Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 16. Sept. 2015 - 11 S 1711/15

bei uns veröffentlicht am16.09.2015

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 21. Juli 2015 - 6 K 2543/15 - mit Ausnahme der Streitwertfestsetzung geändert.

Die aufschiebende Wirkung des von der Antragstellerin gegen die Verfügung der Antragsgegnerin vom 8. April 2015 eingelegten Widerspruchs wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg.
Die Antragstellerin ist türkische Staatsangehörige. Sie erstrebt den Ehegattennachzug zu ihrem ordnungsgemäß als Arbeitnehmer beschäftigten türkischen Ehemann.
1. Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand geht der Senat im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zugunsten der Antragstellerin davon aus, dass sie nicht unerlaubt eingereist ist und den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 1 AufenthG nach der Einreise stellen konnte. Dieser Antrag hatte nach vorläufiger Einschätzung des Senats jedenfalls die mit § 81 Abs. 3 Satz 1 AufenthG identische Rechtsfolge des § 21 Abs. 3 Satz 1 AuslG 1965 ausgelöst. Folge hiervon ist, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO statthaft ist (vgl. § 21 Abs. 3 Satz 2 AuslG 1965).
Dieses ergibt sich aus den folgenden Überlegungen: Nach § 5 Abs. 1 AuslG 1965 konnte die Aufenthaltserlaubnis vor oder nach der Einreise eingeholt und erteilt werden. Nach den Vorgaben des § 5 Abs. 2 AuslG und der auf dieser Grundlage erlassenen Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) war zu entscheiden, ob die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise oder vor der Einreise (in der Form des sog. Sichtvermerks) einzuholen war. Auf der Grundlage der DVAuslG i.d.F. v. 25.06.1975 (BGBl. I, S. 1542) mussten türkische Staatsangehörige gem. § 5 Abs. 1 Nr. 1 DVAuslG die Aufenthaltserlaubnis nur dann in der Form des Sichtvermerks vor der Einreise einholen, wenn sie eine Erwerbstätigkeit ausüben wollten. Da die Türkei in der Anlage zur DVAuslG nicht aufgeführt war, mussten türkische Staatsangehörige im Übrigen, namentlich für den Zweck des Familiennachzugs nicht im Besitz eines Sichtvermerks sein (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2 DVAuslG). Erst durch Art. 1 der 11. VO zur Änderung der DVAuslG vom 01.07.1980 (BGBl. I., S. 782) wurde mit Wirkung vom 06.10.1980 die Türkei aus der Anlage gestrichen mit der Folge, dass generell ein Sichtvermerk einzuholen war. Diese Verschlechterung der Rechtsstellung von türkischen Arbeitnehmern – der Ehemann der Antragstellerin ist ein solcher – dürfte mit Art. 7 ARB 2/76 und der hierin enthaltenen Stand-Stillklausel nicht zu vereinbaren sein. Zwar wurde der ARB 2/76 durch den ARB 1/80 abgelöst, der an sich bereits am 01.07.1980 in Kraft getreten ist, allerdings ist dessen in Art. 13 enthaltene Stand-Stillklausel gem. Art. 16 Abs. 1 ARB 1/80 erst zum 01.12.1980 in Kraft getreten mit der Folge, dass die Änderungen der 11. Änderungsverordnung nicht erfasst würden (vgl. auch EuGH, Urteil vom 06.06.1995 – C-434/93, Bozkurt – InfAuslR 1995, 262). Allerdings kann die formale Ablösung des ARB 2/76 nicht so verstanden werden, dass auch dessen Art. 7 nicht mehr anzuwenden wäre. Denn Folge einer Nichtanwendung wäre, dass sich der Status der Arbeitnehmer verschlechtern könnte, weil dann alle bis zum Inkrafttreten des Art. 13 ARB 1/80 am 01.12.1980 eingetretenen negativen Änderungen des Aufenthaltsrechts sowie der sozialen und wirtschaftlichen Rechte wirksam geworden wären. Dass solches vom Assoziationsrat beabsichtigt war, lässt sich aus dem Beschluss 1/80 nicht entnehmen und würde den Zielen der Assoziation grundlegend widersprechen (vgl. hierzu noch im Folgenden; so auch Senatsbeschluss vom 21.07.2014 - 11 S 1009/14 - juris).
In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist hinreichend geklärt, dass von den Stand-Stillklauseln (vgl. auch Art. 41 Abs. 1 ZProt/EWG-Türkei) auch die formellen wie materiellen Einreisemodalitäten erfasst werden (vgl. etwa Urteil vom 21.10.2003 – C-317/01, Abatay – InfAuslR 2004, 32; vom 19.02.2009 – C-228/06, Soysal – InfAuslR 2009, 135; vgl. weiter Urteil vom 17.09.2009 – C-242/06, Sahin – InfAuslR 2009, 413; Urteil vom 29.04.2010 – C-92/07, Kommission/Niederlande – InfAuslR 2010, 270). Geklärt ist zudem, dass es nicht darauf ankommt, ob der Arbeitnehmer auch bereits eine Verfestigungsstufe nach Art. 6 Abs. 1 ARB 1/80 erreicht hat, sofern der Aufenthalt ordnungsgemäß ist (vgl. auch Urteil vom 07.11.2013 – C-225/12, Demir – InfAuslR 2014, 1), was aber im vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die Rechtsposition des Ehemanns der Antragstellerin, der seit Jahren als Arbeitnehmer tätig ist, letztlich nicht erheblich ist.
Im Falle des Familiennachzugs zu einem sich ordnungsgemäß in einem Mitgliedstaat aufhaltenden Arbeitnehmers ist auf die Stand-Stillklausel des Art. 7 ARB 2/76 abzustellen, obwohl der Fragenkomplex des Familiennachzugs und die eigenen Rechte der Familienmitglieder noch nicht Regelungsgegenstand des ARB 2/76 waren. Der Familiennachzug wurde vielmehr erst mit dem ARB 1/80 geregelt (dort in Art. 7). Der Familiennachzug zu einem Arbeitnehmer (wie auch zu einem selbstständig Niedergelassenen) ist aber integraler Bestandteil der Arbeitnehmerfreizügigkeit (wie auch der Niederlassungsfreiheit). Denn nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs stellt die Erstreckung des unionsrechtlichen Freizügigkeitsrechts auf die Familienangehörigen einen integralen Bestandteil aller Personenfreizügigkeiten dar; andernfalls wäre jedenfalls faktisch die Freizügigkeit nicht unerheblich beeinträchtigt (vgl. Urteil vom 03.07.1974 – Rs 9/74, Casagrande – FamRZ 1974, 477; vom 13.02.1985 – Rs 267/84, Diatta – NJW 1985, 2087; v. 18.5.1989 – Rs 249/86, Kommission/Deutschland – NVwZ 1989, 745). Zwar genießen türkische Staatsangehörige – ob Arbeitnehmer oder Selbstständige – nach der Assoziation unmittelbar zunächst keine Freizügigkeit, andererseits hat der Europäische Gerichtshof regelmäßig die türkischen Arbeitnehmer (und auch für die Selbstständigen kann nichts anderes gelten), wenn ihnen tatsächlich von einem Mitgliedstaat der Zuzug erlaubt worden ist, mit Rücksicht auf Art. 12 und Art. 13 des Assoziationsabkommens regelmäßig in ihrer Rechtsstellung weitgehend nach den Grundsätzen der Arbeitnehmerfreizügigkeit (oder der Niederlassungsfreiheit) behandelt und weitgehende Parallelen zu den unionsrechtlichen Grundsätzen hergestellt (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 10.02.2000 – C-340/97, Nazli – InfAuslR 2000, 161). Dass es sich um ein originäres Recht des Arbeitnehmers bzw. des Niedergelassenen handelt, hat der Europäische Gerichtshof nunmehr ausdrücklich auch für die Assoziation klargestellt (vgl. EuGH, Urteil vom 10.07.2014 – C-138/13, Dogan II – InfAuslR 2014, 322). Eine Annäherung hat er lediglich in Bezug auf die wesentlich weitergehenden Grundsätze der Unionsbürgerschaft abgelehnt (EuGH, Urteil vom 08.12.2011 – C-371/08, Ziebell - InfAuslR 2012, 43). Auch das Bundesverwaltungsgericht geht mittlerweile davon aus, dass insoweit auf die Person des Arbeitnehmers abzustellen ist (vgl. Urteil vom 06.11.2014 – 1 C 4.14 – InfAuslR 2015, 93). Dieses rechtfertigt es, Erschwerungen des Familiennachzugs ebenfalls als von der Stand-Stillklausel des Art. 7 ARB 2/76 erfasst anzusehen und nicht erst nach der des Art. 13 ARB 1/80 mit der Folge, dass die Einführung der Sichtvermerkspflicht zum 06.10.1980 hieran zu messen ist (so auch Senatsbeschluss vom 21.07.2015 - 11 S 1009/14 - juris; offen gelassen noch im BVerwG, Urteil vom 06.11.2014 – 1 C 4.14 – a.a.O.). Zur Klarstellung ist darauf hinzuweisen, dass insoweit das unionsrechtliche Visumsregime nicht zwingend tangiert ist, weil es hier allein nach § 6 Abs. 3 AufenthG um die Ausstellung eines nationalen Visums geht (vgl. aber auch EuGH, Urteil vom 19.02.2009 – C-228/06, Soysal – InfAuslR 2009, 135, Rdn. 53 ff.).
Allerdings hat der Europäische Gerichtshof in seiner jüngsten Rechtsprechung eine Einschränkung des Stand-Still und demzufolge Einschränkungen zu Lasten der Arbeitnehmer und Niedergelassenen zugelassen, wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet sind, die Erreichung des angestrebten legitimen Ziel zu erreichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgehen, also verhältnismäßig sind (vgl. Urteil vom 10.07.2014 – C-138/13, Dogan II – InfAuslR 2014, 322 im Anschluss an das Urteil vom 07.11.2013 – C-225/12, Demir – InfAuslR 2014, 1).
Bei der Beurteilung, ob ein zwingender Grund des Allgemeininteresses vorliegt und ob eine nationale Maßnahme verhältnismäßig ist, darf nicht unberücksichtigt bleiben, dass es sich bei der Assoziation um einen auf den Beitritt der Türkei gerichteten Vertrag mit der Türkei handelt, der gerade im wirtschaftlichen Bereich die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmer, Selbstständigen und Dienstleistungserbringer regeln und hier gegenüber sonstigen Drittstaatsangehörigen Privilegierungen begründen soll. Nach Art. 36 ZProt/EWG-Türkei ist die Assoziation auf die schrittweise Herstellung der Freizügigkeit angelegt. Die Regelungen des Art. 7 ARB 2/76, des Art. 13 ARB 1/80 (wie auch des Art. 41 Abs. 1 ZProt/EWG-Türkei) haben ersichtlich auch das Ziel, ein Verschlechterungsverbot in Bezug auf Migrationsbewegungen von Arbeitnehmern und Selbstständigen zu begründen. Dies hat der Gerichtshof in der Soysal-Entscheidung (vom 19.02.2009 – C-228/06 – InfAuslR 2009, 135 und Urteil vom 21.10.2003 – C-317/01, Abatay – InfAuslR 2004, 32, Rdn. 100 mit dem ausdrücklichen Hinweis auf den „Geist und die Zielsetzung der Assoziation“) in Bezug auf türkische Fernfahrer ausdrücklich anerkannt. In dieser Entscheidung hatte der Europäische Gerichtshof im Übrigen gerade in Bezug auf eine bislang bestehende Visumfreiheit der Einreise den Aspekt der Migrationssteuerung im Rahmen der Assoziation verworfen. Türkische Staatsangehörige sind hiernach nicht nur „einfache" Drittstaatsangehörige im Sinne des Art. 79 Abs. 1 AEUV, sondern genießen aufgrund des Beitrittsprozesses erhebliche Privilegien. Daher setzt das Assoziierungsabkommen den Mitgliedstaaten – aber auch der EU – im Bereich der Migrationssteuerung türkischer Arbeitnehmer, Selbstständiger und Dienstleistungserbringer sehr enge Grenzen. Denn das Ziel des Assoziierungsabkommens, eine Angleichung der wirtschaftlichen Verhältnisse und eine schrittweise Herstellung der Freizügigkeit, ist nur schwer erreichbar, wenn der wirtschaftliche Austausch der EU mit der Türkei durch Behinderung der Wanderungsbewegungen Selbstständiger, Dienstleistungserbringer oder Arbeitnehmer und ihrer Familienangehöriger unterbunden oder – wie im Falle der Einführung einer generellen Sichtvermerkspflicht - mehr als nur unwesentlich erschwert wird. Dass Zuzugsbeschränkungen in Bezug auf den Nachzug von Familienangehörigen erhebliche Auswirkungen auf die im Bundesgebiet wirtschaftlich aktiven türkischen Staatsangehörigen haben, hat der Gerichtshof in der Rechtssache Dogan II hinreichend deutlich gemacht. Vor diesem Hintergrund greift das Verständnis des Bundesverwaltungsgerichts im Urteil vom 06.11.2014 (1 C 4.14 – InfAuslR 201593), mit dem es die Beseitigung der unter der Geltung des Ausländergesetzes 1965 und teilweise noch des Ausländergesetzes 1990 bestehenden Privilegierung von unter 16 Jahre alten Kindern, gebilligt hat, zu kurz. Auch wenn die im Jahre 1980 eingeführten verschärften Einreisevoraussetzungen für einen auf Dauer angelegten Aufenthalt zum Zwecke des Familiennachzugs angesichts der damaligen hohen Zahlen illegaler Zuwanderung zu Daueraufenthalten (vgl. in diesem Zusammenhang BR-Drucks. 385/80) zunächst politisch verständlich erscheinen. Gleichwohl dürfte dieses verschärfte Einreiseregime grundsätzlich den Zwecken der Assoziation widersprechen und daher keinen (verhältnismäßigen) zwingenden Grund des Allgemeininteresses ausmachen. Aus diesem Grund hält der Senat an seiner im Beschluss vom 21.07.2014 (11 S 1009/14 - juris) vertretenen Auffassung, wonach das 1980 eingeführte verschärfte Visumsregime mit Art. 7 ARB 2/76 vereinbar sein dürfte, nicht fest. Denn wenn, worauf bereits oben hingewiesen wurde, die Assoziation auf den Beitritt der Türkei, jedenfalls aber auf eine weitere und engere wirtschaftliche Verflechtung und zur Erfüllung dieses Zwecks auch auf Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer, Selbstständigen und Dienstleistungserbringer angelegt ist, würde eine weitere Verschärfung des Einreiseregimes die Assoziation in ihrem Kern treffen und stünde nicht in Einklang mit deren Geist, wie ihn der Europäische Gerichtshof in bislang ständiger Rechtsprechung verstanden und ausdrücklich betont hat (vgl. wiederum Urteil vom 19.02.2009 – C-228/06 Soysal – InfAuslR 2009, 135 und Urteil vom 21.10.2003 – C-317/01, Abatay – InfAuslR 2004, 32). Sollten hier noch durchgreifende Zweifel bestehen, so wäre insbesondere im Hinblick auf dessen vorgenannter Rechtsprechung im Hauptsacheverfahren eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshofs zu richten, um zu klären, ob der Gerichtshof seine Absage an eine Migrationssteuerung durch verschärfte Einreisevoraussetzungen aufgibt.
Vor diesem Hintergrund kann nach vorläufiger Beurteilung die ablehnende Entscheidung der Antragsgegnerin keinen Bestand haben. Insbesondere steht nach dem Vorgesagten der Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis weder § 5 Abs. 1 Nr. 2 noch § 5 Abs. 2 AufenthG entgegen. Da die Antragstellerin ein Zertifikat über Deutschkenntnisse der Stufe A1 des Goethe-Instituts Straßburg vom 25.02.2014 vorgelegt hat (vgl. aber zum Erfordernis ausreichender Sprachkenntnisse und Stand-Still OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30.01.2015 – OVG 7 B 22.14 – InfAuslR 2015, 177) und nach Aktenlage keine durchgreifenden Bedenken dagegen bestehen, dass der Lebensunterhalt durch die Beschäftigung des Ehemanns und Kindergeldzahlungen ausreichend gesichert ist, jedenfalls keine ergänzenden Sozialleistungen bezogen werden, ist der Antragstellerin der weitere Aufenthalt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu ermöglichen.
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Der Vollständigkeit halber bemerkt der Senat, dass auch dann, wenn man wegen der nicht abschließend geklärten Rechtsfrage, ob die Visumspflicht für die Einreise zum Ehegattennachzug mit Art. 7 ARB 2/67 vereinbar ist, den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht für statthaft halten sollte, der Antragstellerin angesichts dieser Streitfrage im Hinblick darauf, dass sie in einer familiären Lebensgemeinschaft mit ihrem Ehemann und zumindest einem minderjährigen Kind lebt, der weitere Aufenthalt durch Erlass einer einstweiligen Anordnung zu ermöglichen wäre (vgl. zum Antragsziel Senatsbeschluss vom 14.09.2011 - 11 S 2438/11 - InfAuslR 2011, 441).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
12 
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 53 Abs. 2 Nr. 2 und § 52 Abs. 1 GKG.
13 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


