Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage im Hinblick auf die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigter zurückgenommen wurde.

II. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 1 und 3 bis 6 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 8.9.2016 verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

III. Von den Kosten des Verfahrens tragen der Kläger ¼, die Beklagte ¾. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

IV. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt zuletzt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise des subsidiären Schutzstatus und Abschiebungsschutz.

Der am …1991 geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger, dem Volk der Pashtunen zugehörig und sunnitischen Glaubens. Er reiste nach seinen Angaben am 14.1.2016 in das Gebiet der Bundesrepublik ein und stellte am 8.4.2016 einen Asylantrag.

Bei seiner Anhörung gemäß § 25 AsylG (Asylgesetz) vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am 24.8.2016 gab der Kläger im Wesentlichen Folgendes an:

Er sei in Afghanistan in Dschalalabad, im Dorf Hada (andere Schreibweise Akhonzada) aufgewachsen. Er habe sein Heimatland ca. Mitte Oktober 2015 verlassen. Er sei verheiratet. In seiner Heimat lebe neben seiner Frau auch noch seine Mutter, ein Bruder und eine Schwester sowie weitere Verwandte. Er habe 8 Jahre die Hauptschule besucht. Er sei seit 2011 beim Militär gewesen. Er habe zuletzt bei den „Special Forces“ gearbeitet, die mit den Amerikanern zusammenarbeite. Aufgabe dieser Einheit in Masar-e-Sharif sei Aufklärung und Geheimdiensttätigkeit gewesen. Er sei eine Art Unteroffizier gewesen. Sie hätten Informationen über die Taliban von Agenten bekommen. Gefangene Taliban hätten sie an den Geheimdienst weitergegeben. Sie hätten Taliban auch bei Kämpfen getötet. Diese Sondereinheit habe aus 160 Personen bestanden. Die Taliban hätten ihn ein paar Mal per Telefon bedroht. Er solle mit dem Militär aufhören und mit ihnen zusammen arbeiten, sonst würden sie ihn töten. Auch sein Onkel sei angerufen worden. Als er während eines Urlaubs in seinem Heimatdorf gewesen sei, hätten ihm die Taliban eines Abends auf dem Heimweg aufgelauert. Er habe auch in seinem Heimatort immer eine Kalaschnikow dabei gehabt. Es habe ein Feuergefecht gegeben. Dabei seien zwei Personen verletzt worden. Er habe dann in der Nacht beim Dorfältesten Zuflucht gesucht. Vom afghanischen Staat oder amerikanischen Einheiten habe er keine Hilfe erwarten können. Er habe dann seiner Frau gesagt, sie müsse das Haus verlassen. Die Mutter sei dort geblieben, sie sei alt, er sei davon ausgegangen, mit der hätten die nichts zu tun. Er sei dann zunächst nach ein paar Tage nach Kabul, wo er Geld gehabt habe, und dann Richtung Europa geflüchtet. Für die Flucht habe ein Freund auch ein Grundstück von ihm verkauft. Die Taliban seien zu ihm nach Hause gekommen und hätten seine Mutter geschlagen. Auch in andere Teile Afghanistan könne er nicht zurück. Er habe mehrere Taliban verhört; dass er dabei sein Gesicht nicht verhüllt habe, sei ein Schwachpunkt von ihm gewesen.

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 8.9.2016 (Az. 6680533-423) wurde in Ziffer 1 der Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und in Ziffer 2 der Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt. In Ziffer 3 des Bescheids wurde der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt. In Ziffer 4 des Bescheids wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) nicht vorliegen. In Ziffer 5 forderte das Bundesamt den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten, würde er nach Afghanistan abgeschoben. Er könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen dürfte oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet sei. In Ziffer 6 wurde das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Der Bescheid wurde laut Bundesamtsakte am 30.9.2016 per Postzustellungsurkunde zugestellt. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.

Mit am 13.10.2016 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger Klage gegen den Bescheid erhoben. Zur Begründung bezog er sich auf die bisherigen Angaben. Weiter wird unter Hinweis auf einen Bericht von Amnesty International von 2015/2016 vorgebracht, die Sicherheitslage habe sich in allen Distrikten verschlechtert. Die Situation in seinem Heimatland für Zivilisten sei unerträglich. Im Hinblick auf die zunächst streitgegenständliche Ziffer 2 des Bescheids und die Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten wurde die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Der Kläger beantragt zuletzt,

  • 1.den Bescheid des Bundesamtes vom 8.9.2016 in den Ziffern 1 und 3 bis 6 aufzuheben.

  • 2.die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und Abschiebungsverbote festzustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf den angefochtenen Bescheid die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 22.5.2018 hat die Kammer den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

In der mündlichen Verhandlung hat das Gericht dem Kläger Gelegenheit gegeben, sein Asylvorbringen erneut umfassend zu schildern und ihn dazu befragt. Der Kläger hat sein Asylvorbringen ergänzt und vertieft.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf die Gerichtsakte, insbesondere auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung, und auf die Bundesamtsakte Bezug genommen.

Gründe

I.

Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich der ursprünglich begehrten Verpflichtung der Beklagten zur Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten und Aufhebung der Ziffer 2 des Bescheids der Beklagten vom 8.9.2016 zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

II.

Soweit die Klage aufrechterhalten wurde ist sie zulässig und begründet.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie innerhalb der Frist nach § 74 Abs. 1 Halbsatz 1 Asylgesetz (AsylG) erhoben. Der streitgegenständliche Bescheid vom 8.9.2016 wurde ausweislich der in der Bundesamtsakte befindlichen Postzustellungsurkunde am 30.9.2016 zugestellt. Die zweiwöchige Klagefrist ist demnach bei Klageerhebung am 13.10.2016 eingehalten.

