Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 08. Mai 2009 - 11 S 1013/09

bei uns veröffentlicht am08.05.2009

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 6. April 2009 - 8 K 548/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

 
Die Beschwerde ist statthaft (vgl. Senatsbeschluss vom 10.12.1999 - 11 S 240/99 - VBlBW 2000, 204) und auch sonst zulässig.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Rechtsgrundlage für die vom Antragsteller beantragte Durchsuchungsanordnung ist § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG i.V.m. § 15 AsylVfG: Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann der Vollstreckungsbeamte Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges persönliches Besitztum gegen den Willen des Vollstreckungsschuldners nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Allerdings darf es der Vollstreckungsbehörde nur dann ermöglicht werden, in den geschützten räumlich-gegenständlichen Bereich des Vollstreckungsschuldners einzudringen, wenn die Durchsuchungsanordnung einer rechtmäßigen Vollstreckung dienen soll. Das Gericht hat den Antrag der Vollstreckungsbehörde daher zunächst dahingehend zu prüfen, ob die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (§ 2 LVwVG) und die für die im Zuge der Durchsuchung beabsichtigten Zwangsmittel geltenden besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Beschl. v. 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 - BVerfGE 51, 97). Zu prüfen ist auch, ob der Zweck der Vollstreckung noch nicht erreicht, aber durch die Anwendung von Vollstreckungsmitteln erreichbar ist (vgl. § 11 LVwVG). Weiterhin muss die Durchsuchungsanordnung geeignet, erforderlich und angemessen sein (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 LVwVG), und ein Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten vorliegen, welcher den Anforderungen des § 5 Satz 1 LVwVG entspricht (vgl. zum Ganzen VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - ESVGH 55, 243 = VBlBW 2005, 386; Senatsbeschluss vom 10.12.1999 - 11 S 240/99 - a.a.O.).
Die hiernach gebotene Prüfung ergibt, dass der beantragten Durchsuchungsanordnung rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (§ 2 LVwVG) vorliegen. Mit Verfügung vom 30.03.2009 gibt der Antragsteller dem Antragsgegner auf, im Rahmen der Mitwirkung gemäß § 15 AsylVfG sämtliche in seinem Besitz befindlichen ausländischen Identitätsdokumente wie Reisepass, Personalausweis, Geburtsurkunde, Führerschein, Militärausweis, Standesregisterauszüge, Heiratsurkunde, Impfpass, Werks- oder Arbeitsausweise, Diplome oder Berufsabschlüsse, Adressbücher oder -listen, Briefen, die einen Schriftverkehr mit dem Heimatland beinhalten, bzw. Kopien dieser Dokumente herauszugeben. Zwar ist diese Verfügung mangels Bekanntgabe gegenüber dem Antragsgegner noch nicht wirksam geworden. Die Bekanntgabe soll aber unmittelbar vor Beginn der Durchsuchung an den Antragsgegner persönlich erfolgen, so dass die Verfügung zu diesem Zeitpunkt ihm gegenüber wirksam werden wird. Gegen die Bekanntgabe unmittelbar vor Beginn der Vollstreckung bestehen keine Bedenken im Hinblick auf eine hinreichende und angemessene Möglichkeit zur Kenntnisnahme des Inhalts der Verfügung durch den Antragsgegner, da dieser nach Aktenlage über hinreichende deutsche Sprachkenntnisse verfügt. Mit Bekanntgabe wird der auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AsylVfG ergangene Bescheid gemäß § 2 Nr. 2 LVwVG vollstreckbar, da gemäß § 75 AsylVfG die aufschiebende Wirkung eines etwaigen Rechtsbehelfs entfällt.
Es fehlt indessen an den besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, die bei dem jeweils angewendeten Zwangsmittel zu beachten sind. Auch diese müssen hier vorliegen, denn die Durchsuchung dient der Durchsetzung eines im Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen Zwangsmittels, das als solches rechtmäßig anzuwenden ist (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. m.w.N.).
Mit der Durchsuchung sollen solche Gegenstände aufgefunden werden, die der Antragsgegner entgegen der aus Ziff. 1 der Verfügung vom 30.03.2009 folgenden Verpflichtung nicht „sofort“ den die Verfügung übergebenden Polizeibeamten aushändigt. Die Herausgabeverpflichtung sollte demnach im Wege des unmittelbaren Zwanges durch Wegnahme (§ 28 LVwVG) vollstreckt werden. Dieses Zwangsmittel wird dem Antragsgegner zwar in Ziff. 2 der Verfügung vom 30.03.2009 angedroht, doch fehlt es entgegen § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG an der Bestimmung einer angemessenen Frist zur Erfüllung der Verpflichtung. Die Bestimmung einer Frist dient dazu, den Justizgewährungsanspruch, welcher in der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG enthalten ist, zu verwirklichen (BVerwGE 16, 289<291>). Die Behörde verletzt den Anspruch des Bürgers auf wirksamen Rechtsschutz, wenn sie ihre Maßnahme ohne zwingenden Grund so kurzfristig anordnet, dass ihm keine ausreichende Zeit verbleibt, um bei dem Verwaltungsgericht vorläufigen Rechtsschutz zu erlangen (BVerwGE 17, 83). Eine Fristsetzung auf „sofort“, wie sie hier erfolgt ist, darf nur erfolgen, wenn eine sofortige Durchsetzung der Grundverfügung zur Gefahrenabwehr unabweisbar notwendig ist. So wird man etwa dem Halter eines gefährlichen Hundes aufgeben können, sein Tier ab sofort in der Öffentlichkeit an der Leine zu führen (vgl. - mit weiteren Beispielsfällen - Sadler, VwVG/VwZG, 6. Aufl., § 13 VwVG Rn. 14). Die Voraussetzungen für eine Fristsetzung auf „sofort“ sind somit kaum geringer als die des § 21 LVwVG, der bei Gefahr im Verzug ein Abweichen von § 20 Abs. 1 LVwVG ermöglicht (vgl. hierzu ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. m.w.N.). Eine derartige, aus der Natur der Sache folgende Notwendigkeit zur Bemessung der Frist auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe der Verfügung ist hier nicht erkennbar. Eine besondere Eilbedürftigkeit wohnt der Verpflichtung zur Herausgabe von Passdokumenten und Identitätsnachweisen nicht inne.