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(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 5 Allgemeine Erteilungsvoraussetzungen


(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass 1. der Lebensunterhalt gesichert ist,1a. die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt is

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 81 Beantragung des Aufenthaltstitels


(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist u

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 30 Ehegattennachzug


(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn1.beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,2.der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und3.der Ausländera)eine Nied

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 6 Visum


(1) Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 folgende Visa erteilt werden: 1. ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je

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(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. April 2014 - 11 K 1502/14 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des am 26. März 2014 erhobenen Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügungen unter Ziffern 1 und 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. März 2014 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf je 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung vom 26.05.2014 dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grds. beschränkt ist, rechtfertigen es, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.04.2014 zu ändern. Anders als das Verwaltungsgericht bewertet der Senat im Rahmen des hier statthaften Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO das Interesse der Antragstellerin, vorläufig ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen zu müssen, höher als das öffentliche Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung.
Die Antragstellerin, eine im Jahre 1964 geborene türkische Staatsangehörige, begehrt die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach § 30 AufenthG zu ihrem türkischen Ehemann. Dieser lebt seit 1995 im Bundesgebiet, ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis und seit 01.04.2006 bei dem gleichen Arbeitgeber, einer Bäckerei, mit einem monatlichen Netto-Gehalt von nunmehr etwa 1.500 EUR beschäftigt. Sie dürfte - mit Ausnahme der Anforderungen nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 9 AufenthG - die Erteilungsvoraussetzungen des § 30 AufenthG erfüllen. Die Tatsache, dass sie sich nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann, darf ihr ausgehend vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.07.2014 (C-138/13) nicht entgegengehalten werden. Zwar spricht überwiegendes dafür, dass die unter Verstoß gegen das nationale Visumserfordernis (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) erfolgte Einreise in das Bundesgebiet zu Recht von der Antragsgegnerin als Regelversagungsgrund nach § 5 Abs. 2 AufenthG bewertet worden ist; mit Blick auf die im vorliegenden Fall für die Frage des Visumserfordernisses einschlägige Stillhalteklausel nach Art. 7 ARB 2/76 kann dies jedoch nicht mit der verfassungsrechtlich für die Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Eindeutigkeit im Eilverfahren beantwortet werden. Die in die Abwägung einzustellenden besonderen persönlichen Belange der Antragstellerin führen dazu, dass ihr Interesse, vorläufig im Bundesgebiet zu verbleiben, gewichtiger ist als entgegen stehende öffentliche Interessen.
I.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der am 26.03.2014 nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 04.03.2014 anzuordnen, statthaft ist. Mit diesem Bescheid hat die Antragsgegnerin die am 10.05.2013 beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG abgelehnt (Ziffer 1) und der Antragstellerin die Abschiebung in die Türkei angedroht (Ziffer 3). Im Zeitpunkt der Antragstellung war die Antragstellerin im Besitz eines noch bis 27.06.2013 gültigen Schengen-Visums zu Besuchszwecken, das von der niederländischen Auslandsvertretung in Ankara ausgestellt worden war (vgl. hinsichtlich der relevanten Daten Bl. 9 der Behördenakte). Damit hat der Antrag nach der am 10.05.2013 geltenden Fassung des § 81 Abs. 4 AufenthG die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst (vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 21.02.2013 - 10 CS 12.2679 - juris Rn. 6 ff.; Nds OVG, Beschluss vom 31.10.2011 - 11 ME 315.11 - juris Rn. 5; Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 81 Rn. 16 ff.; GK-AufenthG, § 81 Rn. 39 ff. ). Die bereits eingetretene Fortgeltungsfiktion ist durch die mit Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29.08.2013 (BGBl. I S. 3484) eingeführte Neuregelung in § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, derzufolge ein nach § 6 Abs. 1 AufenthG erteiltes Visum die Fiktionswirkung nicht auslöst, nicht entfallen (ebenso OVG BB, Beschluss vom 03.04.2014 - OVG 3 S 4.14 - juris).
Die seit dem 06.09.2013 geltende Regelung in § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf die von ihm für korrekturbedürftig erachtete Rechtsprechung, wonach auch ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 AufenthG die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG auslösen konnte. Entgegen der Begründung des Gesetzgebers handelt sich nicht nur um eine „gesetzliche Klarstellung“ (so BT-Drs. 17/13536, S. 15), denn nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 81 Abs. 4 a.F. gehörte zu den Aufenthaltstiteln auch ein - von einem anderen Schengen-Staat erteiltes - (Besuchs-)Visum (OVG BB, Beschluss vom 03.04.2014, a.a.O., Rn. 5). Die Überlegung, eine fehlende Übergangsvorschrift mache es erforderlich, § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG auch auf „Altfälle“ anzuwenden, mit der Folge, dass sich vorläufiger Rechtsschutz nicht (mehr) nach § 80 Abs. 5 VwGO richten könne (Nds OVG, Beschluss vom 12.11.2013 - 13 ME 190/13 - NVwZ-RR 2014, 157), teilt der Senat nicht. Die Bestimmung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG stellt auf die Entstehung der Fiktionswirkung zum Zeitpunkt der Antragstellung ab und setzt nicht voraus, dass diese kontinuierlich bis zur Verwaltungsentscheidung gewissermaßen jeden Augenblick nach Maßgabe des geltenden Rechts immer wieder neu entsteht. Deshalb hätte es einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers bedurft, dass eine einmal entstandene Fiktionswirkung mit Inkrafttreten des Gesetzes entfallen sollte (GK-AufenthG, § 81 Rn. 39.3; vgl. auch OVG BB, Beschluss vom 03.04.2014, a.a.O., Rn. 3 ff.).
II.
Der zulässige Antrag ist begründet. Die Antragstellerin dürfte ungeachtet dessen, dass sie nicht über einfache mündliche und schriftliche Deutschkenntnisse verfügt, voraussichtlich die Voraussetzungen des § 30 AufenthG zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Ehegattennachzug zu ihrem im Bundesgebiet lebenden türkischen Ehemann, mit dem sie seit 03.08.2004 verheiratet ist, erfüllen (1.). Zwar dürfte die Einreise der Antragstellerin aufgrund der fehlenden vorherigen Einholung eines nationalen Visums zum Ehegattennachzug auch unter Beachtung des Art. 7 ARB 2/76 dazu führen, dass der Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt; eine abschließende Beurteilung kann jedoch letztlich erst im Hauptsacheverfahren erfolgen (2.). Aufgrund der den Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO bestimmenden Interessenabwägung räumt der Senat der Antragstellerin wegen ihrer besonderen persönlichen Situation, insbesondere ihres angegriffenen Gesundheitszustands, die Möglichkeit ein, sich vorläufig weiter im Bundesgebiet aufzuhalten (3.).
1. Die durch das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) eingeführte Regelung, dass der Ehegatte, der zu einem in Deutschland lebenden Ausländer nachziehen will, sich nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 9 AufenthG zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können muss, verstößt gegen Standstill-Klauseln des Assoziationsrecht.
a) Der Europäische Gerichtshof hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13.02.2013 (23 K 91.12 V - juris), auf das sich die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung berufen hatte, mit Urteil vom 10.07.2014 (C-138/13) entschieden, die Stillhalteklausel nach Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls (ZP) vom 23.11.1970 zum Abkommen vom 12.09.1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (vgl. ABl. 1972 Nr. L 293 S. 3) stehe einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, die eingeführt wurde, nachdem das Zusatzprotokoll in dem betreffenden Mitgliedstaat in Kraft getreten ist und vorschreibt, dass Ehegatten von in diesem Mitgliedstaat wohnenden türkischen Staatsangehörigen, wenn sie zum Zwecke der Familienzusammenführung einreisen wollen, vor Einreise nachweisen müssen, dass sie einfache Kenntnisse der Amtssprache dieses Mitliedstaats erworben haben. Der Europäische Gerichtshof hat in den Randnummern 34 bis 36 ausgeführt:
Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Familienzusammenführung ein unerlässliches Mittel zur Ermöglichung des Familienlebens türkischer Erwerbstätiger ist, die dem Arbeitsmarkt der Mitgliedstaaten angehören, und sowohl zur Verbesserung der Qualität ihres Aufenthalts als auch zu ihrer Integration in diesen Staaten beiträgt (vgl. Urteil Dülger, C-451/11, EU:C:2012:504, Rn. 42).
Auf die Entscheidung eines türkischen Staatsangehörigen, sich in einem Mitgliedstaat niederzulassen, um dort dauerhaft einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, kann es sich nämlich negativ auswirken, wenn die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats die Familienzusammenführung erschweren oder unmöglich machen und sich der türkische Staatsangehörige deshalb unter Umständen zu einer Entscheidung zwischen seiner Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat und seinem Familienleben in der Türkei gezwungen sehen kann.
10 
Daher stellt eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die eine Familienzusammenführung erschwert, indem sie die Voraussetzungen für eine erstmalige Aufnahme der Ehegatten türkischer Staatsangehöriger im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Vergleich zu denjenigen verschärft, die galten, als das Zusatzprotokoll in Kraft trat, eine „neue Beschränkung“ der Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch diese türkischen Staatsangehörigen im Sinne von Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls dar.
11 
