Verwaltungsgericht München Urteil, 15. Apr. 2015 - M 21 K 11.30968

bei uns veröffentlicht am15.04.2015

Tenor

I. Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die nicht im Besitz gültiger Ausweispapiere befindliche Klägerin ist nach eigenen Angaben eine am … geborene sierra-leonische Staatsangehörige vom Volk der Temne.

Sie stellte am … Juni 2011 bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) einen Asylantrag.

Bei ihrer Anhörung am 25. Oktober 2011 gab sie an, sie sei in dem Ort S. geboren worden und habe zuletzt in einem Dorf namens B. … gelebt, welches in der Gegend zwischen der Stadt W. sowie den Orten M. und S. liege. Nähere Angaben zu Lage und Einwohnerschaft ihres letzten Aufenthaltsortes konnte sie trotz eingehender Befragung nicht machen. Ihr Vater sei im Jahr 2000 an einer Krankheit verstorben. Wo ihre Mutter sich heute befinde, wisse sie nicht. Ihre Mutter sei vor einigen Jahren plötzlich aus einem der Klägerin unbekannten Grund zusammen mit der jüngeren Schwester der Klägerin aus ihrem damaligen Wohnort S. verschwunden. Sie sei Mitglied der Sowee Society und „Beschneiderin“ gewesen. Eines Tages sei sie zu einer bestellten Beschneidung nicht erschienen und anschließend nicht mehr gesehen worden. Die Regeln der Sowee Society verlangten in diesem Fall, dass die Klägerin ihre Nachfolgerin werden müsse. Das habe sie abgelehnt, weil sie bereits zur Mitgliedschaft in der Bondo Society gezwungen worden sei, einer Organisation, der die für die Beschneidung vorgesehenen Mädchen angehörten. Sie sei mit elf Jahren beschnitten worden und leide noch immer unter den ihr damals zugefügten Schmerzen. Auf der Suche nach einem Aus Weg sei sie zu Fuß nach B. … gelaufen, wo sie bei einem „Onkel“ genannten Freund ihres Vaters Aufnahme gefunden habe, der dort alleine mit seinem Kind gelebt habe. Während ihres dortigen Aufenthalts habe sie einmal ihrer Freundin von dem Treiben der Sowee Society erzählt und sie vor dieser Organisation gewarnt, obwohl sie gewusst habe, dass sie damit einen Geheimnisverrat begehe. Da ihre Freundin ihrer eigenen Mutter von diesem Gespräch erzählt habe und diese die Klägerin anschließend bei der Sowee Society angezeigt habe, seien später Frauen der Sowee Society in furchterregender Kleidung, mit bemalten Körpern und selbst zugefügten blutenden Wunden bei ihr in B. … erschienen und hätten sie bedroht. Der „Onkel“ habe ihren Schulbesuch bis zur 6. Klasse finanziert. Anschließend habe sie ihm im Haushalt und bei der Kinderbetreuung geholfen, wobei sie von ihm nicht gut behandelt worden und unglücklich gewesen sei. Schließlich habe sie die Bekanntschaft eines Weißen namens R. gemacht, mit dessen Hilfe und in dessen Begleitung sie Ende Mai 2011 Sierra Leone habe verlassen können. Im Juni 2011 sei sie von F. aus auf dem See Weg nach Deutschland gekommen. An Einzelheiten der Seereise konnte sie sich trotz eingehender Befragung nicht erinnern. Nach ihrer Ankunft habe ihr Fluchthelfer sie zu zwei Frauen in ein Taxi gesetzt, welche sie in ein Bordell gebracht hätten. Als es am ersten Tag ihres dortigen Aufenthalts zu sexuellen Handlungen mit einem Freier hätte kommen sollen, habe sie sich geweigert und die durch einen Feueralarm entstandene Verwirrung dazu benutzt, ihr Zimmer zu verlassen. Die beiden erwähnten Frauen hätten ihr dann dazu verholfen, sich als Asylsuchende zu melden. Da sie ihren Schwur gebrochen habe, die Geheimnisse der Sowee Society zu wahren, müsse sie für den Fall ihrer Rückkehr nach Sierra Leone mit ihrer Tötung rechnen.

Mit am 24. November 2011 zugestelltem Bescheid vom 21. November 2011 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte sowie die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft jeweils als offensichtlich unbegründet ab, verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG und drohte der Klägerin unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung die Abschiebung nach Sierra Leone oder in ein anderes zu ihrer Aufnahme bereites oder verpflichtetes Land an.

Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte scheitere an der Drittstaatenregelung (Art. 16a Abs. 2 GG, § 26a AsylVfG, Anlage I zum AsylVfG). Für die behauptete Einreise auf dem See Weg habe die Klägerin keine Anhaltspunkte liefern können. Das Offensichtlichkeitsurteil resultiere aus der insoweit hinsichtlich der Voraussetzungen deckungsgleichen Verneinung der Flüchtlingseigenschaft nach § 60 Abs. 1 AufenthG als offensichtlich nicht bestehend.

Das Asylbegehren erfülle die Voraussetzungen des § 30 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG, weil das Vorbringen der Klägerin in wesentlichen Punkten nicht substantiiert bzw. in sich widersprüchlich sei. Sie habe nicht glaubhaft gemacht, dass ihr in ihrem Herkunftsland staatliche oder nichtstaatliche politische Verfolgung drohe. Auf staatliche politische Verfolgung habe sie sich bereits nicht berufen. Die behauptete Verfolgung der Frauen der Sowee Society sei unglaubhaft, weil die Klägerin in der Anhörung zunächst behauptet habe, sie sei in ihrem Geburtsort S. von den Frauen bedroht worden und daraufhin nach B. … geflohen. Erst am Ende der Anhörung, als sie darauf hingewiesen worden sei, dass sie nach eigenem Vorbringen noch einige Jahre lang in B. … gelebt habe, bevor sie das Land verlassen habe, habe sie sich dahin berichtigt, dass ihr die Verfolgung durch die Frauen der Sowee Society erst während ihres Aufenthalts in B. … widerfahren sei. Dort könne sie aber die Bondo Society nicht verraten haben, da sie dort keine Freundin gehabt habe. Auf die Frage, welche Probleme sie in B. … gehabt habe, habe sie zuvor nur erklärt, sie sei von dem „Onkel“ nicht gut behandelt worden. Die Frauen der Sowee Society, die angeblich zu ihr dorthin gekommen seien, habe sie nicht erwähnt. Ihr sei offensichtlich erst am Ende der Anhörung bewusst geworden, dass sie bei Ausreise von einem sicheren inländischen Zufluchtsort aus ohne aktuelle Verfolgung vor der Ausreise keinen Anspruch auf flüchtlingsrechtlichen Schutz haben könne und habe daraufhin erklärt, alles habe sich in B. … abgespielt. Unglaubhaft wirke ihr Vorbringen auch wegen der lebensfremden Behauptung, ihre Mutter sei mit ihrer Schwester eines Tages plötzlich verschwunden. Sie habe durchgehend äußerst vage Zeitangaben gemacht, obwohl ihr Gesamtvorbringen in der Anhörung durchaus den Eindruck vermittelt habe, dass sie aufgrund ihres Alters und ihres geistigen Entwicklungszustandes zu genaueren Angaben in der Lage gewesen wäre.

