Verwaltungsgericht München Urteil, 28. Juli 2015 - M 24 K 15.50498
Gericht
Tenor
I.
Der Bescheid der Beklagten vom
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Streitgegenständlich ist ein Bescheid der Beklagten, mit dem der Asylerstantrag des Klägers wegen vorrangiger Zuständigkeit Italiens nach der Verordnung 604/2013/EU (Dublin-lll-VO) als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Italien angeordnet worden ist.
Der Kläger ist nach eigenen Angaben nigerianischer Staatsangehöriger. Er reiste seinen Angaben zufolge am
Zur Niederschrift über das persönliche Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am
Monate) nach Deutschland führte. Er habe seither das Gebiet der Dublin-Mitgliedstaaten nicht verlassen. Ihm seien in keinem anderen Land Fingerabdrücke abgenommen worden; er habe in keinem anderen Land einen Asylantrag gestellt. Er sei nicht verheiratet und habe keine Kinder. Er könne keine Personalpapiere vorlegen und habe kein Aufenthaltsdokument oder Visum für die Bundesrepublik Deutschland oder einen anderen Staat. Kinder, Geschwister oder Eltern, die sich in einem Dublin-Mitgliedstaat aufhielten und auf deren Unterstützung er angewiesen sei oder die auf seine Unterstützung angewiesen seien, habe er nicht; er sei nicht aufgrund eines Krieges oder einer bürgerkriegsähnlichen Situation oder durch die anschließende Flucht von Verwandten getrennt worden.
Das BAMF erhielt am
Mit streitgegenständlichem Bescheid vom
Mit Klageschrift vom 22. Mai 2015, eingegangen beim Verwaltungsgericht München
den Bescheid des BAMF vom
Die Beklagte legte die Verwaltungsakte vor.
Mit Beschluss vom 21. Juli 2015
Gründe
1. Die Klage ist im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG) zulässig und begründet.
Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG B.v. 24.4.2013 - 8 B 91/12 - juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG B.v. 15.5.2014 - 9 B 57/13 - Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG B.v. 10.10.2013 - 1 B 15/13 - Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).
Das Verwaltungsgericht München ist entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig, weil der Kläger im maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung seinen Aufenthalt im Gerichtsbezirk des Verwaltungsgerichts München zu nehmen hatte (§ 52 Nr. 2 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO - i. V. m. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG).
Aufgrund des Kammerbeschlusses vom
Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylVfG ist für die vorliegend gemäß § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung ergehende gerichtliche Entscheidung die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird.
2. Die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Bescheid ist zulässig, insbesondere innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 74 Abs. 2 AsylVfG erhoben worden; sie ist auch vollumfänglich begründet.
3. Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Abschiebungsanordnung ist § 34a Abs. 1 AsylVfG; Rechtsgrundlage der streitgegenständlichen Ablehnung des Asylantrags als unzulässig ist dabei § 27a AsylVfG, wonach der Asylantrag unzulässig wäre, wenn Italien gemäß den Zuständigkeitskriterien der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-lll-VO) für die Behandlung des Asylantrags zuständig wäre oder wenn dies auf einen anderen Mitgliedstaat zutrifft, der nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-lll-VO vorrangig zuständig ist (OVG NRW U.v. 7.3.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 31 m. w. N.).
Einschlägig ist dabei im vorliegenden Fall die Dublin-lll-VO und nicht die frühere Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin-ll-VO), weil das Wiederaufnahmegesuch nach dem 1. Januar 2014 gestellt wurde. Gemäß Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Alternative 2 Dublin-lll-VO ist die Dublin-lll-VO ungeachtet des Zeitpunkts der Stellung des Antrags auf internationalen Schutz ab dem 1. Januar 2014 auf alle Gesuche um Aufnahme oder Wiederaufnahme von Klägern anwendbar.
4. Nach den Zuständigkeitsregelungen der Dublin-lll-VO wäre an sich Italien der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat.
4.1. Dabei ergibt sich die Zuständigkeit eines Mitgliedstaates im Ausgangspunkt aus den materiellen Zuständigkeitskriterien (Art. 3 und 7-16) der Dublin-lll-VO, hilfsweise aus dem Auffangkriterium des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-lll-VO.
Eine Zuständigkeit kann sich aber auch aus einem Selbsteintritt eines Mitgliedstaates gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-lll-VO ergeben; ein solcher Selbsteintritt bewirkt abweichend von den materiellen Zuständigkeitskriterien konstitutiv eine eigene Zuständigkeit des jeweils erklärenden Mitgliedstaates (vgl. Art. 17 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-lll-VO).
