Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 10. Feb. 2017 - 2 B 3900/16 SN

bei uns veröffentlicht am10.02.2017

Tenor

1. Die Anträge werden abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

2. Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin wendet sich als Gemeinde gegen eine der Beigeladenen durch den Antragsgegner erteilten Baugenehmigung zum Neubau eines Verbrauchermarktes mit Bäcker.

2

Die Beigeladene ist Eigentümerin der Flurstücke … und … der Flur … der Gemarkung ... Das Baugrundstück grenzt im Süden an die E-Chaussee . Es befindet sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 11 „…“ der Antragstellerin, der für den hier maßgeblichen Bereich ein Mischgebiet im Sinne von § 6 Baunutzungsverordnung (BauNVO) vorsieht. Am 4. Mai 2015 beschloss die Stadtvertreterversammlung der Antragstellerin, für den Bebauungsplan eine 5. Änderung durchzuführen mit dem Ziel, die zulässige Gesamtverkaufsraumfläche in den Mischgebieten westlich der E-Chaussee zu begrenzen.

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Auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen erteilte der Antragsgegner ihr nach vorheriger Ablehnung im Widerspruchsverfahren mit Bescheid vom 23. März 2015 einen Bauvorbescheid für den Neubau eines Lebensmittelmarktes und Backshop auf dem Vorhabengrundstück unter Ausklammerung der Sicherung der straßenseitigen Erschließung.

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Den Widerspruch der Antragstellerin gegen den der Beigeladenen erteilten Bauvorbescheid wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 11. Januar 2016 zurück. Klage hiergegen hat die Antragstellerin nicht erhoben.

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Bereits zuvor, unter dem 20. Oktober 2015, hatte die Beigeladene beantragt, ihr für das streitgegenständliche Bauvorhaben eine Baugenehmigung zu erteilen. Während des Baugenehmigungsverfahrens entsprach der Antragsgegner mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 dem Antrag der Antragstellerin, die Entscheidung über den Bauantrag gemäß § 15 Abs. 1 BauGB für einen Zeitraum von 12 Monaten zurückzustellen und ordnete zugleich die sofortige Vollziehung der Zurückstellung an. Dem hiergegen gerichteten Antrag der Beigeladenen auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gab das erkennende Gericht statt und stellte durch Beschluss vom 23. Juni 2016 (Az. 2 B 466/16 SN) die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Beigeladenen vom 18. Januar 2016 gegen den Zurückstellungsbescheid wieder her. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Juli 2016 gab der Antragsgegner daraufhin dem Widerspruch der Beigeladenen statt und setzte das Baugenehmigungsverfahren fort.

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Mit Bescheid vom 12. Oktober 2016 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung einschließlich einer zwei Alleebäume betreffenden Naturschutzgenehmigung. Hiergegen erhob die Antragstellerin jeweils Widerspruch und suchte beim erkennenden Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nach.

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Durch Beschluss der Kammer vom 25. Oktober 2016 (Az. 2 B 3087/16 SN) wurde zunächst die Vollziehung der mit der Baugenehmigung erteilten Naturschutzgenehmigung vorläufig bis zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin insoweit ausgesetzt, als diese zur Fällung der Linde Nr. 41 und zur Nutzung des Kronentraufbereichs der Linde Nr. 39 berechtigte. Nachdem der Antragsgegner mit Bescheid vom 25. Oktober 2016 die Vollziehung der Baugenehmigung ausgesetzt hatte, wurde der Beschluss vom 25. Oktober 2016 für wirkungslos erklärt und das Verfahren nach Erklärung der Erledigung der Hauptsache durch die Beteiligten eingestellt.

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Den Widerspruch der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 12. Oktober 2016 wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2016 zurück und teilte der Beigeladenen mit Schreiben vom 14. Dezember 2016 mit, dass sie nunmehr von der Baugenehmigung wieder Gebrauch machen könne.

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Am 12. Januar 2017 hat die Antragstellerin gegen die Baugenehmigung und den Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2016 zum Aktenzeichen 2 A 182/17 SN Klage erhoben und erneut um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nachgesucht.

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Sie ist der Auffassung, dass die Beigeladene wegen der weiterhin bestehenden aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der anschließenden Klage von der Baugenehmigung vorläufig keinen Gebrauch machen dürfe. Die gegenteilige Auffassung des Antragsgegners sei fehlerhaft und müsse richtiggestellt werden. Die Voraussetzungen der Naturschutzgenehmigung zur Fällung der Linden lägen nicht vor. Die Bäume seien im Baumkataster der Antragstellerin erfasst und auch durch entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan Nr. 11 sowie durch § 19 Abs. 2 Naturschutzausführungsgesetz M-V (NatSchAG M-V) besonders geschützt. Die Baugenehmigung habe nicht erteilt werden dürfen, da der Bebauungsplan Nr. 11 keine Zufahrten von der E-Chaussee vorsehe. Ihr demnach erforderliches Einvernehmen sei nicht eingeholt worden. Eine Befreiung von der Festsetzung des Bebauungsplanes komme nicht in Betracht. Im Übrigen stünde dem Bauvorhaben auch die zur Sicherung der Änderungsplanung erlassene Veränderungssperre vom 25. April 2016 entgegen.

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Die Antragstellerin beantragt,

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1. den Antragsgegner zu verpflichten, der Beigeladenen mitzuteilen, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt von der Baugenehmigung Az. keinen Gebrauch machen dürfe,

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hilfsweise,

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2. die aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage gegen die der Beigeladenen unter dem Aktenzeichen erteilten Baugenehmigung vom 12.10.2016 anzuordnen und

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3. dem Antragsgegner aufzugeben, die Baustelle auf den Baugrundstücken Gemarkung …, Flur …, Flurstücke … stillzulegen.

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Der Antragsgegner beantragt,

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die Anträge zurückzuweisen.

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Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus: Wegen der bauaufsichtlichen Zulassung des Vorhabens bedürfe es nach § 212 a Baugesetzbuch (BauGB) einer gesonderten behördlichen Anordnung des Sofortvollzuges nicht mehr. Daran nehme auch die naturschutzrechtliche Genehmigung teil. Die Voraussetzungen dieser naturschutzrechtlichen Genehmigung lägen vor. Die Entscheidung, den Schutz der Bäume aufzuheben, sei unter Abwägung der Anforderungen des gesetzlichen Alleenschutzes, den Verkehrssicherheitsgesichtspunkten und den baumphysiologischen Problemen ermessensfehlerfrei getroffen worden. Anders als die Antragstellerin vortrage, beinhalte der Bebauungsplan Nr. 11 ein Zu- und Abfahrtsgebot bezüglich des Bauvorhabengrundstücks zur E-Chaussee nicht. Der Erlass der beantragten Baueinstellungsverfügung sei derzeit nicht erforderlich.

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Die Beigeladene ist den Ausführungen der Antragstellerin ebenfalls entgegengetreten, hat jedoch keinen Antrag gestellt.

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Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens teilten die Beteiligten mit, dass die Beigeladene die Linde Nr. 41 inzwischen gefällt habe.

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Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und der Verfahren 2 B 466/16 SN und 2 B 3087/16 SN sowie die Verwaltungsvorgänge des Antragsgegners verwiesen.

II.

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Die Auslegung der gestellten Anträge (§ 88 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – analog) ergibt, dass die Antragstellerin sich zum einen gegen den faktischen Vollzug der Baugenehmigung wendet und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung einschließlich der mit dem Bescheid gleichzeitig erteilten naturschutzrechtlichen Genehmigung begehrt. Die Anträge beziehen sich zwar ihrem Wortlaut nach auf die „Baugenehmigung vom 12.10.2016“. Daraus ist aber nicht zu folgern, dass die Antragstellerin sich nur gegen die mit Bescheid vom 12. Oktober 2016 erteilte Baugenehmigung wendet. Ihren weiteren Ausführungen ist vielmehr zu entnehmen, dass sie sich auch gegen die im Baugenehmigungsbescheid enthaltene Naturschutzgenehmigung wendet.

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Die Anträge haben aber insgesamt keinen Erfolg.

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1. Im Hinblick auf den Hauptantrag ist das Rechtsschutzbegehren der Antragstellerin bereits unzulässig.

25

Mit ihrem Antrag wendet sich die Antragstellerin gegen die Auffassung des Antragsgegners im Schreiben vom 14. Dezember 2016, dass mit Erlass des Widerspruchsbescheides durch den Antragsgegner die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs durch Verfügung vom 25. Oktober 2016 beendet sei. Dieser Antrag richtet sich nach § 80 VwGO und nicht - wie die Antragstellerin offenbar meint - nach § 123 VwGO. Ein solcher Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO wäre unzulässig. Dies ergibt sich aus Folgendem:

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Wenn Streit darüber besteht, ob ein Rechtsbehelf gegen einen Verwaltungsakt aufschiebende Wirkung hat, kann der Betroffene grundsätzlich den entsprechenden gerichtlichen Feststellungsantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO stellen. In einem solchen Fall muss lediglich die Rechtsfrage geklärt werden, ob dem Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung zukommt. Dies ist vergleichbar dem Fall einer faktischen Vollziehung, für den allgemein anerkannt ist, dass das Gericht festzustellen hat, dass die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs besteht (vgl. u.a. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 01. April 1999 - 2 CS 98.2646 -, juris Rn. 11; Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, 31. EL Juni 2016, VwGO § 80 Rn. 353). Sind bereits Vollziehungsmaßnahmen ergriffen worden, kann neben dem Feststellungsbegehren analog § 80 Abs. 5 Satz 1 nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO die Aufhebung der Vollziehung beantragt werden. Der Drittbetroffene hat dann ein rechtliches Interesse an der Feststellung der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Eines Rückgriffs auf § 123 VwGO bedarf es nicht, da nach § 80 Abs. 5 Satz 3 VwGO (analog) die gerichtliche Untersagung der entsprechenden behördlichen Vollziehung begehrt werden kann. Die Unzulässigkeit des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO ergibt sich unmittelbar aus § 123 Abs. 5. Danach ist die einstweilige Anordnung nicht statthaft in den Fällen des § 80 VwGO. Da über den Eintritt oder Nichteintritt der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gestritten wird, liegt ein Fall des § 80 Abs. 1 VwGO vor.

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Im vorliegenden Fall ist jedoch ein solcher Feststellungsantrag unzulässig.

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Statthaft ist ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 oder 3 VwGO analog, wenn die Behörde oder – im Fall des begünstigenden Verwaltungsakts mit drittbelastender Wirkung – der Begünstigte einen Verwaltungsakt unter Missachtung der bestehenden aufschiebenden Wirkung vollzieht. Vorläufiger Rechtsschutz bei faktischer Vollziehung ist notwendig, sobald die Behörde oder der Begünstigte trotz eingetretener aufschiebender Wirkung mit dem Vollzug droht, zum Vollzug ansetzt oder einen begonnenen Vollzug fortsetzt. Eine Abwägung des öffentlichen oder privaten Vollzugsinteresses und des individuellen Aussetzungsinteresses findet nicht statt. Das Gericht prüft allein, ob der eingelegte Rechtsbehelf die aufschiebende Wirkung ausgelöst hat (vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 08. August 2005 – 4 L 1226/05.NW –, Rn. 3, juris). Dies ist hier nicht der Fall.

29

Zwar hat die Antragstellerin gegen die der Beigeladenen erteilten Baugenehmigung vom 12. Oktober 2016 und die darin enthaltene Naturschutzgenehmigung fristgerecht Widerspruch erhoben und mittlerweile auch eine Anfechtungsklage anhängig gemacht. Dem Widerspruch kommt entgegen der Auffassung der Antragstellerin aber keine aufschiebende Wirkung zu.

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a. Was die Baugenehmigung betrifft, folgt der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs aus § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 212 a Abs. 1 BauGB. Die letzt genannte Vorschrift bestimmt, dass Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung keine aufschiebende Wirkung haben.

31

b. Vorliegend wird auch die auf der Grundlage von § 40 i.V.m. § 42 Abs. 1 NatSchAG M-V erteilte Naturschutzgenehmigung von § 212 a BauGB erfasst.

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Die Beschleunigungsvorschrift des § 212 a Abs. 1 BauGB schließt die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens aus. Unter einer bauaufsichtlichen Zulassung versteht man baurechtliche Genehmigungen oder andere präventive baurechtliche Kontrollerlaubnisse (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 08. Februar 2007 - 2 S 39/06 -, juris Rn. 4; Kalb/Külpmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 122. EL August 2016, BauGB § 212 a Rn. 24). Sie findet auch dann Anwendung, wenn in einer Baugenehmigung eine Naturschutzgenehmigung nach § 40 NatSchAG M-V enthalten ist. Denn dabei handelt es sich um eine „bauaufsichtliche Zulassung“ im Sinne des § 212 a Abs. 1 BauGB (vgl. VG Greifswald, Beschluss vom 26. Juni 2013 - 5 B 426/13 -, amtl. Umdruck S. 5 f.).

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Das Verwaltungsgericht Greifswald führt hierzu aus:

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„Der Begriff der bauaufsichtlichen Zulassung ist nach dem Wortlaut des § 212 a Abs. 1 BauGB auf ein Vorhaben bezogen und wird deshalb durch die Regelung des § 29 Abs. 1 BauGB mittels abschließender Aufzählung in seinem Anwendungsbereich stark beschränkt. Er wird vom Gesetz als Oberbegriff für eine präventive Kontrollentscheidung zur Freigabe von Vorhaben verwendet, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben (…). Zwar ist der Begriff der „bauaufsichtlichen Zulassung“ in diesem Rahmen eng auszulegen, da Abs. 1 der Norm eine Ausnahmevorschrift zu der in § 80 Abs. 1 VwGO angeordneten aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsbehelfes darstellt. Aus dem Zweck der Regelung, Investitionen zu erleichtern und zu beschleunigen, ergibt sich jedoch, dass solche bauaufsichtlichen Entscheidungen dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung kraft Gesetzes unterworfen sind, die die Bauausführung zulassen. Insoweit kommen als „Zulassungen“ solche Verwaltungsakte in Betracht, die mit ihrem verfügenden Teil das Bauen freigeben. Dazu gehört jedenfalls die Baugenehmigung (…). Denn mit dem Zugang der Baugenehmigung darf die Bauherrschaft mit der Ausführung des Vorhabens beginnen.

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Damit aber kommt dem Widerspruch des Antragstellers gegen die streitbefangene Baugenehmigung mit der darin enthaltenen Naturschutzgenehmigung keine aufschiebende Wirkung zu.“

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Zwar wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass der Widerspruch eines widerspruchsberechtigten Dritten in Bezug auf eine zusammen mit der Baugenehmigung erteilte weitere, selbständige Genehmigung aufschiebende Wirkung hat, sofern die Behörde nicht zugleich auch die sofortige Vollziehung der anderen Genehmigung anordnet (vgl. z.B. VG Neustadt (Weinstraße), Beschluss vom 26. September 2014 – 3 L 779/14.NW –, juris, für eine mit der Baugenehmigung erteilte wasserrechtliche Genehmigung). Dem folgt die Kammer indessen nicht. Vielmehr greift § 212 a BauGB nicht, soweit eine andere Behörde als die Baugenehmigungsbehörde außerhalb des Baurechts auch für die Erteilung der erforderlichen Baugenehmigung zuständig ist. Ebenso findet § 212 a BauGB keine Anwendung bei einer in einer anderen Genehmigung konzentriert enthaltenen baurechtlichen Zulassung (sog. Konzentrationswirkung), wie es beispielsweise bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 13 Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) der Fall ist. Hat das Rechtsmittel gegen eine solche Genehmigung nach dem dafür einschlägigen Fachrecht aufschiebende Wirkung, bezieht diese sich auf sämtliche „konzentrierten“ Regelungen mit der Folge, dass der von der Genehmigung Begünstigte nicht isoliert vorab die bauliche Anlage errichten darf (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 28. Juni 2013 – 1 B 164/13 –, Rn. 14, juris). Demgegenüber nehmen im „Huckepack“ der baurechtlichen Zulassung erteilte Genehmigungen – nach Landesrecht z. B. die naturschutzrechtliche (§ 42 Abs. 1 Satz 1 NatSchAG M-V) oder wasserrechtliche (§ 113a Satz 1 LWaG) Genehmigung – am Ausschluss der aufschiebenden Wirkung teil (vgl. VG Magdeburg, Beschluss vom 28. Juni 2013 – 1 B 164/13 –, Rn. 14, juris; VG Greifswald a.a.O.).

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Vorliegend ist zwar nicht der Fall einer in der Baugenehmigung konzentriert enthaltenen anderen Genehmigung gegeben. § 42 Abs. 1 Satz 1 NatSchAG M-V trifft vielmehr lediglich eine Zuständigkeitsregel, indem er anordnet, dass die Naturschutzgenehmigung durch die Bauaufsichtsbehörde im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde erteilt wird. Eine zur Anwendbarkeit des § 212 a BauGB führende Konzentrationswirkung der Baugenehmigung in Bezug auf die Naturschutzgenehmigung ist daher – trotz der entgegenlautenden Bezeichnung der Vorschrift – nicht normiert. Gleichwohl erstreckt sich die Wirkung des § 212 a BauGB auch auf die Naturschutzgenehmigung, weil diese im „Huckepack“ mit der baurechtlichen Zulassung ergeht. Sie wird damit ungeachtet ihres eigenständigen Regelungsgehalts Teil der „bauaufsichtlichen Zulassung“ im Sinne von § 212 a BauGB (vgl. VG Greifswald a.a.O; VG Magdeburg a.a.O.). Dem Widerspruch der Antragstellerin kommt daher insgesamt nicht bereits von Gesetzes wegen aufschiebende Wirkung zu.

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c. Im Gegensatz zur Auffassung der Antragstellerin besteht auch nicht der mit der Aussetzung der Vollziehung im Bescheid des Antragsgegners vom 25. Oktober 2016 verbundene Suspensiveffekt fort. Die Aussetzung der Vollziehbarkeit der Baugenehmigung vom 12. Oktober 2016 hat sich vielmehr durch den Erlass des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2016 erledigt.

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Zwar ist der Antragstellerin insoweit zu folgen, dass der Antragsgegner seine auf der Grundlage von § 80 a Abs. 1 Nr. 2 VwGO ergangene Aussetzungsentscheidung in der Folgezeit weder ausdrücklich noch konkludent aufgehoben hat. So ist insbesondere in dem Schreiben des Antragsgegners vom 14. Dezember 2016 eine solche Aufhebung nicht enthalten. Aus dem Schreiben ergibt sich lediglich, dass der Antragsgegner auf eine Rechtslage hinweisen wollte. Die Antragstellerin trägt insoweit zutreffend vor, dass eine ausdrückliche Aufhebung der Vollzugsanordnung nicht vorlag und dass eine behördliche Aussetzungsentscheidung grundsätzlich erst mit dem Eintritt der Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes endet. Dies gilt aber nicht, wenn - wie hier - die Anordnung des Sofortvollzuges zeitlich begrenzt ist. Im Bescheid des Antragsgegners vom 25. Oktober 2016 heißt es insoweit auf Seite 2, dass der Vollzug der Baugenehmigung bis zu einer Entscheidung über den Widerspruch aufgeschoben werde. Auf Seite 3 heißt es weiter, dass dem Antrag „zunächst stattgegeben“ werde. Mit dem Erlass des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2016 ist diese zeitliche Begrenzung weggefallen. Einer ausdrücklichen Aufhebung der Vollzugsanordnung bedurfte es nicht mehr.

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Der Hauptantrag ist daher insgesamt unzulässig.

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2. Der hilfsweise gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs bzw. der mittlerweile erhobenen Klage 2 A 182/17 SN der Antragstellerin gegen die Baugenehmigung vom 12. Oktober 2016 hat ebenfalls keinen Erfolg.

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a. Der Antrag ist hinsichtlich der durch die Naturschutzgenehmigung genehmigten Fällung der Linde Nr. 41 bereits deshalb unzulässig, weil die Genehmigung durch die von der Beigeladenen vorgenommenen Fällung des Baumes insoweit bereits vollzogen ist und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. In einem solchen Fall besteht das Rechtsschutzbedürfnis für den Eilantrag nicht mehr (vgl. nur Kalb/Külpmann, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 122. EL August 2016, BauGB § 212 a Rn. 38 m.w.N.).

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b. Im Hinblick auf die Erteilung der Baugenehmigung ist die Antragstellerin nach § 442 Abs. 2 VwGO analog antragsbefugt. Sie macht geltend, dass die Baugenehmigung den Festsetzungen ihres Bebauungsplans Nr. 11 widerspreche, wodurch sie in ihrer nach Art. 28 Abs. 2 GG geschützten Planungshoheit verletzt sein kann. Der Bebauungsplan enthält Festsetzungen der städtebaulichen Ordnung, zu deren Erlass die Antragstellerin im Rahmen ihres Selbstverwaltungsrechts berechtigt ist. Die planerischen Festsetzungen binden auch die Baugenehmigungsbehörde. Deshalb darf nach § 30 Abs. 1 BauGB ein Bauvorhaben nur genehmigt werden, wenn es den Vorgaben dieses Bebauungsplans nicht widerspricht. Von den Festsetzungen des Bebauungsplans darf die Baugenehmigungsbehörde gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 BauGB nur dann befreien, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Die Entscheidung erfolgt dabei gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB im Einvernehmen mit der Gemeinde.

44

Die Antragstellerin führt an, dass die Baugenehmigung den Festsetzungen des Bebauungsplans hinsichtlich der geplanten Zu- und Abfahrt widerspreche, so dass die erforderliche Erschließung nicht gesichert sei. Da das geplante Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspreche, sei das Einvernehmen der Gemeinde zwingend einzuholen gewesen. Außerdem stehe der Baugenehmigung die Veränderungssperre vom 25. April 2016 entgegen. Auch sei das Vorhaben der Beigeladenen nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BauNVO unzulässig.

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Hieraus ergeben sich hinreichende Anhaltspunkte für die Möglichkeit der Verletzung der gemeindlichen Planungshoheit. Das gilt auch dann, wenn das Bauvorhaben genehmigt ist, obwohl es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht, ohne dass die erforderliche Befreiung erteilt ist (vgl. Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 06. Januar 2016 - 3 M 78/15 - und Beschluss vom 26. März 2013 - 3 M 8/13 - sowie Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg, Beschluss vom 29. September 1981 - 3 S 1184/81 -, jeweils juris).

46

c. Ob die Antragstellerin auch hinsichtlich der Naturschutzgenehmigung – soweit die Nutzung des Kronentraufbereichs der Linde Nr. 39 betroffen ist – antragsbefugt ist (vgl. prinzipiell zur Befugnis einer Gemeinde, sich bei Außenbereichsvorhaben auf die Belange des § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB zu berufen, VG Schwerin, Urteil vom 17. Januar 2013 – 2 A 27/09 –, amtl. Umdruck S. 9 f.), kann offen bleiben. Ihr Rechtsschutzbegehren ist nämlich insgesamt – sowohl hinsichtlich der Baugenehmigung als auch hinsichtlich der Naturschutzgenehmigung – unbegründet.

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d. Gemäß §§ 80 Abs. 5 Satz 1, 80 a Satz 3 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs eines Dritten gegen einen nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO sofort vollziehbaren Verwaltungsakt anordnen, wenn das Interesse des Dritten, von der Vollziehung vorläufig verschont zu werden, das Interesse des Begünstigten – hier der Beigeladenen – an der sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind zunächst die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren zu prüfen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich die Antragstellerin als Standortgemeinde des in Rede stehenden Vorhabens gegen die erteilte Baugenehmigung nicht bereits dann zur Wehr setzen kann, wenn diese objektiv rechtswidrig ist. Vielmehr muss sich die Rechtswidrigkeit gerade aus einem Verstoß gegen Vorschriften ergeben, die dem Schutz der gemeindlichen Planungshoheit zu dienen bestimmt sind.

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Danach geht die Interessenabwägung hier zugunsten der Beigeladenen aus. Denn aufgrund der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass das Rechtsschutzbegehren in der Hauptsache aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben wird, weil die erteilte Baugenehmigung die Antragstellerin nicht in ihrer gemeindlichen Planungshoheit verletzt.

49

aa. Die Antragstellerin kann sich auf die Verletzung bauplanungsrechtlicher Vorschriften bereits deshalb nicht berufen, weil der Antragsgegner die planungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens der Beigeladenen durch den mittlerweile bestandkräftigen Bauvorbescheid vom 23. März 2015 bejaht hat. Dem steht auch die Veränderungssperre der Antragstellerin vom 25. April 2016 nicht entgegen, da dem Bauvorbescheid insoweit Bindungswirkung zukommt. Zwecks Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu auf den Beschluss vom 23. Juni 2016 (Az. 2 B 466/16 SN), mit dem die Kammer die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Beigeladenen gegen den Zurückstellungsbescheid des Antragsgegners vom 17. Dezember 2015 wiederhergestellt hat, verwiesen.

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Ob die Veränderungssperre hinsichtlich der von der Feststellungswirkung des Bauvorbescheids nicht erfassten Frage der gesicherten Erschließung ihre Sperrwirkung entfaltet, braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn das Planungsziel der beabsichtigten Bebauungsplanänderung ist auf die Begrenzung der Verkaufsraumflächen und nicht auf eine Änderung im Erschließungssystem bezogen.

51

bb. Soweit die Antragstellerin sich inhaltlich auf die fehlende gesicherte Erschließung des Bauvorhabens der Beigeladenen beruft, verhilft dies ihrem Begehren ebenfalls nicht zum Erfolg. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt eine Verletzung der Festsetzung des Bebauungsplans Nr. 11 hinsichtlich der Zu- und Abfahrt zum Grundstück der Beigeladenen nicht vor. Ein entsprechendes Zu- und Abfahrtsverbot wird im Bebauungsplan Nr. 11 nicht festgesetzt.

52

Grundsätzlich kann zwar in einem Bebauungsplan der Anschluss von Baugrundstücken an Verkehrsflächen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB festgesetzt werden, um zu regeln, an welche Straßen und Wege vom Grundstück aus Zu- und Abfahrten zulässig sind. Zu- und Abfahrtsverbote sollen in erster Linie der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs auf der jeweiligen Straße dienen, die durch Verkehrsvorgänge von und zu „ihren“ Anliegergrundstücken beeinträchtigt werden könnten. Diese Zielsetzung hat also weniger mit dem Bebauungsrecht als dem Straßenverkehrsrecht zu tun (vgl. BVerwG, Urteil vom 01. März 1991 - 8 C 59/89 -, Rn. 16, juris).

53

Dieser Aspekt spricht dagegen, die in einem Bebauungsplan getroffene Regelung der Einfahrtbereiche als abschließende Regelung für den Anschluss dieser Grundstücke an die betroffene Straße zu verstehen (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01. April 2005 - 3 A 3243/02 -, Rn. 28, juris). Solche Festsetzungen müssen, wie alle anderen Festsetzungen auch, dem Abwägungsgebot in § 1 Abs. 7 BauGB genügen (vgl. Oberverwaltungsgericht Schleswig Urt. v. 29. April 2015 – 1 KN 4/14, Rn. 36, juris, unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 11. März 1977 - 4 C 32.76 -; Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, 122. EL August 2016, BauGB § 9 Rn. 106). Zu berücksichtigen ist dabei, dass ein Zufahrtsverbot die Position des betroffenen Grundstückseigentümers über das übliche Maß hinaus einschränkt und zudem möglicherweise auch geeignet ist, Straßenbaubeitragslasten von dem betroffenen Grundstück auf die Nachbargrundstücke „abzuschieben“. Hinzu kommt, dass das Bebauungsrecht in allen seinen Vorschriften ohnehin die Zulässigkeit der Ausführung baulicher Anlagen von der Sicherung u. a. der verkehrlichen Erschließung abhängig macht (§§ 30 ff. BauGB). Deshalb muss im Grundsatz ein Grundstück über eine verkehrliche Erschließung verfügen. Das Verbot der Zu- und Abfahrt nach § 9 Nr. 11 BauGB muss sich deshalb ausdrücklich oder jedenfalls konkludent aus den textlichen Festsetzungen und der Begründung des Bebauungsplans ergeben (vgl. Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 01. April 2005, a.a.O.). Dies gilt umso mehr, wenn der an eine öffentliche Straße angrenzende Bereich anderweitig nicht erschlossen wird.

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Hiernach kann von einer entsprechenden Festsetzung im Bebauungsplan Nr. 11 der Antragstellerin nicht ausgegangen werden. Der Bebauungsplan enthält zwar an der Grenze zur E-Chaussee die zeichnerische Darstellung „Bereiche ohne Ein- und Ausfahrt“. Textliche Festsetzungen enthält der Bebauungsplan insoweit aber nicht. Es wird lediglich in der Begründung auf die Anforderungen des Bundesfernstraßengesetzes an die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs verwiesen. Eine ausdrückliche Festsetzung fehlt dagegen. Etwas anderes lässt sich der zeichnerischen Darstellung und den übrigen Festsetzungen auch nicht konkludent entnehmen. Zu berücksichtigen ist insbesondere, dass dem fraglichen Bereich an der E-Chaussee jeglicher Zugang an eine öffentliche Straße fehlt. Eine Erschließung des Vorhabengrundstücks wäre ansonsten ausschließlich über einen Stichweg möglich, der durch ein Wohngebiet führt. Eine solche Planung zur Erschließung eines Grundstücks, auf dem (auch) eine gewerbliche Nutzung zulässig ist, erscheint wenig sachgerecht. Die Antragstellerin hat im Bebauungsplan im Übrigen an anderer Stelle verkehrsrechtliche Festlegungen getroffen. So enthalten die textlichen Festsetzungen unter Ziffer 2 und 3 des Bebauungsplans ausdrückliche Gebote. Hätte die Antragstellerin einen generellen Ausschluss der Erschließungsmöglichkeiten von der E-Chaussee aus vornehmen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass sie hierzu eine ausdrückliche und klare (textliche) Festsetzung trifft. Dass sie dies nicht getan hat, entspricht zudem auch ihren eigenen Interessen. Ohne ausreichende Erschließungsmöglichkeiten wären die Grundstücke an der E-Chaussee weder für gewerbliche Nutzungen noch für eine Wohnbebauung attraktiv und entsprechend schlecht verwertbar. Der Auffassung des Antragsgegners, bei der zeichnerischen Darstellung handele es sich allein um die Darstellung der Bestandssituation und der Einhaltung straßenrechtlicher Vorgaben im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens, ist deshalb rechtlich nicht zu beanstanden.

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Die Antragstellerin kann sich somit mangels Festsetzung der Zu- und Abfahrt in ihrem Bebauungsplan Nr. 11 auch nicht darauf berufen, dass eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans notwendig gewesen wäre.

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cc. Auch hinsichtlich der Erlaubnis in der Naturschutzgenehmigung, den Kronentraufbereich der Linde Nr. 39 für die geplante Auffahrt des Vorhabens zu nutzen, sind subjektive Recht der Antragstellerin nicht verletzt. Soweit sie darauf verweist, dass die Bäume sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 11 befänden, geht sie von einer falschen Tatsachengrundlage aus. Die Festsetzung in Teil B unter Punkt 5.1.1 des Bebauungsplans in der Fassung der 4. Änderung, wonach der dauerhafte Erhalt und Schutz der Bäume festgesetzt wird, kann sich nur auf Bäume beziehen, die sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans befinden. Die streitgegenständlichen Bäume – und damit insbesondere die Linde Nr. 39 – sind davon nicht erfasst.