Auch ein Abschiebungsverbot nach dem hier allein in Betracht kommenden § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liege nicht vor. Zwar seien in Sierra Leone Erwerbslose, die nicht über den Rückhalt einer Familie verfügten, darauf angewiesen, in den größeren Städten eine ärmliche Existenz durch Hilfsjobs oder sonstige Geschäfte zu sichern. Eine Existenzsicherung sei nach der Rechtsprechung aber möglich.

Hiergegen erhob die Klägerin am … November 2011 durch ihren damals für sie bestellten Amtsvormund bei dem Verwaltungsgericht München Klage. Sie beantragte nach Rücknahme der Klage hinsichtlich des Anspruchs auf Anerkennung als Asylberechtigte in der mündlichen Verhandlung zuletzt nach Maßgabe der nunmehr dasselbe wie die damals angewandten Vorschriften regelnden Anspruchsgrundlagen, die Nr. 2 bis 4 des Bescheides des Bundesamtes vom 21. November 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, der Klägerin die Flüchtlingseigenschaft sowie hilfsweise sekundären Schutz nach § 4 AsylVfG zuzuerkennen und weiter hilfsweise ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen.

Zur Begründung bezog sie sich zunächst auf ihr bisheriges Vorbringen. Am … November 2011 legte die Klägerin ein ärztliches Attest vom 21. Oktober 2011 vor, mit dem der Zustand nach Genitalbeschneidung bescheinigt wird. Unter dem … Dezember 2011 wurde weiter vorgetragen, entgegen der Behauptung des Bundesamtes habe die Klägerin ausweislich der Niederschrift nicht geäußert, dass sie in ihrem Geburts- und Heimatdorf S. von Beschneiderinnen bedroht worden sei. Sie habe vielmehr widerspruchsfrei angegeben, dass sie nach dem Verschwinden ihrer Mutter ihr Heimatdorf verlassen und bei dem Freund ihres bereits verstorbenen Vaters in B. … Aufnahme gefunden habe. Aus der weiteren Anhörung gehe nachvollziehbar hervor, dass die Verfolgung bzw. Bedrohung durch die Beschneiderinnen der Sowee Society zu einem späteren Zeitpunkt, nämlich während des Aufenthalts der Klägerin in B. … erfolgt sein müsse. Auf das weitere Vorbringen im Schriftsatz vom … Dezember 2011 insbesondere zu den Besonderheiten, welche sich aus dem Status der Klägerin als Minderjährige ergäben, wird Bezug genommen.

Am … April 2012 wurde durch die nunmehrigen Bevollmächtigten ein Attest der Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, Psychoanalyse Dr. K. vom 30. März 2012 vorgelegt, mit dem (ohne nähere Begründung) bescheinigt wird, dass sich die Klägerin seit Januar 2012 in regelmäßiger jugendpsychiatrischer Behandlung befinde.

Am ... Juni 2014 wurde ein weiteres Attest derselben Ärztin vom 8. Mai 2014 vorgelegt, in dem ausgeführt wird, bei der Klägerin liege eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) vor, welche mittlerweile symptomatisch etwas gebessert sei. Bei der Diagnose sei überwiegend von folgender, fremdanamnestisch durch die Betreuerin der Wohngemeinschaft und der Therapeutin mitgeteilter Vorgeschichte ausgegangen worden: als die Klägerin sechs Jahre alt gewesen sei, sei ihr Vater gestorben. Die Mutter habe sie mit der jüngeren Schwester kurze Zeit später verlassen. Sie sei zu einer befreundeten Frau gekommen, dann in eine andere Familie. Dort sei sie zur Schule gegangen, später habe sie nur noch im Haus arbeiten dürfen. Mit elf Jahren sei sie beschnitten worden. Bis heute könne sie die schrecklichen Schmerzen nicht vergessen. Sie habe ein anderes Mädchen vor der Beschneidung warnen wollen, habe damit aber die Gemeinschaft verraten und sei, da sie um ihr Leben habe fürchten müssen, geflohen. Ein weißer Mann habe im Sommer 2011 die Flucht organisiert und sie in Deutschland in ein Bordell gebracht, aus dem sie habe fliehen können. Fünf Monate habe sie in einem Auffanglager gewohnt. Am … Juli 2011 sei sie in die Jugendhilfeeinrichtung gekommen. Bei der Erwähnung der traumatischen Erlebnisse werde sie unruhig, nestle mit den Fingern, der Blick werde starr. Sie gerate in panikartige Angstzustände, atme heftig, erröte und könne das Gespräch nicht fortsetzen. Da sie in psychotherapeutischer Behandlung sei, sei auch im weiteren Verlauf auf die Erörterung der Traumata verzichtet worden. Deutlich sei, dass die Erwähnung der Beschneidung und der Tatsache, dass sie mit anderen Menschen darüber gesprochen habe und sich deshalb verfolgt fühle, von der Klägerin traumatisch erlebt worden sei. Der Verlust der Eltern, der Verlust ihres Heimatlandes, die Belastungen auf der Flucht seien zwar ebenfalls massiv belastende Lebensereignisse, könnten von ihr jedoch erwähnt werden. Panik löse die Annäherung an das Thema Beschneidung und den damit verbundenen körperlichen und seelischen Qualen aus.

Am … August 2014 wurde eine psychotherapeutische Stellungnahme einer analytischen Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin vom 14. August 2014 vorgelegt. Darin wird abschließend ausgeführt, die psychotherapeutische Behandlung müsse noch mindestens zwei Jahre fortgeführt werden.

Auf das weitere, den medizinischen Sachverhalt fortschreibende Attest vom 8. April 2015 wird Bezug genommen.

Die Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).

Gründe

Über die Klage konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 15. April 2015 entschieden werden, obwohl außer der Klagepartei keiner der Beteiligten erschienen ist. Denn in der form- und fristgerecht erfolgten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).

Soweit die Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Klage hinsichtlich des abgelehnten Anspruchs auf Anerkennung als Asylberechtigte zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92 Abs. 3 VwGO einzustellen.

Soweit die Klage hinsichtlich der Begehren aufrechterhalten wurde, die Beklagte zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylVfG, sekundären Schutzes nach § 4 AsylVfG und der Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verpflichten, ist sie zulässig, aber unbegründet.

