Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Okt. 2018 - M 18 K 15.4632

bei uns veröffentlicht am17.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2015 wird aufgehoben.

II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Einstufung zweier Präparate als zulassungspflichtige Arzneimittel.

Die Klägerin vertreibt unter dem Namen „…“ zwei Produkte, davon eines in Form von Kapseln und das andere als Schokotrunk in Sachets zu je 14 g. Die Etikettierung beider Produkte enthält den Zusatz „trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen“; weiter sind beide Produkte als Nahrungsergänzungsmittel etikettiert. Die Tagesdosis beider Produkte enthält je 1 mg Melatonin. Gemäß den, auf der Verpackung aufgedruckten Verzehrsempfehlungen solle das Produkt kurz vor dem Schlafengehen eingenommen bzw. verzehrt werden. Auf der Verpackung der Kapseln wird weiter darauf hingewiesen, dass sich die positive Wirkung nur einstellt, wenn kurz vor dem Schlafengehen eine Kapsel mit 1 mg Melatonin eingenommen wird. Des Weiteren befindet sich auf den Verpackungen beider Produkte folgender herstellereigener Hinweis:

„Die Ursachen für lange Einschlafzeiten können vielfältig sein. Täglicher Stress, Leistungsdruck und Hektik zählen dazu. Ein zu niedriger Melatoninspiegel kann auch die Einschlafzeit verlängern. Melatonin ist ein natürlich vorkommender Botenstoff, der im menschlichen Körper eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Tag-Nacht-Rhythmus spielt. Gebildet wird er beim Menschen in der Dunkelheit. Mit zunehmendem Alter produziert der Körper weniger Melatonin, die durchschnittliche Schlafdauer nimmt ab. Ein steigender Melatoninspiegel wirkt wie ein Einschlafsignal. Er koordiniert wie ein Taktstock den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus und trägt dazu bei, die Einschlafzeit zu verkürzen.“

Mit Schreiben vom 6. November 2013 hörte der Beklagte die Klägerin zum beabsichtigten Erlass eines Untersagungsbescheides nach § 69 AMG an. Bei melatoninhaltigen Präparaten handle es sich aufgrund der pharmakologischen Wirkung um zulassungspflichtige Arzneimittel, wobei es auf die Konzentration nicht ankäme. Die Produkte der Klägerin seien daher als Funktionsarzneimittel einzustufen, würden jedoch nicht über die erforderliche Zulassung verfügen.

Mit Schriftsatz vom 19. November 2013 traten die Bevollmächtigten der Klägerin dem entgegen. Die Produkte wiesen keine pharmakologische Wirkung auf und seien daher kein zulassungspflichtiges Arzneimittel, sondern als Nahrungsergänzungsmittel frei verkehrsfähig. Entscheidend für die Annahme einer pharmakologischen Wirkung eines Arzneimittels sei, dass bei der Wirkung eine Erheblichkeitsschwelle überschritten sein müsse.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2015 untersagte der Beklagte der Klägerin das Inverkehrbringen (Ziffer 1. u. 2.) sowie die Bewerbung (Ziffer 3. u. 4.) des Produkts „… … … …“ in Form von Kapseln sowie in Form eines Schokotrunkes. Weiter wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. bis 4. des Bescheids angeordnet. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Untersagung des Inverkehrbringens stütze sich auf § 69 Abs. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG, die Untersagung der Bewerbung auf § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG i.V.m. § 64 Abs. 3 AMG. Bei den Produkten handele es sich um Funktionsarzneimittel im Sinn des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Die erforderliche Zulassung dafür liege nicht vor. Die streitgegenständlichen Produkte seien geeignet, therapeutische Zwecke zu erfüllen. Auch käme den Produkten pharmakologische Wirkung zu. Auf die Begründung des Bescheids im Übrigen wird verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2015 erhoben die Bevollmächtigten der Klägerin Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragten,

den Bescheid vom 2. Oktober 2015 aufzuheben.

Gleichzeitig wurde beantragt, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (Verfahren M 18 S 15.4633).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid sei rechtswidrig, da es sich bei den fraglichen Produkten mangels pharmakologischer Wirkung nicht um zulassungspflichtige Arzneimittel gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG handle. Insbesondere gebe es für eine pharmakologische Wirkung der Produkte keine wissenschaftlich belastbaren Erkenntnisse. Jedenfalls überschreite die Wirkung der Produkte nicht die von der Rechtsprechung entwickelte sogenannte „Erheblichkeitsschwelle“, da sich eine den Präparaten vergleichbare Wirkung auch über die Aufnahme einer angemessenen Menge bestimmter melatoninhaltiger Nahrungsmittel erzielen lasse.

Mit Schriftsatz vom 26. Oktober 2015 beantragte der Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, wie sich einer Beurteilung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) sowie weiterer wissenschaftlich valider Studien entnehmen lasse, handele es sich bei den Präparaten der Klägerin aufgrund der erheblichen pharmakologischen Wirkung von Melatonin in einer Dosis von 1 mg um zulassungspflichtige Funktionsarzneimittel. Bereits eine therapeutische Wirksamkeit der Präparate rechtfertige, sie als Arzneimittel im Sinn des AMG einzustufen. Dass sich eine den Präparaten vergleichbare Wirkung auch über die Nahrungsaufnahme erzielen lasse, habe die Klägerin nicht hinreichend dargetan.

Auf Grund der mündlichen Verhandlung von Klage- und Eilverfahren am 16. März 2016 stellte das Gericht mit Beschluss vom gleichen Tag im Verfahren M 18 S 15.4633 die aufschiebende Wirkung der Klage wieder her. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass es sich bei den streitgegenständlichen Produkten der Klägerin nicht um Präsentationsarzneimittel im Sinn von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG handle, jedoch nicht abschließend geklärt werden könne, ob die streitgegenständlichen Produkte die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG erfüllen würden. Die vorzunehmende Interessenabwägung zeige ein Überwiegen des Suspensivinteresses der Klägerin gegenüber dem Vollziehungsinteresse des Beklagten.

In Klage- und Eilverfahren nahmen die Parteien umfangreich Stellung, bezogen verschiedene wissenschaftliche Abhandlungen ein und nahmen Bezug auf weitere Gerichtsverfahren mit vergleichbaren Streitgegenständen. Unter anderem legten die Bevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 24. Mai und 29. November 2017 ein Gutachten mit ergänzender Stellungnahme von … … … zu der Frage der pharmakologischen Wirkung der streitgegenständlichen Produkte in einem Verfahren vor dem Landgericht Dortmund vom 31. August 2016 bzw. 29. September 2017 vor.

Am 6. Dezember 2017 fand eine weitere mündliche Verhandlung statt.

Die Parteien äußerten sich im Anschluss nochmals ergänzend.

Mit Schreiben vom 9. und 20. April 2018 verzichteten die Parteien auf weitere mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, auch auf die des Eilverfahrens M 18 S 15.4633, sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Das Gericht konnte im schriftlichen Verfahren entscheiden, da die Parteien auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 2. Oktober 2015 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Er war daher aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Anfechtungsklage ist im vorliegenden Fall der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Bei der angegriffenen Untersagungsverfügung handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt, so dass auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung abzustellen ist, wenn das materielle Recht - wie hier - nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (BVerwG, U.v. 19. September 2013 - 3 C 15/12, juris Rn. 9).

Rechtsgrundlage für die Untersagungsverfügung des Beklagten vom 2. Oktober 2015 ist § 69 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 Arzneimittelgesetz (AMG). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist.

Eine Zulassungspflicht nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG setzt dabei das Vorliegen eines Arzneimittels im Sinn des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG voraus.

Bei den streitgegenständlichen Produkten handelt es sich - zumindest nach derzeitigem Kenntnisstand - nicht um Arzneimittel.

Nach § 2 Abs. 1 AMG sind Arzneimittelstoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

  • 1.die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierische Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind (sog. Präsentationsarzneimittel) oder

  • 2.die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder

  • a.die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder

  • b.eine medizinische Diagnose zu stellen (sog. Funktionsarzneimittel).

Diese Definitionen beruhen auf dem europarechtlichen Arzneimittelbegriff in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67), zuletzt geändert durch Richtlinie 2012/26/EU vom 25. Oktober 2012 (ABl. L 299 vom 27.10.2012). Sie sind gemeinschaftsrechtlich vorgeprägt und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs richtlinienkonform auszulegen (vgl. OVG NRW, B.v. 13.10.2010 - 13 A 1187/10, juris Rn. 22 ff.).

Nicht dem Arzneimittelbegriff unterfallen gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG Lebensmittel im Sinne des § 2 Abs. 2 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB). Diese Bestimmung verweist auf Art. 2 VO (EG) 178/2002. Danach sind Lebensmittel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen erwartet werden kann, dass sie von Menschen aufgenommen werden, wobei Arzneimittel im Sinne des Gemeinschaftsrechts, d.h. der Definition in Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG nicht zu den Lebensmitteln gehören. Das Arzneimittelrecht und das Lebensmittelrecht sind folglich in der Weise aufeinander bezogen, als die in Frage kommenden Produkte nur entweder Arzneimittel oder Lebensmittel sein können (vgl. VG Köln, U.v. 25.4.2017 - 7 K 5986/13, juris Rn. 31 - 34 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 14.12.2006 - 3 C 40.05, juris Rn. 15 ff.)

Bei den streitgegenständlichen Produkten handelt es sich nicht um Präsentationsarzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (st. Rspr; z.B. BVerwG, U.v. 20.11.2014 - 3 C 25/13, juris Rn. 14 m.w.N.). Dies ist vorliegend unstreitig nicht gegeben.

Die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG liegen ebenfalls nicht vor.

Eine medizinische Diagnose soll offensichtlich nicht gestellt werden, so dass kein Fall des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AMG vorliegt.

Auch ein Funktionsarzneimittel im Sinne § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG liegt nicht vor. Ob ein Erzeugnis unter diese Begriffsbestimmung fällt bedarf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einer Einzelfallprüfung, bei der alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen sind. Hierbei sind die pharmakologischen Eigenschaften das wesentliche Kriterium, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob ein Funktionsarzneimittel vorliegt. Kann ein Erzeugnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung die physiologischen Funktionen nicht nachweisbar und in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische (oder immunologische oder metabolische) Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen, kommt eine Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht in Betracht. Danach ist die pharmakologische Wirkung zwar ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt (vgl. zuletzt BVerwG, U.v. 17.8.2017 - 3 C 18/15, juris Rn. 12 mit umfangreichen weiteren Nachweisen).

Des Weiteren folgt aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, dass pharmakologische oder metabolische Wirkungen eines Stoffes nur dann die Zuordnung eines Stoffes zu den Arzneimitteln rechtfertigen können, wenn sie nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen wirklich beeinflussen, folglich die Erheblichkeitsschwelle überschreiten. Eingriffe in die Körperfunktionen, die völlig unerheblich sind, können dagegen die Zuordnung zu den Arzneimitteln nicht rechtfertigen (BVerwG, U.v. 16.5.2007 - 3 C 34/06, juris Rn. 29 m.w.N.).

Die erhebliche Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und das Vorliegen erheblicher pharmakologischer Wirkungen müssen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sein (BVerwG, U.v. 25.7.2007 - 3 C 23/06, juris Rn. 22). Den plausiblen Nachweis einer pharmakologischen Wirkung schuldet der Beklagte, wenn er die Behauptung eines (Funktions-)Arzneimittels aufstellt (BVerwG, U.v. 26.5.2009 - 3 C 5/09, juris Rn. 17).

Soweit sich der Beklagte insoweit unter Berufung auf die (nicht rechtskräftige) Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln vom 25. April 2017 (Az. 7 K 3110/14) auf eine Art gestufte Beweislast beruft, überzeugt dies nicht. Das Verwaltungsgericht Köln führt insoweit - ohne erkennbare Auseinandersetzung mit oben genannter Bundesverwaltungsgerichtsentscheidung - aus, dass es, sofern ein Produkt erhebliche Anhaltspunkte für ein Funktionsarzneimittel biete, dem Unternehmer obliege, verbleibende Unklarheiten durch Vorlage entsprechenden Datenmaterials zu beseitigen. Der Gesetzgeber gehe davon aus, dass solche Anhaltspunkte aufgrund der begründeten Stellungnahme der zuständigen Landesbehörde vorlägen, vgl. § 21 Abs. 4 S. 2 AMG (VG Köln, U.v. 25.4.2017 - 7 K 3110/14, juris Rn. 37). Diese Argumentation dürfte bereits dem Gesetzeswortlaut widersprechen, da der Antrag der zuständigen Landesbehörde nach § 21 Abs. 4 Satz 2 AMG lediglich zu einer Prüfung der Zulassungspflicht durch die zuständige Bundesoberbehörde führt (§ 21 Abs. 4 Satz 1 AMG). Einer solchen Überprüfung bedürfte es jedoch nicht, sofern bereits allein der Antrag ausreichende Anhaltspunkte für die Einordnung eines Produktes als Funktionsarzneimittel ergeben würde.

Auch die Ausführungen des Beklagten, dass von ihm lediglich die pharmakologische Wirkung nachzuweisen sei, hingegen von Herstellerseite der Nachweis zu erbringen sei, dass die Erheblichkeitsschwelle nicht erreicht werde, erscheint nicht zulässig. Die Einstufung eines Produktes als Funktionsarzneimittel verlangt positiv die Feststellung einer pharmakologischen Wirkung in nicht unerheblichem Maß. Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein, lediglich ein entsprechender Verdacht reicht nicht aus (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.2009 - 3 C 5/09, juris Rn. 19). Die Umkehr der Beweislast bezüglich des Erreichens der Erheblichkeitsschwelle würde jedoch gerade dazu führen, dass Produkte ohne entsprechenden plausiblen Nachweis ihrer Wirkungsweise als Funktionsarzneimittel eingestuft würden.

Das Gericht sieht den Nachweis einer hinreichenden pharmakologischen Wirkung der streitgegenständlichen Produkte für nicht gegeben an und schließt sich insoweit der aktuellen wohl überwiegenden Rechtsprechung zu melatoninhaltigen Lebensmitteln an (vgl. LG München, U.v. 26.4.2016 - 33 O 5198/14; LG Berlin, U.v. 11.6.2018 - 101 O 31/14 - jeweils den Parteien bekannt, unveröffentlicht). Die entgegenstehenden Entscheidungen des VG Köln vom 25. April 2017 (Az.: 7 K 3110/14) sowie des LG Stuttgart vom 17. November 2014 (Az.: 36 O 23/14) überzeugen nicht und sind auch mit Rechtsmitteln angegriffen.

Insbesondere bestätigen auch die Ausführungen des ins vorliegende Verfahren eingeführten Gutachtens vom 31. August 2016 mit ergänzender Stellungnahme vom 29. September 2017 - welches aufgrund eines Beweisbeschlusses des Landgerichts Dortmund zu den streitgegenständlichen Produkten erstellt wurde -, dass für eine pharmakologische Wirkung (überphysiologisch) von 1 mg exogenes Melatonin keine sicheren Belege vorlägen (S. 5 des Gutachtens vom 31.8.2016; Punkt 4.10 der ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2017, S. 11). Eine Sachentscheidung ist im dortigen Verfahren nach Vorlage des Gutachtens nicht mehr erfolgt.

An dem Ergebnis des Gutachtens bestehen für das Gericht keine Zweifel. Das ausführliche Gutachten schildert nachvollziehbar die angewandte Vorgehensmethode und setzt sich intensiv mit vorliegenden Studien auseinander.

Der Gutachter führt aus, dass der Begriff der pharmakologischen Wirkung in der Wissenschaft wertneutral als Wechselwirkung zwischen Stoff und Lebewesen verstanden werde. Damit sei für eine Wirkung im Körper eine Wechselwirkung Voraussetzung. Die Qualität der Wirkung könne gewertet werden. Sie könne nützlich, belanglos oder schädlich ausfallen, die Größe der Wirkung könne gemessen werden (Effektgröße) (S. 3f der ergänzenden Stellungnahme).

Hingegen weiche der Begriff der pharmakologischen Wirkung im Sinne einer Dosis-Wirkungs-Korrelation - wie von der Rechtsprechung gefordert - hiervon leicht ab. Eine pharmakologische Wirkung, die begrifflich verstanden werde als über die physiologische hinausreichend (physiologische Funktion des Körpers beeinflussend), lasse sich über die Effektgröße, die Wirksamkeitsintensität, erkennen (S. 1 und 9 der ergänzenden Stellungnahme). Zum Nachweis der Wirksamkeit und der wirksamen Dosis eines Arzneistoffes am Menschen beschreibe die Dosis-Wirkungs-Beziehung klassisch einen quantitativen Zusammenhang zwischen Dosis und Wirkung innerhalb des Wirkbereiches (S. 5 der ergänzenden Stellungnahme).

Eine 1,0 mg Dosierung von Melatonin mit kurzer Melatoninspiegelanhebung werde in der Literatur als leicht pharmakologisch bzw. „überphysiologisch“ bezeichnet werde. Ob diese Dosierung dann physiologische oder pharmakologische Effekte zeige, sei anhand von Studienergebnissen zu bewerten.