Dies sieht auch der Antragsteller nicht anders, der die Durchsetzung der dem Antragsgegner in Ziff. 1 der Verfügung auferlegten Verpflichtung nicht durch den Zeitablauf, sondern durch die Warnfunktion einer Zwangsmittelandrohung gefährdet sieht. Sein Hinweis auf die Verfahrensweise bei Erlass der Durchsuchungsanordnung verfängt aber nicht. Der Antragsteller kann sich nicht auf die Rechtsprechung berufen, wonach bei der Gefahr einer Vollstreckungsvereitelung die gem. Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gebotene Anhörung des Vollstreckungsschuldners unterbleiben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 - BVerfGE 57, 346 <359 f.>). Denn diese Erwägung bezieht sich nur auf die gerichtliche Ermächtigung zu dieser Modalität der Vollstreckung; am Erfordernis, dass die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen müssen, ändert sich dadurch nichts (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. zu § 21 LVwVG; zur zivilprozessualen Zwangsvollstreckung vgl. Heßler in: Münchner Kommentar zur ZPO, Bd. 2, 3. Aufl., § 758 a Rn. 52).
Ein Wertungswiderspruch liegt in dieser Unterscheidung nicht. Es vermag bereits wenig zu überzeugen, dass durch die Beachtung der Förmlichkeiten des Verwaltungsvollstreckungsrechts die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Vollstreckung spürbar verringert wird. Die Ankündigungswirkung allein der Androhung unmittelbaren Zwangs, die den Anforderungen an eine Zwangsmittelandrohung genügt (vgl. Engelhardt/App, VwVG/VwZG, 8. Aufl., § 13 VwVG Rn. 7 m.w.N.), bleibt noch sehr allgemein und lässt den Betroffenen, insbesondere wenn sie unter Setzung einer angemessenen Frist erfolgt, nicht unbedingt eine bevorstehende Wohnungsdurchsuchung erwarten. Dem Senat ist auch bekannt, dass die vom Regierungspräsidium Tübingen offenbar regelmäßig praktizierte Verfahrensweise nicht einer allgemeinen Verwaltungspraxis im Land entspricht. So droht etwa das Regierungspräsidium Stuttgart in derartigen Fällen regelmäßig unter Setzung einer angemessenen Frist die Anwendung unmittelbaren Zwangs an, bevor es beim Verwaltungsgericht eine Durchsuchungsanordnung beantragt.
10 
Eine Fristbestimmung ist nicht nach § 20 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz LVwVG entbehrlich, da weder eine Duldung noch eine Unterlassung erzwungen werden soll.
11 
Die Vorschrift des § 21 LVwVG, die bei Gefahr im Verzug ein Abweichen von § 20 Abs. 1 LVwVG ermöglicht, wird vom Antragsteller nicht in Anspruch genommen. Deren Voraussetzungen liegen im Übrigen nach dem oben Ausgeführten ebenfalls nicht vor (vgl. hierzu ausführlich VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.06.2005 - 1 S 499/05 - a.a.O. m.w.N.).
12 
Zur Vermeidung weiterer Rechtsstreitigkeiten weist der Senat darauf hin, dass - entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts - bei ordnungsgemäßer Androhung des Zwangsmittels unter Setzung einer angemessenen Frist vorliegend der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dem Erlass der Durchsuchungsanordnung nicht entgegenstünde. Die Durchsuchung des Zimmers des Antragsgegners einschließlich von ihm genutzter Nebenräume wäre zum Zweck der Wegnahme der in seinem Besitz befindlichen Passdokumente und sonstigen Identitätsnachweise im Wege des unmittelbaren Zwangs gegen Sachen (§§ 18, 19 Abs. 1 Nr. 3, 26 Abs. 1 Satz 1 und 28 LVwVG) geeignet und erforderlich. Zwar reicht es für eine Durchsuchungsanordnung nicht aus, dass die Behörde auf Grund ihrer Erfahrung davon ausgeht, dass der abgelehnte Asylbewerber in seiner Wohnung über Nachweise verfügt, die seine Staatsangehörigkeit oder Identität belegen (so auch VG Stuttgart, Beschluss vom 21.01.2005 - 4 K 58/05 - InfAuslR 2005, 166). Hier stützt sich der Antrag auf Erlass der Durchsuchungsanordnung indes nicht lediglich auf einen derartigen generellen Verdacht. Vielmehr besteht aufgrund der widersprüchlichen Angaben des Antragsgegners der konkret begründete Verdacht, dass sich jedenfalls einige der fraglichen Dokumente in den von ihm genutzten Räumen tatsächlich finden lassen: Im Asylverfahren hatte der Antragsgegner noch angegeben, er habe keine Papiere mitgenommen und verfüge in seiner Heimat über einen abgelaufenen Reisepass, einen Personalausweis und weitere Dokumente. Am 10.04.2008 gab er an, er habe einen algerischen Reisepass, der aber nicht bei ihm sei. Am 26.05.2008 erklärte er, sein Reisepass sei „noch nicht“ bei ihm. Ausweislich einer Stellungnahme des Landratsamts ... vom 13.06.2008 hat der Antragsgegner sich dort dahingehend eingelassen, dass sein Reisepass sich in Europa, aber nicht bei ihm befinde. Im Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 11.11.2008 heißt es, der Antragsgegner besitze einen abgelaufenen algerischen Reisepass. Ausweislich des über die Vorführung am 18.11.2008 gefertigten Aktenvermerks (/ 41 der Akten) hat der Antragsgegner dort schließlich angegeben, dass er seinen Pass versteckt habe.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
14 
Ein Streitwert muss nicht festgesetzt werden, weil bei Erfolglosigkeit der Beschwerde eine vom Streitwert unabhängige Gerichtsgebühr von 50,00 EUR anzusetzen ist (vgl. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG).
15 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 103


(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör. (2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. (3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafge

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(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 3 Höhe der Kosten


(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.

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Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2005 - 13 K 523/05 - erlassene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und nicht etwa nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung können Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten „nach diesem Gesetz“ vorbehaltlich des § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Der Anwendungsbereich des § 80 AsylVfG ist danach zu bestimmen, ob die angefochtene Entscheidung ihre rechtliche Grundlage im AsylVfG hat. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar dient der angefochtene Beschluss der Vollstreckung einer unter anderem auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 AsylVfG gestützten Verfügung. Die Rechtsgrundlage für die gerichtliche Entscheidung über die Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Vollstreckung einer sogenannten Passauflage findet sich indessen ausschließlich in § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und den weiteren Vorschriften des Vollstreckungsrechts, nicht aber im AsylVfG (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.1999 - 11 S 240/99 -, VBlBW 2000, 204).