57

Der Antragstellerin steht im Übrigen auch unabhängig von den fehlenden Festsetzungen im Bebauungsplan kein subjektives Recht zu, dessen Verletzung sie im Hinblick auf die Linde Nr. 39 geltend machen könnte.

58

Soweit die Antragstellerin sich darauf beruft, dass die streitgegenständlichen Linden im städtischen Baumkataster erfasst seien und sie für die Unterhaltung und Pflege der Bäume zuständig sei, hilft ihr dies nicht weiter.

59

Voraussetzung für das einem Dritten zustehende subjektive Recht ist, dass die in Frage stehenden Rechtssätze zumindest auch dem Schutz von Individualinteressen zu dienen bestimmt sind. Zwar können Satzungen entsprechende subjektive Rechte gewähren. Fehlt es an einer ausdrücklichen Aussage hierzu, ist durch Auslegung zu bestimmen, ob mit einer Satzungsbestimmung ein individueller Schutz Dritter bezweckt ist. Festsetzungen in einer Baumschutzsatzung etwa dienen nicht dem Schutz von Individualinteressen, sie erfolgen allein im öffentlichen Interesse und schützen damit nur die Allgemeinheit (vgl. Oberverwaltungsgericht Niedersachsen, Urteil vom 11. April 1996 - 3 L 3798/94 -, juris; Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. Juni 2015 - 2 L 102/13 -, juris). Vorliegend geht es nicht um eine Baumschutzsatzung, sondern um das städtische Baumkataster, dem keine Rechtsnormqualität zukommt. Das schließt es aus, dem Umstand der Aufnahme der Linde Nr. 39 in das Kataster subjektiv-rechtliche Relevanz beizumessen. Soweit die Antragstellerin als Trägerin der Straßenbaulast gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 NatSchAG M-V i.V.m. § 13 Abs. 2 und 4 StrWG M-V die notwendige Unterhaltung in Abstimmung mit der Naturschutzbehörde vorzunehmen hat, werden ihr weitergehende Pflichten, die sich aus der angefochtenen Naturschutzgenehmigung ergeben, nicht auferlegt. Auch wird die Erfüllung ihrer Aufgabe im Hinblick auf die Linde Nr. 39 durch die naturschutzrechtliche Genehmigung nicht erschwert. Das von ihr vorgelegte Gutachten von Herrn Dr. F. vom Dezember 2016 schließlich betrifft die Linde Nr. 41 an der E-Chaussee; für die Linde Nr. 39 hat es keine Relevanz.

60

3. Der Hilfsantrag zu 3. betrifft den Erlass einer Baueinstellungsverfügung gemäß § 79 Abs. 1 Landesbauordnung M-V (LBauO M-V). Der Erlass einer solchen Verfügung setzt jedenfalls die Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Baugenehmigung voraus. Diese Voraussetzungen liegen – wie dargelegt – nicht vor.

61

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, da sie keinen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit keinem Kostentragungsrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

62

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG sowie Ziffer 9.10 (entsprechend) Streitwertkatalog 2013, wobei der sich danach ergebende Hauptsachestreitwert für das vorläufige Rechtsschutzverfahren halbiert worden ist (Ziffer 1.5).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 10. Feb. 2017 - 2 B 3900/16 SN

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Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 10. Feb. 2017 - 2 B 3900/16 SN zitiert 24 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 123


(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Ant

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Baugesetzbuch - BBauG | § 31 Ausnahmen und Befreiungen


(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind. (2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüg

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baugesetzbuch - BBauG | § 9 Inhalt des Bebauungsplans


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden: 1. die Art und das Maß der baulichen Nutzung;2. die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;2a. vom

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 28


(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Baugesetzbuch - BBauG | § 15 Zurückstellung von Baugesuchen


(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung

Baugesetzbuch - BBauG | § 212 Vorverfahren


(1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass ein nach dem Vierten oder Fünften Teil des Ersten Kapitels erlassener Verwaltungsakt durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 erst angefochten werden kann, nachdem s

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Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 10. Feb. 2017 - 2 B 3900/16 SN zitiert oder wird zitiert von 7 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Schwerin Beschluss, 10. Feb. 2017 - 2 B 3900/16 SN zitiert 7 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

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Tenor Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. Februar 2015 geändert. Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs und einer nachfolg

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Beschluss, 18. Juni 2015 - 2 L 102/13

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Tenor Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt. Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens. Der Streitwert wird für das Rechtsmittelverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhi

Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Urteil, 29. Apr. 2015 - 1 KN 4/14

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Tenor Die in Ziffer 9.1 des Teiles B des Bebauungsplanes Nr. 74 der Antragsgegnerin getroffene Textfestsetzung zur Winkelstützwand und die Festsetzung „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang" an der Kolberger Straße, soweit diese „ohne Zu

Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Beschluss, 26. Sept. 2014 - 3 L 779/14.NW

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Tenor 1) Es wird festgestellt, dass die Widersprüche der Antragsteller gegen die der Beigeladenen in dem Bescheid vom 28. August 2014 erteilte wasserrechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Seniorenpflegeheims auf dem Grundstück mit der Flurst

Verwaltungsgericht Magdeburg Beschluss, 28. Juni 2013 - 1 B 164/13

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Gründe I. 1 Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Genehmigung zum Neubau und zum Betrieb eines Menschenaffenhauses. 2 Er ist Eigentümer eines Grundstückes, das unmittelbar an das Gelände des M… Zoos angrenzt. Der Zoo

Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Beschluss, 26. März 2013 - 3 M 8/13

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Tenor Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert für das erstinstanzliche wie das Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 5000 Euro festgesetzt; insoweit wird Ziff. 2 des Beschl

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 17. Jan. 2013 - 2 A 27/09

bei uns veröffentlicht am 17.01.2013

Tenor Die Baugenehmigung des Beklagten vom 10.09.2008 für das Bauvorhaben Neubau Schweinemaststall, Halle und Güllebehälter in 19374 V. in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2008 wird aufgehoben. Die Kosten des Verfahrens tragen der B

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(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Wird eine Veränderungssperre nach § 14 nicht beschlossen, obwohl die Voraussetzungen gegeben sind, oder ist eine beschlossene Veränderungssperre noch nicht in Kraft getreten, hat die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu zwölf Monaten auszusetzen, wenn zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Wird kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, wird auf Antrag der Gemeinde anstelle der Aussetzung der Entscheidung über die Zulässigkeit eine vorläufige Untersagung innerhalb einer durch Landesrecht festgesetzten Frist ausgesprochen. Die vorläufige Untersagung steht der Zurückstellung nach Satz 1 gleich.

(2) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Zurückstellung von Baugesuchen nicht anzuwenden; mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs wird ein Bescheid über die Zurückstellung des Baugesuchs nach Absatz 1 unwirksam.

(3) Auf Antrag der Gemeinde hat die Baugenehmigungsbehörde die Entscheidung über die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummer 2 bis 6 für einen Zeitraum bis zu längstens einem Jahr nach Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs auszusetzen, wenn die Gemeinde beschlossen hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen, mit dem die Rechtswirkungen des § 35 Absatz 3 Satz 3 erreicht werden sollen, und zu befürchten ist, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Auf diesen Zeitraum ist die Zeit zwischen dem Eingang des Baugesuchs bei der zuständigen Behörde bis zur Zustellung der Zurückstellung des Baugesuchs nicht anzurechnen, soweit der Zeitraum für die Bearbeitung des Baugesuchs erforderlich ist. Der Antrag der Gemeinde nach Satz 1 ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Gemeinde in einem Verwaltungsverfahren von dem Bauvorhaben förmlich Kenntnis erhalten hat, zulässig. Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Baugenehmigungsbehörde auf Antrag der Gemeinde die Entscheidung nach Satz 1 um höchstens ein weiteres Jahr aussetzen.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass ein nach dem Vierten oder Fünften Teil des Ersten Kapitels erlassener Verwaltungsakt durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 erst angefochten werden kann, nachdem seine Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit in einem Vorverfahren nachgeprüft worden ist; das Vorverfahren ist in Anlehnung an die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung zu regeln.

(2) Ist ein Vorverfahren vorgesehen, hat der Widerspruch gegen

1.
den Umlegungsbeschluss nach § 47 Absatz 1,
2.
die Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans nach § 71 Absatz 1 sowie
3.
die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 77 oder § 116
keine aufschiebende Wirkung. § 80 Absatz 4 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

1) Es wird festgestellt, dass die Widersprüche der Antragsteller gegen die der Beigeladenen in dem Bescheid vom 28. August 2014 erteilte wasserrechtliche Genehmigung zur Errichtung eines Seniorenpflegeheims auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nr. ..... in Altenglan aufschiebende Wirkung haben. Ferner wird die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die der Beigeladenen in dem Bescheid vom 28. August 2014 erteilte Baugenehmigung zur Errichtung eines Seniorenpflegeheims auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nr. ..... in Altenglan angeordnet.

2) Der Antragsgegner und die Beigeladene haben jeweils die Hälfte der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu tragen. Im Übrigen trägt jeder seine außergerichtlichen Kosten selbst.

3) Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen einen der Beigeladenen erteilten Bescheid, der eine wasserrechtliche Genehmigung und eine Baugenehmigung beinhaltet.

2

Die Antragsteller zu 1) bis 3) sind Eigentümer des Grundstücks A-Straße .., Gemarkung Altenglan, Flurstück-Nr. ...... Die Antragstellerin zu 4) ist Eigentümerin des südlich angrenzenden Grundstücks A-Straße .., Flurstück-Nr. ...... Beide mit Wohngebäuden bebaute Grundstücke liegen im unbeplanten Innenbereich von Altenglan westlich der A-Straße. Der Antragsteller zu 5) ist Eigentümer des mit einem eingeschossigen Wohnbungalow bebauten Grundstücks A-Straße .. (Flurstück-Nr. …..) und die Antragstellerin zu 6) ist Eigentümerin des ebenfalls mit einem Wohngebäude bebauten Grundstücks A-Straße .. (Flurstück-Nr. ….). Diese Grundstücke befinden sich auf der den Anwesen der Antragsteller zu 1) bis 4) östlich gegenüber liegenden Seite der A-Straße und liegen im Geltungsbereich des im Jahre 2003 in Kraft getretenen Bebauungsplans „…“ der Ortsgemeinde Altenglan. Südlich des Grundstücks der Antragstellerin zu 4) zweigt die A-Straße Richtung Westen ab. Unmittelbar an die A-Straße grenzt im Süden der Kuselbach an, ein Gewässer zweiter Ordnung. Westlich und nördlich an die Grundstücke der Antragsteller schließt sich das bisher unbebaute ca. 6.000 m² große und ebenfalls im unbeplanten Innenbereich gelegene Grundstück Flurstück-Nr. ..... an, auf dem die Beigeladene ein Seniorenpflegeheim errichten möchte. Westlich und nördlich dieses Grundstücks befindet sich Wohnbebauung. In der weiteren Umgebung gibt es außer Wohnbebauung einen Feinkostladen, ein leerstehendes Ladenlokal und einen Kuhstall mit einem Viehbestand von derzeit 28 Kühen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Lageplan verwiesen.

3

Die Beigeladene stellte am 2. Juni 2014 beim Antragsgegner einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung sowie einer wasserrechtlichen Genehmigung zur Errichtung eines Seniorenpflegeheims mit 86 Einzelzimmern für ein umfassendes Leistungsangebot und 10 Appartements für betreutes Wohnen sowie den zugehörigen verwaltungs-, sozial- und betriebstypischen Räumlichkeiten inklusive Küche sowie einer Cafeteria. Das Seniorenheim soll ausweislich der Baupläne in geschlossener Blockbauweise ausgeführt werden und hat eine Länge von mehr als 50 m sowie eine Gesamthöhe von ca. 14 m.

4

Auf diesen Antrag hin erließ die untere Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners am 28. August 2014 gegenüber der Beigeladenen eine Baugenehmigung für die Errichtung des Seniorenpflegeheims sowie eine wasserrechtliche Genehmigung unter zahlreichen Nebenbestimmungen auf dem Grundstück Flurstück-Nr. ...... Gründe, die eine Versagung der beantragten Baugenehmigung gerechtfertigt hätten, lägen nicht vor. Dies gelte ebenso für die wasserrechtliche Genehmigung, da Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht gegeben seien. In den Hinweisen zur wasserrechtlichen Genehmigung führte der Antragsgegner aus, anfallendes häusliches Schmutzwasser sei ordnungsgemäß an die gemeindliche Kanalisation anzuschließen. Aufgrund der örtlichen Verhältnisse biete es sich an, das nicht behandlungsbedürftige Niederschlagswasser bebauter und befestigter Flächen in den Kuselbach einzuleiten. Da das Bauvorhaben sowohl den 40 m-Bereich des Kuselbachs als auch einen nahegelegenen hochwassersensiblen Bereich betreffe, werde auf die gesetzliche Sorgfaltspflicht hingewiesen, wonach jeder, der durch Hochwasser betroffen sein könne, verpflichtet sei, geeignete Vorsorgemaßnahmen zum Schutz vor nachteiligen Hochwasserfolgen und zur Schadensminderung zu treffen.

5

Am 29. August 2014 übersandte der Antragsgegner der Antragstellerin zu 1) den Bescheid vom Vortage zur Kenntnis. Dieses Schreiben war mit einer eigenen Rechtsbehelfsbelehrung versehen.

6

Am 2. September 2014 haben die Antragsteller zu 1) bis 4) mit einem sowohl an den Antragsgegner als auch an das beschließende Gericht gerichteten und von den Antragstellern zu 1) und 4) handschriftlich unterzeichneten Schreiben Widerspruch eingelegt und um vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutz nachgesucht. Sie führen u.a. aus, das Bauvorhaben der Beigeladenen verstoße gegen die Belange des Hochwasserschutzes. Die nähere Umgebung sei hochwassergeplagt. Während des Hochwassers in den Jahren 1993, 1998 und 2003 habe das streitgegenständliche Grundstück als Ausgleichsfläche für das aus dem Kuselbach aufsteigende Hochwasser gedient. Das Hochwassergebiet befinde sich nach ihrem Kenntnisstand zwar noch nicht in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet, sei aber vorläufig in Kartenform dargestellt. Überschwemmungsgebiete seien in ihrer Funktion als Rückhalteflächen zu erhalten. Soweit das geplante Bauprojekt der Beigeladenen umgesetzt würde, wären ihre Wohnhäuser beim nächsten Hochwasser noch in erheblich größerem Umfange gefährdet, denn das Grundstück Flurstück-Nr. ..... würde im Falle der Bebauung nahezu komplett bebaut und versiegelt. Ausgleichsflächen bestünden nicht mehr. Diese seien aber laut dem Schreiben der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd vom 5. Februar 2014 immer noch notwendig, da die Gefahr der Überschwemmung dieser Fläche bestehe. Verstärkt würden die Nachteile des Hochwassers dadurch, dass das gesamte Oberflächenwasser in den Kuselbach abgeleitet werden solle. Dies wäre bei Hochwasser jedoch physikalisch faktisch ausgeschlossen. Es würde zu einem Rückstaueffekt kommen. Durch die mangelnde Möglichkeit des Hochwassers wieder abzufließen, würde ihr Grundeigentum im Vergleich zu den vorherigen Hochwasserkatastrophen noch mehr beeinträchtigt werden. Dies würde langfristig zur vollständigen Existenzgefährdung der Antragsteller führen, da die am Anwesen entstandenen Schäden wohl nicht mehr reparabel seien. Die mit dem Bauvorhaben potentiellen, nicht hinnehmbaren Beeinträchtigungen der Antragsteller seien somit von ihnen nicht hinzunehmen.

7

Die Baugenehmigung verstoße gegen drittschützende Bestimmungen. Das Grundstück der Beigeladenen liege im sog. „Außenbereich im Innenbereich“ und rufe schädliche Umwelteinwirkungen hervor. Das Seniorenheim mit seinen geplanten 96 Wohneinheiten bringe einen erheblichen Verkehrszuwachs in unmittelbarer Nähe ihrer Anwesen mit sich. Wie sich aus den Plänen ergebe, werde die Hauptzufahrt zum Seniorenheim direkt neben und im hinteren Ruhebereich ihrer Grundstücke erfolgen. Der in unmittelbarer Nähe ihrer Wohngebäude immens ansteigende Geräuschpegel werde für sie eine erhebliche nervliche und damit auch gesundheitlich nicht zumutbare Belastung darstellen. Es seien bis zu 500 oder mehr An- und Abfahrten pro Tag zu dem Seniorenheim nicht auszuschließen und durchaus realistisch. Ein solches Verkehrsaufkommen, gerade im rückwärtigen Erholungsbereich ihrer Grundstücke, könne ihnen nicht zugemutet werden.

8

Nehme man stattdessen an, das Grundstück der Beigeladenen liege im unbeplanten Innenbereich, so gehe von diesem eine erdrückende Wirkung auf ihre Grundstücke aus. Ein Seniorenpflegeheim in der genehmigten Dimension sei in einem faktischen reinen Wohngebiet unzulässig und verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme.

9

Die Antragsteller zu 5) und 6) haben am 26. September 2014 Widerspruch eingelegt und sich dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren der Antragsteller zu 1) bis 4) angeschlossen. Sie weisen ebenfalls darauf hin, dass die Hochwassergefahr jederzeit bestehe. Das Bauherrengrundstück solle nahezu komplett überbaut bzw. versiegelt und das Oberflächenwasser in den Kuselbach abgeleitet werden. Dadurch würde sich auch für dieses Grundstück die Überschwemmungsgefahr drastisch erhöhen, da dann noch eine Rückstaugefahr bestünde. Bisher sei das Bauherrengelände immer eine unbebaute Retentionsfläche gewesen. Dort habe das Regenwasser natürlich versickern können. Eine Elementarversicherung bzgl. Hochwasserschäden sei praktisch unerschwinglich bzw. decke viele Schäden nicht mehr ab bzw. nur noch mit sehr hoher Selbstbeteiligung. Mehrere Versuche, das Grundstück zu veräußern bzw. zu vermieten, seien u.a. auch aus diesem Grunde schon gescheitert.

10

Die Antragsteller beantragen,

11

die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 2. Juni 2014 (gemeint ist der 2. September 2014) bzw. 26. September 2014 gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners zugunsten der Beigeladenen vom 28. August 2014 anzuordnen.

12

Der Antragsgegner beantragt,

13

den Antrag abzulehnen.

14

Er führt aus, das Baugrundstück liege im Niveauverlauf in großen Teilen höher als der Kuselbach und wirke deshalb bereits jetzt nicht als Retentionsfläche. Darum liege die Maßnahme weder in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet noch liege die Fläche in einem durch Arbeitskarten ausgewiesenen Hochwasserbereich des Kuselbachs. Die von den Antragstellern vorgelegte Hochwasserkarte HQ100 sei lediglich ein Service der Wasserwirtschaftsverwaltung zur Information von Bürgern über mögliche Hochwassergefahren bei Jahrhunderthochwasser. Diese Karte habe keine Rechtskraft für wasserrechtliche Entscheidungen.

15

In bauplanungsrechtlicher Hinsicht verstoße das Vorhaben der Beigeladenen nicht gegen nachbarschützende Vorschriften. Was das Verkehrsaufkommen anbetreffe, gingen die Antragsteller von falschen Voraussetzungen aus. Nach der realistischen Schätzung des Betreibers sei täglich nur von 80 bis 100 Zu- und Abfahrten auszugehen.

16

Die Beigeladene beantragt ebenfalls,

17

den Antrag abzulehnen.

18

Sie hält das Begehren der Antragsteller für unbegründet.

II.

19

Der ausdrücklich gestellte Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche vom 2. September 2014 gegen die der Beigeladenen erteilte Genehmigung vom 28. August 2014 zur Errichtung eines Seniorenpflegeheims auf dem Grundstück mit der Flurstück-Nr. ..... in Altenglan anzuordnen, bedarf zunächst der Auslegung nach §§ 122, 88 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – (1.). Das ausgelegte Begehren der Antragsteller auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die in dem Bescheid vom 28. August 2014 erteilte wasserrechtliche Genehmigung ist zulässig und begründet (2.). Ebenfalls Erfolg hat der Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die der Beigeladenen in dem Bescheid vom 28. August 2014 erteilte Baugenehmigung anzuordnen (3.).

20

1. Zwar darf das erkennende Gericht nach dem in § 88 Halbsatz 1 VwGO kodifizierten „ne ultra petita“ - Grundsatz, der auch im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes Anwendung findet, nicht über das Klagebegehren hinausgehen. Gemäß § 88 Halbsatz 2 VwGO ist es aber nicht an die Fassung der gestellten Anträge gebunden. Auch wenn bei einem von einem Rechtsanwalt gestellten Antrag in der Regel ein strengerer Maßstab anzuwenden ist (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Auflage 2014, § 88 Rn. 3), hat das Gericht dennoch das im Antrag und im gesamten Parteivorbringen zum Ausdruck kommende Rechtsschutzziel zu ermitteln und seiner Entscheidung zu Grunde zu legen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014 – 3 B 74/13 –, juris). Auf den vorliegenden Fall übertragen ist danach davon auszugehen, dass die Antragsteller sich insgesamt gegen den Bescheid vom 28. August 2014 wenden. Dieser Bescheid des Antragsgegners beinhaltet aber nicht nur die Erteilung einer Baugenehmigung nach § 70 Landesbauordnung – LBauO – (s. die Überschrift des Bescheids), sondern auch eine selbstständige wasserrechtliche Genehmigung (s. Seite 15, die mit „Bescheid“ und „Genehmigung“ überschrieben ist) und damit zwei getrennt voneinander zu beurteilende Verwaltungsakte.

21

Nach § 76 Abs. 1 Satz 1 Landeswassergesetz – LWG – bedarf die Errichtung oder wesentliche Veränderung von Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern der Genehmigung. Zwar hat der Bundesgesetzgeber mit der Neuregelung des Wasserrechts im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung mit § 36 Wasserhaushaltsgesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I Seite 2585) i.d.F. vom 15. August 2013 (BGBl I Seite 3154) – WHG – Anforderungen an Anlagen im Gewässerbereich festgelegt. Nach § 36 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 WHG sind Anlagen wie z.B. Gebäude in, an, über und unter oberirdischen Gewässern so zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten und stillzulegen, dass keine schädlichen Gewässerveränderungen zu erwarten sind und die Gewässerunterhaltung nicht mehr erschwert wird, als es den Umständen nach unvermeidbar ist. Nach Satz 3 der genannten Bestimmung gelten im Übrigen die landesrechtlichen Vorschriften. § 76 LWG gilt daher weiter, insbesondere der Genehmigungsvorbehalt für die Errichtung solcher Anlagen (s. auch Beile, Landeswassergesetz, Stand Oktober 2013, § 76 Vorbemerkung).

22

Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 3 LWG sind Anlagen an Gewässern u.a. solche, die weniger als 40 m von der Uferlinie eines Gewässers erster oder zweiter Ordnung entfernt sind. Diese Norm greift hier ein. Denn zum einen handelt es sich bei dem angrenzenden Kuselbach um ein Gewässer zweiter Ordnung (s. § 3 Abs. 2 Nr. 2 LWG i.V.m. der Landesverordnung über die Gewässer zweiter Ordnung vom 7. November 1983 (GVBl. 1983, 339)) und zum anderen grenzt der Baukörper des künftigen Seniorenpflegeheims der Beigeladenen ausweislich der sich bei den Verwaltungsakten befindlichen Bau- und Lagepläne an der engsten Stelle ca. 11 m an die Uferlinie des Kuselbachs. Gemäß § 76 Abs. 6 Satz 2 LWG entscheidet bei Gebäuden, die – wie hier – einer baurechtlichen Genehmigung bedürfen, die für die Erteilung der Baugenehmigung zuständige Behörde; die Erteilung der Genehmigung erfolgt jeweils im Einvernehmen mit der zuständigen Wasserbehörde.

23

Zwar bedürfen gemäß § 84 Satz 1 Nr. 1 LBauO u.a. Anlagen an oberirdischen Gewässern keines bauaufsichtlichen Verfahrens, wenn für diese nach anderen Rechtsvorschriften eine Genehmigung, Bewilligung oder Erlaubnis erforderlich ist. Dies hat zur Folge, dass in den Fällen, in denen ein Vorhaben einer wasserrechtlichen Genehmigung oder Erlaubnis bedarf, aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die zuständige Wasserbehörde in dem wasserrechtlichen Erlaubnisverfahren über die Baugenehmigung materiell mitentscheidet, ohne dass eine förmliche Baugenehmigung zusätzlich zu der fachgesetzlich geregelten Behördenentscheidung ausgesprochen werden müsste (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 22. November 2007 – 1 A 10650/07.OVG –, NVwZ-RR 2008, 312). § 84 Satz 1 Nr. 1 LBauO enthält aber in seinem letzten Halbsatz eine Rückausnahme für Gebäude, so dass diese uneingeschränkt der Bauaufsicht unterliegen (vgl. Jeromin in: Jeromin/Schmidt/Lang, LBauO, 3. Auflage 2012, § 84 Rn. 3). Die Zuständigkeitsverlagerung im Falle von Gebäuden auf die Baugenehmigungsbehörde führt indessen nicht dazu, dass nur das Prüfprogramm der Baugenehmigungsbehörde erweitert und diese die wasserrechtlichen Fragen in der Baugenehmigung mitentscheiden muss mit der Folge, dass die wasserrechtliche Genehmigung entbehrlich wird. Vielmehr hat die Baugenehmigungsbehörde nach dem eindeutigen Wortlaut des § 76 Abs. 6 Satz 2 LWGauch über die Erteilung der Genehmigung nach Absatz 1“ zu entscheiden, d.h. sie muss zwei rechtlich selbstständige Verwaltungsakte erlassen (s. VG Neustadt, Beschluss vom 10. September 1999 – 4 L 2168/99.NW –, juris; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 25. Juli 2007 - 8 A 10587/07.OVG – zu Baugenehmigung und denkmalschutzrechtlicher Genehmigung; a.A. Jeromin in: Jeromin/Schmidt/Lang, a.a.O., § 70 Rn. 49). Eine Konzentrationswirkung dergestalt, dass die Baugenehmigung die wasserrechtliche Genehmigung mitumfasst, wie dies etwa bei der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung gegenüber der Baugenehmigung nach § 13 Bundesimmissionsschutzgesetz – BImSchG – oder der Genehmigung nach § 7 Atomgesetz – AtG – hinsichtlich der Baugenehmigung nach § 70 Abs. 6 LBauO der Fall ist, gibt es im Verhältnis zwischen Baugenehmigung und wasserrechtlicher Genehmigung nicht (VG Neustadt, Beschluss vom 10. September 1999 – 4 L 2168/99.NW –, juris; vgl. zu Verwaltungsentscheidungen im Überschneidungsbereich von Baurecht und Wasserrecht Kaster/Reinhardt NVwZ 1993, 1059). Die Baugenehmigungsbehörde kann in den Fällen, in denen sowohl eine Baugenehmigung nach § 70 Abs. 1 LBauO als auch eine wasserrechtliche Genehmigung nach § 76 Abs. 1 WHG erforderlich ist, entweder zwei getrennte Bescheide erlassen oder die wasserrechtliche Genehmigung in ihren nach Baurecht zu erteilenden Bescheid durch besonderen Ausspruch aufnehmen (vgl. Beile, a.a.O., § 76 Anm. 6). Dieser Rechtslage folgend hat die untere Bauaufsichtsbehörde des Antragsgegners für das Bauvorhaben der Beigeladenen daher zu Recht sowohl einen baurechtlichen als auch einen wasserrechtlichen Verwaltungsakt erlassen.

24

Die Antragsteller machen ausdrücklich geltend, der Bescheid vom 28. August 2014 verstoße gegen nachbarschützende baurechtliche und wasserrechtliche Bestimmungen. Die Auslegung ihres gesamten Parteivorbringens gemäß § 88 VwGO ergibt somit, dass sie sich sowohl gegen die Baugenehmigung als auch gegen die wasserrechtliche Genehmigung wenden.

25

2. Das vorläufige Rechtsschutzgesuch der Antragsteller gegen die wasserrechtliche Genehmigung hat Erfolg.

26

2.1. Der auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche auszulegende Antrag der Antragsteller ist zulässig.

27

2.1.1. Insbesondere ist er analog § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO statthaft.

28

Das ausgelegte Begehren der Antragsteller wird von der Rechtsbehauptung gekennzeichnet, dass ihre Anfechtungswidersprüche vom 2. September 2014 bzw. 26. September 2014 gegen die der Beigeladenen erteilte wasserrechtliche Genehmigung nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung hat. Bei dieser Genehmigung handelt es sich – ebenso wie bei der Baugenehmigung – um einen Verwaltungsakt mit Doppelwirkung, für die die Regelung des § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach dessen Satz 2 ebenfalls gilt. Ein Fall, in dem die aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO) entfällt, liegt hier nicht vor. Von der ihr durch § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO eingeräumten Befugnis, die sofortige Vollziehbarkeit im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden privaten Interesse eines Beteiligten anzuordnen, hat der Antragsgegner in der wasserrechtlichen Genehmigung vom 28. August 2014 keinen Gebrauch gemacht.

29

In einer derartigen verfahrensrechtlichen Lage, in der ein Dritter gegen einen den Adressaten begünstigenden Verwaltungsakt Widerspruch eingelegt hat, bestimmt sich der vorläufige Rechtsschutz nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO, wonach die Behörde gemäß § 80 Abs. 4 VwGO die Vollziehung aussetzen und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Dritten treffen kann. Seinem Wortlaut nach räumt das Gesetz der Behörde mithin nur für die Fälle eine Regelungsbefugnis ein, bei denen es um die Aussetzung der Vollziehung von Verwaltungsakten geht, die entweder kraft Gesetzes oder kraft behördlicher Zulassung sofort vollziehbar sind. Dagegen wird der Fall, dass eine bestehende aufschiebende Wirkung von der Behörde bzw. dem Begünstigten missachtet wird, nicht ausdrücklich geregelt (sog. faktischer Vollzug). Insoweit enthält das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke: Nach dem in den §§ 123 Abs. 5, 80a VwGO zum Ausdruck kommenden Konzept soll der vorläufige Rechtsschutz vollständig und ausschließlich im Rahmen des Systems der §§ 80a, 80 VwGO gewährt werden. Soll daher auch in der Situation des faktischen Vollzugs dem grundrechtlichen Gebot des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG –) Rechnung getragen werden, ist § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO analog auf den Fall des faktischen Vollzugs durch den Begünstigten anzuwenden. Kommt dem Widerspruch des Dritten aufschiebende Wirkung zu, kann die Behörde analog § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO den Begünstigten zur Beachtung der aufschiebenden Wirkung durch Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs anhalten. Lehnt die Behörde – wie hier – das Begehren des Dritten auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs analog § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO ab, richtet sich der vorläufige gerichtliche Rechtsschutz konsequenterweise nach § 80a Abs. 3 Satz 1 VwGO i.V.m. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO analog: Der Dritte kann bei Gericht beantragen, dass dieses die von der Behörde verweigerte Feststellung, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat, selbst trifft (vgl. Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Auflage 2014, § 80 a Rn. 36; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 07. Februar 1994 – 7 B 10153/94 –, NVwZ-RR 1995, 124).