Was den genauen Mechanismus, wie Melatonin auf den Schlaf wirke, angehe, gebe es trotz jahrzehntelanger Forschung keine wissenschaftliche Klarheit (S. 6 der ergänzenden Stellungnahme). Die Wissenschaft habe jedoch für Dosen um 1 mg exogenes Melatonin keine klassische Dosis-Wirkungs-Beziehung nach dem Prinzip ableiten können, je mehr exogenes Melatonin, desto schneller schlafe man ein, weil zum Beispiel hypothetisch mehr Rezeptoren von exogenem Melatonin aktiviert würden. Bei Melatonindosen bis zu 3 mg bleibe die Reduktion der Einschlaflatenz vergleichbar. D.h., es lasse sich trotz pharmakologischer Dosis nur eine Reduktion der Einschlaflatenz erreichen, die schon mit 0,3 mg Dosis vorhanden sei; eine Dosis, die in der Literatur als physiologisch bezeichnet werde (S. 8 der ergänzenden Stellungnahme). Es bestehe lediglich eine Ursache-Wirkungs-Beziehung, in dem Sinne, dass ein Zusammenhang zwischen moderater einschlaffördernden Effekten und einer exogenen, oralen Melatoningabe dosisabhängig um 1 mg angenommen werden könne (S. 5 der ergänzenden Stellungnahme).

Im Fall von Melatonin habe die Wissenschaft somit keine klassische Dosis-Wirkungs-Korrelation für den Effekt, die Reduktion der Einschlaflatenz, ableiten können (S. 9 der ergänzenden Stellungnahme), so dass kein Beleg für eine pharmalogische Wirkung im Sinne einer überphysiologischen Wirkung vorliege.

Von Beklagtenseite wird hingegen ausgeführt, dass den Ausführungen des Gutachtens fachlich weitgehend zu folgen sei, jedoch das Vorhandensein einer Dosis-Wirkungs-Beziehung nicht als notwendige Bedingung für eine pharmakologische Wirkung angesehen werde. Vielmehr könne auch eine Ursache-Wirkungs-Beziehung zum Nachweis einer pharmakologischen Wirkung ausreichen. Eine solche Ursache-Wirkungs-Beziehung werde auch im Gutachten angenommen. Viele Arzneistoffe würden bewusst so verabreicht, dass zwar ihre Konzentration im Blut nicht über ihre normale physiologische Konzentration hinaus aufgehoben werde, trotzdem aber die gewünschte therapeutische Wirkung eintrete. Der geringe Effekt auf die Verkürzung der Einschlafzeit sei kein Argument gegen eine pharmakologische Wirkung. Falle die beabsichtigte Wirkung zu gering aus, so werde möglicherweise eine arzneimittelrechtliche Zulassung versagt werden, die Wirkung bleibe jedoch nach wie vor pharmakologisch.

Wie der Gutachter im Rahmen der ergänzenden Stellungnahme bereit unter Punkt 3.2 erläutert, weicht die Definition der pharmakologischen Wirkung in der Pharmakologie und Toxikologie von dem in der Rechtsprechung verwendeten ab. So spreche die Pharmakologie wertneutral von einer Wechselwirkung zwischen Stoff und Lebewesen. Für eine Wirkung im Körper sei eine Wechselwirkung im Körper Voraussetzung. Die Qualität der Wirkung könne gewertet werden, sie können nützlich, belanglos oder schädlich ausfallen.

Eine in diesem Sinne verstandene pharmakologische Wirkung entspricht jedoch nicht der Definition eines Funktionsarzneimittels im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, wonach eine pharmakologischen Wirkung die physiologischen Funktionen wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen muss. Die menschlichen physiologischen Funktionen sind die normalen Lebensvorgänge, die im menschlichen Körper ablaufen. Diese müssen durch die Anwendung des Mittels wiederhergestellt, korrigiert oder beeinflusst werden. Damit soll nicht jede beliebige und noch so geringfügige Veränderung, die sich innerhalb der Spannweite des Normalen abspielt, erfasst sein. Die Wiederherstellung der physiologischen Funktionen setzt voraus, dass die normalen Lebensvorgänge nicht mehr ordnungsgemäß ablaufen. Auch von einer Korrektur kann nur bei einer Abweichung vom normgemäßen - normalen - Funktionieren des Organismus die Rede sein. Da die Beeinflussung der physiologischen Funktionen diesen beiden Vorgängen ergänzend hinzugefügt und damit gleichgestellt wird, muss auch sie zu einer Veränderung führen, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt. Es genügt mithin nicht, dass die Einnahme eines Stoffes Einfluss auf die menschliche Physiologie hat. Das geschieht mit jeder Nahrungsaufnahme. Verlangt wird vielmehr eine wirkliche Veränderung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und eine nennenswerte Auswirkung auf den Stoffwechsel (BVerwG, U.v. 25. Juli 2007 - 3 C 23/06, juris Rn. 20 m.w.N.; OVG Lüneburg, U.v. 2.11.2017 - 13 LB 31/14, juris Rn. 40 m.w.N.).

Die erhebliche Beeinflussung der Funktionsbedingungen des menschlichen Körpers und das Vorliegen erheblicher pharmakologischer Wirkungen müssen durch belastbare wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sein (BVerwG, U.v. 25. Juli 2007 - 3 C 23/06, juris Rn. 22). Das ist hier nicht der Fall. Das Gericht folgt der Beurteilung des Gutachters, dass das Vorliegen einer Ursache-Wirkungs-Beziehung im vorliegenden Fall für den Nachweis einer pharmakologischen Wirkung, die über die physiologische Funktion hinausreicht und einen nennenswerte Wirksamkeitsintensität erreicht, nicht ausreichend ist.

Selbst bei Annahme einer pharmakologischen Wirkung in diesem Sinne überschreiten die streitgegenständlichen Produkte jedenfalls nicht die Erheblichkeitsschwelle.

Stoffe, die zwar auf den menschlichen Körper einwirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen, dürfen nicht als Funktionsarzneimittel eingestuft werden Der Begriff des Funktionsarzneimittels soll nur diejenigen Erzeugnisse erfassen, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festgestellt und die tatsächlich dazu bestimmt sind, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen. Enthält ein Erzeugnis im Wesentlichen einen Stoff, der auch in einem Lebensmittel in dessen natürlichem Zustand vorhanden ist, so gehen von ihm keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stoffwechsel aus, wenn bei einem normalen Gebrauch des fraglichen Erzeugnisses seine Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann (st. Rspr; BGH, U.v. 14.1.2010 - I ZR 67/07, juris Rn. 15, OVG Lüneburg, U.v. 2.11.2017 - 13 LB 31/14, juris Rn. 59ff. m.w.N.; grundlegend: EuGH, U.v. 15.11.2007 - C-319/05 - juris).

Irrelevant ist insoweit, ob die Aufnahme der Stoffe zu den normalen Ernährungsgewohnheiten gehört. Maßgeblich ist vielmehr, dass die Aufnahme einer solchen Menge des Lebensmittels dieselbe physiologische Wirkung erzielt, wie durch das betreffende Mittel und dass es sich dabei noch um eine für den Verzehr als Lebensmittel angemessene Menge handelt (BGH, U.v. 14.1.2010 - I ZR 67/07, juris Rn. 18).

Durch die in das Verfahren eingeführten Gutachten wurde hinreichend belegt, dass eine Aufnahme von 1 mg Melatonin auch durch den Verzehr einer angemessenen Menge von Lebensmitteln erreicht werden kann.

Der durch das Landgericht München I im Verfahren 33 O 5198/14 bestellte Gutachter Prof. Dr. med. H. H. führt in seinem Gutachten vom 14. August 2015 aus, dass durch die gezielte Aufnahme von 5 g Pistazien am Tag eine Tagesdosis von 1 mg Melatonin erreichbar wäre und eine solche Aufnahme gesundheitlich unbedenklich sei. Pistazien würden jedoch nicht zu den in Deutschland üblichen und in größeren Mengen verzehrten Lebensmitteln gehören; der tägliche Durchschnittsverzehr liege rechnerisch deutlich unter 1 Gramm pro Person. Als Ergebnis hielt der Gutachter daher fest, dass eine Melatoninzufuhr von 1 mg pro Tag mit einer ausgewogenen, gesundheitsförderlichen Ernährungsweise mit Lebensmitteln des in Deutschland üblichen Verzehrs nicht zu erreichen sei. Eine solche weitgehende Einschränkung in Bezug auf die Vergleichbarkeit der Stoffaufnahme durch Lebensmittel ist jedoch nicht gerechtfertigt. Ausreichend ist, dass die Aufnahme durch Lebensmittel ohne Gesundheitsbedenken möglich ist.

Der Gutachter Dr. W. H. führt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. September 2017 aus, dass die Aufnahme von 1 mg Melatonin durch die streitgegenständlichen Produkte nicht nennenswert über eine Aufnahme bei einem Verzehr einer angemessenen Menge melatoninhaltiger Lebensmittel hinausgeht. Beispielhaft könnten 1 mg Melatonin mit einer Pfifferlingsmahlzeit aus rund 270 g Frischpilz - was einer üblichen Verzehrmenge entspräche - aufgenommen werden; andere Lebensmittel könnten aufgrund kleinerer Gehalte für zusätzliche Zufuhrmengen sorgen.

Zur Überzeugung des Gerichts steht daher fest, dass zumindest die Erheblichkeitsschwelle durch die streitgegenständlichen Produkte nicht überschritten wird. Auch von Beklagtenseite wurden die gutachterlichen Ausführungen insoweit nicht angezweifelt.

Da somit nicht nachgewiesen ist, dass es sich bei den streitgegenständlichen Produkten um Arzneimittel handelt, sind die Untersagungsverfügungen im Bescheid vom 2. Oktober 2015 rechtswidrig.

Ebenso ist die Untersagung der Bewerbung der streitgegenständlichen Produkte rechtswidrig, da auch insoweit das Vorliegen eines Arzneimittels Tatbestandsvoraussetzungen ist, vgl. § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG i.v.m. § 64 Abs. 3 AMG § 3a Satz 1 HWG.

Der Bescheid vom 2. Oktober 2015 war daher aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Kostenausspruchs beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Okt. 2018 - M 18 K 15.4632 zitiert oder wird zitiert von 4 Urteil(en).

Verwaltungsgericht München Urteil, 17. Okt. 2018 - M 18 K 15.4632 zitiert 4 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 14. Jan. 2010 - I ZR 67/07

bei uns veröffentlicht am 14.01.2010

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 67/07 Verkündet am: 14. Januar 2010 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 17. Aug. 2017 - 3 C 18/15

bei uns veröffentlicht am 17.08.2017

Tatbestand 1 Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie für die Einfuhr von Blutegeln zur Herstellung von Hirudo medicinalis L. (Blutegel zur Anwendung in der Human

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 20. Nov. 2014 - 3 C 25/13

bei uns veröffentlicht am 20.11.2014

Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihr der Verkauf nikotinhaltiger Liquids untersagt worden war.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 19. Sept. 2013 - 3 C 15/12

bei uns veröffentlicht am 19.09.2013

Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Verkaufs von Magnetschmuck (mit Magneten versehene Schmuckstücke) in Apotheken.

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(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Der Überwachung durch die zuständige Behörde hinsichtlich der jeweils genannten Tätigkeiten unterliegen Betriebe und Einrichtungen,

1.
in denen Arzneimittel hergestellt, geprüft, gelagert, verpackt oder in den Verkehr gebracht werden,
2.
in denen sonst mit Arzneimitteln Handel getrieben wird,
3.
die Arzneimittel einführen,
4.
die Arzneimittel entwickeln oder klinisch prüfen,
5.
die Arzneimittel nach § 47a Absatz 1 Satz 1 erwerben oder anwenden,
6.
in denen Aufzeichnungen über die in den Nummern 1 bis 5 genannten Tätigkeiten aufbewahrt werden oder
7.
die einen Datenspeicher einrichten oder verwalten, der zum Datenspeicher- und -abrufsystem nach Artikel 31 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 2. Oktober 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln (ABl. L 32 vom 9.2.2016, S. 1) gehört.
Die Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verpackung, Einfuhr und das Inverkehrbringen von Wirkstoffen und anderen zur Arzneimittelherstellung bestimmten Stoffen und von Gewebe, der sonstige Handel mit diesen Wirkstoffen und Stoffen sowie die mit den genannten Tätigkeiten im Zusammenhang stehende Aufbewahrung von Aufzeichnungen unterliegen der Überwachung, soweit sie durch eine Rechtsverordnung nach § 54, nach § 12 des Transfusionsgesetzes oder nach § 16a des Transplantationsgesetzes geregelt sind. Im Fall des § 14 Absatz 4 Nummer 4 und des § 20b Absatz 2 unterliegen die Entnahmeeinrichtungen und Labore der Überwachung durch die für sie örtlich zuständige Behörde; im Fall des § 20c Absatz 2 Satz 2 unterliegen die beauftragten Betriebe der Überwachung durch die für sie örtlich zuständige Behörde. Satz 1 gilt auch für Personen, die diese Tätigkeiten berufsmäßig ausüben oder Arzneimittel nicht ausschließlich für den Eigenbedarf mit sich führen, für den Sponsor einer klinischen Prüfung oder seinen Vertreter sowie für Personen oder Personenvereinigungen, die Arzneimittel für andere sammeln. Satz 1 findet keine Anwendung auf die Rekonstitution, soweit es sich nicht um Arzneimittel handelt, die zur klinischen Prüfung bestimmt sind.

(2) Die mit der Überwachung beauftragten Personen müssen diese Tätigkeit hauptberuflich ausüben. Die zuständige Behörde kann Sachverständige beiziehen. Sie soll Angehörige der zuständigen Bundesoberbehörde als Sachverständige beteiligen, soweit es sich um Blutzubereitungen, Gewebe und Gewebezubereitungen, radioaktive Arzneimittel, gentechnisch hergestellte Arzneimittel, Sera, Impfstoffe, Allergene, Arzneimittel für neuartige Therapien, xenogene Arzneimittel oder um Wirkstoffe oder andere Stoffe, die menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft sind oder die auf gentechnischem Wege hergestellt werden, handelt. Bei Apotheken, die keine Krankenhausapotheken sind oder die einer Erlaubnis nach § 13 nicht bedürfen, kann die zuständige Behörde Sachverständige mit der Überwachung beauftragen.

(3) Die zuständige Behörde hat sich davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über Arzneimittel, Wirkstoffe und andere zur Arzneimittelherstellung bestimmte Stoffe sowie über Gewebe, über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens, des Zweiten Abschnitts des Transfusionsgesetzes, der Abschnitte 2, 3 und 3a des Transplantationsgesetzes und über das Apothekenwesen beachtet werden. Sie hat dafür auf der Grundlage eines Überwachungssystems unter besonderer Berücksichtigung möglicher Risiken in angemessenen Zeitabständen und in angemessenem Umfang sowie erforderlichenfalls auch unangemeldet Inspektionen vorzunehmen und wirksame Folgemaßnahmen festzulegen. Sie hat auch Arzneimittelproben amtlich untersuchen zu lassen. Unangemeldete Inspektionen sind insbesondere erforderlich

1.
bei Verdacht von Arzneimittel- oder Wirkstofffälschungen,
2.
bei Hinweis auf schwerwiegende Mängel von Arzneimitteln oder Wirkstoffen sowie
3.
in angemessenen Zeitabständen im Rahmen der Überwachung der Arzneimittelherstellung nach § 35 der Apothekenbetriebsordnung und der Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung für Apotheken.

(3a) Betriebe und Einrichtungen, die einer Erlaubnis nach den §§ 13, 20c, 72, 72b Absatz 1 oder § 72c bedürfen, sowie Apotheken, die Arzneimittel nach § 35 der Apothekenbetriebsordnung herstellen, sind in der Regel alle zwei Jahre nach Absatz 3 zu überprüfen. Die zuständige Behörde erteilt die Erlaubnis nach den §§ 13, 20c, 52a, 72, 72b Absatz 1 oder § 72c erst, wenn sie sich durch eine Inspektion davon überzeugt hat, dass die Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung vorliegen.

(3b) Die zuständige Behörde führt die Inspektionen zur Überwachung der Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln gemäß den Leitlinien der Europäischen Kommission nach Artikel 111a der Richtlinie 2001/83/EG durch, soweit es sich nicht um die Überwachung der Durchführung klinischer Prüfung handelt. Sie arbeitet mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur durch Austausch von Informationen über geplante und durchgeführte Inspektionen sowie bei der Koordinierung von Inspektionen von Betrieben und Einrichtungen in Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, zusammen.

(3c) Die Inspektionen können auch auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates, der Europäischen Kommission oder der Europäischen Arzneimittel-Agentur durchgeführt werden. Unbeschadet etwaiger Abkommen zwischen der Europäischen Union und Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, kann die zuständige Behörde einen Hersteller in dem Land, das nicht Mitgliedstaat der Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, auffordern, sich einer Inspektion nach den Vorgaben der Europäischen Union zu unterziehen.

(3d) Über die Inspektion ist ein Bericht zu erstellen. Die zuständige Behörde, die die Inspektion durchgeführt hat, teilt den überprüften Betrieben, Einrichtungen oder Personen den Inhalt des Berichtsentwurfs mit und gibt ihnen vor dessen endgültiger Fertigstellung Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3e) Führt die Inspektion nach Auswertung der Stellungnahme nach Absatz 3d Satz 2 zu dem Ergebnis, dass die Betriebe, Einrichtungen oder Personen den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen, so wird diese Information, soweit die Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis oder der Guten Vertriebspraxis des Rechts der Europäischen Union für Arzneimittel zur Anwendung beim Menschen betroffen sind, in die Datenbank nach § 67a eingegeben.

