Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 27. Juli 2017 - RO 7 K 15.1736

bei uns veröffentlicht am27.07.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für zwei Windenergieanlagen (WEA).

Am 24.1.2014 beantragte die Klägerin die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb von zwei WEA auf dem Grundstück FlNr. 85/1 Gemarkung W... und dem Grundstück FlNr. 158 Gemarkung E..., beide im Gemeindebereich der Beigeladenen zu 2). Es handelt sich um Anlagen des Typs Vestas Gridstreamer mit einer Nabenhöhe von 125 m, einem Rotordurchmesser von 90 m und einer Gesamthöhe von 170 m (sog. WEA 9) und des Typs Repower 3.2 Mmit einer Nabenhöhe von 143 m, einem Rotordurchmesser von 114 m und einer Gesamthöhe von 200 m (sog. WEA 8). Mit Schreiben vom 4.2.2014 bestätigte das Landratsamt den Eingang des Antrags. Nach summarischer Prüfung werde die Vollständigkeit der Antragsunterlagen bestätigt. Sofern sich ergebe, dass weitere Unterlagen nachgefordert werden müssten, würde der Antragsteller benachrichtigt. Der Beklagte führte anschließend die Fachstellenbeteiligung durch.

Unter anderem wurde die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), deren Trägerin die Beigeladene zu 1) ist, gem. § 10 Abs. 5 BImSchG um Stellungnahme zu dem Vorhaben gebeten. Die BGR unterhält eine Reihe von seismologischen Messstationen in Deutschland. Das nationale Messnetz dient der Überwachung der Erdbebentätigkeit innerhalb und außerhalb Deutschlands. Daneben dient das Messnetz der Messung, Analyse und Meldung von Versuchen mit Nuklearwaffen oder chemischen Explosionsmitteln. Im Bereich der geplanten WEA befindet sich das sog. Gräfenberg-Array (GRF-Array oder GRF) der BGR, das aus 13 seismologischen Breitbandstationen (sog. GRA1 bis GRA4, GRB1 bis GRB5, GRC1 bis GRC4) in der Fränkischen Alb besteht. Es hat eine Ausdehnung von ca. 100 km in Nord-Süd-Richtung und ca. 40 km in Ost-West-Richtung (angeordnet in einer L-Form als eine Art seismologische Antenne). Es handelt sich um Messstationen mit einer hohen Detektionsfähigkeit, d.h. Empfindlichkeit gegenüber fernen oder kleinen seismischen Ereignissen. Das Gräfenberg-Array wurde in den Jahren 1975 bis 1980 errichtet und ist weltweit das erste digitale seismologische Breitband-Array und hat deswegen nach den Angaben der BGR gerade auch im Hinblick auf den historischen Datenbestand als potenzielle Referenzwerte besondere Bedeutung und liefert die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitband-Datenbasis in Deutschland. Die Messstation GRC4 als Teil des Gräfenberg-Arrays befindet sich einem Abstand von 4,48 bzw. 4,96 km zu den beantragten WEA.

Mit Schreiben vom 24.3.2014 teilte die BGR mit, WEA erzeugten durch Rotationsbewegung und Neigung aufgrund unterschiedlicher Windlast Erschütterungssignale, die über Turm und das Fundament in den Boden übertragen würden und die sich von dort in alle Richtungen ausbreiten würden. Die Signale seien über einen breiten Frequenzbereich verschmiert. Die Störsignale könnten über viele Kilometer nachgewiesen werden. Dabei würden sich die Frequenzen mit den charakteristischen Frequenzen von Erdbeben überlappen, so dass deren Analyse erschwert oder gar unmöglich gemacht werde. Ein nachträgliches Entfernen der Störsignale sei nicht möglich. Als Konsequenz ergäben sich aus fachlicher Sicht zum Schutz der Datenregistrierungen an hochsensiblen Messeinrichtungen Anforderungen in Form eines Mindestabstandes von 5 km von WEA zum Standort der Messeinrichtung. In Anbetracht der Vorbelastung des Standortes würden hier aber keine fachlichen Bedenken gegen das Vorhaben erhoben. Zwar verursachten WEA durch deren Betrieb Störgeräusche an den seismologischen Messeinrichtungen der Messstation GRC4 bei R... In der Nähe des Standortes würden jedoch im Abstand von 1,9 km bis 3,8 km bereits sechs leistungsstarke WEA (> 3 MW Leistung) betrieben, die ohne Beteiligung der BGR errichtet worden seien. Die Messanlage sei daher bereits stark beeinträchtigt. Durch zwei zusätzliche, abstandmäßig hinter den bereits bestehenden gelegenen Anlagen sei kein nennenswerter zusätzlicher Rauscheintrag zu erwarten. Ausschließlich in Anbetracht dieser besonderen Umstände erhebe die BGR keine Einwände gegen die WEA an diesen Stellen.

Mit Schreiben vom 17.6.2014 hielt die BGR diese Stellungnahme nicht mehr aufrecht. Zwischenzeitlich hätten sich auf Grund einer intensiven fachlichen Auseinandersetzung und der zu erwartenden Dauer der Störeinträge Kenntnisse ergeben, die zu einer Neubewertung einiger Aspekte geführt hätten. Zur Bestimmung der Erheblichkeit der Beeinträchtigung würde nunmehr die Dauer der Laufzeiten der bereits genehmigten und die Vorbelastung verursachender WEA berücksichtigt. Es bestehe die Möglichkeit, aufgrund der begrenzten Betriebsdauer von WEA die volle Funktionsfähigkeit der Station GRC4 wieder herzustellen. Die seismologische Messstation GRC4 R... sei Teil des Gräfenberg-Arrays (GRF) und die Vorbelastung einzelner Stationen schließe nicht die erhebliche Beeinträchtigung im GRF-Array als Gesamtanlage aus. Der Abstand zu den geplanten WEA betrage 4,48 km bzw. 4,96 km und liege somit in beiden Fällen innerhalb des Mindestabstandsradius von 5 km. Es sei im Rahmen der Einzelfallprüfung des beantragten Anlagentyps nicht ersichtlich, dass Störeinträge vermieden oder vermindert werden könnten. Die 13 Stationen des GRF-Arrays würden für weiter entfernte seismologische Ereignisse als gemeinsame Anlage betrieben (Array-Technologie). Ein zentrales Element sei die Summenbildung über alle Stationen. Störsignale lieferten Beiträge zur Summe unabhängig davon, an welcher Einzelstation die Störungen tatsächlich auftreten würden. Inzwischen seien an der Gesamtanlage ohne Beteiligung der BGR innerhalb des Schutzradius von 5 km eine Vielzahl von Anlagen errichtet, es könnten keine weiteren Anlagen toleriert werden. Auch für die Einzelstation GRC4 seien durch die neuen Anlagen Verschlechterungen zu erwarten. Das sei dadurch begründet, dass neu errichtete Anlagen immer auch bisher nicht oder weniger stark belastete Frequenzen treffen könnten. Dies könne insbesondere eintreten, wenn ein weiterer Anlagentyp installiert werde (hier: Vestas V 90).

Die Beigeladene zu 2) erklärte mit Schreiben vom 5.6.2014, dass das gemeindliche Einvernehmen verweigert werde. Gleichzeitig wurde die Zurückstellung des Baugesuchs beantragt. Mit Bescheid vom 29.7.2014 ordnete der Beklagte unter Sofortvollzug die Zurückstellung des Baugesuchs an. Das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg stellte mit Beschluss vom 2.12.2014 die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her. Die hiergegen von der Beigeladenen zu 2) eingelegte Beschwerde blieb erfolglos (BayVGH v. 20.3.2015, Az. 22 CS 15.58). In seiner Sitzung vom 23.6.2015 lehnte die erneut beteiligte Beigeladene zu 2) wiederum die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens ab.

Mit Bescheid vom 6.10.2015 lehnte der Beklagte nach Anhörung der Klägerin den Antrag auf Erteilung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die beiden WEA ab. Zur Begründung wurde die Beeinträchtigung der seismologischen Messstation GRC4 angeführt. Die Messstation GRC4 sei ein Teil des Verbundsystems „Gräfenberg-Array“ (bestehend aus 13 seismologischen Breitbandstationen), welches zwischen 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen seien in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Registrierung solcher Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien von außerordentlicher Bedeutung und damit unverzichtbar. Eine Verlegung der Messstation sei somit nicht möglich. Innerhalb des 5 km-Radius ergebe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Beeinträchtigung der vorgenannten Messstation. Insoweit sei für die Entscheidung der konkrete Einzelfall, der von der BGR beurteilt worden sei, maßgeblich. Auf die Stellungnahmen der BGR wird näher eingegangen. Die sog. 10-H-Regelung (Art. 82 Abs. 1 BayBO) finde nach Art. 83 Abs. 1 BayBO keine Anwendung, weil die Antragsunterlagen zum beantragten Vorhaben vor dem 4.2.2014 vollständig bei der Genehmigungsbehörde vorgelegen hätten. Es sei eine Abwägung zwischen dem Zweck des privilegierten Vorhabens und dem entgegenstehenden öffentlichen Belang erforderlich. Das schutzwürdige Interesse der BGR an der Ausübung ihres öffentlichen Auftrags überwiege sowohl das Interesse der Klägerin als auch das öffentliche Interesse an der Errichtung und dem Betrieb zweier WEA. Im Rahmen der Abwägung sei auch zu betrachten, welche der in Konflikt zueinander stehenden Einrichtungen zuerst installiert und in Betrieb genommen worden sei. Die Messstationen des Gräfenberg-Arrays seien bereits in den 1970er Jahren errichtet worden.

Am 19.10.2015 ließ die Klägerin Klage erheben. Zur Begründung wird u.a. vorgebracht, die Messstation GRC4 sei alles andere als unbelastet. So befänden sich im Abstand bis 3 km derzeit 5 WEA im Betrieb. Die Abstände betrügen 1.940 m, 1.950 m, 2.040 m, 2.080 m (seit 2011) und 1.350 m (seit Dezember 2013). Besonders beachtlich sei hier, dass erst im Dezember 2013 eine große Anlage mit 3,2 MW Leistung in nur 1,35 km Entfernung errichtet worden sei. Diese habe eine seit 2001 bestehende Anlage ersetzt. Im Bereich zwischen 3 km und 5 km um die Station GRC4 befänden sich weitere 6 WEA im Betrieb (4.750 mseit 2002; 3.970 mseit 2012; 3.290 m seit 2012; 3.300 m und 4.460 m mit voraussichtlicher Inbetriebnahme Anfang 2016). Sofern also die Messstation GRC4 durch die geplanten WEA in einem Maße beeinflusst werde, dass eine Nutzung dieser Station nicht mehr möglich sei, müsse diese Station auf Grund dieser Vorbelastungen ohnehin als nicht mehr nutzbar bezeichnet werden. Keinesfalls führe die streitgegenständliche WEA zu einer solchen Verschlechterung der Situation, dass die Messstation allein hierdurch nicht mehr nutzbar wäre. Die Beigeladene zu 1) stelle keinen Träger öffentlicher Belange dar. Es gebe keinerlei rechtlich geschützten Schutzbereich von 3 km oder 5 km um die Messstation. Offensichtlich habe der Gesetzgeber einen solchen Schutzradius bisher nicht für notwendig angesehen. Keinesfalls könne die Beigeladene zu 1) ohne jegliche gesetzliche Grundlage einen solchen Mindestabstand festlegen. Die betroffene seismologische Messstation falle nicht unter § 35 Abs. 3 Nr. 8 BauGB. Der Beigeladenen zu 1) stehe keinerlei Beurteilungsspielraum oder Einschätzungsprärogative zu, wann eine unzumutbare Beeinträchtigung ihrer Stationen vorliege. Sofern Maßnahmen ersichtlich seien, welche eine mögliche unzumutbare Beeinträchtigung unter die Schwelle der Zumutbarkeit brächte, habe die Beigeladene zu 1) diese Maßnahmen zu ergreifen, auch wenn sie nicht kostenlos oder mit einem entsprechenden Arbeitsaufwand verbunden seien. Nicht jede nachteilige Beeinträchtigung wäre ausreichend, sondern vielmehr nur eine wirkliche „Störung der Funktionsfähigkeit“. Diese Frage sei uneingeschränkt gerichtlich nachprüfbar. Die Ausführungen der BGR seien in sich widersprüchlich und damit zwingend falsch. Die Beigeladene zu 1) behaupte zu Unrecht, dass der Betrieb des GRF der Umsetzung des Kernwaffenteststoppvertrages (CTBT) diene. Nach der Internetseite der Beigeladenen zu 1) erfolge die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland mit der Primärstation GERES an der tschechischen Grenze und der Hilfsstation SNAA in der Antarktis. Von besonderer Bedeutung im hier vorliegenden Fall dürfte die Tatsache sein, dass die BGR dem streitgegenständlichen Vorhaben bereits mit Schreiben vom 24.3.2014 uneingeschränkt zugestimmt habe. Die für die Rücknahme angeführten Gründe seien untauglich, eine nachträgliche Veränderung der Entscheidungslage sei nicht gegeben. Der Auffassung des Beklagten, die erteilte Zustimmung sei frei widerruflich, müsse entgegengetreten werden. In Anlehnung an Art. 66 BayBO könne die Zustimmung der Beigeladenen zu 1) unter entsprechender Anwendung des § 130 Abs. 1 Satz 2 BGB vielmehr nur bis zu deren Zugang frei widerrufen werden. Der Beklagte führe zutreffend an, dass er über die Genehmigungsvoraussetzungen eine eigene Entscheidung zu treffen habe. Eine solche eigene Entscheidung habe der Beklagte im Hinblick auf die Stellungnahme der BGR aber gerade nicht getroffen. Ob tatsächlich die von der BGR angeführten Beeinträchtigungen vorlägen, und ob diese unzumutbar seien, habe der Beklagte vorliegend nicht überprüft. Vielmehr verlasse sich der Beklagte einzig und allein auf die Angaben der Beigeladenen zu 1). Die BGR könne bezüglich der Messstationen keinen Schutz als privilegiertes Vorhaben i.S.v. § 35 Abs. 1 BauGB geltend machen. Die BGR habe auch keinerlei Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb ihrer seismologischen Messstationen vorgelegt, die Anlagen der Beigeladenen zu 1) seien ohne entsprechende Genehmigung errichtet worden. Wenn eine Anlage aber ohne Baugenehmigung und damit formell illegal errichtet worden sei, könne sie sich auch nicht auf den aus Art. 14 GG abzuleitenden Bestandsschutz berufen.

Die Klägerin beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 6.10.2015 wird aufgehoben.

  • 2.Der Beklagte wird verpflichtet, über den mit Datum vom 24.1.2014 beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die in der Klagebegründung enthaltenen Argumente seien nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der von der BGR vorgetragenen fachlichen Argumente in Zweifel zu ziehen. Auf die Stellungnahmen der Beigeladenen zu 1) wurde verwiesen. Die fachlichen Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange seien ein reines Verwaltungsinternum. Aus der Zustimmung der Beigeladenen zu 1) mit Stellungnahme vom 24.3.2014 könne die Klägerin daher keine Rechtsansprüche ableiten. Eine am Verfahren beteiligte Behörde könne sich bis zum Erlass der Entscheidung äußern. Die Stellungnahmen der Fachstellen seien für die Genehmigungsbehörde nicht verbindlich. Die verfahrensführende Behörde habe alle bis zur Entscheidung über den Antrag vorliegenden Sachverhalte zu berücksichtigen.

Die Beigeladene zu 1) hat keinen Antrag gestellt.

Sie führt im Wesentlichen folgendes aus: Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) sei eine obere Bundesbehörde der Beigeladenen zu 1) und Trägerin des nationalen seismologischen Dienstes sowie Betreiberin der seismologischen Messeinrichtungen. Als Bundesoberbehörde sei sie Bestandteil der wissenschaftlich-technischen Infrastruktur Deutschlands und übernehme auch gesetzlich festgelegte Aufgaben. Sie sei die zentrale geowissenschaftliche Beratungseinrichtung der Bundesregierung. Die deutschlandweite Überwachung der Seismizität erfolge durch die BGR im Rahmen ihrer Aufgaben als nationaler seismologischer Dienst. Das nationale Messnetz liefere einen Beitrag zum globalen seismologischen Monitoring der Erde und diene auch zur Überwachung national relevanter Seismizität. Zum Aufgabenbereich der BGR gehöre gerade auch die Verpflichtung zur Erfassung von Daten und Beteiligung am internationalen Messnetz gemäß dem Kernwaffenteststoppvertrag (CTBT). Dieser sei durch die Bundesrepublik Deutschland unterschrieben und ratifiziert. Die Störsignale der WEA könnten mit den Messgeräten des Gräfenberg-Arrays in Entfernungen von bis zu 15 km nachgewiesen werden. Je mehr WEA installiert würden und je näher sie an den Messstandorten stünden, umso mehr nähmen sie störenden Einfluss auf seismologische Messungen. Aus fachlicher Sicht und zur Vermeidung des vollständigen Ausschlusses der Windenergienutzung im Umfeld zu den Messeinrichtungen würden sich daher zum Schutz der Datenregistrierung an den hochempfindlichen Messstationen des Gräfenberg-Arrays die Anforderungen in Form eines Mindestabstands von 5 km ergeben. Der Mindestabstand beruhe auf der fachlich begründeten Einschätzung der BGR zu vorliegenden Beeinträchtigungen innerhalb des Gräfenberg-Arrays und sei keine Festlegung eines pauschalen Schutzbereiches. Die geplanten WEA der Klägerin lägen im Einzelfallprüfungsbereich gemäß dem Bayerischen Energie-Atlas. Die Einzelfallprüfung sei hier durchgeführt. Die Vorbelastung des Standorts GRC4 bei R... habe ohne Beteiligung der BGR stattgefunden und könne nicht zu Lasten der Beigeladenen zu 1) gehen und zur Folge haben, dass ihre Anlagen nicht schutzwürdig seien. Seit Inbetriebnahme der WEA erhöhten sich die Signalrauschpegel auffällig und dauerhaft. Entgegen der Behauptung der Klägerin sei aber die Messstation GRC4 trotz der Vorbelastung weiterhin - auch als Bestandteil des Gräfenberg-Arrays - eingeschränkt funktionsfähig und daher nutzbar. Diese Station liefere nur noch für stärkere Ereignisse, die die Störsignale der WEA deutlich übersteigen würden, einen Beitrag zum Gesamtsystem. Vor diesem Hintergrund sei es umso wichtiger, dass keine weiteren Beeinträchtigungen von Array-Elementen hingenommen würden. Nach dem derzeitigen Stand der Technik und wissenschaftlichen Erfahrungen bestünden keine Möglichkeiten zur Begrenzung von Erschütterungsimmissionen in den Boden. Da die Störeinträge der WEA in einem breitbandigen Frequenzbereich von 1 Hz bis 10 Hz auftreten würden, müssten die Erschütterungsimmissionen auf allen betroffenen Frequenzen gleichmäßig um ein Vielfaches reduziert werden, um eine erheblich beeinträchtigende Wirkung auszuschließen. Die von der Klägerin vorgeschlagenen Maßnahmen seien nicht geeignet, dadurch erhebliche Beeinträchtigungen auszuschließen. Es gebe derzeit keine umsetzbaren baulichen Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen in der maßgeblichen Wellenlänge vermeiden würden. Die Möglichkeit einer Verlegung oder Tieferlegung der Messstationen bestünde ebenso wenig wie die Möglichkeit, Erschütterungssignale der WEA nachträglich herauszurechnen. Die Beeinträchtigung der seismologischen Messstationen sei ein entgegenstehender öffentlicher Belang i.S.d. § 35 Abs. 3 BauGB. Die schädlichen Umwelteinwirkungen seien für die Beigeladene zu 1) unzumutbar. Die rechtserhebliche Störung der Funktionsfähigkeit des Arrays liege darin begründet, dass die Array-Funktionalität auf das Vorhandensein aller Array-Elemente ausgelegt sei.

Die Beigeladene zu 2) hat ebenfalls keinen Antrag gestellt.

Am 18.08.2016 hat das Gericht mit den Beteiligten die Streitsache mündlich verhandelt. Mit Beschluss vom gleichen Tag hat das Gericht der Beigeladenen zu 1) aufgegeben, im Einzelnen darzulegen welches Maß an zusätzlicher Beeinträchtigung durch die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen WEA auf den Betrieb der Messstation GRC4 und das Gräfenberg-Array zu erwarten ist, und warum trotz der Beeinträchtigung durch die vorhandenen WEA auch in näherer Entfernung zur GRC4 eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Messstation GRC4 und des Gräfenberg-Arrays zu erwarten ist. Auf dieser Grundlage sei konkret darzulegen, ob und in welchem Umfang die Aufgaben und Tätigkeiten der BGR beeinträchtigt sind und welches Gewicht diese Beeinträchtigung im Hinblick auf ihre Aufgaben hat.

Die Beigeladene zu 1) nahm dahingehend Stellung, es gäbe bisher keine anerkannte Methode, um die Auswirkungen von geplanten WEA auf benachbarte seismologische Messstationen berechnen zu können. Daher verbleibe nur die Möglichkeit, aus bisher aufgezeichneten Daten innerhalb des GRF-Arrays Analogieschlüsse zu ziehen. An den Stationen GRB1 und GRC1 lägen Messungen von Störsignalen vor, die auf die Errichtung von WEA in Entfernungen zwischen 3 und 5 km bzw. zwischen 4,5 und 5 km zurückzuführen seien. Bereits eine einzelne WEA im Umfeld zu einer Messstation könne zu erheblichen Beeinträchtigungen mehrerer Frequenzbereiche in den Messungen führen. Wenn zusätzliche Anlagen betrieben würden, würden entweder zusätzliche Frequenzen gestört oder bereits bestehende Störungen verstärkt, da sich die Störsignale in den PSD-Spektren addieren und in ihrer Gesamtbelastung erheblich beeinträchtigend wirken würden. Das Detektionsvermögen, d.h. die Fähigkeit zur Erkennung seismischer Ereignisse, der Station GRC4 habe sich seit Inbetriebnahme der sieben WEA Repower M114 im Abstand zwischen 1,4 und 4,0 km um etwa 0,2 Magnitudeneinheiten verschlechtert bei Windstärken über 3,5 m/s in 10 m Höhe. Bereits eine Verschlechterung des Detektionsvermögens um diesen Wert führe dazu, dass über 37% der teleseismischen Beben in diesen Windsituationen nicht mehr erkannt werden könnten. Umgerechnet auf alle Zeiten unabhängig von der vorherrschenden Windstärke entspreche dies einem Verlust von 12% der maßgeblichen seismischen Ereignisse. Bereits diese vorhandene Störung könne bei der Aufgabenerfüllung der BGR nicht ignoriert werden. Jede weitere Verschlechterung – in diesem Fall der streitgegenständlichen WEA um 0,01 bzw. 0,05 Magnitudeneinheiten – stelle sich als unzumutbar dar. In der Folge könnten an der Station GRC4 statt 37% der teleseismischen Beben bei Windstärken von über 3,5 m/s in 10 m Höhe dann bis zu 44% nicht mehr erkannt werden. Neben der Registrierqualität der Station GRC4 habe der dort erfasste und verarbeitete Datenbestand als Referenz bei der Auswertung neuer aktueller seismischer Ereignisse eine hohe Bedeutung. Die durch WEA verursachten Störungen bewirkten eine dauerhafte Veränderung des Rauschverhaltens der seismologischen Aufzeichnungen, indem sie den Rauschpegel erhöhten. Damit gingen Erdbeben für die Beobachtung verloren und die Statistik der registrierbaren Ereignisse werde verändert. Der abgeschätzte durch die streitgegenständliche WEA verursachte Zuwachs am logarithmischen Störpegel bei 1 Hz betrage trotz Vorbelastung aller Voraussicht nach 5% bzw. 25%. Für den bereits vorhandenen Datenbestand habe dies zur Folge, dass kleine Beben nicht mehr vergleichbar seien und auch bei Sichtbarkeit kleinerer Erdbeben trotz des erhöhten Rauschpegels die Referenzdaten aufgrund der dauerhaft veränderten Wellenform unbrauchbar seien. Hinzutretende WEA an der Station GRC4 würden trotz der vorhandenen Anlagen zusätzlich die Funktionalität des Gesamtarrays in seiner Detektionsfähigkeit und in der Lokalisierungsfähigkeit durch zusätzliche Einträge in der Array-Summenspur belasten. Alle Beiträge von WEA in der Nähe der Einzelstationen würden sich addieren. Eine Störung der Summenspur liege bereits vor. Durch die stetige Zunahme der Anzahl der WEA zwischen 2011 und 2014 sei die Detektionsfähigkeit des Arrays sukzessive verschlechtert worden. Jede weitere WEA in der Umgebung irgendeiner der 13 Einzelstationen führe unweigerlich zu weiteren Störeinträgen auf der Summenspur und zu einer weiteren Absenkung der Detektionsschwelle des Gräfenberg-Arrays, bis die Aufgabenerfüllung vollständig verhindert werde. Bezogen auf das Gräfenberg-Array sei eine Verschlechterung des PSD-Peaks bei 1 Hz um 1% im besten und um 6% im schlechtesten Fall zu erwarten. Für die Detektionsschwellen würden sich jeweils ähnliche prozentuale Verschlechterungen ergeben. Bei der Beobachtung von Einzelbeben ergebe sich im Status Quo bei hohen Windgeschwindigkeiten (> 6 m/s) eine Anhebung der Detektionsschwelle für das gesamte GRF-Array um 0,2 Magnitudeneinheiten. In dieser Windsituation gingen 37% der beobachtbaren Beben verloren. Durch die zusätzlichen Anlagen mit einer Verschlechterung bis zu 6% in der maximalen Störamplitude erhöhe sich dieser Wert weiter auf bis zu 39%. Diese messbaren Verschlechterungen hätten eine gewichtige Auswirkung insbesondere auf die Beobachtung der globalen Seismizität und auf die Erfüllung der Aufgaben der BGR im Zusammenhang mit der nationalen und internationalen Friedenssicherung. Die Erhaltung der bisherigen hohen Auflösungsfähigkeit des GRF-Arrays, die sich in einer möglichst niedrigen Detektionsschwelle äußere, sei für die durch das GRF wahrzunehmenden Aufgaben essentiell. Insgesamt würden aufgrund des Alleinstellungsmerkmals des historischen Datenbestands des Gräfenberg-Arrays aber alle durch die BGR im Bereich der Seismologie wahrzunehmenden Aufgaben tangiert, da eine für den Betrieb aller seismologischer Messstationen höchst wertvolle Datenreferenz drohe verloren zu gehen.

In weiteren Schriftsätzen der Beteiligten wurde dies und weitere Aspekte, wie u.a. die formelle und materielle baurechtliche Situation der Messstationen, weiter vertieft bzw. erörtert.

Die Beteiligten haben auf weitere mündliche Verhandlung der Streitsache verzichtet.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens und des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, insbesondere die ausführlichen Schriftsätze der Beteiligten, und auf die vorgelegten Behördenvorgänge Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid des Landratsamtes ... vom 06.10.2015, in dem der Genehmigungsantrag der Klägerin auf Errichtung und Betrieb von zwei WEA auf den Grundstücken FlNr. 85/1 der Gemarkung W... und FlNr. 158 der Gemarkung E... abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit der Klage begehrte Verpflichtung des Beklagten, über ihren Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Vom Landratsamt wurde nämlich – auch zum bei Verbescheidungsklagen maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 217, 218) – zu Recht die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens verneint.

Die Errichtung und der Betrieb der streitgegenständlichen WEA sind aufgrund ihrer Gesamthöhe gemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig.

I.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hat die zuständige Behörde eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Die Formulierung „können“ drückt hierbei aus, dass die Grundpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bereits die Abwehr potenzieller Risiken bezweckt, es also um einen vorbeugenden Gefahrenschutz geht (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 1. Mai 2017, Rn. 61 zu § 5 BImSchG).

Hieran gemessen erweisen sich die Vorhaben der Klägerin als nicht genehmigungsfähig. Denn es ist mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die beantragten WEA die Messstation GRC4 der Beigeladenen zu 1) (bei R...) und das Gräfenberg-Array als Gesamtanlage in ihrer Funktion erheblich beeinträchtigen und damit erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorrufen. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht ohne dem Beklagten oder der Beigeladenen zu 1) einen Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative einzuräumen.

1. Entgegen dem Vorbringen der Klägerin steht dem nicht schon in formeller Hinsicht entgegen, dass die Beigeladene zu 1) mit Schreiben vom 24.3.2014 dem Beklagten mitgeteilt hatte, dass sie in Anbetracht der Vorbelastung und der Lage der Standorte keine Einwände gegen das Vorhaben erhebe. Denn die BGR hat mit Schreiben vom 17.06.2015 und vom 4.9.2015 an den Beklagten u.a. mitgeteilt, dass sie aufgrund einer intensiven fachlichen Auseinandersetzung die bisherige Einschätzung, eine Erheblichkeit der Störwirkungen der WEA sei aufgrund der Vorbelastungen nicht gegeben, nicht mehr aufrecht halte und ihre Zustimmung widerrufe. Eine Bindungswirkung der ursprünglichen Zustimmung ergibt sich insoweit nicht, es handelt sich um verwaltungsinterne Vorgänge ohne Verwaltungsaktqualität. Die Genehmigungsbehörde hat die Genehmigungsvoraussetzungen aufgrund der Sach- und Rechtslage zum maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung aufgrund der bis dahin eingegangenen Stellungnahmen zu prüfen. Eine gesetzliche Bindungswirkung der Genehmigungsbehörde an diese hier als fachliche Stellungnahme zu bewertende Äußerung ist nicht ersichtlich. Auch in Anbetracht der hohen Schutzgüter, die im immissionsschutzrechtlichen Verfahren in Rede stehen, wäre es sachwidrig, dass die Genehmigungsbehörde an irrtümlich erteilte Zustimmungen wider inzwischen eingegangener neuerer Stellungnahmen der Träger öffentlicher Belange gebunden ist (so auch VG Regensburg v. 13.1.2014 – Az. RO 7 K 12.647 – unveröffentlicht – zur Zustimmung nach § 14 LuftVG, nachfolgend BayVGHv. 6.10.2014 – 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 – juris). Der von Klägerseite herangezogene Vergleich mit § 36 BauGB, wonach ein einmal erteiltes gemeindliches Einvernehmen zu einem Bauvorhaben von der Gemeinde nicht widerrufen werden kann (vgl. BVerwG v. 12.12.1996 – 4 C 24/95 – juris), greift nicht. Auch in dieser Entscheidung hat das Bundesverwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bestehen bleibt und die Gemeinde, falls diese berechtigt Einwände vorbringt, trotz erteiltem Einvernehmen damit rechnen kann, dass die Behörde den Antrag ablehnt (vgl. BVerwG, a.a.O. Rn. 18).

2. Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Funktionsfähigkeit der Messstationen der Beigeladenen zu 1) im Gräfenberg-Array, zu dem auch die GRC4 gehört, der Allgemeinheit dient und deswegen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geschützt ist. Die Beigeladene zu 1) hat zur Bedeutung der Messstationen im Gräfenberg-Array Folgendes dargelegt: Die Messstation GRC4 stelle einen Teil des Verbundes des Gräfenberg-Arrays dar, das aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehe und zwischen den Jahren 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche, seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen würden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRC4 sei als Teil des Gräfenberg-Arrays ein wesentlicher Baustein der Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen. Als solche sei das Gräfenberg-Array auch für die Landesverteidigung von großer Bedeutung, da die Bundeswehr zur Messung von militärischen Nuklearversuchen kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung von nuklearen und chemischen Explosionen unterhalte. Des Weiteren seien die seismologischen Messeinrichtungen zur Warnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz äußerst wichtig. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien unverzichtbar, auch im Hinblick auf das Kernwaffenteststoppabkommen. Die Erkenntnisse aus den Messstationen würden zur Beratung und Information der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen genutzt. Der durch die Messeinrichtungen gewonnene Datenschatz werde auch für internationale seismologische Communities und für internationale Forschungsprojekte bereitgehalten.

Aus diesen Darlegungen ergibt sich für das Gericht nachvollziehbar das Allgemeinwohlinteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstation GRC4 als Teil des Gräfenberg-Arrays, insbesondere im Hinblick auf die Erdbebenerkennung. Wenn die Klägerseite die Bedeutung der Erdbebenerkennung relativiert, da in Deutschland eine unmittelbare Gefährdung nicht bestehe, überzeugt das nicht; es besteht nämlich auch in nicht unmittelbar gefährdeten Gebieten ein Allgemeinwohlinteresse an der Erdbebenerkennung. Im Übrigen rechtfertigt sich der Allgemeinwohlbezug der Messstationen im Gräfenberg-Array auch aus den anderen genannten Zwecken. Ob die Messstation GRC4 bzw. das GRF-Array insgesamt im Hinblick auf den Kernwaffenteststoppvertrag relevant ist oder nur – wie von Klägerseite vorgetragen – die Primärstation GERES oder die in der Antarktis, bedarf keiner Würdigung. Denn die Beigeladene zu 1) hat dargelegt, dass die Messstationen im Gräfenberg-Array unabhängig vom Kernwaffenteststoppvertrag unverzichtbare Daten zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen liefern.

