Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 20. Nov. 2017 - 1 B 69/17

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2017:1120.1B69.17.00
bei uns veröffentlicht am20.11.2017

Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit es die Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt haben

Im Übrigen wird der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt.

Der Antragsteller trägt 1/7 und der Antragsgegner 6/7 der Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird bis zur Erledigung auf 50.000,-- EUR und danach auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt nach teilweiser Erledigung des Verfahrens noch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Teilrücknahme einer Waldumwandlungsgenehmigung.

2

Der Antragsteller ist Landwirt und Eigentümer von Grundflächen in dem Ortsteil xxx der Gemeinde A-Stadt. Zu den Grundflächen gehört ein Waldstück, das von landwirtschaftlich genutzten zeitweise verpachteten Flächen des Antragstellers umgeben ist. Der Antragsteller beantragte im Frühjahr 2016 bei dem Antragsgegner als untere Forstbehörde die Genehmigung zur Umwandlung der mit einer Größe von 1,9832 ha angegebenen Waldfläche in eine landwirtschaftliche Nutzung, zunächst in Ackerland, später dann im Antragsverfahren in Grünland und schließlich in Grünland/Ackerland.

3

Die untere Forstbehörde beteiligte den Kreis A als untere Naturschutzbehörde bei der gemäß § 9 Abs. 2 LWaldG im Einvernehmen mit dem Antragsgegner zu treffenden Entscheidung über die Zulassung des mit der Umwandlung des Waldes verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft. Die gegenüber dem Antragsteller von dem Antragsgegner geäußerte Vermutung, dass die Umwandlung der Waldfläche zur Beseitigung rechtlicher Hindernisse zur Errichtung von Windenergieanlagen erfolgen solle, wies der Antragsteller zurück und machte geltend, dass die beantragte Waldumwandlung die Bewirtschaftung des betroffenen Schlages deutlich verbessern werde, da die bisherige starke Beschattung der Fläche im Norden des Waldes entfallen würde, er durch die Waldumwandlung weniger Ertragseinbußen bei dem Erntegut, weniger Trocknungskosten, weniger Bodenverdichtung und eine bessere Befahrbarkeit erreichen könne. Die angebotenen Ausgleichsflächen hätten einen großen Erholungswert, während die jetzige Waldfläche keine Zuwegung für die Bevölkerung biete. Die fehlende Ausweisung eines Windvorranggebiets auf seinen Flächen beruhe auch unter Nichtberücksichtigung der Waldflächen auf einem Messfehler, deshalb habe er bei der Landesplanung einen Antrag auf Ausweisung eines Windvorranggebietes gestellt. Der Antragsteller legte in dem Verfahren auf Aufforderung ein Gutachten zur ökologischen Bewertung der Waldfläche durch die yyy GmbH vom 4. Juli 2016 vor. In dem Aufforderungsschreiben des Antragsgegners vom 23. Juni 2016 heißt es, der Antragsteller werde aufgefordert, von einem anerkannten Büro eine gutachterliche Stellungnahme und Bestandsaufnahme der Baum- und Krautvegetation und der Fauna des Waldes vorzulegen, um den Eingriff genau beurteilen zu können. In dem vorgelegten Gutachten heißt es unter anderem, dass im westlichen Randbereich der Fläche oberirdisch ein periodisch trockenfallender Quellbach verlaufe. Der Quellbach einschließlich der zugehörigen Uferbereiche sei laut Antragsteller von der vorgesehenen Waldumwandlung nicht betroffen und bleibe daher innerhalb der vorliegenden Ersteinschätzung unberücksichtigt.

4

Der Kreis A erteilte am 14. Juli 2016 sein naturschutzrechtliches Einvernehmen zur Genehmigung der Waldumwandlung und führte gegenüber dem Antragsgegner unter anderem aus, dass die Fläche kein Biotop sei. Im Wald befinde sich ein offener Vorfluter des Wasser- und Bodenverbandes, der nicht Bestandteil des Antrages und somit zu erhalten sei. Besonders geschützte Arten hätten nicht nachgewiesen werden können. Der Antragsgegner erteilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. August 2016 die Genehmigung zur Umwandlung der Waldfläche in Grünland mit der Auflage, dass das Fällen von Bäumen nur in der Zeit vom 1. Oktober bis 29. Februar eines Jahres erfolgen dürfe. Der Antragsgegner gab dem Antragsteller als Ersatzleistung auf, auf einer Fläche von 5,6826 ha Aufforstungen durchzuführen.

5

Der Antragsgegner nahm nach einer Ortsbesichtigung mit Bescheid vom 29. September 2016 die Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der Rücknahme an. Zur Begründung führte er unter anderem an, die Waldumwandlungsgenehmigung sei rechtswidrig und könne gemäß § 116 LVwG zurückgenommen werden. Gemäß § 9 Abs. 2 LWaldG entscheide die Forstbehörde im Rahmen der Entscheidung über die Waldumwandlung auch über die Zulassung des mit der Umwandlung verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft. Gemäß § 15 Abs. 5 BNatSchG in Verbindung § 9 Abs. 3 LNatSchG dürfe ein Eingriff nicht zugelassen werden, wenn ihm andere Vorschriften des Naturschutzrechts entgegenstünden. Dem mit der Waldumwandlung verbundenen Eingriff stehe § 30 Abs. 2 BNatSchG (Biotopschutz) entgegen. Als Folge des vorgelegten defizitären Gutachtens sei ein Quellbach mit angrenzendem bewaldetem Ufer bei der Prüfung der Zulässigkeit des Eingriffs nicht berücksichtigt worden. Dabei handele es sich um ein Biotop, das gemäß § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG gesetzlich geschützt sei. Die mit der geplanten Waldumwandlung zwangsläufig verbundene Zerstörung dieses Biotops sei gemäß § 30 Abs. 2 BNatSchG verboten und dürfe nur auf der Grundlage einer Befreiung erfolgen. Diese liege nicht vor und dürfte, da die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 67 BNatSchG) nicht gegeben seien, auch nicht erteilt werden. Der Antragsgegner führte zur Begründung weiter aus, dass die Angaben in dem von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten in vielfacher Hinsicht unvollständig bzw. unrichtig seien. In dem Gebiet sei im Zusammenhang mit einem Quellbachabschnitt im Westen der Fläche ein gesetzlich geschütztes Biotop festgestellt worden, das weder in dem Gutachten noch im weiteren Verfahren Berücksichtigung gefunden habe. Der Quellbachabschnitt sei nicht berücksichtigt worden, da der Gutachter von dem Antragsteller die Auskunft erhalten habe, dass dieser Bereich nicht von der Waldumwandlung erfasst sei, der Bereich sei jedoch durchaus von dem Antrag erfasst gewesen und müsse daher bei der fachlichen Betrachtung einbezogen werden. Auf Vertrauensschutz könne sich der Antragsteller nicht berufen, da er den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Die Genehmigung beruhe wesentlich auf den unvollständigen und unrichtigen Angaben in dem vorgelegten Gutachten. Teilweise seien die unvollständigen Angaben sogar von dem Antragsteller durch unzutreffende Angaben gegenüber dem Gutachter über das von diesem zu untersuchende Gebiet zumindest mitverursacht worden. Als Folge überwögen im Ergebnis bei einer Abwägung der betroffenen Interessen die für eine Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung sprechenden öffentlichen Belange.

6

Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und hat am 17. Mai 2017 im vorliegenden Verfahren die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung beantragt. Der Antragsteller ließ die Waldfläche im Dezember 2016/Januar 2017 durchforsten und dabei insbesondere ältere Gehölze entfernen. Er beantragte mit Schreiben vom 14. März 2017 bei dem Antragsgegner die Änderung des Fällzeitraums in der Genehmigung vom 1. August 2016 und Aufhebung der Beschränkung auf die Zeit vom 1. Oktober bis 29. Februar eines Jahres.

7

Der Antragsgegner gab dem eingelegten Widerspruch gegen die Rücknahme der Genehmigung zur Waldumwandlung mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2017 für den überwiegenden Teil der Fläche statt und beschränkte die Rücknahme auf einen näher beschriebenen und in einer Anlage dargestellten Bach, einen Waldkorridor von 20 m Breite östlich des Baches sowie auf die Gehölze westlich des Baches (ca. 0,26 ha von 1,9832 ha insgesamt). Zur Begründung führte er unter anderem aus, dass die von dem Antragsteller veranlasste Durchforstung der Waldfläche, bei der insbesondere die älteren Bäume mit Habitatqualität entnommen worden seien, zur Folge gehabt hätte, dass der größte Teil der Fläche nun kein nennenswertes Potenzial als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte für gefährdete besonders geschützte Vogelarten und Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie mehr aufweise. Eine Umwandlung des Waldes in dem im Tenor des Bescheides dargestellten Bereich würde allerdings voraussichtlich ein gesetzlich geschütztes Biotop erheblich beeinträchtigen und wäre deshalb nicht mit § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG vereinbar. Eine erhebliche Beeinträchtigung des dort gelegenen Quellbachs würde nicht erst als Folge der vom Antragsteller geplanten Verrohrung des Gewässers eintreten. Vielmehr wäre das Biotop bereits dann gefährdet, wenn es aufgrund der mit der Waldumwandlung verbundenen Entfernung der Gehölze nicht mehr ausreichend beschattet würde. Quellbereiche und die Oberläufe von Bächen bildeten einen speziellen und sehr empfindlichen Biotopkomplex. Wenn auch der eigentliche Quellbereich des betroffenen Baches, die ersten ca. 200 m, durch Verrohrung geschädigt sei, so weise doch der aus dem Rohr kommende Bach in seinem weiteren Verlauf Quellbachqualität mit Eigenschaften des Grundwassers, gleichbleibend kühl und äußerst nährstoffarm, auf, was durch bestimmte Pflanzen belegt werde. Auch mittelbare Beeinträchtigungen seien unvereinbar mit § 30 Abs. 2 BNatSchG.

8

Die Rücknahme sei nicht ermessensfehlerhaft. Insbesondere sei die untere Forstbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass die Berücksichtigung eines Vertrauensschutzes zugunsten des Antragstellers gemäß § 116 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwG nicht in Betracht komme, da der Antragsteller die Waldumwandlungsgenehmigung durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gewesen seien. Das maßgebliche Gutachten der yyy GmbH habe nicht den im westlichen Bereich gelegenen Quellbach berücksichtigt und sei insbesondere nicht auf die voraussichtlich eintretenden Folgen der Waldumwandlung für dieses Biotop eingegangen, es sei damit unvollständig gewesen. Dieses Defizit sei nicht der unteren Forstbehörde oder der unteren Naturschutzbehörde anzulasten. Die untere Naturschutzbehörde habe gefordert, von einem anerkannten Büro eine gutachterliche Stellungnahme und Bestandsaufnahme der Baum- und Krautvegetation und der Fauna des Waldes vorzulegen, um den Eingriff genau beurteilen zu können. Gefordert sei damit eine umfassende Erhebung und Begutachtung der gesamten Umwandlungsfläche, nicht nur für einen Teilbereich. Die Ursache für die Unvollständigkeit des Gutachtens liege somit in der Sphäre des Antragstellers, der den Auftrag zur Erstellung des Gutachtens nur eingeschränkt erteilt habe.

9

Selbst wenn man bereits im Rahmen des Rücknahmeermessens entgegen dem Wortlaut des § 116 Abs. 3 LVwG Vertrauensschutz berücksichtigen würde, wäre das Vertrauen des Antragstellers in den umfassenden Fortbestand der Genehmigung bei einer Abwägung mit den betroffenen öffentlichen Interessen nicht schutzwürdig. Zwar wäre zu berücksichtigen, dass der Fortbestand des Biotops und der angrenzenden Gehölzbereiche ihn an der geplanten landwirtschaftlichen Nutzung dieser Fläche als Grünland bzw. Ackerland hindern würde. Davon betroffen sei jedoch nur eine relativ kleine Fläche von ca. 0,26 ha. Auch die vom Antragsteller mit der Waldumwandlung angestrebte Beseitigung der starken Beschattung seiner Ackerflächen im Norden werde trotz der teilweisen Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung weitgehend zu erreichen sein. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass bei einer nur teilweisen Rücknahme die vom Antragsteller im Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung investierten Kosten nicht vergeblich aufgewendet worden seien. Auf der anderen Seite würde bei einen vollständigen Verzicht auf die Rücknahme ein gesetzlich geschütztes Biotop erheblich beeinträchtigt werden. Als Folge der getroffenen Entscheidung reduziere sich die vom Antragsteller vorzunehmende Ersatzaufforstung um 0,78 ha. Die vom Antragsteller zu tragende Kostenlast betrage 13,7 %.

10

Der Antragsteller erhob am 14. August 2017 zum Aktenzeichen 1 A 333/17 Klage gegen den Antragsgegner mit dem Antrag festzustellen, dass die mit Schreiben vom 14. März 2017 beantragte Genehmigung auf Änderung des Fällzeitraums zur Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 als erteilt gelte. Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 4. Mai 2017 eine Änderung der in der Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 festgelegten Ersatzaufforstungsfläche beantragt. Mit Schreiben vom 5. August 2017 vertrat er die Auffassung, dass dieser Antrag als genehmigt gelte. Mit Bescheid vom 11. August 2017 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab, den dagegen eingelegten Widerspruch wies er mit Widerspruchsbescheid vom 28. August 2017 zurück. Der Antragsteller erhob dagegen am 21. September 2017 zum Aktenzeichen 1 A 394/17 Klage. Der Antragsteller hatte bereits nach Erhalt der Waldumwandlungsgenehmigung am 18. August 2016 bei dem Kreis A als untere Wasserbehörde einen Antrag auf Genehmigung der Verlegung des auf der betroffenen Waldfläche befindlichen Teilstücks des Neben-Vorfluters P9, der von den Behörden in dem offenen Bereich im Wald als Quellbach bezeichnet wird, gestellt. Der Antragsteller teilte der untere Wasserbehörde mit Email vom 7. Juli 2017 mit, dass er nunmehr die beantragte Maßnahme durchgeführt und den Stopfen, mit dem bisher die neue Rohrleitung verschlossen worden sei, entfernt habe, so dass das Wasser durch die neue Rohrleitung fließe. Der Kreis A ordnete mit Bescheid vom 24. Juli 2017 gemäß § 2 Abs. 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 8 LNatSchG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG an, die Entwässerung des Quellbachs inklusive der uferbegleitenden Vegetation dauerhaft zu unterbinden. Gleichzeitig ordnete er für die Aufhebung der Entwässerung des Bachs die sofortige Vollziehung an. Den dagegen eingereichten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wies die Kammer mit rechtskräftig gewordenen Beschluss vom 11. September 2017 – 1 B 128/17 – zurück.

11

Der Antragsteller hat am 15. August 2017 zum Aktenzeichen 1 A 334/17 insoweit Klage erhoben, als die Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung noch aufrechterhalten wurde, entsprechend hat der Antragsteller seinen Antrag im vorläufigen Rechtsschutzverfahren angepasst.

12

Er macht im vorliegenden Verfahren geltend, der Bach und eine Verrohrung des Gewässers sei zu keinem Zeitpunkt Gegenstand des Waldumwandlungsgenehmigungsantrags gewesen. Dies belege die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde gegenüber dem Antragsgegner, in der es heiße, im Wald befinde sich ein offener Vorfluter, der nicht Bestandteil dieses Antrags und somit zu erhalten sei. Die untere Naturschutzbehörde unterscheide zwischen dem Wald und dem Vorfluter/Bach und sehe diese nicht als untrennbar miteinander verbunden an. Die Stellungnahmen und die Absprachen zwischen der unteren Naturschutzbehörde und dem Antragsteller bezüglich des Vorgehens (1. Waldumwandlung, 2. Vorfluter) seien bei der Rücknahme der Genehmigung nicht berücksichtigt worden. Vielmehr sei der Antragsgegner davon ausgegangen, dass der Antragsteller bereits mit der Genehmigung der Waldumwandlung auch den Vorfluter verrohren wolle. Er gehe insoweit von einem falschen Sachverhalt aus. Der Antragsgegner versuche im Übrigen eine bloße Beeinträchtigung zu einer erheblichen Beeinträchtigung aufzubauschen. Es handele sich nicht um einen Quellbach, da sich eine Quelle in dem gesamten Verlauf nicht befinde. Es gebe in dem Bereich keine Quelle. Die Bezeichnung als Quellbach erwecke einen falschen Eindruck. Es würde lediglich das Regenwasser von der Gemeindestraße und das Wasser von einzelnen Drainagen abgeführt. Das Gewässer falle im Jahresverlauf nicht nur im Sommer trocken. So heiße es in einem Vermerk des Antragsgegners nach einer Ortsbesichtigung, dass die bereits durchgeführte starke Entwässerung des Waldes alle Laichhabitate für Amphibien beseitigt habe. Auch die Behauptung im Widerspruchsbescheid, dass die Bäume angeblich erforderlich seien, um den Vorfluter/Bach zu ernähren, stünden im krassen Gegensatz zu den Ausführungen in dem Vermerk des Antragsgegners vom 27. September 2016, in dem es heiße, dass grundsätzlich davon auszugehen sei, dass der Wald aufgrund der starken Eutrophierungs- und Entwässerungseinflüsse weniger artenreich sei. Nun müssten angeblich die Bäume dem Vorfluter Nährstoffe von außen herbeiführen. Zu beachten sei, dass die krautige uferbegleitende Vegetation zum Großteil aus dem Pestwurz bestehe, der im Sommer mit seinen großen Blättern bereits eine starke Beschattung bewirke. Nach den Ausführungen des Antragsgegners sei es charakteristisch, wenn sich das Wasser in den Sommermonaten mit zunehmender Entfernung von der „Quelle“ erwärme. Dies würde bedeuten, dass sich bei fehlender Vegetation die Temperaturzonen lediglich etwas weiter zur Quelle hin verschieben würden. Dieser Umstand stelle indessen keine erhebliche Beeinträchtigung des Bach-Biotops dar.

13

Es sei mittlerweile unstrittig, dass sich die bisher nicht aufgehobene Rücknahme lediglich auf den Waldkorridor von 20 m Breite östlich des Baches sowie hinsichtlich der Gehölze westlich des Baches beziehe. Der zuvor mit einbezogene „Quellbach“ sei somit von der Waldumwandlungsgenehmigung nicht betroffen. Der von dem Antragsgegner konkretisierte Waldkorridor stehe mit dem Biotop „sonstiger naturnaher Bach“ in keiner untrennbaren Verbindung. Es gebe keinen Biotoptyp Bach mit bewaldetem Ufer. Es sei mehr als konstruiert, wenn der Antragsgegner anführe, dass die Beschattung für das Biotop erforderlich sei. Es sei übertrieben zu behaupten, dass als Folge der Waldumwandlung ein gesetzlich geschütztes Biotop sofort und endgültig beeinträchtigt, wenn nicht sogar zerstört würde. Bei der Biotopkartierung vom 21. Juni 2017 fehle im Gegensatz zur Kartierung aus dem Jahre 1986 ein Hinweis auf das Trockenfallen des Baches. Der Bach sei schon vor dem sogenannten „Umschluss“ etwa im April 2016 ausgetrocknet gewesen.

14

Der Antragsgegner versuche für das lediglich 193 m² große Biotop eine insgesamt ca. 2.600 m² große Fläche unter Schutz zu stellen. Für einen Umgebungsschutz in dieser Größe gebe es keine Grundlage; dies ergebe sich auch aus dem internen E-Mail-Verkehr des Antragsgegners und des Ministeriums. Ein Umgebungsschutz sei gesetzlich nicht vorgesehen. Aus der vorgelegten Kartierung ergebe sich, dass sich der bachbegleitende gewöhnliche Pestwurz teilweise in dem Bereich des gesetzlich geschützten Biotops „sonstiger naturnaher Bach“ und teilweise außerhalb des Biotop-Bereichs in dem angrenzenden höher gelegenen Waldbereich befinde, während sich der „bachbegleitende Gehölzsaum“ aus Esche und Erle ausschließlich außerhalb des Biotop-Bereichs in dem angrenzenden höher gelegenen Waldbereich befinde. In dem Biotopbereich stehe kein einziger Baum. Ein sonstiger naturnaher Bach könne sehr wohl auch ohne Wald bestehen. Die von dem Antragsgegner in einer gemeinsamen Stellungnahme genannten Arten Bitteres Schaumkraut, Winter-Schachtelhalm, Schlüsselblume/Hohe Primel seien nicht so sehr auf den Erhalt der jetzigen Situation angewiesen, wie offensichtlich der Anschein erweckt werden solle. 2 der 3 genannten Arten kämen auch im Offenland vor. Eine Temperaturerhöhung hätte keinen negativen Einfluss auf diese Arten. Auch in punkto Feuchtigkeit würde sich keine gravierende Änderung ergeben. In der Stellungnahme fehle der gewöhnliche Pestwurz. Dieser könne auch ohne Bäume problemlos existieren.

15

Es sei unzutreffend, dass er im Genehmigungsverfahren unvollständige bzw. unzutreffende Angaben getätigt habe. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen sei nur eine Stellungnahme der unteren Forstbehörde eingeholt worden, die die geltend gemachten Absprachen zwischen ihm und der unteren Naturschutzbehörde bestreite. Mit dem Mitarbeiter der zuständigen unteren Naturschutzbehörde sei jedoch das schrittweise Vorgehen besprochen worden. Er habe auch nicht indirekt unrichtige oder unvollständige Angaben getätigt. Sollte dies doch der Fall gewesen sein, so hätten die handelnden Behörden, insbesondere die untere Naturschutzbehörde, dies mit zu verantworten. Er sei davon ausgegangen, dass der Wald und der Bach „2 Paar Schuhe“ seien. Diese laienhafte Einschätzung entspreche auch exakt der rechtlichen Realität. Der Bach sei nicht Teil des Waldes. Eine Untersuchung des Waldes, ohne Berücksichtigung des Baches, stelle somit keine Reduzierung des Untersuchungsbereichs dar. Die Existenz des Baches und die Tatsache, dass es sich laut Biotopkartierung um ein gesetzlich geschütztes Biotop handele, sei den Behörden spätestens seit Ende Mai 2016 bekannt gewesen. Ende Mai 2016 sei ein entsprechender Auszug von der unteren Naturschutzbehörde an den Antragsgegner gesandt worden. Er habe davon ausgehen müssen, dass nur der Wald und nicht der Bach begutachtet werden müsse. Es stelle sich auch die Frage, warum die Behörden nicht die ausdrücklich als ökologische Ersteinschätzung bezeichnete Stellungnahme umgehend zurückgewiesen hätten. Der Antragsgegner sei in der Erteilung des Einvernehmens der unteren Naturschutzbehörde noch einmal ausdrücklich auf den Bach aufmerksam gemacht worden. Wie der Antragsgegner auf der Basis dieser Sachlage behaupten könne, dass einzig und allein der Antragsteller die Verantwortung dafür trage, dass die Behörden nicht das geforderte Gutachten bekommen hätten, sei nicht nachvollziehbar. Da dem Antragsgegner bekannt gewesen sei, dass der Antragsteller im Vertrauen auf den Bestand der Genehmigung bereits umfangreiche Vermögensdispositionen getätigt habe, bleibe aus Sicht des Antragsgegners nur noch die Möglichkeit, ihm den Anspruch auf Vertrauensschutz abzusprechen, indem man ihm unterstellt habe, in wesentlicher Beziehung unrichtige oder unvollständige Angaben gemacht zu haben.

16

Auch die im Widerspruchsbescheid vorgenommene Abwägung der betroffenen Belange sei fehlerhaft erfolgt. Es sei nicht berücksichtigt worden, dass es einen großen Unterschied darstelle, ob sich innerhalb einer landwirtschaftlichen Fläche de facto eine „Insel“ nicht landwirtschaftlich nutzbarer Fläche befinde oder nicht. Der Effekt einer durchgehenden Bewirtschaftung sei aber beträchtlich und werde durch die vermeintlich geringe Größe einer verbleibenden „Insel“ nicht adäquat wiedergegeben es sei zutreffend, dass die angestrebte Beseitigung der starken Beschattung trotz einer teilweisen Rücknahme weitgehend zu erreichen sein werde. Es hätte bei der Abwägung die Insellage und die nicht erhebliche Beeinträchtigung des Bach-Biotops berücksichtigt werden müssen. Der Antragsgegner habe nicht die erheblichen Vermögensdispositionen, die er bereits im Hinblick auf die bestandskräftige Genehmigung getätigt habe, bei der Abwägung berücksichtigt.

17

Der Antragsteller beantragt,

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die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 13.10.2016 gegen die Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 29.9.2016 auch hinsichtlich des im Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 18.7.2017 konkretisierten Waldkorridors von 20 m Breite östlich des Baches sowie der Gehölze westlich des Baches (näher bezeichnet in den Anlagen 1 und 2 des Widerspruchsbescheides) wiederherzustellen.

19

Im Übrigen hat der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt.

20

Der Antragsgegner beantragt,

21

den Antrag zurückzuweisen, soweit der Antragsteller diesen aufrecht erhält

22

Er ist der Auffassung, nach wie vor stehe ein überwiegendes öffentliches Interesse der mit dem Antrag angestrebten sofortigen Umsetzung der Waldumwandlung entgegen. Als Folge der gewünschten Waldumwandlung werde im Vorgriff einer endgültigen Klärung im Hauptsacheverfahren entgegen § 30 Abs. 2 BNatSchG ein gesetzlich geschütztes Biotop sofort und endgültig zumindest erheblich beeinträchtigt. Sollte sich die Annahme, dass die Erhaltung des Waldes zur Erhaltung eines gesetzlich geschützten Biotops zwingend erforderlich sei, hingegen als unzutreffend erweisen, entstünden dem Antragsteller aufgrund der verzögerten landwirtschaftlichen Nutzbarkeit der Fläche lediglich wirtschaftliche Einbußen, die finanziell ausgeglichen werden könnten.

23

Das Gewässer sei lediglich 1-3 m breit und unter dem entscheidenden Aspekt seiner Biotopqualität abhängig von der Bewaldung in seiner unmittelbaren Umgebung. Es sei erneut eine Begutachtung der Fläche durchgeführt worden. Danach sei das Gewässer eindeutig ein gesetzlich geschütztes Biotop. Ebenso werde bestätigt, dass dieses Biotop als Folge der vom Antragsteller gewünschten umfassenden Waldumwandlung erheblich beeinträchtigt würde.

24

Es sei von dem Antragsteller zu vertreten, dass das von ihm vorgelegte Gutachten nicht auf die Konsequenzen der geplanten Waldumwandlung für das gesetzlich geschützte Biotop habe eingehen können. Aus dem Hinweis der unteren Naturschutzbehörde auf die unterschiedlichen Genehmigungsverfahren und aus der Absprache der Reihenfolge der Genehmigungen habe der Antragsteller nicht ohne weiteres schließen können und dürfen, dass der Bach und seine Uferbereiche bei der Prüfung der ökologischen Konsequenzen keine Rolle spielen würden und deshalb nicht betrachtet werden müssten. Es sei eine umfassende Stellungnahme und Bestandsaufnahme von dem Antragsteller angefordert worden.

25

Für die Entscheidung sei vor allem von Bedeutung, dass die von dem Antragsteller gewünschte Beseitigung des Waldes in dem von der Rücknahme betroffenen Bereich zu einer erheblichen Beeinträchtigung des gesetzlich geschützten Biotops führe. Die von dem Antragsteller geäußerten Zweifel seien noch einmal fachkundig von der oberen Naturschutzbehörde bewertet worden. Danach sei davon auszugehen, dass es bei einer Beseitigung des Waldes auf der streitbefangenen Fläche zu einer erheblichen Beeinträchtigung des gesetzlich geschützten Biotops kommen würde.

26

Der hier geforderten beiderseitige Pufferstreifen seien spezifisch für den hier zu schützenden Biotop/Quellbach erforderlich, um die insofern benötigten kleinklimatischen Bedingungen zu erhalten, diese Argumentation könne nicht auf die von dem Antragsteller genannten anderen gesetzlich geschützten Biotope übertragen werden.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der bislang vorliegenden Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

28

Das Verfahren ist in entsprechender Anwendung des § 92 Abs. 3 Satz 1 VwGO einzustellen, soweit es die Beteiligten für erledigt erklärt haben; aus der eingeschränkten Antragstellung des Antragsgegners ergibt sich, dass auch dieser das Verfahren im Umfang der Erledigungserklärung des Antragstellers als erledigt ansieht.

29

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat im Übrigen keinen Erfolg.