(3f) Innerhalb von 90 Tagen nach einer Inspektion zur Überprüfung der Guten Herstellungspraxis oder der Guten Vertriebspraxis wird den überprüften Betrieben, Einrichtungen oder Personen ein Zertifikat ausgestellt, wenn die Inspektion zu dem Ergebnis geführt hat, dass die entsprechenden Grundsätze und Leitlinien eingehalten werden. Die Gültigkeitsdauer des Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis soll drei Jahre, die des Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Vertriebspraxis fünf Jahre nicht überschreiten. Das Zertifikat ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben; es ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.

(3g) Die Angaben über die Ausstellung, die Versagung, die Rücknahme oder den Widerruf eines Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis sind in eine Datenbank nach § 67a einzugeben. Das gilt auch für die Erteilung, die Rücknahme, den Widerruf oder das Ruhen einer Erlaubnis nach § 13 oder § 72 Absatz 1 und 2 sowie für die Registrierung und Löschung von Arzneimittelvermittlern oder von Betrieben und Einrichtungen, die Wirkstoffe herstellen, einführen oder sonst mit ihnen Handel treiben, ohne einer Erlaubnis zu bedürfen. Die Angaben über die Ausstellung, die Versagung, die Rücknahme oder den Widerruf einer Erlaubnis nach § 52a sowie eines Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Vertriebspraxis sind in eine Datenbank der Europäischen Arzneimittel-Agentur nach Artikel 111 Absatz 6 der Richtlinie 2001/83/EG einzugeben.

(3h) Die Absätze 3b, 3c und 3e bis 3g finden keine Anwendung auf Betriebe und Einrichtungen, die einen Datenspeicher einrichten oder verwalten, der zum Datenspeicher- und -abrufsystem nach Artikel 31 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 gehört.

(3i) Abweichend von Absatz 3c hat die zuständige Behörde über ein begründetes Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union zu entscheiden, in den Gewebe oder Gewebezubereitungen verbracht werden sollen, die zuvor in den Geltungsbereich dieses Gesetzes eingeführt wurden, eine einführende Gewebeeinrichtung, die der Erlaubnispflicht des § 72b Absatz 1 oder des § 72c Absatz 1 unterliegt, zu inspizieren oder sonstige Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Der andere Mitgliedstaat erhält zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ein begründetes Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, in den hämatopoetische Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut verbracht werden sollen, die zuvor in den Geltungsbereich dieses Gesetzes eingeführt wurden, eine einführende Einrichtung, die der Erlaubnispflicht nach § 72 Absatz 4 oder § 72c Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 unterliegt, zu inspizieren oder sonstige Überwachungsmaßnahmen durchzuführen.

(3j) Im Fall einer Inspektion nach Absatz 3i kann die zuständige Behörde auf ein Ersuchen der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gestatten, dass beauftragte Personen dieses Mitgliedstaates die Inspektion begleiten. Eine Ablehnung des Ersuchens muss die zuständige Behörde gegenüber der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates begründen. Die begleitenden Personen sind befugt, zusammen mit den mit der Überwachung beauftragten Personen Grundstücke, Geschäftsräume, Betriebsräume und Beförderungsmittel zu den üblichen Geschäftszeiten zu betreten und zu besichtigen.

(3k) Die zuständige Behörde informiert die zuständige Bundesoberbehörde über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln oder Wirkstoffen in Drittstaaten. Angehörige der zuständigen Bundesoberbehörde können im Benehmen mit der zuständigen Behörde an solchen Inspektionen als Sachverständige teilnehmen. Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.

(4) Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind befugt

1.
Grundstücke, Geschäftsräume, Betriebsräume, Beförderungsmittel und zur Verhütung dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch Wohnräume zu den üblichen Geschäftszeiten zu betreten, zu besichtigen sowie in Geschäftsräumen, Betriebsräumen und Beförderungsmitteln zur Dokumentation Bildaufzeichnungen anzufertigen, in denen eine Tätigkeit nach Absatz 1 ausgeübt wird; das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird insoweit eingeschränkt,
2.
Unterlagen über Entwicklung, Herstellung, Prüfung, klinische Prüfung, Erwerb, Einfuhr, Lagerung, Verpackung, Abrechnung, Inverkehrbringen und sonstigen Verbleib der Arzneimittel, der Wirkstoffe und anderer zur Arzneimittelherstellung bestimmter Stoffe sowie über das im Verkehr befindliche Werbematerial und über die nach § 94 erforderliche Deckungsvorsorge einzusehen,
2a.
Abschriften oder Ablichtungen von Unterlagen nach Nummer 2 oder Ausdrucke oder Kopien von Datenträgern, auf denen Unterlagen nach Nummer 2 gespeichert sind, anzufertigen oder zu verlangen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten von Patienten handelt,
3.
von natürlichen und juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte, insbesondere über die in Nummer 2 genannten Betriebsvorgänge zu verlangen,
4.
vorläufige Anordnungen, auch über die Schließung des Betriebes oder der Einrichtung zu treffen, soweit es zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geboten ist.

(4a) Soweit es zur Durchführung dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erforderlich ist, dürfen auch die Sachverständigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, soweit sie die mit der Überwachung beauftragten Personen begleiten, Befugnisse nach Absatz 4 Nr. 1 wahrnehmen.

(5) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen seiner in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(6) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben in den Fällen festzulegen, in denen Arzneimittel von einem pharmazeutischen Unternehmer im Geltungsbereich des Gesetzes in den Verkehr gebracht werden, der keinen Sitz im Geltungsbereich des Gesetzes hat, soweit es zur Durchführung der Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln sowie über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens erforderlich ist. Dabei kann die federführende Zuständigkeit für Überwachungsaufgaben, die sich auf Grund des Verbringens eines Arzneimittels aus einem bestimmten Mitgliedstaat der Europäischen Union ergeben, jeweils einem bestimmten Land oder einer von den Ländern getragenen Einrichtung zugeordnet werden.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Zulässigkeit des Verkaufs von Magnetschmuck (mit Magneten versehene Schmuckstücke) in Apotheken.

2

Der Kläger ist selbstständiger Apotheker. Im November 2006 stellte die Beklagte fest, dass er in seiner Apotheke Magnetschmuck anbot, und wies ihn auf die Unzulässigkeit des Verkaufs hin. Der Kläger trat dieser Rechtsauffassung entgegen. Daraufhin untersagte ihm die Beklagte nach vorheriger Anhörung mit Ordnungsverfügung vom 12. Februar 2007 den weiteren Verkauf von Magnetschmuck aus seiner Apotheke und drohte ihm für den Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1 000 € an. Zur Begründung führte sie aus, Magnetschmuck sei keine apothekenübliche Ware im Sinne des § 25 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO 2004). Es handele sich weder nach § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004 um ein Produkt, das der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar diene oder diese fördere, noch lägen die Voraussetzungen eines Medizinprodukts nach § 25 Nr. 1 ApBetrO 2004 vor. Den Widerspruch des Klägers wies die Bezirksregierung Arnsberg mit Bescheid vom 4. Juni 2007 zurück.

3

Die dagegen erhobene Anfechtungsklage ist vor dem Verwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht ohne Erfolg geblieben. In dem Berufungsurteil heißt es im Wesentlichen: Die angefochtene Ordnungsverfügung finde ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 Satz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) i.V.m. § 2 Abs. 4 und § 25 ApBetrO 2004. Der vom Kläger angebotene Magnetschmuck zähle nicht zum zulässigen Warensortiment einer Apotheke. Es handele sich weder um ein Arzneimittel noch um ein Medizinprodukt. Magnetschmuck sei auch keine apothekenübliche Ware im Sinne von § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004. Die bloße Möglichkeit einer positiven Wirkung auf die Gesundheit genüge nicht. Ebenso wenig reiche es aus, dass der Hersteller oder der Apotheker dem Produkt eine gesundheitsbezogene Zweckbestimmung beilegten. Vielmehr müsse objektiv feststellbar sein, dass das Erzeugnis der Gesundheit diene oder sie fördere. Das setze voraus, dass die gesundheitsdienliche oder -fördernde Wirkung ohne Weiteres erkennbar oder durch wissenschaftliche Erkenntnisse belegt sei. Beides sei hier nicht der Fall. Das Verkaufsverbot stehe auch mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Der Verordnungsgeber verfolge mit der Beschränkung des Apothekensortiments das legitime Ziel, einer Entwicklung der Apotheke zum "drugstore" entgegenzuwirken. Die Ordnungsverfügung sei auch im Übrigen rechtmäßig. Die Zwangsgeldandrohung finde ihre Rechtsgrundlage im Landesvollstreckungsrecht.

4

Mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Er rügt, die dem Berufungsurteil zugrunde liegende restriktive Auslegung des Begriffs der apothekenüblichen Ware verletze ihn in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung. § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004 verlange eine spezifisch gesundheitsbezogene Zweckbestimmung, die bei Magnetschmuck gegeben sei. Wie verschiedene Studien und Veröffentlichungen bestätigten, werde dem Produkt eine positive Grundwirkung auf den menschlichen Organismus zugeschrieben. Für Magnetpflaster, die über dieselben Eigenschaften verfügten wie Magnetschmuck, werde eine gesundheitsfördernde Wirkung nicht in Frage gestellt. Ein wissenschaftlicher Nachweis dürfe nicht verlangt werden; denn das führe zu dem widersinnigen Ergebnis, dass an das Merkmal der Apothekenüblichkeit strengere Anforderungen gestellt würden als an die Zulassung von homöopathischen Arzneimitteln. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass die Wirksamkeit der Magnettherapie und die gesundheitsfördernde Wirkung von Magnetschmuck zwar bislang nicht wissenschaftlich nachgewiesen seien, andererseits aber auch nicht der Beweis des Gegenteils erbracht sei. Bei dieser Sachlage dürfe allein die gesundheitsbezogene Zweckbestimmung für die Einstufung als apothekenübliche Ware maßgeblich sein. Abgrenzungsschwierigkeiten ergäben sich daraus nicht. Ob einem Erzeugnis eine solche Zweckbestimmung zukomme, lasse sich unschwer anhand der Verkehrsauffassung ermitteln. Kunden, die bei ihm nach Magnetschmuck fragten, interessierten sich dafür wegen der erhofften gesundheitsfördernden Wirkung und erwarteten eine kompetente Information und Beratung. Es könne auch keine Rede davon sein, dass der Verkauf den ordnungsgemäßen Betrieb seiner Apotheke oder den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrags beeinträchtige; er wolle das Produkt lediglich in geringem Umfang anbieten. Die Neufassung von § 25 Nr. 2 in § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO 2012 führe zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Das Verkaufsverbot wäre im Übrigen auch rechtswidrig, wenn Magnetschmuck nicht als apothekenübliche Ware anzusehen sein sollte. Mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 GG müsse in Apotheken in gewissem Umfang die Abgabe sonstiger Waren erlaubt sein, wenn dadurch das Kerngeschäft nicht gefährdet sei.

5

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil und verweist darauf, dass der Apothekenverkauf von Magnetschmuck nach § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO 2012 weiterhin verboten sei.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses hält das Berufungsurteil in Einklang mit dem Bundesministerium für Gesundheit für zutreffend. Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie das Bundesamt für Strahlenschutz hätten übereinstimmend mitgeteilt, dass derzeit keine wissenschaftlichen Untersuchungen bekannt seien, die eine gesundheitsfördernde Wirkung von Magnetschmuck belegen könnten.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Berufungsurteil beruht nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO).

8

Rechtsgrundlage für die angefochtene Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Die Ermächtigung erstreckt sich auch auf die Überwachung des ordnungsgemäßen Betriebs von Apotheken und ordnungsrechtliche Maßnahmen bei Verstößen gegen das Apothekenrecht (stRspr, zuletzt Urteil vom 18. Oktober 2012 - BVerwG 3 C 25.11 - BVerwGE 144, 355 Rn. 8 m.w.N.). Der Verkauf von Magnetschmuck in Apotheken ist nach den Vorschriften der Apothekenbetriebsordnung verboten (1.). Das Verkaufsverbot verletzt den Kläger nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit (2.).

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1. Anzuwenden ist die Apothekenbetriebsordnung i.d.F. der Vierten Änderungsverordnung vom 5. Juni 2012 (BGBl I S. 1254), zuletzt geändert durch Verordnung vom 19. Februar 2013 (BGBl I S. 312). Bei der Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung haben die Tatsachengerichte auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt ihrer Entscheidung abzustellen, wenn das materielle Recht - wie hier - nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt. Entsprechend ist auch im Revisionsverfahren die aktuelle Fassung der Apothekenbetriebsordnung maßgeblich (vgl. Urteile vom 22. Januar 1998 - BVerwG 3 C 6.97 - BVerwGE 106, 141 <143 f.>, vom 14. April 2005 - BVerwG 3 C 9.04 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 16 S. 2 und vom 18. Oktober 2012 a.a.O. Rn. 10).

10

Nach § 2 Abs. 4 Satz 1 ApBetrO dürfen neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten die in § 1a Absatz 10 genannten Waren nur in einem Umfang angeboten oder feilgehalten werden, der den ordnungsgemäßen Betrieb der Apotheke und den Vorrang des Arzneimittelversorgungsauftrages nicht beeinträchtigt. Apothekenübliche Waren sind nach § 1a Abs. 10 ApBetrO Medizinprodukte, die nicht der Apothekenpflicht unterliegen (Nr. 1), Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren unmittelbar dienen oder diese fördern (Nr. 2), Mittel zur Körperpflege (Nr. 3), des Weiteren Prüfmittel, Chemikalien, Reagenzien, Laborbedarf, Schädlingsbekämpfungs- und Pflanzenschutzmittel sowie Mittel zur Aufzucht von Tieren (Nr. 4 bis Nr. 9).

11

Magnetschmuck erfüllt - wovon auch der Kläger ausgeht - weder die Anforderungen eines Arzneimittels gemäß § 2 AMG noch diejenigen eines verkehrsfähigen Medizinprodukts nach § 3 i.V.m. § 6 Medizinproduktegesetz (MPG). Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen einer apothekenüblichen Ware nach § 1a Abs. 10 ApBetrO vor. Der Tatbestand der allein in Betracht kommenden Nummer 2 ist nicht erfüllt. Magnetschmuck ist kein Gegenstand, der der Gesundheit von Menschen unmittelbar dient oder diese fördert.

12

a) § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO verlangt, dass der Gegenstand tatsächlich geeignet ist, die menschliche Gesundheit positiv zu beeinflussen. Das ist der Fall, wenn er objektiv zur Erhaltung oder Verbesserung des Gesundheitszustandes beiträgt. Eine bloß subjektive Zuschreibung einer solchen Wirkung genügt nicht.

13

Die Vorgängerregelung in § 25 ApBetrO i.d.F. vom 9. Februar 1987 (BGBl I S. 547, 555) zählte zum apothekenüblichen Sortiment Verbandmittel (Nr. 1), Mittel und Gegenstände zur Kranken- und Säuglingspflege (Nr. 2), diätetische Lebensmittel (Nr. 5) sowie enumerativ benannte weitere Lebensmittel (Nr. 6, z.B. Frucht- und Gemüsesäfte, Honig, Hustenbonbons, Nahrungsergänzungsmittel). Die Aufnahme in den Katalog der apothekenüblichen Waren beruhte darauf, dass sie als "Mittel und Gegenstände der Gesundheitsvorsorge" angesehen wurden. Hierbei hat der Verordnungsgeber auf eine positive Beeinflussung der Körperfunktionen abgestellt, die über die normalen physiologischen Vorgänge - wie sie etwa mit jeder Nahrungsaufnahme verbunden sind - hinausgeht. Das zeigt die abschließende Aufzählung in § 25 Nr. 6 ApBetrO 1987, mit der bezweckt war, eine Ausuferung des Lebensmittelsortiments in Apotheken zu verhindern. Nur Lebensmittel, denen eine krankheitsvorbeugende oder -lindernde Wirkung beigemessen wurde, sollten dort in den Verkehr gebracht werden dürfen (vgl. amtliche Begründung, BRDrucks 498/86 S. 34, S. 80 f.; BRDrucks 498/1/86 S. 26). § 25 Nr. 2 ApBetrO i.d.F. des Art. 21 Nr. 7 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14. November 2003 (BGBl I S. 2190, 2252) fasste die verschiedenen Warengruppen zusammen und definierte als apothekenüblich "Mittel sowie Gegenstände und Informationsträger, die der Gesundheit von Menschen und Tieren mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern" (BTDrucks 15/1525 S. 164). Es besteht kein Anhaltspunkt, dass der Neufassung ein von der bisherigen Regelung abweichendes Verständnis der erforderlichen gesundheitsbezogenen Wirkung zugrunde liegt. Vielmehr belegen die mit der Änderungsverordnung vom 5. Juni 2012 (a.a.O.) vorgenommene Streichung des Zusatzes "mittelbar" und die Beschränkung auf Produkte mit einem "unmittelbaren" Gesundheitsbezug, dass der Verordnungsgeber daran festhält, einer Ausuferung des Warensortiments entgegenzuwirken. Die Kernaufgaben der Apotheke sollen stärker herausgestellt werden; das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung soll erhalten bleiben (BRDrucks 61/1/12 S. 2).