3. Das Gericht geht davon aus, dass die beantragten WEA erhebliche Nachteile für das dargelegte Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstation GRC4 und des Gräfenberg-Arrays als Gesamtsystem hervorruft.

a) Soweit die Klägerin dem entgegenhält, dass die Messstation GRC4 aufgrund der Vorbelastungen durch die bereits zahlreichen bestehenden WEA in einem Abstand bis 5 km nicht mehr funktionsfähig bzw. schutzwürdig ist, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Beigeladene zu 1) hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass im Bereich der Messstation GRC4 zwar bereits eine erhebliche Beeinträchtigung durch die bestehenden WEA vorliege, Ereignisse kleinerer Magnituden könnten aber auch derzeit noch, wenn auch nur unter erschwerten Bedingungen unter der Verwendung noch nicht beeinträchtigter Frequenzen in den Messdaten der Station GRC4 erfasst werden. Die Station sei trotz der Vorbelastung weiterhin – auch als Bestandteil des Gräfenberg-Arrays – eingeschränkt funktionsfähig und daher nutzbar. Durch die beiden hinzukommenden WEA sei trotz Vorbelastung eine weitere signifikante Verschlechterung zu erwarten; eine Art Sättigungseffekt, nach welchem ab einer bestimmten erreichten Signalstärke keine weiteren Effekte mehr in den Messungen erkennbar seien, sei bisher nicht beobachtet worden. Aufgrund der Vorbelastung sei davon auszugehen, dass die durch die beantragten WEA ausgelösten Erschütterungen sich mit den Frequenzen aus den Erschütterungen der bereits vorhandenen WEA im Umfeld der Messstation GRC4 summieren würden und somit eine Erkennung von Erdbebensignalen in den Messergebnissen weiter erschwert und bei Ereignissen kleiner Magnitude gänzlich unmöglich werde. Bereits gestörte Frequenzbänder würden durch zusätzliche Anlagen noch mehr beeinträchtigt; durch andere Frequenzcharakteristiken von neu installierten Anlagen könnten auch weitere Frequenzbereiche gestört werden.

Zudem sei auch derzeit die Gesamtfunktionsfähigkeit des Gräfenberg-Arrays noch sichergestellt. In jedem Fall werde die Funktionalität des Arrays als Gesamtsystem (Summenspur) weiter beeinträchtigt. Die Wirkungen aller beitragenden WEA würden sich dort addieren, nach Inbetriebnahme würden also die beiden zusätzlichen Anlagen einen nennenswerten Beitrag zum Störpegel leisten. Jede weitere Anlage, insbesondere im Umkreis von 5 km um die einzelnen Messstationen, würde unmittelbar zu einer Verschlechterung des gesamten Arrays beitragen. Dabei sei es für die Summenspur des Arrays unerheblich, ob die neuen Anlagen an einer bisher wenig gestörten oder an einer bereits stark gestörten Messstation errichtet werden, da sich die Amplituden linear aufsummierten. Um eine weitere Beeinträchtigung des Gesamtsystems zu verhindern, dürften die Stationen des Arrays nicht mit zusätzlichen Störungen belastet werden.

Die BGR stützt diese Erkenntnisse nach ihren Angaben auf umfangreiche systematische Auswertungen und Untersuchungen ihrer Daten zu den Auswirkungen hinzukommender WEA im Umfeld ihrer Messstationen. Es gäbe bisher keine anerkannte Methode, um die Auswirkungen von geplanten WEA auf benachbarte seismologische Messstationen berechnen zu können. Die BGR besitze durch die Untersuchung der Beeinträchtigungen nunmehr aber die ausreichende fachliche Expertise, Signaturen von WEA in den aufgezeichneten Daten zweifelsfrei erkennen zu können und zuzuordnen. Mit ihren Messungen unter Einfluss der Bestandsanlagen könne die BGR nunmehr nachweisen, dass und welchen Einfluss WEA auf seismologische Messstationen in Deutschland und insbesondere dem Gräfenberg-Array hätten.

Diese Erläuterungen hat die Klägerin nicht substantiiert in Frage stellen können. Zu verweisen ist auch darauf, dass es sich bei der BGR um eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts mit besonderer Fachkompetenz handelt, die im Rahmen ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnimmt und keine Privatinteressen verfolgt, und dabei Recht und Gesetz verpflichtet ist. Jedenfalls soweit keine begründeten Zweifel an ihren Stellungnahmen und Äußerungen vorgebracht werden, besteht für das Gericht kein Anlass, diese grundsätzlich in Frage zu stellen.

b) Die demnach noch gegebene Funktionalität der Messstation wird nach Auffassung des Gerichts durch die beantragten WEA auch erheblich beeinträchtigt mit der Folge, dass durch diese erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden.

aa) Dies ergibt sich daraus, dass die streitgegenständlichen WEA bezogen auf die Breitbandmessstation GRC4 den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b der Hinweise zur Planung und Genehmigung von WEA (Windenergie-Erlass – BayWEE) vom 19. Juli 2016 (AllMBl 2016 S. 1642) genannten absoluten Mindestabstand von 5 km nicht einhält.

Der Windenergie-Erlass enthält zu den Erdbebenmessstationen folgende Festlegungen:

„7.3.4 Erdbebenmessstationen

1Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. 2Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. 3Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. 4Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

a) Station GERES bei H... der BGR; (...); es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): (...), R... (GRC4); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (...); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen;

d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (...); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

5Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. 6Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnung wider. 7Die Positionen der Messstationen inklusive der Schutzradien und der Links zu den jeweiligen Betreibern finden sich im Energie-Atlas Bayern.“

Diese Bestimmungen in Nr. 7.3.4 BayWEE beanspruchen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung, da sie nach Nr. 12 Satz 1 BayWEE am 1. September 2016 in Kraft und die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von WEA vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten sind (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).

Der BayWEE unterscheidet zwischen absoluter Unzulässigkeit von WEA innerhalb eines bestimmten Kilometer-Radius und von Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit nach einer Einzelfallprüfung. Bezogen auf die Messstation GRC4 der Beigeladenen zu 1) als Bestandteil des Gräfenberg-Arrays sind nach Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE WEA absolut unzulässig im Umkreis von einem Radius von 5 km. Eine Einzelfallprüfung ist nicht vorgesehen.

Daraus folgt die Unzulässigkeit der beantragten WEA, nachdem diese unstreitig nur 4,48 km bzw. 4,96 km von der Messstation GRC4 entfernt liegen. Aus den Sätzen 2 und 3 von Nr. 7.3.4 BayWEE ergibt sich, dass die durch WEA erzeugten Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, wenn sie nicht den in Nr. 7.3.4 Satz 4 BayWEE geforderten Abstand zu den Erdbebenmessstationen einhalten. Unter Zugrundelegung dieser Aussagen kommt damit die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen WEA nicht in Betracht.

Die Bewertungen des Windenergie-Erlasses in Nr. 7.3.4 stellen nach Auffassung des Gerichts keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, sondern ein für die Gerichte grundsätzlich verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ dar, wie es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schon für andere Regelungen im Windenergie-Erlass angenommen hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.2016 – 22 CS 16.2162 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – jeweils juris). Ein solches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ darf von der zuständigen Genehmigungsbehörde und auch vom Gericht nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris).

Dies gilt (wie bei den Vorgaben zur artenschutzfachlichen Prüfung) auch für die Vorgaben zu den Messstationen, weil insoweit besonderer Sachverstand und besondere Erfahrungswerte in die Regelung Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen sind. Zur Begründung wird auf folgende Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München (U.v. 24.1.2017 – M 1 K 14.1682 – juris) verwiesen, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde:

„Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht – wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben – auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt – jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) – regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.

Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 mdurch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern – Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen – Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. (...).

Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen – jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern – zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.“

Auf Grund des antizipierten seismologischen Sachverständigengutachtens in Nr. 7.3.4 BayWEE, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung des Mindestabstands von 5 km zur Station GRC4 hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis der Störung der Messergebnisse durch die beantragte WEA nicht an (so auch VG München a.a.O.).

bb) Insoweit dürfte aber dann etwas anderes gelten, wenn die Annahmen bzw. Vorgaben des Windkrafterlasses im Einzelfall substantiiert erschüttert werden. Das folgt daraus, dass es sich beim Windkrafterlass nicht um Rechtsnormen handelt, sondern um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das im Hinblick auf Mindestabstände - wie aufgeführt - nach Bedeutung und Funktion der Messstationen differenziert und aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse grundsätzlich - also im Sinne einer Vermutung - davon ausgeht, dass sich die Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten der Messstationen des Gräfenberg-Arrays bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes so verschlechtern, dass damit erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit verbunden sind.

Die Annahmen des Windenergie-Erlasses sind vorliegend jedoch nicht substantiiert erschüttert. Die Klägerin hat sich mit den Hinweisen in Nr. 7.3.4 des Windkraft-Erlasses und den Erkenntnissen des LfU, der LMU München, des Bayerischen Erdbebendienstes und der Beigeladenen zu 1), die als besondere fachliche Expertise in die Regelung in Nr. 7.3.4 des Windkraft-Erlasses eingeflossen ist, nicht fachlich konkret auseinandergesetzt, geschweige denn ihre Richtigkeit erschüttert. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass pauschale Mindestabstände nicht zulässig seien, sondern im Einzelfall eine erhebliche Störung nachzuweisen sei. Dies genügt jedoch wie dargestellt angesichts der Qualifizierung der Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE als „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ nicht.

Vielmehr hat vorliegend die Beigeladene zu 1) als für derartige Fachfragen zuständige Bundesbehörde und geowissenschaftliches Kompetenzzentrum plausibel dargelegt, dass die angenommenen erheblichen Beeinträchtigungen der Funktion der einzelnen Messstationen und des Arrays als Gesamtsystem auf systematischen Untersuchungen und Auswertungen des Einflusses von hinzukommenden WEA gerade auf das Gräfenberg-Array beruht. Der sich daraus für die BGR ergebende Abstand von 5 km sei ausschließlich für das Gräfenberg-Array ermittelt worden. Dies sei mit der vergleichbaren geologischen Struktur der obersten Erdschichten (bis in eine Tiefe von mehreren hundert Metern) begründet. Innerhalb dieses Radius seien erhebliche Störeinträge auf die Messungen festgestellt worden. Die Erheblichkeit der (weiteren) Auswirkungen auf die Detektionsfähigkeit der Messstation GRC4 und das Gesamt-Array trotz Vorbelastung sowie der (weiteren) Beeinträchtigung der statistischen Auswertung der Daten seismologischer Ereignisse hat die Beigeladene zu 1) nachvollziehbar auch der Größenordnung nach aufgrund ihrer bisherigen Auswertungen und Erfahrungen prognostiziert (insbesondere im Schriftsatz vom 14.10.2016). Es ergibt sich daraus auch, dass die weiteren Verschlechterungen für die Beigeladene zu 1) mit einer relevanten Beeinträchtigung ihrer Aufgabenerfüllung verbunden wäre, nachdem u.a. jedenfalls bei Windstärken über 3,5 m/s in 10 m Höhe deutlich weniger teleseismische Beben erkannt werden können (an der Station GRC4 44% statt bisher 37%, am Gesamt-Array bis zu 39% statt bisher 37%). Diese messbaren Verschlechterungen haben demnach gewichtige Auswirkungen auf die Beobachtung der globalen Seismizität und auf die Erfüllung der BGR im Zusammenhang mit der nationalen und internationalen Friedenssicherung. Die Erhaltung der bisherigen hohen Auflösungsfähigkeit des GRF-Arrays, die sich in einer möglichst niedrigen Detektionsschwelle äußert, ist danach für die Aufgabenwahrnehmung essentiell. Hinzu kommt, dass die Beigeladene zu 1) auf einen historischen Datenbestand des GRF-Arrays als Referenz zurückgreifen und Dritten zur Verfügung stellen kann, dessen Wert durch weitere Verschlechterungen der Funktion des Arrays weiter verliert. Nach den Erkenntnissen des Gerichts besteht schließlich auch kein Anlass, die Aussage der BGR in Zweifel zu ziehen, dass es bisher keine verlässliche, allgemein anerkannte Methode gibt, um die Auswirkungen von geplanten WEA auf benachbarte seismologische Messstationen berechnen zu können.

Auch das von der Klägerin im Parallelverfahren RO 7 K 14.1558 vorgelegte Gutachten des Ingenieurbüros ... GmbH (GuD) ändert hieran nichts. Die Akten des Parallelverfahrens wurden vorliegend beigezogen. Zum einen setzt sich das Gutachten mit den fachlichen Erkenntnissen und über einen längeren Zeitraum gewonnenen Erfahrungen, die der Regelung in Nr. 7.3.4 BayWEE zugrunde liegen, nicht inhaltlich auseinander, zum anderen verfolgt es einen Ansatz, der aus Sicht des Gerichts einen geringen Erkenntniswert hat. Denn das Gutachten hat, unabhängig davon, ob ihm angesichts der Beurteilung durch den gerichtlichen Gutachter Prof. Dr. W... und der Beigeladenen zu 1) überhaupt gefolgt werden kann, nur Aussagekraft im Hinblick auf die Erschütterungsauswirkungen einer WEA im Nahbereich (1 km). Für eine Beurteilung eines größeren Wirkbereichs bemüht es eine Prognose, der erhebliche Unsicherheiten immanent sind. Dies gesteht auch die Klägerseite ein, wenn sie im Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 im Parallelverfahren ausführt, dass einen endgültigen Aufschluss eine messtechnische Untersuchung vor Ort erbringen könnte, wenn mittels einer künstlichen Anregungsquelle direkt am geplanten Standort der WEA eine hohe dynamische Kraft in den Untergrund eingeprägt wird und die hieraus resultierenden Bodenschwingungen auch bis Entfernungen von 1 bis 2 km messtechnisch ermittelt werden. Im Übrigen beruhen die Erkenntnisse der Beigeladenen zu 1) bzw. die aus dem Windenergie-Erlass auf über viele Jahre in verschiedenen Abstandsbereichen gemessenen Werten bezogen auf mehrere WEA, die Ergebnisse aus dem GuD-Gutachten nur auf zwei- bis dreitägigen Messungen bezogen auf einen Standort. Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Kritik am GuD-Gutachten durch den gerichtlichen Gutachter berechtigt ist oder nicht.

Auch die im vorliegenden Verfahren vorgelegte Stellungnahme der GuD vom 16.03.2017 zur Relevanz der WEA B... 2 für die seismischen Messdaten der Messstation GRC4, die in einem Abstand von ca. 4 km dazu liegt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Die Beigeladene zu 1) hat dazu plausibel eingewendet, dass für eine zuverlässige Erkennung des Störsignals dieser WEA eine statistische Analyse durchgeführt werden müsse, u.a. weil das natürliche Rauschen der Erde größeren Schwankungen unterliege und dies Einfluss habe auf die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Messung eines Signals. Den Annahmen der BGR lägen demgegenüber Messungen über sehr lange Zeiträume zugrunde. Zudem seien mögliche Einflüsse durch den Betrieb der WEA B... 2 nicht separat gemessen worden, sondern bei Betrieb der zahlreichen weiteren und zum Teil näher gelegenen Anlagen. Hinzu kommt, wie bereits angesprochen, dass sich die Störsignale in der Summenspur des Gesamt-Arrays aufaddieren und es insoweit unerheblich ist, ob das Störsignal von einer vorbelasteten oder einer noch weitgehend störungsfreien Station herrührt.

Soweit sich die Klägerin auf ein Herausrechnen der Störsignale beruft, vermag sie damit nicht durchzudringen. Denn aus den genannten Bestimmungen des Windenergie-Erlasses, die die Klägerin nicht durch substantiierte Einwendungen mit vergleichbarer fachlicher Art und Qualität erschüttern konnte, folgt, dass Mindestabstände bis auf Weiteres die einzige Möglichkeit zum Schutz der Messstationen darstellen. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands auf Klägerseite, es müssten als milderes Mittel Schutzauflagen verfügt werden. Im Übrigen führt in diesem Zusammenhang die Beigeladene zu 1) nachvollziehbar im Sinne der Regelungen des Windenergie-Erlasses aus, dass die von Klägerseite vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geeignet seien, die erhebliche Beeinträchtigung der Station GRC4 durch die beantragten WEA zu beseitigen. Die Störsignale würden Wellenanteile besitzen, die eine Wellenlänge im Bereich von mehreren hundert Metern bis 1 km besitzen. Diese würden in den vorkommenden Frequenzteilen bei etwa 1 Hz und der S-Wellenausbreitungsgeschwindigkeit in den oberen 300 m bis 400 mder Kalkschicht von grob 1 km/s liegen. Es gebe derzeit keine umsetzbaren Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen dieser Wellenlänge vermeiden würden. Solche Maßnahmen seien weder im Gräfenberg-Array noch im sonstigen Bundesgebiet erprobt. Die Erschütterungssignale der WEA heraus zu rechnen, wie von Klägerseite vorgebracht, ist nach den Ausführungen der Beigeladenen zu 1) nicht zielführend. Grund sei ein Inversionsproblem, das in der Seismologie häufig thematisiert werde und worüber ausreichende Erfahrungen vorlägen. Das Quellsignal könne nur mäßig gut bzw. nicht hinreichend genau erfasst werden wegen der ungenauen Kenntnis des Ausbreitungsmediums bis in 1 km Tiefe. Aber selbst wenn es gelänge, die Quellsignale quantitativ ausreichend genau zu erfassen, wäre eine Herausrechnung nicht möglich, weil die Untergrundstruktur im relevanten Bereich zwischen WEA und Messstation nicht genügend bekannt sei und sich die Störsignale der WEA mit dem natürlichen Rauschen überlagern würden. Sie könnten dann in dem Bereich, in dem sie vergleichbare Amplituden hätten, nicht mehr getrennt werden, wenn beide in gleicher Größenordnung zu den Signaleinträgen beitrügen. Die Abschaltungslösung scheitere bereits daran, dass die erhebliche Beeinträchtigung durch WEA gerade darin bestehe, dass verdächtige Signale gar nicht erst wahrgenommen werden könnten.

Auch diese Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) hält das Gericht, zumal sie im Einklang mit dem antizipierten Sachverständigengutachten von hohem Gewicht steht, für hinreichend plausibel und nicht durch substantiierte Einlassungen der Klägerin für erschüttert. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Dämpfungsmöglichkeiten auf eine Studie von Styles et al. verweist, macht die Beigeladene zu 1) zu Recht geltend, dass solche Maßnahmen nicht Antragsgegenstand sind; im Übrigen beruft sich die Beigeladene zu 1) nachvollziehbar darauf, dass damit die Wirksamkeit von Dämpfungsmaßnahmen am konkret beantragten Standort im Gräfenberg-Array nicht nachgewiesen ist, nachdem sich die Studie auf WEA mit einem Mindestabstand von 15 km Radius bezog.

II.

Da es aus den dargelegten Gründen an den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG fehlt, kommt es auf die Frage der Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB, worauf der Beklagte maßgeblich rechtlich abgestellt hat, an sich nicht mehr an. Das Gericht stützt seine Entscheidung dennoch selbständig tragend auch darauf, dass das Vorhaben auch nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB nicht genehmigungsfähig ist.

Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen stellt nach Auffassung der Kammer einen ungeschriebenen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB dar, der privilegierten Vorhaben wie WEA nach § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen kann. Dabei kann im Ergebnis vorliegend dahinstehen, ob man insoweit auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 8 BauGB zurückgreift (so VG Aachen, B.v. 02.09.2016 – 6 L 38/16; wohl auch OVG Münster, B.v. 09.06.2017 – jeweils juris) oder auf das Rücksichtnahmegebot als ungeschriebenen Belang abstellt. Nach den vorstehenden Ausführungen ist von einer Störung der Funktionsfähigkeit der Messstation GRC4 und des Gesamt-Arrays mit hinreichender Gewichtigkeit auszugehen. Im Hinblick darauf kommt das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung weiterer Verschlechterungen der Funktionsfähigkeit der Messstation als Teil des GRF-Arrays bei der nachvollziehenden Abwägung im Rahmen des „Entgegenstehens“ nach § 35 Abs. 3 BauGB bzw. der Bewertung der Zumutbarkeit beim Rücksichtnahmegebot der Vorrang gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin und dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Gewinnung erneuerbarer Energie einzuräumen ist.

Insoweit ist von Belang, dass hier jeweils nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässige Vorhaben in Konflikt stehen. Die Beigeladene zu 1) hat nachvollziehbar dargestellt, dass die hochsensiblen Messstationen zur Vermeidung von Erschütterung des Bodens durch anthropogene Einflüsse im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Es befinden sich ausweislich der vorgelegten Luftbilder alle Messstationen des Arrays im Außenbereich. Soweit die Klägerin einwendet, die Messstation sei nicht schutzwürdig, weil sie baurechtlich nicht genehmigt sei, so folgt dem das Gericht nicht. Es spricht bereits viel dafür, dass die Messstationen jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht genehmigungspflichtig waren. Art. 83 Abs. 1 Nr. 22 BayBO i.d.F. vom 1.10.1974 (GVBl 1974, 513) sah nämlich vor, dass die Errichtung von künstlichen Hohlräumen unter der Erdoberfläche mit einem Rauminhalt bis zu 50 cbm genehmigungsfrei waren. Die Messstationen bestehen aus einem Seismometer als technisches Gerät, der sich zum Schutz vor Beschädigungen in einem Schacht unter der Erdoberfläche mit einer Tiefe von 3 m – 5 m und einem Durchmesser von ca. 2 m befindet, so dass die genannte Ausnahme greifen könnte. Dies bedarf aber keiner abschließenden Prüfung. Denn jedenfalls ist der Betrieb der Messstationen, die seit Jahrzehnten bestehen, von den zuständigen Bauaufsichtsbehörden zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass von Seiten des Beklagten zukünftig Beseitigungsverlangen gestellt werden würden. Vielmehr geht der Beklagte nach dem Windkrafterlass offenbar von der Schutzwürdigkeit der bestehenden Messstationen aus. Das Gericht geht infolge der baurechtlichen Privilegierung und der im Hinblick auf die angesprochene Beschaffenheit der Messstationen geringen Auswirkungen auf die Umgebung auch von der Genehmigungsfähigkeit der Messstationen aus, sollte eine Genehmigungspflicht dennoch gegeben sein. Eine eventuelle bloße formelle Baurechtswidrigkeit der Messstation vermag das Gewicht des mit ihrem Betrieb verbundenen öffentlichen Interesses im nachbarlichen Verhältnis zum Außenbereichsvorhaben der Klägerin nicht entscheidend zu schwächen (vgl. OVG Koblenz, U.v.13.1.2016 - 8 A 10535/15, juris Rn. 115 zu einer Wetterradarstation). Im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung bzw. des Rücksichtnahmegebots streiten schließlich zugunsten des Schutzes des GRF-Arrays das angesprochene öffentliche Interesse am Betrieb der Messstationen sowie der besondere Umstand, dass neben der hohen Registrierqualität des GRF-Array der erfasste und verarbeitete Datenbestand über Jahrzehnte eine hohe Bedeutung als Referenzmaterial für aktuelle und künftige Ereignisse hat. Demgegenüber ergibt sich nicht, dass die geplanten WEA auf die konkret vorgesehenen Standorte angewiesen sind, so dass es auch im Hinblick auf den Prioritätsgrundsatz geboten ist, dass die WEA den geforderten Abstand von 5 km einhalten.

Nach alledem hat das Landratsamt Neumarkt i.d.Opf. mit Bescheid vom 06.10.2015 auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu Recht den Genehmigungsantrag abgelehnt.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO), weshalb es angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Die Berufung wurde gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da es nach Auffassung des Gerichts grundsätzliche Bedeutung hat, ob bzw. inwieweit die Regelungen in Nr. 7.3.4 BayWEE Bindungswirkung für das Gericht haben.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Baugesetzbuch - BBauG | § 35 Bauen im Außenbereich


(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es1.einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Bet

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Baugesetzbuch - BBauG | § 36 Beteiligung der Gemeinde und der höheren Verwaltungsbehörde


(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem ander

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 6 Genehmigungsvoraussetzungen


(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn 1. sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und2. andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeit

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 4 Genehmigung


(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gef

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 10 Genehmigungsverfahren


(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 130 Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden


(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Wide

Luftverkehrsgesetz - LuftVG | § 14


(1) Außerhalb des Bauschutzbereichs darf die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 Metern über der Erdoberfläche überschreiten, nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmige

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(1) Das Genehmigungsverfahren setzt einen schriftlichen oder elektronischen Antrag voraus. Dem Antrag sind die zur Prüfung nach § 6 erforderlichen Zeichnungen, Erläuterungen und sonstigen Unterlagen beizufügen. Reichen die Unterlagen für die Prüfung nicht aus, so hat sie der Antragsteller auf Verlangen der zuständigen Behörde innerhalb einer angemessenen Frist zu ergänzen. Erfolgt die Antragstellung elektronisch, kann die zuständige Behörde Mehrfertigungen sowie die Übermittlung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen auch in schriftlicher Form verlangen.

(1a) Der Antragsteller, der beabsichtigt, eine Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie zu betreiben, in der relevante gefährliche Stoffe verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden, hat mit den Unterlagen nach Absatz 1 einen Bericht über den Ausgangszustand vorzulegen, wenn und soweit eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück durch die relevanten gefährlichen Stoffe möglich ist. Die Möglichkeit einer Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers besteht nicht, wenn auf Grund der tatsächlichen Umstände ein Eintrag ausgeschlossen werden kann.

(2) Soweit Unterlagen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, sind die Unterlagen zu kennzeichnen und getrennt vorzulegen. Ihr Inhalt muss, soweit es ohne Preisgabe des Geheimnisses geschehen kann, so ausführlich dargestellt sein, dass es Dritten möglich ist, zu beurteilen, ob und in welchem Umfang sie von den Auswirkungen der Anlage betroffen werden können.

(3) Sind die Unterlagen des Antragstellers vollständig, so hat die zuständige Behörde das Vorhaben in ihrem amtlichen Veröffentlichungsblatt und außerdem entweder im Internet oder in örtlichen Tageszeitungen, die im Bereich des Standortes der Anlage verbreitet sind, öffentlich bekannt zu machen. Der Antrag und die vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen, mit Ausnahme der Unterlagen nach Absatz 2 Satz 1, sowie die entscheidungserheblichen Berichte und Empfehlungen, die der Behörde im Zeitpunkt der Bekanntmachung vorliegen, sind nach der Bekanntmachung einen Monat zur Einsicht auszulegen. Weitere Informationen, die für die Entscheidung über die Zulässigkeit des Vorhabens von Bedeutung sein können und die der zuständigen Behörde erst nach Beginn der Auslegung vorliegen, sind der Öffentlichkeit nach den Bestimmungen über den Zugang zu Umweltinformationen zugänglich zu machen. Bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist kann die Öffentlichkeit gegenüber der zuständigen Behörde schriftlich oder elektronisch Einwendungen erheben; bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie gilt eine Frist von einem Monat. Mit Ablauf der Einwendungsfrist sind für das Genehmigungsverfahren alle Einwendungen ausgeschlossen, die nicht auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen. Einwendungen, die auf besonderen privatrechtlichen Titeln beruhen, sind auf den Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten zu verweisen.

(3a) Nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz anerkannte Vereinigungen sollen die zuständige Behörde in einer dem Umweltschutz dienenden Weise unterstützen.

(4) In der Bekanntmachung nach Absatz 3 Satz 1 ist

1.
darauf hinzuweisen, wo und wann der Antrag auf Erteilung der Genehmigung und die Unterlagen zur Einsicht ausgelegt sind;
2.
dazu aufzufordern, etwaige Einwendungen bei einer in der Bekanntmachung zu bezeichnenden Stelle innerhalb der Einwendungsfrist vorzubringen; dabei ist auf die Rechtsfolgen nach Absatz 3 Satz 5 hinzuweisen;
3.
ein Erörterungstermin zu bestimmen und darauf hinzuweisen, dass er auf Grund einer Ermessensentscheidung der Genehmigungsbehörde nach Absatz 6 durchgeführt wird und dass dann die formgerecht erhobenen Einwendungen auch bei Ausbleiben des Antragstellers oder von Personen, die Einwendungen erhoben haben, erörtert werden;
4.
darauf hinzuweisen, dass die Zustellung der Entscheidung über die Einwendungen durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden kann.

(5) Die für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde (Genehmigungsbehörde) holt die Stellungnahmen der Behörden ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird. Hat eine zu beteiligende Behörde bei einem Verfahren zur Genehmigung einer Anlage zur Nutzung erneuerbarer Energien innerhalb einer Frist von einem Monat keine Stellungnahme abgegeben, so ist davon auszugehen, dass die beteiligte Behörde sich nicht äußern will. Die zuständige Behörde hat die Entscheidung in diesem Fall auf Antrag auf der Grundlage der geltenden Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Ablaufs der Monatsfrist zu treffen. Soweit für das Vorhaben selbst oder für weitere damit unmittelbar in einem räumlichen oder betrieblichen Zusammenhang stehende Vorhaben, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können und die für die Genehmigung Bedeutung haben, eine Zulassung nach anderen Gesetzen vorgeschrieben ist, hat die Genehmigungsbehörde eine vollständige Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts- und Nebenbestimmungen sicherzustellen.

(5a) Betrifft das Vorhaben eine Anlage, die in den Anwendungsbereich der Richtlinie (EU) 2018/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Neufassung) (ABl. L 328 vom 21.12.2018, S. 82) fällt, gilt ergänzend Folgendes:

1.
Auf Antrag des Trägers des Vorhabens wird das Genehmigungsverfahren sowie alle sonstigen Zulassungsverfahren, die für die Durchführung des Vorhabens nach Bundes- oder Landesrecht erforderlich sind, über eine einheitliche Stelle abgewickelt.
2.
Die einheitliche Stelle nach Nummer 1 stellt ein Verfahrenshandbuch für Träger von Vorhaben bereit und macht diese Informationen auch im Internet zugänglich. Dabei geht sie gesondert auch auf kleinere Vorhaben und Vorhaben zur Eigenversorgung mit Elektrizität ein, soweit sich das Genehmigungserfordernis nach § 1 Absatz 2 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen darauf erstreckt. In den im Internet veröffentlichten Informationen weist die einheitliche Stelle auch darauf hin, für welche Vorhaben sie zuständig ist und welche weiteren einheitlichen Stellen im jeweiligen Land für Vorhaben nach Satz 1 zuständig sind.
3.
Die zuständige und die zu beteiligenden Behörden sollen die zur Prüfung des Antrags zusätzlich erforderlichen Unterlagen in einer einmaligen Mitteilung an den Antragsteller zusammenfassen. Nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen erstellt die Genehmigungsbehörde einen Zeitplan für das weitere Verfahren und teilt diesen Zeitplan in den Fällen der Nummer 1 der einheitlichen Stelle, andernfalls dem Antragsteller mit.

(6) Nach Ablauf der Einwendungsfrist kann die Genehmigungsbehörde die rechtzeitig gegen das Vorhaben erhobenen Einwendungen mit dem Antragsteller und denjenigen, die Einwendungen erhoben haben, erörtern.

(6a) Über den Genehmigungsantrag ist nach Eingang des Antrags und der nach Absatz 1 Satz 2 einzureichenden Unterlagen innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Die zuständige Behörde kann die Frist um jeweils drei Monate verlängern, wenn dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragsteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung soll gegenüber dem Antragsteller begründet werden.

(7) Der Genehmigungsbescheid ist schriftlich zu erlassen, schriftlich zu begründen und dem Antragsteller und den Personen, die Einwendungen erhoben haben, zuzustellen. Er ist, soweit die Zustellung nicht nach Absatz 8 erfolgt, öffentlich bekannt zu machen. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt nach Maßgabe des Absatzes 8.

(8) Die Zustellung des Genehmigungsbescheids an die Personen, die Einwendungen erhoben haben, kann durch öffentliche Bekanntmachung ersetzt werden. Die öffentliche Bekanntmachung wird dadurch bewirkt, dass der verfügende Teil des Bescheides und die Rechtsbehelfsbelehrung in entsprechender Anwendung des Absatzes 3 Satz 1 bekannt gemacht werden; auf Auflagen ist hinzuweisen. In diesem Fall ist eine Ausfertigung des gesamten Bescheides vom Tage nach der Bekanntmachung an zwei Wochen zur Einsicht auszulegen. In der öffentlichen Bekanntmachung ist anzugeben, wo und wann der Bescheid und seine Begründung eingesehen und nach Satz 6 angefordert werden können. Mit dem Ende der Auslegungsfrist gilt der Bescheid auch gegenüber Dritten, die keine Einwendung erhoben haben, als zugestellt; darauf ist in der Bekanntmachung hinzuweisen. Nach der öffentlichen Bekanntmachung können der Bescheid und seine Begründung bis zum Ablauf der Widerspruchsfrist von den Personen, die Einwendungen erhoben haben, schriftlich oder elektronisch angefordert werden.

(8a) Unbeschadet der Absätze 7 und 8 sind bei Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie folgende Unterlagen im Internet öffentlich bekannt zu machen:

1.
der Genehmigungsbescheid mit Ausnahme in Bezug genommener Antragsunterlagen und des Berichts über den Ausgangszustand sowie
2.
die Bezeichnung des für die betreffende Anlage maßgeblichen BVT-Merkblatts.
Soweit der Genehmigungsbescheid Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthält, sind die entsprechenden Stellen unkenntlich zu machen. Absatz 8 Satz 3, 5 und 6 gilt entsprechend.

(9) Die Absätze 1 bis 8 gelten entsprechend für die Erteilung eines Vorbescheides.

(10) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren zu regeln; in der Rechtsverordnung kann auch das Verfahren bei Erteilung einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren (§ 19) sowie bei der Erteilung eines Vorbescheides (§ 9), einer Teilgenehmigung (§ 8) und einer Zulassung vorzeitigen Beginns (§ 8a) geregelt werden. In der Verordnung ist auch näher zu bestimmen, welchen Anforderungen das Genehmigungsverfahren für Anlagen genügen muss, für die nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist.

