Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Mai 2016 - M 17 K 16.30740

bei uns veröffentlicht am02.05.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzusetzen und über seinen Asylantrag vom 28. Februar 2014 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, dessen Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, reiste über Österreich am ... Februar 2014 mit dem Zug von ... nach ... in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dabei wurde er von Beamten der Bundespolizeiinspektion ... aufgegriffen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am selben Tage gab der Kläger an, syrischer Staatsangehöriger zu sein.

Am 28. Februar 2014 stellte er Asylantrag und trug bei seinem persönlichen Gespräch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens und zur Identitätsklärung (Bl. 2ff. der Behördenakte - BA) vor, libanesischer Staatsangehöriger zu sein. Dies bekräftigte der Kläger bei seiner Befragung zur Identitätsklärung durch die Regierung von Oberbayern am ... Februar 2014 (Bl. 36 ff. BA).

Die Klägerbevollmächtigten baten unter Hinweis auf den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers mit Schreiben vom 19. September 2014 (Bl. 73 BA) das Bundesamt um Anberaumung eines Anhörungstermins.

Unter dem ... Januar 2015 teilte das Bundesamt mit (Bl. 85 BA), dass vor einer Fortführung des Asylverfahrens die Antworten Ungarns und Griechenlands abzuwarten seien, die um Auskunft zu dem asyl- und aufenthaltsrechtlichen Status des Klägers gebeten wurden.

Das Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom ... Februar 2015 ging beim Bundesamt am 17. Februar 2015 ein.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2015 baten die Klägerbevollmächtigten das Bundesamt erneut um Mitteilung eines Anhörungstermins, woraufhin das Bundesamt mit Schreiben vom 15. Juli 2015 mitteilen ließ, dass ein Anhörungstermin derzeit nicht bestimmt werden könne. Die Klagepartei werde gebeten, zuerst zu dem Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom 16. Februar 2015 Stellung zu nehmen.

Daraufhin trug der Klägerbevollmächtigte gegenüber dem Bundesamt mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 (Bl. 92 BA) vor, dass der Kläger keine Kenntnis bezüglich eines in Ungarn durchgeführten Asylverfahrens habe. Dem Schreiben der ungarischen Behörden sei jedoch zu entnehmen, dass diese ein offenbar eingeleitetes Asylverfahren wieder eingestellt hätten. Es werde um Anberaumung eines Termins zur Anhörung gebeten.

Die Bevollmächtigten der Kläger erhoben mit Schriftsatz vom 7. April 2016, dem Verwaltungsgericht München am 11. April 2016 zugegangen, Klage mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und über die Anträge des Klägers zu entscheiden.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass dem Kläger ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass 26 Monate nach Asylantragstellung noch keine Entscheidung ergangen sei. Es liege kein zureichender Grund vor, der die Verzögerung rechtfertige. Die steigenden Flüchtlingszahlen seien bekannt. Ebenso seien auch andere Fälle bekannt, die wesentlich schneller behandelt werden. Eine genaue Verfahrensweise der Beklagten, ob und vor allem wie Asylantragsteller verschiedener Herkunftsländer behandelt werden, sei nicht zu erkennen. Prioritäten würden offensichtlich weder nach Herkunft noch nach Datum des Asylantrags gesetzt. Gründe in der Person des Klägers, die eine Verzögerung des Verfahrens rechtfertigen würden, lägen offensichtlich nicht vor. Der Kläger sei stets seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Kläger sei stets seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.

Mit allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2015 verzichtete die Beklagte ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und beantragte gemäß § 75 Satz 3 VwGO in allen auf Grundlage von § 75 VwGO erhobenen Klagen die Aussetzung des Verfahrens unter Bestimmung einer der Arbeitsbelastung des Bundesamts angemessenen Frist.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 15. April 2016 die Akten vor, stellte jedoch keinen Antrag.

Die schriftliche Bitte des Gerichts, sich im vorliegenden Fall bis spätestens 1. Mai 2016 zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern, blieb unbeantwortet.

Mit Beschluss vom 2. Mai 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Untätigkeitsklage, über die mit Einverständnis der Klagepartei (Schreiben vom 7. April 2016) und der Beklagten (Schreiben vom 25. Februar 2016) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.

1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage zulässig (§ 75 VwGO, § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO).

Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.

1.1. § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO setzen nicht regelhaft voraus, dass die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage, wenn sie als Untätigkeitsklage erhoben wird, einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt. Jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie ist Asylbewerbern aus unionsrechtlichen Gründen eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich über den gestellten Asylantrag gerichtete Untätigkeitsklage möglich, da sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris Rn. 21; VG München, U. v. 29.3.2016 - M 24 K 15.31313 - UA S. 7ff.; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53).

1.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

1.2.1. Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem Bundesamt innerhalb des Verwaltungsverfahrens (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris Rn. 27; VG München, U. v. 29.3.2016 - M 24 K 15.31313 - UA S. 9 m.V.a. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52; VG Würzburg, B. v. 8.3.2016 - W 1 K 16.30131 - juris Rn. 18). Ungeachtet dessen erinnerte die Klagepartei nach dem Ablauf von 6 Monaten das Bundesamt mehrfach - mit Schreiben vom 19. September 2014, 7. Juli 2015 und 21. Juli 2015 - an die Bescheidung des Asylantrags und bat um Anberaumung eines Anhörungstermins. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i. S. d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Die Klagepartei musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihr keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.

1.2.2. Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 AsylVf-RL n. F. verlängert (VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 - A 12 K 439/16 - juris Rn. 21; VG Würzburg, B. v. 8.3.2016 - W 1 K 16.30131 - juris Rn. 18, das jedenfalls zur Bestimmung einer angemessenen Entscheidungsfrist auf den Rechtsgedanken der noch nicht unmittelbar anwendbaren Vorschrift des Art. 31 Abs. 3 bis 5 AsylVf-RL n. F. abstellt). Art. 31 Abs. 3 AsylVf-RL n. F. sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von sechs Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um neun weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um drei weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 AsylVf-RL n. F.). Werden beide Fristen somit um jeweils drei Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 AsylVf-RL n. F. als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 AsylVf-RL n. F. können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 AsylVf-RL n. F. erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 AsylVf-RL n. F. nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten des Klägers konstruiert würde (VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 - A 12 K 439/16 - juris Rn. 21).

1.3. Ob die Beklagte mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12; VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris).

2. Die zulässige Untätigkeitsklage ist auch begründet.

Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.) i. V. m. Art. 18 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (GRCh) i. V. m. Art. 16a GG auf Entscheidung in angemessener Frist. Der Kläger hat Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 VwGO).

2.1. Die Sache ist spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Beklagte keine (nähere und tragende) Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Beklagten zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich.

Die pauschal abgegebene Erklärung in der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes vom 25. Februar 2016 („Arbeitsbelastung“) genügt dem Begründungserfordernis des § 75 VwGO nicht. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen im Urteil des VG Osnabrück vom 14. Oktober 2015 (5 A 390/15 - juris Rn. 34-38) an. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. Hinzu kommt, dass vorliegend der Asylantrag aus einer Zeit datiert, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 - AN 3 K 15.30560 - juris). Eine andauernde Arbeitsüberlastung ist ferner kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO (vgl. VG München, 8.4.2016 - M 12 K 16.30295 - UA S. 8f.). In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - alle juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde - wie hier - auch auf gerichtliche Nachfrage keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entschieden werden wird. Die Beklagte hat sich bislang auch nicht darauf berufen aufgrund der unaufgeklärten Staatsangehörigkeit des Klägers nicht in der Lage zu sein, über dessen Asylantrag zu entscheiden. Ungeachtet dessen könnte die vom Kläger begehrte persönliche Anhörung gerade einen diesbezüglichen Beitrag zur Aufklärung leisten. Hinzu kommt, dass der Kläger seinen Mitwirkungspflichten bislang nachkam und seit der Befragung der Regierung von Oberbayern zur Identitätsklärung am 25. Februar 2014 ebenfalls über 26 Monate vergangen sind.

Eine weitere Nachfristsetzung unter Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO, wie vom Bundesamt mit Schreiben vom 25. Februar 2016 beantragt, war daher nicht veranlasst, da das Bundesamt der schriftlichen Aufforderung des Gerichts, sich im vorliegenden Fall bis spätestens 1. Mai 2016 zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern, nicht nachkam. Auch die bisherige Verfahrensdauer sowie die Tatsache, dass das Bundesamt auch auf die zuletzt erfolgte Nachfrage der Klagepartei vom 21. Juli 2015 nicht reagierte, spricht dagegen, der Beklagten eine weitere Nachfrist zu setzen.

2.2. Die fehlende Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag der Klagepartei ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.) i. V. m. Art. 18 GRCh i. V. m. Art. 16a GG.

Dabei beträgt die dem Bundesamt vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung drei Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris Rn. 35). Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend - wie oben dargestellt - einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 26 Monate verstrichen sind.

Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Beklagte keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 26 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist.

Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Klagepartei an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem Bundesamt ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch drei Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag der Klagepartei in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

Da die Klagepartei keinen Antrag auf Zuerkennung materieller Rechtspositionen gestellt hat, kommt es vorliegend auf die Problematik des Durchentscheidens nicht an (vgl. VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 - A 12 K 439/16 - juris Rn. 21; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris; VG Hannover, B. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris).

3. Nachdem die Klagepartei mit ihrer Klage vollständig obsiegt, hat die vollständig unterlegene Beklagte die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe:

Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers, nicht jedoch die Prüfung des Bestehens seiner materiellen Ansprüche ist, reduziert das Gericht den Gegenstandswert aus Gründen der Billigkeit, § 30 Abs. 2 RVG (VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 - AN 3 K 15.30560 - juris Rn. 37 ff.)

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 Abs. 1 AsylG).

...

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Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden. II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu

Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 26. Jan. 2016 - AN 3 K 15.30560

bei uns veröffentlicht am 26.01.2016

Gründe Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach Aktenzeichen: AN 3 K 15.30560 Im Namen des Volkes Urteil vom 26. Januar 2016 3. Kammer Sachgebiets-Nr.: 0710 Hauptpunkte: Untätigkeitsklage Fortfüh

Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil, 23. März 2016 - A 12 K 439/16

bei uns veröffentlicht am 23.03.2016

Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers vom 06.10.2014 (Az.: 5824166-244) innerhalb von spätestens 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Urteils zu bescheiden.Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand  1 Der Kläg

Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil, 30. Okt. 2014 - 24 K 992/14.A

bei uns veröffentlicht am 30.10.2014

Tenor Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 5. August 2013, unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 1995 in der Person der Klägerin Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, zu entscheiden
2 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Mai 2016 - M 17 K 16.30740.

Verwaltungsgericht München Urteil, 27. Mai 2016 - M 17 K 15.31564

bei uns veröffentlicht am 27.05.2016

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass im Hinblick auf die Klägerin Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG im Hinblick auf die palästinensischen Autonomiegebiete und Syrien bestehen. Im Übrigen wird die Kla

Verwaltungsgericht München Beschluss, 24. Apr. 2017 - M 17 V 17.34460

bei uns veröffentlicht am 24.04.2017

Tenor I. Der Antrag wird abgelehnt. II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Das Verfahren betrifft die Vollstreckung des Einzelrichterurteils vom 2. Mai 2016 (Az.: M 1

Referenzen

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Kammer soll in der Regel in Streitigkeiten nach diesem Gesetz den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn nicht die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, dass inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozesslage ergibt, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) In Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes entscheidet ein Mitglied der Kammer als Einzelrichter. Der Einzelrichter überträgt den Rechtsstreit auf die Kammer, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder wenn er von der Rechtsprechung der Kammer abweichen will.

(5) Ein Richter auf Probe darf in den ersten sechs Monaten nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen können nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden. Dies gilt nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können oder gegen einen Nichtbeteiligten ergehen.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Kläger (Kl.) von der Beklagten (Bekl.) verlangen können, ihr Asylverfahren fortzuführen und binnen einer vom Gericht gesetzten Frist zu entscheiden.

Die Kl. sind nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige und stellten am ... Dezember 2013 einen Asylantrag (Bl. ... f. der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] vorgelegten Verwaltungsakte, d. A.). Über diesen Antrag ist bis zum Tag der vorliegenden Entscheidung noch nicht entschieden.

Eine Anhörung nach § 25 Asylgesetz (AsylG; zuvor Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) hat im Verwaltungsverfahren ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte noch nicht stattgefunden (Bl. ... ff. d. A.). Das BAMF hat kein Dublin-Verfahren eingeleitet; Eurodac-Treffer sind nicht aktenkundig (Bl. ... ff. d. A.).

Eine Bitte des bereits im Verwaltungsverfahren bestellen Klägerbevollmächtigten (Bev.) vom ... Februar 2014 um Mitteilung eines Anhörungstermins blieb bislang unbeantwortet (Bl. 50 ff. d. A.).

Mit Klageschrift vom 23. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragte der Bev.,

die Bekl. zu verpflichten, über den Asylantrag der Kl. vom 11. Dezember 2013 zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte das BAMF die Verwaltungsakte vor.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2015 wurde die Bekl. gebeten, sich zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern.

Nachdem eine Rückäußerung seitens des BAMF zum gerichtlichen Schreiben vom 8. Dezember 2015 nicht erfolgte, teilte das Gericht den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Dezember 2015 mit, dass das Klageverfahren nicht nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen sei.

Zum 1. Januar 2016 ging die Berichterstattung im vorliegenden Klageverfahren aufgrund einer Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb der 24. Kammer auf den Unterzeichnenden über, was den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt wurde.

Mit Erklärung vom 26. Januar 2016 verzichtete die Klagepartei gemäß § 101 Abs. 2 VwGO auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG, B. v. 24.4.2013 - 8 B 91/12 - juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Klagepartei hat mit Erklärung vom 26. Januar 2016 und die Beklagtenpartei bereits mit genereller (auch den vorliegenden Rechtsstreit umfassender) Prozesserklärung vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von O. ist vorliegend zwar gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) Verfahrensbeteiligter aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 (vgl. zur Zulässigkeit sog. Generalbeteiligungserklärungen BVerwG, U. v. 27.6.1995 - 9 C 7/95 - BVerwGE 99, 38, juris Rn. 11). In diesen Erklärungen hat der VöI allerdings darum gebeten, ihm ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden, und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG, B. v. 15.5.2014 - 9 B 57/13 - Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG, B. v. 10.10.2013 - 1 B 15/13 - Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).

