Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, festzustellen, dass für die Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK hinsichtlich Griechenlands vorliegt. Der Bescheid des Bundesamts für ... vom 13.4.2018 wird in Nr. 2, 3 Satz 1 bis 3 und Nr. 4 aufgehoben, soweit er dieser Verpflichtung entgegensteht.

Im Übrigen wird das Verfahren eingestellt.

II. Die Kläger und die Beklagte tragen die Kosten des Verfahrens zu je ½.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen die Androhung ihrer Abschiebung nach Griechenland.

Sie geben an, syrische Staatsangehörige kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit zu sein. Nach den Angaben im Behördenakt reisten sie am 19.8.2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 29.8.2017 Asylanträge. Bei ihrem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates und der persönlichen Anhörung zur Klärung der Zulässigkeit des gestellten Asylantrags gaben die Kläger zu 1. und 2. an, am 6.10.2016 in Griechenland internationalen Schutz beantragt zu haben. Sie legten zudem eine bis 2020 gültige Aufenthaltserlaubnis für Griechenland vor. Bei seiner Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags am 6.9.2017 gab der Kläger zu 1. an, in Griechenland gebe es viele Probleme. Die Kinder könnten dort nicht zur Schule gehen. Es habe dort auch keine Wohnung und keine Arbeit gegeben. Sein Ziel sei Deutschland gewesen. Die Klägerin zu 2. trug in diesem Rahmen vor, auf keinen Fall nach Griechenland zurück zu wollen, lieber gehe sie zurück nach Syrien. Auch wegen der Zukunft der Kinder wolle sie hier bleiben. Sie sei zudem im 7. Monat schwanger, der Entbindungstermin sei am …2017. Im Übrigen wird auf die jeweiligen Niederschriften über die Anhörungen Bezug genommen.

Das Bundesamt für ... (nachfolgend: Bundesamt) lehnte mit Bescheid vom 13.4.2018, laut Postzustellungsurkunde den Klägern zugestellt am 17.4.2018, die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes nicht vorliegen (Nr. 2). Die Kläger wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Für den Fall, dass die Kläger diese Ausreisefrist nicht einhalten, wurde ihnen die Abschiebung nach Griechenland oder in einen Staat, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist, mit Ausnahme Syriens, angedroht (Nr. 3). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4). Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, Abschiebungsverbote hinsichtlich Griechenlands lägen nicht vor. Griechenland zähle als Mitgliedstaat der Europäischen Union zu den sicheren Herkunftsstaaten. Die Kläger hätten nicht glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, dass ihnen in Griechenland eine durch einen Akteur verursachte Folter oder relevante unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung drohe. Die derzeitigen humanitären Verhältnisse in Griechenland würden nicht zu der Annahme führen, dass bei Abschiebung der Kläger eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Griechenland gewähre schutzberechtigten Migranten prinzipiell Zugang zu Bildung, zur Gesundheitsversorgung, zum Arbeitsmarkt und zur Sozialversicherung und stelle sie damit der einheimischen Bevölkerung gleich. In der Praxis sorge - wie auch bei der einheimischen Bevölkerung - die defizitäre ökonomische und staatliche administrative Situation des Landes für starke Einschränkung bei der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Rechte. Die Lebensbedingungen für Personen mit internationalem Schutzstatus mögen daher zwar sehr schwierig sein, es würden jedoch nicht derart handgreiflich eklatante Missstände herrschen, die den Schluss zuließen, anerkannte Schutzberechtigte würden einer erniedrigenden oder unmenschlichen Behandlung ausgesetzt. Durch die eingeholte Zusicherung Griechenlands sei die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Vergewisserung bezüglich des Zugangs zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Anlagen nach Rückkehr in den Mitgliedstaat erfüllt. Das griechische Migrationsministerium habe mit Schreiben vom 8.1.2018 explizit versichert, dass diese Regelungen in jedem Einzelfall eingehalten würden. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheides Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 25.4.2018 ließen die Kläger durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg erheben. Diese ging am 26.4.2018 bei Gericht ein. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, es sei nicht ersichtlich, dass sich bis zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides die Verhältnisse in Griechenland soweit gebessert hätten, dass dort nunmehr nicht mehr von systemischen Mängeln des Asylrechts auszugehen sei. Hiervon unabhängig stünden einer Abschiebung der Kläger Abschiebungsverbote entgegen. Sie seien eine vulnerable Familie mit kleinen Kindern. Die Klägerin zu 2. sei in Griechenland bereits ernsthaft erkrankt und habe nur durch zufällig anwesende internationale Hilfe noch rechtzeitig in ein Krankenhaus verbracht werden können. Sie habe bereits vor der Einreise nach Deutschland an einer Leberentzündung und an einer Infektion des Uterus gelitten. Aufgrund Letzteren gebe es anscheinend wieder Probleme, weshalb die Klägerin zu 2. am …2018 ins Krankenhaus überwiesen worden sei. Die Gesundheit der Kläger zu 3. und 4. habe in Griechenland aufgrund der dortigen schlechten Unterbringungs- und Ernährungssituation auch bereits gelitten; der Kläger zu 3. leide an einer Hauterkrankung und es bestehe der Verdacht auf eine rheumatische Grunderkrankung. Die Kläger würden in Griechenland wieder auf der Straße stehen.

Die Kläger beantragten zunächst unter Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids die Beklagte zu verpflichten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise den subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiterhin hilfsweise betreffend die Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. In der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2018 nahm der Prozessbevollmächtigte die Klage zurück, soweit damit ursprünglich unter entsprechender Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids die Verpflichtung der Beklagten zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise des subsidiären Schutzes begehrt wurde. Im Übrigen hat der Prozessbevollmächtigte die Klage auf die Zuerkennung von Abschiebungsverboten beschränkt und seinen Klageantrag dahingehend präzisiert und klargestellt.

Die Kläger beantragen zuletzt,

Der Bescheid des Bundesamts vom 13.4.2018 wird in Ziffer 2 bis 4 aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, betreffend die Kläger Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Die Beklagte beantragt unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 26.11.2018 wurde der Rechtsstreit auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin übertragen.

Der Behördenakt der in Deutschland geborenen Tochter der Kläger zu 1. und 2. (Gz.: 7389584-475) sowie der diesbezügliche Gerichtsakt (Az. RN 11 K 18.31295) wurden zum Verfahren beigezogen. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den vorgelegten Behördenakt (Gz.: 7196400-475), den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

A.

Soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten wurde ist sie zulässig und begründet. Nach der gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 Asylgesetz (AsylG) maßgeblichen Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung steht den Klägern in Bezug auf Griechenland ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) i.V.m. Art. 3 der Konvention vom 4.11.1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) zu. Der streitgegenständliche Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der EMRK ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Diese Voraussetzungen sind im Rahmen der Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG vom Bundesamt zu prüfen, § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG. Maßgeblicher Bedeutung kommt insoweit der Bestimmung des Art. 3 EMRK zu, wonach niemand einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung unterworfen werden darf. Hieraus folgen neben Unterlassungsauch staatliche Schutzpflichten. Eine Verletzung von Schutzpflichten kommt in Betracht, wenn sich die staatlich verantworteten Lebensverhältnisse von international Schutzberechtigten in Griechenland allgemein als unmenschlich oder erniedrigend darstellen.

1. Griechenland ist als Mitgliedstaat der EU den Grundsätzen einer gemeinsamen Asylpolitik sowie den Mindeststandards eines gemeinsamen Asylsystems verpflichtet. Es besteht deshalb die auf dem Prinzip gegenseitigen Vertrauens basierende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber dort den Erfordernissen der EU-Grundrechtecharta (EU-GR-Charta) sowie der Genfer Flüchtlingskonvention (GK) und der EMRK entspricht. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass das griechische Asylsystem im Allgemeinen im Einklang mit den internationalen und europäischen Standards steht und die wichtigsten Garantien einhält (sog. „Konzept normativer Vergewisserung“, vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 Az. 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 - juris). Die Bundesrepublik Deutschland hat aber Schutz zu gewähren, wenn Abschiebungshindernisse durch Umstände begründet werden, die ihrer Eigenart nach nicht vorweg im Rahmen des Konzepts normativer Vergewisserung berücksichtigt werden können. Eine Prüfung, ob der Zurückweisung oder sofortigen Rückverbringung in den Drittstaat ausnahmsweise Hinderungsgründe entgegenstehen, kann nur erreicht werden, wenn es sich aufgrund bestimmter Tatsachen aufdrängt, dass einer der im normativen Vergewisserungskonzept nicht aufgefangenen Sonderfälle betroffen ist. An diese Darlegung sind strenge Anforderungen zu stellen (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 a.a.O.). Art. 3 EMRK kann aber nicht dahingehend ausgelegt werden, dass er die Mitgliedstaaten verpflichtet, jede auf dem Hoheitsgebiet befindliche Person mit einer Unterkunft zu versorgen. Auch enthält Art. 3 EMRK keine generelle Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützungen zu gewähren, um ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, U.v. 30.6.2015 Az. 39350/13, A.S./Schweiz - juris; U.v. 21.1.2011 Az.:30696, M.S.S./Belgien u. Griechenland - juris). Es verstößt demnach grundsätzlich nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn international Schutzberechtigte den eigenen Staatsangehörigen gleichgestellt sind und von ihnen erwartet wird, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgen. Art. 3 EMRK gewährt grundsätzlich auch keinen Anspruch auf Verbleib in einem Mitgliedstaat, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Sofern keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen eine Überstellung sprechen, ist allein die Tatsache, dass sich die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse nach einer Überstellung erheblich verschlechtern würden, nicht ausreichend, um einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK zu begründen (vgl. EGMR, B.v. 2.4.2013 Az. 27725/10; OVG NRW, U.v. 19.5.2016 Az. 13 A 1490/13.A - juris). Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Verantwortlichkeit eines Staates nach Art. 3 EMRK gegeben sein kann, wenn ein völlig von staatlicher Unterstützung abhängiger Flüchtling mit Gleichgültigkeit seitens des Staates konfrontiert ist, während er sich in einer mit der Menschenwürde unvereinbaren Situation ernster Bedürftigkeit befindet (EGMR, U.v. 4.11.2014 Nr. 29217/12, Tarakhel/Schweiz - juris). Diese für die Gruppe der Asylberechtigten entwickelte Rechtsprechung ist auf diejenige der anerkannten Flüchtlinge, die zurückgeführt werden sollen, zu übertragen.

