Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14

bei uns veröffentlicht am05.06.2014

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der zulässige Eilantrag des am 13.04.1969 geborenen Antragstellers, ein derzeit mit A 8 besoldeter Polizeiobermeister, auf (vorläufige) Beteiligung am Auswahlverfahren 2014 für den gehobenen Polizeivollzugsdienst hat keinen Erfolg.
Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder wenn andere Gründe vorliegen. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller hat, auch bei Anlegung des strengen Prüfungsmaßstabs eines Bewerbungsverfahrensanspruchs (vgl. BVerwG, Urt. v. 21.08.2003 - E 118, 370, Urt. v. 04.11.2010 - 2 C 16.09 -, Beschl. v. 22.11.2012 - 2 VR 5.12 -, alle juris), weder einen Anordnungsanspruch (hierzu 1.) noch einen Anordnungsgrund (hierzu 2.) glaubhaft gemacht.
1. Dem Antragsteller steht auch aus Art. 33 Abs. 2 GG kein Anspruch auf Beteiligung am Auswahlverfahren 2014 für den gehobenen Polizeivollzugsdienst zu, denn ihm fehlt es vor allem an dem hierzu erforderlichen fachlichen Leistungsstand.
a. Die Kammer hält das in der „Innerdienstlichen Anordnung des Innenministeriums über das Auswahlverfahren für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes vom 10.12.2008 in der Fassung vom 15.12.2011, Az.: 3-0313/251“ (AnA Auswahlverfahren) näher ausgestaltete Auswahlverfahren, das offenbar in ständiger Verwaltungspraxis praktiziert wird, für grundsätzlich verfassungskonform. Die in Nr. 4 AnA im Rahmen der Vorauswahl differenziert gewichtete Berücksichtigung des Notendurchschnitts der Laufbahnprüfung in Verbindung mit dem Gesamtergebnis der dienstlichen Beurteilung in Verbindung mit dem Aufstiegseignungsvermerk dürfte in aller Regel zu rechtmäßigen und gerechten Vorauswahlergebnissen führen. Die Bestenauslese wird insoweit verfassungsgemäß anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und im Wesentlichen auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Auswahlkriterien vorgenommen (vgl. BVerwG, Urte. v. 19.12.2001 - 2 C 31.01 -, v. 04.11.2010 - 2 C 16.09 - und v. 30.06.2011 - 2 C 19.10 - alle juris). Die bei der Vorauswahl gegebenenfalls vorhandene Konkurrenz von Kandidat/inn/en aus unterschiedlichen statusrechtlichen Ämtern bzw. eine hieraus sich ergebende mangelnde Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen wird durch die zusätzliche Gewichtung des Aufstiegseignungsvermerks hinreichend kompensiert (vgl. Bay.VGH, Urt. v. 18.05.2006 - 15 B 05.727, Rn. 14 - juris). Denn dieser Vermerk wird anhand eines einheitlichen „Anforderungsprofils“ (mit ausführlicher „Handreichung“) mittels einer Beurteilung der Persönlichkeits-, Verhaltens- und Fachkompetenz - die Beurteilungen ergänzend - gerade auch sachdienlich im Hinblick darauf erstellt, eine in die Zukunft gerichtete Prognose über die spezifische Eignung des Bewerbers für den Aufstieg in den gehobenen Polizeivollzugsdienst treffen zu können.
b. Ist damit die Vorauswahl zum Auswahlverfahren 2014 für den gehobenen Polizeivollzugsdienst rechtmäßig erfolgt, ist der Antragsteller mit seinen konkreten Leistungen weit davon entfernt, auch nur annähernd in den Kreis der Vorauszuwählenden zu gelangen. Denn bei fiktiver Einstellung des Antragstellers in die Rangliste der 158 Bewerber/innen nimmt er mit der korrekt nach der AnA errechneten Gesamtpunktzahl von 3,57 lediglich Rang 128 ein. Hinsichtlich der dieses Jahr vorhandenen lediglich 17 Studienplätze an der Hochschule für Polizei konnten sich gemäß Nr. 4.4 AnA jedoch nur die ersten 58 Bewerber/innen zur Vorauswahl qualifizieren, sodass dem Antragsteller noch 70 Bewerber/innen leistungsmäßig vorgehen.
c. Dieses Ergebnis ändert sich nicht wesentlich, wenn der Argumentation des Antragstellers gefolgt würde, es müssten sämtliche Bewerber mit einem niedrigeren Statusamt herausgerechnet werden bzw. er hätte im Aufstiegseignungsvermerk statt „geeignet“ (Faktor 1,0) zumindest die Bewertung „besonders geeignet“ (Faktor 1,25) verdient. Werden alle Bewerber/innen mit der Besoldungsgruppe A 7 herausgerechnet, erzielt der Antragsteller immer noch nur Rang 104. Geht man von einer fiktiven Bewertung mit „besonders geeignet“ aus, erzielt er im Gesamtbewerberfeld nur Rang 78. Rechnet man schließlich alle Bewerber/innen mit der Besoldungsgruppe A 7 heraus und hebt zusätzlich seinen Aufstiegseignungsvermerk fiktiv auf „besonders geeignet“ an, obwohl dazu die eher unterdurchschnittliche letzte dienstliche Beurteilung vom 14.03.2014 (3,50 P.) wenig Anlass bietet, erzielt er immer noch nur Rang 63, sodass ihm wiederum andere Beamtinnen und Beamten leistungsmäßig vorgehen. In keinem Fall kann er sich zumindest auf Rang 58 „hochrechnen“, sodass ein Anspruch auf Einbeziehung in die Vorauswahl beim 2014 gegebenen Bewerberfeld unter Leistungsgesichtspunkten offenkundig ausscheidet.