Das Klagebegehren ist auslegungsbedürftig (§ 88 VwGO), weil der Antrag keine explizite Aussage trifft, bis wann spätestens die Entscheidung, zu deren Erlass verpflichtet werden soll, zu ergehen haben soll. Im Hinblick auf die Regel des § 75 Satz 2 VwGO legt der Einzelrichter den Antrag (wie im gerichtlichen Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt) dahin aus, dass beantragt ist, die Bekl. zu verpflichten, über den klägerischen Asylantrag binnen 3 Monaten ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Klage zu entscheiden (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris, Tenorierung).

Das Verwaltungsgericht (VG) München ist für die so auszulegende Klage entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Kl. im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG) ihren Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatten.

Der unterzeichnende Berichterstatter ist gemäß § 76 Abs. 1 AsylG als Einzelrichter zur Entscheidung berufen, nachdem die innerhalb des VG München zuständige Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 auf den jeweiligen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG ist für die vorliegend ohne mündliche Verhandlung ergehende gerichtliche Entscheidung, derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem diese gefällt wird. Deshalb sind auch die durch Art. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722 - AsylVf-B-G) vorgenommenen und zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Änderungen des früheren Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), das durch das AsylVf-B-G in „Asylgesetz“ (AsylG) umbenannt worden ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung zu berücksichtigen.

2. Die auf Verpflichtung zur bloßen Entscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage ist vorliegend zulässig.

2.1. Dass die Klage lediglich auf eine Verpflichtung zur Entscheidung an sich, nicht aber auf Verpflichtung zur Einräumung einer bestimmten (in der Sache begehrten) Position gerichtet ist, führt vorliegend weder nach § 75 VwGO noch nach § 44a VwGO zur Unzulässigkeit dieser Klage.

Nicht geklärt werden muss dabei, ob § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO allgemein eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Verpflichtungsklage ermöglicht oder ob § 75 VwGO vielmehr regelmäßig einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt.

Denn aus unionsrechtlichen Gründen ist jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich gerichtete Untätigkeitsklage möglich. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn einerseits sehen Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a. F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n. F. vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i. V. m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber jedenfalls nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage (gegen seinen Willen) auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern (zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Asyl-Verwaltungsverfahren) seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung an sich richten kann.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der unionsrechtlich bedingten Möglichkeit einer nur auf Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichteten Untätigkeitsklage vorliegend etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. § 71a AsylG kann dabei von vornherein nur einschlägig sein, wenn (abgesehen von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorgaben insbesondere der Dublin-Verordnungen) tatbestandlich i. S.v. § 71a Abs. 1 AsylG ein „erfolgloser Abschluss“ eines in einem anderen Dublin-Staat durchgeführten Asylverfahrens vorliegt. In Fällen, in denen ein derartiger „erfolgloser Abschluss“ nicht gegeben (und die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland anzunehmen) ist, ist deshalb auch der in Deutschland gestellte Asylantrag nicht als „Zweitantrag“ i. S. v. § 71a AsylG, sondern als „Asylerstantrag“ vom BAMF zu behandeln (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069, 13a B 113a B 15.50070, 13a B 113a B 15.50071 - Rn. 25, BeckRS 2016, 41335). Vorliegend geht aus dem vom BAMF vorgelegten Aktenmaterial nicht ansatzweise hervor, dass die Kl. überhaupt Kontakt zu anderen sicheren Drittstaaten i. S. v. § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG (i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage I zum AsylG) gehabt haben könnten. Unabhängig davon ist zu sehen, dass gemäß § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG die Ermittlung des Inhalts einer ablehnenden Entscheidung des anderen sicheren Drittstaates (deren Kenntnis für die Prüfung von § 51 VwVfG i. V. m. § 71a Abs. 1 AsylG unverzichtbar ist) dem BAMF obliegt und gegenüber Dublin-Staaten allein das BAMF gemäß Art. 34 Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-VO; zuvor: Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) 343/2003 - Dublin-II-VO) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsbestimmungen (AsylZBV) für die Zusammenarbeit mit dem anderen Dublin-Staat und damit insbesondere für den Datenaustausch über das sog. DubliNet (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 - Dublin-Durchführungs-Verordnung [Dublin-DV]) zuständig ist. Dies und der Umstand, dass gleichzeitig die Übermittlung der inhaltlichen Daten aus dem Asylverfahren des anderen EU-Mitgliedstaates an das BAMF der Zustimmung des jeweiligen Antragstellers bedarf (Art. 34 Abs. 3 Satz 4 Dublin-III-VO), also auch insoweit eine subjektiv-rechtliche Steuerungsmöglichkeit der Asylbewerber besteht, sprechen dafür, auch insoweit eine auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage aus unionsrechtlichen Gründen (jedenfalls angesichts der besagten ausschließlichen BAMF-Kompetenzen innerhalb des Dublin-Systems) für zulässig zu halten.

Vor diesem Hintergrund steht auch § 44a VwGO einer auf bloße Entscheidung gerichteten Untätigkeitsklage im Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. nicht entgegen, zumal die Klage vorliegend nicht auf eine bloße Verfahrenshandlung (wie etwa auf eine Mitteilung des BAMF gemäß § 24 Abs. 4 AsylG) gerichtet ist, sondern auf eine Verpflichtung zu einer (das Verwaltungsverfahren abschließenden) „Entscheidung“.

2.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung), nicht notwendiger Weise aber bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 6 m. w. N.; BVerwG, U. v. 24.2.1994 - 5 C 24/92 - BVerwGE 95,149, juris Rn. 12). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem BAMF innerhalb des Verwaltungsverfahrens. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG, der auf die Thematik einer Untätigkeitsklage nicht explizit eingeht. Auch die systematische Stellung des § 24 Abs. 4 AsylG spricht dagegen, dieser Vorschrift eine Sachurteilsvoraussetzung für ein gerichtliches Verfahren zu entnehmen. Denn das Asylgesetz trifft Sonderregelungen für das gerichtliche Verfahren in einem gesonderten Abschnitt (Abschnitt 9. Gerichtsverfahren; §§ 74-83b AsylG); in den §§ 74-83b AsylG ist aber eine Modifizierung der Sachurteilsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage ebenso wenig vorgesehen wie in § 24 Abs. 4 AsylG. Schließlich liegt auch der Asylverfahrensrichtlinie (und zwar sowohl der AsylVf-RL a. F. als auch der AsylVf-RL n. F.) eine strikte Trennung von Verwaltungsverfahren (Kapitel III) und gerichtlichem Verfahren (Kapitel V) zugrunde (vgl. überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52). Dabei sind die unionsrechtlichen Vorschriften, deren Umsetzung § 24 Abs. 4 AsylG dient (vgl. Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b AsylVf-RL a. F. und Art. 31 Abs. 6 Buchst. b AsylVf-RL n. F.), jeweils in dem das Verwaltungsverfahren betreffenden Kapitel III (Art. 23 ff. AsylVf-RL a. F.; Art. 31 ff. AsylVf-RL n. F.) angesiedelt, nicht aber in dem gerichtliche Rechtsbehelfe betreffenden Kapitel V (Art. 39 AsylVf-RL a. F.; Art. 46 AsylVf-RL n. F.).

Ob die Bekl. mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12).

3. Die zulässige Untätigkeitsklage ist begründet. Die Kl. haben gegen die Bekl. einen Anspruch, binnen derjenigen Frist über den Asylantrag zu entscheiden, die dem auszulegenden Klagebegehren (s.o.) entspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

3.1. Die Sache ist spruchreif i. S.v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Bekl. keine nähere Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Bekl. zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen in dem bereits im gerichtlichen Anhörungsschreiben vom 22. Januar 2016 benannten Urteil des VG Osnabrück vom 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris (dort Rn. 34-38) an. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der Spruchreife des Falles etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. Wie gezeigt, ist weder von der Bekl. vorgetragen noch aus dem von der Bekl. vorgelegten Aktenmaterial mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass es vorliegend überhaupt zu einem Asylverfahren in einem anderen sicheren Drittstaat, geschweige denn zu einem erfolglosen „Abschluss“ eines solchen Asylverfahrens gekommen ist. Selbst wenn eine solche Konstellation vorliegen sollte, wäre es aber nach § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG Sache des BAMF gewesen, entsprechende weitere Ermittlungen zu veranlassen, was jedoch ausweislich des vom BAMF vorgelegten Aktenmaterials bislang nicht geschehen ist.

3.2. Die fehlende Entscheidung des BAMF über den Asylantrag der Kl. ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.).

Dabei beträgt die dem BAMF vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung 3 Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits. Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union - GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 25 Monate verstrichen sind. Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Bekl. keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 25 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist. Es kann dabei vorliegend dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines Dublin-Verfahrens durch das BAMF dafür sprechen kann, dem BAMF eine längere Entscheidungsfrist einzuräumen, wenn sich erst nach längerer Zeit herausstellen sollte, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist oder zuständig geworden ist - denn ein Dublin-Verfahren ist vom BAMF vorliegend schon nicht eingeleitet worden. Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Kl. an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem BAMF ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch 3 Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag des Kl. in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft des Urteils trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

4. Nachdem die Kl. mit ihrer Klage in der vom Gericht vorgenommenen Auslegung (s. o.) vollständig obsiegen, hat die vollständig unterlegene Bekl. die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Kläger (Kl.) von der Beklagten (Bekl.) verlangen können, ihr Asylverfahren fortzuführen und binnen einer vom Gericht gesetzten Frist zu entscheiden.

Die Kl. sind nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige und stellten am ... Dezember 2013 einen Asylantrag (Bl. ... f. der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] vorgelegten Verwaltungsakte, d. A.). Über diesen Antrag ist bis zum Tag der vorliegenden Entscheidung noch nicht entschieden.

Eine Anhörung nach § 25 Asylgesetz (AsylG; zuvor Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) hat im Verwaltungsverfahren ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte noch nicht stattgefunden (Bl. ... ff. d. A.). Das BAMF hat kein Dublin-Verfahren eingeleitet; Eurodac-Treffer sind nicht aktenkundig (Bl. ... ff. d. A.).

Eine Bitte des bereits im Verwaltungsverfahren bestellen Klägerbevollmächtigten (Bev.) vom ... Februar 2014 um Mitteilung eines Anhörungstermins blieb bislang unbeantwortet (Bl. 50 ff. d. A.).

Mit Klageschrift vom 23. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragte der Bev.,

die Bekl. zu verpflichten, über den Asylantrag der Kl. vom 11. Dezember 2013 zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte das BAMF die Verwaltungsakte vor.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2015 wurde die Bekl. gebeten, sich zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern.

Nachdem eine Rückäußerung seitens des BAMF zum gerichtlichen Schreiben vom 8. Dezember 2015 nicht erfolgte, teilte das Gericht den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Dezember 2015 mit, dass das Klageverfahren nicht nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen sei.

Zum 1. Januar 2016 ging die Berichterstattung im vorliegenden Klageverfahren aufgrund einer Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb der 24. Kammer auf den Unterzeichnenden über, was den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt wurde.

Mit Erklärung vom 26. Januar 2016 verzichtete die Klagepartei gemäß § 101 Abs. 2 VwGO auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG, B. v. 24.4.2013 - 8 B 91/12 - juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Klagepartei hat mit Erklärung vom 26. Januar 2016 und die Beklagtenpartei bereits mit genereller (auch den vorliegenden Rechtsstreit umfassender) Prozesserklärung vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von O. ist vorliegend zwar gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) Verfahrensbeteiligter aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 (vgl. zur Zulässigkeit sog. Generalbeteiligungserklärungen BVerwG, U. v. 27.6.1995 - 9 C 7/95 - BVerwGE 99, 38, juris Rn. 11). In diesen Erklärungen hat der VöI allerdings darum gebeten, ihm ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden, und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG, B. v. 15.5.2014 - 9 B 57/13 - Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG, B. v. 10.10.2013 - 1 B 15/13 - Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).

Das Klagebegehren ist auslegungsbedürftig (§ 88 VwGO), weil der Antrag keine explizite Aussage trifft, bis wann spätestens die Entscheidung, zu deren Erlass verpflichtet werden soll, zu ergehen haben soll. Im Hinblick auf die Regel des § 75 Satz 2 VwGO legt der Einzelrichter den Antrag (wie im gerichtlichen Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt) dahin aus, dass beantragt ist, die Bekl. zu verpflichten, über den klägerischen Asylantrag binnen 3 Monaten ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Klage zu entscheiden (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris, Tenorierung).

Das Verwaltungsgericht (VG) München ist für die so auszulegende Klage entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Kl. im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG) ihren Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatten.

Der unterzeichnende Berichterstatter ist gemäß § 76 Abs. 1 AsylG als Einzelrichter zur Entscheidung berufen, nachdem die innerhalb des VG München zuständige Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 auf den jeweiligen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG ist für die vorliegend ohne mündliche Verhandlung ergehende gerichtliche Entscheidung, derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem diese gefällt wird. Deshalb sind auch die durch Art. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722 - AsylVf-B-G) vorgenommenen und zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Änderungen des früheren Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), das durch das AsylVf-B-G in „Asylgesetz“ (AsylG) umbenannt worden ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung zu berücksichtigen.

2. Die auf Verpflichtung zur bloßen Entscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage ist vorliegend zulässig.

2.1. Dass die Klage lediglich auf eine Verpflichtung zur Entscheidung an sich, nicht aber auf Verpflichtung zur Einräumung einer bestimmten (in der Sache begehrten) Position gerichtet ist, führt vorliegend weder nach § 75 VwGO noch nach § 44a VwGO zur Unzulässigkeit dieser Klage.

Nicht geklärt werden muss dabei, ob § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO allgemein eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Verpflichtungsklage ermöglicht oder ob § 75 VwGO vielmehr regelmäßig einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt.