Die Klägerin hat weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 bis § 3e AsylVfG noch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG noch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der diese (teils nach den früher dasselbe regelnden Vorschriften des § 60 Abs. 1 und § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG bestehenden) Ansprüche versagende Bescheid des Bundesamtes vom 21. November 2011 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Nach § 3 Abs. 1 AsylVfG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, wenn sich ein Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Die einzelnen Verfolgungsgründe werden in § 3b AsylVfG einer näheren Begriffsbestimmung zugeführt.

Als Verfolgungshandlungen gelten nach § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylVfG Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten keine Abweichung zulässig ist. § 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG nennt als Verfolgungshandlungen ergänzend Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist. § 3a Abs. 2 AsylVfG nennt beispielhaft einzelne Verfolgungshandlungen, u.a. in Nr. 1 die Anwendung physischer Gewalt. Zwischen den relevanten Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylVfG) und den in § 3a Abs. 1 und 2 AsylVfG eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

Eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylVfG kann nach § 3c AsylVfG ausgehen vom Staat (Nr. 1), von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (Nr. 2), oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern der Staat oder die ihn beherrschenden Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylVfG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Aus Art. 5 der Richtlinie 2011/95/EU folgt, dass auch sog. Nachfluchtgründe einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begründen können.

Die Furcht vor Verfolgung ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Hinsichtlich des Prognosemaßstabs ist bei der Prüfung der Flüchtlingseigenschaft (ebenso wie bei der des subsidiären Schutzes) in Orientierung an der Rechtsprechung des EGMR zu Art. 3 EMRK der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit („real risk“) zugrunde zu legen, wie er vormals auch in Art. 2 c) RL 2004/83/EG und nunmehr in Art. 2 d) RL 2011/95/EU in der Umschreibung „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ zugrunde liegt (vgl. BVerwG vom 01.03.2012 – 10 C 7.11 - Buchholz 402.25 § 73 AsylVfG Nr. 43). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht aller Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG vom 20.02.2013 – 10 C 23.12 – BVerwGE 146, 67 = NVwZ 2013, 936 = InfAuslR 2013, 300 = ZAR 2013, 339 = EzAR-NF 62 Nr. 28 = Buchholz 402.25 § 3 AsylVfG Nr. 14; vom 05.11.1991 – 9 C 118.90 – BVerwGE 89, 162 = NVwZ 1992, 582 = DVBl 1992, 828 = Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 147).

Die Tatsache, dass ein Drittstaatsangehöriger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist gemäß Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Betroffene erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. Zur Privilegierung des Vorverfolgten bzw. Vorgeschädigten wird in Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU (sowohl für die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz als auch für die Gewährung subsidiären Schutzes) eine tatsächliche (aber im Einzelfall widerlegbare) Vermutung normiert, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden, sofern ein innerer Zusammenhang zwischen der erlittenen Verfolgung bzw. dem erlittenen Schaden und der befürchteten Verfolgung bzw. dem befürchteten Schaden besteht. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadensstiftenden Umstände bei der Rückkehr erneut realisieren werden (BVerwG vom 07.09.2010 – 10 C 11.09 – Buchholz 451.902 Europ Auslu Asylrecht Nr. 42; vom 27.04.2010 – 10 C 5.09 - BVerwGE 136, 377 = InfAuslR 2010, 410 = NVwZ 2011, 51 = ZAR 2011, 62-65 = EzAR-NF 62 Nr. 21 = Buchholz 451.902 Europ Auslu Asylrecht Nr. 39).

Das Gericht muss – für einen Erfolg des Anerkennungsbegehrens – die volle Überzeugung von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals und hinsichtlich der zu treffenden Prognose, dass dieses die Gefahr politischer Verfolgung begründet, erlangen. Angesichts des sachtypischen Beweisnotstandes, in dem sich Asylsuchende insbesondere hinsichtlich asylbegründender Vorgänge im Herkunftsstaat befinden, kommt dabei dem persönlichen Vorbringen des Asylsuchenden und dessen Würdigung für die Überzeugungsbildung eine gesteigerte Bedeutung zu. Demgemäß setzt ein Asylanspruch bzw. die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft voraus, dass der Asylsuchende den Sachverhalt, der seine Verfolgungsfurcht begründen soll, schlüssig darlegt. Dabei obliegt es ihm, unter genauer Angabe von Einzelheiten und gegebenenfalls unter Ausräumen von Widersprüchen und Unstimmigkeiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, der geeignet ist, das Asylbegehren lückenlos zu tragen. Auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und die Glaubwürdigkeit seiner Person kommt es entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist dabei gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen.

In Anwendung dieser Grundsätze sind bei der Klägerin die Anspruchsvoraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu verneinen. Im vorliegenden Fall steht aufgrund des vorgelegten frauenärztlichen Attestes vom 21. Oktober 2011 fest, dass bei der Klägerin ein Zustand nach Genitalbeschneidung besteht. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass dieser Eingriff bei der Klägerin zu dem von ihr angegebenen Zeitpunkt, also Mitte des Jahres 2005, stattgefunden hat. Die von der Klägerin geltend gemachte Verfolgungsfurcht stützt sich nicht auf eine mögliche Wiederholung bzw. Erweiterung dieses Eingriffs im Falle ihrer Rückkehr nach Sierra Leone. Vielmehr fühlt sie sich von der Gefahr bedroht, dass die Beschneiderinnen der Sowee Society den von ihr angeblich begangenen Geheimnisverrat zum Anlass nehmen, sie im Falle ihrer Rückkehr nicht nur, wie schon einmal geschehen, erneut zu bedrohen, sondern diesmal zu töten. Dies schließt sie zum einen aus den Bräuchen der Sowee Society, welche den Tod von Verrätern fordern sollen, zum andern aus dem Popanz, welchen die Beschneiderinnen aus ihrem früheren Heimatdorf auch an ihrem Zufluchtsort B. … einmalig veranstaltet haben sollen.

Ob diese – teils abstrakt organisationsbezogenen, teils konkret die Klägerin betreffenden – Angaben der Wahrheit entsprechen, kann dahingestellt bleiben, denn der Klägerin ist es möglich, auf eine inländische Fluchtalternative im Sinne des § 3e Abs. 1 AsylVfG zurückzugreifen. Nach dieser Vorschrift wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er (1.) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zum Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylVfG hat und (2.) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.