Hieraus ist ersichtlich, dass nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs das Erfordernis, der nachzugswillige Ehegatte müsse für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einfache Deutschkenntnisse verfügen, eine unmittelbare Beeinträchtigung des türkischen Erwerbstätigen darstellt und nicht nur eine solche des anderen Ehepartners (siehe hierzu auch schon die Schlussanträge des Generalanwalts vom 30.04.2014 - C-138/13 - Rn. 31 ff.). Damit dürften auch die Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2010 (1 C 8.09 - juris Rn. 20), wonach die Versagung des Familiennachzugs für den türkischen Arbeitnehmer nicht zu einer neuen Beschränkung der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt oder seines damit verbundenen Aufenthalts führt, hinfällig sein.
12 
Das Urteil ist ungeachtet dessen, dass es erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ergangen ist, bei der Entscheidung über die Beschwerde zu berücksichtigen (vgl. allgemein zur Frage des Umgangs mit nachträglich eingetretenen Gründen Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 146 Rn. 42).
13 
b) Die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 10.07.2014 dürften gleichermaßen für den vorliegenden Fall zu beachten sein, in dem sich der Ehemann der Antragstellerin als ordnungsgemäß beschäftigter türkischer Arbeitnehmer auf die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 und auch auf diejenige des Art. 7 ARB 2/76 berufen kann, wobei Letztere für das Visumserfordernis relevant sein dürfte (hierzu nachfolgend 2.).
14 
Art. 41 Abs. 1 ZP, der bestimmt, dass die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen werden, betrifft Selbstständige (siehe allg. zum Geltungsbereich des Art. 41 Abs. 1 ZP Renner/Bergmann/Dienelt, a.a.O., Art. 13 ARB 1/80 Rn. 38 ff.), während hier der Ehemann der Antragstellerin Arbeitnehmer ist und daher nicht von dieser Stillhalteklausel personell erfasst wird. Nach dem seit 01.12.1980 geltenden Art. 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen (Renner/Berg-mann/Dienelt, a.a.O., Art. 13 ARB 1/80 Rn. 11 f.). Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass die Stillhalteklausel in Art. 41 Abs. 1 des am 01.01.1973 in Kraft getretenen Zusatzprotokolls und diejenige in Art. 13 ARB 1/80 auch aufenthaltsrechtliche Wirkungen entfalten, gleichartig sind, beide dasselbe Ziel verfolgen und übereinstimmend ausgelegt werden (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 15.11.2011 - C-256/11 - Dereci - Rn. 94, vom 09.12.2010 - C-300/09 - Toprak - Rn. 52 ff., vom 29.04.2010 - C-92/07 - Kommission/Niederlande - Rn. 48 ff. und vom 17.09.2009 - C-242/06 - Sahin - Rn. 65). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.07.2014 ist daher auf den Ehegattennachzug zu einem türkischen Arbeitnehmer übertragbar. Dies gilt auch mit Blick auf die Standstill-Klausel des Art. 7 ARB 2/76.
15 
Das Bestreben des Europäischen Gerichtshofs einen Gleichlauf aller Standstill-Klauseln herbeizuführen, umfasst auch den ebenfalls unmittelbare Wirkung entfaltenden Art. 7 ARB 2/76 (vgl. dazu etwa EuGH, Urteile vom 20.09.1990 - C-192/89 - Sevince - Rn. 17 ff. und vom 11.05.2000 - C-37/98 - Savas - Rn. 49), welcher für Arbeitnehmer weiterhin neben Art. 13 ARB 1/80 gilt (vgl. näher Renner/Bergmann/Dienelt, a.a.O., Art. 13 ARB 1/80 Rn. 19 ff.).
16 
Der am 01.12.1976 in Kraft getretene Beschluss Nr. 2/76 des Assoziationsrates über die Durchführung des Artikels 12 des Abkommens von Ankara vom 20.12.1976 (abrufbar unter www.migrationsrecht.net) sieht in Art. 7 vor, dass die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen. Zwar ist der ARB 2/76 an sich grundsätzlich nicht mehr anzuwenden, weil der ARB 1/80 für die türkischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen günstigere Regelungen enthält (EuGH, Urteil vom 06.06.1995 - C-434/93 - Bozkurt - Rn. 14). Dieser - für das Verhältnis Art. 2 ARB 2/76 und Art. 6 ARB 1/80 - entschiedene Vorrang des ARB 1/80 kann aber nicht für die Standstill-Klausel des Art. 7 ARB 2/76 gelten. Folge einer Nichtanwendung des Art. 7 ARB 2/76 wäre, dass sich der Status der Arbeitnehmer verschlechtern könnte, weil alle zwischen 01.12.1976 und 01.12.1980, dem Datum des Inkrafttretens des Art. 13 ARB 1/80, zum Nachteil des Arbeitnehmers eingetretenen arbeits- und aufenthaltsrechtlichen Veränderungen zu beachten wären. Dass solches vom Assoziationsrat beabsichtigt wäre, lässt sich aus dem ARB 1/80 aber nicht entnehmen. Dass Art. 7 ARB 2/76 durch Art. 13 ARB 1/80 nicht verdrängt wird, dürfte auch die Auffassung der Bundesregierung sein (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu den Auswirkungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit der Türkei auf das Aufenthaltsrecht, BT-Drs. 17/4623 vom 02.02.2011, S. 5).
17 
Ausgehend von dem insoweit identischen Regelungsgegenstand dieser Stillhalteklauseln ist es aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 10.07.2014 unionsrechtlich nicht zulässig, für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG bei einem Nachzug eines Ehegatten zu einem sich ordnungsgemäß im Bundesgebiet aufhaltenden türkischen Arbeitnehmer die Erfüllung des durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingeführten Spracherfordernis nach § 30 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu verlangen.
18 
2. Die Antragstellerin dürfte unter Verstoß gegen das nationale Erfordernis der vorherigen Einholung eines Visums zum Ehegattennachzug in das Bundesgebiet eingereist sein und daher die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 AufenthG nicht erfüllen. Die in den Verwaltungsakten dokumentierten Abläufe, insbesondere die Tatsache, dass sich die Antragstellerin, die Analphabetin ist, in der Vergangenheit mehrfach vergeblich bemüht hat, ein Visum zum Ehegattennachzug zu erhalten, sprechen dafür, dass sie von Anfang an die Absicht hatte, ihr Besuchsvisum für einen faktischen Nachzug zu ihrem Ehemann nutzen. Die Notwendigkeit für türkische Staatsangehörige, ein Visum zum Ehegattennachzug einzuholen, dürfte nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich mit Art. 7 ARB 2/76 in Einklang stehen.
19 
a) Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 10.07.2014 eine Beschränkung bzw. Erschwernis des Familiennachzugs als einen Eingriff in eigene und originäre Rechte des Arbeitnehmers angesehen, so dass das Visumserfordernis für den Ehegattennachzug nicht an Art. 13 ARB 1/80, sondern an der für türkische Arbeitnehmer nach wie vor geltenden Stillhalteklausel des Art. 7 ARB 2/76 zu messen sein dürfte.
20 
Für türkische Staatsangehörige wurde eine allgemeine Visumspflicht durch die am 05.10.1980 in Kraft getretene Elfte Verordnung zur Änderung der Durchführung des Ausländergesetzes vom 01.07.1980 (BGBl. I S. 782) eingeführt. Dieser Zeitpunkt lag vor dem Beginn der Anwendbarkeit des Art. 13 ARB 1/80. Nach § 5 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) vom 10.09.1965 (BGBl. I S. 1341) i.d.F. vom 13.09.1972 (BGBl. I S. 1743) waren türkische Staatsangehörige, weil in der sog. Positivliste aufgeführt, grundsätzlich von der Visumspflicht freigestellt. Sie benötigten nur dann einen vor der Einreise einzuholenden Sichtvermerk, wenn sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben wollten. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes (AuslG VwV) vom 07.07.1967 legte zu § 5 DVAuslG die Verwaltungspraxis wie folgt fest: „Die Fälle, in denen die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks einzuholen ist, sind in § 5 DVAuslG 1965 aufgeführt. In allen anderen Fällen kann die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise eingeholt werden“. Die Bestimmung des § 5 DVAuslG traf somit keine Aussage zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Inland, sondern betraf unmittelbar die Visumsfreiheit der Einreise. Für sonstige Aufenthalte bestand ohne zeitliche Begrenzung grundsätzlich keine Visumspflicht, insbesondere beim Nachzug eines Ehegatten, der keine Berufstätigkeit beabsichtigte, konnte der erforderliche Aufenthaltstitel ohne vorheriges Visumsverfahren im Bundegebiet eingeholt werden (vgl. hierzu auch Saarl OVG, Beschluss vom 02.05.2012 - 2 B 47/12 - juris Rn. 15). Diese Rechtslage ist somit Maßstab für die Prüfung einer Verschlechterung unter Anknüpfung an die am 01.12.1976 in Kraft getretene Standstill-Klausel nach Art. 7 ARB 2/76 (vgl. auch GK-AufenthG, § 14 Rn. 30 ). Nach der damals geltenden Rechtslage hätte die Antragstellerin ohne nationales Visum in das Bundesgebiet einreisen und den Aufenthaltstitel - wie am 10.05.2013 geschehen - hier beantragen können.
21 
b) Die Einführung der am 01.12.1976 bisher nicht bestehenden Visumspflicht für den Ehegattennachzug stellt eine relevante Beschränkung im Sinne des Art. 7 ARB 2/76 dar. Der Europäische Gerichtshof legt den Begriff der „neuen Beschränkungen“ in den Stillhalteklauseln weit aus (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 07.11.2013 - C-225/12 - Demir - Rn. 34 und vom 29.04.2010 - C-92/07 - Kommission/Niederlande - Rn. 49). Er fasst darunter Einführungen neuer Beschränkungen der Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit in das Recht eines Mitgliedstaats einschließlich solcher Beschränkungen, die die materiell- und / oder verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die erstmalige Aufnahme türkischer Staatsangehöriger im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats betreffen. Das Visumserfordernis für den Ehegattennachzug bringt aufgrund des Prüfungsumfangs, der damit verbundenen Kosten und der Verfahrensdauer sowie der Folgen einer möglichen Ablehnung eine nicht unerhebliche Erschwernis für den durch Art. 7 ARB 2/76 begünstigten türkischen Arbeitnehmer mit sich (ebenso EuGH, Urteil vom 19.02.2009 - C-228/06 - Soysal - Rn. 55, 57 zur Frage der Vereinbarkeit eines Visumserfordernisses mit Art. 41 Abs.1 ZP). Es können mehrere Monate vergehen, bis eine Entscheidung über den Visumsantrag ergeht (vgl. zur Informationen über die Bearbeitungszeiten etwa Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Visumspflicht für türkische Staatsangehörige seit Oktober 1980, BT-Drs.10/2773 vom 21.01.1985, S. 4, sowie aktuell die Information auf der Homepage der Deutschen Botschaft in Ankara www.ankara.diplo.de/Vertretung/ankara, wonach die Wartezeit für Visa zur Familienzusammenführung derzeit aufgrund hoher Nachfrage über 3 Monate beträgt).
22 
Soweit der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 24.09.2013 (C-221/11 - Demirkan) entschieden hat, dass das Visumserfordernis für türkische Staatsangehörige, die im Bundesgebiet Dienstleistungen empfangen wollen, mit Art. 41 Abs. 1 ZP zu vereinbaren sei, weil der Begriff „freier Dienstleistungsverkehr“ dahin auszulegen sei, dass er nicht die Freiheit türkischer Staatsangehöriger umfasse, sich als Dienstleistungsempfänger in einen Mitgliedstaat zu begeben, um dort eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, kann hieraus aufgrund der konkreten Vorlagefrage nichts für die Zulässigkeit eines Visumsverfahrens mit Blick auf die Rechte als Arbeitnehmer nach Art. 7 ARB 2/76 hergeleitet werden.