Denn aus unionsrechtlichen Gründen ist jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich gerichtete Untätigkeitsklage möglich. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn einerseits sehen Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a. F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n. F. vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i. V. m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber jedenfalls nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage (gegen seinen Willen) auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern (zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Asyl-Verwaltungsverfahren) seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung an sich richten kann.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der unionsrechtlich bedingten Möglichkeit einer nur auf Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichteten Untätigkeitsklage vorliegend etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. § 71a AsylG kann dabei von vornherein nur einschlägig sein, wenn (abgesehen von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorgaben insbesondere der Dublin-Verordnungen) tatbestandlich i. S.v. § 71a Abs. 1 AsylG ein „erfolgloser Abschluss“ eines in einem anderen Dublin-Staat durchgeführten Asylverfahrens vorliegt. In Fällen, in denen ein derartiger „erfolgloser Abschluss“ nicht gegeben (und die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland anzunehmen) ist, ist deshalb auch der in Deutschland gestellte Asylantrag nicht als „Zweitantrag“ i. S. v. § 71a AsylG, sondern als „Asylerstantrag“ vom BAMF zu behandeln (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069, 13a B 113a B 15.50070, 13a B 113a B 15.50071 - Rn. 25, BeckRS 2016, 41335). Vorliegend geht aus dem vom BAMF vorgelegten Aktenmaterial nicht ansatzweise hervor, dass die Kl. überhaupt Kontakt zu anderen sicheren Drittstaaten i. S. v. § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG (i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage I zum AsylG) gehabt haben könnten. Unabhängig davon ist zu sehen, dass gemäß § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG die Ermittlung des Inhalts einer ablehnenden Entscheidung des anderen sicheren Drittstaates (deren Kenntnis für die Prüfung von § 51 VwVfG i. V. m. § 71a Abs. 1 AsylG unverzichtbar ist) dem BAMF obliegt und gegenüber Dublin-Staaten allein das BAMF gemäß Art. 34 Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-VO; zuvor: Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) 343/2003 - Dublin-II-VO) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsbestimmungen (AsylZBV) für die Zusammenarbeit mit dem anderen Dublin-Staat und damit insbesondere für den Datenaustausch über das sog. DubliNet (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 - Dublin-Durchführungs-Verordnung [Dublin-DV]) zuständig ist. Dies und der Umstand, dass gleichzeitig die Übermittlung der inhaltlichen Daten aus dem Asylverfahren des anderen EU-Mitgliedstaates an das BAMF der Zustimmung des jeweiligen Antragstellers bedarf (Art. 34 Abs. 3 Satz 4 Dublin-III-VO), also auch insoweit eine subjektiv-rechtliche Steuerungsmöglichkeit der Asylbewerber besteht, sprechen dafür, auch insoweit eine auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage aus unionsrechtlichen Gründen (jedenfalls angesichts der besagten ausschließlichen BAMF-Kompetenzen innerhalb des Dublin-Systems) für zulässig zu halten.

Vor diesem Hintergrund steht auch § 44a VwGO einer auf bloße Entscheidung gerichteten Untätigkeitsklage im Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. nicht entgegen, zumal die Klage vorliegend nicht auf eine bloße Verfahrenshandlung (wie etwa auf eine Mitteilung des BAMF gemäß § 24 Abs. 4 AsylG) gerichtet ist, sondern auf eine Verpflichtung zu einer (das Verwaltungsverfahren abschließenden) „Entscheidung“.

2.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung), nicht notwendiger Weise aber bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 6 m. w. N.; BVerwG, U. v. 24.2.1994 - 5 C 24/92 - BVerwGE 95,149, juris Rn. 12). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem BAMF innerhalb des Verwaltungsverfahrens. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG, der auf die Thematik einer Untätigkeitsklage nicht explizit eingeht. Auch die systematische Stellung des § 24 Abs. 4 AsylG spricht dagegen, dieser Vorschrift eine Sachurteilsvoraussetzung für ein gerichtliches Verfahren zu entnehmen. Denn das Asylgesetz trifft Sonderregelungen für das gerichtliche Verfahren in einem gesonderten Abschnitt (Abschnitt 9. Gerichtsverfahren; §§ 74-83b AsylG); in den §§ 74-83b AsylG ist aber eine Modifizierung der Sachurteilsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage ebenso wenig vorgesehen wie in § 24 Abs. 4 AsylG. Schließlich liegt auch der Asylverfahrensrichtlinie (und zwar sowohl der AsylVf-RL a. F. als auch der AsylVf-RL n. F.) eine strikte Trennung von Verwaltungsverfahren (Kapitel III) und gerichtlichem Verfahren (Kapitel V) zugrunde (vgl. überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52). Dabei sind die unionsrechtlichen Vorschriften, deren Umsetzung § 24 Abs. 4 AsylG dient (vgl. Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b AsylVf-RL a. F. und Art. 31 Abs. 6 Buchst. b AsylVf-RL n. F.), jeweils in dem das Verwaltungsverfahren betreffenden Kapitel III (Art. 23 ff. AsylVf-RL a. F.; Art. 31 ff. AsylVf-RL n. F.) angesiedelt, nicht aber in dem gerichtliche Rechtsbehelfe betreffenden Kapitel V (Art. 39 AsylVf-RL a. F.; Art. 46 AsylVf-RL n. F.).

Ob die Bekl. mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12).

3. Die zulässige Untätigkeitsklage ist begründet. Die Kl. haben gegen die Bekl. einen Anspruch, binnen derjenigen Frist über den Asylantrag zu entscheiden, die dem auszulegenden Klagebegehren (s.o.) entspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

3.1. Die Sache ist spruchreif i. S.v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Bekl. keine nähere Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Bekl. zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen in dem bereits im gerichtlichen Anhörungsschreiben vom 22. Januar 2016 benannten Urteil des VG Osnabrück vom 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris (dort Rn. 34-38) an. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der Spruchreife des Falles etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. Wie gezeigt, ist weder von der Bekl. vorgetragen noch aus dem von der Bekl. vorgelegten Aktenmaterial mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass es vorliegend überhaupt zu einem Asylverfahren in einem anderen sicheren Drittstaat, geschweige denn zu einem erfolglosen „Abschluss“ eines solchen Asylverfahrens gekommen ist. Selbst wenn eine solche Konstellation vorliegen sollte, wäre es aber nach § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG Sache des BAMF gewesen, entsprechende weitere Ermittlungen zu veranlassen, was jedoch ausweislich des vom BAMF vorgelegten Aktenmaterials bislang nicht geschehen ist.

3.2. Die fehlende Entscheidung des BAMF über den Asylantrag der Kl. ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.).

Dabei beträgt die dem BAMF vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung 3 Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits. Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union - GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 25 Monate verstrichen sind. Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Bekl. keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 25 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist. Es kann dabei vorliegend dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines Dublin-Verfahrens durch das BAMF dafür sprechen kann, dem BAMF eine längere Entscheidungsfrist einzuräumen, wenn sich erst nach längerer Zeit herausstellen sollte, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist oder zuständig geworden ist - denn ein Dublin-Verfahren ist vom BAMF vorliegend schon nicht eingeleitet worden. Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Kl. an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem BAMF ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch 3 Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag des Kl. in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft des Urteils trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

4. Nachdem die Kl. mit ihrer Klage in der vom Gericht vorgenommenen Auslegung (s. o.) vollständig obsiegen, hat die vollständig unterlegene Bekl. die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Tenor

I.

Das Verfahren wird ausgesetzt.

II.

Der Beklagten wird für die Entscheidung über die Asylanträge der Kläger eine Frist bis 19. Juni 2016 gesetzt.

Gründe

I.

1.

Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 3) haben am 3. Januar 2014 im Bundesgebiet Asyl beantragt, der Kläger zu 4) ist ein am ... 2014 nachgeborenes Kind, für das ein Asylantrag gemäß § 14a Abs. 2 AsylG mit dem 4. November 2014 als gestellt gilt.

2.

Nachdem eine EURODAC-Abfrage Treffer für Ungarn ergeben hatte, stimmten die ungarischen Behörden auf Ersuchen der Beklagten am 13. Februar 2014 der Wiederaufnahme der Kläger gemäß Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO zu. Mit Bescheid vom 7. März 2014 erklärte sich die Beklagte deshalb zur Durchführung des Asylverfahrens der Kläger unzuständig und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Ungarn an. Die Kläger erhoben hiergegen Klage und beantragten am 19. März 2014 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Eine Mitteilung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage an die ungarischen Behörden gemäß Art. 9 der Dublin-Durchführungsverordnung erfolgte innerhalb der dort geregelten 6-Monats-Frist jedoch nicht (Bl. 222 der Bundesamtsakte).

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2014 lehnte das Gericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ab. Sodann hob die Beklagte am 27. März 2015 den Bescheid vom 7. März 2014 auf. Das Klageverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigterklärungen der Beteiligten mit Beschluss des Gerichts vom 10. April 2015 eingestellt.

3.

Am 4. Februar 2016 ließen die Kläger Untätigkeitsklage erheben.

Sie beantragten,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über die Anträge der Kläger zu entscheiden.

4.

Die Beklagte beantragt,

das Verfahren auszusetzen und eine angemessene Frist für die Entscheidung festzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der Gründe der gestellten Anträge wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Aussetzung des Verfahrens und Fristsetzung beruht auf § 75 Satz 3 VwGO. Danach setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1.

Die Untätigkeitsklage ist zulässig.

Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage gemäß § 75 Satz 1 VwGO zulässig; sie kann jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist (§ 75 Satz 2 VwGO).

1.1

Die dreimonatige Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO ist abgelaufen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Asylantragstellung ist hier nicht auf die förmliche Stellung eines Asylantrags im Bundesgebiet abzustellen, weil der Asylantrag der Kläger ursprünglich im Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), behandelt wurde. Für diesen Fall ist hinsichtlich der Frage, welche Frist der Behörde für die Prüfung und Entscheidung des Asylantrags höchstens zur Verfügung steht, auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der nach der Dublin III-VO zuständige Mitgliedstaat feststeht. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie n. F.). Zwar ist die genannte Vorschrift der Verfahrensrichtlinie n. F. noch nicht unmittelbar anwendbar, da die Umsetzungsfrist hierfür gemäß Art. 51 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie n. F. erst am 20. Juli 2018 abläuft. Die bisherige Fassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2005/85/EG vom 1.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft - Verfahrensrichtlinie a. F.) enthält für diese Frage keine Regelung. Es entspricht aber einem sinnvollen Zusammenspiel der Regelungen der Dublin-Verordnungen sowie der Asylverfahrensrichtlinien, dass das Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung zwischen den Mitgliedstaaten des Schengen-Raumes, für welches durch die Dublin-Verordnungen gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar geltende Regelungen geschaffen wurden, streng von den durch die Verfahrensrichtlinien lediglich angeglichenen nationalen Asylverfahrensvorschriften zu unterscheiden ist. Die Verfahrensvorschriften und verfahrensrechtlichen Garantien der Asylverfahrensrichtlinien können daher nur auf das nach Abschluss des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens stattfindende nationale Asylverfahren finden. Ein Asylantrag im asylverfahrensrechtlichen, nicht zuständigkeitsrechtlichen Sinne kann daher erst ab diesem Zeitpunkt als gestellt behandelt werden.

1.2

Hiervon ausgehend ist der Beginn des nationalen Asylverfahrens der Kläger im Bundesgebiet jedoch entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht mit der Einstellung des Klageverfahrens gegen den im Dublin-Verfahren ergangenen Bescheid am 10. April 2015, sondern bereits mit dem Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 der Dublin-Durchführungsverordnung Nr. 1560/2003 (EG) vom 2. September 2003 auszugehen, mithin am 19. September 2014. Die Beklagte hat es nämlich versäumt (Bl. 222 der Bundesamtsakte), den ungarischen Behörden innerhalb der in Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Dublin-Durchführungsverordnung vorgesehenen Frist von sechs Monaten die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung, hier den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vom 19. März 2014, mitzuteilen. Dies führt nach Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Dublin-Durchführungsverordnung zum Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte mit Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung im Sofortverfahren, mithin am 19. September 2014. Ausgehend von diesem Zeitpunkt ist die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO am 19. Dezember 2014 abgelaufen.

2.

Es liegt jedoch ein zureichender Grund i. S. des § 75 Satz 3 VwGO dafür vor, dass die Beklagte über den Asylantrag der Kläger noch nicht entschieden hat, weshalb das Gericht das Verfahren auszusetzen und der Beklagten eine angemessene Entscheidungsfrist zu setzen hatte, die hier insgesamt 21 Monate beträgt.

2.1

Es liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass die Beklagte über den Asylantrag bisher nicht entschieden hat. Die Gründe hierfür hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2016 ausführlich dargelegt; sie sind in den Grundzügen auch allgemein bekannt. Zwar erscheint es angesichts der voraussehbaren Entwicklung der Asylbewerberzahlen in Deutschland, insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass nach Medienberichten (geschätzt) 300.000 Asylbegehrende noch nicht als Asylbewerber registriert wurden, kaum noch angemessen, von einer vorübergehenden Überlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu sprechen. Nach allgemeiner Auffassung stellt jedoch nur eine vorübergehende Überlastung der Verwaltung einen zureichenden Grund i. S. des § 75 VwGO dar (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 75 Rn. 9 m. w. N.). Eine längerfristige Überlastung ist demgegenüber regelmäßig kein zureichender Grund, da ihr mit organisatorischen und personellen Maßnahmen begegnet werden muss (Rennert in Eyermann, a. a. O., m. w. N.). Dennoch ist das Gericht der Auffassung, dass angesichts der derzeit im Asylbereich vorliegenden besonderen Umstände ein zureichender Grund für die Verzögerung des Asylverfahrens der Kläger vorliegt. Denn die Beklagte hat inzwischen - wenngleich möglicher Weise verzögert - auf die erheblich gestiegenen Zahlen der Asylanträge seit dem Jahr 2014 mit personellen und organisatorischen Maßnahmen reagiert. In Anbetracht des mit den Personalneueinstellungen in erheblichem Umfang verbundenen Einarbeitungsbedarfs ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedoch eine Übergangszeit zuzubilligen, bis die getroffenen Maßnahmen nachhaltig zu greifen vermögen. Des Weiteren hat die Beklagte in zulässiger Weise Priorisierungen vorgenommen. Die vorrangige Bearbeitung „älterer“ Asylverfahren, des Weiteren der Asylverfahren von Antragstellern aus Syrien und anderen Ländern mit hoher Anerkennungsquote sowie der Asylanträge von Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten steht im Einklang mit Art. 23 Abs. 3 und 4 der Verfahrensrichtlinie a. F. bzw. mit den bereits ab dem 20. Juli 2015 unmittelbar anwendbaren Regelungen des Art. 31 Abs. 7 und 8 Verfahrensrichtlinie n. F. (vgl. Art. 51 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie n. F.).

2.2

Das Gericht hält für die Prüfung und Entscheidung des Asylantrags der Kläger eine Frist von insgesamt 21 Monaten - beginnend mit dem Zeitpunkt des Übergangs in das nationale Asylverfahren am 19. September 2014 - für angemessen.