2. Ob einem in einem anderen Mitgliedstaat anerkannten Flüchtling eine unmenschlich oder entwürdigende Behandlung droht, erfordert grundsätzlich, wie die Feststellung systemischer Mängel im Asylsystem, eine aktuelle Gesamtwürdigung der zur jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen (vgl. BVerfG, B.v. 21.4.2016 Az. 2 BvR 273/16 - juris). Nach der dem Gericht vorliegenden Erkenntnisse bestehen gemessen an den obigen Maßstäben zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass anerkannten Schutzberechtigten ohne besonderen Schutzbedarf in Griechenland generell eine mit Art. 3 EMRK nicht zu vereinbarenden Behandlung droht (2.1). Für die Kläger geht die erkennende Einzelrichterin jedoch aufgrund einer Gesamtbewertung der besonderen Umstände des Einzelfalls davon aus, dass diese zu der Gruppe der besonders schutzbedürftigen Personen gehören, denen ohne eine konkret-individuelle Zusicherung von Seiten Griechenlands eine solche unmenschliche oder entwürdigende Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht (2.2).

2.1 Griechenland gewährt anerkannten Schutzberechtigten prinzipiell Zugang zu Bildung, zur Gesundheitsversorgung, zum Arbeitsmarkt und zur Sozialversicherung. In der Praxis sorgt jedoch - wie auch bei der einheimischen Bevölkerung - die defizitäre ökonomische und staatlich-administrative Situation des Landes für starke Einschränkungen bei der tatsächlichen Inanspruchnahme dieser Rechte (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Länderinformation: Griechenland, Stand: Mai 2017, S. 5 - abrufbar unter https://www.asylfact.justiz.hessen.de; nachfolgend: BAMF, Länderinformation vom Mai 2017). Das Fehlen von Integrationsmaßnahmen und die fortwährenden Auswirkungen der wirtschaftlichen Krise in Griechenland führen oftmals zu einer Marginalisierung und sozioökonomischen Exklusion von anerkannten Schutzberechtigten in Griechenland (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Griechenland, Gesamtaktualisierung am 5.8.2016, S. 16 - abrufbar unter https://www...hessen.de; nachfolgend: BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016). Es gibt zwar eine nationale Integrationsstrategie und einzelne Integrationspolitiken, es fehlen aber zumeist zielgerichtete Maßnahmen zur Umsetzung dieser Integrationspolitiken sowie zur Unterstützung nach der Zuerkennung eines Schutzstatus (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 16 a.a.O., m.w.N.). Existierende Integrationsmaßnahmen richten sich in erster Linie an Migranten, nicht an Schutzberechtigte (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016 S. 16 m.w.N., a.a.O.). Der UNHCR hat Fälle dokumentiert, in denen Personen mit Schutztitel nicht über ihre Rechte informiert wurden (vgl. Pro Asyl, Stellungnahme: Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland vom 23.6.2017, S. 12 m.w.N.- abrufbar unter https://www..de; nachfolgend: Pro Asyl vom 23.6.2017). Hilfsorganisationen können dies teilweise ausgleichen (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 16 a.a.O.); sie helfen bei der Beantragung von Sozialversicherungsnummer und Steuernummer, bieten Sprachkurse an, unterstützen bei der Arbeitsplatzsuche. Die Angebote konzentrieren sich jedoch auf die Ballungsräume Athen und Thessaloniki (vgl. Auswärtiges Amt an das VG Schwerin vom 26.9.2018, Lebensbedingungen anerkannter Schutzberechtigter in Griechenland, S. 2 - abrufbar unter https://www...de; nachfolgend: AA an VG Schwerin vom 26.9.2018).

Zwar hat das griechische Migrationsministerium in den vergangenen Monaten einen Integrationsplan in Form eines Strategiepapiers erarbeitet, dieser soll jedoch erst in den kommenden Monaten der Öffentlichkeit präsentiert werden und statuiert keine rechtlich bindende Wirkung für z.B. griechische Kommunen; finanzielle Verpflichtungen werden darin nicht definiert (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018 a.a.O.). Ein staatliches Angebot kostenloser Sprachkurse zur Integrationsförderung existiert nicht (vgl. Auswärtiges VG Trier vom 22.12.2016, Lage anerkannter Flüchtlinge in Griechenland, S. 1 - abrufbar unter https://www...de; nachfolgend: AA an VG Trier vom 22.12.2016).

Anerkannte Schutzberechtigte haben gleichberechtigten Zugang zum allgemeinen staatlichen Sozialsystem, welches im Februar 2017 neu eingeführt wurde (sog. Soziales Solidaritätseinkommen). Hierzu zählt eine Sozialgeldzahlung von monatlich 200 Euro für einen Erwachsenen, 100 Euro für ein weiteres erwachsenes Haushaltsmitglied und 50 Euro pro Kind im Haushalt (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018 a.a.O.). Mittlerweile ist es auch in der Praxis möglich, die Voraussetzungen für den Erhalt des Sozialgeldes zu erfüllen. Denn während Schutzberechtigten der Bezug dieser Leistungen bis Anfang 2018 faktisch kaum möglich war (vgl. Pro Asyl vom 23.6.2017, S. 13 und 27 a.a.O.), sind mittlerweile Zugangshürden entfallen. Sie sehen sich jedoch im Vergleich zu Personen, die Griechenland nicht verlassen haben, besonderen Schwierigkeiten konfrontiert. Diese liegen in den Leistungsvoraussetzungen des griechischen Sozialstaats, wonach ein dauerhafter und legaler Aufenthalt im Inland Leistungsvoraussetzung ist. Dabei wird der dauerhafte Aufenthalt grundsätzlich mit einer inländischen Steuererklärung des Vorjahrs dokumentiert (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 3 a.a.O.; Auswärtiges Amt an Verwaltungsgericht Köln vom 7.2.2018, Sozialhilfeleistungen in Griechenland - Alleinstehende Frau mit zwei fünfjährigen Töchtern, S. 3 - abrufbar unter https://www...de; nachfolgend: AA an VG Köln vom 7.2.2018). Die notwendigen Unterlagen sind dabei grundsätzlich online und in griechischer Sprache einzureichen; staatlicherseits werden keine Dolmetscher gestellt (vgl. AA an VG Köln vom 7.2.2018, S. 3 a.a.O.; Auswärtiges Amt an Verwaltungsgericht Leipzig vom 27.12.2017, Lage anerkannter Schutzberechtigter in Griechenland, S. 2 - abrufbar unter https://www...de; nachfolgend: AA an VG Leipzig vom 27.12.2017). Zudem steht diese Sozialhilfe für von staatlicher Seite untergebrachte Personen nicht zur Verfügung. Sie sind allerdings weiterhin Bezieher der EUfinanzierten Geldleistungen im Rahmen sogenannter Cash-Card Programme, deren Auszahlungsbetrag etwas unterhalb des Niveaus der neu eingerichteten sozialen Grundsicherung liegt (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 4 a.a.O.).

Anerkannte Schutzberechtigte haben seit 2013 laut Präsidialdekret PD 141/2013, Artikel 33, Zugang zu Unterbringung unter den gleichen Bedingungen wie Drittstaatsangehörige, die sich legal in Griechenland aufhalten. Eine staatliche Sozialleistung zur Wohnungsunterstützung - auch für die griechische Bevölkerung allgemein - besteht ebenso wenig wie Hilfe bei der Wohnungssuche. Zwar wurde zum 1.1.2019 eine Wohnungsbeihilfe beschlossen, deren Voraussetzung allerdings ein fünfjähriger dauerhafter Voraufenthalt in Griechenland sein soll. (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 5 a.a.O.). Vereinzelt stehen kleinere Wohneinheiten zur Verfügung, die v.a. vom UNHCR angemietet werden. Eine private Anmietung von Wohnungen durch Flüchtlinge ist schwierig, da Vermietungen in der griechischen Gesellschaft traditionell vorzugsweise innerhalb des Familien- und Bekanntenkreises erfolgen (vgl. BAMF, Länderinformation vom Mai 2017, S. 6 a.a.O.); gelegentlich erschweren Vorurteile den Zugang (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 5 a.a.O.). Zudem ist es sehr teuer, eine geeignete Unterkunft zu finden, was zu Obdachlosigkeit führen kann (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 16 a.a.O.). Eine gesicherte Verwaltungspraxis zum Verbleib anerkannter Schutzberechtigter in Aufnahmezentren existiert weiterhin nicht (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 4 a.a.O.; AA an VG Köln vom 7.2.2018, S. 2 a.a.O.). Sobald Asylbewerber einen Schutzstatus erhalten, müssen die Betroffenen die Unterbringungseinrichtungen für Asylbewerber verlassen (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 16 a.a.O.). In der Praxis wird dies aber nicht durchgesetzt, so dass es bislang zu keinen erzwungenen Evakuierungen von Schutzberechtigten aus staatlichen Unterkünften gekommen ist. Mittlerweile wohnt ein Fünftel der rund 21.000 anerkannten Schutzberechtigten in von der Europäischen Union finanzierten Unterkünften, ca. ein weiteres Fünftel lebt in Aufnahmelagern (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018 a.a.O.). Es gibt keine speziellen Unterbringungsmöglichkeiten oder finanzielle Unterstützung für Wohnzwecke für Schutzberechtigte. Diese müssen sich auf dieselben limitierenden sozialstaatlichen Möglichkeiten verlassen, die auch griechischen Bürgern offenstehen. Im Falle von Obdachlosigkeit müssen die Flüchtlinge mit bedürftigen Griechen um die geringen Hilfsmöglichkeiten lokaler Behörden konkurrieren, wobei sie oftmals Diskriminierungen ausgesetzt sind (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 16 a.a.O.; Pro Asyl vom 23.6.2017, S. 14 a.a.O.). Besondere staatliche Hilfsangebote für zurückkehrende anerkannte Schutzberechtigte bestehen nicht (vgl. AA an VG Leipzig vom 27.12.2017, S. 3 a.a.O.).