d. Auf die zwischen den Beteiligten insbesondere vor dem Hintergrund des knappen altersmäßigen Verfehlens der festgelegten Höchstaltersgrenze von 45 Jahren (der Antragsteller vollendete am 13.04.2014 das 45. Lebensjahr, d.h. nur 17 Tage vor dem Stichtag 01.05.2014) aufgeworfene Diskussion zur Verfassungskonformität von Höchstaltersgrenzen und Stichtagsregelungen kommt es damit hier nicht entscheidungserheblich an. Denn selbst wenn diese Höchstaltersgrenze rechtswidrig sein sollte (vgl. bzgl. der - anders gelagerten - Höchstaltersgrenze von 36 Jahren VG Freiburg, Beschl. v. 03.05.2013 - 3 K 684/13 - juris) und der Stichtag nicht hätte auf den 01.05.2014 festgelegt werden dürfen, könnte der Antragsteller doch, wie unter c. dargestellt, mangels des hierzu erforderlichen fachlichen Leistungsstands nicht in den Kreis der Vorausgewählten einbezogen werden. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass die Kammer die Höchstaltersgrenze von 45 Jahren allerdings für rechtmäßig hält, weil zu berücksichtigen ist, dass der hohe finanzielle Aufwand eines zweieinhalbjährigen Studiums bei vollen Bezügen bei einem Pensionsalter gemäß § 36 Abs. 3 LBG von 62 Jahren dienstzeitbezogen in einem sinnvollen Verhältnis stehen muss (vgl. OVG NRW, Urt. v. 15.03.2007 - 6 A 4625/04; VG Düss., Beschl. v. 19.11.2008 - 13 L 1652/08 - beide juris). Auch bezüglich des auf den 1. Mai festgelegten Stichtags kann die Kammer keine Rechtswidrigkeit erkennen, denn irgendein Stichtag muss immer gewählt werden und dieser hier orientierte sich sachlich gerechtfertigt an dem konkreten zeitlichen Ablauf des Auswahlverfahrens 2014.
e. Der Antragsteller könnte auch nicht unter den von ihm geltend gemachten Härtefallgesichtspunkten ausnahmsweise in den Kreis der Vorausgewählten einbezogen werden. Denn es liegt kein Härtefall vor. Zum einen hätte sich der Antragsteller in den letzten Jahren noch vor Vollendung des 45. Lebensjahrs - gegebenenfalls wie hier mittels Rechtsbehelfen - um die Teilnahme am Auswahlverfahren bewerben können, was er nicht getan hat, wobei die Kammer die vorgetragenen Bewerbungsversuche als wahr unterstellt. Zum anderen besteht für ihn wohl immer noch die alternative Aufstiegsmöglichkeit in den gehobenen Polizeivollzugsdienst mittels Qualifizierungsmaßnahme (bis A 10) bzw. Qualifizierungslehrgang (bis A 11).
10 
2. Die Kammer kann schließlich auch keinen Anordnungsgrund erkennen. Dem Antragsteller war bekannt bzw. hätte bekannt sein können, dass der schriftliche Teil des Auswahlverfahrens dieses Jahr am 02.04.2014 stattfindet und es keinen Nachtermin gibt. Auch ein Nachrücken gemäß Nr. 7 AnA kann nur mit erfolgreicher Teilnahme am schriftlichen Teil des Auswahlverfahrens in Betracht kommen. Dennoch hat der Antragsteller bezüglich des schon am 10.03.2014 zugestellten Widerspruchsbescheids erst am 08.04.2014 Klage erheben lassen (12 K 1727/14) und sogar erst am 15.05.2014 seinen Eilantrag gestellt. Dass der Prüfungstermin 2014 damit unwiederbringlich verstrichen und nicht mehr mittels effektiven Eilrechtsschutzes zu erreichen ist, ist Tatsache; dies hat sich der Antragsteller letztlich selbst zuzuschreiben. Eine besondere Eilbedürftigkeit scheidet im Übrigen auch im Hinblick auf seine zentrale Argumentation aus. Denn wäre die Höchstaltersgrenze von 45 Jahren tatsächlich verfassungswidrig, so könnte der Antragsteller auch noch im nächsten Jahr am Auswahlverfahren für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes teilnehmen.
11 
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO.
12 
Die Festsetzung des Regelstreitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG und erscheint gerechtfertigt, weil der Antragsteller mit der Zulassung zum Auswahlverfahren 2014 jedenfalls vorübergehend eine Vorwegnahme der Hauptsache begehrt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Zivilprozessordnung - ZPO | § 920 Arrestgesuch