Die Beschwerde ist auch fristgerecht erhoben. Der angefochtene Beschluss wurde dem Antragsgegner frühestens bei der Durchsuchung, die am 09.02.2005 stattgefunden hat, ordnungsgemäß zugestellt. Die am 21.02.2005 erhobene Beschwerde wahrt demnach jedenfalls die Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO, so dass dahinstehen kann, ob die hinsichtlich einer Begründungspflicht unzutreffende Rechtsmittelbelehrung diese i.S. von § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig macht.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht dem Antragsgegner schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse zur Seite, obwohl die Durchsuchung bereits erfolgt ist und sich die im Beschluss angeordneten Maßnahmen erledigt haben. Der Gesichtspunkt der prozessualen Überholung führt nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes ist es vielmehr geboten, dem von einem tiefgreifenden, wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriff - hier in das Grundrecht aus Art. 13 GG - Betroffenen die Gelegenheit zu geben, dessen Berechtigung im Wege des hier sachdienlich gestellten Feststellungsantrags - nachträglich - klären zu lassen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt - wie hier - nach dem typischen Geschehensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher eine in der Prozessordnung vorgesehene Überprüfung nicht erfolgen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. -, BVerfGE 96, 27 <40>; Beschluss des erkennenden Senats vom 14.05.2002 - 1 S 10/02 -, ESVGH 52, 217 <219> m.w.N.).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht eine Durchsuchungsanordnung erlassen darf, lagen nicht vor.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann der Vollstreckungsbeamte Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Die auf Antrag der Vollstreckungsbehörde ergehende Durchsuchungsanordnung hat einer rechtmäßigen Vollstreckung zu dienen; nur wenn und soweit die Verwirklichung des Vollstreckungszwecks es gebietet, muss es der Vollstreckungsbehörde möglich sein, in den geschützten räumlich-gegenständlichen Bereich des Vollstreckungsschuldners einzudringen. Das Verwaltungsgericht hat demnach zunächst festzustellen, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 -, BVerfGE 51, 97 <113>), und sodann insbesondere zu prüfen, ob der Zweck der Vollstreckung nicht erreicht, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist und ein den Anforderungen des § 5 Abs. 1 LVwVG entsprechender Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.1999 - 11 S 240/99 -, a.a.O., m.w.N.).
Die hiernach gebotene Prüfung ergibt, dass der beantragten Durchsuchungsanordnung rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Die bestandskräftige und somit nach § 2 Nr. 1 LVwVG vollstreckbare Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.12.2004 gibt dem Antragsgegner in Ziff. 1 ausdrücklich auf, der Bezirksstelle für Asyl ein gültiges Reisedokument bzw. alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die Rückschlüsse auf seine Identität und Nationalität zulassen, bis spätestens 14 Tage nach Erhalt der Verfügung vorzulegen und zu überlassen. Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Antragsgegners, der meint, diese Anordnung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 AsylVfG nicht gedeckt, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen sind im Vollstreckungsverfahren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des vollstreckbaren - und insbesondere des bestandskräftigen - Verwaltungsakts ausgeschlossen (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292> m.N.); die rechtliche Überprüfung der Durchsuchungsanordnung eröffnet keinen neuen Rechtsweg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 -, BVerfGE 57, 346 <357>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.1999 - 4 S 861/99 -, VBlBW 2000, 24 <25>). Zum anderen besteht schon nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 AsylVfG kein Zweifel, dass die Anordnung auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann.
Es fehlt indessen an den besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, die bei dem jeweils angewendeten Zwangsmittel zu beachten sind. Auch diese müssen hier vorliegen, denn die Durchsuchung dient der Durchsetzung eines im Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen Zwangsmittels, das als solches rechtmäßig anzuwenden ist (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.10.1997 - 2 S 1583/97 -, VBlBW 1998, 103; BayVGH, Beschluss vom 23.04.1987 - 4 C 86.03145 -, BayVBl 1988, 565; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.09.1989 - 10 M 40/89 -, NVwZ 1990, 679; BFH, Beschluss vom 12.05.1980 - VII B 9/80 -, BFHE 130, 136 <138 f.>, jeweils zur Vollstreckung von Geldforderungen; Fliegauf/Maurer, Verwaltungsvollstreckungsrecht für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1983, § 6 Rn. 5; Müller-Eiselt in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 287 AO Rn. 17).
10 
Mit der Durchsuchung sollten solche Gegenstände aufgefunden werden, die der Antragsgegner entgegen der aus Ziff. 1 der Verfügung folgenden Verpflichtung nicht herausgegeben und dem Antragsteller überlassen hat. Die Herausgabeverpflichtung sollte demnach im Wege des unmittelbaren Zwanges durch Wegnahme (§ 28 LVwVG) vollstreckt werden. Dieses Zwangsmittel ist dem Antragsgegner vor Erlass der Durchsuchungsanordnung aber entgegen der Vorschrift des § 20 Abs. 1 LVwVG nicht angedroht worden.
11 
Auf die Androhung des Zwangsmittels, mit der - als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips - der Pflichtige zur freiwilligen Befolgung des Gebots angehalten und ein Vorgehen im Wege des Verwaltungszwangs entbehrlich gemacht werden soll (vgl. Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 298 m.N.), konnte hier nicht ausnahmsweise verzichtet werden.
12 
Nach § 21 LVwVG kann u. a. von § 20 Abs. 1 LVwVG abgewichen werden, soweit die Abwehr einer Gefahr, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht und gestört wird, dies erfordert. Erforderlich ist die Abweichung, wie der dieser Bestimmung beigefügten amtlichen Überschrift entnommen werden kann, bei Gefahr im Verzug; die Gesetzesbegründung stellt demnach auf das Bedürfnis nach einer schnellen Durchsetzung von Verwaltungsakten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr ab (LT-Drs. 6/2990, S. 22). Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn der Erfolg einer notwendigen Maßnahme ohne sofortiges Eingreifen beeinträchtigt oder vereitelt würde, die Maßnahme also unaufschiebbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 -, VBlBW 1982, 140 <141>; Urteil vom 08.02.1993 - 8 S 515/92 - VBlBW 1993, 298 <303>; Fliegauf/Maurer, a.a.O., § 21 Rn. 2).
13 
Eine Dringlichkeit in diesem Sinne war hier nicht gegeben. Im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung ist das Regierungspräsidium Stuttgart selbst von einer Unaufschiebbarkeit der Vorlageverpflichtung nicht ausgegangen, denn es hat dem Antragsgegner, wie in § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG als Rechtsvoraussetzung für die Androhung vorgesehen, für die Erfüllung der Pflicht eine Frist gesetzt; folglich wäre auch Gelegenheit gewesen, auf das Zwangsmittel mit einer sogenannten unselbständigen Androhung gemäß § 20 Abs. 2 LVwVG hinzuweisen. Auch im Zeitpunkt des Antrags auf Erlass der Durchsuchungsanordnung war für die Unaufschiebbarkeit nichts dargetan; für eine Änderung der Verhältnisse insbesondere allein durch das fruchtlose Verstreichen der dem Antragsgegner gesetzten Frist spricht nichts.