Die aus den genannten Bestimmungen resultierenden Zuständigkeiten können gemäß Art. 19 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin-lll-VO (Verlassen des Hoheitsgebietes der Mitgliedstaaten unter den dort genannten Voraussetzungen) erlöschen mit der Konsequenz, dass im Falle eines späteren neuen Antrags die Zuständigkeit nach den in diesem späteren Zeitpunkt erfüllten materiellen Zuständigkeitskriterien zu bestimmen ist (Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 und Abs. 3 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO).
Unabhängig davon kann aber auch der ersuchende Mitgliedstaat aus verfahrensbezogenen Gründen zuständig werden (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 3, Art. 23 Abs. 3, Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-lll-VO), wenn die in Kapitel VI, Abschnitt II, Art. 21-22 Dublin-lll-VO (Aufnahmeverfahren) und in Kapitel VI, Abschnitt III, Art. 23-25 Dublin lll-VO (Wiederaufnahmeverfahren) vorgesehenen Gesuchsfristen für eine Aufnahme oder Wiederaufnahme (Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2; Art. 23 Abs. 2 Dublin-lll-VO) oder die in Kapitel VI, Abschnitt VI, Art. 29 Abs. 1 Dublin-lll-VO vorgesehene Überstellungsfrist (Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-lll-VO) versäumt werden. Äußert sich der ersuchte Mitgliedstaat nicht innerhalb vorgesehenen Äußerungsfristen (Art. 22 Abs. 1 und Art. 25 Abs. 1 Dublin-lll-VO) und kommt es dadurch zu einer Fiktion der Stattgabe der Aufnahme- oder Wiederaufnahme (Art. 22 Abs. 7 und Art. 25 Abs. 2 Dublin-lll-VO; vgl. hierzu etwa VGH Baden-Württemberg U.v. 16.4.2014-A 11 S 1721/13-ln-fAusIR 2014, 293, juris Rn. 29; VG Karlsruhe B.v. 8.12.2014 - A 5 K 500/14 -BeckRS 2015, 40318), so beginnt die Rücküberstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin-lll-VO ab dem Zeitpunkt der fingierten Akzeptierung der Wiederaufnahme (vgl. VG Augsburg U.v. 11.9.2014 - Au 7 K 14.50016, juris Rn. 27).
4.2. Vorliegend ist Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 Dublin-lll-VO der für die Prüfung des Asylantrags zuständige Mitgliedstaat, nachdem der Kläger selbst Italien als denjenigen EU-Mitgliedstaat bezeichnet hat, in den er von Libyen (ohne Visum) kommend zuerst gelangt ist, was neben dem Vortrag des Kläger bei der Anhörung durch das BAMF auch der aktenkundige EURODAC-Treffer belegt. Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht erloschen gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-lll-VO, weil der Kläger in Italien spätestens am 14. Juli 2014 einen Asylantrag gestellt hat, wobei nicht ansatzweise ersichtlich äst, dass zu diesem, gemäß Art. 7 Abs. 2 Dublin-lll-VO maßgeblichen Zeitpunkt, die Zuständigkeit Italiens wegen Ablaufs der in Art. 13 Abs. 1 Satz 2 Dublin-lll-VO vorgesehenen Frist von 12 Monaten erloschen sein könnte.
Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein anderer Staat einen Selbsteintritt i. S.v. Art. 17 Dublin-lll-VO erklärt hat oder dass die Zuständigkeit Italiens gemäß Art. 19 Abs. 2 oder 3 Dublin-lll-VO erloschen ist.
Die Zuständigkeit Italiens ist auch nicht aus verfahrensbezogenen Gründen auf die Bundesrepublik Deutschland (oder einen anderen Mitgliedstaat) übergegangen. Das BAMF hat sein Wiederaufnahmegesuch vorliegend innerhalb der von Art. 23 Abs. 2 Dublin-lll-VO vorgesehenen (wegen der zugrunde liegenden EURODAC-Treffermeldung gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 vorliegend 2-monatigen) Frist an Italien gerichtet. Italien hat innerhalb der (wegen der zugrunde liegenden EURODAC-Treffermeldung gemäß Art. 25 Abs. 2 Alt. 2 i. V. m. Abs. 1 Satz 2 Dublin-lll-VO vorliegend 2-wöchigen) Stattgabefiktionsfrist keine Antwort erteilt, weswegen Italien verpflichtet ist, den Kläger wieder aufzunehmen. Die 6-monatige Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin-lll-VO, die vorliegend ab dem Zeitpunkt der fingierten Akzeptierung der Wiederaufnahme läuft (vgl. VG Augsburg U.v. 11.9.2014 -Au 7 K 14.50016, juris Rn. 27), ist im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung noch nicht abgelaufen, so dass die Zuständigkeit bislang bei Italien verblieben und nicht gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-lll-VO auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist. Auch im Übrigen ist kein Verfahrensfehler im Hinblick auf das Wiederaufnahmegesuch des BAMF ersichtlich (vgl. Art. 20-29 Dublin-lll-VO).