30

Der Statthaftigkeit des Antrags analog § 80a Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO steht auch nicht die Vorschrift des § 212a BaugesetzbuchBauGB – entgegen, wonach die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage eines Dritten gegen die „bauaufsichtliche Zulassung“ eines Vorhabens entfällt. Eine „bauaufsichtliche Zulassung“ im Sinne der genannten Bestimmung liegt nicht vor, wenn – wie hier – neben der „bauaufsichtlichen Zulassung“ eine weitere Genehmigung erteilt wurde, die nicht von der Konzentrationswirkung der bauaufsichtlichen Zulassung wie z.B. § 6 Abs. 1 Satz 1 Landesnaturschutzgesetz – LNatSchG – umfasst wird (vgl. VG Neustadt, Beschluss vom 10. September 1999 – 4 L 2168/99.NW –, juris). Der Anwendungsbereich des § 212a BauGB wird für eine zusätzlich zur Baugenehmigung ergangene eigenständige wasserrechtliche Genehmigung nicht eröffnet (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2010 – Au 5 E 10.747 –, juris).

31

2.1.2. Für den Feststellungsantrag kann den Antragstellern zu 2) und 3) ein Rechtsschutzinteresse nicht abgesprochen werden.

32

Allerdings haben ausweislich der Verwaltungs- und Gerichtsakte nur die Antragstellerin zu 1) und die Antragstellerin zu 4) den in ihrem Namen eingelegten Widerspruch vom 2. September 2014 unterschrieben. Gemäß § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist der Widerspruchschriftlich oder zur Niederschrift der Behörde einzulegen. Dem Schriftlichkeitserfordernis wird bei bestimmenden Schriftsätzen in der Regel nur genügt, wenn der Widerspruch schriftlich abgefasst und eigenhändig unterzeichnet ist (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, Verwaltungsgerichtsordnung, Stand März 2014, § 70 Rn. 4). Daran fehlt es hier in Bezug auf die Antragsteller zu 2) und 3). Ausnahmen von der Notwendigkeit der eigenhändigen Unterzeichnung werden aber zugelassen, wenn der Zweck des Schriftformerfordernisses gleichwohl erfüllt ist. Fehlt die Unterschrift, ist die Schriftform dennoch gewahrt, wenn sich aus dem Widerspruchsschreiben, aus sonstigen Unterlagen oder sonstigen Umständen hinreichend sicher, d. h. ohne Rückfrage oder Beweiserhebung, zweifelsfrei ergibt, dass das Widerspruchsschreiben vom Widerspruchsführer herrührt und mit seinem Willen in Verkehr gebracht wurde (s. z.B. BVerwG, Urteil vom 18. Dezember 1992 – 7 C 16.92 –, NJW 1993, 1874). So verhält es sich hier. Es bestehen keine Zweifel, dass das dem Antragsgegner per Telefax zugegangene Widerspruchsschreiben vom 2. September 2014 tatsächlich auch von den Antragstellern zu 2) und 3) willentlich in den Rechtsverkehr gebracht worden ist. Dass diese sich auch persönlich gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 28. August 2014 zur Wehr setzen wollen, bestätigt auch die Vorlage der unterschriebenen Prozessvollmachten der Antragsteller zu 2) und 3) vom 5. September 2014 (Blatt 139 der Gerichtsakte).

33

Angesichts dieses Ergebnisses braucht die Kammer nicht näher auf die Frage einzugehen, ob ein Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung analog § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO auch schon vor Erhebung des Widerspruchs zulässig ist.

34

2.1.3. Es kann auch nicht angenommen werden, dass die Widersprüche der Antragsteller gegen die wasserrechtliche Genehmigung vom 28. August 2014 offensichtlich unzulässig sind mit der Konsequenz, dass den Widersprüchen hiergegen keine aufschiebende Wirkung zukommt (hierzu s. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 2006 – 1 BvR 493/05 –, juris und BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 1992 – 7 C 24/92 –, NJW 1993, 1610; vgl. auch OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 8. Februar 1993 – 11 B 12228/92 –, DÖV 1993, 625). In der Konstellation, in der der Rechtsschutzsuchende als Nichtadressat des angefochtenen Verwaltungsakts nicht nach § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen kann, durch ihn in eigenen Rechten verletzt zu sein, kommt die Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz ebenso wenig in Betracht wie in den Fällen, in denen der Antragsteller den Verwaltungsakt hat unanfechtbar werden lassen und Wiedereinsetzungsgründe offensichtlich ausgeschlossen sind (s. dazu VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Juni 2004 – 6 S 30/04 –, NJW 2004, 2690).

35

Vorliegend sind die Widersprüche der Antragsteller aber nicht offensichtlich unzulässig. Da die Anforderungen an § 42 Abs. 2 VwGO nicht überspannt werden dürfen, ist es in diesem Zusammenhang ausreichend, Tatsachen vorzutragen, die es denkbar und möglich erscheinen lassen, dass eine eigene rechtlich geschützte Position beeinträchtigt wird. Daran fehlt es nur dann, wenn auf der Grundlage des Tatsachenvortrags des Antragstellers offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise die von ihm behaupteten Rechtspositionen bestehen oder ihm zustehen oder – ihr Bestehen oder Zustehen unterstellt – unter keinem Gesichtspunkt verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. November 2003 – 9 C 6.02 –, BVerwGE 119, 245, 249 m.w.N.).

36

Zwar dient die hier vom Antragsgegner geprüfte Bestimmung des § 76 LWG, soweit sie das Wohl der Allgemeinheit i.S.d. § 76 Abs. 2 LWG im Auge hat, ausschließlich der Sicherung öffentlicher Interessen und Belangen der Wasserwirtschaft. Nach § 76 Abs. 2 LWG darf die Genehmigung von Anlagen allerdings auch versagt werden, wenn von dem Vorhaben erhebliche Nachteile, Gefahren oder Belästigungen für andere Grundstücke und Anlagen zu erwarten sind, die durch Bedingungen oder Auflagen weder verhütet noch ausgeglichen werden können. Insofern dient die Vorschrift des § 76 LWG auch dem Schutz betroffener Grundstücke und entfaltet zugunsten der Grundstückseigentümer kraft Gesetzes eine eigentums- und bestandsrechtliche Schutzwirkung mit der Folge, dass sich auch betroffene Dritte gegen Neuanlagen zur Wehr setzen können (VG Trier, Urteil vom 12. Juli 2006 – 5 K 178/06.TR –, ESOVG RP; Beile, a.a.O., § 76 Ziff. 1; Jeromin in: Jeromin/Kerkmann, Landeswassergesetz, 2008, § 76 Rn. 5 und 74).

37

Danach sind die Antragsteller hier antragsbefugt, weil eine Beeinträchtigung ihrer Grundstücke durch den Bau des Seniorenpflegeheims nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann. Tatsächlich führen die Antragsteller aus, dass durch die Errichtung des Seniorenpflegeheims eine große Fläche versiegelt würde, die in der Vergangenheit bei verschiedenen Hochwasserereignissen als Retentionsraum zur Verfügung gestanden habe. Durch die mangelnde Möglichkeit des Hochwassers wieder abzufließen, würde ihr Grundeigentum im Vergleich zu den vorherigen Hochwasserkatastrophen noch mehr beeinträchtigt werden.

38

Dieser Vortrag wirft zwar die Frage auf, ob hier statt einer Entscheidung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 LWG nicht vorrangig eine Entscheidung nach § 76 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG durch die gemäß §§ 89 Abs. 2, 88 Abs. 1, 105 Abs. 2 LWG zuständige obere Wasserbehörde – hier die Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd – hätte getroffen werden müssen. Dies ist nach summarischer Prüfung jedoch zu verneinen. Gemäß § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG kann unter bestimmten Voraussetzungen abweichend von dem in § 78 Abs. 1 Nr. 2 WHG angeordneten Verbot, in Überschwemmungsgebieten bauliche Anlagen zu errichten, eine Genehmigung für solche baulichen Anlagen erteilt werden. § 78 Abs. 3 Satz 1 WHG kommt ebenfalls nachbarschützende Wirkung zu (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteile vom 19. Juni 2007 – 1 A 10321/07.OVG – und vom 2. März 2010 – 1 A 10176/09.OVG –, juris; Czychowski, WHG, 10. Auflage 2010, § 78 Rn 46; vgl. zum Drittschutz nach § 78 Abs. 4 WHG OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 4. September 2014 –1 A 11262/13.OVG –). Vorliegend liegt das streitgegenständliche Grundstück der Beigeladenen nach den Recherchen des Gerichts sowie dem Vortrag des Antragsgegners allerdings weder in einem festgesetzten Überschwemmungsgebiet noch ist es in Kartenform dargestellt und vorläufig gesichert im Sinne von § 76 Abs. 3 WHG, so dass das Vorhaben der Beigeladenen nicht gemäß § 78 Abs. 6 i.V.m. Abs. 3 WHG genehmigungspflichtig war.

39

Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das Grundstück der Beigeladenen in den auf der Grundlage des § 74 WHG erstellten Gefahren- und Risikokarten etwa zur Hälfte im Überschwemmungsbereich eines 100-jährigen Hochwassers liegt (s. http://www.hochwassermanagement.rlp.de). Gefahrenkarten beinhalten Angaben zur Eintrittswahrscheinlichkeit von Hochwasserereignissen i.S.d § 72 WHG und zum Ausmaß des erwarteten Hochwassers, während Risikokarten die potentielle Auswirkung der in den Gefahrenkarten verzeichneten potentiellen Hochwasserereignisseverzeichnen (s. auch BeckOK UmweltR/Cormann, WHG, Stand Dezember 2013, § 74 Rn. 3 und 4). Hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung verweist § 74 Abs. 4 WHG unmittelbar auf Art. 6 Abs. 5 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken (Richtlinie 2007/60/EG, ABlEU L 288 vom 6. November 2007, Seite 27) – Hochwasserrisikomanagement-Richtlinie – HWRM-RL –. Gemäß § 75 WHG stellen die zuständigen Behörden für die Risikogebiete auf der Grundlage der Gefahren- und Risikokarten bis spätestens 22. Dezember 2015 Risikomanagementpläne auf (s. dazu http://www.hochwassermanagement.rlp.de/servlet/is/8603/). Die Gefahrenkarten und Risikokarten haben zwar, worauf der Antragsgegner zutreffend hinweist, keine rechtsverbindliche Wirkung in laufenden Genehmigungsverfahren nach § 78 Abs. 3 WHG. Allerdings können sie nach Auffassung der Kammer im Rahmen der Erteilung einer Genehmigung nach § 76 Abs. 1 LWG nicht vollkommen außer Betracht bleiben, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Flächen, die derzeit in den Gefahren- und Risikokarten verzeichnet sind, künftig als Überschwemmungsgebiet ausgewiesen werden. Vorliegend hat sich der Antragsgegner mit dieser Problematik in der wasserrechtlichen Genehmigung jedoch bisher nicht auseinandergesetzt. Infolgedessen kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass die geplante Baumaßnahme negative Auswirkungen auf die Grundstücke der Antragsteller haben wird. Ob dies tatsächlich so ist, ist eine Frage der – hier nicht zu prüfenden – Begründetheit.

40

2.2. Der Antrag ist auch in der Sache begründet. Dies folgt schon aus dem Umstand, dass die Widersprüche der Antragsteller gegen die wasserrechtliche Genehmigung vom 28. August 2014 aufschiebende Wirkung entfalten und die Beigeladene diesen Suspensiveffekt der Rechtsbehelfe durch den Beginn der Bauarbeiten missachtet hat. Eine Abwägung des Vollzugsinteresses der Beigeladenen und dem individuellen Aussetzungsinteresse der Antragsteller findet nicht statt (Külpmann in: Finkelnburg/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreitverfahren, 6. Auflage 2011, Rn. 1050).

41

3. Der ferner von den Antragstellern gestellte Antrag, die aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen in dem Bescheid vom 28. August 2014 erteilte Baugenehmigung anzuordnen, ist ebenfalls zulässig (3.1.) und begründet (3.2.).

42

3.1. Der Antrag ist nach §§ 80a Abs. 3 Satz 2, 80 Abs. 5 Satz 1 1. Alt. VwGO i.V.m. § 212a BauGB statthaft und auch ansonsten zulässig. Da nach den Ausführungen unter 2.1.2. von einer wirksamen Widerspruchseinlegung aller Antragsteller auszugehen ist, braucht die Kammer sich auch hier nicht näher mit der Frage auseinander zu setzen, ob der Antrag nach §§ 80a Abs. 3, Abs. 5 Satz 1 VwGO im Hinblick auf die Vorschrift des § 80 Abs. 5 Satz 2 VwGO auch schon schon vor Erhebung des Widerspruchs zulässig ist (vgl. dazu einerseits verneinend Finkelnburg/Dombert/Külpmann, a.a.O., Rn. 945 f.; Schoch in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., § 80 Rn. 460 f.; andererseits bejahend Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage 2011, § 80 Rn. 139; Puttler in: Sodan/Ziekow, a.a.O., § 80 Rn. 129).

43

3.2. Der Antrag ist auch begründet.

44

Für die nach § 80a Abs. 3 VwGO zu treffende Ermessensentscheidung des Gerichts sind die gegenläufigen Interessen der Antragsteller und der Beigeladenen für den Zeitraum bis zur Entscheidung im Hauptsacheverfahren gegeneinander abzuwägen. Dabei ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Vereinbarkeit des Vorhabens mit nachbarschützenden Vorschriften bestehen. Demgegenüber ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abzulehnen, wenn die Baugenehmigung offensichtlich nicht gegen nachbarschützende Normen verstößt. Lässt sich auch nach intensiver Prüfung nicht feststellen, ob der Rechtsbehelf des Nachbarn wahrscheinlich zum Erfolg führen wird, sind die Erfolgsaussichten also offen, ist eine umfassende Interessenabwägung vorzunehmen, bei der der Einzelfallbezug gewahrt bleiben muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 14. April 2005 – 4 VR 1005/04 –, NVwZ 2005, 689).

45

In Anwendung dieser Grundsätze muss hier die Interessenabwägung zugunsten der Antragsteller ausfallen.

46

Dabei muss die Kammer nicht näher darauf eingehen, ob die angefochtene auf der Grundlage des § 70 Abs. 1 LBauO ergangene Baugenehmigung gegen nachbarschützende Bestimmungen des Bauplanungsrechts verstößt. Da den Widersprüchen der Antragsteller gegen die wasserrechtliche Genehmigung mangels Anordnung der sofortigen Vollziehung aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO zukommt, widerspricht das Vorhaben im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts nachbarschützenden Normen des öffentlichen Rechts. Die Beigeladene ist schon deshalb derzeit daran gehindert, von dem Bescheid vom 28. August 2014 Gebrauch zu machen. Es handelt sich bei dem geplanten Seniorenpflegeheim um ein einheitliches, untrennbares Vorhaben, für das mehrere öffentlich-rechtliche Genehmigungen existieren. Sofern – wie hier – eine der erforderlichen Genehmigungen nach Einlegung eines Rechtsbehelfs eines Widerspruchs- oder Klagebefugten nicht vollziehbar ist, verstößt das Vorhaben bzw. die Errichtung des Vorhabens bereits aus diesem Grund gegen öffentlich-rechtliche Vorschriften (vgl. VG Augsburg, Beschluss vom 27. Mai 2010 – Au 5 E 10.747 –, juris). Die aufschiebende Wirkung dient gerade dem Schutz eines Antragstellers, da auf diese Weise der Gesetzgeber verhindern wollte, dass während des gerichtlichen Verfahrens eine Verfestigung von Zuständen eintritt, die nach Abschluss des Klageverfahrens nicht mehr oder nur schwer rückgängig gemacht werden können. Bedarf es bei einem einheitlichen, untrennbaren Vorhaben mehrerer öffentlich-rechtlicher Genehmigungen, für die die Gesetze in Bezug auf deren sofortige Vollziehbarkeit unterschiedliche Regelungen treffen, so ist es Aufgabe der Behörde(n), bei Rechtsbehelfen Dritter hinsichtlich beider Genehmigungen eine identische Rechtslage herzustellen. Dies kann dadurch geschehen, dass die sofortige Vollziehung des von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 4 VwGO (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30. Juli 1999 – 10 B 961/99 –, BauR 2000, 80) bzw. § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO ausgesetzt wird (hier die Baugenehmigung) mit der Folge, dass dem Rechtsbehelf des Dritten ab diesem Zeitpunkt keine aufschiebende Wirkung mehr zukommt. Stattdessen kann aber auch die sofortige Vollziehung des nicht von Gesetzes wegen sofort vollziehbaren Verwaltungsakts nach § 80 Abs. 4 VwGO oder § 80a Abs. 1 Nr. 1 VwGO angeordnet werden (hier die wasserrechtliche Genehmigung). Da der Antragsgegner dem vorliegend jedoch bis zur Entscheidung des Gerichts nicht nachgekommen ist, war dem Antrag der Antragsteller stattzugeben.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 154 Abs. 3 VwGO. Da die Beigeladene einen Antrag gestellt hat, war sie an den Verfahrenskosten zu beteiligen.

48

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes beruht auf den §§ 52, 53 Gerichtskostengesetz – GKG –. Dabei hält es die Kammer für angezeigt, den für baurechtliche Nachbarklagen in Betracht kommenden Mindeststreitwert von 7.500 € zugrunde zu legen (vgl. Nr. 9.7.1 des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit, NVwZ Beilage 2014, Seite 58) und im Hinblick auf die Ziffer 1.5 des genannten Streitwertkatalogs 2013 auf die Hälfte zu reduzieren. Streitgegenstand ist hier gerade auch eine Baugenehmigung. Die daneben angefochtene wasserrechtliche Genehmigung fällt demgegenüber wegen des in der Sache gleichen Regelungsgegenstands nicht selbständig ins Gewicht (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 4. September 2014 – 1 A 11262/13.OVG –).

49

Nach Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs 2013 sind die Werte der einzelnen Klagen zu addieren, wenn mehrere Kläger gemeinschaftlich klagen, es sei denn sie begehren oder bekämpfen eine Maßnahme als Rechtsgemeinschaft. Die Antragsteller zu 1) – 3) sind eine Rechtsgemeinschaft in diesem Sinne, da sie gemeinsam Eigentümer des Grundstücks Flurstück-Nr. ..... sind. Die Antragsteller zu 4) bis 6) gehören als Eigentümer der Grundstücke Flurstück-Nrn. ....., …. und ….. dieser Rechtsgemeinschaft nicht an, so dass sich ein Gesamtstreitwert von 15.000 € ergibt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine Genehmigung zum Neubau und zum Betrieb eines Menschenaffenhauses.

2

Er ist Eigentümer eines Grundstückes, das unmittelbar an das Gelände des M… Zoos angrenzt. Der Zoo wird von der Beigeladenen betrieben. Die Antragsgegnerin genehmigte der Beigeladenen mit Bescheid vom 17.01.2012 den Neubau und den Betrieb eines Menschenaffenhauses mit Außengehege. Gegen diesen Bescheid legte der Antragsteller mit Schreiben vom 01.03.2013 Widerspruch ein und teilte der Antragsgegnerin unter dem 06.05.2013 mit, dass die Beigeladene offensichtlich mit dem Bau des neuen Affenhauses begonnen habe, obwohl der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch aufschiebende Wirkung entfalte und bat um Anerkennung der aufschiebenden Wirkung und Unterbindung ihrer Vollziehung. Hierauf teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Schreiben vom 13.05.2013, dass die vorliegende Genehmigung eine bauaufsichtliche Zulassung einschließe und die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen eine bauaufsichtliche Zulassung kraft Gesetzes entfalle.

3

Am 23.05.2013 hat der Antragsteller deshalb das Gericht um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ersucht. Zur Begründung seines Begehrens trägt er vor: Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin entfalle die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs nicht kraft Gesetzes, weil es sich vorliegend nicht um eine bauaufsichtliche Zulassung, sondern um eine naturschutzrechtliche Genehmigung handele. Weil die Beigeladene die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs missachte, könne das Gericht einstweilige Maßnahmen zur Sicherung der Rechte des Antragstellers treffen

4

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

5
1. festzustellen, dass der Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.01.2013 aufschiebende Wirkung hat und
6
2. die Antragsgegnerin zu verpflichten, der Beigeladenen die weitere Vollziehung des Bescheides vom 17.01.2013 zu untersagen, solange die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und einer etwaig nachfolgenden Klage andauert.
7

Der Antragsgegner hat zum Eilantrag, über den er informiert ist, bislang noch keine Stellung genommen.

8

Die Beigeladene beantragt,

9

den Antrag abzulehnen.

10

Sie ist der Ansicht, die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb des neuen Menschenaffenhauses mit Außengehege sei offensichtlich rechtmäßig.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

II.

12

Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist zulässig. Insbesondere hat der Antragsteller für diese Feststellung entsprechend § 80 Abs. 5 VwGO ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Antragsgegnerin hat ihm mit Schreiben vom 13.05.2013 ihm mitgeteilt, sein Widerspruch habe gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212 a BauGB keine aufschiebende Wirkung. Der Antragsteller musste demzufolge damit rechnen, dass die Beigeladene die ihr erteilte Genehmigung vor Eintritt der Bestandskraft ausnutzen wird.

13

Der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs ist auch begründet. Denn der vom Antragsteller eingelegte Widerspruch hat gemäß § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Seine aufschiebende Wirkung entfällt nicht gemäß § 80 Abs. 2 VwGO. Insbesondere ist die mit dem Widerspruch des Antragstellers angefochtene auf der Grundlage des § 42 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG erteilte Genehmigung des Neubaus und des Betriebs des Menschenaffenhauses entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin nicht gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212 a BauGB sofort vollziehbar.

14

Gemäß § 212 a Abs. 1 BauGB haben Widerspruch und Anfechtungsklage eines Dritten gegen die bauaufsichtliche Zulassung eines Vorhabens keine aufschiebende Wirkung. Diese Regelung betrifft aber nur die baurechtliche Zulassung (Baugenehmigung). Soweit eine andere Fachbehörde als die eigentliche Baugenehmigungsbehörde außerhalb des Baurechts auch für die Erteilung einer anderweitigen Genehmigung bezüglich der erforderlichen Baugenehmigung zuständig ist, greift § 212 a BauGB nicht. Bei einer in einer anderen Genehmigung konzentriert enthaltenen baurechtlichen Zulassung – beispielsweise der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach § 13 BImSchG oder der naturschutzrechtlichen Genehmigung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG stellt sich die Frage nach der Geltung des § 212 a BauGB nicht (vgl. zur Nichtanwendbarkeit des § 212 a BauGB auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungen: OVG LSA, B. v. 19.07.2010 - 2 M 64/10 -, juris, Rdnr. 6 ff. m. w. N.). Hat das Rechtsmittel gegen eine solche Genehmigung selbst aufschiebende Wirkung, darf der von der Genehmigung Begünstigte nicht isoliert vorab die bauliche Anlage errichten. Die einheitliche konzentrierte Genehmigung schließt unterschiedliche aufschiebende bzw. nicht aufschiebende Wirkungen bezüglich der einzelnen Teile aus. Nur umgekehrt nehmen im „Huckepack“ der baurechtlichen Zulassung erteilte Genehmigungen – nach Landesrecht die naturschutzrechtliche oder denkmalschutzrechtliche Genehmigung – am Ausschluss der aufschiebenden Wirkung teil (vgl. Ferner/Kröninger (HrsG.) HK-BauGB, 2005, § 212 a Rdnr. 6 u. Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Stand: Februar 2008, § 6 Rdnr. 117 sowie Jarass, Bundesimmissionsschutzrecht, 7. Auflage, § 6 Rdnr. 34).

15

Auch der Umstand, dass nach § 26 Abs. 1 Satz 1 NatSchG LSA die Genehmigung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG die baurechtliche Genehmigung einschließt, zwingt zu keiner anderen Auslegung des § 212 a Abs. 1 BauGB. Der gesetzliche Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer von der naturschutzrechtlichen Genehmigung umfassten Genehmigung nach anderen Gesetzen erstreckt sich nicht automatisch auf die naturschutzrechtliche Genehmigung (vgl. wiederum zur Nichtanwendbarkeit des § 212 a BauGB auf immissionsschutzrechtliche Genehmigungen: OVG LSA, B. v. 19.07.2010 – a. a. O, Rdnr. 8).

16

Gegen einen gesetzlichen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen eine naturschutzrechtliche Genehmigung, die lediglich auch die baurechtliche Genehmigung enthält, auf der Grundlage des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i. V. m. § 212 a BauGB sprechen auch der Wortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO („vorgeschrieben“), das Regel-Ausnahmeverhältnis von § 80 Abs. 1 VwGO zu den Ausschlusstatbeständen des § 80 Abs. 2 VwGO und die verfassungsrechtliche Bedeutung des vorläufigen Rechtsschutzes. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO verlangt aus diesen Gründen eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs (vgl. Finkelnburg in: Derselbe/Dombert/Külpmann, Vorläufiger Rechtsschutz im Verwaltungsstreifverfahren, 6. Aufl. 2011, Rdnr. 704). Eine solche ausdrückliche gesetzliche Anordnung des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen eine naturschutzrechtliche Genehmigung lässt sich keiner gesetzlichen Bestimmung entnehmen.

17

Auch der Antrag auf Verpflichtung der Antragsgegnerin, dem Beigeladenen die weitere Vollziehung der mit Bescheid vom 17.01.2013 erteilten Genehmigung zu untersagen, hat Erfolg. Das zuständige Gericht trifft die zum Schutz der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs gegen einen Bescheid, dessen faktischer Vollzug droht, gemäß § 80 a Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 2 VwGO erforderlichen Sicherungsmaßnahmen. Hierbei kommt es nicht auf eine Interessensabwägung unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache an, weil bereits in der Missachtung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs durch einen vollziehenden Begünstigenden ein rechtswidriges Verhalten liegt, das eine gerichtliche Anordnung auf Aufhebung und Einstellung des Vollzuges rechtfertigt (vgl. hierzu mit weitergehender Begründung: HessVGH, B. v. 03.12.2002 - 8 TG 2177 -, juris, Rdnr. 7 m. w. N.). Vorliegend ist eine solche Anordnung geboten, weil die Beigeladene mit den Maßnahmen zur Errichtung des neuen Affenhauses begonnen hat und diese Baumaßnahmen fortsetzt, obwohl ihr die Einlegung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Genehmigung bekannt ist.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und Abs. 3 VwGO.

19

Die Streitwertentscheidung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Unter Berücksichtigung der Empfehlung in Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges der Verwaltungsgerichtsbarkeit bemisst das Gericht das Interesse des Antragstellers an der Verfolgung seines Begehrens mit der Höhe des halben Auffangwertes.


(1) Die Landesregierungen können durch Rechtsverordnung bestimmen, dass ein nach dem Vierten oder Fünften Teil des Ersten Kapitels erlassener Verwaltungsakt durch Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 217 erst angefochten werden kann, nachdem seine Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit in einem Vorverfahren nachgeprüft worden ist; das Vorverfahren ist in Anlehnung an die Vorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung zu regeln.

(2) Ist ein Vorverfahren vorgesehen, hat der Widerspruch gegen

1.
den Umlegungsbeschluss nach § 47 Absatz 1,
2.
die Bekanntmachung der Unanfechtbarkeit des Umlegungsplans nach § 71 Absatz 1 sowie
3.
die vorzeitige Besitzeinweisung nach § 77 oder § 116
keine aufschiebende Wirkung. § 80 Absatz 4 und 5 der Verwaltungsgerichtsordnung ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.

(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und

1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder
2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder
3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
und wenn die Abweichung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

Tenor

Auf die Beschwerden des Antragsgegners und der Beigeladenen wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 06. Februar 2015 geändert.

Der Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs und einer nachfolgenden Klage gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners vom 26. November 2014 anzuordnen, wird abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners und der Beigeladenen in beiden Instanzen.

Der Streitwert wird auf 7.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine amtsangehörige Gemeinde, wendet sich gegen die Baugenehmigung des Antragsgegners, die der Beigeladenen zur Errichtung eines Lagerbehälters für Gärreste erteilt worden ist.

2

Die Beigeladene stellte am 24.07.2014 den Bauantrag nach § 64 Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern – LBauO M-V – zur Errichtung eines Lagerbehälters für Gärreste auf dem Flurstück G1 Gemarkung Demen. In der Erläuterung des Bauantrags führte sie aus, der Behälter solle nicht am Standort der Biogasanlage in der Ortslage K. errichtet werden, da dort eine geringe Akzeptanz hierfür bestehe und außerdem gestiegene wasserrechtliche Anforderungen zu erfüllen seien. Das geplante Vorhaben widerspreche nicht den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Gemeinde Demen – der Antragstellerin –, da sie im Bereich des Industriegebietes GI 3 errichtet werden solle. Zwar sei dort die Errichtung von Biogasanlagen ausgeschlossen, hierunter falle aber ein Gärrestlagerbehälter nicht.

3

Der Antragsgegner bat die Antragstellerin – über das Amt Crivitz – um Bearbeitung des Antrags, da es sich um ein Vorhaben nach § 62 LBauO M-V handele. Mit Schreiben vom 22.08.2014 teilte das Amt dem Antragsgegner mit, dass ein Genehmigungsverfahren durchgeführt werden solle.

4

Mit Schreiben vom 12.08.2014, dem Amt übermittelt am 12.09.2014, bat der Antragsgegner das Amt um die „Herstellung des Einvernehmens“. Das Vorhaben beurteile sich nach § 30 BaugesetzbuchBauGB –. Die nähere Umgebung entspreche einem GI–Gebiet nach BauNVO.

5

Bereits mit Schreiben vom 11.09.2014, bei dem Antragsgegner eingegangen am 17.09.2014, erklärte die Antragstellerin, das Einvernehmen werde versagt. Die Errichtung eines Gärrestbehälters verstoße gegen die Festsetzung, dass „gewerblich genutzte Biogasanlagen“ in dem Baugebiet unzulässig seien. In dem Bauantrag werde ausdrücklich auf die Biogasanlage in K. Bezug genommen.

6

Der Antragsgegner kündigte der Beigeladenen zunächst mit Schreiben vom 01.11.2014 die Ablehnung des Bauantrags an, da das Vorhaben mit den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht vereinbar sei.

7

Mit weiterem Schreiben vom 13.11.2014 teilte der Antragsgegner dem Amt Crivitz mit, die nochmalige Prüfung habe ergeben, dass das Vorhaben bauplanungsrechtlich, weil mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 der Antragstellerin vereinbar, genehmigungsfähig sei.

8

Mit Bescheid vom 26.11.2014 erteilte der Antragsgegner der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung, dass vor Baubeginn eine Erklärung des Tragwerkplanes zum Kriterienkatalog nach Anlage 2 der Bauvorlagenverordnung Mecklenburg-Vorpommern – BauVorlVO M-V – vorgelegt werde. Werde der Kriterienkatalog nicht erfüllt, sei der Standsicherheitsnachweis zur Prüfung und Bestätigung vorzulegen. Die Baugenehmigung wurde der Beigeladenen am 26.11.2014 bekanntgegeben. Sie zeigte den Baubeginn am 01.12.2014 an.

9

Mit Schreiben vom 01.12.2014 hatte sich die Antragstellerin bereits gegen die Genehmigung gewandt.

10

Sie verwies auf den Aufstellungsbeschluss zur ersten Änderung des Bebauungsplan Nr. 4 vom 14.10.2014 und die am gleichen Tag von der Gemeindevertretung der Antragstellerin beschlossene Veränderungssperre, die in der Zeit vom 17.11.2014 bis 02.12.2014 im Bekanntmachungskasten ausgehängt worden war.