Es besteht ein gesetzlich verankerter unmittelbarer Zugang zum Arbeitsmarkt für anerkannte Schutzberechtigte. Auf Grund der wirtschaftlich kritischen Lage in Griechenland besteht allerdings allgemein eine hohe Arbeitslosigkeit (vgl. AA an VG Trier vom 22.12.2016, S. 1 a.a.O.). Die Chancen zur Vermittlung eines Arbeitsplatzes sind gering; Flüchtlinge haben oftmals auch nicht die richtigen Papiere (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 16 a.a.O.). Die staatliche Arbeitsagentur OAED hat bereits für Griechen kaum Ressourcen für die aktive Arbeitsvermittlung (Betreuungsschlüssel: 1 Mitarbeiter für über 1.000 Arbeitslose) und noch kein Programm zur Arbeitsintegration von Flüchtlingen aufgelegt (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 3 a.a.O.). Sparmaßnahmen betreffen vor allem auch vulnerable Schutzberechtigte (vgl. BFA, Länderinformationsblatt vom 5.8.2016, S. 17 a.a.O.).

Seit Februar 2016 haben anerkannte Schutzberechtigte einen gesetzlichen Anspruch auf unentgeltliche medizinische Behandlung (vgl. AA an VG Trier vom 22.12.2016, S. 2 a.a.O.) und sind in die staatliche Krankenversicherung mit einbezogen (vgl. AA an VG Köln vom 7.2.2018 a.a.O.). Nicht Krankenversicherte erhalten im Rahmen des öffentlichen Gesundheitswesens dieselben Rechte wie die Versicherten. Sämtliche ärztliche Untersuchungen und Eingriffe sind kostenfrei. Bei Operationen in den öffentlichen Krankenhäusern fallen keine Zuzahlungen an, die zahnmedizinische Versorgung ist ebenso kostenfrei wie die Betreuung Schwangerer durch Hebammen. Dasselbe gilt für die Versorgung mit Arzneimitteln aus öffentlichen und privaten Apotheken (vgl. hierzu Ärzteblatt vom 21.7.2016, Griechenland: Nicht Krankenversicherte erhalten Zugang zur Gesundheitsversorgung - abrufbar unter https://www...de, nachfolgend: Ärzteblatt vom 21.7.2016; Griechenland Zeitung vom 12.4.2016, Kostenlose medizinische Versorgung für alle Bürger - abrufbar unter https://www...net, nachfolgend: Griechenland Zeitung vom 12.4.2016). Faktisch sind die staatlichen Kliniken und Gesundheitsträger aber aufgrund der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise überlastet (vgl. AA an VG Trier vom 22.12.2016, S. 2 a.a.O.). Die Realisierung der genannten Rechte ist in der Praxis nicht stets gewährleistet (vgl. Asylum Information Databaase Update 2016, Country Report: Greece, S. 112, 143 - abrufbar unter https://www...de; nachfolgend: AIDA 2016). Kostenfreie Notfallversorgung im Krankenhaus ist aber gewährleistet (vgl. AA an VG Schwerin vom 26.9.2018, S. 5 a.a.O.).

Zu sehen ist schließlich auch die Empfehlung der Europäischen Kommission vom 8.12.2016 an die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Wiederaufnahme der Überstellung nach Griechenland gemäß der Verordnung (EU) Nr. 604/2013. Die Überstellung von Personen nach Griechenland im Rahmen von Dublin-Rückführungen wurde 2011 von den Mitgliedstaaten zunächst weitgehend ausgesetzt, nachdem in den Urteilen des EGMR vom 21.1.2011 (30696/09, M.S.S./Belgien u. Griechenland a.a.O.) und des EuGH vom 21.12.2011 (C-411/10 und C-493/10 - juris) festgestellt worden war, dass das griechische Asylsystem systemische Mängel aufweise, aufgrund der Personen, die internationalen Schutz beantragt haben, bei einer Überstellung nach Griechenland der Gefahr einer Verletzung ihrer Menschenrechte ausgesetzt wären. Seitdem verfolgt das Ministerkomitee des Europarats die Lage in Griechenland auf der Grundlage von Fortschrittsberichten, die Griechenland als Nachweis dafür vorlegen muss, dass es dem Urteil Folge leistet, und auf der Grundlage von Informationen von in Griechenland tätigen Nichtregierungsorganisationen und internationalen Organisationen. In der Empfehlung der Europäischen Kommission vom 8.12.2016 an die Mitgliedstaaten stellt diese fest, dass Griechenland seitdem beträchtliche Fortschritte bei der Schaffung der grundlegenden institutionellen und rechtlichen Strukturen erzielt hat, die für ein ordnungsgemäß funktionierendes Asylsystem erforderlich sind. Die Aussichten seien gut, dass das Land in naher Zukunft über ein voll funktionierendes Asylsystem verfügen werde, sobald die verbliebenen Unzulänglichkeiten in Bezug auf die Aufnahmebedingungen und die Behandlung Schutzbedürftiger, vor allem unbegleiteter Minderjähriger, beseitigt worden seien. Aus diesem Grund sei es angebracht, eine allmähliche Wiederaufnahme der Überstellungen auf der Grundlage von Einzelfallzusicherungen zu empfehlen, wobei die Kapazitäten zur Aufnahme von Asylbewerbern und zur EUrechtskonformen Bearbeitung ihrer Anträge und die gegenwärtig unzulängliche Behandlung bestimmter Personenkategorien (Schutzbedürftige, einschließlich unbegleiteter Minderjähriger) berücksichtigt werden sollten. Damit Griechenland nicht übermäßig belastet werde, sollten diese Überstellungen sich nur auf Asylbewerber erstrecken, die ab dem 15.3.2017 irregulär über eine Außengrenze nach Griechenland gelangten, oder für die Griechenland aufgrund anderer als der in Kapitel III Artikel 13 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 genannten Kriterien ab diesem Zeitpunkt zuständig sei (Rn. 34 und 35 der Empfehlung).

Nach einer Gesamtwürdigung der vorstehenden Erkenntnisse ist festzuhalten, dass anerkannte Schutzberechtigte in Griechenland im Grundsatz die gleichen (einschränkenden) Rechte wie die einheimische Bevölkerung haben, von der ebenfalls erwartet wird, dass sie selbst für ihre Unterbringung und ihren Lebensunterhalt sorgt. Dies ist unionsrechtlich nicht zu beanstanden (so auch VG Berlin, B.v. 6.12.2018 Az. 9 L 703.18 A - juris; VG Hannover, U.v. 22.3.2018 Az. 13 A 12144/17 - juris; VG Chemnitz, B.v. 27.8.2018 Az. 3 L 354/18.A - juris; VG Göttingen, B.v. 26.4.2017 Az. 3 B 267/17 - juris; a.A. VG Magdeburg, U.v. 26.4.2018 Az. 8 A 101/18 - juris; VG Berlin, U.v. 30.11.2017 Az. 23 K 463.17 A - juris; VG Bremen, B.v. 20.10.2017 Az. 5 V 2274/17 - juris).

2.2 In Bezug auf besonders schutzbedürftige Personen geht das Gericht jedoch aufgrund der Gesamtwürdigung der vorliegenden Erkenntnismittel davon aus, dass diese ohne einer besonderen Zusicherung von Seiten der zuständigen griechischen Behörden bei einer Rückkehr mit überwiegender Wahrscheinlichkeit in die Gefahr der Obdachlosigkeit und in eine existenzielle Notlage geraten würden, die sie nicht aus eigener Kraft abwenden könnten, weshalb eine Überstellung - wie im vorliegenden Fall - eine menschenrechtswidrige Behandlung darstellt (so auch VG München, B.v. 12.1.2018 Az. M 28 S 17.35846 - juris m.w.N.; VG Düsseldorf, B.v. 17.5.2017 Az. 12 L 1978/17.A - juris; VG Göttingen, B.v. 26.4.2017 Az. 3 B 267/17 - juris m.w.N.).

Demnach ist der grundsätzlich gewährte Zugang zu Sozialleistungen, zum Wohnungs- und Arbeitsmarkt durch das eigenverantwortliche Handeln des Einzelnen geprägt. Der jeweilige Schutzberechtigte muss daher grundsätzlich befähigt sein, sich den schwierigen Bedingungen zu stellen und durch eine hohe Eigeninitiative selbst für seine Unterbringung und seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Bei vulnerablen Personen kann sich daher die Verweigerung staatlicher Hilfeleistungen zu einer existenzbedrohenden Gefahr verdichten. Gerade unter diesem Gesichtspunkt hängt das Ausmaß, in dem der Einzelne von den zweifelsohne harten Lebensbedingungen für anerkannte Schutzberechtigte in Griechenland getroffen wird, von den individuellen Verhältnissen des jeweiligen Einzelnen statt; die Entscheidung über das Vorliegen eines Abschiebungsverbots hat daher immer mit Blick auf diese zu erfolgen (vgl. VG Saarland, B.v. 27.12.2016 Az. 3 L 2691/16 - juris). Insoweit ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass anerkannte Schutzberechtigte, anders als die griechische Bevölkerung, nicht über ein familiäres Netzwerk verfügen, welches in Griechenland bei der sozialen Absicherung eine besondere Rolle spielt (vgl. AA an VG Trier vom 22.12.2016, S. 2 a.a.O.). Bei der aktuellen Lage in Griechenland kann aus Sicht des Gerichts nur mit konkret-individuellen Zusicherungen den Vorgaben des EGMR zu vulnerablen Personengruppen entsprochen werden.

