Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 11. Jan. 2018 - 1 K 8893/17

bei uns veröffentlicht am11.01.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die ihm seitens der Beklagten auferlegte Verpflichtung zum Einbau eines geeichten Wasserzählers in seine private Wasserversorgungsanlage, die der Erhebung von Bereitstellungsgebühren dienen soll.
Der Kläger ist Eigentümer des landwirtschaftlich genutzten Grundstücks ... ... in Niederstetten. Das auf dem Grundstück gelegene Wohnhaus des Klägers ist seit 1998 an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen. Für die Landwirtschaft, insbesondere die Versorgung der gehaltenen Tiere, und die Gartenbewässerung wird eine private Wasserversorgungsanlage (Brunnen) genutzt, die erst 2013 komplett erneuert wurde. Die Wasserversorgungssysteme auf dem Grundstück sind räumlich getrennt. Ein technischer Anschluss, um den landwirtschaftlichen Betrieb einschließlich des Gartens mit Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung zu versorgen, ist nicht vorhanden.
Die Beklagte erhebt nach § 40 ihrer Satzung über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungsanlage und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser (Wasserversorgungssatzung - WVS) vom 28.11.2007 in der Fassung vom 29.10.2015 für die Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungsanlagen Grund- und Verbrauchsgebühren. Darüber hinaus erhebt sie für die Bereithaltung von Wasser Bereitstellungsgebühren (§ 40 Abs. 2 WVS). Die Erhebung der Bereitstellungsgebühren ist in dem durch die Satzungsänderung vom 29.10.2015 neu gefassten § 45 a WVS geregelt:
§ 45a Bereitstellungsgebühren
(1) Für das Bereitstellen von Wasser sowie für Reserveanschlüsse erhebt die Stadt neben der Zähler- und Verbrauchsgebühr (§§ 42, 43) eine Bereitstellungsgebühr.
(2) Reserveanschlüsse dienen zur Deckung eines Spitzenbedarfs oder zum Ersatzbezug von Brauchwasser für landwirtschaftliche oder sonstige Zwecke.
(3) Bemessungsgrundlage für die Bereitstellungsgebühr ist im Falle des Ersatzbezuges und bei Reserveanschlüssen, die der Spitzendeckung dienen, die der privaten Wasserversorgungsanlage im Veranlagungszeitraum entnommene Wassermenge. Der Anschlussnehmer ist verpflichtet, hierfür geeignete Messeinrichtungen auf seine Kosten anzubringen und zu unterhalten.
(4) Die Bereitstellungsgebühr beträgt pro Kubikmeter 0,65 Euro.
(5) Eine Bereitstellungsgebühr wird nicht erhoben für die Nutzung von Grundwasser und Niederschlagswasser für Zwecke der Gartenbewässerung gem. § 5 Abs. 1 Satz 2 sowie für die Nutzung von Niederschlagswasser als Brauchwasser im Haushalt oder Betrieb.
Mit Beschluss des Gemeinderats vom 21.11.2017 ist die Satzung mit Wirkung zum 01.01.2018 nochmals geändert worden. Nach dem neu gefassten § 45 a Abs. 4 beträgt die Bereitstellungsgebühr pro Kubikmeter vom 01.01.2018 bis 31.12.2019 0,49 EUR und ab dem 01.01.2020 0,48 EUR. Nach dem neu angefügten Absatz 6 wird bei tatsächlicher Wasserentnahme im Veranlagungszeitraum die Bereitstellungsgebühr anteilig auf die Verbrauchsgebühr angerechnet.
Die Bereitstellungsgebühr pro Kubikmeter nach § 45 a Abs. 4 WVS beläuft sich für das Jahr 2018 auf ca. 18 % der entsprechenden Verbrauchsgebühr.
Mit Bescheid vom 06.11.2015 verpflichtete die Beklagte den Kläger unter Verweis auf § 45 a WVS, bis zum 31.12.2015 eine Messeinrichtung in seine private Wasserversorgungsanlage vor der Entnahmestelle einbauen zu lassen. Falls er dem nicht nachkomme, würden die Bereitstellungsgebühren geschätzt.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger mit Schreiben vom 23.11.2015 Widerspruch ein und machte zur Begründung geltend, in seinem Betrieb bestünden keinerlei bauliche Einrichtungen, die die Wasserversorgung des Tierbereichs mit öffentlichem Wasser ermöglichen könnten. Sein privater Brunnen habe eine mehr als ausreichende Schüttung und habe selbst bei extremer Trockenheit stets zur Deckung des Bedarfs ausgereicht. Daher sei weder eine Deckung des Spitzenbedarfs noch ein Ersatzbezug notwendig. Allein für eine potentielle Inanspruchnahme dürfe keine Bereitstellungsgebühr erhoben werden.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.05.2017 wies das Landratsamt Main-Tauber-Kreis den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte es aus, die Verpflichtung zum Einbau eines geeichten Wasserzählers könne auf die §§ 2, 13 KAG, 11 GemO, 8 DVO GemO, 45 a Abs. 3 Satz 2 WVS gestützt werden. Auch das Vorhalten oder Bereitstellen von Leistungen könne eine Benutzung der öffentlichen Einrichtung darstellen, für die (Bereitstellungs-)Gebühren erhoben werden könnten. Benutzer einer Einrichtung sei auch derjenige, auf dessen Antrag oder mit dessen ausdrücklich erklärtem oder durch schlüssiges Verhalten bekundetem Einverständnis die Gemeinde Wasser für besondere Bedarfsfälle bereithalte. Auch die Bereitstellungsgebühr setze einen betriebsfertigen Anschluss voraus, so dass jederzeit die Bereitstellungsleistung in Anspruch genommen könne. Unerheblich sei, dass im Betrieb des Klägers keine baulichen Einrichtungen bestünden, die die Wasserversorgung der Tierhaltung mit öffentlichem Wasser ermöglichen könnten. Insoweit gehe es um die in die Sphäre des Anschlussnehmers fallende innere Erschließung. Es obliege dem Anschlussnehmer, auf seinem Grundstück entsprechende Wasserleitungen zu installieren. Schließlich sei auch der Gebührensatz für die Bereitstellungsgebühr nicht zu beanstanden. Er basiere auf einer Kalkulation, die die im Rahmen der Gesamteinrichtung auf das Vorhalten und Bereitstellen des Wassers entfallenden fixen Kostenanteile zur Grundlage habe.
11 
Am 01.06.2017 hat der Kläger Klage erhoben, zu deren Begründung vorgetragen wird, die Verpflichtung zum Einbau eines geeichten Wasserzählers sei wegen der Unzulässigkeit der Erhebung von Bereitstellungsgebühren rechtswidrig. § 45 a Abs. 1 Satz 1 WVS verstoße gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, weil unklar sei, ob die Bereitstellungsgebühr für die bloße faktische Bereitstellung von Wasser, für die technische Installation eines Reserveanschlusses oder für beides erhoben werde. Mit Blick auf die Freistellungstatbestände in § 45 a Abs. 5 WVS liege ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG vor, da keine sachlichen Gründe für eine Ungleichbehandlung ersichtlich seien. Es spreche sogar mehr dafür, die privaten Wasserversorgungsanlagen der Landwirte zu privilegieren, da diese einen wichtigen Pfeiler zur Gewährleistung der öffentlichen Trinkwasserversorgung im Krisen- und Katastrophenfall darstellten. Angesichts der hohen Kosten allein für die Bereitstellung von Wasser im Vergleich zu den Kosten bei tatsächlicher Inanspruchnahme sei zudem die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben. Weiter lägen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 a Abs. 1 WVS nicht vor. Wenn die Rechtfertigung für die Bereitstellungsgebühr darin bestehen solle, dass ein Reserveanschluss technisch installiert sei und jederzeit benutzt werden könne, so gebe es vorliegend für die Erhebung einer Bereitstellungsgebühr trotz fehlendem betriebsbereitem Anschluss keine Rechtfertigung. Es fehle an einem Benutzungsverhältnis und an einer Leistung der Beklagten in Form der Vorhaltung einer bestimmten - tatsächlich abrufbaren - Wassermenge. Schließlich sei zu beanstanden, dass dem Kläger der Einbau des Zählers vor der Entnahmestelle aufgegeben worden sei. Dies führe dazu, dass auch die zur Gartenbewässerung entnommene Wassermenge erfasst werde, obwohl diese nach § 45 a Abs. 5 WVS freigestellt sei.
12 
Der Kläger beantragt,
13 
den Bescheid der Beklagten vom 06.11.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts Main-Tauber-Kreis vom 10.05.2017 aufzuheben.
14 
Die Beklagte beantragt,
15 
die Klage abzuweisen.
16 
Sie führt aus, die Trennung der Wasserversorgungssysteme auf dem klägerischen Grundstück ändere nichts an der Möglichkeit, über die öffentliche Wasserversorgung bezogenes Wasser für den landwirtschaftlichen Betrieb zu nutzen. § 45 a Abs. 1 Satz 1 WVS sei hinreichend bestimmt. Entsprechend dem Wortlaut der Satzung sei unzweifelhaft, dass Bereitstellungsgebühren sowohl für die vom Grundstückseigentümer beantragte Bereitstellung von Wasser als auch für Reserveanschlüsse erhoben würden, die der Deckung eines Spitzenbedarfs oder dem Ersatzbezug dienten. Der geltend gemachte Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege ebenfalls nicht vor. Da die Gartenbewässerung nur einen sehr kleinen Teil des Wasserverbrauchs eines Grundstücks darstelle und aus Umweltgesichtspunkten erwünscht sei, dass hierfür kein Trinkwasser genutzt werde, habe der Satzungsgeber bewusst darauf verzichtet, für diesen geringen Anteil am Gesamtverbrauch eine Bereitstellungsgebühr zu erheben. Auch die Zisternennutzung mache regelmäßig nur einen sehr kleinen Teil des Wasserverbrauchs aus. Aus privaten Brunnen würden demgegenüber sehr große Wassermengen entnommen. In materieller Hinsicht lägen die Voraussetzungen des § 45 a Abs. 3 WVS vor. Die Bereitstellungsgebühren stellten eine Sonderform der Grundgebühr dar. Dadurch, dass der Kläger tatsächlich an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen sei, liege zwischen ihm und der Beklagten ein Benutzungsverhältnis vor. Die Beklagte erbringe auch Bereitstellungsleistungen. Die Leistung liege in der Vorhaltung der Lieferung. Schließlich sei der Einbau des Wasserzählers am vorgesehenen Ort für die Berechnung der Bereitstellungsgebühr geeignet, da die Privilegierung für Zwecke der Gartenbewässerung nur für solche Nutzer gelte, die ihr Brunnenwasser ausschließlich zur Gartenbewässerung nutzten.
17 
In der mündlichen Verhandlung haben die Vertreter der Beklagten ergänzend erklärt, man habe die Anzahl, nicht aber die Größe der im Stadtgebiet vorhandenen Zisternen ermittelt. Es gebe 72 Zisternen. Für die Kalkulation der Bereitstellungsgebühr sei die Menge des bereitgestellten Wassers auf der Basis der vom Landwirtschaftsamt zur Verfügung gestellten Viehbestandszahlen geschätzt worden.
18 
Dem Gericht haben die einschlägigen Verwaltungsakten der Beklagten und des Landratsamts Main-Tauber-Kreis vorgelegen. Hierauf sowie auf die in diesem Verfahren gewechselten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet.
20 
Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht aufgegeben, eine Messeinrichtung in seine private Wasserversorgung vor der Entnahmestelle einbauen zu lassen.
21 
Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zum Einbau eines Zählers ist § 45 a Abs. 3 Satz 2 WVS. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 a WVS für die Erhebung von Bereitstellungsgebühren liegen vor (1.). Diese Satzungsbestimmungen stehen auch im Einklang mit höherrangigem Recht (2.). Der Kläger ist daher verpflichtet, auf seine Kosten eine Messeinrichtung anzubringen, die geeignet ist, die seiner privaten Wasserversorgungsanlage entnommene Wassermenge zu erfassen (3.).
22 
1. Der Kläger kann nach § 45 a WVS als Inhaber eines Reserveanschlusses zu Bereitstellungsgebühren herangezogen werden.
23 
Das Grundstück des Klägers ist an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen, es ist also ein Reserveanschluss im Sinn des § 45 a WVS vorhanden.
24 
Infolge des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung und des Bezugs von Wasser für das Wohnhaus liegt auch das erforderliche Benutzungsverhältnis vor. Es genügt, wenn der Grundstückseigentümer jedenfalls teilweise zum Bezug von Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung verpflichtet ist (VGH Bad.Württ., Beschluss vom 31.07.2006 - 2 S 223/05 - juris Rn. 18).
25 
Unerheblich ist, ob auf dem Grundstück des Klägers Leitungen installiert sind, die die Wasserversorgung der Tierhaltung mit öffentlichem Wasser ermöglichen. Insoweit geht es um die in die Sphäre des Anschlussnehmers fallende innere Erschließung. Es obliegt dem Anschlussnehmer, auf seinem Grundstück entsprechende Wasserleitungen zu installieren.
26 
Die Beklagte erbringt auch eine Leistung, die nicht in der Lieferung, sondern in der Vorhaltung der Wasserlieferung besteht. Das Grundstück des Klägers ist an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen und dieser hat jederzeit die Möglichkeit, Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung auch für seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu nutzen.
27 
Der Kläger kann der beabsichtigten Erhebung von Bereitstellungsgebühren nicht entgegenhalten, er habe tatsächlich nie Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung für seine Landwirtschaft bezogen und beabsichtige dies auch in Zukunft nicht. Zwar ist der Wasserbezug in der Vergangenheit ein starkes Indiz dafür, dass der Anschlussnehmer selbst den Anschluss als Reserveanschluss betrachtet. Teilweise wird es aber auch von Zufällen abhängen, ob ein Rückgriff auf die öffentliche Wasserversorgung bereits erforderlich war oder nicht. Die Nichtinanspruchnahme in der Vergangenheit erlaubt daher nicht den Schluss, auch in Zukunft werde es nicht zu einem Ersatzbezug kommen. Bei realistischer Betrachtung wird auch der Kläger bei etwaigen Problemen mit seiner privaten Wasserversorgung, die nie völlig ausgeschlossen werden können, eher auf die öffentliche Wasserversorgung zurückgreifen, als seine Landwirtschaft aufzugeben. Bezogen auf die Erhebung von Bereitstellungsgebühren erscheint daher eine Differenzierung danach, ob der betreffende Anschlussnehmer bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung für seine Landwirtschaft bezogen hat oder nicht, nicht gerechtfertigt (zweifelnd VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.08.1996 - 2 S 1703/95 - VBlBW 1997, 28; ausdrücklich offen lassend VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.07.2006 - 2 S 223/05 - juris).
28 
2. Die beabsichtigte Heranziehung des Klägers zu Bereitstellungsgebühren auf der Grundlage des § 45 a WVS verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
29 
a) § 45 a Abs. 1 Satz 1 WVS ist mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar.
30 
Nach dem Wortlaut des § 45 a Abs. 1 Satz 1 WVS („sowie“) wird eine Bereitstellungsgebühr sowohl für das Bereitstellen von Wasser als auch für Reserveanschlüsse erhoben. Der Begriff des Reserveanschlusses wird sodann in Absatz 2 definiert. Es ist ein Anschluss, der zur Deckung eines Spitzenbedarfs oder zum Ersatzbezug von Brauchwasser für landwirtschaftliche oder sonstige Zwecke dient. Der Begriff des Bereitstellens wird in der Satzung nicht näher definiert. Daraus folgt aber kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, weil sich der Regelungsgehalt der - hier im Übrigen nicht einschlägigen - 1. Alternative („Bereitstellen von Wasser“) im Wege der Auslegung ermitteln lässt. Diese Satzungsbestimmung ist dahin auszulegen, dass bei Fehlen eines Reserveanschlusses das bloße Bereitstellen von Wasser gegen oder ohne den erklärten Willen des Grundstückseigentümers nicht ausreicht, die Gebührenpflicht zu begründen. Dies folgt daraus, dass es sich auch bei der Bereitstellungsgebühr rechtlich um eine Benutzungsgebühr im Sinne des § 13 KAG handelt. Die Benutzung setzt zwar nicht zwingend die tatsächliche Entnahme von Wasser voraus, Benutzer ist in diesem Fall aber nur derjenige, mit dessen Einverständnis die Gemeinde für besondere Bedarfsfälle Wasser bereithält (Faiß, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 13 KAG Rn. 7). Bei gesetzeskonformer Auslegung setzt die Erhebung der Bereitstellungsgebühr für das Bereitstellen von Wasser daher einen Antrag oder jedenfalls das Einverständnis des Grundstückseigentümers voraus, welches nicht ausdrücklich erklärt werden muss, sondern sich auch aus einem schlüssigen Verhalten ergeben kann (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.07.2006 - 2 S 223/05 - juris).
31 
b) Die geltend gemachten Verstöße gegen das aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Willkürverbot liegen ebenfalls nicht vor.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung; Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.01.2014 - 1 BvR 1656/09 -, BVerfGE 135, 126; BVerwG, Urteil vom 23.05.1973 - 4 C 21.70 -, BVerwGE 42, 210). Danach hat die Gemeinde innerhalb der Grenzen ihrer Satzungsautonomie eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Das Willkürverbot verbietet nur eine willkürliche Ungleichbehandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte und die willkürliche Gleichbehandlung (wesentlich) ungleicher Sachverhalte. Die hierdurch gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit überschreitet der Satzungsgeber erst dann, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Satzungsgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 - VBlBW 2010, 481 und vom 11.02.2016 - 2 S 1025/14 -, juris). Aus einer typisierenden Regelung folgende geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten sind dabei hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001, 1590, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.04.2016 - 9 S 2122/14 -, juris).
33 
aa) Die Gleichbehandlung mit Eigentümern, die ihre private Wasserversorgungsanlage ausschließlich zur Gartenbewässerung nutzen, ist danach rechtlich nicht geboten.
34 
Zum einen dient die private Wasserversorgung bei Landwirten wie dem Kläger erwerbswirtschaftlichen Zwecken, zum anderen ist es gerechtfertigt, nur umfangreichere Bereitstellungsleistungen zu erfassen. Die Nutzung privater Brunnenanlagen für Zwecke der Gartenbewässerung ist ihrem Umfang nach jedoch typischerweise geringfügig.
35 
bb) Die Ungleichbehandlung privater Brunnen im Verhältnis zu Zisternen ist zum einen aus ökologischen Gründen gerechtfertigt. Die Nutzung von Regenwasser als Brauchwasser ist ökologisch erwünscht und hat - anders als die Nutzung privater Brunnen - keine Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Sie unterliegt daher auch nicht dem Regime des Wasserrechts. Zum anderen sind Zisternen in der Regel so bemessen, dass ihre Nutzung nur einen sehr kleinen Teil des Gesamtwasserverbrauchs deckt und insgesamt geringfügig ist.
36 
c) Die Ausgestaltung der Bereitstellungsgebühr erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig.
37 
Die Gemeinden sind im Regelfall zur Erhebung einer Bereitstellungsgebühr berechtigt, aber nicht verpflichtet. Entscheidet sich eine Gemeinde für die Erhebung von Bereitstellungsgebühren, sind Grundlage für die Kalkulation die im Rahmen der Gesamteinrichtung auf das Vorhalten und Bereitstellen des Wassers entfallenden fixen Kostenanteile. In welchem Verhältnis die fixen Kosten auf die Grundgebühr, die Verbrauchsgebühr und die Bereitstellungsgebühr verteilt werden, steht im Ermessen des Gemeinderates (Faiß, a.a.O. § 14 Rn. 36). Mit dem nicht näher substantiierten Vorbringen, angesichts der hohen Kosten allein für die Bereitstellung von Wasser im Vergleich zu den Kosten bei tatsächlicher Inanspruchnahme sei die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben, wird kein Fehler der Kostenverteilung aufgezeigt. Die Bereitstellungsgebühr pro Kubikmeter nach § 45 a Abs. 4 WVS beläuft sich nach der jüngsten Satzungsänderung für das Jahr 2018 auf ca. 18 % der entsprechenden Verbrauchsgebühr. Bei tatsächlichem Wasserbezug im Veranlagungszeitraum wird sie nach dem neu angefügten Absatz 6 auf die Verbrauchsgebühr angerechnet. Eine solche Kostenverteilung hält sich im Rahmen des weiten Ermessens des Satzungsgebers.
38 
3. Der Kläger ist daher verpflichtet, auf seine Kosten eine Messeinrichtung anzubringen, die geeignet ist, die seiner privaten Wasserversorgungsanlage entnommene Wassermenge zu erfassen. Die auferlegte Verpflichtung, den Zähler vor der Entnahmestelle einzubauen, ist nicht zu beanstanden. Zwar wird damit auch die Wassermenge erfasst, die der Kläger zur Gartenbewässerung nutzt und für die er nach § 45 a Abs. 5 WVS eine Freistellung beanspruchen kann. Es bleibt ihm jedoch unbenommen, sich auf diese Freistellung zu berufen und die für die Gartenbewässerung abgezweigte Wassermenge ggf. durch einen weiteren Zähler gesondert zu erfassen.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen vor, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die entscheidungserhebliche Frage, ob der Erhebung von Bereitstellungsgebühren entgegengehalten werden kann, es gehe - mangels Wasserbezug aus der öffentlichen Wasserversorgung für die Landwirtschaft in der Vergangenheit - lediglich um die Möglichkeit der Inanspruchnahme, ist obergerichtlich noch nicht geklärt und bedarf im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung.

Gründe

 
19 
Die als Anfechtungsklage statthafte und auch im Übrigen zulässige Klage ist nicht begründet.
20 
Der angefochtene Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beklagte hat dem Kläger zu Recht aufgegeben, eine Messeinrichtung in seine private Wasserversorgung vor der Entnahmestelle einbauen zu lassen.
21 
Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zum Einbau eines Zählers ist § 45 a Abs. 3 Satz 2 WVS. Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 45 a WVS für die Erhebung von Bereitstellungsgebühren liegen vor (1.). Diese Satzungsbestimmungen stehen auch im Einklang mit höherrangigem Recht (2.). Der Kläger ist daher verpflichtet, auf seine Kosten eine Messeinrichtung anzubringen, die geeignet ist, die seiner privaten Wasserversorgungsanlage entnommene Wassermenge zu erfassen (3.).
22 
1. Der Kläger kann nach § 45 a WVS als Inhaber eines Reserveanschlusses zu Bereitstellungsgebühren herangezogen werden.
23 
Das Grundstück des Klägers ist an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen, es ist also ein Reserveanschluss im Sinn des § 45 a WVS vorhanden.
24 
Infolge des Anschlusses an die öffentliche Wasserversorgung und des Bezugs von Wasser für das Wohnhaus liegt auch das erforderliche Benutzungsverhältnis vor. Es genügt, wenn der Grundstückseigentümer jedenfalls teilweise zum Bezug von Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung verpflichtet ist (VGH Bad.Württ., Beschluss vom 31.07.2006 - 2 S 223/05 - juris Rn. 18).
25 
Unerheblich ist, ob auf dem Grundstück des Klägers Leitungen installiert sind, die die Wasserversorgung der Tierhaltung mit öffentlichem Wasser ermöglichen. Insoweit geht es um die in die Sphäre des Anschlussnehmers fallende innere Erschließung. Es obliegt dem Anschlussnehmer, auf seinem Grundstück entsprechende Wasserleitungen zu installieren.
26 
Die Beklagte erbringt auch eine Leistung, die nicht in der Lieferung, sondern in der Vorhaltung der Wasserlieferung besteht. Das Grundstück des Klägers ist an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen und dieser hat jederzeit die Möglichkeit, Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung auch für seinen landwirtschaftlichen Betrieb zu nutzen.
27 
Der Kläger kann der beabsichtigten Erhebung von Bereitstellungsgebühren nicht entgegenhalten, er habe tatsächlich nie Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung für seine Landwirtschaft bezogen und beabsichtige dies auch in Zukunft nicht. Zwar ist der Wasserbezug in der Vergangenheit ein starkes Indiz dafür, dass der Anschlussnehmer selbst den Anschluss als Reserveanschluss betrachtet. Teilweise wird es aber auch von Zufällen abhängen, ob ein Rückgriff auf die öffentliche Wasserversorgung bereits erforderlich war oder nicht. Die Nichtinanspruchnahme in der Vergangenheit erlaubt daher nicht den Schluss, auch in Zukunft werde es nicht zu einem Ersatzbezug kommen. Bei realistischer Betrachtung wird auch der Kläger bei etwaigen Problemen mit seiner privaten Wasserversorgung, die nie völlig ausgeschlossen werden können, eher auf die öffentliche Wasserversorgung zurückgreifen, als seine Landwirtschaft aufzugeben. Bezogen auf die Erhebung von Bereitstellungsgebühren erscheint daher eine Differenzierung danach, ob der betreffende Anschlussnehmer bereits Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgung für seine Landwirtschaft bezogen hat oder nicht, nicht gerechtfertigt (zweifelnd VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.08.1996 - 2 S 1703/95 - VBlBW 1997, 28; ausdrücklich offen lassend VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.07.2006 - 2 S 223/05 - juris).
28 
2. Die beabsichtigte Heranziehung des Klägers zu Bereitstellungsgebühren auf der Grundlage des § 45 a WVS verstößt nicht gegen höherrangiges Recht.
29 
a) § 45 a Abs. 1 Satz 1 WVS ist mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar.
30 
Nach dem Wortlaut des § 45 a Abs. 1 Satz 1 WVS („sowie“) wird eine Bereitstellungsgebühr sowohl für das Bereitstellen von Wasser als auch für Reserveanschlüsse erhoben. Der Begriff des Reserveanschlusses wird sodann in Absatz 2 definiert. Es ist ein Anschluss, der zur Deckung eines Spitzenbedarfs oder zum Ersatzbezug von Brauchwasser für landwirtschaftliche oder sonstige Zwecke dient. Der Begriff des Bereitstellens wird in der Satzung nicht näher definiert. Daraus folgt aber kein Verstoß gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, weil sich der Regelungsgehalt der - hier im Übrigen nicht einschlägigen - 1. Alternative („Bereitstellen von Wasser“) im Wege der Auslegung ermitteln lässt. Diese Satzungsbestimmung ist dahin auszulegen, dass bei Fehlen eines Reserveanschlusses das bloße Bereitstellen von Wasser gegen oder ohne den erklärten Willen des Grundstückseigentümers nicht ausreicht, die Gebührenpflicht zu begründen. Dies folgt daraus, dass es sich auch bei der Bereitstellungsgebühr rechtlich um eine Benutzungsgebühr im Sinne des § 13 KAG handelt. Die Benutzung setzt zwar nicht zwingend die tatsächliche Entnahme von Wasser voraus, Benutzer ist in diesem Fall aber nur derjenige, mit dessen Einverständnis die Gemeinde für besondere Bedarfsfälle Wasser bereithält (Faiß, Das Kommunalabgabenrecht in Baden-Württemberg, § 13 KAG Rn. 7). Bei gesetzeskonformer Auslegung setzt die Erhebung der Bereitstellungsgebühr für das Bereitstellen von Wasser daher einen Antrag oder jedenfalls das Einverständnis des Grundstückseigentümers voraus, welches nicht ausdrücklich erklärt werden muss, sondern sich auch aus einem schlüssigen Verhalten ergeben kann (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 31.07.2006 - 2 S 223/05 - juris).
31 
b) Die geltend gemachten Verstöße gegen das aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitete Willkürverbot liegen ebenfalls nicht vor.
32 
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung; Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 15.01.2014 - 1 BvR 1656/09 -, BVerfGE 135, 126; BVerwG, Urteil vom 23.05.1973 - 4 C 21.70 -, BVerwGE 42, 210). Danach hat die Gemeinde innerhalb der Grenzen ihrer Satzungsautonomie eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Das Willkürverbot verbietet nur eine willkürliche Ungleichbehandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte und die willkürliche Gleichbehandlung (wesentlich) ungleicher Sachverhalte. Die hierdurch gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit überschreitet der Satzungsgeber erst dann, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Satzungsgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteile vom 11.03.2010 - 2 S 2938/08 - VBlBW 2010, 481 und vom 11.02.2016 - 2 S 1025/14 -, juris). Aus einer typisierenden Regelung folgende geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten sind dabei hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001, 1590, unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.04.2016 - 9 S 2122/14 -, juris).
33 
aa) Die Gleichbehandlung mit Eigentümern, die ihre private Wasserversorgungsanlage ausschließlich zur Gartenbewässerung nutzen, ist danach rechtlich nicht geboten.
34 
Zum einen dient die private Wasserversorgung bei Landwirten wie dem Kläger erwerbswirtschaftlichen Zwecken, zum anderen ist es gerechtfertigt, nur umfangreichere Bereitstellungsleistungen zu erfassen. Die Nutzung privater Brunnenanlagen für Zwecke der Gartenbewässerung ist ihrem Umfang nach jedoch typischerweise geringfügig.
35 
bb) Die Ungleichbehandlung privater Brunnen im Verhältnis zu Zisternen ist zum einen aus ökologischen Gründen gerechtfertigt. Die Nutzung von Regenwasser als Brauchwasser ist ökologisch erwünscht und hat - anders als die Nutzung privater Brunnen - keine Auswirkungen auf den Wasserhaushalt. Sie unterliegt daher auch nicht dem Regime des Wasserrechts. Zum anderen sind Zisternen in der Regel so bemessen, dass ihre Nutzung nur einen sehr kleinen Teil des Gesamtwasserverbrauchs deckt und insgesamt geringfügig ist.
36 
c) Die Ausgestaltung der Bereitstellungsgebühr erweist sich auch nicht als unverhältnismäßig.
37 
Die Gemeinden sind im Regelfall zur Erhebung einer Bereitstellungsgebühr berechtigt, aber nicht verpflichtet. Entscheidet sich eine Gemeinde für die Erhebung von Bereitstellungsgebühren, sind Grundlage für die Kalkulation die im Rahmen der Gesamteinrichtung auf das Vorhalten und Bereitstellen des Wassers entfallenden fixen Kostenanteile. In welchem Verhältnis die fixen Kosten auf die Grundgebühr, die Verbrauchsgebühr und die Bereitstellungsgebühr verteilt werden, steht im Ermessen des Gemeinderates (Faiß, a.a.O. § 14 Rn. 36). Mit dem nicht näher substantiierten Vorbringen, angesichts der hohen Kosten allein für die Bereitstellung von Wasser im Vergleich zu den Kosten bei tatsächlicher Inanspruchnahme sei die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben, wird kein Fehler der Kostenverteilung aufgezeigt. Die Bereitstellungsgebühr pro Kubikmeter nach § 45 a Abs. 4 WVS beläuft sich nach der jüngsten Satzungsänderung für das Jahr 2018 auf ca. 18 % der entsprechenden Verbrauchsgebühr. Bei tatsächlichem Wasserbezug im Veranlagungszeitraum wird sie nach dem neu angefügten Absatz 6 auf die Verbrauchsgebühr angerechnet. Eine solche Kostenverteilung hält sich im Rahmen des weiten Ermessens des Satzungsgebers.
38 
3. Der Kläger ist daher verpflichtet, auf seine Kosten eine Messeinrichtung anzubringen, die geeignet ist, die seiner privaten Wasserversorgungsanlage entnommene Wassermenge zu erfassen. Die auferlegte Verpflichtung, den Zähler vor der Entnahmestelle einzubauen, ist nicht zu beanstanden. Zwar wird damit auch die Wassermenge erfasst, die der Kläger zur Gartenbewässerung nutzt und für die er nach § 45 a Abs. 5 WVS eine Freistellung beanspruchen kann. Es bleibt ihm jedoch unbenommen, sich auf diese Freistellung zu berufen und die für die Gartenbewässerung abgezweigte Wassermenge ggf. durch einen weiteren Zähler gesondert zu erfassen.
39 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht liegen vor, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 124 a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Die entscheidungserhebliche Frage, ob der Erhebung von Bereitstellungsgebühren entgegengehalten werden kann, es gehe - mangels Wasserbezug aus der öffentlichen Wasserversorgung für die Landwirtschaft in der Vergangenheit - lediglich um die Möglichkeit der Inanspruchnahme, ist obergerichtlich noch nicht geklärt und bedarf im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung.

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 11. Jan. 2018 - 1 K 8893/17 zitiert 4 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 3


(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin. (3) Ni

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 11. Jan. 2018 - 1 K 8893/17 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Apr. 2016 - 9 S 2122/14

bei uns veröffentlicht am 14.04.2016

Tenor Der Antrag wird abgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand  1 Der Antragsteller wendet sich gegen die Neufassung der Satzungsbestimmung über die Höhe der jährlichen Versorgungsa

Bundesverfassungsgericht Beschluss, 15. Jan. 2014 - 1 BvR 1656/09

bei uns veröffentlicht am 15.01.2014

Tenor 1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 11. März 2010 - 2 S 2938/08

bei uns veröffentlicht am 11.03.2010

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Mai 2008 - 1 K 1636/07 - geändert: Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzw

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 31. Juli 2006 - 2 S 223/05

bei uns veröffentlicht am 31.07.2006

Tenor Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.März 2004 - 11 K 5381/02 - geändert. Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.März 2004 - 11 K 5381/02 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist Eigentümer des auch landwirtschaftlich genutzten Grundstücks Flst.Nr. ... der Gemarkung der Beklagten. Das Grundstück ist an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten angeschlossen. Durch Bescheid vom 5.10.1983 befreite die Beklagte den Rechtsvorgänger des Klägers vom Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung zur Deckung seines Brauchwasserbedarfs. Auf die Verpflichtung zur Entrichtung von den eigengeförderten Wassermengen entsprechenden Bereitstellungsgebühren wurde hingewiesen. In der Zeit von Juli 1988 bis Juni 1989 entnahm der Kläger 42 cbm, in der Zeit von 21.8.1991 bis 16.1.1992 80 cbm, in der Zeit von Juli 1993 bis Juni 1994 11 cbm, von Juli 1994 bis Juni 1995 33 cbm, im Jahr 1998 2 cbm und im Jahr 2000 281 cbm Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung.
Mit Bescheid vom 5.10.2001 zog die Beklagte den Kläger unter Zugrundelegung der von ihm verbrauchten Eigenwassermenge zu einer Bereitstellungsgebühr in Höhe von 1.481,65 DM für das Jahr 2000 heran. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25.10.2001 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, er habe die öffentliche Wasserversorgungsanlage ebenso wenig wie sein Vorgänger in Anspruch genommen. Die eigene Quelle habe auch während der Sommermonate eine ausreichende Schüttung. Er bot die Entfernung oder Plombierung des vorhandenen Anschlusses an.
Mit Bescheid vom 20.11.2002 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch zurück. Es führte zur Begründung aus, im Hinblick auf die strengen Anforderungen an die Trinkwasserqualität sei nur eine Befreiung von der Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung für den Bezug von Brauchwasser erteilt worden. Der gleichwohl geduldete Bezug des Trinkwassers aus dem eigenen Brunnen müsse im Falle einer Verschlechterung dieses Wassers untersagt werden. Der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung sei daher als Reserveanschluss anzusehen. Der Kläger habe im Übrigen in der Vergangenheit - wenn auch in geringem Umfang -verschiedentlich Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen.
Am 5.12.2002 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen, seine Eigenwasserversorgung sei für seinen landwirtschaftlichen Betrieb ausreichend. Nur ein Defekt der Pumpenanlage habe in der Vergangenheit einen Rückgriff auf die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung notwendig gemacht. Er habe weder ausdrücklich noch schlüssig sein Einverständnis mit der Versorgung durch sie in besonderen Bedarfsfällen erklärt.
Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 5.10.2001 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 20.11.2002 aufzuheben.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat geltend gemacht, der Anschluss des Grundstücks des Klägers an die öffentliche Wasserversorgung und der Bezug von Wasser von dort begründe ein Benutzungsverhältnis. Der Kläger sei jederzeit in der Lage, seinen gesamten Wasserbedarf aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu decken. Dementsprechende Vorhalteleistungen würden erbracht. Der Kläger habe von ihnen in der Vergangenheit mehrfach Gebrauch gemacht.
Mit Urteil vom 22.3.2004 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 5.10.2001 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 20.11.2002 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Erhebung der streitigen Gebühr. Nach § 42 WVS i.d.F. der Änderungssatzung vom 12.11.2003 entstehe neben der Grund- und der Verbrauchsgebühr eine weitere Gebühr für das Bereitstellen von Wasser bei Anschlussnehmern mit auch privater Wasserversorgung. Die Entnahme von Wasser sei nicht vorausgesetzt. Es bestehe weder ein Zwang zur Benutzung von Vorhalteleistung noch setze die Gebührenentstehung ein ausdrückliches oder ein widerleglich vermutetes Einverständnis hiermit voraus. Damit knüpfe der Gebührentatbestand an die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung an. Denn das Bereitstellen von Wasser, unabhängig von der Wasserlieferung, sei so lange nicht als eine die Gebührenpflicht begründende selbständige Leistung anzusehen, als Anschlussinhaber mit Eigenversorgungsanlagen aus der öffentlichen Wasserversorgung weder Wasser entnehmen wollten noch hierzu verpflichtet seien. Die bloße Möglichkeit eines künftigen Rückgriffs auf die öffentliche Wasserversorgung bei Ausfall der eigenen Anlage rechtfertige die Annahme einer Benutzung der öffentlichen Einrichtung nicht.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 3.3.2005 die vom Senat mit Beschluss vom 25.1.2005 wegen der Problematik der Bereitstellungsgebühr nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassene Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, § 42 Abs. 1 WVS n.F. sehe die Entstehung der Bereitstellungsgebühr für den Fall des Bereitstellens von Wasser bei Anschlussnehmern mit auch privater Wasserversorgung, also bei Bestehen eines Benutzungsverhältnisses vor. Denn nur grundsätzlich an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossene Grundstücke könnten zusätzlich über eine Eigenwasserversorgung verfügen. Wasserbedarf für Wohngebäude sei aus der öffentlichen Wasserversorgung zu entnehmen. § 5 WVS sehe lediglich Teilbefreiungen für landwirtschaftliche Zwecke bei Vorhandensein privater Brunnen vor. Der Kläger habe auch im streitgegenständlichen Zeitraum Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entnommen. Der Bereitstellung von Wasser für ihn habe er nicht widersprochen. Vielmehr wolle er in „Notfällen“ auf die öffentliche Wasserversorgung zurückgreifen. Wasserreserveanschlüsse, die typischerweise die Erhebung einer Bereitstellungsgebühr rechtfertigten, dienten der Kompensation der mangelnden Versorgungssicherheit durch Eigenwasserversorgungsanlagen.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.3.2004 - 11 K 5381/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und hält insbesondere daran fest, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Bereitstellungsgebühr mangels eines Benutzungsverhältnisses und des Fehlens jeglicher Inanspruchnahme der öffentlichen Wassereinrichtung nicht gegeben seien.
14 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten des Beklagten und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
II.
15 
Der Senat kann über die Berufung durch Beschluss entscheiden; denn er hält sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130 a, 125 Abs. 2 S. 3 VwGO).
16 
Die zulässige Berufung der Beklagten muss Erfolg haben. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage nicht stattgeben dürfen; denn der angefochtene Bescheid der Beklagten (in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2002) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
17 
Der angefochtene Gebührenbescheid findet die erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser vom 24.10.1990 i.d.F. der Änderungssatzung vom 12.11.2003 (WVS). Nach deren § 42 Abs. 1 erhebt die Gemeinde für das Bereithalten von Wasser bei Anschlussnehmern mit auch privater Wasserversorgung neben der Grund- und Verbrauchsgebühr (§§ 37, 38) eine Bereitstellungsgebühr.
18 
Wie der Wortlaut „mit auch privater Wasserversorgung“ verdeutlicht, setzt die Bestimmung ein Benutzungsverhältnis voraus. Es ergibt sich aus dem der Eigenversorgung nicht zurechenbaren öffentlichen Versorgungsverhältnis. Dieses satzungsrechtlich geforderte Benutzungsverhältnis besteht auch im vorliegenden Fall. Der Kläger ist nicht insgesamt, sondern nur teilweise vom Benutzungszwang befreit (vgl. § 5 der WVS). Unstreitig ist er teilweise zum Bezug von Wasser aus der öffentlichen Versorgungseinrichtung verpflichtet.
19 
Ob der insoweit bestehende Anschlusszwang für sich allein ausreichend wäre, das geforderte Benutzungsverhältnis zu begründen, kann dahinstehen. Gleiches gilt auch für die Frage, ob eine „potenzielle“ Inanspruchnahme bzw. eine Inanspruchnahmemöglichkeit dem § 9 KAG a.F. bzw. § 13 KAG n.F. widersprechen könnte (so wohl das Verwaltungsgericht und zweifelnd der Beschluss des Senats vom 8.8.1996 - 2 S 1703/95 - VBlBW 1997, 28). Sie stellt sich hier bereits deshalb nicht, weil der Kläger im Jahr 2000 (und auch früher) tatsächlich Wasser aus der Versorgungseinrichtung der Beklagten bezogen hat, also eine Inanspruchnahme der Versorgungseinrichtung nicht zweifelhaft ist. In Anbetracht dieser tatsächlichen Inanspruchnahme ist auch nicht zu entscheiden, ob der Erhebung von Bereitstellungsgebühren entgegengehalten werden darf, es gehe lediglich um die Möglichkeit der Inanspruchnahme.
20 
Da die Bereitstellungsgebühr für den Versorgungsbereich in Betracht kommt, für den eine Ausnahme vom Benutzungszwang festgelegt ist, wird für die hier in Rede stehenden Reserve- bzw. Zusatzanschlüsse gefordert, dass diese entweder auf Antrag des Betroffenen, in dessen Einverständnis oder auch auf Grund eines schlüssigen Verhaltens des Betroffenen eingerichtet sind (vgl. dazu Senat, Urteil vom 8.6.1978 - II 319/76 -, BWGZ 1979, 406; ferner Gössl, KAG für Bad.-Württ., 2004, S. 106, m.w.N.). Jedenfalls von Letzterem ist hier auszugehen. Denn der Kläger hat durch schlüssiges Verhalten dem Anschluss „zugestimmt“, indem er der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung tatsächlich Wasser entnommen und sie daher in Anspruch genommen hat. Die darin liegende schlüssige Einwilligung zur Vorhaltung von Wasser(reserven) wird nicht dadurch gegenstandslos, dass er jetzt bekundet, eine Abnahme von Wasser erfolge nicht (mehr). Auch ist - selbst nach seinem eigenen Vorbringen - nicht auszuschließen, dass der Kläger erneut auf die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung auch für das landwirtschaftlich genutzte Anwesen zurückgreifen muss.
21 
Gegen die Höhe der von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid geforderten Gebühr werden vom Kläger keine Einwände erhoben.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die Nichtzulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO.
23 
Beschluss
24 
vom 31. Juli 2006
25 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 757,56 EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 2. HS GKG n.F. in Verb. mit § 13 Abs. 2 GKG a.F.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 und in der Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 sowie § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.

3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Mai 2009 - 2 S 3342/08 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. November 2008 - 3 K 1622/07 -, der Widerspruchsbescheid der Stadt Konstanz vom 3. Juli 2007 - 5.02229.002887.1 ZwWIRöß 27K Rie/hz -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 20. März 2007 - 5.0229.002887.1 -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 12. Februar 2007 - 5.0229.002887.1 - und der Zweitwohnungsteuerbescheid der Stadt Konstanz vom 18. Dezember 2006 - 5.0229.002887.1 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

4. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers haben die Stadt Konstanz zu zwei Dritteln und das Land Baden-Württemberg zu einem Drittel zu erstatten.

5. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit eine degressive Staffelung des Tarifs einer Zweitwohnungsteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Die Stadt Konstanz, die Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte), zog den Beschwerdeführer für die Jahre 2002 bis 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran. Dabei stützte sie sich auf die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 1989) und in der zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2002) sowie die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2006).

3

2. Die in den Satzungen jeweils geregelten Steuertarife orientieren sich am jährlichen Mietaufwand als steuerlicher Bemessungsgrundlage und pauschalieren den Steuerbetrag durch Bildung von fünf (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht Mietaufwandsgruppen (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006). Der für den ersten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar bis 31. Dezember 2002) maßgebliche § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 lautet wie folgt:

4

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.533,88 €

= 409,03 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.533,88 € aber nicht mehr als 2.351,94 €

= 613,55 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.351,94 € aber nicht mehr als 3.170,01 €

=818,07 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.170,01 € aber nicht mehr als 3.988,08 €

=1.022,58 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.988,08 €

=1.227,10 €.

5

Für den zweiten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar 2003 bis 31. August 2006) sind nach den wortgleichen Vorschriften des § 4 Abs. 1 ZwStS 2002 und des § 4 Abs. 1 ZwStS 2006 folgende Steuersätze maßgeblich:

6

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.650 €

= 400,00 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.650 € aber nicht mehr als 2.640 €

= 575,00 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.640 € aber nicht mehr als 3.630 €

= 750,00 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.630 € aber nicht mehr als 4.620 €

= 925,00 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 4.620 € aber nicht mehr als 5.610 €

= 1.100,00 €

f)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 5.610 € aber nicht mehr als 6.600 €

= 1.275,00 €

g)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 6.600 € aber nicht mehr als 7.590 €

= 1.450,00 €

h)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 7.590 €

= 1.625,00 €.

7

3. Die konkrete Ausgestaltung der Steuertarife führt insgesamt zu einem in Relation zum Mietaufwand degressiven Steuerverlauf. Zwar steigt der Betrag der vom Steuerschuldner zu zahlenden Zweitwohnungsteuer mit zunehmender Jahresmiete in Stufen an. Nicht nur auf den jeweiligen Stufen sondern auch über die Stufen hinweg sinkt jedoch der aus dem jährlichen Mietaufwand als Steuermaßstab und dem zu zahlenden Steuerbetrag errechnete Steuersatz mit steigendem Mietaufwand wieder ab.

8

Eine Ursache hierfür besteht in zunehmend flacher werdenden Steuerstufen sowohl im mittleren Bereich als auch in der Mindest- und der Höchstbetragsstufe. Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 sinkt der sich für den mittleren Mietaufwand einer Steuerstufe ergebende Steuersatz (im Folgenden: mittlerer Steuersatz) in den drei mittleren Steuerstufen von 31,58 % in der Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 1.533,88 € und 2.351,94 € über 29,63 % in der folgenden Stufe auf schließlich 28,57 % in der durch die Grenzwerte 3.170,01 € und 3.988,08 € bestimmten Steuerstufe ab. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 beläuft sich der mittlere Steuersatz in der zweitniedrigsten Steuerstufe zwischen den Stufengrenzwerten 1.650 € und 2.640 € auf 26,81 % und sinkt bei steigendem Mietaufwand in den folgenden Stufen schrittweise bis auf 20,44 % in der zweithöchsten Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 6.600 € und 7.590 € ab. Damit liegt die Spreizung der mittleren Steuersätze unter Außerachtlassung der Mindest- und Höchstbetragsstufen bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 bei circa drei Prozentpunkten (Verlauf von 31,58 % absinkend bis zu 28,57 %) und bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 bei 6,37 Prozentpunkten (Verlauf von 26,81 % absinkend zu 20,44 %).

9

Berücksichtigt man zusätzlich die jeweilige Mindest- und Höchstbetragsstufe, so verstärkt sich das stetige Abflachen der einzelnen Steuerstufen und damit des Steuersatzes. Bei Zugrundelegung einer Untergrenze für Monatskaltmieten von 100 € ergibt sich für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.533,88 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 29,92 % und für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.650 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 28,07 %. Unter Berücksichtigung eines für Zweitwohnungen noch realistischen oberen Grenzwerts von 24.000 € ergibt sich für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 3.988,08 € bis 24.000 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 11,40 % und für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 7.590 € bis 24.000 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 10,29 %. Blendet man Jahresmieten von unter 1.200 € und über 24.000 € aus, ergibt sich für den verbleibenden Bereich eine Spreizung von 18,52 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989, Verlauf von 29,92 % bis 11,40 %) beziehungsweise 17,78 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006, Verlauf von 28,07 % bis 10,29 %). Ohne Berücksichtigung dieser Unter- und Obergrenzen wäre die Spreizung noch stärker ausgeprägt.

10

Zu einer weiteren Degression führen die durch die Stufenbildung bewirkten Differenzen in der relativen Steuerbelastung. Innerhalb jeder einzelnen Steuerstufe verläuft der Steuersatz ebenfalls degressiv, da der relative Steuersatz innerhalb der Stufe mit steigendem Mietaufwand abnimmt. Auf den mittleren Steuerstufen (das heißt unter Außerachtlassung der Mindest- und der Höchstbetragsstufe) ist der Belastungsunterschied zwischen Steuerpflichtigen am unteren Ende der zweiten Steuerstufe und am oberen Ende der zweithöchsten Steuerstufe am stärksten ausgeprägt. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 gilt für Steuerpflichtige mit einer Jahreskaltmiete von 1.651 € (unterer Grenzwert der zweitniedrigsten Steuerstufe) ein Steuersatz von 34,8 % (Steuerbetrag 575 €), während der Steuersatz knapp unterhalb des oberen Grenzwerts der zweithöchsten Steuerstufe bei einer Jahreskaltmiete von 7.590 € circa 19,1 % beträgt (Steuerbetrag 1.450 €). Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ergibt sich entsprechend ein Steuersatz von etwa 40 % für knapp oberhalb des unteren Grenzwerts der zweitniedrigsten Steuerstufe besteuerte Steuerpflichtige (Steuerbetrag von 613,55 € bei einer Jahresmiete von 1.533,89 €) sowie ein Steuersatz von etwa 25,6 % für einen am oberen Grenzwert der zweithöchsten Steuerstufe veranschlagten Zweitwohnungsinhaber (Steuerbetrag von 1.022,58 € bei einer Jahresmiete von 3.988,08 €).

II.

11

1. Der Beschwerdeführer hatte im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2006 eine ihm von seinen Eltern überlassene Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten inne und war dort mit Nebenwohnsitz gemeldet. Die Beklagte zog ihn durch Steuerbescheid vom 18. Dezember 2006 für diesen Zeitraum zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von insgesamt 7.320,85 € heran. Nach Einlegung eines Widerspruchs reduzierte die Beklagte den Betrag mit Änderungsbescheid vom 12. Februar 2007 auf 3.835,08 € und mit weiterem Änderungsbescheid vom 20. März 2007 auf 2.974,32 €. Dem letztgenannten Änderungsbescheid lag eine Einigung der Beteiligten auf einen fiktiven Mietzins für die Wohnung von 4,11 €/m², also der Hälfte des sich nach dem Mietspiegel ergebenden Mietwertes, zugrunde. Die sich daraus ergebende fiktive Miete von 201,39 € pro Monat (2.416,68 € pro Jahr) führte nach der dritten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 818,07 € im Jahr 2002 und nach der zweiten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 2002/2006 zu einer Steuer in Höhe von 575 € in den Jahren 2003 bis 2005 und in Höhe von 431,25 € im Jahr 2006. Den gleichwohl aufrecht erhaltenen Widerspruch des Beschwerdeführers gegen die Steuerbescheide wies die Beklagte zurück.