11

Die Antragstellerin legte gegen die Baugenehmigung mit Schreiben vom 19.12.2014, als Fax eingegangen bei dem Antragsgegner am 19.12.2014, Widerspruch ein.

12

Am 23.12.2014 hat die Antragstellerin um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.

13

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat dem Antrag durch Beschluss vom 06.02.2015 stattgegeben. Dieser Beschluss wurde dem Antragsgegner und der Beigeladenen jeweils am 17.02.2015 zugestellt.

14

Die Beigeladene hat am 18.02.2015, der Antragsgegner am 25.02.2015 Beschwerde eingelegt. Die Beigeladene hat ihre Beschwerde in ihrem Beschwerdeschriftsatz begründet, der Antragsgegner mit am 05.03.2015 eingegangenen Schriftsatz.

II.

15

Die zulässigen Beschwerden sind nach Maßgabe des eingeschränkten Prüfungsprogramms gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen die angefochtene Baugenehmigung angeordnet, weil sich nach der summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt, dass der Rechtsbehelf der Antragstellerin keinen Erfolg haben wird. Die Baugenehmigung verletzt sie nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

Der Antragstellerin steht kein subjektives Recht zur Seite, das durch die Baugenehmigung verletzt sein könnte.

17

1. § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB begründet hinsichtlich der materiellen Planungshoheit keine Rechte, sondern setzt sie vielmehr voraus. N u r im Falle der Anwendbarkeit des § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB entfaltet sich dessen planungsrechtliche Schutzfunktion. Die vorgesehene Mitwirkung der Gemeinde dient der Sicherung der gemeindlichen Planungshoheit. Alsdann führt bereits die Missachtung des gesetzlich gewährleisteten Rechts der Gemeinde auf Einvernehmen zur Aufhebung der Baugenehmigung (BVerwG, B. v. 11.08.2008 - 4 B 25/08 - NVwZ 2008, 1347).

18

In vorliegenden Fall lag objektiv kein Fall der Anwendbarkeit des § 36 Abs. 1 S. 1 BauGB vor. Das Vorhaben beurteilt sich nach § 30 Abs. 1 BauGB, da es im Geltungsbereich des qualifizierten Bebauungsplans Nr. 4 der Gemeinde Demen liegt. Die Antragstellerin kann in einem solchen Fall eine Rechtsposition aus § 36 Abs. 1 S. 1 und 2 BauGB nur einnehmen, wenn sie sich auf die Unwirksamkeit des Bebauungsplans Nr. 4 berufen kann. Dies ist aber nicht der Fall. Wie der Senat bereits entschieden hat (B. v. 19.10.2006 - 3 M 63/06 – NordÖR 2007, 80 = BauR 2007, 515), kann eine Gemeinde die unerwünschten Folgen einer Genehmigung auf Grund eines erkannt unwirksamen Bebauungsplanes nicht dadurch verhindern, dass sie dessen Ungültigkeit geltend macht. Aus § 1 Abs. 8 BauGB ergibt sich, dass die Gemeinde - allein - die Befugnis hat, den Bebauungsplan aufzuheben oder zu ändern. Die materielle Rechtsposition der Gemeinde liegt mithin darin, bei erkannter Unwirksamkeit des Plans - ggf. auf Hinweis der Bauaufsichtsbehörde - diesen in einem Verfahren nach § 1 Abs. 8 BauGB aufzuheben oder zu ändern und dabei ggf. einen Antrag auf Zurückstellung nach § 15 BauGB zu stellen oder eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB zu erlassen. Die Planungshoheit der Gemeinde umfasst diese Möglichkeiten, nicht aber die, sich inzident auf die Unwirksamkeit des eigenen Bebauungsplans zu berufen, unbeschadet des Umstandes, dass das Gericht zur inzidenten Verwerfung befugt wäre. Diese Möglichkeit sichert das Verfahrensrecht. Nach § 36 Abs. 1 S. 3 BauGB stellen für den Fall, dass sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 30 Abs. 1 BauGB richtet, die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 BauGB entscheiden kann. Dementsprechend bestimmt § 62 Abs. 2 Nr. 4 LBauO M-V, dass ein Bauvorhaben nach Absatz 1 nur dann genehmigungsfrei gestellt ist, wenn die Gemeinde nicht innerhalb der Frist nach § 62 Abs. 3 S. 2 LBauO M-V erklärt, dass das vereinfachte Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden soll oder eine vorläufige Untersagung nach § 15 Abs. 1 S. 2 BauGB beantragt wurde. § 62 Abs. 3 S. 2 LBauO M-V bestimmt, dass mit dem Bauvorhaben erst einen Monat nach Vorlage der erforderlichen Unterlagen bei der Gemeinde begonnen werden darf. Dass – wie es das von dem Antragsgegner verwendete Formular allerdings nahe legen könnte - die Beteiligung der Gemeinde nach § 36 Abs. 1 S. 3 BauGB kein Fall des Einvernehmens i.S.v. § 36 Abs. 1 und 2 BauGB darstellt, wird aus § 36 Abs. 2 S. 1 BauGB deutlich, wonach das Einvernehmen der Gemeinde nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB ergebenden Gründen versagt werden darf.

19

2. Eine Gemeinde ist allerdings gem. § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt und kann in ihrer Rechten i.S.v. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO verletzt sein, wenn die Bauordnungsbehörde ein Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, genehmigt, ohne die an sich erforderliche Befreiung zu erteilen (VGH Mannheim, B. v. 29.09.1981 - 3 S 1184/81 – juris). Dieser Fall ist dem gleich zu behandeln, in dem bei einer erteilten Befreiung das notwendige Einvernehmen nicht eingeholt worden ist (dazu BVerwG, U. v. 11.08.2008 - 4 B 25/08 - NVwZ 2008, 1347). Andernfalls könnte die Gemeinde um ihre Rechtsposition nach § 36 BauGB gebracht werden, die sie erhält, wenn eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt wird (Senat, B. v. 26.03.2013 - 3 M 8/13 - NVwZ-RR 2013, 1013 (Leitsatz), zit. nach juris). Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.

20

a) Das Vorhaben ist mit den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 4 vereinbar. Es handelt sich um einen im festgesetzten Industriegebiet gem. § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO zulässigen Gewerbebetrieb. Der nach § 1 Abs. 9 BauNVO festgesetzte Ausschluss von gewerblich genutzten Biogasanlagen greift nicht ein.

21

Der Begriff der Biogasanlage im Sinne der Festsetzung des Bebauungsplans ist als bauplanungsrechtlicher Begriff § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB zu entnehmen. Danach handelt es sich bei Biomasseanlagen um Betriebe zur energetischen Nutzung von Biomasse. Eine Biogasanlage ist als Unterfall eine solche, die der Erzeugung von Gas dient, im Gegensatz zu solchen Biomasseanlagen, die der Erzeugung einer anderen energetischen, etwa Wärmenutzung dienen (vgl. Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Aufl. 2014, § 35 Rn. 47).

22

Gegenstand des Verfahrens und damit zugleich Gegenstand der erforderlichen rechtlichen Würdigung nach § 30 Abs. 1 BauGB i.V.m. der BauNVO ist ein „Vorhaben“ im Sinne des § 29 BauGB. Auf den Anlagenbegriff anderer Gesetze, etwa des BImSchG oder des EEG, kommt es nicht an. Dies gilt auch für den Anlagenbegriff des § 1 Abs. 3 der 4. BImSchG (Mitschang/Reidt a.a.O.). Über den Inhalt eines Vorhabens nach § 29 S. 1 BauGB bestimmt grundsätzlich der jeweilige Antragsteller. Es ist also - innerhalb der Grenzen, die einer Zusammenfassung oder Trennung objektiv gesetzt sind - Sache des jeweiligen Antragstellers, durch seinen Genehmigungsantrag festzulegen, was „das Vorhaben“ und damit der zu beurteilende Verfahrensgegenstand sein soll (BVerwG, U. v. 04.07.1980 - IV C 99.77 - NJW 1981, 776). Ob bei einer technisch teilbaren Anlage die einzelnen Teile zur Genehmigung gestellt werden und daher jeder für sich „Vorhaben“ im Sinne des § 29 Satz 1 BauGB ist oder ob die gesamte Anlage als ein „Vorhaben“ Gegenstand der Beurteilung zu sein hat, bestimmt sich somit grundsätzlich nach dem erkennbaren Willen des Antragstellers. Solange er mit der Festlegung dessen, was „das Vorhaben“ sein soll, nichts aufspaltet, was sich nicht aufspalten lässt, weil sonst die Gefahr bestünde, dass ein Teil des Vorhabens zugelassen würde, der für sich betrachtet nicht den Absichten des Bauherrn entspricht, ihnen möglicherweise sogar zuwiderläuft (vgl. BVerwG, U. v. 03.05.1974 - IV C 10.71 - DÖV 1974, 566), oder umgekehrt nichts zusammenfasst, was sich derart nicht zusammenfassen lässt, unterliegt die Abgrenzung des jeweiligen Vorhabens seiner Disposition (BVerwG, U. v. 20.10.1978 - 4 C 75.76 - BauR 1979, 122). Eine Lagereinrichtung ist eine selbständige Anlage, wenn sie nicht räumlich und funktional in den Betriebsprozess eingegliedert und damit Teil des Gesamtbetriebes ist (BVerwG, B. v. 15.11.1991 - 4 C 17/88 - NVwZ-RR 1992, 402).

23

Es kann dahin stehen, welche Anlagenteile zwingend zu einer Biomasseanlage zu zählen sind (dazu Mitschang/Reidt a.a.O.). Grundsätzlich dient „Biogasanlage“ als Oberbegriff für verschiedene Anlagenteile, v.a. ein‎ Zwischenlager für die jeweils einzuspeisenden Substrate, einen oder mehrere Fermenter (Gärvorrichtung), die erforderlichen Steuerungsanlagen, eine Vorrichtung zur Erfassung und Zwischenlagerung von Biogas und Gärresten und eine Verstromungseinrichtung (Ehlers, Genehmigung von Biogasanlagen in : Martínez (Hrsg.),‎ Göttinger Onlinebeiträge zum Agrarrecht Nr. 05/13 2013 S. 2; vgl. auch dazu Mitschang/Reidt a.a.O.). Es mag sein, dass, weil einzelne Anlagenteile als ein Vorhaben anzusehen sind, soweit sie nur gemeinsam bedeutungsvoll sind, dies für die einzelnen Bestandteile der Biomasseanlage gilt, da sie als solche den durch den Betrieb beabsichtigten Erfolg der Biogaserzeugung nicht herbeiführen können (Ehlers a.a.O. S. 3).‎ ‎Jedenfalls gehört hierzu nicht notwendig eine w e i t e r e Einrichtung zur Zwischenlagerung von Gärresten, sofern sie nicht nach dem oben genannten Grundsätzen von dem Antragsteller zum Gegenstand eine einheitlichen Vorhabens gemacht werden.

24

Die Beigeladene hat ausdrücklich ausschließlich die Errichtung eines Lagerbehälters für Gärreste auf dem Flurstück G1 der Gemarkung Demen zur Genehmigung gestellt. Einen Zusammenhang mit der etwa in 5 km Luftlinie entfernten Biogasanlage stellt der Antrag nicht her. Im Hinblick auf die bauplanungsrechtliche Relevanz eines Vorhabens nach § 29 Satz 1 BauGB könnte im Übrigen auch zweifelhaft sein, ob nach den oben dargelegten Grundsätzen eine solche Bestimmung des Vorhabens möglich wäre. Die Anlage ist, nachdem die Biogasanlage am Standort K. selbst über einen Gärrestebehälter verfügt, eigenständig nutzbar. Umgekehrt ist die Biogasanlage nutzbar, ohne dass der hier zur Genehmigung gestellte Lagerbehälter zur Verfügung steht. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin wird ein Zusammenhang auch nicht dadurch hergestellt, dass die Beigeladene in dem Genehmigungsantrag ausgeführt hat, Anlass für die Planung im Bebauungs-plangebiet Nr. 4 sei, dass die Biogasanlage in der Ortslage K. auf eine geringe Akzeptanz stoße und dort die Errichtung des Gärrestebehälters auf gestiegene wasserrechtliche Anforderungen stoßen würde. Durch diese Motive der Planung wird ein einheitliches Vorhaben nicht begründet.

25

Selbst wenn Gase von dem zu errichtenden Behälter in eine andere Anlage abgeleitet werden sollten, wird hierdurch nach dem Genehmigungsantrag der Beigeladenen mit dieser Anlage kein einheitliches Vorhaben begründet. Es ist nicht ersichtlich, dass der Behälter nicht ohne diese Ableitung des Gases betrieben werden könnte.

26

Der Bebauungsplan kann nicht so ausgelegt werden, dass der Ausschluss von Biogasanlagen auch selbstständige bauliche Anlagen betrifft, die als solche keine Biogasanlage darstellen, aber im Zusammenhang mit einer solchen Anlage genutzt werden sollen. Bei der Auslegung von vorhabenbezogenen Festsetzungen eines Bebauungsplans ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Satzungsgeber Begriffe verwendet, die es in der Rechtswirklichkeit tatsächlich gibt und die eine hinreichende Abgrenzung von anderen Vorhaben ermöglicht (Mitschang/Reidt a.a.O. § 9 Rn. 7). Lagerbehälter als solche sind andere Anlagen als eine Biogasanlage. Selbstständige Lagerbehälter sind eigenständige Gewerbebetriebe, wie aus § 8 Abs. 2 Nr. 1 und § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO hervorgeht. Typische Beispiele sind Lagerhäuser und -plätze, die als selbstständige Gewerbebetriebe mit dem alleinigen oder zumindest überwiegenden Nutzungszweck der Lagerung geführt werden (vgl. BVerwG, U. v. 08.11.2001 - 4 C 18/00 - NVwZ 2002, 730). Auch aus wie aus Ziff. 8.13 oder 9.36 der 4. BImSchV wird deutlich, dass es sich um unterschiedliche Anlagen handelt. Dieses Ergebnis wird auch aus der Begründung des Bebauungsplans ersichtlich: Danach sollen die ausgeschlossenen Anlagetypen gewährleisten, dass gesunde Arbeits- und Wohnverhältnisse und das Landschaftsbild gesichert werden. Mit den dort genannten Anlagen, etwa Biogasanlagen, Altreifen- oder Hausmüllverbrennungsanlagen, Anlagen zur gewerblichen Tierhaltung, Windenergieanlagen oder Kohlekraftwerken sind selbstständige Lagerstätten in dieser Hinsicht nicht vergleichbar.

27

b) Auch die Veränderungssperre der Antragstellerin greift nicht ein.

28

Gemäß § 14 Abs. 3 BauGB werden Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung von der Veränderungssperre nicht berührt.

29

Das Vorhaben ist vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden. Nach § 9 der Durchführungsverordnung zur Kommunalverfassung - KV-DVO - vom 09.05.2012 (GVOBl. M-V 2012, S. 133), zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.03. 2014 (GVOBl. M-V S. 129), ist die öffentliche Bekanntmachung der Satzung bei Aushang mit Ablauf des letzten Tages der Aushangfrist erfolgt. Dies war am 02.12.2014. Die Baugenehmigung war der Beilgeladenen bereits am 26.11.2014 bekannt gegeben worden.

30

Der Wirksamkeit der Baugenehmigung steht nicht der als „aufschiebende Bedingung“ bezeichnete Hinweis auf die Vorlage für die Statik relevanter Unterlagen entgegen. Aus § 66 LBauO M-V geht hervor, dass die bautechnische Prüfung unabhängig von der Baugenehmigung erfolgt. Dies wird aus § 62 Abs. 5 S. 1, § 63 Abs. 1 S. 2 und § 64 S. 2 LBauO M-V deutlich. Trotz des möglichweise missverständlichen Wortlauts der Baugenehmigung ist entsprechend der geltenden Rechtslage nicht gemeint, dass die Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung steht, sondern der Baubeginn erst nach Vorlage für die Statik relevanter Unterlagen erfolgen darf. Dies folgt aus § 72 Abs. 8 S. 2 LBauO M-V, wonach Baugenehmigungen, Bauvorlagen sowie bautechnische Nachweise, soweit es sich nicht um Bauvorlagen handelt, an der Baustelle von Baubeginn an vorliegen müssen. Im Übrigen kommt es bei der Anwendung des § 14 Abs. 3 BauGB allein auf die sich nach den allgemeinen Grundsätzen stellende Frage an, ob die Baugenehmigung bereits (äußere) Wirksamkeit gegenüber dem Bauherrn erlangen konnte (VG Frankfurt (Oder), B. v. 08.06.2015 - 5 L 589/14 – zit. nach juris).

31

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.

32

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.

33

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 2 S. 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 S. 3 GKG).

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Beigeladene trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das erstinstanzliche wie das Beschwerdeverfahren wird auf jeweils 5000 Euro festgesetzt; insoweit wird Ziff. 2 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 20.12.2012 geändert.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin, eine Gemeinde, wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung an den Beigeladenen. Für das Baugrundstück gilt ein Bebauungsplan der Antragstellerin, der die Festsetzung eines allgemeinen Wohngebietes trifft. Der Beigeladene begehrt die Baugenehmigung für ein Vorhaben, das der Unterbringung von maximal 8 Personen dient, denen neben der Unterbringung physio- und psychotherapeutische Anwendungen und medizinische Betreuung angeboten werden sollen. Mit Schreiben vom 25.01.2012 teilte die Antragstellerin dem Antragsgegner mit, dass Vorhaben werde nach wie vor kritisch angesehen, da die Vermutung einer verdeckten Beherbergung naheliege. Sie erteile das Einvernehmen in Verbindung mit den zusätzlichen Beschreibungen der Einrichtung aus den E-Mails vom 02. und 03.01.2012 gemäß § 36 BauGB.

2

Gegen die am 03.01.2012 erteilte Baugenehmigung legte die Antragstellerin Widerspruch ein und trug vor, ein Einvernehmen zu der Baugenehmigung nach § 36 BauGB liege im Hinblick auf die tatsächlich erteilte Baugenehmigung nicht vor. Die Baugenehmigung sei schon deswegen rechtswidrig, weil die eingereichte Betriebsbeschreibung zu unbestimmt sei. Aus ihr werde nicht deutlich, dass es sich um eine Anlage für gesundheitliche Zwecke handele. Die mit Schreiben vom 25.01.2012 erteilte Einvernehmenserklärung enthalte Bedingungen, die nicht erfüllt seien. Das Einvernehmen gelte daher als nicht erteilt.

3

Dem Antrag der Antragstellerin auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gab das Verwaltungsgericht Schwerin durch Beschluss vom 20.12.2012 statt. Die Antragstellerin könne sich auf die Verletzung der Planungshoheit berufen. Das Einvernehmen nach § 36 BauGB sei erforderlich, weil der zugrundeliegende Bebauungsplan – wie sich aus einem anderen Verfahren ergeben habe - unwirksam sei. Das Verwaltungsgericht lässt dahinstehen, ob die nähere Umgebung als reines oder allgemeines Wohngebiet nach § 34 Abs. 2 BauGB zu qualifizieren ist. Das Vorhaben stelle keine Anlage für gesundheitliche Zwecke dar, die in einem Wohngebiet (ausnahmsweise) zulässig sei. Es sei schon zweifelhaft, ob das Vorhaben gesundheitlichen Zwecken diene. Jedenfalls erfülle es nicht die notwendige Voraussetzung einer Gemeinbedarfsanlage.

II.

4

Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Das nach § 146 Abs. 4 S. 6 VwGO allein maßgebende fristgerechte Beschwerdevorbringen des Beigeladenen rechtfertigt keine abweichende Entscheidung.

5

Einer Gemeinde kann entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts keine Rechtsposition aus § 36 BauGB zugeschrieben werden mit der Erwägung, ihr Einvernehmen sei wegen der Beurteilung des Vorhabens nach § 34 BauGB erforderlich, weil sich der bestehende Bebauungsplan bei inzidenter Prüfung als unwirksam erweise. Die Planungshoheit der Gemeinde umfasst bei erkannter Unwirksamkeit eines eigenen Bebauungsplans nämlich nur die Möglichkeiten, diesen in einem Verfahren nach § 1 Abs. 8 BauGB aufzuheben oder zu ändern und dabei ggf. einen Antrag auf Zurückstellung nach § 15 BauGB zu stellen oder eine Veränderungssperre nach § 14 BauGB zu erlassen (vgl. OVG Greifswald, B. v. 19.10.2006 - 3 M 63/06 - BauR 2007, 515).

6

Eine Gemeinde ist aber gem. § 42 Abs 2 VwGO klagebefugt und kann in ihrer Rechten i.S.v. § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO verletzt sein, wenn die Bauordnungsbehörde ein Bauvorhaben, das den Festsetzungen eines Bebauungsplans widerspricht, genehmigt, ohne die an sich erforderliche Befreiung zu erteilen (VGH Mannheim, B. v. 29.09.1981 - 3 S 1184/81 – juris). Andernfalls könnte sie um ihre Rechtsposition nach § 36 BauGB gebracht werden, die sie erhält, wenn eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB erteilt wird. Dieser Fall ist dem gleich zu behandeln, in dem bei einer erteilten Befreiung das notwendige Einvernehmen nicht eingeholt worden ist (dazu BVerwG, U. v. 11.08.2008 - 4 B 25/08 - NVwZ 2008, 1347).

7

Die Antragstellerin hat durch ihre Erklärung im Genehmigungsverfahren vom 25.01.2012 das Rechtsschutzbedürfnis nicht verloren. Es liegt kein Fall der Entscheidung nach §§ 31, 33, 34 oder 35 BauGB vor, sodass das Einvernehmen nicht erforderlich ist. Die Versagung des Einvernehmens in einem solchen Fall hat nicht die Rechtsfolgen des § 36 BauGB (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, § 36 BauGB Rdn. 18); das muss auch für die Erteilung des Einvernehmens gelten. Eine Gemeinde muss ihre Planungshoheit verteidigen können, wenn sie in der irrtümlichen Annahme, ihr Einvernehmen sei nach § 36 BauGB erforderlich, dieses erteilt, obwohl tatsächlich das Vorhaben mangels Antrags auf Befreiung nach § 31 Abs. 1 BauGB nach § 30 Abs. 1 BauGB zu beurteilen ist, und es genehmigt wird, obwohl es den Festsetzungen des Bebauungsplans widerspricht. Auf die Frage, ob die Erklärung vom 25.01.2012 als Versagung des Einvernehmens ausgelegt werden kann, weil es sich um eine unklare oder mehrdeutige Erklärung der Gemeinde handeln könnte, kommt es daher nicht an.

8

Etwas anders könnte nur dann gelten, wenn in der Stellungnahme vom 25.01.2012 ein Klageverzicht der Antragstellerin zu sehen wäre. Es fehlt indes an der Voraussetzung, dass eine solche Erklärung angesichts seiner prozessualen Tragweite - unter Anlegung eines strengen Maßstabs – sich als eindeutig, unzweifelhaft und unmissverständlich darstellen muss (vgl. BVerwG, U. v. 18.05.1990 - 8 C 40/88 - NVwZ-RR 1990, 581).

9

Objektiv setzt das Vorhaben der Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans gem. § 31 Abs. 2 BauGB voraus, denn es ist mit der planerischen Festsetzung des Baugebiets als allgemeines Wohngebiet nicht vereinbar. Es stellt keine Anlage für gesundheitliche Zwecke i.S.v. § 4 Abs. 2 Nr. 3 BauNVO dar. Ihm fehlt das erforderliche Merkmal der Gemeinbedarfsanlage.

10

Entgegen der Einschätzung des Beigeladenen hat das BVerwG an dem Erfordernis der Gemeinbedarfsanlage festgehalten. In dem Urteil des BVerwG vom 02.02.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = NVwZ 2012, 825 Rdn 10 wird ausgeführt:

11

„Eine weite Auslegung der Begriffsgruppe < "Anlagen für kulturelle Zwecke"> führt … nicht zu einer uferlosen Ausdehnung des Anwendungsbereichs der Norm. Die begriffliche Offenheit des Tatbestands wird in zweifacher Hinsicht begrenzt. Aus dem systematischen und historischen Zusammenhang wird deutlich, dass Anlagen für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke nur die in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB definierten Gemeinbedarfsanlagen sind. Die Baunutzungsverordnung hat die Begriffsgruppe von Anfang an auf Gemeinbedarfsanlagen beschränkt gesehen (Urteile vom 12.12.1996 - 4 C 17.95 - BVerwGE 102, 351 <354> und vom 28.04.2004 - 4 C 10.03 - Buchholz 406.12 § 3 BauNVO Nr. 15 S. 6). Darüber hinaus wirkt das Erfordernis der Gebietsverträglichkeit begrenzend, das vor allem jene Nutzungsarten betrifft, die die Baunutzungsverordnung begrifflich verselbständigt und mehreren der Baugebietstypen in §§ 2 bis 9 BauNVO zugeordnet hat (Beschluss vom 06.12.2000 - 4 B 4.00 - Buchholz 406.12 § 7 BauNVO Nr. 4 S. 2).“

12

Indem der Beschluss vom 06.12.2000, wenn auch in anderem Zusammenhang, in der zitierten Passage erwähnt wird, wird deutlich, dass das BVerwG die Ausführungen in jenem Beschluss nicht so versteht, es könne – ausnahmsweise - auf das Merkmal der Gemeinbedarfsanlage verzichtet werden. Wenn das BVerwG mit seinem Satz „In der Regel handelt es sich um Anlagen für den Gemeinbedarf…“, den der Beigeladene zitiert, eine Ausnahme hätte eröffnen wollen, von dieser Voraussetzung abzusehen, hätte der Beigeladene im übrigen darlegen müssen, aus welchen Gründen sein Vorhaben gerade von dem Regelfall abweicht.

13

Der Begriff des Gemeinbedarfs wird in § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB näher bestimmt (zusammenfassend BVerwG, U. v. 02.02.2012 - 4 C 14/10 - BVerwGE 142, 1 = NVwZ 2012, 825 Rdn 11): Gemeinbedarfsanlagen sind solche baulichen Anlagen und Einrichtungen, die der Allgemeinheit dienen. Beispielhaft werden Schulen und Kirchen sowie sonstigen kirchlichen, sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Zwecken dienende Gebäude und Einrichtungen aufgezählt. Der Allgemeinheit dient eine Anlage im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 2 BauGB, wenn sie, ohne dass die Merkmale des Gemeingebrauchs erfüllt zu sein brauchen (vgl. BVerwG, B. v 18.05.1994 - 4 NB 15.94 - NVwZ 1994, 1004 <1005>), einem nicht fest bestimmten, wechselnden Teil der Bevölkerung zugänglich ist. Gemeint sind Einrichtungen der Infrastruktur, die der Gesetzgeber dem Oberbegriff der "Einrichtungen und Anlagen zur Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen des öffentlichen und privaten Bereichs" zugeordnet hat (BVerwG, U. v. 30.06.2004 - 4 CN 7.03 - BVerwGE 121, 192 <195>). Auf die Rechtsform des Einrichtungsträgers kommt es nicht entscheidend an (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 17.95 - BVerwGE 102, 351 <356>). Die Trägerschaft kann auch in der Hand einer natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts liegen (BVerwG, U. v. 30.06.2004 - 4 CN 7.03 - BVerwGE 121, 192 <196>).

14

Es ist nicht erkennbar, dass hier mit staatlicher oder gemeindlicher Anerkennung eine öffentliche Aufgabe wahrgenommen wird, hinter die etwaiges privatwirtschaftliches Gewinnstreben eindeutig zurücktritt (dazu BVerwG, B. v. 18.05.1994 – a.a.O.; BVerwG, B. v. 12.12.1996 – a.a.O., der dies für Arztpraxen verneint).

15

Die übrigen Ausführungen der Beigeladenen stellen die weiteren Erwägungen des Verwaltungsgerichts nicht in Frage; auf die verwiesen wird (§122 Abs. 2 S. 3).

16

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

17

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 52 Abs. 1 GKG. Der Streitwert für eine von der Gemeinde zur Verteidigung ihrer Planungshoheit erhobene Klage gegen eine Baugenehmigung wird danach im Regelfall mit 10.000,-- EUR festgesetzt. Denn die Anfechtungsklage einer Gemeinde gegen eine Baugenehmigung ist im Regelfall höher zu bewerten als die Anfechtungsklage eines Nachbarn gegen eine Baugenehmigung (vgl. Nr. II. 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit - NVwZ 2004, 1327 ff.) (VGH München, B. v. 24.11.2008 - 1 ZB 08.1462 - juris). Dieser Streitwert für die Hauptsache ist zu halbieren, da es vorliegend um die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes geht. Die Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts beruht auf § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG.

18

Hinweis:

19

Der Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Die Baugenehmigung des Beklagten vom 10.09.2008 für das Bauvorhaben Neubau Schweinemaststall, Halle und Güllebehälter in 19374 V. in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2008 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladenen zu je 50 %.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen tragen diese jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollsteckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen eine dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Schweinemastanlage auf ihrem Gebiet. Seit dem 01.01.2011 ist der Sohn und Beigeladene zu 2. Betriebsinhaber. Der Wechsel des Bauherrn ist dem Beklagten angezeigt worden.

2

Mit Bauantrag 30.10.2007 beantragte der Beigeladene zu 1. die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Schweinemastanlage als landwirtschaftliches Bauvorhaben auf seinem Grundstück, Flurstück 21 der Flur 1 der Gemarkung V.. Das Grundstück liegt nahe der Kreisstraße K östlich eines alten Ziegeleigeländes, in unmittelbaren Umfeld eines Moores. Nach dem Bauantrag soll das Vorhaben aus einem Stall für 1499 Mastschweine, einem Güllesilo, einem Lager, einem Hallengebäude sowie Straßen und Wegen bestehen. Die überbaute Fläche ist mit 4.117,20 qm angegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Bauantragsunterlagen nebst Nachreichungen und Plänen in der Beiakte Nr. 1 verwiesen.

3

Das Grundstück befindet sich in einem im März 2008 der EU-Kommission gemeldeten besonderen Schutzgebiet für wildlebende Vögel, Special-Protection-Areas (SPA) nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten (VRL), hier: DE 2437-401 „Wälder und Feldmark bei T.“ (nachfolgend: SPA 66). Zur Verdeutlichung des Gebietsumfangs sowie der Lage des Bauvorhabens wird auf die Karte 1 der Voruntersuchung von Dr. K. (Büro E.) vom 05.03.2008 auf Bl. 156 der Beiakte 1 (Behördenakte) verwiesen. Die Meldung des Gebiets beruhte auf einem Beschluss der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern vom 25.09.2007 zur Ausweisung des SPA 66. Diesbezüglich wird hinsichtlich der Einzelheiten auf das Schreiben des Landkreises C-Stadt vom 13.11.2007 nebst Mitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (LMU) vom 26.09.2007, Bl. 541 – 544 der Beiakte 3 (Akten des Verfahrens 3 L 175/07), verwiesen. Ausgangspunkt für das der Meldung vorausgegangene Verfahren war der Gebietsvorschlag „L.“ aus den IBA-Vorschlägen (IBA: Important Birds Area) der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommerns aus dem Jahr 2002. Dieser Vorschlag führte nach von fachgutachterlichen Stellungnahmen begleiteten Änderungen des Meldeentwurfes zur konkreten Gebietsmeldung des SPA 66. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht des LMU vom 02.06.2007 auf Bl. 787-812 der Beiakte 3, das Kartenkonvolut zu Bl. 687 und 688 der Beiakte 3 sowie die Gutachten von B., Bl. 512 – 525 der Beiakte 3 = Bl. 140 – 150 der Gerichtsakte, und von T., Bl. 525 – 534 der Beiakte 3, verwiesen. Mit Vogelschutzgebietsverordnung vom 12.07.2011 (GVOBl. M-V 2011, 462) wurde das Gebiet SPA 66 nach der nunmehr aktualisierten Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009; nachfolgend ebenfalls mit VRL bezeichnet, sofern die in Bezug genommenen Artikel mit der früheren Fassung identisch sind) förmlich nach nationalem Recht unter Schutz gestellt.

