Verwaltungsgericht München Urteil, 13. Apr. 2016 - M 5 K 16.513

bei uns veröffentlicht am13.04.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der am … Januar 1969 geborene Kläger steht seit 1. März 2006 als Beamter auf Lebenszeit in Diensten des Beklagten, zuletzt als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8).

Beim Kläger wurde ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt und mit Wirkung vom 3. Juni 2014 wurde er durch die Bundesagentur für Arbeit mit Schwerbehinderten gleichgestellt (Bescheid vom 5.8.2014).

Der Kläger bewarb sich am 10. Mai 2015 unter Hinweis auf den bei ihm festgestellten Grad der Behinderung sowie die erfolgte Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen bei der Regierung von … aufgrund einer Ausschreibung zur Ausbildung zum Gewerbeaufsichtsbeamten mit Einstieg in der dritten Qualifikationsebene am Gewerbeaufsichtsamt.

Die Regierung von … teilte dem Kläger mit E-Mail vom 24. Juni 2015 mit, dass die Behörde nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens eine Auswahl getroffen und sich bei der konkreten Besetzung für ein/e andere/n Bewerber/in entschieden habe.

Mit Schreiben vom 24. August 2015 wies die Klagepartei die Regierung darauf hin, dass die Behörde verpflichtet gewesen wäre, dem Kläger - entsprechend seiner Rechtsstellung als schwerbehinderter Mensch - die Möglichkeit zu einem Vorstellungsgespräch zu geben. Das sei nicht erfolgt, weshalb Schadensersatz in Höhe von drei Monatsgehältern gefordert werde.

Die Regierung teilte der Klagepartei mit Schreiben vom 28. August 2015 mit, dass der Kläger bereits das 45. Lebensjahr vollendet habe und bereits aus diesem Grund nicht in ein Beamtenverhältnis berufen werden dürfe. Es bestehe daher kein Anlass für Schadensersatzforderungen.

Mit Schriftsatz vom 20. November 2015, eingegangen bei Gericht am selben Tag, hat der Kläger Klage zum Arbeitsgericht … erhoben und beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger eine Entschädigung in Höhe von 8.790,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu bezahlen.

Der Kläger hätte trotz des Überschreitens der Höchstaltersgrenze zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden müssen. Denn die Höchstaltersgrenze bestehe nicht ausnahmslos, zudem bestünden Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Altersgrenze mit Blick auf das Verbot der Altersdiskriminierung. Es werde daher beantragt, das Verfahren auszusetzen und dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorzulegen, ob die Festsetzung einer Altershöchstgrenze für die Berufung in das Beamtenverhältnis, wie sie im Bayerischen Beamtengesetzes (BayBeamtG) festgelegt sei, europarechtskonform sei oder nicht. Die Höhe der Entschädigung entspreche dem dreifachen Monatsgehalt des Klägers in der Besoldungsgruppe A 8.

Die Regierung von … hat für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Kläger hätte das bereits bestehende Beamtenverhältnis beenden und ein neues begründen müssen, um in die Ausbildung sowie die Laufbahn für die ausgeschriebene Stelle aufgenommen werden zu können. Dabei überschreite er aber die beamtenrechtliche Höchstaltersgrenze. Für eine Ausnahme von dieser Grenze sei kein Anlass ersichtlich.

Das Arbeitsgericht … hat mit Beschluss vom 17. Dezember 2015 (30 Ca 13011/15) festgestellt, dass der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten unzulässig ist und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München verwiesen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten sowie die Niederschrift vom 13. April 2016 verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG).

1. Nach § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zum Ersatz des hierdurch entstandenen Schadens verpflichtet, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der Betreffende eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG). Auch der Entschädigungsanspruch setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot im Sinne des § 7 Abs. 1 i. V. m. § 1 AGG voraus. Zwar wird dieser Verstoß nur in § 15 Abs. 1 AGG als Tatbestandsvoraussetzung für den Ersatz materieller Schäden ausdrücklich genannt. Dem Charakter des § 15 AGG als umfassender Regelung der finanziellen Einstandspflicht des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entspricht es aber, auch die Entschädigung immaterieller Schäden nach § 15 Abs. 2 AGG an einen derartigen Verstoß zu binden (OVG NRW, B.v. 4.8.2014 - 6 E 916/13 - juris Rn. 3; BVerwG, U.v. 3.3.2011 - 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135/138 f.).

Gemäß § 7 Abs. 1 AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. § 1 AGG nennt u. a. eine Behinderung, wegen der Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen sind. Nach § 3 Abs. 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Die unmittelbare Benachteiligung kann auch in einem Unterlassen liegen. Eine solche Benachteiligung ist insbesondere gegeben, wenn ein (künftiger) Arbeitgeber einer gesetzlich auferlegten Handlungspflicht nicht nachkommt. § 82 Satz 2 und 3 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen (SGB IX) begründen eine solche Handlungspflicht, bei deren Nichterfüllung eine unmittelbare Benachteiligung durch Unterlassen anzunehmen ist. Danach haben öffentliche Arbeitgeber schwerbehinderte Menschen oder die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen, die sich um einen Arbeitsplatz beworben haben, zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, es sei denn, die fachliche Eignung fehlt offensichtlich (BAG, U.v. 22.10.2015 - 8 AZR 384/14 - juris Rn. 27; OVG NRW, B.v. 4.8.2014 - 6 E 916/13 - juris Rn. 5). Diese Verpflichtung gilt grundsätzlich auch im Fall des Klägers, der schwerbehinderten Menschen gleichgestellt ist, auch wenn für ihn lediglich ein Grad der Behinderung von 30 festgestellt ist (§ 2 Abs. 3 SGB IX).

a) Es spricht alles dafür, dass dem Kläger die Eignung im Sinn des § 82 Satz 3 SGB IX fehlt, da er wegen Überschreitens der Altersgrenze nicht in ein Beamtenverhältnis (auf Probe) übernommen werden darf. Ziel des § 82 Satz 2 SGB IX ist es, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen und der ihnen gleichgestellten behinderten Menschen am Arbeitsleben durch eine ausgleichende Bevorzugungsregelung zu fördern. Der Gesetzgeber stellt diesen Personenkreis zum Ausgleich ihrer im Allgemeinen tatsächlich schlechteren Chancen auf dem Arbeitsmarkt im Bewerbungsverfahren besser als die nicht schwerbehinderten Konkurrenten. Anders als diese sollen schwerbehinderte Menschen und die ihnen gleichgestellten behinderten Menschen die Gelegenheit erhalten, den öffentlichen Arbeitgeber im Vorstellungsgespräch von ihrer Leistungsfähigkeit und Eignung zu überzeugen, auch wenn ihre fachliche Eignung für die zu besetzende Stelle zweifelhaft sein mag, solange sie nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Der öffentliche Arbeitgeber hat sich in diesem Fall über die schriftlichen Bewerbungsunterlagen hinaus einen persönlichen Eindruck von dem schwerbehinderten Bewerber und dem ihm gleichgestellten behinderten Menschen, insbesondere von seinem positiven Leistungsprofil zu verschaffen (BVerwG, U.v. 3.3.2011 - 5 C 16.10 - BVerwGE 139, 135/140 f.). Sind die gesetzlichen Vorausset-zungen für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe wegen Überschreitens der Altersgrenze nicht erfüllt, geht dieser gesetzgeberische Zweck indes von vornherein ins Leere (OVG NRW, B.v. 4.8.2014 - 6 E 916/13 - juris Rn. 10).

b) Rechtlich ausschlaggebend ist, dass es vorliegend an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen nachteiliger Behandlung (unterbliebene Einladung zum Vorstellungsgespräch) und Behinderung fehlt („wegen“ der Behinderung, § 7 Abs. 1 AGG; vgl. BAG, U.v. 18.9.2014 - 8 AZR 759/13 - juris Rn. 25, ZTR 2015, 216; Weidenkaff in Palandt, BGB, 75. Auflage 2016, § 15 AGG Rn. 3). Der Kausalzusammenhang ist nur gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch sie motiviert ist. Ausreichend ist, dass die Behinderung Bestandteil eines Motivbündels ist, das die Entscheidung beeinflusst hat. Ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht sind nicht erforderlich. Zwischen der Behinderung des Klägers und seiner Benachteiligung im Bewerbungsverfahren hat hier kein Kausalzusammenhang bestanden, weil der Beklagte den Kläger allein wegen der Überschreitung der Altersgrenze nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen hat (Schreiben vom 28.8.2015). Zwar ist diese Begründung der Klagepartei nicht in der E-Mail vom 24. Juni 2015 mitgeteilt worden. Das Schreiben vom 28. August 2015 erging jedoch zeitnah nach der Geltendmachung einer Entschädigung wegen der fehlenden Einladung zu einem Vorstellungsgespräch mit Schriftsatz vom 24. August 2015. Das lag auch deutlich vor der Klageerhebung zum Arbeitsgericht am 20. November 2015.

