Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Apr. 2016 - 9 A 83/15

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0413.9A83.15.0A
bei uns veröffentlicht am13.04.2016

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Anmeldung von Amts wegen durch die Beklagte.

2

Sie hatte bis Juni 2014 ihren alleinigen Wohnsitz in A-Stadt. Im Rahmen ihrer Offiziersausbildung bei der Bundesmarine nahm sie zwischen dem 01.07.2014 und dem 30.05.2015 an einem Offizierslehrgang an der Marineschule Mürwik in Flensburg (K-Straße ...) teil. Die Ausbildung an der Marineschule besteht aus verschiedenen Abschnitten, die zum Teil in Flensburg und zum Teil auf See stattfinden. Während der in Flensburg stattfindenden Ausbildungsabschnitte wohnen die Lehrgangsteilnehmer in der Marineschule.

3

Die Klägerin meldete sich in Flensburg nicht an. Nachdem die Beklagte auf eine bestehende Meldepflicht hingewiesen hatte, teilte die Klägerin mit Schreiben vom 12.10.2014 mit, dass sie nicht für einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten nach Flensburg kommandiert worden sei. Sie befinde sich nur vom 01.07. bis zum 02.11.2014 in Flensburg; danach habe sie dort keine Stube mehr. Später legte sie noch eine dienstliche Auszugsbestätigung der Marineschule vor, wonach sie am 02.11.2014 ihre bis dahin dienstliche bereitgestellte Gemeinschaftsunterkunft geräumt habe und ihr ab diesem Zeitpunkt keine sonstige Gemeinschaftsunterkunft in der Marineschule Mürwik mehr zur Verfügung stehe.

4

Nachdem die Stadt A-Stadt ihr Einverständnis erteilt hatte, erließ die Beklagte unter dem 27.01.2015 folgenden an die Klägerin gerichteten Bescheid:

5
1. Wir haben Ihre Flensburger Wohnung „K-Straße ..., … Flensburg", gem. § 11 Abs. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 2 Landesmeldegesetz Schleswig-Holstein (LMG) zum 01.07.2014 von Amts wegen als Nebenwohnung angemeldet.
6
2. Wir bestimmen Ihre Wohnung K-Straße ..., … Flensburg, gem. § 14 Landesmeldegesetz Schleswig-Holstein (LMG) für den Zeitraum vom 01.07.2014 bis zum 30.06.2015 bzw. bis zum Ende Ihrer dienstlichen Verwendung (Ende der Versetzung an den Dienstort Flensburg) in Flensburg
7

von Amts wegen als Hauptwohnung.

8

Ihre Wohnung in A-Stadt, A-Straße xx, wird damit ab 01.07.2014 bis zum Ende des o. g. Zeitraumes zur Nebenwohnung.

9
3. Wir stellen fest, dass Sie zur Anmeldung der Wohnung „K-Straße ..., Flensburg“, nach § 11 LMG verpflichtet sind. Die Anmeldung der Wohnung ist durch die Fortschreibung des Melderegisters gem. § 8 LMG von Amts wegen erfolgt.
10

Zur Begründung führte sie aus, nach § 11 Abs. 1 LMG habe derjenige, der eine Wohnung beziehe, die Pflicht, die Wohnung anzumelden. Eine Ausnahme von der Meldepflicht bestehe nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 LMG nur dann, wenn Soldaten aus dienstlichen Gründen für eine Dauer von bis zu 6 Monaten eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine andere dienstlich bereitgestellte Unterkunft beziehen und sie für eine Wohnung im Inland gemeldet sind. Dies gelte aber dann nicht, wenn von Anbeginn des Aufenthalts feststehe, dass der Aufenthalt an einem Dienstort länger als 6 Monate dauern werde. Dies sei bei einer Lehrgangsdauer von 12 Monaten an der Marineschule in Flensburg regelmäßig der Fall. Auch zu Beginn einer auswärtigen Kommandierung, z. B. auf das Segelschulschiff Gorch Fock, sei stets dienstlich geplant, dass die Lehrgangsteilnehmer wieder an die Adresse in Flensburg zurückkehrten. Die vorübergehenden örtlichen Abwesenheiten erfüllten nicht den Tatbestand eines melderechtlichen Auszuges. Es sei davon auszugehen, dass die Klägerin sich bis zum 30.06.2015 in Flensburg aufhalten werde. Die Klägerin habe keine weiteren Angaben zu ihren Aufenthaltszeiten in Flensburg gemacht. Da sie meldepflichtig sei und die Mitwirkung bei der Anmeldung unterlassen habe, habe die Anmeldung von Amts wegen zu erfolgen.

11

Besitze eine Meldepflichtige zwei oder mehreren Wohnungen im Bundesgebiet, so sei festzulegen, wo sich Haupt- und Nebenwohnung befänden. Dafür komme es darauf an, welche der beiden Wohnungen überwiegend genutzt werde. Sie gehe davon aus, dass 78 Tage im Jahr für Heimfahrten/Wochenenden genutzt würden, 38 Tage für Urlaub/Feiertage und 87 Tage für auswärtige Lehrgänge, so dass sich die Klägerin an 172 Tagen und damit überwiegend in Flensburg aufhalte. Sollte dies nicht zutreffen, habe die Klägerin prüfbare Unterlagen vorzulegen. Im Einvernehmen mit der Stadt A-Stadt sei daher die Wohnung in Flensburg zur Hauptwohnung bestimmt worden. Die Verpflichtung zur Anmeldung in Flensburg in Ziffer 3 des Bescheides werde nur festgestellt; eine persönliche Anmeldung sei aber aufgrund der Fortschreibung des Melderegisters von Amts wegen nicht erforderlich.

12

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin fristgemäß Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, sie sei nicht für ein Jahr an die Marineschule versetzt, sondern lediglich für die Zeit bis zum 02.11.2014. Sodann sei eine Abkommandierung nach Kiel auf das Segelschulschiff Gorch Fock für die Monate November und Dezember unter Aufgabe der Stube in Flensburg erfolgt. Dort habe sie sich aufgrund einer erneuten Abkommandierung für die Zeit vom 05.01.2015 bis zum 30.05.2015 wieder aufgehalten. Damit handele es sich jeweils um Teilabkommandierungen von weniger als 6 Monaten, so dass der Ausnahmetatbestand des § 18 Abs. 1 Nr. 2 LMG greife und sie deshalb in Flensburg nicht meldepflichtig sei.

13

Mit Bescheid vom 26.02.2015 wies die Beklagte den Widerspruch zurück und hielt daran fest, dass eine Ausnahme nach § 18 LMG nur dann gelte, wenn in den nächsten 6 Monaten der Dienstort endgültig verlassen werde. Dies sei bei den Lehrgängen an der Marineschule jedoch erst nach dem letzten Tag des Dienstes dort der Fall. Die begrenzten und geplanten örtlichen Abwesenheiten für die Ausbildungsabschnitte auf der Gorch Fock und - von der Klägerin nicht genannt - auf einer Fregatte lösten aufgrund ihrer Kürze keine Meldepflicht aus und müssten daher unberücksichtigt bleiben. Hinsichtlich der Bestimmung der Hauptwohnung ging die Beklagte nunmehr von einem Dienstende am 30.05.2015 aus und stellte mangels weiterer Angaben durch die Klägerin fest, dass von insgesamt 335 Tagen 70 Tage für Heimfahrten, 30 Tage für Urlaub/Freizeitausgleich/Feiertage und 88 Tage für auswärtige Lehrgänge anzusetzen seien, so dass für Aufenthalte in Flensburg 147 Tage verblieben. Dies bedeute einen objektiv überwiegenden Aufenthalt in Flensburg. Auf die Frage, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen liege, komme es melderechtlich nur dann an, wenn sich nicht zweifelsfrei feststellen lasse, welche der Wohnungen überwiegend genutzt werde. Auch Ermessensfehler seien nicht ersichtlich.