Das Asylgesetz regelt selbst keine Entscheidungsfrist für das nationale Asylverfahren. Insbesondere folgt eine solche Frist nicht aus § 24 Abs. 4 AsylG. Danach hat das Bundesamt, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, dem Ausländer auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Diese Vorschrift dient ersichtlich der Umsetzung des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verfahrensrichtlinie a. F. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Asylbewerber dann, wenn innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung informiert wird oder auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen unterrichtet wird, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat jedoch - dies bestimmt die o.g. Richtlinie ausdrücklich - keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb des Sechsmonatszeitraumes eine Entscheidung zu treffen. § 24 Abs. 4 AsylG kann daher keine Entscheidungsfrist i. S. des § 75 Satz 1 VwGO entnommen werden. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte ist daher zur Bestimmung einer angemessenen Entscheidungsfrist nach der Überzeugung des Gerichtes auf die noch nicht unmittelbar anwendbare Vorschrift des Art. 31 Abs. 3 bis 5 der Verfahrensrichtlinie n. F. abzustellen. Zwar ist die Umsetzungsfrist für diese Vorschriften gemäß Art. 51 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie noch nicht abgelaufen. Eine unmittelbare Anwendung dieser Fristvorschriften verbietet sich daher ebenso wie die Annahme einer Pflicht der mitgliedstaatlichen Behörden, ihr nationales Recht richtlinienkonform auszulegen. Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass eine Pflicht zur unmittelbaren Anwendung oder zur richtlinienkonformen Auslegung erst mit Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie entsteht (EuGH, U. v. 4.7.2006 - Adeneler, C-212/04 - juris m. w. N.). Ebenso wenig kann der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorwirkung von Richtlinien vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an (EuGH, U. v. 18.12.1997 - Inter-Environnement, C-129/96 - juris; U. v. 4.7.2006 - Adeneler, C-212/04 - juris) derzeit eine entsprechende unmittelbare Wirkung der genannten Fristbestimmungen entnommen werden. Denn die auf Art. 10 EGV a. F. (bzw. jetzt Art. 4 Abs. 3 EUV) gestützte Pflicht des Mitgliedstaates, alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung des Richtlinienziels mit Ablauf der Umsetzungsfrist vereiteln könnten, gebietet den Mitgliedstaaten nicht, in der Richtlinie vorgesehene Bestimmungen über das nationale Verwaltungsverfahren vor Ablauf der vorgesehenen Umsetzungsfrist anzuwenden.

Den Klägern steht aber aus Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Verfahrensrichtlinie a. F. i. V. m. Art. 18 GR-Charta ein Recht auf rasche Prüfung ihres Asylantrags zu. Der Zeitraum, den die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang übereinstimmend bzw. mehrheitlich als angemessen erachten, kann den künftigen Regelungen des Art. 31 Abs. 3 bis 5 Verfahrensrichtlinie n. F. als Minimalkonsens entnommen werden. Danach ist zunächst nach Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 1 Verfahrensrichtlinie n. F. von einer Entscheidungsfrist von sechs Monaten nach der förmlichen Antragstellung bzw. - nach Unterabsatz 2 - nach Bestimmung des für die Prüfung zuständigen Mitgliedstaates auszugehen. Diese 6-Monats-Frist kann nach Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 3b Verfahrensrichtlinie n. F. unter anderem dann um höchstens neun weitere Monate verlängert werden, wenn eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist von sechs Monaten abzuschließen. Die sich daraus ergebende 15-monatige Frist kann gemäß Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 4 Verfahrensrichtlinie n. F. ausnahmsweise nochmals um höchstens drei Monate überschritten werden, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass ein „ausreichend begründeter Fall“ vorliegt. Für den Regelfall sieht die Verfahrensrichtlinie in der Neufassung somit eine Entscheidungsfrist von maximal 18 Monaten vor. Des Weiteren besteht nach Art. 31 Abs. 4 Verfahrensrichtlinie n. F. die Möglichkeit, bei einer aller Voraussicht nach vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsstaat nicht innerhalb der vorgesehenen 18 Monate zu entscheiden. In jedem Fall, d. h. auch im letztgenannten Falle, haben die Mitgliedstaaten jedoch nach Art. 31 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie n. F. das Asylverfahren innerhalb einer maximalen Frist von 21 Monaten nach der förmlichen Antragstellung abzuschließen. Diese 21-monatige Frist stellt somit im Lichte des Art. 18 GR-Charta die zulässige Höchstfrist eines Asylverfahrens dar. Diese Frist darf nach der Überzeugung des Gerichts auch im Rahmen einer zulässigen Priorisierung der Asylverfahren nicht überschritten werden, weil letztere vor dem Hintergrund der Gewährleistungen der GR-Charta nicht dazu führen kann, dass die Entscheidung über Asylanträge anderer Antragsteller, die nicht unter die Vorrangkriterien fallen, auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird.

Gerechnet vom 19. September 2014 als Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte steht dieser somit eine Frist zur Entscheidung über den Asylantrag der Kläger bis zum 19. Juni 2016 zu.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers vom 06.10.2014 (Az.: 5824166-244) innerhalb von spätestens 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Urteils zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Entscheidung der Beklagten über seinen bislang noch nicht beschiedenen Asylantrag.
Der 1988 geborene Kläger ist eritreischer Staatsangehöriger. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland meldete er sich am 09.09.2014 als Asylsuchender und erhielt am selben Tag eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA). Am 06.10.2014 beantragte der Kläger förmlich seine Anerkennung als Asylberechtigter, woraufhin ihm am selben Tag eine Aufenthaltsgestattung erteilt wurde.
Mit Schreiben vom 01.07.2015 bat der Kläger erstmals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) um Beschleunigung des Verfahrens im Wege des schriftlichen Verfahrens unter Verzicht auf eine persönliche Asylanhörung. Dabei beschränkte er seinen Antrag auf die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger setzte dem Bundesamt eine Frist zum 14.07.2015.
Mit weiterem Schreiben vom 02.10.2015 bat der Kläger nochmals um Zusendung eines Fragebogens mit Frist zum 14.10.2014.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 wurde dem Kläger der Fragebogen vom Bundesamt übersandt.
Mit Schreiben vom 09.11.2015 sandte der Kläger den ausgefüllten Fragebogen an das Bundesamt zurück und bat nochmals um eine zeitnahe Entscheidung mit Frist zum 23.11.2015. Eine Entscheidung des Bundesamtes ist seither nach Aktenlage nicht ergangen.
Am 27.01.2016 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, ihm werde seit bereits 16 Monaten eine sachliche Entscheidung über sein Asylbegehren verwehrt. Er habe einen Anspruch auf Bearbeitung seines Antrags in angemessener Frist. Maßgebliches Datum für die Fristberechnung sei das Erstausstellungsdatum der BüMA. Ein zureichender Grund für die Untätigkeit sei nicht ersichtlich. Die vorgebrachte Arbeitsüberlastung des Bundesamtes stelle keinen solchen Grund dar. Die aktuellen Erledigungszahlen zeigten vielmehr, dass dem gestiegenen Auftragsaufkommen nur unzureichend organisatorisch begegnet worden sei. Auch sei der vorliegende Fall nicht von besonderem Umfang oder besonderer Schwierigkeit. Ein Bescheid hätte schon längst ergehen müssen.
Der Kläger beantragt - sachdienlich ausgelegt -,
10 
die Beklagte zu verpflichten, seinen Asylantrag vom 06.10.2014 (Az.: 5824166 - 224) innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu bescheiden.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen, hilfsweise das Verfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen.
13 
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, es liege in jedem Fall wegen der 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen ein zureichender, einer Behördenentscheidung entgegen stehender Grund vor, der eine Aussetzung rechtfertige.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Klage hat Erfolg. Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht auf Entscheidung in angemessener Frist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO).
17 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO zulässig. Dass dabei die Untätigkeitsklage als Bescheidungsklage erhoben wurde, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Denn dem Gericht ist es verwehrt, im Falle des Fehlens eines zureichenden Grundes für die Untätigkeit der Behörde in der Sache „durchzuentscheiden“ (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, Beschl. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris). Dies ist in der fehlenden Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Die Entscheidung über den Asylantrag setzt nämlich ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren zwingend voraus, weil diesem eine so wesentliche Bedeutung beizumessen ist, dass es die Rechtmäßigkeit an die Absolvierung dieses Verfahrens bindet. Das gerichtliche Verfahren vermag in diesen Fällen das behördliche nicht zu ersetzen, weil es sich bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um eine mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handelt. Insbesondere aber würden dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris).
18 
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
19 
Ob § 24 Abs. 4 AsylG die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 75 VwGO modifiziert, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der Kläger erinnerte nach dem Ablauf von 6 Monaten mehrfach – mit Schreiben vom 01.07.2015, 02.10.2015 und 09.11.2015 – an die Bescheidung seines Asylantrag und bat diesbezüglich um rasche Entscheidung. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i.S.d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Der Kläger musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
20 
Das Bundesamt hat nicht in angemessener Frist über den Antrag des Klägers sachlich entschieden.
21 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von 6 Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um 9 weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um 3 weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die 3-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde.
22 
Es liegt auch kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.
23 
Die Beklagte beruft sich zwar insoweit auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann auch grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, RdNr. 13). Doch kann sich die Beklagte hierauf nicht erfolgreich für das Jahr 2014 stützen. Denn im Jahr 2014 war erst ein Eingang von („nur“) 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist der vorgetragene extreme Anstieg auf eine Zahl von 476.649 zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Gründe, warum der vorliegend Anfang Oktober 2014 gestellte Asylantrag des Klägers nicht bereits im Jahr 2014 dahingehend bearbeitet wurde, dass noch im Jahr 2014 oder jedenfalls zu Beginn des Jahres 2015 eine Entscheidung erfolgte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend unabhängig davon, ob auf das Datum der formellen Asylantragsstellung am 06.10.2014 oder das Ausstellungsdatum der BüMA vom 09.09.2014 abgestellt wird. Richtigerweise kann jedoch erst nach Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie in innerstaatliches Recht bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist für den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU am 20.07.2018 auf den Zeitpunkt der Erteilung der BüMA abgestellt werden. Die von den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommene förmliche Antragsstellung ist dann nämlich unter Beachtung des in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU festgelegten Grundsatzes des raschen Verfahrens nach Sinn und Zweck so auszulegen, dass bereits die Meldung als Asylsuchender maßgeblich sein muss, weil das Bundesamt ansonsten die europarechtlichen Verfahrensfristen willkürlich manipulieren könnte. Derzeit bzw. bis 20.07.2018 ergibt sich diese Anknüpfung aus nationalem Recht jedoch (noch) nicht, sodass auf den förmlichen Asylantrag abgestellt werden muss, der regelmäßig die Aufenthaltsgestattung ausgelöst hat.
24 
Die nunmehr im Tenor festgesetzte Frist von 3 Monaten für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ab Rechtskraft dieses Urteils wird für angemessen befunden. Dabei erfolgte eine Orientierung an der Vorschrift des § 75 VwGO und dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, der den Mitgliedstaaten eine maximale Bearbeitungsdauer von 21 Monaten einräumt. Neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über 17 Monaten seit förmlicher Antragsstellung wurde berücksichtigt, dass der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt hat und bereits mittels übersandtem Fragebogen die Gründe seines Schutzersuchens dargelegt hat. Des Weiteres war zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Komplexität oder einen besonderen Umfang des Falles weder ersichtlich noch vom Bundesamt vorgetragen sind.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Gründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Klage hat Erfolg. Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht auf Entscheidung in angemessener Frist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO).
17 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO zulässig. Dass dabei die Untätigkeitsklage als Bescheidungsklage erhoben wurde, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Denn dem Gericht ist es verwehrt, im Falle des Fehlens eines zureichenden Grundes für die Untätigkeit der Behörde in der Sache „durchzuentscheiden“ (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, Beschl. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris). Dies ist in der fehlenden Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Die Entscheidung über den Asylantrag setzt nämlich ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren zwingend voraus, weil diesem eine so wesentliche Bedeutung beizumessen ist, dass es die Rechtmäßigkeit an die Absolvierung dieses Verfahrens bindet. Das gerichtliche Verfahren vermag in diesen Fällen das behördliche nicht zu ersetzen, weil es sich bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um eine mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handelt. Insbesondere aber würden dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris).
18 
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
19 
Ob § 24 Abs. 4 AsylG die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 75 VwGO modifiziert, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der Kläger erinnerte nach dem Ablauf von 6 Monaten mehrfach – mit Schreiben vom 01.07.2015, 02.10.2015 und 09.11.2015 – an die Bescheidung seines Asylantrag und bat diesbezüglich um rasche Entscheidung. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i.S.d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Der Kläger musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
20 
Das Bundesamt hat nicht in angemessener Frist über den Antrag des Klägers sachlich entschieden.
21 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von 6 Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um 9 weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um 3 weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die 3-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde.
22 
Es liegt auch kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.
23 
Die Beklagte beruft sich zwar insoweit auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann auch grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, RdNr. 13). Doch kann sich die Beklagte hierauf nicht erfolgreich für das Jahr 2014 stützen. Denn im Jahr 2014 war erst ein Eingang von („nur“) 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist der vorgetragene extreme Anstieg auf eine Zahl von 476.649 zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Gründe, warum der vorliegend Anfang Oktober 2014 gestellte Asylantrag des Klägers nicht bereits im Jahr 2014 dahingehend bearbeitet wurde, dass noch im Jahr 2014 oder jedenfalls zu Beginn des Jahres 2015 eine Entscheidung erfolgte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend unabhängig davon, ob auf das Datum der formellen Asylantragsstellung am 06.10.2014 oder das Ausstellungsdatum der BüMA vom 09.09.2014 abgestellt wird. Richtigerweise kann jedoch erst nach Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie in innerstaatliches Recht bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist für den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU am 20.07.2018 auf den Zeitpunkt der Erteilung der BüMA abgestellt werden. Die von den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommene förmliche Antragsstellung ist dann nämlich unter Beachtung des in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU festgelegten Grundsatzes des raschen Verfahrens nach Sinn und Zweck so auszulegen, dass bereits die Meldung als Asylsuchender maßgeblich sein muss, weil das Bundesamt ansonsten die europarechtlichen Verfahrensfristen willkürlich manipulieren könnte. Derzeit bzw. bis 20.07.2018 ergibt sich diese Anknüpfung aus nationalem Recht jedoch (noch) nicht, sodass auf den förmlichen Asylantrag abgestellt werden muss, der regelmäßig die Aufenthaltsgestattung ausgelöst hat.
24 
Die nunmehr im Tenor festgesetzte Frist von 3 Monaten für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ab Rechtskraft dieses Urteils wird für angemessen befunden. Dabei erfolgte eine Orientierung an der Vorschrift des § 75 VwGO und dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, der den Mitgliedstaaten eine maximale Bearbeitungsdauer von 21 Monaten einräumt. Neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über 17 Monaten seit förmlicher Antragsstellung wurde berücksichtigt, dass der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt hat und bereits mittels übersandtem Fragebogen die Gründe seines Schutzersuchens dargelegt hat. Des Weiteres war zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Komplexität oder einen besonderen Umfang des Falles weder ersichtlich noch vom Bundesamt vorgetragen sind.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Tenor

I.