23 
Es ist auch nicht ersichtlich, dass nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ die Vereinbarkeit einer Visumspflicht zum Ehegattennachzug mit Art. 7 ARB 2/76 deshalb keiner näheren Prüfung mehr bedürfte, weil das Unionsrecht mittlerweile selbst eine Visumspflicht für türkische Staatsangehörige eingeführt hat (so aber wohl BremOVG, Beschluss vom 30.05.2014 - 1 PA 62/14 - juris Rn. 3). Eine Visumspflicht für türkische Staatsangehörige ergibt sich auf der Grundlage nach Art. 1 i.V.m. Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 574/1999 EG zur Bestimmung der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen (ABl. 1999 Nr. L 72 S. 2) und der Verordnung 15.03.2001 (ABl. 2001 Nr. L 81 S. 1) zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von der Visumspflicht befreit sind, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung VO (EU) Nr. 259/2014 vom 03.04.2014 (ABl. 2014 Nr. L 105 S. 9). Als sekundäres Unionsrecht dürfte eine Verordnung, auch wenn sie zeitlich später ergangen ist, kaum in der Lage sein, die aufgrund von Völkervertragsrecht entstandenen Pflichten aus der Stillhalteklausel des Art. 7 abzuändern (so wohl auch EuGH, Urteil vom 19.02.2009 - C-228/06 - Soysal - Rn. 59, wonach der Vorrang der von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Übereinkommen vor den Rechtsakten des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts verlange, Letztere nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesen Übereinkommen auszulegen). Abgesehen davon erfasst die Verordnung Visa für längerfristige Aufenthalte (vgl. Art. 1 Abs. 2 VO; § 6 Abs. 3 AufenthG) nicht.
24 
b) Allerdings dürfte die Einführung des Visumserfordernisses zum Ehegattennachzug im Jahre 1980 deshalb keinen Verstoß gegen Art. 7 2/76 darstellen, weil sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig sein dürfte. Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 10.07.2014(C-138/13) unter Rn. 37 ausgeführt:
25 
Schließlich ist festzustellen, dass eine Beschränkung, mit der bezweckt oder bewirkt wird, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Inland durch einen türkischen Staatsangehörigen strengeren Voraussetzungen zu unterwerfen, als sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls galten, verboten ist, sofern sie nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet ist, die Erreichung des angestrebten legitimen Ziels zu erreichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht (vgl. entsprechend Urteil Demir, C-225/12, EU:C:2013:725, Rn. 40).
26 
Der Sichtvermerkszwang basierte auch nach der damals geltenden Rechtslage allgemein auf der vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber bejahten Notwendigkeit, im Interesse der Belange der Bundesrepublik Deutschland bei Staatsangehörigen bestimmter Staaten die Einreise im Vorfeld zu kontrollieren und zu steuern (vgl. zu folgenden OVG HH, Urteil vom 16.03.1981 - Bf V 16/80 - HmbJVBl 1981, 149 ff. mwN; siehe auch Hailbronner, Ausländerrecht - Ein Handbuch, 1984, Rn. 72). Durch die von vornherein stattfindende Kontrolle der Einreise von Angehörigen bestimmter Staaten sollten anderenfalls - bei Befreiung vom Sichtvermerkszwang - leicht eintretende schwerwiegende Belastungen für die Bundesrepublik Deutschland vermieden werden, insbesondere die Aufwendung erheblicher öffentlicher Mittel, um Ausländer, denen der Aufenthalt nicht erlaubt wird, wieder aus dem Bundesgebiet zu entfernen. Außerdem erachtete man es in bestimmten Fällen für geboten, dass die deutschen Auslandsvertretungen wegen ihrer besseren Kenntnisse und Möglichkeiten Angaben der um den Sichtvermerk nachsuchenden Ausländer überprüfen und sich außerdem durch Vorladung einen persönlichen Eindruck vom Antragsteller bilden konnten. Auch ging man davon aus, die Antragsteller im Sichtvermerksverfahren seien in der Regel eher bereit, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen als bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet, da sie andernfalls die Ablehnung ihres Antrags befürchten müssen mit der Folge, dass sie nicht legal in das Bundesgebiet einreisen könnten.
27 
Die Einführung der Sichtvermerkspflicht für türkische Staatsangehörige durch die Elfte Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes beruhte vor allem auf der Begründung, es habe sich gezeigt, dass türkische Staatsangehörige zunehmend als „Touristen“ in der verdeckten Absicht der Arbeitsaufnahme einreisten und häufig in der Bundesrepublik Deutschland aussichtslose Asylverfahren betrieben, um während der Dauer des Verfahrens hier leben und arbeiten zu können. Die Befreiung von der Sichtvermerkspflicht lasse sich unter diesen Umständen nicht länger aufrechterhalten (Bundesrat, Drs 383/80 vom 25.06.1980). Zwar deutet dies zunächst darauf hin, dass der Missbrauch der Sichtvermerksfreiheit für Besuchsaufenthalte von nicht mehr als drei Monaten der unmittelbare Anlass für die Änderung war; aus der weiteren Begründung, die von der generellen Sichtvermerkspflicht für türkische Staatsangehörige spricht, und der Tatsache, dass die Notwendigkeit der Beibehaltung der Sichtvermerkspflicht nach drei Jahren überprüft wird, dürfte jedoch zu schließen sein, dass die Bundesrepublik eine Kontrolle der Zuwanderung aus der Türkei - unabhängig von der konkreten Art des Aufenthaltszwecks - aufgrund einer entsprechenden Entwicklung in der Türkei für geboten erachtete. Dies lässt sich einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Visumspflicht für türkische Staatsangehörige seit Oktober 1980 (BT-Drs. 10/2773 vom 21.01.1985, S. 5) sowie der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Überprüfung des Visumszwangs für türkische Staatsangehörige vom 18.12.1988 (BT-Drs 11/3748, S. 1) entnehmen. Dort wird - auch im Zusammenhang mit der Visumspflicht für den Familiennachzug - ausgeführt, dass sich die tatsächlichen Umstände, die seinerzeit zur Aufhebung der Befreiung von der Sichtvermerkspflicht geführt haben, seither nicht entscheidend geändert haben. Der unvermindert hohe Einwanderungsdruck insbesondere aufgrund des wirtschaftlichen und sozialen Gefälles zwischen Deutschland und der Türkei könne wirksam vor allem mit Hilfe der Sichtvermerkspflicht begegnet werden. Die Einführung der Sichtvermerkspflicht bedeute nicht, dass Einreisen aus der Türkei allgemein unerwünscht seien, sondern nur, dass Risiken bereits vor Einreise geprüft werden könnten.
28 
Unter Berücksichtigung der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung dürfte daher Art. 7 ARB 2/76 einem Visumszwang für den Ehegattennachzug, der dem zwingenden Allgemeininteresse der kontrollierten Zuwanderung, aber offensichtlich auch des Herausfilterns von Missbrauchsfällen dient, nicht entgegenstehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Visumsverfahren zur Erreichung dieses Ziels nicht geeignet oder sonst unverhältnismäßig wäre, dürften nicht bestehen. Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 7 ARB 2/76 bestehenden Visumsfreiheit zum Ehegattennachzug auch deshalb keine Bedeutung mehr zukommen kann, weil die entsprechende nationale Regelung ihren Grund in dem am 01.11.1953 in Kraft getretenen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei vom 30.09.1953 über die Aufhebung des Sichtvermerkszwangs (GMBl. 1953, S. 576, Ergänzung GMBl. 1955, S. 23) hatte und dieses vor Erlass der Elften Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes durch die Bundesrepublik gekündigt worden war.
29 
3. Zwar dürfte nach den vorstehenden Ausführungen das Visumserfordernis zum Ehegattennachzug somit voraussichtlich mit Assoziationsrecht in Einklang stehen; die besondere Situation der Antragstellerin gebietet es jedoch, dass sie für die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens vorläufig im Bundesgebiet verbleiben kann. Die Antragstellerin leidet an erheblichen Erkrankungen, die u.a. im Bericht des Diakonie-Klinikums Stuttgart vom 30.09.2013 dokumentiert sind, und erhält u.a. deswegen Hilfeleistungen durch ihren Ehemann (vgl. Eidesstattliche Versicherung vom 29.03.2014). Die notwendigen Unterstützungsleistungen können nicht mehr durch Familienangehörige in der Türkei erbracht werden. Der Ehegatte der Antragstellerin verfügt über einen nahezu 20 Jahre langen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet mit seit Jahren den Lebensunterhalt sichernder Erwerbstätigkeit bei dem gleichen Arbeitgeber, so dass es ihm nicht ohne weiteres zumutbar ist, ggfs. unter Verlust seines Arbeitsplatzes die Antragstellerin in die Türkei zu begleiten. Der Senat räumt daher unter Beachtung der den Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO bestimmenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe (BVerfG, Beschlüsse vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - NVwZ 2004, 93, und vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - ZAR 2007, 243; siehe auch Bader, u.a. VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 93 ff. mwN) dem Interesse des Antragstellers, vorläufig im Bundesgebiet zu verbleiben, den Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung ein. Auf die Frage, ob der Antragstellerin auch deshalb der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen ist, weil bei einer gegebenen Visumspflicht die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Prüfung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG möglicherweise fehlerhaft sind, kommt es nicht mehr an.
30 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
31 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren und die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschluss vom 09.11.2012 - 11 S 2015/12 - juris) entspricht der Streitwert in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes betreffend die sofortige Vollziehung der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sowie einer damit verbundenen Abschiebungsandrohung nur dann dem in der Hauptsache anzunehmenden Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG, wenn der Betreffende zuvor bereits aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einen längerfristigen legalen Aufenthalt verfügt hat. Dies ist bei der Antragstellerin, die die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis begehrt, nicht der Fall.
32 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Einem Ausländer können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 folgende Visa erteilt werden:

