Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine Windkraftanlage.

Die Klägerin beantragte unter dem ... beim Landratsamt ... die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ REpower 3.2 M/114/143 mmit einer Nenn-Leistung von (knapp) 3,2 MW und einer Gesamthöhe von 200 mauf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S...

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bat das Landratsamt mit Schreiben vom ... die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), deren Träger die Beigeladene ist, um Stellungnahme zu dem Vorhaben gemäß § 10 Abs. 5 BImSchG. Die BGR teilte hierauf unter dem ... mit, dass das Vorhaben in einem Abstand von 3,4 km zur seismologischen Messstation GRB 5 bei Ö...B... liege. Windenergieanlagen erzeugten Erschütterungssignale, die an den Messeinrichtungen als Störsignale wahrgenommen würden. Aus fachlicher Sicht sei zum Schutz der Datenregistrierung ein Mindestabstandsradius von 5 km zu fordern. Bereits errichtete Windenergieanlagen in der Nähe von anderen Messstationen, bei denen die BGR im Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden sei, belegten den Einfluss von Windenergieanlagen. Die Zustimmung zu dem Vorhaben werde deshalb verweigert.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 hörte das Landratsamt ... die Klägerin unter Bezugnahme auf die fehlende Zustimmung der BGR zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Errichtung und Betrieb der genannten Windkraftanlage an.

Der Bevollmächtigte der Klägerin entgegnete hierauf unter dem 23. Juli 2014, dass die BGR kein Träger öffentlicher Belange sei. Es seien an den Messstationen auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen gegeben. Die Beeinträchtigung der Messstation werde lediglich angenommen und nicht wissenschaftlich belegt. Ebenso wenig sei nachgewiesen, dass eine nachträgliche Entfernung von etwaigen Störsignalen unmöglich sei. Im Übrigen gebe es im näheren Umkreis der Station GRB 5 bereits Störfaktoren wie eine Windkraftanlage, eine Bundesstraße, eine Staats Straße, eine Betonmischanlage und Deponien für Erdaushub/Schutt, was zu einem Wegfall des Schutzbedürfnisses der Messstation führe. Zudem liege eine unmittelbare Gefährdung durch Erdbeben in Deutschland nicht vor.

Die BGR widersprach dieser Einschätzung gegenüber dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. August 2014. U.a. wurden Abbildungen zur Entwicklung des Rauschniveaus an den Stationen GRB 3, GRB 1 und GRB 4 nach der Errichtung von Windenergieanlagen vorgelegt. Hinsichtlich des Signaleintrags in den Boden liege ein 200 mhohes Bauwerk wegen der Gesamtmasse der Verbindung mit dem Boden mittels eines Fundaments in einer völlig anderen Größenordnung als die andern aufgezählten Anlagen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18. August 2014, der Klägerin am 23. August 2014 zugestellt, lehnte das Landratsamt ... deren Antrag auf Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage im Hinblick auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 BauGB ab. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt: Das Vorhaben sei zwar im Außenbereich privilegiert gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und diene auch dem öffentlichen Interesse an der Nutzung von Windkraft, ihm stünden jedoch andere öffentliche Belange entgegen, die zur Unzulässigkeit des Vorhabens führten. Die BGR habe als am Verfahren beteiligter Träger öffentlicher Belange die Zustimmung zu dem Vorhaben nicht erteilt. Die BGR betreibe in Deutschland ein nationales Messnetz, das der Überwachung von Erdbebentätigkeiten innerhalb und außerhalb Deutschlands diene. Die Messgeräte seien hochempfindlich und in der Lage, Bodenbewegungen im Bereich von Nanometern aufzulösen. Um störende Signaleinträge zu vermeiden, seien die Standorte der Messstationen abseits von größeren Wohn- oder Industriesiedlungen und häufig frequentierten Verkehrswegen sorgfältig gewählt worden. Die Messstation GRB 5 sei laut BGR ein Teil des Verbundes des Gräfenberg-Arrays (GRF), das aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehe und zwischen den Jahren 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen würden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRB 5 sei als Teil des Gräfenberg-Arrays ein wesentlicher Baustein der Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen. Als solche sei das Gräfenberg-Array auch für die Landesverteidigung von großer Bedeutung, da die Bundeswehr zur Messung von militärischen Nuklearversuchen kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung von nuklearen und chemischen Explosionen unterhalte. Des Weiteren seien die seismologischen Messeinrichtungen zur Warnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz äußerst wichtig. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien unverzichtbar. Als für die Überwachungsaufgaben im Rahmen des Kernwaffenteststoppabkommens (CTBT) zuständige Behörde sei die BGR verantwortlich dafür, die Funktionsfähigkeit aller dafür benötigten Messstationen dauerhaft im vollem Umfang sicherzustellen. Gemäß der fachlichen Stellungnahme der BGR erzeuge die beantragte Windkraftanlage Erschütterungssignale, die die Aufzeichnungen der hochempfindlichen Messeinrichtungen der Station GRB 5 negativ beeinflussten. Eine Beeinflussung oder Verschlechterung der Aufzeichnungen würde die Funktionsfähigkeit der Einrichtung herabsetzen und somit die Aufgabenerfüllung der BGR gefährden. Ein nachträgliches Herausrechnung der Störungen sei nach Darlegung der BGR nicht durchführbar, weitere Störfaktoren, wie sie im Rahmen des Anhörungsverfahrens vorgebracht worden seien (Straßenverkehr, Deponiebetrieb, Betrieb eines Betonmischwerkes, Klein-Windkraftanlage), seien nicht als relevant anzusehen. Eine zusätzliche Beeinträchtigung des Gesamtsystems durch die Errichtung und den Betrieb weiterer Windkraftanlagen würde den öffentlichen Auftrag der BGR gefährden.

Gegen diesen ablehnenden Bescheid erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 19. September 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg, zunächst mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes ... vom 18. August 2014 zu verpflichten, die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage (Typ REpower 3,2 M/114, Nabenhöher 143 m) auf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S... zu erteilen. Zur Begründung wurde ergänzend zum Verwaltungsverfahren vorgetragen: Die betroffene seismologische Messstation falle nicht unter § 35 Abs. 3 Nr. 8 BauGB. Die Beigeladene behaupte zu Unrecht, dass der Betrieb des GRF-Arrays der Umsetzung des CTBT diene. Nach der Internetseite der Beigeladenen erfolge die Beteiligung der Bundesrepublik mit der Primärstation GERES an der tschechischen Grenze und der Station SNAA in der Antarktis. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, weil von ihrer Anlage keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgingen. Es gebe keine verbindlichen Vorschriften hinsichtlich einzuhaltender Mindestabstände von Windkraftanlagen zu seismologischen Messstationen. Die Beigeladene habe nicht nachgewiesen, dass die konkret zur Genehmigung beantragte Windkraftanlage die betroffene Messstation beeinträchtige; sie stelle nur auf einen Mindestradius von 5 km ab. Ob schädliche Umwelteinwirkungen vorliegen, sei anhand einer konkreten Einzelfallbetrachtung zu beurteilen und könne nicht an der Einhaltung von Mindestabständen fest gemacht werden. Ein Beurteilungsspielraum komme der Beigeladenen hinsichtlich der Frage der erheblichen Beeinträchtigung nicht zu. Die Literatur, auf die sich die BGR zur Begründung der Beeinträchtigung ihrer Messstation berufe, sei veraltet. Unter Berufung auf ein Gutachten der ... GmbH (GuD) wird von Klägerseite dargelegt, dass Schwingungsmessungen an einer baugleichen Windenergieanlage erfolgt seien und Standortuntersuchungen zur Bestimmung tiefenabhängiger bodendynamischer Parameter im Bereich des geplanten Aufstellungsortes. Das Gutachten gelange zu dem Ergebnis, dass es nicht zu einer erheblichen Störung der GRB 5 komme. Lediglich im sehr niederfrequenten Bereich um 1 Herz ergäben sich bei Volllast höhere PSD-Werte. Wegen der konkreten Untergrundverhältnisse am Standort und der im Baugrundgutachten empfohlenen Tiefengründung werde empfohlen, detaillierte Untersuchungen von Gründungsvarianten mit dem Ziel einer möglichst geringen Schwingungseinleitung in den Untergrund durchzuführen. Die Klägerseite führt weiter aus, dass im Bereich des GRF-Arrays bereits in erheblichem Umfang Windkraftanlagen errichtet seien. Der Vortrag der Beigeladenen sei widersprüchlich. Wenn es zu erheblichen Störungen durch die vorhandenen Windkraftanlagen komme, dann sei das GRF-Array jetzt schon nicht mehr funktionsfähig. Sollten die bisherigen Störungen hinnehmbar seien, dann fehle die Begründung, weshalb weitere Windkraftanlagen, speziell auch die konkret beantragte, die Funktionsfähigkeit der Messstationen erheblich beeinträchtigen würde. Es falle auf, dass in anderen vergleichbaren Konstellationen die Zustimmung zu Windenergieanlagen erteilt worden sei. Ferner sei zu bedenken, dass der Kernwaffenteststoppvertrag von Deutschland zwar im Jahr 1998 unterzeichnet worden, gleichwohl aber bislang nicht in Kraft getreten sei. Falsch sei, dass ein nachträgliches Herausrechnen der Störungen nicht durchführbar sei. Zudem lasse sich in einen Genehmigungsbescheid ohne weiteres über entsprechende Auflagen eine ausreichende Prävention zur Ausbreitung von Störsignalen in der Nähe von seismischen Messstationen erreichen. So könnte insbesondere eine Art Bodenpolsterung bei der Windenergieanlage erfolgen, welche die Ausbreitung von Störsignalen auf ein Minimum reduziere. Eine horizontale Schallentkopplung sei einfach durch Dämmstoffe realisierbar. Eine Vertikalentkopplung hingegen sei zwar schwieriger; gleichwohl könne durch eine Vergrößerung der Fundamentfläche eine geringere Flächenpressung erzeugt werden, was somit eine geringere Bodenbewegung zur Folge habe. Durch derartige Maßnahmen lasse sich die Ausbreitung von Störsignalen auf ein Minimum reduzieren. Zudem wäre im Bedarfsfall eine Abschaltung der Windenergieanlage bei der Wahrnehmung von verdächtigen Messsignalen möglich. Sofern Maßnahmen ersichtlich seien, welche eine unzumutbare Beeinträchtigung unter die Schwelle der Zumutbarkeit brächten, habe die BGR diese Maßnahmen zu ergreifen. Selbst wenn die BGR entgegen der Auffassung der Klägerseite als Träger öffentlicher Belange anzusehen wäre, sei kein öffentlicher Belang erkennbar, der der Genehmigung des privilegierten Vorhabens entgegenstünde. Seismische Messstationen seien nicht baurechtlich privilegiert und würden mangels Erwähnung in § 35 Abs. 3 BauGB über keinerlei besonderen rechtlichen Schutz verfügen. Auf einen unbenannten Belang der Wissenschaft könne sich die BGR nicht berufen. Die Messstation sei auch nicht schutzwürdig bzw. nur vermindert oder nur nachrangig, weil sie ohne die notwendige Baugenehmigung errichtet worden sei.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom ... aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Genehmigungsantrag auf Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage Typ Senvion 3.2M/114 auf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S..., unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt mit Verweis auf die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid und die Ausführungen der Beigeladenen,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene lässt sich, ohne einen Antrag zu stellen, in der Verwaltungsstreitsache wie folgt ein: Die BGR nehme keinen Beurteilungsspielraum in Anspruch. Sie habe die fachliche Kenntnis beurteilen zu können, dass es bei weiterer Errichtung von heute marktüblichen Windkraftanlagen zu einer Funktionsstörung am GRF-Array kommen werde. Der zugrunde gelegte Umkreis von 5 km beruhe auf den weitgehend einheitlichen Untergrundverhältnissen im GRF-Array und gelte nur für dieses. Die Beigeladene habe aufgrund des bei ihr vorhandenen Datenbestands in einer aufwendigen Untersuchung nachweisen können, dass Windkraftanlagen jedenfalls mit einer Nennleistung von mehr als 2 MW (zwischen 1 und 2 MW „kein klares Bild“) die Messungen beeinträchtigten. Die Frequenzen solcher Windkraftanlagen würden sich mit den charakteristischen Frequenzen von Erdbeben oder möglichen Kernwaffentests überlappen. Gerade die häufigeren Ereignisse mit kleinen Amplituden könnten wegen des von den Windkraftanlagen verursachten erhöhten Rauschniveaus nicht mehr gemessen werden. Es wurden verschiedene technische Darstellungen vorgelegt, die die Veränderungen der Messungen nach Errichtung von Windkraftanlagen belegen sollen. Jede weitere Windkraftanlage beeinträchtige das GRF-Array. Im Bereich der Messstation GRB 5 sei bisher als Vorbelastung nur eine ENERCON-40 mit einer Anlagenhöhe von 85 mgegeben. Entferntere Windkraftanlagen beeinträchtigten den Frequenzbereich um ein Herz, die übrigen Frequenzbereiche seien noch nicht erheblich beeinträchtigt. Die vorhandene Vorbelastung führe nicht zur behaupteten völligen Unbrauchbarkeit der seismologischen Station, jedoch zu einer erheblichen Beeinträchtigung verschiedener relevanter Frequenzbereiche. Es gelte, die nicht beeinträchtigten Frequenzbereiche im jetzigen Zustand zu erhalten und Summationswirkungen durch hinzutretende Windenergieanlagen zu vermeiden. Für die Station GRB 5 sei dies insbesondere, aber nicht ausschließlich im Frequenzbereich von 2 bis 7 Hz der Fall. Eine nachträgliche Herausrechnung der Störungen sei praktisch nicht durchführbar. Es handele sich um ein Inversionsproblem, zu dem in der Seismologie ausreichend Erfahrung gegeben sei. Weder das Quellsignal noch das Ausbreitungsmedium ließen sich hinreichend erfassen. Das von der Klägerseite vorgelegte Gutachten sei nicht geeignet, eine fehlende Beeinträchtigung nachzuweisen. Die im Nahfeld erfolgte Schwingungsmessung sei für die Abschätzung der Amplituden im Fernfeld nicht geeignet. Die Messdurchführung über 24 Stunden bleibe weit hinter den von der BGR herangezogenen kontinuierlichen Daten von zwei Jahren zurück. Das herangezogene Geländemodell sei nicht hinreichend genau. Die im Nahfeld mitgemessene direkte und indirekte Schalleinwirkung führe zur Verfälschung der Ergebnisse. Das Übersehen der Belange der BGR in § 35 Abs. 3 BauGB führe nicht dazu, dass diese als unbenannter Belang keine Berücksichtigung finden könnten. Die fehlende Genehmigungsfähigkeit der Anlage der Klägerin sei auch nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gegeben, da die Klägerin die durch Bodenerschütterungen verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen auf Sachgüter der Beigeladenen und daraus folgende erhebliche Nachteile nicht vermeiden könne. Soweit die Klägerin auf andere Windenergieanlagen in der Nähe der Messstation verweise, berücksichtige sie dabei nicht, dass es sich bei den Anlagen um Einzelanlagen handele mit einer deutlich geringeren Höhe (unter 70 m) und einer deutlich geringeren Nennleistung (1 MW und kleiner). Der Signaleintrag der vorhandenen Windenergieanlagen an den Stationen GRB 4 und GRB 5 sei nicht erheblich und würde an den Messstationen kaum erfasst. Die Windenergieanlage an der Station GRB 1 verursache aufgrund ihrer höheren Leistung erhebliche Beeinträchtigungen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Anlage bereits genehmigt gewesen sei, als die BGR die Störungen erfasst habe und der Windkraftanlage nachweisbar zuordnen habe können. Die BGR sei lange Zeit nicht an Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen beteiligt worden. Die fachliche Zuordnung und der Nachweis der Störeinträge seien ein länger andauernder Prozess gewesen. Die Bestandsanlagen würden zur erheblichen Beeinträchtigung führen, ohne jedoch die Datenverwertung endgültig auszuschließen. Die Störungen seien stets erheblich in einem Abstand von 3 km, regelmäßig in einem Abstand von 3 bis 5 km, es sei denn, es handele sich um den Betrieb kleinerer Einzelanlagen. Im Übrigen habe auch der Bayerische Erdbebendienst auf Grundlage der Beurteilung seiner eigenen Messwerte für seine Breitbandstationen in diesem Bereich einen Schutzradius von 5 km gefordert. Hinsichtlich der Möglichkeit der Umsetzung von Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen wird ausgeführt: Die Beigeladene sei durchaus bereit, Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen mitzutragen, soweit diese nachweisbar zu Begrenzung der Störungsimmissionen geeignet seien. Allerdings könne die Beigeladene zur Erprobung von Vermeidungsbzw. Verminderungsmaßnahmen nicht das älteste und damit wertvollste Netz zur Verfügung stellen. Nach dem jetzigen Stand der Technik und Wissenschaft bestünden keine geeigneten Möglichkeiten. Die durch die Klägerin vorgeschlagenen Maßnahmen seien nicht geeignet, die erhebliche Beeinträchtigung der Station GRB 5 durch die beantragte Windenergieanlage zu beseitigen. Es gebe keine derzeit umsetzbaren Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen einer Wellenlänge im Bereich von 1 km vermeiden würden. Die Idee der Klägerin, Erschütterungssignale der Windenergieanlagen heraus zu rechnen, scheitere daran, dass das Störsignal, das am seismologischen Messort ankomme, nicht bekannt sei. Aber selbst wenn es gelänge, die Quellsignale quantitativ ausreichend genau zu erfassen, wäre eine Herausrechnung nicht möglich, weil die Untergrundstruktur im relevanten Bereich zwischen Windenergieanlage und Messstation nicht genügend bekannt sei und sich die Störsignale der Windenergieanlage mit dem natürlichen Rauschen überlagern und in dem Bereich, in dem sie vergleichbare Amplituden hätten, nicht mehr zu trennen seien, wenn beide in gleicher Größenordnung zu den Signaleinträgen beitrügen. Soweit die Klägerin meine, eine ausreichende Prävention zur Ausbreitung von Störsignalen könne mit einer steifen Gründung bei der Windenergieanlage bzw. durch den Einbau von Schwingungsdämpfern erreicht werden, und auch auf die Möglichkeit einer Abschaltung der Windkraftanlage verweise, wird von Beigeladenenseite Folgendes dargelegt: Die Abschaltungslösung scheitere bereits daran, dass die erhebliche Beeinträchtigung durch Windenergieanlagen gerade darin bestehe, dass verdächtige Signale gar nicht erst wahrgenommen werden könnten. Maßnahmen zur Dämpfung seien nicht Gegenstand des Genehmigungsantrags und auch nicht nachgewiesen wirksam. Der Auffassung der Klägerin, die Beigeladene könne sich nicht auf den Belang „Wissenschaft“ berufen, werde entgegengetreten. Als geowissenschaftliches Kompetenzzentrum berate und informiere die BGR die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen. Ihre Arbeit diene einer ökonomisch und ökologisch vertretbaren Nutzung und Sicherung natürlicher Ressourcen und somit der Daseinsvorsorge. Als Bundesoberbehörde sei die BGR Bestandteil der wissenschaftlich-technischen Infrastruktur Deutschlands und übernehme auch gesetzlich festgelegte Aufgaben. Die GBR sei darüber hinaus Träger des nationalen seismologischen Dienstes und Betreiber seismologischer Messeinrichtungen. Sie habe die Funktion des Nationalen Datenzentrums übernommen. Dieses erfasse alle Verifikationstechnologien. Darüber hinaus erfülle sie im Zusammenhang mit dem Kernwaffenteststoppvertrag Beratungsleistungen in geologischen und geophysikalischen Fragestellungen gegenüber der Bundesregierung, der Industrie und der Öffentlichkeit. Dass der Kernwaffenteststoppvertrag nicht in Kraft sei, treffe zwar zu, jedoch seien Deutschland im Vorfeld des Inkrafttretens bereits Verpflichtungen auferlegt worden. Nicht zuletzt stehe die BGR in der Verantwortung, den Datenschatz auch für internationale seismologische Communities bereit zu halten. Eine Vielzahl internationaler Forschungsprojekte nutze den Datensatz. Soweit die Klägerin behauptet, die seismologischen Stationen seien baurechtlich illegal, entbehre dies jeglicher Grundlage. Die Stationen bedürften keiner Baugenehmigung.