Eine im vorliegenden Fall entscheidungserhebliche Fähigkeit der Bondo und Sowee Societies, deren Hauptziel und Entstehungsgrund die Zwangsbeschneidung junger Mädchen und Frauen ist, zu landesweiter Verfolgung ist auszuschließen. Zwar ist an ihnen problematisch, dass sie in einem eigenen, extralegalen System agieren, ihre eigenen Gesetze definieren und ihrer eigenen Rechtsprechung folgen (vgl. Informationszentrum Asyl und Migration des BAMF, Glossar Islamische Länder – Band 17: Sierra Leone, Mai 2010). Mädchen bzw. Frauen werden dabei häufig zu dem Eingriff gezwungen, ohne sich dagegen wehren zu können (Auskunft des Instituts für Afrikakunde vom 10.04.2002 an das VG Frankfurt a.M.). Indessen besitzen sie keine über die örtliche Gemeinschaft hinausgreifende Machtbasis. Vielmehr handelt es sich durchweg um zumeist auf Gemeindeebene bestehende, einen schwachen und gering strukturierten Organisationsgrad aufweisende Geheimbünde, deren Zusammenkünfte überwiegend anlässlich von Beschneidungszeremonien stattfinden.

Daraus folgt, dass sich eine Niederlassung der Klägerin an einem demnach sicheren Ort außerhalb ihres bisherigen dörflichen Umfeldes als generell unproblematisch darstellt, da sie bereits beschnitten ist, mit jetzt 21 Jahren das Höchstalter für eine weitere Beschneidung ohnehin so gut wie überschritten hat, ein Familienverband, der Einfluss auf ihre Lebensgestaltung nehmen könnte, offenbar ohnehin nicht mehr vorhanden ist und schließlich von ihr aufgrund ihres inzwischen jahrelangen Aufenthalts in dem eine zivilisatorische Spitzenstellung einnehmenden Deutschland, während dessen sie zudem erwachsen geworden ist, die Führung eines selbständigen Lebens in einer größeren Stadt ohne weiteres erwartet werden kann (ebenso in einem ähnlichen Fall VG Regensburg vom 25.05.2012 – RN 5 K 11.30570 – juris). Demnach ist das Gericht davon überzeugt, dass sich die Klägerin im Falle einer Rückkehr nach Sierra Leone den Nachstellungen der Beschneiderinnen von der Sowee Society ihres früheren Wohnumfeldes ohne weiteres entziehen kann, falls sie sich in einem anderen Landesteil niederlässt, wobei im vorliegenden Fall die erste Wahl vielleicht nicht auf die nur ca. 50 km von ihrem früheren Wohnort entfernt liegende und für diesen eine zentralörtliche Funktion einnehmende Hauptstadt F., wohl aber ohne Bedenken auf die 185 km von F. entfernte, ca. einhunderttausend Einwohner zählende und noch im Gebiet des Volkes der Temne liegende Stadt M. fallen würde.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylVfG. Aufgrund der vorstehenden Erwägungen kann nicht davon ausgegangen werden, dass ihr in ganz Sierra Leone die Gefahr der Folter oder der Todesstrafe oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung drohen würde, und zwar weder durch staatliche Organe noch durch staatsähnliche Organisationen noch von privaten Akteuren.

Ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG ist daher ebenfalls nicht ersichtlich.

Auch der auf Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gerichtete Klageantrag ist unbegründet. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Vorschrift erfasst damit nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können (st. Rspr., vgl. BVerwG vom 29.10.2002 – 1 C 1.02 – EzAR 043 Nr. 56 = DVBl 2003, 463 = AuAS 2003, 106 = NVwZ 2003, Beilage Nr. I 7, 53 = Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 66; vom 25.11.1997 – 9 C 58.96 – BVerwGE 105, 383 = DVBl 1998, 284 = AuAS 1998, 62 = InfAuslR 1998, 189 = NVwZ 1998, 524 = Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 10 = EzAR 043 Nr. 27, m.w.N.). Ein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis in diesem Sinne kann sich auch aus der Krankheit eines Ausländers ergeben, wenn diese sich im Herkunftsland wesentlich und sogar lebensbedrohlich verschlimmern kann, weil die Behandlungsmöglichkeiten dort unzureichend sind. Das kann sich daraus ergeben, dass eine notwendige ärztliche Behandlung oder Medikation für die betreffende Krankheit in dem Herkunftsstaat wegen des dort geringeren Versorgungsstandards generell nicht verfügbar ist, aber auch – trotz an sich verfügbarer medikamentöser und ärztlicher Behandlungsmöglichkeiten – aus sonstigen Umständen im Zielstaat, die dazu führen, dass der betroffene Ausländer die notwendige medizinische Versorgung tatsächlich nicht erlangen kann. Denn eine zielstaatsbezogene Gefahr für Leib und Leben besteht auch dann, wenn die notwendige Behandlung oder Medikation zwar allgemein zur Verfügung steht, dem betroffenen Ausländer individuell jedoch aus finanziellen oder sonstigen Gründen nicht zugänglich ist (BVerwG vom 29.10.2002, a.a.O.; vom 29.04.2002 – 1 B 59.02 – Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 60). Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d.h., die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein. Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Zuständen (BVerwG vom 24.05.2006 – 1 B 118.05 – InfAuslR 2006, 485 = NVwZ 2007, 345 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 16). Erforderlich, aber auch ausreichend für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist danach, dass sich die vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib oder Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht (BVerwG vom 17.10.2006 – 1 C 18.05 – BVerwGE 127, 33 = AuAS 2007, 30 = DVBl 2007, 254 = ZAR 2007, 102 = NVwZ 2007, 712 = EzAR-NF 51 Nr. 16 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2 ff. AufenthG Nr. 21).

Von einer derartigen Gefahrenlage ist im vorliegenden Fall bei einer Rückkehr der Klägerin nach Sierra Leone nicht auszugehen. Soweit sie zu deren Beleg das fachärztliche Attest vom 8. Mai 2014 vorgelegt hat, in dem ausgeführt wird, bei ihr liege eine posttraumatische Belastungsstörung (ICD-10 F43.1) vor, welche mittlerweile symptomatisch etwas gebessert sei, genügt dieses nicht den nach der Rechtsprechung zu stellenden inhaltlichen Anforderungen.