(11) Das Bundesministerium der Verteidigung wird ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Genehmigungsverfahren für Anlagen, die der Landesverteidigung dienen, abweichend von den Absätzen 1 bis 9 zu regeln.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

22 CS 15.58

Beschluss

vom 20. März 2015

(VG Regensburg, Entscheidung vom 2. Dezember 2014, Az.: RO 7 S 14.1572)

22. Senat

Sachgebietsschlüssel: 1021

Hauptpunkte:

Darstellung von Flächen für die Nutzung regenerativer Energie in einem Flächennutzungsplan mit integriertem Landschaftsplan; auf Änderung dieser Darstellung abzielender Gemeinderatsbeschluss; Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung von Windkraftanlagen; für sofort vollziehbar erklärte Zurückstellung dieses Genehmigungsantrags; Mindestmaß an Konkretheit der gemeindlichen Planungsabsichten; Darlegung der Erforderlichkeit einer Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung im Beschwerdeverfahren; Streitwerthöhe in Verfahren über die sofortige Vollziehbarkeit von Zurückstellungsentscheidungen nach § 15 Abs. 3 BauGB aus Anlass der geplanten Errichtung von Windkraftanlagen.

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

...

vertreten durch: Landesanwaltschaft ..., L-str. ..., M.,

- Antragsgegner -

beigeladen: Stadt B.,

vertreten durch den ersten Bürgermeister, P-platz ..., B.,

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

wegen Zurückstellung der Entscheidung über eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung (Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO);

hier: Beschwerde der Beigeladenen gegen den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Dezember 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 22. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Schenk, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Dietz, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Ertl, ohne mündliche Verhandlung am 20. März 2015

folgenden Beschluss:

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Die Beigeladene hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

III.

Unter Abänderung der Nummer III des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 2. Dezember 2014 wird der Streitwert für das Verfahren in beiden Rechtszügen auf jeweils 129.758 Euro festgesetzt.

Gründe:

I. Die Antragstellerin beantragte am 27. Januar 2014 beim Landratsamt N. ... die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer 170 m und einer 200 m hohen Windkraftanlage im Gebiet der Beigeladenen.

Die Grundstücke, auf denen die Windkraftanlagen errichtet werden sollen, gehören zu einem zwischen den Ortsteilen E. und W. der Beigeladenen liegenden Areal, bei dem es sich nach der zeichnerischen Darstellung in dem mit einem integrierten Landschaftsplan verbundenen, am 5. März 2007 in Kraft getretenen Flächennutzungsplan der Beigeladenen und der zugehörigen Legende um eine „Fläche für die Nutzung regenerativer Energie“ handelt. Mehrere weitere derartige Areale finden sich weiter südlich im Gebiet der Beigeladenen. Der Erläuterungsbericht zum Flächennutzungsplan führt in Abschnitt 8.4.3 unter der Überschrift „Windenergie“ u. a. aus:

„Zur Erleichterung der richtigen Standortwahl wurden in der 5. Änderung des Regionalplanes (Entwurf) sowohl Vorbehaltsgebiete für die Nutzung von Windenergie als auch Ausschlussgebiete dargestellt. Diese wurden nachrichtlich in den Flächennutzungsplan übernommen.“

Im Erläuterungsbericht zum Landschaftsplan der Beigeladenen heißt es in Abschnitt 10.8.1 unter der Überschrift „Windenergie“:

„Im Regionalplan waren im Rahmen der 5. Fortschreibung Vorbehaltsgebiete für die Nutzung der Windenergie festgelegt. Eine regionalplanerische Steuerung der Windenergienutzung wir[d] derzeit nicht weiterverfolgt. …

Im Rahmen der Aufstellung des Landschaftsplanes wurden die im Rahmen der Regionalplanung diskutierten Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie überprüft und in Absprache mit der Beigeladenen und der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises geringfügig abgeändert … Die für die Windenergienutzung geeigneten Gebiete sind im Landschaftsplan dargestellt.

Um eine Erschließung des Gebiets und geordnete Bebauung zu ermöglichen, wird die Beigeladene einen Bebauungsplan zur Nutzung der Windenergie aufstellen. …“

In einer am 18. Februar 2014 abgehaltenen Sitzung befasste sich der Stadtrat der Beigeladenen mit dem von einem Mitglied dieses Gremiums eingebrachten Antrag, einen sich auf die Nutzung der Windkraft beziehenden Bebauungsplan der Beigeladenen zu ändern, eine Veränderungssperre zu erlassen und den Flächennutzungsplan anzupassen. Ein anwesender Abteilungsleiter des Landratsamts führte ausweislich der Sitzungsniederschrift aus, die Beigeladene habe mit der Ausweisung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan und der Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans alles getan, um die Entwicklung der Windkraft in ihrem Gebiet zu steuern. Im Verfahren über die Änderung des Regionalplans habe sie sich gegen ein in Aussicht genommenes Vorbehalts- und zwei in Aussicht genommene Vorranggebiete ausgesprochen. Für die „Konzentrationszone Nord“ bestehe kein Bebauungsplan; neben den dort errichteten drei Windkraftanlagen seien - sofern technisch realisierbar - weitere derartige Anlagen möglich. Für den nördlichen Teil der „Konzentrationszone Süd“ existiere ein Bebauungsplan; dieser Teil der „Konzentrationszone Süd“ sei damit ausgeschöpft. Der südliche Teil der „Konzentrationszone Süd“ sei nicht überplant; ob dort die Errichtung einer Windkraftanlage in Betracht komme, sei rechtlich ungeklärt, da sich die Rechtsprechung noch nicht mit der Frage befasst habe, ob ein Bebauungsplan, der nicht für den gesamten Bereich einer Konzentrationszone gelte, die Errichtung von Windkraftanlagen abschließend regle. Mögliche Wege „zur Vorbeugung“ seien die Aufstellung eines Bebauungsplans mit dem Ziel, in den von ihm erfassten Gebieten keine weiteren Anlagen zuzulassen, oder die Änderung des Flächennutzungsplans mit dem Ziel der Anpassung der Konzentrationszonen. Auf die Konzentrationszonen bezogene Bebauungspläne, die „Nulllösungen“ vorsähen, seien nichtig, da sie nicht dem Flächennutzungsplan entsprächen und das Ziel einer solchen Planung nur die unmittelbare Verhinderung weiterer Windkraftanlagen sei. Im Flächennutzungsplan könnten die Konzentrationszonen jedoch neu festgelegt werden. Anlass zur Änderung gebe die Einbeziehung neuer Flächen durch den Entwurf (der Fortschreibung) des Regionalplans. Die Einleitung der Änderung des Flächennutzungsplans schaffe die Möglichkeit, anhängig werdende Genehmigungsanträge zurückzustellen.

Der Stadtrat der Beigeladenen fasste daraufhin am 18. Februar 2014 folgenden Beschluss:

„Der Stadtrat beschließt die Änderung des rechtskräftigen Flächennutzungsplanes für den Teilbereich Windkraft (Ziffer 8.4.3 Erläuterungsbericht).

Die Änderung und Anpassung ist begründet mit den geänderten Rahmenbedingungen. Insbesondere sind die Auswirkungen der nunmehr größeren Anlagen auf die Wohn- und Lebensqualität und der [sic] Landschaft neu zu bewerten.

Des weiteren ist die sich aus der derzeit laufenden Regionalplanung abzeichnende Entwicklung unter dem Gesichtspunkt der Überbelastung bzw. Überfrachtung zu bewerten.

In diesem Zusammenhang ist auch eine gemeindeübergreifende Flächennutzungsplanung mit Beilngries und Dietfurt in Erwägung zu ziehen und zu prüfen.“

Am 4. Juni 2014 beschloss der Bau- und Umweltausschuss der Beigeladenen, das Einvernehmen zu dem Vorhaben der Antragstellerin nicht zu erteilen und beim Landratsamt einen Zurückstellungsantrag nach § 15 Abs. 3 BauGB zu stellen. Ein dahingehendes Ersuchen der Beigeladenen ging dem Landratsamt am 6. Juni 2014 zu.

Durch für sofort vollziehbar erklärten Bescheid vom 29. Juli 2014 setzte das Landratsamt die Entscheidung über den Genehmigungsantrag der Antragstellerin für einen Zeitraum von einem Jahr ab Bescheidszustellung aus.

Über die am 28. August 2014 gegen diesen Bescheid erhobene Anfechtungsklage der Antragstellerin (Az. RO 7 K 14.1439) wurde noch nicht entschieden.

Dem Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung dieser Klage wiederherzustellen, gab das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 2. Dezember 2014 statt.

Im vorliegenden Fall überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragstellerin, da eine sicherungsfähige Planung nicht vorliege. Das Planungskonzept sei im Zeitpunkt der Zurückstellungsentscheidung völlig offen gewesen; es habe offenbar noch nicht einmal ein Grundkonzept gegeben. Hinsichtlich des erforderlichen Mindestmaßes an Konkretheit, das die Planungsabsichten aufweisen müssten, verwies das Verwaltungsgericht auf den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. März 2012 (22 CS 12.349 u. a. - BauR 2012, 1217 f.). Der Auslegung, die § 15 Abs. 3 BauGB in dem vom Landratsamt in Bezug genommenen Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofsvom 3. Juli 2013 (15 ZB 10.3161 - juris) gefunden habe, könne nicht gefolgt werden.

Die Beigeladene gehe zu Unrecht davon aus, sie habe in ihrem Flächennutzungsplan Konzentrationszonen für die Windkraftnutzung ausgewiesen. In Abschnitt 8.4.3 des Erläuterungsberichts sei jedoch nur von einer nachrichtlichen Übernahme der im Entwurf einer Änderung des Regionalplans dargestellten Vorbehalts- und Ausschlussgebiete die Rede. Die diesbezüglichen Flächen sollten zudem neben der Stromgewinnung aus der Windkraft auch der Nutzung z. B. der Sonnenenergie, von Biomasse oder der Geothermie dienen. Nach dem Abschnitt 10.8.1 des Erläuterungsberichts zum Landschaftsplan bedeute das für die Darstellung dieser Gebiete verwendete Planzeichen im Übrigen „Vorschlag Vorbehaltsfläche Windenergie Landschaftsplan“. Nicht erkennbar sei ferner, dass die Beigeladene bei der Aufstellung des Flächennutzungsplans ein schlüssiges, sich auf den gesamten Außenbereich erstreckendes Konzept für die Nutzung der Windenergie auf ihrem Gebiet entwickelt habe; sie habe lediglich überörtliche Erkenntnisse des Regionalen Planungsverbandes zugrunde gelegt, ohne harte und weiche Tabuzonen zu ermitteln und die sich danach ergebenden Potenzialflächen in Bezug zu konkurrierenden Nutzungen zu setzen und so zu prüfen, ob noch weitere Flächen für die Ausbeute der Windenergie in Betracht gekommen wären.

Mit der von ihr eingelegten Beschwerde beantragt die Beigeladene:

I. Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 2. Dezember 2014 wird aufgehoben.

II. Der Antrag der Antragstellerin nach § 80 Abs. 5 VwGO wird abgewiesen.

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, da der Standort der Vorhaben der Antragstellerin maximal 5 km von einer in ihrem Gebiet bestehenden seismologischen Station entfernt sei, sei im Rahmen des Verfahrens, das die Änderung des Flächennutzungsplans hinsichtlich des Teilbereichs „Windkraft“ zum Gegenstand habe, die mündliche Stellungnahme eines Amtsträgers der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe eingeholt worden. Dieser habe mitgeteilt, die Bundesanstalt würde für den Fall ihrer Beteiligung am Genehmigungsverfahren u. a. diese Vorhaben ablehnen.

Die Beigeladene verweist ferner darauf, dass nach Art. 82 BayBO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft vom 17. November 2014 (GVBl S. 478; nachfolgend „Art. 82 BayBO n. F.“ genannt) Windkraftanlagen gegenüber Wohngebäuden, die innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile liegen, einen Mindestabstand im Umfang des 10-fachen ihrer Höhe einzuhalten haben. Die Vorhaben der Antragstellerin unterfielen nicht der Ausnahmevorschrift des Art. 83 Abs. 1 BayBO n. F., da bis zum 4. Februar 2014 keine Unterlagen über ihre Verträglichkeit mit der vorerwähnten seismologischen Station vorgelegt worden seien.

Die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts widerspreche zudem der zutreffenden Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013 (15 ZB 10.3161 - juris), der zufolge eine Planung bereits dann sicherungsfähig sei, wenn ein Beschluss, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, vorliege.

Die Antragstellerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Antragsgegner unterstützt, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, die Beschwerde der Beigeladenen.

Wegen der Replik der Beigeladenen auf die Beschwerdeerwiderungen der Antragstellerin vom 26. Januar 2015 und der Landesanwaltschaft Bayern vom 19. Januar 2015 wird auf den Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 12. März 2015 verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Der Verwaltungsgerichtshof ist in Rechtsmittelverfahren der vorliegenden Art gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die Prüfung der Gründe beschränkt, die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO in einer den Anforderungen des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO genügenden Weise dargelegt wurden. Eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung kommt daher nur dann in Betracht, wenn das Beschwerdevorbringen hierzu Anlass gibt.

Das ist hier nicht der Fall. Der Beigeladenen ist es nicht gelungen, in der Beschwerdebegründung ihrer Bevollmächtigten vom 8. Januar 2015 die Annahme des Verwaltungsgerichts zu erschüttern, die von der Antragstellerin gegen den Bescheid vom 29. Juli 2014 erhobene Anfechtungsklage werde voraussichtlich Erfolg haben, da die Voraussetzungen für eine Zurückstellung nach § 15 Abs. 3 BauGB nicht vorlägen.

Die Rechtmäßigkeit einer auf diese Vorschrift gestützten Behördenentscheidung hängt nach der Spruchpraxis des beschließenden Senats unter materiellrechtlichem Blickwinkel im Wesentlichen von drei Voraussetzungen ab. Zum einen muss die Planungsabsicht jenes Mindestmaß an Konkretheit aufweist, das eine Beurteilung der Frage ermöglicht, ob - wie das der Nachsatz des § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB fordert - „die Durchführung der Planung durch das [zurückzustellende] Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde“ (vgl. zum Erfordernis eines Mindestmaßes an Bestimmtheit und Absehbarkeit der gemeindlichen Planung auch Hornmann in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 44). Zweitens ist erforderlich, dass die Gemeinde keine reine „Negativplanung“ beabsichtigt, der es ausschließlich darum zu tun ist, die Verwirklichung bestimmter Vorhaben (oder von Vorhaben einer bestimmten Art) zu verhindern (vgl. z. B. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand Januar 2014, § 15 Rn. 71j). Keinen Bestand haben kann eine Zurückstellungsentscheidung nach § 15 Abs. 3 BauGB - drittens - dann, wenn sich bereits absehen lässt, dass die Planung aus sonstigen Gründen keinesfalls in rechtmäßiger Weise vorgenommen werden kann (weil ihr z. B. Mängel anhaften, die auch im weiteren Verfahrensgang schlechterdings nicht behebbar sein werden; vgl. dazu z. B. Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl. 2015, § 15 Rn. 23).

Das Verwaltungsgericht hat im angefochtenen Beschluss die erste und die dritte dieser Voraussetzungen verneint. Da die Beigeladene jedenfalls den Befund nicht entkräftet hat, dass ihre Planungsabsichten im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt (nämlich bei Erlass bzw. bei Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheids; vgl. dazu vor allem BayVGH, B.v. 5.12.2013 - 22 CS 13.1757 - juris Rn. 18 und B.v 5.12.2013 - 22 CS 13.1760 - juris Rn. 18, jeweils mit Nachweisen aus der älteren Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs; bestätigt durch BayVGH, B.v. 13.8.2014 - 22 CS 14.1224 - BayVBl 2015, 91/93, Rn. 28; BayVGH, B.v. 4.2.2015 - 22 CS 14.2872 - juris Rn. 16) „völlig offen“ (so die Bewertung im zweiten vollständigen Absatz auf Seite 12 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 2.12.2014) waren, und diese rechtliche Einschätzung die angefochtene Entscheidung selbstständig zu tragen vermag, kann dahinstehen, welche Überzeugungskraft den weiteren Ausführungen in der Beschwerdebegründung zukommt.

1. Der Bewertung des Verwaltungsgerichts, dass die Planungsabsicht der Beigeladenen im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt nicht das erforderliche Mindestmaß an Konkretheit aufgewiesen habe, tritt die Beschwerdebegründung zum einen mit dem Argument entgegen, nach der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 3. Juli 2013 (15 ZB 10.3161 - juris) reiche es zur Erfüllung dieses Postulats aus, dass ein Beschluss zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans gefasst worden sei. Das in § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB enthaltene zusätzliche Erfordernis, es müsse zu befürchten sein, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde, werde dabei berücksichtigt; denn jede Errichtung von Baulichkeiten in einem Planbereich vereitle automatisch eine Planung oder erschwere sie wesentlich. Dahinstehen kann, ob sich aus dem zitierten Beschluss des 15. Senats des Verwaltungsgerichtshofs die Folgerungen für den vorliegenden Fall ergeben, die die Beigeladene daraus ziehen will (der Antragsgegner bezweifelt dies im Schriftsatz vom 19.1.2015 Abschnitt 2). Jedenfalls vermag dieses Vorbringen nicht zu überzeugen, da bauliche Vorhaben die Realisierbarkeit einer künftigen gemeindlichen Planung dann nicht in Frage stellen, wenn sich bereits absehen lässt, dass sie mit ihr in Einklang stehen werden. Dies kann aber nur beurteilt werden, wenn bereits ein Mindestmaß an Konkretisierung vorhanden ist.

Ebenfalls in nicht stichhaltiger Weise tritt die Beschwerdebegründung dem Gesichtspunkt entgegen, bei einem Verzicht auf das Erfordernis der ansatzweisen Konkretheit der gemeindlichen Planungsabsicht ließen sich zudem mit dem Instrument des § 15 Abs. 3 BauGB bestimmte (Arten von) Bauvorhaben in einer Gemeinde zeitweilig vollständig verhindern. Insbesondere übersieht die Beigeladene, dass § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB eine Konzeption zugrunde liegt, der zufolge die in § 35 Abs. 1 Nr. 2 bis 6 BauGB bezeichneten („privilegierten“) Vorhaben in Teilen des Gemeindegebiets lediglich dann - und auch das nur „in der Regel“ - unzulässig sein sollen, wenn in einem anderen Teil der Kommune eine sie für zulässig erklärende Ausweisung erfolgt ist. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ist mithin kein Instrument zur Verhinderung von Anlagen, die das Gesetz wegen ihrer nachteiligen Auswirkungen auf die Umgebung dem Außenbereich zuweist, sondern bezweckt ihre sachgerechte Zuweisung an einen oder mehrere Teile des Außenbereichs einer Gemeinde und ihre Bündelung dort.

Vor allem aber genügen die Darlegungen in Abschnitt III.3 der Beschwerdebegründung vom 8. Januar 2015 dem Darlegungsgebot des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO deshalb nicht, weil der beschließende Senat in seinem in der angefochtenen Entscheidung auszugsweise wörtlich zitiertenBeschluss vom 22. März 2012 (22 CS 12.349 u. a. - BauR 2012, 1217 f.) unter Rückgriff auf im Normgebungsverfahren angefallene Materialien aufgezeigt hat, dass der historische Gesetzgeber bei der Schaffung des § 15 Abs. 3 BauGB eine Lösung, die sich mit der Existenz eines bloßen Planaufstellungsbeschlusses und dem Vorhandensein einer (noch nicht näher spezifizierten) „Prüfabsicht“ der Gemeinde begnügen wollte, verworfen und er in § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB die Forderung aufgenommen hat, es müsse zu befürchten sein, dass die Durchführung der Planung durch das Vorhaben unmöglich gemacht oder wesentlich erschwert werden würde. Dies bedeutet, dass der Gesetzgeber das Erfordernis im Nachsatz des § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB mit Bedacht festgelegt hat und dass diesem Erfordernis auch Unterscheidungs- und Steuerungsfunktion zukommen soll. Die nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gebotene Auseinandersetzung mit der im Beschluss des Verwaltungsgerichtshofsvom 22. März 2012 (22 CS 12.349 u. a. - BauR 2012, 1217 f.) hieraus hergeleiteten, vom Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung übernommenen Schlussfolgerung, eine derartige Beurteilung könne nur erfolgen, wenn die planerischen Vorstellungen der Gemeinde nicht völlig offen seien, sondern ein Mindestmaß dessen erkennen ließen, was Inhalt des zu erwartenden Flächennutzungsplans sein solle, leistet die Beschwerdebegründung nicht in genügender Weise. Der im Schriftsatz vom 8. Januar 2015 enthaltene Hinweis auf die Verpflichtung des Gesetzgebers, die kommunale Planungshoheit effektiv zu schützen, genügt zu diesem Zweck schon deshalb nicht, weil die gemeindliche Selbstverwaltung, zu der die Planungshoheit gehört, nach Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nur „im Rahmen der Gesetze“ gewährleistet wird, sie mithin normativen Einschränkungen, wie sie sich u. a. aus dem Nachsatz des § 15 Abs. 3 Satz 1 BauGB ergeben, zugänglich ist. Auch ist das Recht, ein Grundstück im Rahmen der Gesetze (vgl. Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) baulich zu nutzen, Bestandteil der durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG grundrechtlich verbürgten Eigentumsgarantie (so ausdrücklich BVerfG, B.v. 19.6.1973 - 1 BvL 39/69 und 14/72 - BVerfGE 35, 263/276). Die Zurückstellung eines Baugesuchs sogar dann, wenn nicht einmal eine entfernte Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass die Verwirklichung des Vorhabens in Widerspruch zu einer künftigen gemeindlichen Planung geraten kann, wäre im Licht des Art. 14 GG nicht zulässig (so zu Recht Hornmann in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl. 2014, § 15 Rn. 44).

Zwar mag es in sehr frühen Stadien eines Planungsvorhabens u. U. schwierig sein, bereits Angaben über den Inhalt des angestrebten Plans zu tätigen. Der beschließende Senat hat sich deshalb stets mit einem „bloßen Mindestmaß an Konkretisierung der Planungsabsichten“ begnügt (vgl. BayVGH, B.v. 22.3.2012 - 22 CS 12.349 u. a. - BauR 2012, 1217/1218; B.v. 20.4.2012 - 22 CS 12.310 - ZNER 2012, 522/523 f., Rn. 16 und 19; B.v. 5.12.2013 - 22 CS 13.1757 - juris Rn. 20; B.v. 5.12.2013 - 22 CS 13.1760 - juris Rn. 20) und darauf hingewiesen, dass sich weder aus § 15 Abs. 3 BauGB noch aus der hierzu ergangenen Rechtsprechung allgemeingültige Kriterien für die Beantwortung der Frage entnehmen lassen, wie sich die planerischen Vorstellungen manifestiert haben müssen, um im maßgeblichen Zeitpunkt eine hinreichende Konkretisierung annehmen zu können (BayVGH, B.v. 5.12.2013 - 22 CS 13.1757 - juris Rn. 20; B.v. 5.12.2013 - 22 CS 13.1760 - juris Rn. 20). Anzulegen ist m.a.W. ein einzelfallbezogener Maßstab, bei dessen Anwendung es darauf ankommt, in welchem Ausmaß angesichts der spezifischen Besonderheiten der jeweiligen Planung von der planenden Gemeinde verlangt werden kann, im Zeitpunkt der Zurückstellungsentscheidung - sei es ggf. auch nur grobe - Aussagen über ihre planerischen Intentionen zu tätigen. Das gilt umso mehr, als die gebotene „Mindestkonkretisierung“ nicht notwendig bereits im Zeitpunkt des Beschlusses, eine (Änderungs-)Planung vorzunehmen, erfolgen muss; es genügt, wenn sie bis zur Entscheidung der Genehmigungsbehörde über ein gemeindliches Zurückstellungsersuchen vorliegt, so dass Fortschritte im Planungsprozess berücksichtigt werden können und müssen.

2. Die Beschwerdebegründung zeigt zum anderen nicht auf, dass die mit dem Stadtratsbeschluss vom 18. Februar 2014 verfolgten Intentionen entweder schon damals so konkret waren, dass der Vorhalt des Verwaltungsgerichts, die Planungsabsicht der Beigeladenen sei „völlig offen“, bereits - bezogen auf diesen Zeitpunkt - nicht zutraf, oder dass die Beigeladene ihre Zielsetzungen bis zum Erlass des Bescheids vom 29. Juli 2014 in der von Rechts wegen gebotenen Weise konturiert hat.

Sollten die im Schriftsatz der Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 8. Januar 2015 enthaltenen Hinweise auf die behauptete Beeinträchtigung einer im Gemeindegebiet vorhandenen seismologischen Situation durch das Vorhaben der Antragstellerin sowie auf die durch das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft bewirkte Änderung der Rechtslage dazu dienen, die erforderliche Konkretheit der Planungsabsichten aufzuzeigen, so wäre dieses Vorbringen schon deshalb unbehelflich, weil beide Umstände erst nach dem maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt eingetreten bzw. der Beigeladenen bekannt geworden sind.

Ausweislich der der Beschwerdebegründungsschrift vom 8. Januar 2015 beigefügten Anlage hat sich das von der Beigeladenen mit der Erstellung der Änderungsplanung beauftragte Unternehmen mit Schreiben vom 13. November 2014 bei der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe wegen der Auswirkungen der seismologischen Station erkundigt und noch am gleichen Tag seitens dieser Behörde fernmündliche Informationen hierzu erhalten. Bis zum 29. Juli 2014 hat die Frage, ob innerhalb eines bestimmten Umkreises um diese seismologische Station Konzentrationsflächen für die Nutzung der Windkraft vorgesehen werden dürfen, nach derzeitiger Lage der Akten in den Überlegungen der zuständigen Beschlussorgane der Beigeladenen oder des von der Beigeladenen eingeschalteten Planungsbüros demgegenüber keine Rolle gespielt.

Auch das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und des Gesetzes über die behördliche Organisation des Bauwesens, des Wohnungswesens und der Wasserwirtschaft wurde erst nach Bekanntgabe des Zurückstellungsbescheids erlassen. Dass die Beigeladene der durch dieses Gesetz bewirkten geänderten Rechtslage „im Vorgriff“ habe Rechnung tragen wollen, macht die Beschwerdebegründung nicht geltend. Im vorletzten Absatz ihres Schreibens an das Verwaltungsgericht vom 17. Oktober 2014 hat die Beigeladene ferner ausdrücklich in Abrede gestellt, es sei Ziel der am 18. Februar 2014 beschlossenen Änderungsplanung gewesen sei, auch nur einen generellen Abstand von 1.000 m zwischen Konzentrationsflächen für die Windkraftnutzung und bestehender Wohnbebauung vorzusehen.

Ebenfalls unbehelflich ist es, wenn im ersten vollständigen Absatz auf Seite 5 der Beschwerdebegründungsschrift sinngemäß ausgeführt wurde, dem Aufstellungsbeschluss vom 18. Februar 2014 sei eindeutig das Planungsziel zu entnehmen, die bisherigen Darstellungen und Planungen aufzuheben und die geänderten Darstellungen und Planungen im Sinn von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB zum Inhalt des Flächennutzungsplans zu machen. Denn dieses Vorbringen lässt - seine Vereinbarkeit mit dem Wortlaut des Stadtratsbeschlusses vom 18. Februar 2014 dahingestellt - nicht einmal ansatzweise erkennen, welchen Inhalt die neuen oder geänderten Darstellungen aufweisen sollen.

Soweit die Beigeladene im Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 12. März 2015 versucht, die hinreichende Bestimmtheit ihrer Planungsabsichten aus dem Umstand herzuleiten, dass in der Stadtratssitzung vom 18. Februar 2014 die Einbeziehung neuer Flächen in den Entwurf (einer Fortschreibung) des Regionalplans als Anlass für die in Aussicht genommene Änderung bezeichnet wurde, wäre dieses Vorbringen erst nach dem Ablauf der einmonatigen Beschwerdebegründungsfrist (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) zugegangen. Es wäre nur berücksichtigungsfähig, wenn in den Beschwerdeerwiderungen der Antragstellerin vom 26. Januar 2015 oder des Antragsgegners vom 19. Januar 2015 die Eignung des Entwurfs einer Fortschreibung des Regionalplans, die Planungsabsichten der Beigeladenen erkennen zu lassen, in Abrede gestellt worden wäre; der Beigeladenen könnte es im Lichte des Grundrechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) unter dieser Voraussetzung nicht verwehrt werden, solchem Vorbringen auch noch nach dem Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist entgegenzutreten. Die Frage, ob der Entwurf einer Fortschreibung des Regionalplans zur Konkretisierung des Stadtratsbeschlusses vom 18. Februar 2014 herangezogen werden kann, wurde in den letztgenannten Schriftsätzen indes in keiner Weise thematisiert.

Dass im Bereich der Beigeladenen selbst geraume Zeit nach dem 18. Februar 2014 noch nicht einmal im Ansatz konkrete Vorstellungen darüber bestanden, innerhalb welcher Teile ihres Gemeindegebiets die Nutzung der Windenergie künftig zulässig sein sollte, verdeutlicht der Umstand, dass die am 2. Mai 2014 erfolgte Bekanntmachung des seinerzeitigen Stadtratsbeschlusses mit folgendem Satz schließt: „Sobald die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung aufgezeigt werden können, wird die Beigeladene Ziel und Zweck öffentlich darlegen und Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung geben.“

3. Entgegen der Beschwerdebegründung steht dem Vorhaben auch kein evidentes Genehmigungshindernis entgegen, das Auswirkungen auf das Rechtsschutzbedürfnis der Antragstellerin haben könnte. Ein solches ergibt sich nach dem derzeitigen Kenntnisstand des Verwaltungsgerichtshofs weder aus dem Umstand, dass die beiden von der Antragstellerin geplanten Windkraftanlagen in einer Entfernung von (weniger als) 5 km von der im Gebiet der Beigeladenen bestehenden seismologischen Station errichtet werden sollen, noch aus Art. 82 f. BayBO n. F.

Ersteres folgt aus der Tatsache, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe mit Schreiben vom 24. März 2014 gegenüber dem Landratsamt ausgeführt hat, sie erhebe gegen die Errichtung und den Betrieb der beiden von der Antragstellerin geplanten Windkraftanlagen an den dafür vorgesehenen Stellen keine Einwände, da von diesen Vorhaben, die hinter den bereits bestehenden Windkraftanlagen errichtet würden, keine nennenswerten zusätzlichen Störungen ausgingen. Was die Genehmigungsfähigkeit der beiden verfahrensgegenständlichen Anlagen unter dem Blickwinkel der Art. 82 f. BayBO n. F. anbetrifft, kann der Antragstellerin das Rechtsschutzbedürfnis an der Beseitigung der sofortigen Vollziehbarkeit der Zurückstellungsentscheidung schon deshalb nicht abgesprochen werden, weil Art. 82 Abs. 1 bis 5 BayBO n. F. Gegenstand einer vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof unter dem Aktenzeichen Vf. 14-VII-14 anhängigen Popularklage ist, von deren völliger Aussichtslosigkeit angesichts der Umstrittenheit der Neuregelung (vgl. zuletzt Grüner, NVwZ 2015, 108/111 m. w. N.; Würfel/Werner BayVBl 2015, 109/112) nicht ausgegangen werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 19.2.2015 - 22 CS 14.2495 - Rn. 20).

Der Kostenausspruch beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 i. V. m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG. Das Verwaltungsgericht ging zutreffend davon aus, dass sich der Streitwert von Verfahren, denen ein die Errichtung oder den Betrieb einer Windkraftanlage betreffendes Rechtsschutzbegehren zugrunde liegt, gemäß der Empfehlung in der Nummer 19.1.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der zuletzt am 18. Juli 2013 beschlossenen Änderung grundsätzlich auf 10% der (geschätzten) Herstellungskosten beläuft. Diese betragen nach den im Genehmigungsantrag (Blatt 2 Rückseite) enthaltenen Angaben der Antragstellerin für beide Windkraftanlagen zusammen 5.190.345,65 €. Ist nicht über die Erteilung oder Versagung der Genehmigung, sondern nur über die Zurückstellung eines Genehmigungsantrags zu befinden, so erachtet es der Verwaltungsgerichtshof für angemessen, der geringeren wirtschaftlichen Bedeutung derartiger Rechtsschutzbegehren dadurch Rechnung zu tragen, dass statt 10% nur 5% der Herstellungskosten angesetzt werden. Der sich im vorliegenden Fall deshalb errechnende Betrag von 259.517,29 € ist, da ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes inmitten steht, durch dessen Ausgang die Hauptsache nicht vorweggenommen wird, nach der Empfehlung in der Nummer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit nochmals zu halbieren. Der Umstand, dass Rechtsmittelführerin eine drittbetroffene Gemeinde ist und die Nummer 19.3 des Streitwertkatalogs in diesem Fall in Hauptsacheverfahren einen Streitwert von 60.000,-- € vorschlägt, hat ungeachtet der Vorschrift des § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG außer Betracht zu bleiben, da der Streitwert eines Rechtsmittelverfahrens bei unverändertem Streitgegenstand grundsätzlich auch dann mit dem Streitwert des ersten Rechtszuges identisch ist, wenn nicht derjenige Beteiligte, der das Verfahren dort als Kläger oder Antragsteller eingeleitet hat, sondern z. B. ein Beigeladener das Rechtsmittel eingelegt hat (BVerwG, B.v. 9.11.1988 - 4 B 185.88 - NVwZ-RR 1989, 280; vgl. auch BVerwG, B.v. 1.8.2001 - 3 C 19.00 - Buchholz 360 § 14 GKG Nr. 6; B.v. 26.1.2010 - 4 B 43.09 -BauR 2010, 871/874). Die Befugnis des Verwaltungsgerichtshofs, die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts von Amts wegen zu ändern, ergibt sich aus § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen, die auf Grund ihrer Beschaffenheit oder ihres Betriebs in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen hervorzurufen oder in anderer Weise die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft zu gefährden, erheblich zu benachteiligen oder erheblich zu belästigen, sowie von ortsfesten Abfallentsorgungsanlagen zur Lagerung oder Behandlung von Abfällen bedürfen einer Genehmigung. Mit Ausnahme von Abfallentsorgungsanlagen bedürfen Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, der Genehmigung nur, wenn sie in besonderem Maße geeignet sind, schädliche Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen oder Geräusche hervorzurufen. Die Bundesregierung bestimmt nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Anlagen, die einer Genehmigung bedürfen (genehmigungsbedürftige Anlagen); in der Rechtsverordnung kann auch vorgesehen werden, dass eine Genehmigung nicht erforderlich ist, wenn eine Anlage insgesamt oder in ihren in der Rechtsverordnung bezeichneten wesentlichen Teilen der Bauart nach zugelassen ist und in Übereinstimmung mit der Bauartzulassung errichtet und betrieben wird. Anlagen nach Artikel 10 in Verbindung mit Anhang I der Richtlinie 2010/75/EU sind in der Rechtsverordnung nach Satz 3 zu kennzeichnen.