12

2. Die vom Beschwerdeführer gegen die Steuerbescheide und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Die "umgekehrte Progression" des Steuersatzes sei nicht zu beanstanden. Ein stets gleichbleibendes Verhältnis zwischen der Zweitwohnungsteuer und dem jährlichen Mietaufwand als Bemessungsgrundlage sei rechtlich nicht gefordert. Durch die zulässige Stufenbildung komme es innerhalb der jeweiligen Steuerstufen zwangsläufig zu einer umgekehrten Progression. Die insgesamt degressive Staffelung verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, da es sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung gebe. Mit der Zweitwohnungsteuer dürfe der Lenkungszweck verfolgt werden, die Inhaber einer nur vorgeblichen Zweitwohnung im melderechtlich zulässigen Rahmen zur Verlegung des Hauptwohnsitzes zu bewegen. Gerade bei regelmäßig relativ preisgünstigen Studentenwohnungen sei ein höherer Steuersatz besser geeignet, um über den absoluten Betrag die gewünschte Lenkungswirkung zu erreichen. Ein degressiver Steuersatz sei zudem deshalb gerechtfertigt, weil Zweitwohnungen für die Gemeinden einen erhöhten Aufwand bedeuteten, dem keine sonstigen Vorteile gegenüberstünden. Dieser Aufwand sei nicht zwangsläufig vom jährlichen Mietaufwand abhängig. Der erhöhte Steuersatz bei günstigen Zweitwohnungen sei geeignet, diesen Aufwand zu decken.

13

Die absolute Höhe des Steuersatzes entfalte im Übrigen keine erdrosselnde Wirkung. Da über den Mietaufwand für eine Zweitwohnung hinaus häufig noch erhebliche Kosten für eine doppelte Haushaltsführung aufgewendet würden, könne nicht ernsthaft davon die Rede sein, im Gebiet der Beklagten könnten wegen der Zweitwohnungsteuer - jedenfalls im unteren Bereich - keine Zweitwohnungen mehr gehalten werden.

14

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab, der dem Beschwerdeführer am 27. Mai 2009 zuging. Die generalisierende degressive Staffelung der Steuersätze in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 und 2002/2006 halte sich im Rahmen des dem Satzungsgeber zukommenden Gestaltungsspielraums. Die prozentual stärkere Belastung der unteren Mietaufwandsgruppen sei gerechtfertigt. Die Beklagte dürfe bei der Steuererhebung den Nebenzweck verfolgen, insbesondere das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen.

15

Eine erdrosselnde Wirkung komme der Zweitwohnungsteuer nicht zu, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten in allen Staffelungsbereichen und damit auch in den untersten Mietaufwandsgruppen steuerpflichtige Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl vorhanden seien. Bei der Beurteilung der Frage, ob vom Steuersatz eine erdrosselnde Wirkung ausgehe, sei nicht auf einzelne Steuerpflichtige, wie etwa Studierende, sondern auf die Gesamtheit der steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhaber abzustellen. Angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung unabdingbar verbundenen, nicht unerheblichen weiteren Kosten sei eine erdrosselnde Wirkung der Steuer nach allgemeiner Lebenserfahrung von vornherein ausgeschlossen.

III.

16

1. Der Beschwerdeführer hat am 13. Juli 2009 Verfassungsbeschwerde erhoben und gleichzeitig wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung und der vorgelegten Telefaxprotokolle hatte er am Montag, dem 29. Juni 2009, um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift per Telefax an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Dies misslang jedoch ebenso wie weitere Übermittlungsversuche am selben Tag um 23:07 Uhr und 23:19 Uhr. Gemäß dem Faxbuch und den Faxprotokollen des Bundesverfassungsgerichts war der Faxanschluss des Gerichts an diesem Tag ab etwa 20:00 Uhr für circa vier Stunden belegt.

17

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

18

Der satzungsgemäße Zweitwohnungsteuertarif bewirke eine "umgekehrte Progression". Gerade bei höheren Mieten sinke der Steuersatz mit steigendem Mietaufwand kontinuierlich, während er bei niedrigen Mieten in der Regel deutlich über 20 % liege. Eine solche Besteuerung sei nicht mit dem aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Gebot sozialer Steuerpolitik, das im Steuerrecht spezielle Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Übermaßverbots sei, vereinbar. Durch die "umgekehrte Progression" würden gerade Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit regelmäßig prozentual wesentlich stärker belastet als Personen mit hohem jährlichem Mietaufwand. Das Ziel, Inhaber von Zweitwohnungen zu deren Anmeldung als Hauptwohnung zu bewegen, um Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen, sei kein zulässiger, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Lenkungszweck.

19

Bei der von der Beklagten erhobenen Zweitwohnungsteuer handele es sich um eine unzulässige konfiskatorische Steuer mit erdrosselnder Wirkung. Die Steuersätze seien gerade im Bereich eines niedrigen bis mittleren Mietaufwands deutlich zu hoch. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die vermeintlich geringe absolute Höhe der Steuer sei nicht nachvollziehbar. Bei einem Zweitwohnungsteuersatz von bis zu 34,8 % liege die erdrosselnde oder prohibitive Wirkung vielmehr auf der Hand. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass hiervon in besonderem Maße Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit, insbesondere Studierende, betroffen seien. Zweitwohnungsinhaber mit niedrigem bis mittlerem Mietaufwand würden stärker belastet als solche mit höherem Mietaufwand. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass das Innehaben kleinerer Zweitwohnungen regelmäßig wirtschaftlich unmöglich gemacht werde.

IV.

20

Die Beklagte, das Bundesverwaltungsgericht, der Bundesfinanzhof sowie mehrere Oberverwaltungs- und Finanzgerichte haben zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

21

1. Die Beklagte hält die Verfassungsbeschwerde wegen Verfristung für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Zweitwohnungsteuer habe keine erdrosselnde Wirkung. Aus der Entwicklung des Aufkommens steuerpflichtiger Zweitwohnungen im Bereich aller Steuerstufen ergebe sich, dass das Halten von Zweitwohnungen durch die Besteuerung nicht wirtschaftlich unmöglich gemacht werde. Die Staffelung der Steuersätze verstoße angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Steuergesetzgebers auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Die mit einer grundsätzlich zulässigen Wahl pauschaler Maßstäbe aus Praktikabilitätsgründen verbundenen Ungleichbehandlungen seien sachlich gerechtfertigt. Eine höhere Belastung in den unteren Steuerstufen bei einer prozentualen, auf den jährlichen Mietaufwand bezogenen Belastung sei dadurch gerechtfertigt, dass im niedrigen bis mittleren Mietsegment der größte Bedarf an Wohnraum bestehe, weil die Beklagte Hochschulstandort und beliebtes Tourismusziel sei. Eine weitere Rechtfertigung ergebe sich aus dem mit Zweitwohnungen verbundenen erhöhten kommunalen Aufwand.

22

2. Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint ein degressiv ausgestalteter Steuertarif im Hinblick auf die Grundsätze der Steuergleichheit und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht unbedenklich, jedenfalls aber besonders rechtfertigungsbedürftig. Ein spezifischer Lenkungszweck könne den Steuertarif rechtfertigen, sofern er nicht im Gegensatz zu der Sachmaterie stehe, auf die er lenkend einwirken solle. Der Anreiz zur Verlegung des Erstwohnsitzes stelle grundsätzlich einen zulässigen Lenkungszweck dar.

23

3. Der Bundesfinanzhof äußert verfassungsrechtliche Bedenken an der degressiven Ausgestaltung des Zweitwohnungsteuertarifs. Schon der Typus der Aufwandsteuer lasse es nicht zu, bei der Zweitwohnungsteuer einen niedrigeren jährlichen Mietaufwand mit einem höheren Steuersatz zu belegen als einen höheren jährlichen Mietaufwand. Der degressive Steuertarif verletze darüber hinaus die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben des Leistungsfähigkeitsprinzips. Dieser könne keinesfalls mit der Erwägung gerechtfertigt werden, der Beklagten erwachse aus Zweitwohnungen ein erhöhter Aufwand, weil allein der isolierte Vorgang des Konsums für die Aufwandsteuer maßgeblich sei.

24

Die Abweichung vom Gebot der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei auch nicht durch die in den Ausgangsentscheidungen genannten außersteuerlichen Lenkungszwecke gerechtfertigt. Denn das Interesse der Beklagten, mit der Zweitwohnungsteuer die Anzahl der Zweitwohnungen zu beschränken, die Zweitwohnungsinhaber also zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in der Stadt zu veranlassen, und sich dadurch erhöhte Finanzzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu sichern sowie das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung zu erhöhen, betreffe kleine und große Wohnungen gleichermaßen.

25

4. a) Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben Zweifel an der Vereinbarkeit einer degressiv ausgestalteten Zweitwohnungsteuer mit der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeit der Gemeinden und dem Gleichheitssatz geäußert.

26

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bezweifelt, dass der Lenkungszweck, das Halten von kleinen und billigen Zweitwohnungen einzudämmen, um das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung in diesem Sektor zu erhöhen, mit dem Charakter einer Aufwandsteuer in Einklang zu bringen ist. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hält eine prozentual deutlich höhere Besteuerung eines relativ niedrigen Mietaufwands für mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG unvereinbar, weil sich bei der Zweitwohnungsteuer Steuermaßstab und Steuersatz auf den Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung beziehen und in einem angemessenen Verhältnis zu diesem stehen müssten.

27

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hält den degressiven Steuersatz für mit dem Gebot der Steuergerechtigkeit unvereinbar. Für eine solche Ausgestaltung der Steuer sei kein einleuchtender Grund erkennbar, zumal mit der Zweitwohnungsteuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst werden solle, die in der Regel bei höherwertigen Wohnungen höher einzustufen sei. Die Absicht des Normgebers, gerade das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen durch eine prozentual höhere Steuerbelastung einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot auf dem einheimischen Markt zu erhöhen, laufe der am Aufwand zu orientierenden Steuerbemessung im Kern zuwider.

28

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern könne zwar eine zwangsläufige Degression auf den einzelnen Stufen eines abgestuften, im Prinzip aber linearen Steuersatzes bei einer hinreichend feinen Abstufung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität verfassungsrechtlich hingenommen werden, ein insgesamt degressiver Steuersatz sei jedoch mit dem Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nur schwer vereinbar. Zudem sei eine sachliche Rechtfertigung der Degression mit ihrer Lenkungswirkung fraglich, da ein nicht degressiver Steuertarif zu einem höheren Steuerbetrag und damit zu einem besseren Lenkungseffekt führen könnte.

29

b) Andere Oberverwaltungsgerichte halten hingegen eine degressive Aufwandsteuer für mit dem Grundgesetz vereinbar.

30

Dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zufolge liegt eine konfiskatorische Wirkung nur dann vor, wenn durch die Höhe der Aufwandsteuer das Innehaben von Zweitwohnungen gänzlich unattraktiv werde, was nicht der Fall sei, solange Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl gehalten würden. Die mit einem Staffelsystem zwangsläufig entstehenden Degressionseffekte stellten im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers und die Möglichkeit der Pauschalisierung und Typisierung keinen Gleichheitsverstoß dar. Der Satzungsgeber könne wohl einen degressiv gestalteten Steuersatz vorsehen, solange für kostengünstigere Zweitwohnungen nicht absolut höhere Steuern zu zahlen seien. Ein sachlicher Grund für einen degressiven Steuertarif könne zudem gerade in einer Stadt mit vielen Studierenden in dem Lenkungszweck liegen, einen bestimmten Kreis von Zweitwohnungsinhabern zur (melderechtlich ordnungsgemäßen) Verlegung seines Erstwohnsitzes zu bewegen.

31

Nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs enthalten die streitgegenständlichen Steuersatzungen keinen rein degressiv ausgestalteten Steuertarif, weil die prozentuale Belastung nach Übergang in die nächsthöhere Stufe wieder ansteige. Das kontinuierliche Sinken der Belastung ab dem Erreichen der höchsten Stufe sei der Problematik eines sogenannten "Höchstbetrages" zuzuordnen und an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen; es könne durch sachliche Erwägungen wie etwa Lenkungsabsichten gerechtfertigt werden.

B.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

33

Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde zwar erst nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben. Ihm ist jedoch gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf seinen fristgerechten Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

I.

34

Der Beschwerdeführer war durch die Belegung des Faxanschlusses des Bundesverfassungsgerichts zwischen 22:57 Uhr bis Mitternacht des 29. Juni 2009 an der Fristwahrung gehindert. An der hierdurch verursachten Fristversäumnis traf ihn kein Verschulden.

35

1. Eine verschuldete Fristversäumnis liegt vor, wenn ein Beschwerdeführer die Frist wegen fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens nicht einhalten konnte. Angesichts des Verfassungsbezugs zu Art. 103 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die individuellen Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 25, 158 <166>). Fahrlässig handelt, wer mit der Übermittlung eines Beschwerdeschriftsatzes nebst erforderlicher Anlagen nicht so rechtzeitig beginnt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit dem Abschluss der Übermittlung noch am Tag des Fristablaufs zu rechnen ist.

36

Dabei müssen Rechtsschutzsuchende einen über die voraussichtliche Dauer des eigentlichen Faxvorgangs hinausgehenden Sicherheitszuschlag einkalkulieren (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3; BVerfGK 7, 215 <216>). Denn sie beachten nur dann die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn sie der Möglichkeit Rechnung tragen, dass das Empfangsgerät belegt ist. Gerade in den Abend- und Nachtstunden muss damit gerechnet werden, dass wegen drohenden Fristablaufs weitere Beschwerdeführer versuchen, Schriftstücke fristwahrend per Telefax zu übermitteln (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574).

37

Das Erfordernis eines Sicherheitszuschlags kollidiert nicht mit dem Grundsatz, dass eine Frist voll ausgeschöpft werden darf. Ebenso wie übliche Postlaufzeiten oder die Verkehrsverhältnisse auf dem Weg zum Gericht zu berücksichtigen sind, muss ein Beschwerdeführer übliche Telefaxversendungszeiten einkalkulieren. Der Zuschlag verkürzt die Frist nicht, sondern konkretisiert lediglich die individuelle Sorgfaltspflicht des Beschwerdeführers. Aus der Eröffnung des Übermittlungswegs per Telefax erwächst dabei dem Gericht die Verantwortung, für ausreichende Empfangskapazitäten zu sorgen. Dem wird durch eine kurze Bemessung der Sicherheitsreserve Rechnung getragen.

38

2. In Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllt, wer einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkuliert. Damit sind die gegenwärtigen technischen Gegebenheiten auch nach der Rechtsprechung der Fachgerichte (vgl. BFH, Beschluss vom 25. November 2003 - VII R 9/03 -, BFH/NV 2004, S. 519 <520>; Beschluss vom 28. Januar 2010 - VIII B 88/09 -, BFH/NV 2010, S. 919; BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - XI ZB 24/10 -, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2010 - BVerwG 7 B 18/10 -, juris) hinreichend beachtet. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gilt dieser Sicherheitszuschlag einheitlich auch für die Faxübersendung nach Wochenenden oder gesetzlichen Feiertagen (anders noch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3).

39

Für die Fristberechnung und damit auch die Einhaltung des Sicherheitszuschlags ist der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs und damit der Speicherung der gesendeten Signale im Empfangsgerät des Gerichts maßgeblich, nicht aber die Vollständigkeit des Ausdrucks (vgl. BGHZ 167, 214 <220>).

40

3. Den Sorgfaltsanforderungen genügt schließlich nur, wer innerhalb der einzukalkulierenden Zeitspanne wiederholt die Übermittlung versucht.

II.

41

Der Beschwerdeführer hat hier einen hinreichenden Sicherheitszuschlag einkalkuliert. Der eigentliche Faxvorgang hat lediglich elf Minuten in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer hat am Tag des Fristablaufs um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift nebst Anlagen an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Er hat mithin eine Sicherheitsreserve von etwa 50 Minuten eingeplant. Darüber hinaus hat er seinen Sendeversuch bis zum Fristablauf mehrfach wiederholt.

C.

42

Die Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen begründet. Die degressive Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuertarife der Steuersatzungen sowie die Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

I.

43

Freiheitsrechte des Beschwerdeführers sind durch die Auferlegung der Zweitwohnungsteuer nicht verletzt.

44

1. Als Auferlegung einer Geldleistungspflicht stellt die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer einen Eingriff in Freiheitsrechte des Beschwerdeführers und seine persönliche Freiheitsentfaltung im vermögensrechtlichen Bereich dar (vgl. BVerfGE 87, 153 <169>; 93, 121 <137>). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer dabei an Art. 14 Abs. 1 oder an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (vgl. dazu BVerfGE 95, 267 <300 f.>; 105, 17 <32 f.>; 115, 97 <110 ff.>), da sich der Eingriff jedenfalls als verfassungsgemäß erweist.

45

2. Der Eingriff ist gerechtfertigt. Er beruht auf einer gesetzlichen Grundlage, welche die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wahrt (vgl. BVerfGE 34, 139 <146>; 58, 137 <145>), und die Steuerpflichtigen nicht unverhältnismäßig belastet.

46

a) Die von der Beklagten erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 65, 325 <349 f.>; 114, 316 <334 f.>).

47

aa) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

48

Die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs in den Zweitwohnungsteuersatzungen der Beklagten lässt den Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer unberührt. Ein vom Normgeber geregelter Steuertarif bestimmt zwar den Charakter der geschaffenen Steuer mit (zum Steuermaßstab vgl. BVerfGE 14, 76 <91>; 123, 1 <17>). Von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung einer Steuer ist der Steuertarif indessen nur, soweit er deren Typus prägt (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>). Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind hingegen ohne Einfluss auf die Beurteilung der Normsetzungskompetenz (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>).

49

bb) Der Gesetzgeber darf seine Steuergesetzgebungskompetenz grundsätzlich auch ausüben, um Lenkungswirkungen zu erzielen (vgl. BVerfGE 84, 239 <274>; 93, 121 <147>), mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfGE 55, 274 <299>; 98, 106 <118>). Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage (vgl. BVerfGE 98, 106 <118>).

50

Nach diesen Maßstäben ändern die mit der Zweitwohnungsteuer verfolgten Lenkungszwecke, Wohnungsinhaber zur Ummeldung von Zweit- in Hauptwohnsitze zu veranlassen und Wohnraum für Dritte freizumachen, nichts an ihrem Charakter als Steuer, weil die beabsichtigte Lenkung jedenfalls nicht die Wirkung einer verbindlichen Verhaltensregel entfaltet. Eine etwaige Ausweichreaktion hängt vielmehr maßgeblich vom Willen der Steuerpflichtigen ab.

51

b) Die Belastung durch die Zweitwohnungsteuer ist nicht erdrosselnd oder sonst unzumutbar. Die Ausgangsgerichte haben vertretbar dargelegt, dass die Steuersätze eine Belastung darstellen, die typischerweise noch im Bereich der im Halten einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt. Gegen eine erdrosselnde Höhe der zu zahlenden Steuerbeträge spricht bereits, dass eine beachtliche Zahl von Zweitwohnungsinhabern von der Beklagten zur Zweitwohnungsteuer veranlagt wird und sich diese Zahl in den letzten Jahren auf allen Steuerstufen noch erhöht hat.

II.

52

Der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen geregelte degressive Steuertarif verletzt das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

53

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; 130, 240 <252>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416>; 130, 240 <252 f.>).

54

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68>; 130, 240 <253>). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 126, 400 <416>; 130, 240 <254>; stRspr).

55

b) Auch Steuertarife sind mit ihren Auswirkungen auf die Steuerlast am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen.

56

So muss die unterschiedlich hohe Belastung der Steuerpflichtigen bei Finanzzwecksteuern dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit genügen (vgl. zum Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht BVerfGE 6, 55 <67>; 127, 224 <247 f.>). Es widerspricht dem Gebot der Steuergleichheit etwa, wenn bei Ertragsteuern wirtschaftlich Leistungsfähigere einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens als Steuer zu zahlen haben als wirtschaftlich Schwächere (vgl. BVerfGE 127, 224 <247>; siehe auch Schweizerisches Bundesgericht, Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 1. Juni 2007 - 2P.43/2006 -, BGE 133 I, 206 <220>; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, S. 403; P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 <329>; Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 286), es sei denn, dies ist durch einen besonderen Sachgrund gerechtfertigt.

57

Die Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird unterstützt vom Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Bei Steuern, die an die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen anknüpfen, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte nicht nur zulässig sondern geboten (vgl. BVerfGE 29, 402 <412>; 32, 333 <339>; 36, 66 <72>; 43, 108 <125>). Aus dem Sozialstaatsprinzip ist abzuleiten, dass die Steuerpolitik auf die Belange der wirtschaftlich schwächeren Schichten der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen hat (vgl. BVerfGE 13, 331 <346 f.>; 29, 402 <412>; 43, 108 <119>; 61, 319 <343 f.>).

58

c) Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verlangt, "jeden Bürger nach Maßgabe seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern zu belasten" (BVerfGE 61, 319 <344>; 66, 214 <223>; jeweils unter Bezugnahme auf BTDrucks 7/1470, S. 211 f.). In horizontaler Richtung muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 116, 164 <180>; 120, 1 <44>; 122, 210 <231>; 127, 224 <245>). In vertikaler Richtung muss die Besteuerung der wirtschaftlich Leistungsfähigeren im Vergleich mit der Steuerbelastung wirtschaftlich weniger Leistungsstarker angemessen ausgestaltet sein (vgl. BVerfGE 107, 27 <47>; 115, 97 <116 f.>). Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes hat der Gesetzgeber jedoch einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; 123, 1 <19>; 127, 224 <245>).

59

Werden weniger leistungsfähige Steuerschuldner mit einem höheren Steuersatz besteuert als wirtschaftlich leistungsfähigere Steuerschuldner, ist eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG ungeachtet dessen gegeben, ob leistungsfähigere Steuerschuldner absolut einen höheren Steuerbetrag zu zahlen haben als leistungsschwächere Steuerschuldner. Denn weniger Leistungsfähige müssen in diesem Fall einen höheren Anteil ihres Einkommens oder Vermögens als Steuer abgeben als wirtschaftlich Leistungsfähigere.

60

2. Das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist auf die Zweitwohnungsteuertarife der Beklagten anwendbar (a). Die in der Degression liegende Ungleichbehandlung (b) ist nach dem anzuwendenden strengen Maßstab (c) hier nicht gerechtfertigt (d).

61

a) Wie für die Ertragsteuern gilt auch für die Zweitwohnungsteuer das Leistungsfähigkeitsprinzip. Das wesentliche Merkmal einer Aufwandsteuer besteht darin, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der jeweilige Mietaufwand als Bemessungsgröße der Zweitwohnungsteuer spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider.

62

b) Der in den Zweitwohnungsteuersatzungen normierte Tarif stellt den Beschwerdeführer durch die Auferlegung eines höheren Steuersatzes schlechter als Steuerpflichtige, bei denen aufgrund des Innehabens einer teureren Wohnung eine größere Leistungsfähigkeit zu vermuten ist, die dafür aber gleichwohl einen niedrigeren Steuersatz zahlen. Am Maßstab vertikaler Steuergerechtigkeit gemessen, bewirkt der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen normierte degressive Steuertarif eine steuerliche Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil er weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belastet als wirtschaftlich leistungsfähigere. Denn aus dem Stufentarif ergibt sich mit steigendem Mietaufwand weitgehend ein sinkender Steuersatz. Diese Ungleichbehandlung lässt sich bereits durch einen Vergleich der jeweiligen mittleren Steuersätze in den Steuerstufen feststellen (aa), er verstärkt sich unter Berücksichtigung der durch die typisierende Stufenbildung bewirkten Effekte (bb) und insbesondere durch die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen (cc).

63

aa) Bei einem Vergleich der mittleren Steuersätze in den Steuerstufen ist eine Ungleichbehandlung weniger leistungsfähiger gegenüber leistungsfähigeren Steuerschuldnern feststellbar, weil diese bezogen auf den jährlichen Mietaufwand einen höheren Steuersatz zu zahlen haben. Lässt man wegen ihres Grenzwertcharakters zunächst die Steuerstufe zu den niedrigsten Miethöhen (Mindestbetragsstufe) und die nach oben hin offene höchste Steuerstufe (Höchstbetragsstufe) außer Betracht, so sind die dazwischen liegenden drei (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise fünf (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) Steuerstufen jeweils durchgängig degressiv gestaltet.

64

bb) Eine weitere Ungleichbehandlung folgt aus den durch die typisierenden Stufen bewirkten Differenzen in der Steuerbelastung. Dadurch wird außerdem die Ungleichbehandlung der weniger Leistungsfähigen gegenüber Leistungsfähigeren verstärkt, da sich die durch den degressiven Steuertarif einerseits und die Stufen andererseits hervorgerufenen Effekte teilweise addieren.

65

(1) Eine durch die Stufen hervorgerufene Ungleichbehandlung ergibt sich zunächst beim Übergang von einer Stufe in die nächste, nämlich für die Steuerpflichtigen, die mit ihrer Nettokaltmiete knapp ober- beziehungsweise unterhalb der jeweiligen Steuerstufengrenzwerte liegen.

66

Die Stufen als solche behandeln zudem verschieden leistungsfähige Steuerschuldner gleich, weil alle Steuerschuldner einer Stufe denselben absoluten Steuerbetrag zahlen müssen, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit typischerweise mit dem Mietaufwand ansteigt. Die damit verbundene Degression auf jeder einzelnen Stufe bewirkt eine Ungleichbehandlung entgegen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da der Steuersatz innerhalb einer Stufe mit steigender Bemessungsgrundlage abnimmt und damit zum Leistungsfähigkeitsprinzip entgegengesetzt verläuft. So sinkt beispielsweise innerhalb der zweiten Steuerstufe nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 (zwischen 1.533,88 € und 2.351,94 €) die Steuerbelastung von fast 40 % auf rund 26 % und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 (zwischen 1.650 € und 2.640 €) von etwa 34,8 % auf 21,8 %.

67

(2) Die Degression auf jeder einzelnen Stufe kommt zu der bereits durch einen Vergleich der mittleren Steuersätze festgestellten Degression als eigene Ungleichbehandlung hinzu. Am stärksten belastet werden insgesamt Steuerpflichtige mit Jahresmieten im unteren Bereich der jeweiligen Steuerstufen.

68

cc) Die auf der jeweiligen Stufe festgestellte Gleich- beziehungsweise Ungleichbehandlung tritt ebenfalls auf der Mindestbetragsstufe und der Höchstbetragsstufe der jeweiligen Steuersatzung zutage, weist gegenüber den anderen Stufen jedoch Besonderheiten auf. Innerhalb der Mindest- und der Höchstbetragsstufen nimmt der Steuersatz ähnlich wie auf den anderen Stufen mit steigender Bemessungsgrundlage ab und verläuft damit entgegensetzt zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Degression auf diesen beiden Stufen ist allerdings durch ihre Randlage in besonderer Weise ausgeprägt. Auf der Mindestbetragsstufe erhöht sich der Steuersatz mit sinkendem Mietaufwand, während die relative Belastung für Zweitwohnungen mit Jahresnettokaltmieten in der höchsten Stufe mit steigendem Mietaufwand geringer wird. Die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen verstärkt auf diese Weise den degressiven Effekt der Zweitwohnungsteuer.

69

c) Degressive Steuertarife sind nicht generell unzulässig. Die hierdurch hervorgerufenen Ungleichbehandlungen können verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 127, 224 <248>), weil der Normgeber zu einer reinen Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips nicht ausnahmslos verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 27, 58 <68>; 43, 108 <120 f.>). Bei der Rechtfertigung unterliegt er jedoch über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Bindungen.

70

Eine solche strengere Bindung des Normgebers folgt bei degressiven Steuertarifen aus der hiermit verbundenen Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz für das Steuerrecht, indem es dem Gesetzgeber ein auf die Leistungsfähigkeit bezogenes Differenzierungsgebot als materielles Gleichheitsmaß vorgibt. Allerdings fordert das Leistungsfähigkeitsprinzip keinen konkreten Steuertarif. Vom Bundesverfassungsgericht ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 52, 277 <280 f.>; 68, 287 <301>; 81, 108 <117 f.>; 84, 348 <359>).

71

d) Die durch den degressiven Steuertarif der angegriffenen Steuersatzungen hervorgerufene Ungleichbehandlung ist danach nicht mehr gerechtfertigt. Sie lässt sich im Ergebnis nicht auf Vereinfachungserfordernisse stützen (aa). Auch die Einnahmeerzielungsabsicht (bb) und die Verfolgung zulässiger Lenkungszwecke (cc) können diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Gleiches gilt für die Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips (dd).

72

aa) Die durch die konkrete Ausgestaltung der hier zu beurteilenden Steuertarife hervorgerufenen Ungleichheiten sind nicht von dem Zweck der Verwaltungsvereinfachung gedeckt. Zwar lassen sich Ungleichbehandlungen grundsätzlich durch Erfordernisse der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen (1). Zur Erreichung dieses Ziels sind die Regelungen jedoch nur teilweise geeignet (2). Zudem führt die hier gewählte Ausgestaltung der Tarife zu einer Gesamtdegression, die außer Verhältnis zum Ertrag der Vereinfachung steht (3).

73

(1) Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse können grundsätzlich sachliche Gründe für Einschränkungen der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit bilden (vgl. BVerfGE 127, 224 <245> m.w.N.).

74

(2) Die zu überprüfenden Regelungen sind jedoch nur teilweise zur Verwaltungsvereinfachung geeignet.

75

(a) Geeignet ist die Steuermaßstabsbildung anhand von fünf (Zweitwoh-nungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) pauschalierenden Steuerstufen. Eine gewisse Verwaltungsvereinfachung bewirkt die Zusammenfassung der Steuerpflichtigen in Steuergruppen hier dadurch, dass nicht in jedem Einzelfall behördlicherseits die Jahresnettokaltmiete exakt ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

76

(b) Nicht zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist hingegen der insgesamt, das heißt über verschiedene Steuerstufen hinweg, degressiv gestaltete Verlauf des Steuertarifs. Eine Verwaltungsvereinfachung wird zwar durch die Bildung von Steuerstufen erreicht. Ein durch immer flacher werdende Stufen gekennzeichneter degressiver Steuertarif ist jedoch für die Steuerverwaltung nicht einfacher zu handhaben als ein linearer oder progressiver Steuertarif.

77

(3) Auch soweit die Ausgestaltung zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist, stehen die mit den Degressionseffekten verbundenen Ungleichbehandlungen hier außer Verhältnis zu der damit zu erzielenden Verwaltungsvereinfachung.

78

Die Rechtfertigung einer durch die Stufenbildung hervorgerufenen Ungleichbehandlung setzt voraus, dass die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler ein gewisses Maß nicht übersteigt und die Vorteile der Vereinfachung im rechten Verhältnis hierzu stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 116, 164 <182 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Das ist hier nicht mehr der Fall. Bereits die Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf einer Stufe erreicht ein beträchtliches Ausmaß, das angesichts des insgesamt degressiven Tarifverlaufs nicht hinnehmbar ist. So ist etwa die bei rund 13 (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) und etwa 14 (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) Prozentpunkten liegende Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf der zweiten Stufe hoch. Dies gilt erst recht für die gebildete Höchstbetragsgruppe, die eine Spreizung von 25 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) respektive 15 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) vorsieht, wenn man von einer absoluten monatlichen Mietobergrenze von 2.000 € ausgeht; bei noch höherem Mietaufwand geht die Spreizung darüber noch hinaus. Hinzu treten die Effekte der Degression zwischen den einzelnen Stufen. So kommt es hier über alle Stufen hinweg nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 zu einer Differenz von 29 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 34 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 5 %) und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 zu einer Differenz von 27 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 33 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 6 %). Dem steht zwar ein Vereinfachungseffekt gegenüber, der durch die Tarifstufung erreicht wird und grundsätzlich umso größer ist, je geringer die Zahl der Stufen ist. Dieser Effekt ist hier jedoch nicht hinreichend gewichtig, weil die Verwaltungsvereinfachung, die durch die Stufung der Zweitwohnungsteuer erzielt wird, lediglich darin besteht, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresnettokaltmiete ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

79

bb) Die durch den degressiven Steuersatz hervorgerufene Ungleichbehandlung kann auch nicht mit der Absicht gerechtfertigt werden, höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Der degressive Steuertarif dient bereits nicht der Erzielung höherer Einnahmen. Ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen können nicht schon allein mit dem Finanzbedarf des Staates oder einer knappen Haushaltslage gerechtfertigt werden (BVerfGE 116, 164 <182> m.w.N.).

80

cc) Verfolgt der Gesetzgeber mit der Tarifdegression zulässige Lenkungszwecke, kann dies Abweichungen vom Leistungsfähigkeitsprinzip unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).

81

(1) Der Steuergesetzgeber darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden (vgl. BVerfGE 98, 106 <117>; 117, 1 <31 f.>). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.).

82

Will der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm etwa aus wirtschafts-, sozial-, umwelt- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, hat er eine große Gestaltungsfreiheit. In der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.). Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm aber in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere soweit der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

83

Der Lenkungszweck muss von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen sein (vgl. BVerfGE 99, 280 <296>; 105, 73 <112 f.>; 117, 1 <31 ff.>; stRspr). Dabei genügt es, wenn diese anhand der üblichen Auslegungsmethoden festgestellt werden kann (vgl. BVerfGE 99, 280 <296 f.>). Lenkungszwecke können sich etwa aus den Gesetzesmaterialien ergeben (vgl. BVerfGE 116, 164 <191 ff.>; vgl. aber BVerfGE 130, 131 <144>). Möglich ist außerdem, den Zweck aus einer Gesamtschau der jeweils vom Gesetzgeber normierten Steuervorschriften zu erschließen (vgl. BVerfGE 110, 274 <296 f.>). Ziele des Gesetzgebers können sich darüber hinaus aus dem Zusammenhang ergeben, in dem das Gesetz mit dem zu regelnden Lebensbereich steht (vgl. BVerfGE 62, 169 <183 f.>). Stets müssen sich die so erkannten Lenkungsziele jedoch auf eine Entscheidung des Gesetzgebers zurückführen lassen.

84

(2) Die durch die Degression hervorgerufene Ungleichbehandlung ist nicht durch die verfolgten Lenkungszwecke gerechtfertigt. Zwar sind die Lenkungszwecke grundsätzlich zulässig (a) und zum Teil von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen (b). Sie können jedoch die Ungleichbehandlung durch den degressiven Tarif nicht rechtfertigen (c).

85

(a) Die Veranlassung zur Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz nach den Maßgaben des Melderechts stellt ein legitimes Ziel einer Zweitwohnungsteuer dar (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -, juris Rn. 65, NJW 2013, S. 2498 <2502>, Rn. 66). Ein weiterer zulässiger Lenkungszweck liegt in der Erhöhung des Wohnungsangebots für die einheimische Bevölkerung und insbesondere für Studierende der Hochschulen vor Ort.

86

(b) Der Lenkungszweck, mit Nebenwohnsitz gemeldete Personen zur Anmeldung eines Hauptwohnsitzes zu bewegen, ist von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen. Er ergibt sich aus einer objektiven Auslegung der Satzungen. Zwar enthalten die Satzungsvorschriften selbst und die Materialien zu ihrer Entstehung keine einschlägigen Hinweise. Der Lenkungszweck folgt jedoch aus einer Gesamtschau der Satzungsregelungen unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Satzungen mit dem zu regelnden Lebensbereich stehen. Er ist für den Satzungsgeber erkennbar wesentlich, da die finanziellen Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich ihrer Höhe nach von der Einwohnerzahl und damit von der Zahl der gemeldeten Hauptwohnsitzinhaber abhängig sind (vgl. § 4, § 6 Abs. 4, § 7 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 Nr. 3, § 30 des baden-württembergischen Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich).

87

Ob der weitere Lenkungszweck, mit der Zweitwohnungsteuer das Halten von Zweitwohnungen - insbesondere kleinerer und preiswerter Wohnungen - einzudämmen, um dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen, von einer erkennbaren Entscheidung des Satzungsgebers getragen ist, kann hier offen bleiben (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Dezember 1992 - 2 S 1557/90 -, NVwZ-RR 1993, S. 509 <510>).

88

(c) Die steuerliche Differenzierung durch einen degressiven Tarifverlauf erweist sich allerdings auch unter Berücksichtigung des dem Normgeber insoweit zukommenden Einschätzungs- und Prognosevorrangs (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 115, 276 <308 f.>) zur Erreichung der Lenkungszwecke weder als geeignet noch als erforderlich.

89

Zwar mag die Erhebung der Zweitwohnungsteuer insgesamt geeignet sein, Zweitwohnungsinhaber zur Anmeldung des Hauptwohnsitzes zu bewegen; die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs selbst fördert diesen Lenkungszweck jedoch nicht. Dieses Lenkungsziel würde in gleicher Weise durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht, bei dem die hier festgestellte Ungleichbehandlung nicht vorläge. Gleiches gilt für den Lenkungszweck, das Halten von Zweitwohnungen einzudämmen.

90

Die Degression ist auch deshalb ungeeignet, weil die gerade mit ihr verbundenen zusätzlichen Belastungen so gering sind, dass ihre Lenkungswirkung angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung einhergehenden sonstigen Kosten auch dann zweifelhaft ist, wenn Steuerpflichtige Kenntnis von ihr haben.

91

dd) Der Gedanke der Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips scheidet als Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung durch einen degressiven Steuertarif bei der Zweitwohnungsteuer als kommunaler Aufwandsteuer ebenfalls aus.

92

Die Gründe, die bei einigen Steuern ausnahmsweise eine Rechtfertigung mit dem Äquivalenzprinzip erlauben mögen (vgl. BVerfGE 120, 1 <37 ff.>), treffen auf die Zweitwohnungsteuer nicht zu. Sie stellt keine wie auch immer geartete Gegenleistung für einen Sonderaufwand des Staates dar, weil sie nicht auf eine staatliche Leistung gestützt werden kann, die einem bestimmten kostenträchtigen Verhalten des Steuerschuldners zurechenbar ist. Der jährliche Mietaufwand als Bemessungsgrundlage der Steuer steht zudem nicht im Verhältnis zur Inanspruchnahme gebührenfreier kommunaler Leistungen.

D.

93

Die Verfassungswidrigkeit der Satzungen führt zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG).

94

Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte sind gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist wegen der Kostenentscheidung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