Am 29. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht mit den Beteiligten die Streitsache mündlich verhandelt.

Am 1. Juli 2016 ist durch das Gericht ein Beweisbeschluss erlassen worden. In seiner Nr. I.1 bezieht er sich auf die Fragen, ob die von der GuD vorgenommene Messung geeignet ist, die von der streitgegenständlichen Windkraftanlage ausgelösten Schwingungen abzuschätzen, falls nein, ob es eine wissenschaftliche Methode gibt, die Übertragung der Schwingungen von Windkraftanlagen auf den Boden zu ermitteln, falls ja, ob die vorgenommenen Ermittlungen zu den Geländeverhältnissen am streitgegenständlichen Standort ... geeignet sind, das Schwingungsverhalten der Anlagen an diesem Standard abzuschätzen, und ob in diesem Fall die vorgenommenen Ermittlungen auch geeignet sind, die Schwingungen in weiterer Entfernung vom Standort der Anlage abzuschätzen. Nr. I.2 des Beweisbeschlusses betrifft die Frage, ob eine Tiefengründung wie im Gutachten beschrieben, die an den Boden übertragenen Schwingungen relevant verringert, wie stark dies von den konkreten Standortbedingungen abhängig ist und bis in welche Tiefe diese für die Beurteilung bekannt sein müssen.

Mit Schreiben vom 5. August 2016, bei Gericht eingegangen am 11. August 2016, hat der mit dem Gutachten beauftragte Prof. Dr. W... zu den vorstehenden Fragen Stellung genommen. Zur Nr. I.1 des Beweisbeschlusses wird ausgeführt, dass die von der GuD benutzten Messungen und deren Auswertung nicht in der Lage seien, die von der streitgegenständlichen Windkraftanlage verursachten Schwingungen an der seismologischen Messstation GRB 5 abzuschätzen. Die Methodik der GuD, die Schwingungen modellhaft im Nahfeld der Windkraftanlage zu erfassen, sei mit den sie validierenden Messungen prinzipiell akzeptabel, erfordere aber eine Fehleranalyse, die nicht geleistet worden sei. Unabhängig davon könne dieser modellierte Eintrag in die Erde nicht ohne Kenntnisse der elastischen Struktur und der Dämpfungseigenschaften auf dem Ausbreitungs Weg von der Windkraftanlage in 3 oder 4 km Entfernung prognostiziert werden. Die erforderlichen Kenntnisse müssten einen Tiefenbereich von ca. 2 km einbeziehen. Die sicherlich zuverlässigste Methode für die Prognose von Bodenschwingungen sei die direkte Messung der Auswirkung in den relevanten Entfernungen, wobei der Einfluss der Baugrundeigenschaft auf das Signal am Standort der seismologischen Station berücksichtigt werden sollte. Die Nr. I.2 des Beweisbeschlusses wurde dahingehend beantwortet, dass das in Bild 8-5 gezeigte Ergebnis einer Rechnung der GuD für den Standort ... mit sechs 15 mtiefen Pfählen einen reduzierten Übertragungsfaktor einer horizontalen Einheitskraft am Turmkopf auf die Fundamentschwingungen zeige, daraus aber keine Reduzierung der Bodenbewegung in mehreren Kilometer Entfernung folge.

Die Richtigkeit dieser Begutachtung wurde von Klägerseite infrage gestellt. Die Klägerin trägt nach Vorlage einer Sensitivitätsanalyse u.a. vor, dass einen endgültigen Aufschluss eine messtechnische Untersuchung vor Ort erbringen könnte. Dabei könnte mittels einer künstlichen Anregungsquelle direkt am geplanten Standort der Windenergieanlage eine hohe dynamische Kraft in den Untergrund eingeprägt werden und die hieraus resultierenden Bodenschwingungen auch bis Entfernungen von 1 bis 2 km messtechnisch ermittelt werden.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. April 2017 ist der Gutachter gebeten worden, zu den hinsichtlich seiner Begutachtung erfolgten Einwendungen der Klägerseite Stellung zu nehmen.

Am 6. Juni 2017 hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Beteiligten auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 24. Januar 2017 (M 1 K 14.1682 – juris) hingewiesen und dieses zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Seitens des Gerichts ist ausgeführt worden, dass die Berufsrichter der 7. Kammer nach vorläufiger Einschätzung der Auffassung des Verwaltungsgerichts München folgen, wonach Nr. 7.3.4 des Bayerischen Windenergieerlasses vom 19. Juni 2016 als ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität anzusehen sei, das nicht ohne fachlichen Grund außer Acht gelassen werden dürfe. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben und mitgeteilt worden, dass das Gericht im Hinblick auf diese vorläufige Rechtsauffassung den Gutachter gebeten hat, einstweilen von der angeforderten Stellungnahme abzusehen.

Am 19., 28. und 30. Juni 2017 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne (weitere) mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Inhalte der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid des Landratsamtes ... vom ..., in dem der Genehmigungsantrag der Klägerin hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs einer Windkraftanlage vom Typ REpower 3.2 M/114/143m mit einer Leistung von 3,2 MW und einer Gesamthöhe von 200 mauf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S..., abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit der Klage zuletzt begehrte Verpflichtung des Beklagten, über ihren Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Vom Landratsamt wurde nämlich – auch zum bei Verbescheidungsklagen maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 217, 218) – zu Recht die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens verneint.

Die Errichtung und der Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage sind aufgrund ihrer Gesamthöhe von 200 mgemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig. Denn die Einhaltung des § 6 BImSchG ist nicht sichergestellt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hat die zuständige Behörde eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Die Formulierung „können“ drückt hierbei aus, dass die Grundpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bereits die Abwehr potenzieller Risiken bezweckt, es also um einen vorbeugenden Gefahrenschutz geht (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 1. Mai 2017, Rn. 61 zu § 5 BImSchG).

Hieran gemessen erweist sich das Vorhaben der Klägerin als nicht genehmigungsfähig. Denn es ist mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die beantragte Windkraftanlage die Messstation GRB 5 der Beigeladenen (bei Ö...B...) und damit das Gräfenberg-Array als Gesamtanlage in seiner Funktion erheblich beeinträchtigt und dadurch erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorruft. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht ohne dem Beklagten oder Beigeladenen einen Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative einzuräumen.

Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Funktionsfähigkeit der Messstationen der Beigeladenen im Gräfenberg-Array, zu dem auch die GRB 5 gehört, der Allgemeinheit dient und deswegen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geschützt ist. Die Beigeladene hat zur Bedeutung der Messstation GRB 5 und der anderen Messstationen im Gräfenberg-Array Folgendes dargelegt: Die Messstation GRB 5 stelle einen Teil des Verbundes des Gräfenberg-Arrays dar, das aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehe und zwischen den Jahren 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen würden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRB 5 sei als Teil des Gräfenberg-Arrays ein wesentlicher Baustein der Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen. Als solche sei das Gräfenberg-Array auch für die Landesverteidigung von großer Bedeutung, da die Bundeswehr zur Messung von militärischen Nuklearversuchen kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung von nuklearen und chemischen Explosionen unterhalte. Des Weiteren seien die seismologischen Messeinrichtungen zur Warnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz äußerst wichtig. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien unverzichtbar, auch im Hinblick auf das Kernwaffenteststoppabkommen. Die Erkenntnisse aus den Messstationen würden zur Beratung und Information der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen genutzt. Der durch die Messeinrichtungen gewonnene Datenschatz werde auch für internationale seismologische Communities und für internationale Forschungsprojekte bereitgehalten.

Aus diesen Darlegungen ergibt sich für das Gericht nachvollziehbar das Allgemeinwohlinteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstation GRB 5 als Teil der Messstationen im Gräfenberg-Array, insbesondere im Hinblick auf die Erdbebenerkennung. Wenn die Klägerseite die Bedeutung der Erdbebenerkennung relativiert, da in Deutschland eine unmittelbare Gefährdung nicht vorliege, überzeugt das nicht; es besteht nämlich auch in nicht unmittelbar gefährdeten Gebieten ein Allgemeinwohlinteresse an der Erdbebenerkennung. Im Übrigen rechtfertigt sich der Allgemeinwohlbezug der Messstationen im Gräfenberg-Array auch aus den anderen genannten Zwecken. Ob die Messstation GRB 5 bzw. das GRF-Array insgesamt im Hinblick auf den Kernwaffenteststoppvertrag relevant ist oder nur – wie von Klägerseite vorgetragen – die Primärstation GERES oder die in der Antarktis, bedarf keiner Würdigung. Denn die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Messstationen im Gräfenberg-Array unabhängig vom Kernwaffenteststoppvertrag unverzichtbare und im Allgemeinwohlinteresse liegende Daten zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen liefern.

Das Gericht geht davon aus, dass die beantragte Windkraftanlage erhebliche Nachteile für das dargelegte Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstationen GRB 5 und des Gräfenberg-Arrays als Gesamtsystem hervorruft.

Soweit die Klägerin dem entgegenhält, dass die Messstation GRB 5 aufgrund der Vorbelastungen bzw. Störfaktoren durch eine Windkraftanlage, eine Bundesstraße, eine Staats Straße, eine Betonmischanlage und Deponien für Erdaushub/Schutt nicht mehr funktionsfähig bzw. schutzwürdig ist, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Beigeladene hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass im Bereich der Messstation GRB 5 zwar eine Beeinträchtigung von bestimmten Frequenzbereichen bestehe, insbesondere aber nicht ausschließlich im Frequenzbereich von 2 bis 7 Hz keine Beeinträchtigung vorliege. Diese Erläuterungen hat die Klägerin nicht substantiiert in Frage stellen können. Wenn sie darauf verweist, dass dann auch die beantragte Windkraftanlage unproblematisch sein müsste, verkennt sie, dass die genannten Störfaktoren entweder (auch wegen ihrer Kurzzeitigkeit) gar nicht relevant sind oder von der Relevanz her mit der beantragten Windkraftanlage hinsichtlich ihres durch Höhe und Leistung verursachten Störpotentials nicht vergleichbar sind. Ein Bauwerk wie die beantragte Windkraftanlage mit 200 m Gesamthöhe und 2 MW Nenn-Leistung stellt wegen der Gesamtmasse und der Verbindung mit dem Boden mittels eines Fundaments einen ganz anderen Störfaktor dar als die von Klägerseite aufgezählten Anlagen. Der Energieeintrag in den Boden ist offensichtlich nicht annähernd vergleichbar mit dem angeführten Deponiebetrieb, dem Betonmischwerk und dem Auto- oder LKW-Verkehr auf den Straßen. Gleiches gilt für die in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen, da es sich hierbei nur um eine Kleinwindkraftanlage bzw. eine Anlage (ENERCON-40) mit einer Höhe von nur 85 mhandelt. Die Beigeladene bzw. Allgemeinheit hat damit ein schützenswertes Interesse, wenigstens die nicht beeinträchtigten Frequenzbereiche im jetzigen Zustand zu erhalten und Summationswirkungen durch hinzutretende Windenergieanlagen zu vermeiden. An frühere Zustimmungen zu Windkraftanlagen ist die Beigeladene nicht gebunden, erst Recht dann nicht, wenn neue Erkenntnisse zur Störqualität gegeben sind.

Die demnach noch gegebene Funktionalität der Messstation wird – davon geht das Gericht aus – durch die beantragte Windkraftanlage auch erheblich beeinträchtigt mit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblichen nachteiligen Folgen für die Allgemeinheit. Dies ergibt sich daraus, dass die streitgegenständliche Windkraftanlage bezogen auf die Breitbandmessstation GRB 5 den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. bder Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass – BayWEE) vom 19. Juli 2016 (AllMBl 2016 S. 1642) genannten absoluten Mindestabstand von 5 km nicht einhält.

Der Windenergie-Erlass enthält zu den Erdbebenmessstationen folgende Festlegungen:

„7.3.4 Erdbebenmessstationen

1Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. 2Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. 3Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. 4Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

a) Station GERES bei ... der BGR; (...); es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): (...), Ö... (GRB5), (...); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (...); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen;

d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (...); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

5Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. 6Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnung wider. 7Die Positionen der Messstationen inklusive der Schutzradien und der Links zu den jeweiligen Betreibern finden sich im Energie-Atlas Bayern.“

Diese Bestimmungen in Nr. 7.3.4 BayWEE beanspruchen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung, da sie nach Nr. 12 Satz 1 BayWEE am 1. September 2016 in Kraft und die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten sind (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).

Der Windenergie-Erlass unterscheidet zwischen absoluter Unzulässigkeit von Windkraftanlagen innerhalb eines bestimmten Kilometer-Radius und zwischen Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit nach einer Einzelfallprüfung. Bezogen auf die Messstation der Beigeladenen mit der Bezeichnung GRB 5 (bei Ö...) sind nach Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE Windkraftanlagen absolut unzulässig im Umkreis von einem Radius von 5 km. Eine Einzelfallprüfung ist nicht vorgesehen.