(2) Anlagen des Bergwesens oder Teile dieser Anlagen bedürfen der Genehmigung nach Absatz 1 nur, soweit sie über Tage errichtet und betrieben werden. Keiner Genehmigung nach Absatz 1 bedürfen Tagebaue und die zum Betrieb eines Tagebaus erforderlichen sowie die zur Wetterführung unerlässlichen Anlagen.

(1) Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn

1.
sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 und einer auf Grund des § 7 erlassenen Rechtsverordnung ergebenden Pflichten erfüllt werden, und
2.
andere öffentlich-rechtliche Vorschriften und Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb der Anlage nicht entgegenstehen.

(2) Bei Anlagen, die unterschiedlichen Betriebsweisen dienen oder in denen unterschiedliche Stoffe eingesetzt werden (Mehrzweck- oder Vielstoffanlagen), ist die Genehmigung auf Antrag auf die unterschiedlichen Betriebsweisen und Stoffe zu erstrecken, wenn die Voraussetzungen nach Absatz 1 für alle erfassten Betriebsweisen und Stoffe erfüllt sind.

(3) Eine beantragte Änderungsgenehmigung darf auch dann nicht versagt werden, wenn zwar nach ihrer Durchführung nicht alle Immissionswerte einer Verwaltungsvorschrift nach § 48 oder einer Rechtsverordnung nach § 48a eingehalten werden, wenn aber

1.
der Immissionsbeitrag der Anlage unter Beachtung des § 17 Absatz 3a Satz 3 durch das Vorhaben deutlich und über das durch nachträgliche Anordnungen nach § 17 Absatz 1 durchsetzbare Maß reduziert wird,
2.
weitere Maßnahmen zur Luftreinhaltung, insbesondere Maßnahmen, die über den Stand der Technik bei neu zu errichtenden Anlagen hinausgehen, durchgeführt werden,
3.
der Antragsteller darüber hinaus einen Immissionsmanagementplan zur Verringerung seines Verursacheranteils vorlegt, um eine spätere Einhaltung der Anforderungen nach § 5 Absatz 1 Nummer 1 zu erreichen, und
4.
die konkreten Umstände einen Widerruf der Genehmigung nicht erfordern.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Außerhalb des Bauschutzbereichs darf die für die Erteilung einer Baugenehmigung zuständige Behörde die Errichtung von Bauwerken, die eine Höhe von 100 Metern über der Erdoberfläche überschreiten, nur mit Zustimmung der Luftfahrtbehörden genehmigen; § 12 Abs. 2 Satz 2 und 3 und Abs. 4 gilt entsprechend.

(2) Das Gleiche gilt für Anlagen von mehr als 30 Meter Höhe auf natürlichen oder künstlichen Bodenerhebungen, sofern die Spitze dieser Anlage um mehr als 100 Meter die Höhe der höchsten Bodenerhebung im Umkreis von 1,6 Kilometer Halbmesser um die für die Anlage vorgesehene Bodenerhebung überragt. Im Umkreis von 10 Kilometer Halbmesser um einen Flughafenbezugspunkt gilt als Höhe der höchsten Bodenerhebung die Höhe des Flughafenbezugspunktes.

Tenor

I.

Die Verwaltungsstreitsachen 22 ZB 14.1079 und 22 ZB 14.1080 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.

II.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung werden abgelehnt.

III.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.

IV.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird bis zur Verbindung der beiden Verfahren auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1079 und auf 1,4 Millionen Euro im Verfahren 22 ZB 14.1080, danach auf insgesamt 2,8 Millionen Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin beabsichtigt die Errichtung eines Windparks mit neun Windkraftanlagen (ab hier: WKA) und begehrt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für drei Windkraftanlagen (WKA 1, 2 und 9) sowie die Erteilung eines immissionsschutzrechtlichen Vorbescheides für sechs Windkraftanlagen (WKA 3 bis 8). Erstere sind Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1179, während letztere Gegenstand des Verfahrens 22 ZB 14.1180 sind. Vorbescheidsfrage ist die immissionsschutzrechtliche Genehmigungsfähigkeit der WKA 3 bis 8, mit Ausnahme der Vereinbarkeit mit den artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Mit Schreiben vom 17. Januar 2011 beantragte die Klägerin zunächst die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für neun Windkraftanlagen auf den Grundstücken FlNrn. 255 (WKA 1), 112 (WKA 2), 248 (WKA 3), 200 (WKA 4), 209 (WKA 5), 206 (WKA 6), 147 (WKA 7), jeweils Gemarkung M., und FlNrn. 382 (WKA 8) sowie 358 (WKA 9), jeweils Gemarkung M.. Geplant sind eine Nabenhöhe von 140 m, ein Rotordurchmesser von 99,8 m und eine Gesamthöhe von ca. 190 m. Die Standorte liegen ca. 6 km südöstlich des Stadtgebiets der Beklagten. Im näheren Umkreis liegen kleinere Ortsteile bzw. größere Siedlungen der Nachbargemeinden.

Die Klägerin hat mit Schreiben vom 21. Februar 2012 die bezüglich der WKA 3 bis 8 gestellten Genehmigungsanträge nicht mehr aufrecht erhalten. Es solle im Wege eines Vorbescheids darüber entschieden werden, dass bei diesen Vorhaben sichergestellt ist, dass die sich aus § 5 BImSchG und aus aufgrund des § 7 BImSchG erlassenen Rechtsverordnungen ergebenden Pflichten erfüllt werden und dass andere öffentlich-rechtliche Vorschriften einschließlich der Belange des Arbeitsschutzes der Errichtung und dem Betrieb dieser Anlagen nicht entgegenstehen, und zwar mit Ausnahme der artenschutzrechtlichen Vorschriften, hilfsweise mit Ausnahme der Aspekte des Naturschutzrechts insgesamt.

Bezüglich der WKA 1, der WKA 2 sowie der WKA 9 hielt die Klägerin an ihrem Antrag auf immissionsschutzrechtliche Genehmigung fest. Hilfsweise wurde auch diesbezüglich ein Antrag auf immissionsschutzrechtlichen Vorbescheid gestellt, der im Klageverfahren nicht weiter verfolgt worden ist.

Mit Bescheid vom 27. März 2012 lehnte die Beklagte die gestellten Anträge umfassend ab. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, der Betrieb jeder der neun Windkraftanlagen sei nicht mit den bestehenden naturschutzrechtlichen Regelungen vereinbar, da Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 2 und 3 BNatSchG erfüllt würden. Dies gelte insbesondere bezüglich des Schwarzstorchs. Einer Genehmigung stehe für alle neun WKA die Ablehnung des Luftamts ... entgegen. Die Deutsche Flugsicherung habe diesem mitgeteilt, dass von militärischer Seite dringend empfohlen werde, der Errichtung der neun WKA nicht zuzustimmen. Die Wehrbereichsverwaltung Süd habe mitgeteilt, die US-Streitkräfte hätten vorgebracht, dass sie nach Erstellung der neun WKA die Flughöhen für ihre Luftfahrzeuge in dem betroffenen Gebiet aus Flugsicherheitsgründen anheben müssten. Dies hätten sie abgelehnt. Das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr habe deren Ablehnungsgründe anerkannt und die WKA 1 bis 9 abgelehnt.

Die Klägerin erhob Klagen zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg. Das Verwaltungsgericht wies die Klagen mit Urteilen vom 13. Januar 2014 als unbegründet ab. Den strittigen Vorhaben stünden Belange der Verteidigung (der militärischen Flugsicherung) und Belange des Naturschutzes (Verstoß gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot im Hinblick auf den Schwarzstorch) entgegen. Artenschutzrecht stehe als unüberwindliches Genehmigungshindernis auch der Erteilung eines Vorbescheids entgegen, obwohl die Klägerin Artenschutzrecht insofern ausgeklammert habe.

Die Klägerin hat in allen Fällen die Zulassung der Berufung beantragt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Verbindung der Verwaltungsstreitsachen beruht auf § 93 VwGO.

Die Anträge auf Zulassung der Berufung haben keinen Erfolg. Die insoweit maßgeblichen Darlegungen der Klägerin lassen die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht hervortreten (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Da die angefochtenen Urteile auf zwei selbstständig tragende Abweisungsgründe gestützt sind (Entgegenstehen von Belangen der Verteidigung einerseits und artenschutzrechtliches Tötungsverbot in Bezug auf den Schwarzstorch andererseits), kommt es darauf an, dass Zulassungsgründe hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe mit Erfolg dargelegt sind (vgl. z. B. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 61 m. w. N.). Die Darlegungen der Klägerin müssten also hinsichtlich eines jeden der tragenden Abweisungsgründe die Zulassung der Berufung rechtfertigen. Dies ist der Klägerin jedoch im Hinblick auf keinen der vom Verwaltungsgericht angeführten Abweisungsgründe gelungen.

1. Die Klägerin hat bezüglich des Entgegenstehens von Belangen der Verteidigung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten dargelegt.

a) Die Klägerin macht geltend, dass die Zustimmung der Luftfahrtbehörden nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG als erteilt gelte, wenn sie nicht binnen zweier Monate nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werde. Diese Zustimmungsfiktion sei unwiderruflich und für die Genehmigungsbehörde verbindlich. Ein solcher Fall sei hier gegeben.

Das Verwaltungsgericht steht demgegenüber auf dem Standpunkt, dass es nicht sein könne, dass die Genehmigungsbehörde nach Eintritt der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG diesbezüglich keine Prüfungskompetenz mehr habe und bei Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen müsse, und dies angesichts der hohen Schutzgüter, die im Bereich der Luftsicherheit inmitten stünden. Letztlich bedeutet dies, dass im Interesse des Rechtsgüterschutzes nicht beide rechtlichen Annahmen gleichzeitig zutreffen können, die einer Unwiderruflichkeit der Zustimmungsfiktion nach § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG und die einer diesbezüglich fehlenden Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde. Das Verwaltungsgericht weist insofern auf die Einvernehmensfiktion des § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB hin. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann diese zwar nicht widerrufen oder zurückgenommen werden, aber die Prüfungskompetenz der Genehmigungsbehörde bleibt bestehen (BVerwG, U. v. 12.12.1996 - 4 C 24/95 -NVwZ 1997, 900).

Die Klägerin hat sich mit dieser beachtlichen Argumentation nicht hinreichend auseinandergesetzt und nicht dargelegt, wie der erforderliche Rechtsgüterschutz unter Zugrundelegung ihrer rechtlichen Annahmen sichergestellt werden könnte. Dazu hätte umso mehr Anlass bestanden, als auch dem von der Klägerin selbst angeführten Urteil des Rheinland-Pfälzischen Oberverwaltungsgerichts zu entnehmen ist, dass auch die Zustimmung der Luftfahrtbehörde nach § 14 Abs. 1 LuftVG im Streitfall einer gerichtlichen Inzidentprüfung zugänglich sein muss, falls ein Flugplatzbetreiber die Genehmigung einer gerichtlichen Kontrolle zuführt. Das Oberverwaltungsgericht verweist insofern zutreffend auf den Rechtscharakter der Zustimmung als Verwaltungsinternum, das weder vom Windkraftanlagenbetreiber noch vom Flugplatzbetreiber selbstständig angefochten werden kann (OVG Rheinland-Pfalz, U. v. 16.1.2006 - 8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844/845).

b) Die Klägerin stellt nicht in Frage, dass Belange der Verteidigung der Genehmigung einer Windkraftanlage entgegenstehen können und dass insofern ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum der Bundeswehr besteht. Die Klägerin wirft insofern lediglich die Frage auf, ob Belange der Verteidigung und ein verteidigungspolitischer Beurteilungsspielraum auch im Hinblick auf einen militärischen Flugplatz der US-Truppen in Deutschland geltend gemacht werden können. Eine hinreichende Darlegung von Zulassungsgründen ist im bloßen Aufwerfen einer Frage allerdings nicht zu sehen; der Vortrag eines schlüssigen Gegenarguments ist insofern erforderlich. „Darlegen“ bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr, als lediglich eine nicht näher spezifizierte Behauptung aufzustellen; es meint ein „Erläutern“, „Erklären“ oder ein „näher auf etwas Eingehen“ (vgl. BVerwG, B. v. 2.10.1961 - VIII B 78.61 - BVerwGE 13, 90/91; B. v. 9.3.1993 - 3 B 105.92 - NJW 1993, 2825).

Die Klägerin macht geltend, dass hier für die Sicherheit des Luftverkehrs keine konkreten Gefahren bestünden, wie sie in § 14 Abs. 1 i. V. m. § 29 Abs. 1 LuftVG vorausgesetzt würden. Zwar dürfe bei einer Behinderung der An- und Abflugwege der auf dem Flughafen landenden und startenden Luftfahrzeuge die luftfahrtbehördliche Zustimmung verweigert werden, um unfallträchtige, die Allgemeinheit bedrohende Ausweichmanöver zu vermeiden. Im Hinblick auf die Privilegierung der Windkraftanlagen seien den Flughafenbetreibern aber auch weniger optimale bzw. risikoreichere Ausweichmöglichkeiten zuzumuten. Dies habe das Verwaltungsgericht nicht beachtet.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, im Bereich der Flugstrecken müsse nach den Vorgaben der militärischen Flugsicherung Hindernisfreiheit bestehen. Die Flugzeuge müssten sich mindestens 300 m über dem höchsten Hindernis bewegen; ein Instrumentenflugverfahren müsse so eingerichtet werden, dass ein Flugzeug in sicherem Abstand das Hindernis überfliegen könne. Für den Piloten seien die Anflugverfahren verbindliche Vorgaben. Nach den Stellungnahmen im Gerichtsverfahren sei bei der Realisierung der Windkraftanlagen die notwendige Hindernisfreiheit für die genannten Anflugverfahren in dem erforderlichen Abstand nicht mehr gegeben. Das Luftamt ... habe zuletzt mit Schreiben vom 6. März 2012 die luftfahrtbehördliche Zustimmung unter Berufung auf die gutachtliche Stellungnahme der Deutschen Flugsicherung GmbH vom 27. Februar 2012 verweigert. Grundlage hierfür seien eine Neubewertung der Sachlage durch die US-Streitkräfte und das Amt für Flugsicherung der Bundeswehr gewesen. Die Erläuterungen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 hätten die Richtigkeit dieser Neubewertung bestätigt.

Diese Beurteilung des Verwaltungsgerichts wird durch den Vortrag der Klägerin nicht in Frage gestellt. Vor allem muss in diesem Zusammenhang der verteidigungspolitische Beurteilungsspielraum der Bundeswehr beachtet werden. Danach obliegt es der Bundeswehr im Rahmen ihres verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums, das Gefährdungspotential einer Windkraftanlage für einen Militärflugplatz zu beurteilen. Die Gefahrenprognose ist nur dann rechtsfehlerhaft, wenn sie auf willkürlichen Annahmen oder offensichtlichen Unsicherheiten beruht, in sich widersprüchlich oder aus sonstigen Gründen nicht nachvollziehbar ist (BVerwG, B. v. 5.9.2006 - 4 B 58/06 - Rn. 8). Dazu hat die Klägerin nichts Greifbares vorgetragen. Die von der Klägerin zitierten Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (U. v. 16.1.2006 -8 A 11271/05 - NVwZ 2006, 844) und des Thüringischen Oberverwaltungsgerichts (U. v. 30.9.2009 -1 KO 89/07 - ThürVBl 2010, 104) befassen sich mit der Nutzung von Segelflugplätzen und sind daher für die Beurteilung von Militärflugplätzen unter Beachtung des verteidigungspolitischen Beurteilungsspielraums nicht einschlägig. Hinzukommt, dass bei Militärflugplätzen Flugbetrieb auch unter schlechten Sichtbedingungen (Nacht, Schlechtwetter) möglich sein muss.

c) Die Klägerin macht geltend, dass die durch ihr Vorhaben beeinträchtigten Flugverfahren unabhängig von ihrem Vorhaben angepasst werden müssten. In der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 vor dem Verwaltungsgericht (vgl. S. 5 der Niederschrift) habe der vom Beigeladenen beigezogene Oberstleutnant S. erläutert, dass eine Umstellung des Anflugverfahrens erfolgen müsse und werde. Das Verfahren werde aller Voraussicht nach noch im Jahr 2014 umgestellt. Mit Änderung des Verfahrens könne dem Vorhaben der Klägerin zugestimmt werden. Auf die Bauhöhe bezogen gebe es dann keine Probleme mehr.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass nicht verbindlich feststehe, ob und wann das Flugverfahren so geändert werde, dass die geplanten Windkraftanlagen keine problematischen Hindernisse mehr darstellen würden. Die Festlegung von Flugverfahren erfolge grundsätzlich gemäß § 32 Abs. 4 Nr. 8, Abs. 4c Sätze 1 und 2 LuftVG durch Rechtsverordnung. Die Verwaltungszuständigkeiten aufgrund des Luftverkehrsgesetzes würden gemäß § 30 Abs. 2 LuftVG für den Dienstbereich der Bundeswehr und, soweit völkerrechtliche Verträge nicht entgegenstünden, der stationierten Truppen durch Dienststellen der Bundeswehr nach den Bestimmungen des Bundesministeriums der Verteidigung wahrgenommen. Die Flugverfahren würden einen aufwendigen Entwicklungs-, Berechnungs- und Genehmigungsprozess durchlaufen. Sie seien nicht beliebig gestaltungsfähig. Nach einem aufwendigen Verfahren unter Berücksichtigung vieler Aspekte werde das Verfahren schließlich genehmigt, in Kraft gesetzt und gemäß international gültigen Standards publiziert. Ob das beabsichtigte Verordnungsänderungsverfahren tatsächlich ergeben werde, dass das bestehende Flugverfahren so geändert werde, dass die strittigen Windkraftanlagen der Klägerin künftig zugelassen werden könnten, sei trotz der positiven Aussagen des Vertreters der Luftwaffe in der mündlichen Verhandlung derzeit offen und von nicht abschätzbaren Prämissen und Planungsvorgängen abhängig.

Die Klägerin teilt diese Einschätzung nicht. Damit legt sie aber keinen ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichlichen Urteils dar. Sie legt insbesondere nicht dar, dass das Verwaltungsgericht damit die Grenzen richterlicher Beweiswürdigung überschritten hätte. Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es würdigt den Prozessstoff auf seinen Aussage- und Beweiswert für die Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen nur nach der ihm innewohnenden Überzeugungskraft. Trotz des besonderen Charakters der Beweiswürdigung, der dem Gericht einen Wertungsrahmen eröffnet, ist das Gericht allerdings nicht gänzlich frei. Die richterliche Überzeugung muss auf rational nachvollziehbaren Gründen beruhen, d. h. sie muss insbesondere die Denkgesetze, die Naturgesetze sowie zwingende Erfahrungssätze beachten. Ein Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt vor, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht, namentlich Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm hätte aufdrängen müssen, oder wenn die Beweiswürdigung objektiv willkürlich ist, gegen die Denkgesetze verstößt oder einen allgemeinen Erfahrungssatz missachtet. Soweit eine fehlerhafte Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, kommt eine Zulassung der Berufung folglich nur dann in Betracht, wenn die Feststellungen des Verwaltungsgerichts augenscheinlich nicht zutreffen oder beispielsweise wegen gedanklicher Lücken oder Ungereimtheiten ernstlich zweifelhaft sind. Allein die Möglichkeit einer anderen Bewertung der Beweisaufnahme rechtfertigt die Zulassung der Berufung nicht (vgl. BayVGH, B. v. 14.3.2013 - 22 ZB 13.103 und 104 - Rn. 11 m. w. N.). Derartige Fehler bei der verwaltungsgerichtlichen Überzeugungsbildung hat die Klägerin nicht aufgezeigt; sie sind auch nicht erkennbar. Überdies hat das Luftamt ... unter dem 20. August 2014 mitgeteilt, die bisher begutachteten flugbetrieblichen Verfahren zum Militärflugplatz Grafenwöhr seien nach wie vor gültig (vgl. Schriftsatz des Beigeladenen vom 10.9.2014). Die Sach- und Rechtslage hat sich also auch nach der letzten mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts nicht geändert.

2. Abgesehen davon hat die Klägerin auch hinsichtlich des Verstosses gegen das artenschutzrechtliche Tötungsverbot (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG) in Bezug auf den Schwarzstorch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils in Gestalt von schlüssigen Gegenargumenten vorgetragen.

a) Die Klägerin macht geltend, beim Schwarzstorch handle es sich um keine Tierart, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken der strittigen Windkraftanlagen betroffen sei. Der sehr scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch weiche Windkraftanlagen aus. Kollisionen kämen dementsprechend kaum vor. Bis heute werde in der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg von mehr als 500 Brutpaaren in Deutschland lediglich ein Schlagopfer geführt.

Das Verwaltungsgericht ist diesbezüglich zu dem Schluss gelangt, dass nicht im Sinne ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse feststehe, dass der Schwarzstorch nicht zu den kollisionsgefährdeten Vogelarten zähle. Es hat sich dabei auf den sog. Bayerischen Windkrafterlass (Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen, Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien des Innern, für Wissenschaft, Forschung und Kunst, der Finanzen, für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie, für Umwelt und Gesundheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 20. Dezember 2011) gestützt, der in seiner Anlage 2 nach wie vor davon ausgeht, dass der Schwarzstorch zu den gefährdeten Vogelarten zählt. Das Verwaltungsgericht hat auf Totfunde in Frankreich und insbesondere in Spanien und ungeklärte Altvogelverluste während der Aufzuchtzeit in Deutschland hingewiesen. Eine ausgesprochene Meidung der Windparks sei nicht immer beobachtet worden. Das Verwaltungsgericht hat die Einschätzung des Schwarzstorchs als kollisionsgefährdet durch den Bayerischen Windkrafterlass auch vor dem Hintergrund der geringen Anzahl der Brutpaare in Deutschland für gerechtfertigt gehalten.

Diesen Ausführungen des Verwaltungsgerichts hat die Klägerin in ihrem Zulassungsantrag nicht die Grundlage entzogen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 18. Juni 2014 (22 B 13.1358, Rn. 46 f.) den Schwarzstorch nicht als eine Tierart angesehen, die aufgrund ihrer artspezifischen Verhaltensweisen ungewöhnlich stark von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen betroffen ist. Dass das artenschutzrechtliche Tötungsverbot deshalb nicht verletzt sein könne, hat der Verwaltungsgerichtshof daraus aber nicht gefolgert. Dem genannten Urteil zufolge spricht zwar manches dafür, dass der scheue und störungsempfindliche Schwarzstorch Windkraftanlagen ausweicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat daraus aber nicht die von der Klägerin für richtig gehaltene Konsequenz gezogen, dass insofern das artenschutzrechtliche Tötungsverbot beim Betrieb von Windkraftanlagen nicht verletzt sein kann, sondern auf die erforderliche Ermittlungstiefe abgestellt. Er hat in dem genannten Urteil weitere behördliche Ermittlungen in Bezug auf die konkreten örtlichen Verhältnisse für erforderlich gehalten. Die Ausführungen der Klägerin geben keinen Anlass, von dieser Betrachtungsweise abzugehen. Zum einen ist ein ungewöhnlich starkes Betroffensein von den Risiken des Betriebs von Windkraftanlagen nicht zwingend erforderlich. Ein solches Postulat kann insbesondere nicht aus dem von der Klägerin zitierten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Juli 2011 (9 A 12.10 - BVerwGE 140, 149/163 - Rn. 99) abgeleitet werden. Diese Formulierung wird dort nicht gebraucht. Das Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt hat es im Beschluss vom 21. März 2013 (2 N 154.12 - NuR 2013, 507/512) zwar im Hinblick auf das artspezifische Verhalten des Schwarzstorchs bei summarischer Prüfung als naturschutzfachlich vertretbar angesehen, dass die Genehmigungsbehörde ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko verneint. Damit ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass auch die gegenteilige Einschätzung naturschutzfachlich vertretbar sein kann. Eine solche gegenteilige naturschutzfachliche Einschätzung kann sich im vorliegenden Fall entscheidend auf die fachlichen Aussagen in Anlage 2 des sog. Bayerischen Windkrafterlasses stützen. Dort ist der Schwarzstorch ausdrücklich als kollisionsgefährdete Vogelart erwähnt. Diese Aussage ist bisher nicht aufgehoben oder modifiziert worden (entgegen ThürOVG, U. v. 14.10.2009 - 1 KO 372/06 - NuR 2010, 368/370). Den in diesem Windkrafterlass enthaltenen naturschutzfachlichen Aussagen kommt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs als antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität, das (zumindest) auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruht, eine besondere tatsächliche Bedeutung zu (U. v. 18.6.2014 -22 B 13.1358 - Rn. 45). Dies ist auch aus Gründen der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) und der Rechtssicherheit geboten. Hiervon darf nicht ohne triftigen fachlichen Grund abgewichen werden. Einen solchen hat die Klägerin angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten Beobachtungen nicht dargelegt. Dass manche Beobachtungen für ein Ausweichverhalten des Schwarzstorchs sprechen, andere Beobachtungen aber eher nicht, ist typisch für den teilweise widersprüchlichen Erkenntnisstand, der den Vollzug des Artenschutzrechts mitunter kennzeichnet und der einen Grund für die Anerkennung einer naturschutzfachlichen Einschätzungsprärogative darstellt (BVerwG, U. v. 27.5.2013 - 4 C 1.12 -NVwZ 2013, 1411).

b) Die Klägerin macht weiter geltend, dass weder vor noch nach dem Bescheidserlass belastbar und nachvollziehbar dargelegt worden sei, dass innerhalb des 3 km-Radius um die strittigen Windkraftanlagen (Prüfbereich nach Anlage 2 des Bayerischen Windkrafterlasses) ein besetzter Schwarzstorchhorst vorhanden sei.

Das Verwaltungsgericht hat im Anschluss an die Genehmigungsbehörde festgestellt, dass alle streitgegenständlichen Windkraftanlagen in einem Radius von deutlich unter 3 km um den früheren Horst im Bereich des sog. Zimmet und um den nun bekannt gewordenen Horst östlich der geplanten Windkraftanlage 3 lägen. Die am weitesten entfernt liegende Windkraftanlage 9 liege nur ca. 1,7 bis 1,8 km von dem Horst entfernt, der in den Jahren 2012 und 2013 besetzt gewesen sei.

Die Klägerin vermochte diese Ausführungen in ihrem Zulassungsantrag nicht in Frage zu stellen. Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass sich die behördliche Einschätzungsprärogative auch auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten bezieht. Es gibt zwar rechtliche Grenzen, etwa in Bezug auf die erforderliche Ermittlungstiefe oder in Bezug auf die Methodik (BVerwG, U. v. 9.7.2008 - 9 A 14.07 - BVerwGE 131, 274/297, Rn. 67). Die Klägerin hat in ihren Zulassungsanträgen aber nicht aufgezeigt, dass die rechtlichen Grenzen dieser Einschätzungsprärogative überschritten worden sind.

c) Soweit die Klägerin ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko auch innerhalb des Mindestabstands von 3000 m um die strittigen Windkraftanlagen in Frage gestellt hat, ergeben sich hieraus ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils.

Zum einen hat das Verwaltungsgericht durchaus anerkannt, dass auch bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen noch eine Einzelfallbeurteilung erforderlich ist. Bei Unterschreitung des Mindestabstands der Windkraftanlage zum Brutvorkommen kommt es darauf an, ob die gebotene Untersuchung der Aufenthaltswahrscheinlichkeiten ergibt, dass die Windkraftanlage gemieden oder nur selten überflogen wird (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 -Rn. 50, unter Bezugnahme auf S. 42 des Bayerischen Windkrafterlasses). Das angefochtene Urteil steht dazu nicht im Widerspruch. Das Verwaltungsgericht hat in den angefochtenen Urteilen darauf hingewiesen, dass die Flugkorridore zu potentiellen Nahrungshabitaten auch durch die strittigen Windkraftanlagen betroffen seien.

Die Klägerin hat insofern zwar die Behauptung aufgestellt, dass die streitgegenständlichen Windkraftanlagen einen Flugkorridor für den Schwarzstorch zulassen würden. Sie hat aber nicht dargelegt, dass die Genehmigungsbehörde im Rahmen ihrer Einschätzungsprärogative zum gleichen Ergebnis hätte kommen müssen.

Die Klägerin hat ferner auf die Vorbelastung durch eine südlich der strittigen Windkraftanlagen verlaufende Hochspannungsfreileitung hingewiesen. Hierzu hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die Gefahren durch die strittigen Windkraftanlagen in deutlich größerer Höhe als die Gefahren durch die Hochspannungsfreileitung hervorgerufen werden würden; daher könne eine signifikante Risikoerhöhung in rechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen werden. Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an dieser Betrachtungsweise rechtsfehlerhaft sein sollte.

Die Klägerin hat schließlich geltend gemacht, dass im Untersuchungsgebiet nur sehr wenige Flugbewegungen durch Schwarzstörche hätten festgestellt werden können, wie ihr Fachbeistand Dipl.biol. B. in der mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 2014 erklärt habe.

Die diesbezügliche Aussage des Fachbeistands der Klägerin lautet gemäß Seite 8 der Verhandlungsniederschrift: „Im südlichen Bereich der geplanten Windkraftanlagen sind bei ca. 170 Beobachtungsstunden nur sechs Flugbewegungen von den Altvögeln und drei nach dem Ausfliegen des Familienverbands registriert worden…. Die festgestellten sechs Flugbewegungen im Süden sind daher sehr wenig. Es hätten nach unserer Einschätzung ca. 165 Flugbewegungen im Gesamtbereich stattfinden können, d. h. bezogen auf unsere Beobachtungszeiten. Wir gehen daher davon aus, dass die Flugbewegungen woanders stattgefunden haben, d. h. im nördlichen oder östlichen Bereich, der nicht einsehbar war“.

Diese Aussagen stellen die von der Genehmigungsbehörde getroffene und vom Verwaltungsgericht gebilligte Gefahrenprognose nicht in Frage. Sie betreffen nämlich nur einen Teilbereich des strittigen Windparks, nämlich den südlichen. Die Beklagte weist insofern aber zu Recht darauf hin, dass sich das Brutgeschehen nach 2012 weiter nach Norden verlagert hatte.

d) Die Klägerin macht weiter geltend, es hätten von ihr vorgeschlagene Minderungs- und Vermeidungsmaßnahmen zum Zwecke der Verminderung des Tötungsrisikos unter die Signifikanzschwelle ergriffen werden können.

Das Verwaltungsgericht hat dazu ausgeführt, dass die Errichtung von künstlichen Brutstätten mehrere 1000 m vom natürlichen Brutplatz entfernt als aussichtslos gelte. Die Verbesserung des Fischangebots in Fließgewässern oder Bachausleitungen sei ebenfalls nicht erfolgversprechend. Außerdem könnten solche Maßnahmen dem Anlagenbetreiber nicht vorgeschrieben werden.

Die Klägerin hat nicht dargelegt, was an diesen Erwägungen rechtsfehlerhaft sein könnte.

e) Die Klägerin macht schließlich geltend, die Errichtung und der Betrieb von Windkraftanlagen müsse als Ausnahmegrund im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG, räumlich als zwingender Grund des überwiegenden öffentlichen Interesses, angesehen werden. Es gehe um eine nachhaltige Energieversorgung durch zunehmende Nutzung erneuerbarer Energien.

Das Verwaltungsgericht hat insofern auf den beantragten Standort abgestellt und dazu ausgeführt, dass derartige Gründe für den beantragten Standort nicht ersichtlich seien; auch sei das wirtschaftliche Interesse der Klägerin hierfür nicht ausreichend.

Die Klägerin hat weder dargelegt, warum diese von Pauschalierungen absehende standortbezogene Betrachtungsweise rechtswidrig sein sollte, noch aufgezeigt, weshalb das typischerweise vorhandene wirtschaftliche Interesse der Klägerin schlechthin ein zwingendes öffentliches Interesse darstellen sollte. Die Bezugnahme auf Seite 48 des Bayerischen Windkrafterlasses genügt insofern nicht, weil auch dort eine standortbezogene Betrachtungsweise befürwortet wird.

3. Besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) können entgegen der Auffassung der Klägerin nicht aus den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht abgeleitet werden, weil die Rechtsprechung gerade aufgrund der Existenz dieser Unsicherheiten und in der Reichweite dieser Unsicherheiten bereits eine naturschutzfachliche Einschätzungprärogative anerkannt hat. Auf etwaige rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Widerruf oder der Rücknahme der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion kommt es nicht an, weil entscheidend die Erwägung des Verwaltungsgerichts ist, dass die Genehmigungsbehörde im Bereich der Luftsicherheit nicht sehenden Auges eine falsche Entscheidung treffen darf. Besondere rechtliche Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Flugverfahren, die nach dem Vortrag der Klägerin mit Sicherheit zeitnah angepasst werden, können schon deshalb nicht bestehen, weil nach der von der Klägerin nicht erfolgreich angegriffenen Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts diesbezüglich keine verlässlichen Aussagen möglich sind. Die im Zusammenhang mit den naturschutzfachlichen Unsicherheiten im Artenschutzrecht bestehenden tatsächlichen Schwierigkeiten sind aufgrund der Anerkennung einer naturschutzbehördlichen Einschätzungsprärogative nicht mehr entscheidungserheblich. Desgleichen sind Unsicherheiten über künftige Änderungen der Sachlage nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entscheidungserheblich, weil es bei der Entscheidung über Verpflichtungsklagen auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. auf den Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts ankommt.

4. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) kommt angesichts der Darlegungen der Klägerin nicht in Betracht, weil die von ihr bezeichnete Frage der Widerruflichkeit oder Rücknehmbarkeit der luftfahrtbehördlichen Zustimmungsfiktion nicht entscheidungserheblich ist. Entscheidungserheblich ist vielmehr die Aussage des Verwaltungsgerichts, dass die Genehmigungsbehörde nicht sehenden Auges im Bereich der Luftsicherheit fehlerhaft entscheiden darf. Widerruflichkeit und Rücknehmbarkeit der Zustimmungsfiktion sind nicht der einzige Weg, um dieses Ziel zu erreichen.

5. Die Klägerin vermag auch keine Abweichung von einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) darzulegen. Das Verwaltungsgericht ist von der bezeichneten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 36 Abs. 2 Satz 2 BauGB gerade nicht abgewichen, hat sie gerade nicht in Frage gestellt, sondern hat aus ihr lediglich nicht dieselben Schlüsse wie die Klägerin gezogen. Es hat die Übertragbarkeit des bezeichneten Urteils auf § 14 Abs. 1, § 12 Abs. 2 Satz 2 LuftVG verneint.

6. Der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) liegt nicht vor. Die Würdigung der Aussagen des vom Beigeladenen beigezogenen Oberstleutnants S. in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht sowie der Aussagen des Fachbeistands Dipl.biol. B. kann nicht als überraschend in dem Sinne angesehen werden, dass ein kundiger Prozessbeteiligter mit derartigen Ausführungen des Verwaltungsgerichts in den angefochtenen Urteilen nicht hätte rechnen müssen. Die Aussagen von Oberstleutnant S. wurden vom Verwaltungsgericht naheliegender Weise in einen rechtlichen Zusammenhang mit den Problemen eines Verordnungsänderungsverfahrens gestellt und dadurch relativiert. Die Aussagen von Dipl.biol. B. wurden vom Verwaltungsgericht erwartungsgemäß in einen Zusammenhang mit anderen vorliegenden naturschutzfachlichen Aussagen gestellt. Das Verwaltungsgericht hat zwar wohl seine Schlussfolgerungen aus den ihm vorliegenden Stellungnahmen mit den Beteiligten nicht im Einzelnen erörtert. Dies war aber auch nicht erforderlich, zumal diese Würdigung letztlich erst in der abschließenden Beratung vorgenommen werden kann (Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 138 Rn. 148 m. w. N.).

Kosten: § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Streitwert: § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG; in Ermangelung anderweitiger Anhaltspunkte wie Vorinstanz.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

I.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III.

Der Streitwert wird auf 7.500 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz hinsichtlich einer für sofort vollziehbar erklärten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage.

Unter dem 6. Dezember 2011 stellte die Beigeladene beim Landratsamt E. einen Antrag auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Windkraftanlage (Typ Enercon E-82 E2) auf dem Grundstück Fl.Nr. 2333 der Gemarkung B.

Mit Bescheid vom 22. April 2015 erteilte das Landratsamt der Beigeladenen die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung, u. a. unter Gewährung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG von dem Tötungsverbot nach

§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG in Bezug auf ein Baumfalkenvorkommen. Unter Bezugnahme auf Stellungnahmen der höheren Naturschutzbehörde und des Landesamtes für Umwelt (LfU) wurde weiter angenommen, dass durch das Vorhaben der Beigeladenen kein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf die Art des Rotmilans nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG hervorgerufen wird.

Mit Bescheid des Landratsamtes vom 14. Juli 2016 wurde die immissionsschutzrechtliche Genehmigung vom 22. April 2015, beschränkt auf die Errichtung der strittigen Windkraftanlage, für sofort vollziehbar erklärt.

Das Bayerische Verwaltungsgericht München wies die Klage des Antragstellers gegen den Genehmigungsbescheid vom 22. April 2015 mit Urteil vom 27. September 2016 mit der Begründung ab, der Antragsteller sei nicht klagebefugt (Az. M 1 K 15.2013). Hiergegen wendete sich der Antragsteller mit einem Antrag auf Zulassung der Berufung.

Mit Beschluss gleichfalls vom 27. September 2016 lehnte das Verwaltungsgericht einen Antrag des Antragstellers gemäß § 80 a Abs. 3 i. V. m. § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der genannten Klage wegen fehlender Antragsbefugnis ab (Az. M 1 SN 16.3166).

Die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 22. April 2015 wurde mit Bescheid des Landratsamtes vom 14. November 2016 auf den Betrieb der strittigen Windkraftanlage erstreckt.

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Antragsteller sein Begehren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes weiter. Er beantragt zuletzt,

die Bescheide des Landratsamtes vom 14. Juli 2016 und 14. November 2016 aufzuheben und unter Abänderung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2016 (Az. M 1 SN 16.3166) die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamtes vom 22. April 2015 wiederherzustellen.

Der Antragsteller leite seine Antragsbefugnis aus einer europarechtskonformen Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO her. Die Rechtsausführungen des Verwaltungsgerichts in Bezug auf die fehlende Antragsbefugnis würden der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs widersprechen. Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs in einem Urteil vom 28. Juli 2016 (Az. 14 N 15.1870) betreffend die Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO seien ohne weiteres auf den vorliegenden Fall übertragbar. Die vom Bundesverwaltungsgericht in Erweiterung des Begriffs des subjektiven Rechts anerkannte prokuratorische Rechtsstellung anerkannter Umweltverbände dürfe nicht auf unbedingte und hinreichend bestimmte subjektive europäische Umweltnormen beschränkt werden, sondern müsse auf unbedingte und hinreichend bestimmte objektive unionsrechtliche Vorschriften erstreckt werden. Betrachte man den Sinn und Zweck einer solchen Auslegung, so müsse diese Rechtsprechung auch und erst recht auf Anfechtungsklagen nach § 42 VwGO übertragen werden. Die Voraussetzungen für die Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG hätten in Bezug auf den Baumfalken nicht vorgelegen. Der Antragsteller habe die Standortangaben, die als Berechnungsgrundlage für den Referenzertrag der strittigen Windkraftanlage dienten, substantiiert infrage gestellt, insbesondere die angenommene Jahreswindgeschwindigkeit von 5,5 m/s. Mangels aussagekräftiger Vergleichsdaten sei eine Messung der Windgeschwindigkeit an dem geplanten Standort erforderlich. Zudem müsse ein Betreiber für den Beleg einer fehlenden zumutbaren Alternative im Sinne von § 45 Abs. 7 S. 2 BNatSchG nachweisen, dass er einen Alternativstandort ohne zu erwartende artenschutzrechtliche Konflikte gesucht habe. Weiter bestehe ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für den Rotmilan. Ein Gutachter habe die Einschätzung, dass es im Bereich der geplanten Windkraftanlage zu einer überdurchschnittlich hohen Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Greifvögeln komme, mit besonders günstigen thermischen Bedingungen infolge einer Hanglage und der Bestandsstruktur begründet. Ein weiteres Kriterium hierfür sei die gute Einsehbarkeit von zwei klar abgrenzbaren Nahrungshabitaten aus. Die rein statistischen Erwägungen des LfU würden den besonderen örtlichen Gegebenheiten des vorliegenden Falls nicht gerecht. Die Beigeladene habe bislang keine den aktuellen Richtlinien entsprechende Wind- bzw. Ertragsprognose vorgelegt. Es sei bei der geplanten Anlage mit Ertragsschwankungen pro Jahr von rund 100.000 Euro zu rechnen, welche die Beigeladene ausgleichen können müsse. Ein durch die Verzögerung der Inbetriebnahme möglicher jährlicher Verlust zwischen 1.712 Euro und 4.279 Euro stelle keinen nachvollziehbaren Grund für die Anordnung des Sofortvollzugs dar. Die kollisionsgefährdeten Vogelarten Baumfalke und Rotmilan würden sich derzeit im Winterquartier aufhalten und voraussichtlich spätestens im März wieder im Brutgebiet eintreffen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Der Verweis der Antragstellerin auf das nicht rechtskräftige Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870) könne nicht überzeugen, weil dieses Urteil in einem Normenkontrollverfahren ergangen sei, das nach Überwinden der Zulässigkeitshürden in eine vollumfängliche objektivrechtliche Überprüfung münde; der Erfolg der hier in der Hauptsache gegebenen Anfechtungsklage setze dagegen zwingend eine Verletzung subjektiver Rechte voraus. Die weit gefasste Antragsbefugnis nach § 47 Abs. 2 VwGO werde in der genannten Entscheidung gerade mit der vollumfänglichen Überprüfung der Rechtsnormen begründet, welche ein Naturschutzverband mithilfe seiner prokuratorischen Rechtsstellung erreichen könne. Der Gerichtshof der Europäischen Union habe in seiner Entscheidung vom 15. Oktober 2015 (C-137/14) die Vereinbarkeit des § 113 Absatz 1 Satz 1 VwGO mit europäischem Recht bestätigt. Im Hinblick auf bestehende Klagerechte nach dem Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (UmwRG) und dem Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) bestehe keine planwidrige Regelungslücke. Im Übrigen sei der angeordnete Sofortvollzug für die Errichtungsmaßnahmen materiell rechtmäßig.

Die Beigeladene beantragt gleichfalls,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Eine Antragsbefugnis aufgrund einer erweiternden Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO sei zu verneinen. Aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870) könne keine Antragsbefugnis für den vorliegenden Fall abgeleitet werden. Die Klagebefugnis eines anerkannten Umweltverbands gemäß § 42 Abs. 2 VwGO sei in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. September 2013 (Az. 7 C 21/12) mit dem Schutznormcharakter des § 47 Abs. 1 BImSchG begründet worden und daher nicht verallgemeinerungsfähig. Der im vorliegenden Fall streitentscheidenden Norm des § 44 BNatSchG komme dagegen keine drittschützende Wirkung zu. Der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 zugrunde liege, unterscheide sich wesentlich von dem vorliegenden, da er eine schwerwiegende Verletzung objektiven Unionsrechts betreffe. Der aktuell im Gesetzgebungsverfahren befindliche Gesetzentwurf zur Schaffung eines entsprechenden Verbandsklagerechts zeige, dass das geltende Recht auch unter Berücksichtigung des europarechtlichen effet utile nicht entsprechend ausgelegt werden könnte. Im Übrigen sei der Antrag auch unbegründet.

Die Beigeladene hat mit Schriftsatz vom 2. November 2016 mitgeteilt, dass die Fertigstellung der strittigen Windkraftanlage in den nächsten drei Wochen erfolgen könne. Es wird um Verständnis gebeten, dass die Anlage gegebenenfalls vor dem Ergehen der Beschwerdeentscheidung fertiggestellt werden solle.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 29. Dezember 2016 (Az. 22 ZB 16.2166) wurde die Berufung des Antragstellers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 27. September 2016 wegen besonderer rechtlicher und tatsächlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zugelassen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten.

II.

Es ist bereits fraglich, ob der Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO zulässig ist. Jedenfalls erweist er sich nach derzeitigem Sach- und Streitstand als unbegründet.

1. Die Zulässigkeit des Antrags ist nach derzeitigem Sachstand im Hinblick auf die Antragsbefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) des Antragstellers zweifelhaft.

a) Eine Antragsbefugnis des Antragstellers als anerkanntem Umweltverband ergibt sich nicht bereits aus § 42 Abs. 2 Halbs. 1 VwGO i. V. m. § 2 Abs. 1 UmwRG, da die angefochtene immissionsschutzrechtliche Genehmigung betreffend die Errichtung und den Betrieb einer einzelnen Windkraftanlage nicht dem Anwendungsbereich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG unterfällt.

Insbesondere handelt es sich um keine Genehmigung, für die eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) bestehen kann (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG); das streitgegenständliche Vorhaben wird von der Liste in Anhang 1 zum UVPG nicht erfasst und unterfällt damit nicht dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes. Zudem betrifft die Genehmigung keine Anlage, die in Spalte c des Anhangs 1 der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen - 4. BImSchV - mit dem Buchstaben G gekennzeichnet (§ 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 UmwRG) und für die damit ein Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG vorgeschrieben wäre. Über den Genehmigungsantrag war vielmehr im vereinfachten Verfahren gemäß

§ 19 BImSchG zu entscheiden (vgl. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 der 4. BImSchV).

Mangels einer planwidrigen Lücke kann der Geltungsbereich des UmwRG nicht im Wege einer entsprechenden Anwendung auf den vorliegenden Fall erstreckt werden. Insbesondere dient das UmwRG u. a. hinsichtlich der darin eingeräumten Rechtsbehelfe nach dem Willen des Gesetzgebers der Umsetzung des Art. 9 Abs. 2 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (sog. Aarhus-Konvention - AK; G v. 9.12.2006, BGBl II S. 1251) und der dazu ergangenen europäischen Richtlinien; Bestimmungen dieses Gesetzes können daher nicht analog auf Fälle angewendet werden, die nicht Art. 9 Abs. 2 AK, sondern Art. 9 Abs. 3 AK unterfallen (vgl. hierzu im Einzelnen BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 30 ff. m. w. N.). Der Anwendungsbereich des Art. 9 Abs. 2 AK betrifft nur Fälle des Art. 6 AK, in denen eine Verpflichtung zur Öffentlichkeitsbeteiligung besteht oder nach Einzelfallprüfung bestehen kann. Subsidiär hierzu werden von Art. 9 Abs. 3 AK alle Handlungen und Unterlassungen erfasst, die (möglicherweise) gegen umweltbezogene Bestimmungen des innerstaatlichen Rechts verstoßen. Art. 9 Abs. 3 AK wurde bisher nicht in nationales Recht umgesetzt (vgl. hierzu näher Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, UmwRG vor § 1 Rn. 3).

b) Eine Antragsbefugnis kann sich hier auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung des 9 Abs. 3 AK ergeben, soweit dieser Norm als völkerrechtliche Vorschrift infolge der Transformation in innerstaatliches Recht (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) der Rang eines einfachen (Bundes-)Gesetzes zukommt (vgl. BVerfG, B. v. 15.12.2015 - 2 BvL 1/12 - NJW 2016, 1295/1297). Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz ist zwar mit Art. 9 Abs. 3 AK nicht vereinbar, soweit es bislang in den von Art. 9 Abs. 3 AK geregelten Fällen keine Rechtsbehelfe vorsieht. Allerdings hat der Gesetzgeber an der ausdrücklichen Beschränkung des Anwendungsbereichs auch im Gesetz zur Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer umweltrechtlicher Vorschriften vom 21. Januar 2013 (BGBl I S. 95) festgehalten und damit eine Ausdehnung auf die von Art. 9 Abs. 3 AK erfassten Sachverhalte ausgeschlossen (vgl. BVerwG, U. v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 32 ff.). Bereits aufgrund des lex-posterior-Grundsatzes ergibt sich, dass diese gesetzgeberische Festlegung im Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz einer unmittelbaren Anwendung des Art. 9 Abs. 3 AK entgegensteht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, B. v. 15.12.2015 - 2 BvL 1/12 - NJW 2016, 1295) lässt sich dem Grundgesetz weder eine Verfassungswidrigkeit völkerrechtswidriger Gesetze, noch ein (begrenzter) Vorrang des Völkervertragsrechts vor dem (einfachen) Gesetz oder eine Einschränkung des lex-posterior-Grundsatzes gegenüber Völkervertragsrecht entnehmen.

c) Eine unmittelbaren Anwendung von Art. 9 Abs. 3 AK kann auch nicht aus unionsrechtlichen Grundsätzen hergeleitet werden. Die Aarhus-Konvention ist von der Europäischen Gemeinschaft unterzeichnet und sodann mit Beschluss des Rates vom 17. Februar 2005 (2005/370/EG) genehmigt worden, womit sie integraler Bestandteil der Unionsrechtsordnung ist (EuGH, U. v. 8.3.2011 - C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 30). Allerdings wurde bei der Unterzeichnung der Konvention im Hinblick auf Art. 9 Abs. 3 AK ein Vorbehalt erklärt und wurden keine die Mitgliedstaaten betreffenden europarechtlichen Vorschriften zu dessen Umsetzung erlassen (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, UmwRG vor § 1 Rn. 3). Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) hat dennoch angenommen, dass er für die Auslegung der Bestimmungen von Art. 9 Abs. 3 AK im Hinblick auf ein Interesse an einer einheitlichen Auslegung in der EU zuständig ist (U. v. 8.3.2011 - C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 42 und 43; hierzu kritisch Durner in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Mai 2016, Rn. 84 m. w. N.).

Nach Art. 9 Abs. 3 AK stellt jede Vertragspartei - zusätzlich und unbeschadet der hier nicht einschlägigen Überprüfungsverfahren nach Art. 9 Abs. 1 und 2 AK - sicher, dass Mitglieder der Öffentlichkeit, sofern sie etwaige in ihrem innerstaatlichen Recht festgelegte Kriterien erfüllen, Zugang zu verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren haben, um u. a. die von Behörden vorgenommenen Handlungen anzufechten, die gegen umweltbezogene Bestimmungen ihres innerstaatlichen Rechts verstoßen. Der EuGH hat in seinem Urteil vom 8. März 2011 (C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 45 und 52) festgestellt, dass die Bestimmungen von Art. 9 Abs. 3 AK keine klare und präzise Verpflichtung enthalten, die die rechtliche Situation Einzelner unmittelbar regeln könnte, und ihnen daher keine unmittelbare Wirkung zukommt.

d) Dennoch wäre denkbar, eine Antragsbefugnis mit dem Erfordernis einer europarechtskonformen Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO zu begründen. In der vorgenannten Entscheidung (U. v. 8.3.2011 - C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 50) hat der EuGH ausgeführt, dass der nationale Richter dann, wenn eine mit dem Unionsrecht und insbesondere mit der Habitatrichtlinie geschützte Art betroffen ist, das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen hat, dass es „so weit wie möglich“ im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 AK festgelegten Zielen steht. Da der Antragsteller einen Verstoß gegen das Tötungsverbot nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geltend macht, welches auf Unionsrecht beruht (vgl. Art. 5 Buchst. a) der Richtlinie 2009/147/EG), könnte eine solche erweiternde Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO geboten sein. Hiergegen bestehen jedoch schwerwiegende Bedenken.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner bereits oben zitierten Entscheidung vom 5. September 2013 (7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 38) ein subjektiv-öffentliches Recht eines anerkannten Umweltverbands im Sinne des § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO aufgrund einer europarechtskonformen Auslegung des § 47 Abs. 1 BImSchG bejaht. Es hat in Übereinstimmung mit dem EuGH (U. v. 25.7.2008 - C-237/07 - GewArch 2008, 411 Rn. 39) angenommen, dass zu den unmittelbar betroffenen juristischen Personen, denen durch § 47 Abs. 1 BImSchG ein Klagerecht zur Durchsetzung des materiell-rechtlichen Anspruchs auf Aufstellung eines den zwingenden Vorschriften des Luftqualitätsrechts entsprechenden Luftreinhalteplans eingeräumt wird, auch die nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltverbände gehören.

Der Norm des § 44 Abs. 1 BNatSchG kann jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. z. B. B. v. 16.9.2016 - 22 ZB 16.304 - juris Rn. 20; B. v. 14.9.2015 - 22 ZB 15.1028 - juris Rn. 54) keine drittschützende Wirkung zugemessen werden. Auch der Antragsteller hat nicht aufgezeigt, inwieweit sich aus nationalen oder unionsrechtlichen Normen individualrechtliche Ansprüche zur Durchsetzung dieser artenschutzrechtlichen Vorschrift ergeben könnten.

Diese Bedenken werden jedoch in Rechtsprechung und Literatur teilweise für überwindbar gehalten. Eine Antragsbefugnis zur Stellung eines Normenkontrollantrags (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO) hat der 14. Senat des Verwaltungsgerichtshofs in einem Urteil vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870 - NuR 2016, 790) anerkannten Naturschutzverbänden auch für den Fall zugesprochen, dass diese mit diesem Rechtsbehelf die Verletzung einer unbedingten und hinreichend genauen Bestimmung des objektiven Unionsumweltrechts, die keinen Drittschutz vermitteln, geltend machen. In dieser Entscheidung wird u. a. ausgeführt (Rn. 45), müsse im Lichte des Art. 9 Abs. 3 AK sowie im Interesse des unionsrechtlichen Effektivitätsgebots anerkannten Umweltverbänden in Bezug auf Sachverhalte, die dem Unionsumweltrecht unterliegen, ein weiter Zugang zu Gericht gewährleistet werden, könne die vom Bundesverwaltungsgericht in Erweiterung des Begriffs des subjektiven Rechts anerkannte prokuratorische Rechtsstellung anerkannter Umweltverbände nicht auf unbedingte und hinreichend bestimmte subjektive Umweltnormen (wie § 47 Abs. 1 BImSchG) beschränkt werden. In der Literatur finden sich Stimmen, die diese Rechtsauffassung stützen (vgl. Nachweise in BayVGH, U. v. 28.7.2016 - 14 N 15.1870 - juris Rn. 45). Es wird allerdings auch die gegenteilige Meinung vertreten, wonach eine solche Auslegung des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht veranlasst ist (vgl. z. B. NdsOVG, U. v. 25.5.2016 - 4 KN 154/13 - NdsVBl 2016, 332 Rn. 33). Für die letztere Auffassung sprechen jedenfalls in der hier vorliegenden Fallkonstellation des § 42 Abs. 2 VwGO - wie dargelegt - die sehr klare gesetzliche Regelung gegen die Anwendbarkeit des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und der Vertrauensschutz für die Anlagenbetreiber.

Das Bundesverwaltungsgericht hat wiederholt in Bezug auf Art. 9 Abs. 3 AK betont, dass das Unionsrecht eine Auslegung contra legem im Sinne einer methodisch unzulässigen richterlichen Rechtsfortbildung nicht fordert(U. v. 5.9.2013 - 7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 36 m. w. N.; U. v. 18.12.2014 - 4 C 35/13 - NVwZ 2015, 656/661; U. v. 1.4.2015 - 4 C 6/14 - BVerwGE 152, 10 Rn. 35). Auch der EuGH schränkt in der oben zitierten Entscheidung vom 8. März 2011 (C-240/09 - NuR 2011, 346 Rn. 49) die Forderung nach einer unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts mit der Wendung „so weit wie möglich“ ein. Weiter hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 5. September 2013 (7 C 21/12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 37) klargestellt, dass eine nicht unmittelbar anwendbare Bestimmung wie Art. 9 Abs. 3 AK nicht Anknüpfungspunkt einer Auslegung sein kann, die diese Norm der Sache nach anwendbar macht. Auch in der Folgezeit hat das Bundesverwaltungsgericht im Zusammenhang mit § 42 Abs. 2 Halbs. 2 VwGO daran festgehalten, dass die Subjektivierung des Unionsrechts als Anknüpfungspunkt für ein Klagerecht von Umweltverbänden auf diejenigen Personen beschränkt ist, denen das Unionsrecht Rechte einräumt (U. v. 12.11.2014 - 4 C 34/13 - BVerwGE 150, 294 Rn. 25).

Auch im Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben (BT-Drs. 18/9526) wird an dem Enumerativprinzip für die Verbandsklage festgehalten. Der Anwendungsbereich des UmwRG soll durch weitere Tatbestände erweitert werden (vgl. Entwurf zu § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 6 UmwRG-E, BT-Drs. 18/9526, S. 7 und 8). Mit der vorgesehenen Schaffung dieses Klagerechts bei Zulassungsentscheidungen, die nicht bereits als Industrieanlagen oder Infrastrukturmaßnahmen unter § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG in der bisher geltenden Fassung fallen, soll u. a. § 9 Abs. 3 AK Rechnung getragen werden (BT-Drs. 18/9526 Begr. S. 36). Die vorgesehene gesetzliche Neuregelung in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 4 bis 6 UmwRG-E soll im Übrigen erst für solche Rechtsbehelfe gegen Entscheidungen gelten, die nach einem gesetzlich bestimmten Stichtag (im Gesetzentwurf genannt: 31. Dezember 2016) ergangen sind oder hätten ergehen müssen (§ 8 Abs. 2 UmwRG-E, BT-Drs. 18/9526, S. 12). Eine solche mögliche gesetzgeberische Entscheidung zu einer Stichtagsregelung würde mit einer Annahme einer bereits bestehenden Klagebefugnis im Wege einer erweiternden Auslegung der geltenden Gesetzesfassung umgangen, was mit dem Gewaltenteilungsgrundsatz nicht vereinbar wäre (vgl. BVerwG, U. v. 18.12.2014 - 4 C 35/13 - NVwZ 2015, 656/661). Eine solche Übergangsregelung soll zudem einem grundsätzlich berechtigten Interesse des Vorhabenträgers an der Rechtssicherheit bezüglich seiner Genehmigung Rechnung tragen (vgl. zu den verfassungsrechtlichen Grundlagen der Vorschriften über die Bestandskraft von Verwaltungsakten Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 43 Rn. 14).

Ferner ist zu beachten, dass einer richterlichen Rechtsfortbildung nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (B. v. 24.2.2015 - 1 BvR 472/14 - BVerfGE 138, 377/392 Rn. 41) dann verfassungsrechtlich engere Grenzen gesteckt sind, wenn sich dadurch die rechtliche Situation des Einzelnen verschlechtert. Vorliegend würde sich eine Ausweitung der Klagebefugnis im Wege einer erweiternden Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO zwar einerseits zugunsten des Antragstellers, jedoch andererseits zulasten der Beigeladenen auswirken, soweit damit die formelle Bestandskraft der ihr erteilten immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeschränkt würde. Diese Wirkung des fraglichen Klage- bzw. Antragsrechts in Bezug auf einen den Adressaten begünstigenden Verwaltungsakt unterscheidet die vorliegende Konstellation im Übrigen auch von dem Sachverhalt, welcher der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Juli 2016 (14 N 15.1870 - NuR 2016, 790) zugrunde lag.

2. Der Antrag nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ist jedenfalls unbegründet.

Eine Abwägung des Aussetzungsinteresses des Antragstellers einerseits und des Vollzugsinteresses der Beigeladenen und der Allgemeinheit andererseits ergibt, dass derzeit eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers nicht gerechtfertigt ist. Die Erfolgsaussichten dieser Klage sind nach jetzigem Sach- und Streitstand als nicht sehr groß einzuschätzen.

a) Es ist bereits zweifelhaft, ob die Klage wegen fehlender Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) zulässig ist. Insoweit wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Zulässigkeit des Antrags nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO Bezug genommen. Eine abschließende Klärung dieser schwierigen Rechtsfrage muss allerdings dem Berufungsverfahren in der Hauptsache vorbehalten bleiben.

b) Ob die Klage begründet wäre, erscheint momentan offen.

aa) Soweit eine Klagebefugnis nach § 42 Abs. 2 VwGO anzunehmen wäre, wenn der Antragsteller einen möglichen Verstoß gegen Art. 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG geltend machen könnte, wäre konsequenter Weise im Falle einer festzustellenden Rechtswidrigkeit der angefochtenen Genehmigung wegen eines solchen Verstoßes eine Rechtsverletzung des Klägers anzunehmen, der eine Aufhebungsanspruch begründet (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

bb) Es erscheint derzeit als offen, ob die erteilte Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG bezüglich der Art des Baumfalken rechtmäßig ist.

Der Antragsgegner ist davon ausgegangen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs.1 Nr. 1 BNatSchG für Exemplare des Baumfalken besteht, so dass zu prüfen war, ob die Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG in Betracht kommt (vgl. BayVGH, U. v. 27.5.2016 - 22 BV 15.1959 - Rn. 45). Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof bisher ausdrücklich offen gelassen, ob § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG bei Windkraftanlagen überhaupt Anwendung finden kann und welche Voraussetzungen ggf. an das Vorliegen zwingender Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses im Sinn von § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG und an eine „zumutbare Alternative“ (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG) zu stellen sind (vgl. U. v. 29.3.2016 - 22 B 14.1875, 22 B 1422 B 14.1876 - Rn. 67). Auch in den Urteilen vom 27. Mai 2016 - 22 BV 15.1959 und 22 B22 BV 15.2003 - Rn. 45 bzw. 58 ist insofern keine weitere Klärung erfolgt. Diese Tatbestandsvoraussetzungen lassen sich im vorliegenden Eilverfahren nicht mit der für eine Abschätzung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache erforderlichen Sicherheit klären.

Aufgrund der vorliegenden Aktenlage lässt sich zudem nicht abschließend beurteilen, ob sich durch die Zulassung der Ausnahme der Erhaltungszustand der Populationen der Art des Baumfalken verschlechtert (§ 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG). Das Land-ratsamt hat seine verneinende Einschätzung (vgl. S. 63 bis 65 des Bescheides vom 22.4.2015) maßgeblich auf eine Mitteilung der höheren Naturschutzbehörde vom 28. Januar 2014 gestützt, welche wiederum auf eine Stellungnahme des LfU gleichfalls vom 28. Januar 2014 Bezug nimmt. Eine entgegenstehende Bewertung der unteren Naturschutzbehörde in einer Stellungnahme vom 20. Dezember 2013 wird im Genehmigungsbescheid gleichfalls referiert, jedoch vor allem mit dem Hinweis abgelehnt, diese beziehe sich auf die lokale Population und damit auf eine unzutreffende Bezugsgröße.

Im Genehmigungsbescheid werden die Inhalte dieser Stellungnahme des LfU mit dem einleitenden Hinweis wiedergegeben, dass dadurch die fehlende Besorgnis der Verschlechterung des Erhaltungszustands der Populationen belegt werde. Dies ist nicht ganz nachvollziehbar, weil in der vorgenannten Stellungnahme des LfU lediglich auf abstrakte Fragen zum Erhaltungszustand des Baumfalken in Bayern geantwortet wird; es ist bislang nicht klar ersichtlich, dass diese Fachbehörde auch eine abschließende naturschutzfachliche Bewertung des vorliegenden Einzelfalls zur oben genannten Fragestellung treffen wollte. Dies ergibt sich z. B. aus generalisierenden Formulierungen in der Stellungnahme, die Raum für eine im Einzelfall abweichende Bewertung lassen. So ist davon die Rede, dass üblicherweise Vogelpopulationen Einzelverluste kompensieren könnten. Nur bei seltenen und kleinen Populationen könne grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass der mögliche Verlust einzelner Individuen zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der Population führen könne. Eine Ausnahme sei auch dann kritisch zu sehen, wenn der Zusammenbruch einer lokalen Population zu befürchten wäre, deren Verlust sich negativ auf den Erhaltungszustand der Gesamtpopulation auswirken könnte. Bei einzelnen Windkraftanlagen sei dies meist nicht zu befürchten.

Es ist zwar zutreffend, dass die höhere Naturschutzbehörde in einer Mitteilung vom 16. Januar 2014 den Vorschlag der Genehmigungsbehörde, auf den Naturraum „D 66 Voralpines Moor- und Hügelland“ als Bezugsraum für die Beurteilung der Auswirkungen einer Ausnahmeerteilung auf den Erhaltungszustand der Populationen abzustellen, als „fachlich vertretbar“ bezeichnet hat. Darauf wird im Genehmigungsbescheid (S. 63) hingewiesen, um die darauf bezogene Prüfung des Landratsamtes fachlich zu untermauern. Dies könnte darauf hindeuten, dass die zuständige Behörde hier von dem ihr insofern eingeräumten Beurteilungsspielraum (BayVGH, U. v. 29.3.2016 - 22 BV 14.1875 und 1876 - Rn. 70 m. w. N.) in rechtlich nicht zu beanstandender Weise Gebrauch gemacht hat. Allerdings hat die höhere Naturschutzbehörde an gleicher Stelle ihre eigene Aussage möglicherweise relativiert. Sie hat nämlich darauf hingewiesen, dass fachlich gesicherte Aussagen über Auswirkungen auf der Ebene der biogeographischen Region des jeweiligen Mitgliedstaates bei anderen als weit verbreiteten, ungefährdeten Arten äußerst schwierig seien. Daher sei es üblich, in saP-Studien die Auswirkungen auf die lokale Population zu bewerten und bei einem gesicherten Erhaltungszustand im Wege eines erst-recht-Schlusses diese Ausnahmevoraussetzung zu bejahen. Falls auf lokaler Ebene eine Verschlechterung eintrete, werde versucht, den entsprechenden Nachweis auf der nächsthöheren Ebene zu führen.

Auch der Stellungnahme des LfU vom 28. Januar 2014 ist nicht eindeutig zu entnehmen, auf welche räumliche Ebene sich im vorliegenden Einzelfall die maßgeblichen artenschutzfachlichen Bewertungen beziehen sollten. Gegen eine insoweit getroffene Festlegung spricht etwa die dortige Formulierung, für eine Abgrenzung der lokalen Population einer revierbildenden Art mit großen Aktionsräumen wie dem Baumfalken, der lückig verbreitet und dessen Häufigkeit spärlich sei, würde sich der Bezug zum Naturraum, einer „Gesamt-TK“ (räumliche Einheit in den Arteninformationen des LfU, abzurufen unter http://www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/) oder einem Landkreis anbieten. Im Übrigen enthält die Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20. Dezember 2013 durchaus Aussagen hinsichtlich der Populationen in anliegenden TK-Blatt-Quadranten und im betreffenden Landkreis insgesamt, die den vorstehenden Hinweisen des LfU zufolge möglicherweise doch als Bezugsräume in Betracht kommen.