30

Der Antrag ist als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der nunmehr erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 29. September 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2017 nach § 80 Abs. 5 Satz 1 2. Alt. VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig, kann jedoch in der Sache keinen Erfolg haben

31

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung in dem angegriffenen Rücknahmebescheid vom 29. September 2016 gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Erforderlich ist dabei eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses daran, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen, zunächst nicht von den Wirkungen des angegriffenen Verwaltungsaktes betroffen zu werden, zurückzutreten hat (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Auflage 2016, § 80 Rn 85 m.w.N.). Eine solche besondere Dringlichkeit für die Zeit eines möglichen Rechtsbehelfsverfahrens hat der Antragsgegner dargelegt, indem er ausgeführt hat, dass ohne die Anordnung der sofortigen Vollziehung die Gefahr bestehen würde, dass der Antragsteller die Waldumwandlung durchführt und damit vollendete Tatsachen geschaffen würden. Angesichts der Irreversibilität einer solchen Maßnahme ist damit eine besondere Dringlichkeit dargelegt, die ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Rücknahme begründen kann. Im Übrigen kommt es auf die inhaltliche Richtigkeit der Erwägungen zur Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht an. Vielmehr trifft das Gericht im Verfahren nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO unter Würdigung aller relevanten Umstände eine eigene Entscheidung über die Rechtfertigung des Sofortvollzugs.

32

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann durch das Gericht die aufschiebende Wirkung im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4, also insbesondere in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes im öffentlichen Interesse von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wurde, ganz oder teilweise wiederhergestellt werden. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei regelmäßig auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Lässt sich bei der summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (wieder-) herzustellen, weil an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, so führt dies in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelmäßig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist. Bei Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde, bedarf es neben der evidenten Rechtmäßigkeit noch eines besonderen öffentlichen Vollziehungsinteresses, das mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts in der Regel nicht identisch, sondern ein qualitativ anderes ist.

33

Lässt sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, so ergeht die Entscheidung aufgrund einer weiteren Interessenabwägung, in der zum einen die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall der Ablehnung eines Antrags und des erfolgreichen Rechtsbehelfs in der Hauptsache gegenüberzustellen sind. Bei dieser Interessenabwägung ist jeweils die Richtigkeit des Vorbringens desjenigen als wahr zu unterstellen, dessen Position gerade betrachtet wird, soweit das jeweilige Vorbringen ausreichend substantiiert und die Unrichtigkeit nicht ohne weiteres erkennbar ist (OVG Schleswig, Beschluss vom 13. September 1991 – 4 M 125/91 –, Rn. 14, juris).

34

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unbegründet. Die Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 ist in dem noch durch den Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2017 verbleibenden Umfang offensichtlich rechtmäßig und es besteht darüber hinaus auch tatsächlich ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Teilrücknahme. Selbst wenn man nicht von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der Teilrücknahme ausginge, so wäre sie jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig und eine nach den genannten Grundsätzen bei offenem Ausgang des Verfahrens der Hauptsache vorzunehmende weitergehende Interessenabwägung würde ebenfalls dazu führen, dass dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Rücknahmebescheides Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einzuräumen ist.

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Die Teilrücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung findet ihre rechtliche Grundlage § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG. Danach kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Satz 2 der Vorschrift kann ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

36

Auf die Rücknahme einer Waldumwandlungsgenehmigung findet die Vertrauensschutzregelung des § 116 Abs. 2 LVwG keine Anwendung, denn diese Regelung bezieht sich nur auf einen Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder dafür Voraussetzung ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat bei der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes, der nicht auf eine Geld- oder teilbare Sachleistung gerichtet ist, nach § 48 Abs. 1 und 3 VwVfG, der der Regelung des § 116 Abs. 1 und 3 LVwG entspricht, die Behörde allenfalls erst auf der Rechtsfolgenseite im Rahmen ihrer gebotenen Ermessensausübung den Schutz des Vertrauens auf den Bestand des Verwaltungsaktes mit dem öffentlichen Interesse an seiner Rücknahme abzuwägen (BVerwG, Beschluss vom 30. September 2003 - 2 B 10.03 - Buchholz 237.7 § 20 NWLPG Nr. 1 für die Rücknahme einer Prüfungsentscheidung).

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Die Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 ist in dem von der Rücknahme noch betroffenen Umfang rechtswidrig, weil insoweit die tatbestandsmäßigen gesetzlichen Voraussetzungen für eine Waldumwandlung nicht vorliegen.

38

Die Rodung eines Waldes zur Nutzung der Fläche als Grünland oder Ackerland stellt eine Umwandlung des Waldes dar, die nach § 9 Abs. 1 Satz 1 LWaldG der vorherigen Genehmigung der Forstbehörde bedarf. Nach § 9 Abs. 3 Satz 1 LWaldG ist die Genehmigung zu versagen, wenn die Erhaltung des Waldes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt. Daneben entscheidet die Forstbehörde nach § 9 Abs. 2 Satz 1 LWaldG über die Zulassung des mit der Umwandlung verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft im Einvernehmen mit der zuständigen Naturschutzbehörde. Nach § 15 Abs. 5 BNatSchG darf ein Eingriff nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen. Nach § 9 Abs. 3 LNatSchG darf abweichend von § 15 Abs. 5 BNatSchG ein Eingriff auch dann nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn andere Vorschriften des Naturschutzrechts entgegenstehen. Solche anderen Vorschriften des Naturschutzrechts sind insbesondere die Regelungen zum Schutz der Biotope, um die es vorliegend geht. Nach § 30 Abs. 2 BNatSchG sind Handlungen die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung der im Gesetz genannten Biotope führen können, verboten.

39

Der Antragsgegner ist vorliegend zu Recht davon ausgegangen, dass die Umwandlung des Waldes auf der noch streitgegenständlichen Fläche einen Eingriff in Natur und Landschaft darstellt, der nach § 9 Abs. 2 LWaldG in Verbindung mit den naturschutzrechtlichen Vorschriften, nämlich den Biotopschutzvorschriften, nicht zugelassen werden kann. Daneben kann offenbleiben, ob darüber hinaus die Genehmigung zur Waldumwandlung auf der betroffenen Fläche nach § 9 Abs. 3 Satz 1 LWaldG rechtswidrig ist, weil die Erhaltung des Waldes in diesem Bereich aus naturschutzfachlichen Gründen, die sich vorliegend mit den Gründen zum Erhalt eines Biotops in seiner bisherigen Form decken könnten, im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt.

40

Nach § 14 Abs. 1 BNatSchG sind Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können. Die Beseitigung eines weitgehend geschlossenen Baumbestandes auf einer Fläche von etwa 2.600 m² stellt sowohl eine erhebliche Beeinträchtigung der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts als auch des Landschaftsbildes dar. Bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eines Eingriffs in Natur und Landschaft wird das in einem Stufenverhältnis stehende Folgenbewältigungsprogramm der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung wirksam, das gemäß § 15 BNatSchG die Prüfung der Vermeidung, gegebenenfalls des Ausgleichs oder Ersatzes, der Abwägung oder der Ersatzgeldzahlung beinhaltet. Die Eingriffsregelung ist im Grundsatz ein auf die Auswirkungen von Vorhaben auf Natur und Landschaft zugeschnittenes Folgenbewältigungssystem. Sie ist – auch wenn ein Vorhaben bei einem verbleibenden Kompensationsdefizit im Einzelfall an der Abwägung im Rahmen der Eingriffsregelung scheitern kann – jedoch nicht primär eine Zulassungsschranke für in Natur und Landschaft eingreifende Vorhaben. Wenn nur die Bestimmungen zur Eingriffsregelung greifen und der Verursacher seinen Verpflichtungen zum Ausgleich oder Ersatz nachkommen kann, wäre eine Versagung allein aufgrund der Eingriffsregelung, auf die § 9 Abs. 2 LWaldG abstellt, ausgeschlossen. Weil aber § 9 Abs. 3 LNatSchG bei der Entscheidung über die Zulassung des Eingriffs abweichend vom Bundesrecht auch auf andere naturschutzrechtliche Vorschriften abstellt, sind auch diese bei der Entscheidung über die Zulassung des Eingriffs zur Waldumwandlung (§ 9 Abs. 2 LWaldG) zu berücksichtigen. Darüber hinaus sind Belange des Naturschutzes immer auch eigenständig von der Forstbehörde bei der Prüfung der Frage zu berücksichtigen, ob die Erhaltung des Waldes im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt (§ 9 Abs. 3 Satz 1 LWaldG).

41

Die Umwandlung des Waldes auf der streitgegenständlichen Fläche könnte zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Biotops nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG führen. Danach sind als Biotope insbesondere geschützt natürliche oder naturnahe Bereiche fließender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche. Es besteht kein Zweifel daran, dass es sich bei dem Gewässer, das in dem betroffenen Waldbereich offen fließt und zeitweise im Laufe des Jahres trocken fällt, um ein Biotop in diesem Sinne handelt. Streitig ist zwischen den Beteiligten die Frage, ob die Umwandlung des Waldes auf der streitigen Fläche von ca. 2.600 ha zu einer erheblichen Beeinträchtigung dieses Biotops führen könnte. Davon ist vorliegend jedoch auszugehen.

42

Für eine erhebliche Beeinträchtigung ist für die Feststellung des Verbotstatbestandes in § 30 Abs. 2 BNatSchG nicht gleichsam ein Wirkungsnachweis von der Behörde zu führen. Es genügt vielmehr, wenn die beabsichtigte Maßnahme – in ihrer zusammengefassten Wirkung – die Funktion eines Biotops erheblich beeinträchtigen kann. Das belegt der Wortlaut des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Für ein Verbot nach dieser Vorschrift bedarf es keiner konkret darzulegenden Beeinträchtigung. Es genügt vielmehr, dass die beabsichtigte Maßnahme diese Folge haben kann. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dies der Fall wäre, würde sie vorgenommen (Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11. September 2012 – 1 LA 40/12 –, Rn. 5, juris). Das Verbot knüpft somit an das Bestehen einer abstrakten Gefahr an; nicht vorausgesetzt ist, dass eine Zerstörung oder Beeinträchtigung tatsächlich eintritt (Kratsch/Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, Kommentar, 2. Aufl., § 30 Rn. 28). Unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips hängt dabei das Maß der zu fordernden Wahrscheinlichkeit davon ab, wie bedeutend das Biotop im Einzelfall ist und wie groß der drohende Schaden sein wird. Der Begriff „erhebliche Beeinträchtigung“ bleibt im Ausmaß hinter der Zerstörung zurück und meint eine nicht nur geringfügige und nachteilige Veränderung des Biotops, wobei eine dauerhafte Schädigung nicht erforderlich ist. Erfasst werden damit Handlungen, die den Wert und die Geeignetheit als Lebensraum und Lebensstätte für die ihm zugehörigen und auf ihn angewiesenen besonders schutzwürdigen und schutzbedürftigen Arten und Lebensgemeinschaften mindern (Endres in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 Rn. 8, 10). Vom Verbot eingeschlossen sind nicht nur unmittelbare Einwirkungen, die direkt auf den Biotopflächen vorgenommen werden, sondern auch mittelbare, die von außerhalb auf das Biotop einwirken (Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil vom 10. August 2004 – 3a A 207/02 –, Rn. 39, juris; VG Sigmaringen, Urteil vom 31. März 2004 – 5 K 1526/02 – Natur und Recht 2004, 622, 624; Endres in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 Rn. 6; Kratsch/Czybulka in Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 Rn. 37; Meßerschmidt, BNatSchG, § 30 Rn. 56; Schmidt-Räntsch in Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 Rn. 9; Gellermann in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. IV, § 30 BNatSchG Rn. 15). Es braucht vorliegend nicht darüber entschieden werden, ob weit entfernte Maßnahmen davon erfasst werden, denn es geht vorliegend um Maßnahmen, die zumindest in der unmittelbaren Umgebung des Biotops erfolgen sollen.

43

Die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des bestehenden Biotops hat der Antragsgegner nicht nur in den angefochtenen Bescheiden dargelegt, sondern noch einmal eingehend und nachvollziehbar in der Gemeinsamen Stellungnahme vom 11. August 2017 begründet. So finden sich in dem Bereich die biotoptypischen Pflanzen Bitteres Schaumkraut, Winter-Schachtelhalm sowie Schlüsselblume/Hohe Primel. Darüber hinaus finden sich als charakteristische Pflanzen für den festgestellten Biotoptyp der Bachbungen-Ehrenpreis, das Echte Mädelsüß sowie der Kriechende Hahnenfuß. Der gewöhnliche Pestwurz tritt beidseitig des Baches in bachbegleitenden Säumen von jeweils bis zu 5 m Breite auch dominant auf, es findet sich auch ein bachbegleitender biotoptypischer Gehölzsaum aus Esche und Schwarzerle. Der Antragsgegner hat für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, dass erst die Beschattung durch den umgebenden Wald zu einer gleichbleibend kühlen Temperatur führt, die ein Charakteristikum des Waldbaches ist. Wenn der Antragsgegner ausführt, dass das Bittere Schaumkraut, der Winter-Schachtelhalm und die Schlüsselblume bzw. Hohe Primel zu den Pflanzenarten gehören, die im norddeutschen Tiefland weitgehend an Wald gebunden sind bzw. vorwiegend im geschlossenen Wald vorkommen, so wird damit zugleich die Aussage des Antragstellers bestätigt, dass diese Arten im Einzelfall auch außerhalb des Waldes gedeihen können. Diese 3 Arten gehören nach der fachlichen Stellungnahme des Antragsgegners, die insoweit nicht substantiiert in Zweifel gezogen worden ist, zu den Nässezeigern, Feuchtezeigern bzw. Frische- bis Feuchtezeigern.

44

Es ist für die Kammer ohne weiteres nachvollziehbar, dass die Beschattung durch die Bäume und ein den Bach umgebender Baumbestand ein kühleres und damit feuchteres Binnenklima fördert, die die Entwicklung der feuchteliebenden Pflanzen begünstigt. Es besteht gerade auch vor dem Hintergrund, dass der Bach zeitweise im Jahresverlauf trocken fällt, die nahe liegende Gefahr, dass bei einem Ausbleiben der Beschattung und der Kühlung durch den Baumbestand der Boden durch erhöhte Verdunstung mehr austrocknet, da die erwärmte Luft mehr Feuchtigkeit aufnehmen kann, und den genannten Pflanzenarten das Überleben an dem Standort wesentlich erschwert, wenn nicht unmöglich macht. Die Breite des vorgesehenen Korridors beidseits des Baches ist erforderlich, um eine ausreichende Beschattung und eine wirksame Beeinflussung des Kleinklimas durch ein Waldbinnenklima mit kühleren und feuchteren Bedingungen zu erreichen. Damit ist die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des Biotops aufgezeigt, so dass der Verbotstatbestand des § 30 Abs. 2 BNatSchG greift.

45

Eine Ausnahme von dem Verbot des § 30 Abs. 2 BNatSchG scheidet vorliegend aus, da nach § 21 Abs. 3 LNatSchG eine Ausnahme nicht für fließende Binnengewässer möglich ist. Auch eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG kommt mangels Vorliegens der tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht in Betracht.

46

Der Antragsgegner hat das ihm bei der Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung nach § 116 Abs. 1 Satz 1 LVwG eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere hat er das Ermessen entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermessensermächtigung betätigt (§ 114 Satz 1 VwGO).

47

Im Rahmen der bei einer Ermessensentscheidung über die Rücknahme eines Verwaltungsakts erforderlichen Abwägung zwischen dem Interesse des Begünstigten an dem Bestand des Verwaltungsakts und dem öffentlichen Interesse an der Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts sollte es nach der früheren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlich sein, bei bestimmten Rechtsbereichen auch bei Verwaltungsakten, die nicht auf einen unmittelbaren geldwerten Vorteil gerichtet sind, wie etwa der Einbürgerung oder der Erteilung eines Vertriebenenausweises bei der Ermessensbetätigung über die Rücknahme, den Rechtsgedanken des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG entsprechend zu berücksichtigen, insbesondere, wenn sich an die begünstigenden Verwaltungsakte Leistungsbescheide anschließen, die eine Geldleistung vorsehen (vgl. dazu auch BVerfG, Urteil vom 24. Mai 2006 - 2 BvR 669/04 - BVerfGE 116, 24 <54> ; BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 1987 - 9 C 255.86 - BVerwGE 78, 139 = Buchholz 412.3 § 18 BVFG Nr. 11; Beschluss vom 10. Februar 1994 - 4 B 26.94 -, NVwZ 1994, 896 <897> = Buchholz 316 § 50 VwVfG Nr. 2). Das Bundesverwaltungsgericht betont nun aber, dass § 48 Abs. 2 VwVfG, der § 116 Abs. 2 LVwG entspricht, eine Sonderregelung für Verwaltungsakte darstellt, die eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilweise Sachleistung gewähren oder hierfür Voraussetzung sind. § 48 Abs. 3 VwVfG gestalte den Vertrauensschutz bei der Rücknahme aller rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte aus, deren Aufrechterhaltung weniger fiskalische Interessen berühre, sondern die stärker staatsbezogen seien und deren Aufrechterhaltung daher schwerer erträglich sei als in den Fällen des § 48 Abs. 2 VwVfG. Hierzu zählten insbesondere Verwaltungsakte, die eine nichtmonetäre Rechtsstellung gestalten oder feststellen. Das der Behörde in § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG eröffnete Ermessen stelle insbesondere sicher, dass dem Vertrauensschutz im Hinblick auf die nichtvermögensrechtlichen Folgen einer Rücknahme – etwa wegen eines Verlusts der Staatsangehörigkeit – Rechnung getragen werde (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2015 – 1 C 24/14 –, BVerwGE 152, 164-179, Rn. 33).

48

Bei Ermessensentscheidungen über die Rücknahme eines Verwaltungsakts kann allerdings auch außerhalb des Anwendungsbereichs des § 116 Abs. 2 LVwG berücksichtigt werden, in welcher Weise der Begünstigte auf den Bestand vertraut und hierbei bereits Belastungen auf sich genommen hat (BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 1994 – 4 B 26/94 –, Rn. 9, juris). Dabei stehen dann aber die nichtvermögensrechtlichen Folgen der Rücknahme im Vordergrund (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2015 – 1 C 24/14 –, BVerwGE 152, 164-179, Rn. 33). Zwar ist bei der im Rahmen der Ermessensausübung vorzunehmenden Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Herstellung rechtmäßiger Verhältnisse und dem Vertrauensschutz des Empfängers eines ihn begünstigenden Verwaltungsaktes, dessen Erlass er etwa durch unrichtige Angaben erwirkt hat oder dessen Rechtswidrigkeit er kannte oder hätte kennen müssen, auch der gesetzlichen Wertung des § 48 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 Nr. 1-3 VwVfG Rechnung zu tragen (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 17. Aufl., § 48 Rn. 137); dies wird häufig dazu führen, dass in diesen Fällen das öffentliche Interesse an der Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes bei der Abwägung höher zu bewerten ist. Diese Regelung schließt jedoch 'lediglich' die Zuerkennung eines Vermögensausgleichs zwingend aus, führt aber nicht zu einer strikt gebundenen Entscheidung über die Rücknahme des rechtswidrigen Verwaltungsaktes unter Außerachtlassung auch sämtlicher nicht vermögensrechtlicher Folgen der Rücknahme (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2015 – 1 C 24.14 – juris Rn. 33).

49

Der Antragsgegner hat sein Ermessen jeweils selbstständig tragend einmal unter Berücksichtigung einer entsprechenden Anwendung der Vertrauensschutzregelung des § 116 Abs. 3 Satz 2 in Verbindung mit Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 LVwG und einem danach zu unterstellenden, jedoch nicht überwiegenden Vertrauensschutz für den Antragsteller (Seite 5 letzter Absatz des Widerspruchsbescheides vom 18. Juli 2017) und einmal unter Ablehnung eines Vertrauensschutzes für den Antragsteller wegen unrichtiger Angaben (Seite 5 oberer Absatz) ausgeübt.

50

Für die Entscheidung der Kammer genügt die Feststellung, dass die erstgenannten Ermessenserwägungen des Antragsgegners fehlerfrei die Rücknahmeentscheidung tragen. Der Antragsgegner hat insoweit das Interesse des Antragstellers an den Bestand der Waldumwandlungsgenehmigung auch für diesen Bereich gewichtet und berücksichtigt, dass der Fortbestand des Biotops und der angrenzenden Gehölzbereiche den Antragsteller in diesem Bereich an der geplanten landwirtschaftlichen Nutzung hindern würden. Er hat jedoch dieses Erschwernis des Antragstellers wegen der relativ kleinen betroffenen Fläche als gering bewertet. Ebenso hat er die noch verbleibende Beschattung wegen des Verlaufs der Gehölzstreifen in Nord-Süd-Richtung als gering bewertet. Es versteht sich bei einer verbleibenden von der Waldumwandlung ausgesparten Fläche von selbst, dass insoweit keine durchgängige Bewirtschaftung möglich ist; dies muss deshalb nicht in den Ermessenserwägungen noch einmal betont werden. Erheblich für die Bewertung und Gewichtung dieser Folgen ist auch der Umstand, dass es sich insoweit nicht um Folgen handelt, die durch ein betätigtes Vertrauen des Antragstellers auf den Bestand der Waldumwandlungsgenehmigung entstanden sind, sondern schlicht um enttäuschte Erwartungen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner das öffentliche Interesse an der Beseitigung einer rechtswidrigen Waldumwandlungsgenehmigung zum Schutz eines grundsätzlich zu erhaltenden Biotops höher gewichtet.

51

Lediglich ergänzend sei erwähnt, dass bei der hier nicht mehr entscheidungserheblichen Bewertung der Frage, ob der Antragsteller die Waldumwandlungsgenehmigung durch (teilweise) unrichtige Angaben erwirkt hat, entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht zwischen Waldfläche und Biotopfläche in der Weise zu unterscheiden ist, dass die Biotopfläche, nämlich der Bach mit seiner begleitenden Vegetation, nicht zum Wald gehört. Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 LWaldG ist Wald im Sinne des Gesetzes jede mit Waldgehölzen bestückte Grundfläche. Dazu gehört nicht nur die Grundfläche, die der Stamm eines Baumes einnimmt, sondern auch die Flächen zwischen den Baumstämmen. Der Zusammenhang wird insbesondere nicht unterbrochen, wenn (gegebenenfalls bei weiterem Heranwachsen nach einer Verjüngung des Baumbestandes) überwiegend die Möglichkeit des Kronenschlusses besteht. Eine solche Möglichkeit wird durch einen lediglich 1 bis höchstens 3 m breiten Bach nicht ausgeschlossen. Größere Unterbrechungen des Zusammenhanges können allerdings nach § 2 Abs. 1 Satz 2 LWaldG trotzdem als Wald gelten. Der hier betroffene Bach stellt sich schon nach laienhafter Vorstellung als Bach im Wald dar und nicht als beiderseitige Begrenzung von 2 unterschiedlichen Wäldern. Demnach betreffen Einwirkungen auf dieses Gewässer gleichzeitig auch den Wald.

52

Selbst wenn man vorliegend nicht von einer offensichtlichen Rechtmäßigkeit der noch streitigen Rücknahme ausginge, so würde eine weitergehende Interessenabwägung ebenfalls zur Ablehnung des Antrages führen. Die Folgen, die den Antragsteller treffen, wenn zunächst der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt wird, er jedoch im Verfahren der Hauptsache Erfolg hätte, wiegen weniger schwer als die Folgen, die eintreten, wenn zunächst dem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung stattgegeben würde, die Klage in der Hauptsache jedoch keinen Erfolg hätte. Der Antragsteller wäre bei einer Ablehnung des Antrages bis zu einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache gehindert, in diesem noch verbleibenden Bereich von ca. 2.600 m² die beabsichtigte Umnutzung der Fläche in eine landwirtschaftlich genutzte Fläche vorzunehmen. Die durch die Maßnahme behauptete Erleichterung der Bewirtschaftung insgesamt und die Ertragsvermehrung wären damit für einen vorübergehenden Zeitraum nicht zu erzielen. Die Kammer räumt diesen Folgen jedoch auch angesichts der Größe der betroffenen Fläche deutlich geringeres Gewicht ein als den irreversiblen Folgen einer Biotopzerstörung auf einer Fläche von über 100 m Länge.

53

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 2 Satz 1 VwGO; wegen des erledigten Teils sind dem Antragsgegner die Kosten aufzuerlegen, da der Antrag aus dem in dem Widerspruchsbescheid genannten Gründen insoweit voraussichtlich Erfolg gehabt hätte. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG. Die Kammer hat im Hinblick auf die in diesem Verfahren zu treffende nur vorläufige, also auch nur für einen begrenzten Zeitraum wirkende Regelung, bei der Streitwertfestsetzung bis zum teilerledigenden Ereignis nicht den vollen Wert der geltend gemachten Aufwendungen zu Grunde gelegt und für die Zeit danach angesichts der noch verbleibenden deutlich geringeren streitigen Fläche nur noch einen Bruchteil dieses Betrages berücksichtigt.


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(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

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die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Im Rahmen des Kapitels 5 gilt Satz 1 nur für die §§ 39 und 40, 42 und 43.

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

Tenor

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 10.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen eine naturschutzrechtliche Wiederherstellungsanordnung.

2

Der Antragsteller ist Landwirt und Eigentümer von Grundflächen in dem Ortsteil xxx der Gemeinde A-Stadt. Zu den Grundflächen gehört ein Waldstück, das von landwirtschaftlich genutzten zeitweise verpachteten Flächen des Antragstellers umgeben ist. Der Antragsteller beantragte im Frühjahr 2016 bei dem Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein als untere Forstbehörde die Genehmigung zur Umwandlung der mit einer Größe von 1,9832 ha angegebenen Waldfläche in eine landwirtschaftliche Nutzung, zunächst in Ackerland, später dann im Antragsverfahren in Grünland und schließlich in Grünland/Ackerland.

3

Die untere Forstbehörde beteiligte den Antragsgegner als untere Naturschutzbehörde bei der gemäß § 9 Abs. 2 LWaldG im Einvernehmen mit dem Antragsgegner zu treffenden Entscheidung über die Zulassung des mit der Umwandlung des Waldes verbundenen Eingriffs in Natur und Landschaft. Die gegenüber dem Antragsteller von der unteren Forstbehörde geäußerte Vermutung, dass die Waldfläche zur Beseitigung rechtlicher Hindernisse zur Errichtung von Windenergieanlagen erfolgen solle, wies der Antragsteller zurück und machte geltend, dass die beantragte Waldumwandlung die Bewirtschaftung des betroffenen Schlages deutlich verbessern werde, da die bisherige starke Beschattung der Fläche im Norden des Waldes entfallen würde, er durch die Waldumwandlung weniger Ertragseinbußen bei dem Erntegut, weniger Trocknungskosten, weniger Bodenverdichtung und eine bessere Befahrbarkeit erreichen könne. Die angebotenen Ausgleichsflächen hätten einen großen Erholungswert, während die jetzige Waldfläche keine Zuwegung für die Bevölkerung biete. Die fehlende Ausweisung eines Windvorranggebietes auf seinen Flächen beruhe auch unter Nichtberücksichtigung der Waldflächen auf einem Messfehler, deshalb habe er bei der Landesplanung einen Antrag auf Ausweisung eines Windvorranggebietes gestellt. Der Antragsteller legte in dem Verfahren ein Gutachten zur ökologischen Bewertung der Waldfläche durch die yyy GmbH vom 4. Juli 2016 vor.

4

Der Antragsgegner erteilte am 14. Juli 2016 sein naturschutzrechtliches Einvernehmen zur Genehmigung der Waldumwandlung und führte gegenüber der unteren Forstbehörde unter anderem aus, dass die Fläche kein Biotop sei. Die untere Forstbehörde erteilte dem Antragsteller mit Bescheid vom 1. August 2016 die Genehmigung zur Umwandlung der Waldfläche in Grünland mit der Auflage, dass das Fällen von Bäumen nur in der Zeit vom 1. Oktober bis 29. Februar eines Jahres erfolgen dürfe. Die untere Forstbehörde gab dem Antragsteller als Ersatzleistung auf, auf einer Fläche von 5,6826 ha Aufforstungen durchzuführen.

5

Die untere Forstbehörde nahm nach einer Ortsbesichtigung mit Bescheid vom 29. September 2016 die Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der Rücknahme an. Zur Begründung führte sie unter anderem an, dass die Angaben in dem von dem Antragsteller vorgelegten Gutachten in vielfacher Hinsicht unvollständig bzw. unrichtig seien. In dem Gebiet sei im Zusammenhang mit einem Quellbachabschnitt im Westen der Fläche ein gesetzlich geschütztes Biotop festgestellt worden, dass weder in dem Gutachten noch im weiteren Verfahren Berücksichtigung gefunden habe. Der Quellbachabschnitt sei nicht berücksichtigt worden, da der Gutachter von dem Antragsteller die Auskunft erhalten habe, dass dieser Bereich nicht von der Waldumwandlung erfasst sei, der Bereich sei jedoch durchaus von dem Antrag erfasst gewesen und müsse daher bei der fachlichen Betrachtung einbezogen werden. Eine Befreiung vom gesetzlichen Biotopschutz für diesen Bereich wäre schon im Rahmen der Waldumwandlung notwendig gewesen.