95

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

96

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Mai 2008 - 1 K 1636/07 - geändert: Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks ... ... in .... Durch Abgabenbescheid vom 26.01.2000 zog ihn die Beklagte - eine Gemeinde mit etwa 6.200 Einwohnern - unter Zugrundelegung des in der einschlägigen Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 10.12.1992 (im Folgenden: AbwS) vorgesehenen modifizierten Frischwassermaßstabs zu einer Abwassergebühr für das Jahr 1999 in Höhe von 256,20 DM heran. Dabei legte die Beklagte eine eingeleitete Abwassermenge (= bezogene Frischwassermenge) von 61 m 3 und einen Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser zugrunde.
Die einschlägigen Regelungen der Satzung lauten wie folgt: Die Gemeinde erhebt für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Abwassergebühr (§ 32 AbwS). Schuldner der Abwassergebühr ist der Grundstückseigentümer (§ 33 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Die Abwassergebühr wird nach der Abwassermenge bemessen, die auf dem an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossenen Grundstück anfällt (§ 34 Abs. 1 AbwS). Als angefallene Abwassermenge gilt bei öffentlicher Wasserversorgung - wie hier - der der Entgeltberechnung zugrunde gelegte Wasserverbrauch (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 AbwS). Für Abwasser, das zu einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage gebracht wird, beträgt die Gebühr 4,20 DM/m 3 Abwasser (§ 37 Abs. 3 AbwS).
Gegen den Bescheid vom 26.01.2000 erhob der Kläger am 28.02.2000 Widerspruch. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens nahm die Beklagte eine Nachkalkulation der Abwassergebühr für die Gebührenjahre 1999 bis 2005 vor. Die Nachkalkulation für das Jahr 1999 (Stand: Oktober 2006) ergab - ohne Ausgleich von Vorjahresergebnissen - einen kostendeckenden Gebührensatz in Höhe von 3,87 DM/m 3 Abwasser. Auf Grundlage dieser Nachkalkulation beschloss der Gemeinderat der Beklagten am 09.11.2006 rückwirkend zum 01.01.1999 wiederum einen Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.1999. Dabei brachte die Beklagte die von ihr ermittelte Kostenunterdeckung des Jahres 1994 sowie einen Teil der ermittelten Kostenunterdeckung des Jahres 1995 im Gebührenjahr 1999 zum Ausgleich, um zum gleichen Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser zu gelangen, wie er den Bescheiden für das Gebührenjahr 1999 zugrunde gelegt worden war.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Abgabenbescheid vom 26.01.2000 wies das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2007 zurück.
Der Kläger hat am 10.08.2007 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Dem Antrag des Klägers, den Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 aufzuheben, ist die Beklagte entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 06.05.2008 abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für Grundstücke, die - wie dasjenige des Klägers - an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen seien, als Gebührenmaßstab den sogenannten Frischwassermaßstab verwende. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei der Frischwasserbezug jedenfalls dann zur Erfassung auch der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers geeignet, wenn nach den Verhältnissen im Satzungsgebiet im Durchschnitt der Veranlagungsfälle ein Wahrscheinlichkeitszusammenhang zwischen beiden Wassermengen derart bestehe, dass der Wasserbezug auf einem Grundstück der Zahl der Bewohner und diese wiederum dem Umfang der baulichen Nutzung eines Grundstücks sowie der dort vorhandenen befestigten Flächen entspreche, von der Regenwasser in die Kanalisation abgeleitet werde. Das sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Satzungsgebiet durch eine verhältnismäßig homogene und wenig verdichtete Wohnbebauung ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch geprägt sei. In diesem Fall liege eine homogene Siedlungsstruktur vor, die es rechtfertige, den Frischwasserbezug auch als Indikator für die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers anzusehen. Im Regelfall könne bei einer Einwohnerzahl von 60.000 bis 80.000 noch von einer homogenen Siedlungsstruktur in diesem Sinne ausgegangen werden.
Auch der in § 37 Abs. 1 AbwS i.d.F. der Änderungssatzung vom 09.11.2006 rückwirkend für das Jahr 1999 festgelegte Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser sei gültig. Die durch ein Fachbüro erstellte Nachkalkulation der Gebühren stelle auf ihren Seiten 15 und 16 alternativ die Gebührensatzobergrenzen einerseits ohne und andererseits mit Berücksichtigung der Kostenunterdeckungen der Jahre 1994 und 1995 dar. Dass sich der Gemeinderat der Beklagten entschlossen habe, den Gebührensatz für das Jahr 1999 unter Berücksichtigung dieser Kostenunterdeckungen festzusetzen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Gemeinderat entsprechend den Vorgaben der Nachkalkulation die ausgleichsfähigen Unterdeckungen des Jahres 1994 (51.242,40 DM) in voller Höhe und die ausgleichsfähigen Unterdeckungen des Jahres 1995 (65.544,-- DM) nur in Höhe von 42.456,05 DM berücksichtigt habe. Mit der lediglich teilweisen Berücksichtigung der ausgleichsfähigen Unterdeckungen des Jahres 1995 habe erreicht werden sollen, dass der Gebührensatz mit 4,20 DM/m 3 Abwasser exakt in der Höhe festgesetzt habe werden können, der auch den tatsächlichen Veranlagungen für das Gebührenjahr 1999 zugrunde gelegt worden sei. Dies sei eine sachgerechte Erwägung, die vom Gericht nicht beanstandet werden könne.
Der Vortrag des Klägers rechtfertige schließlich auch nicht die Annahme, die bei der Festsetzung des Gebührensatzes für das Jahr 1999 berücksichtigten und ausgeglichenen Unterdeckungen der Jahre 1994 und 1995 seien methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg beziehe sich die Ausgleichsbefugnis von Unterdeckungen aus Vorjahren lediglich auf solche Unterdeckungen, die sich aufgrund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergäben.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 03.11.2008 zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Auch für den Bereich einer homogenen Siedlungsstruktur sei der Frischwasserbezug als Indikator für die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers ungeeignet. Aufgrund der Menge des Frischwasserbezuges könne ein Rückschluss auf die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers nicht erfolgen. Denn die Menge des bezogenen Frischwassers sei von der Nutzung des Grundstücks (z.B. Zahl der Bewohner) abhängig, während die Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers von den vorhandenen befestigten Flächen abhängig sei. Ändere sich z.B. die Zahl der Bewohner und damit der Frischwasserbezug, ändere sich deshalb nicht die Niederschlagswassermenge. Im Übrigen liege die Zahl der von einer vermeintlich homogenen Bebauung abweichenden Grundstücke im Gebiet der Beklagten bei über 10 %.
10 
Unabhängig davon habe die Beklagte bei der Festsetzung der Höhe des Gebührensatzes zu Unrecht Unterdeckungen aus den Jahren 1994 und 1995 berücksichtigt. Die Gebührenkalkulationen der Jahre 1994 und 1995 hätten jeweils den Straßenentwässerungsanteil zu niedrig und damit fehlerhaft angesetzt. Bei zutreffender Berücksichtigung des Straßenentwässerungsanteils hätten sich in den Jahren 1994 und 1995 keine vermeintlichen Unterdeckungen, sondern ausgleichspflichtige Überdeckungen ergeben. Dies führe im Ergebnis auch zur Nichtigkeit des Abwassergebührensatzes für das Jahr 1999.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 06.05.2008 - 1 K 1636/07 - zu ändern und den Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Bei einer Gemeinde ihrer Größe könne im Regelfall von einer homogenen Siedlungsstruktur ausgegangen werden. Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 - (KStZ 2008, 74), der eine völlig andere Gemeindestruktur mit wesentlich größeren Gemeinden zugrunde liege, könne auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragen werden.
16 
Im Rahmen der Nachkalkulation hätten auch die für die Jahre 1994 und 1995 errechneten Unterdeckungen im Jahre 1999 Berücksichtigung finden können. Im Rahmen der Nachkalkulation seien die Straßenentwässerungskostenanteile für die Jahre 1994 und 1995 exakt so angesetzt worden, wie dies auch im Rahmen der damaligen prognostischen Kalkulation für diese Gebührenjahre geschehen sei. Diese Vorgehensweise genüge den Anforderungen an den Ausgleich von Vorjahresergebnissen. Wäre es anders, bestünde im Rahmen der Ermittlung von Vorjahresergebnissen die Möglichkeit, jeden in den Rechnungsergebnissen enthaltenen kalkulatorischen Ansatz abweichend von der zugrunde liegenden prognostischen Kalkulation zu prüfen. Damit würde indirekt eine Überprüfung des früheren Satzungsrechts und der dortigen Ansätze vorgenommen. Dies würde zu untragbaren Ergebnissen führen, da über das System des gesetzlichen Ausgleichs dann indirekt die Satzungen beliebig weit zurückreichender vergangener Jahre überprüft werden müssten.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Für die Heranziehung des Klägers zu Gebühren für die Entsorgung von Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) im hier maßgeblichen Jahr 1999 fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die einschlägige Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 10.12.1992 i.d.F. der Änderungssatzung vom 09.11.2006 (im Folgenden: AbwS) ist nichtig. Denn sie enthält für die Gebührenerhebung keine gültige Maßstabsregelung, wie sie § 2 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden Kommunalabgabengesetzes vom 28.05.1996 (im Folgenden: KAG 1996) als Mindestinhalt einer Satzung fordert.
20 
Nach §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 Nr. 1, 36 Abs. 1 Satz 1 AbwS wird die Abwassergebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser einheitlich nach der Abwassermenge bemessen, die auf dem angeschlossenen Grundstück anfällt. Als angefallene Abwassermenge gilt dabei bei öffentlicher Wasserversorgung - wie hier - der der Entgeltberechnung zugrunde gelegte Wasserverbrauch abzüglich der nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleiteten Wassermengen. Die Satzung sieht damit als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den sogenannten (einheitlichen) Frischwassermaßstab vor. Dieser Maßstab verstößt angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten in aller Regel gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip.
21 
1. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat den Gemeinden und Landkreisen für den gemäß § 2 Abs. 1 KAG 1996 in der Satzung festzulegenden Gebührenmaßstab keine einfachgesetzlichen Beschränkungen auferlegt. Das ortsgesetzgeberische Ermessen der Gemeinden und Landkreise ist jedoch durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip eingeschränkt. Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und besagt als solcher, dass die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Es fordert ferner, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung in etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden, und berührt sich insoweit mit dem Gleichheitssatz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3.93 - NVwZ-RR 1995, 594; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2008 - 2 S 623/06 - AbfallR 2009, 44).
22 
Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip bildet damit eine Obergrenze für die Gebührenbemessung. Unterhalb dieser Obergrenze ist die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers im Wesentlichen nur durch das aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot in der Weise eingeschränkt, dass bei gleichartig beschaffenen Leistungen die Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze in den Grenzen der Praktikabilität und der Wirtschaftlichkeit so zu wählen und zu staffeln sind, dass sie dem unterschiedlichen Ausmaß der erbrachten Leistungen Rechnung tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt bleibt. Das Willkürverbot belässt damit dem Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Es verbietet nur eine willkürliche Ungleichbehandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte und die willkürliche Gleichbehandlung (wesentlich) ungleicher Sachverhalte. Die hierdurch gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit überschreitet der Satzungsgeber erst dann, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Satzungsgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. zum Ganzen: Rieger in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 6 RdNr. 591).
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Nach allgemeiner Ansicht dürfen Benutzungsgebühren nicht nur nach dem konkret nachgewiesenen Umfang der jeweiligen Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung (Wirklichkeitsmaßstab), sondern auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden. Die Rechtfertigung für die Verwendung eines solchen pauschalierenden Maßstabs ergibt sich aus der Notwendigkeit eines praktikablen, wenig kostenaufwändigen und damit auch den Gebührenzahlern zugute kommenden Erhebungsverfahrens (BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995, aaO). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab darf aber nicht offensichtlich ungeeignet sein, d.h. er muss Umständen oder Verhältnissen entnommen worden sein, die mit der Art der Benutzung in Zusammenhang stehen, und auf eine Berechnungsgrundlage zurückgreifen, die für die Regel in etwa zutreffende Rückschlüsse auf das tatsächliche Maß der Benutzung zulässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2000 - 2 S 132/00 - VBlBW 2001, 21).
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2. Bei dem von der Beklagten gewählten (einheitlichen) Frischwassermaßstab wird die Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl des Schmutzwassers als auch des Niederschlagswassers nach der Menge des bezogenen Frischwassers bemessen. Dieser Maßstab beruht auf der Annahme, dass die auf einem Grundstück bezogene Frischwassermenge im Regelfall in einem ungefähr gleichen Verhältnis zur Menge des anfallenden Abwassers steht (vgl. zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2009 - 2 S 2650/08 - VBlBW 2009, 472). Diese Annahme trifft unzweifelhaft hinsichtlich des Schmutzwassers zu, weil die Menge des Frischwassers, die einem an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück zugeführt wird, jedenfalls typischerweise weitgehend der in die Kanalisation eingeleiteten Abwassermenge entspricht.
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Was das Niederschlagswasser betrifft, kann das Gleiche dagegen nicht gesagt werden, weil der Frischwasserverbrauch keinen verlässlichen Rückschluss darauf erlaubt, wie viel Niederschlagswasser von dem betreffenden Grundstück der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 - KStZ 2008, 74; Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009 - 5 A 631/08 - KStZ 2009, 235). Denn der Frischwasserverbrauch ist regelmäßig bei Wohnbebauung personen- und bei Gewerbegrundstücken produktionsabhängig, während die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers - außer von der Menge des Niederschlags - von der Größe des Grundstücks sowie der Oberflächengestaltung abhängig ist. Ein verlässlicher Zusammenhang zwischen Frischwasserbezug eines Grundstücks und der von diesem Grundstück zu entsorgenden Niederschlagswassermenge besteht demnach zumindest in aller Regel nicht. Die Verwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden (unten a). Sie kann ferner nicht mit der Erwägung als rechtmäßig angesehen werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 12.06.1972 - VII B 117.70 - KStZ 1973, 92; Beschluss vom 25.03.1985 - 8 B 11.84 - NVwZ 1985, 496 mwN) als auch nach der des erkennenden Senats (Urteil vom 27.10.1993 - 2 S 199/80 - VBlBW 1984, 346) eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind (unten b).
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a) Im Benutzungsgebührenrecht ist ebenso wie im sonstigen Abgabenrecht auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit abzustellen, der es dem Satzungsgeber gestattet, bei Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, wie nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fällen dem „Typ“ widersprechen (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 BN 2.05 - Juris; Urteil vom 01.08.1986 - 8 C 112.84 - NVwZ 1987, 231; Beschluss vom 19.08.1983 - 8 N 1.83 - BVerwGE 68, 36).
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In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann nicht angenommen werden, dass der einheitliche Frischwassermaßstab im Allgemeinen und damit in 90 % aller Fälle zu einer in etwa gleichmäßigen Belastung der Beitragspflichtigen führt. Es ist mit anderen Worten nicht davon auszugehen, dass im „Regelfall“ auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets das Verhältnis zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der nach dem Frischwasserverbrauch berechneten Schmutzwassermenge (so) weitgehend vergleichbar ist, dass es aus diesem Grund einer gesonderten Berechnung der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nicht bedarf.
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Zwar hat der erkennende Senat bislang den einheitlichen Frischwassermaßstab auch zur Erfassung der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers als geeignet angesehen, wenn das Satzungsgebiet durch eine im entwässerungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig homogene Bebauungsstruktur mit wenig verdichteter Wohnbebauung und ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch geprägt ist (Urteil vom 07.10.2004 - 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239). Dem lag der Gedanke zugrunde, dass von einer homogenen Siedlungsstruktur ausgegangen werden könne, wenn in einer Gemeinde für mindestens 90 % der angeschlossenen Grundstücke die Entwässerungsverhältnisse in etwa gleich seien. Insoweit handelt es sich bei dem Kriterium einer homogenen Siedlungsstruktur um nichts anderes als eine konkretisierte Ausprägung des oben dargelegten Grundsatzes der Typengerechtigkeit (so zutreffend Quaas, VBlBW 2006, 175, 176). Der Senat hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, im Regelfall könne bei Gemeinden mit 60.000 bis 80.000 Einwohnern noch von einer homogenen Siedlungsstruktur im genannten Sinne ausgegangen werden. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest. Eine Vergleichbarkeit zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der Schmutzwassermenge auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets dürfte nach den heutigen Verhältnissen die absolute Ausnahme bilden. Auch für das Gebiet der Beklagten, einer Gemeinde mit sechs Teilorten und ca. 6.200 Einwohnern, liegt eine solche Ausnahme nicht vor.
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Die Anzahl der Bewohner auf den Grundstücken des jeweiligen Satzungsgebiets, die maßgeblich die Menge des einem Grundstück zugeführten Frischwassers beeinflusst, ist - unter den hiesigen modernen Lebensverhältnissen - so unterschiedlich, dass ein vorherrschender, mindestens 90 % der Fälle erfassender „Regeltyp“ mit annähernd gleicher Relation zwischen Frischwasserverbrauch je Grundstück und hiervon abgeleitetem Niederschlagswasser nicht erkennbar ist. Die Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers wird bestimmt durch die Größe der versiegelten Grundstücksflächen, die sich nach der Kubatur der Baukörper und dem Vorhandensein weiterer befestigter Flächen - wie etwa Stellplätze, Terrassen - richtet. Dagegen wird die Menge des Abwassers im Falle der Wohnbebauung ganz wesentlich durch die Zahl der auf dem Grundstück vorhandenen Haushalte und die Zahl der zu den Haushalten gehörenden Personen beeinflusst. Bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken, die erfahrungsgemäß einen hohen Versiegelungsgrad aufweisen, kommt es auf die Art der gewerblichen und industriellen Nutzung und die Höhe des damit verbundenen Frischwasserverbrauchs an. Deshalb sind sowohl gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke als auch Grundstücke mit stark verdichteter Wohnbebauung (z.B. Hochhäuser) im Hinblick auf die Relation zwischen Frischwasserverbrauch und abgeleitetem Niederschlagswasser von vornherein als atypisch anzusehen. Vor diesem Hintergrund kommen als Grundstücke mit „vergleichbaren Entwässerungsverhältnissen“ naturgemäß lediglich die die Wohnbebauung prägenden Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke in Betracht. Aber selbst Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke weisen nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derart uneinheitliche Haushaltsgröße und daraus folgend einen derart unterschiedlichen Wasserverbrauch auf, dass nicht mehr von einer annähernd vergleichbaren Relation zwischen Frischwasserverbrauch und Niederschlagswassermenge ausgegangen werden kann.
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Einfamilienhäuser werden zwar überwiegend von Familien mit Kindern bewohnt. Schon die Anzahl der Kinder in den Haushalten variiert aber mit der Folge eines stark unterschiedlichen Wasserverbrauchs. Davon abgesehen werden Einfamilienhäuser auch nicht selten nur von einer oder zwei Personen bewohnt, weil z.B. ein Ehepartner verstorben ist oder die Parteien sich infolge einer Scheidung getrennt haben oder die (erwachsenen) Kinder das Elternhaus verlassen haben (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). Diese Einschätzung wird durch die vom Senat beim Baden-Württembergischen Landesamt für Statistik ermittelten Zahlen (Mikrozensus 2006) für das Land Baden-Württemberg belegt. Danach gibt es in Baden-Württemberg insgesamt 1.088.000 Haushalte in Einfamilienhäusern (Wohngebäude mit einer Wohneinheit), die sich wie folgt aufteilen: 186.000 Haushalte mit einer Person (= 17,10 %), 412.000 Haushalte mit zwei Personen (= 37,87 %), 183.000 Haushalte mit drei Personen (= 16,2 %), 217.000 Haushalte mit vier Personen (= 19,94 %) sowie 90.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen (= 8,27 %). Auch die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 02.09.2009, aaO) ermittelten Daten für das Land Hessen zeigen eine in etwa vergleichbare Verteilung der Haushaltsgrößen in Einfamilienhäusern; danach werden Einfamilienhäuser in 19,22 % von Haushalten mit einer Person, in 40,28 % von Haushalten mit zwei Personen, in 17,57 % von Haushalten mit drei Personen, in 16,72 % von Haushalten mit vier Personen und in 6,21 % der Fälle von Haushalten mit fünf und mehr Personen bewohnt.
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Diese für die Länder Baden-Württemberg und Hessen erhobenen Daten bestätigen eindrucksvoll, dass generell von einer Homogenität der Haushaltsgröße auch für den Bereich von Einfamilienhäusern nicht gesprochen werden kann. Diese Aussage kann auch ohne weiteres auf das Gemeindegebiet der Beklagten übertragen werden. Dafür, dass sich im Gemeindegebiet der Beklagten die Verhältnisse nennenswert anders darstellen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Auch die Beklagte hat in dieser Richtung nichts vorgetragen.
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Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass bereits im Bereich der Einfamilienhäuser durch die Streuung der Haushaltsgrößen ein stark unterschiedlicher Frischwasserverbrauch festzustellen ist, der bei ansonsten gleichen Verhältnissen zu gravierenden Unterschieden bei der Höhe der veranlagten Gebühren für den Anteil der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung führt. Wird ein Einfamilienhaus von einer Einzelperson bewohnt, entfällt auf dieses Grundstück nach der Gebührensatzung der Beklagten für das Jahr 1999 bei einem durchschnittlich angenommenen Jahresfrischwasserverbrauch von 40 m 3 und einem Gebührensatz von 4,20 DM eine Abwassergebühr von 168,-- DM. Wird das gleiche Einfamilienhaus dagegen von einem Vier-Personen-Haushalt bewohnt, entfällt auf das Grundstück - trotz derselben versiegelten Fläche - bei einem unterstellten Jahresfrischwasserverbrauch von wiederum 40 m 3 je Person eine Abwassergebühr von 672,-- DM. Unterstellt man ferner einen Anteil von lediglich 25 % der Gesamtkosten für die Niederschlagswasserentsorgung (vgl. Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %) und geht damit bei einer Abwassergesamtgebühr von 4,20 DM je Kubikmeter von einem Anteil für die Beseitigung des Niederschlagswassers von 1,05 DM je Kubikmeter aus, so zahlt der Ein-Personen-Haushalt dafür 42,-- DM, der Vier-Personen-Haushalt bei gleicher Versiegelungsfläche dagegen 168,-- DM. Das hier aufgeführte Beispiel zeigt, dass selbst dann, wenn nur die Nutzung eines Einfamilienhauses mit vergleichbarem Umfang an Grundstücksversiegelung in den Blick genommen wird, unter anderem Familien mit Kindern gegenüber Einzelpersonen/Kleinhaushalten zu erheblich höheren Gebühren herangezogen werden, obwohl die zu beseitigende Niederschlagswassermenge in etwa gleich ist.
33 
Die dargestellte Uneinheitlichkeit der Haushaltsgrößen und damit die unterschiedliche Nutzungsintensität gilt auch für Zweifamilienhäuser. Nach den Daten des Baden-Württembergischen Landesamtes für Statistik (Mikrozensus 2006) teilen sich die Haushaltsgrößen in den 503.000 Wohngebäuden mit zwei Wohneinheiten wie folgt auf: 134.000 Haushalte mit einer Person, 195.000 Haushalte mit zwei Personen, 68.000 Haushalte mit drei Personen, 77.000 Haushalte mit vier Personen sowie 29.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die versiegelte Fläche bei Zweifamilienhäusern im Vergleich zu Einfamilienhäusern nach allgemeiner Lebenserfahrung zwar erhöht, aufgrund der Kubatur von Zweifamilienhäusern allerdings keine entsprechende Verdoppelung der versiegelten Flächen angenommen werden kann.
34 
b) Die Anwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch nach der des erkennenden Senats eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind. Als geringfügig in diesem Sinne sehen das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 12.06.1972 und vom 25.03.1985, aaO) sowie der erkennende Senat (Urteil vom 27.10.1993, aaO) diese Kosten dann an, wenn ihr Anteil an den Kosten der gesamten Entwässerung nicht mehr als 12 % beträgt.
35 
Nach den Veröffentlichungen in der Fachliteratur ist von den gesamten Abwasserentsorgungskosten regelmäßig ein Anteil von 25 % und mehr für die Niederschlagswasserentsorgung zu veranschlagen (vgl. etwa Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %; Hennebrüder, KStZ 2007, 184 - unter Bezugnahme auf Untersuchungen des Gutachters Prof. Dr. Pecher, wonach der Anteil in der Regel zwischen 35 % und 45 % liegt). Darüber hinaus hat auch die Beklagte im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür genannt, dass der Anteil der Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung in ihrem Gebiet noch als geringfügig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzusehen ist.
36 
3. Für die Gemeinden hat dies zur Konsequenz, dass - von wenigen, wohl nur theoretisch denkbaren Ausnahmen abgesehen - statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben erhoben werden muss (gesplittete Abwassergebühr). Ein unverhältnismäßiger und damit nicht mehr zu vertretender finanzieller Kostenaufwand ist damit nicht verbunden (ebenso Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). So besteht für die Beklagte insbesondere die Möglichkeit, die an die Abwasseranlage angeschlossenen versiegelten Flächen im Rahmen einer Selbstveranlagung der Gebührenschuldner zu ermitteln und sich auf eine stichprobenweise Überprüfung zu beschränken.
37 
In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass die Kosten für die Erstellung der Gebührenkalkulation durch ein von der Gemeinde beauftragtes Beratungsbüro oder einen anderen Dritten einschließlich der Kosten der dafür notwendigen Vorarbeiten Teil der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KAG ansatzfähigen Kosten sind. Zu den nach dieser Vorschrift gebührenfähigen Kosten gehören zwar nur die „Kosten der Einrichtung“, d.h. Kosten, die durch die Leistungserstellung der Gemeinde verursacht worden sind oder für solche Neben- und Zusatzleistungen entstanden sind, die mit der eigentlichen Leistungserstellung in einem ausreichend engen Sachzusammenhang stehen. Auch ist nicht zu übersehen, dass die Erstellung der Gebührenkalkulation mit der eigentlichen Leistung, die durch die öffentliche Einrichtung erbracht wird, nur in einem mittelbaren Zusammenhang steht. Die Rechtfertigung für eine Abwälzung der dadurch entstehenden Kosten auf sämtliche Gebührenschuldner ergibt sich jedoch aus der Überlegung, dass es sich dabei um für die Realisierung des Gebührenanspruchs der Gemeinde notwendige Kosten handelt. Denn das durch die Benutzung der öffentlichen Einrichtung seitens des Bürgers eingeleitete Austauschverhältnis kann grundsätzlich nur dann korrekt abgewickelt werden, wenn die Gemeinde den Satz der für die Benutzung zu entrichtenden Gebühren auf der Grundlage einer Gebührenkalkulation in ihrer Satzung festlegt (in dieser Richtung bereits das Normenkontrollurteil des Senats vom 13.05.1997 - 2 S 3246/94 - BWGZ 1997, 890; ebenso VG Freiburg, Urteil vom 10.12.2003 - 7 K 420/02 - Juris; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 RdNr. 733a, S. 473). An der in seinem Normenkontrollbeschluss vom 27.02.1996 - 2 S 1407/94 - (NVwZ-RR 1996, 593) beiläufig geäußerten Auffassung, dass die Kosten für die Erstellung der erforderlichen Gebührenkalkulation nicht zu den auf die Gebührenschuldner abwälzbaren Kosten der Einrichtung gehörten, hält der Senat deshalb nicht fest.
38 
4. Ob die Satzung der Beklagten vom 09.11.2006 auch deshalb zu beanstanden ist, weil die Beklagte in die dieser Satzung zugrunde liegende Gebührenkalkulation Unterdeckungen aus den Jahren 1994 und 1995 eingestellt hat, deren Berechnung - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auf einem zu niedrigen Ansatz des Straßenentwässerungsanteils beruht, bedarf danach keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die der Beklagten offenstehende Möglichkeit, die aus den oben genannten Gründen nichtige Satzung vom 09.11.2006 rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen, die statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben vorsieht, sowie im Hinblick auf künftige Streitfälle zwischen den Beteiligten sieht sich der Senat jedoch zu den folgenden, diese Frage betreffenden Bemerkungen veranlasst.
39 
a) Zu der bis zum 31.03.2005 geltenden Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F., die thematisch der heutigen Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG entspricht, hat der Senat in seinem Urteil vom 27.01.2003 - 2 S 2587/00 - (VBlBW 2003, 322) entschieden, die Vorschrift beziehe sich lediglich auf Über- und Unterdeckungen, die sich am Ende eines Bemessungszeitraums auf Grund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergäben. Nicht unter § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. fielen dagegen - schon seinem Wortlaut nach - solche Über- und Unterdeckungen, die sich aus der nachträglichen Feststellung überhöhter Gebührensatzregelungen ergäben. An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.
40 
§ 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. wurde 1986 auf Empfehlung des Innenausschusses in das Kommunalabgabengesetz eingefügt. Wie sich aus dem Bericht des Innenausschusses (LT-Drs. 9/3305, S. 10) ergibt, hat sich der Gesetzgeber dabei von der Überlegung leiten lassen, dass eine Gebührenkalkulation nur prognostischen Charakter haben kann und dementsprechend immer mit bestimmten Unsicherheiten verbunden ist. Die in die Kalkulation eingestellten Annahmen über die voraussichtlich entstehenden Kosten der Einrichtung und den voraussichtlichen Umfang ihrer Benutzung werden deshalb kaum einmal mit den tatsächlich entstehenden Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung übereinstimmen. Etwaige sich daraus ergebende Kostenüberdeckungen sollte die Gemeinde nach dem Willen des Landesgesetzgebers nicht für sich behalten dürfen, sondern innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Gebührenschuldner zurückgeben müssen. Die Gemeinde sollte aber umgekehrt auch das Recht erhalten, sich aus den genannten Abweichungen ergebende Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums durch eine entsprechende Erhöhung der Gebühren ausgleichen zu dürfen.
41 
Eine Korrektur fehlerhafter Kalkulationen ist danach von § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. nicht bezweckt. Die Vorschrift ist vielmehr einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur für solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen gilt, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, d.h. daraus dass die geschätzten Kosten der Einrichtung und der geschätzte Umfang ihrer Benutzung von den tatsächlichen Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung abweichen. § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. bezieht sich dagegen nicht auf solche Kostenüberdeckungen, die sich daraus ergeben, dass in die Kalkulation Kosten eingestellt wurden, die nicht oder nicht in dieser Höhe ansatzfähig sind. Die Vorschrift erlaubt umgekehrt aber auch keinen Ausgleich von Kostenunterdeckungen, die daraus folgen, dass bestimmte ansatzfähige Kosten in die Kalkulation überhaupt nicht oder nicht in der gesetzlich zulässigen Höhe eingestellt worden sind.
42 
b) Das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.03.2005 hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Der an die Stelle des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. getretene § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 legt wie sein Vorgänger fest, dass Kostenüberdeckungen innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen werden müssen und Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums ausgeglichen werden können. § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 stellt darüber hinaus klar, wie Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen zu bestimmen sind, nämlich - so die damalige Fassung dieser Vorschrift - durch einen Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „Gesamtkosten“. Dass über diese Klarstellung hinaus auch eine Änderung der bis dahin geltenden und durch das Urteil des Senats vom 27.01.2003 verdeutlichten Rechtslage beabsichtigt war, kann weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/3966, S. 47) entnommen werden.
43 
c) Die durch das Gesetz vom 09.05.2009 erfolgte Änderung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 nötigt dagegen für die Zeit ab dem Inkrafttreten dieser Änderung zu einer Korrektur der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Nach der Neufassung der Vorschrift ist nunmehr zur Feststellung von Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „ansatzfähigen Gesamtkosten“ vorzunehmen. Die zu § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a. F. vertretene Auffassung, dass diese Regelung nicht die Korrektur fehlerhafter Gebührenkalkulationen bezwecke, sondern sich nur auf solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen beziehe, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, kann angesichts des geänderten Wortlauts auf § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 nicht übertragen werden. Die sich aus einem solchen Verständnis der Vorschrift ergebende Konsequenz ist, dass unter der Geltung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 beschlossene Gebührensatzungen durch in der Vergangenheit unterlaufene und unter Umständen lange zurückliegende Fehler bei früheren Gebührenkalkulationen infiziert werden können. Durch die in § 49 Abs. 2 KAG getroffene Anordnung, nach der § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 auch auf früher entstandene Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen Anwendung findet, verschärfen sich die damit verbundenen Probleme. Ob der Gesetzgeber sich dieser Konsequenz bewusst war, die seinen in anderer Hinsicht unternommenen Bestrebungen zuwiderläuft, die Bestandskraft von Abgabensatzungen im Interesse der Rechtssicherheit zu erhöhen, lässt sich bezweifeln. Der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 14/4002, S. 70) kann dazu jedenfalls nichts entnommen werden. Das enthebt den Senat jedoch nicht der Verpflichtung, sich bei der Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 in erster Linie an dessen Wortlaut zu halten.
44 
d) Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Beklagte bei einem etwaigen, von ihr für erforderlich gehaltenen Neuerlass einer Satzung für das Jahr 1999 die Gebühren unter Berücksichtigung der geänderten Vorgaben des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 zu kalkulieren hat. Ob es in den vor 1999 liegenden fünf Jahren zu dabei berücksichtigungsfähigen Kostenunterdeckungen gekommen ist, ist somit an Hand eines Vergleichs zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen in dem jeweiligen Jahr und der Summe der in diesem Jahr angefallenen ansatzfähigen Gesamtkosten festzustellen. Der in den Gebührenkalkulationen für die Jahre 1994 und 1995 fehlerhaft angesetzte Straßenentwässerungsanteil ist danach entsprechend zu korrigieren.
45 
Für die Nachkalkulation darf schließlich noch an die Entscheidung des Senats vom 15.02.2008 - 2 S 2559/05 - (VBlBW 2008, 350) erinnert werden. Danach ist der Ausgleich einer Kostenunterdeckung nach Ablauf der Fünfjahresfrist auch dann ausgeschlossen, wenn diese überhaupt (oder mit einem höheren Betrag) erst nach Ablauf des zitierten Zeitraums erkannt wird. Der Ablauf der Fünfjahresfrist schafft für die Gemeinde und die Gebührenpflichtigen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Spätere Nachholungen sind ausgeschlossen, der entstandene Fehlbetrag ist dann endgültig aus allgemeinen Deckungsmitteln zu finanzieren. Diese Ausführungen gelten auch für den Ausgleich von Überdeckungen; nach Ablauf von fünf Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums sind nicht abgewickelte Überdeckungen nicht mehr zu berücksichtigen (so auch: Giebler, KStZ 2007, 167, 172).
46 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
47 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
48 
Beschluss
49 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 130,99 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
50 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Für die Heranziehung des Klägers zu Gebühren für die Entsorgung von Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) im hier maßgeblichen Jahr 1999 fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die einschlägige Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 10.12.1992 i.d.F. der Änderungssatzung vom 09.11.2006 (im Folgenden: AbwS) ist nichtig. Denn sie enthält für die Gebührenerhebung keine gültige Maßstabsregelung, wie sie § 2 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden Kommunalabgabengesetzes vom 28.05.1996 (im Folgenden: KAG 1996) als Mindestinhalt einer Satzung fordert.
20 
Nach §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 Nr. 1, 36 Abs. 1 Satz 1 AbwS wird die Abwassergebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser einheitlich nach der Abwassermenge bemessen, die auf dem angeschlossenen Grundstück anfällt. Als angefallene Abwassermenge gilt dabei bei öffentlicher Wasserversorgung - wie hier - der der Entgeltberechnung zugrunde gelegte Wasserverbrauch abzüglich der nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleiteten Wassermengen. Die Satzung sieht damit als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den sogenannten (einheitlichen) Frischwassermaßstab vor. Dieser Maßstab verstößt angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten in aller Regel gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip.
21 
1. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat den Gemeinden und Landkreisen für den gemäß § 2 Abs. 1 KAG 1996 in der Satzung festzulegenden Gebührenmaßstab keine einfachgesetzlichen Beschränkungen auferlegt. Das ortsgesetzgeberische Ermessen der Gemeinden und Landkreise ist jedoch durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip eingeschränkt. Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und besagt als solcher, dass die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Es fordert ferner, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung in etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden, und berührt sich insoweit mit dem Gleichheitssatz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3.93 - NVwZ-RR 1995, 594; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2008 - 2 S 623/06 - AbfallR 2009, 44).
22 
Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip bildet damit eine Obergrenze für die Gebührenbemessung. Unterhalb dieser Obergrenze ist die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers im Wesentlichen nur durch das aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot in der Weise eingeschränkt, dass bei gleichartig beschaffenen Leistungen die Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze in den Grenzen der Praktikabilität und der Wirtschaftlichkeit so zu wählen und zu staffeln sind, dass sie dem unterschiedlichen Ausmaß der erbrachten Leistungen Rechnung tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt bleibt. Das Willkürverbot belässt damit dem Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Es verbietet nur eine willkürliche Ungleichbehandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte und die willkürliche Gleichbehandlung (wesentlich) ungleicher Sachverhalte. Die hierdurch gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit überschreitet der Satzungsgeber erst dann, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Satzungsgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. zum Ganzen: Rieger in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 6 RdNr. 591).
23 
Nach allgemeiner Ansicht dürfen Benutzungsgebühren nicht nur nach dem konkret nachgewiesenen Umfang der jeweiligen Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung (Wirklichkeitsmaßstab), sondern auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden. Die Rechtfertigung für die Verwendung eines solchen pauschalierenden Maßstabs ergibt sich aus der Notwendigkeit eines praktikablen, wenig kostenaufwändigen und damit auch den Gebührenzahlern zugute kommenden Erhebungsverfahrens (BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995, aaO). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab darf aber nicht offensichtlich ungeeignet sein, d.h. er muss Umständen oder Verhältnissen entnommen worden sein, die mit der Art der Benutzung in Zusammenhang stehen, und auf eine Berechnungsgrundlage zurückgreifen, die für die Regel in etwa zutreffende Rückschlüsse auf das tatsächliche Maß der Benutzung zulässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2000 - 2 S 132/00 - VBlBW 2001, 21).
24 
2. Bei dem von der Beklagten gewählten (einheitlichen) Frischwassermaßstab wird die Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl des Schmutzwassers als auch des Niederschlagswassers nach der Menge des bezogenen Frischwassers bemessen. Dieser Maßstab beruht auf der Annahme, dass die auf einem Grundstück bezogene Frischwassermenge im Regelfall in einem ungefähr gleichen Verhältnis zur Menge des anfallenden Abwassers steht (vgl. zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2009 - 2 S 2650/08 - VBlBW 2009, 472). Diese Annahme trifft unzweifelhaft hinsichtlich des Schmutzwassers zu, weil die Menge des Frischwassers, die einem an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück zugeführt wird, jedenfalls typischerweise weitgehend der in die Kanalisation eingeleiteten Abwassermenge entspricht.
25 
Was das Niederschlagswasser betrifft, kann das Gleiche dagegen nicht gesagt werden, weil der Frischwasserverbrauch keinen verlässlichen Rückschluss darauf erlaubt, wie viel Niederschlagswasser von dem betreffenden Grundstück der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 - KStZ 2008, 74; Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009 - 5 A 631/08 - KStZ 2009, 235). Denn der Frischwasserverbrauch ist regelmäßig bei Wohnbebauung personen- und bei Gewerbegrundstücken produktionsabhängig, während die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers - außer von der Menge des Niederschlags - von der Größe des Grundstücks sowie der Oberflächengestaltung abhängig ist. Ein verlässlicher Zusammenhang zwischen Frischwasserbezug eines Grundstücks und der von diesem Grundstück zu entsorgenden Niederschlagswassermenge besteht demnach zumindest in aller Regel nicht. Die Verwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden (unten a). Sie kann ferner nicht mit der Erwägung als rechtmäßig angesehen werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 12.06.1972 - VII B 117.70 - KStZ 1973, 92; Beschluss vom 25.03.1985 - 8 B 11.84 - NVwZ 1985, 496 mwN) als auch nach der des erkennenden Senats (Urteil vom 27.10.1993 - 2 S 199/80 - VBlBW 1984, 346) eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind (unten b).
26 
a) Im Benutzungsgebührenrecht ist ebenso wie im sonstigen Abgabenrecht auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit abzustellen, der es dem Satzungsgeber gestattet, bei Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, wie nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fällen dem „Typ“ widersprechen (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 BN 2.05 - Juris; Urteil vom 01.08.1986 - 8 C 112.84 - NVwZ 1987, 231; Beschluss vom 19.08.1983 - 8 N 1.83 - BVerwGE 68, 36).
27 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann nicht angenommen werden, dass der einheitliche Frischwassermaßstab im Allgemeinen und damit in 90 % aller Fälle zu einer in etwa gleichmäßigen Belastung der Beitragspflichtigen führt. Es ist mit anderen Worten nicht davon auszugehen, dass im „Regelfall“ auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets das Verhältnis zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der nach dem Frischwasserverbrauch berechneten Schmutzwassermenge (so) weitgehend vergleichbar ist, dass es aus diesem Grund einer gesonderten Berechnung der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nicht bedarf.
28 
Zwar hat der erkennende Senat bislang den einheitlichen Frischwassermaßstab auch zur Erfassung der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers als geeignet angesehen, wenn das Satzungsgebiet durch eine im entwässerungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig homogene Bebauungsstruktur mit wenig verdichteter Wohnbebauung und ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch geprägt ist (Urteil vom 07.10.2004 - 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239). Dem lag der Gedanke zugrunde, dass von einer homogenen Siedlungsstruktur ausgegangen werden könne, wenn in einer Gemeinde für mindestens 90 % der angeschlossenen Grundstücke die Entwässerungsverhältnisse in etwa gleich seien. Insoweit handelt es sich bei dem Kriterium einer homogenen Siedlungsstruktur um nichts anderes als eine konkretisierte Ausprägung des oben dargelegten Grundsatzes der Typengerechtigkeit (so zutreffend Quaas, VBlBW 2006, 175, 176). Der Senat hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, im Regelfall könne bei Gemeinden mit 60.000 bis 80.000 Einwohnern noch von einer homogenen Siedlungsstruktur im genannten Sinne ausgegangen werden. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest. Eine Vergleichbarkeit zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der Schmutzwassermenge auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets dürfte nach den heutigen Verhältnissen die absolute Ausnahme bilden. Auch für das Gebiet der Beklagten, einer Gemeinde mit sechs Teilorten und ca. 6.200 Einwohnern, liegt eine solche Ausnahme nicht vor.
29 
Die Anzahl der Bewohner auf den Grundstücken des jeweiligen Satzungsgebiets, die maßgeblich die Menge des einem Grundstück zugeführten Frischwassers beeinflusst, ist - unter den hiesigen modernen Lebensverhältnissen - so unterschiedlich, dass ein vorherrschender, mindestens 90 % der Fälle erfassender „Regeltyp“ mit annähernd gleicher Relation zwischen Frischwasserverbrauch je Grundstück und hiervon abgeleitetem Niederschlagswasser nicht erkennbar ist. Die Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers wird bestimmt durch die Größe der versiegelten Grundstücksflächen, die sich nach der Kubatur der Baukörper und dem Vorhandensein weiterer befestigter Flächen - wie etwa Stellplätze, Terrassen - richtet. Dagegen wird die Menge des Abwassers im Falle der Wohnbebauung ganz wesentlich durch die Zahl der auf dem Grundstück vorhandenen Haushalte und die Zahl der zu den Haushalten gehörenden Personen beeinflusst. Bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken, die erfahrungsgemäß einen hohen Versiegelungsgrad aufweisen, kommt es auf die Art der gewerblichen und industriellen Nutzung und die Höhe des damit verbundenen Frischwasserverbrauchs an. Deshalb sind sowohl gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke als auch Grundstücke mit stark verdichteter Wohnbebauung (z.B. Hochhäuser) im Hinblick auf die Relation zwischen Frischwasserverbrauch und abgeleitetem Niederschlagswasser von vornherein als atypisch anzusehen. Vor diesem Hintergrund kommen als Grundstücke mit „vergleichbaren Entwässerungsverhältnissen“ naturgemäß lediglich die die Wohnbebauung prägenden Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke in Betracht. Aber selbst Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke weisen nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derart uneinheitliche Haushaltsgröße und daraus folgend einen derart unterschiedlichen Wasserverbrauch auf, dass nicht mehr von einer annähernd vergleichbaren Relation zwischen Frischwasserverbrauch und Niederschlagswassermenge ausgegangen werden kann.
30 
Einfamilienhäuser werden zwar überwiegend von Familien mit Kindern bewohnt. Schon die Anzahl der Kinder in den Haushalten variiert aber mit der Folge eines stark unterschiedlichen Wasserverbrauchs. Davon abgesehen werden Einfamilienhäuser auch nicht selten nur von einer oder zwei Personen bewohnt, weil z.B. ein Ehepartner verstorben ist oder die Parteien sich infolge einer Scheidung getrennt haben oder die (erwachsenen) Kinder das Elternhaus verlassen haben (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). Diese Einschätzung wird durch die vom Senat beim Baden-Württembergischen Landesamt für Statistik ermittelten Zahlen (Mikrozensus 2006) für das Land Baden-Württemberg belegt. Danach gibt es in Baden-Württemberg insgesamt 1.088.000 Haushalte in Einfamilienhäusern (Wohngebäude mit einer Wohneinheit), die sich wie folgt aufteilen: 186.000 Haushalte mit einer Person (= 17,10 %), 412.000 Haushalte mit zwei Personen (= 37,87 %), 183.000 Haushalte mit drei Personen (= 16,2 %), 217.000 Haushalte mit vier Personen (= 19,94 %) sowie 90.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen (= 8,27 %). Auch die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 02.09.2009, aaO) ermittelten Daten für das Land Hessen zeigen eine in etwa vergleichbare Verteilung der Haushaltsgrößen in Einfamilienhäusern; danach werden Einfamilienhäuser in 19,22 % von Haushalten mit einer Person, in 40,28 % von Haushalten mit zwei Personen, in 17,57 % von Haushalten mit drei Personen, in 16,72 % von Haushalten mit vier Personen und in 6,21 % der Fälle von Haushalten mit fünf und mehr Personen bewohnt.
31 
Diese für die Länder Baden-Württemberg und Hessen erhobenen Daten bestätigen eindrucksvoll, dass generell von einer Homogenität der Haushaltsgröße auch für den Bereich von Einfamilienhäusern nicht gesprochen werden kann. Diese Aussage kann auch ohne weiteres auf das Gemeindegebiet der Beklagten übertragen werden. Dafür, dass sich im Gemeindegebiet der Beklagten die Verhältnisse nennenswert anders darstellen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Auch die Beklagte hat in dieser Richtung nichts vorgetragen.
32 
Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass bereits im Bereich der Einfamilienhäuser durch die Streuung der Haushaltsgrößen ein stark unterschiedlicher Frischwasserverbrauch festzustellen ist, der bei ansonsten gleichen Verhältnissen zu gravierenden Unterschieden bei der Höhe der veranlagten Gebühren für den Anteil der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung führt. Wird ein Einfamilienhaus von einer Einzelperson bewohnt, entfällt auf dieses Grundstück nach der Gebührensatzung der Beklagten für das Jahr 1999 bei einem durchschnittlich angenommenen Jahresfrischwasserverbrauch von 40 m 3 und einem Gebührensatz von 4,20 DM eine Abwassergebühr von 168,-- DM. Wird das gleiche Einfamilienhaus dagegen von einem Vier-Personen-Haushalt bewohnt, entfällt auf das Grundstück - trotz derselben versiegelten Fläche - bei einem unterstellten Jahresfrischwasserverbrauch von wiederum 40 m 3 je Person eine Abwassergebühr von 672,-- DM. Unterstellt man ferner einen Anteil von lediglich 25 % der Gesamtkosten für die Niederschlagswasserentsorgung (vgl. Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %) und geht damit bei einer Abwassergesamtgebühr von 4,20 DM je Kubikmeter von einem Anteil für die Beseitigung des Niederschlagswassers von 1,05 DM je Kubikmeter aus, so zahlt der Ein-Personen-Haushalt dafür 42,-- DM, der Vier-Personen-Haushalt bei gleicher Versiegelungsfläche dagegen 168,-- DM. Das hier aufgeführte Beispiel zeigt, dass selbst dann, wenn nur die Nutzung eines Einfamilienhauses mit vergleichbarem Umfang an Grundstücksversiegelung in den Blick genommen wird, unter anderem Familien mit Kindern gegenüber Einzelpersonen/Kleinhaushalten zu erheblich höheren Gebühren herangezogen werden, obwohl die zu beseitigende Niederschlagswassermenge in etwa gleich ist.
33 
Die dargestellte Uneinheitlichkeit der Haushaltsgrößen und damit die unterschiedliche Nutzungsintensität gilt auch für Zweifamilienhäuser. Nach den Daten des Baden-Württembergischen Landesamtes für Statistik (Mikrozensus 2006) teilen sich die Haushaltsgrößen in den 503.000 Wohngebäuden mit zwei Wohneinheiten wie folgt auf: 134.000 Haushalte mit einer Person, 195.000 Haushalte mit zwei Personen, 68.000 Haushalte mit drei Personen, 77.000 Haushalte mit vier Personen sowie 29.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die versiegelte Fläche bei Zweifamilienhäusern im Vergleich zu Einfamilienhäusern nach allgemeiner Lebenserfahrung zwar erhöht, aufgrund der Kubatur von Zweifamilienhäusern allerdings keine entsprechende Verdoppelung der versiegelten Flächen angenommen werden kann.
34 
b) Die Anwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch nach der des erkennenden Senats eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind. Als geringfügig in diesem Sinne sehen das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 12.06.1972 und vom 25.03.1985, aaO) sowie der erkennende Senat (Urteil vom 27.10.1993, aaO) diese Kosten dann an, wenn ihr Anteil an den Kosten der gesamten Entwässerung nicht mehr als 12 % beträgt.
35 
Nach den Veröffentlichungen in der Fachliteratur ist von den gesamten Abwasserentsorgungskosten regelmäßig ein Anteil von 25 % und mehr für die Niederschlagswasserentsorgung zu veranschlagen (vgl. etwa Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %; Hennebrüder, KStZ 2007, 184 - unter Bezugnahme auf Untersuchungen des Gutachters Prof. Dr. Pecher, wonach der Anteil in der Regel zwischen 35 % und 45 % liegt). Darüber hinaus hat auch die Beklagte im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür genannt, dass der Anteil der Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung in ihrem Gebiet noch als geringfügig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzusehen ist.
36 
3. Für die Gemeinden hat dies zur Konsequenz, dass - von wenigen, wohl nur theoretisch denkbaren Ausnahmen abgesehen - statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben erhoben werden muss (gesplittete Abwassergebühr). Ein unverhältnismäßiger und damit nicht mehr zu vertretender finanzieller Kostenaufwand ist damit nicht verbunden (ebenso Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). So besteht für die Beklagte insbesondere die Möglichkeit, die an die Abwasseranlage angeschlossenen versiegelten Flächen im Rahmen einer Selbstveranlagung der Gebührenschuldner zu ermitteln und sich auf eine stichprobenweise Überprüfung zu beschränken.
37 
In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass die Kosten für die Erstellung der Gebührenkalkulation durch ein von der Gemeinde beauftragtes Beratungsbüro oder einen anderen Dritten einschließlich der Kosten der dafür notwendigen Vorarbeiten Teil der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KAG ansatzfähigen Kosten sind. Zu den nach dieser Vorschrift gebührenfähigen Kosten gehören zwar nur die „Kosten der Einrichtung“, d.h. Kosten, die durch die Leistungserstellung der Gemeinde verursacht worden sind oder für solche Neben- und Zusatzleistungen entstanden sind, die mit der eigentlichen Leistungserstellung in einem ausreichend engen Sachzusammenhang stehen. Auch ist nicht zu übersehen, dass die Erstellung der Gebührenkalkulation mit der eigentlichen Leistung, die durch die öffentliche Einrichtung erbracht wird, nur in einem mittelbaren Zusammenhang steht. Die Rechtfertigung für eine Abwälzung der dadurch entstehenden Kosten auf sämtliche Gebührenschuldner ergibt sich jedoch aus der Überlegung, dass es sich dabei um für die Realisierung des Gebührenanspruchs der Gemeinde notwendige Kosten handelt. Denn das durch die Benutzung der öffentlichen Einrichtung seitens des Bürgers eingeleitete Austauschverhältnis kann grundsätzlich nur dann korrekt abgewickelt werden, wenn die Gemeinde den Satz der für die Benutzung zu entrichtenden Gebühren auf der Grundlage einer Gebührenkalkulation in ihrer Satzung festlegt (in dieser Richtung bereits das Normenkontrollurteil des Senats vom 13.05.1997 - 2 S 3246/94 - BWGZ 1997, 890; ebenso VG Freiburg, Urteil vom 10.12.2003 - 7 K 420/02 - Juris; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 RdNr. 733a, S. 473). An der in seinem Normenkontrollbeschluss vom 27.02.1996 - 2 S 1407/94 - (NVwZ-RR 1996, 593) beiläufig geäußerten Auffassung, dass die Kosten für die Erstellung der erforderlichen Gebührenkalkulation nicht zu den auf die Gebührenschuldner abwälzbaren Kosten der Einrichtung gehörten, hält der Senat deshalb nicht fest.
38 
4. Ob die Satzung der Beklagten vom 09.11.2006 auch deshalb zu beanstanden ist, weil die Beklagte in die dieser Satzung zugrunde liegende Gebührenkalkulation Unterdeckungen aus den Jahren 1994 und 1995 eingestellt hat, deren Berechnung - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auf einem zu niedrigen Ansatz des Straßenentwässerungsanteils beruht, bedarf danach keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die der Beklagten offenstehende Möglichkeit, die aus den oben genannten Gründen nichtige Satzung vom 09.11.2006 rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen, die statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben vorsieht, sowie im Hinblick auf künftige Streitfälle zwischen den Beteiligten sieht sich der Senat jedoch zu den folgenden, diese Frage betreffenden Bemerkungen veranlasst.
39 
a) Zu der bis zum 31.03.2005 geltenden Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F., die thematisch der heutigen Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG entspricht, hat der Senat in seinem Urteil vom 27.01.2003 - 2 S 2587/00 - (VBlBW 2003, 322) entschieden, die Vorschrift beziehe sich lediglich auf Über- und Unterdeckungen, die sich am Ende eines Bemessungszeitraums auf Grund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergäben. Nicht unter § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. fielen dagegen - schon seinem Wortlaut nach - solche Über- und Unterdeckungen, die sich aus der nachträglichen Feststellung überhöhter Gebührensatzregelungen ergäben. An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.
40 
§ 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. wurde 1986 auf Empfehlung des Innenausschusses in das Kommunalabgabengesetz eingefügt. Wie sich aus dem Bericht des Innenausschusses (LT-Drs. 9/3305, S. 10) ergibt, hat sich der Gesetzgeber dabei von der Überlegung leiten lassen, dass eine Gebührenkalkulation nur prognostischen Charakter haben kann und dementsprechend immer mit bestimmten Unsicherheiten verbunden ist. Die in die Kalkulation eingestellten Annahmen über die voraussichtlich entstehenden Kosten der Einrichtung und den voraussichtlichen Umfang ihrer Benutzung werden deshalb kaum einmal mit den tatsächlich entstehenden Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung übereinstimmen. Etwaige sich daraus ergebende Kostenüberdeckungen sollte die Gemeinde nach dem Willen des Landesgesetzgebers nicht für sich behalten dürfen, sondern innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Gebührenschuldner zurückgeben müssen. Die Gemeinde sollte aber umgekehrt auch das Recht erhalten, sich aus den genannten Abweichungen ergebende Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums durch eine entsprechende Erhöhung der Gebühren ausgleichen zu dürfen.
41 
Eine Korrektur fehlerhafter Kalkulationen ist danach von § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. nicht bezweckt. Die Vorschrift ist vielmehr einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur für solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen gilt, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, d.h. daraus dass die geschätzten Kosten der Einrichtung und der geschätzte Umfang ihrer Benutzung von den tatsächlichen Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung abweichen. § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. bezieht sich dagegen nicht auf solche Kostenüberdeckungen, die sich daraus ergeben, dass in die Kalkulation Kosten eingestellt wurden, die nicht oder nicht in dieser Höhe ansatzfähig sind. Die Vorschrift erlaubt umgekehrt aber auch keinen Ausgleich von Kostenunterdeckungen, die daraus folgen, dass bestimmte ansatzfähige Kosten in die Kalkulation überhaupt nicht oder nicht in der gesetzlich zulässigen Höhe eingestellt worden sind.
42 
b) Das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.03.2005 hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Der an die Stelle des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. getretene § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 legt wie sein Vorgänger fest, dass Kostenüberdeckungen innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen werden müssen und Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums ausgeglichen werden können. § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 stellt darüber hinaus klar, wie Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen zu bestimmen sind, nämlich - so die damalige Fassung dieser Vorschrift - durch einen Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „Gesamtkosten“. Dass über diese Klarstellung hinaus auch eine Änderung der bis dahin geltenden und durch das Urteil des Senats vom 27.01.2003 verdeutlichten Rechtslage beabsichtigt war, kann weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/3966, S. 47) entnommen werden.
43 
c) Die durch das Gesetz vom 09.05.2009 erfolgte Änderung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 nötigt dagegen für die Zeit ab dem Inkrafttreten dieser Änderung zu einer Korrektur der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Nach der Neufassung der Vorschrift ist nunmehr zur Feststellung von Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „ansatzfähigen Gesamtkosten“ vorzunehmen. Die zu § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a. F. vertretene Auffassung, dass diese Regelung nicht die Korrektur fehlerhafter Gebührenkalkulationen bezwecke, sondern sich nur auf solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen beziehe, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, kann angesichts des geänderten Wortlauts auf § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 nicht übertragen werden. Die sich aus einem solchen Verständnis der Vorschrift ergebende Konsequenz ist, dass unter der Geltung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 beschlossene Gebührensatzungen durch in der Vergangenheit unterlaufene und unter Umständen lange zurückliegende Fehler bei früheren Gebührenkalkulationen infiziert werden können. Durch die in § 49 Abs. 2 KAG getroffene Anordnung, nach der § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 auch auf früher entstandene Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen Anwendung findet, verschärfen sich die damit verbundenen Probleme. Ob der Gesetzgeber sich dieser Konsequenz bewusst war, die seinen in anderer Hinsicht unternommenen Bestrebungen zuwiderläuft, die Bestandskraft von Abgabensatzungen im Interesse der Rechtssicherheit zu erhöhen, lässt sich bezweifeln. Der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 14/4002, S. 70) kann dazu jedenfalls nichts entnommen werden. Das enthebt den Senat jedoch nicht der Verpflichtung, sich bei der Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 in erster Linie an dessen Wortlaut zu halten.
44 
d) Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Beklagte bei einem etwaigen, von ihr für erforderlich gehaltenen Neuerlass einer Satzung für das Jahr 1999 die Gebühren unter Berücksichtigung der geänderten Vorgaben des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 zu kalkulieren hat. Ob es in den vor 1999 liegenden fünf Jahren zu dabei berücksichtigungsfähigen Kostenunterdeckungen gekommen ist, ist somit an Hand eines Vergleichs zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen in dem jeweiligen Jahr und der Summe der in diesem Jahr angefallenen ansatzfähigen Gesamtkosten festzustellen. Der in den Gebührenkalkulationen für die Jahre 1994 und 1995 fehlerhaft angesetzte Straßenentwässerungsanteil ist danach entsprechend zu korrigieren.
45 
Für die Nachkalkulation darf schließlich noch an die Entscheidung des Senats vom 15.02.2008 - 2 S 2559/05 - (VBlBW 2008, 350) erinnert werden. Danach ist der Ausgleich einer Kostenunterdeckung nach Ablauf der Fünfjahresfrist auch dann ausgeschlossen, wenn diese überhaupt (oder mit einem höheren Betrag) erst nach Ablauf des zitierten Zeitraums erkannt wird. Der Ablauf der Fünfjahresfrist schafft für die Gemeinde und die Gebührenpflichtigen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Spätere Nachholungen sind ausgeschlossen, der entstandene Fehlbetrag ist dann endgültig aus allgemeinen Deckungsmitteln zu finanzieren. Diese Ausführungen gelten auch für den Ausgleich von Überdeckungen; nach Ablauf von fünf Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums sind nicht abgewickelte Überdeckungen nicht mehr zu berücksichtigen (so auch: Giebler, KStZ 2007, 167, 172).
46 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
47 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
48 
Beschluss
49 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 130,99 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
50 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Neufassung der Satzungsbestimmung über die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe bei der Antragsgegnerin. Kernpunkt seiner Beanstandungen ist die Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes zum 01.01.2014 von 9 % auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres.
Die Antragsgegnerin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und die berufsständische Versorgungseinrichtung der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte.
Nach Vorbereitung im Verwaltungsrat sowie Behandlung im Satzungsausschuss beschloss die Vertreterversammlung der Antragsgegnerin am 23.10.2013 die Änderungssatzung, mit der der allgemeine Abgabensatz angehoben wurde. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien, Frauen und Senioren Baden-Württemberg genehmigte diese am 26.11.2013. Die Präsidentin der Versorgungsanstalt sowie der Vorsitzende der Vertreterversammlung fertigten sie am 04.12.2013 aus. Die Bekanntmachung der Änderungssatzung erfolgte im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 48 vom 06.12.2013.
Seither hat die im Streit stehende Vorschrift über die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe folgende Fassung:
§ 23 Versorgungsabgabe (Höhe)
(1) Die jährliche Versorgungsabgabe der Teilnehmer ist 12 v.H. der auf Tausendeurobeträge abgerundeten Summe ihrer Einkünfte (i.S. des Einkommensteuerrechts) des vorletzten Jahres
a) aus selbständiger und unselbständiger Berufstätigkeit,
b) aus Kapitalvermögen, soweit die Einkünfte aus Kapitalgesellschaften erzielt werden, deren Zweck auch darauf gerichtet ist, ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Leistungen zu erbringen,
c) aus Gewerbebetrieb, soweit hieraus auch ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Leistungen erbracht werden.
(2) Die jährliche Versorgungsabgabe ist jedoch
a) mindestens 20 v.H. der Durchschnittsabgabe; für die nach § 6 Abs.1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI befreiten Teilnehmer mindestens die nach dem SGB VI geltenden Beiträge (Mindestabgabe),
b) höchstens das 1,7fache der Durchschnittsabgabe, aber nicht mehr als das Fünfzehnfache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Deutschen Rentenversicherung ergeben würden (Höchstabgabe),
c) während des Wehr- oder Zivildienstes, der Arbeitslosigkeit oder der Elternzeit der höchste Pflichtbeitrag zur Deutschen Rentenversicherung, höchstens aber der Betrag, der von dritter Seite gewährt wird; wird darüber hinaus der Beruf ausgeübt, gelten die übrigen Abgaberegelungen.
10 
(3) Solange Teilnehmer in der Deutschen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 SGB VI versicherungsfrei oder ohne Berufsausübung sind, wird die Versorgungsabgabe auf Antrag auf 10 v.H. der Durchschnittsabgabe herabgesetzt. Das gleiche gilt für freiwillige Teilnehmer, die den Beruf außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausüben und dort Pflichtmitglieder eines auf Gesetz beruhenden Alterssicherungssystems sind.
11 
(4) Auf Antrag wird dem Teilnehmer jeweils für ein Geschäftsjahr
12 
a) gestattet, neben Versorgungsabgaben, die aufgrund der Abgabepflicht entrichtet sind, zusätzlich Abgaben bis zu 20 v.H. der jährlichen Pflichtabgabe zu entrichten. Zuzahlungen können auch über die Grenze von 20 v.H. der Pflichtabgabe hinaus geleistet werden, soweit Pflichtabgabe und zusätzliche Abgaben den jährlichen Höchstbeitrag zur Deutschen Rentenversicherung nicht übersteigen, nicht jedoch für Jahre, in denen der Teilnehmer das 57. Lebensjahr bereits vollendet hat;
b) die Versorgungsabgabe für die 24 der erstmaligen Niederlassung folgenden Monate auf 20 v.H. der Durchschnittsabgabe herabgesetzt, solange der Teilnehmer ausschließlich selbständig tätig ist. Der Antrag muss bis zum 30. Juni des auf das Geschäftsjahr folgenden Jahres gestellt sein.
13 
(5) Als jährliche Durchschnittsabgabe gilt das 0,172fache des Betrages, der die jährliche Beitragsbemessungsgrenze in der Deutschen Rentenversicherung bildet. Die Durchschnittsabgabe wird auf den nächsten durch zwölf teilbaren Eurobetrag aufgerundet.
14 
Der im Jahre 1968 geborene Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin, derzeit als Angestellter in einem Krankenhaus tätig und seit dem 01.08.2012 Pflichtteilnehmer bei der Antragsgegnerin. Im Jahre 2013 hatte er gemäß Versorgungsabgabe-Bescheid vom 01.02.2013 eine Versorgungsabgabe von 1.515,-- EUR monatlich zu entrichten. Mit Versorgungsabgabe-Bescheid vom 06.12.2013 wurde ihm mitgeteilt, dass die Versorgungsabgabe - bei gleicher Höhe der Berufseinkünfte wie zuvor - ab 01.01.2014 1.740,80 EUR betrage. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und vertrat die Auffassung, es könne „nicht angehen, eine Prämie um satte 14,9 % anzuheben“. Das sei unlauter. Man müsse sich fragen, wie bisher die Rechnungen durchgeführt worden seien. Es lasse sich nur ableiten, dass die Rente „nicht sicher“ sei.
15 
Aufgrund der vom Antragsteller am 27.01.2014 in geringerer Höhe mitgeteilten Berufseinkünfte im Jahr 2012 erließ die Antragsgegnerin am 31.01.2014 einen neuen Versorgungsabgabe-Bescheid für das Jahr 2014, wonach die Versorgungsabgabe monatlich (nur noch) 1.280,-- EUR betrug.
16 
Mit Anwaltsschreiben vom 03.06.2014 ließ der Antragsteller seinen Widerspruch weiter damit begründen, der Steigerung seiner Versorgungsabgabe um 14,9 % stehe kein erheblicher Mehrwert gegenüber. Nach den Arbeitsgrundlagen der Antragsgegnerin zur Änderung des § 23 der Satzung steige der Versorgungsgrad in seiner Altersgruppe nur geringfügig, in seiner Einkommensgruppe sinke der Versorgungsgrad erheblich. Damit erfolge einseitig eine Belastung der höheren Einkommen zugunsten der niedrigen Einkommen. Dies möge einem sozialen Gedanken entsprechen, sei jedoch nicht verhältnismäßig. Den Arbeitsunterlagen könne entnommen werden, dass bei der vor dem 01.01.2014 geltenden Regelung zwar der Versorgungsgrad allgemein niedriger sei, jedoch über die Einkommensgruppen ein wesentlich homogenerer Verlauf erzielt werden könne, wohingegen nach der Änderung bei den höheren Einkommensgruppen ein deutlicher Einbruch zu verzeichnen sei. Gleiches gelte für das Verhältnis des Bruttoeinkommens zur Nettorente. Insofern müsse hier eine erhebliche Ungleichbehandlung zwischen den Einkommensgruppen konstatiert werden. Mit der Satzungsänderung werde eine erhöhte Arbeitsleistung und/oder Verantwortung des Einzelnen, die zu einem erhöhten Einkommen führe, abgestraft. Diese Ungleichbehandlung verschiedener Einkommensgruppen sei nicht gerechtfertigt, da die Satzungsänderung den eigenen Arbeitsgrundlagen der Antragsgegnerin zufolge dem Ziel der Sicherung des Versorgungsauftrages nicht diene. Weiterhin sehe § 23 Abs. 2 lit. b der Satzung vor, dass die Versorgungsabgabe auf nun das 1,7-fache der Durchschnittsabgabe begrenzt werde. Dieser Wert erscheine willkürlich, ebenso wie auch sonst die festgesetzte Höchstabgabe.
17 
Mit Schreiben vom 10.06.2014 teilte die Antragsgegnerin dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass gegen den neuen Versorgungsabgabe-Bescheid vom 31.01.2014 kein Widerspruch erhoben worden sei, so dass dieser bestandskräftig geworden sei.
18 
Am 24.10.2014 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt er vor, die Anhebung des Abgabensatzes von 9 % auf 12 % sei überzogen und verletze ihn deshalb in seinen Grundrechten aus Art. 3 und Art. 12 GG. Die Begründung der Antragsgegnerin für die Satzungsänderung, dass durch die Erhöhung der steuerliche Sonderausgabenabzug von ihren Teilnehmern jeweils mehr ausgeschöpft werde und der individuelle Netto-Rentenanspruch im Verhältnis zur Mehrbelastung durch den höheren Abgabensatz überproportional gesteigert werde, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin sei wohl das einzige ärztliche Versorgungswerk, das von seinen Teilnehmern einen Pflichtbeitrag deutlich über dem Rentenversicherungshöchstbeitrag verlange. Zudem sei der Beitrag, zumindest bei den selbständigen Teilnehmern, nicht an den Rentenversicherungshöchstbeitrag gekoppelt. Die alleinige Orientierung des Beitrages am Einkommen verstoße gegen den Gleichheitssatz, da das Verhältnis zu dem in Aussicht stehenden Vorteil nicht mehr angemessen sei. Soweit die Antragsgegnerin aufgrund der Erhöhung der Beiträge eine bis zu 20-prozentige Steigerung der Rentenleistungen erwarte, erscheine das unseriös. Die Abgabenerhebung stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung (gegenüber anderen Teilnehmern an der Versorgung der Antragsgegnerin) und eine Einschränkung der Wahl des Berufsausübungsortes dar. Die Antragsgegnerin finanziere sich nach eigenen Angaben durch ein offenes Deckungsplanverfahren, bei dem die Deckung durch Kapitalbildung 40 % und die durch Umlage 60 % betrage. Mithin stelle die Verzinsung eine wichtige Säule dar, die jedoch aufgrund der allgemeinen Situation am Kapitalmarkt Schwächen zeige. Da für die Zukunft demografische Probleme zu erwarten seien, sei nicht auszuschließen, dass die Abgabenerhöhung der Kompensation dieser Probleme diene, wobei aber der soziale Gedanke überspannt werde.
19 
Der Antragsteller beantragt,
20 
§ 23 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 23.10.2013 für unwirksam zu erklären.
21 
Die Antragsgegnerin beantragt,
22 
den Antrag abzuweisen.
23 
Sie verteidigt die angegriffene Satzungsbestimmung und trägt vor, ergänzend zu der Erhöhung der Versorgungsabgabe seien die Zuzahlungsgrenze angehoben sowie die Höchstabgabe abgesenkt worden. Maßgeblich geprägt sei die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes durch die Umfeldbedingungen. Hierzu gehöre unter anderem das Einkommensteuerrecht. Dieses habe bis zum 31.12.2004 die Ertragsanteilsbesteuerung vorgesehen. Das bedeute, dass die Beiträge zur Versorgungsanstalt ganz überwiegend aus voll versteuertem Einkommen entrichtet worden seien, weil der Freibetrag vordringlich durch die Beiträge zur Krankenvorsorge aufgebraucht worden sei. Andererseits seien die Versorgungsleistungen aufgrund von Freibeträgen weitaus überwiegend steuerfrei geblieben. Die Ertragsanteilsbesteuerung sei im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes zum 01.01.2005 durch die nachgelagerte Besteuerung ersetzt worden. Dieses völlig veränderte Umfeld habe zu Überlegungen geführt, ob der allgemeine Abgabensatz von 9 % der Berufseinkünfte noch den Versorgungsauftrag erfülle, den § 2 VersAnstG statuiere. Denn Jahr für Jahr, zunehmend bis zum Jahr 2040, wachse die Differenz zwischen Brutto- und Netto-Versorgungsleistungen der Versorgungsanstalt an. Sie habe anlässlich der Satzungsänderungen umfangreiche Berechnungen erstellen lassen, wie sich eine eventuelle Erhöhung des Abgabensatzes für unterschiedliche Jahrgänge bei unterschiedlichen Abgabensätzen und unterschiedlichen Einnahmen auswirke. Daraus lasse sich die Sinnhaftigkeit der Regelung eindeutig ableiten.
24 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin sowie die Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
26 
Der Antrag ist zulässig.
27 
1. Bei der angefochtenen Satzungsbestimmung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift der Antragsgegnerin (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), gegen die nach § 4 AGVwGO in Baden-Württemberg die Normenkontrolle statthaft ist. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 24.10.2014 und damit innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Änderungssatzung (06.12.2013) gestellt wurde.
28 
2. Der Antragsteller ist antragsbefugt.
29 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014 - 9 S 2333/12 -, juris, m.w.N.).
30 
Der Antragsteller wendet sich als Arzt und Pflichtteilnehmer der Antragsgegnerin gegen die Satzungsbestimmung über die Höhe der Versorgungsabgabe. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift belastet den Antragsteller, weil sie festlegt, in welcher Höhe er zur Leistung der Versorgungsabgabe verpflichtet ist. Sie wirkt sich auch aktuell aus, weil der Antragsteller sie bereits seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 2014 und auch gegenwärtig zu beachten hat.
II.
31 
Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift ist von einer ordnungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage gedeckt (1.) und weder in formell-rechtlicher (2.) noch in materiell-rechtlicher (3.) Hinsicht zu beanstanden.
32 
1. Ermächtigungsgrundlage für die in § 23 Abs. 1 der Satzung enthaltene Regelung ist § 11 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Versorgungsanstaltsgesetz - VersAnstG). Danach werden die Verhältnisse der Antragsgegnerin, soweit sie nicht gesetzlich geregelt sind, durch die Satzung geregelt. Nach § 2 VersAnstG gewährt die Antragsgegnerin den Teilnehmern und ihren Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VersAnstG sind die Teilnehmer zur Zahlung der satzungsmäßigen Beiträge verpflichtet. Dem ist zu entnehmen, dass die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe ein möglicher (und gebotener) Inhalt der Satzung ist.
33 
2. Formellen Bedenken ist die Regelung nicht unterworfen. Die Vertreterversammlung der Antragsgegnerin war gemäß § 4 Abs. 4 VersAnstG das zum Erlass der Änderungssatzung zuständige Organ. Mängel des Verfahrens der Normsetzung sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem in § 13 Abs. 2 Nr. 1 VersAnstG normierten Genehmigungserfordernis wurde durch die ministerielle Genehmigung vom 26.11.2013 genügt. Die Satzungsänderung wurde den Vorgaben aus § 11 Satz 2, § 12 VersAnstG entsprechend im Staatsanzeiger bekannt gemacht.
34 
3. Die angegriffene Satzungsbestimmung ist auch in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. § 23 Abs. 1 der Satzung steht mit dem Grundrecht der Normadressaten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang (a). Auch sonst ist die Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar (b).
35 
a) Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich nicht feststellen.
36 
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Pflichtversorgung für Angehörige freier Berufe als solche ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001, 1590), des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 04.04.1989 - 1 BvR 685/88 -, NJW 1990, 1653, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134) wie auch des erkennenden Senats (Beschluss vom 17.01.2012 - 9 S 1817/11 -; Urteil vom 16.11.1999 - 9 S 2176/98 -; DVBl. 2000, 1064) geklärt. Die Pflichtmitgliedschaft bezweckt die Pflichtversorgung der Ärzte und dient durch deren wirtschaftliche Absicherung der Erhaltung eines leistungsfähigen Berufsstandes. Sie ermöglicht es zugleich, dass die Ärzte bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus der aktiven Berufstätigkeit ausscheiden und der nachfolgenden Generation Platz machen. Damit verfolgt die Pflichtmitgliedschaft legitime Zwecke und ihre Anordnung hält sich innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Ein Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung ist auch die finanzielle Stabilität des Versorgungsträgers. Maßnahmen, die ihr zu dienen bestimmt sind, können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie für die Betroffenen zu fühlbaren Einschränkungen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 449/82 u.a. -, BVerfGE 70, 1, 30; BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007 - 6 B 40.07 -, juris; siehe ferner BVerwG, Urteil vom 12.12.2013 - 3 C 17.13 -, BVerwGE 148, 344; NdSOVG, Beschluss vom 17.06.2015 - 8 LA 16/15 -, juris).
37 
Vorschriften, welche die Höhe der Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken betreffen, sind am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, zu messen. Art. 12 Abs. 1 GG ist vorrangig als Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung der Zulässigkeit einer an die Berufstätigkeit anknüpfenden finanziellen Last heranzuziehen. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist, wie aus der Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz sowie Berufsausübung folgt, umfassend. Andererseits schützt das Grundrecht aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die berufliche Tätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt erst dann vor, wenn die Norm, auf die eine sich auf die Berufstätigkeit auswirkende Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat. Dazu muss sie nicht die Berufstätigkeit unmittelbar betreffen. Der Berufsbezug kann auch gegeben sein, wenn eine Norm die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung gestaltet. Das gilt namentlich für normativ auferlegte Geldleistungspflichten. Sie berühren Art. 12 Abs. 1 GG dann, wenn sie infolge ihrer Ausgestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.; unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 302, m.w.N.). So liegt der Fall hier.
38 
Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG müssen mit je nach ihrer Wirkung unterschiedlich wichtigen Gründen gerechtfertigt sein. Ansonsten verstoßen sie gegen das genannte Grundrecht. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit lassen sich grundsätzlich (schon) damit rechtfertigen, dass sie von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 - 8 CN 2.09 -, SächsVBl. 2011, 108; zum Recht der berufsständischen Versorgung der Notare). Kommt eine die Berufsausübung betreffende Regelung einer Berufswahlregelung nahe, kann sie nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls, sondern nur mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie den Vorrang vor der Berufsbehinderung verdienen (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1987 - 1 BvR 1086/82 u.a. -, BVerfGE 77, 84, 106). Dabei ist allerdings in jedem Fall die weite Gestaltungsfreiheit des Normgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung und dessen Einschätzungs- und Prognosevorrang zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
39 
Art. 12 Abs. 1 GG muss in seinem Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Er kann verletzt sein, wenn durch eine Berufsausübungsregelung, die im Ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte Gruppen typischer Fälle ohne zureichenden Grund wesentlich stärker als andere belastet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 17.10.1984 - 1 BvL 18/82 u.a. -, BVerfGE 68, 155, 173, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134). Aus einer typisierenden Regelung folgende geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten sind allerdings hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.11.1997, a.a.O.; siehe ferner BVerfG, Beschlüsse vom 02.07.1969 - 1 BvR 669/64 -, BVerfGE 26, 265, 275, und vom 15.10.1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39, 50).
40 
Liegt ein normativer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vor, entsprechen die dem Normgeber dafür gesetzten Grenzen im Ergebnis regelmäßig denjenigen aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.11.1982 - 1 BvL 16/75 und 36/79 -, BVerfGE 62, 256, 274, und vom 06.12.1988 - 1 BvL 5,6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218). Ein solcher Eingriff kann also, wenn er eine einer Berufswahlregelung nahe kommende Berufsausübungsregelung darstellt, nur mit Gründen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie die Berufsbehinderung rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
41 
Nach diesen Maßstäben ist bei der Regelung des § 23 Abs. 1 der Satzung von einer (lediglich) die Berufsausübung betreffenden Regelung auszugehen, die einer Berufswahlregelung nicht nahekommt und deshalb (bereits) mit vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann (aa). Die Vorschrift wird auch von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und erweist sich - nicht zuletzt unter Berücksichtigung der weiten Gestaltungsfreiheit und des Einschätzungs- und Prognosevorrangs der Antragsgegnerin als Satzungsgeberin auf dem Gebiet der Sozialordnung - als verhältnismäßig (bb).
42 
aa) Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres betrifft nicht die Berufswahl. Die Höhe des Abgabensatzes ist zwar von Bedeutung für die Ausübung des Arztberufes, stellt aber keine Berufszugangsregelung dar. Der Beruf des Arztes kann ungeachtet der Bestimmung weiterhin gewählt werden, wobei die Berufsaufnahme auch faktisch nicht ausgeschlossen wird. Es steht im vorliegenden Fall auch kein Mindestbeitrag in Rede, der einer Berufswahlregelung nahe kommen kann, wenn aufgrund seiner Gestaltung ein angemessenes Einkommen nicht zu erlangen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.). Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres ist damit nicht vergleichbar.
43 
bb) § 23 Abs. 1 der Satzung wird von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und ist verhältnismäßig.
44 
Die mit der Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres verfolgten vernünftigen Gemeinwohlerwägungen bestehen darin, dass die Antragsgegnerin damit den Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Alterseinkünftegesetz (BGBl. 2004 I S. 1427 ff.) Rechnung trug. Dies geschah in Übereinstimmung mit ihrer Aufgabe nach § 2 VersAnstG, ihren Teilnehmern und deren Hinterbliebenen Versorgung zu gewähren. Die Funktions- und Leistungsfähigkeit der berufsständischen Versorgung liegt auch im allgemeinen Interesse (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 10.07.2014 - 9 S 858/13 -, NJW-RR 2015, 312; HessVGH, Beschluss vom 27.07.2015 - 7 A 695/14.Z -, juris Rn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014 - 6 A 10959/13 -, juris).
45 
Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass das Einkommensteuerrecht bis zum 31.12.2004 die Ertragsanteilsbesteuerung vorsah. Das bedeutete, dass die Versorgungsabgabe an die Antragsgegnerin ganz überwiegend aus voll versteuertem Einkommen entrichtet wurde, weil der Freibetrag vordringlich durch die Beiträge zur Krankenvorsorge aufgebraucht wurde. Andererseits blieben die Versorgungsleistungen aufgrund von Freibeträgen weitaus überwiegend steuerfrei.
46 
Diese Ertragsanteilsbesteuerung wurde im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (vom 05.07.2004, BGBl. I S. 1427 ff.; mit späteren, hier nicht näher zu vertiefenden Änderungen) zum 01.01.2005 durch die nachgelagerte Besteuerung ersetzt. Danach werden nach Ablauf der Übergangsperiode die Beiträge zur ersten Säule der Alterssicherung (Gesetzliche Rentenversicherung, Berufsständische Versorgung, Altershilfe für Landwirte) als steuerlich abzugsfähige Sonderausgaben anerkannt, während die Versorgungsleistungen der Besteuerung unterworfen werden. Die Einführung der nachgelagerten Besteuerung ist mit langen Übergangsfristen versehen. Im Jahre 2005 begann die Abzugsfähigkeit der Beiträge bei 60 %. Sie steigerte sich im Laufe der folgenden Jahre bis zu einem Satz von 78 % im Jahre 2014. Im Jahre 2025 werden die Beiträge voll (bis zum jeweiligen Höchstbetrag) abzugsfähig gemacht. Demgegenüber steigt der Besteuerungsanteil der Renten von 50 % im Jahre 2005 auf 100 % im Jahre 2040. Maßgeblich ist das Kohortenprinzip. Dies bedeutet, dass der Besteuerungsanteil von dem Jahr abhängt, in dem der Teilnehmer erstmals eine Versorgungsleistung bezieht. Der Besteuerungsanteil beträgt bei Renteneintritt im Jahre 2014 68 %. Bei Rentenbeginn wird der prozentuale Freibetrag in einen Eurobetrag umgerechnet und gilt dann für die restliche Dauer des Rentenbezugs.
47 
Ziel des Gesetzgebers war es, eine steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen zu erreichen (BT-Drucks. 15/2150, S. 1, 22). Als tragendes Element der Neuordnung hat er alle Basisversorgungssysteme unterschiedslos der nachgelagerten Besteuerung unterworfen. Das Alterseinkünftegesetz enthält auf der Grundlage dieses Konzepts Neuregelungen sowohl für die Aufbauphase (vgl. insb. § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG) als auch für die Versorgungsphase (wie in § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a Doppelbuchstabe aa EStG). Diese Neuregelungen wurden mittlerweile vom Bundesverfassungsgericht für verfassungskonform erklärt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29.09.2015 - 2 BvR 2683/11 -, HFR 2016, 69, vom 30.09.2015 - 2 BvR 1066/10 -, HFR 2016, 72, sowie vom 30.09.2015 - 2 BvR 1961/10 -, NJW 2016, 469).
48 
Im Einzelnen wurde insbesondere durch Art. 1 Nr. 7 lit. a des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG dahingehend gefasst, dass Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, zu Sonderausgaben erklärt wurden. Zudem wurde durch Art. 1 Nr. 7 lit. c des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 3 EStG wie folgt neu gefasst:
49 
„(3) Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 sind bis zu 20 000 Euro zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag. Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 gehören oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten entspricht. Im Kalenderjahr 2005 sind 60 vom Hundert der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen. Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar. Der Vomhundertsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 vom-Hundert-Punkte je Kalenderjahr.“
50 
Dem korrespondiert nach Art. 1 Nr. 13 lit. a des Alterseinkünftegesetzes insbesondere folgende, die Besteuerung der Versorgungsleistungen betreffende Änderung des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG:
51 
„Zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften gehören auch
52 
a) Leibrenten und andere Leistungen,
53 
aa) die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Vomhundertsatz aus der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:
54 
Jahr des Rentenbeginns
Besteuerungsanteil in v.H.
bis 2005
50    
ab 2006
52    
2007   
54    
2008   
56    
2009   
58    
2010   
60    
2011   
62    
2012   
64    
2013   
66    
2014   
68    
2015   
70    
2016   
72    
2017   
74    
2018   
76    
2019   
78    
2020   
80    
2021   
81    
2022   
82    
2023   
83    
2024   
84    
2025   
85    
2026   
86    
2027   
87    
2028   
88    
2029   
89    
2030   
90    
2031   
91    
2032   
92    
2033   
93    
2034   
94    
2035   
95    
2036   
96    
2037   
97    
2038   
98    
2039   
99    
2040   
100     
55 
(…).“
56 
Auf der Basis dieser rechtlichen Situation hat die Antragsgegnerin plausibel dargestellt und auch mit Berechnungen belegt (vgl. insbesondere das Informationsblatt „VA-Aktuell 1/2013“ sowie die vorgelegte „Datenübersicht“), dass es für ihre Teilnehmer bei Betrachtung der Steuerlast grundsätzlich - zum Teil sogar beträchtlich - günstiger und damit dem Versorgungszweck dienlicher ist, erhöhte Einzahlungen in das Versorgungssystem vorzunehmen und dafür später - nach Erreichen der Altersgrenze beziehungsweise sonst bei einem Versorgungsfall - höhere Versorgungsleistungen zu erhalten, als die Einzahlungen auf einem niedrigeren Niveau zu belassen und dementsprechend später geringere Versorgungsleistungen beanspruchen zu können. Der Antragsteller hat weder die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Neuregelung als solche noch die einzelnen Berechnungen der Antragsgegnerin substantiiert in Frage gestellt. Sie unterliegen auch sonst keinen inhaltlichen oder rechtlichen Bedenken. Die vom Antragsteller als nicht nachvollziehbar bezeichnete Aussage, dass (grundsätzlich) durch die Erhöhung der Versorgungsabgabe der steuerliche Sonderausgabenabzug jeweils mehr ausgeschöpft werde und der individuelle Netto-Rentenanspruch im Verhältnis zur Mehrbelastung durch den höheren Abgabensatz überproportional gesteigert werde, erweist sich ohne Weiteres als zutreffend. Zu hinterfragen bleibt somit allein, ob die steuerlichen Vorteile, die bei der gesteigerten Altersvorsorge im Rahmen der Versorgungsanstalt zum Tragen kommen, ausreichen, um die Erhöhung des Abgabensatzes zu rechtfertigen. Auch dies ist indes vor dem Hintergrund der Gestaltungsfreiheit der Antragsgegnerin der Fall.
57 
Die Höhe der Versorgungsabgabe in der Neufassung von § 23 Abs. 1 der Satzung genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
58 
Die Anhebung des Abgabensatzes ist ein erforderliches Mittel, denn es ist kein ebenso geeignetes Mittel ersichtlich, um das angestrebte Ziel zu erreichen, nämlich ein angemessenes und den steuerlichen Rahmenbedingungen gerecht werdendes Versorgungsniveau der Teilnehmer. Sähe die Satzung der Antragsgegnerin lediglich eine niedrigere „Grundversorgung“ in Verbindung mit der Möglichkeit freiwilliger Zuzahlungen (vgl. dazu auch § 23 Abs. 4 der Satzung) vor, so wären die Teilnehmer nicht in gleichem Maße vor Versorgungslücken geschützt. Aufgrund der veränderten steuerlichen Rahmenbedingungen infolge des Alterseinkünftegesetzes (nachgelagerte Besteuerung) wäre für die Teilnehmer bei unverändertem Abgabensatz das Versorgungsniveau grundsätzlich gesunken. Hätte die Antragsgegnerin den Satz der verpflichtend zu leistenden Versorgungsabgabe nicht erhöht, so hätte es jedem einzelnen Teilnehmer oblegen, individuelle Überlegungen und Berechnungen zu seinen Einbußen anzustellen und diese nach eigenem Ermessen durch freiwillige Zuzahlungen zu kompensieren. Dies würde dem Versorgungsgedanken offensichtlich nicht in gleicher Weise gerecht werden wie die allgemeine Anhebung des Abgabensatzes. Diese Annahme findet ihre Bestätigung in den von der Antragsgegnerin geschilderten und vom Antragsteller nicht in Frage gestellten Erfahrungen mit der Inanspruchnahme freiwilliger Zuzahlungsmöglichkeiten. Danach waren die Zuzahlungen weit entfernt davon, die Freibeträge beim Sonderausgabenabzug auszuschöpfen beziehungsweise die durch die Besteuerung der Rente entstehende Lücke bei den Versorgungsleistungen auszugleichen.
59 
Die jetzige Höhe der Versorgungsabgabe ist mit 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres angesichts der zugleich vorgesehenen Höchstabgabe auch nicht unzumutbar.
60 
Soweit der Antragsteller meint, die alleinige Orientierung des Beitrages am Einkommen verstoße gegen den Gleichheitssatz, da das Verhältnis zu dem in Aussicht stehenden Vorteil nicht mehr angemessen sei und zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führe, überzeugt das nicht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist auch bei dem von der Antragsgegnerin angewandten offenen Deckungsplanverfahren in zentraler Weise an die Höhe der Einzahlungen gekoppelt, so dass keine Benachteiligung des Antragstellers gegenüber anderen Teilnehmern, die geringere Einzahlungen leisten, ersichtlich ist. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum gerade die Anhebung des Satzes der Versorgungsabgabe von 9 % auf 12 % etwas Anderes bewirken sollte. Zwar besteht beim offenen Deckungsplanverfahren keine exakte Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung jedes einzelnen Mitgliedes. Kennzeichnend für dieses zwischen dem reinen Kapitaldeckungsprinzip und dem Umlageverfahren angesiedelte Modell ist, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung sichergestellt wird, indem in der versicherungstechnischen Bilanz unter Einbeziehung der zu erwartenden Neuzugänge die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum vorhandenen Vermögen und den zu erwartenden Beiträgen gegenübergestellt werden. Es gibt infolge dessen (lediglich) eine Äquivalenz zwischen den Beiträgen und den Leistungen aller Mitglieder insgesamt („Gruppenäquivalenz“, vgl. Senatsurteil vom 01.09.2009 - 9 S 576/08 -, VBlBW 2010, 75; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005 - 6 C 3.05 -, NJW 2006, 711; Beschluss vom 17.12.2014 - 10 B 47.14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014, a.a.O.). Gleichwohl stehen die jeweils erworbenen Versorgungsanrechte in engem Zusammenhang mit den jeweils persönlich geleisteten Abgaben (vgl. die jeweilige „Abgaben- und Anrechteinformation“ an den Antragsteller, etwa vom 25.02.2013 und vom 24.02.2014; zu den unterschiedlichen Finanzierungstechniken von Versorgungseinrichtungen vgl. auch den Überblick bei Clade, DÄBl. 2014, A 832; https://www.aerzteblatt.de/archiv/159590/Aerzteversorgung-Umlage-versus-Kapitaldeckung).
61 
Für die Annahme, die Antragsgegnerin überspanne den sozialen Gedanken, indem sie mit der Beitragsanhebung die derzeit geringe Verzinsung am Kapitalmarkt und womöglich die Folgen demografischer Probleme kompensiere, gibt es - auch mit Blick auf die Angaben des Vertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zu der von dieser aktuell erwirtschafteten Rendite - keine greifbaren Anhaltspunkte. Im Übrigen treffen die dem demografischen Wandel geschuldeten Entwicklungen alle Versorgungssysteme in mehr oder weniger gleichem Umfang, ohne dass deshalb die Verfassungskonformität der Pflichtversicherungen in Frage gestellt werden könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.).
62 
Soweit der Antragsteller auf die Rechtslage bei anderen Versorgungswerken verweist, vermag das seinem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Normgeber nur in seinem Kompetenzbereich. Er ist deshalb nicht gehindert, bei seiner Rechtsetzung von Vorschriften anderer Normgeber abzuweichen, die diese für vergleichbare Sachverhalte in ihrem Kompetenzbereich erlassen haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 und 1300/93 -, BVerfGE 93, 319 351, und der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29.12.2004 - 1 BvR 113/03 -, NVwZ-RR 2005, 297, 298; BVerwG, Urteile vom 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, BVerwGE 96, 293, 301, und vom 25.07.2007 - 6 C 27.06 -, BVerwGE 129, 129). Vor diesem Hintergrund lässt sich hier aus den Unterschieden des § 23 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin im Vergleich zu den Satzungen anderer Versorgungswerke kein Schluss auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ziehen.
63 
b) Auch sonst bestehen gegen die Vorschrift des § 23 Abs. 1 der Satzung in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
64 
Ein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes liegt nicht vor. Der verfassungsrechtlich geforderte Vertrauensschutz geht nicht so weit, dass der Betroffene vor jeder nachteiligen Neuerung bewahrt werden muss. Gerade im Bereich der Altersvorsorge und des Sozialversicherungsrechts muss der Normgeber vielmehr aus Gründen des Allgemeinwohls auf veränderte Situationen zum Schutz der Solidargemeinschaft reagieren können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.1979 - 1 BvL 10/78 -, BVerfGE 51, 356, 363; Senatsurteil vom 01.09.2009, a.a.O.). Unter Berücksichtigung dessen ist die Neufassung der angegriffenen Satzungsbestimmung keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Auch der Antragsteller trägt hierzu nichts Konkretes vor.
65 
Es ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass wegen der in § 23 Abs. 2 lit. b der Satzung und an anderen Stellen vorgesehenen Parameter für die Höchstabgabe der Rahmen des normgeberischen Ermessens verlassen ist beziehungsweise dass diese zu unvertretbaren Ergebnissen führen.
66 
Schließlich lässt sich ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht feststellen. Zwar kommt Ansprüchen und Anwartschaften aus dem berufsständischen Versorgungsrecht ebenso wie derartigen Rechtspositionen des Sozialversicherungsrechts eigentumsrechtlicher Schutz zu, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005 - 1 BvR 368/97 - NJW 2005, 2213; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 27.02.2013 - 21 N 10.2960 -, juris; Urteil vom 27.02.2013 - 21 N 10.2966 -, juris; Beschluss vom 30.04.2015 - 21 N 14.1 -, juris; Urteil vom 30.04.2015 - 21 N 14.2 -, juris; NdSOVG, Urteil vom 12.06.2014 - 8 LC 130/12 -, NdsVBl 2015, 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.09.2012 - 17 A 2542/09 -, juris). Die Aushöhlung einer erworbenen Eigentumsstellung findet bei der vorgenommenen Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes von 9 % auf 12 % aber nicht statt.
III.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
68 
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht.
69 
Beschluss vom 14. April 2016
70 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG).
71 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
25 
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
26 
Der Antrag ist zulässig.
27 
1. Bei der angefochtenen Satzungsbestimmung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift der Antragsgegnerin (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), gegen die nach § 4 AGVwGO in Baden-Württemberg die Normenkontrolle statthaft ist. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 24.10.2014 und damit innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Änderungssatzung (06.12.2013) gestellt wurde.
28 
2. Der Antragsteller ist antragsbefugt.
29 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014 - 9 S 2333/12 -, juris, m.w.N.).
30 
Der Antragsteller wendet sich als Arzt und Pflichtteilnehmer der Antragsgegnerin gegen die Satzungsbestimmung über die Höhe der Versorgungsabgabe. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift belastet den Antragsteller, weil sie festlegt, in welcher Höhe er zur Leistung der Versorgungsabgabe verpflichtet ist. Sie wirkt sich auch aktuell aus, weil der Antragsteller sie bereits seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 2014 und auch gegenwärtig zu beachten hat.
II.
31 
Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift ist von einer ordnungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage gedeckt (1.) und weder in formell-rechtlicher (2.) noch in materiell-rechtlicher (3.) Hinsicht zu beanstanden.
32 
1. Ermächtigungsgrundlage für die in § 23 Abs. 1 der Satzung enthaltene Regelung ist § 11 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Versorgungsanstaltsgesetz - VersAnstG). Danach werden die Verhältnisse der Antragsgegnerin, soweit sie nicht gesetzlich geregelt sind, durch die Satzung geregelt. Nach § 2 VersAnstG gewährt die Antragsgegnerin den Teilnehmern und ihren Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VersAnstG sind die Teilnehmer zur Zahlung der satzungsmäßigen Beiträge verpflichtet. Dem ist zu entnehmen, dass die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe ein möglicher (und gebotener) Inhalt der Satzung ist.
33 
2. Formellen Bedenken ist die Regelung nicht unterworfen. Die Vertreterversammlung der Antragsgegnerin war gemäß § 4 Abs. 4 VersAnstG das zum Erlass der Änderungssatzung zuständige Organ. Mängel des Verfahrens der Normsetzung sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem in § 13 Abs. 2 Nr. 1 VersAnstG normierten Genehmigungserfordernis wurde durch die ministerielle Genehmigung vom 26.11.2013 genügt. Die Satzungsänderung wurde den Vorgaben aus § 11 Satz 2, § 12 VersAnstG entsprechend im Staatsanzeiger bekannt gemacht.
34 
3. Die angegriffene Satzungsbestimmung ist auch in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. § 23 Abs. 1 der Satzung steht mit dem Grundrecht der Normadressaten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang (a). Auch sonst ist die Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar (b).
35 
a) Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich nicht feststellen.
36 
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Pflichtversorgung für Angehörige freier Berufe als solche ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001, 1590), des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 04.04.1989 - 1 BvR 685/88 -, NJW 1990, 1653, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134) wie auch des erkennenden Senats (Beschluss vom 17.01.2012 - 9 S 1817/11 -; Urteil vom 16.11.1999 - 9 S 2176/98 -; DVBl. 2000, 1064) geklärt. Die Pflichtmitgliedschaft bezweckt die Pflichtversorgung der Ärzte und dient durch deren wirtschaftliche Absicherung der Erhaltung eines leistungsfähigen Berufsstandes. Sie ermöglicht es zugleich, dass die Ärzte bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus der aktiven Berufstätigkeit ausscheiden und der nachfolgenden Generation Platz machen. Damit verfolgt die Pflichtmitgliedschaft legitime Zwecke und ihre Anordnung hält sich innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Ein Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung ist auch die finanzielle Stabilität des Versorgungsträgers. Maßnahmen, die ihr zu dienen bestimmt sind, können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie für die Betroffenen zu fühlbaren Einschränkungen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 449/82 u.a. -, BVerfGE 70, 1, 30; BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007 - 6 B 40.07 -, juris; siehe ferner BVerwG, Urteil vom 12.12.2013 - 3 C 17.13 -, BVerwGE 148, 344; NdSOVG, Beschluss vom 17.06.2015 - 8 LA 16/15 -, juris).
37 
Vorschriften, welche die Höhe der Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken betreffen, sind am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, zu messen. Art. 12 Abs. 1 GG ist vorrangig als Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung der Zulässigkeit einer an die Berufstätigkeit anknüpfenden finanziellen Last heranzuziehen. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist, wie aus der Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz sowie Berufsausübung folgt, umfassend. Andererseits schützt das Grundrecht aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die berufliche Tätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt erst dann vor, wenn die Norm, auf die eine sich auf die Berufstätigkeit auswirkende Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat. Dazu muss sie nicht die Berufstätigkeit unmittelbar betreffen. Der Berufsbezug kann auch gegeben sein, wenn eine Norm die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung gestaltet. Das gilt namentlich für normativ auferlegte Geldleistungspflichten. Sie berühren Art. 12 Abs. 1 GG dann, wenn sie infolge ihrer Ausgestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.; unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 302, m.w.N.). So liegt der Fall hier.
38 
Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG müssen mit je nach ihrer Wirkung unterschiedlich wichtigen Gründen gerechtfertigt sein. Ansonsten verstoßen sie gegen das genannte Grundrecht. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit lassen sich grundsätzlich (schon) damit rechtfertigen, dass sie von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 - 8 CN 2.09 -, SächsVBl. 2011, 108; zum Recht der berufsständischen Versorgung der Notare). Kommt eine die Berufsausübung betreffende Regelung einer Berufswahlregelung nahe, kann sie nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls, sondern nur mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie den Vorrang vor der Berufsbehinderung verdienen (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1987 - 1 BvR 1086/82 u.a. -, BVerfGE 77, 84, 106). Dabei ist allerdings in jedem Fall die weite Gestaltungsfreiheit des Normgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung und dessen Einschätzungs- und Prognosevorrang zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
39 
Art. 12 Abs. 1 GG muss in seinem Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Er kann verletzt sein, wenn durch eine Berufsausübungsregelung, die im Ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte Gruppen typischer Fälle ohne zureichenden Grund wesentlich stärker als andere belastet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 17.10.1984 - 1 BvL 18/82 u.a. -, BVerfGE 68, 155, 173, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134). Aus einer typisierenden Regelung folgende geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten sind allerdings hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.11.1997, a.a.O.; siehe ferner BVerfG, Beschlüsse vom 02.07.1969 - 1 BvR 669/64 -, BVerfGE 26, 265, 275, und vom 15.10.1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39, 50).
40 
Liegt ein normativer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vor, entsprechen die dem Normgeber dafür gesetzten Grenzen im Ergebnis regelmäßig denjenigen aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.11.1982 - 1 BvL 16/75 und 36/79 -, BVerfGE 62, 256, 274, und vom 06.12.1988 - 1 BvL 5,6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218). Ein solcher Eingriff kann also, wenn er eine einer Berufswahlregelung nahe kommende Berufsausübungsregelung darstellt, nur mit Gründen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie die Berufsbehinderung rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
41 
Nach diesen Maßstäben ist bei der Regelung des § 23 Abs. 1 der Satzung von einer (lediglich) die Berufsausübung betreffenden Regelung auszugehen, die einer Berufswahlregelung nicht nahekommt und deshalb (bereits) mit vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann (aa). Die Vorschrift wird auch von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und erweist sich - nicht zuletzt unter Berücksichtigung der weiten Gestaltungsfreiheit und des Einschätzungs- und Prognosevorrangs der Antragsgegnerin als Satzungsgeberin auf dem Gebiet der Sozialordnung - als verhältnismäßig (bb).
42 
aa) Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres betrifft nicht die Berufswahl. Die Höhe des Abgabensatzes ist zwar von Bedeutung für die Ausübung des Arztberufes, stellt aber keine Berufszugangsregelung dar. Der Beruf des Arztes kann ungeachtet der Bestimmung weiterhin gewählt werden, wobei die Berufsaufnahme auch faktisch nicht ausgeschlossen wird. Es steht im vorliegenden Fall auch kein Mindestbeitrag in Rede, der einer Berufswahlregelung nahe kommen kann, wenn aufgrund seiner Gestaltung ein angemessenes Einkommen nicht zu erlangen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.). Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres ist damit nicht vergleichbar.
43 
bb) § 23 Abs. 1 der Satzung wird von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und ist verhältnismäßig.
44 
Die mit der Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres verfolgten vernünftigen Gemeinwohlerwägungen bestehen darin, dass die Antragsgegnerin damit den Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Alterseinkünftegesetz (BGBl. 2004 I S. 1427 ff.) Rechnung trug. Dies geschah in Übereinstimmung mit ihrer Aufgabe nach § 2 VersAnstG, ihren Teilnehmern und deren Hinterbliebenen Versorgung zu gewähren. Die Funktions- und Leistungsfähigkeit der berufsständischen Versorgung liegt auch im allgemeinen Interesse (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 10.07.2014 - 9 S 858/13 -, NJW-RR 2015, 312; HessVGH, Beschluss vom 27.07.2015 - 7 A 695/14.Z -, juris Rn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014 - 6 A 10959/13 -, juris).
45 
Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass das Einkommensteuerrecht bis zum 31.12.2004 die Ertragsanteilsbesteuerung vorsah. Das bedeutete, dass die Versorgungsabgabe an die Antragsgegnerin ganz überwiegend aus voll versteuertem Einkommen entrichtet wurde, weil der Freibetrag vordringlich durch die Beiträge zur Krankenvorsorge aufgebraucht wurde. Andererseits blieben die Versorgungsleistungen aufgrund von Freibeträgen weitaus überwiegend steuerfrei.
46 
Diese Ertragsanteilsbesteuerung wurde im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (vom 05.07.2004, BGBl. I S. 1427 ff.; mit späteren, hier nicht näher zu vertiefenden Änderungen) zum 01.01.2005 durch die nachgelagerte Besteuerung ersetzt. Danach werden nach Ablauf der Übergangsperiode die Beiträge zur ersten Säule der Alterssicherung (Gesetzliche Rentenversicherung, Berufsständische Versorgung, Altershilfe für Landwirte) als steuerlich abzugsfähige Sonderausgaben anerkannt, während die Versorgungsleistungen der Besteuerung unterworfen werden. Die Einführung der nachgelagerten Besteuerung ist mit langen Übergangsfristen versehen. Im Jahre 2005 begann die Abzugsfähigkeit der Beiträge bei 60 %. Sie steigerte sich im Laufe der folgenden Jahre bis zu einem Satz von 78 % im Jahre 2014. Im Jahre 2025 werden die Beiträge voll (bis zum jeweiligen Höchstbetrag) abzugsfähig gemacht. Demgegenüber steigt der Besteuerungsanteil der Renten von 50 % im Jahre 2005 auf 100 % im Jahre 2040. Maßgeblich ist das Kohortenprinzip. Dies bedeutet, dass der Besteuerungsanteil von dem Jahr abhängt, in dem der Teilnehmer erstmals eine Versorgungsleistung bezieht. Der Besteuerungsanteil beträgt bei Renteneintritt im Jahre 2014 68 %. Bei Rentenbeginn wird der prozentuale Freibetrag in einen Eurobetrag umgerechnet und gilt dann für die restliche Dauer des Rentenbezugs.
47 
Ziel des Gesetzgebers war es, eine steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen zu erreichen (BT-Drucks. 15/2150, S. 1, 22). Als tragendes Element der Neuordnung hat er alle Basisversorgungssysteme unterschiedslos der nachgelagerten Besteuerung unterworfen. Das Alterseinkünftegesetz enthält auf der Grundlage dieses Konzepts Neuregelungen sowohl für die Aufbauphase (vgl. insb. § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG) als auch für die Versorgungsphase (wie in § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a Doppelbuchstabe aa EStG). Diese Neuregelungen wurden mittlerweile vom Bundesverfassungsgericht für verfassungskonform erklärt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29.09.2015 - 2 BvR 2683/11 -, HFR 2016, 69, vom 30.09.2015 - 2 BvR 1066/10 -, HFR 2016, 72, sowie vom 30.09.2015 - 2 BvR 1961/10 -, NJW 2016, 469).
48 
Im Einzelnen wurde insbesondere durch Art. 1 Nr. 7 lit. a des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG dahingehend gefasst, dass Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, zu Sonderausgaben erklärt wurden. Zudem wurde durch Art. 1 Nr. 7 lit. c des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 3 EStG wie folgt neu gefasst:
49 
„(3) Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 sind bis zu 20 000 Euro zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag. Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 gehören oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten entspricht. Im Kalenderjahr 2005 sind 60 vom Hundert der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen. Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar. Der Vomhundertsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 vom-Hundert-Punkte je Kalenderjahr.“
50 
Dem korrespondiert nach Art. 1 Nr. 13 lit. a des Alterseinkünftegesetzes insbesondere folgende, die Besteuerung der Versorgungsleistungen betreffende Änderung des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG:
51 
„Zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften gehören auch
52 
a) Leibrenten und andere Leistungen,
53 
aa) die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Vomhundertsatz aus der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:
54 
Jahr des Rentenbeginns
Besteuerungsanteil in v.H.
bis 2005
50    
ab 2006
52    
2007   
54    
2008   
56    
2009   
58    
2010   
60    
2011   
62    
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100     
55 
(…).“
56 
Auf der Basis dieser rechtlichen Situation hat die Antragsgegnerin plausibel dargestellt und auch mit Berechnungen belegt (vgl. insbesondere das Informationsblatt „VA-Aktuell 1/2013“ sowie die vorgelegte „Datenübersicht“), dass es für ihre Teilnehmer bei Betrachtung der Steuerlast grundsätzlich - zum Teil sogar beträchtlich - günstiger und damit dem Versorgungszweck dienlicher ist, erhöhte Einzahlungen in das Versorgungssystem vorzunehmen und dafür später - nach Erreichen der Altersgrenze beziehungsweise sonst bei einem Versorgungsfall - höhere Versorgungsleistungen zu erhalten, als die Einzahlungen auf einem niedrigeren Niveau zu belassen und dementsprechend später geringere Versorgungsleistungen beanspruchen zu können. Der Antragsteller hat weder die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Neuregelung als solche noch die einzelnen Berechnungen der Antragsgegnerin substantiiert in Frage gestellt. Sie unterliegen auch sonst keinen inhaltlichen oder rechtlichen Bedenken. Die vom Antragsteller als nicht nachvollziehbar bezeichnete Aussage, dass (grundsätzlich) durch die Erhöhung der Versorgungsabgabe der steuerliche Sonderausgabenabzug jeweils mehr ausgeschöpft werde und der individuelle Netto-Rentenanspruch im Verhältnis zur Mehrbelastung durch den höheren Abgabensatz überproportional gesteigert werde, erweist sich ohne Weiteres als zutreffend. Zu hinterfragen bleibt somit allein, ob die steuerlichen Vorteile, die bei der gesteigerten Altersvorsorge im Rahmen der Versorgungsanstalt zum Tragen kommen, ausreichen, um die Erhöhung des Abgabensatzes zu rechtfertigen. Auch dies ist indes vor dem Hintergrund der Gestaltungsfreiheit der Antragsgegnerin der Fall.
57 
Die Höhe der Versorgungsabgabe in der Neufassung von § 23 Abs. 1 der Satzung genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
58 
Die Anhebung des Abgabensatzes ist ein erforderliches Mittel, denn es ist kein ebenso geeignetes Mittel ersichtlich, um das angestrebte Ziel zu erreichen, nämlich ein angemessenes und den steuerlichen Rahmenbedingungen gerecht werdendes Versorgungsniveau der Teilnehmer. Sähe die Satzung der Antragsgegnerin lediglich eine niedrigere „Grundversorgung“ in Verbindung mit der Möglichkeit freiwilliger Zuzahlungen (vgl. dazu auch § 23 Abs. 4 der Satzung) vor, so wären die Teilnehmer nicht in gleichem Maße vor Versorgungslücken geschützt. Aufgrund der veränderten steuerlichen Rahmenbedingungen infolge des Alterseinkünftegesetzes (nachgelagerte Besteuerung) wäre für die Teilnehmer bei unverändertem Abgabensatz das Versorgungsniveau grundsätzlich gesunken. Hätte die Antragsgegnerin den Satz der verpflichtend zu leistenden Versorgungsabgabe nicht erhöht, so hätte es jedem einzelnen Teilnehmer oblegen, individuelle Überlegungen und Berechnungen zu seinen Einbußen anzustellen und diese nach eigenem Ermessen durch freiwillige Zuzahlungen zu kompensieren. Dies würde dem Versorgungsgedanken offensichtlich nicht in gleicher Weise gerecht werden wie die allgemeine Anhebung des Abgabensatzes. Diese Annahme findet ihre Bestätigung in den von der Antragsgegnerin geschilderten und vom Antragsteller nicht in Frage gestellten Erfahrungen mit der Inanspruchnahme freiwilliger Zuzahlungsmöglichkeiten. Danach waren die Zuzahlungen weit entfernt davon, die Freibeträge beim Sonderausgabenabzug auszuschöpfen beziehungsweise die durch die Besteuerung der Rente entstehende Lücke bei den Versorgungsleistungen auszugleichen.
59 
Die jetzige Höhe der Versorgungsabgabe ist mit 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres angesichts der zugleich vorgesehenen Höchstabgabe auch nicht unzumutbar.
60 
Soweit der Antragsteller meint, die alleinige Orientierung des Beitrages am Einkommen verstoße gegen den Gleichheitssatz, da das Verhältnis zu dem in Aussicht stehenden Vorteil nicht mehr angemessen sei und zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führe, überzeugt das nicht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist auch bei dem von der Antragsgegnerin angewandten offenen Deckungsplanverfahren in zentraler Weise an die Höhe der Einzahlungen gekoppelt, so dass keine Benachteiligung des Antragstellers gegenüber anderen Teilnehmern, die geringere Einzahlungen leisten, ersichtlich ist. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum gerade die Anhebung des Satzes der Versorgungsabgabe von 9 % auf 12 % etwas Anderes bewirken sollte. Zwar besteht beim offenen Deckungsplanverfahren keine exakte Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung jedes einzelnen Mitgliedes. Kennzeichnend für dieses zwischen dem reinen Kapitaldeckungsprinzip und dem Umlageverfahren angesiedelte Modell ist, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung sichergestellt wird, indem in der versicherungstechnischen Bilanz unter Einbeziehung der zu erwartenden Neuzugänge die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum vorhandenen Vermögen und den zu erwartenden Beiträgen gegenübergestellt werden. Es gibt infolge dessen (lediglich) eine Äquivalenz zwischen den Beiträgen und den Leistungen aller Mitglieder insgesamt („Gruppenäquivalenz“, vgl. Senatsurteil vom 01.09.2009 - 9 S 576/08 -, VBlBW 2010, 75; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005 - 6 C 3.05 -, NJW 2006, 711; Beschluss vom 17.12.2014 - 10 B 47.14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014, a.a.O.). Gleichwohl stehen die jeweils erworbenen Versorgungsanrechte in engem Zusammenhang mit den jeweils persönlich geleisteten Abgaben (vgl. die jeweilige „Abgaben- und Anrechteinformation“ an den Antragsteller, etwa vom 25.02.2013 und vom 24.02.2014; zu den unterschiedlichen Finanzierungstechniken von Versorgungseinrichtungen vgl. auch den Überblick bei Clade, DÄBl. 2014, A 832; https://www.aerzteblatt.de/archiv/159590/Aerzteversorgung-Umlage-versus-Kapitaldeckung).
61 
Für die Annahme, die Antragsgegnerin überspanne den sozialen Gedanken, indem sie mit der Beitragsanhebung die derzeit geringe Verzinsung am Kapitalmarkt und womöglich die Folgen demografischer Probleme kompensiere, gibt es - auch mit Blick auf die Angaben des Vertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zu der von dieser aktuell erwirtschafteten Rendite - keine greifbaren Anhaltspunkte. Im Übrigen treffen die dem demografischen Wandel geschuldeten Entwicklungen alle Versorgungssysteme in mehr oder weniger gleichem Umfang, ohne dass deshalb die Verfassungskonformität der Pflichtversicherungen in Frage gestellt werden könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.).
62 
Soweit der Antragsteller auf die Rechtslage bei anderen Versorgungswerken verweist, vermag das seinem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Normgeber nur in seinem Kompetenzbereich. Er ist deshalb nicht gehindert, bei seiner Rechtsetzung von Vorschriften anderer Normgeber abzuweichen, die diese für vergleichbare Sachverhalte in ihrem Kompetenzbereich erlassen haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 und 1300/93 -, BVerfGE 93, 319 351, und der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29.12.2004 - 1 BvR 113/03 -, NVwZ-RR 2005, 297, 298; BVerwG, Urteile vom 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, BVerwGE 96, 293, 301, und vom 25.07.2007 - 6 C 27.06 -, BVerwGE 129, 129). Vor diesem Hintergrund lässt sich hier aus den Unterschieden des § 23 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin im Vergleich zu den Satzungen anderer Versorgungswerke kein Schluss auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ziehen.
63 
b) Auch sonst bestehen gegen die Vorschrift des § 23 Abs. 1 der Satzung in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
64 
Ein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes liegt nicht vor. Der verfassungsrechtlich geforderte Vertrauensschutz geht nicht so weit, dass der Betroffene vor jeder nachteiligen Neuerung bewahrt werden muss. Gerade im Bereich der Altersvorsorge und des Sozialversicherungsrechts muss der Normgeber vielmehr aus Gründen des Allgemeinwohls auf veränderte Situationen zum Schutz der Solidargemeinschaft reagieren können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.1979 - 1 BvL 10/78 -, BVerfGE 51, 356, 363; Senatsurteil vom 01.09.2009, a.a.O.). Unter Berücksichtigung dessen ist die Neufassung der angegriffenen Satzungsbestimmung keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Auch der Antragsteller trägt hierzu nichts Konkretes vor.
65 
Es ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass wegen der in § 23 Abs. 2 lit. b der Satzung und an anderen Stellen vorgesehenen Parameter für die Höchstabgabe der Rahmen des normgeberischen Ermessens verlassen ist beziehungsweise dass diese zu unvertretbaren Ergebnissen führen.
66 
Schließlich lässt sich ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht feststellen. Zwar kommt Ansprüchen und Anwartschaften aus dem berufsständischen Versorgungsrecht ebenso wie derartigen Rechtspositionen des Sozialversicherungsrechts eigentumsrechtlicher Schutz zu, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005 - 1 BvR 368/97 - NJW 2005, 2213; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 27.02.2013 - 21 N 10.2960 -, juris; Urteil vom 27.02.2013 - 21 N 10.2966 -, juris; Beschluss vom 30.04.2015 - 21 N 14.1 -, juris; Urteil vom 30.04.2015 - 21 N 14.2 -, juris; NdSOVG, Urteil vom 12.06.2014 - 8 LC 130/12 -, NdsVBl 2015, 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.09.2012 - 17 A 2542/09 -, juris). Die Aushöhlung einer erworbenen Eigentumsstellung findet bei der vorgenommenen Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes von 9 % auf 12 % aber nicht statt.
III.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
68 
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht.
69 
Beschluss vom 14. April 2016
70 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG).
71 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.März 2004 - 11 K 5381/02 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

