Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Sept. 2015 - M 23 K 15.50045

published on 11/09/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 11. Sept. 2015 - M 23 K 15.50045
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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

M 23 K 15.50045

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 11. September 2015

23. Kammer

Sachgebiets-Nr. 710

Hauptpunkte:

Dublin-III-Verfahren; Vorrangiges Asylverfahren in Ungarn; Änderung der ungarischen Asylgesetze zum 1. August 2015; Systemische Mängel (bejaht)

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

..., geb. ...1989 alias ..., geb. ... 1989 Gasthof ...

- Kläger -

bevollmächtigt: ...

gegen

...

vertreten durch:

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Außenstelle ...,

- Beklagte -

beteiligt:

Regierung von ..., Vertreter des öffentlichen Interesses B-str. ..., M.

wegen Asylrecht

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 23. Kammer, durch die Richterin am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichterin ohne mündliche Verhandlung

am 11. September 2015

folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ... Januar 2015 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der nach seinen eigenen Angaben am ... 1989 in Aleppo geborene Kläger ist syrischer Staatsangehöriger. Er reiste vermutlich am ... Oktober 2014 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am ... Dezember 2014 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) einen Asylantrag.

Bei dem persönlichen Gespräch zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zur Durchführung des Asylverfahrens am ... Dezember 2014 gab der Kläger gegenüber dem Bundesamt an, dass ihm in Ungarn Ende September 2014 Fingerabdrücke abgenommen worden seien. Im Rahmen des beschleunigten schriftlichen Verfahrens verzichtete der Kläger auf die Prüfung seines Anspruchs auf Asyl.

Aufgrund eines Eurodac-Treffers der Kategorie I bezüglich des Klägers für Ungarn sandte das Bundesamt am ... Dezember 2014 ein Wiederaufnahmeersuchen an die ungarischen Behörden. Diese teilten am ... Dezember 2014 mit, dass das mit Antrag vom ... Oktober 2014 eingeleitete Asylverfahren wegen des Verschwindens des Klägers beendet worden sei. Weiter erklärten die ungarischen Behörden die Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Klägers.

Mit Bescheid vom ... Januar 2015 - zugestellt am ... Januar 2015 - stellte das Bundesamt fest, dass der Asylantrag unzulässig sei (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2 des Bescheids). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass der Asylantrag gem. § 27a AsylVfG unzulässig sei, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrags gem. Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gem. Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Das Bundesamt gehe davon aus, dass in Ungarn keine systemischen Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen vorlägen. Deutschland sei verpflichtet, die Überstellung nach Ungarn als zuständigem Mitgliedstaat innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO festgesetzten Fristen durchzuführen. Die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG.

Mit Schreiben vom 23. Januar 2015 erhoben die Bevollmächtigten des Klägers Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragten:

Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom ...01.2015, Az. ..., wird aufgehoben.

Weiterhin beantragten sie, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (Az.: M 23 S 15.50047).

Zur Begründung trugen sie unter Verweis auf umfangreiche Rechtsprechung und Stellungnahmen insbesondere vor, dass in Ungarn systemische Mängel vorlägen und dem Kläger in Ungarn die Inhaftierung drohe.

Die Akten des Bundesamts wurden mit Schreiben vom 27. Januar 2015 vorab übersandt. Eine Antragsstellung erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 3. Februar 2015 ordnete das Gericht im Verfahren M 23 S 15.50047 die aufschiebende Wirkung der Klage an.

Mit Schreiben vom 9. Februar 2015 beantragten die Bevollmächtigten Prozesskostenhilfe für den Kläger.

Durch Beschluss der Kammer vom 1. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 76 Abs. 1 AsylVfG).

Mit Schreiben vom 10. Juni 2015 verzichteten die Bevollmächtigten des Klägers auf mündliche Verhandlung und machten ergänzende Ausführungen zur Lage in Ungarn.

Mit Schreiben vom 22. Juni 2015 verzichtete das Bundesamt auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte im Verfahren M 23 S 15.50047 sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Über die Klage konnte mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom ... Januar 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Er war daher aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Maßgeblich für die Entscheidung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylVfG).

Die isolierte Anfechtungsklage ist gegen den Bescheid des Bundesamts, mit dem der Asylantrag nach § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung angeordnet wird, die statthafte Klageart (vgl. BayVGH, U.v. 29.1.2015 - 13a B 14.50039 - juris m. w. N.).