Damit folgt aus dieser Bestimmung die absolute Unzulässigkeit der beantragten Windkraftanlage, nachdem sie nur einen Abstand von 3,4 km zur Messstation GRB 5 aufweist. Aus den Sätzen 2 und 3 von Nr. 7.3.4 BayWEE ergibt sich, dass die durch Windkraftanlagen erzeugten Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, wenn sie nicht den in Nr. 7.3.4 Satz 4 BayWEE geforderten Abstand zu den Erdbebenmessstationen einhalten. Unter Zugrundelegung dieser Aussagen kommt damit die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage nicht in Betracht.

Die Bewertungen des Windenergie-Erlasses in Nr. 7.3.4 stellen nach Auffassung des Gerichts keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, sondern ein für die Gerichte grundsätzlich verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ dar, wie es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schon für andere Regelungen im Windenergie-Erlass angenommen hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.2016 – 22 CS 16.2162 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – jeweils juris). Ein solches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ darf von der zuständigen Genehmigungsbehörde und auch vom Gericht nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris).

Dies gilt (wie bei den Vorgaben zur artenschutzfachlichen Prüfung) auch für die Vorgaben zu den Messstationen, weil insoweit besonderer Sachverstand und besondere Erfahrungswerte in die Regelung Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen sind. Zur Begründung wird auf folgende Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München (U.v. 24.1.2017 – M 1 K 14.1682 – juris) verwiesen, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde:

„Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht – wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben – auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt – jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) – regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.

Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 mdurch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern – Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen – Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. (...).

Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen – jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern – zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.“

Auf Grund des antizipierten seismologischen Sachverständigengutachtens in Nr. 7.3.4 BayWEE, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung des Mindestabstands von 5 km zur Station GRB 5 hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis der Störung der Messergebnisse der GRB 5-Station durch die beantragte Windkraftanlage nicht an (so auch VG München a.a.O.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE genannte Mindestabstand von 5 km im vorliegenden Fall erheblich (um 1,6 km) unterschritten wird.

Ungeachtet der absoluten Unzulässigkeitsvorgabe in Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE dürfte aber dann etwas anderes gelten, wenn die Annahmen bzw. Vorgaben des Windenergie-Erlasses im Einzelfall substantiiert erschüttert werden. Das folgt daraus, dass es sich beim Windenergie-Erlass nicht um Rechtsnormen handelt, sondern um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das im Hinblick auf Mindestabstände – wie aufgeführt – nach Bedeutung und Funktion der Messstationen differenziert und aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse grundsätzlich – also im Sinne einer Vermutung – davon ausgeht, dass sich die Detektions- und Auswertgenauigkeit der seismischen Messdaten der Messstationen des Gräfenberg-Arrays bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes so verschlechtern, dass damit erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit verbunden sind.

Die Annahmen des Windenergie-Erlasses sind vorliegend jedoch nicht substantiiert erschüttert. Die Klägerin hat sich mit den Hinweisen in Nr. 7.3.4 BayWEE und den Erkenntnissen des LfU, der LMU München, des Bayerischen Erdbebendienstes und der Beigeladenen, die als besondere fachliche Expertise in die Regelung der Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen ist, nicht hinreichend fachlich konkret auseinandergesetzt, geschweige denn ihre Richtigkeit erschüttert. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass pauschale Mindestabstände nicht zulässig seien, sondern im Einzelfall eine erhebliche Störung nachzuweisen sei. Dies genügt jedoch wie dargestellt angesichts der Qualifizierung der Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE als „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ nicht.

Vielmehr hat vorliegend die Beigeladene als für derartige Fachfragen zuständige Bundesbehörde und geowissenschaftliches Kompetenzzentrum plausibel dargelegt, dass die angenommenen erheblichen Beeinträchtigungen der Funktion der einzelnen Messstationen und des Arrays als Gesamtsystem auf systematischen Untersuchungen und Auswertungen des Einflusses von hinzukommenden Windkraftanlagen gerade auf das Gräfenberg-Array beruht. Der sich daraus für die BGR ergebende Abstand von 5 km sei ausschließlich für das Gräfenberg-Array ermittelt worden. Dies sei mit der vergleichbaren geologischen Struktur der obersten Erdschichten (bis in eine Tiefe von mehreren hundert Metern begründet). Innerhalb dieses Radius seien erhebliche Störeinträge auf die Messungen festgestellt worden. Die Erhaltung der bisherigen hohen Auflösungsfähigkeit des GRF-Arrays, die sich in einer möglichst niedrigen Detektionsschwelle äußert, ist danach für die Aufgabenwahrnehmung essentiell. Hinzu kommt, dass die Beigeladene auf einen historischen Datenbestand des GRF-Arrays als Referenz zurückgreifen und Dritten zur Verfügung stellen kann, dessen Wert durch weitere Verschlechterungen der Funktion des Arrays weiter verliert. Nach den Erkenntnissen des Gerichts besteht schließlich auch kein Anlass, die Aussage der BGR in Zweifel zu ziehen, dass es bisher keine verlässliche, allgemein anerkannte Methode gibt, um die Auswirkungen von geplanten Windkraftanlagen auf benachbarte seismologische Messstationen berechnen zu können.

Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten der GuD ändert hieran nichts, zum einen, weil es sich mit den fachlichen Erkenntnissen und über einen längeren Zeitraum gewonnenen Erfahrungen, die der Regelung in Nr. 7.3.4 BayWEE zugrunde liegt, nicht hinreichend inhaltlich auseinandersetzt, zum anderen weil es einen Ansatz verfolgt, der aus Sicht des Gerichts einen geringen Erkenntniswert hat. Denn das Gutachten hat, unabhängig davon, ob ihm angesichts der Beurteilung durch den gerichtlichen Gutachter Prof. Dr. W... und der Beigeladenen überhaupt gefolgt werden kann, nur Aussagekraft im Hinblick auf die Erschütterungsauswirkungen einer Windkraftanlage im Nahbereich (1 km). Für eine Beurteilung eines größeren Wirkbereichs bemüht es eine Prognose, der erhebliche Unsicherheiten immanent sind. Dies gesteht auch die Klägerseite ein, wenn sie im Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 ausführt, dass einen endgültigen Aufschluss eine messtechnische Untersuchung vor Ort erbringen könnte, wenn mittels einer künstlichen Anregungsquelle direkt am geplanten Standort der Windenergieanlage eine hohe dynamische Kraft in den Untergrund eingeprägt wird und die hieraus resultierenden Bodenschwingungen auch bis Entfernungen von 1 bis 2 km messtechnisch ermittelt werden. Im Übrigen beruhen die Erkenntnisse der Beigeladenen bzw. die aus dem Windenergie-Erlass auf über viele Jahre in verschiedenen Abstandsbereichen gemessenen Werten bezogen auf mehrere Windkraftanlagen, die Ergebnisse aus dem GuD-Gutachten nur auf zwei- bis dreitägigen Messungen bezogen auf einen Standort. Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Kritik am GuD-Gutachten durch den gerichtlichen Gutachter berechtigt ist oder nicht.

Soweit sich die Klägerin auf ein Herausrechnen der Störsignale beruft, vermag sie damit nicht durchzudringen. Denn aus den genannten Bestimmungen des Windenergie-Erlasses, die die Klägerin nicht durch substantiierte Einwendungen mit vergleichbarer fachlicher Art und Qualität erschüttern konnte, folgt, dass Mindestabstände bis auf Weiteres die einzige Möglichkeit zum Schutz der Messstationen darstellen. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands auf Klägerseite, es müssten als milderes Mittel Schutzauflagen verfügt werden. Im Übrigen führt in diesem Zusammenhang die Beigeladene nachvollziehbar im Sinne der Regelungen des Windenergie-Erlasses aus, dass die von Klägerseite vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geeignet seien, die erhebliche Beeinträchtigung der Station GRB 5 durch die beantragte Windenergieanlage zu beseitigen. Die Störsignale würden Wellenanteile mit einer Wellenlänge im Bereich von mehreren hundert Metern bis 1 km besitzen. Diese würden in den vorkommenden Frequenzteilen bei etwa 1 Hz und der S-Wellenausbreitungsgeschwindigkeit in den oberen 300 bis 400 mder Kalkschicht von grob 1 km/s liegen. Es gebe derzeit keine umsetzbaren Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen dieser Wellenlänge vermeiden würden. Solche Maßnahmen seien weder im Gräfenberg-Array noch im sonstigen Bundesgebiet erprobt. Die Erschütterungssignale der Windenergieanlagen heraus zu rechnen, wie von Klägerseite vorgebracht, ist nach den Ausführungen der Beigeladenen nicht zielführend. Grund sei ein Inversionsproblem, das in der Seismologie häufig thematisiert werde und worüber ausreichende Erfahrungen vorlägen. Das Quellsignal könne nur mäßig gut bzw. nicht hinreichend genau erfasst werden wegen der ungenauen Kenntnis des Ausbreitungsmediums bis in 1 km Tiefe. Aber selbst wenn es gelänge, die Quellsignale quantitativ ausreichend genau zu erfassen, wäre eine Herausrechnung nicht möglich, weil die Untergrundstruktur im relevanten Bereich zwischen Windenergieanlage und Messstation nicht genügend bekannt sei und sich die Störsignale der Windenergieanlage mit dem natürlichen Rauschen überlagern würden. Sie könnten dann in dem Bereich, in dem sie vergleichbare Amplituden hätten, nicht mehr getrennt werden, wenn beide in gleicher Größenordnung zu den Signaleinträgen beitrügen. Die Abschaltungslösung scheitere bereits daran, dass die erhebliche Beeinträchtigung durch Windenergieanlagen gerade darin bestehe, dass verdächtige Signale gar nicht erst wahrgenommen werden könnten.

Auch diese Stellungnahme der Beigeladenen hält das Gericht, zumal sie im Einklang mit dem antizipierten Sachverständigengutachten von hohem Gewicht stehen, für hinreichend plausibel und nicht durch substantiierte Einlassungen der Klägerin für erschüttert. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Dämpfungsmöglichkeiten auf eine Studie von Styles et al. verweist, macht die Beigeladene zu Recht geltend, dass solche Maßnahmen nicht Antragsgegenstand sind; im Übrigen beruft sich die Beigeladene nachvollziehbar darauf, dass damit die Wirksamkeit von Dämpfungsmaßnahmen am konkret beantragten Standort im Gräfenberg-Array mit einem Abstand von 3,4 km nicht nachgewiesen ist, nachdem sich die Studie auf Windkraftanlagen mit einem Mindestabstand von 15 km Radius bezog.

Da es aus den dargelegten Gründen an den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG fehlt, kommt es auf die Frage der Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB, worauf der Beklagte maßgeblich rechtlich abgestellt hat, an sich nicht mehr an. Das Gericht stützt seine Entscheidung dennoch selbständig tragend auch darauf, dass das Vorhaben zudem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB nicht genehmigungsfähig ist.

Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen stellt nach Auffassung der Kammer einen ungeschriebenen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB dar, der privilegierten Vorhaben wie Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen kann. Dabei kann im Ergebnis vorliegend dahinstehen, ob man insoweit auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB zurückgreift (so VG Aachen, B.v. 02.09.2016 – 6 L 38/16; wohl auch OVG Münster, B.v. 09.06.2017 – jeweils juris) oder auf das Rücksichtnahmegebot als ungeschriebenen Belang abstellt. Nach den vorstehenden Ausführungen ist von einer Störung der Funktionsfähigkeit der Messstation GRB 5 und des Gesamt-Arrays mit hinreichender Gewichtigkeit auszugehen. Im Hinblick darauf kommt das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung weiterer Verschlechterungen der Funktionsfähigkeit der Messstation als Teil des GRF-Arrays bei der nachvollziehenden Abwägung im Rahmen des „Entgegenstehens“ nach § 35 Abs. 3 BauGB bzw. der Bewertung der Zumutbarkeit beim Rücksichtnahmegebot der Vorrang gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin und dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Gewinnung erneuerbarer Energie einzuräumen ist.

Insoweit ist von Belang, dass hier jeweils nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässige Vorhaben in Konflikt stehen. Insoweit hat die Klägerin nachvollziehbar dargestellt, dass die hochsensiblen Messstationen zur Vermeidung von Erschütterung des Bodens durch anthropogene Einflüsse im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Soweit die Klägerin einwendet, die Messstation sei nicht schutzwürdig, weil sie baurechtlich nicht genehmigt sei, so folgt dem das Gericht nicht. Es spricht bereits viel dafür, dass die Messstationen jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht genehmigungspflichtig waren. Art. 83 Abs. 1 Nr. 22 BayBO i.d.F. vom 1.10.1974 (GVBl 1974, 513) sah nämlich vor, dass die Errichtung von künstlichen Hohlräumen unter der Erdoberfläche mit einem Rauminhalt bis zu 50 cbm genehmigungsfrei war. Die Messstationen bestehen aus einem Seismometer als technisches Gerät, der sich zum Schutz vor Beschädigungen in einem Schacht unter der Erdoberfläche mit einer Tiefe von 3 m – 5 m und einem Durchmesser von ca. 2 m befindet, so dass die genannte Ausnahme greifen könnte. Dies bedarf aber keiner abschließenden Prüfung. Denn jedenfalls ist der Betrieb der Messstationen, die seit Jahrzehnten bestehen, von den zuständigen Bauaufsichtsbehörden zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass von Seiten des Beklagten zukünftig Beseitigungsverlangen gestellt werden würden. Vielmehr geht der Beklagte nach dem Windenergie-Erlass offenbar von der Schutzwürdigkeit der bestehenden Messstationen aus. Das Gericht nimmt infolge der baurechtlichen Privilegierung und der im Hinblick auf die angesprochene Beschaffenheit der Messstationen geringen Auswirkungen auf die Umgebung auch die Genehmigungsfähigkeit der Messstationen an, sollte eine Genehmigungspflicht dennoch gegeben sein. Eine eventuelle bloße formelle Baurechtswidrigkeit der Messstation vermag das Gewicht des mit ihrem Betrieb verbundenen öffentlichen Interessen im nachbarlichen Verhältnis zum Außenbereichsvorhaben der Klägerin nicht entscheidend zu schwächen (vgl. OVG Koblenz, U.v.13.1.2016 – 8 A 10535/15 – juris Rn. 115 zu einer Wetterradarstation). Im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung streiten schließlich zugunsten des Schutzes des GRF-Arrays das angesprochene öffentliche Interesse am Betrieb der Messstationen sowie der besondere Umstand, dass neben der hohen Registrierqualität des GRF-Arrays der erfasste und verarbeitete Datenbestand über Jahrzehnte eine hohe Bedeutung als Referenzmaterial für aktuelle und künftige Ereignisse hat. Demgegenüber ergibt sich nicht, dass die geplante Windkraftanlage auf den konkret vorgesehenen Standort angewiesen ist, so dass es auch im Hinblick auf den Prioritätsgrundsatz geboten ist, dass die Windkraftanlage den geforderten Abstand von 5 km einhält.

Nach alledem hat das Landratsamt ... mit Bescheid vom ... auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu Recht den Genehmigungsantrag abgelehnt.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO), weshalb es angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Die Berufung wurde gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da es nach Auffassung des Gerichts grundsätzliche Bedeutung hat, ob bzw. inwieweit die Regelungen in Nr. 7.3.4 BayWEE Bindungswirkung für das Gericht haben.

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 27. Juli 2017 - RO 7 K 14.1558 zitiert 14 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

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(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Die Beigeladene zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für vier Windkraftanlagen.

Die Klägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, beantragte unter dem … Oktober 2012 beim Landratsamt Eichstätt (Landratsamt) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ „RE Power“ 3,4 M 104 mit einer Leistung von 3,4 MW und einer Gesamthöhe von 180 m auf dem Grundstück FlNr. 252 Gemarkung P … Unter dem … April 2013 beantragte sie nahe diesem Standort zwei weitere solche Genehmigungen für jeweils eine Windkraftanlage des Typs „Nordex N 117“ mit einer Leistung von 2,4 MW und einer Gesamthöhe von 199 m auf den Grundstücken FlNr. 487 und FlNr. 495 Gemarkung A …, ferner unter dem ... Mai 2013 eine weitere solche Genehmigung für eine Windkraftanlage gleichen Typs auf dem Grundstück FlNr. 473 Gemarkung A … in der Nähe der drei zuvor genannten Standorte.

Mit Schreiben vom … März 2014 beantragte die Klägerin erneut die Erteilung der oben genannten Genehmigungen, aus artenschutzrechtlichen Gründen jedoch mit der Maßgabe einer zeitlichen Betriebsbeschränkung (Bl. 527 d. Behördenakte „252“).

Alle vier Standorte befinden sich in einer Entfernung von etwa 1,1 bis 1,5 km von der Erdbebenmessstation mit der Bezeichnung „GRC 1“ in der Nähe der Ortschaften E … und A …, einer Breitbandstation der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Bundesanstalt), die zu einer Reihe von insgesamt 13 Erdbebenmessstationen (Breitbandstationen) des sogenannten „Gräfenberg-Array“ gehört und - ebenso wie die anderen 12 Stationen - von der Bundesanstalt betrieben wird.