14

Daraufhin hat die Klägerin fristgemäß Klage erhoben, zu deren Begründung sie sich weiter darauf beruft, dass die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 2 LMG erfüllt seien und sie sich daher in Flensburg nicht habe anmelden müssen. Sie sei anlässlich ihrer Aufenthalte auf See jeweils vollständig aus der Gemeinschaftsunterkunft in Flensburg ausgezogen. Sie habe die Stube vollständig geräumt und die Schlüssel zurückgegeben. Der Auszug sei auch für längere Zeit, nämlich für 2 Monate hinsichtlich des Aufenthalts auf der Gorch Fock und für weitere 5 Wochen hinsichtlich der weiteren Seereise erfolgt. Der Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft sei ein abgeschlossener Akt, an den sich nach Abschluss der Exkursionen ein erneutes „Beziehen" anschließen müsse. Bei einem Abbruch der Ausbildung während einer Exkursion bestünde für sie nicht die Möglichkeit, in der Gemeinschaftsunterkunft zu wohnen.

15

Die Klägerin hat im Verfahren eine Bescheinigung der Marineschule vom 01.06.2015 vorgelegt, wonach sie für die Zeit vom 02.11. bis zum 19.12.2014 auf das Segelschulschiff Gorch Fock und in der Zeit vom 03.03.2015 bis 06.04.2015 auf die Fregatte Karlsruhe abkommandiert worden sei. Dies sei in beiden Fällen mit einem vollständigen Auszug mit Schlüsselabgabe und Räumung/Aufgabe der Stube verbunden gewesen.

16

Die Klägerin beantragt,

17

den Bescheid der Beklagten vom 27.01.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2015 aufzuheben.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen.

20

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden. Maßgeblich sei, dass die Gemeinschaftsunterkunft, vom Zeitpunkt des Einzugs aus betrachtet, während der Ausbildungsdauer über einen Zeitraum von 11 Monaten regelmäßig wiederkehrend und in vorhersehbarer Weise von der Klägerin genutzt werde. Ein zwischenzeitlicher Auszug während der auswärtigen Ausbildungsabschnitte im Sinne des §18 Abs. 1 Nr. 2 LMG liege nicht vor, auch wenn die Klägerin die Räumlichkeiten nicht durchgehend in Anspruch nehmen könne, sondern sie während der Zeit der auswärtigen Lehrgänge vollständig zu räumen habe.

21

Die Beklagte hat im Verfahren Auszüge aus einer Bußgeldakte des Amtsgerichts Flensburg vorgelegt (46 OWi 104 Js 8133/15), in der es ebenfalls um die Frage der Anmeldung während eines Lehrganges an der Marineschule ging; darauf wird Bezug genommen (Bl. 49 bis 57 Gerichtsakte).

22

Das Verfahren ist der Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen worden (§ 6 Abs. 1 VwGO).

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt und den Inhalt des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

24

Über die Klage konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

25

Die Klage ist zulässig. Sie ist nach § 88 VwGO auszulegen zunächst als Verpflichtungsklage mit dem Ziel, das Melderegister zu berichtigen und die von Amts wegen erfolgte Anmeldung in Flensburg zu löschen. Die Klägerin ist der Ansicht, keine Wohnung in Flensburg zu haben und deshalb dort auch nicht meldepflichtig zu sein. Die Beklagte hat sie gleichwohl - zunächst mit Nebenwohnung - in der Unterkunft in der Marineschule angemeldet und damit das Melderegister von Amts wegen nach § 8 Abs. 2 LMG fortgeschrieben. Bei dieser Anmeldung von Amts wegen handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um einen Realakt (vgl. Medert/Süßmuth, Melderecht des Bundes und der Länder, Stand Dez. 2013, MRRG § 9 Rn. 12; OVG Koblenz, Beschluss vom 29.01.1993 - 7 A 11526/92 -, juris; vgl. zur neuen Rechtslage nach dem - hier noch nicht anwendbaren - Bundesmeldegesetz vom 28.10.2015 auch Bundesministerium des Innern, Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des Bundesmeldegesetzes, Nr. 6.0). In Ziff. 1 des angefochtenen Bescheides ist deshalb nur die Mitteilung eines Realaktes zu sehen, keine eigenständige Regelung. Die Anmeldung von Amts wegen ist daher nicht mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbar, vielmehr muss der Betroffene seinerseits einen Berichtigungsantrag stellen, dessen Ablehnung einen Verwaltungsakt darstellt. Die Beklagte hat deshalb den Widerspruch der Klägerin zu Recht als Berichtigungsantrag angesehen und im Widerspruchsbescheid abgelehnt. Gegen diese Ablehnung ist - ohne weiteres Vorverfahren - die Verpflichtungsklage gegeben (vgl. OVG Koblenz a.a.O.).

26

Als Anfechtungsklage ist die Klage insoweit zulässig, als die Beklagte Flensburg in Ziff. 2 des Bescheides nach § 14 Abs. 5 LMG als Hauptwohnsitz bestimmt hat, denn diese Bestimmung ist als Verwaltungsakt anzusehen (vgl. Medert/Süßmuth a.a.O. § 12 Rn. 43).

27

Es besteht auch weiterhin ein Rechtsschutzbedürfnis. Zwar hat die Klägerin zwischenzeitlich die Offiziersausbildung in Flensburg beendet, an die Frage, ob die Beklagte sie zu Recht von Amts wegen in Flensburg angemeldet und die Marineschule als Hauptwohnsitz bestimmt hat, können jedoch nach wie vor Konsequenzen geknüpft sein, die für die Klägerin nachteilig sein können (z.B. Zweitwohnungssteuer, Bußgeld). Das Rechtsschutzinteresse ist daher nicht entfallen.

28

Die Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten.

29

Die Klägerin hat zunächst keinen Anspruch auf Berichtigung des Melderegisters nach § 8 Abs. 1 LMG mit dem Ziel, ihre Anmeldung in Flensburg zu löschen. Das Melderegister ist richtig. Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht von Amts wegen in Flensburg angemeldet.

30

Rechtsgrundlage dafür ist § 8 Abs. 2 LMG, wonach die Meldebehörde das Melderegister von Amts wegen fortzuschreiben hat, wenn weitere Daten zu speichern sind. Das gilt insbesondere, wenn Personen ihre Verpflichtungen nach § 11 Abs. 1 LMG nicht erfüllen. Das war hier der Fall, denn die Klägerin hat sich entgegen § 11 Abs. 1 LMG nicht innerhalb von 2 Wochen in Flensburg angemeldet, obwohl sie am 01.07.2014 dort eine Wohnung bezogen hat. Auch eine Gemeinschaftsunterkunft wie die Marineschule stellt eine Wohnung i.S.d. § 11 LMG dar (vgl. Medert/Süßmuth a.a.O. § 11 Rn. 52). Dabei kommt es nicht darauf an, ob den Lehrgangsteilnehmern wie auch der Klägerin während des Lehrgangs wechselnde Stuben zugewiesen wurden.