14

Hieraus ist abzuleiten, dass eine gesundheitsbezogene Zweckbestimmung durch den Hersteller, Apotheker oder Verbraucher allein nicht genügt, um einen Gegenstand nach § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO als gesundheitsdienlich oder -fördernd einzustufen. Die ihm zugeschriebene positive Wirkung auf die Gesundheit muss auch nach objektiven Maßstäben gegeben sein. Das unterstreicht der Vergleich mit der Definition des (Präsentations-)Arzneimittels in § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und des Medizinprodukts in § 3 Abs. 1 MPG. Beide Begriffsbestimmungen stellen auf eine Zweckbestimmung durch den Hersteller ab. Eine vergleichbare Formulierung weist § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht auf. Es liegt fern, dass der Verordnungsgeber bei der Neufassung des § 25 Nr. 2 ApBetrO 2004 den Arzneimittel- und Medizinproduktebegriff nicht vor Augen gehabt hat. Es spricht daher alles für eine bewusst abweichende Formulierung in der Absicht, das Merkmal der Apothekenüblichkeit an einen objektiv vorhandenen Gesundheitsbezug zu knüpfen. Gegenteiliges lässt sich auch nicht daraus schließen, dass im Tatbestand die Begriffe "dienen" und "fördern" alternativ angeführt werden. Nach dem Wortsinn meint beides einen hilfreichen oder begünstigenden, also unterstützenden Effekt für die Gesundheit. Die Dopplung dürfte darauf zurückzuführen sein, dass mit dem einen Begriff der Bereich der Gesundheitsvorsorge erfasst werden soll, während der andere auf den Aspekt der Linderung von körperlichen Beschwerden zielt (vgl. bereits § 12 Nr. 6 ApBetrO i.d.F. vom 7. August 1968 : "zur Vorbeugung und zur Heilung von Krankheiten"). Für eine darüber hinausgehende Abgrenzung der Begriffe ist nichts ersichtlich (Cyran/Rotta, Apothekenbetriebsordnung, Stand September 2012, § 1a Rn. 152).

15

b) Ob ein Gegenstand einen solchen objektiven Gesundheitsbezug aufweist, ist nach der Verkehrsauffassung aus der Sicht eines verständigen Verbrauchers zu beurteilen.

16

Anders als die Vorschriften über die Arzneimitteleigenschaft (§ 2 AMG) und über die Zulassungsvoraussetzungen von Arzneimitteln (§§ 21 ff. AMG) entscheidet § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht über die Verkehrsfähigkeit eines Produkts, sondern regelt lediglich die Frage der Verkaufsbefugnis für Apotheken. Es ist daher nicht sachgerecht, die Feststellung der Gesundheitsdienlichkeit ähnlich strengen Anforderungen zu unterwerfen, wie sie im Arzneimittelrecht für den Nachweis der Arzneimitteleigenschaft (vgl. Urteile vom 25. Juli 2007 - BVerwG 3 C 22.06 - ZLR 2008, 80 Rn. 24 ff. und vom 26. Mai 2009 - BVerwG 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 ff.) und den Nachweis der Zulassungsvoraussetzungen (vgl. § 22 Abs. 2 ff., § 24 AMG) gelten. Die Regelung über die apothekenüblichen Waren ist erkennbar darauf ausgerichtet, dass sich das zulässige Warensortiment einfach bestimmen lässt. Ein Prüf- oder Nachweisverfahren sieht § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO nicht vor. Gegen das Erfordernis eines wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweises spricht außerdem der Zusammenhang mit der Begriffsbestimmung der apothekenüblichen Dienstleistungen in § 1a Abs. 11 ApBetrO. Die Apothekenüblichkeit von Dienstleistungen bestimmt sich gleichfalls danach, ob sie der Gesundheit dienen oder diese fördern. Angesichts der - bis auf das Merkmal der Unmittelbarkeit - gleichlautenden Definition liegt es nahe, die Frage der Gesundheitsdienlichkeit nach einem einheitlichen Maßstab zu prüfen. Für § 1a Abs. 11 ApBetrO ist das Abstellen auf einen wissenschaftlichen Wirksamkeitsnachweis jedoch augenscheinlich ungeeignet. Vielmehr gebietet es der Normzweck, den erforderlichen Gesundheitsbezug anhand der allgemeinen Verkehrsanschauung zu beurteilen, mit anderen Worten: entscheidend ist, ob der durchschnittlich informierte, aufmerksame und verständige Verbraucher der feilgebotenen Ware die für deren Apothekenüblichkeit notwendige gesundheitsdienliche oder gesundheitsfördernde Wirkung beimisst. Erscheint aus dessen Warte der dem Gegenstand zugeschriebene positive Einfluss auf die Körperfunktionen plausibel, weil es dafür einen nachvollziehbaren und damit tragfähigen Anknüpfungspunkt gibt, sind die Voraussetzungen des § 1a Abs. 10 Nr. 2 ApBetrO zu bejahen. Dieser Maßstab gewährleistet einerseits eine hinreichende Objektivierung bei der Bestimmung der Gesundheitsdienlichkeit, um eine Ausweitung des Nebensortiments auf nur vorgeblich gesundheitsbezogene Produkte zu verhindern und so das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu erhalten. Andererseits ist damit aber auch sichergestellt, dass den (Kunden-)Bedürfnissen und Entwicklungen im Apothekensektor angemessen Rechnung getragen werden kann. Erwartet der verständige Kunde, ein Produkt wegen eines plausiblen Gesundheitsbezugs in der Apotheke erwerben zu können, besteht kein Grund, die Einstufung als apothekenübliche Ware zu versagen (auf die Verkehrsauffassung abstellend auch BRDrucks 498/86 S. 34 und S. 81 § 25 nr. 6 apbetro 1987>).

17

c) Gemessen daran ist Magnetschmuck keine apothekenübliche Ware. Auf der Grundlage der vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen ist dieses Produkt objektiv nicht geeignet, einen positiven Effekt für die Gesundheit zu erzielen. Die ihm von Hersteller- und Anbieterseite zugeschriebene und vom Kläger geltend gemachte gesundheitsdienliche Wirkung ist aus Sicht des verständigen Verbrauchers nicht plausibel. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, dass bereits die Wirksamkeit der nicht-invasiven Magnet(feld)therapie in der medizinischen Wissenschaft umstritten und keinesfalls erwiesen sei. Es hat des Weiteren darauf abgestellt, dass Magnetschmuck sich von anderen Anwendungsformen der Magnettherapie - etwa Magnetpflastern oder magnetischen Kniemanschetten - unterscheide, weil er in der Regel nicht unmittelbar an der schmerzenden Stelle appliziert werde. Schließlich ist das Berufungsgericht unter Auswertung verschiedener Studien davon ausgegangen, dass eine positive Wirkung von Magnetschmuck (Magnetarmbändern) auf Gelenkschmerzen oder -steifigkeit wissenschaftlich nicht belegt werden könne. Eine Studie habe eingeräumt, dass unsicher sei, ob die von Probanden berichtete Schmerzminderung auf eine therapeutische Wirkung des Magnetschmucks oder einen Placebo-Effekt zurückgehe; einer anderen Studie zufolge sei der berichtete therapeutische Nutzen höchstwahrscheinlich unspezifischen Placebo-Effekten zuzuschreiben. Bei dieser Tatsachenlage - die der Kläger nicht mit Verfahrensrügen angegriffen hat - fehlt es an einem Anknüpfungspunkt, der aus Sicht des verständigen Verbrauchers einen tragfähigen Rückschluss auf den behaupteten gesundheitlichen Nutzen beim Tragen von Magnetschmuck erlauben würde.

18

d) Ist Magnetschmuck demzufolge keine apothekenübliche Ware darf er in Apotheken nicht verkauft werden. § 2 Abs. 4 ApBetrO erklärt neben Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Medizinprodukten lediglich die in § 1a Abs. 10 ApBetrO abschließend genannten apothekenüblichen Waren zum zulässigen Sortiment einer Apotheke. Sonstige - "apothekenunübliche" - Erzeugnisse dürfen demnach in Apotheken nicht angeboten oder feilgehalten werden (Cyran/Rotta, a.a.O. § 1a Rn. 128, § 2 Rn. 70 f.). Für dieses Normverständnis spricht auch die Entstehungsgeschichte. § 12 ApBetrO 1968 lautete: "In der Apotheke dürfen neben Arzneimitteln nur vorrätig gehalten, feilgehalten oder abgegeben werden", sodann folgte die Auflistung der zugelassenen Waren. Inhaltlich identisch war die Formulierung in § 25 ApBetrO 1987. Wie schon § 2 Abs. 4 i.V.m. § 25 ApBetrO 2004 knüpft auch § 2 Abs. 4 i.V.m. § 1a Abs. 10 ApBetrO hieran an.

19

Aus § 21 Abs. 2 Nr. 8 Apothekengesetz (ApoG) ergibt sich nichts Abweichendes. Die Vorschrift ermächtigt den Verordnungsgeber, in der Apothekenbetriebsordnung Regelungen über die apothekenüblichen Waren, die Nebengeschäfte, die Dienstbereitschaft und das Warenlager der Apotheken sowie die Arzneimittelabgabe innerhalb und außerhalb der Apothekenbetriebsräume zu treffen. § 21 Abs. 2 Nr. 8 ApoG grenzt das Warengeschäft (Abgabe apothekenüblicher Waren und von Arzneimitteln) vom Nebengeschäft ab. Das schließt es aus, unter den Begriff des Nebengeschäfts die Abgabe "apothekenunüblicher" Waren zu subsumieren (Cyran/Rotta, a.a.O. § 1a Rn. 124 ff.). Diese Auffassung steht nicht in Widerspruch zu dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. September 2000 - I ZR 216/98 - (NJW 2001, 3411). In jener Entscheidung ging es um die Zulässigkeit des Vertriebs von Kompressionsstrümpfen, die der Bundesgerichtshof unter Verweis auf § 25 Nr. 2 ApBetrO 1987 (Mittel zur Krankenpflege) bejaht hat. Er hat ausgeführt, dass dem Apotheker außer der Abgabe auch ein Anmessen und Anpassen der Kompressionsstrümpfe erlaubt wäre, weil darin entweder eine unselbständige Nebenleistung zum Warengeschäft oder ein nicht verbotenes Nebengeschäft zu sehen sei (BGH, Urteil vom 21. September 2000 a.a.O. S. 3412 f.). Der Bundesgerichtshof hat den Begriff des Nebengeschäfts lediglich im Hinblick auf die in Rede stehenden Dienstleistungen (Anmessen und Anpassen der Strümpfe) herangezogen und nicht etwa angenommen, er erstrecke sich auch auf die Abgabe anderer als der apothekenüblichen Waren.

20

2. Die Untersagungsanordnung verletzt den Kläger nicht in seiner Berufsausübungsfreiheit. Das Verkaufsverbot für andere Waren als Arzneimittel, apothekenpflichtige Medizinprodukte und die in § 1a Abs. 10 ApBetrO genannten Erzeugnisse steht mit Art. 12 Abs. 1 GG in Einklang. Die Beschränkung des Warensortiments entspricht vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls und wahrt den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. bereits Beschluss vom 14. August 1987 - BVerwG 3 B 5.87 - Buchholz 418.21 ApBO Nr. 9 S. 2 m.w.N. § 12 apbetro 1968>). Mit Rücksicht auf die Kernaufgabe der Apotheke, eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen (§ 1 Abs. 1 ApoG, § 2 Abs. 4 ApBetrO), ist es ein legitimes Ziel, eine Entwicklung der Apotheken zum "drugstore" zu verhindern und das Bild der Apotheke als Ort der Arzneimittelabgabe, der Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung zu bewahren (vgl. amtliche Begründung zu § 12 ApBetrO: BRDrucks 325/68 S. 8; zu § 25 ApBetrO 1987: BRDrucks 498/86 S. 80; zu § 1a Abs. 10 ApBetrO: BRDrucks 61/1/12 S. 2). Damit wird nicht nur der Gefahr begegnet, dass sich die Geschäftstätigkeit zu Lasten des Arzneimittelversorgungsauftrages auf apothekenfremde Waren richtet. Es wird auch das Vertrauen der Kunden geschützt, in der Apotheke nur Erzeugnisse angeboten zu bekommen, denen ein nachvollziehbarer gesundheitlicher Nutzen zugeschrieben wird. Dem kaufmännischen Interesse des Apothekers an einer gewissen Ausweitung des Warensortiments über das Kerngeschäft hinaus trägt der Katalog des § 1a Abs. 10 ApBetrO angemessen Rechnung.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Erzeugnisse sind Lebensmittel, einschließlich Lebensmittelzusatzstoffen, Futtermittel, Mittel zum Tätowieren, kosmetische Mittel und Bedarfsgegenstände.

(2) (weggefallen)

(3) (weggefallen)

(4) (weggefallen)

(5) (weggefallen)

(6) Bedarfsgegenstände sind

1.
Materialien und Gegenstände im Sinne des Artikels 1 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Oktober 2004 über Materialien und Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen und zur Aufhebung der Richtlinien 80/590/EWG und 89/109/EWG (ABl. L 338 vom 13.11.2004, S. 4), die durch die Verordnung (EG) Nr. 596/2009 (ABl. L 188 vom 18.7.2009, S. 14) geändert worden ist,
2.
Packungen, Behältnisse oder sonstige Umhüllungen, die dazu bestimmt sind, mit kosmetischen Mitteln in Berührung zu kommen,
3.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, mit den Schleimhäuten des Mundes in Berührung zu kommen,
4.
Gegenstände, die zur Körperpflege bestimmt sind,
5.
Spielwaren und Scherzartikel,
6.
Gegenstände, die dazu bestimmt sind, nicht nur vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung zu kommen, wie Bekleidungsgegenstände, Bettwäsche, Masken, Perücken, Haarteile, künstliche Wimpern, Armbänder,
7.
Reinigungs- und Pflegemittel, die für den häuslichen Bedarf oder für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 1 bestimmt sind,
8.
Imprägnierungsmittel und sonstige Ausrüstungsmittel für Bedarfsgegenstände im Sinne der Nummer 6, die für den häuslichen Bedarf bestimmt sind,
9.
Mittel und Gegenstände zur Geruchsverbesserung in Räumen, die zum Aufenthalt von Menschen bestimmt sind.
Bedarfsgegenstände sind nicht
1.
Gegenstände, die
a)
nach § 2 Absatz 2 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel gelten,
b)
nach Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung als Medizinprodukte oder als Zubehör für Medizinprodukte gelten,
c)
nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Verordnung (EU) Nr. 334/2014 (ABl. L 103 vom 5.4.2014, S. 22; L 305 vom 21.11.2015, S. 55) geändert worden ist, Biozid-Produkte sind,
2.
die in Artikel 1 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 genannten Materialien und Gegenstände, Überzugs- und Beschichtungsmaterialien und Wasserversorgungsanlagen,
3.
veterinärmedizintechnische Produkte im Sinne von § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen eine Ordnungsverfügung, mit der ihr der Verkauf nikotinhaltiger Liquids untersagt worden war.

2

Bei den Liquids handelt es sich um Flüssigkeiten, die zum Befüllen von elektr(on)ischen Zigaretten (im Folgenden: E-Zigaretten) verwendet werden. Die Flüssigkeit wird mittels der E-Zigarette erhitzt. Über das Mundstück kann der dabei entstehende Dampf vom Konsumenten inhaliert werden.

3

Die Klägerin betrieb seit Dezember 2011 in Wuppertal ein Ladengeschäft für E-Zigaretten und Liquids der Marke Vinirette®. Die Flüssigkeiten enthielten laut Produktbeschreibung Propylenglycol, Glycerin und Ethanol sowie verschiedene Aromastoffe. Neben nikotinfreien Liquids bot die Klägerin Liquids mit Nikotin in unterschiedlicher Konzentration (zwischen 0,5 % und 2,5 %) an.

4

Mit sofort vollziehbarer Ordnungsverfügung vom 10. Februar 2012 untersagte die beklagte Stadt der Klägerin, in ihrem Geschäft Vinirette-Liquids mit den Nikotinstärken „hoch“ (15 mg) und „mittel“ (10 mg) in den Verkehr zu bringen, und drohte für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld in Höhe von 1 000 € an. Zur Begründung führte sie aus, bei den betroffenen Produkten handele es sich um Arzneimittel, die ohne Zulassung nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nicht verkehrsfähig seien. Beim Verdampfen der Liquids werde dem Körper eine pharmakologisch relevante Menge Nikotin zugeführt. Nikotin sei eine Substanz, die insbesondere auf das zentrale Nervensystem und das Herz-Kreislauf-System wirke. Sie steigere die psychomotorische Leistungsfähigkeit sowie die Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen, beschleunige den Herzschlag und bewirke über eine Verengung der Blutgefäße eine Erhöhung des Blutdrucks. Der Stoff könne süchtig machen.

5

Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hob die Beklagte im April 2012 auf.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Aufhebung der Ordnungsverfügung mit Urteil vom 10. Oktober 2012 abgewiesen. Die Beklagte habe die Liquids zu Recht als Arzneimittel eingestuft. Es handele sich um Mittel, die geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden. Sie könnten die Entzugssymptome einer Nikotinsucht lindern, also die physiologischen Körperfunktionen positiv beeinflussen. Die objektive Eignung zur therapeutischen Anwendung rechtfertige die Einordnung eines Erzeugnisses als Arzneimittel, unabhängig davon, ob es nach dem Willen des Herstellers oder Vertreibers dazu bestimmt sei. Im Übrigen sei nicht zweifelhaft, dass die vom Konsumenten als angenehm empfundenen pharmakologischen Wirkungen des nikotinhaltigen Dampfes beabsichtigt seien.