Nach alledem wäre im Rahmen des Berufungsverfahrens ggf. noch abschließend zu klären, ob eine tragfähige naturschutzfachliche Einschätzung zum Erhaltungszustand der Population des Baumfalken für den vorliegenden Einzelfall vorliegt, auf welche die Ausnahmeerteilung gestützt werden kann.

cc) Nach derzeitigem Sachstand ist eher nicht davon auszugehen, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne von § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG für Exemplare der Art des Rotmilans gegeben ist.

Bei der Prüfung der Frage, ob der artenschutzrechtliche Verbotstatbestand erfüllt ist, steht der öffentlichen Verwaltung auch in immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren einschließlich solcher, die die Errichtung und den Betrieb von Windkraftanlagen zum Gegenstand haben, ein naturschutzfachlicher Beurteilungsspielraum zu (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 - 7 C 40.11 - NVwZ 2014, 524 Rn. 14). Diese Einschätzungsprärogative bezieht sich sowohl auf die Erfassung des Bestands der geschützten Arten als auch auf die Bewertung der Gefahren, denen die Exemplare dieser Art bei einer Verwirklichung des zur Genehmigung stehenden Vorhabens ausgesetzt sein würden (BVerwG, U. v. 27.6.2013 a. a. O. Rn. 14; U. v. 21.11.2013 a. a. O. Rn. 19). Es ist vom Antragsteller nicht konkret dargelegt worden und derzeit auch sonst aufgrund des vorliegenden Aktenmaterials nicht ersichtlich, dass die höhere Naturschutzbehörde und das LfU, deren naturschutzfachliche Bewertung bei der Erteilung der angefochtenen Genehmigung zugrunde gelegt wurde, die Grenzen dieses Beurteilungsspielraums überschritten hätten.

Die höhere Naturschutzbehörde geht in einem Schreiben vom 10. April 2015 nach Abstimmung mit dem LfU (vgl. dortiges Schreiben vom 16.3.2015) davon aus, dass ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko in Bezug auf einen vermuteten Rotmilan-Horst in 3,3 km Entfernung zum geplanten Anlagenstandort nicht gegeben ist. Ein möglicher weiterer aktueller Brutnachweis in einem Abstand von 2,5 km zum geplanten Anlagenstandort sei offensichtlich nicht durch Verortung erbracht. Da sich der Abstand eines solchen weiteren Brutnachweises innerhalb des bereits untersuchten Prüfbereichs befinde, ändere sich an den bisherigen Bewertungen nichts.

In einem vom Landratsamt beauftragten Gutachten vom 3. Juni 2014 (dort S. 26) wird zwar einerseits festgestellt, dass ein signifikant längerer Aufenthalt des Rotmilans im Gefahrenbereich der Anlage gegenüber angrenzenden, ebenfalls genutzten Bereichen nicht festzustellen sei. Andererseits werde der Waldbestand um den strittigen Windkraftanlagenstandort im Gefahrenbereich mit zwölf Flügen häufiger genutzt als andere einsehbare Waldbestände, für die nur 6 bis 7 Überflüge erfasst worden seien. Auf Beobachtungstage bezogen sei festzustellen, dass der Rotmilan an ca. 81% der Tage, in denen er sich im Gebiet aufhalte, zumindest einen Einflug in den Gefahrenbereich unternehme. Somit sei von einer zumindest regelmäßigen Nutzung des Gefahrenbereichs bei Flügen in Nahrungshabitate durch den Rotmilan im Gebiet auszugehen, die neben der rein zeitlichen Aufenthaltsdauer eine entscheidende Richtgröße darstelle. Damit erscheine die Anforderung an ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko derart erfüllt, dass regelmäßige Aufenthalte im Gefahrenbereich bei allen Flügen in Nahrungshabitate vorliegen würden, so dass keine Meidung oder ein seltenes Überfliegen der Anlage festzustellen sei. Auch die räumliche Verteilung der erfassten Flüge weise auf eine Konzentration im Gefahrenbereich bzw. dessen näherem Umfeld hin. Um diese Einschätzung zu quantifizieren, sei ein Vergleich der Nutzungsintensität des Rotmilans in einem Gefahrenbereich (250 m-Radius) einerseits mit derjenigen innerhalb des „Prüfbereichs“ (1.500 m-Radius) vorgenommen worden.

Diese Betrachtung geht wohl am Ansatz des sogenannten bayerischen Windkrafterlasses (in der zur Zeit der Genehmigungserteilung geltenden Fassung vom 20. Dezember 2011) vorbei, die Frage einer erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeit bezogen auf den gesamten Prüfbereich für den Rotmilan (6.000 m-Radius um das Revierzentrum für regelmäßig aufgesuchte Nahrungshabitate nach Anlage 2, Spalte 2 zum Windkrafterlass) festzustellen. Nach dem Windkrafterlass 2011 (S. 42) muss jeweils orts- und vorhabenspezifisch entschieden werden, ob das Tötungsrisiko im Prüfbereich signifikant erhöht ist. Dazu muss plausibel dargelegt werden, ob es in diesem Bereich der geplanten Anlage zu höheren Aufenthaltswahrscheinlichkeiten kommt oder der Nahbereich der Anlage, z. B. bei Nahrungsflügen, signifikant häufiger überflogen wird. Eine großräumige und diffuse Verteilung der Nahrungshabitate außerhalb der in Anlage 2, Spalte 2 genannten Abstände führt in der Regel nicht zu erhöhten Aufenthaltswahrscheinlichkeiten im Nahbereich einer Anlage. Vielmehr müssen die Nahrungshabitate eine räumlich gut abgrenzbare kleinere Teilmenge innerhalb der Prüfkulisse nach Anlage 2, Spalte 3, darstellen, die regelmäßig über die Anlage angeflogen werden. Die im Windkrafterlass aufgestellten Anforderungen an die Ermittlung artenschutzrechtlich ggf. entscheidungserheblicher Umstände sind, da sie auf landesweiten fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen beruhen, als ein „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen, in dem die aus fachlicher Sicht im Regelfall zu beachtenden Erfordernisse dargestellt werden; von diesen Vorgaben darf nicht ohne fachlichen Grund und ohne gleichwertigen Ersatz abgewichen werden (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738).

Von diesen Grundsätzen des Windkrafterlasses geht die vom LfU angestellte Bewertung (vgl. Stellungnahme vom 16.3.2015) aus und konkretisiert diese. Sie legt bei ihrer Bewertung die Überlegung zugrunde, dass bei der Prüfung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos im Zusammenhang mit Nahrungshabitaten oder anderen regelmäßigen Flugaktivitäten der gleiche Maßstab hinsichtlich häufiger und wiederholter Aufenthalte anzulegen sei wie bei Flugbewegungen im Umfeld von Neststandorten. Dies sei dann geben, wenn die Aufenthaltswahrscheinlichkeit in einem entfernt gelegenen Nutzungsbereich nach Anlage 2, Spalte 3 des Windkrafterlasses ähnlich hoch anzusetzen sei wie am äußeren Rand des Prüfbereichs nach Anlage 2, Spalte 2. Mit dieser Annahme solle ausgeschlossen werden, dass eine zu geringe Anzahl an Flugbeobachtungen zum Beispiel beim einmaligen oder sehr seltenen Durchflug des Gefahrenraumes für die weitere Kalkulation im Zusammenhang mit einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko herangezogen werde. Bezogen auf die tatsächliche Gesamtflugzeit betrage der mithilfe von Ergebnissen von Telemetriearbeiten rechnerisch ermittelte Anteil der Aufenthaltszeit im Gefahrenbereich nur 1,2%. Dieser rechnerisch ermittelte Erwartungswert von 1,2% der Flugbeobachtungen sei wegen bestimmter Unwägbarkeiten um eine Spanne „X“ zu erhöhen, damit die in einem Gutachten festgestellten Beobachtungen ausreichten. Diese Spanne werde in einer Arbeitshilfe zum Windkrafterlass festzulegen sein; sie werde jedenfalls über der hier ermittelten Aufenthaltszeit im Gefahrenbereich von 15,9 Minuten liegen.

Der Antragsteller setzt sich in der Antragsbegründung vom 2. November 2016 mit diesen naturschutzfachlichen Bewertungen nicht konkret auseinander. Er bezieht sich maßgeblich auf eine fachliche Stellungnahme vom 30. September 2014 zu dem vom Landratsamt beauftragten Gutachten vom 3. Juni 2014 und zu einer fachlichen Stellungnahme im Auftrag der Beigeladenen vom 21. August 2014. Diese Stellungnahme vom 30. September 2014 hält die Einschätzung im Gutachten vom 3. Juni 2014 für fachlich insgesamt nachvollziehbar und geht aufgrund der festgestellten Flugbewegungen von mindestens einem weiteren Rotmilanpaar aus. Weiter weist der Antragsteller auf mögliche Gründe für eine angenommene überdurchschnittliche Aufenthaltswahrscheinlichkeit hin (z. B. günstige Thermik). Diese fachlichen Bewertungen betreffen allerdings nicht die oben genannten Aussagen in den Stellungnahmen der höheren Naturschutzbehörde und des LfU. Auch in der Klagebegründung hat der Antragsteller keine substantiierten Einwände gegen die Bewertungen der höheren Naturschutzbehörde und des LfU erhoben. Er belässt es im Wesentlichen bei der pauschalen Rüge, die vom LfU für erforderlich gehaltene Korrektur des statistischen Werts von 1,2% könne nicht als wissenschaftlich fundierte Grundlage dafür dienen, die faktisch festgestellte bevorzugte Raumnutzung des potentiellen Gefahrenbereichs als nicht relevant zu bewerten (S. 17 des Schriftsatzes vom 30.7.2015). Im Übrigen enthalten die Stellungnahmen des LfU vom 16. März 2015 und der höheren Naturschutzbehörde vom 10. April 2015 jeweils eine sehr ausführliche Begründung des Korrekturfaktors zur statistisch berechneten Aufenthaltswahrscheinlichkeit.

c) Auch eine Interessenabwägung im Übrigen ergibt, dass derzeit das Vollzugsinteresse insbesondere der Beigeladenen das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwiegt. Vor allem ist zu beachten, dass derzeit am ehesten in Bezug auf den Baumfalken in Betracht kommt, dass durch den Betrieb der strittigen Windkraftanlage ein signifikant erhöhtes Tötungsrisiko im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG verursacht wird und offen ist, ob insoweit eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG rechtmäßiger Weise erteilt werden konnte. Eine etwaige Gefährdung für die Population des Baumfalken kann frühestens ab dessen Rückkehr in das Brutgebiet angenommen werden, die gemäß den Arteninformationen des LfU im April bzw. Mai erfolgt. Diese Angaben können im vorliegenden Verfahren zugrunde gelegt werden. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 29. März 2016 - 22 B 14.1875 und 1876 (Rn. 84) ausgeführt hat, stellen sich diese Arteninformationen als allgemeiner, gesicherter Stand des vogelkundlichen Wissens dar. Der Windkrafterlass Bayern „inkorporiert“ diese Unterlagen gleichsam durch Verweisung, welche dadurch an seinem Charakter als „antizipiertem Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ (BayVGH, U. v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738) teilnehmen.

Im Rahmen der für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes maßgeblichen Interessenabwägung ist auch zu beachten, dass nach den oben zitierten naturschutzfachlichen Aussagen der höheren Naturschutzbehörde und des LfU die Errichtung und der Betrieb der strittigen Windkraftanlage wohl nicht zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustands der Population des Baumfalken führen dürften.

Zudem ist hier der erhebliche wirtschaftliche Schaden infolge eines Stillstands der fertig gestellten strittigen Windkraftanlage zu berücksichtigen. Durch den Betrieb dieser Anlage werden auch keine (weiteren) nur schwer rückgängig zu machenden Tatsachen geschaffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO.

Der Streitwert bemisst sich nach § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Nrn. 1.5, 19.2 und Nr. 2.2.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.

Tenor

I. Der Antrag auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen wird abgelehnt.

II. Der Beigeladene trägt die Kosten des Ergänzungsverfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beigeladene darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Am 30. Juni 2014 wurde dem Beigeladenen das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 zugestellt. Die Kostenentscheidung in Nr. III des Urteilstenors lautet: „Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Rechtszügen tragen die Klägerin die Hälfte, der Beklagte und der Beigeladene je ein Viertel.“ Die Begründung für die Kostenentscheidung lautet: „Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO“. Die Beschwerde des Beigeladenen gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 16. September 2014 -4 B 48.14 - kostenpflichtig zurückgewiesen.

Am 27. Oktober 2016 beantragte der Beigeladene beim Verwaltungsgerichtshof, das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - dahingehend zu ergänzen, dass die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen anteilig entsprechend Nr. III des Urteilstenors von der Klägerin zu erstatten sind. „Hilfsweise“ beantragte der Beigeladene Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Beigeladenen sei erst im Rahmen der Kostenfestsetzung durch Schreiben des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 21. Oktober 2016 mitgeteilt worden, dass das Urteil vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - keinen Ausspruch über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen enthalte. Hilfsweise solle statt der Ergänzung des Urteils eine Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit des Urteils vorgenommen werden.

Alle Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne weitere mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.

Gründe

Der Antrag des Beigeladenen auf Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Juni 2014 - 22 B 13.1358 - (Nr. III des Urteilstenors) um eine Entscheidung über die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen hat keinen Erfolg.

Eine - wie hier geltend gemacht - unvollständige Kostenentscheidung kann nach § 120 Abs. 1 VwGO nur auf Antrag ergänzt werden. Eine Ergänzung von Amts wegen kommt angesichts des klaren Wortlauts des Gesetzes nicht in Betracht.

Der Antrag des Beigeladenen ist unzulässig, weil verfristet. Der Antrag ist nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes fristgebunden (§ 120 Abs. 2 VwGO). Er muss binnen zwei Wochen nach Zustellung des Urteils gestellt werden, die hier am 30. Juni 2014 stattfand (vgl. zur Fristgebundenheit des Antrags nach § 120 VwGO auch BVerwG, B.v. 28.6.1993 - 7 B 143/92 - NVwZ-RR 1994, 236 und B.v. 2.6.1999 - 4 B 30/99 -NVwZ-RR 1999, 694). Der Beigeladene hat den Antrag mehr als zwei Jahre zu spät, nämlich erst am 27. Oktober 2016, gestellt.

Der Beigeladene hat auch keine Tatsachen dargelegt, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO) rechtfertigen könnten. Die gesetzliche Zweiwochenfrist mag kurz erscheinen. Der Bundesgesetzgeber betrachtet es aber als eine Obliegenheit der Beteiligten, die ihnen zugestellte gerichtliche Entscheidung innerhalb einer kurzen Frist darauf zu überprüfen, ob die Kostenfolge darin ganz oder zum Teil übergangen ist (Kilian in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 120 Rn. 15, 17, 18). Dieser Obliegenheit ist der anwaltlich vertretene Beigeladene im vorliegenden Fall nicht gerecht geworden. Auf Rechtsunkenntnis oder Rechtsirrtum kann sich ein Rechtsanwalt, dessen Verschulden dem Verschulden des Beteiligten gleich steht (§ 85 Abs. 2 ZPO), nur in seltenen Ausnahmefällen berufen (vgl. dazu Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 60 Rn. 86 m.w.N.). Dazu hat der Beigeladene keine Tatsachen vorgetragen.

Der vom Beigeladenen „hilfsweise“ angeführte Weg der Berichtigung einer offenbaren Unrichtigkeit (§ 118 VwGO) scheidet hier aus. Offenbar ist eine etwaige Unrichtigkeit nur dann, wenn sie sich als solche aus dem Urteil unmittelbar selbst, mindestens aber aus Vorgängen beim Erlass, ergibt. Die Unrichtigkeit muss in irgendeiner Weise nach außen treten (Kilian in Sodan/Ziekow, a.a.O., § 118 Rn. 7 m.w.N.). Es muss ein Hinweis zu finden sein, dass der betreffende Gegenstand zwar richtig beraten und beschlossen, aber falsch in das Urteil aufgenommen wurde. Daran fehlt es hier bei der Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen. Die Entscheidungsgründe des Urteils sagen dazu nichts aus. Zudem sind Unrichtigkeiten, denen ein wertender Charakter eigen ist, nicht offenbar (Kilian a.a.O. Rn. 8). Dies wäre hier die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit an Hand des Maßstabs der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.

Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Nichtzulassung der Revision: § 132 Abs. 2 VwGO. Ein Fall des § 158 Abs. 1 VwGO liegt nicht vor, weil die Ergänzbarkeit des Urteils in Rede steht (Rennert in Eyermann, 14. Aufl. 2014, § 120 Rn. 9).

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) zu tragen. Die Beigeladene zu 2) trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung von immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen für vier Windkraftanlagen.

Die Klägerin, eine Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, beantragte unter dem … Oktober 2012 beim Landratsamt Eichstätt (Landratsamt) die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ „RE Power“ 3,4 M 104 mit einer Leistung von 3,4 MW und einer Gesamthöhe von 180 m auf dem Grundstück FlNr. 252 Gemarkung P … Unter dem … April 2013 beantragte sie nahe diesem Standort zwei weitere solche Genehmigungen für jeweils eine Windkraftanlage des Typs „Nordex N 117“ mit einer Leistung von 2,4 MW und einer Gesamthöhe von 199 m auf den Grundstücken FlNr. 487 und FlNr. 495 Gemarkung A …, ferner unter dem ... Mai 2013 eine weitere solche Genehmigung für eine Windkraftanlage gleichen Typs auf dem Grundstück FlNr. 473 Gemarkung A … in der Nähe der drei zuvor genannten Standorte.

Mit Schreiben vom … März 2014 beantragte die Klägerin erneut die Erteilung der oben genannten Genehmigungen, aus artenschutzrechtlichen Gründen jedoch mit der Maßgabe einer zeitlichen Betriebsbeschränkung (Bl. 527 d. Behördenakte „252“).

Alle vier Standorte befinden sich in einer Entfernung von etwa 1,1 bis 1,5 km von der Erdbebenmessstation mit der Bezeichnung „GRC 1“ in der Nähe der Ortschaften E … und A …, einer Breitbandstation der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (Bundesanstalt), die zu einer Reihe von insgesamt 13 Erdbebenmessstationen (Breitbandstationen) des sogenannten „Gräfenberg-Array“ gehört und - ebenso wie die anderen 12 Stationen - von der Bundesanstalt betrieben wird.

Die Vorhabenstandorte liegen im Gebiet der Beigeladenen zu 1), in deren Flächennutzungsplan in der am 2. April 2001 bekanntgegebenen Änderungsfassung vier Flächen für Windkraftanlagen dargestellt sind. Diese Flächen umfassen die von der Klägerin beantragten Standorte nicht.

Die vom Landratsamt im Genehmigungsverfahren beteiligte Bundesanstalt, deren Träger die Beigeladene zu 2) ist, trug mit Schreiben vom 17. November 2013, ergänzt durch Schreiben vom 26. März 2014, zu den vier Vorhabenstandorten vor, der Betrieb der darauf geplanten Anlagen könne zu einer Störung der Breitband-Messergebnisse der Station GRC 1 führen; ein Mindestabstand der Anlagen zu dieser Station von 5 km sei erforderlich. Das ebenfalls im Verfahren beteiligte Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (Bundesamt) teilte mit Schreiben vom 24. März 2014 unter anderem mit, der auf FlNr. 473 beantragten Anlage könne wegen flugsicherungstechnischer Bedenken nicht zugestimmt werden, da sich deren Standort in der Nähe einer Radarstation eines Flugplatzes befinde und funktionsstörende Auswirkungen auf diese Station haben könnte.

Die Beigeladene zu 1) verweigerte zum Vorhaben der Klägerin das Einvernehmen und beschloss am 24. Januar 2014 die Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplanes „Windkraft“ mit sieben Konzentrationszonen für Windkraftanlagen, die die Vorhabenstandorte der Klägerin nicht umfassen.

Mit vier im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden vom 2. April 2014, der Klägerin jeweils am 8. April 2014 zugestellt, lehnte das Landratsamt deren Anträge zur Errichtung und zum Betrieb von Windkraftanlagen an den genannten Standorten ab. Zur Begründung wird ausgeführt, die Standorte lägen außerhalb der im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) dargestellten Konzentrationsflächen für Windkraft. Zudem würden die Außenbereichsvorhaben schädliche Umwelteinwirkungen dadurch hervorrufen, dass durch die zu erwartenden Erschütterungssignale der Anlagen die Messergebnisse der seismologischen Messeinrichtung GRC 1 als Teil des aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehenden Gräfenberg-Array beeinträchtigt würden. Dieses Messnetzwerk diene u.a. der Überwachung von Erdbebentätigkeit innerhalb und außerhalb Deutschlands und arbeite mit hochempfindlichen Messgeräten. Die Standorte seien sorgfältig abseits von größeren Wohn- oder Industrieanlagen und häufig frequentierten Verkehrswegen gewählt, um störende Signaleinträge zu vermeiden. Das in den 70er-Jahren des vorigen Jahrhunderts errichtete, weltweit erste digitale Breitband-Array zeichne kontinuierlich Bodenbewegungen auf und liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitband-Datenbasis in Deutschland. Durch die von Windkraftanlagen erzeugte Rotationsbewegung und Neigung aufgrund unterschiedlicher Windlasten würden Erschütterungssignale erzeugt, die über den Turm und das Fundament in den Boden übertragen und sich von dort in alle Richtungen ausbreiten würden. Die Signale seien über einen breiten Frequenzbereich verschmiert. Ein nachträgliches Entfernen der Störsignale sowie der Verschmierung der Ergebnisse im Frequenzbereich der Messstation sei nicht möglich. Der fachlich erforderliche Mindestabstand von 5 km um die Messstation werde von den beantragten Standorten der Windkraftanlagen deutlich unterschritten. Die Messstation diene auch der Registrierung weltweit durchgeführter Nuklearwaffenversuche auf der Basis des völkerrechtlich verbindlichen Kernwaffenteststoppvertrags von 1996. Zudem sei das Messnetzwerk Bestandteil der Infrastruktur des Bundes zur Katastrophenvorsorge und -reaktion. Es diene der automatischen Erkennung seismischer Ereignisse und der Alarmierung zuständiger Einrichtungen. Innerhalb des genannten Mindestabstands um die Messstation stünden deshalb den beantragten Vorhaben öffentliche Belange entgegen. Die Genehmigung sei aufgrund des bauplanungsrechtlichen Rücksichtnahmegebots zu verweigern. Das Vorhaben auf dem Grundstück FlNr. 473 sei auch aus flugsicherungstechnischer Sicht nicht genehmigungsfähig, da sich dieser Standort in der Nähe einer Radarstation eines Flugplatzes befinde und die Rotorbewegungen der Anlage zu Erfassungsverlusten eines Luftfahrzeugs führen könnten.

Die Klägerin erhob durch Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom … April 2014 am 22. April 2014 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragt,

  • 1.die vier Ablehnungsbescheide des Landratsamts Eichstätt vom 2. April 2014 aufzuheben und

  • 2.den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin gemäß ihrem Antrag vom … März 2014 immissionsschutzrechtliche Genehmigungen zur Errichtung und zum Betrieb jeweils einer Windkraftanlage auf den Grundstücken FlNr. 487, 495 und 473 Gemarkung A* … und FlNr. 252 Gemarkung P* … zu erteilen,

hilfsweise, den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin vom … März 2014 erneut und gemäß der Rechtsaufassung des Gerichts zu entscheiden.

Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, die Darstellung im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) von 2001 stehe nicht entgegen, da darin keine Ausschlusswirkung im Sinne von § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB beabsichtigt sei. Eine wissenschaftlich tragfähige Grundlage für die Prognose, dass es durch die beantragten Vorhaben zu Beeinträchtigungen von Messergebnissen der Breitbandmessstation GRC 1 komme, gebe es nicht. Weder eine Verpflichtung zur Einhaltung des Kernwaffenteststoppvertrages noch eine solche zur Gewährleistung der Katastrophenvorsorge und -reaktion stehe der Genehmigungsfähigkeit der beantragten Anlagen entgegen. Durch die Verwendung von aktivem oder passivem Vibrationsschutz könne eine eventuelle Beeinträchtigung der Messempfindlichkeit vermieden werden. Die Windkraftanlage auf FlNr. 473 könne mit einem Abschaltmechanismus bei Überflügen von Luftfahrzeugen versehen werden. Zur Gewährleistung störungsfreier Messergebnisse könne die Messstation an einen anderen Standort verlegt werden. Die im Bescheid genannten öffentlichen Belange könnten sich nicht gegen privilegierte Anlagen durchsetzen. Es sei möglich, Störsignale, die gegebenfalls durch Rotation an den beantragten Anlagen erzeugt würden, aus den seismologischen Messergebnissen herauszurechnen. Bei der Entscheidung über die beantragten Vorhaben sei die Bodenbeschaffenheit an den Standorten zu berücksichtigen. Die Klägerin legte hierzu umfangreiche Stellungnahmen von Baugrundgutachtern sowie eines … Ingenieurbüros vor.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt er im Wesentlichen Bezug auf die im Bescheid genannten Ablehnungsgründe.

Die Beigeladene zu 1) beantragt ebenfalls,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie zunächst vor, die Darstellung von Konzentrationsflächen für Windkraft im Flächennutzungsplan der Änderungsfassung von 2001 stehe den beantragten Vorhaben entgegen. Die beantragten Standorte lägen außerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Konzentrationsflächen.

Die Beigeladene zu 2) stellt keinen Antrag.

Auf Grund Beweisbeschlusses vom 11. Dezember 2015 legte ein Seismologe der …-Universität … ein Gutachten vom … Juli 2016 zur Beantwortung der Fragen vor, ob es durch die Rotationsbewegungen der beantragten Windkraftanlagen zu Störungen der Messergebnisse der Breitbandmessstation GRC 1 kommen und ob solche Störungen durch die Verlegung der Station und durch Verwendungen von Dämpfungsmaßnahmen vermieden werden könnten. Der Sachverständige kam im Gutachten im Wesentlichen zu der Auffassung, dass die Nähe der beantragten Windkraftanlagen zur Untauglichkeit der Messergebnisse der Station GRC 1 mit Auswirkungen auf das gesamte Messergebnis des Gräfenberg-Array führen würde. Das könne weder durch eine Stationsverlegung noch durch die Verwendung von Dämpfungsmaßnahmen vermieden werden. Die Klägerin widersprach dem Gutachtensergebnis.

Die Beigeladene zu 1) setzte den am 14. April 2016 beschlossenen sachlichen Teilflächennutzungsplan „Windkraft“ am 9. Mai 2016 in Kraft und führte in diesem Zusammenhang aus, jedenfalls nunmehr lägen wirksame Konzentrationsflächen mit einer entsprechenden bauplanungsrechtlichen Ausschlusswirkung vor. Die Klägerin entgegnete hierzu, auch die Darstellungen dieser Fassung des Flächennutzungsplans entfalte keine Ausschlusswirkung gegenüber den beantragten Vorhaben. Es liege eine Verhinderungsplanung vor, gegen die sie im Aufstellungsverfahren zahlreiche Einwände erhoben habe. Deshalb seien die darin enthaltenen Darstellungen unwirksam.

Am 1. September 2016 trat die gemeinsame Bekanntmachung mehrerer Bayerischer Staatsministerien vom 19. Juli 2016 der „Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (WEA)“ (Windenergie-Erlass - BayWEE) in Kraft. Darin wird unter Nr. 7.3.4 („Erdbebenmessstationen“) Folgendes ausgeführt:

„Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

a) Station GERES bei Haidmühle der BGR (…) Es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): Haidhof (GRA 1), Wildenfels (GRA 2), Leutzdorf (GRA 3), Stöppach (GRA 4), Brünnthal (GRB 1), Reichertswinn (GRB 2), Eglhofen (GRB 3), Heldmannsberg (GRB 4), Ödberg (GRB 5), Eglofsdorf (GRC 1), Böhmfeld (GRC 2), Steinsdorf (GRC 3), Raitenbuch (GRC 4); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist.

c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: Fürstenfeldbruck (FOR), Wettzell (WET), Manzenberg (MANZ), Jochberg (RJOB) und Rotzenmühle (ROTZ); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes (…); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnungen wieder.“

Die Klägerin führt hierzu aus, bei Nr. 7.3.4 BayWEE handele es sich um kein antizipiertes Sachverständigengutachten, da es keine Standards setze und keine fundierte Erfassungsmethode enthalte, was nach der obergerichtlichen Rechtsprechung Voraussetzung für die Annahme eines solchen Sachverständigengutachtens sei. Eine vorweggenommene Beurteilung von Schwingungsdämpfung finde dort nicht statt. Es sei auch kein Konzept zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des Beobachtungsnetzes Gräfenberg-Array ersichtlich. Die Messstation GRC 1 sei keine im Außenbereich privilegierte Anlage und genieße auch keinen Bestandsschutz, da sie nicht formell genehmigt worden sei. Unter Bezugnahme auf eine Stellungnahme des … Seismologen Dr. C. P. vom … Januar 2017 trägt die Klägerin weiter vor, es sei möglich, den Standort der Messstation innerhalb des Gräfenberg-Array zu ändern, ohne die Funktion und Datenqualität des gesamten Stationsnetzes zu beeinträchtigen. Hierzu könne ein sechsmonatiger Parallelbetrieb zwischen der bisherigen und der verlegten Station erfolgen. Durch Pfahlgründung der beantragten Anlagen könne eine Schwingungsreduzierung erreicht werden. Das ergebe sich aus den vorgelegten Baugrundgutachten.

Das Gericht hat am 14. Oktober 2014, 19. Mai 2015, 8. November 2016 und 24. Januar 2017 zur Sache mündlich verhandelt. In der letzten mündlichen Verhandlung erklärte der Seismologe Dr. J. W. als Vertreter des Erdbebendienstes Bayern und Beschäftigter der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU München), er sei etwa im Jahr 2011 aufgrund eines Auftrags durch das Bayerische Landesamt für Umwelt (LfU Bayern) erstmals mit der Frage der Auswirkung von Windkraftanlagen auf bestehende Erdbebenmessstationen befasst worden. Es sei daraufhin - bezogen auf die regionalen Messstationen des deutschen seismologischen Regionalnetzes (Breitbandstationen) - eine Analyse der Unruhebedingungen durch Auswertung der bereits seit 2001 durchgeführten Messungen erfolgt. Die Empfindlichkeit des Gräfenberg-Array sei nicht durch eigene Analysen und Messungen bewertet worden, vielmehr habe er auf die zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen und die seit den 70er-Jahre bestehenden fachwissenschaftlichen Erfahrungen mit den Messstationen der Bundesanstalt zurückgegriffen. Hieraus resultiere die Schutzwürdigkeit des Gräfenberg-Array. Seinen Untersuchungen seien Windkraftanlagen mit einer Nabenhöhe bis zu 70 m zugrunde gelegt worden. Aus heutiger Sicht sei das zu niedrig und der daraus abgeleitete Mindestabstand zu kurz benannt. Bei seinen Untersuchungen habe er einen Frequenzbereich von 1 bis 20 Hertz betrachtet. Die Bodenbeschaffenheit habe er ebenso wenig berücksichtigt wie die Anlagentypen. Es seien vier Bestandswindkraftanlagen in unterschiedlichen Abständen zu vier existierenden Stationen des Bayerischen Erdbebendienstes untersucht und jeweils Vergleichsmessungen vor und nach Errichtung der Windkraftanlagen durchgeführt worden. Die Gründung der Anlagen sei unberücksichtigt geblieben. In einem fünften Fall sei später eine Messung unmittelbar im Fundament durchgeführt worden. Im Rahmen seiner Untersuchung seien die Einsprüche von Windkraftanlagenbetreibern behandelt und die Empfehlungen hierauf nachjustiert, die empfohlenen Radien hierbei jedoch nicht mehr verändert worden. Die so gewonnenen fachlichen Erkenntnisse seien über das Landesamt für Umwelt in den Windenergie-Erlass 2016 eingeflossen. Der starre Schutzradius von 5 km um die Stationen des Gräfenberg-Array sei „quasi eine gegriffene Größe“. Eine Einzelprüfung sei deshalb nicht in Betracht gezogen worden, weil jede einzelne Station des Gräfenberg-Array für das Gesamtergebnis von so hoher Bedeutung sei, dass auch der Ausfall einer einzigen Station nicht riskiert werden sollte. Der Abstand von 5 km zu den Stationen des Gräfenberg-Array sei von den Messungen aus den Abständen existierender Messstationen zu bestehenden Windkraftanlagen abgeleitet worden. Entsprechend sei für die regionalen Messstationen des Erdbebendienstes Bayern ein Zuschlag gemacht worden. Die so gewonnen Schutzradien seien analog auf die Breitbandstationen der Bundesanstalt übertragen worden.

Der Bevollmächtigte der Klägerin entgegnete hierzu, die Untersuchungen des Beigeladenen könnten nicht als Grundlage für ein antizipiertes Sachverständigengutachten dienen, weil die ortsspezifischen Parameter und Grundlagen nicht berücksichtigt worden seien. Der Vertreter des Erdbebendienstes sei bei seinen Erläuterungen von einem groben Rahmen, einer möglichst einfachen Handhabung und von einer möglichst simpel kommunizierbaren Größe ausgegangen.

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist im Haupt- und Hilfsantrag jeweils zulässig, aber unbegründet. Die angefochtenen Ablehnungsbescheide des Landratsamtes vom 2. April 2014 verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, da diese weder auf die Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung der beantragten immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen noch auf dessen Verpflichtung, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, einen Anspruch hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 und 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich (Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 133 Rn. 217, 218).