14 
Dieses Begriffsverständnis der Gefahr im Verzug deckt sich mit dem für den Erlass der Durchsuchungsanordnung maßgeblichen. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 LVwVG, Art. 13 Abs. 2 2. Alt. GG kann der Richtervorbehalt nur dann in zulässiger Weise entfallen, wenn die mit der Einschaltung des Richters verbundene Verzögerung nicht hingenommen werden kann, weil ansonsten der Erfolg der Durchsuchung gefährdet wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 -, BVerfGE 51, 97 <111>; Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155>; Müller-Eiselt, a.a.O., § 287 AO Rn. 25 f.; Wesser, NJW 2002, 2138 <2141 f.>).
15 
Die Durchsetzung der dem Antragsgegner in Ziff. 1 der Verfügung auferlegten Verpflichtung sieht letztlich auch der Antragsteller nicht durch den Zeitablauf, sondern durch die Warnfunktion einer Zwangsmittelandrohung gefährdet. Sein Hinweis auf die Verfahrensweise bei Erlass der Durchsuchungsanordnung verfängt aber nicht. Der Antragsteller kann sich nicht auf die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung berufen, wonach bei der Gefahr einer Vollstreckungsvereitelung die gem. Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gebotene Anhörung des Vollstreckungsschuldners unterbleiben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 -, BVerfGE 57, 346 <359 f.>; Müller-Eiselt, a.a.O., § 287 AO Rn. 19). Denn diese Erwägung bezieht sich nur auf die gerichtliche Ermächtigung zu dieser Modalität der Vollstreckung; am Erfordernis, dass die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen müssen, ändert sich dadurch nichts (vgl. zur zivilprozessualen Zwangsvollstreckung Heßler in: Münchner Kommentar zur ZPO, Band 2, 2000, § 758a Rn. 52).
16 
Ein Wertungswiderspruch liegt in dieser Unterscheidung nicht. So will bereits wenig überzeugen, dass durch die Beachtung der Förmlichkeiten des Verwaltungsvollstreckungsrechts die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Vollstreckung merklich verringert wird; denn schon nach der Bekanntgabe der Verfügung hätte der Vollstreckungsschuldner ggf. Anlass und Gelegenheit, geforderte Unterlagen beiseite zu schaffen. Die Ankündigungswirkung allein der Androhung unmittelbaren Zwangs bleibt indessen noch sehr allgemein. Demgegenüber wäre der Hinweis auf eine bevorstehende Durchsuchung sehr viel konkreter; insoweit mag sich der Betroffene in Sicherheit wiegen, so dass ein gewollter und im Interesse der Effektivität der Vollstreckung angezeigter Überraschungseffekt hier zum Tragen kommen kann.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, da Gerichtsgebühren nicht anfallen (siehe Kostenverzeichnis Nr. 5502, Anlage 1 zum GKG).
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2005 - 13 K 523/05 - erlassene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und nicht etwa nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung können Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten „nach diesem Gesetz“ vorbehaltlich des § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Der Anwendungsbereich des § 80 AsylVfG ist danach zu bestimmen, ob die angefochtene Entscheidung ihre rechtliche Grundlage im AsylVfG hat. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar dient der angefochtene Beschluss der Vollstreckung einer unter anderem auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 AsylVfG gestützten Verfügung. Die Rechtsgrundlage für die gerichtliche Entscheidung über die Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Vollstreckung einer sogenannten Passauflage findet sich indessen ausschließlich in § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und den weiteren Vorschriften des Vollstreckungsrechts, nicht aber im AsylVfG (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.1999 - 11 S 240/99 -, VBlBW 2000, 204).
Die Beschwerde ist auch fristgerecht erhoben. Der angefochtene Beschluss wurde dem Antragsgegner frühestens bei der Durchsuchung, die am 09.02.2005 stattgefunden hat, ordnungsgemäß zugestellt. Die am 21.02.2005 erhobene Beschwerde wahrt demnach jedenfalls die Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO, so dass dahinstehen kann, ob die hinsichtlich einer Begründungspflicht unzutreffende Rechtsmittelbelehrung diese i.S. von § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig macht.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht dem Antragsgegner schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse zur Seite, obwohl die Durchsuchung bereits erfolgt ist und sich die im Beschluss angeordneten Maßnahmen erledigt haben. Der Gesichtspunkt der prozessualen Überholung führt nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes ist es vielmehr geboten, dem von einem tiefgreifenden, wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriff - hier in das Grundrecht aus Art. 13 GG - Betroffenen die Gelegenheit zu geben, dessen Berechtigung im Wege des hier sachdienlich gestellten Feststellungsantrags - nachträglich - klären zu lassen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt - wie hier - nach dem typischen Geschehensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher eine in der Prozessordnung vorgesehene Überprüfung nicht erfolgen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. -, BVerfGE 96, 27 <40>; Beschluss des erkennenden Senats vom 14.05.2002 - 1 S 10/02 -, ESVGH 52, 217 <219> m.w.N.).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht eine Durchsuchungsanordnung erlassen darf, lagen nicht vor.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann der Vollstreckungsbeamte Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Die auf Antrag der Vollstreckungsbehörde ergehende Durchsuchungsanordnung hat einer rechtmäßigen Vollstreckung zu dienen; nur wenn und soweit die Verwirklichung des Vollstreckungszwecks es gebietet, muss es der Vollstreckungsbehörde möglich sein, in den geschützten räumlich-gegenständlichen Bereich des Vollstreckungsschuldners einzudringen. Das Verwaltungsgericht hat demnach zunächst festzustellen, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 -, BVerfGE 51, 97 <113>), und sodann insbesondere zu prüfen, ob der Zweck der Vollstreckung nicht erreicht, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist und ein den Anforderungen des § 5 Abs. 1 LVwVG entsprechender Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.1999 - 11 S 240/99 -, a.a.O., m.w.N.).
Die hiernach gebotene Prüfung ergibt, dass der beantragten Durchsuchungsanordnung rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Die bestandskräftige und somit nach § 2 Nr. 1 LVwVG vollstreckbare Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.12.2004 gibt dem Antragsgegner in Ziff. 1 ausdrücklich auf, der Bezirksstelle für Asyl ein gültiges Reisedokument bzw. alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die Rückschlüsse auf seine Identität und Nationalität zulassen, bis spätestens 14 Tage nach Erhalt der Verfügung vorzulegen und zu überlassen. Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Antragsgegners, der meint, diese Anordnung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 AsylVfG nicht gedeckt, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen sind im Vollstreckungsverfahren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des vollstreckbaren - und insbesondere des bestandskräftigen - Verwaltungsakts ausgeschlossen (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292> m.N.); die rechtliche Überprüfung der Durchsuchungsanordnung eröffnet keinen neuen Rechtsweg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 -, BVerfGE 57, 346 <357>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.1999 - 4 S 861/99 -, VBlBW 2000, 24 <25>). Zum anderen besteht schon nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 AsylVfG kein Zweifel, dass die Anordnung auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann.