6

Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und beantragte am 17. Mai 2017 die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung. Dieses Verfahren ist bei der Kammer unter dem Aktenzeichen 1 B 69/17 anhängig. Der Antragsteller ließ die Waldumwandlungsfläche im Dezember 2016/Januar 2017 durchforsten und dabei insbesondere ältere Gehölze entfernen. Er beantragte mit Schreiben vom 14. März 2017 bei der unteren Forstbehörde die Änderung des Fällzeitraumes in der Genehmigung vom 1. August 2016 und Aufhebung der Beschränkung auf die Zeit vom 1. Oktober bis 29. Februar eines Jahres.

7

Die untere Forstbehörde gab dem eingelegten Widerspruch gegen die Rücknahme der Genehmigung zur Waldumwandlung mit Widerspruchsbescheid vom 18. Juli 2017 für den überwiegenden Teil der Fläche statt und beschränkte die Rücknahme auf den näher beschriebenen und in einer Anlage dargestellten Quellbach, einen Waldkorridor von 20 m Breite östlich des Baches sowie auf die Gehölze westlich des Baches (ca. 0,26 ha von 1,9832 ha insgesamt). Zur Begründung führte sie unter anderem aus, dass die von dem Antragsteller veranlasste Durchforstung der Waldfläche, bei der insbesondere die älteren Bäume mit Habitatqualitäten entnommen worden seien, zur Folge gehabt hätte, dass der größte Teil der Fläche nun kein nennenswertes Potenzial als Fortpflanzungs- oder Ruhestätte für gefährdete besonders geschützte Vogelarten und Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie mehr aufweise. Eine Umwandlung des Waldes in dem im Tenor des Bescheides dargestellten Bereich würde allerdings voraussichtlich ein gesetzlich geschütztes Biotop erheblich beeinträchtigen und wäre deshalb nicht mit § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG vereinbar. Eine erhebliche Beeinträchtigung des dort gelegenen Quellbachs würde nicht erst als Folge der vom Antragsteller geplanten Verrohrung des Gewässers eintreten. Vielmehr wäre das Biotop bereits dann gefährdet, wenn es aufgrund der mit der Waldumwandlung verbundenen Entfernung der Gehölze nicht mehr ausreichend beschattet würde. Quellbereiche und die Oberläufe von Bächen bildeten einen speziellen und sehr empfindlichen Biotopkomplex. Wenn auch der eigentliche Quellbereich des betroffenen Baches, die ersten ca. 200 m, durch Verrohrung geschädigt sei, so weise doch der aus dem Rohr kommende Bach in seinem weiteren Verlauf Quellbachqualität mit Eigenschaften des Grundwassers, gleichbleibend kühl und äußerst nährstoffarm, auf, was durch bestimmte Pflanzen belegt werde.

8

Der Antragsteller erhob am 14. August 2017 zum Aktenzeichen 1 A 333/17 Klage gegen die untere Forstbehörde mit dem Antrag festzustellen, dass die mit Schreiben vom 14. März 2017 beantragte Genehmigung auf Änderung des Fällzeitraums zur Waldumwandlungsgenehmigung vom 1. August 2016 als erteilt gelte.

9

Der Antragsteller erhob am 15. August 2017 zum Aktenzeichen 1 A 334/17 insoweit Klage gegen die untere Forstbehörde, als die Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung noch aufrechterhalten wurde.

10

Der Antragsteller hatte bereits nach Erhalt der Waldumwandlungsgenehmigung am 18. August 2016 bei dem Antragsgegner als untere Wasserbehörde einen Antrag auf Genehmigung der Verlegung des auf der betroffenen Waldfläche befindlichen Teilstücks des Neben-Vorfluters P9, der von den Behörden in dem offenen Bereich im Wald als Quellbach bezeichnet wird, gestellt. Zur Begründung führte der Antragsteller aus, von dem Hauptvorfluter P des Wasser- und Bodenverbandes gehe der nur ca. 430 m lange Neben-Vorfluter P9 nach Süden ab. Dieser verlaufe fast ausschließlich über seine Flächen und zwar zum größten Teil verrohrt durch seine Ackerfläche. Ein ca. 110 m langes und ca. 1 m breites offenes Teilstück (im Wald) verlaufe über sein Flurstück 93. Er beantrage, dieses Teilstück auf seine Kosten neu zu verlegen. Dazu würde er 2 neue Schächte setzen und parallel zu dem bisherigen Teilstück eine Rohrleitung verlegen lassen. Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner nach der erklärten Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung mit Email vom 5. Oktober 2016 mit, dass die Genehmigung nach derzeitigem Stand nicht erteilt werden könne, sei ihm klar, soweit er wisse, liege dem Antragsgegner der neue Antrag inklusive detaillierter Darstellung der Ausgleichsmaßnahmen auch noch gar nicht vor. Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner mit Email vom 11. Oktober 2016 weiter mit, dass er darum bitte, den bisherigen tatsächlichen Verfahrensablauf zu dokumentieren und zählte dazu einzelne Punkte auf. Sobald dies geschehen sei, werde er seinen Antrag vom 18. August 2016 zurückziehen. Mit Email vom 25. November 2016 teilte der Antragsteller dann mit, er halte weiterhin an seinem Antrag vom 18. August 2016 fest und mit Email vom 29. November 2016 machte der Antragsteller geltend, dass es sich bei seinem Antrag vom 18. August 2016 um einen Antrag nach § 56 Landeswassergesetz (LWG) handele. Da über diesen Antrag nicht anders entschieden worden sei, gehe er davon aus, dass der Antrag gemäß § 56 Abs. 2 LWG seit dem 19. Oktober 2016 als genehmigt gelte (Genehmigungsfiktion). Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 2. Januar 2017 mit, das Vorhaben beinhalte die Verlegung eines offenen Gewässers in eine parallel verlaufende neue Rohrleitung. Dieses Vorhaben sei als Gewässerausbau einzustufen und bedürfe deshalb einer Planfeststellung oder einer Plangenehmigung nach §§ 67 und 68 Wasserhaushaltsgesetz (WHG). In diesem Verfahren sei eine Genehmigungsfiktion nicht vorgeschrieben. Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner mit Email vom 25. Februar 2017 mit, dass er die Verlegung am 23. Februar 2017 durchgeführt habe. Da es sich seit der Verlegung nun nicht mehr um einen Bach handele, beabsichtige er diesen zu verfüllen und habe eine entsprechende Genehmigung beantragt. Diesen Antrag zog der Antragsteller später nach Ablehnung der Verfüllungsgenehmigung zurück. Der Antragsteller erklärte sich mit Email vom 27. Februar 2017 und mit anwaltlichem Schreiben vom 28. Februar 2017 zu einer kurzfristigen Rückgängigmachung bereit und erbat einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

11

Der Antragsgegner als untere Wasserbehörde stellte mit Bescheid vom 8. März 2017 gegenüber dem Antragsteller fest, dass eine Genehmigungsfiktion nicht eingetreten sei. Zur Begründung führte der Antragsgegner aus, der Antragsteller sei Ende August 2016 darüber informiert worden, dass es sich um ein in das amtliche wasserwirtschaftliche Gewässerverzeichnis des Wasser- und Bodenverbandes … eingetragenes Gewässer handele, so dass der Wasser- und Bodenverband für die geplante Maßnahme zuständig sei und diese beantragen müsse. Der Vorschlag des Antragstellers im Antrag vom 18. August 2016 habe nicht einem adäquaten Ausgleich entsprochen. Ergebnis der geführten Gespräche sei gewesen, dass der Wasser- und Bodenverband den erforderlichen Antrag stellen werde. Dieses Vorgehen sei am 7. September 2016 auch mit dem Antragsteller abgestimmt worden, da nur der Wasser- und Bodenverband die Berechtigung zum Ausbau des Gewässers habe und den Ausbauantrag stellen könne. Eine von dem Antragsteller bereits vorher unterzeichnete Kostenübernahmeerklärung liege dem Wasser- und Bodenverband vor. Da es sich um einen Gewässerausbau handele, könne Rechtsgrundlage für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nur § 111 a LVwG sein, auf den § 139 Abs. 1 LVwG verweise. Ein wirksamer Verwaltungsakt in Form einer Genehmigungsfiktion liege nur dann vor, wenn über den Antrag innerhalb einer Frist von 3 Monaten nach Eingang der vollständigen Unterlagen nicht ablehnend entschieden worden sei. Die Frist beginne aber erst mit Vorlage der vollständigen Unterlagen. Dem Antragsteller sei bekannt gewesen, dass zu einem entsprechenden Antrag unbedingt auch ein Nachweis der hydraulischen Leistungsfähigkeit der neuen Rohrleitung sowie planerische und zeichnerische Unterlagen der Maßnahme und der Ersatzmaßnahme gehörten. Bei dem Antrag fehlten sowohl die erforderlichen hydraulischen Berechnungen als auch Ausführungszeichnungen der neuen Rohrleitung sowie entsprechende Unterlagen der vorgeschlagenen Ersatzmaßnahme. Die Frist für die Entscheidung sei daher noch gar nicht Gang gesetzt worden.

12

Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid vorsorglich Widerspruch ein und führte unter anderem aus, es sei besprochen worden, dass durch den Wasser- und Bodenverband ein neuer Antrag erstellt werden solle. Nicht besprochen worden sei jedoch, dass durch die etwaige Einreichung eines neuen Antrages automatisch sein alter Antrag vom 18. August 2016 ersetzt werden würde. Der Wasser- und Bodenverband sei nicht befugt gewesen, gegenüber den Behörden Erklärungen zu seinem alten Antrag abzugeben.

13

Der Antragsteller teilte dem Antragsgegner mit Email vom 7. Juli 2017 mit, dass er nunmehr die beantragte Maßnahme durchgeführt und den Stopfen, mit dem bisher die neue Rohrleitung verschlossen worden sei, entfernt habe, so dass das Wasser durch die neue Rohrleitung fließe. Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 14. Juli 2017 mit, dass die begehrte Verlegung eines Teilstücks nicht nach § 111 a LVwG fiktiv genehmigt worden sei. Es fehle an einer Anordnung der Genehmigungsfiktion in dem Fachgesetz, so dass § 111 a LVwG keine Anwendung finde. Es komme deshalb auf die Vollständigkeit der Antragsunterlagen nicht an. Die als Hinweis in dem Schreiben vom 8. März 2017 dargelegte Auffassung, dass es sich bei der Bescheinigung um einen feststellenden Bescheid handele, werde aufgegeben. Der Antragsteller sei nicht zur Durchführung der Maßnahme berechtigt. Der Antragsgegner wies daraufhin den Widerspruch gegen das Schreiben vom 8. März 2017 mit Widerspruchsbescheid vom 19. Juli 2017 als unzulässig zurück und führte zur Begründung unter anderem an, es handele sich bei dem Schreiben vom 8. März 2017 nicht um einen Verwaltungsakt. Der Antragsteller erhob dagegen Klage zum Aktenzeichen 6 A 614/17.

14

Der Antragsgegner führte durch seine untere Naturschutzbehörde am 24. Juli 2017 eine Ortsbesichtigung auf der Waldfläche des Antragstellers durch. Nach einem Vermerk des Antragsgegners vom selben Tage sei der Bach vollkommen ausgetrocknet. Mit dem bloßen Auge seien keine toten wirbellosen Tiere zu entdecken. Im Zulaufschacht, der den Bachlauf speise, seien deutliche Fließgeräusche zu hören. Das Wasser für den Bachlauf werde jetzt bewusst über die Bypassleitung umgeleitet. Nach einem weiteren Vermerk des Antragsgegners vom selben Tage sei der Antragsteller in einem Telefongespräch darauf hingewiesen worden, dass mit der Trockenlegung gegen den gesetzlichen Biotopschutz verstoßen werde. Die Frage, ob der Antragsteller bereit sei, durch den erneuten Verschluss der Bohrleitung wieder gesetzeskonforme Zustände herzustellen, sei verneint worden.

15

Der Antragsgegner ordnete mit Bescheid vom 24. Juli 2017 gemäß § 2 Abs. 4 in Verbindung mit § 11 Abs. 8 LNatSchG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG an, die Entwässerung des in einer Anlage dargestellten Quellbachs inklusive der uferbegleitenden Vegetation dauerhaft zu unterbinden und die Art der Durchführung einem Mitarbeiter anlässlich einer Abnahme spätestens 3 Tage nach Erledigung vor Ort darzustellen. Dafür werde eine Frist innerhalb von 5 Tagen nach Eingang des Bescheides gesetzt. Sollte der Antragsteller der Anordnung nicht oder nur unvollständig nachkommen, drohte der Antragsgegner ihm gemäß § § 228 in Verbindung mit §§ 235 ff. LVwG die Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 2.000,-- EUR an. Gleichzeitig ordnete der Antragsgegner für die Aufhebung der Entwässerung des Quellbachs die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung der sofortigen Vollziehung führte er unter anderem aus, dass ein eventueller Widerspruch aufschiebende Wirkung habe. Würde keine sofortige Vollziehung angeordnet, könnte der Antragsteller nach Anfechtung des Bescheides die unzulässige Entwässerung für die Dauer eines möglicherweise langwierigen Widerspruchs- und Klageverfahrens weiter fortsetzen. Darüber hinaus sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung erforderlich, da ohne die sofortige Aufhebung der Entwässerung der Quellbach inklusive der uferbegleitenden Vegetation unwiederbringlich beseitigt werden würde. Zur Begründung der Wiederherstellungsanordnung führte der Antragsgegner unter anderem aus, dass es sich bei dem Graben um ein gesetzlich geschütztes Biotop – naturnaher Bach gemäß § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 21 LNatSchG und der Biotopverordnung handele. Gemäß § 30 Abs. 2 BNatSchG seien alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung des Biotops könnten, verboten. Eine Befreiung nach § 67 BNatSchG komme nicht in Betracht, da die Entwässerung des Quellbachs nicht im überwiegenden öffentlichen Interesse liege. Eine unzumutbare Härte sei nicht erkennbar. Das Privatinteresse an der Entwässerung des Quellbachs müsse daher zurückstehen. Mit den Belangen des Naturschutzes wäre auch eine nachträgliche Erteilung einer Befreiung nicht vereinbar, da der Schutz des naturnahen Quellbachs für die standortspezifische Flora und Fauna von großer Bedeutung sei.

16

Der Antragsteller legte gegen diesen Bescheid am 31. Juli 2017 Widerspruch ein und hat am 2. August 2017 um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er macht weiterhin geltend, dass eine Genehmigungsfiktion nach § 56 Abs. 2 Satz 3 LWG in Verbindung mit § 111 a Abs. LVwG eingetreten sei, der Antrag sei insbesondere vollständig gewesen. Auch bei Annahme eines Gewässerausbaus nach §§ 67, 68 WHG sei eine Genehmigungsfiktion eingetreten, da über den Verweis in § 139 LVwG die Vorschrift zur Genehmigungsfiktion gemäß § 111 a LWG anwendbar sei. Auch insoweit seien die vorgelegten Unterlagen vollständig gewesen. Die untere Wasserbehörde und nicht die untere Naturschutzbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen habe, sei vorliegend zuständig, so dass schon aus diesem Grunde der angefochtene Bescheid offensichtlich wegen Unzuständigkeit der handelnden Behörde rechtswidrig sei. Da es hier um ein Genehmigungsverfahren nach §§ 67, 68 WHG mit entsprechender Konzentrationswirkung gehe, sei es unzulässig, wenn sich die untere Naturschutzbehörde parallel dazu direkt an den Antragsteller wende. In dem an das Gericht übersandten Verwaltungsvorgang des Antragsgegners fehlten wichtige Unterlagen, die bereits in der Antragsschrift als Anlagen beigefügt worden seien. Eine Email belege, dass sich ein Mitarbeiter der unteren Naturschutzbehörde ausdrücklich für nicht zuständig erklärt habe. Eine Email als Antwort auf eine Eingabe eines Dritten sei ebenfalls nicht in den vorgelegten Verwaltungsvorgängen enthalten. Darin teile der Leiter der unteren Naturschutzbehörde dem Dritten mit, dass ihm versichert werde, dass der Kreis alle rechtlich gebotenen Möglichkeiten ausschöpfen werde, um zumindest die mit einem Biotopstatus belegte Teilfläche langfristig zu sichern und in einem guten ökologischen Zustand zu erhalten. Daraus werde deutlich, dass es dem Antragsgegner nicht primär um eine objektive Sachentscheidung gehe, sondern um bloße Gesichtswahrung. Der Empfängerkreis dieser Email umfasse noch weitere Personen. Diese Vorgehensweise sei in einem rechtsstaatlichen Verfahren bedenklich. Es sei nicht zutreffend, dass er das Vorliegen eines Biotops nicht in Abrede gestellt habe. Vielmehr habe er in dem Verfahren 1 B 69/17 mitgeteilt, dass er das Kieler Institut für Landschaftsökologie beauftragt habe, zu dieser Frage zeitnah eine diesbezügliche gutachterliche Stellungnahme zu fertigen. Es sei auch nicht auszuschließen, dass durch die nicht genehmigungspflichtige, aber dennoch mit den Behörden abgesprochene Umleitung der Drainagen im Herbst 2016 der bisherige Zustand verändert worden sei. Ob die Einstufung der Behörden zutreffend sei, müsse noch bestätigt werden, so dass angeregt werde, die Stellungnahme abzuwarten.

17

Der Antragsteller beantragt,

18

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung vom 24. Juli 2017 wiederherzustellen.

19

Der Antragsgegner beantragt,

20

den Antrag zurückzuweisen.

21

Er ist der Auffassung, die Wiederherstellungsanordnung sei rechtmäßig, da der Antragsteller ein gesetzlich geschütztes Biotop durch die Umleitung des Wassers erheblich beeinträchtige. Ein Befreiungstatbestand nach § 67 Abs. 1 BNatSchG liege nicht vor. Eine Genehmigungsfiktion nach § 56 LWG sei nicht eingetreten und würde auch nicht die erforderliche naturschutzrechtliche Befreiung umfassen und damit die durchgeführte Maßnahme naturschutzrechtlich legalisieren. Die beantragte Maßnahme sei ein Gewässerausbau und deshalb nach den §§ 67, 68 WHG in Verbindung mit § 125 LWG planfeststellungs- bzw. plangenehmigungsbedürftig. Eine Genehmigungsfiktion gebe es in diesem Verfahren nicht. Die Vorschriften über die Genehmigungsfiktion nach § 111 a Abs. 1 Satz 1 LVwG seien nur anwendbar, wenn eine Genehmigungsfiktion durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt sei. Eine Vorschrift im Fachrecht, die bei einem Gewässerausbau anordne, dass nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist die Planfeststellung oder Plangenehmigung als erteilt gelte, gebe es nicht. Der Verweis in § 139 Abs. 1 LVwG regele über die Verweisung in § 126 Abs. 1 LWG lediglich, welche verfahrensrechtlichen Vorschriften Anwendung fänden. Da § 111 a LVwG nicht selbst normiere, bei welchen Genehmigungsverfahren eine Genehmigungsfiktion gelten solle, enthalte auch § 139 Abs. 1 LVwG nicht die Anordnung eine Genehmigungsfiktion für einen Gewässerausbau.

22

Es bestehe auch ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung, da anderenfalls eine alsbaldige irreversible Zerstörung des Biotops drohe. Das Biotop wäre bei Beendigung eines Hauptsacheverfahrens unwiederbringlich verloren.

23

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der bislang vorliegenden Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

24

Die Kammer entscheidet über den Antrag des Klägers wegen der besonderen Eilbedürftigkeit, ohne die Vorlage des für Oktober angekündigten von dem Antragsteller in Auftrag gegebenen Gutachtens abzuwarten. Der Antragsgegner hat sich auf Bitte des Antragstellers bereit erklärt, mit einem Vollzug bis zu einer Entscheidung der Kammer abzuwarten, macht jedoch substantiiert die besondere Dringlichkeit wegen einer drohenden irreversiblen Zerstörung eines Biotops geltend. Die Kammer hat auch davon abgesehen, vor der Entscheidung noch weitere Aktenbestandteile von dem Antragsgegner anzufordern, die möglicherweise Aufschluss über weitere Motive für das Einschreiten des Antragsgegners geben könnten, da die Entscheidung über eine naturschutzrechtliche Wiederherstellung weitgehend rechtlich gebunden ist.

25

Der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hat keinen Erfolg.

26

Der vorliegende Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Wiederherstellungsanordnung des Antragsgegners vom 24. Juli 2017 ist dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die in dem Bescheid angeordnete Unterbindung der Entwässerung und die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die Zwangsgeldandrohung begehrt. Hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung entfällt die aufschiebende Wirkung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. §§ 248 Abs. 1 Satz 2, 229 ff. LVwG, so dass die Kammer den Suspensiveffekt nur anordnen und nicht wiederherstellen kann.

27

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung der angegriffenen Ordnungsverfügung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. Sie entspricht den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, wonach das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO schriftlich zu begründen ist. Erforderlich ist dabei eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses daran, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen, zunächst nicht von den Wirkungen des angegriffenen Verwaltungsaktes betroffen zu werden, zurückzutreten hat. Eine solche besondere Dringlichkeit für die Zeit eines möglichen Rechtsbehelfsverfahrens hat der Antragsgegner dargelegt, indem er ausgeführt hat, dass ohne die sofortige Aufhebung der Entwässerung der Quellbach inklusive der uferbegleitenden Vegetation unwiederbringlich beseitigt werden würde.

28

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann durch das Gericht die aufschiebende Wirkung im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 4, also insbesondere in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes im öffentlichen Interesse von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wurde, ganz oder teilweise wiederhergestellt werden. In den Fällen (unter anderem) des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung des Widerspruches ganz oder teilweise anordnen. Die gerichtliche Entscheidung ergeht dabei regelmäßig auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung. Gegenstand der Abwägung sind das Aufschubinteresse des Antragstellers einerseits und das öffentliche Interesse an der Vollziehung des streitbefangenen Verwaltungsaktes andererseits. Im Rahmen dieser Interessenabwägung können auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit und die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes, der vollzogen werden soll, Bedeutung erlangen, allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte, wenn aufgrund der gebotenen summarischen Prüfung Erfolg oder Misserfolg des Rechtsbehelfs offensichtlich erscheinen. Lässt sich bei der summarischen Überprüfung die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ohne weiteres feststellen, ist sie also offensichtlich, so ist die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs (wieder-) herzustellen, weil an einer sofortigen Vollziehung eines offensichtlich rechtswidrigen Bescheides kein öffentliches Interesse bestehen kann. Erweist sich nach der genannten Überprüfung der angefochtene Bescheid als offensichtlich rechtmäßig, so führt dies in Fällen des gesetzlich angeordneten Sofortvollzuges regelmäßig dazu, dass der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen ist. Bei Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde, bedarf es neben der evidenten Rechtmäßigkeit noch eines besonderen öffentlichen Vollziehungsinteresses, das mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts in der Regel nicht identisch, sondern ein qualitativ anderes ist.

29

Lässt sich nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen summarischen Überprüfung weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, so ergeht die Entscheidung aufgrund einer weiteren Interessenabwägung, in der zum einen die Auswirkungen in Bezug auf das öffentliche Interesse in dem Fall, dass dem Antrag stattgegeben wird, der Rechtsbehelf im Hauptsacheverfahren indes erfolglos bleibt, und zum anderen die Auswirkungen auf den Betroffenen für den Fall der Ablehnung eines Antrags und des erfolgreichen Rechtsbehelfs in der Hauptsache gegenüberzustellen sind. Bei dieser Interessenabwägung ist jeweils die Richtigkeit des Vorbringens desjenigen als wahr zu unterstellen, dessen Position gerade betrachtet wird, soweit das jeweilige Vorbringen ausreichend substantiiert und die Unrichtigkeit nicht ohne weiteres erkennbar ist (OVG Schleswig, Beschluss vom 13. September 1991 – 4 M 125/91 –, Rn. 14, juris).

30

Gemessen an diesen Maßstäben ist der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes hinsichtlich Anordnung zur Unterbindung der Entwässerung und der darauf beruhenden Zwangsgeldandrohung unbegründet. Die Kammer kann dahingestellt sein lassen, ob die für sofort vollziehbare erklärte Anordnung in dem Bescheid vom 24. Juli 2017 offensichtlich rechtmäßig ist. Sie ist jedenfalls nicht offensichtlich rechtswidrig und eine nach den genannten Grundsätzen bei offenem Ausgang des Verfahrens der Hauptsache vorzunehmende weitergehende Interessenabwägung führt dazu, dass dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides Vorrang vor dem Aufschubinteresse des Antragstellers einzuräumen ist.

31

Eine Rechtswidrigkeit des Bescheides ergibt sich insbesondere nicht daraus, dass der Antragsgegner nicht sachlich zuständig wäre. Die Behörde „Landrat“ des Antragsgegners ist für eine naturschutzrechtliche Wiederherstellungsanordnung nach § 2 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG sachlich zuständig Die behördliche Zuständigkeit folgt aus dem Gesetz und den auf Grundlage des Gesetzes erlassenen weiteren Vorschriften, nicht aus Erklärungen eines Mitarbeiters der Behörde. Nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG ist für Naturschutz und Landschaftspflege zuständige Behörde (Naturschutzbehörde) auch der Landrat als untere Naturschutzbehörde. Die Kreise als Träger dieser Behörde nehmen insoweit diese Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung war. Nach § 2 Abs. 3 LNatSchG bestimmt die oberste Naturschutzbehörde, soweit die Zuständigkeit nicht in dem Gesetz geregelt sind, durch Verordnung die für die Ausführung der naturschutzrechtlichen Vorschriften zuständigen Behörden. Nach der Landesverordnung über die Zuständigkeit der Naturschutzbehörden (Naturschutzzuständigkeitsverordnung-NatSchZVO) vom 1. April 2007 (GVOBl. 2007, 227) in der ab dem 1. März 2010 gültigen Fassung sind die unteren Naturschutzbehörden zuständig, soweit es im Bundesnaturschutzgesetz, Landesnaturschutzgesetz und in den dazu ergangenen Rechtsvorschriften nicht anderes bestimmt ist. Da insoweit für eine naturschutzrechtliche Wiederherstellungsanordnung bei einem Eingriff in ein Biotop keine anderweitige Zuständigkeit bestimmt ist, ist vorliegend der Landrat als untere Naturschutzbehörde sachlich zuständig. Der Landrat ist darüber hinaus nach § 105 Abs. 1 Nr. 3 LWG auch zuständige untere Wasserbehörde. Lediglich ergänzend erwähnt sei, dass Behörde nach § 3 LVwG jede organisatorisch selbstständige Stelle ist, die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit ausübt. Keine Behörden, sondern Behördenteile sind Verwaltungseinheiten, denen die organisatorische Selbstständigkeit in dem Sinne fehlt, dass sie nicht durch eigene Entscheidungsbefugnisse zur abschließenden Erledigung von Verwaltungsvorgängen, äußerlich in Kennzeichen der Behörde, dem Briefkopf und etwa dem eigenen Schild am Dienstgebäude sowie in Form der Unterzeichnung von Schriftstücken, die ein Handeln der Behörde im eigenen Namen deutlich machen, berechtigt sind (Foerster/Friedersen/ Rohde, LVwG, Kommentar, 2016, § 3 Anm. 2). Einzelnen – eigentlich rechtlich unselbstständigen – Ämtern der Kommunalverwaltungen sind allerdings durch Rechtsvorschrift ausnahmsweise ausdrücklich eigenständige Zuständigkeiten zu gewesen. So sind nach allgemeiner Auffassung im Rahmen ihrer funktionellen Zuständigkeit das in die Kreisverwaltung eingegliederte Jugendamt gemäß § 70 SGB VIII oder das Standesamt gemäß § 51 PersStG als eigenständige Behörde anzusehen (Knack/Henneke-Schliesky, VwVfG, Kommentar, 9. Aufl. 2014, § 1 Rn. 73).