(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten. (2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen. (3) Das Gesuch kann vor der

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 33


(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. (2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. (3) Der Genuß bürgerlicher und st

Landbeschaffungsgesetz - LBG | § 36


(1) Ist ein dingliches oder persönliches Recht, das zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt, allein Gegenstand der Enteignung, so kann die Enteignungsbehörde von der Aufstellung eines Plans absehen. In diesem Fall hat sie dem Berecht

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 03. Mai 2013 - 3 K 684/13

bei uns veröffentlicht am 03.05.2013

Tenor Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller vorläufig zum Auswahlverfahren für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes im Jahr 2013 zuzulassen.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 5.00
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Stuttgart Beschluss, 05. Juni 2014 - 12 K 2288/14.

Verwaltungsgericht Freiburg Beschluss, 27. Apr. 2015 - 3 K 862/15

bei uns veröffentlicht am 27.04.2015

Tenor Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller vorläufig zum Auswahlverfahren für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes im Jahr 2015 zuzulassen.Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.Der Streitwert wird auf 5.00

Referenzen

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tenor

Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Antragsteller vorläufig zum Auswahlverfahren für die Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes im Jahr 2013 zuzulassen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 VwGO) mit dem Ziel der Verpflichtung des Antragsgegners, den Antragsteller vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens zum Auswahlverfahren zum gehobenen Polizeivollzugsdienst im Jahr 2013 zuzulassen, hat Erfolg. Der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
Ein Anordnungsgrund besteht, da der Antragsteller im Hauptsachverfahren nicht mehr so rechtzeitig Rechtsschutz erlangen kann, dass er am schriftlichen Auswahlverfahren teilnehmen kann, welches am 07.05.2013 stattfindet bzw. beginnt. Eine nachträgliche Zulassung zum Auswahlverfahren für das Jahr 2013 scheidet wegen Zeitablaufs aus. Zwar ist mit der begehrten Zulassung zum Auswahlverfahren - jedenfalls vorübergehend - eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden. Im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) ist aber die Vorwegnahme der Hauptsache ausnahmsweise zulässig. Denn wirksamer Rechtsschutz kann im Hauptsacheverfahren nicht mehr erreicht werden. Auch können die dem Antragsteller durch die Nichtzulassung zum Auswahlverfahren und durch die dadurch verhinderte Chance des Aufstiegs in den gehobenen Polizeivollzugsdienst eintretenden Folgen nicht zugemutet werden. Schließlich wird der Antragsteller im Hauptsacheverfahren aller Voraussicht nach obsiegen.