Es fehlt indessen an den besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, die bei dem jeweils angewendeten Zwangsmittel zu beachten sind. Auch diese müssen hier vorliegen, denn die Durchsuchung dient der Durchsetzung eines im Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen Zwangsmittels, das als solches rechtmäßig anzuwenden ist (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.10.1997 - 2 S 1583/97 -, VBlBW 1998, 103; BayVGH, Beschluss vom 23.04.1987 - 4 C 86.03145 -, BayVBl 1988, 565; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.09.1989 - 10 M 40/89 -, NVwZ 1990, 679; BFH, Beschluss vom 12.05.1980 - VII B 9/80 -, BFHE 130, 136 <138 f.>, jeweils zur Vollstreckung von Geldforderungen; Fliegauf/Maurer, Verwaltungsvollstreckungsrecht für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1983, § 6 Rn. 5; Müller-Eiselt in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 287 AO Rn. 17).
10 
Mit der Durchsuchung sollten solche Gegenstände aufgefunden werden, die der Antragsgegner entgegen der aus Ziff. 1 der Verfügung folgenden Verpflichtung nicht herausgegeben und dem Antragsteller überlassen hat. Die Herausgabeverpflichtung sollte demnach im Wege des unmittelbaren Zwanges durch Wegnahme (§ 28 LVwVG) vollstreckt werden. Dieses Zwangsmittel ist dem Antragsgegner vor Erlass der Durchsuchungsanordnung aber entgegen der Vorschrift des § 20 Abs. 1 LVwVG nicht angedroht worden.
11 
Auf die Androhung des Zwangsmittels, mit der - als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips - der Pflichtige zur freiwilligen Befolgung des Gebots angehalten und ein Vorgehen im Wege des Verwaltungszwangs entbehrlich gemacht werden soll (vgl. Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 298 m.N.), konnte hier nicht ausnahmsweise verzichtet werden.
12 
Nach § 21 LVwVG kann u. a. von § 20 Abs. 1 LVwVG abgewichen werden, soweit die Abwehr einer Gefahr, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht und gestört wird, dies erfordert. Erforderlich ist die Abweichung, wie der dieser Bestimmung beigefügten amtlichen Überschrift entnommen werden kann, bei Gefahr im Verzug; die Gesetzesbegründung stellt demnach auf das Bedürfnis nach einer schnellen Durchsetzung von Verwaltungsakten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr ab (LT-Drs. 6/2990, S. 22). Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn der Erfolg einer notwendigen Maßnahme ohne sofortiges Eingreifen beeinträchtigt oder vereitelt würde, die Maßnahme also unaufschiebbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 -, VBlBW 1982, 140 <141>; Urteil vom 08.02.1993 - 8 S 515/92 - VBlBW 1993, 298 <303>; Fliegauf/Maurer, a.a.O., § 21 Rn. 2).
13 
Eine Dringlichkeit in diesem Sinne war hier nicht gegeben. Im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung ist das Regierungspräsidium Stuttgart selbst von einer Unaufschiebbarkeit der Vorlageverpflichtung nicht ausgegangen, denn es hat dem Antragsgegner, wie in § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG als Rechtsvoraussetzung für die Androhung vorgesehen, für die Erfüllung der Pflicht eine Frist gesetzt; folglich wäre auch Gelegenheit gewesen, auf das Zwangsmittel mit einer sogenannten unselbständigen Androhung gemäß § 20 Abs. 2 LVwVG hinzuweisen. Auch im Zeitpunkt des Antrags auf Erlass der Durchsuchungsanordnung war für die Unaufschiebbarkeit nichts dargetan; für eine Änderung der Verhältnisse insbesondere allein durch das fruchtlose Verstreichen der dem Antragsgegner gesetzten Frist spricht nichts.
14 
Dieses Begriffsverständnis der Gefahr im Verzug deckt sich mit dem für den Erlass der Durchsuchungsanordnung maßgeblichen. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 LVwVG, Art. 13 Abs. 2 2. Alt. GG kann der Richtervorbehalt nur dann in zulässiger Weise entfallen, wenn die mit der Einschaltung des Richters verbundene Verzögerung nicht hingenommen werden kann, weil ansonsten der Erfolg der Durchsuchung gefährdet wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 -, BVerfGE 51, 97 <111>; Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155>; Müller-Eiselt, a.a.O., § 287 AO Rn. 25 f.; Wesser, NJW 2002, 2138 <2141 f.>).
15 
Die Durchsetzung der dem Antragsgegner in Ziff. 1 der Verfügung auferlegten Verpflichtung sieht letztlich auch der Antragsteller nicht durch den Zeitablauf, sondern durch die Warnfunktion einer Zwangsmittelandrohung gefährdet. Sein Hinweis auf die Verfahrensweise bei Erlass der Durchsuchungsanordnung verfängt aber nicht. Der Antragsteller kann sich nicht auf die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung berufen, wonach bei der Gefahr einer Vollstreckungsvereitelung die gem. Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gebotene Anhörung des Vollstreckungsschuldners unterbleiben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 -, BVerfGE 57, 346 <359 f.>; Müller-Eiselt, a.a.O., § 287 AO Rn. 19). Denn diese Erwägung bezieht sich nur auf die gerichtliche Ermächtigung zu dieser Modalität der Vollstreckung; am Erfordernis, dass die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen müssen, ändert sich dadurch nichts (vgl. zur zivilprozessualen Zwangsvollstreckung Heßler in: Münchner Kommentar zur ZPO, Band 2, 2000, § 758a Rn. 52).
16 
Ein Wertungswiderspruch liegt in dieser Unterscheidung nicht. So will bereits wenig überzeugen, dass durch die Beachtung der Förmlichkeiten des Verwaltungsvollstreckungsrechts die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Vollstreckung merklich verringert wird; denn schon nach der Bekanntgabe der Verfügung hätte der Vollstreckungsschuldner ggf. Anlass und Gelegenheit, geforderte Unterlagen beiseite zu schaffen. Die Ankündigungswirkung allein der Androhung unmittelbaren Zwangs bleibt indessen noch sehr allgemein. Demgegenüber wäre der Hinweis auf eine bevorstehende Durchsuchung sehr viel konkreter; insoweit mag sich der Betroffene in Sicherheit wiegen, so dass ein gewollter und im Interesse der Effektivität der Vollstreckung angezeigter Überraschungseffekt hier zum Tragen kommen kann.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, da Gerichtsgebühren nicht anfallen (siehe Kostenverzeichnis Nr. 5502, Anlage 1 zum GKG).
