (siehe dazu BVerwG, a.a.O. und Hailbronner, NVwZ 2007, S 416), würde die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu den aufenthaltsrechtlichen Wirkungen von deutschen Arbeitserlaubnissen und -genehmigungen leerlaufen, wenn man sie auf solche Fälle beschränken würde, in denen nach innerstaatlichem Recht von der Aufenthaltserlaubnis unabhängige Beschäftigungsrechte verliehen worden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 39). Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die jüngste Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (Gattoussi, a.a.O. und Güzeli, a.a.O.) Fälle aus Deutschland betroffen hat, die hinsichtlich der Arbeitserlaubnis und ihrer Wirkungen nach deutschem Recht zu beurteilen waren, und es kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass dem Europäischen Gerichtshof die deutsche Rechtslage (grundsätzliche Abhängigkeit der Arbeitserlaubnis vom aufenthaltsrechtlichen Status) bekannt war (siehe dazu auch den Schlussantrag des Generalanwalts Colombo vom 6.4.2006 im Verfahren Gattoussi, juris). Der für die anderslautende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (a.a.O.) und die Literatur (Hailbronner a.a.O.) entscheidende - und allerdings durchaus schwerwiegende - Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Abkommen mit Marokko (El Yassini) und Tunesien (Gattoussi) war auch weniger die innerdeutsche Konstruktion des Verhältnisses zwischen Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, sondern vielmehr der Hinweis darauf, dass der vom Europäischen Gerichtshof getroffenen Auslegung eine anderslautende „Gemeinsame Erklärung“ der jeweiligen Vertragsparteien entgegenstand, die ihrerseits Vertragsbestandteil geworden ist (siehe etwa Art. 91 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien). Diese Gemeinsame Erklärung lautet z.B. hinsichtlich Tunesien, dass Art. 64 Abs. 1 „nicht in Anspruch genommen werden (kann), um die Verlängerung einer Aufenthaltsgenehmigung zu erwirken. Für die Erteilung, die Verlängerung oder die Verweigerung einer Aufenthaltsgenehmigung sind ausschließlich die Rechtsvorschriften der einzelnen Mitgliedsstaaten sowie die ... bilateralen Übereinkünfte ... maßgeblich“ (zur völkerrechtlichen Bedeutung einer solchen Gemeinsamen Erklärung vgl. insbesondere Hailbronner a.a.O. S. 415, 416 m.w.N.; siehe auch BVerwG a.a.O.). Der Senat kann offenlassen, inwieweit eine solche Gemeinsame Erklärung - dort, wo sie abgegeben worden ist - der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs mit Erfolg entgegengehalten werden kann; immerhin hat auch der Europäische Gerichtshof in dem Verfahren Gattoussi eingeräumt, aus der Gemeinsamen Erklärung ergebe sich jedenfalls, dass das Diskriminierungsverbot „als solches“ nicht der Regelung des Aufenthaltsrechts diene (Urteil vom 14.12.2006, a.a.O. Rn 35). Für den vorliegenden Fall ist der aus einer derartigen Gemeinsamen Erklärung hergeleitete grundsätzliche Einwand gegen die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur aufenthaltsrechtlichen Wirkung von Arbeitserlaubnissen und Arbeitsgenehmigungen aber nicht weiterführend; das hier einschlägige und als letztes derartiges Abkommen geschlossene Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien enthält nämlich eine vergleichbare Gemeinsame Erklärung nicht (mehr). Es liegen lediglich Gemeinsame Erklärungen zu Art. 44, 84, 104 und 110 des Abkommens sowie „zum Austausch von Menschen“ und betreffend das Fürstentum Andorra, die Republik San Marino und zur „Ursprungskumulierung“ vor, so dass Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens Algerien im vorliegenden Fall gerade nicht völkerrechtlich eingeschränkt ist. Auch sind aufenthaltsrechtliche Fragen in Art. 