7

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 17. September 2013 die Entscheidung des Verwaltungsgerichts geändert und den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen: Die Untersagungsverfügung sei rechtswidrig. Die Voraussetzungen für ein Eingreifen der Beklagten nach § 69 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AMG lägen nicht vor. Die nikotinhaltigen Liquids seien keine Präsentationsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG. Weder die Herstellerin noch die Klägerin würden die Liquids und die zugehörige E-Zigarette als Mittel zur Heilung, Linderung oder Verhütung der Nikotin- oder Tabaksucht vermarkten. Auch durch die Aufmachung der Liquids entstehe beim Verbraucher nicht der Eindruck, dass sie zu arzneilichen Zwecken bestimmt seien. Ebenso wenig erfüllten die Nikotinlösungen die Merkmale eines Funktionsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG. Es könne unterstellt werden, dass sie bei bestimmungsgemäßer Anwendung angesichts ihres nicht unerheblichen Nikotingehalts den Stoffwechsel nennenswert beeinflussten. Das allein genüge jedoch nicht, um die Arzneimitteleigenschaft zu bejahen. Die gebotene Gesamtbetrachtung führe zu dem Ergebnis, dass die Liquids ihrer Funktion nach nicht als Arzneimittel, sondern als Genussmittel anzusehen seien. E-Zigaretten mit Nikotinlösungen ähnelten und imitierten Tabakzigaretten, die offensichtlich keine Arzneimittel seien. Auch die Beimengung von Aromastoffen stütze die Einstufung als Genussmittel. Die zunehmende Verbreitung der E-Zigarette sei ebenfalls kein Gesichtspunkt, der für die Annahme eines Arzneimittels sprechen könne; denn der steigende Absatz sei darauf zurückzuführen, dass das Produkt vom Verbraucher überwiegend als Genussmittel angesehen werde. Die Gesundheitsrisiken, die mit dem Verdampfen nikotinhaltiger Liquids verbunden seien, erschienen nicht größer als die Gefahren des Tabakrauchens. Im Rahmen der Gesamtschau sei zudem zu beachten, dass Funktionsarzneimittel typischerweise der Behandlung von Krankheiten oder unerwünschten körperlichen Zuständen und Beschwerden dienten. Es sei daher in den Blick zu nehmen, ob die Liquids objektiv geeignet seien, zu arzneilichen Zwecken eingesetzt zu werden, und ob ihnen die Anwender überwiegend eine therapeutische Zweckbestimmung beimäßen. Beides sei nicht der Fall.

8

Mit der vom Oberverwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Sie macht im Wesentlichen geltend: Das Berufungsgericht habe den Begriff des Präsentationsarzneimittels unzulässig verengt, weil es die Tatbestandsalternative der Linderung von Krankheiten oder krankhafter Beschwerden nicht geprüft und die Online-Werbung des Herstellers der Liquids unzureichend aufgegriffen habe. Darüber hinaus habe das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels verneint. Die vermeintliche Ähnlichkeit mit der Tabakzigarette bestehe nicht. Auf die Kriterien der Geschmacksvarianten, Aufmachung und fehlenden Dosierungsempfehlung könne es nicht entscheidungserheblich ankommen, da es ein Hersteller sonst in der Hand habe, sein Produkt trotz bestehender pharmakologischer Wirkung aus dem Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts herauszulösen. Der Aspekt der Verbrauchersicht sei ebenfalls nicht berücksichtigungsfähig; denn das Vorliegen eines Funktionsarzneimittels beurteile sich ausschließlich nach den objektiven Merkmalen des Erzeugnisses. Mit dem Kriterium einer auf die Nikotinentwöhnung bezogenen therapeutischen Eignung und Zweckbestimmung entferne sich das Oberverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs, der für die Abgrenzung von Arzneimitteln zu anderen Erzeugnissen wie Lebens- und Genussmitteln allein auf das Merkmal einer nennenswerten Beeinflussung der Körperfunktionen abstelle. Das Beispiel von Methadon und Diamorphin zeige, dass auch die Funktion der Substitution durch eine weniger schädliche Substanz die Arzneimitteleigenschaft begründen könne. Insbesondere der über eine Tabakzigarette deutlich hinausgehende Nikotingehalt und die erheblichen Gesundheitsrisiken sprächen für die Arzneimitteleigenschaft der Liquids.

9

Die Klägerin tritt dem entgegen und verteidigt das angegriffene Urteil. Sie hat außerdem mitgeteilt, dass sie ihr Ladengeschäft mittlerweile nicht mehr betreibe und ihr bisheriges Anfechtungsbegehren auf den Antrag umgestellt, festzustellen, dass der Bescheid vom 10. Februar 2012 rechtswidrig gewesen ist. Das Feststellungsinteresse leitet sie aus einer beabsichtigten Schadensersatzklage gegen die Beklagte wegen Amtshaftung ab.

Entscheidungsgründe

10

Die Revision der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Berufungsgericht hat ohne Verstoß gegen Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) angenommen, dass die von der streitigen Untersagungsverfügung betroffenen Erzeugnisse keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG sind. Danach war der Bescheid rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AMG nicht vorgelegen haben.

11

1. Nachdem die Klägerin ihren Geschäftsbetrieb aufgegeben und sich dadurch der Bescheid vom 10. Februar 2012 erledigt hatte, durfte sie ihr Klagebegehren auf einen Fortsetzungsfeststellungsantrag (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) umstellen. Das Verbot der Klageänderung im Revisionsverfahren (§ 142 Abs. 1 Satz 1 VwGO) steht der Antragsumstellung nicht entgegen. Der Übergang von der Anfechtungs- zur Fortsetzungsfeststellungsklage ist keine Klageänderung im Sinne des § 91 VwGO173 VwGO i.V.m. § 264 Nr. 3 ZPO) und deshalb auch in der Revisionsinstanz noch zulässig (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 10. April 1997 - 2 C 38.95 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 16 S. 34 und vom 26. August 2010 - 3 C 35.09 - BVerwGE 137, 377 Rn. 24, jeweils m.w.N.).

12

Die Klägerin hat auch das nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO erforderliche berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des erledigten Verwaltungsakts. Das Feststellungsinteresse ergibt sich aus der von ihr angestrebten Staatshaftungsklage, mit der sie gegenüber der Beklagten einen Entschädigungsanspruch wegen Umsatzeinbußen geltend machen will, die sie im Zuge des angeordneten Verkaufsverbots erlitten habe. Der beabsichtigte Zivilprozess erscheint - auch in Ansehung der Klageabweisung durch das Verwaltungsgericht - nicht offensichtlich aussichtslos (BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 Rn. 17 m.w.N.). Ein Entschädigungsanspruch der Klägerin nach § 39 Abs. 1 Buchst. b des Ordnungsbehördengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (OBG NW) ist nicht von vornherein ausgeschlossen. Nach dieser Regelung sind Vermögensschäden (§ 40 Abs. 1 OBG NW) zu ersetzen, die jemandem durch eine rechtswidrige Maßnahme der Ordnungsbehörden entstanden sind, gleichgültig, ob die Ordnungsbehörden ein Verschulden trifft oder nicht (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 30. Oktober 1984 - VI ZR 18/83 - NJW 1986, 182; BVerwG, Urteil vom 20. Juni 2013 - 8 C 12.12 - Buchholz 11 Art. 12 GG Nr. 285 Rn. 18 ff.). Unschädlich ist, dass die Klägerin sich nicht ausdrücklich auf § 39 Abs. 1 Buchst. b OBG NW gestützt hat. Es reicht aus, dass sie den potentiell anspruchsbegründenden Sachverhalt dargelegt hat.

13

2. Grundlage der Untersagungsverfügung war § 69 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 AMG in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394). Danach treffen die zuständigen Behörden die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung für das Arzneimittel nicht vorliegt. Die Voraussetzungen dieser Eingriffsnorm hat das Oberverwaltungsgericht zutreffend verneint. Die von der Klägerin vertriebenen Liquids der Nikotinstärken „hoch“ (15 mg) und „mittel“ (10 mg) erfüllen weder die Merkmale eines sog. Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. Nr. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG hinsichtlich der Pharmakovigilanz (ABl. Nr. L 299 S. 1; dazu unter a), noch handelt es sich bei ihnen um sog. Funktionsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG (dazu unter b).

14

a) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels fallen Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Merkmale, wenn es entweder ausdrücklich als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung, Linderung oder Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet oder empfohlen wird oder wenn sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass das Produkt in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; z.B. BVerwG, Urteile vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 und vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 21 f.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 43 ff. m.w.N.).

15

Danach sind die streitigen Produkte nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/83/EG anzusehen. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass die nikotinhaltigen Liquids nicht als Mittel präsentiert werden, die zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten bestimmt sind. Weder nach ihrer Bezeichnung und den werbenden Aussagen noch nach der Produktaufmachung im Übrigen nehmen sie in Anspruch, Eigenschaften zur Behandlung der Nikotin- oder Tabaksucht aufzuweisen. Diese Tatsachenbewertung bindet das Revisionsgericht (§ 137 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte hat hiergegen keine durchgreifenden Revisionsgründe vorgebracht. Das Oberverwaltungsgericht ist bei seiner Würdigung von zutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgegangen und hat den Begriff des Präsentationsarzneimittels entgegen der Auffassung der Beklagten nicht unzulässig eingeschränkt. Die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind von ihr auch nicht erfolgreich mit einer Verfahrensrüge angegriffen worden. Ihr Vorbringen erschöpft sich in der Kritik an der Tatsachenwürdigung des Berufungsgerichts, ohne dass sie, wie es § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO verlangt, einen Verfahrensmangel rügt und darlegt.

16

b) Die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels liegen ebenfalls nicht vor.

17

aa) Hierzu zählen nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG (Buchst. b ist unstreitig nicht einschlägig) und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG alle Stoffe und Stoffzubereitungen, die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen.

18

Die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter diese Definition fällt, ist von Fall zu Fall zu treffen. Dabei sind alle Merkmale des Produkts zu berücksichtigen (vgl. § 2 Abs. 3a AMG, Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG), insbesondere seine Zusammensetzung, seine pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften, die Modalitäten seines Gebrauchs, der Umfang seiner Verbreitung, seine Bekanntheit bei den Verbrauchern und die Risiken seiner Verwendung (stRspr des EuGH; z.B. Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 32, jeweils m.w.N.). Im Rahmen dieser Einzelfallprüfung sind die pharmakologischen, immunologischen oder metabolischen Eigenschaften das Kriterium, auf dessen Grundlage ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses zu beurteilen ist, ob es zur Wiederherstellung, Korrektur oder Beeinflussung der physiologischen Funktionen im oder am menschlichen Körper angewandt oder einem Menschen verabreicht werden kann (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 43). Das Produkt muss die Körperfunktionen nachweisbar und in nennenswerter Weise wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen können, wobei auf dessen bestimmungsgemäßen, normalen Gebrauch abzustellen ist (EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - C-308/11, Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 35 und vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 21 ff.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 m.w.N.).

19

Nicht erfasst vom Begriff des Funktionsarzneimittels sind Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, deren Wirkungen sich auf eine schlichte Beeinflussung der physiologischen Funktionen beschränken, ohne dass sie geeignet wären, der Gesundheit unmittelbar oder mittelbar zuträglich zu sein (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 38; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2007 - 3 C 42.06 - PharmR 2008, 254 <256>; Rennert, NVwZ 2008, 1179 <1184>). Daher können Erzeugnisse, die nicht zu therapeutischen, sondern ausschließlich zu Entspannungs- oder Rauschzwecken konsumiert werden und dabei gesundheitsschädlich sind, nicht als Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG eingestuft werden (EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 46). Schließlich genügt es nicht, dass das fragliche Erzeugnis Eigenschaften besitzt, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind, oder dass es einen Stoff enthält, der für therapeutische Zwecke verwendet werden kann. Ihm muss vielmehr tatsächlich die Funktion der Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden zukommen (EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission ./. Bundesrepublik Deutschland - Slg. 2007, I-9811 Rn. 64 f.). Mit anderen Worten, das Produkt muss objektiv geeignet sein, für therapeutische Zwecke eingesetzt zu werden.

20

bb) Gemessen daran sind die streitigen Nikotin-Liquids nicht als Funktionsarzneimittel anzusehen.

21

Zwar ist nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zugrundezulegen, dass Nikotin ein Stoff ist, der pharmakologische Wirkungen entfaltet und in den von der Klägerin vertriebenen Erzeugnissen in einer Dosierung vorhanden war, die bei bestimmungsgemäßem Gebrauch eine nennenswerte Einwirkung auf den Stoffwechsel hervorruft. Bei der gebotenen Gesamtschau aller Merkmale der Produkte ist das Oberverwaltungsgericht aber zu dem Schluss gelangt, dass sie nach ihrer Funktion Genussmittel sind und ihnen keine Arzneimitteleigenschaft zukommt. Gegen diese Würdigung ist aus revisionsrechtlicher Sicht nichts zu erinnern.

22

Für die Genussmitteleigenschaft spricht nach den Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die nikotinhaltige E-Zigarette eine große Ähnlichkeit mit Tabakzigaretten aufweist. Das ergibt sich aus der äußeren Form, der sonstigen Aufmachung und der Art der Anwendung der E-Zigarette. Danach wird mit dem Verdampfen der Liquids das Rauchen der Tabakzigarette imitiert. Durch den Zusatz von Aromastoffen soll ein angenehmer Geschmack erzeugt werden, wobei dem Anwender vielfältige Geschmacksvarianten zur Auswahl stehen. Das unterscheidet die Liquids von dem zur Rauchentwöhnung zugelassenen Arzneimittel „Nicorette Inhaler“, das allein Menthol und Nikotin enthält. Auch fehlt eine Dosierungsempfehlung, wie sie für Arzneimittel typisch ist. Des Weiteren hat das Berufungsgericht festgestellt, dass die Liquids nicht geeignet sind, zu therapeutischen Zwecken eingesetzt zu werden. Es stützt sich darauf, dass allein die Möglichkeit, Entzugssymptome kurzfristig zu lindern, die Annahme einer arzneilichen Zweckbestimmung nicht rechtfertigt, weil die Aufnahme und Anreicherung von Nikotin der Gesundheit schaden. Diese Argumentation ist nicht zu beanstanden (vgl. EuGH, Urteil vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 32 ff.). Einen Vergleich mit den zur Substitution von Betäubungsmitteln zugelassenen Arzneimitteln hat das Oberverwaltungsgericht unter Hinweis auf die dafür bestehenden speziellen gesetzlichen Bestimmungen überzeugend abgelehnt. Schließlich ist den streitigen Liquids auch nicht deshalb eine therapeutische Eignung beizumessen, weil Erzeugnisse wie Nikotinpflaster oder der „Nicorette Inhaler“ als Arzneimittel eingestuft (und zugelassen) sind. Grundlage für die Qualifizierung dieser Nikotinersatzpräparate als Arzneimittel ist ihr Anspruch und ihre objektive Bestimmung, zur Rauchentwöhnung angewendet zu werden. Einen solchen therapeutischen Nutzen weisen die von der Klägerin vertriebenen Liquids nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht auf. Es hat angenommen, dass sich die Eignung der E-Zigarette als Mittel zur Erreichung eines Rauchstopps und zur Behandlung der Nikotinsucht mit dem Ziel der Entwöhnung wissenschaftlich nicht belegen lässt. Dabei stützt es sich auf verschiedene sachverständige Stellungnahmen und wissenschaftliche Erkenntnismaterialien. Dementsprechend messen auch die Konsumenten den Produkten überwiegend keine arzneiliche Zweckbestimmung bei, sondern verwenden sie als Genussmittel. Verfahrensrügen gegen diese Tatsachenfeststellungen hat die Beklagte nicht erhoben. Sie sind deshalb der Revisionsentscheidung zugrundezulegen (§ 137 Abs. 2 VwGO).

23

Danach kann die Arzneimitteleigenschaft auch nicht damit begründet werden, dass mit der Verwendung der Liquids gesundheitliche Risiken verbunden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat nicht verkannt, dass die von dem Inhalieren des Nikotindampfes ausgehenden Gefahren für die Gesundheit noch nicht abschließend erforscht sind. Nach seinen Feststellungen sind nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft die Gesundheitsrisiken bei bestimmungsgemäßer Anwendung der E-Zigarette eher geringer einzuschätzen als die Gefahren des Rauchens herkömmlicher Tabakzigaretten; jedenfalls seien sie nicht größer. Dieser Befund legt zwar eine Regulierung des Inverkehrbringens und der Kennzeichnung nikotinhaltiger Liquids nahe (vgl. dazu Art. 1 Buchst. f und Art. 20 der Richtlinie 2014/40/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3. April 2014 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Herstellung, die Aufmachung und den Verkauf von Tabakerzeugnissen und verwandten Erzeugnissen und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/37/EG , die von den Mitgliedstaaten bis zum 20. Mai 2016 umzusetzen ist ). Allein das Bestehen von Gesundheitsrisiken bei der Anwendung eines Produkts rechtfertigt es aber nicht, es als Arzneimittel anzusehen (vgl. EuGH, Urteile vom 30. April 2009 - C-27/08, BIOS Naturprodukte - Slg. 2009, I-3785 Rn. 24 ff. und vom 10. Juli 2014 - C-358/13 und C-181/14 - Rn. 48 f.).