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird festgestellt, dass die mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Januar 2005 - 13 K 523/05 - erlassene Durchsuchungsanordnung rechtswidrig war.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

 
Die Beschwerde ist zulässig.
Sie ist gemäß § 146 Abs. 1 VwGO statthaft und nicht etwa nach § 80 AsylVfG ausgeschlossen. Nach dieser Bestimmung können Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten „nach diesem Gesetz“ vorbehaltlich des § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden. Der Anwendungsbereich des § 80 AsylVfG ist danach zu bestimmen, ob die angefochtene Entscheidung ihre rechtliche Grundlage im AsylVfG hat. Dies ist hier nicht der Fall. Zwar dient der angefochtene Beschluss der Vollstreckung einer unter anderem auf § 15 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 AsylVfG gestützten Verfügung. Die Rechtsgrundlage für die gerichtliche Entscheidung über die Wohnungsdurchsuchung zum Zwecke der Vollstreckung einer sogenannten Passauflage findet sich indessen ausschließlich in § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG und den weiteren Vorschriften des Vollstreckungsrechts, nicht aber im AsylVfG (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.1999 - 11 S 240/99 -, VBlBW 2000, 204).
Die Beschwerde ist auch fristgerecht erhoben. Der angefochtene Beschluss wurde dem Antragsgegner frühestens bei der Durchsuchung, die am 09.02.2005 stattgefunden hat, ordnungsgemäß zugestellt. Die am 21.02.2005 erhobene Beschwerde wahrt demnach jedenfalls die Frist des § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO, so dass dahinstehen kann, ob die hinsichtlich einer Begründungspflicht unzutreffende Rechtsmittelbelehrung diese i.S. von § 58 Abs. 2 VwGO unrichtig macht.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers steht dem Antragsgegner schließlich auch ein Rechtsschutzinteresse zur Seite, obwohl die Durchsuchung bereits erfolgt ist und sich die im Beschluss angeordneten Maßnahmen erledigt haben. Der Gesichtspunkt der prozessualen Überholung führt nicht zur Unzulässigkeit der Beschwerde. Aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes ist es vielmehr geboten, dem von einem tiefgreifenden, wenn auch tatsächlich nicht mehr fortwirkenden Grundrechtseingriff - hier in das Grundrecht aus Art. 13 GG - Betroffenen die Gelegenheit zu geben, dessen Berechtigung im Wege des hier sachdienlich gestellten Feststellungsantrags - nachträglich - klären zu lassen, wenn sich die direkte Belastung durch den angegriffenen Hoheitsakt - wie hier - nach dem typischen Geschehensablauf auf eine Zeitspanne beschränkt, in welcher eine in der Prozessordnung vorgesehene Überprüfung nicht erfolgen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.04.1997 - 2 BvR 817/90 u.a. -, BVerfGE 96, 27 <40>; Beschluss des erkennenden Senats vom 14.05.2002 - 1 S 10/02 -, ESVGH 52, 217 <219> m.w.N.).
Die Beschwerde ist auch begründet. Die Voraussetzungen, unter denen das Verwaltungsgericht eine Durchsuchungsanordnung erlassen darf, lagen nicht vor.
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann der Vollstreckungsbeamte Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Die auf Antrag der Vollstreckungsbehörde ergehende Durchsuchungsanordnung hat einer rechtmäßigen Vollstreckung zu dienen; nur wenn und soweit die Verwirklichung des Vollstreckungszwecks es gebietet, muss es der Vollstreckungsbehörde möglich sein, in den geschützten räumlich-gegenständlichen Bereich des Vollstreckungsschuldners einzudringen. Das Verwaltungsgericht hat demnach zunächst festzustellen, ob die Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 -, BVerfGE 51, 97 <113>), und sodann insbesondere zu prüfen, ob der Zweck der Vollstreckung nicht erreicht, der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt ist und ein den Anforderungen des § 5 Abs. 1 LVwVG entsprechender Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten vorliegt (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 10.11.1999 - 11 S 240/99 -, a.a.O., m.w.N.).
Die hiernach gebotene Prüfung ergibt, dass der beantragten Durchsuchungsanordnung rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
Zu Recht ist das Verwaltungsgericht allerdings davon ausgegangen, dass die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen. Die bestandskräftige und somit nach § 2 Nr. 1 LVwVG vollstreckbare Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 08.12.2004 gibt dem Antragsgegner in Ziff. 1 ausdrücklich auf, der Bezirksstelle für Asyl ein gültiges Reisedokument bzw. alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die Rückschlüsse auf seine Identität und Nationalität zulassen, bis spätestens 14 Tage nach Erhalt der Verfügung vorzulegen und zu überlassen. Das hiergegen gerichtete Vorbringen des Antragsgegners, der meint, diese Anordnung sei durch die Ermächtigungsgrundlage des § 15 AsylVfG nicht gedeckt, geht in zweifacher Hinsicht fehl. Zum einen sind im Vollstreckungsverfahren Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit des vollstreckbaren - und insbesondere des bestandskräftigen - Verwaltungsakts ausgeschlossen (vgl. nur BVerfG, Kammerbeschluss vom 09.12.1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, 290 <292> m.N.); die rechtliche Überprüfung der Durchsuchungsanordnung eröffnet keinen neuen Rechtsweg (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 -, BVerfGE 57, 346 <357>; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 16.06.1999 - 4 S 861/99 -, VBlBW 2000, 24 <25>). Zum anderen besteht schon nach dem Wortlaut von § 15 Abs. 2 Nr. 4 und Nr. 5 AsylVfG kein Zweifel, dass die Anordnung auf diese Ermächtigungsgrundlage gestützt werden kann.
Es fehlt indessen an den besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen, die bei dem jeweils angewendeten Zwangsmittel zu beachten sind. Auch diese müssen hier vorliegen, denn die Durchsuchung dient der Durchsetzung eines im Verwaltungsvollstreckungsrecht vorgesehenen Zwangsmittels, das als solches rechtmäßig anzuwenden ist (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 20.10.1997 - 2 S 1583/97 -, VBlBW 1998, 103; BayVGH, Beschluss vom 23.04.1987 - 4 C 86.03145 -, BayVBl 1988, 565; OVG Lüneburg, Beschluss vom 28.09.1989 - 10 M 40/89 -, NVwZ 1990, 679; BFH, Beschluss vom 12.05.1980 - VII B 9/80 -, BFHE 130, 136 <138 f.>, jeweils zur Vollstreckung von Geldforderungen; Fliegauf/Maurer, Verwaltungsvollstreckungsrecht für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 1983, § 6 Rn. 5; Müller-Eiselt in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 287 AO Rn. 17).