Nicht erst die rechtliche Subsumtion einer PTBS unter einen asylrechtlichen Anspruchstatbestand, sondern bereits die Feststellung einer PTBS im medizinischen Sinne setzt tatsächliche, nicht nur zur Überzeugung eines attestierenden oder begutachtenden medizinischen Sachverständigen, sondern darüber hinaus aufgrund eigener Überzeugungsbildung des erkennenden Tatrichters zu treffende Feststellungen voraus. Bei der PTBS handelt es sich um ein komplexes psychisches Krankheitsbild, bei dem nicht nur äußerlich feststellbare objektive Befundtatsachen, sondern innerpsychische Erlebnisse im Mittelpunkt stehen, sodass es entscheidend auf die Glaubhaftigkeit und die Nachvollziehbarkeit des geschilderten Erlebens und der zugrunde liegenden äußeren Erlebnistatsachen ankommt. Aufgrund der Eigenart des Krankheitsbildes bestehen besondere Anforderungen an ärztliches Vorgehen und Diagnostik. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome zur Substantiierung des Sachvortrags (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO) regelmäßig z.B. in Attesten eine gewissen Mindestanforderungen genügende fachärztliche Dokumentation, aus der sich nachvollziehbar ergeben muss, auf welcher Tatsachengrundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt (BVerwG vom 11.09.2007 – 10 C 8.07 – BVerwGE 129, 251 = AuAS 2008, 16 = InfAuslR 2008, 142 = NVwZ 2008, 330 = Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 30 = ZAR 2008, 107 = EzAR-NF 51 Nr. 20; vom 11.09.2007 – 10 C 17.07 – Buchholz 402.242 § 60 Abs. 2ff AufenthG Nr. 31; vom 26.07.2012 – 10 B 21.12 – juris; VGH Mannheim vom 09.07.2012 – A 9 S 1359/12 – AuAS 2012, 211; BayVGH vom 17.10.2012 – 9 ZB 10.30390 – juris). Es genügt also weder, allein aus den für eine PTBS typischen Symptomen (insbesondere der von dem Ausländer beschriebenen Flashbacks) auf das Vorliegen dieser Krankheit einschließlich eines nicht näher bestimmbaren Traumas rückzuschließen, noch sich pauschal auf allgemein umschriebene, für die Entwicklung einer PTPS typische Lebensumstände zu beziehen, denen der Betroffene angibt, unterlegen zu haben, und aus ihnen die Krankheit abzuleiten. Vielmehr bedarf es der Feststellung mindestens eines konkreten traumatisierenden Ereignisses, das unter Ausschluss konkurrierender Ursachen mit Wahrscheinlichkeit für die Entstehung der PTBS angeschuldigt werden kann.

Daneben und unabhängig davon muss das Gericht von dem Vorliegen eines traumatisierenden Ereignisses als Voraussetzung der Erkrankung überzeugt sein. Nach der International Classification of Diseases (ICD-10) F 43.1 entsteht eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) als „Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde“. Ein traumatisches Ereignis oder Erlebnis ist damit zwingende Tatbestandsvoraussetzung für die Entwicklung einer PTBS. Dass das behauptete traumatisierende Ereignis tatsächlich stattgefunden hat, muss gegenüber dem Tatrichter und nicht (nur) gegenüber dem ärztlichen oder psychotherapeutischen Gutachter nachgewiesen bzw. beachtlich wahrscheinlich gemacht werden. Der objektive Ereignisaspekt ist nämlich nicht (nur) Gegenstand der gutachterlichen ärztlichen bzw. psychotherapeutischen Untersuchung. Allein mit psychiatrisch-psychotherapeutischen Mitteln kann nicht sicher darauf geschlossen werden, ob tatsächlich in der Vorgeschichte ein traumatisierendes Ereignis vorlag und wie dieses geartet war. Vielmehr unterliegen die Angaben des Betroffenen zu der die behauptete Belastungsstörung auslösenden Vorgeschichte der Beweis- und Tatsachenwürdigung des Gerichts nach Maßgabe des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO (BayVGH vom 17.10.2012, a.a.O., m.w.N.; st. Rspr. der Kammer, z.B. VG München vom 08.09.2014 – M 21 K 12.30036; vom 07.07.2014 – M 21 K 11.30413 – juris; vom 14.02.2014 – M 21 K 11.30993 – juris, bestätigt durch BayVGH vom 07.04.2014 – 21 ZB 14.30082; vom 18.03.2013 – M 4 K 13.30089; VG Augsburg vom 21.11.2013 – Au 6 K 13.30308 – juris; vom 21.06.2013 – Au 7 K 13.30077 – juris; vom 14.05.2013 – Au 7 K 12.30382 – juris; VG Aachen vom 20.01.2014 – 7 L 24/14.A – juris). Diese Grundsätze können u.a. zur Folge haben, dass eine ärztliche oder psychotherapeutische Aussage (in Form eines Attestes oder eines Gutachtens) wegen ernsthafter Mängel zu verwerfen ist, wenn die zwingend (vgl. oben) von dem Arzt oder Psychologischen Psychotherapeuten zu dokumentierende Anamnese gerade nicht nachvollziehbar ist, sondern in unauflösbaren Widerspruch zu dem sonstigen Akteninhalt, insbesondere den früheren eigenen Einlassungen des Betroffenen gerät. Eine medizinische Aussage ist begreiflicherweise auch dann unverwertbar, wenn sie auf einer (dokumentierten) Tatsachengrundlage beruht, an deren Realität nach richterlicher Überzeugung ernsthafte Zweifel bestehen bzw. die in ihrem Kernbestand durch andere, im Verfahren festgestellte Tatsachen widerlegt ist, oder wenn die Dokumentation ihrerseits die Diagnose nicht trägt. Ein solcher Fall ist hier gegeben.

Im vorliegenden Fall fehlt es nicht an der Schilderung von Erlebnistatsachen, welche unter bestimmten Voraussetzungen geeignet erscheinen, ein Trauma auszulösen. Allen insoweit in Betracht kommenden Ereignissen (Beschneidung, Verlust der Familie, Popanz der Beschneiderinnen, Verlust der Heimat, Kurzaufenthalt in einem Bordell) haftet aber das Merkmal an, dass ihnen nach richterlicher Überzeugung (§ 108 Abs. 1 VwGO) nicht selbstredend und aus sich heraus, sondern nur im Falle einer eingehenden, nachvollziehbaren Beschreibung ihrer Schwere und Intensität diese Wirkung beigemessen werden kann. Insbesondere bedarf es zur Nachvollziehbarkeit des Attestes einer eingehenden Begründung, weshalb eine Genitalverstümmelung, welche, nachdem die Klägerin ihr Alter zum Zeitpunkt des Eingriffs mit 11 Jahren angibt (demnach Juni 2005), im Untersuchungszeitpunkt (Mai 2014) bereits ganze neun Jahre zurücklag, in denen die Klägerin trotz zahlreicher weiterer belastender Ereignisse und Lebensbedingungen jahrelang überlebt und schließlich durch ihre Ausreise aus Sierra Leone äußerst mutig gestaltend in ihr eigenes Schicksal eingegriffen hat, noch immer traumatisierende Wirkung entfalten soll. Dieselben Begründungsmängel betreffen auch die weiteren belastenden Ereignisse. Eine krankheitswertige Beeinträchtigung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit ist dem nicht ohne weiteres zu entnehmen. Eine Subsumtion eines festgestellten Erlebnissachverhalts unter das entscheidungserhebliche Diagnosekriterium und Diskussion der Kausalität wird in dem Attest vom 8. Mai 2014 nicht vorgenommen. Die attestierende Ärztin gelangt vielmehr von der Anamnese ohne weitere eigene Feststellungen, wie sich ihr die Krankheit darstellt, im Rückschluss ausschließlich aufgrund unmaßgeblicher Symptombeobachtungen (Unruhe, Nesteln mit den Fingern) unmittelbar zu der Feststellung, dass traumaauslösende Ereignisse vorliegen, ohne aber diese zu beschreiben. Diese methodisch schon für sich genommen unvertretbare Zirkelschlusstechnik verdichtet sich vorliegend allerdings noch weiter zur Unverwertbarkeit des Attestes vom 8. Mai 2014 dadurch, dass darin nach eigener Darstellung der Ärztin bei der Diagnose überwiegend von einer fremdanamnestisch durch die Betreuerin der Wohngemeinschaft und der Therapeutin mitgeteilten Vorgeschichte ausgegangen wurde. Das heißt also, dass sich die Diagnose auf überwiegend fremdanamnestische Angaben stützt, also solche, die sich die Ärztin nicht von der Klägerin selbst, sondern von der Betreuerin der Wohngemeinschaft und der Therapeutin hat eingeben lassen. Hinzu kommt die Angabe, dass auch im weiteren Verlauf der Behandlung, da sich die Klägerin in psychotherapeutische Behandlung befinde, auf die Erörterung der Traumata verzichtet wurde. Eine Nachvollziehbarkeit des zu attestierenden Ursachenzusammenhangs zwischen einem oder mehreren traumatisierenden Ereignissen und der PTBS-typischen, aber keineswegs ausschließlich PTBS indizierenden Symptomatik ist nach Auffassung des Gerichts in einem solchen, eine erhebliche Gefahr der Fremdsteuerung bergenden Fall nicht mehr gegeben.

