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| Die auf Löschung der zu Lasten ihrer Grundstücke im Baulastenverzeichnis erfolgten Eintragung einer Zufahrts- und Leitungsbaulast gerichtete Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.). |
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| 1. Die auf Löschung der Eintragung einer Zufahrts- und Leitungsbaulast gerichtete Klage ist als allgemeine Leistungsklage statthaft. Die Löschung einer im Baulastenverzeichnis eingetragenen Baulast ist im Wege einer allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen, da weder die (deklaratorische) Eintragung einer Baulasterklärung in das Baulastenverzeichnis noch die Löschung einer derartigen Eintragung einen Verwaltungsakt darstellen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4.2.2016 - 5 S 1140/14 -, Juris; Urteil vom 10.1.2007 - 3 S 1251/06 -, VBlBW 2007, 225; Urteil vom 1.6.1990 - 8 S 637/90 -, VBlBW 1991, 59). Daran ändert nichts, dass die Klage im Hinblick darauf, dass das Baulastenverzeichnis nicht vom Beklagten, sondern von der beigeladenen Gemeinde geführt wird, unmittelbar nur auf die (Eintragungs- bzw. Löschungs-) Anordnung der Baurechtsbehörde gerichtet ist (vgl. § 72 Abs. 1 LBO), die Eintragung der Baulast aus dem von der beigeladenen Gemeinde zu führenden Baulastenverzeichnis zu löschen. Denn diese Anordnung stellt weder einen feststellenden Verwaltungsakt (vgl. Sauter, Komm. z. LBO, 3. A., Stand Juli 2015, § 72 Rdnr. 10) noch einen Verwaltungsakt gerade gegenüber der beigeladenen Gemeinde dar. Vielmehr kommt der Anordnung - wie der bisherigen Eintragungsverfügung (vgl. den früheren Erlass des Innenministeriums vom 23.4.1965, GABl. S. 237, Nr. 3.1) - lediglich verfahrensrechtliche bzw. verwaltungsinterne Bedeutung zu (vgl. Schlotterbeck/Hager/Busch/Gammerl, LBO u. LBOAVO Bd. 1 LBO, 6. A. 2011, § 71 Rdnr. 6). Denn Eintragungen sollen ungeachtet dessen, dass das Baulastenverzeichnis von der Gemeinde geführt wird, nur auf Veranlassung der (sachnäheren) Baurechtsbehörde vorgenommen werden. Insofern richtet sich die Klage auch zu Recht gegen den Beklagten - als Träger der unteren Baurechtsbehörde - und nicht gegen die beigeladene Gemeinde. Der Umstand, dass im vorliegenden Fall die Löschung der Baulast durch Verwaltungsakt abgelehnt wurde, führt ebenfalls nicht zur Annahme der Statthaftigkeit einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage. |
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| Das für die Leistungsklage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis liegt vor. Entgegen der Ansicht der Beklagtenvertreter verbessert die erstrebte Löschung der streitgegenständlichen Baulast die Rechtsstellung der Kläger. Die Annahme, dass keine Verbesserung eintreten könne, weil im Fall der Löschung die von den Klägern tatsächlich erklärte Baulast, die für die Kläger belastender sei, einzutragen sei, geht fehl. Denn die von den Kläger tatsächlich abgegebenen Erklärung stellt ebenfalls keine wirksame Baulastübernahmeerklärung gegenüber dem Beklagten dar (vgl. Ausführungen zu 2.a. aa.). |
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| 2. Die Klage ist auch begründet. Die Kläger haben als Miteigentümer der mit der Baulast belasteten Grundstücke Flst.-Nr. 20, 21/1 und 76/9 gegen den Beklagten einen Anspruch auf Löschung der Eintragung der streitgegenständlichen Zufahrts- und Leitungsbaulast. Da diese von Anfang an unwirksam war, ist das Baulastenverzeichnis insoweit unrichtig. Die Ausweisung einer nicht vorhandenen öffentlich-rechtlichen Beschränkung in einem öffentlichen Register, für dessen Richtigkeit und Vollständigkeit immerhin eine tatsächliche Vermutung streitet, ist eine Eigentumsbeeinträchtigung, deren Beseitigung der Eigentümer aufgrund seines Eigentumsrechts verlangen kann (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4.2.2016, a.a.O.; Urteil vom 10.1.2007, a.a.O.; Nds. OVG, Urteil vom 12.12.1986 - 1 A 172/86 -, BRS 46, Nr. 164). |