2. Die Klage ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) im Hauptantrag auch begründet.

Der Kläger hat ausreichend glaubhaft gemacht, dass er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung durch die Taliban außerhalb Afghanistans aufhält (§ 3 Abs. 1, 4 AsylG). Der angegriffene Bescheid ist daher in den Ziffern 1 sowie 3 bis 6 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG ausgehen von dem Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die vorgenannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Die Flüchtlingseigenschaft wird nicht zuerkannt, wenn eine interne Schutzmöglichkeit besteht, § 3e AsylG.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10 – juris = BVerwGE 140, 22). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden sind nach Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (QRL – Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 – ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9 ff.) ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen.

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der Tatrichter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris = BVerwGE 71, 180 und U.v. 11.11.1986 – 9 C 316.85 – juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. Bei erheblichen Widersprüchen oder Steigerungen im Sachvortrag kann dem Ausländer nur geglaubt werden, wenn die Widersprüche und Ungereimtheiten überzeugend aufgelöst werden (BVerwG, U.v. 23.2.1988 – 9 C 273.86 – juris sowie B.v. 21.7.1989 – 9 B 239.89 – juris = NVwZ 1990, 171).

Gemessen an diesen Maßstäben ist der zur Entscheidung berufene Einzelrichter ausreichend davon überzeugt, dass sich der Kläger aus Furcht vor Verfolgung außerhalb seines Heimatlandes aufhält.

Das Gericht hat nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung letztlich keine durchgreifenden Zweifel daran, dass der Kläger vor seiner Flucht aus Afghanistan Angehöriger der afghanischen Streitkräfte und zuletzt auch Mitglied einer Spezialeinheit zur Bekämpfung der Taliban war, die u.a. die Aufgabe hatte, einschlägige Informationen über Personen, die im Verdacht standen den Taliban anzugehören, zu sammeln und gegen diese zu ermitteln und die im Rahmen ihrer Aufgaben auch mit den amerikanischen Kräften zusammengearbeitet hat. Der Kläger hat die Aufgaben und Tätigkeiten sowie die Organisation dieser Einheit in der mündlichen Verhandlung glaubhaft erläutert und konnte Nachfragen spontan und im Wesentlichen plausibel beantworten. Er hat in der mündlichen Verhandlung auch Ausdrucke von Fotos aus seinem Handy vorgelegt, die ihn in Uniform und bewaffnet u.a. in einer Gruppe anderer Soldaten oder auf der Ladefläche eines Militärfahrzeugs zeigen. Im Ausgangsverfahren hat der Kläger auch einen Militärausweis (Nr. NK1-0026392) sowie 7 „Urkunden“ der afghanischen Armee abgegeben (vgl. Bl. 29 ff. der Bundesamtsakte und Empfangsbestätigung der Zentralen Ausländerbehörde vom 24.6.2016 - Bl. 28). In der Bundesamtsakte sind diesbezüglich zwar keine Übersetzungen enthalten, teilweise sind die Dokumente aber auch in englischer Sprache gehalten (z.B. Ausbildungszertifikat Bl. 35 oder Bl. 39, 40 der Bundesamtsakte). Daraus ergibt sich, dass der Kläger Angehöriger einer „Special Forces“ war. Auf diese Dokumente und seine Echtheit ist das Bundesamt nicht eingegangen. Auch das Bundesamt ist davon ausgegangen, dass der Vortrag des Klägers zu einer Kampfausbildung und seine Kenntnisse glaubhaft seien. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Geheimdiensttätigkeit, durch welche dann die Identität bekannt geworden sei, unglaubwürdig sei (vgl. Vermerk vom 26.8.2016, Bl. 57). Im Bescheid wird weiter ausgeführt, dass der geschilderte Überfall und weder das diesbezügliche Verhalten der Taliban noch sein eigenes nachvollziehbar und umfassend dargestellt sei.

Das Gericht kommt im Rahmen der Würdigung der Niederschrift zur Anhörung des Klägers beim Bundesamt, den Schilderungen und Erläuterungen der Asylgründe durch den Kläger in der mündlichen Verhandlung sowie des Gesamteindrucks der Glaubwürdigkeit des Klägers unter Berücksichtigung der angesprochenen Maßstäbe zur Glaubhaftmachung des Verfolgungsschicksals im Asylverfahren zu der Einschätzung, dass der Kläger vorverfolgt ausgereist ist. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere den Vorfall, als er in seinem Heimatdorf angegriffen wurde, detailreicher als beim Bundesamt und insgesamt glaubhaft geschildert. So hat er beispielsweise den Ablauf und die Örtlichkeit des Geschehens anhand eines Ausdrucks von Google-Maps eingehend erläutert. Es gibt zwar Widersprüche in Einzelheiten der Schilderungen zu den Angaben beim Bundesamt, wie z.B. bezüglich der Dauer der „Schießerei“ oder der Zahl und der Umstände der vorgebrachten Drohanrufe durch die Taliban bei seinem Onkel bzw. bei ihm selbst. Dadurch ergeben sich durchaus für das Gericht Zweifel am Vorbringen des Klägers. Jedoch sind die Erklärungen des Klägers zu Unstimmigkeit teilweise plausibel, z.B. dass Schätzungen zu Zeitangaben in den vorgebrachten bedrohlichen Situationen schwierig sind. Teilweise hat der Kläger bei auch Widersprüchen geltend gemacht, er habe beim Bundesamt das gleiche erklärt wie in der mündlichen Verhandlung; der Dolmetscher beim Bundesamt habe aber Paschtu nur schlecht gesprochen und sich über weite Strecken auf Farsi mit ihm unterhalten. Das Gericht kann nicht von vornherein Missverständnisse bei der Niederschrift der Anhörung beim Bundesamt völlig ausschließen. Insgesamt betrachtet ergibt sich, dass die Schilderungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung im Wesentlichen mit den Angaben beim Bundesamt übereinstimmen und der Kläger insgesamt ausreichend konkret, detailreich und plausibel die geltend gemachten Umstände geschildert hat und zudem Widersprüche weitgehend aufklären konnte. Der Kläger hat schließlich beim Bundesamt auch Dokumente vorgelegt, die für seine Zugehörigkeit zum Militär und einer Spezialeinheit sprechen sowie in der mündlichen Verhandlung Lichtbilder. Im Übrigen spricht auch der persönlichen Eindruck, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung hinterlassen hat, dafür, dass der Kläger von wahren Begebenheiten berichtet hat.