24

c) § 2 Abs. 3a AMG und Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG führen zu keiner abweichenden rechtlichen Bewertung. Aus ihnen ergibt sich für den Fall, dass ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach § 2 Abs. 3 AMG fallen kann, der Vorrang des Arzneimittelrechts. Die Anwendung der „Zweifelsfallregelung“ des § 2 Abs. 3a AMG beruht somit auf der Prämisse, dass das betreffende Produkt die Voraussetzungen eines Arzneimittels erfüllt (vgl. EuGH, Urteil vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 24 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 15).

25

d) Der Nichteinstufung als Arzneimittel steht schließlich nicht entgegen, dass nikotinhaltige Liquids in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Arzneimittel behandelt werden mögen. Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nach der gegenwärtigen - nicht vollständigen - Harmonisierung auf dem Gebiet des Arzneimittelrechts nicht ausschließen, dass die Frage der Arzneimitteleigenschaft eines Erzeugnisses unterschiedlich beurteilt wird. Der Umstand, dass Liquids für E-Zigaretten in einem Mitgliedstaat als Arzneimittel qualifiziert werden, bindet andere Mitgliedstaaten daher nicht (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2013 - C-109/12, Laboratoires Lyocentre - Rn. 45 ff. und vom 15. Januar 2009 - C-140/07, Hecht-Pharma - Slg. 2009, I-41 Rn. 28).

26

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie für die Einfuhr von Blutegeln zur Herstellung von Hirudo medicinalis L. (Blutegel zur Anwendung in der Human- oder Tiermedizin) keine Einfuhrerlaubnis und Einfuhrzertifikate nach den §§ 72, 72a des Arzneimittelgesetzes (AMG) benötigt.

2

Die Klägerin ist ein medizinisches Import- und Vertriebsunternehmen, das lebende Blutegel zur medizinischen Anwendung herstellt. Hierfür importiert sie u.a. aus der Türkei Blutegel, die in ihren natürlichen Lebensräumen wild aufgewachsen sind. Mit Bescheid vom 30. November 2006 erhielt sie von der Regierung von Oberfranken die Erlaubnis zur "Herstellung von Wirkstoffen tierischen Ursprungs (Blutegeln)". Nach einem behördlichen Zuständigkeitswechsel wies die Regierung von Oberbayern die Klägerin darauf hin, dass für die Einfuhr von Blutegeln eine Erlaubnis nach § 72 AMG erforderlich sei. Daraufhin beantragte sie im November 2007, ihre Herstellungserlaubnis auf den Import von Arzneimitteln zu erweitern. Mit Bescheid vom 19. Februar 2008 erteilte ihr die Regierung von Oberbayern die Erlaubnis zur Herstellung und Einfuhr von Arzneimitteln. Die Herstellungserlaubnis bezog sich auf die Tätigkeiten des Züchtens, Haltens, Abpackens und Kennzeichnens von Hirudo medicinalis L. (Blutegeln). Die Einfuhrerlaubnis gestattete den Import von Blutegeln zur weiteren Verarbeitung. Zugleich wurde die Herstellungserlaubnis vom 30. November 2006 widerrufen. Zur Begründung hieß es, bei Blutegeln zur Anwendung in der Humanmedizin handele es sich um Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG, deren gewerbs- oder berufsmäßige Herstellung und Einfuhr erlaubnispflichtig seien. Der Bescheid enthielt außerdem den Hinweis auf eine zusätzliche Zertifikatspflicht nach § 72a AMG.

3

Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin zuletzt die Feststellung beantragt, dass sie für die Einfuhr von Blutegeln zur Herstellung von Hirudo medicinalis L. weder eine Einfuhrerlaubnis noch ein Einfuhrzertifikat benötige. Das Verwaltungsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Voraussetzungen für eine Erlaubnispflicht nach § 72 AMG und eine Zertifikatspflicht nach § 72a AMG lägen nicht vor, weil es sich bei den importierten Blutegeln im Zeitpunkt der Einfuhr weder um Arzneimittel noch um Wirkstoffe im Sinne des Arzneimittelgesetzes handele. Zwar seien Blutegel gemäß § 3 Nr. 3 AMG Stoffe im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG. Zu einem Präsentationsarzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG würden sie jedoch erst, wenn sie zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt seien. Die Bestimmung zum Arzneimittel erhalte ein Blutegel nicht schon durch das Aufsammeln im Verbreitungsgebiet. Blutegel würden nicht nur für medizinische Zwecke verwendet. Eine offenbar nicht unerhebliche Menge der von der Klägerin importierten Tiere werde als ungeeignet aussortiert und als Fischfutter oder für den Anglerbedarf weiterveräußert. Die bloße Möglichkeit einer medizinischen Verwendung genüge nicht, um die Blutegel schon im Zeitpunkt der Einfuhr als Arzneimittel einzustufen. Ihre arzneiliche Zweckbestimmung bekämen sie erst im Inland nach erfolgreichem Durchlaufen eines Quarantäne- und mikrobiellen Überwachungsprozesses. Deshalb erfüllten sie im Einfuhrzeitpunkt auch nicht die Voraussetzungen eines Funktionsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Ebenso wenig könnten sie als Wirkstoffe im Sinne von § 4 Abs. 19 AMG eingestuft werden, da sie nicht dazu bestimmt seien, als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden.

4

Auf die Berufung des Beklagten hat der Verwaltungsgerichtshof das erstinstanzliche Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt: Die von der Klägerin importierten Blutegel seien im Zeitpunkt der Einfuhr sowohl Funktions- als auch Präsentationsarzneimittel. Die Einstufung als Funktionsarzneimittel erfordere den wissenschaftlichen Nachweis einer pharmakologischen Wirkung. Blutegel wirkten nachgewiesenermaßen schmerzhemmend. Zudem dürfte von einer gerinnungs- und entzündungshemmenden Wirkung auszugehen sein. Auch wenn ungeeignete Tiere nach der Einfuhr aussortiert würden, ändere das nichts daran, dass geeignete Blutegel bereits bei der Einfuhr die Eigenschaft eines Funktionsarzneimittels hätten. Die im Betrieb der Klägerin durchgeführten mikrobiologischen Untersuchungs- und Quarantäneprozesse dienten der Arzneimittelsicherheit und begründeten nicht erst die Arzneimitteleigenschaft. Unabhängig davon handele es sich bei den importierten Blutegeln um die Vorstufe eines Präsentationsarzneimittels. Vorstufen eines abgabefertigen Medikaments seien jedenfalls dann selbst Arzneimittel, wenn ihre arzneiliche Zweckbestimmung erkennbar sei und keine wesentlichen Verarbeitungsschritte mehr erforderlich seien. Für die Anwendung des Arzneimittelrechts genüge, dass ein Stoff mit seiner Herstellung für arzneiliche Zwecke bestimmt sei. Das sei hier der Fall, da die Blutegel keiner stofflichen Verarbeitung, sondern lediglich einem Sortierungsprozess unterlägen. Mit der weiteren "Verarbeitung" im Betrieb der Klägerin gelangten sie sodann mit der Verpackung und Versendung an den Arzneimittelhandel als Präsentationsarzneimittel in den Verkehr.

5

Zur Begründung ihrer vom erkennenden Senat wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision macht die Klägerin geltend: Das Berufungsurteil beruhe auf einer Verletzung der §§ 72, 72a AMG. Der Verwaltungsgerichtshof habe die Arzneimitteleigenschaft zu Unrecht bereits für den Zeitpunkt der Einfuhr bejaht. Für die Einstufung als Funktionsarzneimittel fehle es an der erforderlichen arzneilichen Zweckbestimmung. Auch seien Vorprodukte nicht schon deshalb selbst Arzneimittel, weil sie zu einem Arzneimittel weiterverarbeitet würden. Voraussetzung sei vielmehr, dass es bis zum abgabefertigen Endprodukt keiner wesentlichen Bearbeitungsschritte mehr bedürfe. Zur Herstellung der medizinischen Blutegel seien nach der Einfuhr noch wesentliche Verfahrensschritte erforderlich. Dazu gehöre die Selektion der zur medizinischen Anwendung geeigneten Blutegel. Zudem müsse sichergestellt sein, dass von den importierten Blutegeln keine Infektionsgefahr ausgehe. Zu diesem Zweck schreibe das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte eine Quarantänelagerung von mindestens 32 Wochen sowie mikrobiologische Untersuchungen vor. Erst mit diesen Bearbeitungsschritten seien die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der medizinischen Blutegel gewährleistet. Im Zeitpunkt des Aufsammelns und der Einfuhr könnten die Tiere daher lediglich als Ausgangsstoff für die Arzneimittelherstellung eingestuft werden. Das Berufungsurteil weiche auch von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ab. Danach seien bei der Entscheidung über die Arzneimitteleigenschaft alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen, nicht nur dessen pharmakologische Eigenschaften. Die Blutegel seien im Zeitpunkt der Einfuhr auch kein Präsentationsarzneimittel. Ein Produkt unterfalle dem Begriff des Präsentationsarzneimittels, wenn es nach seiner Aufmachung und Kennzeichnung objektiv den Eindruck eines Arzneimittels erwecke. Das gelte auch für Vorstufen eines Arzneimittels. Die Blutegel würden in neutral aufgemachten Behältern nach Deutschland importiert. Bei einem durchschnittlich informierten Betrachter könne daher nicht der Eindruck eines Arzneimitteltransports entstehen. Der Schutzzweck des Arzneimittelgesetzes gebiete keine andere Beurteilung. Die Kontrolle der Fangbedingungen durch Inspektionen nach § 72a AMG sei kein geeignetes Mittel, den Infektionsrisiken zu begegnen. Mit den Maßnahmen und Standards, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seiner "Mitteilung zu Blutegeln in der Humanmedizin - Leitlinie zur Sicherung von Qualität und Unbedenklichkeit" vorgebe, lasse sich das Infektionsrisiko ausreichend mindern. Die Einhaltung dieser Standards sei Voraussetzung der Herstellungserlaubnis und werde behördlich überwacht. Gemessen daran könnte die Überwachungstätigkeit nach § 72a AMG die Sicherheit im Verkehr mit medizinischen Blutegeln nicht erhöhen.

6

Der Beklagte verteidigt das Berufungsurteil. Die Klägerin importiere die Blutegel allein, um sie für die Arzneimittelherstellung zu verwenden. Dass im Verlauf des Herstellungsprozesses einzelne Egel als ungeeignet ausgesondert würden, sei für die Feststellung der Arzneimitteleigenschaft unerheblich. Bei den nach der Einfuhr im Betrieb der Klägerin durchgeführten Maßnahmen handele es sich nicht um eine wesentliche Weiterverarbeitung. Zur Beurteilung der Wesentlichkeit eines Bearbeitungsschritts sei insbesondere darauf abzustellen, ob ein neuer Stoff entstehe. Das sei bei den Blutegeln nicht der Fall. Bis auf eine etwaige Virusabreicherung während der Quarantänelagerung blieben die Tiere unverändert. Für die Wesentlichkeit von Bearbeitungsschritten sei weiter bedeutsam, auf welcher Herstellungsstufe das Produkt seine arzneiliche Wirkung erhalte. Blutegel wiesen ihre pharmakologische Wirkung bereits bei der Einfuhr auf. Schließlich gebiete auch der Zweck des Gesetzes, die Herstellung und den Verkehr mit Arzneimitteln zu kontrollieren, eine Einstufung als Arzneimittel. Behördliche Inspektionen der Fanggebiete und -bedingungen seien geeignet, die Ausgangsqualität der importierten Blutegel zu erhöhen und das Infektionsrisiko von vornherein zu reduzieren. Eine Übertragung von Krankheitserregern könne auch bei Einhaltung der Quarantänezeit und Durchführung mikrobiologischer Untersuchungen nicht ausgeschlossen werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht ist ebenfalls der Auffassung, dass die Blutegel im Zeitpunkt der Einfuhr Funktionsarzneimittel seien.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist begründet. Das angefochtene Urteil beruht auf der Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Klägerin bedarf keiner Erlaubnis und Zertifikate gemäß § 72 und § 72a AMG. Bei den von ihr importierten Blutegeln handelt es sich im Zeitpunkt der Einfuhr nicht um Arzneimittel oder Wirkstoffe im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Das Berufungsurteil ist deshalb zu ändern; die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts ist zurückzuweisen.

9

1. Gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) i.d.F. der Bekanntmachung vom 12. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3394), das zuletzt durch Gesetz vom 18. Juli 2017 (BGBl. I S. 2757) geändert worden ist, bedarf einer Erlaubnis, wer gewerbs- oder berufsmäßig aus Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 oder Abs. 2 Nr. 1 AMG in die Bundesrepublik einführt. Gemäß § 72a Abs. 1 Satz 1 AMG darf der Importeur Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 und 2 Nr. 1, 1a, 2 und 4 AMG nur einführen, wenn ein Zertifikat nach Nummer 1 oder eine Bescheinigung nach Nummer 2 oder 3 vorliegt. Beide Vorschriften setzen voraus, dass die importierten Produkte im Einfuhrzeitpunkt Arzneimittel sind. Es genügt nicht, dass sie, ohne selbst Arzneimittel zu sein, im Inland zur Herstellung eines Arzneimittels verwendet werden.

10

Die von der Klägerin zur Herstellung von Blutegeln zur medizinischen Anwendung eingeführten Blutegel sind im Zeitpunkt der Einfuhr keine Arzneimittel. Sie erfüllen zu diesem Zeitpunkt weder die Merkmale eines so genannten Funktionsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 6. November 2001 (ABl. L 311 S. 67) i.d.F. der Richtlinie 2012/26/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2012 (ABl. L 299 S. 1) sowie Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinie 2001/82/EG des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Tierarzneimittel vom 6. November 2001 (ABl. L 311 S. 1) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 596/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 (ABl. L 188 S. 14; dazu unter a), noch diejenigen eines so genannten Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinien 2001/83/EG und 2001/82/EG (b). Ebenso wenig liegen die Voraussetzungen eines Arzneimittels nach § 2 Abs. 2 Nr. 1, 1a, 2 oder 4 AMG vor (c).

11

a) Der Verwaltungsgerichtshof hat für die Einstufung als Funktionsarzneimittel zu Unrecht ausreichen lassen, dass die von der Klägerin importierten Blutegel im Zeitpunkt der Einfuhr eine pharmakologische Wirkung haben. Für die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter den Begriff des Arzneimittels fällt, genügt es nicht, allein auf seine pharmakologischen Eigenschaften abzustellen. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung stellen die importierten Blutegel ein bloßes Vorprodukt dar, das selbst kein Arzneimittel ist, weil es bis zum anwendungsfertigen Endprodukt noch einer wesentlichen weiteren Aufbereitung bedarf.

12

aa) Zu den Funktionsarzneimitteln nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG, Art. 1 Nr. 2 Buchst. b der Richtlinien 2001/83/EG, 2001/82/EG zählen alle Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder um eine medizinische Diagnose zu erstellen. Ob ein Erzeugnis unter diese Begriffsbestimmung fällt, bedarf einer Einzelfallprüfung, bei der alle Merkmale des Erzeugnisses zu berücksichtigen sind (BVerwG, Urteil vom 20. November 2014 - 3 C 25.13 [ECLI:DE:BVerwG:2014:201114U3C25.13.0] - Buchholz 418.32 AMG Nr. 67 Rn. 18 f.; EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2013 - C-109/12 [ECLI:EU:C:2013:626], Laboratoires Lyocentre - Rn. 42 m.w.N.). Richtig ist allerdings, dass die pharmakologischen Eigenschaften das wesentliche Kriterium sind, auf dessen Grundlage, ausgehend von den Wirkungsmöglichkeiten des Erzeugnisses, zu beurteilen ist, ob ein Funktionsarzneimittel vorliegt. Kann ein Erzeugnis bei bestimmungsgemäßer Anwendung die physiologischen Funktionen nicht nachweisbar und in nennenswerter Weise durch eine pharmakologische (oder immunologische oder metabolische) Wirkung wiederherstellen, korrigieren oder beeinflussen, kommt eine Einstufung als Funktionsarzneimittel nicht in Betracht (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2009 - 3 C 5.09 - Buchholz 418.710 LFGB Nr. 6 Rn. 13 ff. m.w.N.). Danach ist die pharmakologische Wirkung zwar ein notwendiges, aber kein hinreichendes Kriterium für die Entscheidung, ob ein Erzeugnis unter die Definition des Arzneimittels fällt (vgl. EuGH, Urteile vom 15. November 2007 - C-319/05 [ECLI:EU:C:2007:678], Kommission/Deutschland - Rn. 64 f., vom 15. Januar 2009 - C-140/07 [ECLI:EU:C:2009:5], Hecht-Pharma - Rn. 32 ff. und vom 6. September 2012 - C-308/11 [ECLI:EU:C:2012:548], Chemische Fabrik Kreussler - Rn. 33 f.; BVerwG, Urteil vom 20. November 2014 - 3 C 25.13 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 67 Rn. 19 f.).