1. Die vier streitgegenständlichen Windkraftanlagen, die aufgrund ihrer jeweiligen Gesamthöhe gemäß § 4 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), § 1 Abs. 1 der 4. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissions-schutzgesetzes (4. BImSchV) i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, sind nicht genehmigungsfähig, da die Einhaltung immissionsschutzrechtlicher Vorschriften zum für die von der Klägerin erhobene Verpflichtungsklage relevanten Rechts- und Sachstand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung des Gerichts nicht sichergestellt ist.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG sind genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Da die beantragten Windkraftanlagen den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE vom 19. Juli 2016 für die Breitbandmessstation GRC 1 genannten Mindestabstand von 5 km nicht einhalten, ist davon auszugehen, dass durch sie erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können. Nr. 7.3.4 BayWEE stellt insoweit ein seismologisches antizipiertes Sachverständigengutachten dar.

1.1 Nr. 7.3.4 BayWEE ist als Bestandteil der Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, die für die Entscheidung über die vorliegende Verpflichtungsklage maßgeblich ist, anwendbar. Der am 19. Juli 2016 bekannt gegebene Windenergie-Erlass ist nach seiner Nr. 12 Satz 1 am 1. September 2016 in Kraft getreten (AllMBl 2016 S. 1642). Dagegen sind die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).

1.2 Nr. 7.3.4 BayWEE ist keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift, sondern als für die Gerichte verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ anzusehen und anzuwenden (BayVGH, B.v. 29.12.2016 - 22 CS 16.2162 - ZNER 2017, 75 - juris Rn. 54 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736/738). Da die Vorhabenstandorte den von Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE geforderten Mindestabstand zur Station GRC 1 nicht einhalten, ist davon auszugehen, dass durch die darauf geplanten Windkraftanlagen erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorgerufen werden können. Das steht einem Genehmigungsanspruch der Klägerin nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG entgegen.

Der in Nr. 7.3.4 Satz 1 und 2 BayWEE beschriebene Umstand, dass durch von Windkraftanlagen erzeugte Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertungsgenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, belegt als antizipiertes Sachverständigengutachten, dessen Aussagen von der zuständigen Genehmigungsbehörde nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden dürfen (BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Ls., zum artenschutzfachlichen Fall eines antizipierten Sachverständigengutachtens im BayWEE 2011), dass erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. a bis d BayWEE genannten Mindestabstände hervorgerufen werden.

Die Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten des Gräfenberg-Array ist deshalb für die Allgemeinheit von erheblichem Nachteil, weil diese Messdaten Grundlage für die Überwachung von Erdbebentätigkeit und als solches Bestandteil der Infrastruktur des Bundes zur Katastrophenvorsorge und -reaktion im Zusammenhang mit seismologischen Ereignissen sind. Sie dienen der Erkennung solcher Ereignisse und unterstützen Behörden bei Entscheidungen im Katastrophenfall, insbesondere zur Umsetzung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Schäden durch Erdbeben. Die Beigeladene zu 2) hat überzeugend dargelegt, dass sich auch und gerade aus der Beobachtung der viel häufiger auftretenden schwachen seismologischen Ereignisse ein möglichst umfassendes Bild des weltweiten Auftretens seismischer Aktivitäten ergibt, weshalb die Messgenauigkeit für die Funktionsfähigkeit des Gräfenberg-Array unverzichtbar ist. Ein erheblicher Nachteil für die Allgemeinheit liegt ferner in der bei Störeinträgen zu befürchtenden Einschränkung der Messgenauigkeit bei Signalaufzeichnungen von Kernsprengungen sowohl im Rahmen des Kernwaffenteststoppvertrags von 1996 als auch unabhängig davon zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen der Bundesrepublik Deutschland. Auch in diesem Zusammenhang hat die Beigeladen zu 2) nachvollziehbar auf die Wichtigkeit der Messgenauigkeit deshalb hingewiesen, dass im Zuge der Bedeutungszunahme taktischer Kernwaffen mit kleineren Ladungsmengen nur Signalaufzeichnungen mit hoher Messgenauigkeit eine gleichbleibend verlässliche Bewertung von Kernwaffenversuchen im Rahmen des genannten völkerrechtlichen Vertrags ermöglichen.

Auf Grund des antizipierten Sachverständigengutachtens, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. a bis d BayWEE genannten Mindestabstände hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis des Störpotentials der von der Klägerin beantragten Windkraftanlagen, die alle in einer Entfernung von 1,1 bis 1,5 km zur Messstation GRC 1 liegen und damit den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE für diese Messstation genannten Mindestabstand von 5 km erheblich unterschreiten, auf die Messergebnisse dieser Messstation nicht an.

Ebenfalls ohne Bedeutung für die Beurteilung, ob erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG durch eine Störung der Messergebnisse der Station GRC 1 vorliegen, ist die Frage, ob der Einbau von Schwingungsdämpfern oder die von den Bodengutachtern der Klägerin beschriebene Möglichkeit einer Pfahlgründung der Windkraftanlagen zu einer Reduktion von Störgeräuschen dieser Anlagen und damit zur Vermeidung der Störung von Messergebnissen dieser Station beitragen können. Eine Berücksichtigung solcher Möglichkeiten zur Minderung des Störungseintrags unterbleibt ferner bereits deshalb, weil sie nicht Gegenstand des Genehmigungsverfahrens war. In den den Genehmigungsanträgen beigefügten Planunterlagen sind Schwingungsdämpfer und Anlagen für eine Pfahlgründung nicht eingetragen.

Auch der Frage, ob durch eine Verlegung der Messstation eine Störungsvermeidung möglich ist, muss aufgrund der antizipierten gutachterlichen Aussage in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE zur Störung der Messergebnisse der Breitbandstationen des Gräfenberg-Array durch von Windkraftanlagen erzeugten Erschütterungen und des offensichtlichen Ziels dieser Regelung, die Gesamtheit der vom Gräfenberg-Array seit Jahrzehnten durchgängig gesammelten Messdaten durch 13 auf einander bezogene Einzelstationen zu schützen und deren Fortschreibung zu gewährleisten, nicht weiter nachgegangen werden.

1.3 Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht - wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben - auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt - jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) - regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 - 22 B 13.1358 - NuR 2014, 736 - juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.

Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 m durch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern - Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen - Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. Die von der Klägerin beantragten Standorte liegen im Übrigen so nahe an der Messstation GRC 1, dass sogar der niedrigere Mindestabstand nach Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE zu den Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern von 3 km nicht eingehalten würde. Auf die Notwendigkeit der Einhaltung eines solchen Mindestabstands von 5 km zur Station GRC 1 hatte im Übrigen der Beklagte bereits in den Gründen der angefochtenen Bescheide hingewiesen, zu einem Zeitpunkt, als der Bayerische Windenergie-Erlass noch gar nicht galt.

Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen - jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern - zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.

1.4 Die weiteren von der Klägerin vorgetragenen Argumente ändern hieran nichts. Auf die Frage einer bauplanungsrechtlichen Privilegierung der Messstation GRC 1 kommt es wegen der vom antizipierten Sachverständigengutachten in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE ausgehenden Ausschlusswirkung ebenso wenig an wie auf den bauordnungsrechtlichen Einwand fehlenden Bestandsschutzes dieser Messstation wegen etwaigen Fehlens einer bauaufsichtlichen Genehmigung. Entgegen der Auffassung der Klägerin setzt Nr. 7.3.4 BayWEE gerade durch die beschriebenen Mindestabstandsdifferenzierungen und auch durch die Zulassung von Einzelfallprüfungen bei Mindestabständen von Windkraftanlagen zu landeseigenen Messstationen Standards. Die Orientierung an Mindestabständen von Windkraftanlagen zu Messstationen ist eine antizipierte fundierte Erfassungsmethode und ermöglicht eine transparente und verhältnismäßige Handhabung des oben beschriebenen Nutzungskonflikts zwischen windkraftgestützter Energieerzeugung und seismologischer Messung im Außenbereich.

2. Da die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG aus den oben genannten Gründen nicht vorliegen, kommt es auf die Frage, ob den beantragten Vorhabenstandorten die Ausschlusswirkung von Konzentrationsflächen im Flächennutzungsplan der Beigeladenen zu 1) in der Fassung von 2001 oder nach aktueller Fassung des sachlichen Teilflächennutzungsplans „Windkraft“ von 2016 gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB entgegensteht und eine Genehmigung auch aufgrund des Entgegenstehens solcher anderer öffentlich-rechtlicher Vorschriften im Sinn von § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG zu versagen ist, nicht an. Ebenso unbeantwortet kann die Frage bleiben, ob einer Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens der Klägerin am Standort FlNr. 473 die vom Bundesamt im Genehmigungsverfahren vorgetragenen flugsicherungstechnischen Einwände entgegenstehen.

3. Die Klage war aus diesen Gründen sowohl im Hauptals auch im Hilfsantrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Da die Beigeladene zu 1) einen Antrag gestellt und sich damit einem Kostenrisiko ausgesetzt hat, ist es angemessen, dass die Klägerin auch deren außergerichtliche Kosten trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO). Die Beigeladene zu 2) hat keinen Antrag gestellt hat, weshalb es entsprechend des zuvor Ausgeführten angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleiche Höhe leistet.

IV. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für eine Windkraftanlage.

Die Klägerin beantragte unter dem ... beim Landratsamt ... die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Windkraftanlage vom Typ REpower 3.2 M/114/143 mmit einer Nenn-Leistung von (knapp) 3,2 MW und einer Gesamthöhe von 200 mauf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S...

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens bat das Landratsamt mit Schreiben vom ... die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR), deren Träger die Beigeladene ist, um Stellungnahme zu dem Vorhaben gemäß § 10 Abs. 5 BImSchG. Die BGR teilte hierauf unter dem ... mit, dass das Vorhaben in einem Abstand von 3,4 km zur seismologischen Messstation GRB 5 bei Ö...B... liege. Windenergieanlagen erzeugten Erschütterungssignale, die an den Messeinrichtungen als Störsignale wahrgenommen würden. Aus fachlicher Sicht sei zum Schutz der Datenregistrierung ein Mindestabstandsradius von 5 km zu fordern. Bereits errichtete Windenergieanlagen in der Nähe von anderen Messstationen, bei denen die BGR im Genehmigungsverfahren nicht beteiligt worden sei, belegten den Einfluss von Windenergieanlagen. Die Zustimmung zu dem Vorhaben werde deshalb verweigert.

Mit Schreiben vom 16. Juli 2014 hörte das Landratsamt ... die Klägerin unter Bezugnahme auf die fehlende Zustimmung der BGR zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf Errichtung und Betrieb der genannten Windkraftanlage an.

Der Bevollmächtigte der Klägerin entgegnete hierauf unter dem 23. Juli 2014, dass die BGR kein Träger öffentlicher Belange sei. Es seien an den Messstationen auch keine schädlichen Umwelteinwirkungen gegeben. Die Beeinträchtigung der Messstation werde lediglich angenommen und nicht wissenschaftlich belegt. Ebenso wenig sei nachgewiesen, dass eine nachträgliche Entfernung von etwaigen Störsignalen unmöglich sei. Im Übrigen gebe es im näheren Umkreis der Station GRB 5 bereits Störfaktoren wie eine Windkraftanlage, eine Bundesstraße, eine Staats Straße, eine Betonmischanlage und Deponien für Erdaushub/Schutt, was zu einem Wegfall des Schutzbedürfnisses der Messstation führe. Zudem liege eine unmittelbare Gefährdung durch Erdbeben in Deutschland nicht vor.

Die BGR widersprach dieser Einschätzung gegenüber dem Landratsamt mit Schreiben vom 14. August 2014. U.a. wurden Abbildungen zur Entwicklung des Rauschniveaus an den Stationen GRB 3, GRB 1 und GRB 4 nach der Errichtung von Windenergieanlagen vorgelegt. Hinsichtlich des Signaleintrags in den Boden liege ein 200 mhohes Bauwerk wegen der Gesamtmasse der Verbindung mit dem Boden mittels eines Fundaments in einer völlig anderen Größenordnung als die andern aufgezählten Anlagen.

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 18. August 2014, der Klägerin am 23. August 2014 zugestellt, lehnte das Landratsamt ... deren Antrag auf Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage im Hinblick auf § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG i.V.m. § 35 BauGB ab. Zur Begründung wurde Folgendes ausgeführt: Das Vorhaben sei zwar im Außenbereich privilegiert gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB und diene auch dem öffentlichen Interesse an der Nutzung von Windkraft, ihm stünden jedoch andere öffentliche Belange entgegen, die zur Unzulässigkeit des Vorhabens führten. Die BGR habe als am Verfahren beteiligter Träger öffentlicher Belange die Zustimmung zu dem Vorhaben nicht erteilt. Die BGR betreibe in Deutschland ein nationales Messnetz, das der Überwachung von Erdbebentätigkeiten innerhalb und außerhalb Deutschlands diene. Die Messgeräte seien hochempfindlich und in der Lage, Bodenbewegungen im Bereich von Nanometern aufzulösen. Um störende Signaleinträge zu vermeiden, seien die Standorte der Messstationen abseits von größeren Wohn- oder Industriesiedlungen und häufig frequentierten Verkehrswegen sorgfältig gewählt worden. Die Messstation GRB 5 sei laut BGR ein Teil des Verbundes des Gräfenberg-Arrays (GRF), das aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehe und zwischen den Jahren 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen würden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRB 5 sei als Teil des Gräfenberg-Arrays ein wesentlicher Baustein der Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen. Als solche sei das Gräfenberg-Array auch für die Landesverteidigung von großer Bedeutung, da die Bundeswehr zur Messung von militärischen Nuklearversuchen kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung von nuklearen und chemischen Explosionen unterhalte. Des Weiteren seien die seismologischen Messeinrichtungen zur Warnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz äußerst wichtig. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien unverzichtbar. Als für die Überwachungsaufgaben im Rahmen des Kernwaffenteststoppabkommens (CTBT) zuständige Behörde sei die BGR verantwortlich dafür, die Funktionsfähigkeit aller dafür benötigten Messstationen dauerhaft im vollem Umfang sicherzustellen. Gemäß der fachlichen Stellungnahme der BGR erzeuge die beantragte Windkraftanlage Erschütterungssignale, die die Aufzeichnungen der hochempfindlichen Messeinrichtungen der Station GRB 5 negativ beeinflussten. Eine Beeinflussung oder Verschlechterung der Aufzeichnungen würde die Funktionsfähigkeit der Einrichtung herabsetzen und somit die Aufgabenerfüllung der BGR gefährden. Ein nachträgliches Herausrechnung der Störungen sei nach Darlegung der BGR nicht durchführbar, weitere Störfaktoren, wie sie im Rahmen des Anhörungsverfahrens vorgebracht worden seien (Straßenverkehr, Deponiebetrieb, Betrieb eines Betonmischwerkes, Klein-Windkraftanlage), seien nicht als relevant anzusehen. Eine zusätzliche Beeinträchtigung des Gesamtsystems durch die Errichtung und den Betrieb weiterer Windkraftanlagen würde den öffentlichen Auftrag der BGR gefährden.

Gegen diesen ablehnenden Bescheid erhob die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten am 19. September 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg, zunächst mit dem Antrag, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids des Landratsamtes ... vom 18. August 2014 zu verpflichten, die beantragte immissionsschutzrechtliche Genehmigung auf Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage (Typ REpower 3,2 M/114, Nabenhöher 143 m) auf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S... zu erteilen. Zur Begründung wurde ergänzend zum Verwaltungsverfahren vorgetragen: Die betroffene seismologische Messstation falle nicht unter § 35 Abs. 3 Nr. 8 BauGB. Die Beigeladene behaupte zu Unrecht, dass der Betrieb des GRF-Arrays der Umsetzung des CTBT diene. Nach der Internetseite der Beigeladenen erfolge die Beteiligung der Bundesrepublik mit der Primärstation GERES an der tschechischen Grenze und der Station SNAA in der Antarktis. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung, weil von ihrer Anlage keine schädlichen Umweltauswirkungen ausgingen. Es gebe keine verbindlichen Vorschriften hinsichtlich einzuhaltender Mindestabstände von Windkraftanlagen zu seismologischen Messstationen. Die Beigeladene habe nicht nachgewiesen, dass die konkret zur Genehmigung beantragte Windkraftanlage die betroffene Messstation beeinträchtige; sie stelle nur auf einen Mindestradius von 5 km ab. Ob schädliche Umwelteinwirkungen vorliegen, sei anhand einer konkreten Einzelfallbetrachtung zu beurteilen und könne nicht an der Einhaltung von Mindestabständen fest gemacht werden. Ein Beurteilungsspielraum komme der Beigeladenen hinsichtlich der Frage der erheblichen Beeinträchtigung nicht zu. Die Literatur, auf die sich die BGR zur Begründung der Beeinträchtigung ihrer Messstation berufe, sei veraltet. Unter Berufung auf ein Gutachten der ... GmbH (GuD) wird von Klägerseite dargelegt, dass Schwingungsmessungen an einer baugleichen Windenergieanlage erfolgt seien und Standortuntersuchungen zur Bestimmung tiefenabhängiger bodendynamischer Parameter im Bereich des geplanten Aufstellungsortes. Das Gutachten gelange zu dem Ergebnis, dass es nicht zu einer erheblichen Störung der GRB 5 komme. Lediglich im sehr niederfrequenten Bereich um 1 Herz ergäben sich bei Volllast höhere PSD-Werte. Wegen der konkreten Untergrundverhältnisse am Standort und der im Baugrundgutachten empfohlenen Tiefengründung werde empfohlen, detaillierte Untersuchungen von Gründungsvarianten mit dem Ziel einer möglichst geringen Schwingungseinleitung in den Untergrund durchzuführen. Die Klägerseite führt weiter aus, dass im Bereich des GRF-Arrays bereits in erheblichem Umfang Windkraftanlagen errichtet seien. Der Vortrag der Beigeladenen sei widersprüchlich. Wenn es zu erheblichen Störungen durch die vorhandenen Windkraftanlagen komme, dann sei das GRF-Array jetzt schon nicht mehr funktionsfähig. Sollten die bisherigen Störungen hinnehmbar seien, dann fehle die Begründung, weshalb weitere Windkraftanlagen, speziell auch die konkret beantragte, die Funktionsfähigkeit der Messstationen erheblich beeinträchtigen würde. Es falle auf, dass in anderen vergleichbaren Konstellationen die Zustimmung zu Windenergieanlagen erteilt worden sei. Ferner sei zu bedenken, dass der Kernwaffenteststoppvertrag von Deutschland zwar im Jahr 1998 unterzeichnet worden, gleichwohl aber bislang nicht in Kraft getreten sei. Falsch sei, dass ein nachträgliches Herausrechnen der Störungen nicht durchführbar sei. Zudem lasse sich in einen Genehmigungsbescheid ohne weiteres über entsprechende Auflagen eine ausreichende Prävention zur Ausbreitung von Störsignalen in der Nähe von seismischen Messstationen erreichen. So könnte insbesondere eine Art Bodenpolsterung bei der Windenergieanlage erfolgen, welche die Ausbreitung von Störsignalen auf ein Minimum reduziere. Eine horizontale Schallentkopplung sei einfach durch Dämmstoffe realisierbar. Eine Vertikalentkopplung hingegen sei zwar schwieriger; gleichwohl könne durch eine Vergrößerung der Fundamentfläche eine geringere Flächenpressung erzeugt werden, was somit eine geringere Bodenbewegung zur Folge habe. Durch derartige Maßnahmen lasse sich die Ausbreitung von Störsignalen auf ein Minimum reduzieren. Zudem wäre im Bedarfsfall eine Abschaltung der Windenergieanlage bei der Wahrnehmung von verdächtigen Messsignalen möglich. Sofern Maßnahmen ersichtlich seien, welche eine unzumutbare Beeinträchtigung unter die Schwelle der Zumutbarkeit brächten, habe die BGR diese Maßnahmen zu ergreifen. Selbst wenn die BGR entgegen der Auffassung der Klägerseite als Träger öffentlicher Belange anzusehen wäre, sei kein öffentlicher Belang erkennbar, der der Genehmigung des privilegierten Vorhabens entgegenstünde. Seismische Messstationen seien nicht baurechtlich privilegiert und würden mangels Erwähnung in § 35 Abs. 3 BauGB über keinerlei besonderen rechtlichen Schutz verfügen. Auf einen unbenannten Belang der Wissenschaft könne sich die BGR nicht berufen. Die Messstation sei auch nicht schutzwürdig bzw. nur vermindert oder nur nachrangig, weil sie ohne die notwendige Baugenehmigung errichtet worden sei.

Die Klägerin beantragt zuletzt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom ... aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Genehmigungsantrag auf Errichtung und Betrieb einer Windkraftanlage Typ Senvion 3.2M/114 auf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S..., unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Der Beklagte beantragt mit Verweis auf die Begründung im streitgegenständlichen Bescheid und die Ausführungen der Beigeladenen,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene lässt sich, ohne einen Antrag zu stellen, in der Verwaltungsstreitsache wie folgt ein: Die BGR nehme keinen Beurteilungsspielraum in Anspruch. Sie habe die fachliche Kenntnis beurteilen zu können, dass es bei weiterer Errichtung von heute marktüblichen Windkraftanlagen zu einer Funktionsstörung am GRF-Array kommen werde. Der zugrunde gelegte Umkreis von 5 km beruhe auf den weitgehend einheitlichen Untergrundverhältnissen im GRF-Array und gelte nur für dieses. Die Beigeladene habe aufgrund des bei ihr vorhandenen Datenbestands in einer aufwendigen Untersuchung nachweisen können, dass Windkraftanlagen jedenfalls mit einer Nennleistung von mehr als 2 MW (zwischen 1 und 2 MW „kein klares Bild“) die Messungen beeinträchtigten. Die Frequenzen solcher Windkraftanlagen würden sich mit den charakteristischen Frequenzen von Erdbeben oder möglichen Kernwaffentests überlappen. Gerade die häufigeren Ereignisse mit kleinen Amplituden könnten wegen des von den Windkraftanlagen verursachten erhöhten Rauschniveaus nicht mehr gemessen werden. Es wurden verschiedene technische Darstellungen vorgelegt, die die Veränderungen der Messungen nach Errichtung von Windkraftanlagen belegen sollen. Jede weitere Windkraftanlage beeinträchtige das GRF-Array. Im Bereich der Messstation GRB 5 sei bisher als Vorbelastung nur eine ENERCON-40 mit einer Anlagenhöhe von 85 mgegeben. Entferntere Windkraftanlagen beeinträchtigten den Frequenzbereich um ein Herz, die übrigen Frequenzbereiche seien noch nicht erheblich beeinträchtigt. Die vorhandene Vorbelastung führe nicht zur behaupteten völligen Unbrauchbarkeit der seismologischen Station, jedoch zu einer erheblichen Beeinträchtigung verschiedener relevanter Frequenzbereiche. Es gelte, die nicht beeinträchtigten Frequenzbereiche im jetzigen Zustand zu erhalten und Summationswirkungen durch hinzutretende Windenergieanlagen zu vermeiden. Für die Station GRB 5 sei dies insbesondere, aber nicht ausschließlich im Frequenzbereich von 2 bis 7 Hz der Fall. Eine nachträgliche Herausrechnung der Störungen sei praktisch nicht durchführbar. Es handele sich um ein Inversionsproblem, zu dem in der Seismologie ausreichend Erfahrung gegeben sei. Weder das Quellsignal noch das Ausbreitungsmedium ließen sich hinreichend erfassen. Das von der Klägerseite vorgelegte Gutachten sei nicht geeignet, eine fehlende Beeinträchtigung nachzuweisen. Die im Nahfeld erfolgte Schwingungsmessung sei für die Abschätzung der Amplituden im Fernfeld nicht geeignet. Die Messdurchführung über 24 Stunden bleibe weit hinter den von der BGR herangezogenen kontinuierlichen Daten von zwei Jahren zurück. Das herangezogene Geländemodell sei nicht hinreichend genau. Die im Nahfeld mitgemessene direkte und indirekte Schalleinwirkung führe zur Verfälschung der Ergebnisse. Das Übersehen der Belange der BGR in § 35 Abs. 3 BauGB führe nicht dazu, dass diese als unbenannter Belang keine Berücksichtigung finden könnten. Die fehlende Genehmigungsfähigkeit der Anlage der Klägerin sei auch nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG gegeben, da die Klägerin die durch Bodenerschütterungen verursachten schädlichen Umwelteinwirkungen auf Sachgüter der Beigeladenen und daraus folgende erhebliche Nachteile nicht vermeiden könne. Soweit die Klägerin auf andere Windenergieanlagen in der Nähe der Messstation verweise, berücksichtige sie dabei nicht, dass es sich bei den Anlagen um Einzelanlagen handele mit einer deutlich geringeren Höhe (unter 70 m) und einer deutlich geringeren Nennleistung (1 MW und kleiner). Der Signaleintrag der vorhandenen Windenergieanlagen an den Stationen GRB 4 und GRB 5 sei nicht erheblich und würde an den Messstationen kaum erfasst. Die Windenergieanlage an der Station GRB 1 verursache aufgrund ihrer höheren Leistung erhebliche Beeinträchtigungen. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass die Anlage bereits genehmigt gewesen sei, als die BGR die Störungen erfasst habe und der Windkraftanlage nachweisbar zuordnen habe können. Die BGR sei lange Zeit nicht an Genehmigungsverfahren für Windenergieanlagen beteiligt worden. Die fachliche Zuordnung und der Nachweis der Störeinträge seien ein länger andauernder Prozess gewesen. Die Bestandsanlagen würden zur erheblichen Beeinträchtigung führen, ohne jedoch die Datenverwertung endgültig auszuschließen. Die Störungen seien stets erheblich in einem Abstand von 3 km, regelmäßig in einem Abstand von 3 bis 5 km, es sei denn, es handele sich um den Betrieb kleinerer Einzelanlagen. Im Übrigen habe auch der Bayerische Erdbebendienst auf Grundlage der Beurteilung seiner eigenen Messwerte für seine Breitbandstationen in diesem Bereich einen Schutzradius von 5 km gefordert. Hinsichtlich der Möglichkeit der Umsetzung von Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen wird ausgeführt: Die Beigeladene sei durchaus bereit, Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen mitzutragen, soweit diese nachweisbar zu Begrenzung der Störungsimmissionen geeignet seien. Allerdings könne die Beigeladene zur Erprobung von Vermeidungsbzw. Verminderungsmaßnahmen nicht das älteste und damit wertvollste Netz zur Verfügung stellen. Nach dem jetzigen Stand der Technik und Wissenschaft bestünden keine geeigneten Möglichkeiten. Die durch die Klägerin vorgeschlagenen Maßnahmen seien nicht geeignet, die erhebliche Beeinträchtigung der Station GRB 5 durch die beantragte Windenergieanlage zu beseitigen. Es gebe keine derzeit umsetzbaren Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen einer Wellenlänge im Bereich von 1 km vermeiden würden. Die Idee der Klägerin, Erschütterungssignale der Windenergieanlagen heraus zu rechnen, scheitere daran, dass das Störsignal, das am seismologischen Messort ankomme, nicht bekannt sei. Aber selbst wenn es gelänge, die Quellsignale quantitativ ausreichend genau zu erfassen, wäre eine Herausrechnung nicht möglich, weil die Untergrundstruktur im relevanten Bereich zwischen Windenergieanlage und Messstation nicht genügend bekannt sei und sich die Störsignale der Windenergieanlage mit dem natürlichen Rauschen überlagern und in dem Bereich, in dem sie vergleichbare Amplituden hätten, nicht mehr zu trennen seien, wenn beide in gleicher Größenordnung zu den Signaleinträgen beitrügen. Soweit die Klägerin meine, eine ausreichende Prävention zur Ausbreitung von Störsignalen könne mit einer steifen Gründung bei der Windenergieanlage bzw. durch den Einbau von Schwingungsdämpfern erreicht werden, und auch auf die Möglichkeit einer Abschaltung der Windkraftanlage verweise, wird von Beigeladenenseite Folgendes dargelegt: Die Abschaltungslösung scheitere bereits daran, dass die erhebliche Beeinträchtigung durch Windenergieanlagen gerade darin bestehe, dass verdächtige Signale gar nicht erst wahrgenommen werden könnten. Maßnahmen zur Dämpfung seien nicht Gegenstand des Genehmigungsantrags und auch nicht nachgewiesen wirksam. Der Auffassung der Klägerin, die Beigeladene könne sich nicht auf den Belang „Wissenschaft“ berufen, werde entgegengetreten. Als geowissenschaftliches Kompetenzzentrum berate und informiere die BGR die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen. Ihre Arbeit diene einer ökonomisch und ökologisch vertretbaren Nutzung und Sicherung natürlicher Ressourcen und somit der Daseinsvorsorge. Als Bundesoberbehörde sei die BGR Bestandteil der wissenschaftlich-technischen Infrastruktur Deutschlands und übernehme auch gesetzlich festgelegte Aufgaben. Die GBR sei darüber hinaus Träger des nationalen seismologischen Dienstes und Betreiber seismologischer Messeinrichtungen. Sie habe die Funktion des Nationalen Datenzentrums übernommen. Dieses erfasse alle Verifikationstechnologien. Darüber hinaus erfülle sie im Zusammenhang mit dem Kernwaffenteststoppvertrag Beratungsleistungen in geologischen und geophysikalischen Fragestellungen gegenüber der Bundesregierung, der Industrie und der Öffentlichkeit. Dass der Kernwaffenteststoppvertrag nicht in Kraft sei, treffe zwar zu, jedoch seien Deutschland im Vorfeld des Inkrafttretens bereits Verpflichtungen auferlegt worden. Nicht zuletzt stehe die BGR in der Verantwortung, den Datenschatz auch für internationale seismologische Communities bereit zu halten. Eine Vielzahl internationaler Forschungsprojekte nutze den Datensatz. Soweit die Klägerin behauptet, die seismologischen Stationen seien baurechtlich illegal, entbehre dies jeglicher Grundlage. Die Stationen bedürften keiner Baugenehmigung.

Am 29. Februar 2016 hat das Verwaltungsgericht mit den Beteiligten die Streitsache mündlich verhandelt.

Am 1. Juli 2016 ist durch das Gericht ein Beweisbeschluss erlassen worden. In seiner Nr. I.1 bezieht er sich auf die Fragen, ob die von der GuD vorgenommene Messung geeignet ist, die von der streitgegenständlichen Windkraftanlage ausgelösten Schwingungen abzuschätzen, falls nein, ob es eine wissenschaftliche Methode gibt, die Übertragung der Schwingungen von Windkraftanlagen auf den Boden zu ermitteln, falls ja, ob die vorgenommenen Ermittlungen zu den Geländeverhältnissen am streitgegenständlichen Standort ... geeignet sind, das Schwingungsverhalten der Anlagen an diesem Standard abzuschätzen, und ob in diesem Fall die vorgenommenen Ermittlungen auch geeignet sind, die Schwingungen in weiterer Entfernung vom Standort der Anlage abzuschätzen. Nr. I.2 des Beweisbeschlusses betrifft die Frage, ob eine Tiefengründung wie im Gutachten beschrieben, die an den Boden übertragenen Schwingungen relevant verringert, wie stark dies von den konkreten Standortbedingungen abhängig ist und bis in welche Tiefe diese für die Beurteilung bekannt sein müssen.

Mit Schreiben vom 5. August 2016, bei Gericht eingegangen am 11. August 2016, hat der mit dem Gutachten beauftragte Prof. Dr. W... zu den vorstehenden Fragen Stellung genommen. Zur Nr. I.1 des Beweisbeschlusses wird ausgeführt, dass die von der GuD benutzten Messungen und deren Auswertung nicht in der Lage seien, die von der streitgegenständlichen Windkraftanlage verursachten Schwingungen an der seismologischen Messstation GRB 5 abzuschätzen. Die Methodik der GuD, die Schwingungen modellhaft im Nahfeld der Windkraftanlage zu erfassen, sei mit den sie validierenden Messungen prinzipiell akzeptabel, erfordere aber eine Fehleranalyse, die nicht geleistet worden sei. Unabhängig davon könne dieser modellierte Eintrag in die Erde nicht ohne Kenntnisse der elastischen Struktur und der Dämpfungseigenschaften auf dem Ausbreitungs Weg von der Windkraftanlage in 3 oder 4 km Entfernung prognostiziert werden. Die erforderlichen Kenntnisse müssten einen Tiefenbereich von ca. 2 km einbeziehen. Die sicherlich zuverlässigste Methode für die Prognose von Bodenschwingungen sei die direkte Messung der Auswirkung in den relevanten Entfernungen, wobei der Einfluss der Baugrundeigenschaft auf das Signal am Standort der seismologischen Station berücksichtigt werden sollte. Die Nr. I.2 des Beweisbeschlusses wurde dahingehend beantwortet, dass das in Bild 8-5 gezeigte Ergebnis einer Rechnung der GuD für den Standort ... mit sechs 15 mtiefen Pfählen einen reduzierten Übertragungsfaktor einer horizontalen Einheitskraft am Turmkopf auf die Fundamentschwingungen zeige, daraus aber keine Reduzierung der Bodenbewegung in mehreren Kilometer Entfernung folge.

Die Richtigkeit dieser Begutachtung wurde von Klägerseite infrage gestellt. Die Klägerin trägt nach Vorlage einer Sensitivitätsanalyse u.a. vor, dass einen endgültigen Aufschluss eine messtechnische Untersuchung vor Ort erbringen könnte. Dabei könnte mittels einer künstlichen Anregungsquelle direkt am geplanten Standort der Windenergieanlage eine hohe dynamische Kraft in den Untergrund eingeprägt werden und die hieraus resultierenden Bodenschwingungen auch bis Entfernungen von 1 bis 2 km messtechnisch ermittelt werden.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 7. April 2017 ist der Gutachter gebeten worden, zu den hinsichtlich seiner Begutachtung erfolgten Einwendungen der Klägerseite Stellung zu nehmen.