c) Die Vertreter des Beklagten haben zu Recht erklärt, dass eine Einstellung für die ausgeschriebene Stelle eines Gewerbeaufsichtsbeamten der dritten Qualifikationsebene nicht unter Fortsetzung des bereits bestehenden Beamtenverhältnisses des Klägers beim Beklagten möglich ist. Denn die streitgegenständliche Ausschreibung sieht zunächst eine Ausbildung in einem Arbeitsverhältnis vor mit einer - nach erfolgreicher Ausbildung erfolgenden - Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe. Ein solches Arbeitsverhältnis kann der Kläger nicht in einem Beamtenverhältnis der zweiten Qualifikationsebene in einer anderen Laufbahn (Polizei und Verfassungsschutz, Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen/Leistungslaufbahngesetz [LlbG]) absolvieren. Erst recht ist es im vorgegebenen rechtlichen Rahmen nicht möglich, dem Kläger im bestehenden Beamtenverhältnis der zweiten Qualifikationsebene in der Laufbahn Polizei und Verfassungsschutz als Polizeiobermeister (Besoldungsgruppe A 8) ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 in der Laufbahn Naturwissenschaft und Technik (Art. 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 LlbG) zu übertragen. Der Kläger kann dieses Amt nur nach Beendigung des bestehenden Beamtenverhältnisses (zweite Qualifikationsebene Polizei und Verfassungsschutz) unter Neubegründung eines Beamtenverhältnisses der dritten Qualifikationsebene erhalten. Hierbei ist aber die Altersgrenze des Art. 23 Abs. 1 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) zu beachten. Danach darf in das Beamtenverhältnis nicht berufen werden, wer das 45. Lebensjahr vollendet hat.

Soweit die Klagepartei darauf verweist, dass die Höchstaltersgrenze nicht ausnahmslos gelte (Art. 23 Abs. 1 Satz 2 BayBG), ist dem entgegen zu halten, dass bereits keine Anhaltspunkte für eine solche - auch nur in engem Rahmen mögliche (vgl. Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2015, Art. 23 BayBG Rn. 25) - Ausnahme vorliegen. Auch der Gesichtspunkt, dass in Einzelfällen eine Ausnahme vom Verbot der Einstellung über der Höchstaltersgrenze von 45 Jahren rechtlich möglich ist, ändert nichts daran, dass im vorliegenden Fall die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers für die Nichteinladung zum Bewerbungsgespräch nicht ausschlaggebend war.

d) Soweit die Klagepartei vorträgt, dass die Altersgrenze von 45 Jahren in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 BayBG eine unzulässige Altersdiskriminierung darstelle, ist dieser Grund für den vorliegend geltend gemachten Entschädigungsanspruch nicht inner-halb der Frist des § 15 Abs. 4 AGG geltend gemacht worden. Vielmehr wird diese Argumentation erstmals im Klageschriftsatz vom 20. November 2015 angebracht. Mit Blick auf Sinn und Zweck der Entschädigungsregelung und der kurzen Frist zur Geltendmachung (§ 15 Abs. 2 i. V. m. Abs. 4 AGG), innerhalb einer kurzen Zeitspanne Rechtssicherheit und Rechtsklarheit herbeizuführen (BGH, U.v. 23.7.2015 - III ZR 4/15 - NVwZ 2016, 90, juris Rn. 14), ist der konkrete Benachteiligungsgrund (§ 15 Abs. 1 i. V. m. § 7 Abs. 1 AGG), auf den der Anspruch gestützt wird, ebenfalls innerhalb der Frist geltend zu machen.

Im Übrigen schließt sich das Gericht der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 19.2.2009 - 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143/146 ff.) an, dass die Festlegung von Höchstaltersgrenzen für die Einstellung von Beamten keine - auch europarechtlich - unzulässige Form der Altersdiskriminierung darstellt. Soweit die Klagepartei auf die Ausführungen von Kühling/Bertelsmann (NVwZ 2010, 87) verweist, die sich Kritisch mit der zitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 (2 C 18.07, a. a. O.) auseinandersetzen, können diese Darstellungen die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht in Zweifel ziehen (so auch Zängl in: Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: November 2015, Art. 23 BayBG Rn. 14 f.). Insbesondere einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof bedarf es daher nicht (vgl. Art. 267Abs. 2 des Vertrags über die Arbeits-weise der Europäischen Union [AEUV]). Es bestehen keine Auslegungs- oder Gültigkeitszweifel (vgl. Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 94 Rn. 18) hinsichtlich der Vereinbarkeit der Höchstaltersgrenze in Art. 23 Abs. 1 BayBG mit der Richtlinie 2000/78/EG zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf vom 27. November 2000 (ABl EG L 303/16).

2. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

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(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat. (2) Wegen eines Schadens,

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Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

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(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


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(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. März 2014 - 5 Sa 1346/13 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des AGG zu zahlen.

2

Der Kläger hat nach einer Ausbildung zum Großhandelskaufmann die Fachhochschulreife erworben und anschließend zwei Jahre Wirtschaftswissenschaften studiert. Danach war er mehr als zehn Jahre als Gruppenleiter/Gebietsreferent, mehr als fünf Jahre als Einkaufsleiter, mehr als sechs Jahre als Vertriebskaufmann und mehr als fünf Jahre als Business Development Manager Healthcare tätig. Von Januar bis November 2009 war er nicht erwerbstätig und von November 2009 bis April 2012 arbeitete er als Verwaltungsmitarbeiter. Der Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (im Folgenden GdB) von 60. Sein Schwerbehindertenausweis ist ab dem 25. Juli 2008 gültig und ohne zeitliche Befristung ausgestellt.

3

Die Beklagte ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Im Februar 2013 schrieb sie für die Abteilung „Organisation“ ihrer Geschäftsstelle eine Stelle als „kaufm. Sachbearbeiter/in“ aus. Laut Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle sind insbesondere eine abgeschlossene Ausbildung in einem kaufmännischen Beruf, einschlägige Berufserfahrung, gute EDV-Kenntnisse sowie ein sicheres Gespür für Sprache erwünscht.

4

Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 26. Februar 2013 auf diese Stelle. Neben Angaben zu seinen Kenntnissen und Fähigkeiten für die ausgeschriebene Stelle, wobei der Kläger auch auf einen routinierten Umgang mit gängigen MS-Office-Programmen hinwies, enthält das Bewerbungsschreiben ua. die folgende Erklärung:

        

„Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren.“

5

Die Beklagte reagierte auf die Bewerbung des Klägers zunächst nicht und lud diesen nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein. Auf seine schriftlichen Nachfragen sandte sie ihm schließlich mit Schreiben vom 16. Mai 2013 seine Bewerbungsunterlagen zurück und teilte mit, sich für einen anderen Bewerber/eine andere Bewerberin entschieden zu haben. Danach kam es zu einem Schriftwechsel unter den Parteien über die Frage, warum der Kläger trotz seiner Schwerbehinderung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Die Beklagte teilte dem Kläger mit E-Mail vom 24. Mai 2013 mit, eine Verpflichtung, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden, da seinen Bewerbungsunterlagen ein Hinweis/Nachweis über eine vorliegende, festgestellte Schwerbehinderung mit einem GdB von mindestens 50 nicht zu entnehmen gewesen sei. Mit Schreiben vom 27. Mai 2013 machte der Kläger gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch iHv. 7.053,24 Euro geltend.

6

Mit seiner am 6. Juni 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage, die ursprünglich auf Zahlung eines Betrages iHv. 7.053,24 Euro gerichtet war, hat der Kläger die Auffassung vertreten, ihm stehe eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zu. Die Beklagte habe ihn entgegen ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, obgleich sie durch sein Bewerbungsschreiben Kenntnis von seiner Schwerbehinderung gehabt habe.

7

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 3.955,96 Euro zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, eine Pflicht, den Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, habe nicht bestanden. Der Kläger habe in seinem Anschreiben nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, im Zeitpunkt seiner Bewerbung schwerbehindert gewesen zu sein; zudem habe er den GdB nicht mitgeteilt. Auch aus dem weiteren Vorbringen des Klägers ergebe sich nichts, was die Annahme einer Benachteiligung wegen der Behinderung stützen könne. Im Übrigen habe sie die Stelle mit einer Bewerberin mit einem GdB von 30 besetzt.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Kläger - unter Klageabweisung im Übrigen - 3.955,96 Euro zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die vollständige Klageabweisung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro.

11

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis Beschäftigter iSd. AGG (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG). Die Beklagte ist Arbeitgeberin iSv. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(vgl. ua. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18 mwN, BAGE 142, 143).

12

II. Der Kläger hat den Entschädigungsanspruch frist- und formgerecht geltend gemacht und eingeklagt (§ 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG). Hierüber streiten die Parteien auch nicht.

13

III. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine angemessene Entschädigung zu zahlen. Dies folgt aus § 15 Abs. 2 iVm. Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 sowie § 82 Satz 2 SGB IX.