1.
ein Visum für die Durchreise durch das Hoheitsgebiet der Schengen-Staaten oder für geplante Aufenthalte in diesem Gebiet von bis zu 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen (Schengen-Visum),
2.
ein Flughafentransitvisum für die Durchreise durch die internationalen Transitzonen der Flughäfen.

(2) Schengen-Visa können nach Maßgabe der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 bis zu einer Gesamtaufenthaltsdauer von 90 Tagen je Zeitraum von 180 Tagen verlängert werden. Für weitere 90 Tage innerhalb des betreffenden Zeitraums von 180 Tagen kann ein Schengen-Visum aus den in Artikel 33 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009/EG genannten Gründen, zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder aus völkerrechtlichen Gründen als nationales Visum verlängert werden.

(2a) Schengen-Visa berechtigen nicht zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit, es sei denn, sie wurden zum Zweck der Erwerbstätigkeit erteilt.

(3) Für längerfristige Aufenthalte ist ein Visum für das Bundesgebiet (nationales Visum) erforderlich, das vor der Einreise erteilt wird. Die Erteilung richtet sich nach den für die Aufenthaltserlaubnis, die Blaue Karte EU, die ICT-Karte, die Niederlassungserlaubnis und die Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU geltenden Vorschriften. Die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts mit einem nationalen Visum wird auf die Zeiten des Besitzes einer Aufenthaltserlaubnis, Blauen Karte EU, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU angerechnet.

(4) Ein Ausnahme-Visum im Sinne des § 14 Absatz 2 wird als Visum im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 oder des Absatzes 3 erteilt.