32

Eine offensichtliche materielle Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 24. Juli 2017 liegt ebenfalls nicht vor. Als Rechtsgrundlage der streitigen Anordnung kommt § 3 Abs. 2 BNatSchG in Verbindung mit § 2 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG in Betracht. Danach überwachen die für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden die Einhaltung der Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Vorschriften sowie der sonstigen naturschutzrechtlichen Vorschriften (§ 2 Abs. 4 Satz 1 LNatSchG). Sind Teile von Natur und Landschaft rechtswidrig zerstört, beschädigt oder verändert worden, ordnet die zuständige Behörde die nach § 11 Abs. 7 und 8 Satz 1-5 LNatSchG vorgesehenen Maßnahmen an (§ 2 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG). Nach § 11 Abs. 8 S. 2 LNatSchG ist der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen, wenn der Eingriff nicht zulässig ist. Die Behörde hat insoweit – gesetzlich gebunden – eine Wiederherstellungsanordnung zu erlassen, wenn die Wiederherstellung nicht freiwillig erfolgt oder anderweitig – etwa durch natürliche Sukzession – gesichert ist. Das Bundesnaturschutzgesetz regelt ebenso wie das Landesnaturschutzgesetz in seinem Kapitel 3 den allgemeinen Schutz von Natur und Landschaft und in Kapitel 4 den Schutz bestimmter Teile von Natur und Landschaft. Auf diese Teile von Natur und Landschaft bezieht sich die Eingriffsermächtigung des § 2 Abs. 4 Satz 2 LNatSchG. Zu den danach geschützten Teilen von Natur und Landschaft gehören insbesondere gesetzlich geschützte Biotope (§ 30 BNatSchG), zu denen nach § 30 Abs. 2 Nr. 1 BNatSchG natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche, gehören. Nach der Definition des § 1 Nr. 1 a BiotopV SH gehören dazu Bach- und Flussabschnitte, die keine erkennbaren oder das Gewässer und deren Umgebung nur verhältnismäßig gering beeinträchtigende Strukturveränderungen durch menschlichen Einfluss, wie z.B. durch Überbrückungen oder Viehtränken, aufweisen, einschließlich ihrer Verlandungsbereiche, ihrer Ufer und der dazugehörigen, uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer regelmäßig überschwemmten Bereiche, soweit sie in der Örtlichkeit von charakteristischer naturnaher Vegetation geprägt sind und die Überschwemmungen von einem natürlichen oder naturnahen Fließgewässer bzw. einem entsprechenden Gewässerabschnitt ausgehen, Mindestlänge des Fließgewässerabschnitts: 25 m. Der Antragsgegner hat in dem angefochtenen Bescheid nachvollziehbar dargelegt, warum es sich vorliegend um ein Biotop in diesem Sinne handeln könnte und warum die Unterbindung des Wasserzuflusses zu einer erheblichen Beeinträchtigung oder Zerstörung des Biotops führen könnte.

33

Die Kammer kann jedoch wegen der vorliegenden Eilbedürftigkeit angesichts der geltend gemachten irreversiblen Zerstörung eines Biotops nicht jeglichen Zweifeln an dem Vorliegen der letztgenannten Voraussetzungen in diesem Verfahren nachgehen, insbesondere nicht eine fachgutachterliche Stellungnahme des Antragstellers und eine mögliche fachliche Stellungnahme des Antragsgegners dazu abwarten, so dass die Entscheidung letztlich von einer weitergehende Interessenabwägung abhängt.

34

Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verfügung folgt weiter insbesondere nicht daraus, dass der in Raum stehende Eingriff in ein Biotop durch die Ableitung des Wassers durch eine erteilte Genehmigung zulässig im Sinne von § 11 Abs. 8 Satz 2 LNatSchG sein könnte. Eine Ausnahme von den Biotopschutzvorschriften lässt § 21 Abs. 3 LNatSchG für das hier in Rede stehende Biotop nicht zu, so dass bei Handlungen im Sinne von § 30 Abs. 2 BNatSchG, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung eines Biotops führen könnten, nur eine Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG erfolgen kann. Eine solche Befreiungsentscheidung ist vorliegend jedoch nicht erfolgt.

35

Eine durch behördliche Willenserklärung erteilte Befreiung liegt hier offensichtlich nicht vor, eine durch eine Genehmigungsfiktion erteilte Befreiung von den naturschutzrechtlichen Verboten nach § 67 Abs. 1 BNatSchG kennt das Gesetz nicht.

36

Eine Genehmigung zur Errichtung oder wesentlichen Änderung von Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern nach § 56 Abs. 2, 3 LWG würde eine Befreiungsentscheidung weder einschließen noch ersetzen, da das Gesetz dies nicht vorsieht.

37

Im Übrigen ist es rechtlich offensichtlich, dass es sich bei dem vorliegenden Antrag auf Verlegung des Gewässerverlaufs nicht um die Errichtung oder die wesentliche Änderung von Anlagen in oder an oberirdischen Gewässern handelt, sondern um einen Gewässerausbau im Sinne von § 67 Abs. 2 WHG. Danach ist Gewässerausbau die Herstellung, die Beseitigung und die wesentliche Umgestaltung eines Gewässers und seiner Ufer, deren Zulassung gemäß § 68 Abs. 1 WHG einer Planfeststellung durch Planfeststellungsbeschluss oder - wenn für den Gewässerausbau nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht - einer Plangenehmigung bedarf. Eine Umgestaltung eines Gewässers ist als wesentlich anzusehen, wenn sie den Zustand des Gewässers einschließlich seiner Ufer in einer für den Wasserhaushalt (z. B. Wasserstand, Wasserabfluss oder Selbstreinigungsvermögen), für die Schifffahrt, für die Fischerei oder in sonstiger Hinsicht (z. B. auch für den Naturhaushalt oder das [äußere] Bild der Landschaft) bedeutsamen Weise ändert (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28. März 2012 – 3 S 150/12 –, Rn. 6, juris; OVG Schleswig, Urteil vom 01. Juli 1997 – 2 L 101/94 –, ZfW 1998, 509). In Anwendung dieser Grundsätze ist die Beseitigung eines offenen Gewässerabschnitts von über 100 m Länge und die Verrohrung des Gewässers als ein Gewässerausbau in Form der wesentlichen Umgestaltung des Gewässers und des Ufers anzusehen.

38

Ebenso ist rechtlich offensichtlich, dass eine erforderliche Befreiungsentscheidung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG nicht durch einen mit Konzentrationswirkung (§ 142 Abs. 1 LVwG) für diese Entscheidung ergangenen wasserrechtlichen Planfeststellungsbeschluss oder eine wasserrechtliche Plangenehmigung erfolgt ist. Insbesondere kennt das Gesetz insoweit keine Fiktion eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Plangenehmigung. Nach § 125 Abs. 1 Nr. 1 LWG ergehen im Planfeststellungsverfahren Entscheidungen über den Ausbau von Gewässern im Sinne von § 67 Abs. 2 Satz 1 WHG. Nach § 126 Abs. 1 LWG gelten für die Planfeststellung und die Plangenehmigung die §§ 139-145 LVwG, soweit nichts anderes bestimmt ist. Eine Genehmigungsfiktion kennt das wasserrechtliche Fachrecht in diesem Bereich nicht. Eine Genehmigungsfiktion folgt insoweit auch nicht auf das in Bezug genommene allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht. Nach § 139 Abs. 1 LVwG gelten für ein Planfeststellungsverfahren, das durch Rechtsvorschrift angeordnet ist, die §§ 140-145 und, soweit sich aus ihnen nichts Abweichendes ergibt, die übrigen Vorschriften dieses Gesetzes; die §§ 118 a und 138 a bis 138 e sind nicht anzuwenden.

39

Damit ordnet das Gesetz lediglich die Anwendung der allgemeinen Vorschriften des Gesetzes auch für das Planfeststellungsverfahren und das Plangenehmigungsverfahren bei einen Gewässerausbau an, soweit sich aus den Vorschriften über das Planfeststellungsverfahren nichts Abweichendes ergibt. Eine Änderung des materiellen Gehalts der in Bezug genommenen allgemeinen Vorschriften ist damit offensichtlich nicht verbunden. Demnach können die Vorschriften über die Genehmigungsfiktion in § 111 a LVwG auch nur dann Anwendung finden, wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet ist. Nach § 111 a Abs. 1 Satz 1 LVwG gilt nämlich eine beantragte Genehmigung nach Ablauf einer für die Entscheidung festgelegten Frist als erteilt (Genehmigungsfiktion), wenn dies durch Rechtsvorschrift angeordnet und der Antrag hinreichend bestimmt ist. Die Vorschrift ist demnach nur dann anwendbar, wenn das Fachrecht eine solche Genehmigungsfiktion ausdrücklich vorsieht.

40

Die 12. Kammer des Gerichts hat dazu in einem Urteil vom 14. November 2014 (– 12 A 17/14 –, Rn. 34, juris) zutreffend ausgeführt:

41

„Auch der seit 25.09.2009 geltende § 111a LVwG wird von der Klägerin überinterpretiert, da es sich nicht um eine stets geltende Regelung handelt, sondern nur um Rahmenrecht, welches von einem Fachgesetz in seiner Geltung besonders angeordnet werden muss. Eine solche fachgesetzliche Anordnung existiert für den vorliegenden Regelungszusammenhang nicht. In LT-Drucks. 16/2609, S. 20/21 heißt es dazu (Hervorhebung durch das Gericht):

42

„b) Einführung von Regelungen über die Genehmigungsfiktion

43

Die Dienstleistungsrichtlinie schreibt nicht nur die Einführung vorab festgelegter Entscheidungsfristen für die Verwaltung vor. Nach Ablauf dieser Fristen soll darüber hinaus grundsätzlich eine Genehmigungsfiktion gelten, soweit nicht aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses Ausnahmen gerechtfertigt sind. In einzelnen Fachgesetzen wie zum Beispiel der Landesbauordnung (§ 75 Abs. 11), dem Landesnaturschutzgesetz (§ 13 Abs. 4) oder dem Landeswassergesetz (§§ 78 Abs. 5, 84 Abs. 2) ist das Institut der Genehmigungsfiktion seit längerem anerkannt. Das Landesverwaltungsgesetz enthält bislang aber keine ausdrücklichen Regelungen zur Genehmigungsfiktion. Der Gesetzentwurf sieht allgemeine Grundsätze zur Genehmigungsfiktion im Landesverwaltungsgesetz vor. Diese gelten, wenn fachgesetzlich die Genehmigungsfiktion angeordnet und soweit dort nichts Abweichendes geregelt ist. Die sachgerechte Bestimmung der von der Dienstleistungsrichtlinie geforderten, vorab festgelegten Bearbeitungszeiten kann nicht allgemein erfolgen, sondern bleibt dem Fachrecht vorbehalten.“

44

Diese Rechtsauffassung entspricht auch der allgemein vertretenen Auslegung der inhaltsgleichen Vorschrift des § 42 a VwVfG. Der an sich denkbare Weg, Art. 13 Abs. 4 Dienstleistungsrichtlinie dadurch umzusetzen, dass für alle Genehmigungsverfahren im Verwaltungsverfahrensgesetz eine allgemeine Fiktionsregelung getroffen wird, die gegebenenfalls fachrechtlich ausgeschlossen werden muss, wurde wegen der mit Genehmigungsfiktionen verbundenen Probleme nicht gewählt. Daher regelt § 42 a VwVfG nicht, wann eine Genehmigungsfiktion eintritt, sondern setzt einen entsprechenden fachrechtlichen „Anwendungsbefehl“ voraus, der sich aus dem Bundes- oder Landesrecht, aber auch aus unmittelbar anwendbarem EU-Recht ergeben kann (Stelkens/Bonk/Sachs/Stelkens VwVfG § 42 a Rn. 1-2, beck-online mit weiteren Nachweisen).

45

Die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Befreiung nach § 67 Abs. 1 BNatSchG liegen nicht vor; insoweit wird zur Begründung Bezug genommen auf den Inhalt des streitigen Bescheides.

46

Bei der vorzunehmenden weitergehenden Interessenabwägung ist zu berücksichtigen, dass bei Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs, jedoch einem Erfolg des Antragsgegners im Verfahren der Hauptsache, nach dem substantiierten Sachvortrag des Antragsgegners bei einem noch länger andauernden Wasserentzug für den betreffenden Gewässerabschnitt eine irreversible Zerstörung des Pflanzeninventars durch Austrocknung und Absterben und damit eine endgültige rechtswidrige Beseitigung eines Biotops selbst droht; bei längerem Wasserentzug ist auch eine schrittweise Erosion des Bachbettes denkbar. Eine grundsätzliche denkbare Neuanlage eines Biotops an der Stelle hätte zumindest für einen nicht unwesentlichen Zeitraum nicht eine vergleichbare ökologische Wertigkeit.

47

Die Folgen, die den Antragsteller treffen, wenn zunächst der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt wird, er jedoch im Verfahren der Hauptsache Erfolg hätte, wiegen demgegenüber weniger schwer. Zunächst hätte der Antragsteller nur relativ geringe Folgen zu tragen, er müsste lediglich durch die erneute Anbringung des Stopfens und gegebenenfalls weitere nicht besonders aufwändige Maßnahmen den vorherigen Wasserlauf wiederherstellen. Schwerwiegender wären die Folgen nur, wenn weitergehende Auswirkungen, deren Eintritt noch nicht feststeht, berücksichtigt werden. Das wäre insbesondere dann der Fall, wenn der Antragsteller allein durch die Anordnung des Antragsgegners die auch an dieser Stelle beabsichtigte Waldumwandlung nicht durchführen könnte. Dies ist jedoch gegenwärtig nicht der Fall, da der Antragsteller durch die für sofort vollziehbar erklärte Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung für die betroffene Teilfläche hier eine Waldumwandlung und demnach eine anderweitige Nutzung ohnehin nicht durchführen kann. Aber selbst, wenn der vorläufige Rechtsschutzantrag gegen die Rücknahme der Waldumwandlungsgenehmigung Erfolg haben sollte, wären die Interessen des Antragstellers in diesem Verfahren nicht höher zu gewichten als das öffentliche Vollzugsinteresse. In einem solchen Fall wäre der Antragsteller teilweise gehindert, in diesem Bereich die beabsichtigte Umnutzung der Fläche in eine landwirtschaftlich genutzte Fläche vorzunehmen. Die durch die Maßnahme behauptete Erleichterung der Bewirtschaftung und die Ertragsvermehrung wären damit für einen vorübergehenden Zeitraum nicht zu erzielen. Die Kammer räumt diesen Folgen jedoch auch angesichts der Größe der betroffenen Fläche deutlich geringeres Gewicht ein als den irreversiblen Folgen einer Biotopzerstörung auf einer Fläche von über 100 m Länge.

48

Die Zwangsgeldandrohung beruht auf §§ 228, 229 Abs. 1 Nr. 2, 235 Abs. 1 Nr. 1, 236, 237 LVwG. Die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes unterliegt keinen rechtlichen Bedenken.

49

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 GKG; die Kammer hat abweichend von der Vermögensaufstellung in der Anlage Ast. 43 der Antragsschrift nicht einen Streitwert von 22.304,12 EUR festgesetzt, sondern im Hinblick auf die in diesem Verfahren zu treffende nur vorläufige Regelung, die unter dem Vorbehalt einer Entscheidung im Verfahren der Hauptsache steht, einen geringeren Betrag angesetzt.


(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Eingriffe in Natur und Landschaft im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können.

(2) Die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung ist nicht als Eingriff anzusehen, soweit dabei die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Entspricht die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung den in § 5 Absatz 2 bis 4 dieses Gesetzes genannten Anforderungen sowie den sich aus § 17 Absatz 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes und dem Recht der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft ergebenden Anforderungen an die gute fachliche Praxis, widerspricht sie in der Regel nicht den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege.

(3) Nicht als Eingriff gilt die Wiederaufnahme einer land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzung, wenn sie zeitweise eingeschränkt oder unterbrochen war

1.
auf Grund vertraglicher Vereinbarungen oder auf Grund der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung und wenn die Wiederaufnahme innerhalb von zehn Jahren nach Auslaufen der Einschränkung oder Unterbrechung erfolgt,
2.
auf Grund der Durchführung von vorgezogenen Kompensationsmaßnahmen, die vorgezogene Maßnahme aber nicht für eine Kompensation in Anspruch genommen wird.

(1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind vermeidbar, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind. Soweit Beeinträchtigungen nicht vermieden werden können, ist dies zu begründen.

(2) Der Verursacher ist verpflichtet, unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Ausgeglichen ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Ersetzt ist eine Beeinträchtigung, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in dem betroffenen Naturraum in gleichwertiger Weise hergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht neu gestaltet ist. Festlegungen von Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen für Gebiete im Sinne des § 20 Absatz 2 Nummer 1 bis 4 und in Bewirtschaftungsplänen nach § 32 Absatz 5, von Maßnahmen nach § 34 Absatz 5 und § 44 Absatz 5 Satz 3 dieses Gesetzes sowie von Maßnahmen in Maßnahmenprogrammen im Sinne des § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes stehen der Anerkennung solcher Maßnahmen als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen nicht entgegen. Bei der Festsetzung von Art und Umfang der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind die Programme und Pläne nach den §§ 10 und 11 zu berücksichtigen.

(3) Bei der Inanspruchnahme von land- oder forstwirtschaftlich genutzten Flächen für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist auf agrarstrukturelle Belange Rücksicht zu nehmen, insbesondere sind für die landwirtschaftliche Nutzung besonders geeignete Böden nur im notwendigen Umfang in Anspruch zu nehmen. Es ist vorrangig zu prüfen, ob der Ausgleich oder Ersatz auch durch Maßnahmen zur Entsiegelung, durch Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen oder durch Bewirtschaftungs- oder Pflegemaßnahmen, die der dauerhaften Aufwertung des Naturhaushalts oder des Landschaftsbildes dienen, erbracht werden kann, um möglichst zu vermeiden, dass Flächen aus der Nutzung genommen werden.

(4) Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen sind in dem jeweils erforderlichen Zeitraum zu unterhalten und rechtlich zu sichern. Der Unterhaltungszeitraum ist durch die zuständige Behörde im Zulassungsbescheid festzusetzen. Verantwortlich für Ausführung, Unterhaltung und Sicherung der Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen ist der Verursacher oder dessen Rechtsnachfolger.

(5) Ein Eingriff darf nicht zugelassen oder durchgeführt werden, wenn die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind und die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft anderen Belangen im Range vorgehen.

(6) Wird ein Eingriff nach Absatz 5 zugelassen oder durchgeführt, obwohl die Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden oder nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den durchschnittlichen Kosten der nicht durchführbaren Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen durchschnittlichen Kosten für deren Planung und Unterhaltung sowie die Flächenbereitstellung unter Einbeziehung der Personal- und sonstigen Verwaltungskosten. Sind diese nicht feststellbar, bemisst sich die Ersatzzahlung nach Dauer und Schwere des Eingriffs unter Berücksichtigung der dem Verursacher daraus erwachsenden Vorteile. Die Ersatzzahlung ist von der zuständigen Behörde im Zulassungsbescheid oder, wenn der Eingriff von einer Behörde durchgeführt wird, vor der Durchführung des Eingriffs festzusetzen. Die Zahlung ist vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten. Es kann ein anderer Zeitpunkt für die Zahlung festgelegt werden; in diesem Fall soll eine Sicherheitsleistung verlangt werden. Die Ersatzzahlung ist zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege möglichst in dem betroffenen Naturraum zu verwenden, für die nicht bereits nach anderen Vorschriften eine rechtliche Verpflichtung besteht.

(7) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Kompensation von Eingriffen zu regeln, insbesondere

1.
zu Inhalt, Art und Umfang von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich Maßnahmen zur Entsiegelung, zur Wiedervernetzung von Lebensräumen und zur Bewirtschaftung und Pflege sowie zur Festlegung diesbezüglicher Standards, insbesondere für vergleichbare Eingriffsarten,
2.
die Höhe der Ersatzzahlung und das Verfahren zu ihrer Erhebung.
Solange und soweit das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit von seiner Ermächtigung keinen Gebrauch macht, richtet sich das Nähere zur Kompensation von Eingriffen nach Landesrecht, soweit dieses den vorstehenden Absätzen nicht widerspricht.

(8) Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie durch Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates das Nähere zur Vermeidung von Beeinträchtigungen im Sinne von Absatz 1 Satz 1 sowie zur Kompensation von Eingriffen im Sinne von Absatz 7 Satz 1 zu regeln, soweit die Verordnung und Vorschriften dieses Kapitels ausschließlich durch die Bundesverwaltung, insbesondere bundeseigene Verwaltung oder bundesunmittelbare Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts, ausgeführt werden. Die Rechtsverordnung ist bis zum 1. März 2020 dem Bundestag zuzuleiten. Sie kann durch Beschluss des Bundestages geändert oder abgelehnt werden. Der Beschluss des Bundestages wird dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zugeleitet. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit ist bei der Verkündung der Rechtsverordnung an den Beschluss gebunden. Hat sich der Bundestag nach Ablauf von drei Sitzungswochen seit Eingang einer Rechtsverordnung nicht mit ihr befasst, so wird die unveränderte Rechtsverordnung dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit zur Verkündung zugeleitet. Absatz 7 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts – Einzelrichterin der 1. Kammer – vom 27. Juni 2012 wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

Der Streitwert beträgt 5.000,00 Euro.

Gründe

1

Der Kläger kann die begehrte Zulassung der Berufung nicht beanspruchen. Der – allein geltend gemachte – Berufungszulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegt nicht vor. Die Richtigkeit des klagabweisenden Urteils des Verwaltungsgerichts ist nicht ernstlich zweifelhaft.

2

In dem Urteil ist richtig und mit überzeugender Begründung entschieden worden, dass der vom Kläger geplante "Knickdurchstieg" gegen ein naturschutzrechtliches Verbot verstößt (unten 1), ohne dass dies durch die Erteilung einer Ausnahme von diesem Verbot überwunden werden kann (unten 2).

3

1. Die Wallhecke entlang des … Wegs ist als "Knick" i. S. d. § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG einzuordnen; dies steht einem Eingriff in dessen Funktion durch Anlegung eines schmalen, mit einer Schiebkarre zu durchfahrenden "Knickdurchstiegs" entgegen.

4

1.1 Die allgemein anerkannten Begriffsmerkmale - linienförmige, landschaftsprägende, meist auf Wällen angelegte ein- oder mehrreihige Pflanzung mit vielfältiger Gehölz- und Artenzusammensetzung (vgl. § 1 Nr. 10 BiotopVO 2009) - sind im vorliegenden Fall eindeutig erfüllt. Dies zieht der Kläger selbst nicht in Zweifel (s. S. 5 f. der Begründung seines Zulassungsantrags). Der gesetzliche Schutz eines Knicks i. S. d. § 21 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG hängt nicht von seinem - mehr oder weniger intakten - Erhaltungszustand ab; gerade Knicks mit weniger gutem oder (gar) gestörtem Erhaltungszustand bedürfen eines besonderen (vorsorgenden und auf funktionsgerechte Rückentwicklung orientierten) Schutzes.

5

1.2 Das Verwaltungsgericht hat den beabsichtigten, etwa 1 m breiten "Knickdurchstieg" (s. Anlage zum Schriftsatz des Kl. vom 12.04.2012, Bl. 65 d. A.) als verbotene "erhebliche Beeinträchtigung" i. S. d. § 30 Abs. 2 BNatSchG bewertet (S. 7/8 des Urt.-Abdr.). Die dagegen angeführten Einwände des Klägers begründen keinen Richtigkeitszweifel i. S. d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Das Verwaltungsgericht hat nicht - wie der Kläger annimmt - statuiert, dass "jegliche Beeinträchtigung ... grundsätzlich erheblich" sei, sondern seine diesbezügliche Einzelfallbewertung aus den - vor Ort besichtigten - Umständen abgeleitet, dass der geplante Durchbruch "fast am Rande des fast 400 m langen Knicks" erfolgen würde, was "auf der einen Seite einen sehr kurzen Knick entstehen lassen würde", weiter daraus, dass im Bereich des Durchbruches eine "vollständige Rodung" mit entsprechenden Folgen für die Knickfunktion erfolgen solle und schließlich daraus, dass die Schädigung eines Ahorn-Überhälters als "sehr wahrscheinlich" angesehen werde. Diese Gesichtspunkte mögen nicht zwingend sein; Ansatzpunkte dafür, dass sie falsch sind oder Überwiegendes für eine anderslautende Bewertung spricht, sind dem Zulassungsvorbringen indes nicht zu entnehmen. Die von den Klägern erhobene Forderung, für jeden der genannten Ansatzpunkte gleichsam einen Wirkungsnachweis zu führen (zu beeinträchtigten Tierarten oder "einzelnen" ökologischen Funktionen des Knicks), ist für die Feststellung des Verbotstatbestandes in § 30 Abs. 2 BNatSchG nicht begründet. Hier genügt es, wenn die beabsichtigte Maßnahme - in ihrer zusammengefassten Wirkung - die Funktion des Knicks als Lebensraum für Pflanzen und Tiere dauerhaft erheblich beeinträchtigen kann. Das belegt der Wortlaut des § 30 Abs. 2 Satz 1 BNatSchG. Für ein Verbot nach dieser Vorschrift, die gem. § 21 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG auch für Knicks gilt, bedarf es keiner konkret darzulegenden Beeinträchtigung. Es genügt vielmehr, dass die beabsichtigte Maßnahme diese Folge haben kann. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass dies der Fall wäre, würde sie vorgenommen (vgl. Schmidt-Räntsch, in: Gassner u. a., BNatSchG, Komm., 2003, § 30 BNatSchG Rn.10). Eine solche Wahrscheinlichkeit hat das Verwaltungsgericht – aus Sicht des Senats zu Recht und ausreichend – angenommen. Eine - wenngleich nur (vom Kläger so bezeichnete) "punktförmige" - Knickdurchbrechung mag nur eine geringe "Substanz" des Knicks betreffen; für die Anwendung des § 30 Abs. 2 BNatSchG kommt es auf die dem geschützten Biotop zuzuordnendeFunktion für Natur und Landschaft an (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG). Die Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass diese Funktion im vorliegenden Fall - insgesamt - durch die physische Unterbrechung der bandartigen Tier- und Pflanzengemeinschaft und durch die Gefahr der Schädigung eines Überhälters ("Ahornstock") erheblich beeinträchtigt wird, wird durch das Zulassungsvorbringen nicht ernstlich in Frage gestellt.

6

Soweit der Kläger vorträgt, dass "Ahornstock und Austrieb bei ... fachgerechter Anlage des Durchgangs in keiner Weise in Mitleidenschaft gezogen" würden, bezieht er dies auf eine "Rampenausbildung". Diese Variante ist indes nicht mit dem Antrag vom 06.09.2010 in Deckung zu bringen, der dem Verfahren insgesamt zugrundelag; dort ging es um einen "Knickdurchgang", der durch Bodenentnahme entstehen sollte. Abgesehen davon würde auch eine rampenartige Überwindung der (in der Antragsbegründung beschriebenen) "Bewuchslücke von 3 m Breite" zu einer wesentlichen Beeinträchtigung im Sinne des § 30 Abs. 2 BNatSchG führen, weil die "Bewuchslücke" lediglich einen - an dieser Stelle - gestörten Zustand des Knicks belegt, dessen "Strauchbewuchs" die Beklagte ansonsten - auch im streitbetroffenen Bereich - als besonders dicht und durchgängig beschreibt (S. 2 des Wid.-bescheides; die bei den Akten befindlichen Fotos bestätigen dies [Bl. 15-18 der Beiakte A, Anlage K 5 {Fotokonvolut}, Fotos 2 - 5]). Sowohl die Aufrechterhaltung des gestörten Zustandes eines Knicks als auch die weitere negative Veränderung eines bereits gestörten Zustandes sind als "erhebliche Beeinträchtigung" anzusehen (Beschl. des Senats v. 16.10.2003, 1 LA 173/03, NordÖR 2003, 457). Das gilt entsprechend auch im vorliegenden Fall, in dem eine "Bewuchslücke" zur Anlegung eines Knickdurchgangs ausgenutzt werden soll, die bei einer funktions- und fachgerechten Knickpflege (vgl. § 27 a LNatSchG, § 1 Nr. 10 BiotopVO) nicht entstanden wäre.

7

1.3 Die Hinweise des Klägers auf anderweitige Knickschädigungen - etwa durch Anpflügen des Knickfußes, durch Bauschuttablagerungen im oder am Knick oder durch "wilde" Knickdurchgänge (an anderen Knicks in Suchsdorf) - sind für die Frage, ob die hier beabsichtigte Maßnahme dem Verbotstatbestand des § 30 Abs. 2 Satz 2 BNatSchG i. V. m. § 21 Abs. 1 Nr. 4 LNatSchG unterfällt, unerheblich. Es ist der Beklagten überantwortet, den Hinweisen nachzugehen und ggf. durch entsprechende Anordnungen für Wiederherstellung der gesetzlich geschützten Funktion der Knicks zu sorgen (vgl. dazu Urt. des 2. Senats v. 17.04.1998, 2 L 2/98, NuR 1999, 594; Urt. des Senats v. 06.02.2003, 1 L 216/02, NJW 2004, 1195).