13

bb) Gemäß § 3 Nr. 3 AMG sind "Tierkörper, auch lebender Tiere" Stoffe im Sinne des Arzneimittelgesetzes. Demgemäß unterfallen Tiere, die lebend beim Menschen angewendet werden, um die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen, dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG. Dass Blutegel Arzneimittel sein können, ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. h AMG. Danach zählen Blutegel und Fliegenlarven zu den Arzneimitteln, die pharmazeutische Unternehmer und Großhändler außer an Apotheken an Krankenhäuser, Ärzte und Heilpraktiker abgeben dürfen. § 47 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. h AMG begründet die Arzneimitteleigenschaft von Blutegeln jedoch nicht, sondern setzt das Vorliegen eines Erzeugnisses im Sinne von § 2 Abs. 1 AMG voraus.

14

Der Verwaltungsgerichtshof hat angenommen, dass bei Blutegeln in der Humanmedizin eine schmerzhemmende Wirkung nachgewiesen sei und darüber hinaus von einer gerinnungs- und entzündungshemmenden Wirkung auszugehen sein dürfte. Zu den typischen Indikationen einer Blutegeltherapie gehörten die Schmerzbehandlung bei Arthrosen, die Behandlung von Hämatomen sowie die Anwendung in der rekonstruktiven und plastischen Chirurgie. Er hat weiter festgestellt, dass diese pharmakologischen Eigenschaften von Blutegeln auf Substanzen beruhten, die im Speichel der Tiere vorhanden seien und eine pharmakologische Wirkung auslösten, wenn sich ein Egel zur Nahrungsaufnahme an der Haut seines Wirts fest- und dessen Blut aufsauge. Danach besitzen Blutegel ihre pharmakologischen Eigenschaften von Natur aus. Die arzneilich wirksamen Substanzen im Speichel sind natürliche Bestandteile der Tiere. Das alleinige Abstellen auf die pharmakologische Wirkung hätte daher zur Folge, dass auch der Blutegel in der Natur Arzneimittel wäre und den Vorschriften des Arzneimittelgesetzes unterläge. Dasselbe würde für Blutegel gelten, die für nicht medizinische Verwendungszwecke (z.B. für den Anglerbedarf) in den Verkehr gebracht würden. Ein derart weiter Arzneimittelbegriff widerspricht der Systematik des Arzneimittelgesetzes, das gemäß § 4 Abs. 14, §§ 13 ff. AMG davon ausgeht, dass Arzneimittel hergestellt werden. Ebenso wenig, wie es "geborene" pflanzliche Arzneimittel gibt (OVG Bautzen, Urteil vom 31. Juli 2014 - 3 A 205/13 [ECLI:DE:OVGSN:2014:0731.3A205.13.0A] - PharmR 2014, 591 <595>; VGH München, Urteil vom 11. Mai 1984 - 25 B 82 A.2323 [ECLI:DE:BAYVGH:1984:0511.25B82A.2323.0A] - BayVBl. 1984, 692 <693>; Müller, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 3 Rn. 35), gibt es "geborene" tierische Arzneimittel.

15

cc) Das Gesetz geht von einem weiten Begriff des Herstellens aus. Nach § 4 Abs. 14 AMG ist darunter das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe zu verstehen. Danach durchlaufen die von der Klägerin importierten Blutegel einen mehrstufigen Herstellungsprozess, bevor sie im Sinne von § 4 Abs. 17 AMG als Arzneimittel in den Verkehr gebracht werden.

16

(1) Die Herstellung dürfte mit dem Absammeln der Blutegel in ihren natürlichen Lebensräumen beginnen. Es spricht vieles dafür, dass es sich dabei um ein Gewinnen im Sinne von § 4 Abs. 14 AMG handelt. Hierzu zählt die Entnahme eines Stoffes aus seiner natürlichen Umgebung zum Zweck der Arzneimittelherstellung (Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, 3. Aufl., Stand: 1. Oktober 2016, § 4 AMG Rn. 49a; Kügel, in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 2. Aufl. 2016, § 4 Rn. 117). Insoweit dürfte das Gleiche gelten wie für Stoffe im Sinne von § 3 Nr. 2 AMG (vgl. Kügel a.a.O.; Krüger, in: Fuhrmann/Klein/Fleischfresser, Arzneimittelrecht, 2. Aufl. 2014, § 13 Rn. 5: Pflanzenernte als Gewinnung im Sinne von § 4 Abs. 14 AMG).

17

(2) Nach den Feststellungen der Vorinstanzen setzt sich der Herstellungsprozess nach der Einfuhr im Betrieb der Klägerin mit einer Sortierung und Maßnahmen zur Qualitätssicherung sowie zum Infektionsschutz fort. Tiere, die die Klägerin aufgrund Konstitution oder Größe als für medizinische Zwecke ungeeignet ansieht, werden aussortiert. Die verbliebenen Blutegel werden einer mehrmonatigen Quarantäne unterzogen. Des Weiteren werden sie mikrobiologisch untersucht. Durchlaufen sie diese Prozesse erfolgreich, erfolgt ihre Freigabe für die Verwendung als Arzneimittel. Vor der Abgabe werden die Blutegel im Sinne von § 4 Abs. 14 AMG verpackt und gekennzeichnet.

18

dd) Bei der Herstellung von Arzneimitteln aus lebenden Tieren ist für die Abgrenzung zwischen Arzneimittel und bloßem Vorprodukt nicht allein auf das Kriterium der arzneilichen Zweckbestimmung, sondern zusätzlich darauf abzustellen, dass keine wesentlichen Bearbeitungs- oder Aufbereitungsschritte bis zum anwendungs- und abgabefertigen Endprodukt mehr erforderlich sind.

19

(1) In der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass angesichts der weiten Definition des Herstellens nach § 4 Abs. 14 AMG nicht stets erst der letzte Herstellungsschritt vor dem Inverkehrbringen die Arzneimitteleigenschaft des Erzeugnisses begründet. Vielmehr gebietet der Schutzzweck des Gesetzes, nicht nur das abgabefertige Endprodukt als Arzneimittel einzuordnen, sondern bei einem mehrstufigen Herstellungsprozess auch bestimmte Vorstufen den Kontrollen und Anforderungen des Arzneimittelrechts zu unterstellen (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 14 und Rn. 16). Das Arzneimittelgesetz enthält keine ausdrücklichen Regelungen darüber, ab welcher Produktionsstufe von einem Arzneimittel gesprochen werden kann. Ihm lässt sich aber entnehmen, dass Vorstufen nicht allein deshalb bereits Arzneimitteleigenschaft haben, weil sie zu einem Arzneimittel weiterverarbeitet werden (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 14 und Rn. 18).

20

(2) Das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Unterscheidung zwischen Arzneimitteln und Vorprodukten, die selbst kein Arzneimittel sind, darauf abgestellt, ab welcher Verarbeitungsstufe die Bestimmung eines arzneilichen Anwendungszwecks möglich ist und erkennbar vorliegt. Danach ist die Arzneimitteleigenschaft eines Vorprodukts begründet, wenn bereits im Zeitpunkt seiner Herstellung eindeutig feststeht, dass seine künftige Zweckbestimmung ausschließlich darin besteht, durch Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper arzneilichen Zwecken zu dienen (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 17 m.w.N.).

21

(2.1) Dieses Kriterium ermöglicht hier keine klare Abgrenzung. Einerseits werden die Blutegel von der Klägerin beschafft, um sie für die Arzneimittelherstellung zu verwenden. Zweck der Einfuhr ist es, sich den Ausgangsstoff für die Herstellung medizinischer Blutegel zu besorgen. Dass ein Teil der importierten Tiere nach der Einfuhr als Fischfutter oder für den Anglerbedarf weiterveräußert wird, ist dagegen nicht bezweckt, sondern Folge dessen, dass sie von der Klägerin wegen fehlender Eignung für die Arzneimittelherstellung aussortiert werden. Danach ließen sich die Blutegel im Zeitpunkt der Einfuhr als Arzneimittel einstufen, weil eine arzneiliche Zweckbestimmung der Einfuhr feststeht.

22

Andererseits ist im Einfuhrzeitpunkt offen, welche Tiere für eine arzneiliche Verwendung tatsächlich herangezogen werden. Die Bestimmung der hierfür geeigneten Blutegel erfolgt erst nach der Einfuhr. Die pharmakologischen Eigenschaften sind bei einem in seinem natürlichen Lebensraum wild aufgewachsenen Blutegel eine notwendige, aber nicht hinreichende Voraussetzung der Eignung für eine arzneiliche Verwendung. Der Einsatz als Arzneimittel kommt erst in Betracht, wenn geprüft wurde, ob der Egel ausreichend saugfähig ist, und wenn das Risiko der Übertragung von Krankheitserregern, mit denen sich ein Blutegel in der Natur infiziert haben könnte, so erheblich gesenkt wurde, dass von einer Unbedenklichkeit ausgegangen werden kann. Danach wären die Blutegel im Zeitpunkt der Einfuhr keine Arzneimittel, weil die arzneiliche Zweckbestimmung des einzelnen Egels zu diesem Zeitpunkt noch nicht feststeht.

23

Als untauglich erweist sich auch, die Unterscheidung zwischen Arzneimittel und bloßem Vorprodukt daran auszurichten, ob bei der weiteren Aufbereitung des Vorprodukts ein chemisch-physikalischer Prozess stattfindet, der die pharmakologische Wirkung begründet oder durch den ein neuer Stoff entsteht, der erst am menschlichen oder tierischen Körper angewandt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 17). Dieses Kriterium hilft nicht weiter, weil die arzneilich wirksamen Substanzen natürliche Bestandteile des Blutegels sind und die von der Klägerin importierten Tiere, wie das Berufungsgericht festgestellt hat, keiner stofflichen Be- oder Verarbeitung unterzogen werden.

24

(2.2) Eine allein an der Zweckbestimmung orientierte Abgrenzung zwischen Arzneimittel und bloßem Vorprodukt überzeugt darüber hinaus auch deshalb nicht, weil sie dazu führt, dass bereits Ausgangsstoffe dem Begriff des Funktionsarzneimittels unterfallen können. Wäre für die von der Klägerin importierten Blutegel die arzneiliche Zweckbestimmung im Zeitpunkt der Einfuhr zu bejahen, wären sie als Arzneimittel einzustufen, ohne dass sie sich von einem Blutegel in der Natur unterschieden. Damit begründete die Beschaffung eines Ausgangsstoffes zum Zweck der Arzneimittelherstellung schon dessen Arzneimitteleigenschaft. Für eine solche Ausweitung des Arzneimittelbegriffs bietet das Gesetz jedoch keine Anknüpfungspunkte (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 18).

25

(3) Es bedarf daher eines zusätzlichen Abgrenzungskriteriums. Der Senat hat in seinem Urteil vom 3. März 2011 - BVerwG 3 C 8.10 - erwogen, ob für die Arzneimitteleigenschaft von Produkten in einem mehrstufigen Herstellungsprozess zusätzlich darauf abzustellen ist, dass keine wesentlichen Bearbeitungsschritte bis zum abgabefertigen Endprodukt mehr erforderlich sind. Mangels Entscheidungserheblichkeit konnte die Frage damals offen bleiben (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 18 f.). Der Senat bejaht sie nunmehr jedenfalls für Sachverhalte, in denen es - wie hier - um die Herstellung eines lebenden Arzneimittels geht.

26

ee) Danach sind die von der Klägerin importierten Blutegel im Zeitpunkt der Einfuhr keine Arzneimittel im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 2 AMG, weil sie bis zum abgabefertigen Endprodukt noch einer wesentlichen Aufbereitung bedürfen.

27

(1) Ob bis zur Herstellung des abgabefertigen Endprodukts noch wesentliche Bearbeitungs- oder Aufbereitungsschritte erforderlich sind, beurteilt sich anhand einer wertenden Gesamtbetrachtung des Herstellungsprozesses (vgl. BGH, Urteil vom 4. September 2012 - 1 StR 534/11 - BGHSt 57, 312 Rn. 34 ff. § 21 abs. 2 nr. 1 amg>). Eine Bearbeitung oder Aufbereitung ist wesentlich, wenn sie nach der Verkehrsanschauung den Herstellungsprozess prägt oder für die Anwendungsfertigkeit des Erzeugnisses von besonderer Bedeutung ist (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 19).

28

(2) Ausgehend davon befinden sich die Blutegel im Einfuhrzeitpunkt in einem Zustand, der für die Herstellung eines abgabefertigen Endprodukts noch eine wesentliche Aufbereitung erforderlich macht. Die nach der Einfuhr im Betrieb der Klägerin vorgenommene Aussortierung ungeeigneter Blutegel sowie die durchgeführten Quarantäne- und mikrobiologischen Überwachungsprozesse sind notwendige Maßnahmen zur Sicherung der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Egel. Ihnen kommt im Rahmen des mehrstufigen Herstellungsprozesses ein besonderer Stellenwert zu. Erst durch diese Maßnahmen werden die Blutegel in einen anwendungsfertigen Zustand versetzt (vgl. Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Mitteilung zu Blutegeln in der Humanmedizin - Leitlinie zur Sicherung von Qualität und Unbedenklichkeit -, S. 4 f.). Zudem macht die Quarantäne von mindestens 32 Wochen ab dem Zeitpunkt der Einfuhr auch in zeitlicher Hinsicht einen wesentlichen Teil des Herstellungsverfahrens aus. Damit kommt dem Aufbereitungsverfahren im Betrieb der Klägerin insgesamt eine prägende Bedeutung im Herstellungsprozess zu.

29

(3) Der Schutzzweck des Gesetzes, die Herstellung und den Verkehr mit Arzneimitteln zu kontrollieren (§ 1 AMG), gebietet keine andere Beurteilung.

30

Inspektionen der Fanggebiete und -bedingungen im Herkunftsland der Blutegel gemäß § 72a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 3 AMG könnten den Infektionsschutz verbessern, ein Infektionsrisiko aber nicht vollständig ausschließen. Die Aufbereitungsmaßnahmen im Betrieb der Klägerin sind zur Sicherung von Qualität und Unbedenklichkeit des Endprodukts in jedem Fall erforderlich. Sie werden durch Inspektionen im Drittland auch nicht nur teilweise entbehrlich. Das gilt auch deshalb, weil diese Inspektionen lediglich eine punktuelle Kontrolle bieten, während die Quarantäne- und mikrobiologischen Untersuchungsprozesse im Betrieb der Klägerin eine systematische und kontinuierliche Überwachung ermöglichen.

31

Zudem sieht das Arzneimittelgesetz behördliche Zulassungs- und Aufsichtsverfahren vor, in denen das Nutzen-Risiko-Verhältnis bei der arzneilichen Anwendung von lebenden Importegeln zu prüfen ist und gegebenenfalls Konsequenzen für die Verkehrsfähigkeit zu ziehen sind (vgl. § 141 Abs. 4 i.V.m. § 21 Abs. 1, § 25 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Nr. 5 AMG sowie § 69 Abs. 1, § 5 AMG). Des Weiteren hat der Hersteller nach § 13 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 Nr. 6a AMG zu gewährleisten, dass die Arzneimittelherstellung nach dem Stand von Wissenschaft und Technik vorgenommen wird.

32

b) Die von der Klägerin importierten Blutegel erfüllen im Zeitpunkt der Einfuhr auch nicht die Voraussetzungen eines Präsentationsarzneimittels nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG.

33

aa) Der Verwaltungsgerichtshof hat für die Einstufung als Präsentationsarzneimittel zu Unrecht ausreichen lassen, dass die Blutegel im Zeitpunkt der Einfuhr Vorprodukt eines Präsentationsarzneimittels seien. Dass das Endprodukt dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG unterfällt, begründet nicht auch die Arzneimitteleigenschaft des Vorprodukts. Die Einstufung als Präsentationsarzneimittel setzt voraus, dass das Vorprodukt selbst als Mittel präsentiert wird, das zur Heilung oder Linderung von Krankheiten bestimmt ist (BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 3 C 8.10 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 60 Rn. 12 f.).

34

bb) Unter den Begriff des Präsentationsarzneimittels im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG und Art. 1 Nr. 2 Buchst. a der Richtlinien 2001/83/EG, 2001/82/EG fallen alle Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind. Ein Erzeugnis erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein solches Mittel bezeichnet oder empfohlen wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Adressaten auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (stRspr; BVerwG, Urteil vom 20. November 2014 - 3 C 25.13 - Buchholz 418.32 AMG Nr. 67 Rn. 14 m.w.N.; EuGH, Urteil vom 15. November 2007 - C-319/05, Kommission/Deutschland - Rn. 43 ff. m.w.N.).

35

Das ist bei den von der Klägerin importierten Blutegeln nicht der Fall. Dass die Egel im Zeitpunkt der Einfuhr ausdrücklich oder durch ihre Aufmachung als Mittel präsentiert werden, das zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden bestimmt ist, haben weder der Verwaltungsgerichtshof noch das Verwaltungsgericht festgestellt. Der Senat sieht hierfür auch keine Anhaltspunkte. Es genügt insbesondere nicht, dass es sich bei der Klägerin um ein medizinisches Import- und Vertriebsunternehmen handelt.