14

1. Der Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt einen Verstoß gegen das in § 7 Abs. 1 AGG geregelte Benachteiligungsverbot voraus(§ 15 Abs. 2 iVm. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und ist verschuldensunabhängig.

15

Das Benachteiligungsverbot in § 7 Abs. 1 AGG untersagt im Anwendungsbereich des AGG eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. wegen einer Behinderung. Zudem dürfen Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX schwerbehinderte Beschäftigte nicht wegen ihrer Behinderung benachteiligen. Im Einzelnen gelten hierzu nach § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX die Regelungen des AGG.

16

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG. Nach § 15 Abs. 2 AGG kann der oder die Beschäftigte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs dient § 15 Abs. 2 AGG dazu, die „Forderungen der Richtlinien“ (hier insbesondere: Richtlinie 2000/78/EG) sowie der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union(ua. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Rn. 24, 39 f., Slg. 1997, I-2195) nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber umzusetzen (BT-Drs. 16/1780 S. 38; vgl. auch BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 26 mwN; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 33 mwN, BAGE 127, 367).

17

2. Der Kläger wurde von der Beklagten unmittelbar wegen der Behinderung benachteiligt iSv. § 7 Abs. 1, § 3 Abs. 1, § 1 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX.

18

a) Im Falle der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann in der Nichteinladung zu einem Vorstellungsgespräch bei einem öffentlichen Arbeitgeber und dem damit verbundenen vorzeitigen Ausscheiden des Bewerbers/der Bewerberin aus dem Bewerbungsverfahren eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen.

19

aa) § 7 Abs. 1 AGG verbietet sowohl unmittelbare als auch mittelbare Benachteiligungen. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine - vorliegend ausschließlich in Betracht kommende - unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, ua. einer Behinderung, eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

20

(1) Im Hinblick auf eine - insbesondere bei einer Einstellung und Beförderung zu treffende - Auswahlentscheidung des Arbeitgebers befinden sich Personen grundsätzlich bereits dann in einer vergleichbaren Situation, wenn sie sich für dieselbe Stelle beworben haben (vgl. auch BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29). Bereits deshalb kommt es, sofern ein Bewerber vorab ausgenommen und damit vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wurde, nicht zwangsläufig ausschließlich auf den Vergleich mit dem/der letztlich eingestellten Bewerber/in an.

21

(2) Ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann vorliegt, wenn der die Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangende Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, kann im vorliegenden Verfahren dahinstehen.

22

Nach der bisherigen Rechtsprechung des Senats ist für eine Vergleichbarkeit die am Anforderungsprofil der ausgeschriebenen Stelle zu messende „objektive Eignung“ des Bewerbers erforderlich (vgl. etwa BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 18; 14. November 2013 - 8 AZR 997/12 - Rn. 29; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 20 ff.; 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 28, BAGE 144, 275; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 35; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 26; 7. April 2011 - 8 AZR 679/09 - Rn. 37; ausdrücklich offen gelassen allerdings von BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 29). Dies hat der Senat im Wesentlichen damit begründet, dass eine Benachteiligung nur angenommen werden könne, wenn eine Person, die an sich für die Tätigkeit geeignet sei, nicht ausgewählt oder nicht in Betracht gezogen worden sei. Könne hingegen auch ein objektiv ungeeigneter Bewerber immaterielle Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG verlangen, stehe dies nicht im Einklang mit dem Schutzzweck des AGG, das nur vor ungerechtfertigter Benachteiligung schützen, nicht aber eine unredliche Gesinnung des (potentiellen) Arbeitgebers sanktionieren wolle.

23

Ob an dieser Rechtsprechung festgehalten werden kann, könnte ua. bereits deshalb zweifelhaft sein, weil § 15 Abs. 2 Satz 2 AGG den Entschädigungsanspruch für Personen, die „bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden“ wären, nicht ausschließt, sondern lediglich der Höhe nach begrenzt. Zudem würde das Erfordernis der „objektiven Eignung“, da die Feststellung einer „vergleichbaren Situation“ nicht ohne Vergleichsbetrachtung auskommen kann, wohl eine parallele Überprüfung der „objektiven Eignung“ der eingeladenen Bewerber und Bewerberinnen nach sich ziehen müssen. Eine derartige Prüfung und Vergleichsbetrachtung findet jedoch möglicherweise weder in den Bestimmungen des AGG noch in den unionsrechtlichen Vorgaben, insbesondere denen der Richtlinie 2000/78/EG eine hinreichende Grundlage.

24

Die Frage, ob eine vergleichbare Situation iSv. § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG nur dann angenommen werden kann, wenn der Bewerber für die ausgeschriebene Stelleauch „objektiv geeignet“ ist, muss im vorliegenden Verfahren jedoch nicht entschieden werden, da das Landesarbeitsgericht die „objektive Eignung“ des Klägers für die zu besetzende Stelle bejaht hat und dies unter den Parteien auch nicht mehr streitig ist.

25

(3) Das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG erfasst nicht jede Ungleichbehandlung, sondern nur eine Ungleichbehandlung „wegen“ eines in § 1 AGG genannten Grundes. Zwischen der benachteiligenden Behandlung und einem in § 1 AGG genannten Grund muss demnach ein Kausalzusammenhang bestehen. Dafür ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund iSv. § 1 AGG das ausschließliche oder auch nur ein wesentliches Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist;er muss nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; vielmehr ist der Kausalzusammenhang bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an einen Grund iSv. § 1 AGG anknüpft oder durch diesen motiviert ist, wobei bloße Mitursächlichkeit genügt(vgl. etwa BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 34 mwN). Bei der Prüfung des Kausalzusammenhangs sind alle Umstände des Rechtsstreits im Sinne einer Gesamtbetrachtung und -würdigung des Sachverhalts zu berücksichtigen (vgl. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 50; 19. April 2012 - C-415/10 - [Meister] Rn. 42, 44 f.; BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 31 mwN).

26

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats liegt eine Benachteiligung im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt hier in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 36 mwN; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29; 28. Mai 2009 - 8 AZR 536/08 - Rn. 31, BAGE 131, 86). Nach § 7 Abs. 1 AGG darf ein vorzeitiger Ausschluss eines Bewerbers/einer Bewerberin aus dem Auswahlverfahren demnach nicht in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit einem in § 1 AGG aufgeführten Grund stehen. Sind bereits die Chancen einer Bewerberin/eines Bewerbers durch ein diskriminierendes Verfahren beeinträchtigt worden, kommt es regelmäßig nicht mehr darauf an, ob eine nach § 1 AGG verbotene Anknüpfung bei der abschließenden Einstellungsentscheidung noch eine nachweisbare Rolle gespielt hat(vgl. BVerfG 16. November 1993 - 1 BvR 258/86 - zu C I 2 c der Gründe, BVerfGE 89, 276 zu § 611a Abs. 1 BGB aF für geschlechtsbezogene Benachteiligungen). Bewerber/innen haben vielmehr Anspruch auf ein diskriminierungsfreies Bewerbungs-/Stellenbesetzungsverfahren (vgl. BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23; 3. April 2007 - 9 AZR 823/06 - Rn. 33, BAGE 122, 54; vgl. auch BT-Drs. 12/5468 S. 44 zu § 611a BGB aF). Deshalb ist es auch ohne Bedeutung, ob es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich zu einer Einstellung oder Beschäftigung kommt (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 23 mwN).

27

cc) Bewirbt sich ein schwerbehinderter Mensch bei einem öffentlichen Arbeitgeber um eine zu besetzende Stelle, so hat dieser ihn nach § 82 Satz 2 SGB IX zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Nach § 82 Satz 3 SGB IX ist eine Einladung nur dann entbehrlich, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt(zur Bedeutung näher BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Damit muss der öffentliche Arbeitgeber einem sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen die Chance eines Vorstellungsgesprächs auch dann gewähren, wenn dessen fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - aaO). Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als nicht schwerbehinderte Konkurrenten.

28

Dem steht die Richtlinie 2000/78/EG auch dann nicht entgegen, wenn der andere Bewerber/die andere Bewerberin behindert iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX ist. Zwar verlangt Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG von den Mitgliedstaaten, angemessene Vorkehrungen für Menschen mit Behinderung zu treffen, um den Zugang zur Beschäftigung zu gewährleisten; allerdings gestattet Art. 7 der Richtlinie positive Maßnahmen, die das Ziel haben, einer Eingliederung von Menschen mit Behinderung in die Arbeitswelt zu dienen oder diese Eingliederung zu fördern. Welche Maßnahmen und Vorkehrungen der Mitgliedstaat im Einzelnen zu treffen hat, ist dabei nicht vorgegeben (vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 48).