Im Hinblick darauf, dass das Gericht in Asylverfahren in Bezug auf die entscheidungserheblichen Vorfälle im Herkunftsland keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit verlangen darf, sondern sich in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen muss, der den Zweifeln Schweigen gebietet, auch wenn sie nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris = BVerwGE 71, 180), ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger als Angehöriger einer Spezialeinheit des afghanischen Militärs zur Bekämpfung der Taliban in dessen Visier geraten ist und auch tatsächlich nicht nur persönlichen Bedrohungen durch die Taliban, sondern konkret einem Anschlag durch diese ausgesetzt war. Demnach ist davon auszugehen, dass der Kläger sein Heimatland deshalb verlassen hat, weil ihm lebensbedrohliche Übergriffe der Taliban drohten. Hierfür spricht zumindest als Indiz auch, dass der Kläger nach seinen Angaben in wirtschaftlich guten Verhältnissen lebte und verheiratet ist und seine Ehefrau nach wie vor in Afghanistan lebt, auch wenn die tatsächlichen privaten Umstände letztlich nicht überprüfbar sind.

Nach der Überzeugung des Gerichts waren somit im Zeitpunkt der Ausreise des Klägers aus Afghanistan sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit durch die Taliban bedroht. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen der Taliban sind nichtstaatliche Akteure im Sinne von § 3c Nr. 3 AsylG. Die islamische Republik Afghanistan ist erwiesenermaßen nicht in der Lage, Schutz vor der Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure zu bieten. Dies wäre nach § 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG dann der Fall, wenn der Staat geeignete Schritte eingeleitet hätte, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Kläger Zugang zu diesem Schutz hätte. Nach der Auskunftslage sind diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Eine Schutzfähigkeit des Staates vor Übergriffen der Taliban ist im Hinblick auf die Verhältnisse im Herkunftsland des Klägers nicht gegeben. Die größte Bedrohung für die Bürger Afghanistans geht von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich hierbei meist um Anführer von Milizen, die nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind. Die Zentralregierung ist häufig nicht in der Lage, ihre Schutzverantwortung effektiv wahrzunehmen. Die Zentralregierung hat seit je nur beschränkten Einfluss auf lokale Machthaber und Kommandeure, die häufig ihre Macht missbrauchen. In vielen Regionen Afghanistans besteht auf lokaler und regionaler Ebene ein komplexes Machtgefüge aus Ethnien, Stämmen, sogenannten Warlords und privaten Milizen, aber auch Polizei- und Taliban-Kommandeuren (AA, Lagebericht vom 31.5.2018, S. 7). Zu bestimmten staatlichen Sicherheitskräften wie der ALP (Afghan Local Police) gibt es zudem kritische Berichte. Ihre Mitglieder werden durch die lokalen Dorfführer bestellt, die Mitglieder erhalten ein geringeres Gehalt und müssen in vielen Fällen ihre Ausrüstung selbst beschaffen. Der ALP selbst werden häufig Korruption sowie Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen (Lagebericht AA – a.a.O.).

Ferner ist davon auszugehen, dass die dem Kläger in Afghanistan seitens der Taliban drohende Verfolgung auch an seine (vermeintliche) politische Überzeugung im Sinne der §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b Abs. 1 Nr. 5 AsylG anknüpft. Nach letztgenannter Vorschrift ist unter dem Begriff der politischen Überzeugung insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c AsylG genannten potentiellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er aufgrund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist. Nach § 3b Abs. 2 AsylG ist es bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, unerheblich, ob er tatsächlich die asylrelevanten Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden. Zumindest von letzterem muss hier ausgegangen werden; denn der Kläger war Angehöriger einer Spezialeinheit des Militärs der islamischen Republik Afghanistan und dies wurde den Taliban bekannt. Aus Sicht der Taliban stand er damit der afghanischen Regierung nahe. Da er zudem das Angebot der Taliban, für diese tätig zu werden, nicht annahm und nach den zugrunde zu legenden Angaben des Klägers im Rahmen einer Schießerei zwei Taliban-Kämpfer verletzte, liegt es auf der Hand, dass die Taliban dem Kläger eine regierungsfreundliche und damit zugleich talibanfeindliche Grundeinstellung zuschreiben. Dieses Ergebnis wird gestützt durch die aktuelle Auskunftslage, wonach Personen, die tatsächlich oder vermeintlich mit der Regierung und der internationalen Gemeinschaft einschließlich der internationalen Streitkräfte verbunden sind oder diese tatsächlich oder vermeintlich unterstützen in der jüngsten Vergangenheit gezielt von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen wurden. Übergriffe auf den genannten Personenkreis hätten seit dem weitgehenden Rückzug der internationalen Streitkräfte im Jahr 2014 zugenommen (UNHCR-Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender vom 19.4.2016, III. A. 1. S. 38 ff.; AA, Lagebeurteilung für Afghanistan nach dem Anschlag am 31. Mai 2017 vom 28.7.2017, Stand: Juli 2017, S. 6 ff.; AA, Lagebericht vom 31.5.2018, S. 17 f.; SFH, Afghanistan Update vom 30.9.2016, S. 21 f.; SFH Schnellrecherche vom 14.11.2016 zu Afghanistan: Angriffe von regierungsfeindlichen Gruppen auf Mitarbeitende der Regierung, ausländischer Firmen und internationaler Streitkräfte; Drohbriefe; Rekrutierung; psychische Erkrankungen, S. 1 ff.).