Die Vorhabenstandorte liegen im Gebiet der Beigeladenen zu 1), in deren Flächennutzungsplan in der am 2. April 2001 bekanntgegebenen Änderungsfassung vier Flächen für Windkraftanlagen dargestellt sind. Diese Flächen umfassen die von der Klägerin beantragten Standorte nicht.

Die vom Landratsamt im Genehmigungsverfahren beteiligte Bundesanstalt, deren Träger die Beigeladene zu 2) ist, trug mit Schreiben vom 17. November 2013, ergänzt durch Schreiben vom 26. März 2014, zu den vier Vorhabenstandorten vor, der Betrieb der darauf geplanten Anlagen könne zu einer Störung der Breitband-Messergebnisse der Station GRC 1 führen; ein Mindestabstand der Anlagen zu dieser Station von 5 km sei erforderlich. Das ebenfalls im Verfahren beteiligte Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (Bundesamt) teilte mit Schreiben vom 24. März 2014 unter anderem mit, der auf FlNr. 473 beantragten Anlage könne wegen flugsicherungstechnischer Bedenken nicht zugestimmt werden, da sich deren Standort in der Nähe einer Radarstation eines Flugplatzes befinde und funktionsstörende Auswirkungen auf diese Station haben könnte.

Die Beigeladene zu 1) verweigerte zum Vorhaben der Klägerin das Einvernehmen und beschloss am 24. Januar 2014 die Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplanes „Windkraft“ mit sieben Konzentrationszonen für Windkraftanlagen, die die Vorhabenstandorte der Klägerin nicht umfassen.

Mit vier im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden vom 2. April 2014, der Klägerin jeweils am 8. April 2014 zugestellt, lehnte das Landratsamt deren Anträge zur Errichtung und zum Betrieb von Windkraftanlagen an den genannten Standorten ab. Zur Begründung wird ausgeführt, die Standorte lägen außerhalb der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) dargestellten Konzentrationsflächen für Windkraft. Zudem würden die Außenbereichsvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen dadurch hervorrufen, dass durch die zu erwartenden Erschütterungssignale der Anlagen die Messergebnisse der seismologischen Messeinrichtung GRC 1 als Teil des aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehenden Gräfenberg-Array beeinträchtigt würden. Dieses Messnetzwerk diene u.a. der Überwachung von Erdbebentätigkeit innerhalb und außerhalb Deutschlands und arbeite mit hochempfindlichen Messgeräten. Die Standorte seien sorgfältig abseits von größeren Wohn- oder Industrieanlagen und häufig frequentierten Verkehrswegen gewählt, um störende Signaleinträge zu vermeiden. Das in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtete, weltweit erste digitale Breitband-Array zeichne kontinuierlich Bodenbewegungen auf und liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitband-Datenbasis in Deutschland. Durch die von Windkraftanlagen erzeugte Rotationsbewegung und Neigung aufgrund unterschiedlicher Windlasten würden Erschütterungssignale erzeugt, die über den Turm und das Fundament in den Boden übertragen und sich von dort in alle Richtungen ausbreiten würden. Die Signale seien über einen breiten Frequenzbereich verschmiert. Ein nachträgliches Entfernen der Störsignale sowie der Verschmierung der Ergebnisse im Frequenzbereich der Messstation sei nicht möglich. Der fachlich erforderliche Mindestabstand von 5 km um die Messstation werde von den beantragten Standorten der Windkraftanlagen deutlich unterschritten. Die Messstation diene auch der Registrierung weltweit durchgeführter Nuklearwaffenversuche auf der Basis des völkerrechtlich verbindlichen Kernwaffenteststoppvertrags von 1996. Zudem sei das Messnetzwerk Bestandteil der Infrastruktur des Bundes zur Katastrophenvorsorge und -reaktion. Es diene der automatischen Erkennung seismischer Ereignisse und der Alarmierung zuständiger Einrichtungen. Innerhalb des genannten Mindestabstands um die Messstation stünden deshalb den beantragten Vorhaben öffentliche Belange entgegen. Die Genehmigung sei aufgrund des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots zu verweigern. Das Vorhaben auf dem Grundstück FlNr. 473 sei auch aus flugsicherungstechnischer Sicht nicht genehmigungsfähig, da sich dieser Standort in der Nähe einer Radarstation eines Flugplatzes befinde und die Rotorbewegungen der Anlage zu Erfassungsverlusten eines Luftfahrzeugs führen könnten.

Die Klägerin erhob durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom … April 2014 am 22. April 2014 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt,

  • 1.die vier Ablehnungsbescheide des Landratsamts Eichstätt vom 2. April 2014 aufzuheben und

  • 2.den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin gemäß ihrem Antrag vom … März 2014 immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb jeweils einer Windkraftanlage auf den Grundstücken FlNr. 487, 495 und 473 Gemarkung A* … und FlNr. 252 Gemarkung P* … zu erteilen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom … März 2014 erneut und gemäß der Rechtsaufassung des Gerichts zu entscheiden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Darstellung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) von 2001 stehe nicht entgegen, da darin keine Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beabsichtigt sei. Eine wissenschaftlich tragfähige Grundlage für die Prognose, dass es durch die beantragten Vorhaben zu Beeinträchtigungen von Messergebnissen der Breitbandmessstation GRC 1 komme, gebe es nicht. Weder eine Verpflichtung zur Einhaltung des Kernwaffenteststoppvertrages noch eine solche zur Gewährleistung der Katastrophenvorsorge und -reaktion stehe der Genehmigungsfähigkeit der beantragten Anlagen entgegen. Durch die Verwendung von aktivem oder passivem Vibrationsschutz könne eine eventuelle Beeinträchtigung der Messempfindlichkeit vermieden werden. Die Windkraftanlage auf FlNr. 473 könne mit einem Abschaltmechanismus bei Überflügen von Luftfahrzeugen versehen werden. Zur Gewährleistung störungsfreier Messergebnisse könne die Messstation an einen anderen Standort verlegt werden. Die im Bescheid genannten öffentlichen Belange könnten sich nicht gegen privilegierte Anlagen durchsetzen. Es sei möglich, Störsignale, die gegebenfalls durch Rotation an den beantragten Anlagen erzeugt würden, aus den seismologischen Messergebnissen herauszurechnen. Bei der Entscheidung über die beantragten Vorhaben sei die Bodenbeschaffenheit an den Standorten zu berücksichtigen. Die Klägerin legte hierzu umfangreiche Stellungnahmen von Baugrundgutachtern sowie eines … Ingenieurbüros vor.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf die im Bescheid genannten Ablehnungsgründe.

Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie zunächst vor, die Darstellung von Konzentrationsflächen für Windkraft im Flächennutzungsplan der Änderungsfassung von 2001 stehe den beantragten Vorhaben entgegen. Die beantragten Standorte lägen außerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsflächen.

Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.

Auf Grund Beweisbeschlusses vom 11. Dezember 2015 legte ein Seismologe der …-Universität … ein Gutachten vom … Juli 2016 zur Beantwortung der Fragen vor, ob es durch die Rotationsbewegungen der beantragten Windkraftanlagen zu Störungen der Messergebnisse der Breitbandmessstation GRC 1 kommen und ob solche Störungen durch die Verlegung der Station und durch Verwendungen von Dämpfungsmaßnahmen vermieden werden könnten. Der Sachverständige kam im Gutachten im Wesentlichen zu der Auffassung, dass die Nähe der beantragten Windkraftanlagen zur Untauglichkeit der Messergebnisse der Station GRC 1 mit Auswirkungen auf das gesamte Messergebnis des Gräfenberg-Array führen würde. Das könne weder durch eine Stationsverlegung noch durch die Verwendung von Dämpfungsmaßnahmen vermieden werden. Die Klägerin widersprach dem Gutachtensergebnis.

Die Beigeladene zu 1) setzte den am 14. April 2016 beschlossenen sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ am 9. Mai 2016 in Kraft und führte in diesem Zusammenhang aus, jedenfalls nunmehr lägen wirksame Konzentrationsflächen mit einer entsprechenden bauplanungsrechtlichen Ausschlusswirkung vor. Die Klägerin entgegnete hierzu, auch die Darstellungen dieser Fassung des Flächennutzungsplans entfalte keine Ausschlusswirkung gegenüber den beantragten Vorhaben. Es liege eine Verhinderungsplanung vor, gegen die sie im Aufstellungsverfahren zahlreiche Einwände erhoben habe. Deshalb seien die darin enthaltenen Darstellungen unwirksam.

Am 1. September 2016 trat die gemeinsame Bekanntmachung mehrerer Bayerischer Staatsministerien vom 19. Juli 2016 der „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA)“ (Windenergie-Erlass - BayWEE) in Kraft. Darin wird unter Nr. 7.3.4 („Erdbebenmessstationen“) Folgendes ausgeführt:

„Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

a) Station GERES bei Haidmühle der BGR (…) Es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): Haidhof (GRA 1), Wildenfels (GRA 2), Leutzdorf (GRA 3), Stöppach (GRA 4), Brünnthal (GRB 1), Reichertswinn (GRB 2), Eglhofen (GRB 3), Heldmannsberg (GRB 4), Ödberg (GRB 5), Eglofsdorf (GRC 1), Böhmfeld (GRC 2), Steinsdorf (GRC 3), Raitenbuch (GRC 4); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist.

c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: Fürstenfeldbruck (FOR), Wettzell (WET), Manzenberg (MANZ), Jochberg (RJOB) und Rotzenmühle (ROTZ); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes (…); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnungen wieder.“

Die Klägerin führt hierzu aus, bei Nr. 7.3.4 BayWEE handele es sich um kein antizipiertes Sachverständigengutachten, da es keine Standards setze und keine fundierte Erfassungsmethode enthalte, was nach der obergerichtlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Annahme eines solchen Sachverständigengutachtens sei. Eine vorweggenommene Beurteilung von Schwingungsdämpfung finde dort nicht statt. Es sei auch kein Konzept zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Beobachtungsnetzes Gräfenberg-Array ersichtlich. Die Messstation GRC 1 sei keine im Außenbereich privilegierte Anlage und genieße auch keinen Bestandsschutz, da sie nicht formell genehmigt worden sei. Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des … Seismologen Dr. C. P. vom … Januar 2017 trägt die Klägerin weiter vor, es sei möglich, den Standort der Messstation innerhalb des Gräfenberg-Array zu ändern, ohne die Funktion und Datenqualität des gesamten Stationsnetzes zu beeinträchtigen. Hierzu könne ein sechsmonatiger Parallelbetrieb zwischen der bisherigen und der verlegten Station erfolgen. Durch Pfahlgründung der beantragten Anlagen könne eine Schwingungsreduzierung erreicht werden. Das ergebe sich aus den vorgelegten Baugrundgutachten.

Das Gericht hat am 14. Oktober 2014, 19. Mai 2015, 8. November 2016 und 24. Januar 2017 zur Sache mündlich verhandelt. In der letzten mündlichen Verhandlung erklärte der Seismologe Dr. J. W. als Vertreter des Erdbebendienstes Bayern und Beschäftigter der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München), er sei etwa im Jahr 2011 aufgrund eines Auftrags durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU Bayern) erstmals mit der Frage der Auswirkung von Windkraftanlagen auf bestehende Erdbebenmessstationen befasst worden. Es sei daraufhin - bezogen auf die regionalen Messstationen des deutschen seismologischen Regionalnetzes (Breitbandstationen) - eine Analyse der Unruhebedingungen durch Auswertung der bereits seit 2001 durchgeführten Messungen erfolgt. Die Empfindlichkeit des Gräfenberg-Array sei nicht durch eigene Analysen und Messungen bewertet worden, vielmehr habe er auf die zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen und die seit den 70er-Jahre bestehenden fachwissenschaftlichen Erfahrungen mit den Messstationen der Bundesanstalt zurückgegriffen. Hieraus resultiere die Schutzwürdigkeit des Gräfenberg-Array. Seinen Untersuchungen seien Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe bis zu 70 m zugrunde gelegt worden. Aus heutiger Sicht sei das zu niedrig und der daraus abgeleitete Mindestabstand zu kurz benannt. Bei seinen Untersuchungen habe er einen Frequenzbereich von 1 bis 20 Hertz betrachtet. Die Bodenbeschaffenheit habe er ebenso wenig berücksichtigt wie die Anlagentypen. Es seien vier Bestandswindkraftanlagen in unterschiedlichen Abständen zu vier existierenden Stationen des Bayerischen Erdbebendienstes untersucht und jeweils Vergleichsmessungen vor und nach Errichtung der Windkraftanlagen durchgeführt worden. Die Gründung der Anlagen sei unberücksichtigt geblieben. In einem fünften Fall sei später eine Messung unmittelbar im Fundament durchgeführt worden. Im Rahmen seiner Untersuchung seien die Einsprüche von Windkraftanlagenbetreibern behandelt und die Empfehlungen hierauf nachjustiert, die empfohlenen Radien hierbei jedoch nicht mehr verändert worden. Die so gewonnenen fachlichen Erkenntnisse seien über das Landesamt für Umwelt in den Windenergie-Erlass 2016 eingeflossen. Der starre Schutzradius von 5 km um die Stationen des Gräfenberg-Array sei „quasi eine gegriffene Größe“. Eine Einzelprüfung sei deshalb nicht in Betracht gezogen worden, weil jede einzelne Station des Gräfenberg-Array für das Gesamtergebnis von so hoher Bedeutung sei, dass auch der Ausfall einer einzigen Station nicht riskiert werden sollte. Der Abstand von 5 km zu den Stationen des Gräfenberg-Array sei von den Messungen aus den Abständen existierender Messstationen zu bestehenden Windkraftanlagen abgeleitet worden. Entsprechend sei für die regionalen Messstationen des Erdbebendienstes Bayern ein Zuschlag gemacht worden. Die so gewonnen Schutzradien seien analog auf die Breitbandstationen der Bundesanstalt übertragen worden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin entgegnete hierzu, die Untersuchungen des Beigeladenen könnten nicht als Grundlage für ein antizipiertes Sachverständigengutachten dienen, weil die ortsspezifischen Parameter und Grundlagen nicht berücksichtigt worden seien. Der Vertreter des Erdbebendienstes sei bei seinen Erläuterungen von einem groben Rahmen, einer möglichst einfachen Handhabung und von einer möglichst simpel kommunizierbaren Größe ausgegangen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag jeweils zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Ablehnungsbescheide des Landratsamtes vom 2. April 2014 verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, da diese weder auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen noch auf dessen Verpflichtung, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, einen Anspruch hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 133 Rn. 217, 218).

1. Die vier streitgegenständlichen Windkraftanlagen, die aufgrund ihrer jeweiligen Gesamthöhe gemäß § 4 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), § 1 Abs. 1 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-schutzgesetzes (4. BImSchV) i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, sind nicht genehmigungsfähig, da die Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften zum für die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage relevanten Rechts- und Sachstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts nicht sichergestellt ist.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Da die beantragten Windkraftanlagen den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE vom 19. Juli 2016 für die Breitbandmessstation GRC 1 genannten Mindestabstand von 5 km nicht einhalten, ist davon auszugehen, dass durch sie erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können. Nr. 7.3.4 BayWEE stellt insoweit ein seismologisches antizipiertes Sachverständigengutachten dar.

1.1 Nr. 7.3.4 BayWEE ist als Bestandteil der Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, die für die Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage maßgeblich ist, anwendbar. Der am 19. Juli 2016 bekannt gegebene Windenergie-Erlass ist nach seiner Nr. 12 Satz 1 am 1. September 2016 in Kraft getreten (AllMBl 2016 S. 1642). Dagegen sind die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).

1.2 Nr. 7.3.4 BayWEE ist keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, sondern als für die Gerichte verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen und anzuwenden (BayVGH, B.v. 29.12.2016 - 22 CS 16.2162 - ZNER 2017, 75 - juris Rn. 54 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738). Da die Vorhabenstandorte den von Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE geforderten Mindestabstand zur Station GRC 1 nicht einhalten, ist davon auszugehen, dass durch die darauf geplanten Windkraftanlagen erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können. Das steht einem Genehmigungsanspruch der Klägerin nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG entgegen.

Der in Nr. 7.3.4 Satz 1 und 2 BayWEE beschriebene Umstand, dass durch von Windkraftanlagen erzeugte Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertungsgenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, belegt als antizipiertes Sachverständigengutachten, dessen Aussagen von der zuständigen Genehmigungsbehörde nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden dürfen (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Ls., zum artenschutzfachlichen Fall eines antizipierten Sachverständigengutachtens im BayWEE 2011), dass erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. a bis d BayWEE genannten Mindestabstände hervorgerufen werden.