 
I.
Der Kläger ist Eigentümer des auch landwirtschaftlich genutzten Grundstücks Flst.Nr. ... der Gemarkung der Beklagten. Das Grundstück ist an die öffentliche Wasserversorgung der Beklagten angeschlossen. Durch Bescheid vom 5.10.1983 befreite die Beklagte den Rechtsvorgänger des Klägers vom Zwang zur Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung zur Deckung seines Brauchwasserbedarfs. Auf die Verpflichtung zur Entrichtung von den eigengeförderten Wassermengen entsprechenden Bereitstellungsgebühren wurde hingewiesen. In der Zeit von Juli 1988 bis Juni 1989 entnahm der Kläger 42 cbm, in der Zeit von 21.8.1991 bis 16.1.1992 80 cbm, in der Zeit von Juli 1993 bis Juni 1994 11 cbm, von Juli 1994 bis Juni 1995 33 cbm, im Jahr 1998 2 cbm und im Jahr 2000 281 cbm Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung.
Mit Bescheid vom 5.10.2001 zog die Beklagte den Kläger unter Zugrundelegung der von ihm verbrauchten Eigenwassermenge zu einer Bereitstellungsgebühr in Höhe von 1.481,65 DM für das Jahr 2000 heran. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 25.10.2001 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er geltend machte, er habe die öffentliche Wasserversorgungsanlage ebenso wenig wie sein Vorgänger in Anspruch genommen. Die eigene Quelle habe auch während der Sommermonate eine ausreichende Schüttung. Er bot die Entfernung oder Plombierung des vorhandenen Anschlusses an.
Mit Bescheid vom 20.11.2002 wies das Landratsamt Schwäbisch Hall den Widerspruch zurück. Es führte zur Begründung aus, im Hinblick auf die strengen Anforderungen an die Trinkwasserqualität sei nur eine Befreiung von der Benutzung der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung für den Bezug von Brauchwasser erteilt worden. Der gleichwohl geduldete Bezug des Trinkwassers aus dem eigenen Brunnen müsse im Falle einer Verschlechterung dieses Wassers untersagt werden. Der Anschluss an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung sei daher als Reserveanschluss anzusehen. Der Kläger habe im Übrigen in der Vergangenheit - wenn auch in geringem Umfang -verschiedentlich Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage bezogen.
Am 5.12.2002 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben und zur Begründung ergänzend vorgetragen, seine Eigenwasserversorgung sei für seinen landwirtschaftlichen Betrieb ausreichend. Nur ein Defekt der Pumpenanlage habe in der Vergangenheit einen Rückgriff auf die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung notwendig gemacht. Er habe weder ausdrücklich noch schlüssig sein Einverständnis mit der Versorgung durch sie in besonderen Bedarfsfällen erklärt.
Der Kläger hat beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 5.10.2001 und den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 20.11.2002 aufzuheben.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten. Sie hat geltend gemacht, der Anschluss des Grundstücks des Klägers an die öffentliche Wasserversorgung und der Bezug von Wasser von dort begründe ein Benutzungsverhältnis. Der Kläger sei jederzeit in der Lage, seinen gesamten Wasserbedarf aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage zu decken. Dementsprechende Vorhalteleistungen würden erbracht. Der Kläger habe von ihnen in der Vergangenheit mehrfach Gebrauch gemacht.
Mit Urteil vom 22.3.2004 hat das Verwaltungsgericht Stuttgart der Klage stattgegeben und den Bescheid der Beklagten vom 5.10.2001 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwäbisch Hall vom 20.11.2002 aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, es fehle an einer Rechtsgrundlage für die Erhebung der streitigen Gebühr. Nach § 42 WVS i.d.F. der Änderungssatzung vom 12.11.2003 entstehe neben der Grund- und der Verbrauchsgebühr eine weitere Gebühr für das Bereitstellen von Wasser bei Anschlussnehmern mit auch privater Wasserversorgung. Die Entnahme von Wasser sei nicht vorausgesetzt. Es bestehe weder ein Zwang zur Benutzung von Vorhalteleistung noch setze die Gebührenentstehung ein ausdrückliches oder ein widerleglich vermutetes Einverständnis hiermit voraus. Damit knüpfe der Gebührentatbestand an die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung an. Denn das Bereitstellen von Wasser, unabhängig von der Wasserlieferung, sei so lange nicht als eine die Gebührenpflicht begründende selbständige Leistung anzusehen, als Anschlussinhaber mit Eigenversorgungsanlagen aus der öffentlichen Wasserversorgung weder Wasser entnehmen wollten noch hierzu verpflichtet seien. Die bloße Möglichkeit eines künftigen Rückgriffs auf die öffentliche Wasserversorgung bei Ausfall der eigenen Anlage rechtfertige die Annahme einer Benutzung der öffentlichen Einrichtung nicht.
Gegen dieses Urteil hat die Beklagte am 3.3.2005 die vom Senat mit Beschluss vom 25.1.2005 wegen der Problematik der Bereitstellungsgebühr nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zugelassene Berufung eingelegt und im Wesentlichen vorgetragen, § 42 Abs. 1 WVS n.F. sehe die Entstehung der Bereitstellungsgebühr für den Fall des Bereitstellens von Wasser bei Anschlussnehmern mit auch privater Wasserversorgung, also bei Bestehen eines Benutzungsverhältnisses vor. Denn nur grundsätzlich an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossene Grundstücke könnten zusätzlich über eine Eigenwasserversorgung verfügen. Wasserbedarf für Wohngebäude sei aus der öffentlichen Wasserversorgung zu entnehmen. § 5 WVS sehe lediglich Teilbefreiungen für landwirtschaftliche Zwecke bei Vorhandensein privater Brunnen vor. Der Kläger habe auch im streitgegenständlichen Zeitraum Wasser aus der öffentlichen Wasserversorgungsanlage entnommen. Der Bereitstellung von Wasser für ihn habe er nicht widersprochen. Vielmehr wolle er in „Notfällen“ auf die öffentliche Wasserversorgung zurückgreifen. Wasserreserveanschlüsse, die typischerweise die Erhebung einer Bereitstellungsgebühr rechtfertigten, dienten der Kompensation der mangelnden Versorgungssicherheit durch Eigenwasserversorgungsanlagen.
Die Beklagte beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22.3.2004 - 11 K 5381/02 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er verteidigt das angefochtene Urteil und hält insbesondere daran fest, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Bereitstellungsgebühr mangels eines Benutzungsverhältnisses und des Fehlens jeglicher Inanspruchnahme der öffentlichen Wassereinrichtung nicht gegeben seien.
14 
Dem Senat liegen die angefallenen Akten des Beklagten und die des Verwaltungsgerichts vor. Auf diese Unterlagen und die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.
II.
15 
Der Senat kann über die Berufung durch Beschluss entscheiden; denn er hält sie einstimmig für begründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind hierzu gehört worden (§§ 130 a, 125 Abs. 2 S. 3 VwGO).
16 
Die zulässige Berufung der Beklagten muss Erfolg haben. Das Verwaltungsgericht hätte der zulässigen Anfechtungsklage nicht stattgeben dürfen; denn der angefochtene Bescheid der Beklagten (in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 20.11.2002) ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
17 
Der angefochtene Gebührenbescheid findet die erforderliche Rechtsgrundlage in der Satzung der Beklagten über den Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung und die Versorgung der Grundstücke mit Wasser vom 24.10.1990 i.d.F. der Änderungssatzung vom 12.11.2003 (WVS). Nach deren § 42 Abs. 1 erhebt die Gemeinde für das Bereithalten von Wasser bei Anschlussnehmern mit auch privater Wasserversorgung neben der Grund- und Verbrauchsgebühr (§§ 37, 38) eine Bereitstellungsgebühr.
18 
Wie der Wortlaut „mit auch privater Wasserversorgung“ verdeutlicht, setzt die Bestimmung ein Benutzungsverhältnis voraus. Es ergibt sich aus dem der Eigenversorgung nicht zurechenbaren öffentlichen Versorgungsverhältnis. Dieses satzungsrechtlich geforderte Benutzungsverhältnis besteht auch im vorliegenden Fall. Der Kläger ist nicht insgesamt, sondern nur teilweise vom Benutzungszwang befreit (vgl. § 5 der WVS). Unstreitig ist er teilweise zum Bezug von Wasser aus der öffentlichen Versorgungseinrichtung verpflichtet.
19 
Ob der insoweit bestehende Anschlusszwang für sich allein ausreichend wäre, das geforderte Benutzungsverhältnis zu begründen, kann dahinstehen. Gleiches gilt auch für die Frage, ob eine „potenzielle“ Inanspruchnahme bzw. eine Inanspruchnahmemöglichkeit dem § 9 KAG a.F. bzw. § 13 KAG n.F. widersprechen könnte (so wohl das Verwaltungsgericht und zweifelnd der Beschluss des Senats vom 8.8.1996 - 2 S 1703/95 - VBlBW 1997, 28). Sie stellt sich hier bereits deshalb nicht, weil der Kläger im Jahr 2000 (und auch früher) tatsächlich Wasser aus der Versorgungseinrichtung der Beklagten bezogen hat, also eine Inanspruchnahme der Versorgungseinrichtung nicht zweifelhaft ist. In Anbetracht dieser tatsächlichen Inanspruchnahme ist auch nicht zu entscheiden, ob der Erhebung von Bereitstellungsgebühren entgegengehalten werden darf, es gehe lediglich um die Möglichkeit der Inanspruchnahme.
20 
Da die Bereitstellungsgebühr für den Versorgungsbereich in Betracht kommt, für den eine Ausnahme vom Benutzungszwang festgelegt ist, wird für die hier in Rede stehenden Reserve- bzw. Zusatzanschlüsse gefordert, dass diese entweder auf Antrag des Betroffenen, in dessen Einverständnis oder auch auf Grund eines schlüssigen Verhaltens des Betroffenen eingerichtet sind (vgl. dazu Senat, Urteil vom 8.6.1978 - II 319/76 -, BWGZ 1979, 406; ferner Gössl, KAG für Bad.-Württ., 2004, S. 106, m.w.N.). Jedenfalls von Letzterem ist hier auszugehen. Denn der Kläger hat durch schlüssiges Verhalten dem Anschluss „zugestimmt“, indem er der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung tatsächlich Wasser entnommen und sie daher in Anspruch genommen hat. Die darin liegende schlüssige Einwilligung zur Vorhaltung von Wasser(reserven) wird nicht dadurch gegenstandslos, dass er jetzt bekundet, eine Abnahme von Wasser erfolge nicht (mehr). Auch ist - selbst nach seinem eigenen Vorbringen - nicht auszuschließen, dass der Kläger erneut auf die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung auch für das landwirtschaftlich genutzte Anwesen zurückgreifen muss.
21 
Gegen die Höhe der von der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid geforderten Gebühr werden vom Kläger keine Einwände erhoben.
22 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die Nichtzulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO.
23 
Beschluss
24 
vom 31. Juli 2006
25 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 757,56 EUR festgesetzt (vgl. § 72 Nr. 1 2. HS GKG n.F. in Verb. mit § 13 Abs. 2 GKG a.F.).
26 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Tenor