Weil der Kläger nach der Überzeugung des Gerichts vorverfolgt aus Afghanistan ausgereist ist, kommt ihm die Vermutung des Art. 4 Abs. 4 QRL zugute, weshalb davon auszugehen ist, dass er auch im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan erneut von den Taliban verfolgt werden wird. Insbesondere kann im Falle des Klägers nicht davon ausgegangen werden, dass ihm ein interner Schutz im Sinne des § 3e AsylG zur Verfügung steht. Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird die Flüchtlingseigenschaft dem Ausländer nicht zuerkannt, wenn er in einem sicheren Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat (Nr. 1) und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (Nr. 2).

Mit dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ist zunächst davon auszugehen, dass die Frage, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, keiner allgemeinen Klärung zugänglich ist. Die Beurteilung, ob eine Fluchtalternative besteht, hängt maßgeblich davon ab, in welchem Ausmaß ein Betroffener vorverfolgt ist und wie sehr er ins Visier seiner Verfolger gelangt ist. Inwieweit die Gefahr besteht, dass der Betroffene bei einer Rückkehr in einem anderen Ort in Afghanistan ebenfalls aufgespürt werden könnte und von neuem verfolgt würde, lässt sich ebenfalls nicht allgemein beantworten. Für die Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung sind dabei vielmehr die konkreten Umstände (BayVGH, U.v. 14.2.2017 – 13a ZB 17.30010 – juris).

Vom Grundsatz her ist jedenfalls davon auszugehen, dass die Taliban landesweit über ein dichtes Netzwerk verfügen, welches ihnen die nötigen Informationen liefert, um Individuen aufzuspüren, zuzuordnen und einzuschüchtern (Stahlmann, Bedrohungen im sozialen Alltag Afghanistans, ASYLMAGAZIN 3/2017, S. 82). Dementsprechend stellt sich im konkreten Einzelfall jeweils die Frage, ob die nichtstaatlichen Akteure – hier also die Taliban – nach wie vor ein Interesse an der Verfolgung einer bestimmten Person haben. Dies hängt nach der Überzeugung des Gerichts im Wesentlichen davon ab, aus welchen Gründen die betreffende Person ins Visier der Taliban geraten ist. Im Fall des Klägers spricht aus Sicht des Gerichts vieles dafür, dass die Taliban nach wie vor ein gesteigertes Interesse am Kläger haben. Einerseits ist zu bedenken, dass der Kläger Angehöriger einer militärischen Spezialeinheit war und somit nicht nur als regierungsfreundlich angesehen werden dürfte; vielmehr muss zugunsten des Klägers davon ausgegangen werden, dass diese Spezialeinheit besondere Aufgaben im Kampf gegen die Taliban hatte. Der Kläger hatte dort Kontakt zu festgenommenen Taliban-Anhängern, die Tätigkeit wurde auch in seinem Heimatdorf bekannt. Hinzu kommt, dass der Kläger geltend gemacht hat, bei dem Überfall auf ihn in seinem Heimatort zwei vermeintliche Taliban-Kämpfer im Rahmen einer Auseinandersetzung verletzt zu haben. Es ist anzunehmen, dass es ein systematisches und fortwährendes Vorgehen bewaffneter regierungsfeindlicher Gruppen gegen afghanische Militärangehörige gibt. Berichten zufolge würden auch ehemalige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte von Regierungsfeindlichen Gruppen angegriffen (vgl. VG München, U.v. 20.6.2017, Az. M 26 K 17.30772 - juris Rn. 23, unter Verweis auf UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender – Zusammenfassende Übersetzung – Stand 19.4.2016). Der Kläger ist zudem verheiratet, im Rahmen der Lebensgemeinschaft dürfte es schwieriger sein, anonym in anderen Teilen Afghanistans zu leben. Nach Überzeugung des Gerichts ist daher bei Gesamtwürdigung dieser Umstände das Gefährdungspotenzial für den Kläger im gesamten Land sehr hoch, weshalb nicht davon ausgegangen werden kann, dass dem Kläger eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht.

Nach alledem war der Klage im Hauptantrag stattzugeben und die Beklagte war zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Soweit der streitgegenständliche Bescheid dem entgegensteht, war er aufzuheben.

3. Über die Hilfsanträge brauchte das Gericht nicht mehr zu entscheiden, da der Hauptantrag erfolgreich war.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage aus § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 27. Juni 2018 - RN 7 K 16.32643 zitiert 18 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

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(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich1.aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er 1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und2. sicher und legal in diesen Landesteil r

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3b Verfolgungsgründe


(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen: 1. der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;2. der Begrif

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 3d Akteure, die Schutz bieten können


(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden 1. vom Staat oder2. von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,sofern sie willens und in d

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 25 Anhörung


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(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er

1.
in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d hat und
2.
sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.

(2) Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen nach Absatz 1 erfüllt, sind die dortigen allgemeinen Gegebenheiten und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2011/95/EU zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag zu berücksichtigen. Zu diesem Zweck sind genaue und aktuelle Informationen aus relevanten Quellen, wie etwa Informationen des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge oder des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen, einzuholen.

(1) Schutz vor Verfolgung kann nur geboten werden

1.
vom Staat oder
2.
von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen,
sofern sie willens und in der Lage sind, Schutz gemäß Absatz 2 zu bieten.

(2) Der Schutz vor Verfolgung muss wirksam und darf nicht nur vorübergehender Art sein. Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die in Absatz 1 genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat.

(3) Bei der Beurteilung der Frage, ob eine internationale Organisation einen Staat oder einen wesentlichen Teil seines Staatsgebiets beherrscht und den in Absatz 2 genannten Schutz bietet, sind etwaige in einschlägigen Rechtsakten der Europäischen Union aufgestellte Leitlinien heranzuziehen.

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 31. Oktober 2016 ist unbegründet.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).