29

Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, einen sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zum Vorstellungsgespräch einzuladen und versagt diesem damit die Chance, ihn von seiner Eignung zu überzeugen, kann darin eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen. Wird dem schwerbehinderten Arbeitnehmer die Möglichkeit genommen, sich in einem Vorstellungsgespräch zu präsentieren, liegt eine weniger günstige Behandlung vor, als sie das Gesetz (§ 82 Satz 2 SGB IX) zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 48; 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - Rn. 22, BAGE 131, 232; 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - Rn. 24 mwN, BAGE 119, 262). Der Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren kann demnach eine Benachteiligung sein, die in einem (mit)ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht (vgl. BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 51; 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 44, BAGE 127, 367).

30

dd) Lädt der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Beschäftigten nicht zu einem Vorstellungsgespräch ein, kann darin allerdings nur dann eine unmittelbare Benachteiligung wegen der Behinderung liegen, wenn ihm die Schwerbehinderung des Stellenbewerbers/der Stellenbewerberin zum Zeitpunkt der benachteiligenden Maßnahme bekannt ist oder er diese kennen muss. Deshalb muss ein Bewerber, der seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen will, den (potentiellen) Arbeitgeber über die vorhandene Schwerbehinderung rechtzeitig in Kenntnis setzen, soweit dieser nicht bereits aus anderem Zusammenhang über diese Information verfügt. Andernfalls ist dem öffentlichen Arbeitgeber ein Verstoß gegen die bei der Bewerbung schwerbehinderter Menschen nach § 82 Satz 2 SGB IX auferlegte Verpflichtung objektiv nicht zurechenbar und es fehlt an der (Mit-)Ursächlichkeit der Behinderung für die benachteiligende Maßnahme(vgl. BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 24; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28, BAGE 127, 367).

31

(1) Ein hinreichender Hinweis auf eine Schwerbehinderung liegt vor, wenn die Mitteilung in einer Weise in den Empfangsbereich des Arbeitgebers gelangt ist, die es diesem ermöglicht, die Schwerbehinderung des Bewerbers zur Kenntnis zu nehmen (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 38; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 35, BAGE 127, 367). Eine Information im Bewerbungsanschreiben (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 4 iVm. Rn. 35 ff.; 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 28 ff., 39, BAGE 127, 367 ) oder an gut erkennbarer Stelle im Lebenslauf (etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 36; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) ist regelmäßig ausreichend (Klarstellung von BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - aaO). Unter Umständen kann auch eine rechtzeitige gesonderte Mitteilung genügen (vgl. etwa BAG 18. November 2008 - 9 AZR 643/07 - Rn. 39 zu einer vor Beginn des Auswahlgesprächs dem Arbeitgeber zugesandten Zusicherung der Bundesagentur für Arbeit mit dem Betreff „Gleichstellung gem. § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX …“).

32

(2) Zur Mitteilung der Schwerbehinderung eines Bewerbers/einer Bewerberin kann auch die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend sein ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 32 f.); allerdings genügt es nicht, wenn eine Kopie des Schwerbehindertenausweises lediglich den Anlagen zur Bewerbung beigefügt wird ( BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 37), ohne dass im Anschreiben oder im Lebenslauf hierauf ausreichend hingewiesen wird.

33

ee) Für den Rechtsschutz bei Diskriminierungen sieht § 22 AGG eine Erleichterung der Darlegungslast, eine Absenkung des Beweismaßes und eine Umkehr der Beweislast vor. Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermuten lassen, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

34

(1) Danach genügt eine Person, die sich durch eine Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes für beschwert hält, ihrer Darlegungslast bereits dann, wenn sie Indizien vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes erfolgt ist(vgl. BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 33, BAGE 142, 158; 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 65, BAGE 141, 48). Besteht die Vermutung einer Benachteiligung, trägt die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nicht verletzt worden ist (ua. EuGH 25. April 2013 - C-81/12 - [Asociatia ACCEPT] Rn. 55 mwN; 10. Juli 2008 - C-54/07 - [Feryn] Rn. 32, Slg. 2008, I-5187; BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 27). Hierfür gilt jedoch das Beweismaß des sog. Vollbeweises (vgl. etwa BAG 18. September 2014 - 8 AZR 753/13 - Rn. 33). Der Arbeitgeber muss demnach Tatsachen vortragen und ggf. beweisen, aus denen sich ergibt, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe zu einer ungünstigeren Behandlung geführt haben(vgl. etwa BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 45). Die Beweiswürdigung erfolgt nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO unter Zugrundelegung der Vorgaben von § 22 AGG(vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 32 ff. mwN).

35

(2) Die Verletzung der in § 82 Satz 2 SGB IX geregelten Verpflichtung eines öffentlichen Arbeitgebers, eine/n schwerbehinderte/n Bewerber/in zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, begründet regelmäßig die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung. Diese Pflichtverletzung ist nämlich grundsätzlich geeignet, den Anschein zu erwecken, an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 45 mwN).

36

b) Nach diesen Grundsätzen hat das Landesarbeitsgericht ohne Rechtsfehler erkannt, dass der Kläger eine ungünstigere Behandlung (auch) wegen der Behinderung erfahren hat und ihm deshalb eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG zusteht.

37

aa) Der Kläger hat gegenüber anderen Bewerbern und Bewerberinnen, die zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sind, eine ungünstigere Behandlung erfahren. Hierüber streiten die Parteien nicht. Die Beklagte, die als Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX als öffentliche Arbeitgeberin gilt, war gemäß § 82 Satz 2 SGB IX auch verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber/innen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Von dieser Verpflichtung war sie im Fall des Klägers nicht nach § 82 Satz 3 SGB IX wegen offensichtlichen Fehlens der fachlichen Eignung des Klägers befreit. Das Landesarbeitsgericht hat das Vorhandensein der fachlichen Eignung bejaht; dies greift die Revision nicht an.

38

bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger der Beklagten seine Schwerbehinderung deutlich und ausreichend mitgeteilt hat und dass die weniger günstige Behandlung des Klägers demnach „wegen“ der Behinderung erfolgt ist, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

39

(1) Die Beklagte beruft sich auch in der Revision darauf, der Kläger habe sie in seinem Bewerbungsschreiben nicht hinreichend klar und deutlich über seine Schwerbehinderung informiert. Zum einen reiche es nicht aus, nur den Begriff der „Schwerbehinderung“ anzuführen, vielmehr sei auch der GdB anzugeben gewesen. Ein Erfahrungssatz des Inhalts, im heutigen Berufsleben sei allgemein bekannt, dass zwischen einer Behinderung und einer Schwerbehinderung im Rechtssinne zu unterscheiden sei, existiere insbesondere „nach dem objektiven Empfängerhorizont“ nicht. Zudem ergebe sich aus dem Bewerbungsschreiben des Klägers nicht, dass die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt der Bewerbung vorgelegen habe.

40

(2) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es im Zusammenhang mit der Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers aus § 82 SGB IX ausreicht, über das Vorliegen einer „Schwerbehinderung“ zu informieren und dass es nicht zusätzlich erforderlich ist, den GdB mitzuteilen. Soweit sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Senats (insbesondere BAG 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 33, 35; 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30) etwas anderes ergeben sollte, hält der Senat hieran nicht fest.

41

(a) Der Begriff der „Schwerbehinderung“ ist ein Rechtsbegriff, dem im Rechtsverkehr, vor allem im Arbeits- und Sozialrecht eine feste Bedeutung zukommt. Der Begriff der Schwerbehinderung ist in § 2 Abs. 2 SGB IX gesetzlich definiert. Nach dieser Bestimmung sind Menschen schwerbehindert, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Weist ein/e Bewerber/in im Zusammenhang mit einer Bewerbung darauf hin, „schwerbehindert“ zu sein, ist deshalb - sofern nicht ausnahmsweise Anhaltspunkte für ein abweichendes Begriffsverständnis gegeben sind - für den Arbeitgeber ohne Weiteres erkennbar, dass der Begriff iSd. in § 2 Abs. 2 SGB IX gegebenen Definition gemeint ist und damit beim Bewerber mindestens ein GdB von 50 vorliegt. Eine andere Funktion liegt im Zusammenhang mit einem Bewerbungsschreiben regelmäßig nicht nahe.

42

(b) Da nach § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen schwerbehindert sind, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt und dies die Verpflichtung des öffentlichen Arbeitgebers nach § 82 Satz 2 SGB IX auslöst, einen schwerbehinderten Bewerber zum Vorstellungsgespräch einzuladen, ist eine (weitergehende) Angabe des im Einzelfall vorliegenden GdB nicht erforderlich. Entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten folgt auch aus der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte der anderen Seite, soweit sich eine solche hier ggf. aus einem Anbahnungsverhältnis ergeben sollte (vgl. dazu BAG 20. Mai 2010 - 8 AZR 287/08 (A) - Rn. 28), nichts anderes. Zwar ist nicht auszuschließen, dass im Einzelfall wegen bestimmter Arbeitsanforderungen und/oder zur Erfüllung der Verpflichtung zu „angemessenen Vorkehrungen“ (vgl. dazu BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 42, BAGE 148, 158; 19. Dezember 2013 - 6 AZR 190/12 - Rn. 53, BAGE 147, 60) nähere Kenntnisse des Arbeitgebers zu Art und ggf. Umfang einer Behinderung erforderlich sein können und der Arbeitnehmer deshalb zu entsprechender Auskunft verpflichtet sein kann; um solch eine besondere Situation geht es vorliegend jedoch nicht.