Die Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten des Gräfenberg-Array ist deshalb für die Allgemeinheit von erheblichem Nachteil, weil diese Messdaten Grundlage für die Überwachung von Erdbebentätigkeit und als solches Bestandteil der Infrastruktur des Bundes zur Katastrophenvorsorge und -reaktion im Zusammenhang mit seismologischen Ereignissen sind. Sie dienen der Erkennung solcher Ereignisse und unterstützen Behörden bei Entscheidungen im Katastrophenfall, insbesondere zur Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Schäden durch Erdbeben. Die Beigeladene zu 2) hat überzeugend dargelegt, dass sich auch und gerade aus der Beobachtung der viel häufiger auftretenden schwachen seismologischen Ereignisse ein möglichst umfassendes Bild des weltweiten Auftretens seismischer Aktivitäten ergibt, weshalb die Messgenauigkeit für die Funktionsfähigkeit des Gräfenberg-Array unverzichtbar ist. Ein erheblicher Nachteil für die Allgemeinheit liegt ferner in der bei Störeinträgen zu befürchtenden Einschränkung der Messgenauigkeit bei Signalaufzeichnungen von Kernsprengungen sowohl im Rahmen des Kernwaffenteststoppvertrags von 1996 als auch unabhängig davon zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen der Bundesrepublik Deutschland. Auch in diesem Zusammenhang hat die Beigeladen zu 2) nachvollziehbar auf die Wichtigkeit der Messgenauigkeit deshalb hingewiesen, dass im Zuge der Bedeutungszunahme taktischer Kernwaffen mit kleineren Ladungsmengen nur Signalaufzeichnungen mit hoher Messgenauigkeit eine gleichbleibend verlässliche Bewertung von Kernwaffenversuchen im Rahmen des genannten völkerrechtlichen Vertrags ermöglichen.

Auf Grund des antizipierten Sachverständigengutachtens, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. a bis d BayWEE genannten Mindestabstände hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis des Störpotentials der von der Klägerin beantragten Windkraftanlagen, die alle in einer Entfernung von 1,1 bis 1,5 km zur Messstation GRC 1 liegen und damit den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE für diese Messstation genannten Mindestabstand von 5 km erheblich unterschreiten, auf die Messergebnisse dieser Messstation nicht an.

Ebenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch eine Störung der Messergebnisse der Station GRC 1 vorliegen, ist die Frage, ob der Einbau von Schwingungsdämpfern oder die von den Bodengutachtern der Klägerin beschriebene Möglichkeit einer Pfahlgründung der Windkraftanlagen zu einer Reduktion von Störgeräuschen dieser Anlagen und damit zur Vermeidung der Störung von Messergebnissen dieser Station beitragen können. Eine Berücksichtigung solcher Möglichkeiten zur Minderung des Störungseintrags unterbleibt ferner bereits deshalb, weil sie nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war. In den den Genehmigungsanträgen beigefügten Planunterlagen sind Schwingungsdämpfer und Anlagen für eine Pfahlgründung nicht eingetragen.

Auch der Frage, ob durch eine Verlegung der Messstation eine Störungsvermeidung möglich ist, muss aufgrund der antizipierten gutachterlichen Aussage in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE zur Störung der Messergebnisse der Breitbandstationen des Gräfenberg-Array durch von Windkraftanlagen erzeugten Erschütterungen und des offensichtlichen Ziels dieser Regelung, die Gesamtheit der vom Gräfenberg-Array seit Jahrzehnten durchgängig gesammelten Messdaten durch 13 auf einander bezogene Einzelstationen zu schützen und deren Fortschreibung zu gewährleisten, nicht weiter nachgegangen werden.

1.3 Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht - wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben - auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt - jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) - regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.

Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 m durch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern - Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen - Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. Die von der Klägerin beantragten Standorte liegen im Übrigen so nahe an der Messstation GRC 1, dass sogar der niedrigere Mindestabstand nach Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE zu den Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern von 3 km nicht eingehalten würde. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung eines solchen Mindestabstands von 5 km zur Station GRC 1 hatte im Übrigen der Beklagte bereits in den Gründen der angefochtenen Bescheide hingewiesen, zu einem Zeitpunkt, als der Bayerische Windenergie-Erlass noch gar nicht galt.

Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen - jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern - zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.

1.4 Die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Argumente ändern hieran nichts. Auf die Frage einer bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Messstation GRC 1 kommt es wegen der vom antizipierten Sachverständigengutachten in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE ausgehenden Ausschlusswirkung ebenso wenig an wie auf den bauordnungsrechtlichen Einwand fehlenden Bestandsschutzes dieser Messstation wegen etwaigen Fehlens einer bauaufsichtlichen Genehmigung. Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt Nr. 7.3.4 BayWEE gerade durch die beschriebenen Mindestabstandsdifferenzierungen und auch durch die Zulassung von Einzelfallprüfungen bei Mindestabständen von Windkraftanlagen zu landeseigenen Messstationen Standards. Die Orientierung an Mindestabständen von Windkraftanlagen zu Messstationen ist eine antizipierte fundierte Erfassungsmethode und ermöglicht eine transparente und verhältnismäßige Handhabung des oben beschriebenen Nutzungskonflikts zwischen windkraftgestützter Energieerzeugung und seismologischer Messung im Außenbereich.

2. Da die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus den oben genannten Gründen nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob den beantragten Vorhabenstandorten die Ausschlusswirkung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) in der Fassung von 2001 oder nach aktueller Fassung des sachlichen Teilflächennutzungsplans „Windkraft“ von 2016 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegensteht und eine Genehmigung auch aufgrund des Entgegenstehens solcher anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu versagen ist, nicht an. Ebenso unbeantwortet kann die Frage bleiben, ob einer Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens der Klägerin am Standort FlNr. 473 die vom Bundesamt im Genehmigungsverfahren vorgetragenen flugsicherungstechnischen Einwände entgegenstehen.

3. Die Klage war aus diesen Gründen sowohl im Hauptals auch im Hilfsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene zu 1) einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, ist es angemessen, dass die Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt hat, weshalb es entsprechend des zuvor Ausgeführten angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich einer für sofort vollziehbar erklärten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage.

Unter dem 6. Dezember 2011 stellte die Beigeladene beim Landratsamt E. einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage (Typ Enercon E-82 E2) auf dem Grundstück Fl.Nr. 2333 der Gemarkung B.

Mit Bescheid vom 22. April 2015 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, u. a. unter Gewährung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG von dem Tötungsverbot nach

§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf ein Baumfalkenvorkommen. Unter Bezugnahme auf Stellungnahmen der höheren Naturschutzbehörde und des Landesamtes für Umwelt (LfU) wurde weiter angenommen, dass durch das Vorhaben der Beigeladenen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf die Art des Rotmilans nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG hervorgerufen wird.

Mit Bescheid des Landratsamtes vom 14. Juli 2016 wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22. April 2015, beschränkt auf die Errichtung der strittigen Windkraftanlage, für sofort vollziehbar erklärt.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die Klage des Antragstellers gegen den Genehmigungsbescheid vom 22. April 2015 mit Urteil vom 27. September 2016 mit der Begründung ab, der Antragsteller sei nicht klagebefugt (Az. M 1 K 15.2013). Hiergegen wendete sich der Antragsteller mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Mit Beschluss gleichfalls vom 27. September 2016 lehnte das Verwaltungsgericht einen Antrag des Antragstellers gemäß § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der genannten Klage wegen fehlender Antragsbefugnis ab (Az. M 1 SN 16.3166).

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22. April 2015 wurde mit Bescheid des Landratsamtes vom 14. November 2016 auf den Betrieb der strittigen Windkraftanlage erstreckt.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes weiter. Er beantragt zuletzt,

die Bescheide des Landratsamtes vom 14. Juli 2016 und 14. November 2016 aufzuheben und unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2016 (Az. M 1 SN 16.3166) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 22. April 2015 wiederherzustellen.

Der Antragsteller leite seine Antragsbefugnis aus einer europarechtskonformen Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO her. Die Rechtsausführungen des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die fehlende Antragsbefugnis würden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs widersprechen. Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs in einem Urteil vom 28. Juli 2016 (Az. 14 N 15.1870) betreffend die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO seien ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die vom Bundesverwaltungsgericht in Erweiterung des Begriffs des subjektiven Rechts anerkannte prokuratorische Rechtsstellung anerkannter Umweltverbände dürfe nicht auf unbedingte und hinreichend bestimmte subjektive europäische Umweltnormen beschränkt werden, sondern müsse auf unbedingte und hinreichend bestimmte objektive unionsrechtliche Vorschriften erstreckt werden. Betrachte man den Sinn und Zweck einer solchen Auslegung, so müsse diese Rechtsprechung auch und erst recht auf Anfechtungsklagen nach § 42 VwGO übertragen werden. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG hätten in Bezug auf den Baumfalken nicht vorgelegen. Der Antragsteller habe die Standortangaben, die als Berechnungsgrundlage für den Referenzertrag der strittigen Windkraftanlage dienten, substantiiert infrage gestellt, insbesondere die angenommene Jahreswindgeschwindigkeit von 5,5 m/s. Mangels aussagekräftiger Vergleichsdaten sei eine Messung der Windgeschwindigkeit an dem geplanten Standort erforderlich. Zudem müsse ein Betreiber für den Beleg einer fehlenden zumutbaren Alternative im Sinne von § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG nachweisen, dass er einen Alternativstandort ohne zu erwartende artenschutzrechtliche Konflikte gesucht habe. Weiter bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für den Rotmilan. Ein Gutachter habe die Einschätzung, dass es im Bereich der geplanten Windkraftanlage zu einer überdurchschnittlich hohen Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Greifvögeln komme, mit besonders günstigen thermischen Bedingungen infolge einer Hanglage und der Bestandsstruktur begründet. Ein weiteres Kriterium hierfür sei die gute Einsehbarkeit von zwei klar abgrenzbaren Nahrungshabitaten aus. Die rein statistischen Erwägungen des LfU würden den besonderen örtlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls nicht gerecht. Die Beigeladene habe bislang keine den aktuellen Richtlinien entsprechende Wind- bzw. Ertragsprognose vorgelegt. Es sei bei der geplanten Anlage mit Ertragsschwankungen pro Jahr von rund 100.000 Euro zu rechnen, welche die Beigeladene ausgleichen können müsse. Ein durch die Verzögerung der Inbetriebnahme möglicher jährlicher Verlust zwischen 1.712 Euro und 4.279 Euro stelle keinen nachvollziehbaren Grund für die Anordnung des Sofortvollzugs dar. Die kollisionsgefährdeten Vogelarten Baumfalke und Rotmilan würden sich derzeit im Winterquartier aufhalten und voraussichtlich spätestens im März wieder im Brutgebiet eintreffen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Verweis der Antragstellerin auf das nicht rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870) könne nicht überzeugen, weil dieses Urteil in einem Normenkontrollverfahren ergangen sei, das nach Überwinden der Zulässigkeitshürden in eine vollumfängliche objektivrechtliche Überprüfung münde; der Erfolg der hier in der Hauptsache gegebenen Anfechtungsklage setze dagegen zwingend eine Verletzung subjektiver Rechte voraus. Die weit gefasste Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO werde in der genannten Entscheidung gerade mit der vollumfänglichen Überprüfung der Rechtsnormen begründet, welche ein Naturschutzverband mithilfe seiner prokuratorischen Rechtsstellung erreichen könne. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 2015 (C-137/14) die Vereinbarkeit des § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO mit europäischem Recht bestätigt. Im Hinblick auf bestehende Klagerechte nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bestehe keine planwidrige Regelungslücke. Im Übrigen sei der angeordnete Sofortvollzug für die Errichtungsmaßnahmen materiell rechtmäßig.

Die Beigeladene beantragt gleichfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Antragsbefugnis aufgrund einer erweiternden Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO sei zu verneinen. Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870) könne keine Antragsbefugnis für den vorliegenden Fall abgeleitet werden. Die Klagebefugnis eines anerkannten Umweltverbands gemäß § 42 Abs. 2 VwGO sei in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (Az. 7 C 21/12) mit dem Schutznormcharakter des § 47 Abs. 1 BImSchG begründet worden und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Der im vorliegenden Fall streitentscheidenden Norm des § 44 BNatSchG komme dagegen keine drittschützende Wirkung zu. Der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 zugrunde liege, unterscheide sich wesentlich von dem vorliegenden, da er eine schwerwiegende Verletzung objektiven Unionsrechts betreffe. Der aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetzentwurf zur Schaffung eines entsprechenden Verbandsklagerechts zeige, dass das geltende Recht auch unter Berücksichtigung des europarechtlichen effet utile nicht entsprechend ausgelegt werden könnte. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 2. November 2016 mitgeteilt, dass die Fertigstellung der strittigen Windkraftanlage in den nächsten drei Wochen erfolgen könne. Es wird um Verständnis gebeten, dass die Anlage gegebenenfalls vor dem Ergehen der Beschwerdeentscheidung fertiggestellt werden solle.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Dezember 2016 (Az. 22 ZB 16.2166) wurde die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. September 2016 wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Es ist bereits fraglich, ob der Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist. Jedenfalls erweist er sich nach derzeitigem Sach- und Streitstand als unbegründet.

1. Die Zulässigkeit des Antrags ist nach derzeitigem Sachstand im Hinblick auf die Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) des Antragstellers zweifelhaft.

a) Eine Antragsbefugnis des Antragstellers als anerkanntem Umweltverband ergibt sich nicht bereits aus § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO i. V. m. § 2 Abs. 1 UmwRG, da die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung betreffend die Errichtung und den Betrieb einer einzelnen Windkraftanlage nicht dem Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG unterfällt.

Insbesondere handelt es sich um keine Genehmigung, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG); das streitgegenständliche Vorhaben wird von der Liste in Anhang 1 zum UVPG nicht erfasst und unterfällt damit nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Zudem betrifft die Genehmigung keine Anlage, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV - mit dem Buchstaben G gekennzeichnet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 UmwRG) und für die damit ein Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG vorgeschrieben wäre. Über den Genehmigungsantrag war vielmehr im vereinfachten Verfahren gemäß

§ 19 BImSchG zu entscheiden (vgl. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV).

Mangels einer planwidrigen Lücke kann der Geltungsbereich des UmwRG nicht im Wege einer entsprechenden Anwendung auf den vorliegenden Fall erstreckt werden. Insbesondere dient das UmwRG u. a. hinsichtlich der darin eingeräumten Rechtsbehelfe nach dem Willen des Gesetzgebers der Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (sog. Aarhus-Konvention - AK; G v. 9.12.2006, BGBl II S. 1251) und der dazu ergangenen europäischen Richtlinien; Bestimmungen dieses Gesetzes können daher nicht analog auf Fälle angewendet werden, die nicht Art. 9 Abs. 2 AK, sondern Art. 9 Abs. 3 AK unterfallen (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 30 ff. m. w. N.). Der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 AK betrifft nur Fälle des Art. 6 AK, in denen eine Verpflichtung zur Öffentlichkeitsbeteiligung besteht oder nach Einzelfallprüfung bestehen kann. Subsidiär hierzu werden von Art. 9 Abs. 3 AK alle Handlungen und Unterlassungen erfasst, die (möglicherweise) gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoßen. Art. 9 Abs. 3 AK wurde bisher nicht in nationales Recht umgesetzt (vgl. hierzu näher Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, UmwRG vor § 1 Rn. 3).

b) Eine Antragsbefugnis kann sich hier auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung des 9 Abs. 3 AK ergeben, soweit dieser Norm als völkerrechtliche Vorschrift infolge der Transformation in innerstaatliches Recht (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) der Rang eines einfachen (Bundes-)Gesetzes zukommt (vgl. BVerfG, B. v. 15.12.2015 - 2 BvL 1/12 - NJW 2016, 1295/1297). Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist zwar mit Art. 9 Abs. 3 AK nicht vereinbar, soweit es bislang in den von Art. 9 Abs. 3 AK geregelten Fällen keine Rechtsbehelfe vorsieht. Allerdings hat der Gesetzgeber an der ausdrücklichen Beschränkung des Anwendungsbereichs auch im Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) festgehalten und damit eine Ausdehnung auf die von Art. 9 Abs. 3 AK erfassten Sachverhalte ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 32 ff.). Bereits aufgrund des lex-posterior-Grundsatzes ergibt sich, dass diese gesetzgeberische Festlegung im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz einer unmittelbaren Anwendung des Art. 9 Abs. 3 AK entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, B. v. 15.12.2015 - 2 BvL 1/12 - NJW 2016, 1295) lässt sich dem Grundgesetz weder eine Verfassungswidrigkeit völkerrechtswidriger Gesetze, noch ein (begrenzter) Vorrang des Völkervertragsrechts vor dem (einfachen) Gesetz oder eine Einschränkung des lex-posterior-Grundsatzes gegenüber Völkervertragsrecht entnehmen.

c) Eine unmittelbaren Anwendung von Art. 9 Abs. 3 AK kann auch nicht aus unionsrechtlichen Grundsätzen hergeleitet werden. Die Aarhus-Konvention ist von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet und sodann mit Beschluss des Rates vom 17. Februar 2005 (2005/370/EG) genehmigt worden, womit sie integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist (EuGH, U. v. 8.3.2011 - C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 30). Allerdings wurde bei der Unterzeichnung der Konvention im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 AK ein Vorbehalt erklärt und wurden keine die Mitgliedstaaten betreffenden europarechtlichen Vorschriften zu dessen Umsetzung erlassen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, UmwRG vor § 1 Rn. 3). Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat dennoch angenommen, dass er für die Auslegung der Bestimmungen von Art. 9 Abs. 3 AK im Hinblick auf ein Interesse an einer einheitlichen Auslegung in der EU zuständig ist (U. v. 8.3.2011 - C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 42 und 43; hierzu kritisch Durner in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, Rn. 84 m. w. N.).