Der Kläger hält für klärungsbedürftig, ob „die Annahme des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Urteil zutrifft, dass ein afghanischer Staatsangehöriger paschtunischer Volkszugehörigkeit - bei unterstellter Vorverfolgung mit Rekrutierungsmaßnahmen durch die Taliban in Afghanistan - im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinn des § 3e AsylG bzw. § 4 Abs. 3 Satz 1, § 3e AsylG hat“. Er habe mitgeteilt, dass ihm eine Verfolgung durch Mitglieder der Taliban drohe, nachdem auch sein Bruder getötet worden sei. Hierzu seien in der mündlichen Verhandlung Originalschriftsätze vorgelegt und vom Dolmetscher übersetzt worden. Das Verwaltungsgericht habe sein Vorbringen als wahr unterstellt und seinen Beweisantrag zur Authentizität dieser Dokumente abgelehnt mit der Begründung, der Beweisantrag sei nicht entscheidungserheblich, weil eine Fluchtalternative in Afghanistan bestehe. Ohne Überprüfung weiterer Beurteilungsgrundlagen berufe sich das Gericht allein auf die Anonymität der Großstadt Kabul. Insbesondere werde die Stellungnahme des Dr. D. vom 30. April 2016 (richtig wohl 2013), auf die das Oberverwaltungsgericht Lüneburg in seinem Urteil vom 28. Juli 2014 (9 LB 2/13 - Asylmagazin 2014, 378) Bezug nehme, nicht berücksichtigt.

Die Frage, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative besteht, ist einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich. Das Verwaltungsgericht hat sich mit den persönlichen Verhältnissen des Klägers auseinandergesetzt und ist zur Auffassung gelangt, dass er sich in Kabul niederlassen könne, ohne der Gefahr einer Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure ausgesetzt zu sein. Mit 19 Jahren sei er auch in der Lage, eine Arbeit zu finden (UA S. 6). Die Beurteilung, ob eine Fluchtalternative besteht, hängt maßgeblich davon ab, in welchem Ausmaß ein Betroffener vorverfolgt ist, und wie sehr er ins Visier seiner Verfolger gelangt ist. Inwieweit die Gefahr besteht, dass der Betroffene bei einer Rückkehr an einem anderen Ort in Afghanistan ebenfalls aufgespürt werden könnte und von Neuem verfolgt würde, lässt sich nicht allgemein beantworten. Für die Beurteilung von maßgeblicher Bedeutung sind dabei vielmehr die konkreten Umstände. Mit seinem Verweis auf den Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 19. Oktober 2016 bestätigt auch der Kläger im Grunde das Erfordernis einer Einzelfallprüfung. Seine Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Lagebericht unvollständig zitiert, weil dort weiter erwähnt sei, dass die Ausweichmöglichkeiten für verfolgte Personen maßgeblich vom Grad ihrer sozialen Verwurzelung, ihrer Ethnie und ihrer finanziellen Lage abhingen, kann nur dahingehend verstanden werden, dass die konkreten persönlichen Verhältnisse in die Beurteilung mit einfließen müssen.

Soweit sich der Kläger auf die im Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (a.a.O.) genannte Stellungnahme von Dr. D. beruft, gilt nichts anderes. Gegenstand der Stellungnahme sind die Aktivitäten der Taliban in Kabul, unter anderem auch die Zwangsrekrutierung von Binnenflüchtlingen. Bezogen auf den dortigen Kläger wird ausgeführt, wie groß die Gefahr sei, dass jener in Kabul erkannt und identifiziert werden könne. Ob sich diese Einschätzung allerdings auch auf die Verfolgungssituation des hiesigen Klägers und eine eventuelle Ausweichmöglichkeit übertragen lässt, hängt von den konkreten Umständen ab. Es lässt sich nicht allgemein beantworten, inwieweit die in der Stellungnahme genannten Kriterien eine Fluchtalternative ausschließen.

Die vorgetragene Abweichung von der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts kann damit ebenso wenig zu einer grundsätzlichen Bedeutung führen.

Aber auch wenn das Vorbringen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe für die Annahme einer Fluchtalternative die Anonymität des Betroffenen in einer größeren Stadt ausreichen lassen, ohne weitere Beurteilungsgrundlagen zu überprüfen, als Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör verstanden wird, ist der Antrag unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO nicht vorliegen.

Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (BVerfG, B.v. 30.4.2003 - 1 PBvU 1/02 - BVerfGE 107, 395/409 = NJW 2003, 1924). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (BVerfG, B.v. 21.4.1982 - 2 BvR 810/81 - BVerfGE 60, 305/310). Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG, wonach vor Gericht jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör hat, kann allerdings nur dann festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerichte von ihnen entgegengenommenes Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind dabei nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Deshalb müssen, damit ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG festgestellt werden kann, im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrages schließen (BVerfG, B.v. 29.10.2015 - 2 BvR 1493/11 - NVwZ 2016, 238), sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (BVerfG, B.v. 23.7.2003 - 2 BvR 624/01 - NVwZ-RR 2004, 3; B.v. 19.5.1992 - 1 BvR 986/91 - BVerfGE 86, 133/146; BayVerfGH, E.v. 7.7.2015 - Vf. 3-VI-15 - BayVBl 2015, 853).

Gemessen an diesen höchstrichterlichen Grundsätzen war dem Kläger das rechtliche Gehör nicht versagt. Wie aus dem angefochtenen Urteil hervorgeht, hat sich das Verwaltungsgericht mit den vom Kläger geschilderten persönlichen Verhältnissen befasst (UA S. 5 f.). Es ist aber zu der Einschätzung gelangt, dass weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch für subsidiären Schutz vorliegen. Dabei hat es auch zur Kenntnis genommen, dass sein Bruder in der Armee gedient habe und getötet worden sei, nachdem er es abgelehnt habe, sich den Taliban anzuschließen (UA S. 3). In Wahrheit macht der Kläger geltend, wesentliche Umstände seien bei der Entscheidung nicht erwogen und sein Vorbringen nicht ausreichend gewürdigt worden. Mit der Kritik an der tatrichterlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung kann die Annahme eines Verstoßes gegen das rechtliche Gehör jedoch grundsätzlich nicht begründet werden (BVerfG, B.v. 19.7.1967 - 2 BvR 639/66 - BVerfGE 22, 267/273; BVerwG, B.v. 30.7.2014 - 5 B 25.14 - juris; B.v. 15.5.2014 - 9 B 14.14 - juris Rn. 8). Auch unter dem Aspekt der Ablehnung des Beweisantrags, zur Authentizität der vorgelegten Schriftstücke ein Sachverständigengutachten einzuholen, liegt keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Da das Verwaltungsgericht das Vorbringen des Klägers als wahr unterstellt hat, bestehen keine Bedenken gegen die Ablehnung des bedingt gestellten Beweisantrags.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.