Das Bundesamt hat den Asylantrag des Klägers zu Unrecht gemäß § 27a AsylVfG als unzulässig abgelehnt.

Gemäß § 27a AsylVfG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. In diesem Fall kann das Bundesamt gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG die Abschiebung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat anordnen, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Vorliegend hat der Kläger zunächst in Ungarn Asyl beantragt; Ungarn hat auch mit Schreiben vom ... Dezember 2014 der Wiederaufnahme des Antragstellers gemäß § 18 Abs. 1 Ziff. b Dublin-III-VO zugestimmt. Damit wäre grundsätzlich Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens des Klägers zuständig.

Allerdings bestimmt Art. 3 Abs. 2 Unterabsätze 2 und 3 Dublin III-VO in Umsetzung des Urteils des EuGH vom 21. Dezember 2011 (EuGH, U.v. 21. Dezember 2011 - C-411/10, C-493/10 - juris), dass dann, wenn es sich als unmöglich erweist, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, weil es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen und entwürdigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, und der Betroffene folglich im zuständigen Mitgliedstaat den vorgenannten Gefahren ausgesetzt ist, der Mitgliedstaat zur Prüfung verpflichtet ist, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann oder, soweit dies nicht möglich ist, er selbst die Zuständigkeit zu übernehmen hat.

Nach der zur Rechtslage unter der Dublin-II-VO ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 21.12.2011 - C-411/10 und C-493/10 - juris Rn. 80) gilt eine widerlegbare Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat mit den Erfordernissen der EUGRCh sowie der Genfer Flüchtlingskonvention - GF - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - in Einklang steht. Die Vermutung ist dann widerlegt, wenn das Asylverfahren oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedsstaat aufgrund größerer Funktionsmängel regelhaft so defizitär sind, dass dort auch dem Asylbewerber im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung droht (vgl. BVerwG, B. v. 19.03.2014 - 10 B 6.14 - juris Rn. 9). An diese Feststellung sind hohe Anforderungen zu stellen (OVG Lüneburg, B. v. 18.03.2014 - 13 LA 75/13 - juris Rn. 14). Einzelne Missstände stellen noch keine systemischen Schwachstellen dar. Diese liegen vielmehr erst dann vor, wenn dem Betroffenen in dem Mitgliedsstaat, in den er überstellt werden soll, der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt oder massiv erschwert wird, das Asylverfahren an grundlegenden Mängeln leidet oder wenn der Mitgliedsstaat während der Dauer des Asylverfahrens wegen einer grundlegend defizitären Ausstattung mit den notwendigen Mitteln elementare Grundbedürfnisse des Menschen (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) nicht in einer noch zumutbaren Weise befriedigen kann (vgl. OVG NW, U. v. 07.03.2014 - 1 A 21/12.A - juris Rn. 126). Es besteht allerdings keine allgemeine Verpflichtung, jedermann mit einer Wohnung zu versorgen, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (OVG NW, a. a. O., Rn. 118f. m. w. N.).

Die Rechtsprechung beurteilte die Frage des Vorliegens systemischer Mängel im oben beschriebenen Sinn im ungarischen Asylsystem bis zur letzten Änderung der ungarischen Asylgesetze unterschiedlich (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 15.5.2015 - 8 LA 85/15; zuletzt ablehnend VG München, U.v. 1.7.2015 - M 12 K 15. 50491, VG Augsburg, U.v. 20.7.2015 - Au 5 K 15.50316, VG Düsseldorf, U.v. 26.6.2015 - 13 K 787/14.A; zuletzt bejahend VG Köln, U.v. 15.7.2015 - 3 K 2005/15.A; VG Münster, B.v. 7.7.15 - 2 L 858/15.A; VG Bremen, B.v. 1.4.15 - 3 V 145/15 - jeweils juris m. w. N.).

Insbesondere aufgrund der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen - und damit bei der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigenden - Änderung des ungarischen Asylrechts gibt es nach Überzeugung des erkennenden Gerichts wesentliche Gründe für die Annahme, dass in Ungarn systemische Schwachstellen des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, vorliegen und folgt insoweit der soweit erkennbar überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung (vgl. VG Augsburg, U.v. 18.8.2015 - Au 6 K 15.50155 - bisher unveröffentlicht; VG Düsseldorf, B.v. 20.8.2015 - 15 L 2556715.A; VG Saarland, B.v. 12.8.2015 - 3 L 816/15; VG Kassel, B.v. 7.8.2015 - 3 L 1303/15.KS.A - jeweils juris). Obergerichtliche Rechtsprechung zu der seit 1. August 2015 geänderten ungarischen Rechtslage existiert hierzu soweit ersichtlich nicht.