Nach Art. 9 Abs. 3 AK stellt jede Vertragspartei - zusätzlich und unbeschadet der hier nicht einschlägigen Überprüfungsverfahren nach Art. 9 Abs. 1 und 2 AK - sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um u. a. die von Behörden vorgenommenen Handlungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 8. März 2011 (C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 45 und 52) festgestellt, dass die Bestimmungen von Art. 9 Abs. 3 AK keine klare und präzise Verpflichtung enthalten, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte, und ihnen daher keine unmittelbare Wirkung zukommt.

d) Dennoch wäre denkbar, eine Antragsbefugnis mit dem Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO zu begründen. In der vorgenannten Entscheidung (U. v. 8.3.2011 - C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 50) hat der EuGH ausgeführt, dass der nationale Richter dann, wenn eine mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Habitatrichtlinie geschützte Art betroffen ist, das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen hat, dass es „so weit wie möglich“ im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 AK festgelegten Zielen steht. Da der Antragsteller einen Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geltend macht, welches auf Unionsrecht beruht (vgl. Art. 5 Buchst. a) der Richtlinie 2009/147/EG), könnte eine solche erweiternde Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO geboten sein. Hiergegen bestehen jedoch schwerwiegende Bedenken.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner bereits oben zitierten Entscheidung vom 5. September 2013 (7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 38) ein subjektiv-öffentliches Recht eines anerkannten Umweltverbands im Sinne des § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO aufgrund einer europarechtskonformen Auslegung des § 47 Abs. 1 BImSchG bejaht. Es hat in Übereinstimmung mit dem EuGH (U. v. 25.7.2008 - C-237/07 - GewArch 2008, 411 Rn. 39) angenommen, dass zu den unmittelbar betroffenen juristischen Personen, denen durch § 47 Abs. 1 BImSchG ein Klagerecht zur Durchsetzung des materiell-rechtlichen Anspruchs auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans eingeräumt wird, auch die nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltverbände gehören.

Der Norm des § 44 Abs. 1 BNatSchG kann jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. B. v. 16.9.2016 - 22 ZB 16.304 - juris Rn. 20; B. v. 14.9.2015 - 22 ZB 15.1028 - juris Rn. 54) keine drittschützende Wirkung zugemessen werden. Auch der Antragsteller hat nicht aufgezeigt, inwieweit sich aus nationalen oder unionsrechtlichen Normen individualrechtliche Ansprüche zur Durchsetzung dieser artenschutzrechtlichen Vorschrift ergeben könnten.

Diese Bedenken werden jedoch in Rechtsprechung und Literatur teilweise für überwindbar gehalten. Eine Antragsbefugnis zur Stellung eines Normenkontrollantrags (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) hat der 14. Senat des Verwaltungsgerichtshofs in einem Urteil vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870 - NuR 2016, 790) anerkannten Naturschutzverbänden auch für den Fall zugesprochen, dass diese mit diesem Rechtsbehelf die Verletzung einer unbedingten und hinreichend genauen Bestimmung des objektiven Unionsumweltrechts, die keinen Drittschutz vermitteln, geltend machen. In dieser Entscheidung wird u. a. ausgeführt (Rn. 45), müsse im Lichte des Art. 9 Abs. 3 AK sowie im Interesse des unionsrechtlichen Effektivitätsgebots anerkannten Umweltverbänden in Bezug auf Sachverhalte, die dem Unionsumweltrecht unterliegen, ein weiter Zugang zu Gericht gewährleistet werden, könne die vom Bundesverwaltungsgericht in Erweiterung des Begriffs des subjektiven Rechts anerkannte prokuratorische Rechtsstellung anerkannter Umweltverbände nicht auf unbedingte und hinreichend bestimmte subjektive Umweltnormen (wie § 47 Abs. 1 BImSchG) beschränkt werden. In der Literatur finden sich Stimmen, die diese Rechtsauffassung stützen (vgl. Nachweise in BayVGH, U. v. 28.7.2016 - 14 N 15.1870 - juris Rn. 45). Es wird allerdings auch die gegenteilige Meinung vertreten, wonach eine solche Auslegung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht veranlasst ist (vgl. z. B. NdsOVG, U. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 - NdsVBl 2016, 332 Rn. 33). Für die letztere Auffassung sprechen jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation des § 42 Abs. 2 VwGO - wie dargelegt - die sehr klare gesetzliche Regelung gegen die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und der Vertrauensschutz für die Anlagenbetreiber.

Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt in Bezug auf Art. 9 Abs. 3 AK betont, dass das Unionsrecht eine Auslegung contra legem im Sinne einer methodisch unzulässigen richterlichen Rechtsfortbildung nicht fordert(U. v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 36 m. w. N.; U. v. 18.12.2014 - 4 C 35/13 - NVwZ 2015, 656/661; U. v. 1.4.2015 - 4 C 6/14 - BVerwGE 152, 10 Rn. 35). Auch der EuGH schränkt in der oben zitierten Entscheidung vom 8. März 2011 (C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 49) die Forderung nach einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts mit der Wendung „so weit wie möglich“ ein. Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 5. September 2013 (7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 37) klargestellt, dass eine nicht unmittelbar anwendbare Bestimmung wie Art. 9 Abs. 3 AK nicht Anknüpfungspunkt einer Auslegung sein kann, die diese Norm der Sache nach anwendbar macht. Auch in der Folgezeit hat das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO daran festgehalten, dass die Subjektivierung des Unionsrechts als Anknüpfungspunkt für ein Klagerecht von Umweltverbänden auf diejenigen Personen beschränkt ist, denen das Unionsrecht Rechte einräumt (U. v. 12.11.2014 - 4 C 34/13 - BVerwGE 150, 294 Rn. 25).

Auch im Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben (BT-Drs. 18/9526) wird an dem Enumerativprinzip für die Verbandsklage festgehalten. Der Anwendungsbereich des UmwRG soll durch weitere Tatbestände erweitert werden (vgl. Entwurf zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 6 UmwRG-E, BT-Drs. 18/9526, S. 7 und 8). Mit der vorgesehenen Schaffung dieses Klagerechts bei Zulassungsentscheidungen, die nicht bereits als Industrieanlagen oder Infrastrukturmaßnahmen unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in der bisher geltenden Fassung fallen, soll u. a. § 9 Abs. 3 AK Rechnung getragen werden (BT-Drs. 18/9526 Begr. S. 36). Die vorgesehene gesetzliche Neuregelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 6 UmwRG-E soll im Übrigen erst für solche Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen gelten, die nach einem gesetzlich bestimmten Stichtag (im Gesetzentwurf genannt: 31. Dezember 2016) ergangen sind oder hätten ergehen müssen (§ 8 Abs. 2 UmwRG-E, BT-Drs. 18/9526, S. 12). Eine solche mögliche gesetzgeberische Entscheidung zu einer Stichtagsregelung würde mit einer Annahme einer bereits bestehenden Klagebefugnis im Wege einer erweiternden Auslegung der geltenden Gesetzesfassung umgangen, was mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz nicht vereinbar wäre (vgl. BVerwG, U. v. 18.12.2014 - 4 C 35/13 - NVwZ 2015, 656/661). Eine solche Übergangsregelung soll zudem einem grundsätzlich berechtigten Interesse des Vorhabenträgers an der Rechtssicherheit bezüglich seiner Genehmigung Rechnung tragen (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 43 Rn. 14).

Ferner ist zu beachten, dass einer richterlichen Rechtsfortbildung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 24.2.2015 - 1 BvR 472/14 - BVerfGE 138, 377/392 Rn. 41) dann verfassungsrechtlich engere Grenzen gesteckt sind, wenn sich dadurch die rechtliche Situation des Einzelnen verschlechtert. Vorliegend würde sich eine Ausweitung der Klagebefugnis im Wege einer erweiternden Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO zwar einerseits zugunsten des Antragstellers, jedoch andererseits zulasten der Beigeladenen auswirken, soweit damit die formelle Bestandskraft der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeschränkt würde. Diese Wirkung des fraglichen Klage- bzw. Antragsrechts in Bezug auf einen den Adressaten begünstigenden Verwaltungsakt unterscheidet die vorliegende Konstellation im Übrigen auch von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870 - NuR 2016, 790) zugrunde lag.

2. Der Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist jedenfalls unbegründet.

Eine Abwägung des Aussetzungsinteresses des Antragstellers einerseits und des Vollzugsinteresses der Beigeladenen und der Allgemeinheit andererseits ergibt, dass derzeit eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers nicht gerechtfertigt ist. Die Erfolgsaussichten dieser Klage sind nach jetzigem Sach- und Streitstand als nicht sehr groß einzuschätzen.

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klage wegen fehlender Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) zulässig ist. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Zulässigkeit des Antrags nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Eine abschließende Klärung dieser schwierigen Rechtsfrage muss allerdings dem Berufungsverfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

b) Ob die Klage begründet wäre, erscheint momentan offen.

aa) Soweit eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO anzunehmen wäre, wenn der Antragsteller einen möglichen Verstoß gegen Art. 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geltend machen könnte, wäre konsequenter Weise im Falle einer festzustellenden Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung wegen eines solchen Verstoßes eine Rechtsverletzung des Klägers anzunehmen, der eine Aufhebungsanspruch begründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

bb) Es erscheint derzeit als offen, ob die erteilte Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG bezüglich der Art des Baumfalken rechtmäßig ist.

Der Antragsgegner ist davon ausgegangen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG für Exemplare des Baumfalken besteht, so dass zu prüfen war, ob die Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG in Betracht kommt (vgl. BayVGH, U. v. 27.5.2016 - 22 BV 15.1959 - Rn. 45). Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof bisher ausdrücklich offen gelassen, ob § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG bei Windkraftanlagen überhaupt Anwendung finden kann und welche Voraussetzungen ggf. an das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG und an eine „zumutbare Alternative“ (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG) zu stellen sind (vgl. U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875, 22 B 1422 B 14.1876 - Rn. 67). Auch in den Urteilen vom 27. Mai 2016 - 22 BV 15.1959 und 22 B22 BV 15.2003 - Rn. 45 bzw. 58 ist insofern keine weitere Klärung erfolgt. Diese Tatbestandsvoraussetzungen lassen sich im vorliegenden Eilverfahren nicht mit der für eine Abschätzung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache erforderlichen Sicherheit klären.

Aufgrund der vorliegenden Aktenlage lässt sich zudem nicht abschließend beurteilen, ob sich durch die Zulassung der Ausnahme der Erhaltungszustand der Populationen der Art des Baumfalken verschlechtert (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG). Das Land-ratsamt hat seine verneinende Einschätzung (vgl. S. 63 bis 65 des Bescheides vom 22.4.2015) maßgeblich auf eine Mitteilung der höheren Naturschutzbehörde vom 28. Januar 2014 gestützt, welche wiederum auf eine Stellungnahme des LfU gleichfalls vom 28. Januar 2014 Bezug nimmt. Eine entgegenstehende Bewertung der unteren Naturschutzbehörde in einer Stellungnahme vom 20. Dezember 2013 wird im Genehmigungsbescheid gleichfalls referiert, jedoch vor allem mit dem Hinweis abgelehnt, diese beziehe sich auf die lokale Population und damit auf eine unzutreffende Bezugsgröße.

Im Genehmigungsbescheid werden die Inhalte dieser Stellungnahme des LfU mit dem einleitenden Hinweis wiedergegeben, dass dadurch die fehlende Besorgnis der Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen belegt werde. Dies ist nicht ganz nachvollziehbar, weil in der vorgenannten Stellungnahme des LfU lediglich auf abstrakte Fragen zum Erhaltungszustand des Baumfalken in Bayern geantwortet wird; es ist bislang nicht klar ersichtlich, dass diese Fachbehörde auch eine abschließende naturschutzfachliche Bewertung des vorliegenden Einzelfalls zur oben genannten Fragestellung treffen wollte. Dies ergibt sich z. B. aus generalisierenden Formulierungen in der Stellungnahme, die Raum für eine im Einzelfall abweichende Bewertung lassen. So ist davon die Rede, dass üblicherweise Vogelpopulationen Einzelverluste kompensieren könnten. Nur bei seltenen und kleinen Populationen könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der mögliche Verlust einzelner Individuen zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Population führen könne. Eine Ausnahme sei auch dann kritisch zu sehen, wenn der Zusammenbruch einer lokalen Population zu befürchten wäre, deren Verlust sich negativ auf den Erhaltungszustand der Gesamtpopulation auswirken könnte. Bei einzelnen Windkraftanlagen sei dies meist nicht zu befürchten.

Es ist zwar zutreffend, dass die höhere Naturschutzbehörde in einer Mitteilung vom 16. Januar 2014 den Vorschlag der Genehmigungsbehörde, auf den Naturraum „D 66 Voralpines Moor- und Hügelland“ als Bezugsraum für die Beurteilung der Auswirkungen einer Ausnahmeerteilung auf den Erhaltungszustand der Populationen abzustellen, als „fachlich vertretbar“ bezeichnet hat. Darauf wird im Genehmigungsbescheid (S. 63) hingewiesen, um die darauf bezogene Prüfung des Landratsamtes fachlich zu untermauern. Dies könnte darauf hindeuten, dass die zuständige Behörde hier von dem ihr insofern eingeräumten Beurteilungsspielraum (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 BV 14.1875 und 1876 - Rn. 70 m. w. N.) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht hat. Allerdings hat die höhere Naturschutzbehörde an gleicher Stelle ihre eigene Aussage möglicherweise relativiert. Sie hat nämlich darauf hingewiesen, dass fachlich gesicherte Aussagen über Auswirkungen auf der Ebene der biogeographischen Region des jeweiligen Mitgliedstaates bei anderen als weit verbreiteten, ungefährdeten Arten äußerst schwierig seien. Daher sei es üblich, in saP-Studien die Auswirkungen auf die lokale Population zu bewerten und bei einem gesicherten Erhaltungszustand im Wege eines erst-recht-Schlusses diese Ausnahmevoraussetzung zu bejahen. Falls auf lokaler Ebene eine Verschlechterung eintrete, werde versucht, den entsprechenden Nachweis auf der nächsthöheren Ebene zu führen.

Auch der Stellungnahme des LfU vom 28. Januar 2014 ist nicht eindeutig zu entnehmen, auf welche räumliche Ebene sich im vorliegenden Einzelfall die maßgeblichen artenschutzfachlichen Bewertungen beziehen sollten. Gegen eine insoweit getroffene Festlegung spricht etwa die dortige Formulierung, für eine Abgrenzung der lokalen Population einer revierbildenden Art mit großen Aktionsräumen wie dem Baumfalken, der lückig verbreitet und dessen Häufigkeit spärlich sei, würde sich der Bezug zum Naturraum, einer „Gesamt-TK“ (räumliche Einheit in den Arteninformationen des LfU, abzurufen unter http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/) oder einem Landkreis anbieten. Im Übrigen enthält die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. Dezember 2013 durchaus Aussagen hinsichtlich der Populationen in anliegenden TK-Blatt-Quadranten und im betreffenden Landkreis insgesamt, die den vorstehenden Hinweisen des LfU zufolge möglicherweise doch als Bezugsräume in Betracht kommen.

Nach alledem wäre im Rahmen des Berufungsverfahrens ggf. noch abschließend zu klären, ob eine tragfähige naturschutzfachliche Einschätzung zum Erhaltungszustand der Population des Baumfalken für den vorliegenden Einzelfall vorliegt, auf welche die Ausnahmeerteilung gestützt werden kann.

cc) Nach derzeitigem Sachstand ist eher nicht davon auszugehen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für Exemplare der Art des Rotmilans gegeben ist.