31

Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt hier keine Ausnahme von der Meldepflicht nach § 18 Abs. 1 Nr. 2 LMG vor. Nach dieser Vorschrift wird keine Meldepflicht begründet, wenn Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit aus dienstlichen Gründen für eine Dauer von bis zu sechs Monaten eine Gemeinschaftsunterkunft beziehen und sie für eine andere Wohnung im Inland gemeldet sind. Diese Ausnahmeregelung soll vermeiden, dass bei häufigen dienstlich veranlassten Umzügen jeweils eine Ummeldung erfolgen muss. Sie setzt voraus, dass der Bezug von vornherein auf sechs Monate befristet ist (vgl. Medert/Süßmuth a.a.O. § 15 MRRG Anm. 12). Dies ist bei Lehrgangsteilnehmern der Offiziersausbildung an der Marineschule Mürwik jedoch nicht der Fall, da der Lehrgang jeweils auf 11 Monate angelegt ist. Während dieses Lehrgangs ist nach dem auf der Aussage eines verantwortlichen Mitarbeiters der Marineschule in einem Bußgeldverfahren beruhenden und unbestrittenen Vortrag der Beklagten die Marineschule die personalführende Stammeinheit der Teilnehmer. Es ist daher unerheblich, dass die Lehrgangsteilnehmer - wie auch die Klägerin - für die Zeiten auswärtiger Ausbildungsabschnitte z.B. auf dem Segelschulschiff Gorch Forck die ihnen zugewiesene Stube vollständig räumen und ihre nicht benötigte Ausrüstung anderweitig unterbringen müssen und bei Rückkehr eine neue Stube zugewiesen bekommen. Maßgeblich ist nur, dass der Lehrgang in Flensburg - anders als die zwischenzeitliche Kommandierung an externe Ausbildungsorte - nicht auf einen Zeitraum von bis zu sechs Monaten befristet war. Er ist einheitlich zu betrachten, da nach dem Lehrplan von vornherein feststeht, dass die Anwärter nach den auswärtigen Ausbildungsabschnitten auf See jeweils wieder in die Marineschule als ihren Dienstort bzw. Standort zurückkehren. Eine durchgehende Nutzung der Unterkunft in Flensburg für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist nicht erforderlich. Damit folgt die Einzelrichterin der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts (Urteil vom 21.10.1988, - 9 A 88/88 -, juris; Urteil vom 13.05.2005, - 1 A 8/08 - und Urteil vom 13.10.2015 - 8 A 226/13 -, juris) und nunmehr auch des OVG Schleswig (Beschluss vom 18.03.2016 - 4 LA 68/15 -).

32

Die Rechtslage hat sich allerdings nach dem neuen Bundesmeldegesetz geändert. Nunmehr gilt die Ausnahme von der Meldepflicht nach § 27 Abs. 1 Nr. 5 BMG, wenn Dienst bei der Bundeswehr als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit zu leisten ist, sofern die Unterkunft für nicht länger als zwölf Monate bezogen wird, was bei den Lehrgängen an der Marineschule der Fall ist. Diese Regelung ist jedoch erst am 01.11.2015 und damit nach Abschluss des hier maßgeblichen Sachverhaltes in Kraft getreten.

33

Die Beklagte hat die Klägerin wie erforderlich zunächst auf ihre Meldepflicht hingewiesen und das Melderegister erst dann ergänzt, als dies erfolglos blieb. Sie hat die Unterkunft in Flensburg zu Recht auch in einem ersten Schritt in Ziff. 1 nur als Nebenwohnung bezeichnet, da die Klägerin ihren Hauptwohnsitz in A-Stadt hatte.

34

In einem zweiten Schritt hat sie dann in Ziff. 2 des angefochtenen Bescheides im Einvernehmen mit der Stadt A-Stadt als für die weitere Wohnung zuständige Meldebehörde Flensburg als Hauptwohnsitz bestimmt. Rechtsgrundlage dafür ist § 14 Abs. 5 LMG, wonach die Meldebehörde die Hauptwohnung schriftlich von Amts wegen bestimmen kann, wenn wie hier keine Mitteilung des Meldepflichtigen darüber erfolgt, welche Wohnung Hauptwohnung ist. Hauptwohnung ist gem. § 14 Abs. 2 Satz 1 LMG die vorwiegend benutzte Wohnung der Person.

35

Die Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Hauptwohnung der Klägerin während des Offizierslehrganges in Flensburg war, denn dort hat sie sich überwiegend aufgehalten. Die Beklagte hat die von ihr angenommenen Aufenthaltszeiten zwischen dem 01.07.2014 und dem 30.05.2015 im Widerspruchsbescheid im Einzelnen dargelegt; darauf wird Bezug genommen. Die Klägerin ist dem nicht entgegengetreten und hat gegen die Bestimmung der Hauptwohnung konsequenterweise auch keine weiteren Bedenken vorgetragen, da sie der Ansicht ist, in Flensburg weder eine Neben- noch eine Hauptwohnung zu haben.

36

Die in Ziff. 3 des angefochtenen Bescheides enthaltene Feststellung, dass die Klägerin meldepflichtig war, trifft zu, hat aber im Hinblick auf die von Amts wegen vorgenommene Berichtigung des Melderegisters keinen eigenständigen Regelungsgehalt mehr.

37

Die Klage ist nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

Bundesmeldegesetz - BMG | § 27 Ausnahmen von der Meldepflicht


(1) Eine Meldepflicht nach § 17 Absatz 1 und 2 wird nicht begründet, wenn eine Person, die für eine Wohnung im Inland gemeldet ist, eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine andere dienstlich bereitgestellte Unterkunft bezieht, um 1. Wehrdienst nach dem

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Okt. 2015 - 8 A 226/13

bei uns veröffentlicht am 13.10.2015

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des

Referenzen

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht der Beklagte Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Marinesoldat und absolvierte vom 01.07.2013 bis zum 20.06.2014 an der F. (F-Stadt, F-Straße) die dort stattfindende Offiziersausbildung. Diese besteht aus verschiedenen Ausbildungsabschnitten, von denen einige in F-Stadt und andere außerhalb von F-Stadt stattfinden.

2

Nachdem der Kläger sich unter dem 07.08.2013 in F-Stadt mit Nebenwohnung angemeldet und die bisherige Wohnung in A-Stadt als Hauptwohnung bezeichnet hatte, teilte er mit Schreiben vom 09.08.2013 mit, dass er aus der ihm als Soldat von Amts wegen in der F. bereitgestellten Gemeinschaftsunterkunft ausgezogen sei und keine Wohnung in der Stadt F mehr unterhalte. Die Beklagte wies (in ihrem Schreiben vom 21.08.2013) daraufhin, dass eine Abmeldung (nur) möglich sei, wenn er den Lehrgang in F-Stadt beendet habe und in Zukunft nicht mehr nach F-Stadt zurückkehren werde. Anders sei es zu beurteilen, wenn er lediglich zum Zwecke eines auswärtigen Lehrgangs die Stube räumen müsse und später wieder an die Schule zurückkehre. Dann liege kein Auszug vor. Der Kläger teilte daraufhin (mit Schreiben vom 23.08.2013) mit, er unterhalte derzeit keinerlei Wohnung iSd LMG auf dem Gebiet der Stadt F. Im weiteren Verlauf des Schreibens kritisierte er die Informationsveranstaltung der Beklagten in der Marineschule und bat im Hinblick auf einen von ihm vermuteten Verstoß gegen Geheimhaltungspflichten durch Mitarbeiter der Bundeswehr um Auskunft, wie die Beklagte in den Besitz der Information gelangt sei, er sei als Soldat länger als sechs Monate nach F-Stadt versetzt/kommandiert worden. In dem weiteren Schriftwechsel legte der Kläger eine Bescheinigung der Marineschule vor, dass er in dem Zeitraum vom 12.08. bis 13.09.2013 und vom 28.10. bis 13.12.2013 aufgrund externer Ausbildungsmodule keine dienstliche Unterkunft an der F. habe. Im weiteren Verlauf machte der Kläger geltend, bei ihm bestehe gemäß § 18 LMG keine Meldepflicht, da er nicht für länger als sechs Monate eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine andere dienstliche bereitgestellte Unterkunft beziehe. Seine Wohnungsnahme sei von Anfang an auf wenige Wochen angelegt. Sein Auszug sei planmäßig erfolgt und amtlich nachgewiesen. Ob er bei Gelegenheit des vorübergehenden Aufenthalts an der Marineschule eine dortige Übernachtungsmöglichkeit erneut in Anspruch nehmen werde, stehe noch nicht fest, sei jedenfalls melderechtlich ohne Relevanz. Demgegenüber wies die Beklagte daraufhin, ein melderechtlich relevanter Auszug liege nicht vor, wenn ein Dienstort vorübergehend für einen externen Lehrgang verlassen und danach wieder aufgesucht werde.