5. Die somit an sich anzunehmende Zuständigkeit Italiens scheitert allerdings gleichwohl an Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO, weil das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien an systematischen Mängeln leiden und ernsthafte, durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme bestehen, dass der Kläger tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S.v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) ausgesetzt zu werden. Dabei können sich betroffene Asylantragsteller auch persönlich auf den Ausschlussgrund des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO berufen, weil dieser seinerseits auf die grundrechtliche Wertung des Art. 4 GRCh als eines subjektiven Schutzrechts auch gegen die (die unionsrechtliche Dublin-lll-VO vollziehende) Bundesrepublik Deutschland zurückgeht (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 GRCh; vgl. EuGH (Große Kammer) U.v. 14.11.2013 - C-4/11
In dieser Verfahrensweise liegt eine Subsumtion der unmittelbar anwendbaren Dub-lin-lll-VO selbst, nicht dagegen eine teleologische Reduktion oder gar eine inzidente Verwerfung der Dublin-lll-VO.
Dabei hat das Gericht auf die jeweils (bezogen auf den nach Art. 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt) aktuelle Situation abzustellen, weswegen nicht mehr aktuelle Erkenntnismittel und frühere Judikate, die spätere (aktuelle) Erkenntnismittel noch nicht berücksichtigen konnten, für das Gericht nicht entscheidend sind.
5.1. Das Gericht geht davon aus, dass das italienische Asylsystem im Hinblick auf die Unterbringungsbedingungen von Asylbewerbern derzeit an systemischen Schwachstellen i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO leidet.
Ausgangspunkt des Gerichts sind dabei die - unter Rückgriff auf Stellungnahmen des UNHCR auch nach Anhörung der italienischen Regierung selbst getroffenen -empirischen Feststellungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR (Große Kammer) U.v. 4.11.2014 - 29217/12
Das Gericht folgert aus diesen Aussagen des EGMR zum italienischen Asylsystem, dass dieses derzeit systemische Schwachstellen i. S. v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO aufweist.
Die in Teilen der Verwaltungsgerichtsbarkeit vertretene gegenteilige Auffassung (vgl. etwa VG Augsburg B.v. 30.1.2015-Au 2 S 15.50020-juris; OVG NRW
http://www.bamf.de/SharedDocs/Anlaqen/DE/Downloads/lnfothek/Asvl/leitfaden-italien.pdf:isessionid=A1 D8F9D0799B2F988BD3495030B8D8F1.1 cid359? blob=pub licationFile)
„30 In Anwendung dieser Grundsätze sind zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung bei der Unterbringungssituation in Italien systemische Mängel festzustellen. Die Kapazitäten der CARA und des SPRAR-Systems reichen bei weitem nicht aus, um auch nur einen überwiegenden Teil der Asyl Kläger in Italien aufzunehmen. Hierbei geht das Gericht von folgender Situation aus:
31 Zuständig für die erste Unterbringung von Asylsuchenden sind die sog. CARA (Centri di Accoglienza per Richiedenti Asilo). Die offizielle maximale Aufenthaltsdauer in den CARA beträgt 35 Tage, weil ursprünglich die Vorstellung bestand, dass bis zu diesem Zeitpunkt das Asylverfahren abgeschlossen sein würde. In der Praxis wird die Aufenthaltsdauer bis zu sechs Monaten verlängert. Die Anzahl der in den CARA zur Verfügung stehenden Plätze beträgt je nach Quelle bis zu knapp über 10.000 Plätzen.