43

(3) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger in seinem Bewerbungsschreiben hinreichend klar und deutlich auf eine zum Zeitpunkt der Bewerbung vorliegende Schwerbehinderung hingewiesen hat, ist ebenso revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

44

(a) Die Auslegung der Angaben des Klägers in seinem Bewerbungsschreiben durch das Landesarbeitsgericht kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat.

45

(b) Unter Zugrundelegung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs halten die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts einer revisionsgerichtlichen Kontrolle ohne Weiteres stand.

46

Das Landesarbeitsgericht hat - zusammengefasst - angenommen, der Kläger habe mit der Erklärung in seinem Bewerbungsschreiben: „Aus gesundheitlichen Gründen musste ich für kurze Zeit meine Erwerbstätigkeit unterbrechen und mich aufgrund meiner Schwerbehinderung beruflich neu orientieren“, unzweideutig darauf hingewiesen, dass die Schwerbehinderung auch zum Zeitpunkt der Bewerbung bestand. Das Schreiben könne sinnvollerweise nicht dahin ausgelegt werden, dass der Kläger im Hinblick auf das Vorliegen einer Schwerbehinderung einen nicht mehr aktuellen Hinweis habe geben wollen.

47

Die Auslegung durch das Landesarbeitsgericht lässt weder eine Verletzung von Auslegungsregeln noch einen Verstoß gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze erkennen. Vielmehr stützt insbesondere die Formulierung in der Erklärung des Klägers - aufgrund „meiner“ Schwerbehinderung - das vom Landesarbeitsgericht gefundene Auslegungsergebnis. Auch diese Formulierung legt die Annahme nahe, der Kläger habe auf eine aktuelle Schwerbehinderung hinweisen wollen. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen wurden. Das Landesarbeitsgericht hat sich - im Gegenteil - eingehend mit der hier allein für die Auslegung maßgeblichen Erklärung des Klägers befasst. Soweit die Beklagte geltend macht, der Kläger habe lediglich eine vergangenheitsbezogene Mitteilung gemacht und damit nicht deutlich erklärt, dass er aktuell ein schwerbehinderter Mensch ist, hat sie keine Verstöße gegen Rechts- oder Erfahrungssätze und/oder Denkgesetze oder eine Widersprüchlichkeit der Würdigung dargetan.

48

Dass die Beklagte nach eigenen Angaben „nicht erkannt hat“, dass sie aufgrund der Mitteilung des Klägers nach § 82 Satz 2 SGB IX verpflichtet war, diesen zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, führt zu keiner anderen Bewertung. Von Bedeutung ist nicht, was sie tatsächlich erkannt hat, sondern was sie erkennen musste.

49

(4) Schließlich ist auch die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass der Kläger wegen seiner Behinderung eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

50

(a) Sowohl die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber/einer Bewerberin vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen Haupt- und/oder Hilfstatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, als auch deren Würdigung, ob die von dem Arbeitgeber seinerseits vorgebrachten Tatsachen den Schluss darauf zulassen, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat,sind nur eingeschränkt revisibel (vgl. etwa BAG 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49, 63 mwN ). In beiden Fällen beschränkt sich die revisionsgerichtliche Kontrolle darauf zu prüfen, ob die Würdigung des Tatsachengerichts möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr., vgl. BAG 23. Juli 2015 - 6 AZR 457/14 - Rn. 29; 18. September 2014 - 8 AZR 759/13 - Rn. 30; 22. August 2013 - 8 AZR 563/12 - Rn. 49; 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158).

51

(b) Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabs hält das angefochtene Urteil auch insoweit einer revisionsgerichtlichen Überprüfung stand.

52

Das Landesarbeitsgericht ist vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Beklagte in seinem Bewerbungsschreiben darauf hingewiesen hatte, dass er zum Zeitpunkt der Bewerbung schwerbehindert war, zutreffend davon ausgegangen, dass der Verstoß der Beklagten gegen ihre aus § 82 Satz 2 SGB IX folgende Verpflichtung, den schwerbehinderten Kläger zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, geeignet ist, die Vermutung einer unmittelbaren Benachteiligung des Klägers wegen der Behinderung zu begründen und hat dies gewürdigt. Ebenso gewürdigt hat es den von der Beklagten zur Widerlegung der Vermutung geleisteten Sachvortrag, sie habe eine mit einem GdB von 30 behinderte Bewerberin eingestellt. Insoweit hat es angenommen, mit diesem Vorbringen habe die Beklagte die Vermutungswirkung des § 22 AGG nicht widerlegt. Diese Würdigung lässt insbesondere vor dem Hintergrund, dass es für die Frage, ob ein/e Bewerber/in diskriminierungsfrei vorab aus dem Auswahlverfahren ausgeschlossen wurde, nicht darauf ankommt, ob und ggf. zu welcher Einstellung es später im Zuge des Auswahlverfahrens tatsächlich gekommen ist, revisible Rechtsfehler nicht erkennen. Solche werden von der Revision auch nicht gerügt.

53

IV. Dem Kläger steht nach § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro zu. Die Bestimmung der Höhe der Entschädigung (vgl. hierzu näher BAG 22. Mai 2014 - 8 AZR 662/13 - Rn. 44, BAGE 148, 158) ist grundsätzlich Sache der Tatsachengerichte (vgl. etwa BAG 24. Januar 2013 - 8 AZR 188/12 - Rn. 49). Das Landesarbeitsgericht hat in Übereinstimmung mit dem Arbeitsgericht eine Entschädigung iHv. 3.955,96 Euro als angemessen erachtet. Dies wird von der Revision nicht angegriffen.

54

V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Schlewing    

        

    Winter    

        

    Rinck    

        

        

        

    N. Reiners    

        

        

Soost 

        

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

(1) Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist.

(2) Menschen sind im Sinne des Teils 3 schwerbehindert, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt und sie ihren Wohnsitz, ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder ihre Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz im Sinne des § 156 rechtmäßig im Geltungsbereich dieses Gesetzbuches haben.

(3) Schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden sollen Menschen mit Behinderungen mit einem Grad der Behinderung von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des § 156 nicht erlangen oder nicht behalten können (gleichgestellte behinderte Menschen).

Leistungen zur Förderung der Verständigung werden erbracht, um Leistungsberechtigten mit Hör- und Sprachbehinderungen die Verständigung mit der Umwelt aus besonderem Anlass zu ermöglichen oder zu erleichtern. Die Leistungen umfassen insbesondere Hilfen durch Gebärdensprachdolmetscher und andere geeignete Kommunikationshilfen. § 17 Absatz 2 des Ersten Buches bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 24. Oktober 2012 - 9 Sa 214/12 - teilweise aufgehoben. Das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 20. Dezember 2011 - 14 Ca 4955/11 - wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch, den der Kläger aufgrund einer Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft bei einem Bewerbungsverfahren geltend macht.

2

Der am 2. Januar 1959 geborene Kläger ist schwerbehinderter Mensch mit einem GdB 50. Nach vorausgegangener Banklehre hat er von 1982 bis 1989 ein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolviert und als Diplom-Kaufmann abgeschlossen. Er hat diverse Fortbildungsmaßnahmen im Bereich Controlling und Rechnungswesen absolviert.

3

Mit E-Mail-Schreiben vom 16. Juni 2010 bewarb der Kläger sich auf die Stelle eines/einer „Projektkoordinators/in eines Programms zur Förderung von Frauen in der Qualifikationsphase“ im Prorektorat für Akademische Karriere, Diversität und Internationales. Der Bewerbung war ein 34-seitiges Anlagenkonvolut beigefügt, mit dem „auf Seite 29 der Schwerbehindertenausweis überreicht“ wurde. Die verantwortliche Mitarbeiterin entdeckte diesen Hinweis auf die Schwerbehinderung, unterrichtete die Schwerbehindertenvertretung und der Kläger wurde schließlich von der für das damalige Einstellungsverfahren zuständigen Stelle, der Prorektorin für Akademische Karriere, Diversität und Internationales zu einem Vorstellungsgespräch am 28. Juni 2010 eingeladen. Der Kläger erhielt unter dem 17. August 2010 eine Absage auf diese Bewerbung.