1. Dem Beschwerdeführer wird wegen der Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.

2. § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 und in der Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 sowie § 4 Absatz 1 der Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes und sind nichtig.

3. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 12. Mai 2009 - 2 S 3342/08 -, das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. November 2008 - 3 K 1622/07 -, der Widerspruchsbescheid der Stadt Konstanz vom 3. Juli 2007 - 5.02229.002887.1 ZwWIRöß 27K Rie/hz -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 20. März 2007 - 5.0229.002887.1 -, der Zweitwohnungsteuer-Änderungsbescheid der Stadt Konstanz vom 12. Februar 2007 - 5.0229.002887.1 - und der Zweitwohnungsteuerbescheid der Stadt Konstanz vom 18. Dezember 2006 - 5.0229.002887.1 - verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes. Die Entscheidungen werden aufgehoben. Die Sache wird an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zur Entscheidung über die Kosten des Verfahrens zurückverwiesen.

4. Die notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers haben die Stadt Konstanz zu zwei Dritteln und das Land Baden-Württemberg zu einem Drittel zu erstatten.

5. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit für das Verfassungsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 € (in Worten: dreißigtausend Euro) festgesetzt.

Gründe

A.

1

Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, inwieweit eine degressive Staffelung des Tarifs einer Zweitwohnungsteuer mit dem Grundgesetz vereinbar ist.

I.

2

1. Die Stadt Konstanz, die Beklagte des Ausgangsverfahrens (im Folgenden: Beklagte), zog den Beschwerdeführer für die Jahre 2002 bis 2006 zur Zweitwohnungsteuer heran. Dabei stützte sie sich auf die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 22. März 1984 in der Fassung der Änderungssatzung vom 23. Februar 1989 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 1989) und in der zum 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Fassung der Änderungssatzungen vom 23. Februar 1989 und 26. September 2002 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2002) sowie die rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft getretene Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der Stadt Konstanz vom 26. Oktober 2006 (im Folgenden: Zweitwohnungsteuersatzung 2006).

3

2. Die in den Satzungen jeweils geregelten Steuertarife orientieren sich am jährlichen Mietaufwand als steuerlicher Bemessungsgrundlage und pauschalieren den Steuerbetrag durch Bildung von fünf (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht Mietaufwandsgruppen (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006). Der für den ersten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar bis 31. Dezember 2002) maßgebliche § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 lautet wie folgt:

4

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.533,88 €

= 409,03 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.533,88 € aber nicht mehr als 2.351,94 €

= 613,55 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.351,94 € aber nicht mehr als 3.170,01 €

=818,07 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.170,01 € aber nicht mehr als 3.988,08 €

=1.022,58 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.988,08 €

=1.227,10 €.

5

Für den zweiten Teil des streitgegenständlichen Zeitraums (1. Januar 2003 bis 31. August 2006) sind nach den wortgleichen Vorschriften des § 4 Abs. 1 ZwStS 2002 und des § 4 Abs. 1 ZwStS 2006 folgende Steuersätze maßgeblich:

6

§ 4 Steuersatz

(1) Die Steuer beträgt im Kalenderjahr

a)

bei einem jährlichen Mietaufwand bis zu 1.650 €

= 400,00 €

b)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 1.650 € aber nicht mehr als 2.640 €

= 575,00 €

c)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 2.640 € aber nicht mehr als 3.630 €

= 750,00 €

d)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 3.630 € aber nicht mehr als 4.620 €

= 925,00 €

e)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 4.620 € aber nicht mehr als 5.610 €

= 1.100,00 €

f)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 5.610 € aber nicht mehr als 6.600 €

= 1.275,00 €

g)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 6.600 € aber nicht mehr als 7.590 €

= 1.450,00 €

h)

bei einem jährlichen Mietaufwand von mehr als 7.590 €

= 1.625,00 €.

7

3. Die konkrete Ausgestaltung der Steuertarife führt insgesamt zu einem in Relation zum Mietaufwand degressiven Steuerverlauf. Zwar steigt der Betrag der vom Steuerschuldner zu zahlenden Zweitwohnungsteuer mit zunehmender Jahresmiete in Stufen an. Nicht nur auf den jeweiligen Stufen sondern auch über die Stufen hinweg sinkt jedoch der aus dem jährlichen Mietaufwand als Steuermaßstab und dem zu zahlenden Steuerbetrag errechnete Steuersatz mit steigendem Mietaufwand wieder ab.

8

Eine Ursache hierfür besteht in zunehmend flacher werdenden Steuerstufen sowohl im mittleren Bereich als auch in der Mindest- und der Höchstbetragsstufe. Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 sinkt der sich für den mittleren Mietaufwand einer Steuerstufe ergebende Steuersatz (im Folgenden: mittlerer Steuersatz) in den drei mittleren Steuerstufen von 31,58 % in der Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 1.533,88 € und 2.351,94 € über 29,63 % in der folgenden Stufe auf schließlich 28,57 % in der durch die Grenzwerte 3.170,01 € und 3.988,08 € bestimmten Steuerstufe ab. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 beläuft sich der mittlere Steuersatz in der zweitniedrigsten Steuerstufe zwischen den Stufengrenzwerten 1.650 € und 2.640 € auf 26,81 % und sinkt bei steigendem Mietaufwand in den folgenden Stufen schrittweise bis auf 20,44 % in der zweithöchsten Steuerstufe zwischen den Grenzwerten 6.600 € und 7.590 € ab. Damit liegt die Spreizung der mittleren Steuersätze unter Außerachtlassung der Mindest- und Höchstbetragsstufen bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 bei circa drei Prozentpunkten (Verlauf von 31,58 % absinkend bis zu 28,57 %) und bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 bei 6,37 Prozentpunkten (Verlauf von 26,81 % absinkend zu 20,44 %).

9

Berücksichtigt man zusätzlich die jeweilige Mindest- und Höchstbetragsstufe, so verstärkt sich das stetige Abflachen der einzelnen Steuerstufen und damit des Steuersatzes. Bei Zugrundelegung einer Untergrenze für Monatskaltmieten von 100 € ergibt sich für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.533,88 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 29,92 % und für eine (fiktive) Mindestbetragsgruppe von 1.200 € bis 1.650 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 28,07 %. Unter Berücksichtigung eines für Zweitwohnungen noch realistischen oberen Grenzwerts von 24.000 € ergibt sich für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 3.988,08 € bis 24.000 € Mietaufwand bei der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ein mittlerer Steuersatz von 11,40 % und für eine (fiktive) Höchstbetragsgruppe von 7.590 € bis 24.000 € Mietaufwand bei den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 ein mittlerer Steuersatz von 10,29 %. Blendet man Jahresmieten von unter 1.200 € und über 24.000 € aus, ergibt sich für den verbleibenden Bereich eine Spreizung von 18,52 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989, Verlauf von 29,92 % bis 11,40 %) beziehungsweise 17,78 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006, Verlauf von 28,07 % bis 10,29 %). Ohne Berücksichtigung dieser Unter- und Obergrenzen wäre die Spreizung noch stärker ausgeprägt.

10

Zu einer weiteren Degression führen die durch die Stufenbildung bewirkten Differenzen in der relativen Steuerbelastung. Innerhalb jeder einzelnen Steuerstufe verläuft der Steuersatz ebenfalls degressiv, da der relative Steuersatz innerhalb der Stufe mit steigendem Mietaufwand abnimmt. Auf den mittleren Steuerstufen (das heißt unter Außerachtlassung der Mindest- und der Höchstbetragsstufe) ist der Belastungsunterschied zwischen Steuerpflichtigen am unteren Ende der zweiten Steuerstufe und am oberen Ende der zweithöchsten Steuerstufe am stärksten ausgeprägt. Nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 gilt für Steuerpflichtige mit einer Jahreskaltmiete von 1.651 € (unterer Grenzwert der zweitniedrigsten Steuerstufe) ein Steuersatz von 34,8 % (Steuerbetrag 575 €), während der Steuersatz knapp unterhalb des oberen Grenzwerts der zweithöchsten Steuerstufe bei einer Jahreskaltmiete von 7.590 € circa 19,1 % beträgt (Steuerbetrag 1.450 €). Nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 ergibt sich entsprechend ein Steuersatz von etwa 40 % für knapp oberhalb des unteren Grenzwerts der zweitniedrigsten Steuerstufe besteuerte Steuerpflichtige (Steuerbetrag von 613,55 € bei einer Jahresmiete von 1.533,89 €) sowie ein Steuersatz von etwa 25,6 % für einen am oberen Grenzwert der zweithöchsten Steuerstufe veranschlagten Zweitwohnungsinhaber (Steuerbetrag von 1.022,58 € bei einer Jahresmiete von 3.988,08 €).

II.

11

1. Der Beschwerdeführer hatte im Zeitraum vom 1. Januar 2002 bis zum 31. August 2006 eine ihm von seinen Eltern überlassene Wohnung im Stadtgebiet der Beklagten inne und war dort mit Nebenwohnsitz gemeldet. Die Beklagte zog ihn durch Steuerbescheid vom 18. Dezember 2006 für diesen Zeitraum zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von insgesamt 7.320,85 € heran. Nach Einlegung eines Widerspruchs reduzierte die Beklagte den Betrag mit Änderungsbescheid vom 12. Februar 2007 auf 3.835,08 € und mit weiterem Änderungsbescheid vom 20. März 2007 auf 2.974,32 €. Dem letztgenannten Änderungsbescheid lag eine Einigung der Beteiligten auf einen fiktiven Mietzins für die Wohnung von 4,11 €/m², also der Hälfte des sich nach dem Mietspiegel ergebenden Mietwertes, zugrunde. Die sich daraus ergebende fiktive Miete von 201,39 € pro Monat (2.416,68 € pro Jahr) führte nach der dritten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 zu einer Zweitwohnungsteuer in Höhe von 818,07 € im Jahr 2002 und nach der zweiten Steuerstufe in § 4 Abs. 1 ZwStS 2002/2006 zu einer Steuer in Höhe von 575 € in den Jahren 2003 bis 2005 und in Höhe von 431,25 € im Jahr 2006. Den gleichwohl aufrecht erhaltenen Widerspruch des Beschwerdeführers gegen die Steuerbescheide wies die Beklagte zurück.

12

2. Die vom Beschwerdeführer gegen die Steuerbescheide und den Widerspruchsbescheid erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht ab. Die "umgekehrte Progression" des Steuersatzes sei nicht zu beanstanden. Ein stets gleichbleibendes Verhältnis zwischen der Zweitwohnungsteuer und dem jährlichen Mietaufwand als Bemessungsgrundlage sei rechtlich nicht gefordert. Durch die zulässige Stufenbildung komme es innerhalb der jeweiligen Steuerstufen zwangsläufig zu einer umgekehrten Progression. Die insgesamt degressive Staffelung verstoße nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, da es sachliche Gründe für die Ungleichbehandlung gebe. Mit der Zweitwohnungsteuer dürfe der Lenkungszweck verfolgt werden, die Inhaber einer nur vorgeblichen Zweitwohnung im melderechtlich zulässigen Rahmen zur Verlegung des Hauptwohnsitzes zu bewegen. Gerade bei regelmäßig relativ preisgünstigen Studentenwohnungen sei ein höherer Steuersatz besser geeignet, um über den absoluten Betrag die gewünschte Lenkungswirkung zu erreichen. Ein degressiver Steuersatz sei zudem deshalb gerechtfertigt, weil Zweitwohnungen für die Gemeinden einen erhöhten Aufwand bedeuteten, dem keine sonstigen Vorteile gegenüberstünden. Dieser Aufwand sei nicht zwangsläufig vom jährlichen Mietaufwand abhängig. Der erhöhte Steuersatz bei günstigen Zweitwohnungen sei geeignet, diesen Aufwand zu decken.

13

Die absolute Höhe des Steuersatzes entfalte im Übrigen keine erdrosselnde Wirkung. Da über den Mietaufwand für eine Zweitwohnung hinaus häufig noch erhebliche Kosten für eine doppelte Haushaltsführung aufgewendet würden, könne nicht ernsthaft davon die Rede sein, im Gebiet der Beklagten könnten wegen der Zweitwohnungsteuer - jedenfalls im unteren Bereich - keine Zweitwohnungen mehr gehalten werden.

14

3. Der Verwaltungsgerichtshof lehnte den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung ab, der dem Beschwerdeführer am 27. Mai 2009 zuging. Die generalisierende degressive Staffelung der Steuersätze in § 4 Abs. 1 ZwStS 1989 und 2002/2006 halte sich im Rahmen des dem Satzungsgeber zukommenden Gestaltungsspielraums. Die prozentual stärkere Belastung der unteren Mietaufwandsgruppen sei gerechtfertigt. Die Beklagte dürfe bei der Steuererhebung den Nebenzweck verfolgen, insbesondere das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen.

15

Eine erdrosselnde Wirkung komme der Zweitwohnungsteuer nicht zu, weil nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten in allen Staffelungsbereichen und damit auch in den untersten Mietaufwandsgruppen steuerpflichtige Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl vorhanden seien. Bei der Beurteilung der Frage, ob vom Steuersatz eine erdrosselnde Wirkung ausgehe, sei nicht auf einzelne Steuerpflichtige, wie etwa Studierende, sondern auf die Gesamtheit der steuerpflichtigen Zweitwohnungsinhaber abzustellen. Angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung unabdingbar verbundenen, nicht unerheblichen weiteren Kosten sei eine erdrosselnde Wirkung der Steuer nach allgemeiner Lebenserfahrung von vornherein ausgeschlossen.

III.

16

1. Der Beschwerdeführer hat am 13. Juli 2009 Verfassungsbeschwerde erhoben und gleichzeitig wegen Versäumung der Frist zur Einlegung und Begründung der Verfassungsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Ausweislich seiner eidesstattlichen Versicherung und der vorgelegten Telefaxprotokolle hatte er am Montag, dem 29. Juni 2009, um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift per Telefax an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Dies misslang jedoch ebenso wie weitere Übermittlungsversuche am selben Tag um 23:07 Uhr und 23:19 Uhr. Gemäß dem Faxbuch und den Faxprotokollen des Bundesverfassungsgerichts war der Faxanschluss des Gerichts an diesem Tag ab etwa 20:00 Uhr für circa vier Stunden belegt.

17

2. Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Rechte aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 und Abs. 3, Art. 14 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG.

18

Der satzungsgemäße Zweitwohnungsteuertarif bewirke eine "umgekehrte Progression". Gerade bei höheren Mieten sinke der Steuersatz mit steigendem Mietaufwand kontinuierlich, während er bei niedrigen Mieten in der Regel deutlich über 20 % liege. Eine solche Besteuerung sei nicht mit dem aus Art. 20 Abs. 1 GG folgenden Gebot sozialer Steuerpolitik, das im Steuerrecht spezielle Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips und des Übermaßverbots sei, vereinbar. Durch die "umgekehrte Progression" würden gerade Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit regelmäßig prozentual wesentlich stärker belastet als Personen mit hohem jährlichem Mietaufwand. Das Ziel, Inhaber von Zweitwohnungen zu deren Anmeldung als Hauptwohnung zu bewegen, um Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen, sei kein zulässiger, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Lenkungszweck.

19

Bei der von der Beklagten erhobenen Zweitwohnungsteuer handele es sich um eine unzulässige konfiskatorische Steuer mit erdrosselnder Wirkung. Die Steuersätze seien gerade im Bereich eines niedrigen bis mittleren Mietaufwands deutlich zu hoch. Der Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die vermeintlich geringe absolute Höhe der Steuer sei nicht nachvollziehbar. Bei einem Zweitwohnungsteuersatz von bis zu 34,8 % liege die erdrosselnde oder prohibitive Wirkung vielmehr auf der Hand. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass hiervon in besonderem Maße Personen mit geringer finanzieller Leistungsfähigkeit, insbesondere Studierende, betroffen seien. Zweitwohnungsinhaber mit niedrigem bis mittlerem Mietaufwand würden stärker belastet als solche mit höherem Mietaufwand. Bei lebensnaher Betrachtung sei davon auszugehen, dass das Innehaben kleinerer Zweitwohnungen regelmäßig wirtschaftlich unmöglich gemacht werde.

IV.

20

Die Beklagte, das Bundesverwaltungsgericht, der Bundesfinanzhof sowie mehrere Oberverwaltungs- und Finanzgerichte haben zu der Verfassungsbeschwerde Stellung genommen.

21

1. Die Beklagte hält die Verfassungsbeschwerde wegen Verfristung für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet. Die Zweitwohnungsteuer habe keine erdrosselnde Wirkung. Aus der Entwicklung des Aufkommens steuerpflichtiger Zweitwohnungen im Bereich aller Steuerstufen ergebe sich, dass das Halten von Zweitwohnungen durch die Besteuerung nicht wirtschaftlich unmöglich gemacht werde. Die Staffelung der Steuersätze verstoße angesichts des weiten Gestaltungsspielraums des Steuergesetzgebers auch nicht gegen den Gleichheitssatz. Die mit einer grundsätzlich zulässigen Wahl pauschaler Maßstäbe aus Praktikabilitätsgründen verbundenen Ungleichbehandlungen seien sachlich gerechtfertigt. Eine höhere Belastung in den unteren Steuerstufen bei einer prozentualen, auf den jährlichen Mietaufwand bezogenen Belastung sei dadurch gerechtfertigt, dass im niedrigen bis mittleren Mietsegment der größte Bedarf an Wohnraum bestehe, weil die Beklagte Hochschulstandort und beliebtes Tourismusziel sei. Eine weitere Rechtfertigung ergebe sich aus dem mit Zweitwohnungen verbundenen erhöhten kommunalen Aufwand.

22

2. Dem Bundesverwaltungsgericht erscheint ein degressiv ausgestalteter Steuertarif im Hinblick auf die Grundsätze der Steuergleichheit und der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht unbedenklich, jedenfalls aber besonders rechtfertigungsbedürftig. Ein spezifischer Lenkungszweck könne den Steuertarif rechtfertigen, sofern er nicht im Gegensatz zu der Sachmaterie stehe, auf die er lenkend einwirken solle. Der Anreiz zur Verlegung des Erstwohnsitzes stelle grundsätzlich einen zulässigen Lenkungszweck dar.

23

3. Der Bundesfinanzhof äußert verfassungsrechtliche Bedenken an der degressiven Ausgestaltung des Zweitwohnungsteuertarifs. Schon der Typus der Aufwandsteuer lasse es nicht zu, bei der Zweitwohnungsteuer einen niedrigeren jährlichen Mietaufwand mit einem höheren Steuersatz zu belegen als einen höheren jährlichen Mietaufwand. Der degressive Steuertarif verletze darüber hinaus die vom Bundesverfassungsgericht aufgestellten Maßgaben des Leistungsfähigkeitsprinzips. Dieser könne keinesfalls mit der Erwägung gerechtfertigt werden, der Beklagten erwachse aus Zweitwohnungen ein erhöhter Aufwand, weil allein der isolierte Vorgang des Konsums für die Aufwandsteuer maßgeblich sei.

24

Die Abweichung vom Gebot der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sei auch nicht durch die in den Ausgangsentscheidungen genannten außersteuerlichen Lenkungszwecke gerechtfertigt. Denn das Interesse der Beklagten, mit der Zweitwohnungsteuer die Anzahl der Zweitwohnungen zu beschränken, die Zweitwohnungsinhaber also zur Begründung eines Hauptwohnsitzes in der Stadt zu veranlassen, und sich dadurch erhöhte Finanzzuweisungen im Rahmen des kommunalen Finanzausgleichs zu sichern sowie das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung zu erhöhen, betreffe kleine und große Wohnungen gleichermaßen.

25

4. a) Mehrere Oberverwaltungsgerichte haben Zweifel an der Vereinbarkeit einer degressiv ausgestalteten Zweitwohnungsteuer mit der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeit der Gemeinden und dem Gleichheitssatz geäußert.

26

Das Schleswig-Holsteinische Oberverwaltungsgericht bezweifelt, dass der Lenkungszweck, das Halten von kleinen und billigen Zweitwohnungen einzudämmen, um das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung in diesem Sektor zu erhöhen, mit dem Charakter einer Aufwandsteuer in Einklang zu bringen ist. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hält eine prozentual deutlich höhere Besteuerung eines relativ niedrigen Mietaufwands für mit Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG unvereinbar, weil sich bei der Zweitwohnungsteuer Steuermaßstab und Steuersatz auf den Aufwand für das Innehaben einer Zweitwohnung beziehen und in einem angemessenen Verhältnis zu diesem stehen müssten.

27

Das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt hält den degressiven Steuersatz für mit dem Gebot der Steuergerechtigkeit unvereinbar. Für eine solche Ausgestaltung der Steuer sei kein einleuchtender Grund erkennbar, zumal mit der Zweitwohnungsteuer die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erfasst werden solle, die in der Regel bei höherwertigen Wohnungen höher einzustufen sei. Die Absicht des Normgebers, gerade das Halten kleinerer und billigerer Zweitwohnungen durch eine prozentual höhere Steuerbelastung einzudämmen und dadurch das Wohnungsangebot auf dem einheimischen Markt zu erhöhen, laufe der am Aufwand zu orientierenden Steuerbemessung im Kern zuwider.

28

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern könne zwar eine zwangsläufige Degression auf den einzelnen Stufen eines abgestuften, im Prinzip aber linearen Steuersatzes bei einer hinreichend feinen Abstufung aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität verfassungsrechtlich hingenommen werden, ein insgesamt degressiver Steuersatz sei jedoch mit dem Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer nur schwer vereinbar. Zudem sei eine sachliche Rechtfertigung der Degression mit ihrer Lenkungswirkung fraglich, da ein nicht degressiver Steuertarif zu einem höheren Steuerbetrag und damit zu einem besseren Lenkungseffekt führen könnte.

29

b) Andere Oberverwaltungsgerichte halten hingegen eine degressive Aufwandsteuer für mit dem Grundgesetz vereinbar.

30

Dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zufolge liegt eine konfiskatorische Wirkung nur dann vor, wenn durch die Höhe der Aufwandsteuer das Innehaben von Zweitwohnungen gänzlich unattraktiv werde, was nicht der Fall sei, solange Zweitwohnungen in nicht unerheblicher Zahl gehalten würden. Die mit einem Staffelsystem zwangsläufig entstehenden Degressionseffekte stellten im Hinblick auf den Gestaltungsspielraum des Steuergesetzgebers und die Möglichkeit der Pauschalisierung und Typisierung keinen Gleichheitsverstoß dar. Der Satzungsgeber könne wohl einen degressiv gestalteten Steuersatz vorsehen, solange für kostengünstigere Zweitwohnungen nicht absolut höhere Steuern zu zahlen seien. Ein sachlicher Grund für einen degressiven Steuertarif könne zudem gerade in einer Stadt mit vielen Studierenden in dem Lenkungszweck liegen, einen bestimmten Kreis von Zweitwohnungsinhabern zur (melderechtlich ordnungsgemäßen) Verlegung seines Erstwohnsitzes zu bewegen.

31

Nach Auffassung des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs enthalten die streitgegenständlichen Steuersatzungen keinen rein degressiv ausgestalteten Steuertarif, weil die prozentuale Belastung nach Übergang in die nächsthöhere Stufe wieder ansteige. Das kontinuierliche Sinken der Belastung ab dem Erreichen der höchsten Stufe sei der Problematik eines sogenannten "Höchstbetrages" zuzuordnen und an Art. 3 Abs. 1 GG zu messen; es könne durch sachliche Erwägungen wie etwa Lenkungsabsichten gerechtfertigt werden.

B.

32

Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.

33

Der Beschwerdeführer hat die Verfassungsbeschwerde zwar erst nach Ablauf der Beschwerdefrist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben. Ihm ist jedoch gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG auf seinen fristgerechten Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

I.

34

Der Beschwerdeführer war durch die Belegung des Faxanschlusses des Bundesverfassungsgerichts zwischen 22:57 Uhr bis Mitternacht des 29. Juni 2009 an der Fristwahrung gehindert. An der hierdurch verursachten Fristversäumnis traf ihn kein Verschulden.

35

1. Eine verschuldete Fristversäumnis liegt vor, wenn ein Beschwerdeführer die Frist wegen fahrlässigen oder vorsätzlichen Verhaltens nicht einhalten konnte. Angesichts des Verfassungsbezugs zu Art. 103 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG dürfen allerdings die Anforderungen an die individuellen Sorgfaltspflichten nicht überspannt werden (vgl. BVerfGE 25, 158 <166>). Fahrlässig handelt, wer mit der Übermittlung eines Beschwerdeschriftsatzes nebst erforderlicher Anlagen nicht so rechtzeitig beginnt, dass unter gewöhnlichen Umständen mit dem Abschluss der Übermittlung noch am Tag des Fristablaufs zu rechnen ist.

36

Dabei müssen Rechtsschutzsuchende einen über die voraussichtliche Dauer des eigentlichen Faxvorgangs hinausgehenden Sicherheitszuschlag einkalkulieren (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3; BVerfGK 7, 215 <216>). Denn sie beachten nur dann die im Verkehr erforderliche Sorgfalt, wenn sie der Möglichkeit Rechnung tragen, dass das Empfangsgerät belegt ist. Gerade in den Abend- und Nachtstunden muss damit gerechnet werden, dass wegen drohenden Fristablaufs weitere Beschwerdeführer versuchen, Schriftstücke fristwahrend per Telefax zu übermitteln (siehe auch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 19. November 1999 - 2 BvR 565/98 -, NJW 2000, S. 574).

37

Das Erfordernis eines Sicherheitszuschlags kollidiert nicht mit dem Grundsatz, dass eine Frist voll ausgeschöpft werden darf. Ebenso wie übliche Postlaufzeiten oder die Verkehrsverhältnisse auf dem Weg zum Gericht zu berücksichtigen sind, muss ein Beschwerdeführer übliche Telefaxversendungszeiten einkalkulieren. Der Zuschlag verkürzt die Frist nicht, sondern konkretisiert lediglich die individuelle Sorgfaltspflicht des Beschwerdeführers. Aus der Eröffnung des Übermittlungswegs per Telefax erwächst dabei dem Gericht die Verantwortung, für ausreichende Empfangskapazitäten zu sorgen. Dem wird durch eine kurze Bemessung der Sicherheitsreserve Rechnung getragen.

38

2. In Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht hat regelmäßig die im Verkehr erforderliche Sorgfalt erfüllt, wer einen über die zu erwartende Übermittlungsdauer der zu faxenden Schriftsätze samt Anlagen hinausgehenden Sicherheitszuschlag in der Größenordnung von 20 Minuten einkalkuliert. Damit sind die gegenwärtigen technischen Gegebenheiten auch nach der Rechtsprechung der Fachgerichte (vgl. BFH, Beschluss vom 25. November 2003 - VII R 9/03 -, BFH/NV 2004, S. 519 <520>; Beschluss vom 28. Januar 2010 - VIII B 88/09 -, BFH/NV 2010, S. 919; BGH, Beschluss vom 3. Mai 2011 - XI ZB 24/10 -, juris Rn. 10; BVerwG, Beschluss vom 25. Mai 2010 - BVerwG 7 B 18/10 -, juris) hinreichend beachtet. Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit gilt dieser Sicherheitszuschlag einheitlich auch für die Faxübersendung nach Wochenenden oder gesetzlichen Feiertagen (anders noch BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 19. Mai 2010 - 1 BvR 1070/10 -, juris Rn. 3).

39

Für die Fristberechnung und damit auch die Einhaltung des Sicherheitszuschlags ist der Zeitpunkt des vollständigen Empfangs und damit der Speicherung der gesendeten Signale im Empfangsgerät des Gerichts maßgeblich, nicht aber die Vollständigkeit des Ausdrucks (vgl. BGHZ 167, 214 <220>).

40

3. Den Sorgfaltsanforderungen genügt schließlich nur, wer innerhalb der einzukalkulierenden Zeitspanne wiederholt die Übermittlung versucht.

II.

41

Der Beschwerdeführer hat hier einen hinreichenden Sicherheitszuschlag einkalkuliert. Der eigentliche Faxvorgang hat lediglich elf Minuten in Anspruch genommen. Der Beschwerdeführer hat am Tag des Fristablaufs um 22:57 Uhr erstmals versucht, die Verfassungsbeschwerdeschrift nebst Anlagen an das Bundesverfassungsgericht zu übermitteln. Er hat mithin eine Sicherheitsreserve von etwa 50 Minuten eingeplant. Darüber hinaus hat er seinen Sendeversuch bis zum Fristablauf mehrfach wiederholt.

C.

42

Die Verfassungsbeschwerde ist im Wesentlichen begründet. Die degressive Ausgestaltung der Zweitwohnungsteuertarife der Steuersatzungen sowie die Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte verstoßen gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

I.

43

Freiheitsrechte des Beschwerdeführers sind durch die Auferlegung der Zweitwohnungsteuer nicht verletzt.

44

1. Als Auferlegung einer Geldleistungspflicht stellt die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer einen Eingriff in Freiheitsrechte des Beschwerdeführers und seine persönliche Freiheitsentfaltung im vermögensrechtlichen Bereich dar (vgl. BVerfGE 87, 153 <169>; 93, 121 <137>). Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Belastung des Beschwerdeführers mit der Zweitwohnungsteuer dabei an Art. 14 Abs. 1 oder an Art. 2 Abs. 1 GG zu messen ist (vgl. dazu BVerfGE 95, 267 <300 f.>; 105, 17 <32 f.>; 115, 97 <110 ff.>), da sich der Eingriff jedenfalls als verfassungsgemäß erweist.

45

2. Der Eingriff ist gerechtfertigt. Er beruht auf einer gesetzlichen Grundlage, welche die Kompetenzordnung des Grundgesetzes wahrt (vgl. BVerfGE 34, 139 <146>; 58, 137 <145>), und die Steuerpflichtigen nicht unverhältnismäßig belastet.

46

a) Die von der Beklagten erhobene Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG (vgl. BVerfGE 65, 325 <349 f.>; 114, 316 <334 f.>).

47

aa) Die Aufwandsteuer soll die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerschuldners treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der Konsum als Aufwand ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Ob der Aufwand im Einzelfall die Leistungsfähigkeit überschreitet, ist für die Steuerpflicht unerheblich (vgl. BVerfGE 65, 325 <347 f.>; 114, 316 <334>).

48

Die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs in den Zweitwohnungsteuersatzungen der Beklagten lässt den Charakter der Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer unberührt. Ein vom Normgeber geregelter Steuertarif bestimmt zwar den Charakter der geschaffenen Steuer mit (zum Steuermaßstab vgl. BVerfGE 14, 76 <91>; 123, 1 <17>). Von Einfluss auf die kompetenzielle Einordnung einer Steuer ist der Steuertarif indessen nur, soweit er deren Typus prägt (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>). Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, sind hingegen ohne Einfluss auf die Beurteilung der Normsetzungskompetenz (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>).

49

bb) Der Gesetzgeber darf seine Steuergesetzgebungskompetenz grundsätzlich auch ausüben, um Lenkungswirkungen zu erzielen (vgl. BVerfGE 84, 239 <274>; 93, 121 <147>), mag die Lenkung Haupt- oder Nebenzweck sein (vgl. BVerfGE 55, 274 <299>; 98, 106 <118>). Nur wenn die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt, die Finanzierungsfunktion der Steuer also durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird, bietet die Besteuerungskompetenz keine ausreichende Rechtsgrundlage (vgl. BVerfGE 98, 106 <118>).

50

Nach diesen Maßstäben ändern die mit der Zweitwohnungsteuer verfolgten Lenkungszwecke, Wohnungsinhaber zur Ummeldung von Zweit- in Hauptwohnsitze zu veranlassen und Wohnraum für Dritte freizumachen, nichts an ihrem Charakter als Steuer, weil die beabsichtigte Lenkung jedenfalls nicht die Wirkung einer verbindlichen Verhaltensregel entfaltet. Eine etwaige Ausweichreaktion hängt vielmehr maßgeblich vom Willen der Steuerpflichtigen ab.

51

b) Die Belastung durch die Zweitwohnungsteuer ist nicht erdrosselnd oder sonst unzumutbar. Die Ausgangsgerichte haben vertretbar dargelegt, dass die Steuersätze eine Belastung darstellen, die typischerweise noch im Bereich der im Halten einer Zweitwohnung zum Ausdruck kommenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit liegt. Gegen eine erdrosselnde Höhe der zu zahlenden Steuerbeträge spricht bereits, dass eine beachtliche Zahl von Zweitwohnungsinhabern von der Beklagten zur Zweitwohnungsteuer veranlagt wird und sich diese Zahl in den letzten Jahren auf allen Steuerstufen noch erhöht hat.

II.

52

Der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen geregelte degressive Steuertarif verletzt das Grundrecht auf Gleichbehandlung des Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.

53

1. a) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 98, 365 <385>; 130, 240 <252>; stRspr). Er gilt sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (vgl. BVerfGE 79, 1 <17>; 126, 400 <416>; 130, 240 <252 f.>).

54

Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Normgeber nicht jede Differenzierung. Differenzierungen bedürfen jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind (vgl. BVerfGE 124, 199 <220>; 129, 49 <68>; 130, 240 <253>). Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Anforderungen an den die Ungleichbehandlung tragenden Sachgrund ergeben sich aus dem allgemeinen Gleichheitssatz je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Normgeber, die von gelockerten, auf das Willkürverbot beschränkten Bindungen bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen können (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 126, 400 <416>; 130, 240 <254>; stRspr).

55

b) Auch Steuertarife sind mit ihren Auswirkungen auf die Steuerlast am allgemeinen Gleichheitssatz zu messen.

56

So muss die unterschiedlich hohe Belastung der Steuerpflichtigen bei Finanzzwecksteuern dem aus dem allgemeinen Gleichheitssatz abgeleiteten Gebot der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit genügen (vgl. zum Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht BVerfGE 6, 55 <67>; 127, 224 <247 f.>). Es widerspricht dem Gebot der Steuergleichheit etwa, wenn bei Ertragsteuern wirtschaftlich Leistungsfähigere einen geringeren Prozentsatz ihres Einkommens als Steuer zu zahlen haben als wirtschaftlich Schwächere (vgl. BVerfGE 127, 224 <247>; siehe auch Schweizerisches Bundesgericht, Urteil der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung vom 1. Juni 2007 - 2P.43/2006 -, BGE 133 I, 206 <220>; Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. 1, 2. Aufl. 2000, S. 403; P. Kirchhof, StuW 1985, S. 319 <329>; Wernsmann, Verhaltenslenkung in einem rationalen Steuersystem, 2005, S. 286), es sei denn, dies ist durch einen besonderen Sachgrund gerechtfertigt.

57

Die Orientierung an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit wird unterstützt vom Sozialstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG. Bei Steuern, die an die Leistungsfähigkeit des Pflichtigen anknüpfen, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte nicht nur zulässig sondern geboten (vgl. BVerfGE 29, 402 <412>; 32, 333 <339>; 36, 66 <72>; 43, 108 <125>). Aus dem Sozialstaatsprinzip ist abzuleiten, dass die Steuerpolitik auf die Belange der wirtschaftlich schwächeren Schichten der Bevölkerung Rücksicht zu nehmen hat (vgl. BVerfGE 13, 331 <346 f.>; 29, 402 <412>; 43, 108 <119>; 61, 319 <343 f.>).

58

c) Der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verlangt, "jeden Bürger nach Maßgabe seiner finanziellen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern zu belasten" (BVerfGE 61, 319 <344>; 66, 214 <223>; jeweils unter Bezugnahme auf BTDrucks 7/1470, S. 211 f.). In horizontaler Richtung muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (vgl. BVerfGE 82, 60 <89>; 116, 164 <180>; 120, 1 <44>; 122, 210 <231>; 127, 224 <245>). In vertikaler Richtung muss die Besteuerung der wirtschaftlich Leistungsfähigeren im Vergleich mit der Steuerbelastung wirtschaftlich weniger Leistungsstarker angemessen ausgestaltet sein (vgl. BVerfGE 107, 27 <47>; 115, 97 <116 f.>). Bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes hat der Gesetzgeber jedoch einen weitreichenden Entscheidungsspielraum (vgl. BVerfGE 117, 1 <30>; 120, 1 <29>; 122, 210 <230>; 123, 1 <19>; 127, 224 <245>).

59

Werden weniger leistungsfähige Steuerschuldner mit einem höheren Steuersatz besteuert als wirtschaftlich leistungsfähigere Steuerschuldner, ist eine rechtfertigungsbedürftige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG ungeachtet dessen gegeben, ob leistungsfähigere Steuerschuldner absolut einen höheren Steuerbetrag zu zahlen haben als leistungsschwächere Steuerschuldner. Denn weniger Leistungsfähige müssen in diesem Fall einen höheren Anteil ihres Einkommens oder Vermögens als Steuer abgeben als wirtschaftlich Leistungsfähigere.