4

Mit Schreiben vom 15.11.2007 bat der Beklagte die Klägerin um Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Baugesetzbuch (BauGB) und beteiligte die zuständigen Fachämter. Der Beigeladene zu 1. ergänzte auf Anforderung die Bauunterlagen, u. a. um ein Investitionskonzept (Bl. 67 – 72 der Beiakte 1), Grundbuchauszüge zum Nachweis landwirtschaftlicher Flächen (Bl. 74-77 der Beiakte 1), eine Emissions- und Immissionsprognose von Geruch vom 06.03.2008 des Büro E. (Bl. 86 – 119 der Beiakte 1) sowie die von Dr. K. vom Büro E. erstellte Voruntersuchung zur Verträglichkeit mit den Schutz- und Erhaltungszielen des EU-Vogelschutzgebietes „Wälder und Feldmark bei T.“ vom 05.03.2008 („Vorprüfung auf FHH-Verträglichkeit“) (Bl. 146 – 159 der Beiakte 1). Die Geruchsprognose sowie die Voruntersuchung stellten keine unzulässigen Auswirkungen des Vorhabens fest. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die genannten Unterlagen verwiesen. Das Umweltamt des Landkreises C-Stadt erklärte sein Einvernehmen am 09.07.2008 mit der Maßgabe näherer in die Baugenehmigung zu übernehmender Nebenbestimmungen auf Basis der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 09.07.2008 (Bl. 138 – 145 der Beiakte 1). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme des Umweltamtes des Landkreises C-Stadt vom 09.07.2008, Bl.167 – 169 der Beiakte 1, verwiesen.

5

Mit Formblatt vom 11.12.2007, Eingang beim Beklagten am 20.12.2007, verweigerte die Klägerin ihr Einvernehmen gemäß § 36 BauGB mit der Begründung, dass das Vorhaben sowohl der Darstellung im Flächennutzungsplan als Nutzfläche für Landwirtschaft als auch dem Schutzzweck des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 66 widerspreche. Mit Schreiben vom 25.07.2008, Eingang 30.07.2008, gab ihr der Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.08.2008, die Entscheidung zum Einvernehmen zu überdenken (Bl. 134 der Beiakte 1). Mit Schreiben vom 05.08.2008 (Bl. 136 der Beiakte 1), Eingang beim Beklagten am 11.08.2008, bekräftigte der Bürgermeister der Klägerin seinen Standpunkt und wies darauf hin, dass die nächste Gemeindevertretersitzung im September 2008 stattfinde und frühestens dann das Vorhaben nochmals beraten werden könne.

6

Am 10.09.2008 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Baugenehmigung für das beantragte Vorhaben. Der Klägerin wurde dies am 15.09.2008 mitgeteilt (Bl. 76 der Beiakte 1). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des EU-Vogelschutzgebiets nicht gegeben sei. Ferner wurde mit der Baugenehmigung die Naturschutzgenehmigung erteilt und der naturschutzrechtliche Eingriff gemäß § 15 Abs. 2, § 65 d Abs. 1 des Landesnaturschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (LNatG M-V) genehmigt. Unter Ziff. 1.1.1 wurde der Beigeladene zu 1. mit Kompensationsmaßnahmen beauflagt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 10.09.2008 nebst Anlagen verwiesen.

7

Am 09.10.2008 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung. Es sei davon auszugehen, dass die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des EU-Vogelschutzgebietes DE 2437-401 „Wälder und Feldmark bei T.“ – SPA 66 – bestehe. So liege das Vorhaben nach dem Gutachten von Frau Dipl. Ing. S., 2007, innerhalb der Nahrungsflächen des Kranichs, des Schwarzstorchs, des Weißstorchs und des Rotmilans. Die Voruntersuchung von Dr. K. vom 05.03.2008 sei ungenügend und nicht geeignet, die Möglichkeit einer Beeinträchtigung auszuräumen. Bereits der Mangel der Bestandserfassung- und Bewertung führe zur Rechtswidrigkeit einer darauf basierenden Zulassung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.

8

Mit Bescheid vom 19.11.2008, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 15.12.2008, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er aus, bei dem betroffenen Vorhaben handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die Betriebsfläche nehme ca. 117 ha Ackerfläche ein und bilde somit die überwiegende eigene Futtergrundlage. Im Übrigen hält der Beklagte an den Ergebnissen der Voruntersuchung vom 05.03.2008 fest. Flächenverluste beträfen lediglich Bereiche bereits anthropogen vorbelasteter und intensiv genutzter Ackerflächen in Straßenähe. Im Übrigen wird hinsichtlich der Einzelheiten auf den Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008 verwiesen.

9

Der Beigeladene zu 1. nutzte die Baugenehmigung teilweise aus. Der Stall und der Güllebehälter sind errichtet. Die Halle ist bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht errichtet worden. Ferner wurden im Hinblick auf die Zuwegung sowie die statischen Prüfungen Nachtragsgenehmigungen erteilt. Der Beklagte prüft ferner derzeit die Auswirkungen eines nahe gelegenen Waldes auf das Genehmigungsverfahren. Bisher war der Wald – wobei unklar ist, ob es sich um Wald im Sinne des Gesetzes handelt – nicht berücksichtigt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Erklärungen der Beteiligten gemäß dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2013 verwiesen.

10

Am 12.01.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor:

11

Die Ersetzung des Einvernehmens sei bereits verfahrensfehlerhaft. Es fehle an einer gemäß § 39 Abs. 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG M-V), § 71 Abs. 3 Satz 1 der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) erforderlichen Begründung. Die nach § 71 Abs. 4 LBauO M-V erforderliche Anhörungsfrist sei nicht angemessen gewesen.

12

Materiell sei das Vorhaben nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es fehle an ausreichender Fläche zum Anbau von Tierfutter. Eine im Bauantrag angegebene Ackerfläche von 117 ha sei nicht nachzuvollziehen. Es fehle auch an einer dinglichen oder schuldrechtlichen Sicherung der vorhandenen Flächen für den Betrieb. Im Übrigen fehle es an einem schlüssigen wirtschaftlichen Konzept. Auch ein Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sei nicht gegeben. Selbst wenn das Vorhaben privilegiert wäre, ständen ihm Belange des Umweltschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegen. Das Vorhaben verstoße gegen das Beeinträchtigungsverbot gemäß Art. 4 Abs. 4 VRL, § 34 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatG), § 28 LNatG M-V. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung sei das Vogelschutzgebiet zwar gemeldet, jedoch noch nicht festgesetzt gewesen. Ein Wechsel des Schutzregimes vom allgemeinen Verschlechterungsverbot des Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 RL sei damit nicht eingetreten. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der Vogelschutzrichtlinie bzw. des Vogelschutzgebietes lägen vor. Nicht erkannt und berücksichtigt hätte der Beklagte, dass sich etwa hundert Meter westlich des Vorhabens im Moorbiotop nahe der alten Ziegelei ein Kranichbrutplatz befunden hätte. Die Errichtung der Schweinmastanlage habe zu einem Abbruch des Brutversuchs eines Kranichpaars geführt. Eine erhebliche Beeinträchtigung liege auch in Hinblick auf die Rohrweihe vor. Die Voruntersuchung vom 05.03.2008 von Dr. K. sei nicht geeignet, den Nachweis des Ausschlusses erheblicher Beeinträchtigungen zu erbringen. Vielmehr bestehe aufgrund der Flächeninanspruchnahme im gemeldeten Schutzgebiet und der Inanspruchnahme potentieller Nahrungsflächen für Rastvögel der begründete Verdacht möglicher erheblicher Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen. Allein der plausible, nachvollziehbar dargelegte Ausschluss möglicher Beeinträchtigungen könne bei Projekten innerhalb von Schutzgebieten dazu führen, dass auf eine FHH-Verträglichkeitsprüfung verzichtet werde. Die vorliegende Voruntersuchung lasse nicht einmal erkennen, welche Erkenntnisse überhaupt herangezogen wurden und sei daher für die erforderliche Ermittlung und Bewertung unzureichend. Zudem bestehe auch die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen durch Stickstoffeintrag in das nährstoffarme Moor bei der Ziegelei und der damit verbundenen Entwertung als Lebensraum. Regenwasser fließe vom Anlagengelände in das Z.. Auch das nördliche Röhrichtbiotop sei betroffen. Es bestehe die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass selbst lediglich bei Betrachtung des Nährstoffeintrags über die Luft die critical loads für diese Biotope überschritten seien. Ferner sei die klagende Gemeinde durch einen Verstoß gegen den Mindestabstand des Vorhabens zum Wald in eigenen Rechten verletzt.

13

Die Klägerin beantragt,

14

die Baugenehmigung des Beklagten vom 10. September 2008 für das Bauvorhaben Neubau Schweinemaststall, Halle und Güllebehälter in 19374 V. unter dem Aktenzeichen B. in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2008 zum Aktenzeichen B. aufzuheben.

15

Der Beklagte beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Er hält die Genehmigung für rechtmäßig. Die Anhörungsfrist sei angemessen. Auch eine Begründung habe er der Klägerin mit der Baugenehmigung zukommen lassen. Materiell handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb. Erhebliche Beeinträchtigungen des (ehemals) faktischen Vogelschutzgebiets seien nicht festzustellen. Im Vergleich zur Gesamtgröße von 6.602 ha entspreche eine Flächenversiegelung von ca. 4.200 qm ca. 0,01 % der Gesamtfläche. Der Standort sei wegen der Kreisstraße und des benachbarten Waldes für Kraniche unattraktiv. Eine Beeinträchtigung des Bruthabitats für den Kranich im Zwischenmoor bei der ehemaligen Ziegelei sei nicht erheblich. Im SPA 66 seien ausreichend Brutplätze vorhanden. Bei dem nördlich gelegenen Röhrichtbiotop handele es sich um einen für die Rohrweihe unattraktiven und geringwertigen Standort. Gemäß dem Atlas für Brutvögel in Mecklenburg-Vorpommern 2006 seien 2-4 Brutpaare für das Vogelschutzgebiet angegeben. Für den Quadranten mit der Schweinemastanlage werde ein Brutverdacht angegeben. In diesem Quadranten befänden sich mindestens 70 gesetzlich geschützte Biotope, welche zumindest potentiell besser geeignet wären.

18

Die Beigeladenen beantragen,

19

die Klage abzuweisen

20

Sie tragen zu den dem Betrieb zur Verfügung stehenden Flächen vor. Ferner erklären sie, es sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 2. am 15.04.2011 einen Antrag auf Herausnahme des Flurstücks 21 aus dem beabsichtigten Schutzgesetz gestellt habe und diesem Antrag nach Auskunft des zuständigen Ministeriums auch entsprochen werde, sobald der rechtskräftige Bestand der Baugenehmigung feststehe. In Hinblick auf den von Klägerseite vorgetragenen Wegfall eines Brutplatzes des Kranichs im Z. zeige der Anstieg der Kranichpopulation seit Erteilung der Genehmigung, dass dies offensichtlich keine Auswirkungen gehabt habe. Hinsichtlich der Rohrweihe lägen keine belastbaren Fakten vor. Eine negative Entwicklung der Anzahl der Brutpaare durch das Vorhaben sei nicht festgestellt. Gleiches gelte in Hinblick auf den Nährstoffeintrag in das Z. und das nördlich gelegene Röhrichtbiotop. Hier seien die Maximalwerte der critical loads nicht überschritten. Eine unmittelbare Nährstoffeintragung durch Wassereintrag finde nicht statt. Regenwasser könne von den Ackerflächen, nicht vom Vorhabengelände, in das Z. fließen.

21

Das Gericht hat die Akten des Verfahrens 2 A 1712/03, 3 L 175/07 nebst Beiakten beigezogen, das Gutachten der Sachverständigen S. angefordert und mit Beschluss vom 05.09.2012 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Dipl. Ing. K. veranlasst. Die Klägerin hat ferner erklärt, im Falle eines Erfolgs der Klage sei der Nachtrag, den die Klägerin in Hinblick auf ihre subjektiven Rechte für irrelevant halte, gegenstandslos. Entsprechend brauche die Klage nicht angepasst zu werden. Im Termin am 17.01.2013 hat der Sachverständige sein Gutachten vom 12.11.2012 erläutert. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde mit den Beteiligten erörtert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 17.01.2013 und das genannte Gutachten verwiesen.

22

Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte nebst Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

23

Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet.

24

1. Die Klage ist zulässig. Gemäß § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine Anfechtungsklage zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt (hier: die erteilte Baugenehmigung) in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dies ist hier der Fall.

25

Die Klägerin beruft sich auf eine Verletzung der ihr zustehenden Planungshoheit durch eine formell und materiell rechtswidrige Ersetzungsentscheidung gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB. Auf der formellen Ebene dienen sowohl die in § 71 Abs. 3, 4 LBauO M-V vorgesehene Anhörung als auch die Begründungspflicht dem Schutz der Gemeinde (vgl. zu einer vergleichbaren Vorschrift: Lechner, in: Simon/Busse, Kommentar zu Bay. BauO, Art. 67 Rn. 174, Stand: September 2009). In materieller Hinsicht kann die Gemeinde insbesondere geltend machen, dass ein Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sei und öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige; sie kann sich zudem auch auf eine Verletzung ihrer Planungshoheit mit dem Argument berufen, dass die ausreichende Erschließung eines Vorhabens nicht gesichert sei. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.06.2010, 4 B 60.09, BauR 2010, 1737; VGH München, Beschluss vom 19.10.2010, 9 B 10.1773 –; vgl. ferner BVerwG, Beschluss vom 11.08.2008, 4 B 25.08, BauR 2008, 1844 – zitiert nach Juris). So liegt der Fall hier. Die Klägerin beruft sich auf die Verletzung der Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie (VRL). Diese gehören gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5, § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB zu den Belangen des Umweltschutzes, deren Prüfung zur im Rahmen von § 36 Abs. 1 Satz 1 vorgesehenen Mitwirkung der Gemeinde zählt.

26

2. Die Klage ist begründet. Die Baugenehmigung und die Ersetzung des Einvernehmens in Gestalt des Widerspruchsbescheids sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

27

Die Voraussetzungen für das Ersetzen des Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB, § 71 Abs. 1 Satz 1, 2 LBauO M-V lagen nicht vor. Die Gemeinde hat ihre Zustimmung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu Recht verweigert, denn dem Vorhaben des Beigeladenen zu 1. standen im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB von der Klägerin in eigener Verantwortung zu prüfende Belange des Umweltschutzes entgegen.

28

Es kommt hierbei nicht darauf an, ob es sich bei dem Vorhaben des Beigeladenen zu 1. um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 BauGB handelt. Auch privilegierten Vorhaben stehen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes entgegen, wenn diese nach dem einschlägigen Fachrecht unzulässig sind. So liegt der Fall hier.

29

2.1. Dem Vorhaben stand im maßgeblichen Zeitpunkt das Beeinträchtigungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL sowie nach § 28 Abs. 5 Satz 1 des Landesnaturschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.10.2002 (GVOBl. M-V 2003, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 14.07.2006 (GOVBl. M-V 2006, S. 560), im Folgenden: LNatG M-V a.F., entgegen. Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um Verschmutzungen oder Beeinträchtigungen der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen von Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL erheblich auswirken, zu vermeiden. Art. 4 Abs. 1 VRL schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten die für die Vögel nach Anhang I zur Richtlinie geeigneten Gebiete zu Schutzgebieten erklären. Gemäß § 28 Abs. 5 Satz 1 LNatG M-V a.F. sind Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Europäischen Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

30

2.1.1. Das streitgegenständliche Vorhaben lag zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung sowie zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung in einem Gebiet im Sinne der zitierten Vorschriften – einem sogenannten faktischen Vogelschutzgebiet. Der Standort des Vorhabens lag – was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - ausweislich sämtlicher vorhandener Unterlagen sowie den Ausführungen des Sachverständigen in dem von der Landesregierung im März 2008 gemeldeten Vogelschutzgebiet „DE 2437-401 Wälder und Feldmark bei T.“ (SPA 66). Nach dieser Gebietsmeldung sind auch die Rohrweihe und der Kranich einschließlich der Bestandteile ihres Lebensraums geschützt. Vorhaben in diesem faktischen Vogelschutzgebiet waren daher zu diesen Zeitpunkten nach § 4 Abs. 4 V-RL und § 28 Abs. 5 Satz 1 LNatG M-V a.F. zu bewerten.

31

2.1.1.1. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL, der die Bestimmung von Vogelschutzgebieten regelt, erklären die Mitgliedstaaten die für die Erhaltung der in Anhang I aufgeführten Vogelarten "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" zu Schutzgebieten. Unter Schutz zu stellen sind nicht sämtliche Landschaftsräume, in denen bedrohte Vogelarten vorkommen, sondern nur die Gebiete, die sich am ehesten zur Arterhaltung eignen. Maßgeblich sind ausschließlich ornithologische Kriterien. Bei der Frage, welche Gebiete nach ornithologischen Kriterien zu den geeignetsten zählen, besteht ein fachlicher Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten. Zu den Beurteilungskriterien gehören neben Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdung der Vogelarten insbesondere die Populationsgröße und -dichte, die Artendiversität eines Gebiets, sein Entwicklungspotenzial und seine Netzverknüpfung sowie die Erhaltungsperspektiven der dort vorkommenden bedrohten Arten. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physikalischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitragen, gehören zum Kreis der i.S.d. Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete (sog. faktische Vogelschutzgebiete). Als bedeutsames Erkenntnismittel für die Gebietsauswahl und als gewichtiges Indiz bei der Eignungsbeurteilung stellt sich das Verzeichnis der „Important Bird Areas“ (IBA) dar (BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, 9 A 3.06, NVwZ 2008, 1239 – zitiert nach Juris).

32

2.1.1.2. Die Vogelschutz-Richtlinie findet auch in solchen Gebieten unmittelbar Anwendung, die der Mitgliedstaat - wie hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung - nicht nach Art. 4 Abs. 1 VRL zum Vogelschutzgebiet erklärt hat. Dies gilt für Gebiete, deren Erklärung zum Vogelschutzgebiet durch den Mitgliedstaat verweigert wird ebenso wie für solche Gebiete, deren Erklärung zwar ins Auge gefasst, aber noch nicht vollzogen ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, alle Landschaftsräume zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die für die Erhaltung der betreffenden Vogelarten nach ornithologischen Kriterien am geeignetsten erscheinen. Die Rechtsfigur des faktischen Vogelschutzgebiets knüpft nicht an eine wie auch immer geartete Erkennbarkeit eines Gebiets i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL an. Für sie ist vielmehr lediglich maßgeblich, dass die Vogelschutz-Richtlinie gegenüber staatlichen Behörden auch ohne Umsetzung in nationales Recht unmittelbar rechtliche Verpflichtungen begründet; demzufolge sind alle für die Erhaltung der in Anhang I zur Vogelschutz-Richtlinie aufgeführten Vogelarten nach ornithologischer Beurteilung geeignetsten Landschaftsräume als faktische Vogelschutzgebiete zu behandeln, sofern sie nicht bereits in zureichender Weise zu Europäischen Vogelschutzgebieten erklärt worden sind (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 09.01.2003, 1 C 10187/01, NuR 2003, 441 m. w. N. – zitiert nach Juris).

33

2.1.1.3. Nach diesen Maßstäben ist – was zwischen Beteiligten auch nicht umstritten ist - von der Eignung des Gebiets nach den einschlägigen ornithologischen Kriterien spätestens seit der Meldung des Gebiets im März 2008 auszugehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Gebietsmeldung die Landesregierung ihren fachlichen Beurteilungsspielraum überschritten hätte, etwa weil es einer besonderen Bedeutung des Gebiets und seiner Eignung für die aufgeführten Vogelarten fehlen würde. Vielmehr beruht der Gebietsvorschlag auf in einem aufwändigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen und einer Listung im IBA-Verzeichnis. Ferner zeigt die förmliche Unterschutzstellung des Gebiets als Vogelschutzgebiet im Jahr 2011 eine Bestätigung der damals getroffenen Einschätzung. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der VRL sind damit sämtliche in Anhang I aufgeführten Arten geschützt, auch wenn das Gebiet nicht gerade ihretwegen als Vogelschutzgebiet ausgewählt sein sollte.

34

2.1.2. Prüfungsmaßstab für die streitgegenständliche Baugenehmigung ist dagegen nicht das (mildere) Schutzregime nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (folgend FFH-RL).

35

2.1.2.1. Dass das Vogelschutzgebiet seit März 2008 gemeldet worden war, führt nicht zu einem solchen Regimewechsel. Nach Art. 7 FFH-RL bedarf es dafür einer Erklärung des Gebiets zum (nationalen) besonderen Schutzgebiet. Dies erfordert eine Erklärung zu geschützten Teilen der Landschaft nach dem Bundes- oder Landesnaturschutzgesetz (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2010, 3 K 19/06, NuR 2011, 136 – zitiert nach Juris). Eine solche förmliche (landesrechtliche) Unterschutzstellung erfolgte jedoch erst im Jahr 2011.

36

2.1.2.2. Auch der Umstand, dass die förmliche Unterschutzstellung zwischenzeitlich mit der Vogelschutzgebietslandesverordnung (VSGLVO M-V) vom 12.07.2011 (GVOBl. M-V 2011 S. 462) erfolgt ist, führt nicht dazu, dass das erkennende Gericht die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung am Maßstab von Art. 6 FFH-RL auszurichten hätte. Vielmehr ist der für das Gericht maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der (letzten) Verwaltungsentscheidung, mithin der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Jahre 2008 (vgl. auch K. Meßerschmidt, Europäisches Umweltrecht 2011, § 13 Rn 87 mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 26.10.2006 – Rs. C – 239/04 – Castro Verde – Rn 23; OVG Koblenz, a. a. O., Juris-Rn 43 f., unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22.03.1999 – 4 BN 27.98 – NVwZ 1999, 1989, 990). Das folgt bereits daraus, dass das Gericht über die Frage zu befinden hat, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtmäßig erteilt worden ist und nicht darüber, ob der Beigeladene zu 1. bzw. zu 2. (jedenfalls) nunmehr die Baugenehmigung rechtmäßig erteilt erhalten kann. Denn die Beantwortung der letzteren Frage hängt in Anwendung von Art. 6 Abs. 3 und 3 FFH-RL von Voraussetzungen ab, die im von dem Beklagten durchgeführten Verwaltungsverfahren nicht ermittelt wurden, insbesondere den Ergebnissen einer für das streitgegenständliche Vorhaben durchzuführenden Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das Vogelschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen (zur Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung siehe unten), die auf Grund des Ergebnisses der Voruntersuchung des Dr. K. gerade nicht vorgenommen wurde und deren Durchführung im Übrigen vor der förmlichen Unterschutzstellung auch für nicht zulässig erachtet wird (vgl. OVG Koblenz, a. a. O. Juris-Rn 49; vgl. auch OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2010, 3 K 19/06 NuR 2011, 136, Juris-Rn 93, 114 zur Unzulässigkeit einer FFH-Vorprüfung im faktischen Vogelschutzgebiet).

37

Auch folgt aus den Erwägungsgründen Nr. 50 bis 60 des Urteils des EuGH vom 07.12.2000 (- Rs. C-374/98 – Basses Corbierés -, NVwZ 2001, 550), dass auf die Rechtmäßigkeitsprüfung der hier streitgegenständlichen Baugenehmigung die zwischenzeitlich erfolgte förmliche Unterschutzstellung ohne Einfluss ist: Danach geht es bei der Dualität der Regelungen für besondere Schutzgebiete und solche, die hätten ausgewiesen werden müssen, darum, einen Anreiz für die Mitgliedstaaten zu schaffen, besondere Schutzgebiete auszuweisen, wenn sie sich dadurch die Möglichkeit eröffnen, sich eines Verfahrens zu bedienen, das es ihnen erlaubt, aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art unter bestimmten Voraussetzungen einen Plan oder ein Vorhaben zu beschließen, der oder das ein besonderes Schutzgebiet beeinträchtigt. Diese Anreizfunktion würde unterlaufen, wäre ein Vorhaben, das unter Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL vorgeschriebene Verfahren genehmigt worden ist, nachträglich an den Vorgaben eben dieses Verfahrens zu messen und Verstöße im Anwendungsbereich der Vogelschutzrichtlinie dadurch im Ergebnis folgenlos blieben. Schließlich greift in diesem Zusammenhang auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsänderungen, wonach diese dann erheblich sind, wenn sie zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes durch die angefochtene Genehmigung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, 9 A 3.06, NuR 2008, 633, Juris-Rn 256).

38

2.1.3. Das genehmigte Vorhaben stellte im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von Art. 4 Abs. 4 VRL und § 28 Abs. 5 LNatG a.F. mit der Folge dar, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Vermeidungsgebot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL verstößt.

39

Wann eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, lässt sich nicht abstrakt und mit mathematischer Genauigkeit allgemein festlegen. Maßgeblich ist eine wertende Betrachtungsweise, die zu bedenken hat, dass Belästigungen der Vögel oder Beeinträchtigungen ihrer Lebensräume, die nach Art und Maß so geringfügig sind, dass sie im Hinblick auf den Schutzzweck und die Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes nicht ins Gewicht fallen, nicht als erheblich anzusehen sind. Es ist für eine erhebliche Beeinträchtigung hingegen nicht erforderlich, dass eine Verringerung der Anzahl der Vögel oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 14.10.2010, 3 L 175/07, NordÖR). Nur überragende Gemeinwohlbelange wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit sowie Gründe des Natur- und Umweltschutzes selbst sind geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL zu überwinden (vgl. OVG Koblenz a. a. O.). Dieser Schutzstandard muss bei der Beurteilung der Erheblichkeit auf die konkrete Vogelart angewandt werden. (vgl. OVG Greifswald a. a. O.).

40

2.1.3.1. Zur geschützten Vogelart nach Anhang I zur Richtlinie in diesem Vogelschutzgebiet gehört die Rohrweihe. Sie zählt sowohl nach der Meldung des SPA 66 als auch nach der Vogelschutzverordnung vom 12.07.2011 zu den im Gebiet vorkommenden Arten. Nach dem Standard-Datenbogen wird von einer Population im Vogelschutzgebiet von (ca.) 5 Brutpaaren ausgegangen (Seite 6 des Gutachtens des Sachverständigen K.).

41

2.1.3.1.1. Nach der Meldung des Vogelschutzgebietes gehören zu den maßgeblichen Bestandteilen für die Rohrweihe als Lebensraumelemente u.a. störungsarme, weitgehend ungenutzte Röhrichte mit möglichst hohem Anteil an flach überstauten Wasserröhrichten und geringem Druck durch Boden Prädatoren (auch an Kleingewässern) und mit ausgedehnte Verlandungszonen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen als Nahrungshabitat. Dies ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Kr. vom 12.11.2012 (Seite 5 und 6, vgl. auch die Anlage 1 VSGLVO M-V ). Anhaltspunkte dafür, dass diese Ziele und genannten Bestandteile nicht nach ornithologischen Kriterien fachlich gerechtfertigt sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

42

Den Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung entnimmt das Gericht, dass das ca. 100 m nördlich gelegene Wasserröhricht als Brutstätte potentiell – wenn auch mit Einschränkungen – geeignet gewesen war und zu den geschützten Röhrichten des Erhaltungsgebiets gehörte.

43

Der Sachverständige führte sinngemäß schriftlich und mündlich aus, die Rohrweihe brüte in Schilfröhricht, das eine Breite von mindestens 10 m aufweisen sollte. Das ca. 3.200 qm große Kleingewässer (Biotop-Nr. PCH06977) ca. 100 m nördlich vom Vorhaben der Schweinemastanlage sei fast vollständig mit Schilf bestanden und stelle ein potenzielles Bruthabitat dar. Ob dieses von der Rohrweihe tatsächlich genutzt werde, sei nicht bekannt, da hierzu keine Kartierungsdaten vorlägen. Nach der Biotopausstattung wäre ein Brutstandort möglich, auch wenn die von FLADE (1994) genannte Mindestgröße von 0,5 ha unterschritten werde. Ackersölle seien nach HOFMANN (2006) in einigen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns wichtigste Bruthabitate und würden auch ohne permanente Wasserführung und selbst bei Vorhandensein kleinster Schilfbestände besiedelt. Als Fluchtdistanz gebe FLADE 100 bis 300 m an. Zur Kreisstraße K werde ein Abstand von mindestens 200 m eingehalten. Wie hoch die Fluchtdistanzen im konkreten Einzelfall anzusetzen gewesen wären, könne nicht mehr ermittelt werden.

44

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an. Hinsichtlich des Beweisthemas verfügt der Sachverständige über einschlägiges, erworbenes und geprüftes Wissen und langjährige Erfahrung. Seine Argumentation weist keine Widersprüche auf und ist schlüssig. Der Sachverständige hat insbesondere entkräftet, das Röhrichtbiotop sei als Brutstandort aufgrund seiner geringen Größe ungeeignet, indem er auf hiervon abweichende Erfahrungen – welche das Gericht für vorzugswürdig hält – verwies. Eine Mindestgrößenvorgabe ergibt sich auch nicht aus der Gebietsmeldung. Auch die Entfernung zur Kreisstraße von deutlich über der Mindestfluchtdistanz von 100 m schließt nachvollziehbar eine Eignung des Biotops als Brutstätte nicht aus, auch wenn entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen festgestellt werden muss, dass es sich aufgrund der Einschränkungen letztlich um ein weniger geeignetes Habitat handelt.

45

Bereits unmittelbar nach Art. 1 Abs. 2 VRL sind auch die Eier und Nester der Vögel als Bestandteile des Erhaltungsgebiets geschützt. Auf eine Erwähnung in der Gebietsmeldung kommt es nicht an.

46

2.1.3.1.2. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Röhricht als Brutstätte für die Rohrweihe durch das genehmigte Vorhaben dauerhaft nicht mehr geeignet ist. Ob durch das Vorhaben ein brütendes Paar vertrieben worden ist, und ob eine solche Vertreibung kompensiert werden konnte, etwa indem (noch) eine andere Brutstätte gewählt werden konnte, ist ungewiss, kann aber offenbleiben, weil es für die Beantwortung der Frage, ob mit dem streitgegenständlichen Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL verbunden ist, darauf nicht ankommt. Maßgeblich für die Bejahung einer erheblichen Beeinträchtigung des nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL der Sicherstellung des Überlebens und der Vermehrung dienenden Lebensraums einer im Anhang I der VRL aufgeführten geschützten Vogelart ist nicht die Feststellung – hier – des Vorhandenseins eines Brutplatzes. Vielmehr reicht aus, dass die nicht entfernte Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung – hier des Verlustes eines Brutplatzes – besteht. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch das in Rede stehende Vorhaben ein potentieller Brutplatz und damit auch eine potentielle Brut verloren gegangen ist. Das ist hier der Fall.