4

Mit Bewerbungsschluss am 26. Juli 2010 schrieb die Beklagte eine auf drei Jahre befristete Vollzeitstelle eines/r wissenschaftlichen Mitarbeiters/in am Staatswissenschaftlichen Seminar der Universität zu K, Stiftungsprofessur für Energiewirtschaft - Prof. Dr. B - aus, wobei Bewerbungen an diese Stiftungsprofessur des Staatswissenschaftlichen Seminars zu richten waren. Die Beklagte hatte diese Stelle am 12. Juli 2010 der Bundesagentur für Arbeit gemeldet. Unter dem 25. Juli 2010 bewarb sich der Kläger auch für diese Stelle. Weder das Bewerbungsanschreiben noch der Lebenslauf enthielten einen Hinweis auf die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers. Der Bewerbung waren 29 Seiten Anlagen, im Wesentlichen chronologisch von 2009 bis 1978 geordnet, ohne Inhaltsverzeichnis beigefügt. Als Blatt 24 dieser Anlagen - eingefügt zwischen zwei Fotokopien von Dokumenten aus dem Jahr 1985 - befand sich eine Kopie der Vorderseite des Schwerbehindertenausweises des Klägers.

5

Die Beklagte bestätigte unter dem 26. Juli 2010 den Eingang der Bewerbung des Klägers. Sodann führte sie am 29. und 30. Juli 2010 Vorstellungsgespräche mit anderen Bewerbern durch, zu denen der Kläger nicht eingeladen wurde. Das Auswahlverfahren zu der ausgeschriebenen Stelle wurde nach Angaben der Beklagten in der ersten Augusthälfte beendet und die nicht berücksichtigten Bewerber erhielten Absagen. Der Kläger erhielt keine Absage.

6

Unter dem 1. Oktober 2010 bewarb sich der Kläger für eine dritte Stelle. Auch diese Bewerbung blieb erfolglos.

7

Wegen der Stelle am Staatswissenschaftlichen Seminar fragte der Kläger mit E-Mail vom 14. Dezember 2010 nach. Schließlich wurde ihm auf telefonische weitere Nachfrage am 24. Januar 2011 mitgeteilt, dass er bei der schon im August 2010 getroffenen Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden habe.

8

Der Kläger machte mit Telefax vom 24. März 2011 einen Entschädigungsanspruch geltend und erhob mit Eingang bei Gericht am 24. Juni 2011 Entschädigungsklage.

9

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden. Die Beklagte sei ihrer Verpflichtung nach § 82 Satz 2 SGB IX, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Von seiner Schwerbehinderung habe er die Beklagte bei dieser Bewerbung ordnungsgemäß unterrichtet, da die Beklagte von seiner Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch Kenntnis hätte erlangen können, wenn sie seine Bewerbungsunterlagen vollständig zur Kenntnis genommen hätte. Eines Hinweises an exponierter Stelle bedürfe es nicht. Dies zeige die Beklagte selbst, da sie auf einen ähnlichen Hinweis bei seiner ersten Bewerbung mit der Einladung zu einem Vorstellungsgespräch reagiert habe. Seine Bewerbung sei ernsthaft.

10

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn eine Entschädigung, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, die jedoch nicht unter 10.757,16 Euro liegen sollte, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. April 2011 zu zahlen.

11

Ihren Antrag auf Klageabweisung hat die Beklagte damit begründet, dass sich der Kläger nicht ernsthaft auf die Stellen beworben habe. Der Hinweis auf seine Schwerbehinderung sei jeweils an versteckter Stelle erfolgt, nach den Absagen seien dann Entschädigungsklagen erhoben worden. Der Kläger sei gehalten gewesen, auf seine Schwerbehinderteneigenschaft im Bewerbungsanschreiben, jedenfalls aber an exponierter Stelle hinzuweisen.

12

Das Arbeitsgericht hat der Klage iHv. 1.000,00 Euro stattgegeben. Unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht auf die Anschlussberufung des Klägers die Entschädigungssumme um weitere 4.378,58 Euro erhöht. Mit der auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten durch Beschluss vom 22. August 2013 - 8 AZN 230/13 - vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Ziel einer Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe

13

Die zulässige Revision ist begründet. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte hat bei der Besetzung der Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters am Staatswissenschaftlichen Seminar nicht gegen das Verbot verstoßen, einen schwerbehinderten Bewerber wegen seiner Behinderung zu benachteiligen (§ 81 Abs. 2 Satz 1 SGB IX, §§ 7, 1 AGG). Dem Kläger steht daher kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX zu.

14

A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

15

Der objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignete Kläger sei durch die Aussonderung vor der eigentlichen Auswahlentscheidung benachteiligt worden. Dies sei wegen seiner Behinderung geschehen. Denn die Beklagte habe ihn als schwerbehinderten Bewerber entgegen ihrer Verpflichtung als öffentliche Arbeitgeberin nach § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen, was die Vermutung auslöse, die Benachteiligung stehe im ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung. Dem könne die Beklagte nicht entgegenhalten, die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers nicht gekannt zu haben. Aufgrund der Bewerbungsunterlagen hätte sie sich Kenntnis von der Schwerbehinderung verschaffen können. Die Vorlage des gerade zum Nachweis im Rechtsverkehr ausgestellten Schwerbehindertenausweises genüge. Dies bestätige das eigene Verhalten der Beklagten im Zusammenhang mit der ersten Bewerbung, bei der eine Einladung zum Vorstellungsgespräch erfolgt sei. Aus der damals erfolgten Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gehe hervor, dass im ersten Bewerbungsverfahren die Beklagte in der Lage gewesen sei, den Hinweis des Klägers aufzunehmen. Als Entschädigung sei die Hälfte des vom Kläger begehrten Entschädigungsbetrages, also 11/2 Bruttomonatsgehälter, angemessen.

16

B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

17

I. Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Als Bewerber ist der Kläger „Beschäftigter“ nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG. Da die Beklagte um Bewerbungen für das von ihr angestrebte Beschäftigungsverhältnis nachgesucht hat, ist sie Arbeitgeberin iSd. § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG(BAG 23. Januar 2014 - 8 AZR 118/13 - Rn. 17; 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 - Rn. 18, BAGE 142, 143; 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - Rn. 23).

18

II. Seinen auf die Benachteiligung wegen Schwerbehinderung gestützten Entschädigungsanspruch hat der Kläger innerhalb der Fristen der § 15 Abs. 4 AGG, § 61b Abs. 1 ArbGG geltend gemacht.

19

1. Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Abs. 1 oder Abs. 2 des § 15 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle einer Bewerbung beginnt die Frist grundsätzlich mit dem Zugang der Ablehnung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG)zu laufen, nicht jedoch vor dem Zeitpunkt, in dem der Bewerber von seiner Benachteiligung Kenntnis erlangt (vgl. BAG 15. März 2012 - 8 AZR 37/11 - Rn. 55, BAGE 141, 48 = AP AGG § 15 Nr. 11). Dabei genügt eine telefonische Benachrichtigung, soweit sie hinreichend klar und individualisiert ist (vgl. v. Roetteken AGG Stand Juli 2014 § 15 Rn. 89 f.).

20

Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat der Kläger in dem Telefonat vom 24. Januar 2011 erfahren, dass seine Bewerbung schon im August 2010 abgelehnt wurde. Mit der Revision hat die Beklagte diese Feststellung nicht, auch nicht mit einer zulässigen Verfahrensrüge angegriffen. Der Eingang des Geltendmachungsschreibens des Klägers am 24. März 2011 bei der Beklagten ist unstreitig.

21

Soweit die Beklagte „mit Nichtwissen bestritten“ hat, dass dem Kläger ihr Absageschreiben nicht schon im August 2010 zugegangen sei, hat sie daran im Berufungsrechtszug nicht festgehalten. Im Übrigen war ein solches Bestreiten mit Nichtwissen unzulässig, weil die Darlegungs- und Beweislast für einen früheren Zugang der Absage bei der Beklagten selbst liegt. Dass die Beklagte nicht für einen Zustellungsnachweis der Absage gesorgt hat, bedeutet nicht, dass sie über den früheren Zugang einer Absage nicht auch hätte Kenntnis haben können.

22

2. Die am 24. Juni 2011 bei dem Arbeitsgericht Köln eingegangene Klage wahrte die Drei-Monats-Frist nach § 61b Abs. 1 ArbGG. Die Zustellung an die Beklagte erfolgte am 4. Juli 2011, also „demnächst“ iSv. § 167 ZPO.

23

III. Die Beklagte hat den Kläger unmittelbar benachteiligt. Eine solche Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der Kläger erfuhr eine weniger günstige Behandlung als der tatsächlich eingestellte, erfolgreiche Bewerber. Ein Nachteil im Rahmen einer Auswahlentscheidung, insbesondere bei einer Einstellung oder Beförderung, liegt bereits dann vor, wenn der Bewerber oder Beschäftigte - wie hier der Kläger - nicht in die (End-)Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgenommen und vorzeitig aus dem Bewerbungsverfahren ausgeschlossen wird. Hier liegt die Benachteiligung in der Versagung einer Chance (BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 22; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 -; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 24; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 29).