60

2. Das Gebot der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit ist auf die Zweitwohnungsteuertarife der Beklagten anwendbar (a). Die in der Degression liegende Ungleichbehandlung (b) ist nach dem anzuwendenden strengen Maßstab (c) hier nicht gerechtfertigt (d).

61

a) Wie für die Ertragsteuern gilt auch für die Zweitwohnungsteuer das Leistungsfähigkeitsprinzip. Das wesentliche Merkmal einer Aufwandsteuer besteht darin, die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zu treffen (vgl. BVerfGE 65, 325 <346>; 123, 1 <15> m.w.N.). Der jeweilige Mietaufwand als Bemessungsgröße der Zweitwohnungsteuer spiegelt die in der Einkommensverwendung zum Ausdruck kommende Leistungsfähigkeit der Wohnungsinhaber wider.

62

b) Der in den Zweitwohnungsteuersatzungen normierte Tarif stellt den Beschwerdeführer durch die Auferlegung eines höheren Steuersatzes schlechter als Steuerpflichtige, bei denen aufgrund des Innehabens einer teureren Wohnung eine größere Leistungsfähigkeit zu vermuten ist, die dafür aber gleichwohl einen niedrigeren Steuersatz zahlen. Am Maßstab vertikaler Steuergerechtigkeit gemessen, bewirkt der in § 4 Abs. 1 der Zweitwohnungsteuersatzungen normierte degressive Steuertarif eine steuerliche Ungleichbehandlung der Steuerschuldner, weil er weniger leistungsfähige Steuerschuldner prozentual höher belastet als wirtschaftlich leistungsfähigere. Denn aus dem Stufentarif ergibt sich mit steigendem Mietaufwand weitgehend ein sinkender Steuersatz. Diese Ungleichbehandlung lässt sich bereits durch einen Vergleich der jeweiligen mittleren Steuersätze in den Steuerstufen feststellen (aa), er verstärkt sich unter Berücksichtigung der durch die typisierende Stufenbildung bewirkten Effekte (bb) und insbesondere durch die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen (cc).

63

aa) Bei einem Vergleich der mittleren Steuersätze in den Steuerstufen ist eine Ungleichbehandlung weniger leistungsfähiger gegenüber leistungsfähigeren Steuerschuldnern feststellbar, weil diese bezogen auf den jährlichen Mietaufwand einen höheren Steuersatz zu zahlen haben. Lässt man wegen ihres Grenzwertcharakters zunächst die Steuerstufe zu den niedrigsten Miethöhen (Mindestbetragsstufe) und die nach oben hin offene höchste Steuerstufe (Höchstbetragsstufe) außer Betracht, so sind die dazwischen liegenden drei (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) beziehungsweise fünf (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) Steuerstufen jeweils durchgängig degressiv gestaltet.

64

bb) Eine weitere Ungleichbehandlung folgt aus den durch die typisierenden Stufen bewirkten Differenzen in der Steuerbelastung. Dadurch wird außerdem die Ungleichbehandlung der weniger Leistungsfähigen gegenüber Leistungsfähigeren verstärkt, da sich die durch den degressiven Steuertarif einerseits und die Stufen andererseits hervorgerufenen Effekte teilweise addieren.

65

(1) Eine durch die Stufen hervorgerufene Ungleichbehandlung ergibt sich zunächst beim Übergang von einer Stufe in die nächste, nämlich für die Steuerpflichtigen, die mit ihrer Nettokaltmiete knapp ober- beziehungsweise unterhalb der jeweiligen Steuerstufengrenzwerte liegen.

66

Die Stufen als solche behandeln zudem verschieden leistungsfähige Steuerschuldner gleich, weil alle Steuerschuldner einer Stufe denselben absoluten Steuerbetrag zahlen müssen, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit typischerweise mit dem Mietaufwand ansteigt. Die damit verbundene Degression auf jeder einzelnen Stufe bewirkt eine Ungleichbehandlung entgegen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, da der Steuersatz innerhalb einer Stufe mit steigender Bemessungsgrundlage abnimmt und damit zum Leistungsfähigkeitsprinzip entgegengesetzt verläuft. So sinkt beispielsweise innerhalb der zweiten Steuerstufe nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 (zwischen 1.533,88 € und 2.351,94 €) die Steuerbelastung von fast 40 % auf rund 26 % und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 (zwischen 1.650 € und 2.640 €) von etwa 34,8 % auf 21,8 %.

67

(2) Die Degression auf jeder einzelnen Stufe kommt zu der bereits durch einen Vergleich der mittleren Steuersätze festgestellten Degression als eigene Ungleichbehandlung hinzu. Am stärksten belastet werden insgesamt Steuerpflichtige mit Jahresmieten im unteren Bereich der jeweiligen Steuerstufen.

68

cc) Die auf der jeweiligen Stufe festgestellte Gleich- beziehungsweise Ungleichbehandlung tritt ebenfalls auf der Mindestbetragsstufe und der Höchstbetragsstufe der jeweiligen Steuersatzung zutage, weist gegenüber den anderen Stufen jedoch Besonderheiten auf. Innerhalb der Mindest- und der Höchstbetragsstufen nimmt der Steuersatz ähnlich wie auf den anderen Stufen mit steigender Bemessungsgrundlage ab und verläuft damit entgegensetzt zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Degression auf diesen beiden Stufen ist allerdings durch ihre Randlage in besonderer Weise ausgeprägt. Auf der Mindestbetragsstufe erhöht sich der Steuersatz mit sinkendem Mietaufwand, während die relative Belastung für Zweitwohnungen mit Jahresnettokaltmieten in der höchsten Stufe mit steigendem Mietaufwand geringer wird. Die Normierung von Mindest- und Höchstbetragsstufen verstärkt auf diese Weise den degressiven Effekt der Zweitwohnungsteuer.

69

c) Degressive Steuertarife sind nicht generell unzulässig. Die hierdurch hervorgerufenen Ungleichbehandlungen können verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden (vgl. BVerfGE 127, 224 <248>), weil der Normgeber zu einer reinen Verwirklichung des Leistungsfähigkeitsprinzips nicht ausnahmslos verpflichtet ist (vgl. BVerfGE 27, 58 <68>; 43, 108 <120 f.>). Bei der Rechtfertigung unterliegt er jedoch über das bloße Willkürverbot hinausgehenden Bindungen.

70

Eine solche strengere Bindung des Normgebers folgt bei degressiven Steuertarifen aus der hiermit verbundenen Abweichung vom Leistungsfähigkeitsprinzip. Das Leistungsfähigkeitsprinzip konkretisiert den allgemeinen Gleichheitssatz für das Steuerrecht, indem es dem Gesetzgeber ein auf die Leistungsfähigkeit bezogenes Differenzierungsgebot als materielles Gleichheitsmaß vorgibt. Allerdings fordert das Leistungsfähigkeitsprinzip keinen konkreten Steuertarif. Vom Bundesverfassungsgericht ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten hat (vgl. BVerfGE 52, 277 <280 f.>; 68, 287 <301>; 81, 108 <117 f.>; 84, 348 <359>).

71

d) Die durch den degressiven Steuertarif der angegriffenen Steuersatzungen hervorgerufene Ungleichbehandlung ist danach nicht mehr gerechtfertigt. Sie lässt sich im Ergebnis nicht auf Vereinfachungserfordernisse stützen (aa). Auch die Einnahmeerzielungsabsicht (bb) und die Verfolgung zulässiger Lenkungszwecke (cc) können diese Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Gleiches gilt für die Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips (dd).

72

aa) Die durch die konkrete Ausgestaltung der hier zu beurteilenden Steuertarife hervorgerufenen Ungleichheiten sind nicht von dem Zweck der Verwaltungsvereinfachung gedeckt. Zwar lassen sich Ungleichbehandlungen grundsätzlich durch Erfordernisse der Verwaltungsvereinfachung rechtfertigen (1). Zur Erreichung dieses Ziels sind die Regelungen jedoch nur teilweise geeignet (2). Zudem führt die hier gewählte Ausgestaltung der Tarife zu einer Gesamtdegression, die außer Verhältnis zum Ertrag der Vereinfachung steht (3).

73

(1) Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse können grundsätzlich sachliche Gründe für Einschränkungen der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit bilden (vgl. BVerfGE 127, 224 <245> m.w.N.).

74

(2) Die zu überprüfenden Regelungen sind jedoch nur teilweise zur Verwaltungsvereinfachung geeignet.

75

(a) Geeignet ist die Steuermaßstabsbildung anhand von fünf (Zweitwoh-nungsteuersatzung 1989) beziehungsweise acht (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) pauschalierenden Steuerstufen. Eine gewisse Verwaltungsvereinfachung bewirkt die Zusammenfassung der Steuerpflichtigen in Steuergruppen hier dadurch, dass nicht in jedem Einzelfall behördlicherseits die Jahresnettokaltmiete exakt ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

76

(b) Nicht zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist hingegen der insgesamt, das heißt über verschiedene Steuerstufen hinweg, degressiv gestaltete Verlauf des Steuertarifs. Eine Verwaltungsvereinfachung wird zwar durch die Bildung von Steuerstufen erreicht. Ein durch immer flacher werdende Stufen gekennzeichneter degressiver Steuertarif ist jedoch für die Steuerverwaltung nicht einfacher zu handhaben als ein linearer oder progressiver Steuertarif.

77

(3) Auch soweit die Ausgestaltung zur Verwaltungsvereinfachung geeignet ist, stehen die mit den Degressionseffekten verbundenen Ungleichbehandlungen hier außer Verhältnis zu der damit zu erzielenden Verwaltungsvereinfachung.

78

Die Rechtfertigung einer durch die Stufenbildung hervorgerufenen Ungleichbehandlung setzt voraus, dass die wirtschaftlich ungleiche Wirkung auf die Steuerzahler ein gewisses Maß nicht übersteigt und die Vorteile der Vereinfachung im rechten Verhältnis hierzu stehen (vgl. BVerfGE 110, 274 <292>; 116, 164 <182 f.>; 117, 1 <31>; 120, 1 <30>). Das ist hier nicht mehr der Fall. Bereits die Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf einer Stufe erreicht ein beträchtliches Ausmaß, das angesichts des insgesamt degressiven Tarifverlaufs nicht hinnehmbar ist. So ist etwa die bei rund 13 (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) und etwa 14 (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) Prozentpunkten liegende Differenz zwischen der höchsten und niedrigsten Steuerbelastung auf der zweiten Stufe hoch. Dies gilt erst recht für die gebildete Höchstbetragsgruppe, die eine Spreizung von 25 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzung 1989) respektive 15 Prozentpunkten (Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006) vorsieht, wenn man von einer absoluten monatlichen Mietobergrenze von 2.000 € ausgeht; bei noch höherem Mietaufwand geht die Spreizung darüber noch hinaus. Hinzu treten die Effekte der Degression zwischen den einzelnen Stufen. So kommt es hier über alle Stufen hinweg nach der Zweitwohnungsteuersatzung 1989 zu einer Differenz von 29 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 34 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 5 %) und nach den Zweitwohnungsteuersatzungen 2002/2006 zu einer Differenz von 27 Prozentpunkten zwischen der Zweitwohnungsteuer bei einem Mietaufwand von 1.200 € (Steuerbelastung von 33 %) und einem Mietaufwand von 24.000 € (Steuerbelastung von 6 %). Dem steht zwar ein Vereinfachungseffekt gegenüber, der durch die Tarifstufung erreicht wird und grundsätzlich umso größer ist, je geringer die Zahl der Stufen ist. Dieser Effekt ist hier jedoch nicht hinreichend gewichtig, weil die Verwaltungsvereinfachung, die durch die Stufung der Zweitwohnungsteuer erzielt wird, lediglich darin besteht, dass nicht in jedem Einzelfall die exakte Jahresnettokaltmiete ermittelt und in Zweifelsfällen verifiziert werden muss.

79

bb) Die durch den degressiven Steuersatz hervorgerufene Ungleichbehandlung kann auch nicht mit der Absicht gerechtfertigt werden, höhere Steuereinnahmen zu erzielen. Der degressive Steuertarif dient bereits nicht der Erzielung höherer Einnahmen. Ungleiche Belastungen durch konkretisierende Ausgestaltung der steuerrechtlichen Grundentscheidungen können nicht schon allein mit dem Finanzbedarf des Staates oder einer knappen Haushaltslage gerechtfertigt werden (BVerfGE 116, 164 <182> m.w.N.).

80

cc) Verfolgt der Gesetzgeber mit der Tarifdegression zulässige Lenkungszwecke, kann dies Abweichungen vom Leistungsfähigkeitsprinzip unter bestimmten Voraussetzungen rechtfertigen (1). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt (2).

81

(1) Der Steuergesetzgeber darf nicht nur durch Ge- und Verbote, sondern ebenso durch mittelbare Verhaltenssteuerung auf Wirtschaft und Gesellschaft gestaltend Einfluss nehmen. Der Bürger wird dann nicht rechtsverbindlich zu einem bestimmten Verhalten verpflichtet, erhält aber durch Sonderbelastung eines unerwünschten oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens ein finanzwirtschaftliches Motiv, sich für ein bestimmtes Tun oder Unterlassen zu entscheiden (vgl. BVerfGE 98, 106 <117>; 117, 1 <31 f.>). Führt ein Steuergesetz zu einer steuerlichen Verschonung, die einer gleichmäßigen Belastung der jeweiligen Steuergegenstände innerhalb einer Steuerart widerspricht, so kann eine solche Steuerentlastung vor dem Gleichheitssatz gerechtfertigt sein, wenn der Gesetzgeber das Verhalten der Steuerpflichtigen aus Gründen des Gemeinwohls fördern oder lenken will (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.).

82

Will der Gesetzgeber ein bestimmtes Verhalten der Bürger fördern, das ihm etwa aus wirtschafts-, sozial-, umwelt- oder gesellschaftspolitischen Gründen erwünscht ist, hat er eine große Gestaltungsfreiheit. In der Entscheidung darüber, welche Personen oder Unternehmen gefördert werden sollen, ist der Gesetzgeber weitgehend frei (BVerfGE 117, 1 <32> m.w.N.). Zwar bleibt er auch hier an den Gleichheitssatz gebunden. Sachbezogene Gesichtspunkte stehen ihm aber in weitem Umfang zu Gebote, solange die Regelung sich nicht auf eine der Lebenserfahrung geradezu widersprechende Würdigung der jeweiligen Lebenssachverhalte stützt, insbesondere soweit der Kreis der von der Maßnahme Begünstigten sachgerecht abgegrenzt ist (vgl. BVerfGE 17, 210 <216>; 110, 274 <293>; 117, 1 <32>).

83

Der Lenkungszweck muss von einer erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidung getragen sein (vgl. BVerfGE 99, 280 <296>; 105, 73 <112 f.>; 117, 1 <31 ff.>; stRspr). Dabei genügt es, wenn diese anhand der üblichen Auslegungsmethoden festgestellt werden kann (vgl. BVerfGE 99, 280 <296 f.>). Lenkungszwecke können sich etwa aus den Gesetzesmaterialien ergeben (vgl. BVerfGE 116, 164 <191 ff.>; vgl. aber BVerfGE 130, 131 <144>). Möglich ist außerdem, den Zweck aus einer Gesamtschau der jeweils vom Gesetzgeber normierten Steuervorschriften zu erschließen (vgl. BVerfGE 110, 274 <296 f.>). Ziele des Gesetzgebers können sich darüber hinaus aus dem Zusammenhang ergeben, in dem das Gesetz mit dem zu regelnden Lebensbereich steht (vgl. BVerfGE 62, 169 <183 f.>). Stets müssen sich die so erkannten Lenkungsziele jedoch auf eine Entscheidung des Gesetzgebers zurückführen lassen.

84

(2) Die durch die Degression hervorgerufene Ungleichbehandlung ist nicht durch die verfolgten Lenkungszwecke gerechtfertigt. Zwar sind die Lenkungszwecke grundsätzlich zulässig (a) und zum Teil von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen (b). Sie können jedoch die Ungleichbehandlung durch den degressiven Tarif nicht rechtfertigen (c).

85

(a) Die Veranlassung zur Ummeldung des Nebenwohnsitzes in einen Hauptwohnsitz nach den Maßgaben des Melderechts stellt ein legitimes Ziel einer Zweitwohnungsteuer dar (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 8. Mai 2013 - 1 BvL 1/08 -, juris Rn. 65, NJW 2013, S. 2498 <2502>, Rn. 66). Ein weiterer zulässiger Lenkungszweck liegt in der Erhöhung des Wohnungsangebots für die einheimische Bevölkerung und insbesondere für Studierende der Hochschulen vor Ort.

86

(b) Der Lenkungszweck, mit Nebenwohnsitz gemeldete Personen zur Anmeldung eines Hauptwohnsitzes zu bewegen, ist von einer erkennbaren Entscheidung des Normgebers getragen. Er ergibt sich aus einer objektiven Auslegung der Satzungen. Zwar enthalten die Satzungsvorschriften selbst und die Materialien zu ihrer Entstehung keine einschlägigen Hinweise. Der Lenkungszweck folgt jedoch aus einer Gesamtschau der Satzungsregelungen unter Berücksichtigung des Zusammenhangs, in dem die Satzungen mit dem zu regelnden Lebensbereich stehen. Er ist für den Satzungsgeber erkennbar wesentlich, da die finanziellen Zuwendungen aus dem kommunalen Finanzausgleich ihrer Höhe nach von der Einwohnerzahl und damit von der Zahl der gemeldeten Hauptwohnsitzinhaber abhängig sind (vgl. § 4, § 6 Abs. 4, § 7 Abs. 1 und 2, § 11 Abs. 1 Nr. 3, § 30 des baden-württembergischen Gesetzes über den kommunalen Finanzausgleich).

87

Ob der weitere Lenkungszweck, mit der Zweitwohnungsteuer das Halten von Zweitwohnungen - insbesondere kleinerer und preiswerter Wohnungen - einzudämmen, um dadurch das Wohnungsangebot für die einheimische Bevölkerung - insbesondere für Studierende - zu erhöhen, von einer erkennbaren Entscheidung des Satzungsgebers getragen ist, kann hier offen bleiben (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. Dezember 1992 - 2 S 1557/90 -, NVwZ-RR 1993, S. 509 <510>).

88

(c) Die steuerliche Differenzierung durch einen degressiven Tarifverlauf erweist sich allerdings auch unter Berücksichtigung des dem Normgeber insoweit zukommenden Einschätzungs- und Prognosevorrangs (vgl. BVerfGE 103, 293 <307>; 115, 276 <308 f.>) zur Erreichung der Lenkungszwecke weder als geeignet noch als erforderlich.

89

Zwar mag die Erhebung der Zweitwohnungsteuer insgesamt geeignet sein, Zweitwohnungsinhaber zur Anmeldung des Hauptwohnsitzes zu bewegen; die degressive Ausgestaltung des Steuertarifs selbst fördert diesen Lenkungszweck jedoch nicht. Dieses Lenkungsziel würde in gleicher Weise durch einen linearen oder gar progressiven Steuertarif erreicht, bei dem die hier festgestellte Ungleichbehandlung nicht vorläge. Gleiches gilt für den Lenkungszweck, das Halten von Zweitwohnungen einzudämmen.

90

Die Degression ist auch deshalb ungeeignet, weil die gerade mit ihr verbundenen zusätzlichen Belastungen so gering sind, dass ihre Lenkungswirkung angesichts der mit dem Halten einer Zweitwohnung einhergehenden sonstigen Kosten auch dann zweifelhaft ist, wenn Steuerpflichtige Kenntnis von ihr haben.

91

dd) Der Gedanke der Aufwands- und Nutzenproportionalität als Ausprägung des Äquivalenzprinzips scheidet als Rechtfertigungsgrund für eine Ungleichbehandlung durch einen degressiven Steuertarif bei der Zweitwohnungsteuer als kommunaler Aufwandsteuer ebenfalls aus.

92

Die Gründe, die bei einigen Steuern ausnahmsweise eine Rechtfertigung mit dem Äquivalenzprinzip erlauben mögen (vgl. BVerfGE 120, 1 <37 ff.>), treffen auf die Zweitwohnungsteuer nicht zu. Sie stellt keine wie auch immer geartete Gegenleistung für einen Sonderaufwand des Staates dar, weil sie nicht auf eine staatliche Leistung gestützt werden kann, die einem bestimmten kostenträchtigen Verhalten des Steuerschuldners zurechenbar ist. Der jährliche Mietaufwand als Bemessungsgrundlage der Steuer steht zudem nicht im Verhältnis zur Inanspruchnahme gebührenfreier kommunaler Leistungen.

D.

93

Die Verfassungswidrigkeit der Satzungen führt zu ihrer Nichtigkeit (§ 95 Abs. 3 Satz 2 BVerfGG).

94

Die angegriffenen Entscheidungen der Beklagten und der Ausgangsgerichte sind gemäß § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben. Die Sache ist wegen der Kostenentscheidung für das verwaltungsgerichtliche Verfahren an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg zurückzuverweisen.