32 Daneben bestehen die Unterbringungseinrichtungen des sog. SPRAR (Sistema di Protezione per Richiedenti Asilo e Rifugati). In diesen können sich Asylsuchende, die nicht in CARA wohnen müssen, bis zu einer Entscheidung der Kommission aufhalten. Personen, denen eine Form des internationalen Schutzes gewährt worden ist, dürfen sich noch maximal sechs Monate in den SPRAR-Einrichtungen aufhalten. Aufgrund außergewöhnlicher Umstände kann die Aufenthaltsdauer um bis zu sechs Monate verlängert werden. Bei Vorliegen besonderer Schutzbedürftigkeit ist eine Verlängerung um bis zu 11 Monate möglich. In den SPRAR wurden in 2011 rund 3.000 Plätze angeboten. Bis 2016 sollte die Gesamtzahl an Plätzen auf 16.000 erhöht werden. Indes teilte das italienische Innenministerium bereits im September 2014 mit, das Aufnahmesystem SPRAR verfüge (bereits) über 19.000 Plätze.
33 Neben diesen staatlichen Einrichtungen gibt es noch einige Kommunen, die eigene Unterbringungsmöglichkeiten vorhalten, wobei diese nicht speziell für Asylsuchende betrieben werden. So soll die Stadt Rom in insgesamt 21 Einrichtungen zwischen 1.300 und 1.400 Plätze vorhalten, Mailand rund 400 Plätze und Turin rund 200 Plätze.
34 Vgl. zum Ganzen: OVG NRW, Urteil vom 7. März 2014 - 1 A 21/12.A -, juris Rn. 147 ff.; VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2015 - 9 L 168/15.A -, juris Rn. 26 ff.; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Leitfaden Italien (Stand: Oktober 2014), Seite 10 ff.
35 Diesem Angebot standen in Italien für das Jahr 2013 über 25.000 neue Asylkläger und für das Jahr 2014 über 63.000 neue AsylKläger gegenüber.
36 Siehe die amtlichen Zahlen von eurostat für die Jahre 2013 und 2014, abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/eurostat/tqm/table.do?tab=table&init=1&plu qin=1 &pcode=tps00191 &lanquaqe=en; UNHCR, Asylum Trends 2014, Levels and Trends in Industrialized Countries vom 26. März 2015, Seite 20 (Tabelle 1), abrufbar unter http://www.unhcr.org/551128679.html.
37 Das Ungleichgewicht zwischen verfügbaren Unterkunftsplätzen und Asylllägern hat sich seit Anfang des Jahres 2015 noch deutlich verschärft. In den Monaten Januar und Februar 2015 kamen knapp 7.900 Flüchtlinge nach Italien.
38 Vgl. die amtlichen Zahlen von eurostat für Januar 2015, abrufbar unter:
http.7/ec.europa.eu/eurostat/tgm/table.do?tab=table&init=1&plu gin=1 &pcode=tps00189&languaqe=en; borderline-europe, Newsletter März 2015, Seite 3, abrufbar unter:
http://www.borderline-europe.de/sites/default/files/backaround/Newsletter%20M%C3%A4r z%202015.pdf.
39 Seither sind die Flüchtlingszahlen erneut stark gestiegen. Nachdem am Osterwochenende mehr als 1.800 Bootsflüchtlinge gerettet wurden,
40 http://www.focus.de/politik/ausland/seenot-im-mittelmeer-italienische-kuestwenwache-rettet-1800-bootsfluechtlinqe id 4592375.html
41 hat Italiens Küstenwache in der darauffolgenden Woche 10.000 Menschen an Land gebracht.
42 http://www.spieqel.de/politik/ausland/europa-und-die-mittelmeer-fluechtlinqe-hilflos-a-1028935.html.
43 Der Bundesinnenminister geht davon aus, dass in Libyen etwa eine Million Flüchtlinge warten.
44 http://www.t-online.de/nachrichten/panorama/id 73712474/in-libyen-wartenmiHion-fluechtlinge-merkel-kuendiqt-kurswechsel-an.html.
45 Die Notunterkünfte in Italien sind überfüllt. Die Auffanglager stehen vor dem Kollaps.
46 http://www.spiegel.de/politik/ausland/europa-und-die-mittelmeer-fluechtlinge-hilflos-a-1028935.html; http://www.sueddeutsche.de/politik/fluechtlinqsdrama-tod-in-den-schwarzen-woqen-1.2441804.
47 Damit stehen auch bei Zugrundelegung der amtlichen Zahlen den neuen Asylklägern in Italien - und auch dem Kläger als sog. Dublin-Rückkehrer - keine ausreichenden Unterkunftsmöglichkeiten zur Verfügung.