Für die Kläger geht das Gericht aufgrund der Bewertung der Umstände des Einzelfalls davon aus, dass diese zu den besonders schutzbedürftigen Personen im obigen Sinne gehören. Hierzu zählen insbesondere auch Familien mit Klein- und Kleinstkindern. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass diese Kinder besondere Bedürfnisse haben, extrem verwundbar sind und besondere Herausforderungen und Schwierigkeiten bei der Befriedigung der existenziellen Grundbedürfnisse bestehen. Dies gilt nach der Rechtsprechung des EGMR (vgl. U.v. 4.11.2014 - 29217/12, Tarakhel/Schweiz - juris) auch dann, wenn die Kinder von ihren Eltern begleitet sind. Eine Überstellung nach Griechenland verstößt daher nur dann nicht gegen Art. 3 EMRK, wenn die griechischen Behörden für die Kläger eine individuelle Garantieerklärung abgeben, wonach sie eine Unterkunft erhalten und ihre elementaren Bedürfnisse abgedeckt sind. Die vom EGMR in der „Tarakhel“-Entscheidung dargelegten Grundsätze sind auch auf Personen anzuwenden, die mit einem Schutzstatus in den diesen gewährenden Drittstaat rücküberstellt werden sollen (vgl. VG Göttingen, B.v. 26.4.2017 Az. 3 B 267/17 - juris m.w.N.).

Bei den Klägern handelt es sich unter Beachtung der Klägerin in dem Verfahren RN 11 K 18.31295, ohne die die Kläger zur Wahrung der Familieneinheit nicht abgeschoben werden dürfen, um eine fünfköpfige Familie mit drei minderjährigen Kindern im Alter von einem, zehn und zwölf Jahren. Diese gehören daher zu den besonders schutzbedürftigen Personen nach Art. 21 ff. der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.6.2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen (EU-Aufnahmerichtlinie) bzw. zum besonders vulnerablen Personenkreis im Sinne der „Tarakhel“-Rechtsprechung des EGMR. Das Bundesamt wäre deshalb verpflichtet gewesen, konkrete Zusagen zur Unterbringung der Kläger einzuholen oder zumindest auf andere Weise sicher zu stellen, dass der speziellen Situation der Kläger Rechnung getragen wird. Eine solche individuelle Zusicherung der zuständigen griechischen Stellen ist für die Kläger nach Aktenlage aber bisher nicht erteilt worden und auch nicht mehr zu erwarten. Zwar hat das griechische Ministerium für Migration in einem Schreiben vom 8.1.2018 mitgeteilt, dass Griechenland die Qualifikationsrichtlinie 2011/95/EU in das nationale Recht umgesetzt hat. Den international Schutzberechtigten würden alle aus dieser Richtlinie erwachsenden Rechte unter Berücksichtigung der Vorgaben der EMRK gewährt. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass dieses Schreiben keine konkret-individuelle Zusicherung sondern nur eine allgemeine Absichtserklärung ist.

Als Folge der Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots war nicht nur Ziffer 2 des Bescheids aufzuheben, sondern auch die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Ziffer 3 Sätze 1 bis 3 sowie die Regelung zum gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4. Zu Gunsten der Kläger und unter Auslegung des Klagebegehrens ging die erkennende Einzelrichterin davon aus, dass die Aufhebung der in Ziffer 3 Satz 4 des streitgegenständlichen Bescheids getroffene Feststellung, dass die Kläger nicht nach Syrien abgeschoben werden dürfen, nicht begehrt wird, § 88 VwGO.

B.

Soweit die Klage im Übrigen hinsichtlich des Verpflichtungsbegehrens auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und hilfsweise der Zuerkennung des subsidiären Schutzes unter entsprechender Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids zurückgenommen wurde, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen. Die Entscheidung ist insoweit unanfechtbar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 155 Abs. 2 VwGO; das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.

Die Entscheidung war im Kostenpunkt gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) für vorläufig vollstreckbar zu erklären.

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 03. Jan. 2019 - RN 11 K 18.31292 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 29 Unzulässige Anträge


(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn1.ein anderer Staata)nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oderb)auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertragesfür die Durchführung des Asylverfahr

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 31 Entscheidung des Bundesamtes über Asylanträge


(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine

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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Apr. 2018 - 8 A 101/18

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Tatbestand 1 Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2018, mit welchem der Asylantrag wegen des in Griechenland erlangten internationalen Schutzes nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt sow

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 21. Apr. 2016 - 2 BvR 273/16

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Tenor Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8. Januar 2016 - 23 L 3974/15.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.
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Verwaltungsgericht München Beschluss, 09. Mai 2019 - M 5 E 19.50027

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Die Entscheidung des Bundesamtes ergeht schriftlich. Sie ist schriftlich zu begründen. Entscheidungen, die der Anfechtung unterliegen, sind den Beteiligten unverzüglich zuzustellen. Wurde kein Bevollmächtigter für das Verfahren bestellt, ist eine Übersetzung der Entscheidungsformel und der Rechtsbehelfsbelehrung in einer Sprache beizufügen, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann. Das Bundesamt informiert mit der Entscheidung über die Rechte und Pflichten, die sich aus ihr ergeben.

(2) In Entscheidungen über zulässige Asylanträge und nach § 30 Absatz 5 ist ausdrücklich festzustellen, ob dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft oder der subsidiäre Schutz zuerkannt wird und ob er als Asylberechtigter anerkannt wird. In den Fällen des § 13 Absatz 2 Satz 2 ist nur über den beschränkten Antrag zu entscheiden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 und in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge ist festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt wird. Von der Feststellung nach Satz 1 kann auch abgesehen werden, wenn das Bundesamt in einem früheren Verfahren über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes entschieden hat und die Voraussetzungen des § 51 Absatz 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen.

(4) Wird der Asylantrag nur nach § 26a als unzulässig abgelehnt, bleibt § 26 Absatz 5 in den Fällen des § 26 Absatz 1 bis 4 unberührt.

(5) Wird ein Ausländer nach § 26 Absatz 1 bis 3 als Asylberechtigter anerkannt oder wird ihm nach § 26 Absatz 5 internationaler Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 zuerkannt, soll von der Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen werden.

(6) Wird der Asylantrag nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 als unzulässig abgelehnt, wird dem Ausländer in der Entscheidung mitgeteilt, welcher andere Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist.

(7) In der Entscheidung des Bundesamtes ist die AZR-Nummer nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister zu nennen.

Tenor

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 8. Januar 2016 - 23 L 3974/15.A - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wird aufgehoben und die Sache wird an das Verwaltungsgericht Düsseldorf zurückverwiesen.

Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.

Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Verfassungsbeschwerdeverfahren auf 10.000 € (in Worten: zehntausend Euro) und für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf 5.000 € (in Worten: fünftausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

1. Der am 19. Dezember 1990 geborene Beschwerdeführer ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben am 26. August 2014 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 27. Oktober 2014 Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) stellte fest, dass er schon in Bulgarien Asyl begehrt hatte. Bulgarien lehnte das daraufhin gestellte Wiederaufnahmegesuch mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer dort subsidiären Schutz erhalten habe.

2

Das Bundesamt stellte mit Bescheid vom 21. November 2014 fest, dass dem Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Deutschland kein Asylrecht zustehe, da er schon in Bulgarien subsidiären Schutz erhalten habe. Es ordnete die Abschiebung nach Bulgarien an. Bulgarien stimmte der Rücküberstellung des Beschwerdeführers auf der Grundlage eines bilateralen Rücknahmeabkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Bulgarien zu. Der Beschwerdeführer erhob am 2. September 2015 Klage gegen diesen Bescheid und beantragte die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Er behauptete, den Bescheid nicht erhalten zu haben. Den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 4. September 2015 mit der Begründung ab, der Bescheid sei bestandskräftig geworden. Das Hauptsacheverfahren wurde am 14. Oktober 2015 durch Beschluss eingestellt, da der Beschwerdeführer das Verfahren trotz entsprechender Aufforderung des Verwaltungsgerichts nicht betrieben habe.

3

2. Am 30. November 2015 beantragte der Beschwerdeführer die Aufhebung des Bescheids vom 21. November 2014. Der Bescheid sei rechtswidrig geworden, da nach aktuellen Erkenntnismitteln eine Rückführung anerkannt Schutzberechtigter nach Bulgarien nicht möglich sei. Diese müssten dort auf der Straße leben, hätten keinen Zugang zu Krankenversicherung oder Arbeit und würden durch die Bevölkerung diskriminiert. Das Bundesamt reagierte auf diesen Antrag nicht.

4

3. Am 10. Dezember 2015 stellte der Beschwerdeführer bei dem Verwaltungsgericht einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO, das Bundesamt zu verpflichten, der für die Abschiebung zuständigen Ausländerbehörde mitzuteilen, dass vorläufig nicht aufgrund der früheren Mitteilung und der bestandskräftigen Abschiebungsanordnung nach Bulgarien abgeschoben werden dürfe. Es lägen neue Erkenntnisse zu der Lage anerkannter Flüchtlinge in Bulgarien vor, die einer Abschiebung im Wege stünden. In Bulgarien bestünde für diese die Gefahr einer unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung. Er nahm Bezug auf eine Auskunft des Auswärtigen Amts vom 23. Juli 2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart und auf die Auskunft einer bulgarischen Anwältin an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen habe nunmehr in Eilverfahren seine Rechtsprechung geändert. Im Übrigen sei zwischenzeitlich die Frist des deutsch-bulgarischen Rücknahmeübereinkommens abgelaufen.