Tenor

I.

Soweit die Klage zurückgenommen wurde, wird das Verfahren eingestellt. Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 9. Januar 2017 wird in den Nummern 1 sowie 3 bis 6 aufgehoben. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Rechtsstellung eines Flüchtlings zuzubilligen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ¼, die Beklagte ¾.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der 1991 geborene Kläger begehrt in erster Linie seine Anerkennung als Flüchtling.

Er ist ausweislich des streitgegenständlichen Bescheids afghanischer Staatsangehöriger, paschtunischer Volkszugehörigkeit und islamischen Glaubens. Er stammt nach eigenen Angaben aus einem Dorf in der Provinz Logar, reiste Ende Dezember 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte Asylantrag.

Bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt für ... (Bundesamt) gab der Kläger im Wesentlichen an, er habe Afghanistan im September oder Oktober 2015 verlassen. Er habe drei Jahre, genauer gesagt von 3. Mai 2013 bis 3. Mai 2016, als Offizier beim afghanischen Militär gearbeitet. Zunächst sei alles relativ ruhig gewesen; nach einer gewissen Zeit hätten es die Taliban aber auf ihn abgesehen gehabt. Sie seien an der Tür seines Elternhauses aufgetaucht und hätten sich nach ihm erkundigt. Seine Eltern hätten gesagt, der Kläger sei nicht zu Hause. Die Taliban hätten gesagt, entweder der Kläger würde mit ihnen Zusammenarbeiten oder er müsse sterben. Anschließend hätte ihn eine Miene erwischt und er sei daraufhin zwei Wochen im Krankenhaus gewesen. Danach sei er zu seinen Cousins nach Kabul gezogen, wo er zwei Monate verbracht habe. Die Bedrohungen hätten aber nicht aufgehört; die Taliban hätten weiterhin seine Eltern gefragt, wo er sei. Entweder müsse er mit den Taliban zusammenarbeiten oder sterben. Nach den 2 Monaten habe der Kläger beschlossen, nach Europa auszuwandern. Seine Eltern würden heute noch belästigt und die Taliban fragten nach dem Kläger. Mittlerweile wüssten die Taliban, dass der Kläger in Deutschland sei; die Belästigungen hätten etwas nachgelassen.

Mit Bescheid vom 9. Januar 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Asylanerkennung ab (Nr. 2 des Bescheids). Die Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und der subsidiäre Schutzstatus (Nr. 3) wurden nicht zuerkannt. Zudem wurde festgestellt, dass Abschiebungsverbote nicht vorliegen (Nr. 4) und dem Kläger die Abschiebung nach Afghanistan angedroht (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 Aufenthaltsgesetz - AufenthG - wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).

Hiergegen ließ der Kläger am 16. Januar 2017 Klage erheben; in der mündlichen Verhandlung hat er zuletzt beantragt,

  • 1.Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 9. Januar 2017 wird aufgehoben.

  • 2.Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen.

  • 3.Hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen.

  • 4.Weiterhin hilfsweise: Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass hinsichtlich des Klägers Abschiebungsverbote vorliegen.

Zur Begründung wird ausgeführt, aus den Ausführungen des Klägers gehe hervor, dass er aufgrund seiner Zugehörigkeit zur afghanischen Armee in Afghanistan von den Taliban verfolgt werde. Aufgrund der Vernetzung der Taliban in ganz Afghanistan bestehe für den Kläger keine Möglichkeit eines innerstaatlichen Schutzes. Wegen einer Verletzung, derentwegen er am 22. August 2015 aus dem Krankenhaus entlassen wurde, habe er seinen Militärdienst bereits zu diesem Datum beendet. Bei zwei der Besuche der Taliban bei seinen Eltern sei er nicht zu Hause gewesen; in dieser Zeit sei er beim Militär gewesen. Der dritte Besuch habe nach seiner Verletzung und seinem Krankenhausaufenthalt stattgefunden; der Kläger habe sich versteckt, als die Taliban kamen. Sie hätten seine Mutter befragt, wo er sei, seine Mutter hätte sie nicht hineingelassen. Daraufhin hätten sie zur Mutter des Klägers gesagt, sie solle dem Kläger sagen, dass er den Dienst bei der Armee quittieren solle, sonst würden sie ihn töten. Erst nach diesem Vorfall sei er aus Angst vor einem weiteren Besuch nach Kabul gegangen. Während der zwei Monate in Kabul habe der Kläger auch Leute aus seinem Dorf getroffen. Er gehe davon aus, dass diese Leute den Taliban auch gesagt hätten, dass er in Kabul sei. Es sei ihm dort nichts passiert, aber er sei deswegen beunruhigt gewesen. Während seiner Zeit in Kabul habe er sich hauptsächlich zu Hause aufgehalten, er habe das Haus eigentlich nur dann verlassen, wenn er zum Arzt musste.

Bei der Anhörung beim Bundesamt habe der Kläger auch Unterlagen zum Nachweis seiner Verletzung und seiner Tätigkeit beim Militär dabei gehabt; die Anhörerin habe diese aber nicht sehen wollen.

Vorgelegt wurden unter anderem der Militärausweis des Klägers und eine Übersetzung des Entlassungsberichts aus dem Krankenhaus.

Die Beklagte legte die Behördenakten vor, stellte jedoch keinen Antrag.