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| a) Nach § 70 Abs. 1 LBO i. d. F. v. 28.11.1983 (GBl. S. 770, berichtigt GBl. 1984, S. 519), zul. geändert durch Gesetz v. 22.2.1988 (GBl. S. 55) a.F. (= § 71 Abs. 1 LBO n.F.) können Grundstückseigentümer durch Erklärung gegenüber der Baurechtsbehörde öffentlich-rechtliche Verpflichtungen zu einem ihre Grundstücke betreffenden Tun, Dulden oder Unterlassen übernehmen, die sich nicht schon aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften ergeben (Baulasten). Da die Baulast öffentlich-rechtliche Verpflichtungen des jeweiligen Grundstückseigentümers des belasteten Grundstücks gegenüber der Bauaufsichtsbehörde schafft, die ggf. durch eine bauaufsichtliche Verfügung durchzusetzen sind, müssen Inhalt und Umfang der übernommenen Verpflichtung aus der Erklärung heraus - entsprechend dem Bestimmtheitsgebot für Verwaltungsakte (vgl. hierzu BVerwG, Beschluss vom 27.7.1982 - 7 B 122.81 -, Buchholz 316 § 37 VwVfG Nr. 1) - hinreichend bestimmbar sein (vgl. § 37 LVwVfG; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 7.12.2001 - 3 S 2425/00 -; OVG NW, Beschluss vom 30.10.2013 - 2 A 2554/12 -, BauR 2014, 541; OVG Münster, Urteil vom 15.5.1992 - 11 A 890/91 -, Juris; Nds. OVG, Urteil vom 27.9.2001 - 1 LB 1137/01 -, BRS 64 Nr. 130). Jedenfalls durch Auslegung der Baulasterklärung, bei der es sich um eine einseitige Willenserklärung handelt, muss entsprechend den Grundsätzen des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Belastung des Grundstücks ermittelt werden können (vgl. OVG NW, Beschluss vom 30.10.2013, a.a.O.). Danach ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (vgl. § 133 BGB). Wirklicher Wille ist nicht der innere, nicht zum Ausdruck gebrachte Wille, sondern nur der erklärte Wille. Für die Auslegung des erklärten Willens ist maßgeblich, wie derjenige, für den die Erklärung bestimmt ist, nämlich der Adressat der Baulast, also die Baurechtsbehörde (vgl. § 70 Abs. 1 Satz 1 LBO a.F.), diese nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstehen durfte (sog. „objektiver Empfängerhorizont“, vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 4.2.2016, a.a.O.; Urteil vom 10.7.2007, a.a.O.; Urteil vom 13.6.1984 - 3 S 696/84 -, VBlBW 1984, 381 und vom 7.12.2001 - 3 S 2425/00 -, Juris). |
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| aa. Ursprüngliche Baulastübernahmeerklärung |
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| Nach den obigen Grundsätzen und nach den auf der Anhörung der Kläger und der Vernehmung der Zeugen Br. und Bo. beruhenden Feststellungen des Gerichts, steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kläger mit dem von ihnen selbst abgeänderten, am 19.8.2011 unterzeichneten und bei der Gemeinde abgegebenen Schreiben keine wirksame Baulastübernahme erklärt haben. Denn die Erklärung der Kläger vom 19.8.2011 wurde von der beigeladenen Gemeinde, ausweislich des Eingangsstempels des Gemeindeverwaltungsverbands vom 22.8.2011 auf der abgeänderten Erklärung, nicht an den Beklagten weitergeleitet und ist diesem daher nie zugegangen. Ohne Zugang der empfangsbedürftigen Baulastübernahmeerklärung an die allein empfangsberechtigte Baurechtsbehörde ist ein wirksames Zustandekommen der Baulast nicht möglich. Unabhängig hiervon ist die ursprüngliche Übernahmeerklärung aber auch wegen fehlender Bestimmtheit und Bestimmbarkeit der enthaltenen Einschränkung („uneingeschränkt“) und wegen der fehlenden Bestimmbarkeit der durch Leitungs- und Zufahrtsrechte belasteten Flächen unbestimmt und damit unwirksam. |