Nach alledem vermögen die von der Klägerin geklagten Symptome kein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu begründen. Sie legen eher die Annahme nahe, dass eine tatsächlich vorliegende Erkrankung und die daraus etwa gefolgerte Suizidalität ihre Ursache in der derzeit schwierigen und unklaren Lebenssituation der Klägerin einschließlich der drohenden Aufenthaltsbeendigung, nicht aber in den spezifischen Bedingungen im Heimatland haben. Als solche sind sie deshalb nicht vom Bundesamt im Asylverfahren, sondern allenfalls unter dem Gesichtspunkt inlandsbezogener Vollstreckungshindernisse von der zuständigen Ausländerbehörde zu prüfen (vgl. OVG Lüneburg vom 29.3.2011 – 8 LB 121/08 – juris, m.w.N.).

Die in dem angefochtenen Bescheid zugleich verfügte Abschiebungsandrohung findet ihre Rechtsgrundlage in § 34 Abs. 1, § 38 Abs. 1 AsylVfG, § 59 AufenthG und ist nicht zu beanstanden.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind. (2) Das Urteil darf nur auf Tatsache

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 59 Androhung der Abschiebung


(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfal

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 92


(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der münd

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Verwaltungsgericht Aachen Beschluss, 20. Jan. 2014 - 7 L 24/14.A

bei uns veröffentlicht am 20.01.2014

Tenor 1. Der Antrag wird abgelehnt.2. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 1Gründe:2I.3Der Antragsteller ist srilankischer Staatsangehöriger. Sein erster Asylantrag, den er nach der Einreise

Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 09. Juli 2012 - A 9 S 1359/12

bei uns veröffentlicht am 09.07.2012

Tenor Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2012 - A 7 K 3900/11 - wird abgelehnt.Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens. Gründe  1 Der Antrag bleibt

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten und, wenn ein Vertreter des öffentlichen Interesses an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat, auch seine Einwilligung voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.

(2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 und § 155 Abs. 2 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluß fest, daß die Klage als zurückgenommen gilt.

(3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluß ein und spricht die sich nach diesem Gesetz ergebenden Rechtsfolgen der Zurücknahme aus. Der Beschluß ist unanfechtbar.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 9. Mai 2012 - A 7 K 3900/11 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