Mit Beschluss vom 19. Mai 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 9. Juni 2017, die übermittelte Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 9. Juni 2017 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Die Beklagte ist fristgerecht geladen worden und hat in ihrer allgemeinen Prozesserklärung vom 25. Februar 2016 auf Einhaltung der Ladungsfrist sowie Ladung gegen Empfangsbekenntnis verzichtet.

Soweit die Klage hinsichtlich der Anerkennung als asylberechtigt zurückgenommen wurde, war das Verfahren einzustellen, § 92 Abs. 3 VwGO.

Die Klage im verbliebenen Umfang ist zulässig und im Hauptantrag begründet. Der Bescheid des Bundesamts vom 9. Januar 2017 ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, der Kläger hat Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG. Der Bescheid war daher aufzuheben, soweit er dem entgegensteht, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

1. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) - Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) - zuzuerkennen, wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. Eine Verfolgung kann dabei gemäß § 3c AsylG ausgehen von einem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder wesentliche Teile des Staatsgebietes beherrschen oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor der Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Weiter darf für den Ausländer keine innerstaatliche Fluchtalternative bestehen, § 3e AsylG.

Bei der Prüfung, ob dem Ausländer Verfolgung droht, ist der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen (BVerwG, U.v. 27.4.2010 - 10 C 5/09 - BVerwGE 136, 377 ff.). Im Falle einer Vorverfolgung privilegiert Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EU („Qualifikationsrichtlinie“, Neufassung) den Vorverfolgten bzw. Geschädigten durch die (widerlegbare) Vermutung, dass sich eine frühere Verfolgung oder Schädigung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird. Ob die Vermutung durch „stichhaltige Gründe“ widerlegt ist, obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (BVerwG, U.v. 27.4.2010 a.a.O. - noch zum insoweit wortgleichen Art. 4 Abs. 4 Richtlinie 2004/83/EG).

Das Gericht muss dabei jedoch die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr einer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Herkunftsstaat befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Demgemäß setzt die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der die drohende Verfolgung begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumen von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist dabei gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen.

Nach diesen Grundsätzen hat der Kläger Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Das Gericht ist davon überzeugt, dass der Kläger bis zu seiner Flucht aus Afghanistan Angehöriger der afghanischen Armee war, dass er sein Herkunftsland aus begründeter Furcht vor einer Verfolgung durch die Taliban verlassen hat und er im Falle einer Rückkehr hiervon weiterhin bedroht wäre. Der Kläger hat in überzeugender Weise und im Wesentlichen widerspruchsfrei das Verfolgungsgeschehen und die weiteren Vorkommnisse geschildert. Zwar waren die Ausführungen des Klägers bei der Anhörung vor dem Bundesamt zu den gegen ihn gerichteten und seinen Eltern gegenüber geäußerten Drohungen der Taliban eher oberflächlich und pauschal. In der Klagebegründung sowie in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hierzu jedoch detailliertere und übereinstimmende Angaben gemacht, wobei sich im Wesentlichen keine Widersprüche zu den Angaben bei der Anhörung ergeben haben. Die Unstimmigkeiten hinsichtlich der Zeit- und Datumsangaben erklären sich zwanglos aus den häufig zu beobachtenden Problemen bei der Umrechnung aus dem iranischen/afghanischen Kalender. Die Angabe des Klägers, sein Militärdienst habe von 3. Mai 2013 bis 3. Mai 2016 gedauert, ist vor dem Hintergrund der Angaben in dem dem Gericht vorgelegten Militärausweis, der diesbezüglich den 5. März 2013 bis 5. März 2016 ausweist, offensichtlich als „Zahlendreher“ eines mit der hiesigen Zeitrechnung noch nicht allzu vertrauten Ausländers zu sehen. Zudem hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar dargelegt, dass er wegen einer Verletzung, derentwegen er am 22. August 2015 aus dem Krankenhaus entlassen worden sei, seinen Militärdienst faktisch bereits zu diesem Datum beendet habe. Auch das Geschehen um die erlittene Verletzung erachtet das Gericht für glaubhaft. Insgesamt hat der Kläger das Geschehen unter Nennung von Einzelheiten und zusammenhängend ohne Übertreibungen dargestellt und verbliebene Unklarheiten im Rahmen der informatorischen Anhörung in der mündlichen Verhandlung ohne Zögern nachvollziehbar erläutert. Danach ist davon auszugehen, dass er bis zu seiner Flucht aus Afghanistan Angehöriger der afghanischen Armee war, und dass er deswegen von den Taliban bedroht wurde.

Die Schilderungen des Klägers stimmen auch mit der Auskunftslage überein. Es gibt ein systematisches und fortwährendes Vorgehen bewaffneter regierungsfeindlicher Gruppen gegen afghanische Militärangehörige. Die Angriffe reichen von Einschüchterungen, Attentaten, Entführungen und Punktzielangriffen bis zur Verwendung von selbst gebauten Sprengkörpern und Selbstmordattentaten. Im Zeitraum 2014 bis 2015 dokumentierte UNAMA mehrere gezielte Angriffe auf zivile Staatsbedienstete; diese zählten häufig zu den Opfern gezielter Tötungen. Die Taliban hätten Berichten zufolge ihre Taktik geändert und griffen seit dem Abzug der internationalen Streitkräfte in erster Linie die afghanischen Sicherheitskräfte an. Berichten zufolge würden auch ehemalige Mitglieder der afghanischen Sicherheitskräfte von regierungsfeindlichen Kräften angegriffen (vgl. UNHCR, Richtlinien zur Feststellung des internationalen Schutzbedarfs afghanischer Asylsuchender - Zusammenfassende Übersetzung - Stand 19.4.2016). Derartige Vorfälle ereignen sich auch in der Heimatprovinz des Klägers: So wurde im August 2014 ein ehemaliger Soldat der afghanischen Streitkräfte in der Provinz Logar erschossen. Gemäß BICC seien 2015 16.000 Militär- und Polizeiangehörige getötet worden; UNAMA verweise auf mehr als 12.000 Tote und Verletzte auf Seiten der ANDSF im Jahr 2015 (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Afghanistan: Update; die aktuelle Sicherheitslage, 30.9.2016). Nach dem Bericht des Auswärtigen Amts über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan (Lagebericht, Stand September 2016) stehen die ANDSF im Zuge der Übernahme der Sicherheitsverantwortung in ganz Afghanistan in der ersten Reihe und sind primäres Ziel der Insurgenz. Die Verlustzahlen für Januar bis August 2016 belaufen sich demnach auf 6.920 Gefallene und 10.881 Verwundete. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stellt dies einen Anstieg um ca. 14% bzw. 13% dar, wobei die Armee allein einen Anstieg von ca. 58% der Gefallenen zu beklagen hat.