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| Die Erwartung des Beklagten, dass eine Baulast mit einem anderen Inhalt auf der Basis der ursprünglichen Baulastübernahmeerklärung angenommen werden kann, ist daher verfehlt. |
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| bb. Abgeänderte Baulastübernahmeerklärung |
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| Die der eingetragenen Baulast zugrunde liegende, hier streitgegenständliche Baulastübernahmeerklärung ist ebenfalls unwirksam. Die Baulast ist daher zu löschen. Die abgeänderte Baulastübernahmeerklärung wurde jedenfalls nicht von beiden Miteigentümern der zu belastenden Grundstücke und damit nicht wirksam abgegeben. |
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| Aufgrund der getroffenen Feststellungen steht zur vollen Überzeugung des Gerichts fest, dass jedenfalls der Kläger zu 2 eine Erklärung mit diesem Inhalt weder unterzeichnet noch sonst genehmigt hat. Der Kläger zu 2 hat seine Unterschrift unter eine völlig andere Erklärung gesetzt. Die Abänderung seiner Erklärung auf dem Rathaus E. mit Ergänzungen, Eintragungen und Einzeichnungen in einem hinzugefügten Lageplan erfolgten nach den Feststellungen des Gerichts zeitlich nach seiner Unterzeichnung und ohne sein Zutun, Wissen und Wollen. Insofern stimmen die Angaben der Kläger und die Zeugenaussagen überein, sie sind klar und überzeugend. Vom Altbürgermeister Br. wurde ausdrücklich bestätigt, dass der Kläger zu 2 bei der Abänderung nicht zugegen war und dass Br. trotzdem mit Unterschrift und Siegel der Gemeinde die Abgabe der abgeänderten Erklärung durch den Kläger zu 2 beurkundet hat. Damit sind aber sämtliche Zusätze, Radierungen, Streichungen und Eintragungen in der veränderten Urkunde nicht vom Willen des Klägers zu 2 gedeckt, was zur Unwirksamkeit der Baulastübernahmeerklärung führt. Eine vom Beklagten behauptete Bevollmächtigung der Klägerin zu 1 durch den Kläger zu 2 zur Abgabe der abgeänderten Baulasterklärung konnte das Gericht nicht feststellen. Eine solche Bevollmächtigung lag nach der Überzeugung des Gerichts auch nicht vor. Nachdem der Kläger zu 2 seinen Willen dahin erklärt hatte, dass er die „uneingeschränkte“ Belastung der Grundstücke nicht akzeptiere, erscheint die Annahme einer Bevollmächtigung zur Abgabe einer gegenteiligen Erklärung mit schwerwiegenden Folgen für die drei Grundstücke abwegig. Die rechtlichen Grundsätze einer Anscheinsvollmacht liegen danach ersichtlich nicht vor. Die Vollmacht der Ehefrau für Geschäfte des Alltags stellt keine Bevollmächtigung zum Abschluss einer Baulastübernahmeerklärung dar. |
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| Dahinstehen kann, ob die Klägerin zu 1, wie die Zeugen und die Beklagte behaupten, bei den Abänderungen durch den Altbürgermeister und die Gemeindeangestellte Bo. zugegen war. Nach dem Ergebnis der Anhörung der Klägerin zu 1 und der Vernehmung der Zeugen Br. und Bo. erscheint dies nicht völlig ausgeschlossen. Sollten die Angaben der Zeugen insofern, entgegen den Versicherungen der Klägerin zu 1, zutreffen, würde das am Ergebnis jedoch nichts ändern. Denn auch dann würde die für eine wirksame Baulastübernahmeerklärung notwendige Zustimmung des weiteren Miteigentümers - des Klägers zu 2 - fehlen. |