95

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

96

Die Festsetzung des Gegenstandswerts beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG (vgl. BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 6. Mai 2008 - 1 K 1636/07 - geändert: Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist Eigentümer des mit einem Wohnhaus bebauten Grundstücks ... ... in .... Durch Abgabenbescheid vom 26.01.2000 zog ihn die Beklagte - eine Gemeinde mit etwa 6.200 Einwohnern - unter Zugrundelegung des in der einschlägigen Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 10.12.1992 (im Folgenden: AbwS) vorgesehenen modifizierten Frischwassermaßstabs zu einer Abwassergebühr für das Jahr 1999 in Höhe von 256,20 DM heran. Dabei legte die Beklagte eine eingeleitete Abwassermenge (= bezogene Frischwassermenge) von 61 m 3 und einen Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser zugrunde.
Die einschlägigen Regelungen der Satzung lauten wie folgt: Die Gemeinde erhebt für die Benutzung der öffentlichen Abwasseranlagen eine Abwassergebühr (§ 32 AbwS). Schuldner der Abwassergebühr ist der Grundstückseigentümer (§ 33 Abs. 1 Satz 1 AbwS). Die Abwassergebühr wird nach der Abwassermenge bemessen, die auf dem an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossenen Grundstück anfällt (§ 34 Abs. 1 AbwS). Als angefallene Abwassermenge gilt bei öffentlicher Wasserversorgung - wie hier - der der Entgeltberechnung zugrunde gelegte Wasserverbrauch (§ 35 Abs. 1 Nr. 1 AbwS). Für Abwasser, das zu einer öffentlichen Abwasserbehandlungsanlage gebracht wird, beträgt die Gebühr 4,20 DM/m 3 Abwasser (§ 37 Abs. 3 AbwS).
Gegen den Bescheid vom 26.01.2000 erhob der Kläger am 28.02.2000 Widerspruch. Im Laufe des Widerspruchsverfahrens nahm die Beklagte eine Nachkalkulation der Abwassergebühr für die Gebührenjahre 1999 bis 2005 vor. Die Nachkalkulation für das Jahr 1999 (Stand: Oktober 2006) ergab - ohne Ausgleich von Vorjahresergebnissen - einen kostendeckenden Gebührensatz in Höhe von 3,87 DM/m 3 Abwasser. Auf Grundlage dieser Nachkalkulation beschloss der Gemeinderat der Beklagten am 09.11.2006 rückwirkend zum 01.01.1999 wiederum einen Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser für den Zeitraum vom 01.01. bis zum 31.12.1999. Dabei brachte die Beklagte die von ihr ermittelte Kostenunterdeckung des Jahres 1994 sowie einen Teil der ermittelten Kostenunterdeckung des Jahres 1995 im Gebührenjahr 1999 zum Ausgleich, um zum gleichen Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser zu gelangen, wie er den Bescheiden für das Gebührenjahr 1999 zugrunde gelegt worden war.
Den Widerspruch des Klägers gegen den Abgabenbescheid vom 26.01.2000 wies das Landratsamt Schwarzwald-Baar-Kreis mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2007 zurück.
Der Kläger hat am 10.08.2007 beim Verwaltungsgericht Freiburg Klage erhoben. Dem Antrag des Klägers, den Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 sowie den Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 aufzuheben, ist die Beklagte entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 06.05.2008 abgewiesen und hierzu im Wesentlichen ausgeführt: Es sei rechtlich nicht zu beanstanden, dass die Beklagte für Grundstücke, die - wie dasjenige des Klägers - an die öffentlichen Abwasseranlagen angeschlossen seien, als Gebührenmaßstab den sogenannten Frischwassermaßstab verwende. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg sei der Frischwasserbezug jedenfalls dann zur Erfassung auch der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers geeignet, wenn nach den Verhältnissen im Satzungsgebiet im Durchschnitt der Veranlagungsfälle ein Wahrscheinlichkeitszusammenhang zwischen beiden Wassermengen derart bestehe, dass der Wasserbezug auf einem Grundstück der Zahl der Bewohner und diese wiederum dem Umfang der baulichen Nutzung eines Grundstücks sowie der dort vorhandenen befestigten Flächen entspreche, von der Regenwasser in die Kanalisation abgeleitet werde. Das sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn ein Satzungsgebiet durch eine verhältnismäßig homogene und wenig verdichtete Wohnbebauung ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch geprägt sei. In diesem Fall liege eine homogene Siedlungsstruktur vor, die es rechtfertige, den Frischwasserbezug auch als Indikator für die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers anzusehen. Im Regelfall könne bei einer Einwohnerzahl von 60.000 bis 80.000 noch von einer homogenen Siedlungsstruktur in diesem Sinne ausgegangen werden.
Auch der in § 37 Abs. 1 AbwS i.d.F. der Änderungssatzung vom 09.11.2006 rückwirkend für das Jahr 1999 festgelegte Gebührensatz von 4,20 DM/m 3 Abwasser sei gültig. Die durch ein Fachbüro erstellte Nachkalkulation der Gebühren stelle auf ihren Seiten 15 und 16 alternativ die Gebührensatzobergrenzen einerseits ohne und andererseits mit Berücksichtigung der Kostenunterdeckungen der Jahre 1994 und 1995 dar. Dass sich der Gemeinderat der Beklagten entschlossen habe, den Gebührensatz für das Jahr 1999 unter Berücksichtigung dieser Kostenunterdeckungen festzusetzen, sei rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei insbesondere nicht zu beanstanden, dass der Gemeinderat entsprechend den Vorgaben der Nachkalkulation die ausgleichsfähigen Unterdeckungen des Jahres 1994 (51.242,40 DM) in voller Höhe und die ausgleichsfähigen Unterdeckungen des Jahres 1995 (65.544,-- DM) nur in Höhe von 42.456,05 DM berücksichtigt habe. Mit der lediglich teilweisen Berücksichtigung der ausgleichsfähigen Unterdeckungen des Jahres 1995 habe erreicht werden sollen, dass der Gebührensatz mit 4,20 DM/m 3 Abwasser exakt in der Höhe festgesetzt habe werden können, der auch den tatsächlichen Veranlagungen für das Gebührenjahr 1999 zugrunde gelegt worden sei. Dies sei eine sachgerechte Erwägung, die vom Gericht nicht beanstandet werden könne.
Der Vortrag des Klägers rechtfertige schließlich auch nicht die Annahme, die bei der Festsetzung des Gebührensatzes für das Jahr 1999 berücksichtigten und ausgeglichenen Unterdeckungen der Jahre 1994 und 1995 seien methodisch fehlerhaft ermittelt worden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg beziehe sich die Ausgleichsbefugnis von Unterdeckungen aus Vorjahren lediglich auf solche Unterdeckungen, die sich aufgrund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergäben.
Zur Begründung der vom Senat mit Beschluss vom 03.11.2008 zugelassenen Berufung macht der Kläger geltend: Auch für den Bereich einer homogenen Siedlungsstruktur sei der Frischwasserbezug als Indikator für die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers ungeeignet. Aufgrund der Menge des Frischwasserbezuges könne ein Rückschluss auf die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers nicht erfolgen. Denn die Menge des bezogenen Frischwassers sei von der Nutzung des Grundstücks (z.B. Zahl der Bewohner) abhängig, während die Menge des in die Kanalisation eingeleiteten Niederschlagswassers von den vorhandenen befestigten Flächen abhängig sei. Ändere sich z.B. die Zahl der Bewohner und damit der Frischwasserbezug, ändere sich deshalb nicht die Niederschlagswassermenge. Im Übrigen liege die Zahl der von einer vermeintlich homogenen Bebauung abweichenden Grundstücke im Gebiet der Beklagten bei über 10 %.
10 
Unabhängig davon habe die Beklagte bei der Festsetzung der Höhe des Gebührensatzes zu Unrecht Unterdeckungen aus den Jahren 1994 und 1995 berücksichtigt. Die Gebührenkalkulationen der Jahre 1994 und 1995 hätten jeweils den Straßenentwässerungsanteil zu niedrig und damit fehlerhaft angesetzt. Bei zutreffender Berücksichtigung des Straßenentwässerungsanteils hätten sich in den Jahren 1994 und 1995 keine vermeintlichen Unterdeckungen, sondern ausgleichspflichtige Überdeckungen ergeben. Dies führe im Ergebnis auch zur Nichtigkeit des Abwassergebührensatzes für das Jahr 1999.
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Der Kläger beantragt,
12 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 06.05.2008 - 1 K 1636/07 - zu ändern und den Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und den dazu ergangenen Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 aufzuheben.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Berufung zurückzuweisen.
15 
Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Bei einer Gemeinde ihrer Größe könne im Regelfall von einer homogenen Siedlungsstruktur ausgegangen werden. Die Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen in seinem Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 - (KStZ 2008, 74), der eine völlig andere Gemeindestruktur mit wesentlich größeren Gemeinden zugrunde liege, könne auf den hier zu beurteilenden Fall nicht übertragen werden.
16 
Im Rahmen der Nachkalkulation hätten auch die für die Jahre 1994 und 1995 errechneten Unterdeckungen im Jahre 1999 Berücksichtigung finden können. Im Rahmen der Nachkalkulation seien die Straßenentwässerungskostenanteile für die Jahre 1994 und 1995 exakt so angesetzt worden, wie dies auch im Rahmen der damaligen prognostischen Kalkulation für diese Gebührenjahre geschehen sei. Diese Vorgehensweise genüge den Anforderungen an den Ausgleich von Vorjahresergebnissen. Wäre es anders, bestünde im Rahmen der Ermittlung von Vorjahresergebnissen die Möglichkeit, jeden in den Rechnungsergebnissen enthaltenen kalkulatorischen Ansatz abweichend von der zugrunde liegenden prognostischen Kalkulation zu prüfen. Damit würde indirekt eine Überprüfung des früheren Satzungsrechts und der dortigen Ansätze vorgenommen. Dies würde zu untragbaren Ergebnissen führen, da über das System des gesetzlichen Ausgleichs dann indirekt die Satzungen beliebig weit zurückreichender vergangener Jahre überprüft werden müssten.
17 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Akten sowie die Schriftsätze der Beteiligten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
18 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Für die Heranziehung des Klägers zu Gebühren für die Entsorgung von Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) im hier maßgeblichen Jahr 1999 fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die einschlägige Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 10.12.1992 i.d.F. der Änderungssatzung vom 09.11.2006 (im Folgenden: AbwS) ist nichtig. Denn sie enthält für die Gebührenerhebung keine gültige Maßstabsregelung, wie sie § 2 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden Kommunalabgabengesetzes vom 28.05.1996 (im Folgenden: KAG 1996) als Mindestinhalt einer Satzung fordert.
20 
Nach §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 Nr. 1, 36 Abs. 1 Satz 1 AbwS wird die Abwassergebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser einheitlich nach der Abwassermenge bemessen, die auf dem angeschlossenen Grundstück anfällt. Als angefallene Abwassermenge gilt dabei bei öffentlicher Wasserversorgung - wie hier - der der Entgeltberechnung zugrunde gelegte Wasserverbrauch abzüglich der nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleiteten Wassermengen. Die Satzung sieht damit als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den sogenannten (einheitlichen) Frischwassermaßstab vor. Dieser Maßstab verstößt angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten in aller Regel gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip.
21 
1. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat den Gemeinden und Landkreisen für den gemäß § 2 Abs. 1 KAG 1996 in der Satzung festzulegenden Gebührenmaßstab keine einfachgesetzlichen Beschränkungen auferlegt. Das ortsgesetzgeberische Ermessen der Gemeinden und Landkreise ist jedoch durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip eingeschränkt. Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und besagt als solcher, dass die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Es fordert ferner, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung in etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden, und berührt sich insoweit mit dem Gleichheitssatz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3.93 - NVwZ-RR 1995, 594; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2008 - 2 S 623/06 - AbfallR 2009, 44).
22 
Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip bildet damit eine Obergrenze für die Gebührenbemessung. Unterhalb dieser Obergrenze ist die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers im Wesentlichen nur durch das aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot in der Weise eingeschränkt, dass bei gleichartig beschaffenen Leistungen die Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze in den Grenzen der Praktikabilität und der Wirtschaftlichkeit so zu wählen und zu staffeln sind, dass sie dem unterschiedlichen Ausmaß der erbrachten Leistungen Rechnung tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt bleibt. Das Willkürverbot belässt damit dem Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Es verbietet nur eine willkürliche Ungleichbehandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte und die willkürliche Gleichbehandlung (wesentlich) ungleicher Sachverhalte. Die hierdurch gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit überschreitet der Satzungsgeber erst dann, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Satzungsgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. zum Ganzen: Rieger in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 6 RdNr. 591).
23 
Nach allgemeiner Ansicht dürfen Benutzungsgebühren nicht nur nach dem konkret nachgewiesenen Umfang der jeweiligen Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung (Wirklichkeitsmaßstab), sondern auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden. Die Rechtfertigung für die Verwendung eines solchen pauschalierenden Maßstabs ergibt sich aus der Notwendigkeit eines praktikablen, wenig kostenaufwändigen und damit auch den Gebührenzahlern zugute kommenden Erhebungsverfahrens (BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995, aaO). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab darf aber nicht offensichtlich ungeeignet sein, d.h. er muss Umständen oder Verhältnissen entnommen worden sein, die mit der Art der Benutzung in Zusammenhang stehen, und auf eine Berechnungsgrundlage zurückgreifen, die für die Regel in etwa zutreffende Rückschlüsse auf das tatsächliche Maß der Benutzung zulässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2000 - 2 S 132/00 - VBlBW 2001, 21).
24 
2. Bei dem von der Beklagten gewählten (einheitlichen) Frischwassermaßstab wird die Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl des Schmutzwassers als auch des Niederschlagswassers nach der Menge des bezogenen Frischwassers bemessen. Dieser Maßstab beruht auf der Annahme, dass die auf einem Grundstück bezogene Frischwassermenge im Regelfall in einem ungefähr gleichen Verhältnis zur Menge des anfallenden Abwassers steht (vgl. zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2009 - 2 S 2650/08 - VBlBW 2009, 472). Diese Annahme trifft unzweifelhaft hinsichtlich des Schmutzwassers zu, weil die Menge des Frischwassers, die einem an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück zugeführt wird, jedenfalls typischerweise weitgehend der in die Kanalisation eingeleiteten Abwassermenge entspricht.
25 
Was das Niederschlagswasser betrifft, kann das Gleiche dagegen nicht gesagt werden, weil der Frischwasserverbrauch keinen verlässlichen Rückschluss darauf erlaubt, wie viel Niederschlagswasser von dem betreffenden Grundstück der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 - KStZ 2008, 74; Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009 - 5 A 631/08 - KStZ 2009, 235). Denn der Frischwasserverbrauch ist regelmäßig bei Wohnbebauung personen- und bei Gewerbegrundstücken produktionsabhängig, während die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers - außer von der Menge des Niederschlags - von der Größe des Grundstücks sowie der Oberflächengestaltung abhängig ist. Ein verlässlicher Zusammenhang zwischen Frischwasserbezug eines Grundstücks und der von diesem Grundstück zu entsorgenden Niederschlagswassermenge besteht demnach zumindest in aller Regel nicht. Die Verwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden (unten a). Sie kann ferner nicht mit der Erwägung als rechtmäßig angesehen werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 12.06.1972 - VII B 117.70 - KStZ 1973, 92; Beschluss vom 25.03.1985 - 8 B 11.84 - NVwZ 1985, 496 mwN) als auch nach der des erkennenden Senats (Urteil vom 27.10.1993 - 2 S 199/80 - VBlBW 1984, 346) eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind (unten b).
26 
a) Im Benutzungsgebührenrecht ist ebenso wie im sonstigen Abgabenrecht auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit abzustellen, der es dem Satzungsgeber gestattet, bei Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, wie nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fällen dem „Typ“ widersprechen (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 BN 2.05 - Juris; Urteil vom 01.08.1986 - 8 C 112.84 - NVwZ 1987, 231; Beschluss vom 19.08.1983 - 8 N 1.83 - BVerwGE 68, 36).
27 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann nicht angenommen werden, dass der einheitliche Frischwassermaßstab im Allgemeinen und damit in 90 % aller Fälle zu einer in etwa gleichmäßigen Belastung der Beitragspflichtigen führt. Es ist mit anderen Worten nicht davon auszugehen, dass im „Regelfall“ auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets das Verhältnis zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der nach dem Frischwasserverbrauch berechneten Schmutzwassermenge (so) weitgehend vergleichbar ist, dass es aus diesem Grund einer gesonderten Berechnung der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nicht bedarf.
28 
Zwar hat der erkennende Senat bislang den einheitlichen Frischwassermaßstab auch zur Erfassung der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers als geeignet angesehen, wenn das Satzungsgebiet durch eine im entwässerungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig homogene Bebauungsstruktur mit wenig verdichteter Wohnbebauung und ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch geprägt ist (Urteil vom 07.10.2004 - 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239). Dem lag der Gedanke zugrunde, dass von einer homogenen Siedlungsstruktur ausgegangen werden könne, wenn in einer Gemeinde für mindestens 90 % der angeschlossenen Grundstücke die Entwässerungsverhältnisse in etwa gleich seien. Insoweit handelt es sich bei dem Kriterium einer homogenen Siedlungsstruktur um nichts anderes als eine konkretisierte Ausprägung des oben dargelegten Grundsatzes der Typengerechtigkeit (so zutreffend Quaas, VBlBW 2006, 175, 176). Der Senat hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, im Regelfall könne bei Gemeinden mit 60.000 bis 80.000 Einwohnern noch von einer homogenen Siedlungsstruktur im genannten Sinne ausgegangen werden. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest. Eine Vergleichbarkeit zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der Schmutzwassermenge auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets dürfte nach den heutigen Verhältnissen die absolute Ausnahme bilden. Auch für das Gebiet der Beklagten, einer Gemeinde mit sechs Teilorten und ca. 6.200 Einwohnern, liegt eine solche Ausnahme nicht vor.
29 
Die Anzahl der Bewohner auf den Grundstücken des jeweiligen Satzungsgebiets, die maßgeblich die Menge des einem Grundstück zugeführten Frischwassers beeinflusst, ist - unter den hiesigen modernen Lebensverhältnissen - so unterschiedlich, dass ein vorherrschender, mindestens 90 % der Fälle erfassender „Regeltyp“ mit annähernd gleicher Relation zwischen Frischwasserverbrauch je Grundstück und hiervon abgeleitetem Niederschlagswasser nicht erkennbar ist. Die Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers wird bestimmt durch die Größe der versiegelten Grundstücksflächen, die sich nach der Kubatur der Baukörper und dem Vorhandensein weiterer befestigter Flächen - wie etwa Stellplätze, Terrassen - richtet. Dagegen wird die Menge des Abwassers im Falle der Wohnbebauung ganz wesentlich durch die Zahl der auf dem Grundstück vorhandenen Haushalte und die Zahl der zu den Haushalten gehörenden Personen beeinflusst. Bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken, die erfahrungsgemäß einen hohen Versiegelungsgrad aufweisen, kommt es auf die Art der gewerblichen und industriellen Nutzung und die Höhe des damit verbundenen Frischwasserverbrauchs an. Deshalb sind sowohl gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke als auch Grundstücke mit stark verdichteter Wohnbebauung (z.B. Hochhäuser) im Hinblick auf die Relation zwischen Frischwasserverbrauch und abgeleitetem Niederschlagswasser von vornherein als atypisch anzusehen. Vor diesem Hintergrund kommen als Grundstücke mit „vergleichbaren Entwässerungsverhältnissen“ naturgemäß lediglich die die Wohnbebauung prägenden Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke in Betracht. Aber selbst Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke weisen nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derart uneinheitliche Haushaltsgröße und daraus folgend einen derart unterschiedlichen Wasserverbrauch auf, dass nicht mehr von einer annähernd vergleichbaren Relation zwischen Frischwasserverbrauch und Niederschlagswassermenge ausgegangen werden kann.
30 
Einfamilienhäuser werden zwar überwiegend von Familien mit Kindern bewohnt. Schon die Anzahl der Kinder in den Haushalten variiert aber mit der Folge eines stark unterschiedlichen Wasserverbrauchs. Davon abgesehen werden Einfamilienhäuser auch nicht selten nur von einer oder zwei Personen bewohnt, weil z.B. ein Ehepartner verstorben ist oder die Parteien sich infolge einer Scheidung getrennt haben oder die (erwachsenen) Kinder das Elternhaus verlassen haben (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). Diese Einschätzung wird durch die vom Senat beim Baden-Württembergischen Landesamt für Statistik ermittelten Zahlen (Mikrozensus 2006) für das Land Baden-Württemberg belegt. Danach gibt es in Baden-Württemberg insgesamt 1.088.000 Haushalte in Einfamilienhäusern (Wohngebäude mit einer Wohneinheit), die sich wie folgt aufteilen: 186.000 Haushalte mit einer Person (= 17,10 %), 412.000 Haushalte mit zwei Personen (= 37,87 %), 183.000 Haushalte mit drei Personen (= 16,2 %), 217.000 Haushalte mit vier Personen (= 19,94 %) sowie 90.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen (= 8,27 %). Auch die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 02.09.2009, aaO) ermittelten Daten für das Land Hessen zeigen eine in etwa vergleichbare Verteilung der Haushaltsgrößen in Einfamilienhäusern; danach werden Einfamilienhäuser in 19,22 % von Haushalten mit einer Person, in 40,28 % von Haushalten mit zwei Personen, in 17,57 % von Haushalten mit drei Personen, in 16,72 % von Haushalten mit vier Personen und in 6,21 % der Fälle von Haushalten mit fünf und mehr Personen bewohnt.
31 
Diese für die Länder Baden-Württemberg und Hessen erhobenen Daten bestätigen eindrucksvoll, dass generell von einer Homogenität der Haushaltsgröße auch für den Bereich von Einfamilienhäusern nicht gesprochen werden kann. Diese Aussage kann auch ohne weiteres auf das Gemeindegebiet der Beklagten übertragen werden. Dafür, dass sich im Gemeindegebiet der Beklagten die Verhältnisse nennenswert anders darstellen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Auch die Beklagte hat in dieser Richtung nichts vorgetragen.
32 
Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass bereits im Bereich der Einfamilienhäuser durch die Streuung der Haushaltsgrößen ein stark unterschiedlicher Frischwasserverbrauch festzustellen ist, der bei ansonsten gleichen Verhältnissen zu gravierenden Unterschieden bei der Höhe der veranlagten Gebühren für den Anteil der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung führt. Wird ein Einfamilienhaus von einer Einzelperson bewohnt, entfällt auf dieses Grundstück nach der Gebührensatzung der Beklagten für das Jahr 1999 bei einem durchschnittlich angenommenen Jahresfrischwasserverbrauch von 40 m 3 und einem Gebührensatz von 4,20 DM eine Abwassergebühr von 168,-- DM. Wird das gleiche Einfamilienhaus dagegen von einem Vier-Personen-Haushalt bewohnt, entfällt auf das Grundstück - trotz derselben versiegelten Fläche - bei einem unterstellten Jahresfrischwasserverbrauch von wiederum 40 m 3 je Person eine Abwassergebühr von 672,-- DM. Unterstellt man ferner einen Anteil von lediglich 25 % der Gesamtkosten für die Niederschlagswasserentsorgung (vgl. Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %) und geht damit bei einer Abwassergesamtgebühr von 4,20 DM je Kubikmeter von einem Anteil für die Beseitigung des Niederschlagswassers von 1,05 DM je Kubikmeter aus, so zahlt der Ein-Personen-Haushalt dafür 42,-- DM, der Vier-Personen-Haushalt bei gleicher Versiegelungsfläche dagegen 168,-- DM. Das hier aufgeführte Beispiel zeigt, dass selbst dann, wenn nur die Nutzung eines Einfamilienhauses mit vergleichbarem Umfang an Grundstücksversiegelung in den Blick genommen wird, unter anderem Familien mit Kindern gegenüber Einzelpersonen/Kleinhaushalten zu erheblich höheren Gebühren herangezogen werden, obwohl die zu beseitigende Niederschlagswassermenge in etwa gleich ist.
33 
Die dargestellte Uneinheitlichkeit der Haushaltsgrößen und damit die unterschiedliche Nutzungsintensität gilt auch für Zweifamilienhäuser. Nach den Daten des Baden-Württembergischen Landesamtes für Statistik (Mikrozensus 2006) teilen sich die Haushaltsgrößen in den 503.000 Wohngebäuden mit zwei Wohneinheiten wie folgt auf: 134.000 Haushalte mit einer Person, 195.000 Haushalte mit zwei Personen, 68.000 Haushalte mit drei Personen, 77.000 Haushalte mit vier Personen sowie 29.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die versiegelte Fläche bei Zweifamilienhäusern im Vergleich zu Einfamilienhäusern nach allgemeiner Lebenserfahrung zwar erhöht, aufgrund der Kubatur von Zweifamilienhäusern allerdings keine entsprechende Verdoppelung der versiegelten Flächen angenommen werden kann.
34 
b) Die Anwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch nach der des erkennenden Senats eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind. Als geringfügig in diesem Sinne sehen das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 12.06.1972 und vom 25.03.1985, aaO) sowie der erkennende Senat (Urteil vom 27.10.1993, aaO) diese Kosten dann an, wenn ihr Anteil an den Kosten der gesamten Entwässerung nicht mehr als 12 % beträgt.
35 
Nach den Veröffentlichungen in der Fachliteratur ist von den gesamten Abwasserentsorgungskosten regelmäßig ein Anteil von 25 % und mehr für die Niederschlagswasserentsorgung zu veranschlagen (vgl. etwa Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %; Hennebrüder, KStZ 2007, 184 - unter Bezugnahme auf Untersuchungen des Gutachters Prof. Dr. Pecher, wonach der Anteil in der Regel zwischen 35 % und 45 % liegt). Darüber hinaus hat auch die Beklagte im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür genannt, dass der Anteil der Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung in ihrem Gebiet noch als geringfügig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzusehen ist.
36 
3. Für die Gemeinden hat dies zur Konsequenz, dass - von wenigen, wohl nur theoretisch denkbaren Ausnahmen abgesehen - statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben erhoben werden muss (gesplittete Abwassergebühr). Ein unverhältnismäßiger und damit nicht mehr zu vertretender finanzieller Kostenaufwand ist damit nicht verbunden (ebenso Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). So besteht für die Beklagte insbesondere die Möglichkeit, die an die Abwasseranlage angeschlossenen versiegelten Flächen im Rahmen einer Selbstveranlagung der Gebührenschuldner zu ermitteln und sich auf eine stichprobenweise Überprüfung zu beschränken.
37 
In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass die Kosten für die Erstellung der Gebührenkalkulation durch ein von der Gemeinde beauftragtes Beratungsbüro oder einen anderen Dritten einschließlich der Kosten der dafür notwendigen Vorarbeiten Teil der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KAG ansatzfähigen Kosten sind. Zu den nach dieser Vorschrift gebührenfähigen Kosten gehören zwar nur die „Kosten der Einrichtung“, d.h. Kosten, die durch die Leistungserstellung der Gemeinde verursacht worden sind oder für solche Neben- und Zusatzleistungen entstanden sind, die mit der eigentlichen Leistungserstellung in einem ausreichend engen Sachzusammenhang stehen. Auch ist nicht zu übersehen, dass die Erstellung der Gebührenkalkulation mit der eigentlichen Leistung, die durch die öffentliche Einrichtung erbracht wird, nur in einem mittelbaren Zusammenhang steht. Die Rechtfertigung für eine Abwälzung der dadurch entstehenden Kosten auf sämtliche Gebührenschuldner ergibt sich jedoch aus der Überlegung, dass es sich dabei um für die Realisierung des Gebührenanspruchs der Gemeinde notwendige Kosten handelt. Denn das durch die Benutzung der öffentlichen Einrichtung seitens des Bürgers eingeleitete Austauschverhältnis kann grundsätzlich nur dann korrekt abgewickelt werden, wenn die Gemeinde den Satz der für die Benutzung zu entrichtenden Gebühren auf der Grundlage einer Gebührenkalkulation in ihrer Satzung festlegt (in dieser Richtung bereits das Normenkontrollurteil des Senats vom 13.05.1997 - 2 S 3246/94 - BWGZ 1997, 890; ebenso VG Freiburg, Urteil vom 10.12.2003 - 7 K 420/02 - Juris; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 RdNr. 733a, S. 473). An der in seinem Normenkontrollbeschluss vom 27.02.1996 - 2 S 1407/94 - (NVwZ-RR 1996, 593) beiläufig geäußerten Auffassung, dass die Kosten für die Erstellung der erforderlichen Gebührenkalkulation nicht zu den auf die Gebührenschuldner abwälzbaren Kosten der Einrichtung gehörten, hält der Senat deshalb nicht fest.
38 
4. Ob die Satzung der Beklagten vom 09.11.2006 auch deshalb zu beanstanden ist, weil die Beklagte in die dieser Satzung zugrunde liegende Gebührenkalkulation Unterdeckungen aus den Jahren 1994 und 1995 eingestellt hat, deren Berechnung - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auf einem zu niedrigen Ansatz des Straßenentwässerungsanteils beruht, bedarf danach keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die der Beklagten offenstehende Möglichkeit, die aus den oben genannten Gründen nichtige Satzung vom 09.11.2006 rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen, die statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben vorsieht, sowie im Hinblick auf künftige Streitfälle zwischen den Beteiligten sieht sich der Senat jedoch zu den folgenden, diese Frage betreffenden Bemerkungen veranlasst.
39 
a) Zu der bis zum 31.03.2005 geltenden Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F., die thematisch der heutigen Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG entspricht, hat der Senat in seinem Urteil vom 27.01.2003 - 2 S 2587/00 - (VBlBW 2003, 322) entschieden, die Vorschrift beziehe sich lediglich auf Über- und Unterdeckungen, die sich am Ende eines Bemessungszeitraums auf Grund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergäben. Nicht unter § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. fielen dagegen - schon seinem Wortlaut nach - solche Über- und Unterdeckungen, die sich aus der nachträglichen Feststellung überhöhter Gebührensatzregelungen ergäben. An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.
40 
§ 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. wurde 1986 auf Empfehlung des Innenausschusses in das Kommunalabgabengesetz eingefügt. Wie sich aus dem Bericht des Innenausschusses (LT-Drs. 9/3305, S. 10) ergibt, hat sich der Gesetzgeber dabei von der Überlegung leiten lassen, dass eine Gebührenkalkulation nur prognostischen Charakter haben kann und dementsprechend immer mit bestimmten Unsicherheiten verbunden ist. Die in die Kalkulation eingestellten Annahmen über die voraussichtlich entstehenden Kosten der Einrichtung und den voraussichtlichen Umfang ihrer Benutzung werden deshalb kaum einmal mit den tatsächlich entstehenden Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung übereinstimmen. Etwaige sich daraus ergebende Kostenüberdeckungen sollte die Gemeinde nach dem Willen des Landesgesetzgebers nicht für sich behalten dürfen, sondern innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Gebührenschuldner zurückgeben müssen. Die Gemeinde sollte aber umgekehrt auch das Recht erhalten, sich aus den genannten Abweichungen ergebende Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums durch eine entsprechende Erhöhung der Gebühren ausgleichen zu dürfen.
41 
Eine Korrektur fehlerhafter Kalkulationen ist danach von § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. nicht bezweckt. Die Vorschrift ist vielmehr einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur für solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen gilt, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, d.h. daraus dass die geschätzten Kosten der Einrichtung und der geschätzte Umfang ihrer Benutzung von den tatsächlichen Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung abweichen. § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. bezieht sich dagegen nicht auf solche Kostenüberdeckungen, die sich daraus ergeben, dass in die Kalkulation Kosten eingestellt wurden, die nicht oder nicht in dieser Höhe ansatzfähig sind. Die Vorschrift erlaubt umgekehrt aber auch keinen Ausgleich von Kostenunterdeckungen, die daraus folgen, dass bestimmte ansatzfähige Kosten in die Kalkulation überhaupt nicht oder nicht in der gesetzlich zulässigen Höhe eingestellt worden sind.
42 
b) Das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.03.2005 hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Der an die Stelle des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. getretene § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 legt wie sein Vorgänger fest, dass Kostenüberdeckungen innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen werden müssen und Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums ausgeglichen werden können. § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 stellt darüber hinaus klar, wie Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen zu bestimmen sind, nämlich - so die damalige Fassung dieser Vorschrift - durch einen Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „Gesamtkosten“. Dass über diese Klarstellung hinaus auch eine Änderung der bis dahin geltenden und durch das Urteil des Senats vom 27.01.2003 verdeutlichten Rechtslage beabsichtigt war, kann weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/3966, S. 47) entnommen werden.
43 
c) Die durch das Gesetz vom 09.05.2009 erfolgte Änderung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 nötigt dagegen für die Zeit ab dem Inkrafttreten dieser Änderung zu einer Korrektur der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Nach der Neufassung der Vorschrift ist nunmehr zur Feststellung von Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „ansatzfähigen Gesamtkosten“ vorzunehmen. Die zu § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a. F. vertretene Auffassung, dass diese Regelung nicht die Korrektur fehlerhafter Gebührenkalkulationen bezwecke, sondern sich nur auf solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen beziehe, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, kann angesichts des geänderten Wortlauts auf § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 nicht übertragen werden. Die sich aus einem solchen Verständnis der Vorschrift ergebende Konsequenz ist, dass unter der Geltung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 beschlossene Gebührensatzungen durch in der Vergangenheit unterlaufene und unter Umständen lange zurückliegende Fehler bei früheren Gebührenkalkulationen infiziert werden können. Durch die in § 49 Abs. 2 KAG getroffene Anordnung, nach der § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 auch auf früher entstandene Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen Anwendung findet, verschärfen sich die damit verbundenen Probleme. Ob der Gesetzgeber sich dieser Konsequenz bewusst war, die seinen in anderer Hinsicht unternommenen Bestrebungen zuwiderläuft, die Bestandskraft von Abgabensatzungen im Interesse der Rechtssicherheit zu erhöhen, lässt sich bezweifeln. Der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 14/4002, S. 70) kann dazu jedenfalls nichts entnommen werden. Das enthebt den Senat jedoch nicht der Verpflichtung, sich bei der Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 in erster Linie an dessen Wortlaut zu halten.
44 
d) Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Beklagte bei einem etwaigen, von ihr für erforderlich gehaltenen Neuerlass einer Satzung für das Jahr 1999 die Gebühren unter Berücksichtigung der geänderten Vorgaben des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 zu kalkulieren hat. Ob es in den vor 1999 liegenden fünf Jahren zu dabei berücksichtigungsfähigen Kostenunterdeckungen gekommen ist, ist somit an Hand eines Vergleichs zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen in dem jeweiligen Jahr und der Summe der in diesem Jahr angefallenen ansatzfähigen Gesamtkosten festzustellen. Der in den Gebührenkalkulationen für die Jahre 1994 und 1995 fehlerhaft angesetzte Straßenentwässerungsanteil ist danach entsprechend zu korrigieren.
45 
Für die Nachkalkulation darf schließlich noch an die Entscheidung des Senats vom 15.02.2008 - 2 S 2559/05 - (VBlBW 2008, 350) erinnert werden. Danach ist der Ausgleich einer Kostenunterdeckung nach Ablauf der Fünfjahresfrist auch dann ausgeschlossen, wenn diese überhaupt (oder mit einem höheren Betrag) erst nach Ablauf des zitierten Zeitraums erkannt wird. Der Ablauf der Fünfjahresfrist schafft für die Gemeinde und die Gebührenpflichtigen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Spätere Nachholungen sind ausgeschlossen, der entstandene Fehlbetrag ist dann endgültig aus allgemeinen Deckungsmitteln zu finanzieren. Diese Ausführungen gelten auch für den Ausgleich von Überdeckungen; nach Ablauf von fünf Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums sind nicht abgewickelte Überdeckungen nicht mehr zu berücksichtigen (so auch: Giebler, KStZ 2007, 167, 172).
46 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
47 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
48 
Beschluss
49 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 130,99 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
50 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
18 
Die Berufung ist zulässig und begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Abwassergebührenbescheid der Beklagten vom 26.01.2000 und der Widerspruchsbescheid des Landratsamts Schwarzwald-Baar-Kreis vom 10.07.2007 sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
19 
Für die Heranziehung des Klägers zu Gebühren für die Entsorgung von Abwasser (Schmutz- und Niederschlagswasser) im hier maßgeblichen Jahr 1999 fehlt es an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die einschlägige Satzung der Beklagten über die öffentliche Abwasserbeseitigung vom 10.12.1992 i.d.F. der Änderungssatzung vom 09.11.2006 (im Folgenden: AbwS) ist nichtig. Denn sie enthält für die Gebührenerhebung keine gültige Maßstabsregelung, wie sie § 2 Abs. 1 des hier noch anzuwendenden Kommunalabgabengesetzes vom 28.05.1996 (im Folgenden: KAG 1996) als Mindestinhalt einer Satzung fordert.
20 
Nach §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 1 Nr. 1, 36 Abs. 1 Satz 1 AbwS wird die Abwassergebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser einheitlich nach der Abwassermenge bemessen, die auf dem angeschlossenen Grundstück anfällt. Als angefallene Abwassermenge gilt dabei bei öffentlicher Wasserversorgung - wie hier - der der Entgeltberechnung zugrunde gelegte Wasserverbrauch abzüglich der nachweislich nicht in die öffentlichen Abwasseranlagen eingeleiteten Wassermengen. Die Satzung sieht damit als Maßstab zur Ermittlung der Abwassergebühren sowohl für die Ableitung von Schmutz- als auch von Niederschlagswasser den sogenannten (einheitlichen) Frischwassermaßstab vor. Dieser Maßstab verstößt angesichts der heutigen Wohn- und Lebensgewohnheiten in aller Regel gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip.
21 
1. Der baden-württembergische Landesgesetzgeber hat den Gemeinden und Landkreisen für den gemäß § 2 Abs. 1 KAG 1996 in der Satzung festzulegenden Gebührenmaßstab keine einfachgesetzlichen Beschränkungen auferlegt. Das ortsgesetzgeberische Ermessen der Gemeinden und Landkreise ist jedoch durch den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG sowie das Äquivalenzprinzip eingeschränkt. Das Äquivalenzprinzip ist Ausdruck des allgemeinen, auf Verfassungsrecht beruhenden bundesrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und besagt als solcher, dass die Gebühr nicht in einem Missverhältnis zu der von dem Träger öffentlicher Verwaltung erbrachten Leistung stehen darf. Es fordert ferner, dass die Benutzungsgebühr im Allgemeinen nach dem Umfang der Benutzung bemessen wird, so dass bei in etwa gleicher Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung in etwa gleich hohe Gebühren und bei unterschiedlicher Benutzung diesen Unterschieden in etwa angemessene Gebühren erhoben werden, und berührt sich insoweit mit dem Gleichheitssatz (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995 - 8 N 3.93 - NVwZ-RR 1995, 594; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 03.11.2008 - 2 S 623/06 - AbfallR 2009, 44).
22 
Das bundesrechtliche Äquivalenzprinzip bildet damit eine Obergrenze für die Gebührenbemessung. Unterhalb dieser Obergrenze ist die Gestaltungsfreiheit des Satzungsgebers im Wesentlichen nur durch das aus dem Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG folgende Willkürverbot in der Weise eingeschränkt, dass bei gleichartig beschaffenen Leistungen die Gebührenmaßstäbe und Gebührensätze in den Grenzen der Praktikabilität und der Wirtschaftlichkeit so zu wählen und zu staffeln sind, dass sie dem unterschiedlichen Ausmaß der erbrachten Leistungen Rechnung tragen, damit die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern gewahrt bleibt. Das Willkürverbot belässt damit dem Satzungsgeber eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Es verbietet nur eine willkürliche Ungleichbehandlung (wesentlich) gleicher Sachverhalte und die willkürliche Gleichbehandlung (wesentlich) ungleicher Sachverhalte. Die hierdurch gezogenen Grenzen seiner Entscheidungsfreiheit überschreitet der Satzungsgeber erst dann, wenn sich ein vernünftiger, aus der Natur der Sache einleuchtender Grund für die Gleich- oder Ungleichbehandlung nicht finden lässt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes zu prüfen, nicht aber die Frage, ob der Satzungsgeber im Einzelnen die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (vgl. zum Ganzen: Rieger in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 6 RdNr. 591).
23 
Nach allgemeiner Ansicht dürfen Benutzungsgebühren nicht nur nach dem konkret nachgewiesenen Umfang der jeweiligen Inanspruchnahme der öffentlichen Leistung (Wirklichkeitsmaßstab), sondern auch nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab bemessen werden. Die Rechtfertigung für die Verwendung eines solchen pauschalierenden Maßstabs ergibt sich aus der Notwendigkeit eines praktikablen, wenig kostenaufwändigen und damit auch den Gebührenzahlern zugute kommenden Erhebungsverfahrens (BVerwG, Beschluss vom 28.03.1995, aaO). Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab darf aber nicht offensichtlich ungeeignet sein, d.h. er muss Umständen oder Verhältnissen entnommen worden sein, die mit der Art der Benutzung in Zusammenhang stehen, und auf eine Berechnungsgrundlage zurückgreifen, die für die Regel in etwa zutreffende Rückschlüsse auf das tatsächliche Maß der Benutzung zulässt (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.06.2000 - 2 S 132/00 - VBlBW 2001, 21).
24 
2. Bei dem von der Beklagten gewählten (einheitlichen) Frischwassermaßstab wird die Benutzungsgebühr für die Inanspruchnahme der öffentlichen Abwasseranlage durch die Einleitung sowohl des Schmutzwassers als auch des Niederschlagswassers nach der Menge des bezogenen Frischwassers bemessen. Dieser Maßstab beruht auf der Annahme, dass die auf einem Grundstück bezogene Frischwassermenge im Regelfall in einem ungefähr gleichen Verhältnis zur Menge des anfallenden Abwassers steht (vgl. zuletzt VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 19.03.2009 - 2 S 2650/08 - VBlBW 2009, 472). Diese Annahme trifft unzweifelhaft hinsichtlich des Schmutzwassers zu, weil die Menge des Frischwassers, die einem an die öffentliche Abwasserbeseitigung angeschlossenen Grundstück zugeführt wird, jedenfalls typischerweise weitgehend der in die Kanalisation eingeleiteten Abwassermenge entspricht.
25 
Was das Niederschlagswasser betrifft, kann das Gleiche dagegen nicht gesagt werden, weil der Frischwasserverbrauch keinen verlässlichen Rückschluss darauf erlaubt, wie viel Niederschlagswasser von dem betreffenden Grundstück der öffentlichen Abwasseranlage zugeführt wird (ebenso OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007 - 9 A 3648/04 - KStZ 2008, 74; Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009 - 5 A 631/08 - KStZ 2009, 235). Denn der Frischwasserverbrauch ist regelmäßig bei Wohnbebauung personen- und bei Gewerbegrundstücken produktionsabhängig, während die Menge des eingeleiteten Niederschlagswassers - außer von der Menge des Niederschlags - von der Größe des Grundstücks sowie der Oberflächengestaltung abhängig ist. Ein verlässlicher Zusammenhang zwischen Frischwasserbezug eines Grundstücks und der von diesem Grundstück zu entsorgenden Niederschlagswassermenge besteht demnach zumindest in aller Regel nicht. Die Verwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht mit dem Grundsatz der Typengerechtigkeit gerechtfertigt werden (unten a). Sie kann ferner nicht mit der Erwägung als rechtmäßig angesehen werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 12.06.1972 - VII B 117.70 - KStZ 1973, 92; Beschluss vom 25.03.1985 - 8 B 11.84 - NVwZ 1985, 496 mwN) als auch nach der des erkennenden Senats (Urteil vom 27.10.1993 - 2 S 199/80 - VBlBW 1984, 346) eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind (unten b).
26 
a) Im Benutzungsgebührenrecht ist ebenso wie im sonstigen Abgabenrecht auf den Grundsatz der Typengerechtigkeit abzustellen, der es dem Satzungsgeber gestattet, bei Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise zu verallgemeinern und zu pauschalieren, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Dieser Grundsatz vermag die Gleichbehandlung ungleicher Sachverhalte indessen nur so lange zu rechtfertigen, wie nicht mehr als 10 % der von der Regelung betroffenen Fällen dem „Typ“ widersprechen (BVerwG, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 BN 2.05 - Juris; Urteil vom 01.08.1986 - 8 C 112.84 - NVwZ 1987, 231; Beschluss vom 19.08.1983 - 8 N 1.83 - BVerwGE 68, 36).
27 
In Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kann nicht angenommen werden, dass der einheitliche Frischwassermaßstab im Allgemeinen und damit in 90 % aller Fälle zu einer in etwa gleichmäßigen Belastung der Beitragspflichtigen führt. Es ist mit anderen Worten nicht davon auszugehen, dass im „Regelfall“ auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets das Verhältnis zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der nach dem Frischwasserverbrauch berechneten Schmutzwassermenge (so) weitgehend vergleichbar ist, dass es aus diesem Grund einer gesonderten Berechnung der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nicht bedarf.
28 
Zwar hat der erkennende Senat bislang den einheitlichen Frischwassermaßstab auch zur Erfassung der Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers als geeignet angesehen, wenn das Satzungsgebiet durch eine im entwässerungsrechtlichen Sinn verhältnismäßig homogene Bebauungsstruktur mit wenig verdichteter Wohnbebauung und ohne eine nennenswerte Anzahl kleinflächiger Grundstücke mit hohem Wasserverbrauch bzw. großflächig befestigter Grundstücke mit geringem Wasserverbrauch geprägt ist (Urteil vom 07.10.2004 - 2 S 2806/02 - VBlBW 2005, 239). Dem lag der Gedanke zugrunde, dass von einer homogenen Siedlungsstruktur ausgegangen werden könne, wenn in einer Gemeinde für mindestens 90 % der angeschlossenen Grundstücke die Entwässerungsverhältnisse in etwa gleich seien. Insoweit handelt es sich bei dem Kriterium einer homogenen Siedlungsstruktur um nichts anderes als eine konkretisierte Ausprägung des oben dargelegten Grundsatzes der Typengerechtigkeit (so zutreffend Quaas, VBlBW 2006, 175, 176). Der Senat hat in diesem Zusammenhang weiter ausgeführt, im Regelfall könne bei Gemeinden mit 60.000 bis 80.000 Einwohnern noch von einer homogenen Siedlungsstruktur im genannten Sinne ausgegangen werden. An dieser Auffassung hält der Senat nicht mehr fest. Eine Vergleichbarkeit zwischen der abzuleitenden Niederschlagswassermenge und der Schmutzwassermenge auf den Grundstücken eines Satzungsgebiets dürfte nach den heutigen Verhältnissen die absolute Ausnahme bilden. Auch für das Gebiet der Beklagten, einer Gemeinde mit sechs Teilorten und ca. 6.200 Einwohnern, liegt eine solche Ausnahme nicht vor.
29 
Die Anzahl der Bewohner auf den Grundstücken des jeweiligen Satzungsgebiets, die maßgeblich die Menge des einem Grundstück zugeführten Frischwassers beeinflusst, ist - unter den hiesigen modernen Lebensverhältnissen - so unterschiedlich, dass ein vorherrschender, mindestens 90 % der Fälle erfassender „Regeltyp“ mit annähernd gleicher Relation zwischen Frischwasserverbrauch je Grundstück und hiervon abgeleitetem Niederschlagswasser nicht erkennbar ist. Die Menge des abgeleiteten Niederschlagswassers wird bestimmt durch die Größe der versiegelten Grundstücksflächen, die sich nach der Kubatur der Baukörper und dem Vorhandensein weiterer befestigter Flächen - wie etwa Stellplätze, Terrassen - richtet. Dagegen wird die Menge des Abwassers im Falle der Wohnbebauung ganz wesentlich durch die Zahl der auf dem Grundstück vorhandenen Haushalte und die Zahl der zu den Haushalten gehörenden Personen beeinflusst. Bei gewerblich oder industriell genutzten Grundstücken, die erfahrungsgemäß einen hohen Versiegelungsgrad aufweisen, kommt es auf die Art der gewerblichen und industriellen Nutzung und die Höhe des damit verbundenen Frischwasserverbrauchs an. Deshalb sind sowohl gewerblich oder industriell genutzte Grundstücke als auch Grundstücke mit stark verdichteter Wohnbebauung (z.B. Hochhäuser) im Hinblick auf die Relation zwischen Frischwasserverbrauch und abgeleitetem Niederschlagswasser von vornherein als atypisch anzusehen. Vor diesem Hintergrund kommen als Grundstücke mit „vergleichbaren Entwässerungsverhältnissen“ naturgemäß lediglich die die Wohnbebauung prägenden Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke in Betracht. Aber selbst Ein- und Zweifamilienhausgrundstücke weisen nach allgemeiner Lebenserfahrung eine derart uneinheitliche Haushaltsgröße und daraus folgend einen derart unterschiedlichen Wasserverbrauch auf, dass nicht mehr von einer annähernd vergleichbaren Relation zwischen Frischwasserverbrauch und Niederschlagswassermenge ausgegangen werden kann.
30 
Einfamilienhäuser werden zwar überwiegend von Familien mit Kindern bewohnt. Schon die Anzahl der Kinder in den Haushalten variiert aber mit der Folge eines stark unterschiedlichen Wasserverbrauchs. Davon abgesehen werden Einfamilienhäuser auch nicht selten nur von einer oder zwei Personen bewohnt, weil z.B. ein Ehepartner verstorben ist oder die Parteien sich infolge einer Scheidung getrennt haben oder die (erwachsenen) Kinder das Elternhaus verlassen haben (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). Diese Einschätzung wird durch die vom Senat beim Baden-Württembergischen Landesamt für Statistik ermittelten Zahlen (Mikrozensus 2006) für das Land Baden-Württemberg belegt. Danach gibt es in Baden-Württemberg insgesamt 1.088.000 Haushalte in Einfamilienhäusern (Wohngebäude mit einer Wohneinheit), die sich wie folgt aufteilen: 186.000 Haushalte mit einer Person (= 17,10 %), 412.000 Haushalte mit zwei Personen (= 37,87 %), 183.000 Haushalte mit drei Personen (= 16,2 %), 217.000 Haushalte mit vier Personen (= 19,94 %) sowie 90.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen (= 8,27 %). Auch die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof (Urteil vom 02.09.2009, aaO) ermittelten Daten für das Land Hessen zeigen eine in etwa vergleichbare Verteilung der Haushaltsgrößen in Einfamilienhäusern; danach werden Einfamilienhäuser in 19,22 % von Haushalten mit einer Person, in 40,28 % von Haushalten mit zwei Personen, in 17,57 % von Haushalten mit drei Personen, in 16,72 % von Haushalten mit vier Personen und in 6,21 % der Fälle von Haushalten mit fünf und mehr Personen bewohnt.
31 
Diese für die Länder Baden-Württemberg und Hessen erhobenen Daten bestätigen eindrucksvoll, dass generell von einer Homogenität der Haushaltsgröße auch für den Bereich von Einfamilienhäusern nicht gesprochen werden kann. Diese Aussage kann auch ohne weiteres auf das Gemeindegebiet der Beklagten übertragen werden. Dafür, dass sich im Gemeindegebiet der Beklagten die Verhältnisse nennenswert anders darstellen, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Auch die Beklagte hat in dieser Richtung nichts vorgetragen.
32 
Vor diesem Hintergrund ergibt sich, dass bereits im Bereich der Einfamilienhäuser durch die Streuung der Haushaltsgrößen ein stark unterschiedlicher Frischwasserverbrauch festzustellen ist, der bei ansonsten gleichen Verhältnissen zu gravierenden Unterschieden bei der Höhe der veranlagten Gebühren für den Anteil der Kosten der Niederschlagswasserentsorgung führt. Wird ein Einfamilienhaus von einer Einzelperson bewohnt, entfällt auf dieses Grundstück nach der Gebührensatzung der Beklagten für das Jahr 1999 bei einem durchschnittlich angenommenen Jahresfrischwasserverbrauch von 40 m 3 und einem Gebührensatz von 4,20 DM eine Abwassergebühr von 168,-- DM. Wird das gleiche Einfamilienhaus dagegen von einem Vier-Personen-Haushalt bewohnt, entfällt auf das Grundstück - trotz derselben versiegelten Fläche - bei einem unterstellten Jahresfrischwasserverbrauch von wiederum 40 m 3 je Person eine Abwassergebühr von 672,-- DM. Unterstellt man ferner einen Anteil von lediglich 25 % der Gesamtkosten für die Niederschlagswasserentsorgung (vgl. Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %) und geht damit bei einer Abwassergesamtgebühr von 4,20 DM je Kubikmeter von einem Anteil für die Beseitigung des Niederschlagswassers von 1,05 DM je Kubikmeter aus, so zahlt der Ein-Personen-Haushalt dafür 42,-- DM, der Vier-Personen-Haushalt bei gleicher Versiegelungsfläche dagegen 168,-- DM. Das hier aufgeführte Beispiel zeigt, dass selbst dann, wenn nur die Nutzung eines Einfamilienhauses mit vergleichbarem Umfang an Grundstücksversiegelung in den Blick genommen wird, unter anderem Familien mit Kindern gegenüber Einzelpersonen/Kleinhaushalten zu erheblich höheren Gebühren herangezogen werden, obwohl die zu beseitigende Niederschlagswassermenge in etwa gleich ist.
33 
Die dargestellte Uneinheitlichkeit der Haushaltsgrößen und damit die unterschiedliche Nutzungsintensität gilt auch für Zweifamilienhäuser. Nach den Daten des Baden-Württembergischen Landesamtes für Statistik (Mikrozensus 2006) teilen sich die Haushaltsgrößen in den 503.000 Wohngebäuden mit zwei Wohneinheiten wie folgt auf: 134.000 Haushalte mit einer Person, 195.000 Haushalte mit zwei Personen, 68.000 Haushalte mit drei Personen, 77.000 Haushalte mit vier Personen sowie 29.000 Haushalte mit fünf und mehr Personen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass sich die versiegelte Fläche bei Zweifamilienhäusern im Vergleich zu Einfamilienhäusern nach allgemeiner Lebenserfahrung zwar erhöht, aufgrund der Kubatur von Zweifamilienhäusern allerdings keine entsprechende Verdoppelung der versiegelten Flächen angenommen werden kann.
34 
b) Die Anwendung des einheitlichen Frischwassermaßstabs für die Verteilung der Niederschlagswasserentsorgungskosten kann im Fall der Beklagten auch nicht damit gerechtfertigt werden, dass sowohl nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als auch nach der des erkennenden Senats eine Differenzierung der Kosten für die Entsorgung des Schmutzwassers und des Niederschlagswassers nicht erforderlich ist, wenn die durch die Gebühren zu deckenden Kosten der Niederschlagswasserentsorgung nur gering sind. Als geringfügig in diesem Sinne sehen das Bundesverwaltungsgericht (Beschlüsse vom 12.06.1972 und vom 25.03.1985, aaO) sowie der erkennende Senat (Urteil vom 27.10.1993, aaO) diese Kosten dann an, wenn ihr Anteil an den Kosten der gesamten Entwässerung nicht mehr als 12 % beträgt.
35 
Nach den Veröffentlichungen in der Fachliteratur ist von den gesamten Abwasserentsorgungskosten regelmäßig ein Anteil von 25 % und mehr für die Niederschlagswasserentsorgung zu veranschlagen (vgl. etwa Dudey/Jacobi, GemHH 2005, 83 - niedrigster Anteil 25 %, Mittelwert 41 %; Hennebrüder, KStZ 2007, 184 - unter Bezugnahme auf Untersuchungen des Gutachters Prof. Dr. Pecher, wonach der Anteil in der Regel zwischen 35 % und 45 % liegt). Darüber hinaus hat auch die Beklagte im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür genannt, dass der Anteil der Kosten für die Niederschlagswasserbeseitigung in ihrem Gebiet noch als geringfügig im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzusehen ist.
36 
3. Für die Gemeinden hat dies zur Konsequenz, dass - von wenigen, wohl nur theoretisch denkbaren Ausnahmen abgesehen - statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben erhoben werden muss (gesplittete Abwassergebühr). Ein unverhältnismäßiger und damit nicht mehr zu vertretender finanzieller Kostenaufwand ist damit nicht verbunden (ebenso Hess. VGH, Urteil vom 02.09.2009, aaO; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.12.2007, aaO). So besteht für die Beklagte insbesondere die Möglichkeit, die an die Abwasseranlage angeschlossenen versiegelten Flächen im Rahmen einer Selbstveranlagung der Gebührenschuldner zu ermitteln und sich auf eine stichprobenweise Überprüfung zu beschränken.
37 
In diesem Zusammenhang ist ferner anzumerken, dass die Kosten für die Erstellung der Gebührenkalkulation durch ein von der Gemeinde beauftragtes Beratungsbüro oder einen anderen Dritten einschließlich der Kosten der dafür notwendigen Vorarbeiten Teil der nach § 14 Abs. 1 Satz 1 KAG ansatzfähigen Kosten sind. Zu den nach dieser Vorschrift gebührenfähigen Kosten gehören zwar nur die „Kosten der Einrichtung“, d.h. Kosten, die durch die Leistungserstellung der Gemeinde verursacht worden sind oder für solche Neben- und Zusatzleistungen entstanden sind, die mit der eigentlichen Leistungserstellung in einem ausreichend engen Sachzusammenhang stehen. Auch ist nicht zu übersehen, dass die Erstellung der Gebührenkalkulation mit der eigentlichen Leistung, die durch die öffentliche Einrichtung erbracht wird, nur in einem mittelbaren Zusammenhang steht. Die Rechtfertigung für eine Abwälzung der dadurch entstehenden Kosten auf sämtliche Gebührenschuldner ergibt sich jedoch aus der Überlegung, dass es sich dabei um für die Realisierung des Gebührenanspruchs der Gemeinde notwendige Kosten handelt. Denn das durch die Benutzung der öffentlichen Einrichtung seitens des Bürgers eingeleitete Austauschverhältnis kann grundsätzlich nur dann korrekt abgewickelt werden, wenn die Gemeinde den Satz der für die Benutzung zu entrichtenden Gebühren auf der Grundlage einer Gebührenkalkulation in ihrer Satzung festlegt (in dieser Richtung bereits das Normenkontrollurteil des Senats vom 13.05.1997 - 2 S 3246/94 - BWGZ 1997, 890; ebenso VG Freiburg, Urteil vom 10.12.2003 - 7 K 420/02 - Juris; Lichtenfeld in Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2009, § 6 RdNr. 733a, S. 473). An der in seinem Normenkontrollbeschluss vom 27.02.1996 - 2 S 1407/94 - (NVwZ-RR 1996, 593) beiläufig geäußerten Auffassung, dass die Kosten für die Erstellung der erforderlichen Gebührenkalkulation nicht zu den auf die Gebührenschuldner abwälzbaren Kosten der Einrichtung gehörten, hält der Senat deshalb nicht fest.
38 
4. Ob die Satzung der Beklagten vom 09.11.2006 auch deshalb zu beanstanden ist, weil die Beklagte in die dieser Satzung zugrunde liegende Gebührenkalkulation Unterdeckungen aus den Jahren 1994 und 1995 eingestellt hat, deren Berechnung - wie zwischen den Beteiligten unstreitig ist - auf einem zu niedrigen Ansatz des Straßenentwässerungsanteils beruht, bedarf danach keiner Entscheidung. Im Hinblick auf die der Beklagten offenstehende Möglichkeit, die aus den oben genannten Gründen nichtige Satzung vom 09.11.2006 rückwirkend durch eine neue Satzung zu ersetzen, die statt einer einheitlichen Abwassergebühr eine Schmutzwasser- und eine Niederschlagswassergebühr mit unterschiedlichen Gebührenmaßstäben vorsieht, sowie im Hinblick auf künftige Streitfälle zwischen den Beteiligten sieht sich der Senat jedoch zu den folgenden, diese Frage betreffenden Bemerkungen veranlasst.
39 
a) Zu der bis zum 31.03.2005 geltenden Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F., die thematisch der heutigen Regelung in § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG entspricht, hat der Senat in seinem Urteil vom 27.01.2003 - 2 S 2587/00 - (VBlBW 2003, 322) entschieden, die Vorschrift beziehe sich lediglich auf Über- und Unterdeckungen, die sich am Ende eines Bemessungszeitraums auf Grund eines Abgleichs der Einnahmen und Ausgaben - ungeachtet der methodischen Richtigkeit oder Unrichtigkeit der Gebührenkalkulation - ergäben. Nicht unter § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. fielen dagegen - schon seinem Wortlaut nach - solche Über- und Unterdeckungen, die sich aus der nachträglichen Feststellung überhöhter Gebührensatzregelungen ergäben. An dieser Auffassung hält der Senat weiterhin fest.
40 
§ 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. wurde 1986 auf Empfehlung des Innenausschusses in das Kommunalabgabengesetz eingefügt. Wie sich aus dem Bericht des Innenausschusses (LT-Drs. 9/3305, S. 10) ergibt, hat sich der Gesetzgeber dabei von der Überlegung leiten lassen, dass eine Gebührenkalkulation nur prognostischen Charakter haben kann und dementsprechend immer mit bestimmten Unsicherheiten verbunden ist. Die in die Kalkulation eingestellten Annahmen über die voraussichtlich entstehenden Kosten der Einrichtung und den voraussichtlichen Umfang ihrer Benutzung werden deshalb kaum einmal mit den tatsächlich entstehenden Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung übereinstimmen. Etwaige sich daraus ergebende Kostenüberdeckungen sollte die Gemeinde nach dem Willen des Landesgesetzgebers nicht für sich behalten dürfen, sondern innerhalb der nächsten fünf Jahre an die Gebührenschuldner zurückgeben müssen. Die Gemeinde sollte aber umgekehrt auch das Recht erhalten, sich aus den genannten Abweichungen ergebende Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums durch eine entsprechende Erhöhung der Gebühren ausgleichen zu dürfen.
41 
Eine Korrektur fehlerhafter Kalkulationen ist danach von § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. nicht bezweckt. Die Vorschrift ist vielmehr einschränkend dahin auszulegen, dass sie nur für solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen gilt, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, d.h. daraus dass die geschätzten Kosten der Einrichtung und der geschätzte Umfang ihrer Benutzung von den tatsächlichen Kosten und dem tatsächlichen Umfang der Benutzung abweichen. § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. bezieht sich dagegen nicht auf solche Kostenüberdeckungen, die sich daraus ergeben, dass in die Kalkulation Kosten eingestellt wurden, die nicht oder nicht in dieser Höhe ansatzfähig sind. Die Vorschrift erlaubt umgekehrt aber auch keinen Ausgleich von Kostenunterdeckungen, die daraus folgen, dass bestimmte ansatzfähige Kosten in die Kalkulation überhaupt nicht oder nicht in der gesetzlich zulässigen Höhe eingestellt worden sind.
42 
b) Das Gesetz zur Neuregelung des kommunalen Abgabenrechts und zur Änderung des Naturschutzgesetzes vom 17.03.2005 hat an dieser Rechtslage nichts geändert. Der an die Stelle des § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a.F. getretene § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 legt wie sein Vorgänger fest, dass Kostenüberdeckungen innerhalb von fünf Jahren ausgeglichen werden müssen und Kostenunterdeckungen innerhalb des gleichen Zeitraums ausgeglichen werden können. § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 stellt darüber hinaus klar, wie Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen zu bestimmen sind, nämlich - so die damalige Fassung dieser Vorschrift - durch einen Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „Gesamtkosten“. Dass über diese Klarstellung hinaus auch eine Änderung der bis dahin geltenden und durch das Urteil des Senats vom 27.01.2003 verdeutlichten Rechtslage beabsichtigt war, kann weder dem Wortlaut der Vorschrift noch der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 13/3966, S. 47) entnommen werden.
43 
c) Die durch das Gesetz vom 09.05.2009 erfolgte Änderung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2005 nötigt dagegen für die Zeit ab dem Inkrafttreten dieser Änderung zu einer Korrektur der bisherigen Rechtsprechung des Senats. Nach der Neufassung der Vorschrift ist nunmehr zur Feststellung von Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen ein Vergleich zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen am Ende des Bemessungszeitraums und der Summe der in diesem Zeitraum angefallenen „ansatzfähigen Gesamtkosten“ vorzunehmen. Die zu § 9 Abs. 2 Satz 4 KAG a. F. vertretene Auffassung, dass diese Regelung nicht die Korrektur fehlerhafter Gebührenkalkulationen bezwecke, sondern sich nur auf solche Kostenunter- und Kostenüberdeckungen beziehe, die aus „Prognoseirrtümern“ resultieren, kann angesichts des geänderten Wortlauts auf § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 nicht übertragen werden. Die sich aus einem solchen Verständnis der Vorschrift ergebende Konsequenz ist, dass unter der Geltung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 beschlossene Gebührensatzungen durch in der Vergangenheit unterlaufene und unter Umständen lange zurückliegende Fehler bei früheren Gebührenkalkulationen infiziert werden können. Durch die in § 49 Abs. 2 KAG getroffene Anordnung, nach der § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 auch auf früher entstandene Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen Anwendung findet, verschärfen sich die damit verbundenen Probleme. Ob der Gesetzgeber sich dieser Konsequenz bewusst war, die seinen in anderer Hinsicht unternommenen Bestrebungen zuwiderläuft, die Bestandskraft von Abgabensatzungen im Interesse der Rechtssicherheit zu erhöhen, lässt sich bezweifeln. Der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 14/4002, S. 70) kann dazu jedenfalls nichts entnommen werden. Das enthebt den Senat jedoch nicht der Verpflichtung, sich bei der Auslegung des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 in erster Linie an dessen Wortlaut zu halten.