Das Verfahren wird ausgesetzt.

II.

Der Beklagten wird für die Entscheidung über die Asylanträge der Kläger eine Frist bis 19. Juni 2016 gesetzt.

Gründe

I.

1.

Die Kläger sind afghanische Staatsangehörige. Die Kläger zu 1) bis 3) haben am 3. Januar 2014 im Bundesgebiet Asyl beantragt, der Kläger zu 4) ist ein am ... 2014 nachgeborenes Kind, für das ein Asylantrag gemäß § 14a Abs. 2 AsylG mit dem 4. November 2014 als gestellt gilt.

2.

Nachdem eine EURODAC-Abfrage Treffer für Ungarn ergeben hatte, stimmten die ungarischen Behörden auf Ersuchen der Beklagten am 13. Februar 2014 der Wiederaufnahme der Kläger gemäß Art. 18 Abs. 1b Dublin III-VO zu. Mit Bescheid vom 7. März 2014 erklärte sich die Beklagte deshalb zur Durchführung des Asylverfahrens der Kläger unzuständig und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Ungarn an. Die Kläger erhoben hiergegen Klage und beantragten am 19. März 2014 gemäß § 80 Abs. 5 VwGO die Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Eine Mitteilung über den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage an die ungarischen Behörden gemäß Art. 9 der Dublin-Durchführungsverordnung erfolgte innerhalb der dort geregelten 6-Monats-Frist jedoch nicht (Bl. 222 der Bundesamtsakte).

Mit Beschluss vom 10. Dezember 2014 lehnte das Gericht den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ab. Sodann hob die Beklagte am 27. März 2015 den Bescheid vom 7. März 2014 auf. Das Klageverfahren wurde nach übereinstimmenden Erledigterklärungen der Beteiligten mit Beschluss des Gerichts vom 10. April 2015 eingestellt.

3.

Am 4. Februar 2016 ließen die Kläger Untätigkeitsklage erheben.

Sie beantragten,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über die Anträge der Kläger zu entscheiden.

4.

Die Beklagte beantragt,

das Verfahren auszusetzen und eine angemessene Frist für die Entscheidung festzusetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere der Gründe der gestellten Anträge wird auf den Inhalt der Gerichts- sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

II.

Die Aussetzung des Verfahrens und Fristsetzung beruht auf § 75 Satz 3 VwGO. Danach setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist aus, wenn ein zureichender Grund dafür vorliegt, dass der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

1.

Die Untätigkeitsklage ist zulässig.

Ist über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage gemäß § 75 Satz 1 VwGO zulässig; sie kann jedoch nicht vor Ablauf von drei Monaten seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsaktes erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist (§ 75 Satz 2 VwGO).

1.1

Die dreimonatige Sperrfrist gemäß § 75 Satz 2 VwGO ist abgelaufen. Hinsichtlich des Zeitpunktes der Asylantragstellung ist hier nicht auf die förmliche Stellung eines Asylantrags im Bundesgebiet abzustellen, weil der Asylantrag der Kläger ursprünglich im Verfahren nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines vom einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO), behandelt wurde. Für diesen Fall ist hinsichtlich der Frage, welche Frist der Behörde für die Prüfung und Entscheidung des Asylantrags höchstens zur Verfügung steht, auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der nach der Dublin III-VO zuständige Mitgliedstaat feststeht. Dies ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2013/32/EU vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Verfahrensrichtlinie n. F.). Zwar ist die genannte Vorschrift der Verfahrensrichtlinie n. F. noch nicht unmittelbar anwendbar, da die Umsetzungsfrist hierfür gemäß Art. 51 Abs. 2 Verfahrensrichtlinie n. F. erst am 20. Juli 2018 abläuft. Die bisherige Fassung der Asylverfahrensrichtlinie (Richtlinie 2005/85/EG vom 1.12.2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft - Verfahrensrichtlinie a. F.) enthält für diese Frage keine Regelung. Es entspricht aber einem sinnvollen Zusammenspiel der Regelungen der Dublin-Verordnungen sowie der Asylverfahrensrichtlinien, dass das Verfahren der Zuständigkeitsbestimmung zwischen den Mitgliedstaaten des Schengen-Raumes, für welches durch die Dublin-Verordnungen gemäß Art. 288 Abs. 2 AEUV unmittelbar geltende Regelungen geschaffen wurden, streng von den durch die Verfahrensrichtlinien lediglich angeglichenen nationalen Asylverfahrensvorschriften zu unterscheiden ist. Die Verfahrensvorschriften und verfahrensrechtlichen Garantien der Asylverfahrensrichtlinien können daher nur auf das nach Abschluss des Zuständigkeitsbestimmungsverfahrens stattfindende nationale Asylverfahren finden. Ein Asylantrag im asylverfahrensrechtlichen, nicht zuständigkeitsrechtlichen Sinne kann daher erst ab diesem Zeitpunkt als gestellt behandelt werden.

1.2

Hiervon ausgehend ist der Beginn des nationalen Asylverfahrens der Kläger im Bundesgebiet jedoch entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht mit der Einstellung des Klageverfahrens gegen den im Dublin-Verfahren ergangenen Bescheid am 10. April 2015, sondern bereits mit dem Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte gemäß Art. 9 Abs. 2 Satz 2 der Dublin-Durchführungsverordnung Nr. 1560/2003 (EG) vom 2. September 2003 auszugehen, mithin am 19. September 2014. Die Beklagte hat es nämlich versäumt (Bl. 222 der Bundesamtsakte), den ungarischen Behörden innerhalb der in Art. 9 Abs. 2 Satz 1 der Dublin-Durchführungsverordnung vorgesehenen Frist von sechs Monaten die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung, hier den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO vom 19. März 2014, mitzuteilen. Dies führt nach Art. 9 Abs. 2 Satz 2 Dublin-Durchführungsverordnung zum Zuständigkeitsübergang auf die Beklagte mit Ablauf von sechs Monaten ab Antragstellung im Sofortverfahren, mithin am 19. September 2014. Ausgehend von diesem Zeitpunkt ist die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO am 19. Dezember 2014 abgelaufen.

2.

Es liegt jedoch ein zureichender Grund i. S. des § 75 Satz 3 VwGO dafür vor, dass die Beklagte über den Asylantrag der Kläger noch nicht entschieden hat, weshalb das Gericht das Verfahren auszusetzen und der Beklagten eine angemessene Entscheidungsfrist zu setzen hatte, die hier insgesamt 21 Monate beträgt.

2.1

Es liegt ein zureichender Grund dafür vor, dass die Beklagte über den Asylantrag bisher nicht entschieden hat. Die Gründe hierfür hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Februar 2016 ausführlich dargelegt; sie sind in den Grundzügen auch allgemein bekannt. Zwar erscheint es angesichts der voraussehbaren Entwicklung der Asylbewerberzahlen in Deutschland, insbesondere unter Beachtung des Umstandes, dass nach Medienberichten (geschätzt) 300.000 Asylbegehrende noch nicht als Asylbewerber registriert wurden, kaum noch angemessen, von einer vorübergehenden Überlastung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zu sprechen. Nach allgemeiner Auffassung stellt jedoch nur eine vorübergehende Überlastung der Verwaltung einen zureichenden Grund i. S. des § 75 VwGO dar (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 75 Rn. 9 m. w. N.). Eine längerfristige Überlastung ist demgegenüber regelmäßig kein zureichender Grund, da ihr mit organisatorischen und personellen Maßnahmen begegnet werden muss (Rennert in Eyermann, a. a. O., m. w. N.). Dennoch ist das Gericht der Auffassung, dass angesichts der derzeit im Asylbereich vorliegenden besonderen Umstände ein zureichender Grund für die Verzögerung des Asylverfahrens der Kläger vorliegt. Denn die Beklagte hat inzwischen - wenngleich möglicher Weise verzögert - auf die erheblich gestiegenen Zahlen der Asylanträge seit dem Jahr 2014 mit personellen und organisatorischen Maßnahmen reagiert. In Anbetracht des mit den Personalneueinstellungen in erheblichem Umfang verbundenen Einarbeitungsbedarfs ist dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge jedoch eine Übergangszeit zuzubilligen, bis die getroffenen Maßnahmen nachhaltig zu greifen vermögen. Des Weiteren hat die Beklagte in zulässiger Weise Priorisierungen vorgenommen. Die vorrangige Bearbeitung „älterer“ Asylverfahren, des Weiteren der Asylverfahren von Antragstellern aus Syrien und anderen Ländern mit hoher Anerkennungsquote sowie der Asylanträge von Antragstellern aus sicheren Herkunftsstaaten steht im Einklang mit Art. 23 Abs. 3 und 4 der Verfahrensrichtlinie a. F. bzw. mit den bereits ab dem 20. Juli 2015 unmittelbar anwendbaren Regelungen des Art. 31 Abs. 7 und 8 Verfahrensrichtlinie n. F. (vgl. Art. 51 Abs. 1 Verfahrensrichtlinie n. F.).

2.2

Das Gericht hält für die Prüfung und Entscheidung des Asylantrags der Kläger eine Frist von insgesamt 21 Monaten - beginnend mit dem Zeitpunkt des Übergangs in das nationale Asylverfahren am 19. September 2014 - für angemessen.

Das Asylgesetz regelt selbst keine Entscheidungsfrist für das nationale Asylverfahren. Insbesondere folgt eine solche Frist nicht aus § 24 Abs. 4 AsylG. Danach hat das Bundesamt, wenn eine Entscheidung über den Asylantrag nicht innerhalb von sechs Monaten ergeht, dem Ausländer auf Antrag mitzuteilen, bis wann voraussichtlich über seinen Asylantrag entschieden wird. Diese Vorschrift dient ersichtlich der Umsetzung des Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 2 der Verfahrensrichtlinie a. F. Danach stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass der Asylbewerber dann, wenn innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung informiert wird oder auf sein Ersuchen hin über den zeitlichen Rahmen unterrichtet wird, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist. Diese Unterrichtung begründet für den Mitgliedstaat jedoch - dies bestimmt die o.g. Richtlinie ausdrücklich - keine Verpflichtung gegenüber dem Asylbewerber, innerhalb des Sechsmonatszeitraumes eine Entscheidung zu treffen. § 24 Abs. 4 AsylG kann daher keine Entscheidungsfrist i. S. des § 75 Satz 1 VwGO entnommen werden. In Ermangelung anderer Anhaltspunkte ist daher zur Bestimmung einer angemessenen Entscheidungsfrist nach der Überzeugung des Gerichtes auf die noch nicht unmittelbar anwendbare Vorschrift des Art. 31 Abs. 3 bis 5 der Verfahrensrichtlinie n. F. abzustellen. Zwar ist die Umsetzungsfrist für diese Vorschriften gemäß Art. 51 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie noch nicht abgelaufen. Eine unmittelbare Anwendung dieser Fristvorschriften verbietet sich daher ebenso wie die Annahme einer Pflicht der mitgliedstaatlichen Behörden, ihr nationales Recht richtlinienkonform auszulegen. Der Europäische Gerichtshof hat mehrfach klargestellt, dass eine Pflicht zur unmittelbaren Anwendung oder zur richtlinienkonformen Auslegung erst mit Ablauf der Umsetzungsfrist einer Richtlinie entsteht (EuGH, U. v. 4.7.2006 - Adeneler, C-212/04 - juris m. w. N.). Ebenso wenig kann der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vorwirkung von Richtlinien vom Zeitpunkt ihres Inkrafttretens an (EuGH, U. v. 18.12.1997 - Inter-Environnement, C-129/96 - juris; U. v. 4.7.2006 - Adeneler, C-212/04 - juris) derzeit eine entsprechende unmittelbare Wirkung der genannten Fristbestimmungen entnommen werden. Denn die auf Art. 10 EGV a. F. (bzw. jetzt Art. 4 Abs. 3 EUV) gestützte Pflicht des Mitgliedstaates, alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung des Richtlinienziels mit Ablauf der Umsetzungsfrist vereiteln könnten, gebietet den Mitgliedstaaten nicht, in der Richtlinie vorgesehene Bestimmungen über das nationale Verwaltungsverfahren vor Ablauf der vorgesehenen Umsetzungsfrist anzuwenden.

Den Klägern steht aber aus Art. 23 Abs. 2 Unterabsatz 1 der Verfahrensrichtlinie a. F. i. V. m. Art. 18 GR-Charta ein Recht auf rasche Prüfung ihres Asylantrags zu. Der Zeitraum, den die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang übereinstimmend bzw. mehrheitlich als angemessen erachten, kann den künftigen Regelungen des Art. 31 Abs. 3 bis 5 Verfahrensrichtlinie n. F. als Minimalkonsens entnommen werden. Danach ist zunächst nach Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 1 Verfahrensrichtlinie n. F. von einer Entscheidungsfrist von sechs Monaten nach der förmlichen Antragstellung bzw. - nach Unterabsatz 2 - nach Bestimmung des für die Prüfung zuständigen Mitgliedstaates auszugehen. Diese 6-Monats-Frist kann nach Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 3b Verfahrensrichtlinie n. F. unter anderem dann um höchstens neun weitere Monate verlängert werden, wenn eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist von sechs Monaten abzuschließen. Die sich daraus ergebende 15-monatige Frist kann gemäß Art. 31 Abs. 3 Unterabsatz 4 Verfahrensrichtlinie n. F. ausnahmsweise nochmals um höchstens drei Monate überschritten werden, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass ein „ausreichend begründeter Fall“ vorliegt. Für den Regelfall sieht die Verfahrensrichtlinie in der Neufassung somit eine Entscheidungsfrist von maximal 18 Monaten vor. Des Weiteren besteht nach Art. 31 Abs. 4 Verfahrensrichtlinie n. F. die Möglichkeit, bei einer aller Voraussicht nach vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsstaat nicht innerhalb der vorgesehenen 18 Monate zu entscheiden. In jedem Fall, d. h. auch im letztgenannten Falle, haben die Mitgliedstaaten jedoch nach Art. 31 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie n. F. das Asylverfahren innerhalb einer maximalen Frist von 21 Monaten nach der förmlichen Antragstellung abzuschließen. Diese 21-monatige Frist stellt somit im Lichte des Art. 18 GR-Charta die zulässige Höchstfrist eines Asylverfahrens dar. Diese Frist darf nach der Überzeugung des Gerichts auch im Rahmen einer zulässigen Priorisierung der Asylverfahren nicht überschritten werden, weil letztere vor dem Hintergrund der Gewährleistungen der GR-Charta nicht dazu führen kann, dass die Entscheidung über Asylanträge anderer Antragsteller, die nicht unter die Vorrangkriterien fallen, auf unbestimmte Zeit hinausgeschoben wird.