Nach den vorliegenden aktuellen Erkenntnissen sind mit dieser Gesetzesänderung sowohl die Verfahren zur Bestimmung der Zuständigkeit nach der Dublin-III-VO und zur Prüfung eines Asylgesuchs in Zuständigkeit des ungarischen States sowohl vor den ungarischen Behörden wie vor den ungarischen Gerichten etwa durch die Verkürzung von Fristen und die an Fristversäumnisse angeknüpften Sanktionen sowie neu gefasste Beweislastregeln in einer Weise verändert worden, die die Einhaltung der Mindestanforderungen nicht mehr gewährleisten (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 20.8.2015 - 15 L 2556/15.A - juris Rn. 27).

Das Verwaltungsgericht Augsburg (U.v. 18.8.2015 - Au 6 K 15.50155 - bisher unveröffentlicht), dem das erkennende Gericht vollumfänglich folgt, führt hierzu aus:

„Sowohl das Hungarian Helsinki Committee als auch der UNHCR erklären sich nach der Änderung der ungarischen Gesetzeslage zum 1. August 2015 und der tatsächlichen Aufnahmebedingungen zu tiefst besorgt („deeply concerned“) über die Entwicklung und Verschärfung des Asylrechts in Ungarn, und fordern Ungarn auf, ihr Asylrecht unter Beachtung der Flüchtlingsrechte, des EU-Rechts und des internationalen Rechts zu handhaben. Das Hungarian Helsinki Committee führt zu der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen Änderung des ungarischen Asylrechts in seiner Stellungnahme vom 7. August 2015 (abrufbar unter: HYPERLINK http://he...pdf) aus, dass Ungarn eine Liste von sicheren Drittstaaten beschlossen habe, zu denen unter anderem auch Serbien zähle. Diese Einschätzung stehe in Widerspruch zu der aktuell gültigen Position des UNHCR, des Helsinki Committees selbst und Amnesty International. Kein anderes Land in der EU betrachte Serbien für Asylsuchende als sicheres Drittland. Aufgrund dieser Festlegung sei es der ungarischen Immigrationsbehörde (Office of Immigration and Nationality (OIN) möglich, alle Asylsuchenden, die über Serbien nach Ungarn einreisen, das seien ca. 99% der Asylbewerber, ohne Prüfung und Anhörung ihrer Fluchtsituation abzulehnen. Eine Ausnahme bestehe nur, wenn der Asylbewerber beweisen könne, dass es ihm in Serbien nicht möglich gewesen sei, Asyl zu beantragen. Ein Nachweis sei dem Asylbewerber in der Praxis jedoch aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, zudem hätten Asylsuchende regelmäßig keinen Zugang zu professioneller Rechtsberatung, die jedoch für die Nachweisführung notwendig sei. Zudem existiere in Serbien in der Realität kein funktionierendes Asylsystem. Weiterhin werde auch Griechenland als sicheres Drittland angesehen, ein Land, in das die EU-Mitgliedstaaten seit 2011 wegen der dort herrschenden Verhältnisse keine Dublin-Überstellungen mehr durchführen. Mit dieser Haltung verstoße Ungarn in der Praxis gegen das Gebot des „non-refoulement“, das in der Flüchtlingskonvention von 1951, in Art. 3 der EMRK und in Art. 18 und 19 der EU-GRcharta verankert sei (HHC, Stellungnahme vom 7.8.2015, a. a. O. S. 2). Gegen eine ablehnende Entscheidung als unzulässig, die z. B. bereits bei einer Einreise über einen sicheren Drittstaat (wie Serbien) erfolge, könne eine gerichtliche Überprüfung nur innerhalb einer Frist von drei Tagen erfolgen, eine Frist, die sowohl gegen EU-Recht, als auch gegen die gefestigte Rechtsprechung des EGMR verstoße, die beide eine Mindestfrist von einer Woche vorsähen (HHC, Stellungnahme vom 7.8.2015, a. a. O. S. 4 m. w. N.). Auch die Möglichkeiten einer Inhaftierung insbesondere in den sog. Dublin-Fällen sei im Verhältnis zur vorherigen Rechtslage wieder verschärft worden. Zudem sollen Flüchtlinge bis zum Ende ihres Asylverfahrens inhaftiert werden dürfen. Die neue Gesetzeslage entspricht somit in weiten Teilen der Rechtlage, die im Jahr 2012 den UNHCR zu seiner Empfehlung veranlasste, nach den Dublin-II-Bestimmungen keine Asylbewerber nach Ungarn zu überstellen.