5

Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 8. Januar 2016 ab. Gründe für ein Wiederaufgreifen lägen nicht vor. Die neuen Auskünfte beruhten nicht auf einer veränderten Sachlage, so dass sie ein Wiederaufgreifen nicht rechtfertigten. Auch der sich abzeichnende Rechtsprechungswandel sei kein Wiederaufgreifensgrund. Der Beschwerdeführer habe schuldhaft die Antragsfristen gegen den ursprünglichen Bescheid versäumt. Es sei unerheblich, dass sein Antrag zum damaligen Zeitpunkt aufgrund der entgegenstehenden Rechtsprechung voraussichtlich erfolglos geblieben wäre. Der Ablauf der Rücküberstellungsfrist sei ebenfalls unerheblich. Ein Anspruch auf ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinne nach § 51 Abs. 5 VwVfG in Verbindung mit § 48 VwVfG bestehe schon deshalb nicht, weil das Ermessen nicht auf Null reduziert gewesen sei.

6

4. Der Beschwerdeführer hat am 8. Februar 2016 Verfassungsbeschwerde erhoben und den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Er rügt eine Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 2 Abs. 2 Satz 1, Art. 3, Art. 16a, Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 und Art. 104 GG. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verletze ihn in seiner Menschenwürde, da das Gericht eine Abschiebung nach Bulgarien ermögliche. Dort drohe ihm jedoch, wie es zwischenzeitlich zahlreiche Verwaltungsgerichte entschieden hätten und auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in einem Beschluss nach § 80 Abs. 7 VwGO angenommen habe, eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts verstoße weiterhin gegen das Willkürverbot. Die Annahme, die Tatsachenlage habe sich seit April 2014 nicht verändert, sei willkürlich. In dem Bericht aus dem Jahre 2014 habe der UNHCR auf die generelle Empfehlung verzichtet, von Rücküberführungen nach Bulgarien abzusehen, da das Land konkrete Änderungen in Aussicht gestellt habe. Dies sei aber bis Ende 2015 nicht umgesetzt worden, so dass sich die für das Gericht entscheidungserhebliche Grundlage durch die neu beigebrachten Länderberichte sehr wohl verändert habe. Selbst wenn die Annahme des Verwaltungsgerichts zuträfe, wäre angesichts der Gefährdung der Menschenwürde des Beschwerdeführers eine Rücküberführung zu unterlassen. Im Übrigen habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht den Ablauf der Rücküberstellungsfrist nicht als maßgeblich angesehen. Dies verletze auch Art. 19 Abs. 4 GG. Schließlich sei eine Vorlage an den Europäischen Gerichtshof zu Unrecht unterblieben.

7

5. Das Land Nordrhein-Westfalen und das Bundesamt hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Akten des Ausgangsverfahrens und des Asylverfahrens haben dem Bundesverfassungsgericht vorgelegen.

II.

8

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt. Die Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG für eine stattgebende Kammerentscheidung liegen vor. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt. Die für die Beurteilung der Verfassungsbeschwerde maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geklärt (vgl. BVerfGE 96, 44 <51 f.>). Die zulässige (1.) Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet (2.). Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als allgemeinem Willkürverbot.

9

1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG erhoben. Dem steht nicht entgegen, dass einzelne Anlagen der Beschwerdeschrift per Fax erst ab 0:00 Uhr am 9. Februar 2016 und damit nach Ablauf der Monatsfrist am 8. Februar 2016 um 23:59 Uhr eingegangen sind. Denn diese Anlagen waren, soweit sie für die Beurteilung der Verfassungsmäßigkeit der Entscheidung relevant sind - insbesondere die Stellungnahmen des Auswärtigen Amts vom 23. Juli 2015 und die Auskunft von Dr. Valeria Illareva - schon in der Beschwerdeschrift ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben worden. Hiervon unabhängig wäre von Amts wegen gemäß § 93 Abs. 2 Satz 4 2. Halbsatz BVerfGG Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Denn die Prozessbevollmächtigten hatten um 20:39 Uhr mit der Übermittlung des Fax begonnen, so dass sie auch unter Berücksichtigung eines über die voraussichtliche Dauer des eigentlichen Faxvorgangs hinausgehenden zwanzigminütigen Sicherheitszuschlags (vgl. BVerfGE 135, 126 <139 f.>) davon ausgehen konnten, dass dieses zum Fristablauf vollständig vorliegen würde.

10

2. Die Verfassungsbeschwerde ist offensichtlich begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts verstößt gegen das in Art. 3 Abs. 1 GG verankerte Willkürverbot. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln (vgl. BVerfGE 1, 14 <52>; 98, 365 <385>; stRspr). Aus ihm ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für die Ausübung öffentlicher Gewalt, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen (vgl. BVerfGE 88, 5 <12>; 88, 87 <96>; 101, 54 <101>; 107, 27 <45>). Der allgemeine Gleichheitssatz wendet sich nicht nur an den Gesetzgeber, sondern bindet auch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung. Allerdings zieht Art. 3 Abs. 1 GG der Rechtsprechung bei der Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts - im Sinne eines Willkürverbots - nur gewisse äußerste Grenzen (vgl. BVerfGE 42, 64 <73>; 62, 189 <192>). Nicht jede fehlerhafte Anwendung des einfachen Rechts stellt daher auch einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz dar. Von Willkür kann nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jedes sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 87, 273 <278 f.>; 96, 189 <203>). Ein Richterspruch ist jedoch willkürlich und verstößt damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, wenn er unter keinem rechtlichen Aspekt vertretbar ist (vgl. BVerfGE 70, 93 <97>; 96, 189 <203>).

11

Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts hält einer Überprüfung an diesem Maßstab nicht stand. Die Frage, ob einem in einem anderen Mitgliedstaat anerkannt Schutzberechtigten eine unmenschliche oder entwürdigende Behandlung droht, die ein Abschiebungsverbot auslöst, erfordert, wie die Feststellung systemischer Mängel im Asylsystem, eine aktuelle Gesamtwürdigung der zu der jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen. Dabei kommt regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen besondere Bedeutung zu (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10, C-493/10 -, NVwZ 2012, S. 417 <420>). Vor diesem Hintergrund sind gerade Berichte, die eine schon zuvor dargestellte Lage in der Zeit fortschreiben, für die Feststellung solcher Mängel besonders relevant, so dass ihnen nicht ohne weiteres die Eignung als neues Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG abgesprochen werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die zu beantwortende Frage Höchstgüter des deutschen und europäischen Verfassungsrechts betrifft, so dass es besonders sorgfältiger Prüfung bedarf, ob neue Stellungnahmen tatsächlich ohne Relevanz bleiben.

12

Vorliegend hätten deshalb die Stellungnahmen des Auswärtigen Amts vom 23. Juli 2015 an das Verwaltungsgericht Stuttgart und die Auskunft von Dr. Valeria Illareva, einer bulgarischen Anwältin, an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg vom 27. August 2015, näherer Prüfung unterzogen werden müssen. Dies gilt umso mehr, da der Bericht des UNHCR vom April 2014 durchaus positive Veränderungen der Situation erwartet hatte, so dass die Frage, ob diese (nur) erwarteten Veränderungen auch eingetreten seien, zwingend zu beantworten war. Weiterhin befasste er sich auf nur einer Seite spezifisch mit der Situation anerkannter Schutzberechtigter und wies insoweit nur allgemein auf Probleme hin. Die beiden vom Beschwerdeführer vorgelegten Berichte legten hingegen über ein Jahr später dar, dass keine positiven Veränderungen eingetreten seien, dass die Situation von anerkannt Schutzberechtigten vielmehr noch problematischer geworden sei als zuvor. Außerdem wurden spezifische Probleme der Krankenversorgung, des Zugangs zum Arbeits- und Wohnungsmarkt und der allgemeinen Diskriminierung Schutzberechtigter beschrieben. Vor diesem Hintergrund war es unter keinem Gesichtspunkt vertretbar, die neuen Stellungnahmen ohne weiteres für unerheblich zu erachten.

13

3. Hat die Verfassungsbeschwerde damit schon wegen des Verstoßes gegen Art. 3 Abs. 1 GG in der Ausprägung als allgemeinem Willkürverbot Erfolg, bedarf es keiner abschließenden Prüfung, ob die weiteren gerügten Grundrechtsverstöße vorliegen.

14

Es bedarf insbesondere keiner Entscheidung, ob die Ablehnung des Antrags durch das Verwaltungsgericht auch deshalb zu beanstanden ist, weil auf der Grundlage der Auskunftslage, wie vom Beschwerdeführer gerügt, von Verfassungs wegen die Rückführung nach Bulgarien bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt werden musste. Allgemein gilt, dass Art. 19 Abs. 4 GG in Verbindung mit Art. 2 Abs. 2 und Art. 1 Abs. 1 GG an eine ablehnende Entscheidung im Asyl-Eilverfahren erhöhte Anforderungen stellt, wenn - wie vorliegend - die Auskunftslage zwischenzeitlich von einer Vielzahl anderer Verwaltungsgerichte für eine stattgebende Entscheidung als hinreichend angesehen wird. Jedenfalls in Fällen, in denen die Auskunftslage dem im Eilverfahren zuständigen Einzelrichter als nicht hinreichend eindeutig erscheinen darf, wird eine weitere Sachaufklärung im Hauptsacheverfahren und eine Anordnung der aufschiebenden Wirkung geboten sein oder zumindest nahe liegen. Dies gilt im Besonderen dann, wenn die Rechtsprechung des im Hauptsacheverfahren zuständigen Oberverwaltungsgerichts Rücküberstellungen in das betreffende Land als rechtswidrig beurteilt hat. Denn in einer solchen Situation ist es mit der Gewährung effektiven Rechtsschutzes nicht vereinbar, wenn das im Eilverfahren erst- und letztinstanzlich zuständige Verwaltungsgericht ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsanordnung im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO beziehungsweise das Bestehen eines Anordnungsanspruchs im Verfahren nach § 123 Abs. 1 VwGO verneint und es damit ermöglicht, dass praktisch kaum rückgängig zu machende Fakten geschaffen werden.