Gerechnet vom 19. September 2014 als Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte steht dieser somit eine Frist zur Entscheidung über den Asylantrag der Kläger bis zum 19. Juni 2016 zu.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers vom 06.10.2014 (Az.: 5824166-244) innerhalb von spätestens 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Urteils zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Entscheidung der Beklagten über seinen bislang noch nicht beschiedenen Asylantrag.
Der 1988 geborene Kläger ist eritreischer Staatsangehöriger. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland meldete er sich am 09.09.2014 als Asylsuchender und erhielt am selben Tag eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA). Am 06.10.2014 beantragte der Kläger förmlich seine Anerkennung als Asylberechtigter, woraufhin ihm am selben Tag eine Aufenthaltsgestattung erteilt wurde.
Mit Schreiben vom 01.07.2015 bat der Kläger erstmals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) um Beschleunigung des Verfahrens im Wege des schriftlichen Verfahrens unter Verzicht auf eine persönliche Asylanhörung. Dabei beschränkte er seinen Antrag auf die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger setzte dem Bundesamt eine Frist zum 14.07.2015.
Mit weiterem Schreiben vom 02.10.2015 bat der Kläger nochmals um Zusendung eines Fragebogens mit Frist zum 14.10.2014.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 wurde dem Kläger der Fragebogen vom Bundesamt übersandt.
Mit Schreiben vom 09.11.2015 sandte der Kläger den ausgefüllten Fragebogen an das Bundesamt zurück und bat nochmals um eine zeitnahe Entscheidung mit Frist zum 23.11.2015. Eine Entscheidung des Bundesamtes ist seither nach Aktenlage nicht ergangen.
Am 27.01.2016 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, ihm werde seit bereits 16 Monaten eine sachliche Entscheidung über sein Asylbegehren verwehrt. Er habe einen Anspruch auf Bearbeitung seines Antrags in angemessener Frist. Maßgebliches Datum für die Fristberechnung sei das Erstausstellungsdatum der BüMA. Ein zureichender Grund für die Untätigkeit sei nicht ersichtlich. Die vorgebrachte Arbeitsüberlastung des Bundesamtes stelle keinen solchen Grund dar. Die aktuellen Erledigungszahlen zeigten vielmehr, dass dem gestiegenen Auftragsaufkommen nur unzureichend organisatorisch begegnet worden sei. Auch sei der vorliegende Fall nicht von besonderem Umfang oder besonderer Schwierigkeit. Ein Bescheid hätte schon längst ergehen müssen.
Der Kläger beantragt - sachdienlich ausgelegt -,
10 
die Beklagte zu verpflichten, seinen Asylantrag vom 06.10.2014 (Az.: 5824166 - 224) innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu bescheiden.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen, hilfsweise das Verfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen.
13 
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, es liege in jedem Fall wegen der 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen ein zureichender, einer Behördenentscheidung entgegen stehender Grund vor, der eine Aussetzung rechtfertige.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Klage hat Erfolg. Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht auf Entscheidung in angemessener Frist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO).
17 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO zulässig. Dass dabei die Untätigkeitsklage als Bescheidungsklage erhoben wurde, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Denn dem Gericht ist es verwehrt, im Falle des Fehlens eines zureichenden Grundes für die Untätigkeit der Behörde in der Sache „durchzuentscheiden“ (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, Beschl. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris). Dies ist in der fehlenden Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Die Entscheidung über den Asylantrag setzt nämlich ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren zwingend voraus, weil diesem eine so wesentliche Bedeutung beizumessen ist, dass es die Rechtmäßigkeit an die Absolvierung dieses Verfahrens bindet. Das gerichtliche Verfahren vermag in diesen Fällen das behördliche nicht zu ersetzen, weil es sich bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um eine mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handelt. Insbesondere aber würden dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris).
18 
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
19 
Ob § 24 Abs. 4 AsylG die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 75 VwGO modifiziert, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der Kläger erinnerte nach dem Ablauf von 6 Monaten mehrfach – mit Schreiben vom 01.07.2015, 02.10.2015 und 09.11.2015 – an die Bescheidung seines Asylantrag und bat diesbezüglich um rasche Entscheidung. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i.S.d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Der Kläger musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
20 
Das Bundesamt hat nicht in angemessener Frist über den Antrag des Klägers sachlich entschieden.
21 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von 6 Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um 9 weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um 3 weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die 3-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde.
22 
Es liegt auch kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.
23 
Die Beklagte beruft sich zwar insoweit auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann auch grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, RdNr. 13). Doch kann sich die Beklagte hierauf nicht erfolgreich für das Jahr 2014 stützen. Denn im Jahr 2014 war erst ein Eingang von („nur“) 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist der vorgetragene extreme Anstieg auf eine Zahl von 476.649 zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Gründe, warum der vorliegend Anfang Oktober 2014 gestellte Asylantrag des Klägers nicht bereits im Jahr 2014 dahingehend bearbeitet wurde, dass noch im Jahr 2014 oder jedenfalls zu Beginn des Jahres 2015 eine Entscheidung erfolgte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend unabhängig davon, ob auf das Datum der formellen Asylantragsstellung am 06.10.2014 oder das Ausstellungsdatum der BüMA vom 09.09.2014 abgestellt wird. Richtigerweise kann jedoch erst nach Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie in innerstaatliches Recht bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist für den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU am 20.07.2018 auf den Zeitpunkt der Erteilung der BüMA abgestellt werden. Die von den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommene förmliche Antragsstellung ist dann nämlich unter Beachtung des in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU festgelegten Grundsatzes des raschen Verfahrens nach Sinn und Zweck so auszulegen, dass bereits die Meldung als Asylsuchender maßgeblich sein muss, weil das Bundesamt ansonsten die europarechtlichen Verfahrensfristen willkürlich manipulieren könnte. Derzeit bzw. bis 20.07.2018 ergibt sich diese Anknüpfung aus nationalem Recht jedoch (noch) nicht, sodass auf den förmlichen Asylantrag abgestellt werden muss, der regelmäßig die Aufenthaltsgestattung ausgelöst hat.
24 
Die nunmehr im Tenor festgesetzte Frist von 3 Monaten für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ab Rechtskraft dieses Urteils wird für angemessen befunden. Dabei erfolgte eine Orientierung an der Vorschrift des § 75 VwGO und dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, der den Mitgliedstaaten eine maximale Bearbeitungsdauer von 21 Monaten einräumt. Neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über 17 Monaten seit förmlicher Antragsstellung wurde berücksichtigt, dass der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt hat und bereits mittels übersandtem Fragebogen die Gründe seines Schutzersuchens dargelegt hat. Des Weiteres war zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Komplexität oder einen besonderen Umfang des Falles weder ersichtlich noch vom Bundesamt vorgetragen sind.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Gründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Klage hat Erfolg. Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht auf Entscheidung in angemessener Frist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO).
17 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO zulässig. Dass dabei die Untätigkeitsklage als Bescheidungsklage erhoben wurde, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Denn dem Gericht ist es verwehrt, im Falle des Fehlens eines zureichenden Grundes für die Untätigkeit der Behörde in der Sache „durchzuentscheiden“ (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, Beschl. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris). Dies ist in der fehlenden Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Die Entscheidung über den Asylantrag setzt nämlich ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren zwingend voraus, weil diesem eine so wesentliche Bedeutung beizumessen ist, dass es die Rechtmäßigkeit an die Absolvierung dieses Verfahrens bindet. Das gerichtliche Verfahren vermag in diesen Fällen das behördliche nicht zu ersetzen, weil es sich bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um eine mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handelt. Insbesondere aber würden dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris).
18 
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
19 
Ob § 24 Abs. 4 AsylG die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 75 VwGO modifiziert, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der Kläger erinnerte nach dem Ablauf von 6 Monaten mehrfach – mit Schreiben vom 01.07.2015, 02.10.2015 und 09.11.2015 – an die Bescheidung seines Asylantrag und bat diesbezüglich um rasche Entscheidung. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i.S.d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Der Kläger musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
20 
Das Bundesamt hat nicht in angemessener Frist über den Antrag des Klägers sachlich entschieden.
21 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von 6 Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um 9 weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um 3 weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die 3-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde.
22 
Es liegt auch kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.
23 
Die Beklagte beruft sich zwar insoweit auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann auch grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, RdNr. 13). Doch kann sich die Beklagte hierauf nicht erfolgreich für das Jahr 2014 stützen. Denn im Jahr 2014 war erst ein Eingang von („nur“) 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist der vorgetragene extreme Anstieg auf eine Zahl von 476.649 zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Gründe, warum der vorliegend Anfang Oktober 2014 gestellte Asylantrag des Klägers nicht bereits im Jahr 2014 dahingehend bearbeitet wurde, dass noch im Jahr 2014 oder jedenfalls zu Beginn des Jahres 2015 eine Entscheidung erfolgte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend unabhängig davon, ob auf das Datum der formellen Asylantragsstellung am 06.10.2014 oder das Ausstellungsdatum der BüMA vom 09.09.2014 abgestellt wird. Richtigerweise kann jedoch erst nach Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie in innerstaatliches Recht bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist für den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU am 20.07.2018 auf den Zeitpunkt der Erteilung der BüMA abgestellt werden. Die von den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommene förmliche Antragsstellung ist dann nämlich unter Beachtung des in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU festgelegten Grundsatzes des raschen Verfahrens nach Sinn und Zweck so auszulegen, dass bereits die Meldung als Asylsuchender maßgeblich sein muss, weil das Bundesamt ansonsten die europarechtlichen Verfahrensfristen willkürlich manipulieren könnte. Derzeit bzw. bis 20.07.2018 ergibt sich diese Anknüpfung aus nationalem Recht jedoch (noch) nicht, sodass auf den förmlichen Asylantrag abgestellt werden muss, der regelmäßig die Aufenthaltsgestattung ausgelöst hat.
24 
Die nunmehr im Tenor festgesetzte Frist von 3 Monaten für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ab Rechtskraft dieses Urteils wird für angemessen befunden. Dabei erfolgte eine Orientierung an der Vorschrift des § 75 VwGO und dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, der den Mitgliedstaaten eine maximale Bearbeitungsdauer von 21 Monaten einräumt. Neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über 17 Monaten seit förmlicher Antragsstellung wurde berücksichtigt, dass der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt hat und bereits mittels übersandtem Fragebogen die Gründe seines Schutzersuchens dargelegt hat. Des Weiteres war zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Komplexität oder einen besonderen Umfang des Falles weder ersichtlich noch vom Bundesamt vorgetragen sind.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Kläger (Kl.) von der Beklagten (Bekl.) verlangen können, ihr Asylverfahren fortzuführen und binnen einer vom Gericht gesetzten Frist zu entscheiden.

Die Kl. sind nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige und stellten am ... Dezember 2013 einen Asylantrag (Bl. ... f. der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] vorgelegten Verwaltungsakte, d. A.). Über diesen Antrag ist bis zum Tag der vorliegenden Entscheidung noch nicht entschieden.

Eine Anhörung nach § 25 Asylgesetz (AsylG; zuvor Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) hat im Verwaltungsverfahren ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte noch nicht stattgefunden (Bl. ... ff. d. A.). Das BAMF hat kein Dublin-Verfahren eingeleitet; Eurodac-Treffer sind nicht aktenkundig (Bl. ... ff. d. A.).

Eine Bitte des bereits im Verwaltungsverfahren bestellen Klägerbevollmächtigten (Bev.) vom ... Februar 2014 um Mitteilung eines Anhörungstermins blieb bislang unbeantwortet (Bl. 50 ff. d. A.).

Mit Klageschrift vom 23. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragte der Bev.,

die Bekl. zu verpflichten, über den Asylantrag der Kl. vom 11. Dezember 2013 zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte das BAMF die Verwaltungsakte vor.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2015 wurde die Bekl. gebeten, sich zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern.

Nachdem eine Rückäußerung seitens des BAMF zum gerichtlichen Schreiben vom 8. Dezember 2015 nicht erfolgte, teilte das Gericht den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Dezember 2015 mit, dass das Klageverfahren nicht nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen sei.

Zum 1. Januar 2016 ging die Berichterstattung im vorliegenden Klageverfahren aufgrund einer Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb der 24. Kammer auf den Unterzeichnenden über, was den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt wurde.

Mit Erklärung vom 26. Januar 2016 verzichtete die Klagepartei gemäß § 101 Abs. 2 VwGO auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG, B. v. 24.4.2013 - 8 B 91/12 - juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Klagepartei hat mit Erklärung vom 26. Januar 2016 und die Beklagtenpartei bereits mit genereller (auch den vorliegenden Rechtsstreit umfassender) Prozesserklärung vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von O. ist vorliegend zwar gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) Verfahrensbeteiligter aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 (vgl. zur Zulässigkeit sog. Generalbeteiligungserklärungen BVerwG, U. v. 27.6.1995 - 9 C 7/95 - BVerwGE 99, 38, juris Rn. 11). In diesen Erklärungen hat der VöI allerdings darum gebeten, ihm ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden, und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG, B. v. 15.5.2014 - 9 B 57/13 - Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG, B. v. 10.10.2013 - 1 B 15/13 - Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).

Das Klagebegehren ist auslegungsbedürftig (§ 88 VwGO), weil der Antrag keine explizite Aussage trifft, bis wann spätestens die Entscheidung, zu deren Erlass verpflichtet werden soll, zu ergehen haben soll. Im Hinblick auf die Regel des § 75 Satz 2 VwGO legt der Einzelrichter den Antrag (wie im gerichtlichen Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt) dahin aus, dass beantragt ist, die Bekl. zu verpflichten, über den klägerischen Asylantrag binnen 3 Monaten ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Klage zu entscheiden (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris, Tenorierung).

Das Verwaltungsgericht (VG) München ist für die so auszulegende Klage entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Kl. im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG) ihren Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatten.

Der unterzeichnende Berichterstatter ist gemäß § 76 Abs. 1 AsylG als Einzelrichter zur Entscheidung berufen, nachdem die innerhalb des VG München zuständige Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 auf den jeweiligen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG ist für die vorliegend ohne mündliche Verhandlung ergehende gerichtliche Entscheidung, derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem diese gefällt wird. Deshalb sind auch die durch Art. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722 - AsylVf-B-G) vorgenommenen und zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Änderungen des früheren Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), das durch das AsylVf-B-G in „Asylgesetz“ (AsylG) umbenannt worden ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung zu berücksichtigen.