3

Nachdem die Hansestadt A-Stadt ihr Einverständnis erteilt hatte, meldete die Beklagte mit Bescheid vom 23.09.2013 die Wohnung des Klägers in F-Stadt, F-Straße, ab 01.07.2013 für die Zeit des Bestehens dieser Wohnung von Amts wegen als Hauptwohnung an. Zur Begründung führte sie aus, die Regelvermutung, dass diejenige Wohnung, von der ein lediger volljähriger Einwohner einer Beschäftigung/Ausbildung nachgehe, sei bei mehreren Wohnungen als Hauptwohnung anzusehen, könne nur in begründeten Einzelfällen widerlegt werden. Hierzu seien geeignete Nachweise vorzulegen. Eine Meldebehörde habe begründeten Zweifeln an der Plausibilität der Angaben eines Meldepflichtigen und somit an der Richtigkeit der Anmeldung nachzugehen und ggf. von Amts wegen eine Bestimmung der Hauptwohnung vorzunehmen. Es sei bekannt, dass Offiziersanwärter im Rahmen ihres einjährigen Lehrgangs an der Marineschule verschiedene auswärtige Module absolvierten. Während dieser Zeit hielten sie sich nicht in F-Stadt auf, kehrten aber nach jedem Modul wieder an die Marineschule zurück. Nach ihren Erkenntnissen gehe sie - die Beklagte - davon aus, dass der Kläger den deutlich überwiegenden Teil der Lehrgangszeit in F-Stadt verbringe (Heimfahrten sowie Urlaub/Feiertage 118 Tage, Tage auswärtiger Lehrgänge 96 Tage sowie 151 Tage in F-Stadt).

4

Den hiergegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger erneut damit, dass er gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 2 LMG lediglich für die Dauer von bis zu sechs Monaten eine Gemeinschaftsunterkunft bezogen habe. Hinsichtlich der Unterkunft in F-Stadt habe von Anfang an festgestanden, dass diese nur abschnittsweise für wenige Wochen und nicht einmal in der Summe für sechs Monate genutzt werde. Die Gemeinschaftsunterkunft sei also nur eine übergangsweise Bleibe, die er lediglich abschnittsweise belege und zwischendurch immer wieder vollständig räumen müsse. Nicht benötigte Ausrüstungsgegenstände oder persönliche Habe könne er dort nicht unterbringen.

5

Selbst, wenn man von einem melderelevanten Tatbestand ausgehe, werde die Prognoseentscheidung bereits durch den Dienstplan widerlegt. Daraus ergebe sich unter Berücksichtigung der Heimfahrten, des Urlaubs, von Feier- und Brückentagen ein weit überwiegender Aufenthalt in A-Stadt.

6

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2013 als unbegründet zurück. Zur Begründung wiederholte sie die Ausführungen aus ihrem Ausgangsbescheid und wies erneut daraufhin, dass auch eine Gemeinschaftsunterkunft eine „Wohnung" iSd Melderechts sei. Die Ausnahme von der Meldepflicht gemäß § 18 LMG greife nicht ein, weil der Kläger für ein Jahr nach F-Stadt versetzt worden sei. Das vorübergehende Verlassen der Gemeinschaftsunterkunft für auswärtige Lehrgänge begründe melderechtlich keinen Auszug. Für die Klärung der Frage, welche der beiden Wohnungen die am häufigsten/zum überwiegenden Teil genutzte sei, komme es auf den tatsächlichen Aufenthalt an. Dabei seien Tage, an denen die Heimfahrten durchgeführt würden, dem Ort zuzuschlagen, an dem am Reisetag die meiste Zeit verbracht werde. Ein Nachweis, dass der Kläger schon um 11.00 Uhr die Heimfahrt antreten könne, liege nicht vor. Sie - die Beklagte - gehe davon aus, dass die Soldaten am Freitag regelmäßig und offiziell um 12.00 Uhr Dienstschluss hätten. Eine durchgängig bereits „deutlich vor 11.00 Uhr" angetretene Abreise sei durch eine entsprechende dienstliche Bescheinigung glaubhaft zu machen. Die Angaben des Klägers zu den verschiedenen Ausbildungsabschnitten seien dahingehend zu korrigieren, dass Tagesbruchteile nicht angerechnet werden könnten und der Heimreisetag am Freitag dem Aufenthalt in F-Stadt zuzuschlagen sei. Daraus ergäben sich 115 Tage in A-Stadt, 151 Tage in F-Stadt und 99 Tage auswärtiger Lehrgänge. Somit überwiege der Aufenthalt in F-Stadt.

7

Hiergegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger sein Vorbringen weiterverfolgt. Er wies daraufhin, dass er ab Anfang 2014 ein möbliertes Zimmer in H nutze, da es ihm freigestellt sei, die ihm zur Verfügung gestellte Gemeinschaftsunterkunft zu nutzen. Dort habe er sich abends in Ruhe auf die Prüfungen habe vorbereiten wollen. Im Übrigen wiederholte der Kläger im Wesentlichen sein Vorbingen aus dem Vorverfahren: Die Voraussetzungen für eine Anmeldung mit Erstwohnung von Amts wegen lägen nicht vor und die Beklagte habe die formellen Vorgaben des § 14 Abs. 5 LMG nicht eingehalten. Die Beklagte hätte im Rahmen der anstehenden Prognose-Entscheidung seinen deutlich erklärten Willen berücksichtigen müssen, die äußerst provisorische Gemeinschaftsunterkunft der Marineschule keineswegs länger als sechs Monate in Anspruch nehmen zu wollen. Danach hätte sich die Ausnahmeregelung des § 18 Abs. 2 LMG geradezu aufdrängen müssen. Die Reaktion der Beklagten auf die Abmeldung vom 09.08.2013, er - der Kläger - sei schließlich Offiziersanwärter, der in Vollzeit bei der Bundeswehr ausgebildet werde und möge deswegen nachweisen, dass er bei der Bundeswehr ausgeschieden sei, sei ungeheuerlich und eine unverfrorene Missachtung der Realität, die nur als bevormundend und obrigkeitsstaatlich empfunden werden könne, denn er sei mit Leib und Seele Soldat und Seemann und er sei einer der Besten seines Jahrgangs. Als Offiziersanwärter der Bundeswehr sei es möglich, den Dienst mit Nebenwohnsitz in einer Nachbargemeinde - etwa … - zu leisten. Er müsse das wissen, dies belegten seine exzellenten Leistungen im Dienst und Prüfung sowie das Beispiel einiger seiner Kameraden, welche ebenfalls Wohnungen außerhalb von F-Stadt unterhielten. Entsprechendes gelte für die Dienstschluss - und Fahrtzeiten, nach denen sich schon im Wege tabellarischer Erfassung aller Zeiten ein deutliches Übergewicht für A-Stadt ergebe. Hier hätte die Beklagte ihm - dem Kläger - substantiiert darlegen müssen, dass es anders sei - was sie aber überhaupt nicht gekonnt hätte, weil es ihr an grundlegenden und aktuellen Kenntnissen über den Dienst an der Marineschule fehle. Die rechtswidrig erzwungene Meldung mit Hauptwohnung in F- Stadt bringe zunächst erhebliche wirtschaftliche Nachteile für ihn mit sich, da er dadurch in A-Stadt der Zweitwohnsitzsteuer ausgesetzt werde und bei allen Folgeversetzungen in den nächsten Jahren sein Trennungsgeldanspruch betroffen sein könnte. Was noch schwerer wiege, sei, dass er infolgedessen seinem angestammten Lebensmittelpunkt in A-Stadt entfremdet werde, was gerade für einen Marinesoldaten, der typischerweise außerordentlichen Abwesenheitszeiten unterliege, besonders belastend sei. Dies umso mehr, als er erstmals aufgerufen gewesen sei, sein Wahlrecht zum Deutschen Bundestag wahrzunehmen. Schon deshalb fühle er sich durch die Behandlung seitens der Beklagten gegängelt, bevormundet und als Staatsbürger - und zwar einer, der bereit sei, sein Leben für sein Land einzusetzen - nicht ernstgenommen. Ein Ortstermin an der F. werde zudem ergeben, dass die dortigen Gemeinschaftsunterkünfte keineswegs als durchgehende Wohnung angesehen werden dürften. Hier sei entscheidend darauf abzustellen, dass nach der für ihn maßgeblichen Weisungslage von Anfang an festgestanden habe, dass er die ihm aus dienstlichen Gründen an der Marineschule vorübergehend bereit gestellten Unterkünfte zu keiner Zeit für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten beziehen werde. Nach jedem Ausbildungsabschnitt in Mürwik habe er die Gemeinschaftsunterkunft mit Sack und Pack räumen müssen.