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. April 2014 - 11 K 1502/14 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des am 26. März 2014 erhobenen Widerspruchs der Antragstellerin gegen die Verfügungen unter Ziffern 1 und 3 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 4. März 2014 wird angeordnet.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Instanzen auf je 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Die zulässige Beschwerde hat Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung vom 26.05.2014 dargelegten Gründe, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO grds. beschränkt ist, rechtfertigen es, den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 23.04.2014 zu ändern. Anders als das Verwaltungsgericht bewertet der Senat im Rahmen des hier statthaften Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO das Interesse der Antragstellerin, vorläufig ihrer Ausreisepflicht nicht nachkommen zu müssen, höher als das öffentliche Interesse an einer sofortigen Aufenthaltsbeendigung.
Die Antragstellerin, eine im Jahre 1964 geborene türkische Staatsangehörige, begehrt die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach § 30 AufenthG zu ihrem türkischen Ehemann. Dieser lebt seit 1995 im Bundesgebiet, ist im Besitz einer Niederlassungserlaubnis und seit 01.04.2006 bei dem gleichen Arbeitgeber, einer Bäckerei, mit einem monatlichen Netto-Gehalt von nunmehr etwa 1.500 EUR beschäftigt. Sie dürfte - mit Ausnahme der Anforderungen nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 9 AufenthG - die Erteilungsvoraussetzungen des § 30 AufenthG erfüllen. Die Tatsache, dass sie sich nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann, darf ihr ausgehend vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.07.2014 (C-138/13) nicht entgegengehalten werden. Zwar spricht überwiegendes dafür, dass die unter Verstoß gegen das nationale Visumserfordernis (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) erfolgte Einreise in das Bundesgebiet zu Recht von der Antragsgegnerin als Regelversagungsgrund nach § 5 Abs. 2 AufenthG bewertet worden ist; mit Blick auf die im vorliegenden Fall für die Frage des Visumserfordernisses einschlägige Stillhalteklausel nach Art. 7 ARB 2/76 kann dies jedoch nicht mit der verfassungsrechtlich für die Versagung des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen Eindeutigkeit im Eilverfahren beantwortet werden. Die in die Abwägung einzustellenden besonderen persönlichen Belange der Antragstellerin führen dazu, dass ihr Interesse, vorläufig im Bundesgebiet zu verbleiben, gewichtiger ist als entgegen stehende öffentliche Interessen.
I.
Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der am 26.03.2014 nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 04.03.2014 anzuordnen, statthaft ist. Mit diesem Bescheid hat die Antragsgegnerin die am 10.05.2013 beantragte Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG abgelehnt (Ziffer 1) und der Antragstellerin die Abschiebung in die Türkei angedroht (Ziffer 3). Im Zeitpunkt der Antragstellung war die Antragstellerin im Besitz eines noch bis 27.06.2013 gültigen Schengen-Visums zu Besuchszwecken, das von der niederländischen Auslandsvertretung in Ankara ausgestellt worden war (vgl. hinsichtlich der relevanten Daten Bl. 9 der Behördenakte). Damit hat der Antrag nach der am 10.05.2013 geltenden Fassung des § 81 Abs. 4 AufenthG die Fiktionswirkung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG ausgelöst (vgl. etwa BayVGH, Beschluss vom 21.02.2013 - 10 CS 12.2679 - juris Rn. 6 ff.; Nds OVG, Beschluss vom 31.10.2011 - 11 ME 315.11 - juris Rn. 5; Renner/Bergmann/Dienelt, AuslR, 10. Aufl. 2013, § 81 Rn. 16 ff.; GK-AufenthG, § 81 Rn. 39 ff. ). Die bereits eingetretene Fortgeltungsfiktion ist durch die mit Gesetz zur Verbesserung der Rechte von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29.08.2013 (BGBl. I S. 3484) eingeführte Neuregelung in § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG, derzufolge ein nach § 6 Abs. 1 AufenthG erteiltes Visum die Fiktionswirkung nicht auslöst, nicht entfallen (ebenso OVG BB, Beschluss vom 03.04.2014 - OVG 3 S 4.14 - juris).
Die seit dem 06.09.2013 geltende Regelung in § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf die von ihm für korrekturbedürftig erachtete Rechtsprechung, wonach auch ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 AufenthG die Fortgeltungsfiktion des § 81 Abs. 4 AufenthG auslösen konnte. Entgegen der Begründung des Gesetzgebers handelt sich nicht nur um eine „gesetzliche Klarstellung“ (so BT-Drs. 17/13536, S. 15), denn nach Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des § 81 Abs. 4 a.F. gehörte zu den Aufenthaltstiteln auch ein - von einem anderen Schengen-Staat erteiltes - (Besuchs-)Visum (OVG BB, Beschluss vom 03.04.2014, a.a.O., Rn. 5). Die Überlegung, eine fehlende Übergangsvorschrift mache es erforderlich, § 81 Abs. 4 Satz 2 AufenthG auch auf „Altfälle“ anzuwenden, mit der Folge, dass sich vorläufiger Rechtsschutz nicht (mehr) nach § 80 Abs. 5 VwGO richten könne (Nds OVG, Beschluss vom 12.11.2013 - 13 ME 190/13 - NVwZ-RR 2014, 157), teilt der Senat nicht. Die Bestimmung des § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG stellt auf die Entstehung der Fiktionswirkung zum Zeitpunkt der Antragstellung ab und setzt nicht voraus, dass diese kontinuierlich bis zur Verwaltungsentscheidung gewissermaßen jeden Augenblick nach Maßgabe des geltenden Rechts immer wieder neu entsteht. Deshalb hätte es einer ausdrücklichen Entscheidung des Gesetzgebers bedurft, dass eine einmal entstandene Fiktionswirkung mit Inkrafttreten des Gesetzes entfallen sollte (GK-AufenthG, § 81 Rn. 39.3; vgl. auch OVG BB, Beschluss vom 03.04.2014, a.a.O., Rn. 3 ff.).
II.
Der zulässige Antrag ist begründet. Die Antragstellerin dürfte ungeachtet dessen, dass sie nicht über einfache mündliche und schriftliche Deutschkenntnisse verfügt, voraussichtlich die Voraussetzungen des § 30 AufenthG zur Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Ehegattennachzug zu ihrem im Bundesgebiet lebenden türkischen Ehemann, mit dem sie seit 03.08.2004 verheiratet ist, erfüllen (1.). Zwar dürfte die Einreise der Antragstellerin aufgrund der fehlenden vorherigen Einholung eines nationalen Visums zum Ehegattennachzug auch unter Beachtung des Art. 7 ARB 2/76 dazu führen, dass der Regelversagungsgrund des § 5 Abs. 2 Satz 1 AufenthG vorliegt; eine abschließende Beurteilung kann jedoch letztlich erst im Hauptsacheverfahren erfolgen (2.). Aufgrund der den Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO bestimmenden Interessenabwägung räumt der Senat der Antragstellerin wegen ihrer besonderen persönlichen Situation, insbesondere ihres angegriffenen Gesundheitszustands, die Möglichkeit ein, sich vorläufig weiter im Bundesgebiet aufzuhalten (3.).
1. Die durch das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) eingeführte Regelung, dass der Ehegatte, der zu einem in Deutschland lebenden Ausländer nachziehen will, sich nach § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 2 Abs. 9 AufenthG zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können muss, verstößt gegen Standstill-Klauseln des Assoziationsrecht.
a) Der Europäische Gerichtshof hat auf ein Vorabentscheidungsersuchen des Verwaltungsgerichts Berlin vom 13.02.2013 (23 K 91.12 V - juris), auf das sich die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung berufen hatte, mit Urteil vom 10.07.2014 (C-138/13) entschieden, die Stillhalteklausel nach Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls (ZP) vom 23.11.1970 zum Abkommen vom 12.09.1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (vgl. ABl. 1972 Nr. L 293 S. 3) stehe einer Regelung des nationalen Rechts entgegen, die eingeführt wurde, nachdem das Zusatzprotokoll in dem betreffenden Mitgliedstaat in Kraft getreten ist und vorschreibt, dass Ehegatten von in diesem Mitgliedstaat wohnenden türkischen Staatsangehörigen, wenn sie zum Zwecke der Familienzusammenführung einreisen wollen, vor Einreise nachweisen müssen, dass sie einfache Kenntnisse der Amtssprache dieses Mitliedstaats erworben haben. Der Europäische Gerichtshof hat in den Randnummern 34 bis 36 ausgeführt:
Der Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass die Familienzusammenführung ein unerlässliches Mittel zur Ermöglichung des Familienlebens türkischer Erwerbstätiger ist, die dem Arbeitsmarkt der Mitgliedstaaten angehören, und sowohl zur Verbesserung der Qualität ihres Aufenthalts als auch zu ihrer Integration in diesen Staaten beiträgt (vgl. Urteil Dülger, C-451/11, EU:C:2012:504, Rn. 42).
Auf die Entscheidung eines türkischen Staatsangehörigen, sich in einem Mitgliedstaat niederzulassen, um dort dauerhaft einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, kann es sich nämlich negativ auswirken, wenn die Rechtsvorschriften dieses Mitgliedstaats die Familienzusammenführung erschweren oder unmöglich machen und sich der türkische Staatsangehörige deshalb unter Umständen zu einer Entscheidung zwischen seiner Tätigkeit in dem betreffenden Mitgliedstaat und seinem Familienleben in der Türkei gezwungen sehen kann.
10 
Daher stellt eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, die eine Familienzusammenführung erschwert, indem sie die Voraussetzungen für eine erstmalige Aufnahme der Ehegatten türkischer Staatsangehöriger im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Vergleich zu denjenigen verschärft, die galten, als das Zusatzprotokoll in Kraft trat, eine „neue Beschränkung“ der Ausübung der Niederlassungsfreiheit durch diese türkischen Staatsangehörigen im Sinne von Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls dar.
11 
Hieraus ist ersichtlich, dass nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs das Erfordernis, der nachzugswillige Ehegatte müsse für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einfache Deutschkenntnisse verfügen, eine unmittelbare Beeinträchtigung des türkischen Erwerbstätigen darstellt und nicht nur eine solche des anderen Ehepartners (siehe hierzu auch schon die Schlussanträge des Generalanwalts vom 30.04.2014 - C-138/13 - Rn. 31 ff.). Damit dürften auch die Ausführungen im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.2010 (1 C 8.09 - juris Rn. 20), wonach die Versagung des Familiennachzugs für den türkischen Arbeitnehmer nicht zu einer neuen Beschränkung der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt oder seines damit verbundenen Aufenthalts führt, hinfällig sein.
12 
Das Urteil ist ungeachtet dessen, dass es erst nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist ergangen ist, bei der Entscheidung über die Beschwerde zu berücksichtigen (vgl. allgemein zur Frage des Umgangs mit nachträglich eingetretenen Gründen Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 146 Rn. 42).
13 
b) Die Erwägungen des Europäischen Gerichtshofs im Urteil vom 10.07.2014 dürften gleichermaßen für den vorliegenden Fall zu beachten sein, in dem sich der Ehemann der Antragstellerin als ordnungsgemäß beschäftigter türkischer Arbeitnehmer auf die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 und auch auf diejenige des Art. 7 ARB 2/76 berufen kann, wobei Letztere für das Visumserfordernis relevant sein dürfte (hierzu nachfolgend 2.).