8

2. Die Einwände des Klägers dagegen, dass das Verwaltungsgericht auch die Voraussetzungen einer Ausnahmeerteilung nach § 21 Abs. 3, § 51 LNatSchG, § 30 Abs. 3 BNatSchG verneint hat, begründen ebenfalls keine ernstlichen Richtigkeitszweifel.

9

2.1 Grundsätzlich kann eine Ausnahmeerteilung als "Korrektiv" zu dem Verbotstatbestand in Betracht gezogen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können. Dabei kommt es nicht auf einen (freiwillig) angebotenen Ausgleich an, sondern darauf, was naturschutzfachlich erforderlich und - im Wege von Nebenbestimmungen zur Ausnahmeerteilung - effektiv erreichbar ist. Bei Knickdurchbrüchen ist zu berücksichtigen, dass diese im Einzelfall zur Realisierung des Anliegergebrauchs erforderlich sein können, wenn und soweit der Grundstückseigentümer darauf angewiesen ist (vgl. OVG Lüneburg, Urt. v. 18.07.2012, 7 LB 29/11, Juris).

10

2.2 Die Erteilung einer Ausnahme erfordert - tatbestandlich - dass sich die beabsichtigte Maßnahme mit den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vereinbaren lässt und auch keine sonstigen öffentlichen Belange entgegenstehen (§ 51 LNatSchG). Auch wenn diese - kumulativ zu verstehenden - Voraussetzungen vorliegen, ist die Beklagte im Einzelfall berechtigt, im Rahmen ihres Ermessens eine Ausnahme abzulehnen.

11

2.3 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht - selbständig tragend - entschieden, der Ausnahmeanspruch habe - ermessensfehlerfrei - wegen der dem Kläger zur Verfügung stehenden "anderen Möglichkeiten", die "gewünschte Gartennutzung der Mieter ... zu gewährleisten" abgelehnt werden dürfen (S. 9 des Urt.-Abdr.). Das ist überzeugend; der Kläger setzt dieser Erwägung in der Begründung seines Zulassungsantrags nichts entgegen. Es sind auch "der Sache nach" keinerlei Ansatzpunkte für eine andere Beurteilung zu gewinnen. Auch wenn eine Ausnahme wegen einer (zwar) "erheblichen", aber nur "punktuellen" Beeinträchtigung des Knicks und eines - möglichen und faktisch auch erreichbaren - Ausgleichs grundsätzlich in Betracht gezogen werden könnte, könnte der Kläger diese unter Ermessensgesichtspunkten aus den - zutreffend - vom Verwaltungsgericht benannten Gründen nicht beanspruchen. Der Kläger ist - anders als Eigentümer, deren Grundstücke nur "durch" den Knick und ansonsten überhaupt nicht an eine öffentliche Straße angebunden sind - auf den begehrten "Knickdurchstieg" nicht angewiesen. Er kann die von seinen Mietern beklagten Erschwernisse ohne Weiteres durch eine geänderte Nutzung seines Grundstücks - mit dort angelegten Wegen - lösen; unter diesen Umständen würde die Erteilung einer Ausnahme "ohne jede Not" die Inanspruchnahme eines gesetzlich geschützten Naturbestandteils ermöglichen.

12

3. Der Zulassungsantrag ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

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Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.

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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung von Klettermöglichkeiten im Oberen Donautal.
Am 16.12.1991 erließ das Landratsamt S. eine Verordnung über die Beschränkung des Betretungsrechts an im Einzelnen benannten Felsen und Felsgruppen im Bereich des Oberen Donautals. Mit Allgemeinverfügung vom 23.03.1994 über die Kletterregelung „Oberes Donautal“ gab das Landratsamt auf der Grundlage des § 24a Abs. 4 NatSchG bestimmte Felsen im Oberen Donautal zwischen Beuron und Sigmaringen ganz oder teilweise zum Klettern frei.  Die  Verordnung aus  dem  Jahr  1991 wurde  für gegenstandslos erklärt. Mit weiterer Allgemeinverfügung über die Kletterregelung Oberes Donautal vom 29.10.1996 hob das Landratsamt S. die Allgemeinverfügung vom 23.04.1994 auf und gab Felsen bzw. Routen oder Felsbereiche zum Teil ganzjährig, zum Teil zeitlich begrenzt zum Klettern frei. In der Begründung wurde ausgeführt, die Allgemeinverfügung ergehe in Ausübung des dem Landratsamt als unterer Naturschutzbehörde eingeräumten Ermessens. Gegenüber der Allgemeinverfügung aus dem Jahr 1994 seien nunmehr weitere Felsen zum Klettern freigegeben worden. Nur durch eine Sperrregelung könne das gefährdete Biotop Fels nachhaltig vor Trittschäden und sonstigen Beeinträchtigungen durch das Klettern geschützt werden. Das Ergebnis sei ausgewogen und angemessen.
Den gegen die Allgemeinverfügung eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Tübingen mit Widerspruchsbescheid vom 30.12.1997 zurück. Mit der dann erhobenen Klage begehrte der Kläger die Aufhebung der Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 und des Widerspruchsbescheids vom 30.12.1997 sowie die Verpflichtung des Landratsamtes S., nach Maßgabe der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über freizugebende Felsen und Klettermöglichkeiten im Bereich Oberes Donautal zu entscheiden. Das Verwaltungsgericht Sigmaringen wies diese Klage mit Urteil vom 05.12.2000 - 9 K 1737/00 - als unzulässig ab. In dem Urteil wurde unter anderem ausgeführt, dass dem Kläger sowohl für das Anfechtungs- wie auch für das Verpflichtungsbegehren die Klagebefugnis fehle. Da das Klettern an den Felsen des Oberen Donautals gemäß § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG verboten sei, komme der Allgemeinverfügung im Verhältnis zu dem Kläger allein begünstigende Wirkung zu, denn ihm würden damit Klettermöglichkeiten eingeräumt, die er ansonsten nicht hätte. Hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens könne der Kläger keine subjektive Anspruchsberechtigung auf eine Ausnahmeentscheidung aus § 24a Abs. 4 NatSchG herleiten, soweit und da er sich lediglich darauf berufen könne, zur Verwirklichung des Rechts auf freie Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 GG eine Ausnahme zu begehren. Dieses Recht sei bereits durch das Verbot des § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG eingeschränkt, denn es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass diese Vorschrift generell verfassungswidrig und damit bei der Bestimmung der Grenzen der allgemeinen Handlungsfähigkeit nicht berücksichtigungsfähig sei.
Das Urteil ist seit dem 03.02.2001 rechtskräftig.
Mit Schreiben vom 03.12.2001 an das Landratsamt S. machte der Kläger geltend, dass § 24a NatSchG wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig sei. Zum einen sei der Regelungsinhalt nicht hinreichend bestimmt, zum anderen halte sich § 24a NatSchG nicht im Rahmen des § 20c BNatSchG. Denn § 24a Abs. 2 NatSchG erfasse auch das Verbot von Handlungen, bei denen keine erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Da angesichts des Strafrahmens des § 64 Abs. 1 Nr. 4a, Abs. 2 NatSchG eine Klärung in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zumutbar sei, werde eine Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO mit dem Ziel einer Richtervorlage nach Art. 100 Abs. 1 GG beabsichtigt. Zur Herstellung eines streitigen Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO werde um Mitteilung gebeten, ob das Landratsamt eine abweichende Auffassung hinsichtlich der Zulässigkeit des Kletterns im Donautal an den bis 1992 nicht gesperrten Routen, insbesondere im Talkessel von Beuron vertrete.
Mit Schreiben vom 17.12.2001 antwortete das Landratsamt S., dass die vom Kläger dargelegte Rechtsauffassung nicht geteilt werde, nach der das Klettern an allen bis zum Inkrafttreten des Biotopschutzgesetzes nicht gesperrten Flächen erlaubt sei. Ein Verstoß des § 24a NatSchG gegen höherrangiges Recht werde nicht gesehen. Im Übrigen sei die Kletterregelung Oberes Donautal vom 29.10.1996 eine ausgewogene Regelung, die einerseits in bestimmtem Maße das Klettern erlaube und andererseits den Belangen des Biotopschutzes Rechnung trage.
Der Kläger hat am 24.07.2002 Klage erhoben und trägt zur Begründung vor: Nachdem seine gegen die Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 erhobene Klage mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen worden sei, bestehe nur noch die Feststellungsklage als Möglichkeit, das Verwaltungshandeln einer gerichtlichen Kontrolle zu unterziehen. Die Feststellungsklage sei zulässig. Indem der Beklagte mit Schreiben vom 17.12.2001 seine Rechtsauffassung bestritten habe, sei ein Rechtsverhältnis begründet worden, das nun der richterlichen Überprüfung unterzogen werde könne. Er habe ein berechtigtes Interesse an der Feststellung, da der Beklagte der Ansicht sei, dass das Klettern nicht mehr wie in dem begehrten Antrag verfolgt erlaubt sei. Da bislang das Verwaltungshandeln nicht überprüfbar gewesen sei, habe er ein berechtigtes Interesse daran, nicht erst den Erlass einer Ordnungswidrigkeitenverfügung abzuwarten, sondern die Kletterberechtigung jetzt feststellen zu lassen. Die Rechtskraft des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 05.12.2000 stehe der Zulässigkeit der Feststellungsklage nicht entgegen. Zum einen sei keine den Streitgegenstand abschließende Entscheidung getroffen worden, sondern nur ein Prozessurteil ergangen. Mit der Abweisung der Verpflichtungsklage als unzulässig sei nicht zugleich festgestellt, dass der begehrte Verwaltungsakt mit dem geltenden Recht vereinbar sei. Andererseits sei der Streitgegenstand der Feststellungsklage von dem der Anfechtungs-/Verpflichtungsklage zu unterscheiden. Gegenstand der vorliegenden Klage sei, dass die Zulässigkeit des Kletterns vor dem Hintergrund der Nichtigkeit des § 24a NatSchG gesehen werde. Die Feststellungsklage sei auch begründet, da § 24a NatSchG nichtig sei. Insoweit wiederholt der Kläger seine im Schreiben vom 03.12.2001 an das Landratsamt dargelegten Gründe.
Der Kläger beantragt,
festzustellen, dass ihm das Klettern im Oberen Donautal an den Felsen
10 
1 Adlerfels, 2 Aussichtsfels, 3 Bad Men Rock , 4 Bahnhofsfelsen Beuron, 5 Bahnhofsfelsen Hausen, 6 Bandfelsen, 7 Bergwachtfelsen, 8 Bischof, 9 Blicklefels, 10 Bröller, 11 Dachstein, 12 Donaucalanques, 13 Dreiecksfels,
11 
14 Dritte Zinne, 15 Eichsfels, 16 Eigerturm, 17 Erste Zinne, 18 Eulenwand, 19 Fachfelsen, 20 Falkenwand, 21 Felsengruppe um Bad Men Rock und Rabenwand, 22 Fischerfels, 23 Fleischbank, 24 Fuchsfels, 25 Garmischer Turm, 26 Gaskessel, 27 Glasträgerfels, 28 Hausener Wand, 29 Hohler Fels, 30 Hölle, 31 Katzenkopf, 32 Kleiner Schaufels, 33 Korbmacherfels, 34 Kreenheinstetter Trobel, 35 Kuchenfels + rechter Nebenfels, 36 Laucherttal,  37 Lenzenfelsen, 38 Löchlesfels, 39 Martinswand, 40 Parkplatzfels, 41 Paulusfels, 42 Petersfels, 43 Rabenwand, 44 Ruine Falkenstein, 45 Ruine Gebrochen Gutenstein, 46 Schattentobelfels, 47 Schaufels, 48 Schmeiental, 2 Felsen (orografisch links, direkt oberhalb der Straße), 49 Schreyfels, 50 Schurer-Gedächtnis-Spitze, 51 Sonnenwand/Uhufelsen, 52 Stuhlfels, 53 Südkantenmassiv, 54 Teufelsdaumen, 55 Teufelsloch, 56 Thiergartner Dolomiten, 57 Traumfels, 58 Traumfels; 2 Felsen innerhalb, 59 Verlobungsfels, 60 Wagenburg, 61 Westliche Zinne, 62 Ypsilonfels, 63 Zuckerhut, 64 Zweite Zinne
12 
erlaubt ist.
13 
Der Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Er ist der Ansicht, die Feststellungsklage sei unzulässig, da der Kläger mit ihr nach seinem Unterliegen mit der Verpflichtungsklage ohne Änderung der rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse lediglich den Streitgegenstand aus dem Verfahren 9 K 1737/00 in ein anderes prozessuales Kleid fasse. Der Kläger besitze zudem nicht die für die Zulässigkeit der Feststellungsklage ebenfalls erforderliche Klagebefugnis. Dies habe das Verwaltungsgericht Sigmaringen in seinem Urteil vom 05.12.2000 erschöpfend dargelegt. Da letztlich in dem früheren wie auch in dem jetzt anhängigen Rechtsstreit die Frage streitig sei, ob der Kläger ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Erlaubnis des Kletterns an bestimmten Felsen im Oberen Donautal habe, stehe auch die Rechtskraft des Urteils vom 05.12.2000 einer erneuten Entscheidung entgegen. Im Übrigen sei die Klage auch unbegründet, da ein Verstoß von § 24a NatSchG gegen höherrangiges Recht nicht gegeben sei. Die genannte Allgemeinverfügung sei zudem bestandskräftig. Das Gebiet des Oberen Donautals liege zwischenzeitlich in der Kulisse des Natura-2000-Gebietes Nr. 7820-401 „Südwestalb und Oberes Donautal“ (Vogelschutzgebiet) sowie im Natura-2000-Gebiet Nr. 7920-301 „Donau zwischen Sigmaringen und Tuttlingen“ (FFH-Gebiet). In diesem Zusammenhang werde auf das Verschlechterungsverbot hingewiesen.
16 
Der Kammer liegen die Akten des Beklagten vor, sie hat die Gerichtsakte 9 K 1737/00 beigezogen. Hierauf sowie auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen weiterer Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Die Feststellungsklage hat keinen Erfolg.
18 
Sie ist bereits unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm das Klettern an den Felsen Aussichtsfels, Bad Men Rock, Dachstein, Dritte Zinne, Eigerturm, Erste Zinne, Fischerfels, Fuchsfels, Hausener Wand, Laucherttal, Löchlesfels, Parkplatzfels, Petersfels, Stuhlfels, Traumfels, Verlobungsfels, Westliche Zinne, Zweite Zinne erlaubt ist, sowie hinsichtlich des Felsen am Schreyfels (rechter Wandteil) auf den Routen oder Felsbereichen Bröselmüller, Bröselmaier, Auf Messers Schneide, Kreinerführe, Pfingstochse, Preussriss, Dezemberstreich, Efeuverschneidung, Direkter Ausstieg, Brot und Speck, Brot und Spiele, Quadrophenia, Igelkante, Holunderkamin, Opakante, hinsichtlich des Felsen am Schaufels auf den Routen oder Felsbereichen Kaiserweg, Schöner Riss (Einstiege über Kaiserweg), Gerader Riss, Normalweg (Ausstieg über Leere Welt oder direkter Ausstieg), Direkter Ausstieg, Leere Welt, Bled gloffa, Trizeps, Direkter Einstieg Trizeps, Godfather of Rock, Chrome Dome, Sese, Cats, Schurer Gedenkweg, Herbstweg, hinsichtlich des Felsen am Blicklefels auf den Routen oder Felsbereichen Blicklekante, Dreierweg, Abendtraum, Kurzschluss, The mad FVOS, Albtraum, Hurenfurche, Gailtalerin, Via Lochus, Walzkante, hinsichtlich des Felsen an der Falkenwand im Felsbereich von Route Bierkante bis Route Rottweiler Weg, hinsichtlich der Rabenwand und der Donaucalanque im Zeitraum vom 16.07. bis zum 30.09. und vom 01.11. bis zum 28.02., hinsichtlich des Felsen Schreyfels bezüglich der Routen Tira Mi Su, Siebenkäs, Weg der Jugend, Verdauungsspaziergang, Dülferverschneidung vom 01.08. bis zum 31.12. und hinsichtlich des Schaufels bezüglich der Route Alter Ebinger Turm Weg vom 16.07. bis zum 30.09. und vom 01.11. bis zum 28.02 erlaubt ist. Denn insoweit hat das Landratsamt S. in seiner Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 das Klettern freigegeben, so dass für die erhobene Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung hierauf hingewiesen wurde, hat er an seinem umfassenden Klageantrag festgehalten.
19 
Hinsichtlich der übrigen Felsen bzw. nicht freigegebenen Routen oder Felsbereiche ist die Feststellungsklage hingegen zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm das Klettern an den näher bezeichneten Felsen im Oberen Donautal erlaubt ist. Diese Klage ist auf Feststellung des Bestehens bestimmter Rechte gerichtet und damit ein im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Dieses Rechtsverhältnis verliert seine Eigenschaft nicht dadurch, dass die Klage auf die Nichtigkeit des Verbotes in § 24 a Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft Baden-Württemberg (Naturschutzgesetz -NatSchG) in der Fassung vom 29.03.1995 (GBl. S. 386), zuletzt geändert durch Art. 4 Umweltverträglichkeitsänderungsgesetz vom 19.11.2002 (GBl. S. 428) gestützt ist, das der Kläger für verfassungswidrig hält (vgl. etwa:  BVerwG, Urteil vom 09.12.1982 - 5 C 103.81 -, NJW 1983, 2208; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 RdNr. 25 m.w.N.). Denn ungeachtet dieser Begründung zielt die Klage nicht auf die - dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene - Feststellung der Ungültigkeit des § 24 a NatSchG, sondern auf das Bestehen des in Frage stehenden Rechtes zum Klettern an bestimmten Felsen im Donautal.
20 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert auch nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO, nach der die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Insbesondere ist die jetzt erhobene Feststellungsklage nicht subsidiär gegenüber der mit Urteil der 9. Kammer des Gerichts vom 05.12.2000 - 9 K 1737/00 -bereits rechtskräftig und abschlägig entschiedenen Klage, mit der der Kläger unter anderem die Verpflichtung des Beklagten auf erneute Entscheidung über freizugebende Felsen und Klettermöglichkeiten begehrt hat. Denn Klageziel einer solchen Verpflichtungsklage konnte lediglich die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 24 a Abs. 4 NatSchG von den Verboten des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24 a Abs. 2 Satz 1 NatSchG sein, während die Erteilung einer solchen Ausnahme gar nicht erforderlich wäre, wenn man mit dem Kläger von der Verfassungswidrigkeit des gesetzlichen Biotopschutzes für die in Rede stehenden Felsen ausgeht.
21 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Gerichts vom 05.12.2000 entgegen. Gemäß § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Mit dem Urteil vom 05.12.2000 wurde allerdings lediglich rechtskräftig entschieden, dass die Klage des Klägers gegen die Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 und auf die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 24 a Abs. 4 NatSchG mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig ist. Diese rechtskräftige Entscheidung steht damit nicht dem mit der Verfassungswidrigkeit der Verbote des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24a Abs. 2 NatSchG begründeten Begehren auf Feststellung, dass das Klettern an den bezeichneten Felsen im Oberen Donautal erlaubt ist, entgegen.
22 
Schließlich ist die auch für die Feststellungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung erforderliche Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 32.94 -, BVerwGE 99, 64, 66 und vom 26.011996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262, 271 jew. m.w.N.) gegeben, da sich der Kläger als Klettersportler jedenfalls auf das in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit berufen kann, das nicht bloß einen begrenzten Bereich der Persönlichkeitsentfaltung, sondern jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf schützt, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.06.1989 - 1 BvR 921/85 -, BVerfGE 80, 137, 152 f. m.w.N.). Damit liegt zugleich auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor.
23 
Die insoweit zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger ist das Klettern an den von der Allgemeinverfügung des Landratsamtes vom 29.10.1996 nicht zum Klettern freigegebenen Felsen, Felsrouten und Felsbereichen im Oberen Donautal nicht erlaubt. Allerdings folgt dies noch nicht aus der Bestandskraft der Allgemeinverfügung. Wie bereits im Urteil der 9. Kammer des Gerichts vom 05.12.2000 ausgeführt, kommt der Allgemeinverfügung im Verhältnis zum Kläger allein begünstigende Wirkung zu, indem dort Klettermöglichkeiten eingeräumt werden, die ansonsten auf Grund des gesetzlichen Biotopschutzes nicht gegeben sind. Das Verbot in § 24 a Abs. 2 NatSchG besteht für die in § 24 a Abs. 1 NatSchG genannten Biotope unmittelbar kraft Gesetzes, es bedarf nicht einer behördlichen Einzelanordnung. Demgemäß ist die Ziffer 3 in der Allgemeinverfügung vom 29.10.1996, nach der alle in dieser „Kletterregelung“ nicht genannten Felsen und Felsgruppen im Oberen Donautal sowie in den Seitentälern des Oberen Donautals Laucherttal und Schmeiental im Landkreis Sigmaringen nach § 24 a NatSchG zum Klettern gesperrt bleiben, lediglich ein Hinweis auf den bestehenden gesetzlichen Biotopschutz und hat keinen - der Bestandskraft fähigen - eigenständigen Regelungsgehalt.
24 
Das Klettern an den in Rede stehenden Felsen im Oberen Donautal ist als Handlung, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung von Biotopen im Sinne des § 24a Abs. 1 Nr. 4 NatSchG in Verbindung mit Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24a Abs. 1 NatSchG führen kann, nach § 24a Abs. 2 NatSchG verboten. Sowohl vom Wortlaut des § 24a Abs. 2 NatSchG wie auch von dessen Sinn und Zweck fällt das Klettern -entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung - unter den dort genannten Verbotstatbestand. Die 9. Kammer des Gerichts hat hierzu in seinem Urteil vom 05.12.2000 ausgeführt:
25 
„Die in § 24a Abs. 1 NatSchG aufgeführten Biotope genießen mit dem in Abs. 2 ausgesprochenen Verbot aller Handlungen, die zu ihrer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung führen können, einen unmittelbaren gesetzlichen Schutz, dessen rechtliche Auswirkungen mit denen einer Schutzgebietsverordnung vergleichbar sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.06.1997 - 8 S 2799/96 -, VBlBW 1988, 64 f.; NuR 1998, 146 ff.). Dementsprechend ist auch § 24a Abs. 2 NatSchG als abstrakt-generelle Regelung zu verstehen, die alle Handlungen untersagt, die - gemessen an einem objektiven Maßstab - die Möglichkeit in sich bergen, dass das Biotop zerstört oder nachhaltig beeinträchtigt wird. Zu diesen Handlungen im Rechtssinne gehört auch das Klettern. Denn es steht für die Kammer außer Zweifel, dass durch den zeitweisen engen körperlichen Kontakt zum Felsen, der beim Klettern unvermeidlich ist, die oft nur vergleichsweise oberflächlich haftende Felsvegetation beschädigt oder - jedenfalls teilweise - ganz zerstört werden kann. Nicht ausgeschlossen werden kann danach, dass - abhängig vom Maß der Frequentierung eines bestimmten Felsbiotops durch Kletterer - auch das gesamte Biotop nachhaltig beeinträchtigt oder als Biotop im Ganzen zerstört wird. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass von Verbänden und Interessengemeinschaften von Kletterern das sogenannte „sanfte“, also umweltschonende Klettern propagiert wird und beispielsweise durch die Verwendung von Umlenkhaken das Betreten von Felsköpfen vermieden werden kann. Die Propagierung umweltschonenden Kletterns zeigt jedoch gerade auch, dass es möglich ist, auch auf andere, weniger naturverträgliche Art dem Klettersport nachzugehen, so dass die Einstufung des Kletterns als verbotene Handlung im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass eine Kletterroute allenfalls zwei Meter breit ist, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn es gibt bereits jetzt, wie das Gericht den beigezogenen Akten entnimmt, zahlreiche Felsen im Donautal, die auf mehreren, teils parallelen, teils sich kreuzenden Routen bestiegen werden können bzw. - ohne Kletterverbot - bestiegen werden könnten. Im Übrigen lässt sich den bezeichneten Akten und dem Kletterführer von Ralph Stöhr entnehmen, dass zahlreiche Routen erstmals 1975 und später begangen wurden, was von Herter in seinem Gutachten (Die Xerothermvegetation des „Oberen Donautals“ - Untersuchungen zur Vegetation, zu Schädigungen durch Mensch und Wild sowie Schutz- und Erhaltungsvorschläge, ohne Datum) auf eine „etwa im Jahre 1981“ im Donautal einsetzende neue Erschließungswelle zurückgeführt wird. Herter führt im Übrigen in dem insoweit vom Kläger bisher nicht bestrittenen Teil seines Gutachtens (Seite 107) unter anderem auch aus, dass die erste dokumentierte Durchsteigung einer Kletterwand im Donautal im Jahr 1932 stattgefunden habe. In den Folgejahren seien nur wenige neue Routen an anderen Felsen hinzugekommen. Eine erste gemäßigte Welle der Neuerschließungen von Routen sei erst viel später, in der Mitte der 50er Jahre, durch das Donautal gegangen. Weiter legt er dar, das Sportklettern habe durch eine grundlegende Verbesserung der Ausrüstung, des Materials und der Klettertechnik einen neuen Aufschwung erfahren, der auch vor dem Donautal nicht halt mache. Diese Aussage wiederum lässt erkennen, dass der Hinweis des Klägers darauf, es werde schon seit über 80 Jahren ohne gravierende Naturschäden im Donautal geklettert, schon deshalb der Bejahung des Tatbestands in § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG nicht entgegen gehalten werden kann, weil sich die Verhältnisse in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Zunahme der Zahl der Kletterer und auch der Routen entscheidend geändert haben.
26 
Der Kläger vermag sich auch nicht erfolgreich darauf zu berufen, Wanderer gefährdeten oder zerstörten in weit größerem Maße geschützte Biotope als Kletterer. Dabei braucht nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob dieser Vorwurf überhaupt zutreffend ist. Denn selbst wenn er zuträfe, änderte dies nichts daran, dass das Klettern - wie bereits dargelegt - eine verbotene Handlung im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG darstellt.
27 
Nach alldem ist das Klettern im hier maßgeblichen Bereich bereits aufgrund von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG verboten, denn dem Kläger steht auch nicht aufgrund einer alten Gestattung im Sinne von § 24a Abs. 3 Nr. 4 NatSchG oder aufgrund der FFH-Richtlinie ein allgemeines Kletterrecht im hier fraglichen Bereich zu“. (wird ausgeführt)
28 
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.
29 
Entgegen der Ansicht des Klägers bestehen keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Biotopschutzes für offene Felsbildungen gemäß § 24 a Abs. 1 Nr. 4 NatSchG in Verbindung mit Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24a NatSchG und dem in § 24a Abs. 2 NatSchG normierten Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung eines solchen besonders geschützten Biotops führen können (vgl. etwa auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1301/95 -, VBlBW 1996, 468; Beschluss vom 11.12.1998 - 5 S 2266/96 -, VBlBW 1999, 180, die den gesetzlichen Biotopschutz in § 24 a NatSchG als verfassungsgemäß zu Grunde legen).
30 
Dem Vorbringen des Klägers, der gesetzliche Biotopschutz für offene Felsbildungen verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Bestimmtheit von Normen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Schriftsätzlich hat der Kläger zunächst selbst nicht angegeben, in welcher Hinsicht (etwa Bestimmtheit des Schutzgegenstandes, der räumlichen Abgrenzbarkeit oder der untersagten Handlungen) dieser Biotopschutz das Bestimmtheitsverbot verletzen sollte. Die Kammer vermag einen solchen Verstoß nicht festzustellen.
31 
Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit von Normen erfordert, dass ein gesetzliches Verbot nach Voraussetzungen und Inhalt so formuliert sein muss, dass die Normbetroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten darauf einstellen können (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1964 - 1 BvL 12/63 -, BVerfGE 17, 306, 314; Beschluss vom 20.04.1982 - 1 BvR 522/78 - BVerfGE 60, 215, 230; Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 578/84 -, BVerfGE 78, 205, 212; Urteil vom 24.09.1991 - 1 BvR 1341/90 -, BVerfGE 84, 133, 149). Diesem Gebot steht der Gebrauch von Generalklauseln und unbestimmten, der Auslegung bedürftigen Rechtsbegriffen nicht entgegen (BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988, a.a.O.). Vielmehr sind diese zulässig, weil sich die Vielfalt der zu regelnden Sachverhalte und Verwaltungsaufgaben nicht immer durch klar umrissene Begriffe festlegen lässt (BVerfG, Beschluss vom 26.09.1978 - 1 BvR 525/77 -, BVerfGE 49, 168, 181; Beschluss vom 08.01.1981 - 2 BvL 3, 9/77 -, BVerfGE 56, 1, 12; Beschluss vom 14.11.1989 - 1 BvL 14/85 -, BVerfGE 81, 70, 88). Eine etwa notwendige Klarstellung ist dann Aufgabe der Rechtsprechung, insbesondere der höheren Gerichte (BVerfG, Urteil  vom 04.04.1967 - 1 BvR 126/65 - BVerfGE 21, 245, 261; Beschluss vom 14.11.1989, a.a.O.). Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt dabei von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts und insbesondere auch davon ab, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist und welche Intensität den Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen zukommt (BVerfG, Beschluss vom 19.04.1978 - 2 BvL 2/75 -, BVerfGE 48, 210, 222). Erforderlich ist demnach nur dasjenige Maß an Bestimmtheit, welches angesichts der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 26.09.1978, a.a.O.; Beschluss vom 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 -, BVerfGE 59, 104, 114; Beschluss vom 18.05.1988, a.a.O.; Urteil vom 24.09.1991, a.a.O.).
32 
Gemessen an diesen Anforderungen ist der gesetzliche Biotopschutz für offene Felsbildungen hinsichtlich der Bestimmtheit sowohl des Schutzgegenstandes wie auch der untersagten Handlungen nicht zu beanstanden. Der Schutzgegenstand „offene Felsbildungen“ wird in der Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24 a NatSchG weiter konkretisiert und näher bestimmt. Dort ist ausgeführt: Offene Felsbildungen umfassen innerhalb und außerhalb des Waldes fast vegetationsfreie, oft nur von Moosen und Flechten bewachsene Felsen, spärlich bewachsene Felsköpfe, Felsspalten und Felsbänder mit zum Teil geringen Gehölzanteil sowie Felsüberhänge (Balmen) mit einer speziellen Balmenvegetation. Im Folgenden werden besondere typische Arten der offenen Felsbildungen (von Streifenfarn-Arten bis hin zu Moos- und Flechten-Arten) genannt. Mit dieser Begriffsbestimmung in Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24 a NatSchG hat der Gesetzgeber bereits selbst zu einem Höchstmaß an erforderlicher inhaltlicher Bestimmtheit des Begriffs der offenen Felsbildungen beigetragen.
33 
Aber auch hinsichtlich der in § 24 a Abs. 2 NatSchG untersagten Handlungen ist -entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht - nichts für eine von Verfassungs wegen zu beanstandende Unklarheit der gesetzlichen Verbote ersichtlich. Nach dieser Vorschrift sind alle Handlungen untersagt, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen können. Eine nähere Umschreibung der verbotenen Handlungen ist angesichts vielfältiger möglicher Eingriffe in Biotope, die einer genaueren Abstraktion nicht zugänglich sind, nicht möglich. Ebenso ist Bezugspunkt für Eingriffe immer das jeweilige Biotop in seiner Zusammensetzung, so dass auch insoweit nicht pauschal Handlungen aufgezählt werden können, vielmehr eine Betrachtung des Einzelfalls notwendig ist (vgl. auch Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2. Aufl., § 30 BNatSchG RdNr. 5). Eine nähere Bestimmung der verbotenen Handlungen bleibt insoweit notwendigerweise den Gerichten bei der Prüfung der ihnen zur Entscheidung unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten im Einzelfall überlassen. Insoweit hat sich mittlerweile eine umfangreiche Judikatur zur Frage, welche Eingriffe zur Zerstörung oder relevanten Beeinträchtigung eines Biotops führen können, herausgebildet (vgl. dazu die Nachweise bei Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG, RdNr. 5; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 30 BNatSchG RdNr. 27), wobei von einer Zerstörung bei der irreparablen Schädigung eines Bestandes mit der Folge des gänzlichen Verlustes des Biotops, von einer erheblichen Beeinträchtigung bei einer nicht bloß geringfügigen Beeinträchtigung des Biotops, die keinen Dauerschaden erfordert, und von einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Biotops bei einem Dauerschaden gesprochen wird, der in Abgrenzung zur erheblichen Beeinträchtigung auch geringfügige Beeinträchtigungen umfasst, die sich dauerhaft auswirken (vgl. Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5).
34 
So hat auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 07.05.2001 - BvK 1/00 -, NuR 2002, 27, 37) hinsichtlich der dem § 24 a NatSchG entsprechenden Regelung des schleswig-holsteinischen Landesrechts (§ 15a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 Naturschutzgesetz Schleswig-Holstein) ausgeführt, dass diese Normen dem Gebot der Normklarheit entsprechen.
35 
Soweit das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Vorlagebeschluss vom 15.08.1994 (- 7 A 2883/92 -, NuR 1995, 301, die Vorlage war nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.09.1998 - 1 BvL 21/94 -, NuR 1999, 99 mangels Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Vorschriften über den gesetzlichen Biotopschutz unzulässig und hat in der Literatur Ablehnung gefunden, vgl. etwa: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 RdNr. 4; Gellermann, NuR 1995, 227; Louis/Kortebein, NuR 1997, 216; weiterhin wird der durch entsprechende landesrechtliche Regelungen umgesetzte gesetzliche Biotopschutz ausdrücklich für verfassungsgemäß gehalten von: VerfG Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2000 -VfG Bbg 20/00 -, NuR 2001, 146; OVG Niedersachsen, Urteil vom 23.08.1994 - 3 L 3939/93 -, NuR 1995, 470; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.04.1996 - 1 M 75/95 -, NuR 1997, 256 VG Potsdam, Urteil vom 30.01.1997 - 1 K 445/94 -, NVwZ 1998, 1216) der Ansicht war, der im nordrhein-westfälischen Landesrecht normierte gesetzliche Biotopschutz entspreche bereits wegen der genannten Biotoptypen - beispielhaft dargelegt an den Biotoptypen „Feuchtgrünland“ und „Magerwiesen und -weiden“ - nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot, kann die dortige Argumentation auf den in Baden-Württemberg normierten gesetzlichen Biotopschutz wegen der detaillierten Definitionen der besonders geschützten Biotoptypen in der Anlage zu § 24a Abs. 1 NatSchG, die bei der vorgelegten Norm des nordrhein-westfälischen Landesrechts fehlten, nicht übertragen werden (so auch Kratsch, VBlBW 1998, 241, 242; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 15).
36 
Der Einwand des OVG Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Unbestimmtheit der untersagten Handlungen betraf diejenigen Biotoptypen, die ihre Entstehung und Erhaltung menschlichem Wirken verdanken und die der weiteren, dem jeweiligen Lebensraum angepassten Nutzung bzw. Pflege bedürfen. Für den hier in Rede stehenden Biotopschutz für offene Felsbildungen stellt sich dieses Problem nicht.
37 
Der Kläger dringt auch nicht mit seiner Ansicht durch, das in § 24a NatSchG normierte Verbot halte sich nicht in dem bundesgesetzlich vorgegebenen Rahmen des § 20c BNatSchG a.F./§ 30 BNatSchG n.F.. Gemäß der bundesrechtlichen Rahmenregelung (vgl. Art. 75 GG) regeln Länder das Verbot von Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der genannten Biotope führen können. Dieser rahmenrechtliche Auftrag wird in § 24a Abs. 2 NatSchG nahezu wörtlich umgesetzt, wenn dort bestimmt wird, dass alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen können, verboten sind. Der Kläger dringt mit seiner in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht nicht durch, der im Landesnaturschutzgesetz verwendete Begriff der „Handlung“ sei weiter als der Begriff der „Maßnahme“ in der bundesrechtlichen Rahmenregelung. Vielmehr ist der Begriff der Maßnahme umfassend und schließt alle denkbaren Handlungen ein, die je nach Beschaffenheit des Biotops geeignet sind, mittelbar oder unmittelbar auf dieses einzuwirken. Gedacht ist in erster Linie an tatsächliche Handlungen in dem betreffenden Gebiet, direkte Einwirkungen, wie etwa Straßenbau, Hausbau, Landwirtschaft, Errichtung und Betrieb industrieller Anlagen; erfasst werden zudem auch Einwirkungen auf solche Gebiete, die von anderen Grundstücken aus als indirekte Einwirkungen vorgenommen werden (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 9; Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5).
38 
Aus der in § 24 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NatSchG geregelten Möglichkeit, dass die Naturschutzbehörde Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 2 Satz 1 zulassen kann, wenn keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Biotops und der Lebensstätten gefährdeter Tier- und Pflanzenarten zu erwarten sind, folgt nicht, dass jeder Eingriff, also auch derjenige, der nicht zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen kann, verboten ist. Vielmehr lässt § 24a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NatSchG eine Ausnahme für den Fall zu, dass nach dem für das Verbot nach § 24 a Abs. 2 NatSchG anzuwendenden Möglichkeitsmaßstab eine Handlung zwar zur Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung führen kann, eine solche Beeinträchtigung nach einer Prognoseprüfung aber nicht zu erwarten ist (zur Unterscheidung zwischen Möglichkeits- und Wahrscheinlichkeitsmaßstab vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 18 BNatSchG RdNr. 8).
39 
Letztlich schränken die Verbote des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24a Abs. 2 NatSchG als formell und materiell verfassungsgemäß gesetztes Recht die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit - dazu bereits oben - zulässig ein. Insbesondere ist kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes gegeben. In der Bundesrepublik Deutschland und im Land Baden-Württemberg ist in den letzten Jahrzehnten die Arten- und Lebensraumvielfalt in großem Maße verringert worden (vgl. Schuhmacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5 ff.). Es ist ein anerkanntes Ziel des Naturschutzes, wildlebenden Pflanzen- und Tierarten in der Kulturlandschaft ausreichenden Lebensraum durch entsprechenden Biotopschutz zu sichern. Für die in § 24 a NatSchG getroffenen Regelungen ist mithin in einem hohen Maße ein Interesse der Allgemeinheit vorhanden, das nicht außer Verhältnis zu den Belangen des Einzelnen steht. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch die Wahl einer anderen (milderen) Regelung den gleichen oder besseren Biotopschutz hätte erreichen können und deshalb mit der getroffenen Regelung gegen das Übermaßverbot verstoßen hat, sind für die Kammer nicht ersichtlich (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23.08.1994, a.a.O.). Schützenswerten Belangen des Grundrechtsinhabers können durch die Anwendung der Ausnahmeregelung in § 24 Abs. 4 NatSchG oder der Befreiungsregelung in § 62 NatSchG, die gegebenenfalls auch verfassungskonform auszulegen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.09.1998, a.a.O.), Rechnung getragen werden.
40 
Findet der in § 24 a NatSchG normierte gesetzliche Biotopschutz auf die in Rede stehenden Felsen im Oberen Donautal und seinen Seitentälern Anwendung und ist er verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bleibt die Feststellungsklage ohne Erfolg. Keiner weiteren Erörterung bedarf daher, ob sich ein Verbot des Kletterns zudem aus den Regelungen des V. Abschnitts des Naturschutzgesetzes über das Europäische ökologische Netz „Natura 2000“ ergibt, nachdem das Gebiet des Oberen Donautals zwischenzeitlich in der Kulisse des Natura-2000-Gebietes Nr. 7820-401 „Südwestalb und Oberes Donautal“ (Vogelschutzgebiet) sowie im Natura-2000-Gebiet Nr. 7920-301 „Donau zwischen Sigmaringen und Tuttlingen“ (FFH-Gebiet) liegt.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es besteht kein Anlass, die Berufung zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gründe