Bei der Prüfung der Frage, ob der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand erfüllt ist, steht der öffentlichen Verwaltung auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einschließlich solcher, die die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen zum Gegenstand haben, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 - NVwZ 2014, 524 Rn. 14). Diese Einschätzungsprärogative bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare dieser Art bei einer Verwirklichung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 a. a. O. Rn. 19). Es ist vom Antragsteller nicht konkret dargelegt worden und derzeit auch sonst aufgrund des vorliegenden Aktenmaterials nicht ersichtlich, dass die höhere Naturschutzbehörde und das LfU, deren naturschutzfachliche Bewertung bei der Erteilung der angefochtenen Genehmigung zugrunde gelegt wurde, die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten hätten.

Die höhere Naturschutzbehörde geht in einem Schreiben vom 10. April 2015 nach Abstimmung mit dem LfU (vgl. dortiges Schreiben vom 16.3.2015) davon aus, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf einen vermuteten Rotmilan-Horst in 3,3 km Entfernung zum geplanten Anlagenstandort nicht gegeben ist. Ein möglicher weiterer aktueller Brutnachweis in einem Abstand von 2,5 km zum geplanten Anlagenstandort sei offensichtlich nicht durch Verortung erbracht. Da sich der Abstand eines solchen weiteren Brutnachweises innerhalb des bereits untersuchten Prüfbereichs befinde, ändere sich an den bisherigen Bewertungen nichts.

In einem vom Landratsamt beauftragten Gutachten vom 3. Juni 2014 (dort S. 26) wird zwar einerseits festgestellt, dass ein signifikant längerer Aufenthalt des Rotmilans im Gefahrenbereich der Anlage gegenüber angrenzenden, ebenfalls genutzten Bereichen nicht festzustellen sei. Andererseits werde der Waldbestand um den strittigen Windkraftanlagenstandort im Gefahrenbereich mit zwölf Flügen häufiger genutzt als andere einsehbare Waldbestände, für die nur 6 bis 7 Überflüge erfasst worden seien. Auf Beobachtungstage bezogen sei festzustellen, dass der Rotmilan an ca. 81% der Tage, in denen er sich im Gebiet aufhalte, zumindest einen Einflug in den Gefahrenbereich unternehme. Somit sei von einer zumindest regelmäßigen Nutzung des Gefahrenbereichs bei Flügen in Nahrungshabitate durch den Rotmilan im Gebiet auszugehen, die neben der rein zeitlichen Aufenthaltsdauer eine entscheidende Richtgröße darstelle. Damit erscheine die Anforderung an ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko derart erfüllt, dass regelmäßige Aufenthalte im Gefahrenbereich bei allen Flügen in Nahrungshabitate vorliegen würden, so dass keine Meidung oder ein seltenes Überfliegen der Anlage festzustellen sei. Auch die räumliche Verteilung der erfassten Flüge weise auf eine Konzentration im Gefahrenbereich bzw. dessen näherem Umfeld hin. Um diese Einschätzung zu quantifizieren, sei ein Vergleich der Nutzungsintensität des Rotmilans in einem Gefahrenbereich (250 m-Radius) einerseits mit derjenigen innerhalb des „Prüfbereichs“ (1.500 m-Radius) vorgenommen worden.

Diese Betrachtung geht wohl am Ansatz des sogenannten bayerischen Windkrafterlasses (in der zur Zeit der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011) vorbei, die Frage einer erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezogen auf den gesamten Prüfbereich für den Rotmilan (6.000 m-Radius um das Revierzentrum für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate nach Anlage 2, Spalte 2 zum Windkrafterlass) festzustellen. Nach dem Windkrafterlass 2011 (S. 42) muss jeweils orts- und vorhabenspezifisch entschieden werden, ob das Tötungsrisiko im Prüfbereich signifikant erhöht ist. Dazu muss plausibel dargelegt werden, ob es in diesem Bereich der geplanten Anlage zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder der Nahbereich der Anlage, z. B. bei Nahrungsflügen, signifikant häufiger überflogen wird. Eine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 genannten Abstände führt in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen die Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3, darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden. Die im Windkrafterlass aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738).

Von diesen Grundsätzen des Windkrafterlasses geht die vom LfU angestellte Bewertung (vgl. Stellungnahme vom 16.3.2015) aus und konkretisiert diese. Sie legt bei ihrer Bewertung die Überlegung zugrunde, dass bei der Prüfung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos im Zusammenhang mit Nahrungshabitaten oder anderen regelmäßigen Flugaktivitäten der gleiche Maßstab hinsichtlich häufiger und wiederholter Aufenthalte anzulegen sei wie bei Flugbewegungen im Umfeld von Neststandorten. Dies sei dann geben, wenn die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in einem entfernt gelegenen Nutzungsbereich nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses ähnlich hoch anzusetzen sei wie am äußeren Rand des Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 2. Mit dieser Annahme solle ausgeschlossen werden, dass eine zu geringe Anzahl an Flugbeobachtungen zum Beispiel beim einmaligen oder sehr seltenen Durchflug des Gefahrenraumes für die weitere Kalkulation im Zusammenhang mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko herangezogen werde. Bezogen auf die tatsächliche Gesamtflugzeit betrage der mithilfe von Ergebnissen von Telemetriearbeiten rechnerisch ermittelte Anteil der Aufenthaltszeit im Gefahrenbereich nur 1,2%. Dieser rechnerisch ermittelte Erwartungswert von 1,2% der Flugbeobachtungen sei wegen bestimmter Unwägbarkeiten um eine Spanne „X“ zu erhöhen, damit die in einem Gutachten festgestellten Beobachtungen ausreichten. Diese Spanne werde in einer Arbeitshilfe zum Windkrafterlass festzulegen sein; sie werde jedenfalls über der hier ermittelten Aufenthaltszeit im Gefahrenbereich von 15,9 Minuten liegen.

Der Antragsteller setzt sich in der Antragsbegründung vom 2. November 2016 mit diesen naturschutzfachlichen Bewertungen nicht konkret auseinander. Er bezieht sich maßgeblich auf eine fachliche Stellungnahme vom 30. September 2014 zu dem vom Landratsamt beauftragten Gutachten vom 3. Juni 2014 und zu einer fachlichen Stellungnahme im Auftrag der Beigeladenen vom 21. August 2014. Diese Stellungnahme vom 30. September 2014 hält die Einschätzung im Gutachten vom 3. Juni 2014 für fachlich insgesamt nachvollziehbar und geht aufgrund der festgestellten Flugbewegungen von mindestens einem weiteren Rotmilanpaar aus. Weiter weist der Antragsteller auf mögliche Gründe für eine angenommene überdurchschnittliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit hin (z. B. günstige Thermik). Diese fachlichen Bewertungen betreffen allerdings nicht die oben genannten Aussagen in den Stellungnahmen der höheren Naturschutzbehörde und des LfU. Auch in der Klagebegründung hat der Antragsteller keine substantiierten Einwände gegen die Bewertungen der höheren Naturschutzbehörde und des LfU erhoben. Er belässt es im Wesentlichen bei der pauschalen Rüge, die vom LfU für erforderlich gehaltene Korrektur des statistischen Werts von 1,2% könne nicht als wissenschaftlich fundierte Grundlage dafür dienen, die faktisch festgestellte bevorzugte Raumnutzung des potentiellen Gefahrenbereichs als nicht relevant zu bewerten (S. 17 des Schriftsatzes vom 30.7.2015). Im Übrigen enthalten die Stellungnahmen des LfU vom 16. März 2015 und der höheren Naturschutzbehörde vom 10. April 2015 jeweils eine sehr ausführliche Begründung des Korrekturfaktors zur statistisch berechneten Aufenthaltswahrscheinlichkeit.

c) Auch eine Interessenabwägung im Übrigen ergibt, dass derzeit das Vollzugsinteresse insbesondere der Beigeladenen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Vor allem ist zu beachten, dass derzeit am ehesten in Bezug auf den Baumfalken in Betracht kommt, dass durch den Betrieb der strittigen Windkraftanlage ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verursacht wird und offen ist, ob insoweit eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG rechtmäßiger Weise erteilt werden konnte. Eine etwaige Gefährdung für die Population des Baumfalken kann frühestens ab dessen Rückkehr in das Brutgebiet angenommen werden, die gemäß den Arteninformationen des LfU im April bzw. Mai erfolgt. Diese Angaben können im vorliegenden Verfahren zugrunde gelegt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 (Rn. 84) ausgeführt hat, stellen sich diese Arteninformationen als allgemeiner, gesicherter Stand des vogelkundlichen Wissens dar. Der Windkrafterlass Bayern „inkorporiert“ diese Unterlagen gleichsam durch Verweisung, welche dadurch an seinem Charakter als „antizipiertem Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738) teilnehmen.

Im Rahmen der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblichen Interessenabwägung ist auch zu beachten, dass nach den oben zitierten naturschutzfachlichen Aussagen der höheren Naturschutzbehörde und des LfU die Errichtung und der Betrieb der strittigen Windkraftanlage wohl nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population des Baumfalken führen dürften.

Zudem ist hier der erhebliche wirtschaftliche Schaden infolge eines Stillstands der fertig gestellten strittigen Windkraftanlage zu berücksichtigen. Durch den Betrieb dieser Anlage werden auch keine (weiteren) nur schwer rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 1.5, 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Die Beigeladene zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für vier Windkraftanlagen.

Die Klägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, beantragte unter dem … Oktober 2012 beim Landratsamt Eichstätt (Landratsamt) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ „RE Power“ 3,4 M 104 mit einer Leistung von 3,4 MW und einer Gesamthöhe von 180 m auf dem Grundstück FlNr. 252 Gemarkung P … Unter dem … April 2013 beantragte sie nahe diesem Standort zwei weitere solche Genehmigungen für jeweils eine Windkraftanlage des Typs „Nordex N 117“ mit einer Leistung von 2,4 MW und einer Gesamthöhe von 199 m auf den Grundstücken FlNr. 487 und FlNr. 495 Gemarkung A …, ferner unter dem ... Mai 2013 eine weitere solche Genehmigung für eine Windkraftanlage gleichen Typs auf dem Grundstück FlNr. 473 Gemarkung A … in der Nähe der drei zuvor genannten Standorte.

Mit Schreiben vom … März 2014 beantragte die Klägerin erneut die Erteilung der oben genannten Genehmigungen, aus artenschutzrechtlichen Gründen jedoch mit der Maßgabe einer zeitlichen Betriebsbeschränkung (Bl. 527 d. Behördenakte „252“).

Alle vier Standorte befinden sich in einer Entfernung von etwa 1,1 bis 1,5 km von der Erdbebenmessstation mit der Bezeichnung „GRC 1“ in der Nähe der Ortschaften E … und A …, einer Breitbandstation der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Bundesanstalt), die zu einer Reihe von insgesamt 13 Erdbebenmessstationen (Breitbandstationen) des sogenannten „Gräfenberg-Array“ gehört und - ebenso wie die anderen 12 Stationen - von der Bundesanstalt betrieben wird.

Die Vorhabenstandorte liegen im Gebiet der Beigeladenen zu 1), in deren Flächennutzungsplan in der am 2. April 2001 bekanntgegebenen Änderungsfassung vier Flächen für Windkraftanlagen dargestellt sind. Diese Flächen umfassen die von der Klägerin beantragten Standorte nicht.

Die vom Landratsamt im Genehmigungsverfahren beteiligte Bundesanstalt, deren Träger die Beigeladene zu 2) ist, trug mit Schreiben vom 17. November 2013, ergänzt durch Schreiben vom 26. März 2014, zu den vier Vorhabenstandorten vor, der Betrieb der darauf geplanten Anlagen könne zu einer Störung der Breitband-Messergebnisse der Station GRC 1 führen; ein Mindestabstand der Anlagen zu dieser Station von 5 km sei erforderlich. Das ebenfalls im Verfahren beteiligte Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (Bundesamt) teilte mit Schreiben vom 24. März 2014 unter anderem mit, der auf FlNr. 473 beantragten Anlage könne wegen flugsicherungstechnischer Bedenken nicht zugestimmt werden, da sich deren Standort in der Nähe einer Radarstation eines Flugplatzes befinde und funktionsstörende Auswirkungen auf diese Station haben könnte.

Die Beigeladene zu 1) verweigerte zum Vorhaben der Klägerin das Einvernehmen und beschloss am 24. Januar 2014 die Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplanes „Windkraft“ mit sieben Konzentrationszonen für Windkraftanlagen, die die Vorhabenstandorte der Klägerin nicht umfassen.

Mit vier im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden vom 2. April 2014, der Klägerin jeweils am 8. April 2014 zugestellt, lehnte das Landratsamt deren Anträge zur Errichtung und zum Betrieb von Windkraftanlagen an den genannten Standorten ab. Zur Begründung wird ausgeführt, die Standorte lägen außerhalb der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) dargestellten Konzentrationsflächen für Windkraft. Zudem würden die Außenbereichsvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen dadurch hervorrufen, dass durch die zu erwartenden Erschütterungssignale der Anlagen die Messergebnisse der seismologischen Messeinrichtung GRC 1 als Teil des aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehenden Gräfenberg-Array beeinträchtigt würden. Dieses Messnetzwerk diene u.a. der Überwachung von Erdbebentätigkeit innerhalb und außerhalb Deutschlands und arbeite mit hochempfindlichen Messgeräten. Die Standorte seien sorgfältig abseits von größeren Wohn- oder Industrieanlagen und häufig frequentierten Verkehrswegen gewählt, um störende Signaleinträge zu vermeiden. Das in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtete, weltweit erste digitale Breitband-Array zeichne kontinuierlich Bodenbewegungen auf und liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitband-Datenbasis in Deutschland. Durch die von Windkraftanlagen erzeugte Rotationsbewegung und Neigung aufgrund unterschiedlicher Windlasten würden Erschütterungssignale erzeugt, die über den Turm und das Fundament in den Boden übertragen und sich von dort in alle Richtungen ausbreiten würden. Die Signale seien über einen breiten Frequenzbereich verschmiert. Ein nachträgliches Entfernen der Störsignale sowie der Verschmierung der Ergebnisse im Frequenzbereich der Messstation sei nicht möglich. Der fachlich erforderliche Mindestabstand von 5 km um die Messstation werde von den beantragten Standorten der Windkraftanlagen deutlich unterschritten. Die Messstation diene auch der Registrierung weltweit durchgeführter Nuklearwaffenversuche auf der Basis des völkerrechtlich verbindlichen Kernwaffenteststoppvertrags von 1996. Zudem sei das Messnetzwerk Bestandteil der Infrastruktur des Bundes zur Katastrophenvorsorge und -reaktion. Es diene der automatischen Erkennung seismischer Ereignisse und der Alarmierung zuständiger Einrichtungen. Innerhalb des genannten Mindestabstands um die Messstation stünden deshalb den beantragten Vorhaben öffentliche Belange entgegen. Die Genehmigung sei aufgrund des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots zu verweigern. Das Vorhaben auf dem Grundstück FlNr. 473 sei auch aus flugsicherungstechnischer Sicht nicht genehmigungsfähig, da sich dieser Standort in der Nähe einer Radarstation eines Flugplatzes befinde und die Rotorbewegungen der Anlage zu Erfassungsverlusten eines Luftfahrzeugs führen könnten.

Die Klägerin erhob durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom … April 2014 am 22. April 2014 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt,

  • 1.die vier Ablehnungsbescheide des Landratsamts Eichstätt vom 2. April 2014 aufzuheben und

  • 2.den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin gemäß ihrem Antrag vom … März 2014 immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb jeweils einer Windkraftanlage auf den Grundstücken FlNr. 487, 495 und 473 Gemarkung A* … und FlNr. 252 Gemarkung P* … zu erteilen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom … März 2014 erneut und gemäß der Rechtsaufassung des Gerichts zu entscheiden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Darstellung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) von 2001 stehe nicht entgegen, da darin keine Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beabsichtigt sei. Eine wissenschaftlich tragfähige Grundlage für die Prognose, dass es durch die beantragten Vorhaben zu Beeinträchtigungen von Messergebnissen der Breitbandmessstation GRC 1 komme, gebe es nicht. Weder eine Verpflichtung zur Einhaltung des Kernwaffenteststoppvertrages noch eine solche zur Gewährleistung der Katastrophenvorsorge und -reaktion stehe der Genehmigungsfähigkeit der beantragten Anlagen entgegen. Durch die Verwendung von aktivem oder passivem Vibrationsschutz könne eine eventuelle Beeinträchtigung der Messempfindlichkeit vermieden werden. Die Windkraftanlage auf FlNr. 473 könne mit einem Abschaltmechanismus bei Überflügen von Luftfahrzeugen versehen werden. Zur Gewährleistung störungsfreier Messergebnisse könne die Messstation an einen anderen Standort verlegt werden. Die im Bescheid genannten öffentlichen Belange könnten sich nicht gegen privilegierte Anlagen durchsetzen. Es sei möglich, Störsignale, die gegebenfalls durch Rotation an den beantragten Anlagen erzeugt würden, aus den seismologischen Messergebnissen herauszurechnen. Bei der Entscheidung über die beantragten Vorhaben sei die Bodenbeschaffenheit an den Standorten zu berücksichtigen. Die Klägerin legte hierzu umfangreiche Stellungnahmen von Baugrundgutachtern sowie eines … Ingenieurbüros vor.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf die im Bescheid genannten Ablehnungsgründe.

Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie zunächst vor, die Darstellung von Konzentrationsflächen für Windkraft im Flächennutzungsplan der Änderungsfassung von 2001 stehe den beantragten Vorhaben entgegen. Die beantragten Standorte lägen außerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsflächen.

Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.

Auf Grund Beweisbeschlusses vom 11. Dezember 2015 legte ein Seismologe der …-Universität … ein Gutachten vom … Juli 2016 zur Beantwortung der Fragen vor, ob es durch die Rotationsbewegungen der beantragten Windkraftanlagen zu Störungen der Messergebnisse der Breitbandmessstation GRC 1 kommen und ob solche Störungen durch die Verlegung der Station und durch Verwendungen von Dämpfungsmaßnahmen vermieden werden könnten. Der Sachverständige kam im Gutachten im Wesentlichen zu der Auffassung, dass die Nähe der beantragten Windkraftanlagen zur Untauglichkeit der Messergebnisse der Station GRC 1 mit Auswirkungen auf das gesamte Messergebnis des Gräfenberg-Array führen würde. Das könne weder durch eine Stationsverlegung noch durch die Verwendung von Dämpfungsmaßnahmen vermieden werden. Die Klägerin widersprach dem Gutachtensergebnis.

Die Beigeladene zu 1) setzte den am 14. April 2016 beschlossenen sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ am 9. Mai 2016 in Kraft und führte in diesem Zusammenhang aus, jedenfalls nunmehr lägen wirksame Konzentrationsflächen mit einer entsprechenden bauplanungsrechtlichen Ausschlusswirkung vor. Die Klägerin entgegnete hierzu, auch die Darstellungen dieser Fassung des Flächennutzungsplans entfalte keine Ausschlusswirkung gegenüber den beantragten Vorhaben. Es liege eine Verhinderungsplanung vor, gegen die sie im Aufstellungsverfahren zahlreiche Einwände erhoben habe. Deshalb seien die darin enthaltenen Darstellungen unwirksam.

Am 1. September 2016 trat die gemeinsame Bekanntmachung mehrerer Bayerischer Staatsministerien vom 19. Juli 2016 der „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA)“ (Windenergie-Erlass - BayWEE) in Kraft. Darin wird unter Nr. 7.3.4 („Erdbebenmessstationen“) Folgendes ausgeführt:

„Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

a) Station GERES bei Haidmühle der BGR (…) Es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): Haidhof (GRA 1), Wildenfels (GRA 2), Leutzdorf (GRA 3), Stöppach (GRA 4), Brünnthal (GRB 1), Reichertswinn (GRB 2), Eglhofen (GRB 3), Heldmannsberg (GRB 4), Ödberg (GRB 5), Eglofsdorf (GRC 1), Böhmfeld (GRC 2), Steinsdorf (GRC 3), Raitenbuch (GRC 4); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist.

c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: Fürstenfeldbruck (FOR), Wettzell (WET), Manzenberg (MANZ), Jochberg (RJOB) und Rotzenmühle (ROTZ); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes (…); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnungen wieder.“

Die Klägerin führt hierzu aus, bei Nr. 7.3.4 BayWEE handele es sich um kein antizipiertes Sachverständigengutachten, da es keine Standards setze und keine fundierte Erfassungsmethode enthalte, was nach der obergerichtlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Annahme eines solchen Sachverständigengutachtens sei. Eine vorweggenommene Beurteilung von Schwingungsdämpfung finde dort nicht statt. Es sei auch kein Konzept zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Beobachtungsnetzes Gräfenberg-Array ersichtlich. Die Messstation GRC 1 sei keine im Außenbereich privilegierte Anlage und genieße auch keinen Bestandsschutz, da sie nicht formell genehmigt worden sei. Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des … Seismologen Dr. C. P. vom … Januar 2017 trägt die Klägerin weiter vor, es sei möglich, den Standort der Messstation innerhalb des Gräfenberg-Array zu ändern, ohne die Funktion und Datenqualität des gesamten Stationsnetzes zu beeinträchtigen. Hierzu könne ein sechsmonatiger Parallelbetrieb zwischen der bisherigen und der verlegten Station erfolgen. Durch Pfahlgründung der beantragten Anlagen könne eine Schwingungsreduzierung erreicht werden. Das ergebe sich aus den vorgelegten Baugrundgutachten.

Das Gericht hat am 14. Oktober 2014, 19. Mai 2015, 8. November 2016 und 24. Januar 2017 zur Sache mündlich verhandelt. In der letzten mündlichen Verhandlung erklärte der Seismologe Dr. J. W. als Vertreter des Erdbebendienstes Bayern und Beschäftigter der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München), er sei etwa im Jahr 2011 aufgrund eines Auftrags durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU Bayern) erstmals mit der Frage der Auswirkung von Windkraftanlagen auf bestehende Erdbebenmessstationen befasst worden. Es sei daraufhin - bezogen auf die regionalen Messstationen des deutschen seismologischen Regionalnetzes (Breitbandstationen) - eine Analyse der Unruhebedingungen durch Auswertung der bereits seit 2001 durchgeführten Messungen erfolgt. Die Empfindlichkeit des Gräfenberg-Array sei nicht durch eigene Analysen und Messungen bewertet worden, vielmehr habe er auf die zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen und die seit den 70er-Jahre bestehenden fachwissenschaftlichen Erfahrungen mit den Messstationen der Bundesanstalt zurückgegriffen. Hieraus resultiere die Schutzwürdigkeit des Gräfenberg-Array. Seinen Untersuchungen seien Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe bis zu 70 m zugrunde gelegt worden. Aus heutiger Sicht sei das zu niedrig und der daraus abgeleitete Mindestabstand zu kurz benannt. Bei seinen Untersuchungen habe er einen Frequenzbereich von 1 bis 20 Hertz betrachtet. Die Bodenbeschaffenheit habe er ebenso wenig berücksichtigt wie die Anlagentypen. Es seien vier Bestandswindkraftanlagen in unterschiedlichen Abständen zu vier existierenden Stationen des Bayerischen Erdbebendienstes untersucht und jeweils Vergleichsmessungen vor und nach Errichtung der Windkraftanlagen durchgeführt worden. Die Gründung der Anlagen sei unberücksichtigt geblieben. In einem fünften Fall sei später eine Messung unmittelbar im Fundament durchgeführt worden. Im Rahmen seiner Untersuchung seien die Einsprüche von Windkraftanlagenbetreibern behandelt und die Empfehlungen hierauf nachjustiert, die empfohlenen Radien hierbei jedoch nicht mehr verändert worden. Die so gewonnenen fachlichen Erkenntnisse seien über das Landesamt für Umwelt in den Windenergie-Erlass 2016 eingeflossen. Der starre Schutzradius von 5 km um die Stationen des Gräfenberg-Array sei „quasi eine gegriffene Größe“. Eine Einzelprüfung sei deshalb nicht in Betracht gezogen worden, weil jede einzelne Station des Gräfenberg-Array für das Gesamtergebnis von so hoher Bedeutung sei, dass auch der Ausfall einer einzigen Station nicht riskiert werden sollte. Der Abstand von 5 km zu den Stationen des Gräfenberg-Array sei von den Messungen aus den Abständen existierender Messstationen zu bestehenden Windkraftanlagen abgeleitet worden. Entsprechend sei für die regionalen Messstationen des Erdbebendienstes Bayern ein Zuschlag gemacht worden. Die so gewonnen Schutzradien seien analog auf die Breitbandstationen der Bundesanstalt übertragen worden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin entgegnete hierzu, die Untersuchungen des Beigeladenen könnten nicht als Grundlage für ein antizipiertes Sachverständigengutachten dienen, weil die ortsspezifischen Parameter und Grundlagen nicht berücksichtigt worden seien. Der Vertreter des Erdbebendienstes sei bei seinen Erläuterungen von einem groben Rahmen, einer möglichst einfachen Handhabung und von einer möglichst simpel kommunizierbaren Größe ausgegangen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag jeweils zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Ablehnungsbescheide des Landratsamtes vom 2. April 2014 verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, da diese weder auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen noch auf dessen Verpflichtung, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, einen Anspruch hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 133 Rn. 217, 218).

1. Die vier streitgegenständlichen Windkraftanlagen, die aufgrund ihrer jeweiligen Gesamthöhe gemäß § 4 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), § 1 Abs. 1 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-schutzgesetzes (4. BImSchV) i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, sind nicht genehmigungsfähig, da die Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften zum für die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage relevanten Rechts- und Sachstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts nicht sichergestellt ist.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Da die beantragten Windkraftanlagen den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE vom 19. Juli 2016 für die Breitbandmessstation GRC 1 genannten Mindestabstand von 5 km nicht einhalten, ist davon auszugehen, dass durch sie erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können. Nr. 7.3.4 BayWEE stellt insoweit ein seismologisches antizipiertes Sachverständigengutachten dar.

1.1 Nr. 7.3.4 BayWEE ist als Bestandteil der Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, die für die Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage maßgeblich ist, anwendbar. Der am 19. Juli 2016 bekannt gegebene Windenergie-Erlass ist nach seiner Nr. 12 Satz 1 am 1. September 2016 in Kraft getreten (AllMBl 2016 S. 1642). Dagegen sind die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).

1.2 Nr. 7.3.4 BayWEE ist keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, sondern als für die Gerichte verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen und anzuwenden (BayVGH, B.v. 29.12.2016 - 22 CS 16.2162 - ZNER 2017, 75 - juris Rn. 54 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738). Da die Vorhabenstandorte den von Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE geforderten Mindestabstand zur Station GRC 1 nicht einhalten, ist davon auszugehen, dass durch die darauf geplanten Windkraftanlagen erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können. Das steht einem Genehmigungsanspruch der Klägerin nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG entgegen.

Der in Nr. 7.3.4 Satz 1 und 2 BayWEE beschriebene Umstand, dass durch von Windkraftanlagen erzeugte Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertungsgenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, belegt als antizipiertes Sachverständigengutachten, dessen Aussagen von der zuständigen Genehmigungsbehörde nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden dürfen (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Ls., zum artenschutzfachlichen Fall eines antizipierten Sachverständigengutachtens im BayWEE 2011), dass erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. a bis d BayWEE genannten Mindestabstände hervorgerufen werden.

Die Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten des Gräfenberg-Array ist deshalb für die Allgemeinheit von erheblichem Nachteil, weil diese Messdaten Grundlage für die Überwachung von Erdbebentätigkeit und als solches Bestandteil der Infrastruktur des Bundes zur Katastrophenvorsorge und -reaktion im Zusammenhang mit seismologischen Ereignissen sind. Sie dienen der Erkennung solcher Ereignisse und unterstützen Behörden bei Entscheidungen im Katastrophenfall, insbesondere zur Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Schäden durch Erdbeben. Die Beigeladene zu 2) hat überzeugend dargelegt, dass sich auch und gerade aus der Beobachtung der viel häufiger auftretenden schwachen seismologischen Ereignisse ein möglichst umfassendes Bild des weltweiten Auftretens seismischer Aktivitäten ergibt, weshalb die Messgenauigkeit für die Funktionsfähigkeit des Gräfenberg-Array unverzichtbar ist. Ein erheblicher Nachteil für die Allgemeinheit liegt ferner in der bei Störeinträgen zu befürchtenden Einschränkung der Messgenauigkeit bei Signalaufzeichnungen von Kernsprengungen sowohl im Rahmen des Kernwaffenteststoppvertrags von 1996 als auch unabhängig davon zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen der Bundesrepublik Deutschland. Auch in diesem Zusammenhang hat die Beigeladen zu 2) nachvollziehbar auf die Wichtigkeit der Messgenauigkeit deshalb hingewiesen, dass im Zuge der Bedeutungszunahme taktischer Kernwaffen mit kleineren Ladungsmengen nur Signalaufzeichnungen mit hoher Messgenauigkeit eine gleichbleibend verlässliche Bewertung von Kernwaffenversuchen im Rahmen des genannten völkerrechtlichen Vertrags ermöglichen.

Auf Grund des antizipierten Sachverständigengutachtens, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. a bis d BayWEE genannten Mindestabstände hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis des Störpotentials der von der Klägerin beantragten Windkraftanlagen, die alle in einer Entfernung von 1,1 bis 1,5 km zur Messstation GRC 1 liegen und damit den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE für diese Messstation genannten Mindestabstand von 5 km erheblich unterschreiten, auf die Messergebnisse dieser Messstation nicht an.

Ebenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch eine Störung der Messergebnisse der Station GRC 1 vorliegen, ist die Frage, ob der Einbau von Schwingungsdämpfern oder die von den Bodengutachtern der Klägerin beschriebene Möglichkeit einer Pfahlgründung der Windkraftanlagen zu einer Reduktion von Störgeräuschen dieser Anlagen und damit zur Vermeidung der Störung von Messergebnissen dieser Station beitragen können. Eine Berücksichtigung solcher Möglichkeiten zur Minderung des Störungseintrags unterbleibt ferner bereits deshalb, weil sie nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war. In den den Genehmigungsanträgen beigefügten Planunterlagen sind Schwingungsdämpfer und Anlagen für eine Pfahlgründung nicht eingetragen.

Auch der Frage, ob durch eine Verlegung der Messstation eine Störungsvermeidung möglich ist, muss aufgrund der antizipierten gutachterlichen Aussage in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE zur Störung der Messergebnisse der Breitbandstationen des Gräfenberg-Array durch von Windkraftanlagen erzeugten Erschütterungen und des offensichtlichen Ziels dieser Regelung, die Gesamtheit der vom Gräfenberg-Array seit Jahrzehnten durchgängig gesammelten Messdaten durch 13 auf einander bezogene Einzelstationen zu schützen und deren Fortschreibung zu gewährleisten, nicht weiter nachgegangen werden.

1.3 Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht - wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben - auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt - jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) - regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.

Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 m durch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern - Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen - Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. Die von der Klägerin beantragten Standorte liegen im Übrigen so nahe an der Messstation GRC 1, dass sogar der niedrigere Mindestabstand nach Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE zu den Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern von 3 km nicht eingehalten würde. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung eines solchen Mindestabstands von 5 km zur Station GRC 1 hatte im Übrigen der Beklagte bereits in den Gründen der angefochtenen Bescheide hingewiesen, zu einem Zeitpunkt, als der Bayerische Windenergie-Erlass noch gar nicht galt.

Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen - jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern - zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.

1.4 Die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Argumente ändern hieran nichts. Auf die Frage einer bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Messstation GRC 1 kommt es wegen der vom antizipierten Sachverständigengutachten in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE ausgehenden Ausschlusswirkung ebenso wenig an wie auf den bauordnungsrechtlichen Einwand fehlenden Bestandsschutzes dieser Messstation wegen etwaigen Fehlens einer bauaufsichtlichen Genehmigung. Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt Nr. 7.3.4 BayWEE gerade durch die beschriebenen Mindestabstandsdifferenzierungen und auch durch die Zulassung von Einzelfallprüfungen bei Mindestabständen von Windkraftanlagen zu landeseigenen Messstationen Standards. Die Orientierung an Mindestabständen von Windkraftanlagen zu Messstationen ist eine antizipierte fundierte Erfassungsmethode und ermöglicht eine transparente und verhältnismäßige Handhabung des oben beschriebenen Nutzungskonflikts zwischen windkraftgestützter Energieerzeugung und seismologischer Messung im Außenbereich.

2. Da die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus den oben genannten Gründen nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob den beantragten Vorhabenstandorten die Ausschlusswirkung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) in der Fassung von 2001 oder nach aktueller Fassung des sachlichen Teilflächennutzungsplans „Windkraft“ von 2016 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegensteht und eine Genehmigung auch aufgrund des Entgegenstehens solcher anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu versagen ist, nicht an. Ebenso unbeantwortet kann die Frage bleiben, ob einer Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens der Klägerin am Standort FlNr. 473 die vom Bundesamt im Genehmigungsverfahren vorgetragenen flugsicherungstechnischen Einwände entgegenstehen.

3. Die Klage war aus diesen Gründen sowohl im Hauptals auch im Hilfsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene zu 1) einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, ist es angemessen, dass die Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt hat, weshalb es entsprechend des zuvor Ausgeführten angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 52.500,‑‑ € festgesetzt.


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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.