Auch das UNHCR, dessen Wertungen im Rahmen der Prüfung des Art. 3 Abs. 2 Unterabsatz 2 Dublin-III-VO maßgebliches Gewicht zukommt (vgl. EuGH, U.v. 30.5.2013 - C-528/11, juris Rn. 44), hatte bereits in seiner Stellungnahme vom 3. Juli 2015 im Vorfeld der zwischenzeitlich beschlossenen Gesetzesänderungen Bedenken angemeldet und sich insoweit als „tief besorgt“ (deeply concerned) bezeichnet (abrufbar unter: http://www.u...org/...html). Das Asylsystem Ungarns sei bereits vor der Novelle immer restriktiver geworden und es werde befürchtet, dass die neuen Vorschläge es Flüchtlingen unmöglich machen wird, in diesem Land Sicherheit zu suchen. Rund 80% der Asylsuchenden kämen aus den Konfliktzonen Syrien, Afghanistan, Irak und bedürften internationalen Schutz. Hier ist anzufügen, dass nach österreichischen Angaben von den im Jahr 2013 in Ungarn gestellten 44.000 Asylanfragen nur 550 positiv verbeschieden worden sind (http://www.s...de/p...).“

Ergänzend hierzu führt das Gericht aus, dass das Hungarian Helsinki Committee in seiner Stellungnahme des Weitern bemängelt, dass in den meisten Fällen ein beschleunigtes Verfahren zulässig werde, in dem innerhalb von 15 Tagen eine Entscheidung erfolgen solle. Es bestehe ein hohes Risiko, dass dieses Verfahren aufgrund der benannten Voraussetzungen zum Regelfall würde. Die 15-Tage-Frist sei ein Verstoß gegen EU-Recht, da sie keinen effektiven Zugang zu Asylverfahren mehr gewähre (HHC, Stellungnahme vom 7.8.2015, .a.aO., S. 3f). Auch der gerichtliche Schutz für diese - bis zu 99% aller Asylverfahren betreffenden - beschleunigten Verfahren sei, insbesondere auch durch die nicht mehr zwingend vorgesehene persönliche Anhörung, unzureichend und Verstoße gegen EU-Recht (HHC, Stellungnahme vom 7.8.2015, a. a. O., S. 4).

Darüber hinaus bestehen in Ungarn massive Kapazitätsprobleme aufgrund der enormen Zunahme von Flüchtlingszahlen. Während in Ungarn im Jahre 2012 lediglich 2.157 Asylanträge gestellt wurden, stieg die Anzahl der Asylbewerber im Jahre 2013 auf 18.900 an und verdoppelte sich im Jahre 2014 auf 42.777. Vom 1. Januar 2015 bis zum 1. März 2015 registrierten die ungarischen Behörden bereits eine Anzahl von 28.535 Personen (Vgl. Hungarian Helsinki Committee, Bericht vom 4. März 2015, abrufbar unter http://h...hu/wp-c...pdf.). Bis zu 72.000 Flüchtlinge sollen bereits in diesem Jahr nach Angaben der ungarischen Regierung in das Land gelangt sein. Demgegenüber stehen in ganz Ungarn weniger als 2.500 Aufnahmeplätze in staatlichen Unterbringungseinrichtungen zu Verfügung. Hinzu kommt die ablehnende Haltung der ungarischen Regierung gegenüber dem Dublin-System (vgl. hierzu VG Münster, B.v. 7.7.2015 - 2 L 858/15.A - juris), so dass auch mit einer entsprechend zügigen Erweiterung der Aufnahmekapazitäten mit zumutbarer Ausstattung nicht zu rechnen ist. Auch kann das Gericht keine Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die ungarische behördliche und gerichtliche Praxis die verschärften gesetzlichen Vorgaben nicht befolgen wird.