 
17 
Die Feststellungsklage hat keinen Erfolg.
18 
Sie ist bereits unzulässig, soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass ihm das Klettern an den Felsen Aussichtsfels, Bad Men Rock, Dachstein, Dritte Zinne, Eigerturm, Erste Zinne, Fischerfels, Fuchsfels, Hausener Wand, Laucherttal, Löchlesfels, Parkplatzfels, Petersfels, Stuhlfels, Traumfels, Verlobungsfels, Westliche Zinne, Zweite Zinne erlaubt ist, sowie hinsichtlich des Felsen am Schreyfels (rechter Wandteil) auf den Routen oder Felsbereichen Bröselmüller, Bröselmaier, Auf Messers Schneide, Kreinerführe, Pfingstochse, Preussriss, Dezemberstreich, Efeuverschneidung, Direkter Ausstieg, Brot und Speck, Brot und Spiele, Quadrophenia, Igelkante, Holunderkamin, Opakante, hinsichtlich des Felsen am Schaufels auf den Routen oder Felsbereichen Kaiserweg, Schöner Riss (Einstiege über Kaiserweg), Gerader Riss, Normalweg (Ausstieg über Leere Welt oder direkter Ausstieg), Direkter Ausstieg, Leere Welt, Bled gloffa, Trizeps, Direkter Einstieg Trizeps, Godfather of Rock, Chrome Dome, Sese, Cats, Schurer Gedenkweg, Herbstweg, hinsichtlich des Felsen am Blicklefels auf den Routen oder Felsbereichen Blicklekante, Dreierweg, Abendtraum, Kurzschluss, The mad FVOS, Albtraum, Hurenfurche, Gailtalerin, Via Lochus, Walzkante, hinsichtlich des Felsen an der Falkenwand im Felsbereich von Route Bierkante bis Route Rottweiler Weg, hinsichtlich der Rabenwand und der Donaucalanque im Zeitraum vom 16.07. bis zum 30.09. und vom 01.11. bis zum 28.02., hinsichtlich des Felsen Schreyfels bezüglich der Routen Tira Mi Su, Siebenkäs, Weg der Jugend, Verdauungsspaziergang, Dülferverschneidung vom 01.08. bis zum 31.12. und hinsichtlich des Schaufels bezüglich der Route Alter Ebinger Turm Weg vom 16.07. bis zum 30.09. und vom 01.11. bis zum 28.02 erlaubt ist. Denn insoweit hat das Landratsamt S. in seiner Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 das Klettern freigegeben, so dass für die erhobene Feststellungsklage das Rechtsschutzbedürfnis fehlt. Obwohl der Kläger in der mündlichen Verhandlung hierauf hingewiesen wurde, hat er an seinem umfassenden Klageantrag festgehalten.
19 
Hinsichtlich der übrigen Felsen bzw. nicht freigegebenen Routen oder Felsbereiche ist die Feststellungsklage hingegen zulässig. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass ihm das Klettern an den näher bezeichneten Felsen im Oberen Donautal erlaubt ist. Diese Klage ist auf Feststellung des Bestehens bestimmter Rechte gerichtet und damit ein im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Dieses Rechtsverhältnis verliert seine Eigenschaft nicht dadurch, dass die Klage auf die Nichtigkeit des Verbotes in § 24 a Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der Natur, zur Pflege der Landschaft und über die Erholungsvorsorge in der freien Landschaft Baden-Württemberg (Naturschutzgesetz -NatSchG) in der Fassung vom 29.03.1995 (GBl. S. 386), zuletzt geändert durch Art. 4 Umweltverträglichkeitsänderungsgesetz vom 19.11.2002 (GBl. S. 428) gestützt ist, das der Kläger für verfassungswidrig hält (vgl. etwa:  BVerwG, Urteil vom 09.12.1982 - 5 C 103.81 -, NJW 1983, 2208; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 43 RdNr. 25 m.w.N.). Denn ungeachtet dieser Begründung zielt die Klage nicht auf die - dem Bundesverfassungsgericht vorbehaltene - Feststellung der Ungültigkeit des § 24 a NatSchG, sondern auf das Bestehen des in Frage stehenden Rechtes zum Klettern an bestimmten Felsen im Donautal.
20 
Die Zulässigkeit der Feststellungsklage scheitert auch nicht an der Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO, nach der die Feststellung nicht begehrt werden kann, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Insbesondere ist die jetzt erhobene Feststellungsklage nicht subsidiär gegenüber der mit Urteil der 9. Kammer des Gerichts vom 05.12.2000 - 9 K 1737/00 -bereits rechtskräftig und abschlägig entschiedenen Klage, mit der der Kläger unter anderem die Verpflichtung des Beklagten auf erneute Entscheidung über freizugebende Felsen und Klettermöglichkeiten begehrt hat. Denn Klageziel einer solchen Verpflichtungsklage konnte lediglich die Zulassung einer Ausnahme gemäß § 24 a Abs. 4 NatSchG von den Verboten des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24 a Abs. 2 Satz 1 NatSchG sein, während die Erteilung einer solchen Ausnahme gar nicht erforderlich wäre, wenn man mit dem Kläger von der Verfassungswidrigkeit des gesetzlichen Biotopschutzes für die in Rede stehenden Felsen ausgeht.
21 
Der Zulässigkeit der Feststellungsklage steht auch nicht die Rechtskraft des Urteils des Gerichts vom 05.12.2000 entgegen. Gemäß § 121 Nr. 1 VwGO binden rechtskräftige Urteile, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger. Mit dem Urteil vom 05.12.2000 wurde allerdings lediglich rechtskräftig entschieden, dass die Klage des Klägers gegen die Allgemeinverfügung vom 29.10.1996 und auf die Erteilung einer Ausnahme gemäß § 24 a Abs. 4 NatSchG mangels Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) unzulässig ist. Diese rechtskräftige Entscheidung steht damit nicht dem mit der Verfassungswidrigkeit der Verbote des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24a Abs. 2 NatSchG begründeten Begehren auf Feststellung, dass das Klettern an den bezeichneten Felsen im Oberen Donautal erlaubt ist, entgegen.
22 
Schließlich ist die auch für die Feststellungsklage nach § 42 Abs. 2 VwGO in entsprechender Anwendung erforderliche Klagebefugnis (vgl. BVerwG, Urteile vom 29.06.1995 - 2 C 32.94 -, BVerwGE 99, 64, 66 und vom 26.011996 - 8 C 19.94 -, BVerwGE 100, 262, 271 jew. m.w.N.) gegeben, da sich der Kläger als Klettersportler jedenfalls auf das in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit berufen kann, das nicht bloß einen begrenzten Bereich der Persönlichkeitsentfaltung, sondern jede Form menschlichen Handelns ohne Rücksicht darauf schützt, welches Gewicht der Betätigung für die Persönlichkeitsentfaltung zukommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 06.06.1989 - 1 BvR 921/85 -, BVerfGE 80, 137, 152 f. m.w.N.). Damit liegt zugleich auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung im Sinne des § 43 Abs. 1 VwGO vor.
23 
Die insoweit zulässige Feststellungsklage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger ist das Klettern an den von der Allgemeinverfügung des Landratsamtes vom 29.10.1996 nicht zum Klettern freigegebenen Felsen, Felsrouten und Felsbereichen im Oberen Donautal nicht erlaubt. Allerdings folgt dies noch nicht aus der Bestandskraft der Allgemeinverfügung. Wie bereits im Urteil der 9. Kammer des Gerichts vom 05.12.2000 ausgeführt, kommt der Allgemeinverfügung im Verhältnis zum Kläger allein begünstigende Wirkung zu, indem dort Klettermöglichkeiten eingeräumt werden, die ansonsten auf Grund des gesetzlichen Biotopschutzes nicht gegeben sind. Das Verbot in § 24 a Abs. 2 NatSchG besteht für die in § 24 a Abs. 1 NatSchG genannten Biotope unmittelbar kraft Gesetzes, es bedarf nicht einer behördlichen Einzelanordnung. Demgemäß ist die Ziffer 3 in der Allgemeinverfügung vom 29.10.1996, nach der alle in dieser „Kletterregelung“ nicht genannten Felsen und Felsgruppen im Oberen Donautal sowie in den Seitentälern des Oberen Donautals Laucherttal und Schmeiental im Landkreis Sigmaringen nach § 24 a NatSchG zum Klettern gesperrt bleiben, lediglich ein Hinweis auf den bestehenden gesetzlichen Biotopschutz und hat keinen - der Bestandskraft fähigen - eigenständigen Regelungsgehalt.
24 
Das Klettern an den in Rede stehenden Felsen im Oberen Donautal ist als Handlung, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung von Biotopen im Sinne des § 24a Abs. 1 Nr. 4 NatSchG in Verbindung mit Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24a Abs. 1 NatSchG führen kann, nach § 24a Abs. 2 NatSchG verboten. Sowohl vom Wortlaut des § 24a Abs. 2 NatSchG wie auch von dessen Sinn und Zweck fällt das Klettern -entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung - unter den dort genannten Verbotstatbestand. Die 9. Kammer des Gerichts hat hierzu in seinem Urteil vom 05.12.2000 ausgeführt:
25 
„Die in § 24a Abs. 1 NatSchG aufgeführten Biotope genießen mit dem in Abs. 2 ausgesprochenen Verbot aller Handlungen, die zu ihrer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung führen können, einen unmittelbaren gesetzlichen Schutz, dessen rechtliche Auswirkungen mit denen einer Schutzgebietsverordnung vergleichbar sind (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.06.1997 - 8 S 2799/96 -, VBlBW 1988, 64 f.; NuR 1998, 146 ff.). Dementsprechend ist auch § 24a Abs. 2 NatSchG als abstrakt-generelle Regelung zu verstehen, die alle Handlungen untersagt, die - gemessen an einem objektiven Maßstab - die Möglichkeit in sich bergen, dass das Biotop zerstört oder nachhaltig beeinträchtigt wird. Zu diesen Handlungen im Rechtssinne gehört auch das Klettern. Denn es steht für die Kammer außer Zweifel, dass durch den zeitweisen engen körperlichen Kontakt zum Felsen, der beim Klettern unvermeidlich ist, die oft nur vergleichsweise oberflächlich haftende Felsvegetation beschädigt oder - jedenfalls teilweise - ganz zerstört werden kann. Nicht ausgeschlossen werden kann danach, dass - abhängig vom Maß der Frequentierung eines bestimmten Felsbiotops durch Kletterer - auch das gesamte Biotop nachhaltig beeinträchtigt oder als Biotop im Ganzen zerstört wird. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass von Verbänden und Interessengemeinschaften von Kletterern das sogenannte „sanfte“, also umweltschonende Klettern propagiert wird und beispielsweise durch die Verwendung von Umlenkhaken das Betreten von Felsköpfen vermieden werden kann. Die Propagierung umweltschonenden Kletterns zeigt jedoch gerade auch, dass es möglich ist, auch auf andere, weniger naturverträgliche Art dem Klettersport nachzugehen, so dass die Einstufung des Kletterns als verbotene Handlung im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG grundsätzlich nicht in Frage gestellt wird. Auch der Hinweis des Klägers darauf, dass eine Kletterroute allenfalls zwei Meter breit ist, vermag keine andere Beurteilung zu rechtfertigen. Denn es gibt bereits jetzt, wie das Gericht den beigezogenen Akten entnimmt, zahlreiche Felsen im Donautal, die auf mehreren, teils parallelen, teils sich kreuzenden Routen bestiegen werden können bzw. - ohne Kletterverbot - bestiegen werden könnten. Im Übrigen lässt sich den bezeichneten Akten und dem Kletterführer von Ralph Stöhr entnehmen, dass zahlreiche Routen erstmals 1975 und später begangen wurden, was von Herter in seinem Gutachten (Die Xerothermvegetation des „Oberen Donautals“ - Untersuchungen zur Vegetation, zu Schädigungen durch Mensch und Wild sowie Schutz- und Erhaltungsvorschläge, ohne Datum) auf eine „etwa im Jahre 1981“ im Donautal einsetzende neue Erschließungswelle zurückgeführt wird. Herter führt im Übrigen in dem insoweit vom Kläger bisher nicht bestrittenen Teil seines Gutachtens (Seite 107) unter anderem auch aus, dass die erste dokumentierte Durchsteigung einer Kletterwand im Donautal im Jahr 1932 stattgefunden habe. In den Folgejahren seien nur wenige neue Routen an anderen Felsen hinzugekommen. Eine erste gemäßigte Welle der Neuerschließungen von Routen sei erst viel später, in der Mitte der 50er Jahre, durch das Donautal gegangen. Weiter legt er dar, das Sportklettern habe durch eine grundlegende Verbesserung der Ausrüstung, des Materials und der Klettertechnik einen neuen Aufschwung erfahren, der auch vor dem Donautal nicht halt mache. Diese Aussage wiederum lässt erkennen, dass der Hinweis des Klägers darauf, es werde schon seit über 80 Jahren ohne gravierende Naturschäden im Donautal geklettert, schon deshalb der Bejahung des Tatbestands in § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG nicht entgegen gehalten werden kann, weil sich die Verhältnisse in den letzten zwei Jahrzehnten durch die Zunahme der Zahl der Kletterer und auch der Routen entscheidend geändert haben.
26 
Der Kläger vermag sich auch nicht erfolgreich darauf zu berufen, Wanderer gefährdeten oder zerstörten in weit größerem Maße geschützte Biotope als Kletterer. Dabei braucht nicht der Frage nachgegangen zu werden, ob dieser Vorwurf überhaupt zutreffend ist. Denn selbst wenn er zuträfe, änderte dies nichts daran, dass das Klettern - wie bereits dargelegt - eine verbotene Handlung im Sinne von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG darstellt.
27 
Nach alldem ist das Klettern im hier maßgeblichen Bereich bereits aufgrund von § 24a Abs. 2 Satz 1 NatSchG verboten, denn dem Kläger steht auch nicht aufgrund einer alten Gestattung im Sinne von § 24a Abs. 3 Nr. 4 NatSchG oder aufgrund der FFH-Richtlinie ein allgemeines Kletterrecht im hier fraglichen Bereich zu“. (wird ausgeführt)
28 
Diesen Ausführungen schließt sich die Kammer uneingeschränkt an.
29 
Entgegen der Ansicht des Klägers bestehen keine Bedenken an der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Biotopschutzes für offene Felsbildungen gemäß § 24 a Abs. 1 Nr. 4 NatSchG in Verbindung mit Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24a NatSchG und dem in § 24a Abs. 2 NatSchG normierten Verbot aller Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung eines solchen besonders geschützten Biotops führen können (vgl. etwa auch VGH Bad.-Württ., Urteil vom 28.03.1996 - 5 S 1301/95 -, VBlBW 1996, 468; Beschluss vom 11.12.1998 - 5 S 2266/96 -, VBlBW 1999, 180, die den gesetzlichen Biotopschutz in § 24 a NatSchG als verfassungsgemäß zu Grunde legen).
30 
Dem Vorbringen des Klägers, der gesetzliche Biotopschutz für offene Felsbildungen verstoße gegen das verfassungsrechtliche Gebot der Bestimmtheit von Normen, vermag die Kammer nicht zu folgen. Schriftsätzlich hat der Kläger zunächst selbst nicht angegeben, in welcher Hinsicht (etwa Bestimmtheit des Schutzgegenstandes, der räumlichen Abgrenzbarkeit oder der untersagten Handlungen) dieser Biotopschutz das Bestimmtheitsverbot verletzen sollte. Die Kammer vermag einen solchen Verstoß nicht festzustellen.
31 
Das im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) begründete Gebot hinreichender Bestimmtheit von Normen erfordert, dass ein gesetzliches Verbot nach Voraussetzungen und Inhalt so formuliert sein muss, dass die Normbetroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten darauf einstellen können (BVerfG, Beschluss vom 07.04.1964 - 1 BvL 12/63 -, BVerfGE 17, 306, 314; Beschluss vom 20.04.1982 - 1 BvR 522/78 - BVerfGE 60, 215, 230; Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 578/84 -, BVerfGE 78, 205, 212; Urteil vom 24.09.1991 - 1 BvR 1341/90 -, BVerfGE 84, 133, 149). Diesem Gebot steht der Gebrauch von Generalklauseln und unbestimmten, der Auslegung bedürftigen Rechtsbegriffen nicht entgegen (BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988, a.a.O.). Vielmehr sind diese zulässig, weil sich die Vielfalt der zu regelnden Sachverhalte und Verwaltungsaufgaben nicht immer durch klar umrissene Begriffe festlegen lässt (BVerfG, Beschluss vom 26.09.1978 - 1 BvR 525/77 -, BVerfGE 49, 168, 181; Beschluss vom 08.01.1981 - 2 BvL 3, 9/77 -, BVerfGE 56, 1, 12; Beschluss vom 14.11.1989 - 1 BvL 14/85 -, BVerfGE 81, 70, 88). Eine etwa notwendige Klarstellung ist dann Aufgabe der Rechtsprechung, insbesondere der höheren Gerichte (BVerfG, Urteil  vom 04.04.1967 - 1 BvR 126/65 - BVerfGE 21, 245, 261; Beschluss vom 14.11.1989, a.a.O.). Der Grad der jeweils zu fordernden Bestimmtheit einer Regelung hängt dabei von der Eigenart des zu regelnden Sachverhalts und insbesondere auch davon ab, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist und welche Intensität den Auswirkungen der Regelung für den Betroffenen zukommt (BVerfG, Beschluss vom 19.04.1978 - 2 BvL 2/75 -, BVerfGE 48, 210, 222). Erforderlich ist demnach nur dasjenige Maß an Bestimmtheit, welches angesichts der zu ordnenden Lebenssachverhalte und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist (BVerfG, Beschluss vom 26.09.1978, a.a.O.; Beschluss vom 24.11.1981 - 2 BvL 4/80 -, BVerfGE 59, 104, 114; Beschluss vom 18.05.1988, a.a.O.; Urteil vom 24.09.1991, a.a.O.).
32 
Gemessen an diesen Anforderungen ist der gesetzliche Biotopschutz für offene Felsbildungen hinsichtlich der Bestimmtheit sowohl des Schutzgegenstandes wie auch der untersagten Handlungen nicht zu beanstanden. Der Schutzgegenstand „offene Felsbildungen“ wird in der Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24 a NatSchG weiter konkretisiert und näher bestimmt. Dort ist ausgeführt: Offene Felsbildungen umfassen innerhalb und außerhalb des Waldes fast vegetationsfreie, oft nur von Moosen und Flechten bewachsene Felsen, spärlich bewachsene Felsköpfe, Felsspalten und Felsbänder mit zum Teil geringen Gehölzanteil sowie Felsüberhänge (Balmen) mit einer speziellen Balmenvegetation. Im Folgenden werden besondere typische Arten der offenen Felsbildungen (von Streifenfarn-Arten bis hin zu Moos- und Flechten-Arten) genannt. Mit dieser Begriffsbestimmung in Ziffer 4.1 der Anlage zu § 24 a NatSchG hat der Gesetzgeber bereits selbst zu einem Höchstmaß an erforderlicher inhaltlicher Bestimmtheit des Begriffs der offenen Felsbildungen beigetragen.
33 
Aber auch hinsichtlich der in § 24 a Abs. 2 NatSchG untersagten Handlungen ist -entgegen der vom Kläger in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht - nichts für eine von Verfassungs wegen zu beanstandende Unklarheit der gesetzlichen Verbote ersichtlich. Nach dieser Vorschrift sind alle Handlungen untersagt, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen können. Eine nähere Umschreibung der verbotenen Handlungen ist angesichts vielfältiger möglicher Eingriffe in Biotope, die einer genaueren Abstraktion nicht zugänglich sind, nicht möglich. Ebenso ist Bezugspunkt für Eingriffe immer das jeweilige Biotop in seiner Zusammensetzung, so dass auch insoweit nicht pauschal Handlungen aufgezählt werden können, vielmehr eine Betrachtung des Einzelfalls notwendig ist (vgl. auch Lorz/Müller/Stöckel, Naturschutzrecht, 2. Aufl., § 30 BNatSchG RdNr. 5). Eine nähere Bestimmung der verbotenen Handlungen bleibt insoweit notwendigerweise den Gerichten bei der Prüfung der ihnen zur Entscheidung unterbreiteten Rechtsstreitigkeiten im Einzelfall überlassen. Insoweit hat sich mittlerweile eine umfangreiche Judikatur zur Frage, welche Eingriffe zur Zerstörung oder relevanten Beeinträchtigung eines Biotops führen können, herausgebildet (vgl. dazu die Nachweise bei Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG, RdNr. 5; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, Bundesnaturschutzgesetz, § 30 BNatSchG RdNr. 27), wobei von einer Zerstörung bei der irreparablen Schädigung eines Bestandes mit der Folge des gänzlichen Verlustes des Biotops, von einer erheblichen Beeinträchtigung bei einer nicht bloß geringfügigen Beeinträchtigung des Biotops, die keinen Dauerschaden erfordert, und von einer nachhaltigen Beeinträchtigung des Biotops bei einem Dauerschaden gesprochen wird, der in Abgrenzung zur erheblichen Beeinträchtigung auch geringfügige Beeinträchtigungen umfasst, die sich dauerhaft auswirken (vgl. Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5).
34 
So hat auch das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 07.05.2001 - BvK 1/00 -, NuR 2002, 27, 37) hinsichtlich der dem § 24 a NatSchG entsprechenden Regelung des schleswig-holsteinischen Landesrechts (§ 15a Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 1 und 2 Naturschutzgesetz Schleswig-Holstein) ausgeführt, dass diese Normen dem Gebot der Normklarheit entsprechen.
35 
Soweit das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in seinem Vorlagebeschluss vom 15.08.1994 (- 7 A 2883/92 -, NuR 1995, 301, die Vorlage war nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.09.1998 - 1 BvL 21/94 -, NuR 1999, 99 mangels Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der zur Prüfung gestellten Vorschriften über den gesetzlichen Biotopschutz unzulässig und hat in der Literatur Ablehnung gefunden, vgl. etwa: Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, BNatSchG, 2. Aufl., § 30 RdNr. 4; Gellermann, NuR 1995, 227; Louis/Kortebein, NuR 1997, 216; weiterhin wird der durch entsprechende landesrechtliche Regelungen umgesetzte gesetzliche Biotopschutz ausdrücklich für verfassungsgemäß gehalten von: VerfG Brandenburg, Beschluss vom 12.10.2000 -VfG Bbg 20/00 -, NuR 2001, 146; OVG Niedersachsen, Urteil vom 23.08.1994 - 3 L 3939/93 -, NuR 1995, 470; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 11.04.1996 - 1 M 75/95 -, NuR 1997, 256 VG Potsdam, Urteil vom 30.01.1997 - 1 K 445/94 -, NVwZ 1998, 1216) der Ansicht war, der im nordrhein-westfälischen Landesrecht normierte gesetzliche Biotopschutz entspreche bereits wegen der genannten Biotoptypen - beispielhaft dargelegt an den Biotoptypen „Feuchtgrünland“ und „Magerwiesen und -weiden“ - nicht dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot, kann die dortige Argumentation auf den in Baden-Württemberg normierten gesetzlichen Biotopschutz wegen der detaillierten Definitionen der besonders geschützten Biotoptypen in der Anlage zu § 24a Abs. 1 NatSchG, die bei der vorgelegten Norm des nordrhein-westfälischen Landesrechts fehlten, nicht übertragen werden (so auch Kratsch, VBlBW 1998, 241, 242; Schuhmacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 15).
36 
Der Einwand des OVG Nordrhein-Westfalen hinsichtlich der Unbestimmtheit der untersagten Handlungen betraf diejenigen Biotoptypen, die ihre Entstehung und Erhaltung menschlichem Wirken verdanken und die der weiteren, dem jeweiligen Lebensraum angepassten Nutzung bzw. Pflege bedürfen. Für den hier in Rede stehenden Biotopschutz für offene Felsbildungen stellt sich dieses Problem nicht.
37 
Der Kläger dringt auch nicht mit seiner Ansicht durch, das in § 24a NatSchG normierte Verbot halte sich nicht in dem bundesgesetzlich vorgegebenen Rahmen des § 20c BNatSchG a.F./§ 30 BNatSchG n.F.. Gemäß der bundesrechtlichen Rahmenregelung (vgl. Art. 75 GG) regeln Länder das Verbot von Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der genannten Biotope führen können. Dieser rahmenrechtliche Auftrag wird in § 24a Abs. 2 NatSchG nahezu wörtlich umgesetzt, wenn dort bestimmt wird, dass alle Handlungen, die zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen können, verboten sind. Der Kläger dringt mit seiner in der mündlichen Verhandlung vertretenen Ansicht nicht durch, der im Landesnaturschutzgesetz verwendete Begriff der „Handlung“ sei weiter als der Begriff der „Maßnahme“ in der bundesrechtlichen Rahmenregelung. Vielmehr ist der Begriff der Maßnahme umfassend und schließt alle denkbaren Handlungen ein, die je nach Beschaffenheit des Biotops geeignet sind, mittelbar oder unmittelbar auf dieses einzuwirken. Gedacht ist in erster Linie an tatsächliche Handlungen in dem betreffenden Gebiet, direkte Einwirkungen, wie etwa Straßenbau, Hausbau, Landwirtschaft, Errichtung und Betrieb industrieller Anlagen; erfasst werden zudem auch Einwirkungen auf solche Gebiete, die von anderen Grundstücken aus als indirekte Einwirkungen vorgenommen werden (vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 9; Lorz/Müller/Stöckel, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5).
38 
Aus der in § 24 a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NatSchG geregelten Möglichkeit, dass die Naturschutzbehörde Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 2 Satz 1 zulassen kann, wenn keine erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigungen des Biotops und der Lebensstätten gefährdeter Tier- und Pflanzenarten zu erwarten sind, folgt nicht, dass jeder Eingriff, also auch derjenige, der nicht zu einer Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung der besonders geschützten Biotope führen kann, verboten ist. Vielmehr lässt § 24a Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 NatSchG eine Ausnahme für den Fall zu, dass nach dem für das Verbot nach § 24 a Abs. 2 NatSchG anzuwendenden Möglichkeitsmaßstab eine Handlung zwar zur Zerstörung oder erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung führen kann, eine solche Beeinträchtigung nach einer Prognoseprüfung aber nicht zu erwarten ist (zur Unterscheidung zwischen Möglichkeits- und Wahrscheinlichkeitsmaßstab vgl. Gassner/Bendomir-Kahlo/Schmidt-Räntsch, a.a.O., § 18 BNatSchG RdNr. 8).
39 
Letztlich schränken die Verbote des gesetzlichen Biotopschutzes in § 24a Abs. 2 NatSchG als formell und materiell verfassungsgemäß gesetztes Recht die in Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit - dazu bereits oben - zulässig ein. Insbesondere ist kein Verstoß gegen die verfassungsrechtlichen Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Übermaßverbotes gegeben. In der Bundesrepublik Deutschland und im Land Baden-Württemberg ist in den letzten Jahrzehnten die Arten- und Lebensraumvielfalt in großem Maße verringert worden (vgl. Schuhmacher/Fischer-Hüftle, a.a.O., § 30 BNatSchG RdNr. 5 ff.). Es ist ein anerkanntes Ziel des Naturschutzes, wildlebenden Pflanzen- und Tierarten in der Kulturlandschaft ausreichenden Lebensraum durch entsprechenden Biotopschutz zu sichern. Für die in § 24 a NatSchG getroffenen Regelungen ist mithin in einem hohen Maße ein Interesse der Allgemeinheit vorhanden, das nicht außer Verhältnis zu den Belangen des Einzelnen steht. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber durch die Wahl einer anderen (milderen) Regelung den gleichen oder besseren Biotopschutz hätte erreichen können und deshalb mit der getroffenen Regelung gegen das Übermaßverbot verstoßen hat, sind für die Kammer nicht ersichtlich (vgl. OVG Niedersachsen, Urteil vom 23.08.1994, a.a.O.). Schützenswerten Belangen des Grundrechtsinhabers können durch die Anwendung der Ausnahmeregelung in § 24 Abs. 4 NatSchG oder der Befreiungsregelung in § 62 NatSchG, die gegebenenfalls auch verfassungskonform auszulegen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.09.1998, a.a.O.), Rechnung getragen werden.
40 
Findet der in § 24 a NatSchG normierte gesetzliche Biotopschutz auf die in Rede stehenden Felsen im Oberen Donautal und seinen Seitentälern Anwendung und ist er verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, bleibt die Feststellungsklage ohne Erfolg. Keiner weiteren Erörterung bedarf daher, ob sich ein Verbot des Kletterns zudem aus den Regelungen des V. Abschnitts des Naturschutzgesetzes über das Europäische ökologische Netz „Natura 2000“ ergibt, nachdem das Gebiet des Oberen Donautals zwischenzeitlich in der Kulisse des Natura-2000-Gebietes Nr. 7820-401 „Südwestalb und Oberes Donautal“ (Vogelschutzgebiet) sowie im Natura-2000-Gebiet Nr. 7920-301 „Donau zwischen Sigmaringen und Tuttlingen“ (FFH-Gebiet) liegt.
41 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Es besteht kein Anlass, die Berufung zuzulassen, da die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO nicht vorliegen (vgl. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO).