36

c) Nach § 2 Abs. 2 AMG gelten bestimmte Erzeugnisse unter näher beschriebenen Voraussetzungen als Arzneimittel. Die von der Klägerin importierten Blutegel werden davon ersichtlich nicht erfasst. Sie sind im Zeitpunkt der Einfuhr weder tierärztliche Instrumente im Sinne von Nr. 1a noch Gegenstände mit einer Zweckbestimmung im Sinne von Nr. 2 noch Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen mit einem Verwendungszweck im Sinne der Nr. 4. Ebenso wenig handelt es sich um Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein solches Arzneimittel aufgebracht ist (Nr. 1).

37

2. Eine Erlaubnis- und Zertifikatspflicht ergibt sich schließlich nicht aus § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 72a Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 AMG. Unter den Begriff der Wirkstoffe im Sinne dieser Vorschriften fallen gemäß § 4 Abs. 19 AMG alle Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden. Das trifft auf die von der Klägerin importierten Blutegel nicht zu. Sie werden im Herstellungsprozess lebend als ganzes Tier verwendet.

38

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 und 2 VwGO.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

15
Stoffe, die zwar auf den menschlichen Körper einwirken, sich aber nicht nennenswert auf den Stoffwechsel auswirken und somit dessen Funktionsbedingungen nicht wirklich beeinflussen, dürfen nicht als Funktionsarzneimittel eingestuft werden (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 60 - Knoblauchkapseln; GRUR 2009, 511 Tz. 41 - Hecht-Pharma/Staatliches Gewerbeaufsichtsamt; EuGH, Urt. v. 5.3.2009 - C-88/07, ZLR 2009, 321 Tz. 75 - Kommission/Königreich Spanien; BGH GRUR 2008, 830 Tz. 19 - L-Carnitin II; GRUR 2008, 834 Tz. 20 - HMBKapseln ). Der Begriff des Funktionsarzneimittels soll nur diejenigen Erzeugnisse erfassen, deren pharmakologische Eigenschaften wissenschaftlich festge- stellt und die tatsächlich dazu bestimmt sind, eine ärztliche Diagnose zu erstellen oder physiologische Funktionen wiederherzustellen, zu bessern oder zu beeinflussen (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 61 - Knoblauchkapseln). Enthält ein Erzeugnis im Wesentlichen einen Stoff, der auch in einem Lebensmittel in dessen natürlichem Zustand vorhanden ist, so gehen von ihnen keine nennenswerten Auswirkungen auf den Stoffwechsel aus, wenn bei einem normalen Gebrauch des fraglichen Erzeugnisses (vgl. EuGH GRUR 2009, 790 Tz. 22 - BIOS Naturprodukte/Saarland) seine Auswirkungen auf die physiologischen Funktionen nicht über die Wirkungen hinausgehen, die ein in angemessener Menge verzehrtes Lebensmittel auf diese Funktionen haben kann (BGH GRUR 2008, 830 Tz. 19 - L-Carnitin II). Es kann dann nicht als ein Erzeugnis eingestuft werden , das die physiologischen Funktionen wiederherstellen, bessern oder beeinflussen könnte (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 68 - Knoblauchkapseln). Der Gerichtshof der Europäischen Union hat demgemäß die Arzneimitteleigenschaft eines Knoblauchextrakt-Pulvers, das bei angabegemäßer Dosierung dieselbe Menge Allicin enthielt wie 7,4 g roher frischer Knoblauch, mit der Begründung verneint, die physiologischen Wirkungen des Pulvers könnten auch durch den Verzehr der entsprechenden Menge Knoblauch als Lebensmittel erzielt werden (EuGH GRUR 2008, 271 Tz. 66 - Knoblauchkapseln).

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Der Überwachung durch die zuständige Behörde hinsichtlich der jeweils genannten Tätigkeiten unterliegen Betriebe und Einrichtungen,

1.
in denen Arzneimittel hergestellt, geprüft, gelagert, verpackt oder in den Verkehr gebracht werden,
2.
in denen sonst mit Arzneimitteln Handel getrieben wird,
3.
die Arzneimittel einführen,
4.
die Arzneimittel entwickeln oder klinisch prüfen,
5.
die Arzneimittel nach § 47a Absatz 1 Satz 1 erwerben oder anwenden,
6.
in denen Aufzeichnungen über die in den Nummern 1 bis 5 genannten Tätigkeiten aufbewahrt werden oder
7.
die einen Datenspeicher einrichten oder verwalten, der zum Datenspeicher- und -abrufsystem nach Artikel 31 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 2. Oktober 2015 zur Ergänzung der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates durch die Festlegung genauer Bestimmungen über die Sicherheitsmerkmale auf der Verpackung von Humanarzneimitteln (ABl. L 32 vom 9.2.2016, S. 1) gehört.
Die Entwicklung, Herstellung, Prüfung, Lagerung, Verpackung, Einfuhr und das Inverkehrbringen von Wirkstoffen und anderen zur Arzneimittelherstellung bestimmten Stoffen und von Gewebe, der sonstige Handel mit diesen Wirkstoffen und Stoffen sowie die mit den genannten Tätigkeiten im Zusammenhang stehende Aufbewahrung von Aufzeichnungen unterliegen der Überwachung, soweit sie durch eine Rechtsverordnung nach § 54, nach § 12 des Transfusionsgesetzes oder nach § 16a des Transplantationsgesetzes geregelt sind. Im Fall des § 14 Absatz 4 Nummer 4 und des § 20b Absatz 2 unterliegen die Entnahmeeinrichtungen und Labore der Überwachung durch die für sie örtlich zuständige Behörde; im Fall des § 20c Absatz 2 Satz 2 unterliegen die beauftragten Betriebe der Überwachung durch die für sie örtlich zuständige Behörde. Satz 1 gilt auch für Personen, die diese Tätigkeiten berufsmäßig ausüben oder Arzneimittel nicht ausschließlich für den Eigenbedarf mit sich führen, für den Sponsor einer klinischen Prüfung oder seinen Vertreter sowie für Personen oder Personenvereinigungen, die Arzneimittel für andere sammeln. Satz 1 findet keine Anwendung auf die Rekonstitution, soweit es sich nicht um Arzneimittel handelt, die zur klinischen Prüfung bestimmt sind.

(2) Die mit der Überwachung beauftragten Personen müssen diese Tätigkeit hauptberuflich ausüben. Die zuständige Behörde kann Sachverständige beiziehen. Sie soll Angehörige der zuständigen Bundesoberbehörde als Sachverständige beteiligen, soweit es sich um Blutzubereitungen, Gewebe und Gewebezubereitungen, radioaktive Arzneimittel, gentechnisch hergestellte Arzneimittel, Sera, Impfstoffe, Allergene, Arzneimittel für neuartige Therapien, xenogene Arzneimittel oder um Wirkstoffe oder andere Stoffe, die menschlicher, tierischer oder mikrobieller Herkunft sind oder die auf gentechnischem Wege hergestellt werden, handelt. Bei Apotheken, die keine Krankenhausapotheken sind oder die einer Erlaubnis nach § 13 nicht bedürfen, kann die zuständige Behörde Sachverständige mit der Überwachung beauftragen.

(3) Die zuständige Behörde hat sich davon zu überzeugen, dass die Vorschriften über Arzneimittel, Wirkstoffe und andere zur Arzneimittelherstellung bestimmte Stoffe sowie über Gewebe, über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens, des Zweiten Abschnitts des Transfusionsgesetzes, der Abschnitte 2, 3 und 3a des Transplantationsgesetzes und über das Apothekenwesen beachtet werden. Sie hat dafür auf der Grundlage eines Überwachungssystems unter besonderer Berücksichtigung möglicher Risiken in angemessenen Zeitabständen und in angemessenem Umfang sowie erforderlichenfalls auch unangemeldet Inspektionen vorzunehmen und wirksame Folgemaßnahmen festzulegen. Sie hat auch Arzneimittelproben amtlich untersuchen zu lassen. Unangemeldete Inspektionen sind insbesondere erforderlich

1.
bei Verdacht von Arzneimittel- oder Wirkstofffälschungen,
2.
bei Hinweis auf schwerwiegende Mängel von Arzneimitteln oder Wirkstoffen sowie
3.
in angemessenen Zeitabständen im Rahmen der Überwachung der Arzneimittelherstellung nach § 35 der Apothekenbetriebsordnung und der Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung für Apotheken.

(3a) Betriebe und Einrichtungen, die einer Erlaubnis nach den §§ 13, 20c, 72, 72b Absatz 1 oder § 72c bedürfen, sowie Apotheken, die Arzneimittel nach § 35 der Apothekenbetriebsordnung herstellen, sind in der Regel alle zwei Jahre nach Absatz 3 zu überprüfen. Die zuständige Behörde erteilt die Erlaubnis nach den §§ 13, 20c, 52a, 72, 72b Absatz 1 oder § 72c erst, wenn sie sich durch eine Inspektion davon überzeugt hat, dass die Voraussetzungen für die Erlaubniserteilung vorliegen.

(3b) Die zuständige Behörde führt die Inspektionen zur Überwachung der Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln gemäß den Leitlinien der Europäischen Kommission nach Artikel 111a der Richtlinie 2001/83/EG durch, soweit es sich nicht um die Überwachung der Durchführung klinischer Prüfung handelt. Sie arbeitet mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur durch Austausch von Informationen über geplante und durchgeführte Inspektionen sowie bei der Koordinierung von Inspektionen von Betrieben und Einrichtungen in Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, zusammen.

(3c) Die Inspektionen können auch auf Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates, der Europäischen Kommission oder der Europäischen Arzneimittel-Agentur durchgeführt werden. Unbeschadet etwaiger Abkommen zwischen der Europäischen Union und Ländern, die nicht Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder andere Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, kann die zuständige Behörde einen Hersteller in dem Land, das nicht Mitgliedstaat der Union oder Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ist, auffordern, sich einer Inspektion nach den Vorgaben der Europäischen Union zu unterziehen.

(3d) Über die Inspektion ist ein Bericht zu erstellen. Die zuständige Behörde, die die Inspektion durchgeführt hat, teilt den überprüften Betrieben, Einrichtungen oder Personen den Inhalt des Berichtsentwurfs mit und gibt ihnen vor dessen endgültiger Fertigstellung Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3e) Führt die Inspektion nach Auswertung der Stellungnahme nach Absatz 3d Satz 2 zu dem Ergebnis, dass die Betriebe, Einrichtungen oder Personen den gesetzlichen Vorschriften nicht entsprechen, so wird diese Information, soweit die Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis oder der Guten Vertriebspraxis des Rechts der Europäischen Union für Arzneimittel zur Anwendung beim Menschen betroffen sind, in die Datenbank nach § 67a eingegeben.

(3f) Innerhalb von 90 Tagen nach einer Inspektion zur Überprüfung der Guten Herstellungspraxis oder der Guten Vertriebspraxis wird den überprüften Betrieben, Einrichtungen oder Personen ein Zertifikat ausgestellt, wenn die Inspektion zu dem Ergebnis geführt hat, dass die entsprechenden Grundsätze und Leitlinien eingehalten werden. Die Gültigkeitsdauer des Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis soll drei Jahre, die des Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Vertriebspraxis fünf Jahre nicht überschreiten. Das Zertifikat ist zurückzunehmen, wenn nachträglich bekannt wird, dass die Voraussetzungen nicht vorgelegen haben; es ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind.

(3g) Die Angaben über die Ausstellung, die Versagung, die Rücknahme oder den Widerruf eines Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Herstellungspraxis sind in eine Datenbank nach § 67a einzugeben. Das gilt auch für die Erteilung, die Rücknahme, den Widerruf oder das Ruhen einer Erlaubnis nach § 13 oder § 72 Absatz 1 und 2 sowie für die Registrierung und Löschung von Arzneimittelvermittlern oder von Betrieben und Einrichtungen, die Wirkstoffe herstellen, einführen oder sonst mit ihnen Handel treiben, ohne einer Erlaubnis zu bedürfen. Die Angaben über die Ausstellung, die Versagung, die Rücknahme oder den Widerruf einer Erlaubnis nach § 52a sowie eines Zertifikates über die Einhaltung der Grundsätze und Leitlinien der Guten Vertriebspraxis sind in eine Datenbank der Europäischen Arzneimittel-Agentur nach Artikel 111 Absatz 6 der Richtlinie 2001/83/EG einzugeben.

(3h) Die Absätze 3b, 3c und 3e bis 3g finden keine Anwendung auf Betriebe und Einrichtungen, die einen Datenspeicher einrichten oder verwalten, der zum Datenspeicher- und -abrufsystem nach Artikel 31 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/161 gehört.

(3i) Abweichend von Absatz 3c hat die zuständige Behörde über ein begründetes Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union zu entscheiden, in den Gewebe oder Gewebezubereitungen verbracht werden sollen, die zuvor in den Geltungsbereich dieses Gesetzes eingeführt wurden, eine einführende Gewebeeinrichtung, die der Erlaubnispflicht des § 72b Absatz 1 oder des § 72c Absatz 1 unterliegt, zu inspizieren oder sonstige Überwachungsmaßnahmen durchzuführen. Der andere Mitgliedstaat erhält zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für ein begründetes Ersuchen eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union, in den hämatopoetische Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut verbracht werden sollen, die zuvor in den Geltungsbereich dieses Gesetzes eingeführt wurden, eine einführende Einrichtung, die der Erlaubnispflicht nach § 72 Absatz 4 oder § 72c Absatz 4 Satz 1 in Verbindung mit Absatz 1 unterliegt, zu inspizieren oder sonstige Überwachungsmaßnahmen durchzuführen.

(3j) Im Fall einer Inspektion nach Absatz 3i kann die zuständige Behörde auf ein Ersuchen der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gestatten, dass beauftragte Personen dieses Mitgliedstaates die Inspektion begleiten. Eine Ablehnung des Ersuchens muss die zuständige Behörde gegenüber der zuständigen Behörde des anderen Mitgliedstaates begründen. Die begleitenden Personen sind befugt, zusammen mit den mit der Überwachung beauftragten Personen Grundstücke, Geschäftsräume, Betriebsräume und Beförderungsmittel zu den üblichen Geschäftszeiten zu betreten und zu besichtigen.

(3k) Die zuständige Behörde informiert die zuständige Bundesoberbehörde über geplante Inspektionen bei Herstellern von Arzneimitteln oder Wirkstoffen in Drittstaaten. Angehörige der zuständigen Bundesoberbehörde können im Benehmen mit der zuständigen Behörde an solchen Inspektionen als Sachverständige teilnehmen. Absatz 2 Satz 3 bleibt unberührt.

(4) Die mit der Überwachung beauftragten Personen sind befugt

1.
Grundstücke, Geschäftsräume, Betriebsräume, Beförderungsmittel und zur Verhütung dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auch Wohnräume zu den üblichen Geschäftszeiten zu betreten, zu besichtigen sowie in Geschäftsräumen, Betriebsräumen und Beförderungsmitteln zur Dokumentation Bildaufzeichnungen anzufertigen, in denen eine Tätigkeit nach Absatz 1 ausgeübt wird; das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes auf Unverletzlichkeit der Wohnung wird insoweit eingeschränkt,
2.
Unterlagen über Entwicklung, Herstellung, Prüfung, klinische Prüfung, Erwerb, Einfuhr, Lagerung, Verpackung, Abrechnung, Inverkehrbringen und sonstigen Verbleib der Arzneimittel, der Wirkstoffe und anderer zur Arzneimittelherstellung bestimmter Stoffe sowie über das im Verkehr befindliche Werbematerial und über die nach § 94 erforderliche Deckungsvorsorge einzusehen,
2a.
Abschriften oder Ablichtungen von Unterlagen nach Nummer 2 oder Ausdrucke oder Kopien von Datenträgern, auf denen Unterlagen nach Nummer 2 gespeichert sind, anzufertigen oder zu verlangen, soweit es sich nicht um personenbezogene Daten von Patienten handelt,
3.
von natürlichen und juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte, insbesondere über die in Nummer 2 genannten Betriebsvorgänge zu verlangen,
4.
vorläufige Anordnungen, auch über die Schließung des Betriebes oder der Einrichtung zu treffen, soweit es zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung geboten ist.

(4a) Soweit es zur Durchführung dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen oder der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erforderlich ist, dürfen auch die Sachverständigen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, soweit sie die mit der Überwachung beauftragten Personen begleiten, Befugnisse nach Absatz 4 Nr. 1 wahrnehmen.

(5) Der zur Auskunft Verpflichtete kann die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen seiner in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(6) Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Regelungen über die Wahrnehmung von Überwachungsaufgaben in den Fällen festzulegen, in denen Arzneimittel von einem pharmazeutischen Unternehmer im Geltungsbereich des Gesetzes in den Verkehr gebracht werden, der keinen Sitz im Geltungsbereich des Gesetzes hat, soweit es zur Durchführung der Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln sowie über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens erforderlich ist. Dabei kann die federführende Zuständigkeit für Überwachungsaufgaben, die sich auf Grund des Verbringens eines Arzneimittels aus einem bestimmten Mitgliedstaat der Europäischen Union ergeben, jeweils einem bestimmten Land oder einer von den Ländern getragenen Einrichtung zugeordnet werden.

Unzulässig ist eine Werbung für Arzneimittel, die der Pflicht zur Zulassung unterliegen und die nicht nach den arzneimittelrechtlichen Vorschriften zugelassen sind oder als zugelassen gelten. Satz 1 findet auch Anwendung, wenn sich die Werbung auf Anwendungsgebiete oder Darreichungsformen bezieht, die nicht von der Zulassung erfasst sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.