47

Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen. Er führte aus, zur Schweinemastanlage betrage der Abstand lediglich 80 m (bezogen auf den Güllebehälter), 100 m im Übrigen, so dass Störungen durch den Betrieb der Anlage bei einem möglichen Brutvorkommen anzunehmen wären. Das Biotop wäre dann als Brutstätte nicht mehr geeignet. Ein mögliches brütendes Paar wäre vertrieben worden. Wie sich dies auf das konkrete Brutpaar und den Bestand insgesamt auswirke, könne er nicht ermitteln. Der Bestand an Habitaten sei nicht erfasst. Nach seiner Auffassung hätte eine umfassende Prüfung im Hinblick auf die Rohrweihe im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung (die allerdings ohne förmliche Unterschutzstellung unstatthaft ist, vgl. OVG Koblenz, a. a. O.) erfolgen müssen, weil erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen seien.

48

Das Gericht macht sich die Ausführungen des Sachverständigen wie dargestellt zu eigen. Zweifel an den Ergebnissen sowie der Argumentation haben die Beteiligten nicht geweckt. Der Vortrag der Beigeladenen bei der Erörterung des Beweisergebnisses, aufgrund einer Baumanpflanzung könne von der Anlage keine optische Störwirkung ausgehen, ist entkräftet. Wie der Sachverständige auch nachvollziehbar anhand der im Gutachten gefertigten Fotos und seinen Wahrnehmungen vor Ort ausführte, genüge selbst der (voraussichtliche) Baumbestand zum Zeitpunkt der Verhandlung nicht, um Störwirkungen durch die Anlage entgegen zu wirken. Sie sei weiterhin gut sichtbar. Ferner steht die Einschätzung der Beigeladenen, belastbare Fakten lägen nicht vor, dem Beweisergebnis nicht entgegen. Der Sachverständige hat bestehende Ungewissheiten offen gelegt sowie dargestellt, dass nachträgliche Ermittlungen nicht möglich oder sehr langwierig und aufwändig wären.

49

Insofern ist von den Beteiligten nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, welche Tatsachen der Sachverständige bei seiner Begutachtung – im Blick auf die hier (allein) relevante Frage nach der Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung - nicht oder fälschlicherweise zu Grunde gelegt hätte.

50

Auch das Ergebnis der sogenannten Vorprüfung des Dr. K. vom 05.03.2008 vermag keine Zweifel zu wecken. Konkrete Tatsachen zur Rohrweihe hat die Voruntersuchung gerade nicht aufgezeigt. Vielmehr ging diese aufgrund der darin behaupteten anthropogenen Vorbelastung pauschal ohne tiefer gehende Befassung davon aus, dass sich das Vorhaben (auf den Kranich als Zugvogel) nicht auswirken könne.

51

2.1.3.1.3. Die so festgestellten möglichen Auswirkungen sind erheblich im Sinne von Art. 4 Abs. 4 VRL und von § 28 Abs. 5 LNatG a.F.

52

2.1.3.1.3.1. Zunächst kommt es nicht darauf an, ob diese Auswirkungen feststehen oder überwiegend wahrscheinlich sind. Auch gewichtet sich die Erheblichkeit des Eingriffs mit Ausnahme von Extremfällen, die einem Nullrisiko gleichkommen, nicht nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der aufgezeigten Auswirkungen auf die Population. Vielmehr sind bei der Beurteilung der Erheblichkeit sämtliche nicht nur theoretischen, sondern ernsthaft möglichen negativen Auswirkungen auf einen positiven Erhaltungszustand als gegeben zu unterstellen.

53

Dies legt bereits der Wortlaut des § 28 Abs. 5 LNatG M-V a.F. nahe („können“), der insoweit der Umsetzung der Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie dient. Dem Gebot der Sicherstellung des Überlebens und der Vermehrung der geschützten Vogelarten durch die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 1 VRL sowie dem Gebot, erhebliche Belästigungen gemäß Art. 4 Abs. 4 VRL zu vermeiden, wäre kaum Rechnung getragen, wenn sich Unsicherheiten zu Lasten der Schutzziele auswirken dürften. Bereits nach dem (milderen) Regime nach der FFH-RL gilt, dass ein Projekt nur dann zulässig ist, wenn kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 12.03.2009, 9 A 3.06, Juris-Rn. 94). Erst Recht gilt dies für das strengere (Übergangs) Regime im faktischen Vogelschutzgebiet.

54

Demnach sind der dauerhafte Wegfall eines bedingt geeigneten Bruthabitats sowie die Möglichkeit eines nicht kompensierten Abbruchs eines Brutversuches als gegeben in die Bewertung einzustellen.

55

2.1.3.1.3.2. Die so unterstellten Auswirkungen sind in Hinblick auf die konkret geschützte Rohrweihe sowie die für ihre Erhaltung und Vermehrung geschützten Bestandteile auch als erheblich zu werten.

56

Zwar ist nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nicht jedwede, sei es noch so geringfügige Einflussnahme auf das Schutzgebiet in Form oder infolge menschlicher Aktivitäten verboten. Zu vermeiden ist jedoch alles, was sich auf die Sicherstellung des Überlebens und der Vermehrung der geschützten Arten erheblich auswirken kann (vgl. OVG Koblenz, a. a. O.). Das Beeinträchtigungsverbot kann grundsätzlich nur durch überragende Gemeinwohlbelange, wie den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder den Schutz der öffentlichen Sicherheit sowie Gründe des Natur- und Umweltschutzes selbst, überwunden werden (vgl. OVG Koblenz, a. a. O.; K. Meßerschmidt, a. a. O. § 13 Rn 32).

57

Die Möglichkeit des dauerhaften Wegfalls eines bedingt geeigneten Brutreviers trotz der vom Beklagten behaupteten 70 besser geeigneten Brutreviere im Quadranten mit der Schweinemastanlage ist keine Bagatelle, sondern eine Reduzierung des Lebensraumes von substantiellem Gewicht. Dies wird in diesem Fall insbesondere durch die vor Augen geführten Folgewirkungen deutlich. Bei nur bis zu 5 Brutpaaren – nach dem Vortrag des Beklagten sogar nur 2 bis 4 Brutpaare – fällt der mit dem Vorhaben verbundene (mögliche) Verlust eines Bruterfolgs substantiell ins Gewicht. Derartige Auswirkungen stehen im direkten Widerspruch mit der Zielsetzung der Richtlinie, die Vermehrung und Verbreitung der Rohrweihe sicherzustellen.

58

2.1.3.2. Zur geschützten Vogelart nach Anhang I zur Richtlinie in diesem Vogelschutzgebiet gehört auch der Kranich. Dieser ist auf das Vogelschutzgebiet mit seinen Bestandteilen in zweierlei Hinsicht angewiesen: als Zugvogel und als Brutvogel. Er zählt sowohl nach der Meldung des SPA 66 zu den geschützten Arten als auch nach der Vogelschutzgebietslandesverordnung vom 12.07.2011. Nach dem Standard-Datenbogen wird von einer Population im Vogelschutzgebiet von (ca.) 35 Brutpaaren und 3.000 Zug- und Rastvögeln ausgegangen (Seite 6 des Gutachtens).

59

2.1.3.2.1. Zu den für seine Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen des SPA 66 für den Kranich als Brutvogel gehören gemäß der Übersicht im Gutachten des Sachverständigen Kr. u. a. störungsarme nasse Waldbereiche, wasserführende Sölle und Senken, Moore und Sümpfe (vgl. auch die Anlage 1 VSGLVO M-V). Ob sich das Vorhaben auf das ca. 200 m westlich gelegene und als Brutstätte nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sehr gut geeignete Z in der Ziegelei in der Weise ausgewirkt hat, dass dessen Eignung während der Bauphase der streitgegenständlichen Anlage zeitweise weggefallen ist, kann offenbleiben.

60

Zwar spricht Einiges dafür, dass auch ein nur zeitweiser Wegfall als erheblich zu werten ist, wenn im Z im Jahr der Errichtung der Schweinemastanlage eine Brut stattgefunden hat. Denn nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen wäre dann davon auszugehen, dass kein Nachwuchs in diesem Jahr für das Kranichpaar entstehen könnte. Damit wären funktional 3 % (ein Brutpaar von 35) des Bruterfolges in diesem Jahr weggefallen. Beim Wegfall eines Bruthabitats in der Brutphase könne zwar nach den in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben des Sachverständigen vom Kranichpaar der Versuch unternommen werden, ein Ersatzhabitat zu finden. Wenn es allerdings zu spät sei, könne kein neues Gelege gelegt werden, mit der Folge, dass in diesem Jahr das Kranichpaar keinen Nachwuchs haben werde. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass im Folgejahr das Kranichpaar den Brutplatz wieder besetzen könne. Mit einer Bauzeitenregelung hätte dies vermieden werden können.

61

Ob im Jahr 2009 während der Bauarbeiten der Brutversuch eines Kranichpaares im Z. tatsächlich stattgefunden hat und (infolge der Bauarbeiten) abgebrochen wurde, kann indes offenbleiben. Dem auf diese Feststellung gerichteten Beweisantrag der Klägerin war daher nicht nachzugehen.

62

2.1.3.2.2. Nahrungsflächenverluste – hier bis zu 6,9 ha – für den Kranich als Zugvogel betrachtete der Sachverständige als unerheblich. Das Gericht schließt sich dem an, zumal selbst die Klägerin nach Anhörung des Sachverständigen dieses Ergebnis akzeptiert und ihren diesbezüglichen ursprünglichen Vortrag nicht mehr weiter verfolgt hat.

63

2.1.4 Selbst wenn auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre, änderte dies nichts daran, dass hier die Baugenehmigung aufzuheben wäre. Es fehlte dann an der erforderlichen Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatG, Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL. Eine solche wurde nicht durchgeführt. Durchgeführt wurde lediglich eine Vorprüfung (das Gutachten Dr. K. vom 05.03.2008).

64

Zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung ist zu unterschieden. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden. Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt. Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigt wird. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt. Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nach dem Ergebnis der Vorprüfung nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können. Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings im Sinne einer Möglichkeit nur eintreten können, so dass – entsprechend dem Vorsorgeprinzip (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist. Die Beeinträchtigung muss also gerade nicht bereits sicher erwiesen sein (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2010, 3 K 19/06, NuR 2011, 136 – zitiert nach Juris).

65

2.1.4.1. Die im Genehmigungsverfahren durchgeführte Voruntersuchung vom 05.03.2008 genügte diesen Standards nicht. Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, waren entgegen dem Ergebnis der durchgeführten Voruntersuchung erhebliche Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen, sondern es hätte angesichts der Auswirkungen für die potentiellen Brutplätze eines Kranichpaars und der Rohrweihe einer eingehenden Untersuchung bedurft. Das Gericht schließt sich dem an. Nicht nur ist der Sachverständige einschlägig mit FFH-Prüfungen vertraut, auch kann das Gericht die Bedenken selbst nachvollziehen. Bereits angesichts der Größe des Vorhabens (überbaute Fläche sowie Sukzessionsfläche) und der Nähe zu zwei Biotopen hätte sich die Vorprüfung nicht mit einem pauschalen Verweis auf anthropogene Vorbelastungen durch die nahegelegene Kreisstraße begnügen dürfen. Weder hat die Vorprüfung den vom Sachverständigen festgestellten Nahrungsflächenverlust, noch den (möglichen) zeitweisen Wegfall eines (potentiellen) Kranichbrutplatzes und die Möglichkeit eines dauerhaften Wegfalls einer potentiellen Brutstätte für die Rohrweihe erkannt oder thematisiert.

66

2.1.4.2. Das FFH-Prüfungsverfahren könnte in einem gerichtlichen Verfahren auch nicht durch das Gericht nachgeholt werden. Das Gericht ist auf die Überprüfung des Verfahrens unter Feststellung der Auswirkungen nach § 46 VwVfG M-V beschränkt. Andernfalls würde das Gericht den den Fachbehörden eingeräumten Einschätzungsspielraum (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, 9 A 3.06, NuR 2008, 633, Juris-Rn. 74) an deren Stelle ausüben. Auch würde das Gericht originäre Verwaltungsaufgaben übernehmen, wenn es als Ergebnis einer solchen Überprüfung etwa Kompensationsmaßnahmen bestimmen würde (vgl. BVerwG a. a. O., Juris-Rn. 94 sowie Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie) oder Ausnahmen unter Einholung einer Stellungnahme der Kommission (vgl. § 34 Abs. 4 BNatG) zulassen könnte.

67

2.2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, 3 VwGO, § 159 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) im Verhältnis der Beigeladenen zum Beklagten, § 159 Abs. 2 VwGO im Verhältnis der Beigeladenen untereinander.

68

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

Tenor

Die in Ziffer 9.1 des Teiles B des Bebauungsplanes Nr. 74 der Antragsgegnerin getroffene Textfestsetzung zur Winkelstützwand und die Festsetzung „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang" an der Kolberger Straße, soweit diese „ohne Zugang" bestimmt, sind unwirksam.

Im Übrigen wird der Normenkontrollantrag der Antragstellerin abgelehnt.

Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Antragstellerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der vollstreckbaren Kosten abzuwenden, wenn nicht die Antragsgegnerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 74 der Antragsgegnerin für das Gebiet nördlich der Lohstraße, östlich der Straßen Am Hang, Theodor-Storm-Straße und Klaus-Groth-Straße sowie südlich der Fritz-Reuter-Straße und westlich der Kolberger Straße. Sie ist Eigentümerin des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks ... in …

2

Das Grundstück der Antragstellerin liegt in einem Bereich des angegriffenen Bebauungsplanes, der als „allgemeines Wohngebiet" ausgewiesen ist. Die östliche Seite der Kolberger Straße lag im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 4 der Antragsgegnerin, der ein Wohngebiet festsetzte. Der Bebauungsplan Nr. 4 ist von der Antragsgegnerin „ersatzlos aufgehoben" worden.

3

Südlich grenzt an das Grundstück der Antragstellerin ein an der Ecke ... / ... gelegenes Grundstück, das früher gartenbaulich genutzt wurde (mit Gewächshäusern).

4

Die Lohstraße ist als „Landesstraße (L 230) eingestuft. Die Gemeinde Stockelsdorf ist landesplanerisch als „Stadtrandkern II. Ordnung" eingestuft worden. Im Gemeindegebiet befinden sich bisher neun Einzelhandelsbetriebe zur sogenannten Nahversorgung, davon zwei Betriebe in der Lohstraße in ca. 600 m bzw. 900 m Entfernung vom Gebiet des Bebauungsplanes Nr. 74.

5

Nachdem bei der unteren Bauaufsichtsbehörde 2010 für das Gärtnereigrundstück ein Bauantrag zur Errichtung eines Verbrauchermarktes mit Bäckerei eingereicht worden war, beschloss die Antragsgegnerin am 23. August 2010 die Aufstellung eines Bebauungsplanes für den hier betroffenen Bereich im Verfahren nach § 13a BauGB. Nach einer ersten Entwurfsauslegung wurde der Planentwurf geändert und im September 2012 erneut ausgelegt. Für das Gärtnereigelände war eine Einzelhandelsnutzung vorgesehen. Im Planaufstellungsverfahren wurde eine sogenannte „Verträglichkeitsanalyse" erstellt, um die Auswirkungen der Einzelhandelsansiedlung auch auf die benachbarten Städte Bad Schwartau und Lübeck zu untersuchen. Von den Nachbargemeinden wurden gegen die beabsichtigte Planung keine Bedenken erhoben.

6

Die Antragstellerin erhob gegen den Planentwurf Einwendungen und beanstandete eine „Überversorgung" mit Einzelhandelsbetrieben in Stockelsdorf. Die mit der Planung verbundenen Immissionsprobleme seien nicht gelöst. Die Einzelhandelsnutzungen rückten zu nah an ihr Grundstück heran. Wegen des vorgesehenen Bodenabtrages seien vorherige Bodenuntersuchungen erforderlich. Die Voraussetzung für ein vereinfachtes Planungsverfahren lägen nicht vor.

7

Die Antragsgegnerin wies die Einwendungen der Antragstellerin zurück und beschloss den Bebauungsplan am 02. September 2013 als Satzung. Die Bürgermeisterin wurde nach Ziff. 4 des Beschlusses ermächtigt, den Satzungsbeschluss bekannt zu machen, sofern die „unter Ziff. 8 der Begründung zum Bebauungsplan genannten städtebaulichen Verträge abgeschlossen sind". Nach Ausfertigung wurde der Bebauungsplan am 20. Februar 2014 bekannt gemacht.

8

Am 22. Oktober 2014 beschloss die Antragsgegnerin, die Planurkunde des Bebauungsplanes Nr. 74 um einen textlichen Hinweis zu ergänzen, wonach DIN-Vorschriften bzw. technische Regelwerke, auf die in der Bebauungsplanurkunde verwiesen wird, im Rathaus während der Öffnungszeiten zur Einsichtnahme bereitgehalten werden. Der Beschluss wurde am folgenden Tag (u.a.) in den „Lübecker Nachrichten“ bekannt gemacht.

9

Im Geltungsbereich des Bebauungsplanes Nr. 74 ist entlang der Klaus-Groth- und der Fritz-Reuter-Straße ein „Allgemeines Wohngebiet“ ausgewiesen. Das Gelände der ehemaligen Gärtnerei ist als „Sondergebiet Lebensmitteleinzelhandel und Gartenbau“ mit drei Baufenstern festgesetzt. Entlang der Kolberger Straße ist das „Sondergebiet“ durch eine private Grünfläche mit dem Zusatz „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang“ abgegrenzt. Die Zufahrt zum Sondergebiet soll von der Lohstraße aus erfolgen. Innerhalb des Sondergebietes sind für das Baufenster A ein Lebensmittel-Einzelhandelsbetrieb mit maximal 800 qm Verkaufsfläche (davon 50 qm für einen Backshop) für das Baufenster B ein „Gartencenter Einzelhandel“ mit einer Verkaufsfläche von 1.600 qm und für das Baufenster C Gewächshäuser vorgesehen.

10

In Nr. 8 des Textes des Bebauungsplanes sind gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 24 BauGB Schallschutzmaßnahmen festgesetzt worden (Lärmschutzwand an der Nordostseite der Stellplatzfläche, Einhausung des Anlieferungsbereiches des Einzelhandelbetriebes und der Einkaufswagensammelboxen, Lärmumwandung der Kühlventilatoren). Nach Ziff. 9.1 der Textfestsetzungen ist zur Überwindung des Höhenunterschiedes zwischen der Baufläche „B“ und den nördlich angrenzenden Flächen der Baufläche C“ und den allgemeinen Wohngebieten eine bis zu 4 m hohe Winkelstützwand zu errichten.

11

Zugleich mit dem Bebauungsplan Nr. 74 wurde der Flächennutzungsplan der Antragsgegnerin im Wege der Berichtigung geändert.

12

Der dagegen gerichtete Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist am 21. Februar 2014 eingegangen.

13

Die Antragstellerin befürchtet eine erhöhte Belastung mit Ausbaubeiträgen wegen des im Zusammenhang mit der Planung beabsichtigten Ausbaus der Kolberger Straße. Die Festsetzung eines „Sondergebiets“ sei fehlerhaft, weil die Lärmwirkungen der im Plan vorgesehenen Vorhaben unzutreffend ermittelt worden seien. Die festgesetzten Baugrenzen der Baufenster B und C und die zugelassenen Höhen der baulichen Anlagen führten dazu, dass ihr Grundstück „eingekesselt" werde. Die vorgesehene Winkelstützmauer sei zur Abstützung der Böschung unzureichend. Durch die Errichtung 62 m langer und 4,2 m hoher Baukörper in unmittelbarer Nähe zu ihrem Grundstück würde dieses vollständig abgeriegelt. Es werde eine „bedrückende" Wirkung entstehen, auch wenn das Gartencenter 3,45 m niedriger liege als ihr Grundstück. Eine solche Planung sei nicht realisierbar und im Übrigen auch nicht erforderlich, weil nur einem einzelnen Grundstückseigentümer die möglichst teure Vermarktung seines Grundstücks ermöglich werden solle. Der Bebauungsplan verstoße auch gegen das Entwicklungsgebot gemäß § 8 Abs. 2 BauGB, weil der Flächennutzungsplan das Gebiet bisher als „Wohnbaufläche" dargestellt habe. Die davon abweichende Festsetzung eines „Sondergebiets" sei gemäß § 214 Abs. 2 Nr. 2 BauGB beachtlich. Die Antragsgegnerin habe auch den Gebietserhaltungsanspruch missachtet und keine Alternativenprüfung unternommen. Die Öffentlichkeitsbeteiligung sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden. Auch die Bekanntmachung sei unwirksam, da der Bebauungsplan nicht „nach" sondern „mit" seiner Bekanntmachung in Kraft treten solle. Fehlerhaft sei ferner, dass zwischen ihrem Grundstück und dem vorgesehenen Gartencenter bzw. Gewächshaus kein ausreichender Sicherheitsabstand festgesetzt worden sei. Dieser sei erforderlich, um einer Gesundheitsgefährdung durch Pflanzenschutzmittel vorzubeugen, die durch die Lüftungsklappen der Gewächshäuser konzentriert freigesetzt würden. Die von dem Einkaufsmarkt und dem Gartencenter ausgehenden Lichtimmissionen seien nicht ermittelt worden. Der Bebauungsplan enthalte auch keine Vorgaben für lichtemittierende Einrichtungen. Entsprechendes gelte für die Blendwirkungen der gläsernen Außenhaut des Gartencenters. Die im Planverfahren erstellten Lärmprognosen seien mangelhaft. Ihr Grundstück sei nicht als maßgeblicher Immissionsort berücksichtigt worden. Die Zahl der Stellplätze und der Lärm durch den Kamin der Gewächshausheizung seien nicht zutreffend erfasst worden. Das Gartencenter und der Einkaufsmarkt seien nicht gebietsverträglich. Beide Märkte dienten nicht mehr der Gebietsversorgung, so dass der Gebietserhaltungsanspruch verletzt werde. Dieser könne auch gebietsübergreifend beansprucht werden. Die im Plangebiet zugelassenen Nutzungen verstießen gegen das Rücksichtnahmegebot.

14

Die Antragstellerin beantragt,

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den Bebauungsplan Nr. 74 für unwirksam zu erklären,

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hilfsweise

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den Bebauungsplan Nr. 74 insoweit für unwirksam zu erklären, als darin ein Sondergebiet festgesetzt worden ist,

18

hilfshilfsweise

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festzustellen, dass der Bebauungsplan Nr. 74 bisher nicht in Kraft getreten ist,

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sowie die Revision zuzulassen.

21

Die Antragsgegnerin beantragt,

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den Normenkontrollantrag abzulehnen.

23

Sie erwidert: Die Planung sei mit den Zielen der Raumordnung konform. Der angegriffene Plan habe - zulässiger Weise - im beschleunigten Verfahren nach § 13 a BauGB aufgestellt werden dürfen. Eine Umweltprüfung entfalle in diesem Verfahren. Damit sei auch eine Angabe darüber, welche umweltbezogenen Informationen verfügbar seien, entbehrlich. Durch die Festsetzung eines „Sondergebiets" würden Rechte der Antragstellerin nicht verletzt. Das Planungsziel sei gewesen, einen nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieb zuzulassen und zugleich den vorhandenen Gartenbaubetrieb und die Wohnbebauung planungsrechtlich abzusichern. Die zu erwartenden Immissionen seien im Planaufstellungsverfahren hinreichend untersucht worden. Die Orientierungswerte der DIN 18005 würden tags um 4 dB(A) und nachts um 10 dB(A) unterschritten. Unzumutbare Lärmbelastungen entstünden nicht. Im Planaufstellungsverfahren sei auch berücksichtigt worden, dass die südwärts vom Grundstück der Antragstellerin liegenden Bauflächen 3 bis 5 m tiefer lägen als das Grundstück der Antragstellerin. Abgrabungen würden so ausgeführt, dass das Grundstück der Antragstellerin nicht beeinträchtigt werde. Die Antragstellerin könne nicht beanspruchen, von Veränderungen in ihrer Nachbarschaft verschont zu bleiben. Die Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung seien in Bezug auf ihr Grundstück nicht rücksichtslos. Es werde auch nicht zu unzumutbaren Verschattungen kommen. Der Bebauungsplan diene einer geordneten städtebaulichen Entwicklung; gegen § 8 Abs. 2 BauGB sei nicht verstoßen worden. Ein „Gebietserhaltungsanspruch" stehe der Planung nicht entgegen. Vor Planaufstellung sei das Gebiet nach § 34 BauGB zu beurteilen gewesen. Es sei nicht zu beanstanden, dass der Bebauungsplan erst nach dem Abschluss städtebaulicher Verträge bekannt gemacht worden sei.

24

Die Antragstellerin hat gegen die Baugenehmigungen zur Errichtung der in den Baufenstern A bis C vorgesehenen Vorhaben Widersprüche eingelegt und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Widersprüche beantragt. Die Anträge sind erfolglos geblieben (Beschlüsse des Verwaltungsgerichts vom 22.10.2014, VG 2 B 64/14 und VG 2 B 65/14 sowie Beschlüsse des Senats vom 26.01. bzw. 09.02.2015, 1 MB 44/14 und 1 MB 43/14).

25

Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung neun Fotos vorgelegt, die die Belegenheit der Grundstücke im Plangebiet bzw. der angrenzenden Grundstücke - auch desjenigen der Antragstellerin - zeigen. Die von der Antragstellerin gestellten Beweisanträge hat der Senat angelehnt und dies in der mündlichen Verhandlung begründet.

26

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die eingereichten Schriftsätze (nebst Anlagen) sowie auf die Verwaltungsvorgänge der Antragsgegnerin zum Verfahren der Vorbereitung, Beschlussfassung und Bekanntmachung des angegriffenen Bebauungsplanes Bezug genommen. Die genannten Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin ist zulässig, aber - ganz überwiegend - nicht begründet.

28

1. Der Antrag ist fristgerecht (§ 47 Abs. 2 S. 1 VwGO) nach Inkrafttreten des angegriffenen Bebauungsplans gestellt worden. Soweit die Antragsgegnerin den Plan am 23. Oktober 2014 erneut bekannt gemacht hat, ist dies für die Zulässigkeit des Normenkontrollantrags unerheblich.

29

Die Antragstellerin ist als Eigentümerin eines Grundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplanes antragsbefugt. Sie hat im Planaufstellungsverfahren rechtzeitig Einwendungen gegen den Plan erhoben. Die Antragstellerin kann - insbesondere - die gerechte Abwägung ihrer privaten Lärmschutzbelange beanspruchen (§ 1 Abs. 7 BauGB). Ob ihre Befürchtung, infolge des entlang der Kolberger Straße festgesetzten „Bereichs ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang“ mit erhöhten Ausbaubeiträgen belastet zu werden, zutrifft, kann im Rahmen der Antragsbefugnis offen bleiben. Anzumerken ist, dass die Entstehung und Höhe solcher Beiträge rechtlich nicht unmittelbar den Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes zuzuordnen ist, sondern aus der Anwendung beitragsrechtlicher Vorschriften folgt (§ 8 Abs. 1 KAG i. V. m. der Straßenbaubeitragssatzung der Antragsgegnerin vom 14.12.1999 i. d. F. der letzten Änderung; vgl. OVG Koblenz, Urt. v. 09.11.2011, 1 C 10021/11, Juris Rn. 27).

30

2. Der Normenkontrollantrag ist nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im Übrigen unbegründet.

31

2.1. Die Festsetzungen im angefochtenen Bebauungsplan zur sogenannten Winkelstützwand sowie zu dem „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang" - letztere, soweit „ohne Zugang" festgesetzt worden ist - sind unwirksam .

32

2.1.1 Die in Nr. 9.1 (Satz 1) der Textfestsetzungen des angegriffenen Bebauungsplans geregelte Pflicht zur Errichtung einer Winkelstützwand wird auf § 9 Abs. 1 Nr. 17 BauGB gestützt. Diese Rechtsgrundlage trägt die Festsetzung nicht.

33

Die Winkelstützwand ist - als solche - keine Fläche für „Aufschüttungen" oder „Abgrabungen". Der angegriffene Bebauungsplan sieht - zwar - für das „Sondergebiet" eine Abgrabung vor, weil die künftige Geländeoberfläche bis zu der „Linie" der geplanten Winkelstützwand an die Höhenlage der Lohstraße angeglichen werden soll. Diese Abgrabung ist indes nicht Gegenstand der hier getroffenen Textfestsetzung. Die Winkelstützwand soll - nach der Abgrabung - das höher gelegene Gelände der nördlichen Nachbargrundstücke (u.a. der Antragstellerin) sichern. Damit scheidet auch die Möglichkeit aus, die Textfestsetzung auf § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB zu stützen, weil die Stützwand nicht der Herstellung eines Straßenkörpers dient. Andere Festsetzungsmöglichkeiten im Sinne des § 9 Abs. 1 BauGB kommen für die Textfestsetzung nicht in Betracht. Die in § 9 Abs. 1 geregelten Festsetzungsmöglichkeiten sind abschließend; der Gemeinde steht kein über den Katalog der in § 9 Abs. 1 bestimmten Festsetzungsmöglichkeiten hinausgehendes bauplanungsrechtliches „Festsetzungsfindungsrecht" zu (abgesehen vom - hier nicht einschlägigen - Fall des § 12 Abs. 3 S. 2 BauGB; vgl. Söfker, in: Ernst/Zinkahn u.a., BauGB, 2014, § 9 Rn. 12 m.w.N.).

34

Anzumerken bleibt, dass die Befürchtung der Antragstellerin hinsichtlich der hinreichenden Geländestabilität keine Frage einer planerischen Festsetzung, sondern eine solche der Qualität der Bauausführung ist. Im Baugenehmigungsverfahren ist dies berücksichtigt worden (vgl. Beschl. des Senats vom 26.01.2015, 1 MB 44/14, zu 5.1 der Gründe). Etwaige privatrechtliche Ansprüche der Antragstellerin sind für das öffentliche Baurecht irrelevant.

35

2.1.2. Die Festsetzung „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang" entlang der Kolberger Straße (durch Planzeichen 6.4 der Anlage zur PlanzeichenVO) ist, soweit sie auch einen Zugang ausschließt, rechtswidrig.

36

Grundsätzlich kann eine Festsetzung über den Anschluss von Baugrundstücken an die Verkehrsflächen auf § 9 Abs. 1 Nr. 11 BauGB gestützt werden, um zu regeln, an welche Straßen und Wege vom Grundstück aus Zu- und Abfahrten bzw. Zugänge zulässig sind (Söfker, a.a.O., § 9 BauGB Rn. 106). Festsetzungen dieser Art können sowohl positiv durch die Regelung der Art und Weise des Anschlusses als auch negativ durch Anschlussverbote getroffen werden; solche Festsetzungen müssen - wie alle anderen Festsetzungen auch - dem Abwägungsgebot in § 1 Abs. 7 BauGB genügen (vgl. BVerwG, Urt. v. 11.03.1977, 4 C 32.76, BVBl. 1977, 531, bei Juris Rn. 17). Im Rahmen der Abwägung ist zu berücksichtigen, dass ein Zufahrts- bzw. Zugangsverbot die Position des betroffenen Grundstückseigentümer über das übliche Maß hinaus einschränkt und zudem möglicherweise auch geeignet ist, Straßenbaubeitragslasten von dem betroffenen Grundstück auf die Nachbargrundstücke „abzuschieben" (vgl. OVG Münster, Urt. v. 01.04.2005, 3 A 3243/02, NVwZ-RR 2006, 384, bei Juris Rn. 28 a.E.). Diese Folgen können gerechtfertigt sein, wenn und soweit dafür - in der Abwägung berücksichtigte - städtebauliche Gründe vorliegen.