14 
Art. 41 Abs. 1 ZP, der bestimmt, dass die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Dienstleistungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs einführen werden, betrifft Selbstständige (siehe allg. zum Geltungsbereich des Art. 41 Abs. 1 ZP Renner/Bergmann/Dienelt, a.a.O., Art. 13 ARB 1/80 Rn. 38 ff.), während hier der Ehemann der Antragstellerin Arbeitnehmer ist und daher nicht von dieser Stillhalteklausel personell erfasst wird. Nach dem seit 01.12.1980 geltenden Art. 13 ARB 1/80 dürfen die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen der Bedingungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen (Renner/Berg-mann/Dienelt, a.a.O., Art. 13 ARB 1/80 Rn. 11 f.). Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach entschieden, dass die Stillhalteklausel in Art. 41 Abs. 1 des am 01.01.1973 in Kraft getretenen Zusatzprotokolls und diejenige in Art. 13 ARB 1/80 auch aufenthaltsrechtliche Wirkungen entfalten, gleichartig sind, beide dasselbe Ziel verfolgen und übereinstimmend ausgelegt werden (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 15.11.2011 - C-256/11 - Dereci - Rn. 94, vom 09.12.2010 - C-300/09 - Toprak - Rn. 52 ff., vom 29.04.2010 - C-92/07 - Kommission/Niederlande - Rn. 48 ff. und vom 17.09.2009 - C-242/06 - Sahin - Rn. 65). Das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 10.07.2014 ist daher auf den Ehegattennachzug zu einem türkischen Arbeitnehmer übertragbar. Dies gilt auch mit Blick auf die Standstill-Klausel des Art. 7 ARB 2/76.
15 
Das Bestreben des Europäischen Gerichtshofs einen Gleichlauf aller Standstill-Klauseln herbeizuführen, umfasst auch den ebenfalls unmittelbare Wirkung entfaltenden Art. 7 ARB 2/76 (vgl. dazu etwa EuGH, Urteile vom 20.09.1990 - C-192/89 - Sevince - Rn. 17 ff. und vom 11.05.2000 - C-37/98 - Savas - Rn. 49), welcher für Arbeitnehmer weiterhin neben Art. 13 ARB 1/80 gilt (vgl. näher Renner/Bergmann/Dienelt, a.a.O., Art. 13 ARB 1/80 Rn. 19 ff.).
16 
Der am 01.12.1976 in Kraft getretene Beschluss Nr. 2/76 des Assoziationsrates über die Durchführung des Artikels 12 des Abkommens von Ankara vom 20.12.1976 (abrufbar unter www.migrationsrecht.net) sieht in Art. 7 vor, dass die Mitgliedstaaten der Gemeinschaft und die Türkei für Arbeitnehmer, deren Aufenthalt und Beschäftigung in ihrem Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind, keine neuen Beschränkungen für den Zugang zum Arbeitsmarkt einführen dürfen. Zwar ist der ARB 2/76 an sich grundsätzlich nicht mehr anzuwenden, weil der ARB 1/80 für die türkischen Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen günstigere Regelungen enthält (EuGH, Urteil vom 06.06.1995 - C-434/93 - Bozkurt - Rn. 14). Dieser - für das Verhältnis Art. 2 ARB 2/76 und Art. 6 ARB 1/80 - entschiedene Vorrang des ARB 1/80 kann aber nicht für die Standstill-Klausel des Art. 7 ARB 2/76 gelten. Folge einer Nichtanwendung des Art. 7 ARB 2/76 wäre, dass sich der Status der Arbeitnehmer verschlechtern könnte, weil alle zwischen 01.12.1976 und 01.12.1980, dem Datum des Inkrafttretens des Art. 13 ARB 1/80, zum Nachteil des Arbeitnehmers eingetretenen arbeits- und aufenthaltsrechtlichen Veränderungen zu beachten wären. Dass solches vom Assoziationsrat beabsichtigt wäre, lässt sich aus dem ARB 1/80 aber nicht entnehmen. Dass Art. 7 ARB 2/76 durch Art. 13 ARB 1/80 nicht verdrängt wird, dürfte auch die Auffassung der Bundesregierung sein (vgl. die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zu den Auswirkungen der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Assoziierungsabkommen der Europäischen Union mit der Türkei auf das Aufenthaltsrecht, BT-Drs. 17/4623 vom 02.02.2011, S. 5).
17 
Ausgehend von dem insoweit identischen Regelungsgegenstand dieser Stillhalteklauseln ist es aufgrund des Urteils des Europäischen Gerichtshofs vom 10.07.2014 unionsrechtlich nicht zulässig, für die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG bei einem Nachzug eines Ehegatten zu einem sich ordnungsgemäß im Bundesgebiet aufhaltenden türkischen Arbeitnehmer die Erfüllung des durch das Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 eingeführten Spracherfordernis nach § 30 Abs.1 Satz 1 Nr. 2 AufenthG zu verlangen.
18 
2. Die Antragstellerin dürfte unter Verstoß gegen das nationale Erfordernis der vorherigen Einholung eines Visums zum Ehegattennachzug in das Bundesgebiet eingereist sein und daher die allgemeine Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 6 Abs. 3 AufenthG nicht erfüllen. Die in den Verwaltungsakten dokumentierten Abläufe, insbesondere die Tatsache, dass sich die Antragstellerin, die Analphabetin ist, in der Vergangenheit mehrfach vergeblich bemüht hat, ein Visum zum Ehegattennachzug zu erhalten, sprechen dafür, dass sie von Anfang an die Absicht hatte, ihr Besuchsvisum für einen faktischen Nachzug zu ihrem Ehemann nutzen. Die Notwendigkeit für türkische Staatsangehörige, ein Visum zum Ehegattennachzug einzuholen, dürfte nach der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung voraussichtlich mit Art. 7 ARB 2/76 in Einklang stehen.
19 
a) Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 10.07.2014 eine Beschränkung bzw. Erschwernis des Familiennachzugs als einen Eingriff in eigene und originäre Rechte des Arbeitnehmers angesehen, so dass das Visumserfordernis für den Ehegattennachzug nicht an Art. 13 ARB 1/80, sondern an der für türkische Arbeitnehmer nach wie vor geltenden Stillhalteklausel des Art. 7 ARB 2/76 zu messen sein dürfte.
20 
Für türkische Staatsangehörige wurde eine allgemeine Visumspflicht durch die am 05.10.1980 in Kraft getretene Elfte Verordnung zur Änderung der Durchführung des Ausländergesetzes vom 01.07.1980 (BGBl. I S. 782) eingeführt. Dieser Zeitpunkt lag vor dem Beginn der Anwendbarkeit des Art. 13 ARB 1/80. Nach § 5 der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes (DVAuslG) vom 10.09.1965 (BGBl. I S. 1341) i.d.F. vom 13.09.1972 (BGBl. I S. 1743) waren türkische Staatsangehörige, weil in der sog. Positivliste aufgeführt, grundsätzlich von der Visumspflicht freigestellt. Sie benötigten nur dann einen vor der Einreise einzuholenden Sichtvermerk, wenn sie im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben wollten. Die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ausführung des Ausländergesetzes (AuslG VwV) vom 07.07.1967 legte zu § 5 DVAuslG die Verwaltungspraxis wie folgt fest: „Die Fälle, in denen die Aufenthaltserlaubnis vor der Einreise in der Form des Sichtvermerks einzuholen ist, sind in § 5 DVAuslG 1965 aufgeführt. In allen anderen Fällen kann die Aufenthaltserlaubnis nach der Einreise eingeholt werden“. Die Bestimmung des § 5 DVAuslG traf somit keine Aussage zu den Voraussetzungen für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis im Inland, sondern betraf unmittelbar die Visumsfreiheit der Einreise. Für sonstige Aufenthalte bestand ohne zeitliche Begrenzung grundsätzlich keine Visumspflicht, insbesondere beim Nachzug eines Ehegatten, der keine Berufstätigkeit beabsichtigte, konnte der erforderliche Aufenthaltstitel ohne vorheriges Visumsverfahren im Bundegebiet eingeholt werden (vgl. hierzu auch Saarl OVG, Beschluss vom 02.05.2012 - 2 B 47/12 - juris Rn. 15). Diese Rechtslage ist somit Maßstab für die Prüfung einer Verschlechterung unter Anknüpfung an die am 01.12.1976 in Kraft getretene Standstill-Klausel nach Art. 7 ARB 2/76 (vgl. auch GK-AufenthG, § 14 Rn. 30 ). Nach der damals geltenden Rechtslage hätte die Antragstellerin ohne nationales Visum in das Bundesgebiet einreisen und den Aufenthaltstitel - wie am 10.05.2013 geschehen - hier beantragen können.
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b) Die Einführung der am 01.12.1976 bisher nicht bestehenden Visumspflicht für den Ehegattennachzug stellt eine relevante Beschränkung im Sinne des Art. 7 ARB 2/76 dar. Der Europäische Gerichtshof legt den Begriff der „neuen Beschränkungen“ in den Stillhalteklauseln weit aus (vgl. etwa EuGH, Urteile vom 07.11.2013 - C-225/12 - Demir - Rn. 34 und vom 29.04.2010 - C-92/07 - Kommission/Niederlande - Rn. 49). Er fasst darunter Einführungen neuer Beschränkungen der Ausübung der Arbeitnehmerfreizügigkeit in das Recht eines Mitgliedstaats einschließlich solcher Beschränkungen, die die materiell- und / oder verfahrensrechtlichen Voraussetzungen für die erstmalige Aufnahme türkischer Staatsangehöriger im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats betreffen. Das Visumserfordernis für den Ehegattennachzug bringt aufgrund des Prüfungsumfangs, der damit verbundenen Kosten und der Verfahrensdauer sowie der Folgen einer möglichen Ablehnung eine nicht unerhebliche Erschwernis für den durch Art. 7 ARB 2/76 begünstigten türkischen Arbeitnehmer mit sich (ebenso EuGH, Urteil vom 19.02.2009 - C-228/06 - Soysal - Rn. 55, 57 zur Frage der Vereinbarkeit eines Visumserfordernisses mit Art. 41 Abs.1 ZP). Es können mehrere Monate vergehen, bis eine Entscheidung über den Visumsantrag ergeht (vgl. zur Informationen über die Bearbeitungszeiten etwa Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Visumspflicht für türkische Staatsangehörige seit Oktober 1980, BT-Drs.10/2773 vom 21.01.1985, S. 4, sowie aktuell die Information auf der Homepage der Deutschen Botschaft in Ankara www.ankara.diplo.de/Vertretung/ankara, wonach die Wartezeit für Visa zur Familienzusammenführung derzeit aufgrund hoher Nachfrage über 3 Monate beträgt).
22 
Soweit der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 24.09.2013 (C-221/11 - Demirkan) entschieden hat, dass das Visumserfordernis für türkische Staatsangehörige, die im Bundesgebiet Dienstleistungen empfangen wollen, mit Art. 41 Abs. 1 ZP zu vereinbaren sei, weil der Begriff „freier Dienstleistungsverkehr“ dahin auszulegen sei, dass er nicht die Freiheit türkischer Staatsangehöriger umfasse, sich als Dienstleistungsempfänger in einen Mitgliedstaat zu begeben, um dort eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, kann hieraus aufgrund der konkreten Vorlagefrage nichts für die Zulässigkeit eines Visumsverfahrens mit Blick auf die Rechte als Arbeitnehmer nach Art. 7 ARB 2/76 hergeleitet werden.
23 
Es ist auch nicht ersichtlich, dass nach dem Grundsatz „lex posterior derogat legi priori“ die Vereinbarkeit einer Visumspflicht zum Ehegattennachzug mit Art. 7 ARB 2/76 deshalb keiner näheren Prüfung mehr bedürfte, weil das Unionsrecht mittlerweile selbst eine Visumspflicht für türkische Staatsangehörige eingeführt hat (so aber wohl BremOVG, Beschluss vom 30.05.2014 - 1 PA 62/14 - juris Rn. 3). Eine Visumspflicht für türkische Staatsangehörige ergibt sich auf der Grundlage nach Art. 1 i.V.m. Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 574/1999 EG zur Bestimmung der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen der Mitgliedstaaten im Besitz eines Visums sein müssen (ABl. 1999 Nr. L 72 S. 2) und der Verordnung 15.03.2001 (ABl. 2001 Nr. L 81 S. 1) zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von der Visumspflicht befreit sind, zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung VO (EU) Nr. 259/2014 vom 03.04.2014 (ABl. 2014 Nr. L 105 S. 9). Als sekundäres Unionsrecht dürfte eine Verordnung, auch wenn sie zeitlich später ergangen ist, kaum in der Lage sein, die aufgrund von Völkervertragsrecht entstandenen Pflichten aus der Stillhalteklausel des Art. 7 abzuändern (so wohl auch EuGH, Urteil vom 19.02.2009 - C-228/06 - Soysal - Rn. 59, wonach der Vorrang der von der Gemeinschaft geschlossenen völkerrechtlichen Übereinkommen vor den Rechtsakten des abgeleiteten Gemeinschaftsrechts verlange, Letztere nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit diesen Übereinkommen auszulegen). Abgesehen davon erfasst die Verordnung Visa für längerfristige Aufenthalte (vgl. Art. 1 Abs. 2 VO; § 6 Abs. 3 AufenthG) nicht.