15

Offen bleiben kann schließlich auch die Frage, ob das Verwaltungsgericht zu den in der Verfassungsbeschwerde benannten entscheidungserheblichen Rechtsfragen zum Begriff und zur Reichweite systemischer Mängel eine Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs hätte herbeiführen müssen und ob dieser Umstand zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hätte führen müssen, so dass auch eine Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG vorliegt.

III.

16

Das Land Nordrhein-Westfalen hat dem Beschwerdeführer gemäß § 34a Abs. 2 BVerfGG die notwendigen Auslagen zu erstatten. Die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beruht auf § 37 Abs. 2 Satz 2 RVG (vgl. dazu auch BVerfGE 79, 365 <366 ff.>).

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2018, mit welchem der Asylantrag wegen des in Griechenland erlangten internationalen Schutzes nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt sowie die Abschiebung nach Griechenland angedroht wurde.

2

Der Kläger beantragt,

3

den Bescheid der Beklagten vom 14.03.2018 aufzuheben;

4

hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG in Bezug auf Griechenland vorliegen.

5

Die Beklagte beantragt,

6

die Klage abzuweisen

7

und verweist auf den streitbefangenen Bescheid.

8

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Klage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung durch den Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) entschieden werden konnte, ist soweit begründet, als Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Griechenland bestehen. Der diesbezügliche Anspruch besteht (§ 113 Abs. 5 Satz1 VwGO).

10

Hingegen kann der Kläger nicht beanspruchen, dass der gesamte Bescheid aufgehoben wird. Denn die Unzulässigkeitsentscheidung unter Ziffer 1 des Bescheides ist insoweit rechtmäßig.

11

1.) Gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gewährt hat. Diese Voraussetzungen liegen unstreitig vor. Denn der Kläger erhielt in Griechenland internationalen Schutz. Der weitere Asylantrag ist damit in Deutschland unzulässig. Für die Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Asylantrags als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG ist die Frage, ob das Asylsystem des schutzgewährenden Staats in Bezug auf die Behandlung anerkannter Flüchtlinge an systemischen Mängeln leidet, unerheblich (vgl. VG Bayreuth, B.v. 2.5.2017 - B 3 S 17.50490 - juris Rn. 18 ff.; VG Freiburg, U.v. 17.3.2017-A 5 K 853.16-juris Rn .18 ff. m.w.N.). Eine weitergehende Prüfung, insbesondere der Frage, ob der Kläger im Fall einer Überstellung nach Griechenland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Gefahr laufen, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu werden, sehen weder das nationale Recht noch das Unionsrecht als Voraussetzung für die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig vor. Ungeachtet dessen, wie die tatsächlichen Verhältnisse für international Schutzberechtigte in Griechenland sind, hat der Kläger als subsidiär Schutzberechtigter keinen Anspruch auf erneute Zuerkennung internationalen Schutzes durch die Beklagte (vgl. OVG NW, U.v. 24.8.2016 -13 A 63/16.A-juris Rn. 41).

12

2.) Dem Kläger steht jedoch ein Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG zu. Denn ihm droht in Griechenland aufgrund der dortigen Aufnahmebedingungen für anerkannte Flüchtlinge mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 3 EMRK.

13

In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist anerkannt, dass die Rückführung eines Flüchtlings in einen anderen Konventionsstaat eine Verletzung des Art. 3 EMRK auch durch den rückführenden Staat darstellen kann, wenn den Behörden bekannt ist oder bekannt sein muss, dass dort gegen Art. 3 EMRK verstoßende Bedingungen herrschen. Solche Bedingungen können dann anzunehmen sein, wenn ein Flüchtling völlig auf sich allein gestellt ist und er über einen langen Zeitraum gezwungen sein wird, auf der Straße zu leben, ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen oder Nahrungsmitteln (vgl. hierzu insgesamt EGMR, U.v.21.1.2011 - 30696/09 - M.S.S. gg. Griechenland und Belgien - juris Rn. 263 f. und 365 ff.).

14

Das erkennende Gericht hat bezüglich der Situation in Griechenland bereits in dem Beschluss vom 16.04.2018 (8 B 91/18 MD; juris gemeldet) ausgeführt:

15

"Der Antrag ist begründet. Denn der auf § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG gestützte Bescheid ist hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nach Griechenland rechtswidrig.

16

Denn es liegen erhebliche Gründe für die Annahme vor, dass der Antragstellerin in Griechenland als anerkannte Schutzberechtigte eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht.

17

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Art. 3 EMRK bestimmt, dass niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden darf.

18

a.) In der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist anerkannt, dass die Rückführung eines Flüchtlings in einen anderen Konventionsstaat eine Verletzung des Art. 3 EMRK auch durch den rückführenden Staat darstellen kann, wenn den Behörden bekannt ist oder bekannt sein muss, dass dort gegen Art. 3 EMRK verstoßende Bedingungen herrschen. Solche Bedingungen können dann anzunehmen sein, wenn ein Flüchtling völlig auf sich allein gestellt ist und er über einen langen Zeitraum gezwungen sein wird, auf der Straße zu leben, ohne Zugang zu sanitären Einrichtungen oder Nahrungsmitteln (vgl. hierzu insgesamt EGMR, Urteil vom 21.01.2011 - 30696/09 - M.S.S. gegen Griechenland und Belgien, Rn. 263 f. und 365 ff.). Allerdings verpflichtet diese Norm nicht, jede Person innerhalb des eigenen Zuständigkeitsbereichs mit einem Obdach zu versorgen oder sie finanziell zu unterstützen, um ihr einen gewissen Lebensstandard zu ermöglichen (vgl. EGMR, Beschluss vom 02.04.2013 - 27725.10, Mohammed Hussein/Italien und Niederlande -, ZAR 2013). Auch gewährt sie von einer Überstellung betroffenen Ausländern grundsätzlich keinen Anspruch auf Verbleib in einem Mitgliedstaat, um dort weiterhin von medizinischer, sozialer oder anderweitiger Unterstützung oder Leistung zu profitieren. Allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bei einer Überstellung bedeutend geschmälert würden, begründet grundsätzlich keinen Verstoß gegen die Vorschrift (vgl. EGMR, Beschluss vom 02.04.2013, a. a. O.).

19

Die Verantwortlichkeit eines Staates ist jedoch dann begründet, wenn der Betroffene vollständig von staatlicher Unterstützung abhängig ist und - trotz ausdrücklich im nationalen Recht verankerter Rechte - behördlicher Gleichgültigkeit gegenübersteht, obwohl er sich in so ernsthafter Armut und Bedürftigkeit befindet, dass dies mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EGMR, Urteil vom 21.01.2011, a. a. O.; siehe auch EuGH, Urteil vom 21.12.2011 - C-411/10 u. a. -, juris). Bei der Prüfung einer Überstellung kommt es nicht nur auf die generellen Verhältnisse im Zielstaat an, sondern auch auf die individuellen Umstände des konkret Betroffenen. Wenn etwa mit Blick auf bestimmte Erkrankungen ernstliche Zweifel über die Folgen einer Abschiebung bestehen, müssen individuelle und ausreichende Zusicherungen des Zielstaates eingeholt werden. Jedenfalls ist es erforderlich, dass die dort gewährleisteten Rechte praktisch sowie effektiv und nicht nur theoretisch und illusorisch zur Verfügung stehen (für Vorstehendes: VG Berlin, Beschluss vom 17.07.2017 - 23 L 507.17 A, juris).

20

Ob die in dem Zielstaat – hier: Griechenland - herrschenden Aufnahmebedingungen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S. v. Art. 3 EMRK einzustufen sind, hat das Gericht anhand einer aktuellen Gesamtwürdigung der zu der jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen in Bezug auf die hiervon konkret betroffenen Antragsteller zu beurteilen. Dabei kommt regelmäßigen und übereinstimmenden Berichten von internationalen Nichtregierungsorganisationen eine besondere Bedeutung zu. Deshalb sind gerade Berichte, die eine schon zuvor dargestellte Lage in der Zeit fortschreiben, für die Feststellung solcher Mängel besonders relevant. Dabei ist zu beachten, dass die zu beantwortende Frage Schutzgüter des deutschen und europäischen Verfassungsrechts betrifft, so dass es besonders sorgfältiger Prüfung bedarf, ob neue Stellungnahmen tatsächlich ohne Relevanz bleiben. Die fachgerichtliche Beurteilung solcher möglicherweise gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Aufnahmebedingungen muss daher, jedenfalls wenn diese ernsthaft zweifelhaft sind, etwa weil dies in der jüngsten Vergangenheit noch von der Bundesregierung und der EU-Kommission bejaht wurde und damit der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens erschüttert ist, auf einer hinreichend verlässlichen, auch ihrem Umfang nach zureichenden tatsächlichen Grundlage beruhen. Dabei kann es sowohl verfassungsrechtlich als auch konventionsrechtlich geboten sein, dass sich die zuständigen Behörden und Gerichte vor einer Rückführung in den Drittstaat über die dortigen Verhältnisse informieren und gegebenenfalls Zusicherungen der zuständigen Behörden einholen. Soweit entsprechende Erkenntnisse und Zusicherungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren – jedenfalls bezogen auf den Einzelfall - nicht vorliegen und nicht eingeholt werden können, ist es zur Sicherung effektiven Rechtsschutzes geboten, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (vgl. BVerfG, stattgebender Kammerbeschluss vom 21.04.2016 - 2 BvR 273/16 - sowie vom 08.05.2017 - 2 BvR 157/17 -, jeweils juris).