 
Der Antrag bleibt ohne Erfolg. Die in Anspruch genommenen Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG), der entscheidungserheblichen Divergenz von obergerichtlichen bzw. höchstrichterlichen Entscheidungen (§ 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG) sowie der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO) rechtfertigen aus den mit dem Antrag angeführten Gründen die Zulassung der Berufung nicht.
1. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, NVwZ 2007, 805 f.). Die nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 16.05.2007 - 2 BvR 1782/04 -, Juris Rn. 13) verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine - gegebenenfalls erneut oder ergänzend - klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29/11 -, Juris; Senatsbeschluss vom 18.06.2012 - A 9 S 792/12 -).
Diesen Anforderungen genügt der Antrag nicht. Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG im Hinblick auf die in dem ärztlichen Attest vom 27.03.2012 enthaltenen Diagnosen „schweres gehemmt-depressives Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung“ und „Migräne“ mit der Begründung verneint, der Kläger könne diese Erkrankungen auch nach seiner Rückkehr in Nigeria behandeln lassen. In den Großstädten Nigerias gebe es eine medizinische Grundversorgung, allerdings in der Regel weit unter europäischem Standard. Es gebe auch die Möglichkeit einer psychiatrischen Behandlung. So verfüge Nigeria ausweislich der Auskunft der Schweizerischen Flüchtlingshilfe „Nigeria: Behandlung von PTSD“ vom 09.11.2009 über 35 psychiatrische Kliniken und psychiatrische Abteilungen, in denen unter anderem klinische Depressionen, suizidale Tendenzen und posttraumatische Belastungsstörungen behandelt würden, wobei die Behandlung in einigen Kliniken kostenlos sei, die Medikamente aber immer selbst bezahlt werden müssten. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte sei auch davon auszugehen, dass der Kläger im Stande sei, eine medizinische Behandlung zu finanzieren. Der Kläger sei vor seiner Ausreise Inhaber eines Handelsgeschäfts mit eigenem Laden gewesen. Dies spreche dafür, dass er über gewisse finanzielle Rücklagen verfüge, die für eine gegebenenfalls erforderliche ärztliche Behandlung eingesetzt werden könnten.
Der Kläger macht nun geltend, das angefochtene Urteil beruhe auf der Frage, „ob Personen aus Nigeria, die unter einem schweren gehemmt-depressiven Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung und unter Migräne leiden, ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Nigeria vorliegt“. Diese Frage habe grundsätzliche Bedeutung. Das Verwaltungsgericht Karlsruhe habe ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Nigeria bei einer psychischen Erkrankung mit Urteil vom 31.05.2012 - A 9 K 2882/11 - bejaht. Aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 03.05.2011 - A 1 K 523/10 - ergebe sich, dass Krankheiten wie „Spastische Bronchitis, bronchiales Asthma sowie Diabetes mellitus“ in Nigeria nicht behandelt werden könnten. Diese Krankheiten hätten ein ähnliches Gewicht wie die Erkrankung des Klägers.
Mit diesem Vortrag ist eine grundsätzlich bedeutsame Frage, die einer vom Einzelfall losgelösten Klärung zugänglich ist, nicht dargelegt. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger auf das Urteil der 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 31.05.2012 verweist. Der dortige Fall ist mit dem vorliegenden in tatsächlicher Hinsicht nicht vergleichbar. Beim dortigen Kläger lag - anders als hier - eine posttraumatische Belastungsstörung vor; er war offenbar in Deutschland schon einmal stationär behandelt worden und bedurfte weiterer intensiver ärztlicher bzw. psychotherapeutischer Behandlung. Der Kläger wird dagegen laut seinem Vorbringen im Zulassungsantrag derzeit nur medikamentös behandelt. Auch das genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 03.05.2011 ist nicht geeignet, eine grundsätzliche Bedeutung des vorliegenden Falles aufzuzeigen. Es stellt maßgeblich auf andere Erkrankungen ab.
Zudem hängt die Entscheidung darüber, ob einem nigerianischen Staatsangehörigen bei der Rückkehr in seinen Heimatstaat aus gesundheitlichen Gründen eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG droht, auch von der jeweils im Einzelfall zu entscheidenden Frage ab, ob der Betreffende über finanzielle Mittel verfügt, um sich u.a. eine medikamentöse Behandlung dort leisten zu können. Bezüglich des Klägers hat das Verwaltungsgericht angenommen, dass er wegen seiner beruflichen Tätigkeit vor der Ausreise über gewisse finanzielle Rücklagen verfüge und er sich deshalb eine medikamentöse Behandlung leisten könne. Diese tatsächliche Annahme ist mit zulässigen Rügen nicht angegriffen worden.
2. Nach § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG ist die Berufung insbesondere zuzulassen, wenn das angegriffene Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Sowohl die Abweichung als auch das „Beruhen“ der Entscheidung hierauf sind gemäß § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylVfG „darzulegen“. Zur Darlegung der Rechtssatzdivergenz ist erforderlich, dass ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter Rechtssatz aufgezeigt wird, der mit einem ebensolchen Rechtssatz in der Entscheidung des höheren Gerichts im Widerspruch steht. Eine Divergenz begründende Abweichung liegt nicht vor, wenn das Vordergericht einen Rechtssatz eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylVfG genannten höheren Gerichte übersehen oder - ob zu Recht oder nicht - als nicht anwendbar eingestuft hat (vgl. Senatsbeschluss vom 30.04.2012 - A 9 S 886/12 -; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.03.1997 - 8 S 664/97 -, DVBl. 1997, 1326).
Diesen Maßstäben genügt das Vorbringen des Klägers nicht. Dies gilt zunächst, soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 10.07.2003 (11 S 2622/02) vor. Aus diesem Beschluss ergäben sich Mindestanforderungen für die Glaubhaftmachung eines inlandsbezogenen Abschiebungshindernisses durch ein sog. „Privatgutachten“. Die von ihm vorgelegten Unterlagen genügten diesen Anforderungen. Dieser Vortrag reicht nicht aus. Der Kläger zeigt nicht konkret auf, mit welchem tragenden Rechtssatz das Verwaltungsgericht von einem tragenden Rechtssatz der genannten obergerichtlichen Entscheidung abweicht. Die (angeblich) divergierenden Rechtsätze hätten einander gegenüber gestellt werden müssen. Zugleich hätte dargelegt werden müssen, worin die Abweichung besteht. Dies gilt unter anderem vor dem Hintergrund, dass die vom Verwaltungsgericht herangezogene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251) von der genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vergleichend zitiert wird. Abgesehen davon ist nicht ersichtlich, dass die behauptete Abweichung tragend ist. Denn der Kläger bezieht die Abweichung nicht auf die Diagnose der posttraumatischen Belastungsstörung, sondern auf die übrigen im Attest vom 27.03.2012 diagnostizierten Erkrankungen. Insoweit hat das Verwaltungsgericht das Zutreffen der Diagnose jedoch unterstellt, so dass es nach seiner Rechtsauffassung nicht auf die von ihm genannten Anforderungen an ein fachärztliches Attest ankam.
Aber auch soweit der Kläger meint, es liege eine Abweichung vom Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 06.02.2008 (11 S 2439/07) vor, greift die Divergenzrüge nicht durch. Der Kläger meint, aus diesem Beschluss ergebe sich, dass die Ausländerbehörde fachärztliche Gutachten einholen müsse, wenn ein ärztliches Attest vorliege, das zwar nicht den Anforderungen für den Vollbeweis der Suizidgefahr genüge, aber ein Indiz für das Vorliegen einer Suizidgefahr darstelle. Das Verwaltungsgericht hätte daher aufgrund der verschiedenen Beweisanträge ein Sachverständigengutachten einholen müssen. Auch dieser Vortrag zeigt keine Divergenz auf. Der Kläger hat keine tragenden abstrakten Rechtsätze konkret gegenüber gestellt, die voneinander abweichen. Die Rüge des Klägers betrifft vielmehr nur die Rechtsanwendung im Einzelfall, die mit der Divergenzrüge nicht angegriffen werden kann.
10 