103 des hier einschlägigen Abkommens nicht aus dem Regelungsbereich des Abkommens herausgenommen worden. Damit geht der Senat davon aus, dass die aufenthaltsrechtlichen Vorbehalte, die in den sonstigen Europa-Mittelmeer-Abkommen in den genannten Gemeinsamen Erklärungen enthalten sind, jedenfalls in dem hier anzuwendenden Abkommen mit Algerien für die Vertragsparteien nicht (mehr) maßgebend waren. Ob dies darauf beruht, dass die Vertragsparteien in Kenntnis der früheren Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (insbesondere der Entscheidung im Fall El Yassini) solchen aufenthaltsrechtlichen Vorbehalten in Gemeinsamen Erklärungen keine Bedeutung mehr beimaßen oder nicht, kann der Senat offenlassen; jedenfalls kann dieser Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Arbeitnehmer mit algerischer Staatsangehörigkeit kein Völkerrechtsverstoß entgegengehalten werden.
21 
Ergibt sich danach für den Kläger aus Art. 67 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens-Tunesien ein entsprechendes „überschießendes“ Aufenthaltsrecht, so ist dies lediglich durch die dem Abkommen selbst zu entnehmenden Vorbehalte begrenzt, die dem Schutz eines berechtigten Interesses des Staates sowie der öffentlichen Ordnung, Sicherheit und Gesundheit dienen (siehe EuGH, Urteil vom 14.12.2006 a.a.O. Rn 40 m.w.N.). Dass das dem Kläger aus dem Europa-Mittelmeer-Abkommen/Algerien zustehende, aus der „überschießenden“ Arbeitserlaubnis abgeleitete Aufenthaltsrecht nach diesen Grundsätzen - etwa wegen Vorliegens eines Ausweisungsgrundes - konkret zu beschränken ist, trägt die Beklagte nicht vor, und dies lässt sich aus den dem Senat vorliegenden Verwaltungsakten auch nicht entnehmen. Ebenso wenig kann diesem Aufenthaltsrecht die nach nationalem Recht für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen relevante Passlosigkeit (siehe § 5 Abs. 1 AufenthG) entgegengehalten werden.
22 
Dementsprechend war das erstinstanzliche Urteil abzuändern; die gegen den Kläger ergangene Rücknahmeverfügung sowie der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid waren aufzuheben.
23 
Das gleiche gilt für die der Rücknahmeverfügung beigegebene Abschiebungsandrohung, da deren Voraussetzung (Ausreisepflicht, siehe §§ 50, 58, 59 Abs. 1 AufenthG ) durch die Aufhebung der Rücknahmeverfügung entfallen sind.
24 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
25 
Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen, da die Auslegung der im Wortlaut nahezu identischen Antidiskriminierungsvorschriften der Europa-Mittelmeer-Abkommen angesichts der in der obergerichtlichen Rechtsprechung bestehenden Uneinigkeit von grundsätzlicher Bedeutung ist.
26 
Beschluss
27 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5000.-- EUR festgesetzt (§§ 63, 52 Abs. 2 GKG). Dieser Beschluss ist unanfechtbar („§ 152 Abs. 1 VwGO).

Soweit dieses Gesetz nicht abweichende Vorschriften enthält, sind auf die Beweisaufnahme §§ 358 bis 444 und 450 bis 494 der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden.

Das Zeugnis kann verweigert werden:

1.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einer Person, zu der er in einem der im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Verhältnisse steht, einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursachen würde;
2.
über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen oder einem seiner im § 383 Nr. 1 bis 3 bezeichneten Angehörigen zur Unehre gereichen oder die Gefahr zuziehen würde, wegen einer Straftat oder einer Ordnungswidrigkeit verfolgt zu werden;
3.
über Fragen, die der Zeuge nicht würde beantworten können, ohne ein Kunst- oder Gewerbegeheimnis zu offenbaren.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.