(1) Bestimmte Teile von Natur und Landschaft, die eine besondere Bedeutung als Biotope haben, werden gesetzlich geschützt (allgemeiner Grundsatz).

(2) Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung folgender Biotope führen können, sind verboten:

1.
natürliche oder naturnahe Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche, Altarme und regelmäßig überschwemmten Bereiche,
2.
Moore, Sümpfe, Röhrichte, Großseggenrieder, seggen- und binsenreiche Nasswiesen, Quellbereiche, Binnenlandsalzstellen,
3.
offene Binnendünen, offene natürliche Block-, Schutt- und Geröllhalden, Lehm- und Lösswände, Zwergstrauch-, Ginster- und Wacholderheiden, Borstgrasrasen, Trockenrasen, Schwermetallrasen, Wälder und Gebüsche trockenwarmer Standorte,
4.
Bruch-, Sumpf- und Auenwälder, Schlucht-, Blockhalden- und Hangschuttwälder, subalpine Lärchen- und Lärchen-Arvenwälder,
5.
offene Felsbildungen, Höhlen sowie naturnahe Stollen, alpine Rasen sowie Schneetälchen und Krummholzgebüsche,
6.
Fels- und Steilküsten, Küstendünen und Strandwälle, Strandseen, Boddengewässer mit Verlandungsbereichen, Salzwiesen und Wattflächen im Küstenbereich, Seegraswiesen und sonstige marine Makrophytenbestände, Riffe, sublitorale Sandbänke, Schlickgründe mit bohrender Bodenmegafauna sowie artenreiche Kies-, Grobsand- und Schillgründe im Meeres- und Küstenbereich,
7.
magere Flachland-Mähwiesen und Berg-Mähwiesen nach Anhang I der Richtlinie 92/43/EWG, Streuobstwiesen, Steinriegel und Trockenmauern.
Die Verbote des Satzes 1 gelten auch für weitere von den Ländern gesetzlich geschützte Biotope. Satz 1 Nummer 5 gilt nicht für genutzte Höhlen- und Stollenbereiche sowie für Maßnahmen zur Verkehrssicherung von Höhlen und naturnahen Stollen. Satz 1 Nummer 7 gilt nicht für die Unterhaltung von Funktionsgrünland auf Flugbetriebsflächen.

(3) Von den Verboten des Absatzes 2 kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können.

(4) Sind auf Grund der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung von Bebauungsplänen Handlungen im Sinne des Absatzes 2 zu erwarten, kann auf Antrag der Gemeinde über eine erforderliche Ausnahme oder Befreiung von den Verboten des Absatzes 2 vor der Aufstellung des Bebauungsplans entschieden werden. Ist eine Ausnahme zugelassen oder eine Befreiung gewährt worden, bedarf es für die Durchführung eines im Übrigen zulässigen Vorhabens keiner weiteren Ausnahme oder Befreiung, wenn mit der Durchführung des Vorhabens innerhalb von sieben Jahren nach Inkrafttreten des Bebauungsplans begonnen wird.

(5) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die während der Laufzeit einer vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an öffentlichen Programmen zur Bewirtschaftungsbeschränkung entstanden sind, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme einer zulässigen land-, forst-, oder fischereiwirtschaftlichen Nutzung innerhalb von zehn Jahren nach Beendigung der betreffenden vertraglichen Vereinbarung oder der Teilnahme an den betreffenden öffentlichen Programmen.

(6) Bei gesetzlich geschützten Biotopen, die auf Flächen entstanden sind, bei denen eine zulässige Gewinnung von Bodenschätzen eingeschränkt oder unterbrochen wurde, gilt Absatz 2 nicht für die Wiederaufnahme der Gewinnung innerhalb von fünf Jahren nach der Einschränkung oder Unterbrechung.

(7) Die gesetzlich geschützten Biotope werden registriert und die Registrierung wird in geeigneter Weise öffentlich zugänglich gemacht. Die Registrierung und deren Zugänglichkeit richten sich nach Landesrecht.

(8) Weiter gehende Schutzvorschriften einschließlich der Bestimmungen über Ausnahmen und Befreiungen sowie bestehende landesrechtliche Regelungen, die die in Absatz 2 Satz 1 Nummer 7 genannten Biotope betreffen, bleiben unberührt.

(1) Von den Geboten und Verboten dieses Gesetzes, in einer Rechtsverordnung auf Grund des § 57 sowie nach dem Naturschutzrecht der Länder kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn

1.
dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer und wirtschaftlicher Art, notwendig ist oder
2.
die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde und die Abweichung mit den Belangen von Naturschutz und Landschaftspflege vereinbar ist.
Im Rahmen des Kapitels 5 gilt Satz 1 nur für die §§ 39 und 40, 42 und 43.

(2) Von den Verboten des § 33 Absatz 1 Satz 1 und des § 44 sowie von Geboten und Verboten im Sinne des § 32 Absatz 3 kann auf Antrag Befreiung gewährt werden, wenn die Durchführung der Vorschriften im Einzelfall zu einer unzumutbaren Belastung führen würde. Im Fall des Verbringens von Tieren oder Pflanzen aus dem Ausland wird die Befreiung vom Bundesamt für Naturschutz gewährt.

(3) Die Befreiung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. § 15 Absatz 1 bis 4 und Absatz 6 sowie § 17 Absatz 5 und 7 finden auch dann Anwendung, wenn kein Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 14 vorliegt.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

§ 48 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 bis 4 sowie § 49 Abs. 2 bis 4 und 6 gelten nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch oder der Klage abgeholfen wird.

(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.

(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er

1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat;
2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren;
3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
In den Fällen des Satzes 3 wird der Verwaltungsakt in der Regel mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen.

(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.

(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme und Rückforderung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG.

2

Der 1954 in der damaligen Sowjetunion geborene Kläger entstammt einer gemischtnationalen Ehe (Vater Russe; Mutter Deutsche). Sowohl in seinem sowjetischen Inlandspass aus dem Jahre 1979 als auch in der Geburtsurkunde seines Sohnes T. ist die Nationalität des Klägers mit "russisch" angegeben. Im Mai 1997 stellte der Kläger Aufnahmeanträge für sich, seine (russische) Ehefrau und seinen Sohn T. Im Oktober 1998 wurde er als Abkömmling einer Spätaussiedlerin in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen. Im Dezember 1999 siedelte die Familie nach Deutschland um.

3

Im Februar 2000 beantragte der Kläger die Ausstellung einer Bescheinigung für Ehegatten und Abkömmlinge eines Spätaussiedlers nach § 15 Abs. 2 BVFG, dem das Landratsamt Freiberg als Rechtsvorgänger des Beklagten mit Bescheid vom 5. Mai 2000 entsprach. Ebenfalls unter dem 5. Mai 2000 stellte das Landratsamt dem Kläger eine Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG aus. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid Widerspruch ein, den das Landratsamt Freiberg als Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG umdeutete und mit Bescheid vom 14. Januar 2004 ablehnte, weil der Kläger kein deutscher Volkszugehöriger sei. Hiergegen legte der Kläger keinen Rechtsbehelf ein.

4

Am 12. Oktober 2004 griffen Mitarbeiter des Landratsamts den Vorgang ohne erkennbaren Anlass wieder auf und stellten für den Kläger unter demselben Datum eine Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG aus. Nach dieser ist der Kläger Spätaussiedler nach § 4 BVFG, seine Ehefrau Ehegatte eines Spätaussiedlers und sein Sohn T. Abkömmling eines Spätaussiedlers. Am 15. Oktober 2004 erging gegenüber dem Kläger ein durch die Leiterin des Sozialamtes, Frau H., unterzeichneter Bescheid des Landratsamtes, in dem unter dem Betreff "Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung für Spätaussiedler nach § 15 Abs. 1 BVFG" ausgeführt wurde, dass dem Antrag des Klägers vom Februar 2000 auf "Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG" entsprochen werde. Außerdem wurde im Bescheid auf eine am "14. Oktober 2004" ausgestellte Bescheinigung Bezug genommen, deren Identifikations- und Seriennummer der Bescheinigung vom 12. Oktober 2004 über den Nachweis der Spätaussiedlereigenschaft nach § 15 Abs. 1 BVFG entsprach.

5

Nach Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten führte das Landratsamt Freiberg im Herbst 2005 eine Überprüfung durch und nahm nach Anhörung des Klägers mit einem wiederum durch die Leiterin des Sozialamts, Frau H., unterzeichneten Bescheid vom 24. März 2006 den Bescheid vom 15. Oktober 2004 sowie die am 12. Oktober 2004 ausgestellte Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zurück (Ziffer 1), forderte den Kläger unter Fristsetzung zur Rückgabe des Bescheides und der Bescheinigung auf (Ziffer 2) und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese Verpflichtung die Wegnahme des Bescheides und der Bescheinigung an (Ziffer 4). Zur Begründung führte es aus, der Kläger sei kein Spätaussiedler. Es fehle an einem durchgängigen Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum. Zudem sei er zum Zeitpunkt seiner Ausreise nicht in der Lage gewesen, die deutsche Sprache ausreichend zu verstehen und zu sprechen. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Chemnitz mit Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007 mit der Maßgabe zurück, dass nur die Bescheinigung spätestens zwei Wochen nach Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung zurückzugeben ist. Der für die Erstellung des Bescheides vom Oktober 2004 zuständige Sachbearbeiter wurde nach Angaben des Beklagten im Jahr 2011 zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

6

Das Verwaltungsgericht hat die gegen den Rücknahmebescheid gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Die Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 15. Oktober 2004 und der Bescheinigung vom 12. Oktober 2004 lägen vor. Beide seien von Anfang an rechtswidrig gewesen, weil der Kläger kein Spätaussiedler sei. Im Zeitpunkt der Ausreise sei nicht von einem durchgehenden Bekenntnis des Klägers zum deutschen Volkstum auszugehen. Ob in der freiwilligen Eintragung der russischen Nationalität in amtlichen Dokumenten bereits ein Gegenbekenntnis zur deutschen Volkszugehörigkeit liege, könne dahinstehen. Jedenfalls fehle es an einer familiären Vermittlung der deutschen Sprache, weil der Kläger nur als Kind bis zum Alter von zwei Jahren mit seiner Mutter und seiner Großmutter Deutsch gesprochen habe. Das Rücknahmeermessen richte sich allein nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 VwVfG, da die Bescheinigung als solche keine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewähre. Es reiche nicht aus, dass die Bescheinigung Grundlage für Leistungen der Eingliederungshilfe im Sinne von § 9 Abs. 3 BVFG gewesen sei. Schließlich werde dem Kläger mit der Rücknahme der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen, da er diese bereits im Mai 2000 mit der Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG erworben habe. Diese ältere Bescheinigung habe sich mit Erteilung der Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG im Oktober 2004 weder erledigt noch sei ihre Wirksamkeit anderweitig beseitigt worden.

7

Mit seiner Revision rügt der Kläger eine Verletzung von § 48 VwVfG. Die angefochtene Rücknahmeentscheidung sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig, weil ihm hierdurch die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werde. Das Berufungsgericht habe nicht in den Blick genommen, dass sich die Bescheinigungen nach § 15 Abs. 1 und 2 BVFG gegenseitig sowohl tatbestandlich als auch von den Rechtsfolgen her ausschlössen. So könne eine Person entweder nur Spätaussiedler oder nur Abkömmling eines Spätaussiedlers sein, denn § 7 Abs. 2 BVFG definiere Abkömmlinge ausdrücklich als Personen, welche nicht die Voraussetzungen der Spätaussiedlereigenschaft des § 4 Abs. 1 oder 2 BVFG erfüllten.

8

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Berufungsurteil. Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht schließt sich der Auffassung des Berufungsgerichts an, dass die Rücknahmeentscheidung die Stellung des Klägers als deutscher Staatsangehöriger nicht berühre. Die Ansprüche als Spätaussiedler und als Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers könnten in echter Anspruchskonkurrenz nebeneinander bestehen. Daher berühre der Verlust der Rechtsstellung nach § 15 Abs. 1 BVFG nicht die zuvor bereits erworbenen Rechte aufgrund der Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts steht im Einklang mit revisiblem Recht. Der Rücknahmebescheid vom 24. März 2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 22. Mai 2007, dessen Ziffer 1 dahingehend auszulegen ist, dass der der ausgestellten Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG zugrunde liegende Bescheid vom 15. Oktober 2004 als Verwaltungsakt aufgehoben wird, ist formell (1.) und materiell (2. und 3.) rechtmäßig.

10

Maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Rücknahmeentscheidung ist grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (hier: Widerspruchsbescheid vom 22. Mai 2007). Das folgt schon daraus, dass hier eine behördliche Ermessensentscheidung zu treffen war, die eine Anpassung an eine neue Rechtslage nur begrenzt ermöglicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Mai 1980 - 1 C 82.76 - BVerwGE 60, 133 <136>). Mithin finden das Verwaltungsverfahrensgesetz für den Freistaat Sachsen - SächsVwVfG - in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September 2003 (SächsGVBl. S. 614) und das Gesetz über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge - Bundesvertriebenengesetz (BVFG) - in der Fassung des Zuwanderungsgesetzes vom 30. Juli 2004 - ZuwandG 2004 - (BGBl. I S. 1950) Anwendung. Die seit der letzten Behördenentscheidung ergangenen Änderungen des Bundesvertriebenengesetzes, insbesondere die durch das Achte Gesetz zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. Juli 2009 - BVFGÄndG 8 - (BGBl. I S. 1694) mit Wirkung zum 11. Juli 2009 in Kraft getretene spezielle Rücknahmevorschrift des § 15 Abs. 4 BVFG n.F., die mit Blick auf die staatsangehörigkeitsrechtlichen Folgen nur Rücknahmen mit Wirkung für die Vergangenheit erfasst, sind ohne entsprechende Übergangsregelungen nicht auf eine - wie hier - vor ihrem Inkrafttreten ausgesprochene Rücknahme anwendbar (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 12).

11

Nach der allgemeinen Rücknahmevorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG, auf die mangels einer speziellen Rücknahmeregelung zurückzugreifen ist, kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 13).

12

1. Mit dem Oberverwaltungsgericht ist von der formellen Rechtmäßigkeit der Rücknahmeentscheidung auszugehen. Der Rechtsvorgänger des Beklagten war insbesondere für diese Entscheidung zuständig (a). Unerheblich ist, dass Rücknahmebescheid und zurückgenommener Bescheid von der gleichen Person unterzeichnet worden sind (b).

13

a) Die Zuständigkeit des Landratsamts ergibt sich aus der speziellen Zuständigkeitsregelung des § 15 Abs. 3 BVFG. Danach entscheidet über die Rücknahme und den Widerruf sowie über die Ausstellung einer Zweitschrift einer Bescheinigung die Ausstellungsbehörde. Abweichend von den allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen zur Bestimmung der Zuständigkeit für eine Rücknahmeentscheidung nach § 48 VwVfG war das Landratsamt damit schon deshalb für die Rücknahmeentscheidung zuständig, weil es die zurückzunehmende Spätaussiedlerbescheinigung ausgestellt hatte.

14

Die gegenteilige Auffassung des Klägers, "Ausstellungsbehörde" im Sinne des § 15 Abs. 3 BVFG sei - analog zu den zu § 48 VwVfG entwickelten allgemeinen Zuständigkeitsregeln - die im Zeitpunkt der Rücknahme für die Ausstellung zuständige Behörde und damit hier das seit dem 1. Januar 2005 zuständige Bundesverwaltungsamt, widerspricht dem eindeutigen Willen des Gesetzgebers. Den Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass nach § 15 Abs. 3 BVFG für den Widerruf und die Rücknahme einer Bescheinigung - ungeachtet der zwischenzeitlichen Zuständigkeitsübertragung auf das Bundesverwaltungsamt - die Behörde zuständig sein soll, die die Bescheinigung ausgestellt hat (BT-Drs. 12/3212 S. 26 und 16/12593 S. 9).

15

b) Das Oberverwaltungsgericht hat auch mit Recht einen behördlichen Verfahrensfehler verneint, den der Kläger aus der Tatsache abzuleiten versucht, dass die frühere Leiterin des Sozialamts des Landratsamts nicht nur den Rücknahmebescheid, sondern auch den zurückgenommenen Bescheid unterzeichnet hat. Dies begründet weder einen gesetzlichen Ausschlussgrund nach § 20 VwVfG noch eine Fehlerhaftigkeit wegen Besorgnis der Befangenheit nach § 21 VwVfG. Das Berufungsgericht durfte die Frage, ob die frühere Leiterin des Sozialamts befangen war, offenlassen, denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen ihrer Mitwirkung und der in der Gestalt des Widerspruchsbescheides zur Prüfung gestellten Rücknahmeentscheidung (vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Mai 1984 - 4 C 58.81 - BVerwGE 69, 256 <269 f.> und vom 5. Dezember 1986 - 4 C 13.85 - BVerwGE 75, 214 <228> jeweils zu § 20 VwVfG), weil die Widerspruchsbehörde den Rücknahmebescheid vollständig überprüft und durch eine selbstständige Sachentscheidung bestätigt hat.