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| Entgegen der Annahme im Widerspruchsbescheid steht die Beweiskraft der über die Abgabe der Baulastübernahmeerklärung am 19.8.2011 hergestellten öffentlichen Urkunde dem obigen Ergebnis nicht entgegen, nachdem zur vollen Überzeugung des Gerichts feststeht, dass die Erklärung des Klägers zu 2 unbefugt abgeändert und damit verfälscht wurde. Die als öffentliche Urkunde zu qualifizierende Beurkundung der Abgabe der Baulastübernahmeerklärung begründet nach §§ 418 Abs. 1, 182 Abs. 1 Satz 2 ZPO den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen. Die Beweiskraft erstreckt sich auch darauf, dass der Kläger zu 2 als Unterzeichner die Erklärung in dieser Form, mit diesem Inhalt und in Kenntnis des als Urkundenbestandteil angefügten Lageplans abgegeben hat. Ist eine Tatsache gemäß § 418 Abs. 1 ZPO bewiesen, kann sie nur dadurch erfolgreich widerlegt werden, dass ein Sachverhalt vorgetragen und bewiesen wird, der zur Überzeugung des Gerichts jede Möglichkeit ihrer Richtigkeit ausschließt. Dies ist hier der Fall. Nach den Feststellungen des Gerichts steht zu seiner vollen Überzeugung fest, dass der Kläger zu 2 die beurkundete Erklärung nicht abgegeben hat und dass seine eigentliche Erklärung verfälscht wurde. Eine Beweiskraft kommt der Urkunde daher nicht zu. |
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| Danach ist die in das Baulastenverzeichnis der beigeladenen Gemeinde eingetragene Baulast unwirksam. Den Klägern kommt in der Folge eine Anspruch auf Löschung der Baulast zu. Der Beklagte hat die beigeladene Gemeinde entsprechend anzuweisen. |
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| Der vom Beklagten gegen den Löschungsanspruch geltend gemachte Verwirkungseinwand ist verfehlt. Zwischen der Eintragung der Baulast im August 2011 und der erstmaligen Geltendmachung des Löschungsanspruchs am 3.12.2013 sind nur etwa 2 Jahre und 3 Monate vergangen, was an der Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen bezüglich des Zeitmoments zweifeln lässt. Dies gilt insbesondere bezüglich des Klägers zu 2, bei dem nach den Feststellungen des Gerichts nicht davon auszugehen ist, dass ihm die Eintragung der verfälschten Baulastübernahmeerklärung bekannt war. Hinzu kommt, dass der Beklagte nicht vorgetragen hat, durch welche Handlungen oder Erklärungen der Kläger zu 2 bewirkt haben soll, dass der Beklagte auf die Beibehaltung der rechtswidrig zustande gekommenen Baulast vertraut hat. Dabei hätte der Beklagte (wie auch das Regierungspräsidium T.) durch Nachfrage bei den Zeugen Bo. und Br. jederzeit die näheren, zur Unwirksamkeit führenden Umstände in Erfahrung bringen können. |
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| Der Klage ist nach alldem stattzugeben. |
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| Der Beklagte und die Beigeladenen zu 1 und 2 als Gesamtschuldner tragen jeweils die Hälfte die Kosten des Verfahrens, weil sie unterliegen (vgl. §§ 154 Abs. 1 und Abs. 33, 159 VwGO). Die Beigeladene zu 3 behält ihre außergerichtlichen Kosten auf sich, nachdem sie keine Sachantrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (vgl. §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO). Die Zuziehung der Bevollmächtigten der Kläger im Vorverfahren ist nach § 162 Abs. 2 Satz 2 VwGO für notwendig zu erklären. Den Klägern war es nach ihren persönlichen Verhältnissen und wegen der Schwierigkeit der Sache nicht zuzumuten, das Vorverfahren selbst zu führen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.7.2014 – 6 B 21/14 –, Juris). |
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| Die Berufung wird nicht zugelassen. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht liegen nicht vor (vgl. §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 VwGO). Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und das Urteil divergiert nicht von den Entscheidungen der maßgeblichen Obergerichte. |
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