37

Solche städtebaulichen Gründe sind vorliegend in Bezug auf den Ausschluss des Zugangs nicht erkennbar. Der Planbegründung (Nr. 4.3) ist dazu (nur) zu entnehmen, dass die Lohstraße als einzig zulässige Zufahrt zu der für das Sondergebiet vorgesehenen Stellplatzanlage und für den Liefer- und Ladeverkehr vorgesehen ist; dementsprechend ist an der Lohstraße auch eine „Ein- und Ausfahrt" festgesetzt worden. Hinsichtlich der Kolberger Straße heißt es in der Planbegründung nur, dass durch „ein entsprechendes Planzeichen ... noch einmal klargestellt" sei, „dass eine Zufahrt oder ein Zugang zur Kolberger Straße nicht erfolgen“ dürfe. Eine weitere Begründung dazu fehlt; sie ist auch den Abwägungsmaterialien, wie sie sich in der Beschlussvorlage der Gemeindevertretung finden, an keiner Stelle zu entnehmen. Soweit die Antragsgegnerin (im Schriftsatz vom 27.04.2015) „städtebauliche Motive“ für die Festsetzung angeführt hat, sind diese im Hinblick auf den nach § 214 Abs. 3 S. 1 BauGB maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses im vorliegenden Fall nicht mehr nicht zu berücksichtigen; sie sind i. Ü. auch nicht näher spezifiziert worden.

38

Eine besondere städtebauliche Rechtfertigung hinsichtlich des festgesetzten Verbots einer Zufahrt an der Kolberger Straße kann im Hinblick auf die objektiv gegebene Sachlage anerkannt werden. Das Zufahrtsverbot steht - augenfällig - im Zusammenhang mit der festgesetzten „Ein- und Ausfahrt“ zur Lohstraße und der im „Sondergebiet“ vorgesehenen Lage der Stellplätze bzw. der Bereiche für Anlieferungen. Wird insoweit eine Zufahrt festgesetzt, so ist es im Hinblick auf die örtlichen topographischen Verhältnisse sachgerecht, eine weitere Zufahrt an der Kolberger Straße auszuschließen, um dort zusätzliche Verkehrsprobleme und Lärmbelästigungen durch Fahrzeuge zu vermeiden.

39

Anders ist der Ausschluss auch eines Zugangs zur Kolberger Straße zu beurteilen. Weder die - nur eine Teillänge des Grundstücks entlang der Kolberger Straße „abdeckende“ - Lärmschutzwand noch der Grünstreifen am Grundstücksrand („private Grünfläche“) noch der nordwärts ansteigende Verlauf der Kolberger Straße schließen die Anlegung eines Zugangs (oder mehrerer Zugänge) aus. Ausgehend von der Funktion der Kolberger Straße als Erschließungsstraße wird durch den Ausschluss des Zugangs nicht nur die Position der Gewerbebetriebe im „Sondergebiet“, sondern auch die „fußläufige“ Erreichbarkeit dieser - für eine „Jedermann“ ansprechende gewerbliche Nutzung vorgesehenen - Grundstücke über das allgemein übliche Maß hinaus eingeschränkt. Dies bedarf einer besonderen städtebaulichen Begründung, die den Abwägungsmaterialien der Antragsgegnerin und der Begründung des Bebauungsplanes indes nicht einmal ansatzweise zu entnehmen ist. Für den Ausschluss des Zugangs ist die erforderliche planerische Abwägung im Sinne des § 1 Abs. 7 BauGB gänzlich ausgeblieben. Das führt zu der im Urteilstenor bestimmten Unwirksamkeit des Bebauungsplans hinsichtlich dieser Festsetzung. Der Abwägungsmangel ist offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen (§ 214 Abs. 3 S. 2 BauGB). Ob - der Annahme der Antragstellerin folgend - für die Festsetzung (auch) straßenbaubeitragsrechtliche Motive maßgeblich waren, ist für die Entscheidung des Senats unerheblich. Solche Motive könnten keine städtebauliche Rechtfertigung vermitteln.

40

2.1.3. Die Teilunwirksamkeit der Nr. 9.1 (Satz 1) der Textfestsetzungen sowie der Festsetzung „Bereich ohne Ein- und Ausfahrt und ohne Zugang", soweit diese einen Zugang zur Kolberger Straße ausschließt, führt nicht zur Gesamtunwirksamkeit des Bebauungsplanes, da die übrigen Festsetzungen des angegriffenen Bebauungsplanes für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende sinnvolle städtebauliche Ordnung gewährleisten. Es sind auch - nach Erörterung in der mündlichen Verhandlung - keine Ansatzpunkte dafür hervorgetreten, dass die Antragsgegnerin den angegriffenen Bebauungsplan ohne die beiden Festsetzungsinhalte nicht beschlossen hätte (vgl. BVerwG, Beschl. v. 24.04.2013, 4 BN 22.13, BRS 81 Nr. 77 m.w.N.).

41

2.2. Der angegriffene Bebauungsplan ist im Übrigen rechtlich nicht zu beanstanden. Die dagegen vorgebrachten Einwände der Antragstellerin greifen nicht durch.

42

2.2.1. Das Verfahren zur Aufstellung und zur Bekanntmachung des angegriffenen Bebauungsplanes ist rechtlich nicht zu beanstanden.

43

2.2.1.1. Die Antragsgegnerin hat - zu Recht - die Voraussetzungen des beschleunigten Verfahrens nach § 13 a BauGB bejaht. Die Voraussetzungen dieses Verfahrens gemäß § 13 a Abs. 1 BauGB liegen vor; die Größe der im Plangebiet festgesetzten Grundflächen liegt mit 8.400 qm weit unterhalb des Schwellenwerts von 20.000 qm (§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB). Im Plangebiet, insbesondere im „Sondergebiet", wird auch nicht die Zulässigkeit von Vorhaben begründet, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegen (§ 13 a Abs. 1 S. 4 BauGB). Die im „Sondergebiet" zulässigen Vorhaben erreichen die Schwellenwerte nach Nr. 18.6 der Anlage 1 zum UVPG bei weitem nicht.

44

Im beschleunigten Verfahren ist die Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 13 a Abs. 2 Nr. 1 BauGB (nur) nach Maßgabe des § 13 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 BauGB durchzuführen. Dementsprechend bedurfte es im vorliegenden Verfahren auch nicht der Angabe umweltrelevanter Informationen in der Bekanntmachung über die Auslegung des Planentwurfs (vgl. Krautzberger, in Ernst/Zinkahn u.a., a.a.O., § 13 a BauGB Rn. 63). Das Planaufstellungsverfahren ist somit nicht zu beanstanden.

45

2.2.1.2. Der Bebauungsplan ist - am 02. September 2013 - wirksam als Satzung beschlossen worden. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin liegt kein unzulässiger „bedingter" Satzungsbeschluss vor. Das ergibt sich - ohne Weiteres - bereits aus dem Wortlaut des von der Gemeindevertretung gefassten Beschlusses, der in Ziff. 2 - einschränkungslos - den Beschluss des Planes als Satzung enthält. Soweit in der Ziff. 4 die Ermächtigung der Bürgermeisterin zur ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplanes davon abhängig gemacht worden ist, ob städtebauliche Verträge abgeschlossen worden sind, ist dies keine dem Satzungsbeschluss (selbst) anhaftende Bedingung, sondern eine Anweisung zum Vollzug dieses Beschlusses hinsichtlich der Bekanntmachung gemäß § 10 Abs. 3 BauGB. Die Verknüpfung der Bekanntmachung des bereits beschlossenen Bebauungsplans mit dem Abschluss städtebaulicher Verträge ist nicht mit dem Fall zu vergleichen, in dem noch Prüfungen vorzunehmen sind, die nur - vor dem Satzungsbeschluss - im Rahmen einer planerischen Abwägung sachgerecht stattfinden können (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 19.09.2002, 4 CN 1.02, ZfBR 2003, 150). Der - unbedingte - Satzungsbeschluss ist auf der Grundlage dieser städtebaulichen Verträge, die in der Planbegründung (Nr. 8) genannt worden sind, erfolgt. Ansatzpunkte dafür, dass die Verträge entweder nicht oder wesentlich anders zustanden kommen könnten, als es der Planbegründung zugrunde liegt, sind nicht erkennbar. Damit bestehen keine Bedenken, die Bürgermeisterin - wie geschehen - erst nach Abschluss der Verträge zur Bekanntmachung des Bebauungsplans und damit zu dessen Inkraftsetzen zu ermächtigen.

46

2.2.1.4. Der Ansicht der Antragstellerin, die Bekanntmachung des angegriffenen Bebauungsplans sei fehlerhaft, da er nicht „mit", sondern erst „nach" der Bekanntmachung in Kraft trete, ist nicht zu folgen. Zwar enthält die Bekanntmachung vom 12.02.2014 die Aussage, dass der Bebauungsplan erst am 21.02.2014 in Kraft tritt. Dies ist aber unschädlich: Die unrichtige Berechnung des Zeitpunkts des Inkrafttretens eines Bebauungsplans in der Bekanntmachung führt nicht zur Unwirksamkeit des Planes und steht dem Zeitpunkt des Inkrafttretens, der sich aus dem Gesetz ergibt (§ 10 Abs. 3 Satz 4 BauB), nicht entgegen (BVerwG, Urt. v. 07.09.1971, IV C 76.68, NJW 1971, 1626). Soweit die Antragstellerin - mit dem gleichen Argument - die Rechtswirksamkeit der Aufhebung des früheren Bebauungsplanes Nr. 4 anzweifelt, ist dem ebenfalls nicht zu folgen.

47

2.2.2. Materielle Gründe, die zur Unwirksamkeit des angegriffenen Bebauungsplanes führen liegen nicht vor.

48

2.2.2.1. Soweit die Antragstellerin beanstandet, dass der Bebauungsplan von den Darstellungen des Flächennutzungsplans abweiche, ist darauf zu verweisen, dass zugleich mit dem Beschluss über diesen Bebauungsplan der Flächennutzungsplan im Wege der Berichtigung geändert worden ist (vgl. § 13 a Abs. 2 Nr. 2 letzter Hs. BauGB). Unabhängig davon ist es für die Rechtswirksamkeit Bebauungsplanes unbeachtlich, wenn das sogenannte Entwicklungsgebot gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 BauGB verletzt worden ist, ohne dass dabei die sich aus dem Flächennutzungsplan ergebene geordnete städtebauliche Entwicklung beeinträchtigt worden ist (§ 214 Abs. 2 Nr. 1 BauGB).

49

In der mündlichen Verhandlung hat die Antragstellerin insoweit gerügt, die Gemeinde habe sich mit der Frage, ob durch die Planung die geordnete städtebauliche Entwicklung des Gemeindegebietes beeinträchtigt werde, überhaupt nicht auseinandergesetzt. Dem ist nicht zu folgen; in der Planbegründung wird der vorhandene Bestand und das mit der Planung verfolgte Ziel angegeben (Nr. 2 und 3). Die Antragstellerin verkennt, dass die Darstellungen des bisherigen Flächennutzungsplans keine unüberwindbare Hürde für einen Bebauungsplan der Innenentwicklung ist; der Flächennutzungsplan kann im Rahmen eines solchen Planes insoweit geändert werden, wie es auch bei einer „regulären“ Änderung des Flächennutzungsplanes der Fall wäre (vgl. Krautzberger, a.a.O., § 13 a BauGB Rn. 74). Die „Einbindung“ eines nicht-großflächigen Einzelhandelsbetriebes sowie eines Gartencenters ist mit einer (allgemeinen) Wohnnutzung nicht von vorn herein unverträglich (vgl. § 4 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 Nr. 4 BauNVO). Eine Beeinträchtigung der städtebaulichen Ordnung in der Gemeinde Stockelsdorf ist im Hinblick darauf nicht erkennbar.

50

2.2.2.2. Die Festsetzungen im angegriffenen Bebauungsplan sind - insbesondere - zur Höhenentwicklung der im Plangebiet zugelassenen baulichen Anlagen hinreichend bestimmt. Die dagegen von der Antragstellerin erhobenen Bedenken sind unbegründet. Die Festsetzungen zu Trauf- und Firsthöhen beziehen sich jeweils auf „Normalnull“ (NHN), wie sich aus Nr. 4.2 der Planbegründung klar ergibt.

51

2.2.2.3. Die angegriffene Planung ist auch erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB. Die städtebaulichen Ziele der Gemeinde sind in Nr. 3 der Planbegründung angegeben (Errichtung eines Lebensmittelgeschäfts, Absicherung eines vorhandenen Gartenbaubetriebes und von vorhandener Wohnbebauung mit kleinräumigen Erweiterungsmöglichkeiten). Gegen diese planerische Konzeption der Gemeinde sind keine rechtlichen Bedenken zu erheben; die Antragsgegnerin hat insoweit ihr - sehr weites - planerisches Ermessen ausgeübt. Einer „Bedarfsanalyse" bedarf es dazu nicht (BVerwG, Beschl. v. 14.08.1995, 4 NB 21.95, Juris).

52

Die Antragsgegnerin hat im Rahmen des Planaufstellungsverfahrens - insbesondere - die Zahl und die Standorte bereits vorhandener Einzelhandelsbetriebe in ihrem Gebiet ermittelt und auf dieser Grundlage - im Rahmen ihres insoweit gegebenen (weiten) Planungsermessens - das vorliegende Sondergebiet geplant. Sie hat ihre Planung auch mit den Belangen der Nachbargemeinden Bad Schwartau und Lübeck abgestimmt (vgl. § 2 Abs. 2 BauGB), die keine Bedenken geltend gemacht haben. Damit sind genügend Grundlagen für die planerische Konzeption ermittelt worden.

53

Die Annahme der Antragstellerin, die Planung sei „nur" für einen Grundstückseigentümer aufgestellt worden, um diesem eine möglichst lukrative Verwertung seiner Grundstücke zu ermöglichen, stellt die Erforderlichkeit der Planung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB nicht in Frage. Zwar wäre eine Planung, die nur dem privaten Interesse eines bestimmten Grundstückseigentümers dient, um diesem einen wirtschaftlichen Vorteil zu ermöglichen, mit § 1 Abs. 3 BauGB nicht zu vereinbaren (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969, 4 C 105.66, BVerwGE 34, 301/305 ff.). Doch ist daraus nicht abzuleiten, dass bereits die bloße Veranlassung einer Planung durch einen privaten „Interessenten" zu einem Planungsfehler führt. Die Gemeinde darf hinreichend gewichtige private Belange zum Anlass ihrer Bauleitplanung nehmen und sich im Rahmen der Planung und der Festlegung der Planinhalte auch an den Wünschen der betroffenen Grundstückseigentümer orientieren, wenn sie damit zugleich auch städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt (vgl. VGH Mannheim, Beschl. v. 05.06.1996, 8 S 487/96, NVwZ-RR 1997, 684). Die Gemeinde ist gehalten, die Interessen und Nutzungsvorstellungen privater Planbetroffener im Rahmen ihrer Planung zu berücksichtigen und - letztlich - abzuwägen. Allein die Berücksichtigung privater Nutzungsinteressen begründet nicht das Verdikt einer unzulässigen „Gefälligkeitsplanung", wenn die Planung - wie hier - zugleich allgemeine städtebauliche Belange und Zielsetzungen verfolgt. Die Antragsgegnerin hat die privaten Nutzungswünsche des Eigentümers des (ehemaligen) Gärtnereigrundstücks nicht quasi „unbesehen" in ihre Planung übernommen, sondern - nach Abwägung mit anderen Belangen - in anderer Weise in die Planfestsetzungen einfließen lassen. Die von privater Seite gewünschte Einzelhandelsnutzung ist mit der Umgebung des „Sondergebiets" verträglich s. o. 2.2.2.1 a. E.); das Planungsziel der Gemeinde ist auch in dieser Hinsicht rechtlich nicht zu beanstanden.

54

2.2.2.4 Die Festsetzung der Gebietsart „Sondergebiet" mit der Zweckbestimmung „Lebensmitteleinzelhandel und Gartenbau" ist nicht zu beanstanden. Zwar können (sonstige) Sondergebiete nur festgesetzt werden, wenn sie sich von den Baugebieten nach den §§ 2 bis 11 BauNVO wesentlich unterscheiden (§11 Abs. 1 BauNVO). Dies ist hier indes der Fall. Die Antragsgegnerin hat in der Planbegründung - zutreffend - darauf hingewiesen, dass in dem „Sondergebiet" keine „durchmischte" Nutzung - wie in einem Mischgebiet vorgesehen ist und die getrennten Einzelhandelseinrichtungen in den festgesetzten Baufenstern in dem Baugebiet gemeinschaftlich auftreten (Ziff. 4.2 der Planbegründung). Das ist rechtlich tragfähig.

55

2.2.2.5. Die planerische Abwägung gemäß § 1 Abs. 7 BauGB unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

56

2.2.2.5.1 Der Hinweis der Antragstellerin auf die Möglichkeit, statt des „Sondergebietes" in dem Plangebiet auch eine Wohnbebauung vorzusehen, vermittelt keinen Ansatz für einen Abwägungsfehler. Sind die Planungsziele einmal bestimmt, kann die Gemeinde die Baugebietsarten dem entsprechend festsetzen, ohne (erneut) in eine „Alternativenprüfung" darüber einzutreten, ob statt der Einzelhandelsnutzung eine Wohnnutzung zugelassen werden soll.

57

2.2.2.5.2 Die Lärmwirkungen der im Plangebiet zugelassenen Vorhaben, insbesondere des Einzelhandels- bzw. des Gartenmarktbetriebes, sind im Planaufstellungsverfahren ausführlich untersucht worden. Dabei hat sich ergeben, dass die Orientierungswerte der - für die städtebauliche Planung maßgeblichen - DIN 18005-1 deutlich unterschritten werden. Die Einhaltung dieser Orientierungswerte ist - unter Berücksichtigung der im Planaufstellungsverfahren erstellten Lärmprognosen - durch eine Lärmschutzwand (entlang der Kolberger Straße) und durch textliche Festsetzungen (Nr. 8 des Teils B des Bebauungsplans) abgesichert.

58

Der Kritik der Antragstellerin an den im Planaufstellungsverfahren erstellten „schalltechnischen Untersuchungen“ ist (nur) insoweit zu folgen, als darin kein Immissionsort (i.S.d. Nr. 2.3 TA Lärm) am Wohnhaus der Antragstellerin festgelegt worden ist. Die Antragstellerin verkennt in diesem Zusammenhang aber, dass die im Planaufstellungsverfahren erfolgende Lärmprognose auch auf der Grundlage einer „weiträumigeren“ Verteilung der Immissionsorte erfolgen kann; ein „Anspruch“ darauf, dass im Rahmen der Beurteilung der möglichen Lärmauswirkungen der im Plangebiet zugelassenen Nutzungen - gerade - ihr Grundstück als Immissionsort bestimmt wird, besteht nicht. Für Grundstücke, die selbst nicht Immissionsort sind, kann die künftige Lärmbelastung interpolierend durch die Berücksichtigung „benachbarter“ Immissionsorte prognostiziert werden. Für das Grundstück der Antragstellerin kommt insoweit der Immissionsort 5 (nördlich der Theodor-Storm- Straße) in Betracht, der - in etwa - in gleicher Entfernung von den Emissionsbereichen ist, die im südlich angrenzenden „Sondergebiet“ zu berücksichtigen sind (Stellplätze, Ladezonen, Kühlaggregate etc.). Für diesen Immissionsort sind - ausweislich der schalltechnischen Untersuchung - durchweg Immissionswerte prognostiziert worden, die deutlich unterhalb der Orientierungswerte nach DIN 18005-1 liegen. Ein Ansatzpunkt dafür, dass ein wesentlich anderes Ergebnis zu erwarten wäre, wenn die Prognoseberechnung für einen am Grundstück der Antragstellerin gelegenen Immissionsort erfolgt wäre, ist für den Senat nicht erkennbar.

59

Soweit die Antragstellerin beanstandet hat, im Rahmen der Schallprognose dürfe eine „abschirmende“ Wirkung der Gärtnerei nicht berücksichtigt werden, weil diese entweder nicht oder zeitlich nach dem benachbarten Einkaufsmarkt errichtet werden könnte, hat die Antragsgegnerin dem durch die vorgelegte dritte Ergänzung der schalltechnischen Untersuchung vom 02. Juli 2013 Rechnung getragen. Diese belegt, dass auch in dem von der Antragstellerin angenommenen Fall die Richtwerte der DIN 18005-1 (und auch der TA Lärm) deutlich unterschritten werden.

60

Die weiteren Einwände der Antragstellerin gegen die Lärmprognose überzeugen ebenfalls nicht. Soweit die schalltechnische Untersuchung weniger Stellplätze für die Gärtnerei und den Einkaufsmarkt berücksichtigt, als sie später im Baugenehmigungsverfahren zugrunde gelegt worden sind, entsteht aus der Differenz von fünf Stellplätzen keine signifikante Veränderung der Lärmprognose. Zwar wird durch fünf weitere Stellplätze eine Zunahme der Zahl der Lärmquellen ermöglicht, diese geringe Zunahme lässt aber nicht erwarten, dass sich die für alle Lärmquellen errechneten Prognosewerte in Bezug auf die Grundstücke im Umfeld des „Sondergebietes" in relevanter Weise verändern. Eine Erhöhung der Prognosewerte um 3 dB(A) wäre nach allgemeinen Regeln der Lärmbeurteilung erst bei einer Verdoppelung der Lärmquellen zu erwarten. Davon ist die geltend gemachte Differenz von fünf Stellplätzen weit entfernt.

61

Aus entsprechenden Gründen ist auch die Relevanz der (als solche im Bebauungsplan nicht einmal festgesetzten) Kaminöffnung am Gärtnereigebäude für die Lärmprognose zu verneinen. Der Senat nimmt insoweit und wegen weiterer von der Antragstellerin angesprochener Lärmfragen (Regen, Hagel) ergänzend auf seinen Beschluss vom 26.01.2015 (1 MB 44/14, zu 4.2.3 der Gründe) Bezug; daran ist festzuhalten.

62

Die in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträge zur Anzahl der erforderlichen Lkw-Anlieferungen pro Verkaufstag, zur Zahl der Stellplätze und zur Ermittlung möglicher Geräuschimmissionen für das Wohngrundstück der Antragstellerin waren abzulehnen.

63

Die Beweisanträge gehen bereits im Ansatz von überzogenen Anforderungen an eine im Planaufstellungsverfahren vorzunehmende Lärmprognose aus. Aufgabe und Ziel einer solche Lärmprognose ist es, eine tragfähige Grundlage für die planerische Abwägung möglicher Immissionsschutzbelange zu gewinnen (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 1, Nr. 7e BauGB). Es ist dagegen weder erforderlich noch sinnvoll, im Rahmen einer den Erlass eines (Angebots-) Bebauungsplans vorbereitenden Prognose bereits Details der im Plan zugelassenen Vorhaben zu berücksichtigen, wenn diese erst später - im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens - konkretisiert werden. Die planerische Prognose soll Aufschluss darüber vermitteln, ob die Orientierungswerte der DIN 18005 (Beiblatt 1) bei Ausnutzung der im Plangebiet zugelassenen Nutzungen eingehalten werden können. Dies ist, wie es in Nr. 1.1 der DIN 18005 heißt, „wünschenswert", um einen angemessenen Lärmschutz zu gewährleisten. Erhöhte Anforderungen an die Abwägung sind erst begründet, wenn die Orientierungswerte der DIN 18005 erreicht oder (gar) überschritten werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.02.2010, 4 BN 59.09, BauR 2010, 1180, sowie Beschl. v. 18.12.1990, 4 N 6.88, NVwZ 1991, 881). Vorliegend durfte die Antragsgegnerin nach der - auf einer nicht zu beanstandenden Grundlage erstellten - Prognose ihrer Abwägung zugrunde legen, dass die Orientierungswerte der DIN 18005 tags und nachts deutlich unterschritten werden (s. o.). Wenn die Prognosegrundlagen in unwesentlichen Punkten angezweifelt werden, erschüttert dies die Prognosegrundlage nicht.

64

Unabhängig davon geht der Senat davon aus, dass (speziell) für das Wohngrundstück der Antragstellerin keine Immissionsprognose getroffen worden ist (s. o.). Die berücksichtigte Zahl der Stellplätze ist ihrer Größenordnung nach für die der Abwägung zugrunde gelegte Prognose gleichwohl tragfähig. Die von der Antragstellerin geltend gemachte Berücksichtigung von fünf weiteren Stellplätzen ist - wie ausgeführt - für die Prognose unerheblich. Hinsichtlich der Berücksichtigung des Betriebs des künftigen Gartencenters bzw. Lebensmittelmarktes sind den schalltechnischen Untersuchungen vom 05.06.2012, 22.10.20112 und 04.02.2013 umfangreiche Grundlagen zu den An- und Abfahrten durch Lieferanten, dem Lärm von Rollcontainern und dem auf den Parkplätzen entstehenden Lärm zu entnehmen, so dass ein konkreter Ansatzpunkt dafür, dass insoweit eine unrichtige Prognosegrundlage vorliegt, fehlt. Was den Parkplatzlärm und auch den Lärm von Ladevorgängen anbetrifft, ist - sachgerecht - die sogenannte Parkplatzlärmstudie („Empfehlungen zur Berechnung von Schallemissionen aus Parkplätzen ...", hg. vom Bayerischen Landesamt für Umwelt, 2007) berücksichtigt worden. Der Ansatz der in dieser Studie angegebenen Nutzungsintensität von Kundenparkplätzen gewährleistet in der Regel eine - jedenfalls - für die planerische Abwägung tragfähige Grundlage. Der auf die Zahl der Lkw-Anlieferungen pro Verkaufstag für das Gartenzentrum gerichtete Beweisantrag war abzulehnen, weil in den vorliegenden schalltechnischen Untersuchungen bereits von zwei Lkw-Anlieferungen ausgegangen worden ist (ein Lkw 40 to, ein Lkw 7,5 to); unabhängig davon würde auch bei Annahme einer „zweiten" Lkw-Anlieferung durch einen 40 to Lkw die Schallprognose im Hinblick auf die zahlreichen anderen zu berücksichtigenden Lärmquellen an den relevanten Immissionsorten und - damit - auch für das Grundstück der Antragstellerin allenfalls geringfügig anders ausfallen, als es von der Antragsgegnerin für ihre Planungsentscheidung zugrunde gelegt worden ist. Eine abwägungsrelevante Veränderung der Lärmprognose, insbesondere eine Überschreitung der Orientierungswerte der DIN 18005-1 ist nicht zu erwarten.

65

2.2.2.6. Die von der Antragstellerin befürchtete „Einkesselung" bzw. „abriegelnde" oder „bedrückende" Wirkung der im Bebauungsplan zugelassenen Bauvorhaben begründet ebenfalls keinen Abwägungsmangel. Eine Wirkung in dem von dem von der Antragstellerin beschriebenen Sinne werden die 3 bis 5 m tiefer liegenden Gebäude des Lebensmittel- bzw. Gartenmarktes weder im Hinblick auf ihre Höhenentwicklung noch auf die Länge der Baukörper noch auf den Abstand zur Grenze zum Grundstück der Antragstellerin entfalten. Der Senat hat dazu in seinem Beschluss vom 26. Januar 2015 (1 MB 44/14) im Hinblick auf die für das sog. Gartencenter erteilte Genehmigung ausgeführt:

66

» ... Der Neubau des Gärtnereigebäudes soll ... eine max. Firsthöhe von 7,25 m erreichen. Unter Berücksichtigung der ... Fußbodenhöhe ... wird der First um 1,60 m höher liegen als das bei ca. 26,6 m über NHN errichtete Haus der Antragstellerin. Unter diesen Umständen ist die Annahme einer „erdrückenden“ Wirkung des - abstandswahrenden - Neubaus der Beigeladenen fernliegend. Die von der Antragstellerin angeführte „Riegelwirkung“ des Neubaus wird von der „Höhe“ ihres Grundstücks aus nicht sichtbar sein.

67

Auch der ... 4 m hohen und 45 m langen Lärmschutzwand fehlt eine „erdrückende“ Wirkung. Die Lärmschutzwand wird ... vom Grundstück der Antragstellerin aus gesehen „hinter“ dem Gärtnerei-Neubau und in Richtung ihrer Blickachse errichtet werden. Unter diesen Umständen kann der beanstandeten „Dimensionierung“ dieses Bauwerks nicht einmal ein Ansatzpunkt für eine nachbarliche Relevanz für die Antragstellerin entnommen werden. «

68

Daran ist festzuhalten. Die Ausführungen sind auch für die - hier angegriffenen - planerischen Festsetzungen gültig. Auch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten und erörterten Fotos (die schon den Rohbauzustand der im Plangebiet zugelassen Vorhaben zeigen) vermitteln keine andere Beurteilung.

69

2.2.2.7. Die planerische Abwägung ist - schließlich - weder unter dem Gesichtspunkt eines „Schutzabstandes“ wegen möglicherweise verdriftender Pflanzenschutzmittel noch im Hinblick auf Lichtimmissionen begründet.

70

Die Frage von - eventuell - austretenden Pflanzenschutzmitteln aus den künftig zu errichtenden Gebäuden der Gärtnerei bedarf auf Planungsebene keiner abschließenden Lösung. Die Problematik kann ggf. im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens oder - bei gegebenem sachlichen Anlass - durch eine Kontroll- oder Überwachungsmaßnahme (§ 22, 24 BImSchG) bewältigt werden.

71

Mit Lichtimmissionen ist auf der Grundlage der Festsetzungen im Bebauungsplan nicht zu rechnen. Auch insoweit sind eventuell auftretende Konflikte im Genehmigungs- oder auch in einem Überwachungsverfahren zu prüfen. Der Senat hält auch insoweit an seinem Beschluss vom 26. Januar 2015 (1 MB 44/14, zu 4.2.3, S. 14) fest.

72

2.2.3. Der auf Beiziehung der Bauakten für das bisherige Gärtnerei gerichtete Beweisantrag war abzulehnen. Dem Beweisantrag liegt eine Rechtsansicht zur (früheren) Zulässigkeit des Gartenbaubetriebes zugrunde, deren Richtigkeit keinem Beweis zugänglich ist. Unabhängig davon ist die Frage der zu einem früheren Zeitpunkt eventuell bestehenden baurechtlichen Zulässigkeit eines Gartenbaubetriebes für die vorliegende Entscheidung unerheblich.

73

3. Der Normenkontrollantrag ist nach alledem - abgesehen von den oben zu 1. behandelten Festsetzungen - unbegründet.

74

Die Antragsgegnerin ist hinsichtlich der oben zu 1. behandelten Punkte nur zu einem geringen Teil unterlegen. Von daher ist es gerechtfertigt, der Antragstellerin die Kosten des Verfahrens - wie geschehen - ganz aufzuerlegen (§ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO).

75

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO, §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

76

Der Senat sieht keinen Anlass, dem Antrag der Antragstellerin entsprechend die Revision zuzulassen. Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor.