48 Vgl. ebenso VG Aachen, Beschluss vom 3. März 2015-9 L 168/15.A -; VG Köln, Beschluss vom 20. Februar 2015 - 20 L 114/15.A -; VG Arnsberg, Urteil vom 12. März 2015 - 13 K 488/14.A -; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 7a L 1718/14.A -; VG Minden, Beschluss vom 22. April 2015 -10 L 136/15.A -.
49 Eine andere Bewertung ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des OVG NRW
5.2. Das Gericht geht weiter davon aus, dass die im Falle einer Abschiebung von Asylbewerbern nach Italien derzeit indizierten Gefahren ohne eine individuelle Zusicherung Italiens hinsichtlich der Unterbringungsmodalitäten nicht ausgeräumt werden können.
Hinsichtlich der weiteren in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO für einen Zuständigkeitsausschluss genannten Voraussetzung, nämlich der Gefahr einer Behandlung i. S.v. Art. 4 GRCh, ist zwar auch die Situation und Schutzbedürftigkeit des jeweiligen Asylbewerbers zu berücksichtigen. Aus Sicht des Gerichts spricht aber insbesondere der Hinweis des EGMR auf die besondere Schutzbedürftigkeit der Asylbewerber als Bevölkerungsgruppe (EGMR U.v. 4.11.2014 - 29217/12 - Rn. 118, NVwZ 2015, 127) dafür, im Ausgangspunkt nicht nur besonders schutzwürdige Teilgruppen innerhalb der Gruppe der Asylbewerber, sondern die Gruppe der Asylbewerber insgesamt als derzeit von den beschriebenen Gefahren - und damit einer Gefahrenlage i. S.v. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO - betroffen anzusehen, wenn keine individuelle Zusicherung vorliegt.
Weil aber die Situation für Asylbewerber in Italien eindeutig besser ist als die in Griechenland (EGMR, a. a. O., Rn. 115; vgl. auch EGMR E.v. 5.2.2015 - 51428/10 -Rn. 35), ist eine Überstellung nach Italien trotz Systemischer Mängel nicht pauschal ausgeschlossen; vielmehr kann die indizierte Annahme einer Gefahr ausgeräumt werden, wenn für den jeweiligen Asylbewerber eine individuelle Zusicherung Italiens gegenüber dem BAMF hinsichtlich der konkreten Aufnahmemodalitäten erklärt wird.
Ohne individuelle Zusicherung der italienischen Behörden dagegen birgt derzeit die Abschiebung eines Asylbewerbers nach Italien bereits wegen der Zugehörigkeit zur Gruppe der Asylbewerber die erhebliche Gefahr, dass der Asylbewerber in Italien keine Unterkunft findet oder in überbelegten Einrichtungen auf engstem Raum oder sogar in gesundheitsschädlichen oder gewalttätigen Verhältnissen untergebracht wird. Ohne individuelle Zusicherung muss in solchen Fällen von einem Verstoß gegen Art. 3 EMRK und damit auch gegen den (mit Art. 3 EMRK inhaltsgleichen) Art. 4 GRCh (i. V. m. Art. 3 Abs. 2 Satz 2 Dublin-lll-VO) ausgegangen werden. Für Letzteres spricht nicht zuletzt, dass es in der genannten EGMR-Entscheidung - wie auch in der bereits zuvor ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 17. September 2014, Az. 2 BvR 732/14 Q'uris Rn. 9 ff.) - nicht nur um den Schutz des familiären Zusammenlebens (vgl. Art. 6 Grundgesetz - GG; Art. 7, 9 GRCh) ging, sondern auch um den Schutz der körperlichen Unversehrtheit (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG; Art. 3 Abs. 1 GRCh), was bei der Frage, ob eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i. S.v. Art. 3 EMRK (und damit auch i. S.v. Art. 4 GRCh) vorliegt, zu berücksichtigen ist. Dass Art. 4 GRCh wie Art. 3 EMRK auszulegen ist, ergibt sich dabei nicht nur aus dem vergleichbaren Wortlaut, sondern auch explizit aus Art. 52 Abs. 3 GRCh.