21

b.) Nach einer Gesamtwürdigung der aktuellen Erkenntnislage zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1, 2. Hs. AsylG) ergibt sich, dass aufgrund der allgemeinen Lebensbedingungen von anerkannten Schutzberechtigten in Griechenland für die Antragstellerin, für den, soweit für das Gericht ersichtlich, eine konkret-individuelle Zusicherung seitens der griechischen Behörden fehlt, die konkrete Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 3 EMRK besteht (vgl. VG Magdeburg, Urteil v. 23.10.2017, 9 A 113/17; Beschl. v. 03.01.2018, 1 B 651/17; VG Berlin, Urteil vom 30.11.2017 – 23 K 463.17 A - , juris Rn. 30 f., VG Aachen, Beschluss vom 3. Juli 2017 - 4 L 782.17.A -, juris Rn. 11 ff.; VG Stuttgart, Beschluss vom 9. Februar 2017 - A 7 K 556.17 -, juris Rn. 8 ff.; für besonders schutzbedürftige Gruppen vgl.: VG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 2017 - 12 L 1978.17.A -, juris Rn. 7 ff.; VG Göttingen, Beschluss vom 26. April 2017 - 3 B 267.17 -, juris Rn. 15; offen gelassen: VG München, Beschlüsse vom 19. Juni 2017 - M 17 S 17.41167 -, juris Rn. 15 und vom 8. Juni 2017 - M 17 S 17.41210 -, juris Rn. 14; a.A. VG Augsburg, Beschlüsse vom 7. Juni 2017 - Au 5 K 17.32168, juris Rn. 21 ff. und vom 18. Januar 2017 - Au 7 S 16.32663 -, juris Rn. 26 ff.; VG Hamburg, Beschluss vom 11. Mai 2017 - 9 AE 2728.17 -, juris Rn. 11 ff.; VG Oldenburg, Beschluss vom 31. März 2017 - 11 B 1853.17 -, juris Abdruck S. 4 ff.; VG Saarland, Beschlüsse vom 15. März 2017 - 3 K 1165/16 -, juris Rn. 23 ff., vom 3. Februar 2017 - 3 L 132.17 -, juris Rn. 12 ff., - 3 L 182.17 -, juris Rn. 12 ff. und vom 27. Dezember 2016 - 3 L 2691.16 -, juris Rn. 12).

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Nach einer Gesamtwürdigung der aktuellen Erkenntnislage droht der Antragstellerin im Falle einer Abschiebung nach Griechenland die Gefahr, einer solchen Situation ausgesetzt zu sein, in der sie nach der Ankunft über einen längeren Zeitraum keinen effektiv gesicherten Zugang zu Obdach, Nahrungsmitteln und sanitären Einrichtungen hat und damit „auf der Straße“ sich selbst überlassen sein wird. Dabei wird insbesondere auf die vom VG Berlin (Urteil v. 30.11.2017, 23 K 463.17 A; juris) durchgeführte Beweiserhebung durch Auskunft des Auswärtigen Amtes verwiesen. Maßgeblich ist hierbei nicht nur, dass anerkannte Schutzberechtigte nach der Rechtsordnung grundsätzlich den gleichen Zugang zu Bildung, zur Gesundheitsversorgung, zum Arbeits- und Wohnungsmarkt sowie zu Sozialleistungen, wie griechische Bürger haben (vgl. Asylum Information Database, Country Report: Greece, 31. Dezember 2016, - im Folgenden: AIDA -, S. 142; Deutscher Bundestag, 2016: Sozialleistungen für Asylsuchende und Flüchtlinge in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten, WD 6 - 056/16, - im Folgenden: Deutscher Bundestag -, S. 9), sondern dass diese formellen Garantien auch tatsächlich zur Befriedigung von im Einzelfall bestehender elementarer Bedürfnisse führen, um ein menschenunwürdiges Dasein zu vermeiden (Pro Asyl, STELLUNGNAHME - Lebensbedingungen international Schutzberechtigter in Griechenland Lebensbedingungen - im Folgenden: Pro Asyl - ).

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Zu dem im Februar 2017 eingeführten sozialen Solidaritätseinkommen (vgl. hierzu: Auskunft des juristischen Dienstes der Europäischen Kommission vom 2. Juni 2017 zur Lage anerkannter Schutzberechtigter in Griechenland), das auch anerkannte Schutzberechtigte grundsätzlich beantragen können, haben diese nur in der Theorie Zugang zu dieser griechischen Sozialhilfe. Praktisch ist es für sie unmöglich, die Voraussetzungen für den Erhalt des sozialen Solidaritätseinkommens zu erfüllen (vgl. Pro Asyl, S. 13, 27), weil sie keinen Zugang zu den Dokumenten und Nachweisen erhalten, die für die Beantragung erforderlich sind. Die Voraussetzungen zur Beantragung des sozialen Solidaritätseinkommens sind u.a. eine Steuernummer, welche auch für die Aufnahme einer Arbeit notwendig ist, eine Sozialversicherungsnummer, die Angabe einer Adresse und die Vorlage eines Mietvertrags oder einer behördlichen Bescheinigung über die Obdachlosigkeit, ein Nachweis des Familienstands sowie ein Bankkonto (vgl. Auskunft des Auswärtigen Amts an das Verwaltungsgericht Berlin vom 11. Oktober 2017 - im Folgenden: Auswärtiges Amt -, S. 2, 4 f.). Rückkehrer aus anderen EU-Staaten, wie die Antragstellerin, haben im Übrigen schon deshalb keinen Zugang zum sozialen Solidaritätseinkommen, weil dieses einen einjährigen legalen Aufenthalt in Griechenland voraussetzt, der durch eine inländische Steuererklärung des Vorjahres nachzuweisen ist (vgl. Auswärtiges Amt, S. 2, 3 f.).

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Griechenland gewährleistet zudem entgegen seiner Verpflichtung aus Art. 34 Richtlinie 2011/95/EU nicht den Zugang zu Integrationsprogrammen. Derartige Integrationspläne für Neuankömmlinge, auch solche, die besonderer Hilfe bedürfen, gibt es nicht. Es gibt keinerlei finanzielle oder soziale Unterstützung, die für Hilfsbedürftige einen angemessenen Lebensstandard, ausreichende Verpflegung und Unterkunft garantieren würde (Pro Asyl, S. 11). In Bezug auf die Versorgung mit einer Unterkunft fehlt zudem eine effektive stattliche Obdachlosenfürsorge. In den zwei von der Stadtverwaltung Athen betriebenen Obdachlosenherbergen (insgesamt 212 Plätze) waren Mitte 2017 bereits keine Plätze mehr frei und 40 Personen standen bereits auf der Warteliste. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass die fehlenden staatlichen Integrationsprogramme durch die Maßnahmen der Nichtregierungsorganisationen kompensiert werden. So werden Plätze in einer vom Roten Kreuz betriebenen Herberge nur an Personen vergeben, die schon mehrere Jahre in Griechenland leben (vgl. Pro Asyl, S. 16). Daher droht dem Rückkehrer im Falle der Abschiebung nach Griechenland nach seiner Ankunft über einen nicht absehbaren Zeitraum die Gefahr der Obdachlosigkeit ohne jede finanzielle Absicherung des Existenzminimums (vgl. Pro Asyl, S. 15). Viele international Schutzberechtigte, die nicht über ausreichende finanzielle Mittel zur Anmietung einer Wohnung verfügen, bleiben daher obdachlos oder wohnen in verlassenen Häusern oder überfüllten Wohnungen in erbärmlichen Zuständen – oft ohne Elektrizität, fließend Wasser oder Toiletten (Pro Asyl, S. 16 m.w.N.).

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Die zumindest in der Anfangszeit nach der Rückkehr bestehende Gefahr der Obdachlosigkeit sowie die daran anknüpfende Gefahr, in eine existenzielle Notlage zu geraten, ist zwar ausnahmsweise dann ausgeschlossen, wenn das Bundesamt durch individuelle Zusicherungen des Zielstaates der Rückführung sichergestellt hat, dass dem anerkannten Schutzberechtigten in diesem Staat eine Unterkunft für einen angemessenen Zeitraum gestellt wird (vgl. OVG Saarland, Urteil vom 13.12.2016 – 2 A 260/16 –, Rn. 28 und 32, juris). Eine solche individuelle Zusicherung liegt nicht vor und wird von der Antragsgegnerin auch nicht vorgetragen."

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Dies gilt auch in einem Hauptsacheverfahren.


Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Abschiebungsandrohung in Ziffer 3. des Bescheids vom 9. März 2017 wird angeordnet.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben nigerianische Staatsangehörige. Sie verließ ihr Heimatland im Jahr 2009, reiste über die Türkei zunächst im August 2009 in Griechenland und sodann im März/April 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein (alles eigene Angaben, vgl. Bl. 5 und 62 der Akte des Bundesamts – BA). Am 18. Mai 2015 stellte sie in Deutschland einen Asylantrag.

Bei einer Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates am 18. Mai 2015 gab die Antragstellerin u.a. an, sie habe in Griechenland internationalen Schutz beantragt und zuerkannt bekommen (Bl. 6 BA).

Bei ihrer Anhörung durch das Bundesamt am 16. November 2016 gab die Antragstellerin zur Begründung ihres Asylantrags u.a. an, sie sei in Nigeria zwangsverheiratet worden und von ihrem Mann, der einem Kult angehört habe, bedroht worden. Mit Hilfe einer Frau sei sie nach Griechenland gekommen. In Griechenland habe man von ihr 60.000 € verlangt und sie gezwungen, der Prostitution nachzugehen (Bl. 61 ff. BA).

Auf Anfrage des Bundesamts teilte Griechenland mit Schreiben vom 2. Februar 2017 u.a. mit, dass Griechenland der Antragstellerin am 11. Juni 2012 den Flüchtlingsstatus („refugee status“) zuerkannt habe (Bl. 75 BA).