8

Das wegen § 14 Abs. 5 Satz 2 LMG für eine Anmeldung von Amts wegen erforderliche Einvernehmen mit den für die weiteren Wohnungen zuständigen Behörden habe die Beklagte nicht hergestellt.

9

Die unter rechtswidriger Drohung herbeigeführte Anmeldung mit Zweitwohnung in F-Stadt werde angefochten.

10

Der Kläger beantragt,

11

den Bescheid der Beklagten vom 23.09.2013 sowie den Widerspruchsbescheid vom 26.11.2013 aufzuheben.

12

Die Beklagte beantragt,

13

die Klage abzuweisen.

14

Zur Begründung bezieht sie sich auf die Ausführungen in ihren Bescheiden und macht ergänzend geltend, aus dem Vortrag des Klägers, er habe ab Anfang Januar 2014 eine Wohnung in … gemietet, ergebe sich nicht, dass er die Gemeinschaftsunterkunft zwischenzeitlich endgültig verlassen habe und damit ausgezogen sei. Er habe nämlich gleichzeitig erwähnt, dass er die Gemeinschaftsunterkunft zumindest sporadisch weiter nutze. Daraus ergebe sich, dass er sie anscheinend nicht endgültig verlassen habe. Soweit und sobald der Kläger die Gemeinschaftsunterkunft gar nicht mehr nutze, wäre eine Abmeldung berechtigt. Dies lasse aber die Meldepflicht für den zurückliegenden Zeitraum unberührt. Die Nutzung der Wohnung in … hätte zur Folge, dass ein Wechsel der Hauptwohnung angezeigt sei. Nach ihren Erkenntnissen sei die Wohnung in … bislang nicht angemeldet. Dies könnte gemäß § 18 Abs. 2 LMG ggf. auch nicht erforderlich sein, soweit der Kläger die Wohnung nur zu dem Zweck eines nicht länger als sechs Monate dauernden Aufenthalts bezogen haben sollte.

15

Die Prognose der Aufenthaltszeiten in F-Stadt und A-Stadt habe eine überwiegende Nutzung der  Wohnung ergeben. Die Freitage seien angesichts des regelmäßigen Dienstschlusses um 12.00 Uhr dem Aufenthalt in F-Stadt zugeschlagen worden. Dass der Kläger am Freitag durchgängig bereits deutlich vor 11.00 Uhr die Abreise habe antreten können, sei von ihm zu beweisen. Das sei bislang nicht erfolgt.

16

Der Vorwurf, im Rahmen der Informationsveranstaltung würden die Soldaten gezwungen, die Anmeldung durchzuführen oder ihre Ausweis- und Passdokumente abzugeben, sei mit Nachdruck zurückzuweisen. Ein Hinweis darauf, dass ein Verstoß gegen die Meldepflicht ein Bußgeld nach sich ziehen könne, stelle keine Drohung dar. Die Behauptung, der Kläger sei bereits während der Anhörungsfrist gegen seinen Willen mit Hauptwohnung in F-Stadt gemeldet gewesen, sei unzutreffend. Die streitgegenständliche Entscheidung sei nicht rechtskräftig, daher sei der Kläger nach wie vor im Melderegister mit Nebenwohnung in F-Stadt eingetragen. Soweit der Kläger moniere, dass er von ihrer Steuerabteilung zur Zweitwohnungssteuer angeschrieben worden sei, habe es sich lediglich um Anhörungsschreiben gehandelt, das versehentlich versandt worden sei. Dieser Umstand belege aber, dass der Kläger nach wie vor mit Nebenwohnung in F-Stadt eingetragen gewesen sei. Im Übrigen sei die Gemeinschaftsunterkunft in der F. keine Wohnung im zweitwohnungssteuerrechtlichen Sinne.

17

Auf Anfrage des Gerichts teilte die Marineschule (mit Schreiben vom 16.03.2015) mit, interne Regelungen wie Dienstzeiten, Dienstpläne usw. würden nicht an Dritte weitergegeben. Der betroffene Soldat habe daher selbst Sorge zu tragen, entsprechende Nachweise über die Dauer des Dienstes am Freitag bzw. den Zeitpunkt des Antritts seiner Heimreise in das Wochenende zu erbringen. Generelle Regelung sei jedoch, dass freitags bis 12.00 Uhr Dienst zu leisten sei. Regelmäßig würden jedoch Ausnahmen für früheren Dienstschluss bis hin zu freitags dienstfrei gewährt. Auf mündliche Nachfrage teilte der Verfasser des Schreibens dem Gericht mit, ein von einem Soldaten erwirtschafteter Dienstzeitausgleich werde regelmäßig am Freitag gewährt, daher könnten viele Soldaten ihre Heimfahrt schon am Donnerstag antreten. Im Durchschnitt komme dies allerdings in weniger als der Hälfte der Fälle vor.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des gegenseitigen Vorbringens wird auf den Akteninhalt und den Verwaltungsvorgang der Beklagten Bezug genommen.

19

Die Kammer hat den Rechtsstreit dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Entscheidungsgründe

20

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig.

21

An der Zulässigkeit der Klage bestehen trotz des Umstands, dass der Kläger inzwischen die Offiziersausbildung in F-Stadt beendet hat, deswegen keine Zweifel, weil an die streitige Frage, ob im fraglichen Zeitraum die Hauptwohnung in F-Stadt lag, Konsequenzen geknüpft sind, die für den Kläger nachteilig sein können (z. B. Trennungsgeld, Zweitwohnungssteuer, Bußgeld). Auch der Umstand, dass die Beklagte ihre Bestimmung der Wohnung in F-Stadt als Zweitwohnung wegen der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs und der Klage bislang nicht umgesetzt hat und der Kläger im streitigen Zeitraum mit Nebenwohnung gemeldet war, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Es ist möglich, dass sich auch für den zurückliegenden Zeitraum aus der Bestimmung der Unterkunft in der Marineschule als Hauptwohnung für den Kläger Nachteile ergeben können.