5.3. Zwar werden die inhaltlichen Anforderungen an die in diesem Sinne erforderliche „Zusicherung“ bei einem alleinstehenden jungen Mann geringer sein als bei besonders schutzbedürftigen Teilgruppen, beispielsweise unbegleiteten Minderjährigen oder Familien mit Säuglingen und Kleinkindern (vgl. auch die Differenzierung in Art. 13, 17 der Richtlinie 2003/9/EG zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - AufnahmeRL [AufnRL] vom 27.1.2003 bzw. in Art. 17, 21 der Nachfolge-Richtlinie 2013/33/EU vom 26.6.2013 [AufnRL n. F.]; EGMR E.v. 5.2.2015- 51428/10 - Rn. 34). Das ändert aber nichts daran, dass nach Einschätzung des Gerichts aufgrund der EGMR-Entscheidung vom 4. November 2014 und angesichts der im Beschluss des VG Düsseldorf
Keine Aussage ist mit diesem Ansatz zu Fällen getroffen, in denen es (anders als vorliegend) um Personen geht, denen in Italien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist (vgl. hierzu VG Düsseldorf B.v. 7.1.2015-13 L 3131/14.A -juris).
5.4. Im vorliegenden Fall fehlt es an einer somit derzeit für Überstellungen nach Italien erforderlichen individuellen Garantieerklärung der zuständigen italienischen Behörden für eine konkrete angemessene Unterbringung des Klägers nach dessen Rücküberstellung. Unabhängig von der Frage, ob selbst eine explizite (bloße) Stattgabeerklärung Italiens zur Wiederaufnahme i. S.v. Art. 25 Abs. 1 Dublin-lll-VO nicht ausgereicht hätte, um von einer „Garantieerklärung“ im genannten Sinne ausgehen zu können, ist jedenfalls der vorliegende Fall dadurch geprägt, dass keinerlei Erklärung der italienischen Behörden, mithin ein Fall einer bloß fingierten Stattgabeerklärung i. S. v. Art. 25 Abs. 2 Dublin-lll-VO vorliegt. Damit ist die Gefahr, im Falle einer Rückführung nach Italien mangels einer den Mindesterfordernissen entsprechenden Unterbringung einer gegen Art. 4 GRCh (i. V. m. Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO) verstoßenden Behandlung ausgesetzt zu werden, für den Kläger nicht hinreichend ausgeräumt.
5.5. Die somit angesichts der Unzuständigkeit Italiens gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO von der Bundesrepublik Deutschland in erster Linie geforderte Fortsetzung der Prüfung der Zuständigkeitskriterien der Dublin-lll-VO ergibt eine Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland selbst.
Zwar führt die Unmöglichkeit der Überstellung in den im Ausgangspunkt zuständigen Mitgliedstaat als solche nicht dazu, dass der den zuständigen Mitgliedstaat bestimmende Mitgliedstaat zum Selbsteintritt (Art. 17 Abs. 1 Dublin-lll-VO) verpflichtet wäre (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 37). Dieser bereits für die Dublin-ll-VO entwickelte Zusammenhang ist in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin-lll-VO nunmehr ausdrücklich festgehalten, so dass eine Subsumtion der unmittelbar anwendbaren Dublin-lll-VO selbst vorliegt, nicht dagegen eine teleologische Reduktion oder gar eine inzidente Verwerfung der Dublin-lll-VO.
Angesichts der Unzuständigkeit Italiens ist nach den materiellen Zuständigkeitskriterien der Dublin-lll-VO die Bundesrepublik Deutschland selbst zuständig gemäß Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-lll-VO. Eine Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaates nach den Kriterien der Dublin-lll-VO (vgl. EuGH v. 14.11.2013, a. a. O., Rn. 36) ist demgegenüber nicht ersichtlich. Eine Zuständigkeit der Durchreiseländer auf dem Landweg, besteht nicht gemäß Art. 13 Abs. 2 Dublin-lll-VO, weil nicht ersichtlich ist, dass die in dieser Vorschrift für einen Zuständigkeitswechsel vorgesehenen Verweildauern erreicht wären.
5.6. Das führt im Ergebnis dazu, dass weder die Voraussetzungen für eine Unzulässigkeit des Asylantrags des Klägers nach § 27a AsylVfG noch für eine Abschiebungsandrohung nach § 34a AsylVfG vorgelegen haben und die insoweit zulässige Anfechtungsklage in vollem Umfang Erfolg hat (§ 113 Abs. 1 VwGO).
6. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §154 VwGO.
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).
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Annotations
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur
- 1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten, - 2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten, - 3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen, - 3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen, - 4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.
(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.
(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn
- 1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder - 2.
eine Vollstreckung droht.
(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.
(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.
(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.
(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.
(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.
Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:
- 1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt. - 2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat. - 3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4. - 4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend. - 5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.
Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.
(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.