Nach Überzeugung des Gerichts waren im Zeitpunkt der Ausreise des Klägers aus Afghanistan aufgrund seiner Zugehörigkeit zu den afghanischen Streitkräften sein Leben und seine körperliche Unversehrtheit wegen seiner (tatsächlichen oder jedenfalls vermeintlichen) politischen Überzeugung bedroht. Die regierungsfeindlichen Gruppierungen der Taliban sind nichtstaatliche Akteure im Sinne von § 3c Nr. 3 AsylG. Die Islamische Republik Afghanistan ist erwiesenermaßen nicht in der Lage, Schutz vor der Verfolgung der nichtstaatlichen Akteure zu bieten. Dies wäre dann der Fall, wenn der Staat geeignete Schritte eingeleitet hätte, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Kläger Zugang zu diesem Schutz hätte (§ 3d Abs. 2 AsylG). Nach der Auskunftslage sind diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt. Eine Schutzfähigkeit des Staates vor Übergriffen der Taliban ist im Hinblick auf die Verhältnisse im Herkunftsland des Klägers nicht gegeben. Die größte Bedrohung für die Bürger Afghanistans geht von lokalen Machthabern und Kommandeuren aus. Es handelt sich hierbei meist um Anführer von Milizen, die nicht mit staatlichen Befugnissen, aber mit faktischer Macht ausgestattet sind. Die Zentralregierung hat auf viele dieser Menschenrechtsverletzer kaum Einfluss und kann sie weder kontrollieren noch ihre Taten untersuchen oder verurteilen. Wegen des schwachen Verwaltungs- und Rechtswesens bleiben diese Taten daher häufig ohne Sanktionen (Auswärtiges Amt, Lagebericht, Stand September 2016).

Für den Kläger besteht auch keine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e AsylG. Danach wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Hierbei sind die allgemeinen Gegebenheiten im Herkunftsland und die persönlichen Umstände des Ausländers gemäß Art. 4 der Qualifikationsrichtlinie zu berücksichtigen. Die Beurteilung, ob eine Fluchtalternative besteht, hängt maßgeblich davon ab, in welchem Ausmaß ein Betroffener vorverfolgt ist, und wie sehr er ins Visier seiner Verfolger gelangt ist.

Fraglich ist bereits, ob überhaupt festgestellt werden kann, dass bei dem Kläger in einem Landesteil keine begründete Furcht vor Verfolgung besteht. Insoweit kommt ihm die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie zugute, da er bereits einmal von Verfolgung unmittelbar bedroht war. Die Vermutung, dass für den Kläger - auch in seiner Herkunftsprovinz sowie in Kabul - eine begründete Furcht vor Verfolgung besteht, lässt sich nicht mit stichhaltigen Gründen widerlegen. Die Auskunftslage lässt nicht den gesicherten Schluss zu, dass die Furcht des Klägers vor Übergriffen unbegründet wäre. Die Taliban agieren auch in größeren Städten wie Kabul oder Herat und dürften im Einzelfall auch in der Lage sein, eine Person zu finden, die sich in einer anderen Provinz niedergelassen hat. Das gilt insbesondere für das „Aufspüren ihrer wohl bekannten und gut aufgestellten Gegner“ wie beispielsweise Mitarbeiter der Regierung oder internationaler NGOs (vgl. Immigration and Refugee Board of Canada, Af-ghanistan: Whether the Taliban has the capacity to pursue individuals after they relocate to another region; their capacity to track individuals over the long term; Taliban capacity to carry out targeted killings, 15. Februar 2016). Unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen kann nicht ausgeschlossen werden, dass auch der Kläger zu dieser Gruppe gehört. Laut dem Immigration and Refugee Board of Canada (Afghanistan: Whether the Taliban has the capacity to pursue individuals after they relocate to another region; their capacity to track individuals over the long term; Taliban capacity to carry out targeted killings, 15. Februar 2016) findet zwischen den höheren Ebenen innerhalb der Taliban durchaus Kommunikation und Koordination über Provinzen hinweg statt. Dass die Taliban auch in Kabul agieren und dort Unterstützer haben, zeigen insbesondere die wiederholten Anschläge, die trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen von den Taliban in Kabul verübt werden. Im Hinblick auf die Frage, ob für den Kläger eine begründete Furcht vor Verfolgung auch außerhalb von Kabul oder in seiner Heimatprovinz bestünde, kann es auch nicht darauf ankommen, wie hoch möglicherweise eine statistische Wahrscheinlichkeit für eine erneute Verfolgung wäre, sofern sich eine solche überhaupt berechnen ließe. Der humanitäre Charakter des Asyls verbietet es, einem Schutzsuchenden, der bereits einmal unmittelbar von Verfolgung bedroht war, das Risiko einer Wiederholung solcher Verfolgung aufzubürden. Vor diesem Hintergrund könnte es dem Kläger auch nicht zugemutet werden, dass er sich in einem anderen Landesteil oder in Kabul niederlässt.

2. Nachdem die Klagepartei mit ihrem Hauptantrag obsiegt, war über die Hilfsanträge nicht mehr zu entscheiden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO sowie hinsichtlich des zurückgenommenen Teils der Klage aus § 155 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.