2. Die auf Verpflichtung zur bloßen Entscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage ist vorliegend zulässig.

2.1. Dass die Klage lediglich auf eine Verpflichtung zur Entscheidung an sich, nicht aber auf Verpflichtung zur Einräumung einer bestimmten (in der Sache begehrten) Position gerichtet ist, führt vorliegend weder nach § 75 VwGO noch nach § 44a VwGO zur Unzulässigkeit dieser Klage.

Nicht geklärt werden muss dabei, ob § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO allgemein eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Verpflichtungsklage ermöglicht oder ob § 75 VwGO vielmehr regelmäßig einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt.

Denn aus unionsrechtlichen Gründen ist jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich gerichtete Untätigkeitsklage möglich. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn einerseits sehen Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a. F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n. F. vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i. V. m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber jedenfalls nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage (gegen seinen Willen) auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern (zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Asyl-Verwaltungsverfahren) seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung an sich richten kann.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der unionsrechtlich bedingten Möglichkeit einer nur auf Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichteten Untätigkeitsklage vorliegend etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. § 71a AsylG kann dabei von vornherein nur einschlägig sein, wenn (abgesehen von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorgaben insbesondere der Dublin-Verordnungen) tatbestandlich i. S.v. § 71a Abs. 1 AsylG ein „erfolgloser Abschluss“ eines in einem anderen Dublin-Staat durchgeführten Asylverfahrens vorliegt. In Fällen, in denen ein derartiger „erfolgloser Abschluss“ nicht gegeben (und die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland anzunehmen) ist, ist deshalb auch der in Deutschland gestellte Asylantrag nicht als „Zweitantrag“ i. S. v. § 71a AsylG, sondern als „Asylerstantrag“ vom BAMF zu behandeln (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069, 13a B 113a B 15.50070, 13a B 113a B 15.50071 - Rn. 25, BeckRS 2016, 41335). Vorliegend geht aus dem vom BAMF vorgelegten Aktenmaterial nicht ansatzweise hervor, dass die Kl. überhaupt Kontakt zu anderen sicheren Drittstaaten i. S. v. § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG (i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage I zum AsylG) gehabt haben könnten. Unabhängig davon ist zu sehen, dass gemäß § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG die Ermittlung des Inhalts einer ablehnenden Entscheidung des anderen sicheren Drittstaates (deren Kenntnis für die Prüfung von § 51 VwVfG i. V. m. § 71a Abs. 1 AsylG unverzichtbar ist) dem BAMF obliegt und gegenüber Dublin-Staaten allein das BAMF gemäß Art. 34 Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-VO; zuvor: Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) 343/2003 - Dublin-II-VO) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsbestimmungen (AsylZBV) für die Zusammenarbeit mit dem anderen Dublin-Staat und damit insbesondere für den Datenaustausch über das sog. DubliNet (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 - Dublin-Durchführungs-Verordnung [Dublin-DV]) zuständig ist. Dies und der Umstand, dass gleichzeitig die Übermittlung der inhaltlichen Daten aus dem Asylverfahren des anderen EU-Mitgliedstaates an das BAMF der Zustimmung des jeweiligen Antragstellers bedarf (Art. 34 Abs. 3 Satz 4 Dublin-III-VO), also auch insoweit eine subjektiv-rechtliche Steuerungsmöglichkeit der Asylbewerber besteht, sprechen dafür, auch insoweit eine auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage aus unionsrechtlichen Gründen (jedenfalls angesichts der besagten ausschließlichen BAMF-Kompetenzen innerhalb des Dublin-Systems) für zulässig zu halten.

Vor diesem Hintergrund steht auch § 44a VwGO einer auf bloße Entscheidung gerichteten Untätigkeitsklage im Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. nicht entgegen, zumal die Klage vorliegend nicht auf eine bloße Verfahrenshandlung (wie etwa auf eine Mitteilung des BAMF gemäß § 24 Abs. 4 AsylG) gerichtet ist, sondern auf eine Verpflichtung zu einer (das Verwaltungsverfahren abschließenden) „Entscheidung“.

2.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung), nicht notwendiger Weise aber bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 6 m. w. N.; BVerwG, U. v. 24.2.1994 - 5 C 24/92 - BVerwGE 95,149, juris Rn. 12). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem BAMF innerhalb des Verwaltungsverfahrens. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG, der auf die Thematik einer Untätigkeitsklage nicht explizit eingeht. Auch die systematische Stellung des § 24 Abs. 4 AsylG spricht dagegen, dieser Vorschrift eine Sachurteilsvoraussetzung für ein gerichtliches Verfahren zu entnehmen. Denn das Asylgesetz trifft Sonderregelungen für das gerichtliche Verfahren in einem gesonderten Abschnitt (Abschnitt 9. Gerichtsverfahren; §§ 74-83b AsylG); in den §§ 74-83b AsylG ist aber eine Modifizierung der Sachurteilsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage ebenso wenig vorgesehen wie in § 24 Abs. 4 AsylG. Schließlich liegt auch der Asylverfahrensrichtlinie (und zwar sowohl der AsylVf-RL a. F. als auch der AsylVf-RL n. F.) eine strikte Trennung von Verwaltungsverfahren (Kapitel III) und gerichtlichem Verfahren (Kapitel V) zugrunde (vgl. überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52). Dabei sind die unionsrechtlichen Vorschriften, deren Umsetzung § 24 Abs. 4 AsylG dient (vgl. Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b AsylVf-RL a. F. und Art. 31 Abs. 6 Buchst. b AsylVf-RL n. F.), jeweils in dem das Verwaltungsverfahren betreffenden Kapitel III (Art. 23 ff. AsylVf-RL a. F.; Art. 31 ff. AsylVf-RL n. F.) angesiedelt, nicht aber in dem gerichtliche Rechtsbehelfe betreffenden Kapitel V (Art. 39 AsylVf-RL a. F.; Art. 46 AsylVf-RL n. F.).

Ob die Bekl. mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12).

3. Die zulässige Untätigkeitsklage ist begründet. Die Kl. haben gegen die Bekl. einen Anspruch, binnen derjenigen Frist über den Asylantrag zu entscheiden, die dem auszulegenden Klagebegehren (s.o.) entspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

3.1. Die Sache ist spruchreif i. S.v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Bekl. keine nähere Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Bekl. zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen in dem bereits im gerichtlichen Anhörungsschreiben vom 22. Januar 2016 benannten Urteil des VG Osnabrück vom 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris (dort Rn. 34-38) an. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der Spruchreife des Falles etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. Wie gezeigt, ist weder von der Bekl. vorgetragen noch aus dem von der Bekl. vorgelegten Aktenmaterial mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass es vorliegend überhaupt zu einem Asylverfahren in einem anderen sicheren Drittstaat, geschweige denn zu einem erfolglosen „Abschluss“ eines solchen Asylverfahrens gekommen ist. Selbst wenn eine solche Konstellation vorliegen sollte, wäre es aber nach § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG Sache des BAMF gewesen, entsprechende weitere Ermittlungen zu veranlassen, was jedoch ausweislich des vom BAMF vorgelegten Aktenmaterials bislang nicht geschehen ist.

3.2. Die fehlende Entscheidung des BAMF über den Asylantrag der Kl. ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.).

Dabei beträgt die dem BAMF vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung 3 Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits. Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union - GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 25 Monate verstrichen sind. Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Bekl. keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 25 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist. Es kann dabei vorliegend dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines Dublin-Verfahrens durch das BAMF dafür sprechen kann, dem BAMF eine längere Entscheidungsfrist einzuräumen, wenn sich erst nach längerer Zeit herausstellen sollte, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist oder zuständig geworden ist - denn ein Dublin-Verfahren ist vom BAMF vorliegend schon nicht eingeleitet worden. Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Kl. an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem BAMF ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch 3 Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag des Kl. in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft des Urteils trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

4. Nachdem die Kl. mit ihrer Klage in der vom Gericht vorgenommenen Auslegung (s. o.) vollständig obsiegen, hat die vollständig unterlegene Bekl. die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 3 K 15.30560

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. Januar 2016

3. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0710

Hauptpunkte:

Untätigkeitsklage

Fortführung des Verfahrens

Reduzierung des Gegenstandswertes

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ..., geb. ...1983

2. ..., geb. ...2012

gesetzlich vertreten durch die Mutter ...

zu 1 und 2 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...

- Beklagte -

wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,

durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert ohne mündliche Verhandlung am 26. Januar 2016 folgendes Urteil:

1. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über ihren Antrag zu entscheiden.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die 1983 geborene Klägerin zu 1) und der im ... 2012 geborene Kläger zu 2) sind äthiopische Staatsangehörige mit amharischer Volkszugehörigkeit und orthodoxe Christen. Sie reisten nach eigenen Angaben über Italien am 14. April 2013 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 18. April 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

In ihrer Anhörung gemäß § 25 AsylG am 14. Mai 2014 erklärte die Klägerin zu 1), sie wisse nicht, wo sich ihr Mann derzeit aufhalte. Gewöhnlich lebe sie mit ihm und den beiden Kindern in ... Ihre Eltern und Großeltern seien bereits gestorben. Sie habe weder in Deutschland noch im sonstigen Ausland Verwandte, keine Geschwister und eine Tante väterlicherseits. Sie habe ihre Schulausbildung mit dem Abitur beendet, jedoch keinen Beruf erlernt.

Sie sei Sympathisantin der EPPF. Sie und ihr Mann seien dort Mitglieder gewesen. Ihr Mann sei öfter von Zivilpolizisten zu Hause aufgesucht worden. Eines Tages hätten Sie ihn mitnehmen wollen. Zu dieser Zeit habe er den Kläger zu 2) auf dem Arm gehabt, es sei zu einem Gerangel gekommen, dabei sei das Kind auf den Boden gefallen und am Kopf verletzt worden. Das Kind sei fünf Stunden lang bewusstlos gewesen, als es wieder zu sich gekommen sei, habe es nicht mehr sehen können, es habe aber auch nicht sitzen und nicht aufstehen können. Es sei wie gelähmt gewesen. Zu dieser Zeit sei es etwa acht Monate alt gewesen. Dies sei am 22. Dezember 2012 passiert. Bei der Durchsuchung hätten die Polizisten alle Papiere mitgenommen, auch einen Laptop und einen USB-Stick sowie einige CD´s. Das Kind sei danach einen Monat in sta-tionärer Behandlung gewesen. Ihr Mann sei inhaftiert worden. Am 27. März 2013 habe sie sich dann entschlossen, Äthiopien zu verlassen.

Sie sei nach der Inhaftierung ihres Mannes ständig befragt worden. „Sie“ hätten auch mitbekommen, dass sie Sympathisantin der EPPF sei. Sie habe zusammen mit ihrem Mann zu Hause Treffen veranstaltet, sie glaube, dass ein Nachbar sie denunziert habe. Ihren älteren Sohn ... habe sie bei einer Nachbarin in Äthiopien zurückgelassen, jetzt lebe er bei Verwandten in ...

Sie habe die EPPF durch Geldsammeln unterstützt. Sie habe Geld gesammelt für Kinder von Soldaten, die in der Wüste Krieg führten oder die gestorben seien. In den Dokumenten, die mitgenommen worden seien, sei eine Liste mit den Namen von Soldaten gewesen sei, deren Kinder sie finanziell unterstützt hätten. Dies seien Soldaten der EPPF gewesen.

Weiterhin erklärte sie, ihr Kind sei in Äthiopien medizinisch gut behandelt worden. Sie habe auch über die finanziellen Mittel verfügt, um ihm diese Versorgung zu ermöglichen.

Sie habe als Mutter den Kläger zu 2) nicht alleine lassen können, ihren anderen Sohn jedoch schon. Sie habe sich nach dem Krankenhausaufenthalt vom 22. Dezember 2012 bis 27. März 2013 bei einer Freundin aufgehalten. Dies seien ca. zwei Monate und fünf Tage gewesen. In diesem Zeitraum sei nichts Besonderes mehr vorgefallen. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sei sie ein- bis zweimal pro Woche ins Krankenhaus zur Nachuntersuchung gefahren. Der Kläger zu 2) habe Medikamente bekommen, zusätzlich noch eine Therapie im Krankenhaus, dreimal pro Woche.

Sie sympathisiere seit 2007/2088 mit der EPPF. Was genau ihr Mann für die EPPF gemacht habe, wisse sie nicht. Er sei öfter in ... unterwegs gewesen und habe dort Treffen mit anderen Mitgliedern der EPPF gehabt.

Sie sei auch in Deutschland seit ca. sechs Monaten für die EPPF aktiv, vorher sei das nicht möglich gewesen, da das Kind immer im Krankenhaus gewesen sei. Sie nehme an Kundgebungen und Treffen teil und zahle monatliche Mitgliedsbeiträge. Sie habe keinerlei Informationen über das Schicksal ihres Mannes. Sie habe auch in Äthiopien mit niemandem Kontakt, seit sie hier in Deutschland sei. Zu ihrem Sohn habe sie auch keinen Kontakt.

Im Verfahren legte die Klägerin zu 1) drei Arztbriefe über stationäre Aufenthalte des Klägers zu 2) in der Kinderklinik des Universitätsklinikums ... vom 3. Juni, 8. August und 30. Oktober 2013 vor sowie zwei Arztbriefe ambulanter Vorstellungen des Klägers zu 2) vom 11. Juli 2013 und vom 20. November 2013. Ferner eine Bescheinigung der Lebenshilfe ... e.V. vom 18. Dezember 2013, einen Arztbrief des Universitätsklinikums ... vom 20. Dezember 2013, vom 27. Juni 2014, sowie ein ärztliches Attest der Dress. ... vom 28. Mai 2014 sowie von der Lebenshilfe ... e.V. vom 11. Juni 2014.

Danach besteht beim Kläger zu 2) eine symptomatische Epilepsie mit generalisierten Anfällen (G 40.2), Zustand nach traumatischer Subduralblutung, vor allem Thalassämie, globale Entwicklungsstörung (F83) und hochgradige Visusminderung (H53.0).

Nach dem Entwicklungsbericht aus dem Fachbereich Physiotherapie im Rahme der Frühförderung der Lebenshilfe ... e.V. vom 18.12.2013 ergibt sich, dass der Kläger zu 2) ein schwer mehrfach behindertes Kind sei. Er sei neben seiner motorischen Behinderung auch stark sehbehindert.

Nach Angaben der Mutter sei er seit einem Sturz auf den Steinfußboden aus dem Arm der Mutter im Alter von ca. acht Monaten stark gesundheitlich eingeschränkt. Dem Kläger zu 2) wurde ein Schwerbehindertenausweis mit 100% erteilt.