10 
Mit der Durchsuchung sollten solche Gegenstände aufgefunden werden, die der Antragsgegner entgegen der aus Ziff. 1 der Verfügung folgenden Verpflichtung nicht herausgegeben und dem Antragsteller überlassen hat. Die Herausgabeverpflichtung sollte demnach im Wege des unmittelbaren Zwanges durch Wegnahme (§ 28 LVwVG) vollstreckt werden. Dieses Zwangsmittel ist dem Antragsgegner vor Erlass der Durchsuchungsanordnung aber entgegen der Vorschrift des § 20 Abs. 1 LVwVG nicht angedroht worden.
11 
Auf die Androhung des Zwangsmittels, mit der - als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips - der Pflichtige zur freiwilligen Befolgung des Gebots angehalten und ein Vorgehen im Wege des Verwaltungszwangs entbehrlich gemacht werden soll (vgl. Lemke, Verwaltungsvollstreckungsrecht des Bundes und der Länder, 1997, S. 298 m.N.), konnte hier nicht ausnahmsweise verzichtet werden.
12 
Nach § 21 LVwVG kann u. a. von § 20 Abs. 1 LVwVG abgewichen werden, soweit die Abwehr einer Gefahr, durch die die öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht und gestört wird, dies erfordert. Erforderlich ist die Abweichung, wie der dieser Bestimmung beigefügten amtlichen Überschrift entnommen werden kann, bei Gefahr im Verzug; die Gesetzesbegründung stellt demnach auf das Bedürfnis nach einer schnellen Durchsetzung von Verwaltungsakten auf dem Gebiet der Gefahrenabwehr ab (LT-Drs. 6/2990, S. 22). Gefahr im Verzug liegt dann vor, wenn der Erfolg einer notwendigen Maßnahme ohne sofortiges Eingreifen beeinträchtigt oder vereitelt würde, die Maßnahme also unaufschiebbar ist (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 07.09.1981 - 3 S 1274/81 -, VBlBW 1982, 140 <141>; Urteil vom 08.02.1993 - 8 S 515/92 - VBlBW 1993, 298 <303>; Fliegauf/Maurer, a.a.O., § 21 Rn. 2).
13 
Eine Dringlichkeit in diesem Sinne war hier nicht gegeben. Im Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung ist das Regierungspräsidium Stuttgart selbst von einer Unaufschiebbarkeit der Vorlageverpflichtung nicht ausgegangen, denn es hat dem Antragsgegner, wie in § 20 Abs. 1 Satz 2 LVwVG als Rechtsvoraussetzung für die Androhung vorgesehen, für die Erfüllung der Pflicht eine Frist gesetzt; folglich wäre auch Gelegenheit gewesen, auf das Zwangsmittel mit einer sogenannten unselbständigen Androhung gemäß § 20 Abs. 2 LVwVG hinzuweisen. Auch im Zeitpunkt des Antrags auf Erlass der Durchsuchungsanordnung war für die Unaufschiebbarkeit nichts dargetan; für eine Änderung der Verhältnisse insbesondere allein durch das fruchtlose Verstreichen der dem Antragsgegner gesetzten Frist spricht nichts.
14 
Dieses Begriffsverständnis der Gefahr im Verzug deckt sich mit dem für den Erlass der Durchsuchungsanordnung maßgeblichen. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 LVwVG, Art. 13 Abs. 2 2. Alt. GG kann der Richtervorbehalt nur dann in zulässiger Weise entfallen, wenn die mit der Einschaltung des Richters verbundene Verzögerung nicht hingenommen werden kann, weil ansonsten der Erfolg der Durchsuchung gefährdet wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 03.04.1979 - 1 BvR 994/76 -, BVerfGE 51, 97 <111>; Urteil vom 20.02.2001 - 2 BvR 1444/00 -, BVerfGE 103, 142 <155>; Müller-Eiselt, a.a.O., § 287 AO Rn. 25 f.; Wesser, NJW 2002, 2138 <2141 f.>).
15 
Die Durchsetzung der dem Antragsgegner in Ziff. 1 der Verfügung auferlegten Verpflichtung sieht letztlich auch der Antragsteller nicht durch den Zeitablauf, sondern durch die Warnfunktion einer Zwangsmittelandrohung gefährdet. Sein Hinweis auf die Verfahrensweise bei Erlass der Durchsuchungsanordnung verfängt aber nicht. Der Antragsteller kann sich nicht auf die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung berufen, wonach bei der Gefahr einer Vollstreckungsvereitelung die gem. Art. 103 Abs. 1 GG grundsätzlich gebotene Anhörung des Vollstreckungsschuldners unterbleiben kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.06.1981 - 1 BvR 1094/80 -, BVerfGE 57, 346 <359 f.>; Müller-Eiselt, a.a.O., § 287 AO Rn. 19). Denn diese Erwägung bezieht sich nur auf die gerichtliche Ermächtigung zu dieser Modalität der Vollstreckung; am Erfordernis, dass die sonstigen Vollstreckungsvoraussetzungen vorliegen müssen, ändert sich dadurch nichts (vgl. zur zivilprozessualen Zwangsvollstreckung Heßler in: Münchner Kommentar zur ZPO, Band 2, 2000, § 758a Rn. 52).
16 
Ein Wertungswiderspruch liegt in dieser Unterscheidung nicht. So will bereits wenig überzeugen, dass durch die Beachtung der Förmlichkeiten des Verwaltungsvollstreckungsrechts die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Vollstreckung merklich verringert wird; denn schon nach der Bekanntgabe der Verfügung hätte der Vollstreckungsschuldner ggf. Anlass und Gelegenheit, geforderte Unterlagen beiseite zu schaffen. Die Ankündigungswirkung allein der Androhung unmittelbaren Zwangs bleibt indessen noch sehr allgemein. Demgegenüber wäre der Hinweis auf eine bevorstehende Durchsuchung sehr viel konkreter; insoweit mag sich der Betroffene in Sicherheit wiegen, so dass ein gewollter und im Interesse der Effektivität der Vollstreckung angezeigter Überraschungseffekt hier zum Tragen kommen kann.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Einer Festsetzung des Streitwerts bedarf es nicht, da Gerichtsgebühren nicht anfallen (siehe Kostenverzeichnis Nr. 5502, Anlage 1 zum GKG).