22

Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme setzt voraus, dass die dem Kläger für die Zeit der Offiziersausbildung in F-Stadt zugewiesene Unterkunft in der Marineschule eine „Wohnung" im Sinne des Melderechts ist, § 18 LMG nicht einschlägig ist und die von Amts wegen vorgenommene Bestimmung dieser Wohnung als Hauptwohnung rechtmäßig war. Diese Voraussetzungen sind gegeben.

23

Rechtsgrundlage für die Verpflichtung des Klägers, seine F Wohnung „F- Straße“ anzumelden, ist § 11 Abs. 1 LMG, wonach derjenige, der eine Wohnung bezieht, sich innerhalb von zwei Wochen bei der Meldebehörde anzumelden hat. Das am 01.11.2015 in Kraft tretende Bundesmeldegesetz ist hier noch nicht anwendbar. Maßgeblich ist somit noch das Landesmeldegesetz (§ 14), das insoweit das Melderechtsrahmengesetz (MRRG) des Bundes ausfüllt.

24

Entgegen der Auffassung des Klägers ist hier § 18 LMG nicht anwendbar. Nach dieser Vorschrift wird eine Meldepflicht nach § 11 Abs. 1 und 2 LMG nicht begründet, wenn Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit aus dienstlichen Gründen für eine Dauer von bis zu 6 Monaten eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine andere dienstlich bereitgestellte Unterkunft beziehen und sie für eine Wohnung im Inland gemeldet sind (Abs. 1 Nr. 2). Dem Kläger ist für die Zeit des 1-jährigen Offizierslehrgangs in F-Stadt die F. als Unterkunft bereitgestellt worden. Bei dem Gebäudekomplex „F.“ handelt es sich um eine „Wohnung“ im Sinne von § 11 Abs. 1 LMG, sodass der Bezug dieser „Wohnung“ die Pflicht begründete, sich innerhalb von zwei Wochen bei der Meldebehörde anzumelden, weil ein Ausnahmetatbestand (§ 14 Abs. 1 oder Abs. 2 LMG: Aufenthalt von weniger als sechs Monaten) nicht vorliegt.

25

Der melderechtliche Wohnungsbegriff darf nicht mit dem umgangssprachlichen Begriff gleichgesetzt werden und ist weiter als z.B. die zweitwohnungssteuerrechtliche oder bauordnungsrechtliche Definition einer Wohnung. Hierunter wird allgemein eine Gesamtheit von Räumen verstanden, die zur Führung eines selbstständigen Haushalts bestimmt ist. Auch die hierfür erforderlichen Nebeneinrichtungen, ua Küche bzw. Kochgelegenheit, müssen vorhanden sein. Aufenthalts- und Unterbringungsräume, die diese Eigenschaft nicht aufweisen - wie Zimmer in Heimen und in Beherbergungsbetrieben - sind keine Wohnungen, (Söfker in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 9 BauGB RN 69). Gemäß § 13 LMG ist Wohnung im Sinne dieses Gesetzes jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen oder Schlafen benutzt wird. Als Wohnung gilt auch die Unterkunft an Bord eines Schiffes der Bundeswehr. Dieser Wohnungsbegriff ist weiter als der bauordnungsrechtliche, um eine möglichst vollständige Erfassung der Einwohner zu erreichen. Er ist tatsächlicher Natur, so dass es auf den vom Kläger geäußerten abweichenden Willen nicht ankommt (Süßmuth, Bundesmeldegesetz § 20 Rn 1 f; § 22 Rn 13).

26

Demnach ist der Gebäudekomplex der Marineschule als „Wohnung" in diesem Sinne zu verstehen, sodass es nicht darauf ankommt, dass bestimmte Kriterien nicht erfüllt sind und im Laufe des Lehrgangs wechselnde Stuben zugewiesen wurden (BVerwG, U.v. 15.10.1991 - 1 C 24/90 - juris Rn 14). Ebenso ist in diesem Zusammenhang (Qualifikation der F. als „Wohnung" im melderechtlichen Sinne) unerheblich, dass der Kläger für die Zeit auswärtiger Ausbildungsabschnitte die ihm zugewiesene Stube räumen und die nicht benötigte Ausrüstung und Unterlagen anderweitig unterbringen musste und bei Rückkehr eine neue Stube zugewiesen bekam. Für die Nichtanwendbarkeit von § 18 LMG (und damit den Ausschluss von § 14 LMG) ist maßgeblich, dass dem Kläger zu Beginn des Offizierslehrgangs die Unterkunft in der F. für 1 Jahr zugewiesen wurde. Eine durchgehende Nutzung der Unterkunft in F-Stadt für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten ist nicht erforderlich. Insoweit folgt die Kammer der bisherigen Rechtsprechung des Gerichts (9 A 88/88, Urteil vom 21.10.1988, juris; 1 A 8/05, Urteil vom 13.05.2005).

27

Rechtsgrundlage für die Bestimmung einer Wohnung als Hauptwohnung ist § 14 Abs. 5 LMG. Danach kann die Meldebehörde Haupt- und Nebenwohnung nach den Abs. 2 und 3 von Amts wegen schriftlich gegenüber der Person bestimmen, wenn diese die Mitteilungen nach Abs. 4 unterlässt oder verweigert oder die mitgeteilte Hauptwohnung nicht den Vorschriften des Absatzes 2 entspricht. Gemäß Abs. 2 dieser Vorschrift ist Hauptwohnung die vorwiegend benutzte Wohnung der Person. Hauptwohnung einer verheirateten Person oder eine Lebenspartnerschaft führenden Person, die nicht dauernd getrennt von ihrer Familie lebt, ist die vorwiegend benutzte Wohnung der Familie. In Zweifelsfällen ist die vorwiegend benutzte Wohnung dort, wo der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen der Personen liegt. Nach dieser Vorschrift kommt es bei einer - wie hier - nicht verheirateten Person für die Bestimmung einer Wohnung als Hauptwohnung darauf an, ob diese vorwiegend - also zeitlich überwiegend - genutzt wird. Das hat die Beklagte hier zutreffend festgestellt, sodass die daraus gezogene Schlussfolgerung, dass die Unterkunft in F-Stadt melderechtlich als Hauptwohnung zu qualifizieren war, zutrifft.

28

Maßgeblicher Umstand für die Feststellung der „vorwiegenden Benutzung" einer Wohnung ist allein die quantitative Berechnung und ein Vergleich der jeweiligen Aufenthaltszeiten. Eine Gewichtung der Aufenthaltszeiten durch die Bildung von prägenden Vergleichszeiträumen findet nicht statt (BVerwG aaO Rn 15 mit weiteren Nachweisen). Auch der Schwerpunkt der Lebensbeziehungen spielt insoweit keine Rolle. Auf diesen kommt es nur an, wenn der Vergleich der Aufenthaltszeiten zu keinem Ergebnis führt, was hier nicht der Fall ist.

29

Bei verheirateten erwerbstätigen Einwohnern kann von der Regelvermutung ausgegangen werden, dass die Wohnung am Ort der Arbeitsstätte - auf die Dauer eines Kalenderjahres bezogen - vorwiegend benutzt wird und damit Hauptwohnung ist. Diese Vermutung ist allerdings widerlegbar (Süßmuth aaO § 22 BMG Rn 20). Bei ledigen Personen, die sich in der Ausbildung befinden, kommt es darauf an, ob die Angaben zu den Wohnverhältnissen plausibel sind (Süßmuth aaO § 22 BMG Rn 21 f).