44 
d) Für den vorliegenden Fall bedeutet das, dass die Beklagte bei einem etwaigen, von ihr für erforderlich gehaltenen Neuerlass einer Satzung für das Jahr 1999 die Gebühren unter Berücksichtigung der geänderten Vorgaben des § 14 Abs. 2 Satz 2 KAG 2009 zu kalkulieren hat. Ob es in den vor 1999 liegenden fünf Jahren zu dabei berücksichtigungsfähigen Kostenunterdeckungen gekommen ist, ist somit an Hand eines Vergleichs zwischen dem tatsächlichen Gebührenaufkommen in dem jeweiligen Jahr und der Summe der in diesem Jahr angefallenen ansatzfähigen Gesamtkosten festzustellen. Der in den Gebührenkalkulationen für die Jahre 1994 und 1995 fehlerhaft angesetzte Straßenentwässerungsanteil ist danach entsprechend zu korrigieren.
45 
Für die Nachkalkulation darf schließlich noch an die Entscheidung des Senats vom 15.02.2008 - 2 S 2559/05 - (VBlBW 2008, 350) erinnert werden. Danach ist der Ausgleich einer Kostenunterdeckung nach Ablauf der Fünfjahresfrist auch dann ausgeschlossen, wenn diese überhaupt (oder mit einem höheren Betrag) erst nach Ablauf des zitierten Zeitraums erkannt wird. Der Ablauf der Fünfjahresfrist schafft für die Gemeinde und die Gebührenpflichtigen Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Spätere Nachholungen sind ausgeschlossen, der entstandene Fehlbetrag ist dann endgültig aus allgemeinen Deckungsmitteln zu finanzieren. Diese Ausführungen gelten auch für den Ausgleich von Überdeckungen; nach Ablauf von fünf Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraums sind nicht abgewickelte Überdeckungen nicht mehr zu berücksichtigen (so auch: Giebler, KStZ 2007, 167, 172).
46 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
47 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
48 
Beschluss
49 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 130,99 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
50 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Neufassung der Satzungsbestimmung über die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe bei der Antragsgegnerin. Kernpunkt seiner Beanstandungen ist die Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes zum 01.01.2014 von 9 % auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres.
Die Antragsgegnerin ist eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts und die berufsständische Versorgungseinrichtung der Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte.
Nach Vorbereitung im Verwaltungsrat sowie Behandlung im Satzungsausschuss beschloss die Vertreterversammlung der Antragsgegnerin am 23.10.2013 die Änderungssatzung, mit der der allgemeine Abgabensatz angehoben wurde. Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien, Frauen und Senioren Baden-Württemberg genehmigte diese am 26.11.2013. Die Präsidentin der Versorgungsanstalt sowie der Vorsitzende der Vertreterversammlung fertigten sie am 04.12.2013 aus. Die Bekanntmachung der Änderungssatzung erfolgte im Staatsanzeiger für Baden-Württemberg Nr. 48 vom 06.12.2013.
Seither hat die im Streit stehende Vorschrift über die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe folgende Fassung:
§ 23 Versorgungsabgabe (Höhe)
(1) Die jährliche Versorgungsabgabe der Teilnehmer ist 12 v.H. der auf Tausendeurobeträge abgerundeten Summe ihrer Einkünfte (i.S. des Einkommensteuerrechts) des vorletzten Jahres
a) aus selbständiger und unselbständiger Berufstätigkeit,
b) aus Kapitalvermögen, soweit die Einkünfte aus Kapitalgesellschaften erzielt werden, deren Zweck auch darauf gerichtet ist, ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Leistungen zu erbringen,
c) aus Gewerbebetrieb, soweit hieraus auch ärztliche, zahnärztliche oder tierärztliche Leistungen erbracht werden.
(2) Die jährliche Versorgungsabgabe ist jedoch
a) mindestens 20 v.H. der Durchschnittsabgabe; für die nach § 6 Abs.1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VI befreiten Teilnehmer mindestens die nach dem SGB VI geltenden Beiträge (Mindestabgabe),
b) höchstens das 1,7fache der Durchschnittsabgabe, aber nicht mehr als das Fünfzehnfache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der Deutschen Rentenversicherung ergeben würden (Höchstabgabe),
c) während des Wehr- oder Zivildienstes, der Arbeitslosigkeit oder der Elternzeit der höchste Pflichtbeitrag zur Deutschen Rentenversicherung, höchstens aber der Betrag, der von dritter Seite gewährt wird; wird darüber hinaus der Beruf ausgeübt, gelten die übrigen Abgaberegelungen.
10 
(3) Solange Teilnehmer in der Deutschen Rentenversicherung nach § 5 Abs. 1 SGB VI versicherungsfrei oder ohne Berufsausübung sind, wird die Versorgungsabgabe auf Antrag auf 10 v.H. der Durchschnittsabgabe herabgesetzt. Das gleiche gilt für freiwillige Teilnehmer, die den Beruf außerhalb der Bundesrepublik Deutschland ausüben und dort Pflichtmitglieder eines auf Gesetz beruhenden Alterssicherungssystems sind.
11 
(4) Auf Antrag wird dem Teilnehmer jeweils für ein Geschäftsjahr
12 
a) gestattet, neben Versorgungsabgaben, die aufgrund der Abgabepflicht entrichtet sind, zusätzlich Abgaben bis zu 20 v.H. der jährlichen Pflichtabgabe zu entrichten. Zuzahlungen können auch über die Grenze von 20 v.H. der Pflichtabgabe hinaus geleistet werden, soweit Pflichtabgabe und zusätzliche Abgaben den jährlichen Höchstbeitrag zur Deutschen Rentenversicherung nicht übersteigen, nicht jedoch für Jahre, in denen der Teilnehmer das 57. Lebensjahr bereits vollendet hat;
b) die Versorgungsabgabe für die 24 der erstmaligen Niederlassung folgenden Monate auf 20 v.H. der Durchschnittsabgabe herabgesetzt, solange der Teilnehmer ausschließlich selbständig tätig ist. Der Antrag muss bis zum 30. Juni des auf das Geschäftsjahr folgenden Jahres gestellt sein.
13 
(5) Als jährliche Durchschnittsabgabe gilt das 0,172fache des Betrages, der die jährliche Beitragsbemessungsgrenze in der Deutschen Rentenversicherung bildet. Die Durchschnittsabgabe wird auf den nächsten durch zwölf teilbaren Eurobetrag aufgerundet.
14 
Der im Jahre 1968 geborene Antragsteller ist Facharzt für Innere Medizin, derzeit als Angestellter in einem Krankenhaus tätig und seit dem 01.08.2012 Pflichtteilnehmer bei der Antragsgegnerin. Im Jahre 2013 hatte er gemäß Versorgungsabgabe-Bescheid vom 01.02.2013 eine Versorgungsabgabe von 1.515,-- EUR monatlich zu entrichten. Mit Versorgungsabgabe-Bescheid vom 06.12.2013 wurde ihm mitgeteilt, dass die Versorgungsabgabe - bei gleicher Höhe der Berufseinkünfte wie zuvor - ab 01.01.2014 1.740,80 EUR betrage. Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und vertrat die Auffassung, es könne „nicht angehen, eine Prämie um satte 14,9 % anzuheben“. Das sei unlauter. Man müsse sich fragen, wie bisher die Rechnungen durchgeführt worden seien. Es lasse sich nur ableiten, dass die Rente „nicht sicher“ sei.
15 
Aufgrund der vom Antragsteller am 27.01.2014 in geringerer Höhe mitgeteilten Berufseinkünfte im Jahr 2012 erließ die Antragsgegnerin am 31.01.2014 einen neuen Versorgungsabgabe-Bescheid für das Jahr 2014, wonach die Versorgungsabgabe monatlich (nur noch) 1.280,-- EUR betrug.
16 
Mit Anwaltsschreiben vom 03.06.2014 ließ der Antragsteller seinen Widerspruch weiter damit begründen, der Steigerung seiner Versorgungsabgabe um 14,9 % stehe kein erheblicher Mehrwert gegenüber. Nach den Arbeitsgrundlagen der Antragsgegnerin zur Änderung des § 23 der Satzung steige der Versorgungsgrad in seiner Altersgruppe nur geringfügig, in seiner Einkommensgruppe sinke der Versorgungsgrad erheblich. Damit erfolge einseitig eine Belastung der höheren Einkommen zugunsten der niedrigen Einkommen. Dies möge einem sozialen Gedanken entsprechen, sei jedoch nicht verhältnismäßig. Den Arbeitsunterlagen könne entnommen werden, dass bei der vor dem 01.01.2014 geltenden Regelung zwar der Versorgungsgrad allgemein niedriger sei, jedoch über die Einkommensgruppen ein wesentlich homogenerer Verlauf erzielt werden könne, wohingegen nach der Änderung bei den höheren Einkommensgruppen ein deutlicher Einbruch zu verzeichnen sei. Gleiches gelte für das Verhältnis des Bruttoeinkommens zur Nettorente. Insofern müsse hier eine erhebliche Ungleichbehandlung zwischen den Einkommensgruppen konstatiert werden. Mit der Satzungsänderung werde eine erhöhte Arbeitsleistung und/oder Verantwortung des Einzelnen, die zu einem erhöhten Einkommen führe, abgestraft. Diese Ungleichbehandlung verschiedener Einkommensgruppen sei nicht gerechtfertigt, da die Satzungsänderung den eigenen Arbeitsgrundlagen der Antragsgegnerin zufolge dem Ziel der Sicherung des Versorgungsauftrages nicht diene. Weiterhin sehe § 23 Abs. 2 lit. b der Satzung vor, dass die Versorgungsabgabe auf nun das 1,7-fache der Durchschnittsabgabe begrenzt werde. Dieser Wert erscheine willkürlich, ebenso wie auch sonst die festgesetzte Höchstabgabe.
17 
Mit Schreiben vom 10.06.2014 teilte die Antragsgegnerin dem Bevollmächtigten des Antragstellers mit, dass gegen den neuen Versorgungsabgabe-Bescheid vom 31.01.2014 kein Widerspruch erhoben worden sei, so dass dieser bestandskräftig geworden sei.
18 
Am 24.10.2014 hat der Antragsteller den vorliegenden Normenkontrollantrag gestellt. Zur Begründung trägt er vor, die Anhebung des Abgabensatzes von 9 % auf 12 % sei überzogen und verletze ihn deshalb in seinen Grundrechten aus Art. 3 und Art. 12 GG. Die Begründung der Antragsgegnerin für die Satzungsänderung, dass durch die Erhöhung der steuerliche Sonderausgabenabzug von ihren Teilnehmern jeweils mehr ausgeschöpft werde und der individuelle Netto-Rentenanspruch im Verhältnis zur Mehrbelastung durch den höheren Abgabensatz überproportional gesteigert werde, sei nicht nachvollziehbar. Die Antragsgegnerin sei wohl das einzige ärztliche Versorgungswerk, das von seinen Teilnehmern einen Pflichtbeitrag deutlich über dem Rentenversicherungshöchstbeitrag verlange. Zudem sei der Beitrag, zumindest bei den selbständigen Teilnehmern, nicht an den Rentenversicherungshöchstbeitrag gekoppelt. Die alleinige Orientierung des Beitrages am Einkommen verstoße gegen den Gleichheitssatz, da das Verhältnis zu dem in Aussicht stehenden Vorteil nicht mehr angemessen sei. Soweit die Antragsgegnerin aufgrund der Erhöhung der Beiträge eine bis zu 20-prozentige Steigerung der Rentenleistungen erwarte, erscheine das unseriös. Die Abgabenerhebung stelle eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung (gegenüber anderen Teilnehmern an der Versorgung der Antragsgegnerin) und eine Einschränkung der Wahl des Berufsausübungsortes dar. Die Antragsgegnerin finanziere sich nach eigenen Angaben durch ein offenes Deckungsplanverfahren, bei dem die Deckung durch Kapitalbildung 40 % und die durch Umlage 60 % betrage. Mithin stelle die Verzinsung eine wichtige Säule dar, die jedoch aufgrund der allgemeinen Situation am Kapitalmarkt Schwächen zeige. Da für die Zukunft demografische Probleme zu erwarten seien, sei nicht auszuschließen, dass die Abgabenerhöhung der Kompensation dieser Probleme diene, wobei aber der soziale Gedanke überspannt werde.
19 
Der Antragsteller beantragt,
20 
§ 23 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin in der Fassung vom 23.10.2013 für unwirksam zu erklären.
21 
Die Antragsgegnerin beantragt,
22 
den Antrag abzuweisen.
23 
Sie verteidigt die angegriffene Satzungsbestimmung und trägt vor, ergänzend zu der Erhöhung der Versorgungsabgabe seien die Zuzahlungsgrenze angehoben sowie die Höchstabgabe abgesenkt worden. Maßgeblich geprägt sei die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes durch die Umfeldbedingungen. Hierzu gehöre unter anderem das Einkommensteuerrecht. Dieses habe bis zum 31.12.2004 die Ertragsanteilsbesteuerung vorgesehen. Das bedeute, dass die Beiträge zur Versorgungsanstalt ganz überwiegend aus voll versteuertem Einkommen entrichtet worden seien, weil der Freibetrag vordringlich durch die Beiträge zur Krankenvorsorge aufgebraucht worden sei. Andererseits seien die Versorgungsleistungen aufgrund von Freibeträgen weitaus überwiegend steuerfrei geblieben. Die Ertragsanteilsbesteuerung sei im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes zum 01.01.2005 durch die nachgelagerte Besteuerung ersetzt worden. Dieses völlig veränderte Umfeld habe zu Überlegungen geführt, ob der allgemeine Abgabensatz von 9 % der Berufseinkünfte noch den Versorgungsauftrag erfülle, den § 2 VersAnstG statuiere. Denn Jahr für Jahr, zunehmend bis zum Jahr 2040, wachse die Differenz zwischen Brutto- und Netto-Versorgungsleistungen der Versorgungsanstalt an. Sie habe anlässlich der Satzungsänderungen umfangreiche Berechnungen erstellen lassen, wie sich eine eventuelle Erhöhung des Abgabensatzes für unterschiedliche Jahrgänge bei unterschiedlichen Abgabensätzen und unterschiedlichen Einnahmen auswirke. Daraus lasse sich die Sinnhaftigkeit der Regelung eindeutig ableiten.
24 
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die beigezogenen Akten der Antragsgegnerin sowie die Akten des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
25 
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
26 
Der Antrag ist zulässig.
27 
1. Bei der angefochtenen Satzungsbestimmung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift der Antragsgegnerin (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), gegen die nach § 4 AGVwGO in Baden-Württemberg die Normenkontrolle statthaft ist. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 24.10.2014 und damit innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Änderungssatzung (06.12.2013) gestellt wurde.
28 
2. Der Antragsteller ist antragsbefugt.
29 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014 - 9 S 2333/12 -, juris, m.w.N.).
30 
Der Antragsteller wendet sich als Arzt und Pflichtteilnehmer der Antragsgegnerin gegen die Satzungsbestimmung über die Höhe der Versorgungsabgabe. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift belastet den Antragsteller, weil sie festlegt, in welcher Höhe er zur Leistung der Versorgungsabgabe verpflichtet ist. Sie wirkt sich auch aktuell aus, weil der Antragsteller sie bereits seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 2014 und auch gegenwärtig zu beachten hat.
II.
31 
Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift ist von einer ordnungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage gedeckt (1.) und weder in formell-rechtlicher (2.) noch in materiell-rechtlicher (3.) Hinsicht zu beanstanden.
32 
1. Ermächtigungsgrundlage für die in § 23 Abs. 1 der Satzung enthaltene Regelung ist § 11 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Versorgungsanstaltsgesetz - VersAnstG). Danach werden die Verhältnisse der Antragsgegnerin, soweit sie nicht gesetzlich geregelt sind, durch die Satzung geregelt. Nach § 2 VersAnstG gewährt die Antragsgegnerin den Teilnehmern und ihren Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VersAnstG sind die Teilnehmer zur Zahlung der satzungsmäßigen Beiträge verpflichtet. Dem ist zu entnehmen, dass die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe ein möglicher (und gebotener) Inhalt der Satzung ist.
33 
2. Formellen Bedenken ist die Regelung nicht unterworfen. Die Vertreterversammlung der Antragsgegnerin war gemäß § 4 Abs. 4 VersAnstG das zum Erlass der Änderungssatzung zuständige Organ. Mängel des Verfahrens der Normsetzung sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem in § 13 Abs. 2 Nr. 1 VersAnstG normierten Genehmigungserfordernis wurde durch die ministerielle Genehmigung vom 26.11.2013 genügt. Die Satzungsänderung wurde den Vorgaben aus § 11 Satz 2, § 12 VersAnstG entsprechend im Staatsanzeiger bekannt gemacht.
34 
3. Die angegriffene Satzungsbestimmung ist auch in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. § 23 Abs. 1 der Satzung steht mit dem Grundrecht der Normadressaten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang (a). Auch sonst ist die Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar (b).
35 
a) Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich nicht feststellen.
36 
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Pflichtversorgung für Angehörige freier Berufe als solche ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001, 1590), des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 04.04.1989 - 1 BvR 685/88 -, NJW 1990, 1653, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134) wie auch des erkennenden Senats (Beschluss vom 17.01.2012 - 9 S 1817/11 -; Urteil vom 16.11.1999 - 9 S 2176/98 -; DVBl. 2000, 1064) geklärt. Die Pflichtmitgliedschaft bezweckt die Pflichtversorgung der Ärzte und dient durch deren wirtschaftliche Absicherung der Erhaltung eines leistungsfähigen Berufsstandes. Sie ermöglicht es zugleich, dass die Ärzte bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus der aktiven Berufstätigkeit ausscheiden und der nachfolgenden Generation Platz machen. Damit verfolgt die Pflichtmitgliedschaft legitime Zwecke und ihre Anordnung hält sich innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Ein Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung ist auch die finanzielle Stabilität des Versorgungsträgers. Maßnahmen, die ihr zu dienen bestimmt sind, können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie für die Betroffenen zu fühlbaren Einschränkungen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 449/82 u.a. -, BVerfGE 70, 1, 30; BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007 - 6 B 40.07 -, juris; siehe ferner BVerwG, Urteil vom 12.12.2013 - 3 C 17.13 -, BVerwGE 148, 344; NdSOVG, Beschluss vom 17.06.2015 - 8 LA 16/15 -, juris).
37 
Vorschriften, welche die Höhe der Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken betreffen, sind am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, zu messen. Art. 12 Abs. 1 GG ist vorrangig als Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung der Zulässigkeit einer an die Berufstätigkeit anknüpfenden finanziellen Last heranzuziehen. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist, wie aus der Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz sowie Berufsausübung folgt, umfassend. Andererseits schützt das Grundrecht aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die berufliche Tätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt erst dann vor, wenn die Norm, auf die eine sich auf die Berufstätigkeit auswirkende Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat. Dazu muss sie nicht die Berufstätigkeit unmittelbar betreffen. Der Berufsbezug kann auch gegeben sein, wenn eine Norm die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung gestaltet. Das gilt namentlich für normativ auferlegte Geldleistungspflichten. Sie berühren Art. 12 Abs. 1 GG dann, wenn sie infolge ihrer Ausgestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.; unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 302, m.w.N.). So liegt der Fall hier.
38 
Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG müssen mit je nach ihrer Wirkung unterschiedlich wichtigen Gründen gerechtfertigt sein. Ansonsten verstoßen sie gegen das genannte Grundrecht. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit lassen sich grundsätzlich (schon) damit rechtfertigen, dass sie von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 - 8 CN 2.09 -, SächsVBl. 2011, 108; zum Recht der berufsständischen Versorgung der Notare). Kommt eine die Berufsausübung betreffende Regelung einer Berufswahlregelung nahe, kann sie nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls, sondern nur mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie den Vorrang vor der Berufsbehinderung verdienen (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1987 - 1 BvR 1086/82 u.a. -, BVerfGE 77, 84, 106). Dabei ist allerdings in jedem Fall die weite Gestaltungsfreiheit des Normgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung und dessen Einschätzungs- und Prognosevorrang zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
39 
Art. 12 Abs. 1 GG muss in seinem Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Er kann verletzt sein, wenn durch eine Berufsausübungsregelung, die im Ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte Gruppen typischer Fälle ohne zureichenden Grund wesentlich stärker als andere belastet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 17.10.1984 - 1 BvL 18/82 u.a. -, BVerfGE 68, 155, 173, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134). Aus einer typisierenden Regelung folgende geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten sind allerdings hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.11.1997, a.a.O.; siehe ferner BVerfG, Beschlüsse vom 02.07.1969 - 1 BvR 669/64 -, BVerfGE 26, 265, 275, und vom 15.10.1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39, 50).
40 
Liegt ein normativer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vor, entsprechen die dem Normgeber dafür gesetzten Grenzen im Ergebnis regelmäßig denjenigen aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.11.1982 - 1 BvL 16/75 und 36/79 -, BVerfGE 62, 256, 274, und vom 06.12.1988 - 1 BvL 5,6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218). Ein solcher Eingriff kann also, wenn er eine einer Berufswahlregelung nahe kommende Berufsausübungsregelung darstellt, nur mit Gründen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie die Berufsbehinderung rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
41 
Nach diesen Maßstäben ist bei der Regelung des § 23 Abs. 1 der Satzung von einer (lediglich) die Berufsausübung betreffenden Regelung auszugehen, die einer Berufswahlregelung nicht nahekommt und deshalb (bereits) mit vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann (aa). Die Vorschrift wird auch von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und erweist sich - nicht zuletzt unter Berücksichtigung der weiten Gestaltungsfreiheit und des Einschätzungs- und Prognosevorrangs der Antragsgegnerin als Satzungsgeberin auf dem Gebiet der Sozialordnung - als verhältnismäßig (bb).
42 
aa) Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres betrifft nicht die Berufswahl. Die Höhe des Abgabensatzes ist zwar von Bedeutung für die Ausübung des Arztberufes, stellt aber keine Berufszugangsregelung dar. Der Beruf des Arztes kann ungeachtet der Bestimmung weiterhin gewählt werden, wobei die Berufsaufnahme auch faktisch nicht ausgeschlossen wird. Es steht im vorliegenden Fall auch kein Mindestbeitrag in Rede, der einer Berufswahlregelung nahe kommen kann, wenn aufgrund seiner Gestaltung ein angemessenes Einkommen nicht zu erlangen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.). Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres ist damit nicht vergleichbar.
43 
bb) § 23 Abs. 1 der Satzung wird von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und ist verhältnismäßig.
44 
Die mit der Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres verfolgten vernünftigen Gemeinwohlerwägungen bestehen darin, dass die Antragsgegnerin damit den Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Alterseinkünftegesetz (BGBl. 2004 I S. 1427 ff.) Rechnung trug. Dies geschah in Übereinstimmung mit ihrer Aufgabe nach § 2 VersAnstG, ihren Teilnehmern und deren Hinterbliebenen Versorgung zu gewähren. Die Funktions- und Leistungsfähigkeit der berufsständischen Versorgung liegt auch im allgemeinen Interesse (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 10.07.2014 - 9 S 858/13 -, NJW-RR 2015, 312; HessVGH, Beschluss vom 27.07.2015 - 7 A 695/14.Z -, juris Rn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014 - 6 A 10959/13 -, juris).
45 
Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass das Einkommensteuerrecht bis zum 31.12.2004 die Ertragsanteilsbesteuerung vorsah. Das bedeutete, dass die Versorgungsabgabe an die Antragsgegnerin ganz überwiegend aus voll versteuertem Einkommen entrichtet wurde, weil der Freibetrag vordringlich durch die Beiträge zur Krankenvorsorge aufgebraucht wurde. Andererseits blieben die Versorgungsleistungen aufgrund von Freibeträgen weitaus überwiegend steuerfrei.
46 
Diese Ertragsanteilsbesteuerung wurde im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (vom 05.07.2004, BGBl. I S. 1427 ff.; mit späteren, hier nicht näher zu vertiefenden Änderungen) zum 01.01.2005 durch die nachgelagerte Besteuerung ersetzt. Danach werden nach Ablauf der Übergangsperiode die Beiträge zur ersten Säule der Alterssicherung (Gesetzliche Rentenversicherung, Berufsständische Versorgung, Altershilfe für Landwirte) als steuerlich abzugsfähige Sonderausgaben anerkannt, während die Versorgungsleistungen der Besteuerung unterworfen werden. Die Einführung der nachgelagerten Besteuerung ist mit langen Übergangsfristen versehen. Im Jahre 2005 begann die Abzugsfähigkeit der Beiträge bei 60 %. Sie steigerte sich im Laufe der folgenden Jahre bis zu einem Satz von 78 % im Jahre 2014. Im Jahre 2025 werden die Beiträge voll (bis zum jeweiligen Höchstbetrag) abzugsfähig gemacht. Demgegenüber steigt der Besteuerungsanteil der Renten von 50 % im Jahre 2005 auf 100 % im Jahre 2040. Maßgeblich ist das Kohortenprinzip. Dies bedeutet, dass der Besteuerungsanteil von dem Jahr abhängt, in dem der Teilnehmer erstmals eine Versorgungsleistung bezieht. Der Besteuerungsanteil beträgt bei Renteneintritt im Jahre 2014 68 %. Bei Rentenbeginn wird der prozentuale Freibetrag in einen Eurobetrag umgerechnet und gilt dann für die restliche Dauer des Rentenbezugs.
47 
Ziel des Gesetzgebers war es, eine steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen zu erreichen (BT-Drucks. 15/2150, S. 1, 22). Als tragendes Element der Neuordnung hat er alle Basisversorgungssysteme unterschiedslos der nachgelagerten Besteuerung unterworfen. Das Alterseinkünftegesetz enthält auf der Grundlage dieses Konzepts Neuregelungen sowohl für die Aufbauphase (vgl. insb. § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG) als auch für die Versorgungsphase (wie in § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a Doppelbuchstabe aa EStG). Diese Neuregelungen wurden mittlerweile vom Bundesverfassungsgericht für verfassungskonform erklärt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29.09.2015 - 2 BvR 2683/11 -, HFR 2016, 69, vom 30.09.2015 - 2 BvR 1066/10 -, HFR 2016, 72, sowie vom 30.09.2015 - 2 BvR 1961/10 -, NJW 2016, 469).
48 
Im Einzelnen wurde insbesondere durch Art. 1 Nr. 7 lit. a des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG dahingehend gefasst, dass Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, zu Sonderausgaben erklärt wurden. Zudem wurde durch Art. 1 Nr. 7 lit. c des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 3 EStG wie folgt neu gefasst:
49 
„(3) Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 sind bis zu 20 000 Euro zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag. Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 gehören oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten entspricht. Im Kalenderjahr 2005 sind 60 vom Hundert der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen. Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar. Der Vomhundertsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 vom-Hundert-Punkte je Kalenderjahr.“
50 
Dem korrespondiert nach Art. 1 Nr. 13 lit. a des Alterseinkünftegesetzes insbesondere folgende, die Besteuerung der Versorgungsleistungen betreffende Änderung des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG:
51 
„Zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften gehören auch
52 
a) Leibrenten und andere Leistungen,
53 
aa) die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Vomhundertsatz aus der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:
54 
Jahr des Rentenbeginns
Besteuerungsanteil in v.H.
bis 2005
50    
ab 2006
52    
2007   
54    
2008   
56    
2009   
58    
2010   
60    
2011   
62    
2012   
64    
2013   
66    
2014   
68    
2015   
70    
2016   
72    
2017   
74    
2018   
76    
2019   
78    
2020   
80    
2021   
81    
2022   
82    
2023   
83    
2024   
84    
2025   
85    
2026   
86    
2027   
87    
2028   
88    
2029   
89    
2030   
90    
2031   
91    
2032   
92    
2033   
93    
2034   
94    
2035   
95    
2036   
96    
2037   
97    
2038   
98    
2039   
99    
2040   
100     
55 
(…).“
56 
Auf der Basis dieser rechtlichen Situation hat die Antragsgegnerin plausibel dargestellt und auch mit Berechnungen belegt (vgl. insbesondere das Informationsblatt „VA-Aktuell 1/2013“ sowie die vorgelegte „Datenübersicht“), dass es für ihre Teilnehmer bei Betrachtung der Steuerlast grundsätzlich - zum Teil sogar beträchtlich - günstiger und damit dem Versorgungszweck dienlicher ist, erhöhte Einzahlungen in das Versorgungssystem vorzunehmen und dafür später - nach Erreichen der Altersgrenze beziehungsweise sonst bei einem Versorgungsfall - höhere Versorgungsleistungen zu erhalten, als die Einzahlungen auf einem niedrigeren Niveau zu belassen und dementsprechend später geringere Versorgungsleistungen beanspruchen zu können. Der Antragsteller hat weder die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Neuregelung als solche noch die einzelnen Berechnungen der Antragsgegnerin substantiiert in Frage gestellt. Sie unterliegen auch sonst keinen inhaltlichen oder rechtlichen Bedenken. Die vom Antragsteller als nicht nachvollziehbar bezeichnete Aussage, dass (grundsätzlich) durch die Erhöhung der Versorgungsabgabe der steuerliche Sonderausgabenabzug jeweils mehr ausgeschöpft werde und der individuelle Netto-Rentenanspruch im Verhältnis zur Mehrbelastung durch den höheren Abgabensatz überproportional gesteigert werde, erweist sich ohne Weiteres als zutreffend. Zu hinterfragen bleibt somit allein, ob die steuerlichen Vorteile, die bei der gesteigerten Altersvorsorge im Rahmen der Versorgungsanstalt zum Tragen kommen, ausreichen, um die Erhöhung des Abgabensatzes zu rechtfertigen. Auch dies ist indes vor dem Hintergrund der Gestaltungsfreiheit der Antragsgegnerin der Fall.
57 
Die Höhe der Versorgungsabgabe in der Neufassung von § 23 Abs. 1 der Satzung genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
58 
Die Anhebung des Abgabensatzes ist ein erforderliches Mittel, denn es ist kein ebenso geeignetes Mittel ersichtlich, um das angestrebte Ziel zu erreichen, nämlich ein angemessenes und den steuerlichen Rahmenbedingungen gerecht werdendes Versorgungsniveau der Teilnehmer. Sähe die Satzung der Antragsgegnerin lediglich eine niedrigere „Grundversorgung“ in Verbindung mit der Möglichkeit freiwilliger Zuzahlungen (vgl. dazu auch § 23 Abs. 4 der Satzung) vor, so wären die Teilnehmer nicht in gleichem Maße vor Versorgungslücken geschützt. Aufgrund der veränderten steuerlichen Rahmenbedingungen infolge des Alterseinkünftegesetzes (nachgelagerte Besteuerung) wäre für die Teilnehmer bei unverändertem Abgabensatz das Versorgungsniveau grundsätzlich gesunken. Hätte die Antragsgegnerin den Satz der verpflichtend zu leistenden Versorgungsabgabe nicht erhöht, so hätte es jedem einzelnen Teilnehmer oblegen, individuelle Überlegungen und Berechnungen zu seinen Einbußen anzustellen und diese nach eigenem Ermessen durch freiwillige Zuzahlungen zu kompensieren. Dies würde dem Versorgungsgedanken offensichtlich nicht in gleicher Weise gerecht werden wie die allgemeine Anhebung des Abgabensatzes. Diese Annahme findet ihre Bestätigung in den von der Antragsgegnerin geschilderten und vom Antragsteller nicht in Frage gestellten Erfahrungen mit der Inanspruchnahme freiwilliger Zuzahlungsmöglichkeiten. Danach waren die Zuzahlungen weit entfernt davon, die Freibeträge beim Sonderausgabenabzug auszuschöpfen beziehungsweise die durch die Besteuerung der Rente entstehende Lücke bei den Versorgungsleistungen auszugleichen.
59 
Die jetzige Höhe der Versorgungsabgabe ist mit 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres angesichts der zugleich vorgesehenen Höchstabgabe auch nicht unzumutbar.
60 
Soweit der Antragsteller meint, die alleinige Orientierung des Beitrages am Einkommen verstoße gegen den Gleichheitssatz, da das Verhältnis zu dem in Aussicht stehenden Vorteil nicht mehr angemessen sei und zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führe, überzeugt das nicht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist auch bei dem von der Antragsgegnerin angewandten offenen Deckungsplanverfahren in zentraler Weise an die Höhe der Einzahlungen gekoppelt, so dass keine Benachteiligung des Antragstellers gegenüber anderen Teilnehmern, die geringere Einzahlungen leisten, ersichtlich ist. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum gerade die Anhebung des Satzes der Versorgungsabgabe von 9 % auf 12 % etwas Anderes bewirken sollte. Zwar besteht beim offenen Deckungsplanverfahren keine exakte Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung jedes einzelnen Mitgliedes. Kennzeichnend für dieses zwischen dem reinen Kapitaldeckungsprinzip und dem Umlageverfahren angesiedelte Modell ist, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung sichergestellt wird, indem in der versicherungstechnischen Bilanz unter Einbeziehung der zu erwartenden Neuzugänge die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum vorhandenen Vermögen und den zu erwartenden Beiträgen gegenübergestellt werden. Es gibt infolge dessen (lediglich) eine Äquivalenz zwischen den Beiträgen und den Leistungen aller Mitglieder insgesamt („Gruppenäquivalenz“, vgl. Senatsurteil vom 01.09.2009 - 9 S 576/08 -, VBlBW 2010, 75; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005 - 6 C 3.05 -, NJW 2006, 711; Beschluss vom 17.12.2014 - 10 B 47.14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014, a.a.O.). Gleichwohl stehen die jeweils erworbenen Versorgungsanrechte in engem Zusammenhang mit den jeweils persönlich geleisteten Abgaben (vgl. die jeweilige „Abgaben- und Anrechteinformation“ an den Antragsteller, etwa vom 25.02.2013 und vom 24.02.2014; zu den unterschiedlichen Finanzierungstechniken von Versorgungseinrichtungen vgl. auch den Überblick bei Clade, DÄBl. 2014, A 832; https://www.aerzteblatt.de/archiv/159590/Aerzteversorgung-Umlage-versus-Kapitaldeckung).
61 
Für die Annahme, die Antragsgegnerin überspanne den sozialen Gedanken, indem sie mit der Beitragsanhebung die derzeit geringe Verzinsung am Kapitalmarkt und womöglich die Folgen demografischer Probleme kompensiere, gibt es - auch mit Blick auf die Angaben des Vertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zu der von dieser aktuell erwirtschafteten Rendite - keine greifbaren Anhaltspunkte. Im Übrigen treffen die dem demografischen Wandel geschuldeten Entwicklungen alle Versorgungssysteme in mehr oder weniger gleichem Umfang, ohne dass deshalb die Verfassungskonformität der Pflichtversicherungen in Frage gestellt werden könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.).
62 
Soweit der Antragsteller auf die Rechtslage bei anderen Versorgungswerken verweist, vermag das seinem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Normgeber nur in seinem Kompetenzbereich. Er ist deshalb nicht gehindert, bei seiner Rechtsetzung von Vorschriften anderer Normgeber abzuweichen, die diese für vergleichbare Sachverhalte in ihrem Kompetenzbereich erlassen haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 und 1300/93 -, BVerfGE 93, 319 351, und der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29.12.2004 - 1 BvR 113/03 -, NVwZ-RR 2005, 297, 298; BVerwG, Urteile vom 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, BVerwGE 96, 293, 301, und vom 25.07.2007 - 6 C 27.06 -, BVerwGE 129, 129). Vor diesem Hintergrund lässt sich hier aus den Unterschieden des § 23 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin im Vergleich zu den Satzungen anderer Versorgungswerke kein Schluss auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ziehen.
63 
b) Auch sonst bestehen gegen die Vorschrift des § 23 Abs. 1 der Satzung in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
64 
Ein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes liegt nicht vor. Der verfassungsrechtlich geforderte Vertrauensschutz geht nicht so weit, dass der Betroffene vor jeder nachteiligen Neuerung bewahrt werden muss. Gerade im Bereich der Altersvorsorge und des Sozialversicherungsrechts muss der Normgeber vielmehr aus Gründen des Allgemeinwohls auf veränderte Situationen zum Schutz der Solidargemeinschaft reagieren können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.1979 - 1 BvL 10/78 -, BVerfGE 51, 356, 363; Senatsurteil vom 01.09.2009, a.a.O.). Unter Berücksichtigung dessen ist die Neufassung der angegriffenen Satzungsbestimmung keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Auch der Antragsteller trägt hierzu nichts Konkretes vor.
65 
Es ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass wegen der in § 23 Abs. 2 lit. b der Satzung und an anderen Stellen vorgesehenen Parameter für die Höchstabgabe der Rahmen des normgeberischen Ermessens verlassen ist beziehungsweise dass diese zu unvertretbaren Ergebnissen führen.
66 
Schließlich lässt sich ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht feststellen. Zwar kommt Ansprüchen und Anwartschaften aus dem berufsständischen Versorgungsrecht ebenso wie derartigen Rechtspositionen des Sozialversicherungsrechts eigentumsrechtlicher Schutz zu, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005 - 1 BvR 368/97 - NJW 2005, 2213; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 27.02.2013 - 21 N 10.2960 -, juris; Urteil vom 27.02.2013 - 21 N 10.2966 -, juris; Beschluss vom 30.04.2015 - 21 N 14.1 -, juris; Urteil vom 30.04.2015 - 21 N 14.2 -, juris; NdSOVG, Urteil vom 12.06.2014 - 8 LC 130/12 -, NdsVBl 2015, 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.09.2012 - 17 A 2542/09 -, juris). Die Aushöhlung einer erworbenen Eigentumsstellung findet bei der vorgenommenen Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes von 9 % auf 12 % aber nicht statt.
III.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
68 
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht.
69 
Beschluss vom 14. April 2016
70 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG).
71 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
25 
Der Normenkontrollantrag des Antragstellers ist zulässig (I.), aber nicht begründet (II.).
I.
26 
Der Antrag ist zulässig.
27 
1. Bei der angefochtenen Satzungsbestimmung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift der Antragsgegnerin (§ 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO), gegen die nach § 4 AGVwGO in Baden-Württemberg die Normenkontrolle statthaft ist. Die Antragsfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist gewahrt, weil der Normenkontrollantrag am 24.10.2014 und damit innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Änderungssatzung (06.12.2013) gestellt wurde.
28 
2. Der Antragsteller ist antragsbefugt.
29 
Die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO hat jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Es genügt dabei, wenn die geltend gemachte Rechtsverletzung möglich erscheint (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014 - 9 S 2333/12 -, juris, m.w.N.).
30 
Der Antragsteller wendet sich als Arzt und Pflichtteilnehmer der Antragsgegnerin gegen die Satzungsbestimmung über die Höhe der Versorgungsabgabe. Die zur Prüfung gestellte Vorschrift belastet den Antragsteller, weil sie festlegt, in welcher Höhe er zur Leistung der Versorgungsabgabe verpflichtet ist. Sie wirkt sich auch aktuell aus, weil der Antragsteller sie bereits seit ihrem Inkrafttreten im Jahre 2014 und auch gegenwärtig zu beachten hat.
II.
31 
Der Normenkontrollantrag ist aber nicht begründet. Die zur Überprüfung gestellte Vorschrift ist von einer ordnungsgemäßen Ermächtigungsgrundlage gedeckt (1.) und weder in formell-rechtlicher (2.) noch in materiell-rechtlicher (3.) Hinsicht zu beanstanden.
32 
1. Ermächtigungsgrundlage für die in § 23 Abs. 1 der Satzung enthaltene Regelung ist § 11 Satz 1 des Gesetzes über die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Versorgungsanstaltsgesetz - VersAnstG). Danach werden die Verhältnisse der Antragsgegnerin, soweit sie nicht gesetzlich geregelt sind, durch die Satzung geregelt. Nach § 2 VersAnstG gewährt die Antragsgegnerin den Teilnehmern und ihren Hinterbliebenen Versorgung nach Maßgabe dieses Gesetzes. Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 VersAnstG sind die Teilnehmer zur Zahlung der satzungsmäßigen Beiträge verpflichtet. Dem ist zu entnehmen, dass die Höhe der jährlichen Versorgungsabgabe ein möglicher (und gebotener) Inhalt der Satzung ist.
33 
2. Formellen Bedenken ist die Regelung nicht unterworfen. Die Vertreterversammlung der Antragsgegnerin war gemäß § 4 Abs. 4 VersAnstG das zum Erlass der Änderungssatzung zuständige Organ. Mängel des Verfahrens der Normsetzung sind weder vorgetragen worden noch sonst ersichtlich. Dem in § 13 Abs. 2 Nr. 1 VersAnstG normierten Genehmigungserfordernis wurde durch die ministerielle Genehmigung vom 26.11.2013 genügt. Die Satzungsänderung wurde den Vorgaben aus § 11 Satz 2, § 12 VersAnstG entsprechend im Staatsanzeiger bekannt gemacht.
34 
3. Die angegriffene Satzungsbestimmung ist auch in materieller Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden. § 23 Abs. 1 der Satzung steht mit dem Grundrecht der Normadressaten aus Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG in Einklang (a). Auch sonst ist die Vorschrift mit höherrangigem Recht vereinbar (b).
35 
a) Ein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG lässt sich nicht feststellen.
36 
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer Pflichtversorgung für Angehörige freier Berufe als solche ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (z.B. Urteil vom 05.12.2000 - 1 C 11.00 -, NJW 2001, 1590), des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschlüsse der 2. Kammer des Ersten Senats vom 04.04.1989 - 1 BvR 685/88 -, NJW 1990, 1653, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134) wie auch des erkennenden Senats (Beschluss vom 17.01.2012 - 9 S 1817/11 -; Urteil vom 16.11.1999 - 9 S 2176/98 -; DVBl. 2000, 1064) geklärt. Die Pflichtmitgliedschaft bezweckt die Pflichtversorgung der Ärzte und dient durch deren wirtschaftliche Absicherung der Erhaltung eines leistungsfähigen Berufsstandes. Sie ermöglicht es zugleich, dass die Ärzte bei Erreichen eines bestimmten Lebensalters aus der aktiven Berufstätigkeit ausscheiden und der nachfolgenden Generation Platz machen. Damit verfolgt die Pflichtmitgliedschaft legitime Zwecke und ihre Anordnung hält sich innerhalb des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers. Ein Gemeinwohlbelang von hoher Bedeutung ist auch die finanzielle Stabilität des Versorgungsträgers. Maßnahmen, die ihr zu dienen bestimmt sind, können auch dann gerechtfertigt sein, wenn sie für die Betroffenen zu fühlbaren Einschränkungen führen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.05.1985 - 1 BvR 449/82 u.a. -, BVerfGE 70, 1, 30; BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007 - 6 B 40.07 -, juris; siehe ferner BVerwG, Urteil vom 12.12.2013 - 3 C 17.13 -, BVerwGE 148, 344; NdSOVG, Beschluss vom 17.06.2015 - 8 LA 16/15 -, juris).
37 
Vorschriften, welche die Höhe der Beiträge zu berufsständischen Versorgungswerken betreffen, sind am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG, gegebenenfalls in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG, zu messen. Art. 12 Abs. 1 GG ist vorrangig als Maßstab für die verfassungsrechtliche Prüfung der Zulässigkeit einer an die Berufstätigkeit anknüpfenden finanziellen Last heranzuziehen. Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistet die Freiheit der beruflichen Betätigung. Der Schutzbereich dieses Grundrechts ist, wie aus der Erwähnung von Berufswahl, Wahl von Ausbildungsstätte und Arbeitsplatz sowie Berufsausübung folgt, umfassend. Andererseits schützt das Grundrecht aber nur vor solchen Beeinträchtigungen, die gerade auf die berufliche Betätigung bezogen sind. Es genügt nicht, dass eine Rechtsnorm oder ihre Anwendung unter bestimmten Umständen Rückwirkungen auf die berufliche Tätigkeit entfaltet. Ein Eingriff in das Grundrecht der Berufsfreiheit liegt erst dann vor, wenn die Norm, auf die eine sich auf die Berufstätigkeit auswirkende Maßnahme gestützt ist, berufsregelnde Tendenz hat. Dazu muss sie nicht die Berufstätigkeit unmittelbar betreffen. Der Berufsbezug kann auch gegeben sein, wenn eine Norm die Rahmenbedingungen für die Berufsausübung gestaltet. Das gilt namentlich für normativ auferlegte Geldleistungspflichten. Sie berühren Art. 12 Abs. 1 GG dann, wenn sie infolge ihrer Ausgestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufs stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.; unter Hinweis auf BVerfG, Urteil vom 08.04.1997 - 1 BvR 48/94 -, BVerfGE 95, 267, 302, m.w.N.). So liegt der Fall hier.
38 
Eingriffe in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG müssen mit je nach ihrer Wirkung unterschiedlich wichtigen Gründen gerechtfertigt sein. Ansonsten verstoßen sie gegen das genannte Grundrecht. Eingriffe in die Berufsausübungsfreiheit lassen sich grundsätzlich (schon) damit rechtfertigen, dass sie von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen werden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 27.10.2010 - 8 CN 2.09 -, SächsVBl. 2011, 108; zum Recht der berufsständischen Versorgung der Notare). Kommt eine die Berufsausübung betreffende Regelung einer Berufswahlregelung nahe, kann sie nicht mit jeder vernünftigen Erwägung des Gemeinwohls, sondern nur mit Allgemeininteressen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie den Vorrang vor der Berufsbehinderung verdienen (BVerfG, Beschluss vom 06.12.1987 - 1 BvR 1086/82 u.a. -, BVerfGE 77, 84, 106). Dabei ist allerdings in jedem Fall die weite Gestaltungsfreiheit des Normgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung und dessen Einschätzungs- und Prognosevorrang zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
39 
Art. 12 Abs. 1 GG muss in seinem Zusammenhang mit Art. 3 Abs. 1 GG gesehen werden. Er kann verletzt sein, wenn durch eine Berufsausübungsregelung, die im Ganzen verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist, innerhalb der betroffenen Berufsgruppe nicht nur einzelne, aus dem Rahmen fallende Sonderfälle, sondern bestimmte Gruppen typischer Fälle ohne zureichenden Grund wesentlich stärker als andere belastet werden (BVerfG, Beschlüsse vom 17.10.1984 - 1 BvL 18/82 u.a. -, BVerfGE 68, 155, 173, und vom 28.11.1997 - 1 BvR 324/93 -, NJW-RR 1999, 134). Aus einer typisierenden Regelung folgende geringfügige Ungleichbehandlungen, gewisse Härten oder Ungerechtigkeiten sind allerdings hinzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O., unter Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 28.11.1997, a.a.O.; siehe ferner BVerfG, Beschlüsse vom 02.07.1969 - 1 BvR 669/64 -, BVerfGE 26, 265, 275, und vom 15.10.1985 - 2 BvL 4/83 -, BVerfGE 71, 39, 50).
40 
Liegt ein normativer Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 3 Abs. 1 GG vor, entsprechen die dem Normgeber dafür gesetzten Grenzen im Ergebnis regelmäßig denjenigen aus Art. 12 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 16.11.1982 - 1 BvL 16/75 und 36/79 -, BVerfGE 62, 256, 274, und vom 06.12.1988 - 1 BvL 5,6/85 -, BVerfGE 79, 212, 218). Ein solcher Eingriff kann also, wenn er eine einer Berufswahlregelung nahe kommende Berufsausübungsregelung darstellt, nur mit Gründen gerechtfertigt werden, die so schwer wiegen, dass sie die Berufsbehinderung rechtfertigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.).
41 
Nach diesen Maßstäben ist bei der Regelung des § 23 Abs. 1 der Satzung von einer (lediglich) die Berufsausübung betreffenden Regelung auszugehen, die einer Berufswahlregelung nicht nahekommt und deshalb (bereits) mit vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt werden kann (aa). Die Vorschrift wird auch von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und erweist sich - nicht zuletzt unter Berücksichtigung der weiten Gestaltungsfreiheit und des Einschätzungs- und Prognosevorrangs der Antragsgegnerin als Satzungsgeberin auf dem Gebiet der Sozialordnung - als verhältnismäßig (bb).
42 
aa) Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres betrifft nicht die Berufswahl. Die Höhe des Abgabensatzes ist zwar von Bedeutung für die Ausübung des Arztberufes, stellt aber keine Berufszugangsregelung dar. Der Beruf des Arztes kann ungeachtet der Bestimmung weiterhin gewählt werden, wobei die Berufsaufnahme auch faktisch nicht ausgeschlossen wird. Es steht im vorliegenden Fall auch kein Mindestbeitrag in Rede, der einer Berufswahlregelung nahe kommen kann, wenn aufgrund seiner Gestaltung ein angemessenes Einkommen nicht zu erlangen ist (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 05.12.2000, a.a.O.). Die Festlegung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres ist damit nicht vergleichbar.
43 
bb) § 23 Abs. 1 der Satzung wird von vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls getragen und ist verhältnismäßig.
44 
Die mit der Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes auf 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres verfolgten vernünftigen Gemeinwohlerwägungen bestehen darin, dass die Antragsgegnerin damit den Änderungen im Bereich des Einkommensteuerrechts durch das Alterseinkünftegesetz (BGBl. 2004 I S. 1427 ff.) Rechnung trug. Dies geschah in Übereinstimmung mit ihrer Aufgabe nach § 2 VersAnstG, ihren Teilnehmern und deren Hinterbliebenen Versorgung zu gewähren. Die Funktions- und Leistungsfähigkeit der berufsständischen Versorgung liegt auch im allgemeinen Interesse (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.; Senatsbeschluss vom 10.07.2014 - 9 S 858/13 -, NJW-RR 2015, 312; HessVGH, Beschluss vom 27.07.2015 - 7 A 695/14.Z -, juris Rn. 20; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014 - 6 A 10959/13 -, juris).
45 
Die Antragsgegnerin weist zu Recht darauf hin, dass das Einkommensteuerrecht bis zum 31.12.2004 die Ertragsanteilsbesteuerung vorsah. Das bedeutete, dass die Versorgungsabgabe an die Antragsgegnerin ganz überwiegend aus voll versteuertem Einkommen entrichtet wurde, weil der Freibetrag vordringlich durch die Beiträge zur Krankenvorsorge aufgebraucht wurde. Andererseits blieben die Versorgungsleistungen aufgrund von Freibeträgen weitaus überwiegend steuerfrei.
46 
Diese Ertragsanteilsbesteuerung wurde im Rahmen des Alterseinkünftegesetzes (vom 05.07.2004, BGBl. I S. 1427 ff.; mit späteren, hier nicht näher zu vertiefenden Änderungen) zum 01.01.2005 durch die nachgelagerte Besteuerung ersetzt. Danach werden nach Ablauf der Übergangsperiode die Beiträge zur ersten Säule der Alterssicherung (Gesetzliche Rentenversicherung, Berufsständische Versorgung, Altershilfe für Landwirte) als steuerlich abzugsfähige Sonderausgaben anerkannt, während die Versorgungsleistungen der Besteuerung unterworfen werden. Die Einführung der nachgelagerten Besteuerung ist mit langen Übergangsfristen versehen. Im Jahre 2005 begann die Abzugsfähigkeit der Beiträge bei 60 %. Sie steigerte sich im Laufe der folgenden Jahre bis zu einem Satz von 78 % im Jahre 2014. Im Jahre 2025 werden die Beiträge voll (bis zum jeweiligen Höchstbetrag) abzugsfähig gemacht. Demgegenüber steigt der Besteuerungsanteil der Renten von 50 % im Jahre 2005 auf 100 % im Jahre 2040. Maßgeblich ist das Kohortenprinzip. Dies bedeutet, dass der Besteuerungsanteil von dem Jahr abhängt, in dem der Teilnehmer erstmals eine Versorgungsleistung bezieht. Der Besteuerungsanteil beträgt bei Renteneintritt im Jahre 2014 68 %. Bei Rentenbeginn wird der prozentuale Freibetrag in einen Eurobetrag umgerechnet und gilt dann für die restliche Dauer des Rentenbezugs.
47 
Ziel des Gesetzgebers war es, eine steuerrechtssystematisch schlüssige und folgerichtige Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen zu erreichen (BT-Drucks. 15/2150, S. 1, 22). Als tragendes Element der Neuordnung hat er alle Basisversorgungssysteme unterschiedslos der nachgelagerten Besteuerung unterworfen. Das Alterseinkünftegesetz enthält auf der Grundlage dieses Konzepts Neuregelungen sowohl für die Aufbauphase (vgl. insb. § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a i.V.m. § 10 Abs. 3 EStG) als auch für die Versorgungsphase (wie in § 22 Nr. 1 Satz 3 lit. a Doppelbuchstabe aa EStG). Diese Neuregelungen wurden mittlerweile vom Bundesverfassungsgericht für verfassungskonform erklärt (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 29.09.2015 - 2 BvR 2683/11 -, HFR 2016, 69, vom 30.09.2015 - 2 BvR 1066/10 -, HFR 2016, 72, sowie vom 30.09.2015 - 2 BvR 1961/10 -, NJW 2016, 469).
48 
Im Einzelnen wurde insbesondere durch Art. 1 Nr. 7 lit. a des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 1 Nr. 2 lit. a EStG dahingehend gefasst, dass Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu berufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen, zu Sonderausgaben erklärt wurden. Zudem wurde durch Art. 1 Nr. 7 lit. c des Alterseinkünftegesetzes § 10 Abs. 3 EStG wie folgt neu gefasst:
49 
„(3) Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 sind bis zu 20 000 Euro zu berücksichtigen. Bei zusammenveranlagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag. Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 gehören oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Gesamtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten entspricht. Im Kalenderjahr 2005 sind 60 vom Hundert der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vorsorgeaufwendungen anzusetzen. Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 steuerfreien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitgebers, ist als Sonderausgabe abziehbar. Der Vomhundertsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalenderjahr 2025 um je 2 vom-Hundert-Punkte je Kalenderjahr.“
50 
Dem korrespondiert nach Art. 1 Nr. 13 lit. a des Alterseinkünftegesetzes insbesondere folgende, die Besteuerung der Versorgungsleistungen betreffende Änderung des § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG:
51 
„Zu den in Satz 1 bezeichneten Einkünften gehören auch
52 
a) Leibrenten und andere Leistungen,
53 
aa) die aus den gesetzlichen Rentenversicherungen, den landwirtschaftlichen Alterskassen, den berufsständischen Versorgungseinrichtungen und aus Rentenversicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b erbracht werden, soweit sie jeweils der Besteuerung unterliegen. Bemessungsgrundlage für den der Besteuerung unterliegenden Anteil ist der Jahresbetrag der Rente. Der der Besteuerung unterliegende Anteil ist nach dem Jahr des Rentenbeginns und dem in diesem Jahr maßgebenden Vomhundertsatz aus der nachstehenden Tabelle zu entnehmen:
54 
Jahr des Rentenbeginns
Besteuerungsanteil in v.H.
bis 2005
50    
ab 2006
52    
2007   
54    
2008   
56    
2009   
58    
2010   
60    
2011   
62    
2012   
64    
2013   
66    
2014   
68    
2015   
70    
2016   
72    
2017   
74    
2018   
76    
2019   
78    
2020   
80    
2021   
81    
2022   
82    
2023   
83    
2024   
84    
2025   
85    
2026   
86    
2027   
87    
2028   
88    
2029   
89    
2030   
90    
2031   
91    
2032   
92    
2033   
93    
2034   
94    
2035   
95    
2036   
96    
2037   
97    
2038   
98    
2039   
99    
2040   
100     
55 
(…).“
56 
Auf der Basis dieser rechtlichen Situation hat die Antragsgegnerin plausibel dargestellt und auch mit Berechnungen belegt (vgl. insbesondere das Informationsblatt „VA-Aktuell 1/2013“ sowie die vorgelegte „Datenübersicht“), dass es für ihre Teilnehmer bei Betrachtung der Steuerlast grundsätzlich - zum Teil sogar beträchtlich - günstiger und damit dem Versorgungszweck dienlicher ist, erhöhte Einzahlungen in das Versorgungssystem vorzunehmen und dafür später - nach Erreichen der Altersgrenze beziehungsweise sonst bei einem Versorgungsfall - höhere Versorgungsleistungen zu erhalten, als die Einzahlungen auf einem niedrigeren Niveau zu belassen und dementsprechend später geringere Versorgungsleistungen beanspruchen zu können. Der Antragsteller hat weder die steuerliche Vorteilhaftigkeit der Neuregelung als solche noch die einzelnen Berechnungen der Antragsgegnerin substantiiert in Frage gestellt. Sie unterliegen auch sonst keinen inhaltlichen oder rechtlichen Bedenken. Die vom Antragsteller als nicht nachvollziehbar bezeichnete Aussage, dass (grundsätzlich) durch die Erhöhung der Versorgungsabgabe der steuerliche Sonderausgabenabzug jeweils mehr ausgeschöpft werde und der individuelle Netto-Rentenanspruch im Verhältnis zur Mehrbelastung durch den höheren Abgabensatz überproportional gesteigert werde, erweist sich ohne Weiteres als zutreffend. Zu hinterfragen bleibt somit allein, ob die steuerlichen Vorteile, die bei der gesteigerten Altersvorsorge im Rahmen der Versorgungsanstalt zum Tragen kommen, ausreichen, um die Erhöhung des Abgabensatzes zu rechtfertigen. Auch dies ist indes vor dem Hintergrund der Gestaltungsfreiheit der Antragsgegnerin der Fall.
57 
Die Höhe der Versorgungsabgabe in der Neufassung von § 23 Abs. 1 der Satzung genügt dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.
58 
Die Anhebung des Abgabensatzes ist ein erforderliches Mittel, denn es ist kein ebenso geeignetes Mittel ersichtlich, um das angestrebte Ziel zu erreichen, nämlich ein angemessenes und den steuerlichen Rahmenbedingungen gerecht werdendes Versorgungsniveau der Teilnehmer. Sähe die Satzung der Antragsgegnerin lediglich eine niedrigere „Grundversorgung“ in Verbindung mit der Möglichkeit freiwilliger Zuzahlungen (vgl. dazu auch § 23 Abs. 4 der Satzung) vor, so wären die Teilnehmer nicht in gleichem Maße vor Versorgungslücken geschützt. Aufgrund der veränderten steuerlichen Rahmenbedingungen infolge des Alterseinkünftegesetzes (nachgelagerte Besteuerung) wäre für die Teilnehmer bei unverändertem Abgabensatz das Versorgungsniveau grundsätzlich gesunken. Hätte die Antragsgegnerin den Satz der verpflichtend zu leistenden Versorgungsabgabe nicht erhöht, so hätte es jedem einzelnen Teilnehmer oblegen, individuelle Überlegungen und Berechnungen zu seinen Einbußen anzustellen und diese nach eigenem Ermessen durch freiwillige Zuzahlungen zu kompensieren. Dies würde dem Versorgungsgedanken offensichtlich nicht in gleicher Weise gerecht werden wie die allgemeine Anhebung des Abgabensatzes. Diese Annahme findet ihre Bestätigung in den von der Antragsgegnerin geschilderten und vom Antragsteller nicht in Frage gestellten Erfahrungen mit der Inanspruchnahme freiwilliger Zuzahlungsmöglichkeiten. Danach waren die Zuzahlungen weit entfernt davon, die Freibeträge beim Sonderausgabenabzug auszuschöpfen beziehungsweise die durch die Besteuerung der Rente entstehende Lücke bei den Versorgungsleistungen auszugleichen.
59 
Die jetzige Höhe der Versorgungsabgabe ist mit 12 % der Berufseinkünfte des vorletzten Jahres angesichts der zugleich vorgesehenen Höchstabgabe auch nicht unzumutbar.
60 
Soweit der Antragsteller meint, die alleinige Orientierung des Beitrages am Einkommen verstoße gegen den Gleichheitssatz, da das Verhältnis zu dem in Aussicht stehenden Vorteil nicht mehr angemessen sei und zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Ungleichbehandlung führe, überzeugt das nicht. Die Höhe der Versorgungsleistungen ist auch bei dem von der Antragsgegnerin angewandten offenen Deckungsplanverfahren in zentraler Weise an die Höhe der Einzahlungen gekoppelt, so dass keine Benachteiligung des Antragstellers gegenüber anderen Teilnehmern, die geringere Einzahlungen leisten, ersichtlich ist. Auch ist nicht nachvollziehbar, warum gerade die Anhebung des Satzes der Versorgungsabgabe von 9 % auf 12 % etwas Anderes bewirken sollte. Zwar besteht beim offenen Deckungsplanverfahren keine exakte Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung jedes einzelnen Mitgliedes. Kennzeichnend für dieses zwischen dem reinen Kapitaldeckungsprinzip und dem Umlageverfahren angesiedelte Modell ist, dass die dauernde Leistungsfähigkeit der Versorgungseinrichtung sichergestellt wird, indem in der versicherungstechnischen Bilanz unter Einbeziehung der zu erwartenden Neuzugänge die künftigen Leistungen dem im gleichen Zeitraum vorhandenen Vermögen und den zu erwartenden Beiträgen gegenübergestellt werden. Es gibt infolge dessen (lediglich) eine Äquivalenz zwischen den Beiträgen und den Leistungen aller Mitglieder insgesamt („Gruppenäquivalenz“, vgl. Senatsurteil vom 01.09.2009 - 9 S 576/08 -, VBlBW 2010, 75; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005 - 6 C 3.05 -, NJW 2006, 711; Beschluss vom 17.12.2014 - 10 B 47.14 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 14.02.2014, a.a.O.). Gleichwohl stehen die jeweils erworbenen Versorgungsanrechte in engem Zusammenhang mit den jeweils persönlich geleisteten Abgaben (vgl. die jeweilige „Abgaben- und Anrechteinformation“ an den Antragsteller, etwa vom 25.02.2013 und vom 24.02.2014; zu den unterschiedlichen Finanzierungstechniken von Versorgungseinrichtungen vgl. auch den Überblick bei Clade, DÄBl. 2014, A 832; https://www.aerzteblatt.de/archiv/159590/Aerzteversorgung-Umlage-versus-Kapitaldeckung).
61 
Für die Annahme, die Antragsgegnerin überspanne den sozialen Gedanken, indem sie mit der Beitragsanhebung die derzeit geringe Verzinsung am Kapitalmarkt und womöglich die Folgen demografischer Probleme kompensiere, gibt es - auch mit Blick auf die Angaben des Vertreters der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zu der von dieser aktuell erwirtschafteten Rendite - keine greifbaren Anhaltspunkte. Im Übrigen treffen die dem demografischen Wandel geschuldeten Entwicklungen alle Versorgungssysteme in mehr oder weniger gleichem Umfang, ohne dass deshalb die Verfassungskonformität der Pflichtversicherungen in Frage gestellt werden könnte (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.08.2007, a.a.O.).
62 
Soweit der Antragsteller auf die Rechtslage bei anderen Versorgungswerken verweist, vermag das seinem Antrag ebenfalls nicht zum Erfolg zu verhelfen. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG bindet den Normgeber nur in seinem Kompetenzbereich. Er ist deshalb nicht gehindert, bei seiner Rechtsetzung von Vorschriften anderer Normgeber abzuweichen, die diese für vergleichbare Sachverhalte in ihrem Kompetenzbereich erlassen haben (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 07.11.1995 - 2 BvR 413/88 und 1300/93 -, BVerfGE 93, 319 351, und der 2. Kammer des Ersten Senats vom 29.12.2004 - 1 BvR 113/03 -, NVwZ-RR 2005, 297, 298; BVerwG, Urteile vom 23.08.1994 - 1 C 18.91 -, BVerwGE 96, 293, 301, und vom 25.07.2007 - 6 C 27.06 -, BVerwGE 129, 129). Vor diesem Hintergrund lässt sich hier aus den Unterschieden des § 23 Abs. 1 der Satzung der Antragsgegnerin im Vergleich zu den Satzungen anderer Versorgungswerke kein Schluss auf eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung ziehen.
63 
b) Auch sonst bestehen gegen die Vorschrift des § 23 Abs. 1 der Satzung in der seit 01.01.2014 geltenden Fassung keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
64 
Ein Verstoß gegen den aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG abzuleitenden Grundsatz des Vertrauensschutzes liegt nicht vor. Der verfassungsrechtlich geforderte Vertrauensschutz geht nicht so weit, dass der Betroffene vor jeder nachteiligen Neuerung bewahrt werden muss. Gerade im Bereich der Altersvorsorge und des Sozialversicherungsrechts muss der Normgeber vielmehr aus Gründen des Allgemeinwohls auf veränderte Situationen zum Schutz der Solidargemeinschaft reagieren können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26.06.1979 - 1 BvL 10/78 -, BVerfGE 51, 356, 363; Senatsurteil vom 01.09.2009, a.a.O.). Unter Berücksichtigung dessen ist die Neufassung der angegriffenen Satzungsbestimmung keinen rechtlichen Bedenken ausgesetzt. Auch der Antragsteller trägt hierzu nichts Konkretes vor.
65 
Es ist auch nicht nachvollziehbar vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass wegen der in § 23 Abs. 2 lit. b der Satzung und an anderen Stellen vorgesehenen Parameter für die Höchstabgabe der Rahmen des normgeberischen Ermessens verlassen ist beziehungsweise dass diese zu unvertretbaren Ergebnissen führen.
66 
Schließlich lässt sich ein Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG) nicht feststellen. Zwar kommt Ansprüchen und Anwartschaften aus dem berufsständischen Versorgungsrecht ebenso wie derartigen Rechtspositionen des Sozialversicherungsrechts eigentumsrechtlicher Schutz zu, wenn es sich um vermögenswerte Rechtspositionen handelt, die nach Art eines Ausschließlichkeitsrechts dem Rechtsträger als privatnützig zugeordnet sind, auf nicht unerheblichen Eigenleistungen beruhen und seiner Existenzsicherung dienen (vgl. Senatsbeschluss vom 24.09.2014, a.a.O.; BVerfG, Beschluss vom 11.05.2005 - 1 BvR 368/97 - NJW 2005, 2213; BVerwG, Urteil vom 21.09.2005, a.a.O.; BayVGH, Beschluss vom 27.02.2013 - 21 N 10.2960 -, juris; Urteil vom 27.02.2013 - 21 N 10.2966 -, juris; Beschluss vom 30.04.2015 - 21 N 14.1 -, juris; Urteil vom 30.04.2015 - 21 N 14.2 -, juris; NdSOVG, Urteil vom 12.06.2014 - 8 LC 130/12 -, NdsVBl 2015, 16; OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12.09.2012 - 17 A 2542/09 -, juris). Die Aushöhlung einer erworbenen Eigentumsstellung findet bei der vorgenommenen Anhebung des allgemeinen Abgabensatzes von 9 % auf 12 % aber nicht statt.
III.
67 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
68 
Ein Grund zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 VwGO besteht nicht.
69 
Beschluss vom 14. April 2016
70 
Der Streitwert des Verfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. § 52 Abs. 2 GKG).
71 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.