16

2. Die Rücknahme der Entscheidung über die Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung ist auch materiell nicht zu beanstanden. Der zurückgenommene Bescheid war bei wertender Gesamtbetrachtung hinreichend bestimmt auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG gerichtet (a). Er war aber rechtswidrig. Der Kläger war bei Erlass des Bescheides kein Spätaussiedler. Es fehlte bei Verlassen der Aussiedlungsgebiete jedenfalls an einem (durchgängigen) Bekenntnis zum deutschen Volkstum (b). Die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG ist gewahrt (c). Auch die Ermessensentscheidung begegnet keinen Bedenken (d).

17

a) Der zurückgenommene Bescheid war hinreichend bestimmt. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass mit dem aufgehobenen Bescheid vom 15. Oktober 2004 die Rechtsstellung des Klägers durch Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG neben der ihm im Mai 2000 ausgestellten Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG hochgestuft werden sollte. Diese Annahme ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere war der aufgehobene Bescheid bei wertender Gesamtbetrachtung und unter Einbeziehung der auf seiner Grundlage dem Kläger ausgestellten Bescheinigung noch hinreichend bestimmt auf die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung gerichtet. Im Bescheid vom 15. Oktober 2004 ist im Betreff ausdrücklich von einem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG die Rede. Soweit in den Gründen einem Antrag auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG entsprochen wird, handelt es sich offensichtlich um ein Schreibversehen bei der Absatzbezeichnung. Denn dem Kläger war bereits im Mai 2000 eine Angehörigenbescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG ausgestellt worden, während er auf der Grundlage des Bescheides vom 15. Oktober 2004 eine Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG erhielt.

18

b) Der zurückgenommene Bescheid war aber rechtswidrig. Die Beurteilung der Rechtswidrigkeit des statusrechtlichen Bescheides vom 15. Oktober 2004 richtet sich gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG grundsätzlich nach der zum Zeitpunkt seines Erlasses maßgeblichen Rechtslage (vgl. BVerwG, Urteil vom 9. Mai 2012 - 6 C 3.11 - BVerwGE 143, 87 Rn. 43 mit Verweis auf den Beschluss vom 7. Juli 2004 - 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <229> m.w.N.).

19

Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 BVFG in der im Oktober 2004 bei Erlass des aufgehobenen Bescheides geltenden Fassung des Spätaussiedlerstatusgesetzes vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) - BVFG 2001 - erhielten Spätaussiedler zum Nachweis ihrer Spätaussiedlereigenschaft auf Antrag eine Bescheinigung (Spätaussiedlerbescheinigung). Eine solche Bescheinigung steht nach § 15 Abs. 1 BVFG nur demjenigen zu, der in dem für die Ausstellung der Bescheinigung maßgeblichen Zeitpunkt die Spätaussiedlereigenschaft besitzt, d.h. Spätaussiedler ist (BVerwG, Urteil vom 12. März 2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 Rn. 9).

20

Wer Spätaussiedler ist, richtet sich grundsätzlich nach der Rechtslage bei Aufnahme in das Bundesgebiet (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. März 2002 - 5 C 45.01 - BVerwGE 116, 119 <121>). Die Übersiedlung des Klägers nach Deutschland im Wege des Aufnahmeverfahrens erfolgte im Dezember 1999. Danach wäre für die Bestimmung der Spätaussiedlereigenschaft die Rechtslage nach dem Bundesvertriebenengesetz in der Fassung vom 2. Juni 1993 (BGBl. I S. 829) maßgeblich. Allerdings sind nach der durch Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) mit Wirkung zum 7. September 2001 eingeführten Übergangsvorschrift des § 100a BVFG Anträge nach § 15 Abs. 1 BVFG nach dem Recht zu bescheiden, das "nach dem 7. September 2001 gilt". Der Bescheid nach § 15 Abs. 1 BVFG wurde dem Kläger im Oktober 2004 erteilt. Das Berufungsgericht hat den Bescheid daher zutreffend an der im Oktober 2004 geltenden Rechtslage gemessen. Eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung ist hier nicht aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten. Denn ein schutzwürdiges Vertrauen auf den Fortbestand der bei Aufenthaltsnahme (hier: im Dezember 1999) bestehenden Rechtslage und auf das Fortbestehen eines seinerzeit entstandenen Spätaussiedlerstatus besteht jedenfalls nicht bei Personen, bei denen die Aufnahme nicht aufgrund der (vorläufig) bejahten deutschen Volkszugehörigkeit erfolgte, sondern die nur als Abkömmling eines Spätaussiedlers aufgenommen wurden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. November 2003 - 5 C 14.03 - BVerwGE 119, 188 <190>).

21

Die Übergangsvorschrift des § 100a BVFG ist hingegen nicht dynamisch in dem Sinn auszulegen, dass die Spätaussiedlereigenschaft bei Anträgen nach § 15 Abs. 1 BVFG, die vor Inkrafttreten der Gesetzesnovelle von 2001 gestellt worden sind, nach dem jeweils geltenden aktuellen Recht zu bestimmen sei, hier etwa nach den erleichterten Voraussetzungen in § 6 Abs. 2 BVFG des Zehnten Gesetzes zur Änderung des Bundesvertriebenengesetzes vom 6. September 2013 (BGBl. I S. 3554). Denn bei dieser Übergangsregelung handelt es sich - wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (BT-Drs.14/6310 S. 6 ff.) - lediglich um einen (statischen) Verweis auf die zum 7. September 2001 in Kraft getretene Neufassung des § 6 Abs. 2 BVFG. Durch sie wollte der Gesetzgeber wieder zu der Rechtslage zurückkehren, die bis zu den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 2000 (- 5 C 44.99 - BVerwGE 112, 112 u.a.) in der Verwaltungspraxis von Bund und Ländern und in der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Anwendung kam. Hingegen ergeben sich für die Gesetzesnovelle von 2013 keine Anhaltspunkte, dass den durch sie bewirkten Erleichterungen für die Bestimmung der Spätaussiedlereigenschaft Rückwirkung in Altverfahren beigemessen werden sollte.

22

Maßgeblich für den Erwerb der Spätaussiedlereigenschaft ist folglich § 4 Abs. 1 BVFG in der zum Entscheidungszeitpunkt im Oktober 2004 geltenden Fassung vom 30. August 2001 (BGBl. I S. 2266) - BVFG 2001 -. Danach ist Spätaussiedler in der Regel ein deutscher Volkszugehöriger, der die Republiken der ehemaligen Sowjetunion nach dem 31. Dezember 1992 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und innerhalb von sechs Monaten im Geltungsbereich des Gesetzes seinen ständigen Aufenthalt genommen hat, wenn er zuvor (1.) seit dem 8. Mai 1945 oder (2.) nach seiner Vertreibung oder der Vertreibung eines Elternteils seit dem 31. März 1952 oder (3.) seit seiner Geburt, wenn er vor dem 1. Januar 1993 geboren ist und von einer Person abstammt, die die Stichtagsvoraussetzung des 8. Mai 1945 nach Nummer 1 oder des 31. März 1952 nach Nummer 2 erfüllt, es sei denn, dass Eltern oder Voreltern ihren Wohnsitz erst nach dem 31. März 1952 in die Aussiedlungsgebiete verlegt haben, seinen Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten hatte.

23

Deutscher Volkszugehöriger ist nach § 6 Abs. 1 BVFG 2001, wer sich in seiner Heimat zum deutschen Volkstum bekannt hat, sofern dieses Bekenntnis durch bestimmte Merkmale wie Abstammung, Sprache, Erziehung, Kultur bestätigt wird. Wer - wie der Kläger - nach dem 31. Dezember 1923 geboren worden ist, ist nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG 2001 deutscher Volkszugehöriger, wenn er von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen abstammt und sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise nur zum deutschen Volkstum bekannt oder nach dem Recht des Herkunftsstaates zur deutschen Nationalität gehört hat. Das Bekenntnis zum deutschen Volkstum oder die rechtliche Zuordnung zur deutschen Nationalität muss bestätigt wer-den durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache (Satz 2). Diese ist nur festgestellt, wenn jemand im Zeitpunkt der Aussiedlung aufgrund dieser Vermittlung zumindest ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen kann (Satz 3). Ihre Feststellung entfällt, wenn die familiäre Vermittlung wegen der Verhältnisse in dem jeweiligen Aussiedlungsgebiet nicht möglich oder nicht zumutbar war (Satz 4). Ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum wird unterstellt, wenn es unterblieben ist, weil es mit Gefahr für Leib und Leben oder schwerwiegenden beruflichen oder wirtschaftlichen Nachteilen verbunden war, jedoch aufgrund der Gesamtumstände der Wille unzweifelhaft ist, der deutschen Volksgruppe und keiner anderen anzugehören (Satz 5).

24

Der Kläger stammt aus der ehemaligen Sowjetunion und wurde im Oktober 1998 als Abkömmling in den Aufnahmebescheid seiner Mutter einbezogen. Damit hat er die Aussiedlungsgebiete im Dezember 1999 im Wege des Aufnahmeverfahrens verlassen und im Bundesgebiet Aufenthalt genommen (§ 4 Abs. 1 BVFG 2001). Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Kläger jedoch die weitere Voraussetzung der Spätaussiedlereigenschaft - die deutsche Volkszugehörigkeit im Sinne von § 6 BVFG 2001 - nicht erfüllt.

25

Die Voraussetzungen für die deutsche Volkszugehörigkeit ergeben sich für den nach dem 31. Dezember 1923 geborenen Kläger aus § 6 Abs. 2 BVFG 2001. Der Kläger stammt zwar mütterlicherseits von einer deutschen Volkszugehörigen ab. Wegen der russischen Volkszugehörigkeit seines Vaters wurde er nach dem Recht seines Herkunftsstaates aber nicht ohne sein Zutun der deutschen Nationalität zugerechnet, wie dies z.B. nach der sowjetischen Passverordnung von 1974 bei Abkömmlingen der Fall war, bei denen beide Elternteile dem deutschen Volkstum zugehörten (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. August 1995 - 9 C 391.94 - BVerwGE 99, 133 <140>). Folglich hätte er sich bis zum Verlassen der Aussiedlungsgebiete durch eine entsprechende Nationalitätenerklärung oder auf vergleichbare Weise (nur) zum deutschen Volkstum bekennen müssen. Hieran fehlt es nach den Feststellungen des Berufungsgerichts (UA Rn. 32). Vielmehr ist seine Nationalität in seinem sowjetischen Inlandspass vom 23. Oktober 1979 mit "russisch" angegeben (UA Rn. 2). Diese Nationalität ist auch in der Geburtsurkunde seines Sohnes T. eingetragen. Wie das Oberverwaltungsgericht weiter festgestellt hat, erfolgten diese Eintragungen "freiwillig" (UA Rn. 33), beruhten also auf einer entsprechenden Erklärung des Klägers. Er selbst hat dies nach den gerichtlichen Feststellungen dahin erläutert, "bei Beantragung des Passes im Jahr 1979 sei die Nationalität für ihn kein Thema gewesen, weil die UdSSR eine große internationale Familie gewesen sei" (UA Rn. 6). Bei dieser Sachlage konnte das Gericht offenlassen, ob in dem Verhalten des Klägers bereits ein "Gegenbekenntnis" zu einem fremden Volkstum liegt, wie es der Rechtsvorgänger des Beklagten und das Verwaltungsgericht angenommen haben. Denn es fehlt schon an einem (positiven) Bekenntnis nur zum deutschen Volkstum, wie es § 6 Abs. 2 BVFG 2001 verlangt. Damit kommt es nicht darauf an, ob es im Fall des Klägers - wie das Oberverwaltungsgericht festgestellt hat (UA Rn. 33) - auch an einer familiären Vermittlung der deutschen Sprache fehlt.

26

c) Der Rechtsvorgänger des Beklagten hat die einjährige Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 VwVfG bei Erlass seines Bescheides vom 24. März 2006 beachtet, die erst nach Abschluss des Anhörungsverfahrens im Dezember 2005 zu laufen begann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 1984 - Gr.Sen. 1. und 2.84 - BVerwGE 70, 356 <362 f.>; s.a. Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 <165 f.>).

27

d) Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass auch die Ausübung des Rücknahmeermessens nicht zu beanstanden ist. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Für einen Verwaltungsakt, der - wie hier - ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf eine Rücknahme nach § 48 Abs. 1 Satz 2 VwVfG nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 erfolgen.

28

aa) Das Berufungsgericht hat die Rücknahme des rechtswidrigen Bescheides über die Spätaussiedlereigenschaft des Klägers mit Recht nur am Maßstab des § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG gemessen. Soweit das Bundesverwaltungsgericht in früheren Entscheidungen einen teilweisen Rückgriff auf § 48 Abs. 2 VwVfG für geboten hielt, hält der inzwischen für das Vertriebenenrecht zuständige 1. Revisionssenat an dieser Rechtsprechung nicht fest.

29

§ 48 Abs. 2 VwVfG stellt eine Sonderregelung für Verwaltungsakte dar, die eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilweise Sachleistung gewähren oder hierfür Voraussetzung sind. § 48 Abs. 3 VwVfG gestaltet den Vertrauensschutz bei der Rücknahme aller rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakte aus, deren Aufrechterhaltung weniger fiskalische Interessen berührt, sondern die stärker staatsbezogen sind und deren Aufrechterhaltung daher schwerer erträglich ist als in den Fällen des § 48 Abs. 2 VwVfG (BT-Drs. 7/910 S. 71). Hierzu zählen insbesondere Verwaltungsakte, die eine nichtmonetäre Rechtsstellung gestalten oder feststellen.

30

Schon in der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wurde der Bescheid über die Erteilung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG - wie schon die Erteilung eines Vertriebenenausweises - als statusfeststellender Verwaltungsakt angesehen, dessen Rücknahme sich grundsätzlich nach der Regelung des § 48 Abs. 3 VwVfG richtet (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84> zum früheren Vertriebenenausweis; ähnlich Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22 zur Spätaussiedlerbescheinigung). Das wurde damit begründet, dass die - rechtswidrige - Feststellung, dass jemand die Spätaussiedlereigenschaft (früher: Vertriebeneneigenschaft) besitzt, für sich allein keine fiskalischen Interessen berührt, sondern - etwa im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit des Betroffenen - allein hoheitliche staatliche Belange. Soweit lediglich der - rechtswidrig festgestellte - Status in Rede stand, schied auch nach der bisherigen Rechtsprechung eine Vertrauensschutzprüfung nach § 48 Abs. 2 VwVfG im Ausweiseinziehungsverfahren aus (vgl. BVerwG, Urteile vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <84> und vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 <166 ff.>). Allerdings sah das Bundesverwaltungsgericht in seiner bisherigen Rechtsprechung die Notwendigkeit, Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes in Bezug auf die einem Vertriebenen zu gewährenden finanziellen Vergünstigungen schon in die Entscheidung über die Rücknahme der Statusfeststellung einzubeziehen und den Rücknahmebescheid deshalb zusätzlich nach § 48 Abs. 2 VwVfG zu beurteilen, wenn und soweit im Einzelfall feststand, dass der Begünstige aufgrund seines Status als Spätaussiedler (früher: Vertriebener) konkrete Geld- oder Sachleistungen erhalten oder sein Vertrauen im Hinblick auf den Erhalt solcher Leistungen sonst in schutzwürdiger Weise betätigt hat (vgl. BVerwG Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22 m.w.N.). Das wurde damit begründet, dass der Statusbescheid Grundlage für die Gewährung bestimmter Geld- oder Sachleistungen ist, wie z.B. finanzielle Hilfen nach § 9 BVFG, Leistungen bei Krankheit nach § 11 BVFG, Leistungen der Unfall- und Rentenversicherung nach § 13 BVFG und der Förderung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit nach § 14 BVFG (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 17.11 - BVerwGE 143, 161 Rn. 22) und die statusrechtliche Entscheidung für alle Behörden und Stellen verbindlich ist, die für die Gewährung von Rechten und Vergünstigungen nach dem Bundesvertriebenengesetz oder einem anderen Gesetz zuständig sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79 <85>). Diese Rechtsprechung hatte zur Folge, dass ein Rücknahmebescheid jedenfalls an § 48 Abs. 3 VwVfG und ggf. hinsichtlich seiner Auswirkungen auf bereits erhaltene Geld- oder Sachleistungen oder im Vertrauen auf deren Erhalt getätigte Vermögenspositionen an § 48 Abs. 2 VwVfG gemessen wurde, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen konnte mit der Folge, dass der der Spätaussiedlerbescheinigung zugrunde liegende Bescheid teilweise nicht zurückgenommen werden durfte (so etwa BVerwG, Urteil vom 20. März 1990 - 9 C 12.89 - BVerwGE 85, 79; ähnlich schon Urteil vom 28. Oktober 1983 - 8 C 91.82 - BVerwGE 68, 159 <164 f.>).

31

An dieser Rechtsprechung hält der 1. Revisionssenat nicht mehr fest. Vielmehr ist die Rücknahme einer Statusfeststellung nach § 15 Abs. 1 BVFG ausschließlich nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu beurteilen. Das dient der einheitlichen Beurteilung statusrechtlicher Bescheide, die auch in anderen Rechtsgebieten ergehen, beispielsweise im Flüchtlingsrecht nach §§ 2, 3 und 5 AsylVfG oder im Staatsangehörigkeitsrecht die Einbürgerung nach §§ 8 und 10 StAG. In diesen Rechtsgebieten wird über die Rücknahme des statusrechtlichen Bescheides ungeachtet des rechtlichen Schicksals etwaiger daran anknüpfender Leistungsbescheide entschieden, die auf der Grundlage der Statusbescheide ergehen und für die die Statusentscheidung verbindlich ist. Auch im Vertriebenenrecht sind derartige Leistungsbescheide - wie in den anderen genannten Rechtsgebieten - nicht Bestandteil der Statusentscheidung und deshalb sind sie nicht von Gesetzes wegen Gegenstand der die rechtswidrige Statusentscheidung aufhebenden Rücknahmeentscheidung. Ist ein Statusbescheid rechtswidrig, sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes bei der Entscheidung über die Rücknahme des Statusbescheides - im Anwendungsbereich des § 48 VwVfG - ausschließlich bei der Ermessensausübung nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu berücksichtigen.

32

§ 48 Abs. 2 VwVfG kommt hingegen erst bei nachfolgenden Entscheidungen über die Rücknahme von auf der Grundlage der Statusentscheidung ergangenen Leistungsbescheiden zur Anwendung. Insoweit unterscheiden sich Statusbescheide hinsichtlich der Verknüpfung mit darauf aufbauenden Folgebescheiden etwa von steuerrechtlichen Messbescheiden, deren einziger Zweck der Erlass eines nachfolgenden Steuererhebungsbescheides ist. Es dient dem Ziel einer schnellen Entscheidung über die Wiederherstellung der Integrität der Rechtsordnung, wenn das Verfahren zur Aufhebung einer rechtswidrigen Statusentscheidung nicht schon mit Feststellungen zum rechtlichen Schicksal darauf beruhender Leistungsbescheide belastet wird. Das zeigt auch das vorliegende Verfahren, in dem bei Anwendung des § 48 Abs. 2 VwVfG in Bezug auf die vom Kläger nach seinem Vorbringen im Dezember 2004 erhaltenen Eingliederungshilfe nach § 9 Abs. 3 BVFG in Höhe von circa 2 000 € schon im Verfahren über die Rücknahme der Statusbescheinigung geprüft werden müsste, ob der Kläger die Rechtswidrigkeit des Statusbescheides kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte (§ 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 VwVfG), obwohl derzeit völlig offen ist, ob die Verwaltung beabsichtigt, diesen Bescheid ebenfalls zurückzunehmen.

33

Das der Behörde in § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG eröffnete Ermessen stellt insbesondere sicher, dass dem Vertrauensschutz im Hinblick auf die nichtvermögensrechtlichen Folgen einer Rücknahme - etwa wegen eines Verlusts der Staatsangehörigkeit - Rechnung getragen wird. Dieser Auslegung von § 48 VwVfG steht der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16. Dezember 1981 (- 1 BvR 898/79 u.a. - BVerfGE 59, 128) nicht entgegen. Danach darf die Prüfung von Gesichtspunkten des Vertrauensschutzes beim Entzug eines Vertriebenenausweises (heute: einer Spätaussiedlerbescheinigung) nicht gänzlich unberücksichtigt und ausschließlich der nachgelagerten Ebene der Rückforderung gewährter Leistungen vorbehalten bleiben (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1981 - 1 BvR 898/79 u.a. - BVerfGE 59, 128 <152 ff.>). Denn ungeachtet der Tatsache, dass die verfassungsgerichtliche Entscheidung zur mittlerweile aufgehobenen zwingenden Vorschrift des § 18 BVFG a.F. ergangen ist, wonach Vertriebenenausweise einzuziehen oder für ungültig zu erklären waren, wenn die Voraussetzungen für ihre Ausstellung nicht vorgelegen hatten, sind Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes auch nach der Rechtsprechung des Senats bei der Rücknahme des Statusbescheides nach § 48 Abs. 1 i.V.m. Abs. 3 VwVfG zu berücksichtigen. Dabei stehen allerdings die nichtvermögensrechtlichen Folgen der Rücknahme im Vordergrund, ohne dass der schwerpunktmäßig in Folgeverfahren zu prüfende vermögensrechtliche Vertrauensschutz jedoch gänzlich außer Betracht bleibt. Vermögensrechtlicher Vertrauensschutz ist bei der Rücknahmeentscheidung auf der Primärebene insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn das entsprechende Fachrecht auf der Sekundärebene keine Vertrauensschutzprüfung vorsieht. Freilich kann bei der Beurteilung, welches Gewicht dem vermögensrechtlichen Vertrauensschutz bei dieser Prüfung beizumessen ist, auch die gesetzgeberische Wertung im Bereich des Fachrechts Berücksichtigung finden. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ein Vermögensnachteil bei schützenswertem Vertrauen auch nach § 48 Abs. 3 VwVfG auszugleichen ist.

34

bb) Die Rücknahmeentscheidung ist auch nicht - wie der Kläger meint - wegen Verstoßes gegen Art. 16 Abs. 1 Satz 1 GG ermessensfehlerhaft (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 24. Mai 2012 - 5 C 18.11 - BVerwGE 143, 171 Rn. 26), da sie nicht zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit des Klägers führt.

35

Der Kläger hat die deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 7 Satz 1 Staatsangehörigkeitsgesetz in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618) - StAG a.F. - bereits mit der ihm auf der Grundlage des Bescheides vom 5. Mai 2000 ausgestellten Angehörigenbescheinigung gemäß § 15 Abs. 2 BVFG erworben. Die neue Fassung, welche die Vorschrift durch das Gesetz zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19. August 2007 - EURLAsylUmsG - (BGBl. I S. 1970) mit Wirkung zum 28. August 2007 erhalten hat, ist hier nicht anwendbar. Nach § 7 Satz 1 StAG a.F. erwarb ein Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, der nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, mit der Ausstellung der Bescheinigung gemäß § 15 Abs. 1 oder 2 BVFG die deutsche Staatsangehörigkeit.

36

Bei Ausstellung der Angehörigenbescheinigung im Mai 2000 erfüllte der Kläger auch die weiteren Voraussetzungen des § 7 Satz 1 StAG a.F., insbesondere war er mit seiner Aufnahme Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Nach dieser Vorschrift ist Deutscher im Sinne des Grundgesetzes vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat. Unter welchen Voraussetzungen eine Person "als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder Abkömmling" diesen Status erwirbt, ist seit Inkrafttreten der durch das Kriegsfolgenbereinigungsgesetz vom 21. Dezember 1992 - KfbG - (BGBl. I S. 2094) geänderten Fassung des Bundesvertriebenengesetzes am 1. Januar 1993 grundsätzlich nach den Bestimmungen dieses Gesetzes zu beurteilen. Personen, die - wie der Kläger - als Abkömmling einer Spätaussiedlerin in Deutschland Aufnahme gefunden haben, sind mit der Übersiedlung Deutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG geworden. Die einschlägigen Bestimmungen des Bundesvertriebenengesetzes stellen insoweit die in Art. 116 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber vorbehaltene gesetzliche Regelung für den Erwerb des Deutschen-Status dar (BVerwG, Urteile vom 20. April 2004 - 1 C 3.03 - BVerwGE 120, 292 <295>, vom 19. Juni 2001 - 1 C 26.00 - BVerwGE 114, 332 <334> und vom 24. Mai 2012 - 5 C 18.11 - BVerwGE 143, 171 Rn. 29).

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Als Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG hat der Kläger nach § 7 Abs. 1 StAG a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit kraft Gesetzes mit der Ausstellung der Angehörigenbescheinigung im Mai 2000 erworben. Hieran hat die spätere Ausstellung einer Spätaussiedlerbescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG nichts geändert. Insbesondere war die deutsche Staatsangehörigkeit des Klägers nie eine gesetzliche Folge dieser Bescheinigung. Vielmehr beruht der Staatsangehörigkeitserwerb des Klägers auf dem Bescheid vom Mai 2000 und der auf seiner Grundlage ausgestellten Angehörigenbescheinigung. Diese Entscheidung wurde nach den Feststellungen des Berufungsgerichts mit der späteren Erteilung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 1 BVFG - weder ausdrücklich noch konkludent - aufgehoben (UA Rn. 49). Insoweit unterscheidet sich der vorliegende Fall von dem der Entscheidung des 5. Senats vom 24. Mai 2012 (- 5 C 18.11 - BVerwGE 143, 171) zugrunde liegenden Sachverhalt, da im dortigen Verfahren der Erwerb der Staatsangehörigkeit auf dem zurückgenommenen Bescheid beruhte und mit der auf den Ausstellungstag zurückreichenden Rücknahme eine wesentliche Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit (rückwirkend) beseitigt wurde, was ex post zum Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führte. Selbst wenn - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - unterstellt würde, dass sich die Entscheidung über die Ausstellung einer Bescheinigung nach § 15 Abs. 2 BVFG mit der Entscheidung über eine solche nach § 15 Abs. 1 BVFG "auf andere Weise" erledigte (§ 43 Abs. 2 VwVfG), wofür allerdings nichts spricht, würde dies nichts daran ändern, dass der Erwerb der Staatsangehörigkeit weiterhin auf der Angehörigenbescheinigung vom Mai 2000 beruht, deren Unwirksamkeit ex nunc keinen Verlustgrund darstellen würde (vgl. § 17 StAG).

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cc) Die Ermessensentscheidung weist auch im Übrigen keine Ermessensfehler im Sinne des § 114 Satz 1 VwGO zu Lasten des Klägers auf. Die Ausgangs- und die Widerspruchsbehörde haben bei der Abwägung der für und gegen eine Rücknahme sprechenden öffentlichen und privaten Belange alle nach Lage der Dinge maßgeblichen Umstände berücksichtigt und fehlerfrei abgewogen. Das Berufungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass der Beklagte das Interesse des Klägers an der Aufrechterhaltung des statusrechtlichen Bescheides nach § 15 Abs. 1 BVFG in ausreichendem Maße berücksichtigt hat (UA Rn. 50).

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3. Die im Widerspruchsverfahren abgeänderte Aufforderung zur Rückgabe der Spätaussiedlerbescheinigung innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft der Rücknahmeentscheidung findet ihre Rechtsgrundlage in § 52 VwVfG i.V.m. § 1 Satz 1 SächsVwVfG. Danach kann die Behörde, wenn ein Verwaltungsakt unanfechtbar zurückgenommen ist, die aufgrund dieses Verwaltungsakts erteilten Urkunden oder Sachen, die zum Nachweis der Rechte aus dem Verwaltungsakt oder zu deren Ausübung bestimmt sind, zurückfordern. Dies kann unter der aufschiebenden Bedingung des Eintritts der Unanfechtbarkeit auch schon zusammen mit der Rücknahme verfügt werden. Auch die Zwangsmittelandrohung bezieht sich nach der Abänderung der Rückgabeverpflichtung durch die Widerspruchbehörde nur noch auf die Rückgabe der Spätaussiedlerbescheinigung. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 20 i.V.m. § 27 SächsVerwVollstrG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden.

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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.