30

Bei einem Vergleich der Aufenthaltszeiten ist insoweit zu pauschalieren, als eine Berechnung von ganzen Tagen (also nicht von Tagesbruchteilen) erfolgt, so dass die Tage, an denen die Offiziersanwärter nach Hause fahren, dem Aufenthalt in F-Stadt dann zuzurechnen sind, wenn die Betroffenen sich dort länger aufhalten als am Heimatort. Dahinter steht die Erwägung, dass aus Gründen der Verwaltungspraktikabilität insofern eine Pauschalierung und Typisierung der Lebensverhältnisse der Meldepflichtigen erfolgt, um einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden (VGH Baden-Württemberg, U.v.21.4.1992 - 1 S 2186/91 - juris Rn 23). Die mit der Vereinfachung des Maßstabs verbundenen Einbußen an Genauigkeit sind dann verhältnismäßig, wenn diese nur zu geringfügigen Nachteilen auf Seiten der betroffenen Person führen. Das ist hier der Fall. Grundrechte werden nicht in erheblichem Ausmaß berührt. Die Freizügigkeit ist nicht beeinträchtigt, weil die Meldepflicht lediglich die rechtliche Konsequenz aus dem faktisch überwiegenden Aufenthalt an einem Ort ist. Auch das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung wird nicht verletzt (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 15.3.1992 - 1 BvR 1296/92 - juris und DVBl. 1993, 601). Auch andere Konsequenzen der Qualifikation einer Wohnung als Hauptwohnung (Wahlrecht, Zweitwohnungssteuer, Trennungsgeld) sind lediglich die Folge der „vorwiegenden“ Nutzung. Derartige mittelbare Auswirkungen auf die betroffenen (Grund-) Rechte sind Konsequenz des in der Rechtsprechung mittlerweise einhellig anerkannten objektiven Hauptwohnungsbegriffs (Süßmuth aaO § 21 Rn 8 mit weiteren Nachweisen). Daher sind die aus einer Pauschalierung folgenden eventuellen Nachteile im Interesse eines für die Verwaltung praktikablen Maßstabs hinzunehmen.

31

Für die Beantwortung der Frage, welche der Wohnungen die „vorwiegend benutzte“ Wohnung ist, muss weiterhin berücksichtigt werden, dass im Normalfall eine Prognose erforderlich ist, da die Meldung gemäß § 11 Abs. 1 LMG innerhalb von zwei Wochen nach Bezug der Wohnung erfolgen soll. Das hat zur Folge, dass zu Beginn des absehbaren Nutzungszeitraumes abzuschätzen ist, auf welche der beiden Wohnungen die überwiegenden Zeitanteile entfallen. Eine solche Schätzung ist notwendiger Weise mit Unsicherheiten belastet, die sich daraus ergeben, dass die tatsächlichen Anwesenheitszeiten von der Erwartung oder Planung (hier der Ausbildung) abweichen können. Für die Prognose ist daher die geplante Anwesenheitszeit zugrunde zu legen. Das bedeutet für die Teilnehmer des Offizierslehrganges, dass der den Teilnehmern zu Beginn mitgeteilte Ablauf der Ausbildung mit seinen Ausbildungsabschnitten, die teilweise in F-Stadt und teilweise außerhalb stattfinden, zugrunde zu legen ist. Sollten Soldaten sich weigern, Einzelheiten zu den ihnen mitgeteilten Ausbildungsabschnitten der Beklagten mitzuteilen, ist die Beklagte berechtigt, ihre Erkenntnisse aus der langjährigen Erfahrung mit den Offizierslehrgängen in F-Stadt - so wie hier ihre Erkenntnisse aus einem Parallelverfahren - zugrundezulegen, muss diese allerdings auch offen legen, damit die betroffenen Soldaten dazu Stellung nehmen können. Grundsätzlich obliegt es dem jeweiligen Soldaten, der Beklagten die Umstände mitzuteilen, die für die Prognose relevant sind, weil es sich um Tatsachen handelt, die in seiner Sphäre liegen, zu der die Beklagte keinen Zugang hat. Sofern die Betroffenen ihrer Mitwirkungspflicht (§ 16 LMG) nicht nachkommen, müssen sie die sich daraus ergebenden Nachteile tragen. In einem Parallelverfahren hat die Marineschule auf Nachfrage des Gerichts mitgeteilt, dass es Angelegenheit der Soldaten sei, ihre An- und Abwesenheitszeiten der Beklagten mitzuteilen. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemachten Sicherheitsbedenken sind, soweit sie - wie hier - vergangene Zeiträume betreffen, nicht nachvollziehbar.

32

Aus dem Umstand, dass (gemäß § 11 Abs. 1 LMG) zu Beginn des Offizierslehrgangs in F-Stadt die Frage der vorwiegenden Nutzung der Unterkunft (im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 LMG) zu klären ist, folgt, dass die Prognose auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt vorhandenen Erkenntnisse zu treffen ist. Sollten sich die Ausbildungsabschnitte und/oder die Anwesenheitszeiten eines Soldaten anders entwickeln als erwartet, wird dadurch nicht die Prognose falsch, sondern besteht gegebenenfalls Anlass, ab dem Zeitpunkt der Änderung den melderechtlichen Status anzupassen.

33

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass regelmäßig am Freitag um 12.00 Uhr Dienstschluss ist. Das bedeutet, dass auf dieser Grundlage der Freitag dem Aufenthalt in F-Stadt zuzuschlagen ist, weil - ausgehend von der Abfahrt in F-Stadt um 12.00 Uhr - angesichts der Fahrzeit bis zum Heimatort am Freitag weniger Zeit am Heimatort verbracht wird als in F- Stadt. Der Umstand, dass an einigen Tagen früher als 12.00 Uhr Dienstschluss ist und teilweise auch Dienstzeitausgleich in der Form gewährt wird, dass die Heimreise schon am Donnerstag angetreten werden kann, muss im Rahmen der Prognose von der Beklagten berücksichtigt werden, soweit ihr hierzu - schon bei der Prognoseentscheidung - verlässliche Umstände bekannt sind.

34

Der von der Beklagten berücksichtigte Ausbildungsplan sieht vor, dass in F-Stadt 6 Monate Offiziersausbildung, 6 Wochen Grundausbildung und 6 Wochen Nautische Basis stattfinden, auswärtige Ausbildungsabschnitte finden statt auf dem Schulschiff „Gorch Fock" für 6 Wochen, Praktikum Bordbetrieb für 18 Wochen und „Infanteristische Basis" für 6 Wochen. Diese Ausbildungsabschnitte sind der Beklagten und dem Gericht in einem Parallelverfahren bekannt gegeben worden. Sie sind in der mündlichen Verhandlung erörtert worden, der Vertreter des Klägers hat gegen die inhaltliche Richtigkeit keine Einwände erhoben. Schon daraus ergibt sich, selbst wenn in dem Offizierslehrgang ein 5-wöchiges Bordpraktikum eingeschlossen sein sollte, für den ein Jahr dauernden Offizierslehrgang ein überwiegender Aufenthalt in F-Stadt. Dieser generalisierenden - auf den Ausbildungsplan bezogenen, also individuelle Umstände nicht berücksichtigenden - Bewertung der Aufenthaltszeiten liegt zu Grunde, dass die Heimfahrttage dem Aufenthalt in F-Stadt zuzurechnen sind, weil die Beklagte insoweit zu Recht von dem generellen Dienstschluss um 12:00 Uhr ausgeht, weil der Kläger keine anderen Umstände nachgewiesen hat. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass während der Ausbildungsfahrten (mit der „Gorch Fock" oder im Einsatzausbildungsverband) Wochenendaufenthalte zuhause nicht möglich sind. Bei generalisierender Betrachtung sind außerdem die den Soldaten zustehenden Urlaubstage sowie Feier-und Brückentage einzubeziehen. Außerdem kommt Dienstzeitausgleich in Betracht, wenn im Prognosezeitpunkt hierzu hinreichend gesicherte Erkenntnisse bestehen.