Bei einer erneuten Befragung der Antragstellerin durch das Bundesamt am 7. März 2017 gab diese (erneut) an, in Griechenland zur Prostitution gezwungen worden zu sein. Außerdem sei sie dort von Männern geschlagen worden (Bl. 80 BA).

Mit Bescheid vom 9. März 2017, der Antragstellerin zugestellt am 17. März 2017, lehnte das Bundesamt den Antrag als unzulässig ab (Ziffer 1.), stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2.), forderte die Antragstellerin auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, andernfalls werde sie nach Griechenland oder in einen anderen Staat, in den sie einreisen dürfe oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet sei, abgeschoben, nach Nigeria dürfe sie nicht abgeschoben werden (Ziffer 3.) und befristete das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung (Ziffer 4.). Zur Begründung wurde u.a. Folgendes ausgeführt: Der Asylantrag sei gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig. Der Antragstellerin sei in Griechenland internationaler Schutz gewährt worden. Dies habe Griechenland mit Schreiben vom 2. Februar 2017 mitgeteilt. Abschiebungsverbote lägen nicht vor. Hinsichtlich des § 60 Abs. 5 AufenthG komme in erster Linie eine Verletzung des Art. 3 EMRK in Betracht. Die Antragstellerin sei die Abschiebung nach Griechenland angedroht worden. Die Antragstellerin habe nicht vorgetragen, dass ihr in Griechenland eine durch einen Akteur verursachte Verletzung im Sinne des Art. 3 EMRK drohe. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Griechenland führten nicht zu der Annahme, dass bei Abschiebung der Antragstellerin eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliege. Die hierfür vom EGMR geforderten hohen Anforderungen an den Gefahrenmaßstab seien nicht erfüllt. Auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Antragstellerin sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch die Abschiebung nicht beachtlich. Soweit die Antragstellerin vorgetragen habe, sie sei von einer Frau nach Griechenland zum Zwecke der Prostitution gebracht worden und von Männern geschlagen worden, so sei dieses Vorbringen nicht geeignet, Abschiebungshindernisse aufgrund besonders schlechten humanitären Verhältnisse in Griechenland zu begründen. Es drohe der Antragstellerin auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Es werde keine Feststellung zum Vorliegen von Abschiebungsverboten hinsichtlich Nigerias getroffen. Ein Asylbewerber habe kein Rechtsschutzbedürfnis für die Feststellung von nationalem Abschiebungsschutz in Bezug auf sein Herkunftsland, wenn ihm ein anderer EU-Mitgliedstaat bereits die Flüchtlingseigenschaft oder unionsrechtlichen subsidiären Schutz zuerkannt habe (BVerwG, U. v. 17.6.2014 – 10 C 7.13; BayVGH, B. v. 12.4.2016 – 20 B 15.30047). Die Abschiebungsandrohung sei nach §§ 35, 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zu erlassen. Die Ausreisefrist von einer Woche ergebe sich aus § 36 Abs. 1 AsylG. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG werde gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten am … März 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München. Diese wurde zunächst unter dem Aktenzeichen M 21 K 17.35845 und wird nunmehr unter dem Aktenzeichen M 28 K 17.35845 geführt. Zudem ließ sie ebenfalls am … März 2017 durch ihren Bevollmächtigten beantragen,

gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung ließ die Antragstellerin u.a. wie folgt vortragen: Bei ihr handele es sich um eine vulnerable Person. Bei dieser Personengruppe sei eine Rückführung anerkannter Flüchtlinge unzulässig. Die Antragstellerin sei als alleinstehende Frau in der Vergangenheit in Griechenland gezwungen gewesen, der Prostitution nachzugehen, u.a. um ihre Schulden bei der Frau aus Nigeria bzw. deren Schergen zu bezahlen. Zudem sei sie mehrfach geschlagen und bedroht worden. Später sei sie wohnungslos und zuletzt sogar obdachlos gewesen. Dies habe die Antragstellerin bereits in der Anhörung am 16. November 2016 und zudem in der weiteren Anhörung am 7. März 2017 dem Bundesamt mitgeteilt. Die Antragstellerin habe in Griechenland der Prostitution nachgehen müssen. Im Anschluss daran habe sie immer in den Sommermonaten als … gearbeitet und regelmäßige Geldzahlungen an die Schergen der Frau aus Nigeria leisten müssen. Als Ende 2014 das Geld nicht bezahlen habe können, sei sie von den Schergen der Frau aus Nigeria in ihrer Wohnung aufgesucht und schwer geschlagen worden. Ähnliches sei ihr bereits im Jahr 2012 passiert. Da sie zuletzt auch das Geld für die Miete nicht mehr aufbringen habe können, sei sie im September 2014 aus ihrer Wohnung geworfen worden. Sie habe noch für einige Monate bei einer Bekannten unterkommen und sich verstecken können. Diese habe sie dann aber auch aus der Wohnung geworfen, so dass sie obdachlos gewesen sei und auf der Straße habe schlafen müssen.

Am 29/30. März 2017 und erneut am 28. Juni 2017 übersandte das Bundesamt seine Akten.

Mit Schreiben ihres Bevollmächtigten vom *. April 2017 ließ die Antragstellerin eine Stellungnahme des … … e.V. vorlegen, in der u.a. das Vorbringen der Antragstellerin zu ihrer Situation in Griechenland geschildert und bewertet wird.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung ist zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG, § 36 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylG) und begründet.

Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG).

Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig (§ 34 Abs. 1 i.V.m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass der Asylantrag der Antragstellerin gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG unzulässig sei, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat.

Vorliegend bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 9. März 2017 jedenfalls insoweit, als das Bundesamt in Ziffer 2. kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG hinsichtlich Griechenlands festgestellt hat:

Bei Entscheidungen über (vorliegend gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) unzulässige Asylanträge ist gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG auch festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Art. 3 EMRK verbietet aufenthaltsbeendende Maßnahmen u.a. dann, wenn im Zielstaat der Abschiebung (vorliegend also in Griechenland) eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht. In vorliegendem Einzelfall der Antragstellerin ernstlich zweifelhaft ist die Einschätzung des Bundesamts, auch unter Berücksichtigung der individuellen Umstände der Antragstellerin sei die Wahrscheinlichkeit einer Verletzung des Art. 3 EMRK durch eine Abschiebung nach Griechenland nicht beachtlich:

Zwar spricht viel dafür, dass die Lebensverhältnisse international Schutzberechtigter in Griechenland (vgl. dazu umfassend: VG Berlin, U. v. 30.11.2017 – 23 K 463.17 A – juris Rn. 36 ff) trotz der dort herrschenden Defizite nicht allgemein als unmenschlich oder erniedrigenden im Sinne von Art. 3 EMRK anzusehen sind (zum diesbezüglichen Meinungsstand vgl. VG Berlin, a.a.O., juris Rn. 35 mit zahlreichen Nachweisen aus der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung). Dies kann indes letztlich dahingestellt bleiben. Denn unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragstellerin beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG) und unter Anwendung des Maßstabs der ernstlichen Zweifel (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG) ist jedenfalls im vorliegenden Einzelfall aufgrund der besonderen individuellen Umstände der Antragstellerin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, der Antragstellerin drohe im Falle der Rückkehr nach Griechenland trotz ihrer Anerkennung als international Schutzberechtigte eine unmenschliche und erniedrigende Behandlung: Die Antragstellerin gehört zur Gruppe der besonders schutzbedürftigen Personen. Sie ist nicht nur eine alleinstehende Frau. Entscheidend kommt hinzu, dass sie in Griechenland – wie sie (teilweise) bereits beim Bundesamt und vor allem dann gegenüber dem Gericht substantiiert, schlüssig und plausibel, mithin glaubwürdig vorgetragen hat – auch bereits gezwungen war, der Prostitution nachzugehen, später war sie wohnungslos und zuletzt sogar obdachlos (von einer Verletzung des Art. 3 EMRK im Einzelfall hinsichtlich besonders schutzbedürftiger Gruppen/Personen gehen u.a. auch aus: VG Düsseldorf, B. v. 17.5.2017 – 12 L 1978.17.A – juris Rn. 15; VG Göttingen, B. v. 26.4.2017 – 3 B 267.17 – juris Rn. 15; VG Oldenburg, B. v. 31.3.2017 – 11 B 1853.17 – juris UA S. 7; vgl. auch: VG Hamburg, B. v. 11.5.2017 – 9 AE 2728.17 – juris Rn. 11;). Eine konkrete und einzelfallbezogene Zusicherung Griechenlands, die Antragstellerin nach ihrer Rückkehr in einer bestimmten Weise zu behandeln, wodurch der Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK hinreichend vorgebeugt werden könnte, hat die Antragsgegnerin nicht eingeholt.

Bestehen mithin ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 9. März 2017 jedenfalls in Bezug auf die Nichtfeststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK hinsichtlich Griechenlands, war dem Antrag der Antragstellerin gemäß § 80 Abs. 5 VwGO i.V.m. § 36 Abs. 3 AsylG auf Anordnung der aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen die Abschiebungsandrohung zu entsprechen. Gemäß § 37 Abs. 1 Satz 1 AsylG hat bereits dies zur Folge, dass sowohl die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Asylantrags gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG (Ziffer 1. des Bescheids vom 9. März 2017) als auch die Abschiebungsandrohung (Ziffer 3. des Bescheids) unwirksam werden (bereits die Stattgabe des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO hat diese Folge, einer Aufhebung im Hauptsacheverfahren bedarf es nicht mehr). Das Bundesamt hat gemäß § 37 Abs. 1 Satz 2 AsylG das Asylverfahren fortzuführen, d.h. es hat nunmehr in der Sache über den Asylantrag zu entscheiden. Gemäß § 31 Abs. 3 AsylG hat das Bundesamt im Rahmen dieser Entscheidung auch festzustellen, ob die Voraussetzungen der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Ggf. hat es im Rahmen dieser Entscheidung auch erneut über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG zu befinden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.