Das Gericht macht sich ergänzend die Einschätzungen des Verwaltungsgerichts Düsseldorf (B.v. 20.8.2015 - 15 L 2556/15.A - juris), des Verwaltungsgerichts Saarland (B.v. 12.8.2015 - 3 L 816/15 - juris) sowie des Verwaltungsgerichts Kassel (B.v. 7.8.2015 - 3 L 1303/15.KS.A -juris) zu Eigen. Demnach bestehen (zumindest) bei der Zusammenschau der in jüngerer Zeit entstandenen Kapazitätsprobleme einerseits und der gegenüber der bisherigen Rechtslage zulasten der Asylbewerber im Asylverfahrensablauf sowie bei den Inhaftierungsmöglichkeiten vorgenommenen Verschlechterungen derzeit systemische Schwachstellen des ungarischen Asylverfahrens sowie der Aufnahmebedingungen, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung i. S. v. Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRCh) bergen.

Angesichts der somit wegen Art. 3 Abs. 2 Satz Unterabsatz 2 Dublin-III-VO anzunehmenden Unzuständigkeit Ungarns sind sowohl die in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ausgesprochene Ablehnung des Asylantrags als unzulässig als auch die Abschiebungsandrohung nach Ungarn in Nr. 2 des Bescheids rechtswidrig und aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfrei.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung stützt sich auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Dem Kläger wird für das Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin ... beigeordnet.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 114 ZPO) und Beiordnung der bevollmächtigten Rechtsanwältin des Klägers (§ 121 Abs. 2 ZPO) hat Erfolg.

Gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 114 ZPO ist einer Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Diese Voraussetzungen sind im Fall der Kläger erfüllt.

Aus der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse und den beigefügten Belegen (§ 166 VwGO i. V. m. § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO) ergibt sich, dass der Kläger die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann.

Die beabsichtigte Rechtsverfolgung hatte im maßgeblichen Zeitpunkt auch hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 176 VwGO i. V. m. § 114 ZPO. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prüfung der Erfolgsaussicht ist der Zeitpunkt der Entscheidungsreife der Prozesskostenhilfe-Sache. Im Zeitpunkt der Stellung des Antrages auf Prozesskostenhilfe am 9. Februar 2015 waren die Erfolgsaussichten des Klageantrags zumindest offen. Insoweit wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 3. Februar 2015 im Verfahren M 23 S 15.50047 verwiesen.

Dem Kläger war daher die beantragte Prozesskostenhilfe zu bewilligen und die bevollmächtigte Rechtsanwältin beizuordnen.

Die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag ist gerichtsgebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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published on 03/02/2015 00:00

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Tenor I. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. III. Der Antrag auf Bewilli
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Annotations

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Ist eine Vertretung durch Anwälte vorgeschrieben, wird der Partei ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet.

(2) Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist.

(3) Ein nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassener Rechtsanwalt kann nur beigeordnet werden, wenn dadurch weitere Kosten nicht entstehen.

(4) Wenn besondere Umstände dies erfordern, kann der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter oder zur Vermittlung des Verkehrs mit dem Prozessbevollmächtigten beigeordnet werden.

(5) Findet die Partei keinen zur Vertretung bereiten Anwalt, ordnet der Vorsitzende ihr auf Antrag einen Rechtsanwalt bei.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.

(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.

(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.

(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.

(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.

(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.

(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.

(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.

(1) Der Antrag auf Bewilligung der Prozesskostenhilfe ist bei dem Prozessgericht zu stellen; er kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden. In dem Antrag ist das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Zwangsvollstreckung ist bei dem für die Zwangsvollstreckung zuständigen Gericht zu stellen.

(2) Dem Antrag sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen. Die Erklärung und die Belege dürfen dem Gegner nur mit Zustimmung der Partei zugänglich gemacht werden; es sei denn, der Gegner hat gegen den Antragsteller nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts einen Anspruch auf Auskunft über Einkünfte und Vermögen des Antragstellers. Dem Antragsteller ist vor der Übermittlung seiner Erklärung an den Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Er ist über die Übermittlung seiner Erklärung zu unterrichten.

(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, zur Vereinfachung und Vereinheitlichung des Verfahrens durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Formulare für die Erklärung einzuführen. Die Formulare enthalten die nach § 120a Absatz 2 Satz 4 erforderliche Belehrung.

(4) Soweit Formulare für die Erklärung eingeführt sind, muss sich die Partei ihrer bedienen.

Bei den Verwaltungsgerichten dürfen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2025 abweichend von § 29 Absatz 1 des Deutschen Richtergesetzes bei einer gerichtlichen Entscheidung auch mitwirken:

1.
zwei abgeordnete Richter auf Lebenszeit oder
2.
ein abgeordneter Richter auf Lebenszeit und entweder ein Richter auf Probe oder ein Richter kraft Auftrags.

(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.

(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.