Am 6. Juni 2017 hat das Verwaltungsgericht Regensburg die Beteiligten auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 24. Januar 2017 (M 1 K 14.1682 – juris) hingewiesen und dieses zum Gegenstand des Verfahrens gemacht. Seitens des Gerichts ist ausgeführt worden, dass die Berufsrichter der 7. Kammer nach vorläufiger Einschätzung der Auffassung des Verwaltungsgerichts München folgen, wonach Nr. 7.3.4 des Bayerischen Windenergieerlasses vom 19. Juni 2016 als ein antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität anzusehen sei, das nicht ohne fachlichen Grund außer Acht gelassen werden dürfe. Den Beteiligten ist Gelegenheit zur Stellungnahme hierzu gegeben und mitgeteilt worden, dass das Gericht im Hinblick auf diese vorläufige Rechtsauffassung den Gutachter gebeten hat, einstweilen von der angeforderten Stellungnahme abzusehen.

Am 19., 28. und 30. Juni 2017 haben sich die Beteiligten mit einer Entscheidung ohne (weitere) mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf die Inhalte der Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung entschieden werden konnte (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO), hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Bescheid des Landratsamtes ... vom ..., in dem der Genehmigungsantrag der Klägerin hinsichtlich der Errichtung und des Betriebs einer Windkraftanlage vom Typ REpower 3.2 M/114/143m mit einer Leistung von 3,2 MW und einer Gesamthöhe von 200 mauf dem Grundstück FlNr. 386/2 der Gemarkung ..., Gemeinde S..., abgelehnt wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die mit der Klage zuletzt begehrte Verpflichtung des Beklagten, über ihren Genehmigungsantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden (§ 113 Abs. 5 Satz 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO). Vom Landratsamt wurde nämlich – auch zum bei Verbescheidungsklagen maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 113 Rn. 217, 218) – zu Recht die Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens verneint.

Die Errichtung und der Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage sind aufgrund ihrer Gesamthöhe von 200 mgemäß § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 3 BImSchG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 4. BImSchV i.V.m. Nr. 1.6.2 des Anhangs 1 zur 4. BImSchV immissionsschutzrechtlich genehmigungspflichtig, aber nicht genehmigungsfähig. Denn die Einhaltung des § 6 BImSchG ist nicht sichergestellt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hat die zuständige Behörde eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung zu erteilen, wenn sichergestellt ist, dass unter anderem die sich aus § 5 BImSchG ergebenden Pflichten erfüllt werden. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist eine genehmigungsbedürftige Anlage so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können. Die Formulierung „können“ drückt hierbei aus, dass die Grundpflicht gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bereits die Abwehr potenzieller Risiken bezweckt, es also um einen vorbeugenden Gefahrenschutz geht (vgl. Dietlein in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand 1. Mai 2017, Rn. 61 zu § 5 BImSchG).

Hieran gemessen erweist sich das Vorhaben der Klägerin als nicht genehmigungsfähig. Denn es ist mit ausreichender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die beantragte Windkraftanlage die Messstation GRB 5 der Beigeladenen (bei Ö...B...) und damit das Gräfenberg-Array als Gesamtanlage in seiner Funktion erheblich beeinträchtigt und dadurch erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG hervorruft. Zu diesem Ergebnis kommt das Gericht ohne dem Beklagten oder Beigeladenen einen Beurteilungsspielraum oder eine Einschätzungsprärogative einzuräumen.

Das Gericht hat keine Zweifel, dass die Funktionsfähigkeit der Messstationen der Beigeladenen im Gräfenberg-Array, zu dem auch die GRB 5 gehört, der Allgemeinheit dient und deswegen von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG geschützt ist. Die Beigeladene hat zur Bedeutung der Messstation GRB 5 und der anderen Messstationen im Gräfenberg-Array Folgendes dargelegt: Die Messstation GRB 5 stelle einen Teil des Verbundes des Gräfenberg-Arrays dar, das aus 13 seismologischen Breitbandstationen bestehe und zwischen den Jahren 1975 und 1980 als weltweit erstes digitales seismologisches Breitband-Array errichtet worden sei. Es liefere die zeitlich am weitesten zurückreichende digitale Breitbanddatenbasis in Deutschland. Sämtliche seit 1976 weltweit stattgefundenen Kernsprengungen würden in diesen Messstationen aufgezeichnet. Die Messstation GRB 5 sei als Teil des Gräfenberg-Arrays ein wesentlicher Baustein der Infrastruktur zur Begegnung nuklearer und radiologischer Bedrohungen. Als solche sei das Gräfenberg-Array auch für die Landesverteidigung von großer Bedeutung, da die Bundeswehr zur Messung von militärischen Nuklearversuchen kein eigenes Netz von Erdbebenmessstationen zur Ortung und Einschätzung von nuklearen und chemischen Explosionen unterhalte. Des Weiteren seien die seismologischen Messeinrichtungen zur Warnung vor Erdbeben für den Zivil- und Katastrophenschutz äußerst wichtig. Die Registrierung der Signale in unveränderter Qualität und Konfiguration sowie der Vergleich mit den bisher aufgezeichneten Daten seien unverzichtbar, auch im Hinblick auf das Kernwaffenteststoppabkommen. Die Erkenntnisse aus den Messstationen würden zur Beratung und Information der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft in allen geowissenschaftlichen und rohstoffwissenschaftlichen Fragen genutzt. Der durch die Messeinrichtungen gewonnene Datenschatz werde auch für internationale seismologische Communities und für internationale Forschungsprojekte bereitgehalten.

Aus diesen Darlegungen ergibt sich für das Gericht nachvollziehbar das Allgemeinwohlinteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstation GRB 5 als Teil der Messstationen im Gräfenberg-Array, insbesondere im Hinblick auf die Erdbebenerkennung. Wenn die Klägerseite die Bedeutung der Erdbebenerkennung relativiert, da in Deutschland eine unmittelbare Gefährdung nicht vorliege, überzeugt das nicht; es besteht nämlich auch in nicht unmittelbar gefährdeten Gebieten ein Allgemeinwohlinteresse an der Erdbebenerkennung. Im Übrigen rechtfertigt sich der Allgemeinwohlbezug der Messstationen im Gräfenberg-Array auch aus den anderen genannten Zwecken. Ob die Messstation GRB 5 bzw. das GRF-Array insgesamt im Hinblick auf den Kernwaffenteststoppvertrag relevant ist oder nur – wie von Klägerseite vorgetragen – die Primärstation GERES oder die in der Antarktis, bedarf keiner Würdigung. Denn die Beigeladene hat nachvollziehbar dargelegt, dass die Messstationen im Gräfenberg-Array unabhängig vom Kernwaffenteststoppvertrag unverzichtbare und im Allgemeinwohlinteresse liegende Daten zur Bewertung, Begegnung und Prävention nuklearer und radiologischer Bedrohungen liefern.

Das Gericht geht davon aus, dass die beantragte Windkraftanlage erhebliche Nachteile für das dargelegte Allgemeininteresse an der Funktionsfähigkeit der Messstationen GRB 5 und des Gräfenberg-Arrays als Gesamtsystem hervorruft.

Soweit die Klägerin dem entgegenhält, dass die Messstation GRB 5 aufgrund der Vorbelastungen bzw. Störfaktoren durch eine Windkraftanlage, eine Bundesstraße, eine Staats Straße, eine Betonmischanlage und Deponien für Erdaushub/Schutt nicht mehr funktionsfähig bzw. schutzwürdig ist, vermag sie damit nicht durchzudringen. Die Beigeladene hat insoweit nachvollziehbar erläutert, dass im Bereich der Messstation GRB 5 zwar eine Beeinträchtigung von bestimmten Frequenzbereichen bestehe, insbesondere aber nicht ausschließlich im Frequenzbereich von 2 bis 7 Hz keine Beeinträchtigung vorliege. Diese Erläuterungen hat die Klägerin nicht substantiiert in Frage stellen können. Wenn sie darauf verweist, dass dann auch die beantragte Windkraftanlage unproblematisch sein müsste, verkennt sie, dass die genannten Störfaktoren entweder (auch wegen ihrer Kurzzeitigkeit) gar nicht relevant sind oder von der Relevanz her mit der beantragten Windkraftanlage hinsichtlich ihres durch Höhe und Leistung verursachten Störpotentials nicht vergleichbar sind. Ein Bauwerk wie die beantragte Windkraftanlage mit 200 m Gesamthöhe und 2 MW Nenn-Leistung stellt wegen der Gesamtmasse und der Verbindung mit dem Boden mittels eines Fundaments einen ganz anderen Störfaktor dar als die von Klägerseite aufgezählten Anlagen. Der Energieeintrag in den Boden ist offensichtlich nicht annähernd vergleichbar mit dem angeführten Deponiebetrieb, dem Betonmischwerk und dem Auto- oder LKW-Verkehr auf den Straßen. Gleiches gilt für die in der Nähe befindlichen Windkraftanlagen, da es sich hierbei nur um eine Kleinwindkraftanlage bzw. eine Anlage (ENERCON-40) mit einer Höhe von nur 85 mhandelt. Die Beigeladene bzw. Allgemeinheit hat damit ein schützenswertes Interesse, wenigstens die nicht beeinträchtigten Frequenzbereiche im jetzigen Zustand zu erhalten und Summationswirkungen durch hinzutretende Windenergieanlagen zu vermeiden. An frühere Zustimmungen zu Windkraftanlagen ist die Beigeladene nicht gebunden, erst Recht dann nicht, wenn neue Erkenntnisse zur Störqualität gegeben sind.

Die demnach noch gegebene Funktionalität der Messstation wird – davon geht das Gericht aus – durch die beantragte Windkraftanlage auch erheblich beeinträchtigt mit im Sinn von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG erheblichen nachteiligen Folgen für die Allgemeinheit. Dies ergibt sich daraus, dass die streitgegenständliche Windkraftanlage bezogen auf die Breitbandmessstation GRB 5 den in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. bder Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass – BayWEE) vom 19. Juli 2016 (AllMBl 2016 S. 1642) genannten absoluten Mindestabstand von 5 km nicht einhält.

Der Windenergie-Erlass enthält zu den Erdbebenmessstationen folgende Festlegungen:

„7.3.4 Erdbebenmessstationen

1Die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in Hannover (BGR) und der Erdbebendienst Bayern betreiben im Rahmen völkerrechtlicher Vereinbarungen, der staatlichen Daseinsvorsorge und im internationalen wissenschaftlichen Verbund mehrere seismische Messstationen. 2Die durch WEA erzeugten Erschütterungen führen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage. 3Zur Vermeidung dieser Auswirkung bleibt als wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres einzig der genügend große Abstand der WEA zu den Erdbebenmessstationen. 4Folgende Abstandsflächen sind daher einzuhalten:

a) Station GERES bei ... der BGR; (...); es ist ein Mindestabstand von 15 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

b) Breitbandstationen der BGR (Gräfenberg-Array): (...), Ö... (GRB5), (...); es ist ein Mindestabstand von 5 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist;

c) Breitbandstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (...); es ist ein Mindestabstand von 3 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 5 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen;

d) Weitere Messstationen des Bayerischen Erdbebendienstes: (...); es ist ein Mindestabstand von 1 km einzuhalten, innerhalb dessen die Errichtung von WEA unzulässig ist; im weiteren Bereich bis 2 km sind Einzelfallprüfungen vorzunehmen.

5Die vorstehenden Abstandsradien ergeben sich aus dem bekannten seismischen, akustischen und seismo-akustischen Störverhalten der WEA. 6Sie spiegeln die unterschiedlichen Mindestanforderungen der verschiedenen seismischen Netzwerke entsprechend der jeweiligen Aufgabenstellung und der daraus resultierenden Anforderungen an den Frequenzbereich, die Empfindlichkeit und die Qualität der Aufzeichnung wider. 7Die Positionen der Messstationen inklusive der Schutzradien und der Links zu den jeweiligen Betreibern finden sich im Energie-Atlas Bayern.“

Diese Bestimmungen in Nr. 7.3.4 BayWEE beanspruchen zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung Geltung, da sie nach Nr. 12 Satz 1 BayWEE am 1. September 2016 in Kraft und die bis dahin anwendbaren Hinweise zur Planung und Genehmigung von Windkraftanlagen vom 20. Dezember 2011 (AllMBl 2012 S. 34) mit Ablauf des 31. August 2016 außer Kraft getreten sind (Nr. 12 Satz 2 BayWEE).

Der Windenergie-Erlass unterscheidet zwischen absoluter Unzulässigkeit von Windkraftanlagen innerhalb eines bestimmten Kilometer-Radius und zwischen Zulässigkeit bzw. Unzulässigkeit nach einer Einzelfallprüfung. Bezogen auf die Messstation der Beigeladenen mit der Bezeichnung GRB 5 (bei Ö...) sind nach Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE Windkraftanlagen absolut unzulässig im Umkreis von einem Radius von 5 km. Eine Einzelfallprüfung ist nicht vorgesehen.

Damit folgt aus dieser Bestimmung die absolute Unzulässigkeit der beantragten Windkraftanlage, nachdem sie nur einen Abstand von 3,4 km zur Messstation GRB 5 aufweist. Aus den Sätzen 2 und 3 von Nr. 7.3.4 BayWEE ergibt sich, dass die durch Windkraftanlagen erzeugten Erschütterungen über die Erhöhung des Rausch- und Störpegels in jedem Fall zu einer Verschlechterung der Detektions- und Auswertegenauigkeit der seismischen Messdaten bis hin zum Ausschluss der Nutzbarkeit der Anlage führen, wenn sie nicht den in Nr. 7.3.4 Satz 4 BayWEE geforderten Abstand zu den Erdbebenmessstationen einhalten. Unter Zugrundelegung dieser Aussagen kommt damit die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb der streitgegenständlichen Windkraftanlage nicht in Betracht.

Die Bewertungen des Windenergie-Erlasses in Nr. 7.3.4 stellen nach Auffassung des Gerichts keine lediglich normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften, sondern ein für die Gerichte grundsätzlich verbindliches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ dar, wie es der Bayerische Verwaltungsgerichtshof schon für andere Regelungen im Windenergie-Erlass angenommen hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.2016 – 22 CS 16.2162 unter Verweis auf U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – jeweils juris). Ein solches „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ darf von der zuständigen Genehmigungsbehörde und auch vom Gericht nicht ohne fachlichen Grund oder ohne gleichwertigen Ersatz außer Acht gelassen werden (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris).

Dies gilt (wie bei den Vorgaben zur artenschutzfachlichen Prüfung) auch für die Vorgaben zu den Messstationen, weil insoweit besonderer Sachverstand und besondere Erfahrungswerte in die Regelung Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen sind. Zur Begründung wird auf folgende Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts München (U.v. 24.1.2017 – M 1 K 14.1682 – juris) verwiesen, das zum Gegenstand des Verfahrens gemacht wurde:

„Die in Nr. 7.3.4 BayWEE enthaltene Aussage, dass zur Vermeidung der genannten Störauswirkungen als einziges wirksames Gegenmittel bis auf Weiteres der genügend große Abstand der Windkraftanlage zu den dort im Einzelnen näher genannten Erdbebenmessstationen einzuhalten ist, beruht – wie die Erläuterungen des Vertreters des Erdbebendienstes Bayern in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2017 ergeben haben – auf landesweit fachlichen Erkenntnissen und Erfahrungen und lässt – jedenfalls bezogen auf das Gräfenberg-Array (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE) – regionale und lokale Partikularinteressen in den Hintergrund treten (vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2014 – 22 B 13.1358 – NuR 2014, 736 – juris Rn. 45). Das LfU Bayern hat in Zusammenarbeit mit der LMU München landesweit die Erfahrungen der in Bayern tätigen Erdbebenmessdienste einschließlich der Bundesanstalt ausgewertet. Dabei wurden Erkenntnisse über Störeinträge durch bereits bestehende Windkraftanlagen berücksichtigt. Ferner wurde nach Funktion und Technik der verschiedenen Arten von Messstationen differenziert. Auf dieser Grundlage wurde bestimmt, wie groß die Entfernung zwischen den Messstationen und Windkraftanlagen sein muss, um nicht hinnehmbare Störungen zu vermeiden.

Nach den Erläuterungen des Seismologen Dr. J. W. in der letzten mündlichen Verhandlung haben Untersuchungen des Erdbebendienstes Bayern und der LMU München seit 2011 ergeben, dass bereits Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von bis zu 70 mdurch die von ihnen erzeugten Erschütterungen auf Erdbebenmessstationen einwirken und die Messergebnisse dieser Stationen beeinflussen können. Der Vertreter des Erdbebendienstes Bayern hat schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass aus heutiger Sicht bereits die für Erdbebenmessstationen außerhalb des Gräfenberg-Array vorgesehenen Mindestabstände (Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c BayWEE: Breitbandstationen des Erdbebendienstes Bayern – Mindestabstand: 3 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 3 km und 5 km; Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. d BayWEE: Weitere Messstationen – Mindestabstand: 1 km; Einzelfallprüfung im Bereich zwischen 1 km und 2 km Mindestabstand) zu gering gewählt wurden. Zur Sicherung des aus 13 aufeinander bezogenen Breitbandmessstationen bestehenden Gräfenberg-Array ist es in Anbetracht dieses Befundes nachvollziehbar, im Unterschied zu den Vorgaben unter Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. c und d BayWEE zu den dort genannten Messstationen für die Breitbandstationen der Bundesanstalt einen Mindestabstand von einheitlich 5 km ohne Einzelfallprüfung innerhalb dieses Bereichs vorzusehen. (...).

Die Staffelung der Mindestabstände je nach Bedeutung der Messstationen und ihrer Messergebnisse zwischen 1 und 15 km und die Zulassung von Einzelfallprüfungen – jedenfalls bei bestimmten Mindestabständen bestimmter Messstationen des Erdbebendienstes Bayern – zeigt das Bestreben des Beklagten, bei Erlass von Nr. 7.3.4 BayWEE einen differenzierten und verhältnismäßigen Ausgleich zwischen der Notwendigkeit sicherer und störungsfreier seismologischer Messungen einerseits und der Zulassung von Windkraftanlagen andererseits auch in der Nähe zu solchen Messstationen vorzunehmen.“

Auf Grund des antizipierten seismologischen Sachverständigengutachtens in Nr. 7.3.4 BayWEE, wonach erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG bei Nichteinhaltung des Mindestabstands von 5 km zur Station GRB 5 hervorgerufen werden, kommt es auf einen konkreten Nachweis der Störung der Messergebnisse der GRB 5-Station durch die beantragte Windkraftanlage nicht an (so auch VG München a.a.O.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass der in Nr. 7.3.4 Satz 4 Buchst. b BayWEE genannte Mindestabstand von 5 km im vorliegenden Fall erheblich (um 1,6 km) unterschritten wird.

Ungeachtet der absoluten Unzulässigkeitsvorgabe in Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE dürfte aber dann etwas anderes gelten, wenn die Annahmen bzw. Vorgaben des Windenergie-Erlasses im Einzelfall substantiiert erschüttert werden. Das folgt daraus, dass es sich beim Windenergie-Erlass nicht um Rechtsnormen handelt, sondern um ein antizipiertes Sachverständigengutachten, das im Hinblick auf Mindestabstände – wie aufgeführt – nach Bedeutung und Funktion der Messstationen differenziert und aufgrund der bisher vorliegenden Erkenntnisse grundsätzlich – also im Sinne einer Vermutung – davon ausgeht, dass sich die Detektions- und Auswertgenauigkeit der seismischen Messdaten der Messstationen des Gräfenberg-Arrays bei Unterschreitung dieses Mindestabstandes so verschlechtern, dass damit erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit verbunden sind.

Die Annahmen des Windenergie-Erlasses sind vorliegend jedoch nicht substantiiert erschüttert. Die Klägerin hat sich mit den Hinweisen in Nr. 7.3.4 BayWEE und den Erkenntnissen des LfU, der LMU München, des Bayerischen Erdbebendienstes und der Beigeladenen, die als besondere fachliche Expertise in die Regelung der Nr. 7.3.4 BayWEE eingeflossen ist, nicht hinreichend fachlich konkret auseinandergesetzt, geschweige denn ihre Richtigkeit erschüttert. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass pauschale Mindestabstände nicht zulässig seien, sondern im Einzelfall eine erhebliche Störung nachzuweisen sei. Dies genügt jedoch wie dargestellt angesichts der Qualifizierung der Nr. 7.3.4 Satz 4 b) BayWEE als „antizipiertes Sachverständigengutachten von hoher Qualität“ nicht.

Vielmehr hat vorliegend die Beigeladene als für derartige Fachfragen zuständige Bundesbehörde und geowissenschaftliches Kompetenzzentrum plausibel dargelegt, dass die angenommenen erheblichen Beeinträchtigungen der Funktion der einzelnen Messstationen und des Arrays als Gesamtsystem auf systematischen Untersuchungen und Auswertungen des Einflusses von hinzukommenden Windkraftanlagen gerade auf das Gräfenberg-Array beruht. Der sich daraus für die BGR ergebende Abstand von 5 km sei ausschließlich für das Gräfenberg-Array ermittelt worden. Dies sei mit der vergleichbaren geologischen Struktur der obersten Erdschichten (bis in eine Tiefe von mehreren hundert Metern begründet). Innerhalb dieses Radius seien erhebliche Störeinträge auf die Messungen festgestellt worden. Die Erhaltung der bisherigen hohen Auflösungsfähigkeit des GRF-Arrays, die sich in einer möglichst niedrigen Detektionsschwelle äußert, ist danach für die Aufgabenwahrnehmung essentiell. Hinzu kommt, dass die Beigeladene auf einen historischen Datenbestand des GRF-Arrays als Referenz zurückgreifen und Dritten zur Verfügung stellen kann, dessen Wert durch weitere Verschlechterungen der Funktion des Arrays weiter verliert. Nach den Erkenntnissen des Gerichts besteht schließlich auch kein Anlass, die Aussage der BGR in Zweifel zu ziehen, dass es bisher keine verlässliche, allgemein anerkannte Methode gibt, um die Auswirkungen von geplanten Windkraftanlagen auf benachbarte seismologische Messstationen berechnen zu können.

Auch das von der Klägerin vorgelegte Gutachten der GuD ändert hieran nichts, zum einen, weil es sich mit den fachlichen Erkenntnissen und über einen längeren Zeitraum gewonnenen Erfahrungen, die der Regelung in Nr. 7.3.4 BayWEE zugrunde liegt, nicht hinreichend inhaltlich auseinandersetzt, zum anderen weil es einen Ansatz verfolgt, der aus Sicht des Gerichts einen geringen Erkenntniswert hat. Denn das Gutachten hat, unabhängig davon, ob ihm angesichts der Beurteilung durch den gerichtlichen Gutachter Prof. Dr. W... und der Beigeladenen überhaupt gefolgt werden kann, nur Aussagekraft im Hinblick auf die Erschütterungsauswirkungen einer Windkraftanlage im Nahbereich (1 km). Für eine Beurteilung eines größeren Wirkbereichs bemüht es eine Prognose, der erhebliche Unsicherheiten immanent sind. Dies gesteht auch die Klägerseite ein, wenn sie im Schriftsatz vom 31. Oktober 2016 ausführt, dass einen endgültigen Aufschluss eine messtechnische Untersuchung vor Ort erbringen könnte, wenn mittels einer künstlichen Anregungsquelle direkt am geplanten Standort der Windenergieanlage eine hohe dynamische Kraft in den Untergrund eingeprägt wird und die hieraus resultierenden Bodenschwingungen auch bis Entfernungen von 1 bis 2 km messtechnisch ermittelt werden. Im Übrigen beruhen die Erkenntnisse der Beigeladenen bzw. die aus dem Windenergie-Erlass auf über viele Jahre in verschiedenen Abstandsbereichen gemessenen Werten bezogen auf mehrere Windkraftanlagen, die Ergebnisse aus dem GuD-Gutachten nur auf zwei- bis dreitägigen Messungen bezogen auf einen Standort. Vor diesem Hintergrund kann es dahingestellt bleiben, ob die Kritik am GuD-Gutachten durch den gerichtlichen Gutachter berechtigt ist oder nicht.

Soweit sich die Klägerin auf ein Herausrechnen der Störsignale beruft, vermag sie damit nicht durchzudringen. Denn aus den genannten Bestimmungen des Windenergie-Erlasses, die die Klägerin nicht durch substantiierte Einwendungen mit vergleichbarer fachlicher Art und Qualität erschüttern konnte, folgt, dass Mindestabstände bis auf Weiteres die einzige Möglichkeit zum Schutz der Messstationen darstellen. Gleiches gilt hinsichtlich des Einwands auf Klägerseite, es müssten als milderes Mittel Schutzauflagen verfügt werden. Im Übrigen führt in diesem Zusammenhang die Beigeladene nachvollziehbar im Sinne der Regelungen des Windenergie-Erlasses aus, dass die von Klägerseite vorgeschlagenen Maßnahmen nicht geeignet seien, die erhebliche Beeinträchtigung der Station GRB 5 durch die beantragte Windenergieanlage zu beseitigen. Die Störsignale würden Wellenanteile mit einer Wellenlänge im Bereich von mehreren hundert Metern bis 1 km besitzen. Diese würden in den vorkommenden Frequenzteilen bei etwa 1 Hz und der S-Wellenausbreitungsgeschwindigkeit in den oberen 300 bis 400 mder Kalkschicht von grob 1 km/s liegen. Es gebe derzeit keine umsetzbaren Maßnahmen, welche nachweisbar die Übertragung von Signalen dieser Wellenlänge vermeiden würden. Solche Maßnahmen seien weder im Gräfenberg-Array noch im sonstigen Bundesgebiet erprobt. Die Erschütterungssignale der Windenergieanlagen heraus zu rechnen, wie von Klägerseite vorgebracht, ist nach den Ausführungen der Beigeladenen nicht zielführend. Grund sei ein Inversionsproblem, das in der Seismologie häufig thematisiert werde und worüber ausreichende Erfahrungen vorlägen. Das Quellsignal könne nur mäßig gut bzw. nicht hinreichend genau erfasst werden wegen der ungenauen Kenntnis des Ausbreitungsmediums bis in 1 km Tiefe. Aber selbst wenn es gelänge, die Quellsignale quantitativ ausreichend genau zu erfassen, wäre eine Herausrechnung nicht möglich, weil die Untergrundstruktur im relevanten Bereich zwischen Windenergieanlage und Messstation nicht genügend bekannt sei und sich die Störsignale der Windenergieanlage mit dem natürlichen Rauschen überlagern würden. Sie könnten dann in dem Bereich, in dem sie vergleichbare Amplituden hätten, nicht mehr getrennt werden, wenn beide in gleicher Größenordnung zu den Signaleinträgen beitrügen. Die Abschaltungslösung scheitere bereits daran, dass die erhebliche Beeinträchtigung durch Windenergieanlagen gerade darin bestehe, dass verdächtige Signale gar nicht erst wahrgenommen werden könnten.

Auch diese Stellungnahme der Beigeladenen hält das Gericht, zumal sie im Einklang mit dem antizipierten Sachverständigengutachten von hohem Gewicht stehen, für hinreichend plausibel und nicht durch substantiierte Einlassungen der Klägerin für erschüttert. Soweit die Klägerin hinsichtlich der Dämpfungsmöglichkeiten auf eine Studie von Styles et al. verweist, macht die Beigeladene zu Recht geltend, dass solche Maßnahmen nicht Antragsgegenstand sind; im Übrigen beruft sich die Beigeladene nachvollziehbar darauf, dass damit die Wirksamkeit von Dämpfungsmaßnahmen am konkret beantragten Standort im Gräfenberg-Array mit einem Abstand von 3,4 km nicht nachgewiesen ist, nachdem sich die Studie auf Windkraftanlagen mit einem Mindestabstand von 15 km Radius bezog.

Da es aus den dargelegten Gründen an den Genehmigungsvoraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG fehlt, kommt es auf die Frage der Genehmigungsfähigkeit nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB, worauf der Beklagte maßgeblich rechtlich abgestellt hat, an sich nicht mehr an. Das Gericht stützt seine Entscheidung dennoch selbständig tragend auch darauf, dass das Vorhaben zudem nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 35 BauGB nicht genehmigungsfähig ist.

Die Funktionsfähigkeit von Erdbebenmessstationen stellt nach Auffassung der Kammer einen ungeschriebenen öffentlichen Belang im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB dar, der privilegierten Vorhaben wie Windkraftanlagen nach § 35 Abs. 1 BauGB entgegenstehen kann. Dabei kann im Ergebnis vorliegend dahinstehen, ob man insoweit auf eine entsprechende Anwendung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 8 BauGB zurückgreift (so VG Aachen, B.v. 02.09.2016 – 6 L 38/16; wohl auch OVG Münster, B.v. 09.06.2017 – jeweils juris) oder auf das Rücksichtnahmegebot als ungeschriebenen Belang abstellt. Nach den vorstehenden Ausführungen ist von einer Störung der Funktionsfähigkeit der Messstation GRB 5 und des Gesamt-Arrays mit hinreichender Gewichtigkeit auszugehen. Im Hinblick darauf kommt das Gericht auch zu dem Ergebnis, dass dem öffentlichen Interesse an der Vermeidung weiterer Verschlechterungen der Funktionsfähigkeit der Messstation als Teil des GRF-Arrays bei der nachvollziehenden Abwägung im Rahmen des „Entgegenstehens“ nach § 35 Abs. 3 BauGB bzw. der Bewertung der Zumutbarkeit beim Rücksichtnahmegebot der Vorrang gegenüber den wirtschaftlichen Interessen der Klägerin und dem öffentlichen Interesse am Ausbau der Gewinnung erneuerbarer Energie einzuräumen ist.

Insoweit ist von Belang, dass hier jeweils nach § 35 Abs. 1 BauGB im Außenbereich privilegiert zulässige Vorhaben in Konflikt stehen. Insoweit hat die Klägerin nachvollziehbar dargestellt, dass die hochsensiblen Messstationen zur Vermeidung von Erschütterung des Bodens durch anthropogene Einflüsse im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB wegen ihrer besonderen Anforderungen an die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Soweit die Klägerin einwendet, die Messstation sei nicht schutzwürdig, weil sie baurechtlich nicht genehmigt sei, so folgt dem das Gericht nicht. Es spricht bereits viel dafür, dass die Messstationen jedenfalls zum Zeitpunkt ihrer Errichtung nicht genehmigungspflichtig waren. Art. 83 Abs. 1 Nr. 22 BayBO i.d.F. vom 1.10.1974 (GVBl 1974, 513) sah nämlich vor, dass die Errichtung von künstlichen Hohlräumen unter der Erdoberfläche mit einem Rauminhalt bis zu 50 cbm genehmigungsfrei war. Die Messstationen bestehen aus einem Seismometer als technisches Gerät, der sich zum Schutz vor Beschädigungen in einem Schacht unter der Erdoberfläche mit einer Tiefe von 3 m – 5 m und einem Durchmesser von ca. 2 m befindet, so dass die genannte Ausnahme greifen könnte. Dies bedarf aber keiner abschließenden Prüfung. Denn jedenfalls ist der Betrieb der Messstationen, die seit Jahrzehnten bestehen, von den zuständigen Bauaufsichtsbehörden zu keinem Zeitpunkt in Frage gestellt worden. Es bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass von Seiten des Beklagten zukünftig Beseitigungsverlangen gestellt werden würden. Vielmehr geht der Beklagte nach dem Windenergie-Erlass offenbar von der Schutzwürdigkeit der bestehenden Messstationen aus. Das Gericht nimmt infolge der baurechtlichen Privilegierung und der im Hinblick auf die angesprochene Beschaffenheit der Messstationen geringen Auswirkungen auf die Umgebung auch die Genehmigungsfähigkeit der Messstationen an, sollte eine Genehmigungspflicht dennoch gegeben sein. Eine eventuelle bloße formelle Baurechtswidrigkeit der Messstation vermag das Gewicht des mit ihrem Betrieb verbundenen öffentlichen Interessen im nachbarlichen Verhältnis zum Außenbereichsvorhaben der Klägerin nicht entscheidend zu schwächen (vgl. OVG Koblenz, U.v.13.1.2016 – 8 A 10535/15 – juris Rn. 115 zu einer Wetterradarstation). Im Rahmen der nachvollziehenden Abwägung streiten schließlich zugunsten des Schutzes des GRF-Arrays das angesprochene öffentliche Interesse am Betrieb der Messstationen sowie der besondere Umstand, dass neben der hohen Registrierqualität des GRF-Arrays der erfasste und verarbeitete Datenbestand über Jahrzehnte eine hohe Bedeutung als Referenzmaterial für aktuelle und künftige Ereignisse hat. Demgegenüber ergibt sich nicht, dass die geplante Windkraftanlage auf den konkret vorgesehenen Standort angewiesen ist, so dass es auch im Hinblick auf den Prioritätsgrundsatz geboten ist, dass die Windkraftanlage den geforderten Abstand von 5 km einhält.

Nach alledem hat das Landratsamt ... mit Bescheid vom ... auch zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu Recht den Genehmigungsantrag abgelehnt.

Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt (§ 154 Abs. 3 VwGO), weshalb es angemessen ist, dass sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

Die Berufung wurde gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da es nach Auffassung des Gerichts grundsätzliche Bedeutung hat, ob bzw. inwieweit die Regelungen in Nr. 7.3.4 BayWEE Bindungswirkung für das Gericht haben.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

    Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

2. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 52.500,‑‑ € festgesetzt.


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(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.