24

IV. Der Kläger befand sich mit dem letztlich ausgewählten Bewerber in einer vergleichbaren Situation (§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte in Abrede gestellt hätte, dass der Kläger objektiv für die ausgeschriebene Stelle geeignet war. Die entsprechende Würdigung im Berufungsurteil (dort unter II 1 c bb der Gründe) hat die Revision nicht angegriffen.

25

V. Die Beklagte behandelte den Kläger aber nicht „wegen“ seiner Behinderung weniger günstig. Es fehlt an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der ihn benachteiligenden Handlung - Ablehnung - und dem Merkmal der Behinderung.

26

1. Voraussetzung des Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG(zur Bezugnahme auf die Voraussetzungen in § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG - ohne die des Verschuldens nach § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG -: vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 24; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 30; 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - Rn. 25; BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16.10 - Rn. 14, BVerwGE 139, 135). Nach näherer Maßgabe des AGG sind Benachteiligungen aus einem in § 1 AGG genannten Grund, hier also wegen einer Behinderung, in Bezug auf die Bedingungen für den Zugang zu unselbstständiger Erwerbstätigkeit, einschließlich der Auswahlkriterien und der Einstellungsbedingungen, unabhängig vom Tätigkeitsfeld und von der beruflichen Position unzulässig(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Eine verbotene (§ 7 AGG) unmittelbare Benachteiligung liegt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.

27

2. Der Kausalzusammenhang zwischen benachteiligender Behandlung und dem Merkmal der Behinderung ist bereits dann gegeben, wenn die Benachteiligung an die Behinderung anknüpft oder durch diese motiviert ist. Dabei ist es nicht erforderlich, dass der betreffende Grund - die Behinderung - das ausschließliche Motiv für das Handeln des Benachteiligenden ist. Ausreichend ist vielmehr, dass das „verpönte Merkmal“ Bestandteil eines Motivbündels ist, welches die Entscheidung beeinflusst hat (st. Rspr., BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 32, BAGE 142, 158; 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - Rn. 42, AP AGG § 22 Nr. 4). Auf ein schuldhaftes Handeln oder gar eine Benachteiligungsabsicht kommt es - wie erwähnt - nicht an (BAG 16. Februar 2012 - 8 AZR 697/10 - aaO). Die Behinderung muss mithin nicht - gewissermaßen als vorherrschender Beweggrund, Hauptmotiv oder „Triebfeder“ des Verhaltens - handlungsleitend oder bewusstseinsdominant gewesen sein; eine bloße Mitursächlichkeit genügt.

28

3. Hinsichtlich des Ursachenzusammenhangs zwischen Nachteil und verpöntem Merkmal ist in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die sich zugleich auf die Darlegungslast auswirkt. Ein erfolgloser Bewerber genügt danach seiner Darlegungslast, wenn er Indizien vorträgt, die seine Benachteiligung wegen eines unzulässigen Merkmals vermuten lassen. Dies ist dann der Fall, wenn die vorgetragenen Tatsachen - aus objektiver Sicht und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit - darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung zumindest auch wegen jenes Merkmals erfolgt ist. Denn durch die Verwendung der Begriffe „Indizien“ und „vermuten“ bringt das Gesetz zum Ausdruck, dass es hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einem der in § 1 AGG genannten Gründe und einer ungünstigeren Behandlung genügt, Hilfstatsachen vorzutragen, die zwar nicht zwingend den Schluss auf die Kausalität zulassen, die aber gleichwohl die Annahme rechtfertigen, dass die Kausalität gegeben ist(BAG 23. August 2012 - 8 AZR 285/11 - Rn. 32, AP AGG § 3 Nr. 9; 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 29, AP AGG § 22 Nr. 3).

29

Besteht eine derartige Vermutung für die Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes, trägt nach § 22 AGG die andere Partei die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.

30

4. Die Würdigung der Tatsachengerichte, ob die von einem Bewerber vorgetragenen und unstreitigen oder bewiesenen (Hilfs-)Tatsachen eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen, ist nur beschränkt revisibel. Die nach § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO gewonnene Überzeugung bzw. Nichtüberzeugung von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen einem verpönten Merkmal und einem Nachteil kann revisionsrechtlich nur darauf überprüft werden, ob sie möglich und in sich widerspruchsfrei ist und nicht gegen Rechtssätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BAG 21. Juni 2012 - 8 AZR 364/11 - Rn. 34, BAGE 142, 158; 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 36).

31

5. § 7 Abs. 1 iVm. § 1 AGG verbietet eine Benachteiligung wegen einer Behinderung. Damit sind jedenfalls alle iSv. § 2 Abs. 1 SGB IX behinderten Menschen vor einer Ungleichbehandlung aufgrund dieses Merkmals geschützt. Seit dem Inkrafttreten des AGG können sich behinderte Menschen, die nicht iSv. § 2 Abs. 2 SGB IX als schwerbehinderte Menschen anerkannt sind oder die nicht iSv. § 2 Abs. 3 SGB IX diesen gleichgestellt wurden, nicht auf die Verletzung von Verfahrensvorschriften, etwa der §§ 81, 82 SGB IX als Vermutungstatsachen iSd. § 22 AGG berufen, weil diese nur für schwerbehinderte oder diesen gleichgestellte behinderte Menschen gelten(§ 68 Abs. 1 SGB IX; vgl. BAG 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 - Rn. 32; Beyer jurisPR-ArbR 35/2011 Anm. 2).

32

a) Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass für die Mitteilung der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch eines Bewerbers an sich die „Vorlage“ des Schwerbehindertenausweises ausreichend ist.

33

Zwar hat der Kläger nicht „seinen Schwerbehindertenausweis vorgelegt“, sondern unter seine Bewerbungsunterlagen nur die Kopie der Vorderseite seines Schwerbehindertenausweises gemischt, aus der sein GdB nicht hervorgeht. Nach der Ausweisverordnung Schwerbehindertengesetz (SchwbAwV vom 25. Juli 1991, BGBl. I S. 1739, 1743), die für die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises, wie ihn der Kläger hat, noch maßgeblich ist, ist gemäß dem Muster 1 zu § 1 SchwbAwV der GdB auf der Rückseite des Ausweises anzugeben. Nach § 69 Abs. 5 Satz 1 SGB IX wird aber ein Schwerbehindertenausweis nur ausgestellt, wenn die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch festgestellt oder aber, bei einem geringeren Grad der Behinderung, eine Gleichstellung erfolgt ist, § 68 Abs. 1 SGB IX iVm. § 2 Abs. 2 und Abs. 3 SGB IX. Mit anderen Worten: Zeigt der Bewerber an, dass er im Besitz eines Schwerbehindertenausweises ist, indem er seine Inhaberschaft nachweist, so genügt die Kopie der Ausweisvorderseite, um die Anwendungspflicht der besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen auszulösen (Teil 2 des SGB IX, §§ 68 ff. SGB IX). Erfolgt allerdings der Nachweis des Besitzes eines Schwerbehindertenausweises nicht, wozu keine Pflicht besteht (BAG 13. Oktober 2011 - 8 AZR 608/10 - Rn. 40), so muss die Schwerbehinderung mit dem Grad der Behinderung und, bei einem geringeren Grad als 50, auch die erfolgte Gleichstellung mitgeteilt werden (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30), um den Schutz der §§ 68 ff. SGB IX zu erlangen.

34

b) Jedoch stellte die Übermittlung einer Kopie des Schwerbehindertenausweises als Blatt 24 der Anlage zur Bewerbung keine ordnungsgemäße Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers dar.

35

Will ein Bewerber seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch bei der Behandlung seiner Bewerbung berücksichtigt wissen, so hat er den Arbeitgeber über seine Schwerbehinderteneigenschaft regelmäßig im Bewerbungsschreiben selbst unter Angabe des GdB, ggf. einer Gleichstellung zu informieren. Jedenfalls ist der Arbeitgeber gehalten, bei jeder Bewerbung das eigentliche Bewerbungsschreiben zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BAG 16. September 2008 - 9 AZR 791/07 - Rn. 39, BAGE 127, 367). Auch auf eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX, die berücksichtigt werden soll, aber keine Schwerbehinderung iSd. § 2 Abs. 2 SGB IX darstellt und für die auch keine Gleichstellung nach § 2 Abs. 3 SGB IX erfolgt ist, ist im Bewerbungsschreiben mit weiteren Angaben zur Art der Behinderung hinzuweisen.

36

Möglich ist auch eine Information im Lebenslauf. Dies hat jedoch an hervorgehobener Stelle und deutlich, etwa durch eine besondere Überschrift, zu geschehen.