3. Der in Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf rechtliches Gehör verbürgt, dass ein Beteiligter vor einer Gerichtsentscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen und als Subjekt Einfluss auf das Verfahren nehmen kann. Als „prozessuales Urrecht“ sichert das rechtliche Gehör den Betroffenen insbesondere, dass sie mit Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. BVerfG, Plenumsbeschluss vom 30.04.2003 - 1 PBvU 1/02 -, BVerfGE 107, 395, 408 f.; Senatsbeschluss vom 09.01.2012 - A 9 S 3429/11 -). Im Falle des Stellens eines Beweisantrages wird das rechtliche Gehör im Sinne des § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylVfG in Verbindung mit § 138 Nr. 3 VwGO dann verletzt, wenn dessen Ablehnung im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 22.09.2009 - 1 BvR 3501/08 -, Juris Rn. 13, und Beschluss des Ersten Senats vom 08.11.1978 - 1 BvR 158/78 -, BVerfGE 50, 32, 36; Senatsbeschluss vom 05.12.2011 - A 9 S 2939/11 -, VBlBW 2012, 196).
11 
Diese Voraussetzungen sind mit dem Antrag nicht dargetan.
12 
a) Dies gilt zunächst für den in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gestellten Antrag des Klägers, die ihn behandelnde Psychiaterin, die das mit der Klage vorgelegte ärztliche Attest vom 27.03.2012 erstellt hat, als sachverständige Zeugin „zum Gesundheitszustand und zur medizinischen Behandlung des Klägers“ zu hören. Dieser Beweisantrag wurde vom Verwaltungsgericht mit der Begründung abgelehnt, es fehle bereits an der Benennung einer beweiserheblichen Tatsache.
13 
Der Kläger hat mit seinem Zulassungsantrag nicht dargetan, dass die Ablehnung dieses Beweisantrags im Prozessrecht keine Stütze findet. Die Pflicht zur Substantiierung eines Zeugenbeweisantrags nach § 98 VwGO in Verbindung mit §§ 373 und 414 ZPO bezieht sich zum einen auf das Beweisthema, also auf die Bestimmtheit der Beweistatsachen und deren Wahrheit, und zum anderen darauf, welche einzelnen Wahrnehmungen der angebotene Zeuge in Bezug auf die Beweistatsachen (oder auf die zu deren Ermittlung dienenden Hilfs- oder Indiztatsachen) selbst gemacht haben soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 29.06.2001 - 1 B 131/00 -, NVwZ-RR 2002, 311). Der Beweisantrag muss außerdem eine für die Entscheidung des Falles erhebliche Tatsache betreffen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22.10.2009 - 10 B 20/09 -, Juris Rn. 5).
14 
Hinsichtlich der im ärztlichen Attest vom 27.03.2012 angegebenen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) konnte der Beweisantrag vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt werden, weil es an der erforderlichen Substantiierung der Beweistatsachen fehlte. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gehört zur Substantiierung eines Sachverständigenbeweisantrags, der das Vorliegen einer behandlungsbedürftigen PTBS zum Gegenstand hat, angesichts der Unschärfen des Krankheitsbildes sowie seiner vielfältigen Symptome regelmäßig die Vorlage eines gewissen Mindestanforderungen genügenden fachärztlichen Attests. Aus diesem muss sich nachvollziehbar ergeben, auf welcher Grundlage der Facharzt seine Diagnose gestellt hat und wie sich die Krankheit im konkreten Fall darstellt. Dazu gehören etwa Angaben darüber, seit wann und wie häufig sich der Patient in ärztlicher Behandlung befunden hat und ob die von ihm geschilderten Beschwerden durch die erhobenen Befunde bestätigt werden. Des Weiteren sollte das Attest Aufschluss über die Schwere der Krankheit, deren Behandlungsbedürftigkeit sowie den bisherigen Behandlungsverlauf (Medikation und Therapie) geben. Wird das Vorliegen einer PTBS auf traumatisierende Erlebnisse im Heimatland gestützt und werden die Symptome erst längere Zeit nach der Ausreise aus dem Heimatland vorgetragen, so ist in der Regel auch eine Begründung dafür erforderlich, warum die Erkrankung nicht früher geltend gemacht worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.09.2007 - 10 C 8/07 -, BVerwGE 129, 251, 255 - Rn. 15 -). Da sich diese Anforderungen an die Substantiierung aus der allgemeinen Pflicht des Beteiligten ergeben, an der Erforschung des Sachverhalts mitzuwirken (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO), die in besonderem Maße für Umstände gilt, die in die eigene Sphäre des Beteiligten fallen, sind diese Grundsätze auf die Beweiserhebung zum Thema PTBS durch Vernehmung des behandelnden Arztes als sachverständigen Zeugen zu übertragen.
15 
Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest vom 27.03.2012 genügt - wie der Kläger nun im Zulassungsantrag (vgl. dort S. 3) selbst zugesteht - diesen Mindestanforderungen nicht. Dies gilt insbesondere deshalb, weil das in dem Attest vorausgesetzte traumatisierende Ereignis nach den - nicht angegriffenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht stattgefunden hat.
16 
Auch hinsichtlich der im Übrigen von der behandelnden Ärztin in dem Attest diagnostizierten Erkrankungen („schweres gehemmt-depressives Syndrom bei chronifizierender depressiver Störung“ sowie „Migräne“) konnte der Beweisantrag zu Recht abgelehnt werden. Denn die Frage, ob diese Krankheiten tatsächlich vorliegen, war nicht entscheidungserheblich. Das Verwaltungsgericht hat ihr Vorliegen unterstellt, jedoch angenommen, dass der Kläger für diese Erkrankungen in Nigeria eine Behandlung finden kann.
17 
b) Auch die Anträge auf Einholung von Sachverständigengutachten wurden vom Verwaltungsgericht zu Recht abgelehnt.
18 
aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich des begehrten Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, „dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einem Abbruch der medizinischen Behandlung derart verschlimmern würde, dass eine konkrete erhebliche Gefahr für Leib und Leben bestehe“. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit der Begründung abgelehnt, er sei möglicherweise unsubstantiiert, jedenfalls betreffe er eine unerhebliche Tatsache. Denn der Kläger leide - wie festgestellt - an keiner posttraumatischen Belastungsstörung. Daher bestehe im Falle seiner Rückkehr auch nicht, wie in der ärztlichen Bescheinigung vom 27.03.2012 angegeben, die Gefahr einer „Retraumatisierung“ sowie des Suizids.
19 
Diese Begründung des Verwaltungsgerichts ist im Ergebnis nicht zu beanstanden. Da das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung entsprechend der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht hinreichend substantiiert vorgetragen worden war, musste auch nicht zu den Folgen eines Behandlungsabbruchs einer posttraumatischen Belastungsstörung Beweis erhoben werden. Eine Beweiserhebung über die Folgen eines Abbruchs der Behandlung der übrigen Erkrankungen war mangels Erheblichkeit entbehrlich, weil das Gericht davon ausging, dass diese Krankheiten auch bei einer Rückkehr des Klägers behandelt werden können.
20 
bb) Schließlich hat das Verwaltungsgericht auch den Antrag des Klägers, ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass „in Nigeria für seine Erkrankungen keine Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen und auch tatsächlich nicht erreichbar sind“, zu Recht abgelehnt. Insoweit kann hinsichtlich des behaupteten Vorliegens einer PTBS auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen werden. Bezüglich der Behandelbarkeit des „schweren gehemmt-depressiven Syndroms bei chronifizierender depressiver Störung“ sowie „Migräne“ fehlt es deshalb an der Entscheidungserheblichkeit, weil das Verwaltungsgericht darauf abgestellt hat, dass der Kläger über genug finanzielle Mittel verfüge, um sich die nötigen Medikamente in Nigeria leisten zu können. Es ist nicht ersichtlich, dass sich das Sachverständigengutachten auch auf die persönlichen finanziellen Mittel der Klägers erstrecken sollte. Der Beweisantrag ist daher auch zu unsubstantiiert, weil er sich nicht konkret auf die Behandelbarkeit dieser weiteren Krankheiten und die finanzielle Situation des Klägers als Beweistatsache bezieht.
21 
4. Die Kostenentscheidung für das gemäß § 83b AsylVfG gerichtskostenfreie Verfahren beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG.
22 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller hat die Kosten der Verfahren zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.


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(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.