18 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

 
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Das Verwaltungsgericht Stuttgart ist für die vom Regierungspräsidium Stuttgart beantragte Durchsuchungsanordnung zuständig (§ 6 Abs. 2 LVwVG).
Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 LVwVG kann der Vollstreckungsbeamte Wohnungen, Betriebsräume und sonstiges befriedetes Besitztum gegen den Willen des Pflichtigen nur auf Anordnung des Verwaltungsgerichts durchsuchen. Die auf Antrag der Vollstreckungsbehörde ergehende Durchsuchungsanordnung erfordert dabei neben den allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (vgl. § 2 LVwVG), dass der Zweck der Vollstreckung nicht erreicht ist und sich auch gezeigt hat, dass er durch die Anwendung von Vollstreckungsmitteln nicht erreicht werden kann (vgl. § 11 LVwVG). Die Durchsuchungsanordnung muss weiter geeignet, erforderlich und verhältnismäßig sein (vgl. § 19 Abs. 2 und 3 LVwVG). Schließlich muss ein den Anforderungen des § 5 Satz 1 LVwVG entsprechender Vollstreckungsauftrag an den Vollstreckungsbeamten vorliegen.
Die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.11.2004, mit der dem Antragsgegner u.a. aufgegeben wurde, der Bezirksstelle für Asyl bis spätestens 10.12.2004 ein gültiges Reisedokument vorzulegen, bzw. falls der Antragsgegner hierüber nicht verfügt, bis 10.12.2004 alle Urkunden und sonstigen Unterlagen, die Rückschlüsse auf seine Identität und Nationalität zulassen, vorzulegen, ist seit dem 01.12.2004 bestandskräftig und damit vollstreckbar.
Da der Antragsgegner bis 10.12.2004 weder ein gültiges Rückreisedokument noch entsprechende Dokumente vorgelegt hat, die seine Identität belegen, ist der Zweck der Vollstreckung bislang nicht erreicht worden. Gleichwohl hält die Kammer den Erlass einer Durchsuchungsanordnung zum jetzigen Zeitpunkt nicht für geboten, da nicht erkennbar ist, dass andere Vollstreckungsmaßnahmen nicht zur Aufklärung der Identität des Betroffenen führen werden.
Art. 13 Abs. 1 GG garantiert die Unverletzlichkeit der Wohnung. Dem Einzelnen wird damit zur freien Entfaltung der Persönlichkeit ein elementarer Lebensraum gewährleistet, dieser hat in seinen Wohnräumen das Recht, in Ruhe gelassen zu werden. In diese grundrechtlich geschützte Lebenssphäre greift eine Durchsuchung schwerwiegend ein, dem Gewicht des Eingriffs und seiner verfassungsrechtlichen Bedeutung entspricht es, dass Art. 13 Abs. 2 GG die Anordnung einer Wohnungsdurchsuchung grundsätzlich dem Richter vorbehält. Der Richtervorbehalt zielt auf eine vorbeugende Kontrolle der Maßnahme durch eine unabhängige und neutrale Instanz. Wird die Durchsuchung regelmäßig ohne vorherige Anhörung des Betroffenen angeordnet, soll die Einschaltung des Gerichts auch dafür sorgen, dass die Interessen des Betroffenen angemessen berücksichtigt werden, was eine eigenverantwortliche richterliche Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen verlangt. Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist danach keine bloße Formsache (ständige Rechtsprechung des BVerfG, u.a. Beschl. v. 08.03.2004 - 2 BvR 27/04 -, NJW 2004, 1517 m. w. N).
Vor diesem Hintergrund reicht es nicht aus, wenn die Behörde auf Grund ihrer Erfahrung davon ausgeht, dass es „wahrscheinlich“ sei, dass der abgelehnte Asylbewerber in seiner Wohnung über entsprechende Dokumente oder Identitätsnachweise verfüge, die seine Staatsangehörigkeit oder seine Identität belegen würden. Dann nämlich müsste in jedem Fall der Nichtbefolgung einer entsprechenden Verfügung zur Vorlage von Rückreisedokumenten bereits eine Durchsuchungsanordnung ergehen, was mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gerade nicht zu vereinbaren wäre, da der Erlass der Durchsuchungsanordnung dann ein rein formaler Akt wäre. Hinzu kommt, dass im vorliegenden Fall bereits nicht erkennbar ist, dass der Antragsgegner bislang über seine Identität bzw. über seine pakistanische Staatsangehörigkeit irgendwelche falschen Angaben gemacht hat. Im Übrigen wurde der Antragsgegner unter Ziffer 2 a.) der Passverfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 16.11.2004 aufgefordert, nach fruchtlosem Ablauf der unter Ziffer 1.) gesetzten Frist, bei der Botschaft/Generalkonsulat von Pakistan persönlich vorzusprechen und ein Reisedokument zu beantragen. Dem Antragsgegner ist für diese persönliche Vorsprache keine Frist eingeräumt worden. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsgegner gegenüber dem Regierungspräsidium Stuttgart vor der Beantragung der Durchsuchungsanordnung bekundet hat, dieser Aufforderung nicht nachzukommen, sind nicht erkennbar. Hat die Behörde jedoch einen Ausreisepflichtigen zur Beantragung von Rückreisedokumenten ohne Fristsetzung aufgefordert und damit zu erkennen gegeben, dass sie eine eigenverantwortliche Beschaffung von Rückreisedokumenten durch den Ausreisepflichtigen für möglich hält und damit auch einverstanden ist, kann die Behörde ohne Vorliegen neuer weiterer konkreter Verdachtsmomente nicht gleichzeitig beim Verwaltungsgericht eine Durchsuchungsanordnung beantragen, um Identitätsnachweise in seiner Wohnung aufzufinden. Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller aufgrund bestimmter Umstände konkret nunmehr vermutet, dass sich der Antragsgegner in Besitz eines Passes oder sonstiger Identitätsnachweise befindet, so dass eine Vorsprache bei der Botschaft nicht abgewartet werden müsste, liegen nicht vor. Die Beantragung einer Durchsuchungsanordnung stellt sich danach im vorliegenden Fall als widersprüchlich und unverhältnismäßig dar. Der Antragsteller hat vielmehr evtl. zunächst die Verfügung unter Ziffer 2 a.) um eine Fristsetzung zu ergänzen. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird weiter zu prüfen sein, ob zunächst die angedrohte Duldung der Vorführung bei der Botschaft als unmittelbare Zwangsmaßnahme zu erfolgen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Die Gebühren richten sich nach dem Wert des Streitgegenstands (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Kosten werden nach dem Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu diesem Gesetz erhoben.