35

Eine genauere Berechnung anhand der vom Kläger mitgeteilten Jahresübersicht (Anlage K 4) ergibt folgendes:

36

Im Jahr 2013 (27. bis 52. Kalenderwoche) fanden (bis zur 42. Kalenderwoche) zehn Wochen Offizierslehrgang in F-Stadt statt (50 Tage). Die 51. und 52. Kalenderwoche hat der Kläger mit „StudEinw/Urlaub" sowie „Erholungsurlaub" bezeichnet. Bis zum Abschluss der 43. Kalenderwoche hatte der Kläger somit die Gelegenheit zu 17 Wochenend-Heimfahrten. Dabei wird unterstellt, dass dem Kläger bei dem Lehrgang in ebenfalls Wochenend-Heimfahrten ermöglicht wurden. Daraus ergeben sich 34 Tage in A-Stadt. Hinzu zu zählen sind der Erholungsurlaub in der 52. Kalenderwoche (7 Tage), die Wochenenden jeweils am Ende der 50. und 51. Kalenderwoche (vier Tage) sowie (geschätzt) 2 Tage der 51. Kalenderwoche. Daraus ergeben sich insgesamt 47 Tage in A-Stadt. Somit ergibt sich aus dieser Übersicht des Klägers für die zweite Hälfte des Jahres 2013 ein überwiegender Aufenthalt in F-Stadt.

37

Für die zweite Hälfte des Lehrgangs (1. bis 25. Kalenderwoche) ergibt sich ein Aufenthalt in A-Stadt an 47 Tagen (7 Tage Erholungsurlaub sowie 20 Wochenenden je zwei Tage). Die vom Kläger als „Offizierlehrgang …" bezeichnete Zeit ergibt eine Summe von 80 Tagen (16 Wochen mit je fünf Tagen). Wenn diese Zeit als Aufenthalt in der Marineschule in F-Stadt gewertet würde, ergäbe sich daraus ebenfalls ein überwiegender Aufenthalt in F- Stadt. Wenn das Vorbringen des Klägers, er habe die Wohnung in … gemietet, um sich besser auf die Prüfungen vorbereiten zu können, dahingehend zu verstehen ist, er habe sich in der von ihm bezeichneten Zeit allenfalls tagsüber zur Dienstzeit in der Marineschule aufgehalten, ergibt sich daraus im Verhältnis zur Wohnung in A-Stadt ein überwiegender Aufenthalt in …. Damit wäre diese die "vorwiegend benutzte Wohnung" im Sinne von § 14 Abs. 2 Satz 1 LMG. Dann wäre ab dem Zeitpunkt der Nutzung der Wohnung in … die Bestimmung der Marineschule als Hauptwohnung zu ändern. Die Bestimmung der Hauptwohnung für den Zeitraum Juli bis Dezember 2013 würde dadurch nicht berührt werden. Außerdem ergäbe sich bei beiden Varianten, dass die tatsächlichen Voraussetzungen für die Feststellung der Wohnung in A-Stadt als Hauptwohnung nicht vorliegen. Die angefochtenen Bescheide erweisen sich somit bei beiden Sachverhaltsvarianten als rechtmäßig, da die Beklagte kein Enddatum festgesetzt hat. Sie ist vielmehr zu Beginn des Prognosezeitraums zu Recht davon ausgegangen, der Kläger werde - wie alle anderen Soldaten seines Jahrgangs - die vorgesehenen Ausbildungsabschnitte (einschließlich der an der Marineschule stattfindenden) absolvieren. Da eine meldepflichtige Person jede Änderung der Hauptwohnung mitzuteilen hat (§ 14 Abs. 4 Satz 2 LMG), bleibt ein Meldestatus aufrechterhalten bis der Meldebehörde eine derartige Änderung bekannt wird.

38

Die von der Beklagten in der ersten Hälfte des Lehrgangs vorgenommene Bestimmung der Unterkunft in der Marineschule als Hauptwohnung war somit rechtmäßig und wird von dem (durch den Vermieter bestätigten) Vorbringen des Klägers, er habe ab Anfang Januar 2014 eine Wohnung in Handewitt gemietet, nicht berührt.

39

Die Klage ist daher abzuweisen.

40

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 i.Vm. §§708 Nr. 11, 711 ZPO.


(1) Eine Meldepflicht nach § 17 Absatz 1 und 2 wird nicht begründet, wenn eine Person, die für eine Wohnung im Inland gemeldet ist, eine Gemeinschaftsunterkunft oder eine andere dienstlich bereitgestellte Unterkunft bezieht, um

1.
Wehrdienst nach dem Wehrpflichtgesetz oder freiwilligen Wehrdienst nach dem Soldatengesetz zu leisten,
2.
Bundesfreiwilligendienst nach dem Bundesfreiwilligendienstgesetz zu leisten,
3.
Zivildienst nach dem Zivildienstgesetz zu leisten,
4.
eine Dienstleistung nach dem Vierten Abschnitt des Soldatengesetzes zu erbringen,
5.
Dienst bei der Bundeswehr als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit oder Vollzugsdienst bei der Bundes- oder der Landespolizei zu leisten, sofern die Unterkunft für nicht länger als zwölf Monate bezogen wird,
6.
als Angehörige des öffentlichen Dienstes an Lehrgängen oder Fachstudien zur Aus- oder Fortbildung teilzunehmen.

(2) Wer im Inland nach § 17 oder § 28 gemeldet ist und für einen nicht länger als sechs Monate dauernden Aufenthalt eine Wohnung bezieht, muss sich für diese Wohnung weder an- noch abmelden. Wer nach Ablauf von sechs Monaten nicht aus dieser Wohnung ausgezogen ist, hat sich innerhalb von zwei Wochen bei der Meldebehörde anzumelden. Für Personen, die sonst im Ausland wohnen und im Inland nicht nach § 17 Absatz 1 gemeldet sind, besteht diese Pflicht nach Ablauf von drei Monaten.

(3) Die Ausnahme von der Meldepflicht nach Absatz 2 gilt nicht für

1.
Spätaussiedler und deren Familienangehörige, wenn sie nach § 8 des Bundesvertriebenengesetzes verteilt werden, und
2.
Asylbewerber oder sonstige Ausländer, die vorübergehend eine Aufnahmeeinrichtung oder eine sonstige zugewiesene Unterkunft beziehen.
Die Meldepflicht nach Absatz 2 in Verbindung mit Satz 1 Nummer 2 kann erfüllt werden, indem die für die Erfassung von Personen in den Aufnahmeeinrichtungen zuständige Stelle der Meldebehörde die für die Anmeldung notwendigen Daten in Form einer Liste übermittelt. Statt einer Liste kann auch eine Kopie der ausländerrechtlichen Erfassung übermittelt werden. Eine elektronische Übermittlung ist in beiden Fällen zulässig.

(4) Für eine Person, der durch eine richterliche Entscheidung die Freiheit entzogen ist, begründet § 17 Absatz 1 keine Meldepflicht, solange

1.
der Vollzug der Freiheitsentziehung drei Monate nicht überschreitet oder
2.
die betroffene Person im Inland nach § 17 oder § 28 gemeldet ist und der Vollzug der Freiheitsentziehung die Dauer von zwölf Monaten nicht überschreitet.
Andernfalls hat die Leitung der Anstalt die Aufnahme und die Entlassung innerhalb der folgenden zwei Wochen der Meldebehörde, die für den Sitz der Anstalt zuständig ist, mitzuteilen; die betroffene Person ist zu unterrichten. Die Mitteilung enthält die in den Meldescheinen vorgesehenen Daten. Die Mitteilung ersetzt die Anmeldung nach § 23 Absatz 1.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.