37

Im Falle einer Behinderung oder Schwerbehinderung wird ein Bewerbermerkmal mitgeteilt, über das nicht jede Bewerberin/jeder Bewerber verfügt. Durch den Hinweis sollen besondere Förderpflichten des Arbeitgebers ausgelöst werden. Wegen der Pflicht zur gegenseitigen Rücksichtnahme auf die Interessen und Rechte des Vertragspartners (§ 241 Abs. 2 BGB iVm. § 311 Abs. 2 Nr. 1 BGB)ist auch bei einer Bewerbung der Arbeitgeber über die besondere Situation des Bewerbers klar und eindeutig zu informieren. Daher sind „eingestreute“ oder unauffällige Informationen, indirekte Hinweise in beigefügten amtlichen Dokumenten, eine in den weiteren Bewerbungsunterlagen befindliche Kopie des Schwerbehindertenausweises etc. keine ordnungsgemäße Information des angestrebten Vertragspartners (BAG 26. September 2013 - 8 AZR 650/12 - Rn. 30).

38

Diesen Anforderungen entsprach die Mitteilung des Klägers über seine Schwerbehinderteneigenschaft bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 nicht. Er hat weder im Bewerbungsschreiben noch im Lebenslauf an hervorgehobener Stelle auf seine Schwerbehinderteneigenschaft hingewiesen. Die von ihm in die weiteren Bewerbungsunterlagen eingefügte Kopie seines Schwerbehindertenausweises stellte gerade keine ordnungsgemäße Information der Beklagten als des angestrebten Vertragspartners dar.

39

6. Der Beklagten war die Schwerbehinderteneigenschaft des Klägers auch nicht nachweislich schon bekannt.

40

a) Bei einer Außenbewerbung wird der Beschäftigtenstatus iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG nur durch die jeweilige Bewerbung im Einzelfall erworben. Daher ist die Eigenschaft als behinderter oder schwerbehinderter Mensch bei jeder Bewerbung aufs Neue klar und eindeutig mitzuteilen. Zudem liegt es in der Entscheidung des Bewerbers, ob er seine Behinderung oder Schwerbehinderung vom Arbeitgeber bei der Behandlung der konkreten Bewerbung berücksichtigt haben will oder nicht. Eine Pflicht zur Offenbarung der Schwerbehinderung schon bei einer Bewerbung besteht grundsätzlich nicht, ebenso wenig wie ein grundsätzliches Fragerecht des Arbeitgebers (vgl. BAG 26. Juni 2014 - 8 AZR 547/13 - Rn. 53; 16. Februar 2012 - 6 AZR 553/10 - BAGE 141, 1). Zudem ist der Arbeitgeber nicht nur nicht verpflichtet, sondern es ist ihm regelmäßig datenschutzrechtlich untersagt, personenbezogene Daten erfolgloser Bewerber, erst recht sensible Daten wie die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch nach Abschluss einer Bewerbung zu speichern oder sie während der Bewerbung oder nach deren Abschluss weiterzuverwenden oder zu verbreiten, auch nicht innerhalb des eigenen Unternehmens an andere personalentscheidungsberechtigte Stellen. Kenntnisse zur Person, die nur aufgrund einer Bewerbung beim Arbeitgeber entstehen, darf dieser grundsätzlich nicht außerhalb der Bearbeitung dieser Bewerbung verwenden.

41

Darüber hinaus kann ein Arbeitgeber nicht wissen, ob eine anlässlich einer früheren Bewerbung mitgeteilte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch noch vorliegt. Dies gilt auch im Fall einer nicht befristeten Feststellung der Schwerbehinderung oder der Ausstellung eines unbefristet gültigen Schwerbehindertenausweises. Denn die Anwendung der besonderen Regelungen des SGB IX zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen wird beendet, wenn die Voraussetzungen nach § 2 Abs. 2 SGB IX wegfallen, also wenn der Grad der Behinderung sich auf weniger als 50 verringert oder wenn die Gleichstellung widerrufen oder zurückgenommen wird, § 116 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB IX. Das Gebot der Rechtsklarheit und -sicherheit verbietet zudem eine Differenzierung nach dem Zeitablauf zwischen mehreren Bewerbungen oder nach der Größe des Arbeitgebers. Auch auf eine etwaige Kenntnis der Schwerbehindertenvertretung des Arbeitgebers von der Schwerbehinderteneigenschaft eines Bewerbers kann es nicht ankommen. Kenntnisse der Schwerbehindertenvertretung sind keine des oder der Arbeitgebers/in, weil die Vertrauensperson der Schwerbehinderten gegenüber dem Arbeitgeber die gleiche persönliche Rechtsstellung wie ein Mitglied der betrieblichen Interessenvertretung besitzt, § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX(BAG 21. Februar 2013 - 8 AZR 180/12 - Rn. 50, BAGE 144, 275).

42

Anderes kann nur dann gelten, wenn dem Arbeitgeber außerhalb des Bewerbungsverhältnisses die Schwerbehinderteneigenschaft positiv bekannt ist, was regelmäßig bei der Innenbewerbung eines schwerbehinderten Mitarbeiters der Fall sein wird. Ebenso kann, etwa bei einem Vorstellungsgespräch, eine Behinderung iSd. § 2 Abs. 1 SGB IX offenkundig werden, zB bei einem auf den Rollstuhl angewiesenen Bewerber. Um die besonderen Regelungen zur Teilhabe schwerbehinderter Menschen nach Teil 2 des SGB IX zur Anwendung kommen zu lassen, ist jedoch die Feststellung nach § 69 iVm. § 68 Abs. 1 SGB IX nachzuweisen.

43

b) Danach kann sich der Kläger, der eine Entschädigung wegen Benachteiligung bei seiner Bewerbung vom 25. Juli 2010 geltend macht, nicht darauf berufen, die Beklagte habe um seine Schwerbehinderteneigenschaft aufgrund seiner vorausgegangenen Bewerbung vom 16. Juni 2010 gewusst, in deren Bearbeitung damals eine Schwerbehindertenvertretung bei der Beklagten eingeschaltet worden war. Es lag in der Entscheidungsmacht des Klägers, ob er bei seiner jeweiligen Bewerbung die festgestellte Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch berücksichtigt wissen wollte. Ebenso lag es in seiner Entscheidung, ggf. darüber klar und eindeutig Mitteilung zu machen. Dies hat der Kläger bei dieser Bewerbung versäumt. Wenn eine Bereichsverwaltung der Beklagten gleichwohl aufgrund besonderer Aufmerksamkeit bei der ersten Bewerbung eine Schwerbehindertenvertretung eingeschaltet hatte, kann der Kläger hieraus keine rechtlichen Folgen für die Behandlung seiner zweiten Bewerbung ableiten.

44

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

        

    Hauck    

        

    Breinlinger    

        

    Winter    

        

        

        

    Burr    

        

    Bloesinger    

                 

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

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Weiterhin ergibt sich auch daraus, dass sich der Anspruch gegen den "Arbeitgeber" beziehungsweise nach Maßgabe des § 24 AGG gegen den jeweiligen Dienstherrn des betroffenen Beamten richtet, dass der Gesetzgeber nicht nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG haften kann und daher die Ausschlussfrist gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht anwendbar ist. Das beklagte Land wurde bei dem Erlass der maßgeblichen Bestimmungen als Gesetzgeber, nicht aber in seiner Funktion als Arbeitgeber beziehungsweise als Dienstherr tätig. Zwar ist es richtig, wenn das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang darauf hinweist , dass es zu den Besonderheiten des Landes als Dienstherrn gehört, dass es die Bedingungen für den Ruhestandseintritt seiner Beamten durch Gesetz selbst regelt. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die unterschiedlichen Rollen des Beklagten als Gesetzgeber und als Dienstherr mit der Folge zu vermengen, den Erlass beamtenrechtlicher Gesetze dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 und 2 und damit auch des Absatzes 4 Satz 1 AGG zuzuordnen. Das Landesbeamtengesetz des Beklagten gilt nicht nur für die Beamten, deren Dienstherr es ist. Vielmehr regelt es nach seinem § 1 Abs. 1 auch die Rechtsverhältnisse der Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Hieraus ergibt sich, dass zwischen den Eigenschaften des Beklagten als (beamtenrechtlicher) Gesetzgeber und als Dienstherr im Sinne des § 15 Abs. 1, 2 und 4 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu differenzieren ist. Anderenfalls käme es zu einer mit dem Sinn dieser Bestimmungen unvereinbaren unterschiedlichen Behandlung von Beamten des Landes und von Beamten der übrigen Dienstherren, für die ebenfalls das Landesbeamtengesetz gilt. Würde der Erlass eines gegen die Richtlinie 2000/78/EG verstoßenden Gesetzes unter § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 2 AGG fallen, würde dies nur für die Beamten des Landes gelten, da nur für diese das Land nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Dienstherr ist. Demgegenüber wäre § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 AGG nicht auf die Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts anwendbar, da das Land nicht der Dienstherr dieser Bediensteten ist. Insbesondere wären die Beamten des Landes bei der Geltendmachung legislativer Verstöße gegen Unionsrecht den zeitlichen Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterworfen, während dies für die übrigen Beamten nicht gälte. Eine solche sachwidrige Differenzierung wäre aber mit dem Zweck des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes nicht zu vereinbaren.

(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.

(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.

(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.