(1) Im Bebauungsplan können aus städtebaulichen Gründen festgesetzt werden:

1.
die Art und das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
2a.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
3.
für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke Mindestmaße und aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden für Wohnbaugrundstücke auch Höchstmaße;
4.
die Flächen für Nebenanlagen, die auf Grund anderer Vorschriften für die Nutzung von Grundstücken erforderlich sind, wie Spiel-, Freizeit- und Erholungsflächen sowie die Flächen für Stellplätze und Garagen mit ihren Einfahrten;
5.
die Flächen für den Gemeinbedarf sowie für Sport- und Spielanlagen;
6.
die höchstzulässige Zahl der Wohnungen in Wohngebäuden;
7.
die Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude, die mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung gefördert werden könnten, errichtet werden dürfen;
8.
einzelne Flächen, auf denen ganz oder teilweise nur Wohngebäude errichtet werden dürfen, die für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf bestimmt sind;
9.
der besondere Nutzungszweck von Flächen;
10.
die Flächen, die von der Bebauung freizuhalten sind, und ihre Nutzung;
11.
die Verkehrsflächen sowie Verkehrsflächen besonderer Zweckbestimmung, wie Fußgängerbereiche, Flächen für das Parken von Fahrzeugen, Flächen für Ladeinfrastruktur elektrisch betriebener Fahrzeuge, Flächen für das Abstellen von Fahrrädern sowie den Anschluss anderer Flächen an die Verkehrsflächen; die Flächen können auch als öffentliche oder private Flächen festgesetzt werden;
12.
die Versorgungsflächen, einschließlich der Flächen für Anlagen und Einrichtungen zur dezentralen und zentralen Erzeugung, Verteilung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung;
13.
die Führung von oberirdischen oder unterirdischen Versorgungsanlagen und -leitungen;
14.
die Flächen für die Abfall- und Abwasserbeseitigung, einschließlich der Rückhaltung und Versickerung von Niederschlagswasser, sowie für Ablagerungen;
15.
die öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen, Naturerfahrungsräume, Dauerkleingärten, Sport-, Spiel-, Zelt- und Badeplätze, Friedhöfe;
16.
a)
die Wasserflächen und die Flächen für die Wasserwirtschaft,
b)
die Flächen für Hochwasserschutzanlagen und für die Regelung des Wasserabflusses,
c)
Gebiete, in denen bei der Errichtung baulicher Anlagen bestimmte bauliche oder technische Maßnahmen getroffen werden müssen, die der Vermeidung oder Verringerung von Hochwasserschäden einschließlich Schäden durch Starkregen dienen, sowie die Art dieser Maßnahmen,
d)
die Flächen, die auf einem Baugrundstück für die natürliche Versickerung von Wasser aus Niederschlägen freigehalten werden müssen, um insbesondere Hochwasserschäden, einschließlich Schäden durch Starkregen, vorzubeugen;
17.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen oder für die Gewinnung von Steinen, Erden und anderen Bodenschätzen;
18.
a)
die Flächen für die Landwirtschaft und
b)
Wald;
19.
die Flächen für die Errichtung von Anlagen für die Kleintierhaltung wie Ausstellungs- und Zuchtanlagen, Zwinger, Koppeln und dergleichen;
20.
die Flächen oder Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft;
21.
die mit Geh-, Fahr- und Leitungsrechten zugunsten der Allgemeinheit, eines Erschließungsträgers oder eines beschränkten Personenkreises zu belastenden Flächen;
22.
die Flächen für Gemeinschaftsanlagen für bestimmte räumliche Bereiche wie Kinderspielplätze, Freizeiteinrichtungen, Stellplätze und Garagen;
23.
Gebiete, in denen
a)
zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte Luft verunreinigende Stoffe nicht oder nur beschränkt verwendet werden dürfen,
b)
bei der Errichtung von Gebäuden oder bestimmten sonstigen baulichen Anlagen bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen für die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Strom, Wärme oder Kälte aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung getroffen werden müssen,
c)
bei der Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmenden Gebäuden oder sonstigen baulichen Anlagen in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes bestimmte bauliche und sonstige technische Maßnahmen, die der Vermeidung oder Minderung der Folgen von Störfällen dienen, getroffen werden müssen;
24.
die von der Bebauung freizuhaltenden Schutzflächen und ihre Nutzung, die Flächen für besondere Anlagen und Vorkehrungen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstigen Gefahren im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sowie die zum Schutz vor solchen Einwirkungen oder zur Vermeidung oder Minderung solcher Einwirkungen zu treffenden baulichen und sonstigen technischen Vorkehrungen, einschließlich von Maßnahmen zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche, wobei die Vorgaben des Immissionsschutzrechts unberührt bleiben;
25.
für einzelne Flächen oder für ein Bebauungsplangebiet oder Teile davon sowie für Teile baulicher Anlagen mit Ausnahme der für landwirtschaftliche Nutzungen oder Wald festgesetzten Flächen
a)
das Anpflanzen von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen,
b)
Bindungen für Bepflanzungen und für die Erhaltung von Bäumen, Sträuchern und sonstigen Bepflanzungen sowie von Gewässern;
26.
die Flächen für Aufschüttungen, Abgrabungen und Stützmauern, soweit sie zur Herstellung des Straßenkörpers erforderlich sind.

(1a) Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Absatz 3 können auf den Grundstücken, auf denen Eingriffe in Natur und Landschaft zu erwarten sind, oder an anderer Stelle sowohl im sonstigen Geltungsbereich des Bebauungsplans als auch in einem anderen Bebauungsplan festgesetzt werden. Die Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich an anderer Stelle können den Grundstücken, auf denen Eingriffe zu erwarten sind, ganz oder teilweise zugeordnet werden; dies gilt auch für Maßnahmen auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen.

(2) Im Bebauungsplan kann in besonderen Fällen festgesetzt werden, dass bestimmte der in ihm festgesetzten baulichen und sonstigen Nutzungen und Anlagen nur

1.
für einen bestimmten Zeitraum zulässig oder
2.
bis zum Eintritt bestimmter Umstände zulässig oder unzulässig
sind. Die Folgenutzung soll festgesetzt werden.

(2a) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann zur Erhaltung oder Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innenentwicklung der Gemeinden, in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der nach § 34 Abs. 1 und 2 zulässigen baulichen Nutzungen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden. Dabei ist insbesondere ein hierauf bezogenes städtebauliches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 Abs. 6 Nr. 11 zu berücksichtigen, das Aussagen über die zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Gemeindeteils enthält. In den zu erhaltenden oder zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereichen sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen für Vorhaben, die diesen Versorgungsbereichen dienen, nach § 30 oder § 34 vorhanden oder durch einen Bebauungsplan, dessen Aufstellung förmlich eingeleitet ist, vorgesehen sein.

(2b) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) kann in einem Bebauungsplan, auch für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans, festgesetzt werden, dass Vergnügungsstätten oder bestimmte Arten von Vergnügungsstätten zulässig oder nicht zulässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, um

1.
eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder anderen schutzbedürftigen Anlagen wie Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten oder
2.
eine Beeinträchtigung der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden städtebaulichen Funktion des Gebiets, insbesondere durch eine städtebaulich nachteilige Häufung von Vergnügungsstätten,
zu verhindern.

(2c) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile nach § 34 und für Gebiete nach § 30 in der Nachbarschaft von Betriebsbereichen nach § 3 Absatz 5a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes kann zur Vermeidung oder Verringerung der Folgen von Störfällen für bestimmte Nutzungen, Arten von Nutzungen oder für nach Art, Maß oder Nutzungsintensität zu bestimmende Gebäude oder sonstige bauliche Anlagen in einem Bebauungsplan festgesetzt werden, dass diese zulässig, nicht zulässig oder nur ausnahmsweise zulässig sind; die Festsetzungen können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans unterschiedlich getroffen werden.

(2d) Für im Zusammenhang bebaute Ortsteile (§ 34) können in einem Bebauungsplan zur Wohnraumversorgung eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:

1.
Flächen, auf denen Wohngebäude errichtet werden dürfen;
2.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen einzelne oder alle Wohnungen die baulichen Voraussetzungen für eine Förderung mit Mitteln der sozialen Wohnraumförderung erfüllen, oder
3.
Flächen, auf denen nur Gebäude errichtet werden dürfen, bei denen sich ein Vorhabenträger hinsichtlich einzelner oder aller Wohnungen dazu verpflichtet, die zum Zeitpunkt der Verpflichtung geltenden Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung, insbesondere die Miet- und Belegungsbindung, einzuhalten und die Einhaltung dieser Verpflichtung in geeigneter Weise sichergestellt wird.
Ergänzend können eine oder mehrere der folgenden Festsetzungen getroffen werden:
1.
das Maß der baulichen Nutzung;
2.
die Bauweise, die überbaubaren und die nicht überbaubaren Grundstücksflächen sowie die Stellung der baulichen Anlagen;
3.
vom Bauordnungsrecht abweichende Maße der Tiefe der Abstandsflächen;
4.
Mindestmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Baugrundstücke;
5.
Höchstmaße für die Größe, Breite und Tiefe der Wohnbaugrundstücke, aus Gründen des sparsamen und schonenden Umgangs mit Grund und Boden.
Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans getroffen werden. Die Festsetzungen nach den Sätzen 1 bis 3 können für Teile des räumlichen Geltungsbereichs des Bebauungsplans oder für Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile baulicher Anlagen unterschiedlich getroffen werden. Das Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nach diesem Absatz kann nur bis zum Ablauf des 31. Dezember 2024 förmlich eingeleitet werden. Der Satzungsbeschluss nach § 10 Absatz 1 ist bis zum Ablauf des 31. Dezember 2026 zu fassen.

(3) Bei Festsetzungen nach Absatz 1 kann auch die Höhenlage festgesetzt werden. Festsetzungen nach Absatz 1 für übereinanderliegende Geschosse und Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen können gesondert getroffen werden; dies gilt auch, soweit Geschosse, Ebenen und sonstige Teile baulicher Anlagen unterhalb der Geländeoberfläche vorgesehen sind.

(4) Die Länder können durch Rechtsvorschriften bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen aufgenommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften dieses Gesetzbuchs Anwendung finden.

(5) Im Bebauungsplan sollen gekennzeichnet werden:

1.
Flächen, bei deren Bebauung besondere bauliche Vorkehrungen gegen äußere Einwirkungen oder bei denen besondere bauliche Sicherungsmaßnahmen gegen Naturgewalten erforderlich sind;
2.
Flächen, unter denen der Bergbau umgeht oder die für den Abbau von Mineralien bestimmt sind;
3.
Flächen, deren Böden erheblich mit umweltgefährdenden Stoffen belastet sind.

(6) Nach anderen gesetzlichen Vorschriften getroffene Festsetzungen, gemeindliche Regelungen zum Anschluss- und Benutzungszwang sowie Denkmäler nach Landesrecht sollen in den Bebauungsplan nachrichtlich übernommen werden, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind.

(6a) Festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 2 des Wasserhaushaltsgesetzes, Risikogebiete außerhalb von Überschwemmungsgebieten im Sinne des § 78b Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie Hochwasserentstehungsgebiete im Sinne des § 78d Absatz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes sollen nachrichtlich übernommen werden. Noch nicht festgesetzte Überschwemmungsgebiete im Sinne des § 76 Absatz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes sowie als Risikogebiete im Sinne des § 73 Absatz 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes bestimmte Gebiete sollen im Bebauungsplan vermerkt werden.

(7) Der Bebauungsplan setzt die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs fest.

(8) Dem Bebauungsplan ist eine Begründung mit den Angaben nach § 2a beizufügen.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Rechtsmittelverfahren auf 5.000,00 € festgesetzt.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren zweiter Instanz wird abgelehnt.

Gründe

1

A. Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

2

I. Der Antrag ist unzulässig, soweit die Klägerin sich gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht richtet. Entgegen der Vorstellung der Klägerin hat das Verwaltungsgericht ihre Anträge insoweit nicht zurückgewiesen. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht das Verfahren insoweit eingestellt, nachdem die Beteiligten den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, und nur noch auf der Grundlage des § 161 Abs. 2 VwGO über die Kosten entschieden (UA S. 7 f.). Diese Entscheidung ist gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar. Ist der Rechtsstreit erledigt, so stellt das Gericht in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO das Verfahren durch Beschluss ein. Nach § 161 Abs. 2 VwGO entscheidet es über die Kosten des Verfahrens ebenfalls durch Beschluss. Erledigt sich die Hauptsache nur teilweise, so ergeht insoweit kein gesonderter Beschluss. Vielmehr trifft das Gericht die Entscheidung über die Verfahrenseinstellung und die Kostentragung zusammen mit der Sachentscheidung über den nicht erledigten Teil der Hauptsache in dem Schlussurteil. Der Einstellungsbeschluss nach Erledigung der Hauptsache ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO unanfechtbar. Das gleiche gilt nach § 158 Abs. 2 VwGO für die Kostenentscheidung, die in diesem Falle nach § 161 Abs. 2 VwGO vorgesehen ist. Am Grundsatz der Unanfechtbarkeit ändert sich auch dann nichts, wenn das Gericht bei einer Teilerledigung der Hauptsache die in analoger Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO und nach § 161 Abs. 2 VwGO gebotene Entscheidung in dem Urteil trifft, in dem es im Übrigen zur Sache Stellung nimmt. Denn die Erwägungen, von denen der Gesetzgeber sich bei dem in § 92 Abs. 3 Satz 2 und in § 158 Abs. 2 VwGO angeordneten Rechtsmittelausschluss hat leiten lassen, beanspruchen unabhängig davon Beachtung, ob sich die Hauptsache teilweise oder vollständig erledigt hat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 07.08.1998 – BVerwG 4 B 75.98 –, juris RdNr. 2; Beschl. d. Senats v. 09.10.2014 – 2 L 21/13 –, juris RdNr. 2). Ob etwas Abweichendes ausnahmsweise dann anzunehmen ist, wenn inhaltlich die Kostenentscheidung wegen des erledigten und des nicht erledigten Teils auf denselben Gründen beruht (vgl. BVerwG, Urt. v. 08.09.2005 – BVerwG 3 C 50.04 –, juris RdNr. 32 ff. und Urt. v. 03.11.2011 – BVerwG 7 C 3.11 –, juris RdNr. 32), kann offen bleiben, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Hinsichtlich der für erledigt erklärten Anträge auf Akteneinsicht hat das Verwaltungsgericht der Klägerin die Kosten des Verfahrens auferlegt, weil sie mit den von ihr angekündigten Klageanträgen voraussichtlich unterlegen gewesen wäre. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Akteneinsicht nach § 29 Abs. 1 VwVfG gehabt, da sie nicht Beteiligte der Verwaltungsverfahren auf Erlass der Baumfällgenehmigungen gewesen sei. Auch aus dem Informationszugangsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (IFZ LSA) habe sich ein solcher Anspruch nicht ergeben, da die Klägerin bei der Beklagten bislang keinen Antrag auf Informationszugang gestellt habe. Demgegenüber hat es die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Baumfällgenehmigungen mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin verfüge weder über die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO noch habe sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO. Vor diesem Hintergrund kann keine Rede davon sein, dass die formal einheitliche Kostenentscheidung auch inhaltlich wegen des erledigten und des nicht erledigten Teils auf denselben Gründen beruht.

3

II. Im Übrigen, soweit sich die Klägerin gegen die Abweisung ihrer Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Baumfällgenehmigungen richtet, ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.

4

1. Die von der Klägerin geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel ist erfüllt, wenn der Kläger im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, Beschl. v. 10.09.2009 – 1 BvR 814/09 –, juris RdNr. 11). Das ist vorliegend nicht der Fall.

5

a) Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, der Klägerin fehle für eine Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Baumfällgenehmigungen die erforderliche Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO, bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Klage mit dem Antrag festzustellen, dass die Baumfällgenehmigung der Beklagten vom 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2011 hinsichtlich der Kastanien und vom 28.02.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.11.2011 hinsichtlich der Linde rechtswidrig gewesen seien, keinen Erfolg habe, da der Klägerin insoweit die erforderliche Klagebefugnis fehle. Das Erfordernis der Klagebefugnis bestehe auch dann, wenn – wie hier – eine Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO bei Erledigung des Verwaltungsakts vor Klageerhebung erhoben werde. Insoweit bedürfe es jedenfalls dann einer besonderen Prüfung, wenn der Kläger – wie hier – nicht selbst Adressat eines ihn belastenden Verwaltungsakts sei, sondern sich gegen den einen anderen begünstigenden Verwaltungsakt als sogenannter Dritter wende. Im vorliegenden Fall fehle der Klägerin die Befugnis, eine Unterlassung der Baumfällung zu verlangen. Eine Klagebefugnis der Klägerin ergebe sich auch nicht aus der Satzung zum Schutz von Bäumen und Sträuchern der Gemeinde A-Stadt (Baumschutzsatzung) vom 10.12.1997. Auch aus den in ihrer Stellung als Gemeinderatsmitglied begründeten Beteiligungsrechten erwachse für den vorliegenden Fall keine Klagebefugnis.

6

Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, eine Klagebefugnis ergebe sich daraus, dass hier ein beabsichtigter erheblicher Eingriff in die Natur und den Charakter des Ortes vorgelegen habe. Es entspricht allgemeiner Meinung, dass es keine Klagebefugnis eines Anwohners gegen die einem Nachbarn erteilte Genehmigung zum Fällen eines auf dem Nachbargrundstück stehenden Baumes gibt (VGH BW, Urt. v. 07.02.1991 – 5 S 2029/90 –, juris; Beschl. v. 21.12.1995 – 5 S 3422/95 –, juris RdNr. 3; NdsOVG, Urt. v. 11.04.1996 – 3 L 3798/94 –, juris RdNr. 9; OVG NW, Urt. v. 17.04.1997 – 11 A 2054/96 –, juris RdNr. 3; BayVGH, Beschl. v. 09.11.2000 – 9 ZB 00.1635 –, juris RdNr. 7; Beschl. v. 18.06.2009 – 14 ZB 09.656 –, juris RdNr. 6; Beschl. v. 17.11.2014 – 14 ZB 14.962 –, juris RdNr. 4). Die Vorschriften der einschlägigen Baumschutzsatzungen dienen ausschließlich öffentlichen Interessen und begründen keine subjektiven Rechte von Personen, die an der Erhaltung bestimmter Bäume auf fremden Grundstücken interessiert sind (VGH BW, Urt. v. 07.02.1991 – 5 S 2029/90 – a.a.O.; Beschl. v. 21.12.1995 – 5 S 3422/95 – a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 11.04.1996 – 3 L 3798/94 – a.a.O.; OVG NW, Urt. v. 17.04.1997 – 11 A 2054/96 – a.a.O.; Beschl. v. 08.07.2009 – 7 B 369/09 –, juris RdNr. 24; Beschl. v. 22.05.2015 – 7 B 513/15 –, juris RdNr. 5; BayVGH, Beschl. v. 09.11.2000 – 9 ZB 00.1635 – a.a.O. RdNr. 8; Beschl. v. 18.06.2009 – 14 ZB 09.656 – a.a.O.; Beschl. v. 17.11.2014 – 14 ZB 14.962 – a.a.O. RdNr. 5). Das gilt auch für die Satzung der Gemeinde A-Stadt zum Schutz von Bäumen und Sträuchern vom 10.12.1997, nach der Bäume und Sträucher unter Schutz gestellt werden, weil sie wegen ihrer Schönheit, Seltenheit und natürlichen Eigenart eine Bedeutung für das Ortsbild und den Umwelt- und Naturschutz haben und für Kleinklima, Luftreinhaltung sowie für den Lebensraum von Tieren wesentlich zur Lebensqualität beitragen. Nach dieser Zweckbestimmung deutet nichts darauf hin, dass durch die Baumschutzsatzung privaten Dritten im Rahmen des innerörtlichen Baumschutzes eine subjektive Rechtsposition eingeräumt werden sollte.

7

Subjektive Rechte der Klägerin, die Grundlage für die Anfechtung der einem Dritten erteilten Baumfällgenehmigungen sein könnten, ergeben sich auch nicht aus den einschlägigen Vorschriften des § 23 des Naturschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (NatSchG LSA) vom 11.02.1992 (GVBl. S. 108) (vgl. Beschl. d. Senats v. 18.12.1995 – 2 M 81/95 –, juris RdNr. 10) bzw. § 35 NatSchG LSA vom 23.07.2004 (GVBl. S. 454) oder aus § 29 des am 01.03.2010 in Kraft getretenen Gesetzes über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz – BNatSchG) vom 29.07.2009 (BGBl. I S. 2542).

8

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem von der Klägerin angeführten Urteil des OVG Berlin (Urt. v. 02.05.1977 – II B 2.77 –). In dieser Entscheidung bejahte das Gericht eine Klagebefugnis gegen die Genehmigung einer Rodung einer 220.000 m² großen Waldfläche für die Errichtung eines Kraftwerks. Entscheidend hierfür war, dass nach Auffassung des Gerichts der Standort für das geplante Kraftwerk hiermit endgültig festgelegt werde. Ergänzend stellte das Gericht darauf ab, dass in einem Gebiet, in dem der Erholungsraum durch die besonderen tatsächlichen Gegebenheiten stark eingeengt sei (Berlin-Situation), bei einem schwerwiegenden und nachhaltigen Eingriff in die natürliche Umgebung (Flächen freier Natur mit Erholungswert) das rechtlich geschützte Interesse eines in diesem Gebiet ständig lebenden Bürgers beeinträchtigt sein könne (OVG Bln, Urt. v. 02.05.1977 – II B 2.77 –, juris RdNr. 48 ff.). Diese Entscheidung ist auf den vorliegenden Fall ersichtlich nicht übertragbar.

9

Nicht zum Erfolg führt auch der Einwand der Klägerin, sie sei hinsichtlich der Baumfällgenehmigungen nicht Dritte, sondern als damalige Gemeinderätin der Beklagten und heutige Ortsrätin Beteiligte des Verfahrens gewesen. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob der Gemeinderat und damit die Klägerin als Gemeinderätin in den Verfahren auf Erteilung der Baumfällgenehmigungen zu beteiligen war. Es spricht viel dafür, dass es sich insoweit um Geschäfte der laufenden Verwaltung im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 2 GO LSA gehandelt hat, das der Bürgermeister in eigener Verantwortung erledigt. Selbst wenn der Gemeinderat zu beteiligen gewesen sein sollte, würde dies nicht dazu führen, dass die Klägerin Beteiligte des Verwaltungsverfahrens auf Erlass der Baumfällgenehmigungen geworden wäre. Gemäß § 1 VwVfG LSA i.V.m. § 13 Abs. 1 VwVfG sind Beteiligte nur Antragsteller und Antragsgegner (Nr. 1), diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat (Nr. 2), diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat (Nr. 3), oder diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind (Nr. 4). Hierzu zählt die Klägerin als Gemeinderätin der Beklagten ersichtlich nicht. Zudem kann die Klägerin eine Verletzung ihrer Beteiligungsrechte als Gemeinderätin allenfalls im Wege eines sog. Kommunalverfassungsstreits über Inhalt und Umfang ihrer Organrechte im Innenverhältnis geltend machen (vgl. NdsOVG, Urt. v. 31.10.2013 – 10 LC 72/12 –, juris RdNr. 62 ff.). Ein Recht zur Anfechtung der im Außenverhältnis gegenüber Dritten ergangenen Entscheidung der Gemeinde – hier: der Baumfällgenehmigungen – ergibt sich hieraus nicht.

10

b) Die Frage, ob ein Feststellungsinteresse der Klägerin gegeben ist, kann offen bleiben, da das Verwaltungsgericht die Klageabweisung selbständig tragend auf die fehlende Klagebefugnis der Klägerin gestützt hat und diese mit ihren diesbezüglichen Ausführungen nicht durchdringen kann. Ist die angegriffene Entscheidung – wie hier – auf mehrere voneinander unabhängige und damit den Urteilsausspruch selbständig tragende Erwägungen gestützt, kann der Antrag auf Zulassung der Berufung nur dann Erfolg haben, wenn hinsichtlich jeder dieser Erwägungen die Zulassung gerechtfertigt ist. Auf das Zulassungsvorbringen der Klägerin zu der Frage, ob ein Feststellungsinteresse gegeben ist, kommt es daher nicht mehr an.

11

c) Soweit die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO im Hinblick auf ihre Anträge auf Akteneinsicht geltend macht, ist der Antrag auf Zulassung der Berufung gemäß § 158 Abs. 2 VwGO – wie bereits ausgeführt – unzulässig, da insoweit eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist.

12

2. Die Rechtssache weist auch keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Besondere Schwierigkeiten liegen nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschl. v. 13.02.2014 – 2 L 4/13 –, juris RdNr. 50) vor bei erheblich über dem Durchschnitt liegender Komplexität der Rechtssache, im Rechtlichen bei neuartigen oder ausgefallenen Rechtsfragen. Solche Rechtsfragen, die für die Entscheidung erheblich sind, stellen sich nicht.

13

a) Soweit die Klägerin die Frage aufwirft, ob ein Gemeinderatsmitglied Beteiligter eines Baumfällantragsverfahrens sein kann, wenn die Fällgenehmigung und Beschlussfassung hierüber erst im Wege eines Baugenehmigungsvorhabens hätte nach der eigenen Satzung der Gemeinde entschieden werden müssen und eine solche Entscheidung durch eine bereits vorherige den Gemeinderäten unbekannte Baumfällgenehmigung entzogen wird, ist bereits nicht ersichtlich, inwieweit dies entscheidungserheblich sein soll. Jedenfalls wird ein Gemeinderatsmitglied – wie bereits ausgeführt – auch bei einer etwaigen Verletzung seines Beteiligungsrechts nicht Beteiligter eines Verwaltungsverfahrens im Sinne des § 13 VwVfG.

14

b) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob nicht auch jeder Bürger diesbezüglich widerspruchsbefugt ist, wenn es sich um eine für den gesamten Ort maßgebliche und bedeutende Angelegenheit handelt, wie hier die Fällung der alten Dorflinde inmitten des Ortskernes, ist, soweit sie entscheidungserheblich ist, ohne weiteres zu verneinen, da es – wie bereits ausgeführt – nach allgemeiner Meinung eine Klagebefugnis eines Anwohners gegen die einem Nachbarn erteilte Genehmigung zum Fällen eines auf dem Nachbargrundstück stehenden Baumes nicht gibt.

15

c) Die Frage, ob und in welchem Umfang ein Gemeinde- oder Ortsratsmitglied ein Akteneinsichtnahmerecht in die Verwaltungsakten der eigenen Gemeinde besitzt und ob dieses nur beschränkt ist auf die konkrete Akte und sich nicht auch auf andere damit zusammenhängende Akten erstrecken kann und auch nicht nach dem Informationszugangsgesetz des Landes zu gewähren ist, stellt sich nicht, da der Antrag auf Zulassung der Berufung – wie bereits ausgeführt – gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unzulässig ist, soweit sich die Klägerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht richtet.

16

d) Entgegen der Ansicht der Klägerin kann auch aus einer etwaigen "überlangen" Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens nicht ohne weiteres auf eine (besondere) tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeit der Rechtssache geschlossen werden.

17

3. Die Rechtssache hat auch nicht die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verlangt, dass eine konkrete, aber generalisierbare, aus Anlass dieses Verfahrens zu beantwortende, in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage aufgeworfen wird, die um der Einheitlichkeit der Rechtsprechung willen der Klärung bedarf und noch nicht (hinreichend) geklärt worden ist. Die Rechtsfrage muss für eine Vielzahl, jedenfalls Mehrzahl von Verfahren bedeutsam sein; jedoch reicht allein der Umstand nicht aus, dass der Ausgang des Rechtsstreits auch für andere Personen von Interesse sein könnte oder sich vergleichbare Fragen in einer unbestimmten Vielzahl ähnlicher Verfahren stellen (vgl. Beschl. d. Senats v. 16.12.2010 – 2 L 246/09 –, juris RdNr. 24). Eine derartige grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage wirft das Verfahren nicht auf.

18

a) Die von der Klägerin gestellte Frage,

19

"hat ein Gemeinderats- oder Ortsratsmitglied ein Widerspruchsrecht gegen Baumfällgenehmigungen der eigenen Gemeinde, wenn nach der eigenen Satzung über eine solche erst bei Beschlussfassung über eine Baugenehmigung eines öffentlichen Gebäudes durch den Gemeinderat zu entscheiden ist, wenn die beabsichtigte Fällung im Zusammenhang mit dem beabsichtigten Bau steht, aber bereits eine Baumfällgenehmigung erteilt wurde?",

20

rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung, denn sie ist, soweit sie entscheidungserheblich ist, ohne weiteres zu verneinen. Wie bereits ausgeführt, kann eine Verletzung der Beteiligungsrechte eines Gemeinderatsmitgliedes allenfalls im Wege eines sog. Kommunalverfassungsstreits über Inhalt und Umfang seiner Organrechte im Innenverhältnis geltend gemacht werden. Ein Recht zur Anfechtung der im Außenverhältnis gegenüber Dritten ergangenen Entscheidung der Gemeinde – hier: der Baumfällgenehmigungen – ergibt sich hieraus nicht.

21

b) Die weitere von der Klägerin gestellte Frage,

22

"besteht ein Widerspruchsrecht eines Bürgers einer Kommune gegen einen öffentlich-rechtlichen Bescheid, der den Charakter der Ortschaft beeinflusst oder verändert?",

23

rechtfertigt ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung, denn die Klägerin hat die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend dargelegt. Es ist nicht ersichtlich, dass die angefochtenen Baumfällgenehmigungen den Charakter der Ortschaft beeinflussen oder verändern.

24

c) Die von der Klägerin aufgeworfene Frage,

25

"besitzt ein Gemeinde- oder Ortschaftsrat nur ein Akteneinsichtnahmerecht hinsichtlich einer konkreten Verwaltungsakte oder aber auch auf damit zusammenhängende Akten anderer Abteilungen dieser Gemeinde?",

26

führt nicht zu Zulassung der Berufung, da der Antrag auf Zulassung der Berufung – wie bereits ausgeführt – gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unzulässig ist, soweit sich die Klägerin gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts betreffend den von ihr geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht richtet.

27

d) Die Frage,

28

"besteht ein Recht auf eine gerichtliche Klärung gegen Handeln des Rechtsvorgängers einer Kommune, wenn zwischen einer Antragstellung bei der Rechtsvorgängerin und der später beklagten Kommune eine Gebietsreform stattgefunden hat",

29

kann nicht zu Zulassung der Berufung führen, denn die Entscheidungserheblichkeit dieser Frage ist nicht dargelegt.

30

e) Schließlich rechtfertigt auch die Frage,

31

"besteht ein Anspruch eines Bürgers gegenüber einer Kommune auf Akteneinsichtnahme nach dem Informationszugangsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt, wenn ein Antrag auf Akteneinsichtnahme gestellt wurde und nicht das Wort "Informationszugang" hierbei verwendet wurde?",

32

nicht die Zulassung der Berufung, da der Antrag – wie bereits ausgeführt – insoweit gemäß § 158 Abs. 2 VwGO unzulässig ist.

33

B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

34

C. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.

35

D. Die beantragte Prozesskostenhilfe für das Verfahren zweiter Instanz kann nicht bewilligt werden, weil der Antrag auf Zulassung der Berufung aus den oben dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.