Der Antragsgegner hat die Bewerbung des Antragstellers um Zulassung zum gehobenen Polizeivollzugsdienst im Jahr 2013 mit Bescheid vom 16.03.2013 allein mit der Begründung abgelehnt, dass der Antragsteller die in § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 der Verordnung des Innenministeriums über die Laufbahn der Polizeibeamten - Polizei-Laufbahn-Verordnung - (LVOPol) normierte Höchstaltersgrenze von 36 Jahren bereits überschritten habe. Eine - vom Innenministerium - zu erteilende Ausnahme vom Höchstalter gemäß § 30 Abs. 3 Nr. 2 LVOPol komme nicht in Betracht. Die Höchstaltersgrenze nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LVOPol kann der Zulassung des Antragstellers zum Auswahlverfahren aber aller Voraussicht nicht entgegengehalten werden. Denn die Vorschrift ist wohl unwirksam.
Rechtsgrundlage für die - nach Art. 62 § 1 Abs. 3 des Dienstrechtsreformgesetzes vom 09.11.2010 (GBl. S. 793, 984) fortgeltende - Polizei-Laubahnverordnung sind die §§ 139, 19 ff. LBG a.F.. § 20 Abs. 5 LBG a.F. ermöglichte, in den Laufbahnvorschriften Mindest- und Höchstaltersgrenzen für die Zulassung zu den Laubahnen zu bestimmen (vgl. auch § 16 Abs. 2 Satz 2 LBG i.d.F. des Dienstrechtsreformgesetzes vom 09.11.2010, a.a.O., wonach die Ministerien nach den besonderen Erfordernissen der Laufbahn eine Höchstaltersgrenze festschreiben können). Die Höchstaltersgrenze nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LVOPol verstößt aber voraussichtlich gegen Art. 33 Abs. 2 GG, der die Freiheit der Berufswahl für den Einzelnen im öffentlichen Dienst gewährleistet und auch bei Zulassung zum Laufbahnaufstieg zu beachten ist (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 04.05.2011 - OVG 4 B 53.09 -, juris). Die Bestimmung einer Altersgrenze für die Übernahme in ein öffentliches Amt bedarf einer gesetzlichen Grundlage. Denn Altersgrenzen schränken den Leistungsgrundsatz ein, dessen Geltung durch Art. 33 Abs. 2 GG für den Zugang zu jedem öffentlichen Amt unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet wird. Bewerber dürfen nur aus Gründen zurückgewiesen werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Das Alter kann dann ein Eignungsmerkmal i.S. von Art. 33 Abs. 2 GG darstellen, wenn daraus geschlossen werden kann, dass Bewerber typischerweise den Anforderungen des Amtes nicht mehr genügen, wenn sie ein bestimmtes Alter überschritten haben. Allerdings dürfen Altersgrenzen den Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG auch einschränken, wenn und soweit sie im ebenfalls mit Verfassungsrang ausgestatteten Lebenszeitprinzip als einem durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums angelegt sind und die beiden Verfassungsgrundsätze in einen angemessenen Ausgleich bringen. Die Abwägung der beiden gegenläufigen verfassungsrechtlich geschützten Belange, wie sie in der Festsetzung von Altersgrenzen zum Ausdruck kommt, bedarf einer gesetzlichen Grundlage und darf nicht der Verwaltungspraxis überlassen werden. Die Angemessenheit der festzusetzenden Altersgrenze hängt auch davon ab, in welchem Umfang Ausnahmen vorgesehen werden. Diese können etwa Verzögerungen wegen Kindererziehungszeiten, Zeiten des Wehr- oder Ersatzdienstes oder des Erwerbs der erforderlichen Vor- und Ausbildung im sogenannten zweiten Bildungsweg betreffen. Je weitreichender die Ausnahmeregelung, desto niedriger kann die Altersgrenze festgesetzt werden. Da es erforderlich ist, die Altersgrenze und ihre Ausnahmetatbestände normativ zu regeln, darf es der Verordnungsgeber nicht der Verwaltung überlassen, unter welchen Voraussetzungen sie an der Altersgrenze festhalten will. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltung, eigenverantwortlich zu bestimmen, wann der Leistungsgrundsatz gemäß Art. 33 Abs. 2 GG durch eine Altersgrenze eingeschränkt wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009 - 2 C 18.07 -, BVerwGE 133, 143, und Urt. v. 23.02.2012 - 2 C 76.10 -, BVerwGE 142, 59). Diese vom Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich der Altersgrenze für die Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis entwickelten Grundsätze beanspruchen auch im hier in Rede stehenden Aufstiegsverfahren Geltung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 04.05.2011, a.a.O.; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 29.03.2012 - 6 B 398/12 -, juris).
Gemessen hieran ist die Regelung über die Höchstaltersgrenze in § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LVOPol rechtswidrig. Offen bleiben kann, ob die Höchstaltersgrenze in § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 LVOPol angemessen und durch den Zweck einer Altersgrenze für eine konkrete Laufbahn gerechtfertigt ist. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen normativen Regelung der Ausnahmetatbestände. Ausnahmen von der Höchstaltersgrenze sind allein nach § 30 Abs. 3 Nr. 2 LVOPol möglich und voraussetzungslos in das Ermessen des Innenministeriums gestellt. Es ist damit allein der Verwaltungspraxis überlassen, in welchen Fällen eine Ausnahme von der Höchstaltersgrenze gewährt wird. Dies entspricht nicht dem Gebot der Normenklarheit und begegnet mit Blick auf Art. 33 GG erheblichen Bedenken. Nicht entscheidend ist, ob die vom Innenministerium entwickelte Verwaltungspraxis geeignet ist, einen angemessenen Ausgleich der aus dem Leistungsgrundsatz und dem Lebenszeitgrundsatz folgenden gegenläufigen Belange herzustellen. In der E-Mail des Innenministeriums vom 16.04.2013 an das Regierungspräsidium Freiburg heißt es, die Praxis des Innenministeriums seit der Neuregelung des Verfahrens ab 2007 bei der Zulassung von Ausnahmen von der Altersgrenze habe sich ausschließlich daran orientiert, „ob bei einer Nichtzulassung gesetzgeberische Wertungen an anderer Stelle unbeachtet blieben (vgl. die Regelungen in der InA zu Erziehungszeiten usw.) oder ob die Anwendung der Altersgrenze eine gänzliche Verweigerung der Teilnahme zur Folge hätte und damit den Intentionen des Gesetz- und Verordnungsgebers zuwider liefe (daher die einmalige Zulassung von Bewerbern über dem Höchstalter, wenn wegen der Mindestdienstzeit noch keine Möglichkeit der Teilnahme bestanden hat)“. Diese - im Übrigen allem Anschein nach auch nicht aufgrund einer verwaltungsinternen Regelung - geübte Verwaltungspraxis beruht nicht auf einer entsprechenden normativen Regelung in der Polizei-Laufbahnverordnung, so dass von der Unwirksamkeit der Höchstaltersgrenze ausgegangen werden muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2009, a.a.O.).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den § 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. Im Hinblick auf die begehrte Vorwegnahme der Hauptsache, war eine Minderung des für das Hauptsacheverfahren heranzuziehenden Auffangstreitwerts nicht geboten.

(1) Ist ein dingliches oder persönliches Recht, das zum Besitz oder zur Nutzung eines Grundstücks berechtigt, allein Gegenstand der Enteignung, so kann die Enteignungsbehörde von der Aufstellung eines Plans absehen. In diesem Fall hat sie dem Berechtigten die Absicht der Enteignung seines Rechtes schriftlich mitzuteilen. § 32 Abs. 2 gilt sinngemäß.

(2) Die Vorschriften über die Planprüfung gelten sinngemäß.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.