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b) Allerdings dürfte die Einführung des Visumserfordernisses zum Ehegattennachzug im Jahre 1980 deshalb keinen Verstoß gegen Art. 7 2/76 darstellen, weil sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und verhältnismäßig sein dürfte. Der Europäische Gerichtshof hat im Urteil vom 10.07.2014(C-138/13) unter Rn. 37 ausgeführt:
25 
Schließlich ist festzustellen, dass eine Beschränkung, mit der bezweckt oder bewirkt wird, die Ausübung der Niederlassungsfreiheit im Inland durch einen türkischen Staatsangehörigen strengeren Voraussetzungen zu unterwerfen, als sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des Zusatzprotokolls galten, verboten ist, sofern sie nicht durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt und geeignet ist, die Erreichung des angestrebten legitimen Ziels zu erreichen, und nicht über das zu dessen Erreichung Erforderliche hinausgeht (vgl. entsprechend Urteil Demir, C-225/12, EU:C:2013:725, Rn. 40).
26 
Der Sichtvermerkszwang basierte auch nach der damals geltenden Rechtslage allgemein auf der vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber bejahten Notwendigkeit, im Interesse der Belange der Bundesrepublik Deutschland bei Staatsangehörigen bestimmter Staaten die Einreise im Vorfeld zu kontrollieren und zu steuern (vgl. zu folgenden OVG HH, Urteil vom 16.03.1981 - Bf V 16/80 - HmbJVBl 1981, 149 ff. mwN; siehe auch Hailbronner, Ausländerrecht - Ein Handbuch, 1984, Rn. 72). Durch die von vornherein stattfindende Kontrolle der Einreise von Angehörigen bestimmter Staaten sollten anderenfalls - bei Befreiung vom Sichtvermerkszwang - leicht eintretende schwerwiegende Belastungen für die Bundesrepublik Deutschland vermieden werden, insbesondere die Aufwendung erheblicher öffentlicher Mittel, um Ausländer, denen der Aufenthalt nicht erlaubt wird, wieder aus dem Bundesgebiet zu entfernen. Außerdem erachtete man es in bestimmten Fällen für geboten, dass die deutschen Auslandsvertretungen wegen ihrer besseren Kenntnisse und Möglichkeiten Angaben der um den Sichtvermerk nachsuchenden Ausländer überprüfen und sich außerdem durch Vorladung einen persönlichen Eindruck vom Antragsteller bilden konnten. Auch ging man davon aus, die Antragsteller im Sichtvermerksverfahren seien in der Regel eher bereit, ihrer Mitwirkungspflicht nachzukommen als bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet, da sie andernfalls die Ablehnung ihres Antrags befürchten müssen mit der Folge, dass sie nicht legal in das Bundesgebiet einreisen könnten.
27 
Die Einführung der Sichtvermerkspflicht für türkische Staatsangehörige durch die Elfte Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes beruhte vor allem auf der Begründung, es habe sich gezeigt, dass türkische Staatsangehörige zunehmend als „Touristen“ in der verdeckten Absicht der Arbeitsaufnahme einreisten und häufig in der Bundesrepublik Deutschland aussichtslose Asylverfahren betrieben, um während der Dauer des Verfahrens hier leben und arbeiten zu können. Die Befreiung von der Sichtvermerkspflicht lasse sich unter diesen Umständen nicht länger aufrechterhalten (Bundesrat, Drs 383/80 vom 25.06.1980). Zwar deutet dies zunächst darauf hin, dass der Missbrauch der Sichtvermerksfreiheit für Besuchsaufenthalte von nicht mehr als drei Monaten der unmittelbare Anlass für die Änderung war; aus der weiteren Begründung, die von der generellen Sichtvermerkspflicht für türkische Staatsangehörige spricht, und der Tatsache, dass die Notwendigkeit der Beibehaltung der Sichtvermerkspflicht nach drei Jahren überprüft wird, dürfte jedoch zu schließen sein, dass die Bundesrepublik eine Kontrolle der Zuwanderung aus der Türkei - unabhängig von der konkreten Art des Aufenthaltszwecks - aufgrund einer entsprechenden Entwicklung in der Türkei für geboten erachtete. Dies lässt sich einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Visumspflicht für türkische Staatsangehörige seit Oktober 1980 (BT-Drs. 10/2773 vom 21.01.1985, S. 5) sowie der Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Überprüfung des Visumszwangs für türkische Staatsangehörige vom 18.12.1988 (BT-Drs 11/3748, S. 1) entnehmen. Dort wird - auch im Zusammenhang mit der Visumspflicht für den Familiennachzug - ausgeführt, dass sich die tatsächlichen Umstände, die seinerzeit zur Aufhebung der Befreiung von der Sichtvermerkspflicht geführt haben, seither nicht entscheidend geändert haben. Der unvermindert hohe Einwanderungsdruck insbesondere aufgrund des wirtschaftlichen und sozialen Gefälles zwischen Deutschland und der Türkei könne wirksam vor allem mit Hilfe der Sichtvermerkspflicht begegnet werden. Die Einführung der Sichtvermerkspflicht bedeute nicht, dass Einreisen aus der Türkei allgemein unerwünscht seien, sondern nur, dass Risiken bereits vor Einreise geprüft werden könnten.
28 
Unter Berücksichtigung der im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung dürfte daher Art. 7 ARB 2/76 einem Visumszwang für den Ehegattennachzug, der dem zwingenden Allgemeininteresse der kontrollierten Zuwanderung, aber offensichtlich auch des Herausfilterns von Missbrauchsfällen dient, nicht entgegenstehen. Anhaltspunkte dafür, dass das Visumsverfahren zur Erreichung dieses Ziels nicht geeignet oder sonst unverhältnismäßig wäre, dürften nicht bestehen. Es bedarf daher keiner weiteren Prüfung, ob der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art. 7 ARB 2/76 bestehenden Visumsfreiheit zum Ehegattennachzug auch deshalb keine Bedeutung mehr zukommen kann, weil die entsprechende nationale Regelung ihren Grund in dem am 01.11.1953 in Kraft getretenen Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Türkei vom 30.09.1953 über die Aufhebung des Sichtvermerkszwangs (GMBl. 1953, S. 576, Ergänzung GMBl. 1955, S. 23) hatte und dieses vor Erlass der Elften Verordnung zur Änderung der Verordnung zur Durchführung des Ausländergesetzes durch die Bundesrepublik gekündigt worden war.
29 
3. Zwar dürfte nach den vorstehenden Ausführungen das Visumserfordernis zum Ehegattennachzug somit voraussichtlich mit Assoziationsrecht in Einklang stehen; die besondere Situation der Antragstellerin gebietet es jedoch, dass sie für die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens vorläufig im Bundesgebiet verbleiben kann. Die Antragstellerin leidet an erheblichen Erkrankungen, die u.a. im Bericht des Diakonie-Klinikums Stuttgart vom 30.09.2013 dokumentiert sind, und erhält u.a. deswegen Hilfeleistungen durch ihren Ehemann (vgl. Eidesstattliche Versicherung vom 29.03.2014). Die notwendigen Unterstützungsleistungen können nicht mehr durch Familienangehörige in der Türkei erbracht werden. Der Ehegatte der Antragstellerin verfügt über einen nahezu 20 Jahre langen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet mit seit Jahren den Lebensunterhalt sichernder Erwerbstätigkeit bei dem gleichen Arbeitgeber, so dass es ihm nicht ohne weiteres zumutbar ist, ggfs. unter Verlust seines Arbeitsplatzes die Antragstellerin in die Türkei zu begleiten. Der Senat räumt daher unter Beachtung der den Rechtsschutz nach § 80 Abs. 5 VwGO bestimmenden verfassungsrechtlichen Maßstäbe (BVerfG, Beschlüsse vom 10.10.2003 - 1 BvR 2025/03 - NVwZ 2004, 93, und vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 - ZAR 2007, 243; siehe auch Bader, u.a. VwGO, 5. Aufl. 2011, § 80 Rn. 93 ff. mwN) dem Interesse des Antragstellers, vorläufig im Bundesgebiet zu verbleiben, den Vorrang gegenüber dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Verfügung ein. Auf die Frage, ob der Antragstellerin auch deshalb der weitere Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen ist, weil bei einer gegebenen Visumspflicht die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Prüfung nach § 5 Abs. 2 Satz 2 AufenthG möglicherweise fehlerhaft sind, kommt es nicht mehr an.
30 
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
31 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren und die Änderung des Streitwerts für das Verfahren im ersten Rechtszug von Amts wegen beruhen auf §§ 63 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (vgl. nur Beschluss vom 09.11.2012 - 11 S 2015/12 - juris) entspricht der Streitwert in Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes betreffend die sofortige Vollziehung der Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels sowie einer damit verbundenen Abschiebungsandrohung nur dann dem in der Hauptsache anzunehmenden Auffangwert nach § 52 Abs. 2 GKG, wenn der Betreffende zuvor bereits aufgrund der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis über einen längerfristigen legalen Aufenthalt verfügt hat. Dies ist bei der Antragstellerin, die die erstmalige Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis begehrt, nicht der Fall.
32 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.
der Lebensunterhalt gesichert ist,
1a.
die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,
2.
kein Ausweisungsinteresse besteht,
3.
soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und
4.
die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.
mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und
2.
die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.
Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

(3) In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 24 oder § 25 Absatz 1 bis 3 ist von der Anwendung der Absätze 1 und 2, in den Fällen des § 25 Absatz 4a und 4b von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 1 bis 2 und 4 sowie des Absatzes 2 abzusehen. In den übrigen Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 kann von der Anwendung der Absätze 1 und 2 abgesehen werden. Wird von der Anwendung des Absatzes 1 Nr. 2 abgesehen, kann die Ausländerbehörde darauf hinweisen, dass eine Ausweisung wegen einzeln zu bezeichnender Ausweisungsinteressen, die Gegenstand eines noch nicht abgeschlossenen Straf- oder anderen Verfahrens sind, möglich ist. In den Fällen der Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 26 Absatz 3 ist von der Anwendung des Absatzes 2 abzusehen.

(4) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn ein Ausweisungsinteresse im Sinne von § 54 Absatz 1 Nummer 2 oder 4 besteht oder eine Abschiebungsanordnung nach § 58a erlassen wurde.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.