Darüber hinaus legte die Klägerin zu 1) eine Mitgliederbescheinigung der EPPFG Deutschland vom 23. Februar 2014 vor, wonach sie seit 1. Februar 2014 dort Mitglied sei. Ferner legte sie vor eine Bescheinigung der EPPFG vom 10. Mai 2014 über die Teilnahme an einer Veranstaltung in ... und vom 15. Februar 2014 über die Teilnahme an einer Veranstaltung der Partei in ... vor.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 fragte der Bevollmächtigte der Kläger bei der Beklagten an, wann in dieser Angelegenheit mit einer Entscheidung zu rechnen sei.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten, der am 13. April 2015 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Untätigkeitsklage erheben.

Sie beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über die Anträge der Kläger zu entscheiden.

hilfsweise wird beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass für die Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Ferner wurde beantragt,

den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... zu bewilligen.

Zur Begründung wird geltend gemacht, die Kläger hätten am 18. April 2013 einen Asylantrag gestellt. Die Anhörung habe am 3. Juni 2014 stattgefunden. Damals habe die Klägerin zu 1) angegeben, dass der Kläger zu 2) auf medikamentöse Hilfe und Betreuung angewiesen sei. Es bestehe jedenfalls ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Kläger zu 2) sei zu 100% schwerbehindert. Er leide unter Epilepsie und sei auf medizinische Betreuung sowie auf die Pflege der Klägerin zu 1) angewiesen. Die Behandlung des Klägers zu 2) habe bereits positive Auswirkungen erzielt. Diese könne in seinem Heimatland nicht erbracht werden, so dass sich sein Gesundheitszustand bei einer Rückkehr dorthin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder verschlechtern würde. Auch würde man der alleinerziehenden Mutter und ihrem Sohn die ausreichende Sicherung ihrer Lebensgrundlage entziehen. Aufgrund der Betreuung ihres dreijährigen Kindes komme eine Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 1) nicht in Betracht. Mangels ausreichender Sozialhilfe bestehe die dringende Gefahr, dass die Familie unter dem Existenzminimum leben müsse. Die Existenzsicherung sei jedoch aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des Klägers zu 2) besonders notwendig, um beispielsweise die ärztliche Versorgung und die erforderlichen Medikamente zu bezahlen. Es sei nicht hinnehmbar, dass trotz der Antragstellung der Kläger im Jahr 2013 bislang keine Entscheidung ergangen sei. Das Schreiben vom 16. Dezember 2014 mit der Bitte mitzuteilen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, sei ohne Reaktion geblieben.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Dezember 2015 mit, der zuständige Einzelentscheider habe sich aufgrund der bekannten Situation auch im vorliegenden Verfahren nicht zu einer bevorzugten Bearbeitung in der Lage gesehen, auf entsprechende Nachfrage sei eine Entscheidung bis Mitte nächsten Jahres in Aussicht gestellt worden.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2016 wurde den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt.

Die Beteiligten verzichteten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässige Verpflichtungsklage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Fortführung des Verfahrens und auf Entscheidung über ihre Asylanträge, § 113 Abs. 5 Sätze 2 und 1 VwGO.

Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Die Kläger haben am 18. April 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragt. Ihre persönliche Anhörung erfolgte am 14. Mai 2014. Seither ist die Beklagte ohne Angabe von Gründen untätig geblieben. Ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO ist nicht gegeben. Zwar ist die permanente Arbeitsüberlastung der Behörde gerichtsbekannt. Jedoch resultiert zum einen der Asylantrag aus einer Zeit, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15, juris Rn. 34 ff.; VG Gelsenkirchen , U. v. 22.7.2015 - 1a K 5125/14.A , juris Rn. 22; VG Ansbach , B. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 , juris Rn. 12ff.), zum anderen ist eine andauernde Arbeitsüberlastung kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO , denn in einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für entsprechende organisatorische Maßnahmen zu sorgen (vgl. VG München , U. v. 7.9.2015 - M 12 K 15.30300 , juris; VG Dresden , U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 , juris; VG Düsseldorf , U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A , juris; VG Braunschweig , U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 , juris). Die Inaussichtstellung einer Entscheidung mög-licherweise im ersten Halbjahr 2016, wie mit Schreiben der Beklagten vom 21. Dezember 2015 erfolgt, führt wegen des langen Zeitraums der Untätigkeit zu keinem anderen Ergebnis.

Die Klage ist auch begründet, weil durch die Untätigkeit der Beklagten die Kläger in ihren Rechten aus Art. 16 a Abs. 1 GG und in ihren Rechten aus Art. 31 Abs. 2, 3 der Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie) verletzt sind.

Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich zum einen direkt aus Art. 16 a Abs. 1 GG als einem subjektiv öffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nicht-Verbescheidung von Anträgen, eintreten Art. 16 a Abs. 1GG begründet eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund dieser Norm als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben.

Auch Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU, der eine möglichst rasche Entscheidung über den Asylantrag normiert, gewährt den Klägern subjektiv öffentliche Rechte, die durch die Untätigkeit der Beklagten verletzt werden. Die in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie für die Verfahrensbearbeitung abweichend zu den Regelungen in § 75 Satz 2 VwGO genannten Fristen sind ebenfalls abgelaufen (VG Osnabrück, a.a.O, Rn. 25 ff.).

Da nicht beantragt wurde, im Wege der Untätigkeitsklage eine materielle Entscheidung über die Anträge auf Asyl und Gewährung internationalen und nationalen Schutzes zu treffen, kommt es vorliegend auf die Problematik des „Durchentscheidens“ nicht an (vgl. VG Osnabrück, a. a. O., Rn.44 ff.; VG Ansbach, U. v. 7.4.2014 - AN 1 K 13.30850, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

zu beantragen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe:

Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über die Anträge der Kläger ist, nicht jedoch das Bestehen materieller Ansprüche, ist der Gegenstandswert gemäß § 30 Abs. 2 RVG aus Gründen der Billigkeit zu reduzieren.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 80 AsylG).

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzusetzen und über seinen Antrag vom 20. Oktober 2014 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein - nach eigenen Angaben - am ... geborener eritreischer Staatsangehöriger. Er reiste - wieder nach eigenen Angaben - am 30. September 2014 ins Bundesgebiet ein (Bl. 23 der Behördenakte - BA) und stellte am 20. Oktober einen Asylantrag (Bl. 5 BA).

Am 20. Oktober 2014 wurde mit dem Kläger ein persönliches Gespräch zur Bestimmung des für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaates geführt (Bl. 17 ff. BA). Er führte aus, er habe Eritrea am 13. Juli 2013 verlassen. Er sei über Äthiopien (4 Monate), den Sudan (9 Monate), Libyen (1 Monat und 1 Woche), Italien (2 Wochen) nach Deutschland gereist. Fingerabdrücke seien ihm in keinem Land abgenommen worden (Bl. 17 ff. BA).

Der Kläger erhielt eine Aufenthaltsgestattung (Bl. 33 f. BA).

Am ... April 2015 bestellte sich der Prozessbevollmächtigte für den Kläger und bat um Akteneinsicht (Bl. 52 BA). Diese wurde dem Prozessbevollmächtigten gewährt (Bl. 56 BA).

Mit Schreiben vom ... Juli 2015 bat der Prozessbevollmächtigte um Durchführung des Asylverfahrens und Ladung zur persönlichen Anhörung (Bl. 57 BA).

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) teilte dem Prozessbevollmächtigten am 28. Juli 2015 mit, der Kläger habe keine Personaldokumente vorgelegt. Er solle dies veranlassen, damit geprüft werden könne, ob ein beschleunigtes Verfahren durchgeführt werden könne (Bl. 58 BA).

Mit Schreiben vom ... September 2015 teilte der Klägerbevollmächtigte mit, der Kläger sei verheiratet. Das Verfahren der Ehefrau werde unter dem Az. ... geführt. Dort seien Dokumente abgelichtet. Er bitte um Zusendung des Fragebogens für Eritreer zur Verfahrensbeschleunigung (Bl. 59 BA).

Mit Schreiben vom 22. September 2015 erhielt der Kläger einen Fragebogen mit der Bitte, diesen ausgefüllt zurückzusenden (Bl.60 BA).

Auch der Prozessbevollmächtigte erhielt mit Schreiben vom 22. September 2015 einen Fragebogen. Weiter teilte das Bundesamt mit, die von ihm genannte Asylantragstellerin sei nicht mit dem Kläger verheiratet. Sowohl der Kläger als auch die Antragstellerin in dem genannten Verfahren hätten die Personalien des Partners abweichend angegeben (Bl. 72 BA).

Mit Schreiben vom ... Oktober 2015 übersandte der Prozessbevollmächtigte den (ausgefüllten) Fragebogen des Klägers. Er führte aus, der Kläger sei Vater des Kindes der Antragstellerin aus dem von ihm genannten Verfahren. Die Angabe, dass die beiden verheiratet seien, beruhe auf einem Irrtum (Bl. 73 BA). Er übersandte eine Vaterschaftsanerkennung (Bl. 82 BA).

Am ... Februar 2016 hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und über den Asylantrag des Klägers zu entscheiden.

Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus: Der Kläger befinde sich seit 20. Oktober 2014 im Asylverfahren. Ein Verfahrensfortgang sei nicht zu erkennen. Dem Kläger sei ein weiteres Zuwarten nicht zuzumuten. Es läge kein zureichender Grund für die Verzögerung vor. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen. Er verzichtete auf mündliche Verhandlung.

Das Gericht bat mit Zustellung der Klage am 22. Februar 2016 das Bundesamt um Mitteilung, bis wann über den Antrag entschieden wird (Bl. 6 der Gerichtsakte - GA).

Mit Schreiben vom 9. März 2016 übersandte die Beklagte die Akten; zur Klage und zum Grund der Nichtverbescheidung äußerte sie sich nicht. Sie stellte

keinen Antrag.

Mit Schreiben vom 15. März 2016 bat das Gericht das Bundesamt erneut mitzuteilen, bis wann über den Asylantrag entschieden wird (Bl. 8 GA). Eine Reaktion darauf erfolgte nicht.

Mit Beschluss vom 8. April 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Gründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, weil sowohl der Klägerbevollmächtigte (Schreiben vom ...2.2016) als auch die Beklagte (Schreiben vom 25.2.2016) auf eine solche verzichtet haben, § 101 Abs. 2 VwGO.

Die Klage ist als Untätigkeitsklage gem. § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Nach dieser Vorschrift ist die Klage zulässig, wenn über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Das ist hier der Fall.

Bis zu welchem Zeitpunkt die Frist für eine Entscheidung über einen Asylantrag noch als angemessen zu bewerten ist, lässt sich nicht verallgemeinernd beantworten, sondern ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig (BVerwG, U. v.11.7.2013 - 5 C 23/12 D - juris - zur Frage der Unangemessenheit der Dauer eines gerichtlichen Verfahrens).

Bei der Beantwortung dieser Frage ist das, auch im elften Erwägungsgrund zur Richtlinie 2005/85/EG bzw. dem achtzehnten Erwägungsgrund zur Richtlinie 2012/32/EU zum Ausdruck kommende, Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einer schnellen und dem an einer inhaltlich richtigen Entscheidung von maßgeblicher Bedeutung. So liegt es gem. dem achtzehnten Erwägungsgrund zur Richtlinie 2013/32/EU sowohl im Interesse der Mitgliedsstaaten als auch der Personen, die internationalen Schutz beantragen, dass über die Anträge so rasch wie möglich, unbeschadet der Durchführung einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge, entschieden wird. Es gilt daher im Asylverfahren, wie sich aus den europäischen Vorgaben (Art. 23 Abs. 1 der Richtlinie 2005/85/EG bzw. Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU) ergibt, dass über den Antrag so rasch wie möglich entschieden werden soll. Dem gegenüber stehen das öffentliche Interesse (Art. 20 Abs. 3 GG) und das private Interesse des Antragstellers an einer inhaltlich richtigen Entscheidung. Dies kann je nach Einzelfall - abhängig von verschiedenen Einflussfaktoren - dazu führen, dass sich die Verfahrensdauer bis zu einer sachlichen Entscheidung über den Asylantrag verlängert.

Bei der Bewertung, ob eine Frist noch als angemessen i. S. v. § 75 Satz 1 VwGO anzusehen ist, spielt insbesondere der Schwierigkeitsgrad einer Entscheidung eine Rolle. Je komplexer sich die im Rahmen der Entscheidung über den Asylantrag ergebenden Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht darstellen, umso mehr Zeit ist der Behörde für die Entscheidung einzuräumen (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2013/32/EU zu der den Mitgliedsstaaten eingeräumten Möglichkeit der Fristverlängerung um höchstens neun Monate). Fristverlängernd kann sich auch das Verhalten des Antragstellers selbst auswirken. Verletzt er seine Mitwirkungspflicht aus § 15 AsylG und erschwert oder verhindert dadurch die Entscheidung der Behörde, kann dies auch die Angemessenheit einer längeren Frist begründen (vgl. Art. 31 Abs.3 Satz 3 lit.c) der Richtlinie 2013/32/EU).

Einen gesetzlichen Anhaltspunkt für die Bestimmung der Angemessenheit der Frist gem. § 75 Satz 1 VwGO im Bereich des Asylrechts bieten die in § 24 Abs. 4 AsylG in nationales Recht umgesetzte asylrechtliche Regelung des Art. 23 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2005/85/EG sowie die Regelung in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU. So sieht Art. 23 Abs. 2 Satz 2 der Richtlinie 2005/85/EG vor, dass der Kläger nach sechs Monaten einen Auskunftsanspruch hat. Art. 31 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Richtlinie 2013/32/EU sieht nunmehr vor, dass das Prüfungsverfahren innerhalb von sechs Monaten nach förmlicher Antragstellung zum Abschluss gebracht wird. Vor diesem Hintergrund geht das Gericht davon aus, dass eine angemessene Frist jedenfalls nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit der Asylantragstellung abgelaufen ist (so auch VG Regensburg, B. v.6.7.2015 -RN 1 K 15.31185 - juris). Ist die Entscheidung über den Asylantrag nicht binnen der vorgenannten Regelbearbeitungszeit von sechs Monaten seit Asylantragstellung getroffen worden, bedarf es regelmäßig bestimmter vom Bundesamt darzulegenden Gründe, die eine längere Bearbeitungszeit als angemessen erscheinen lassen. Gem. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 der Richtlinie 2013/32/EU können die Mitgliedsstaaten die Sechsmonatsfrist um höchstens neun weitere Monate verlängern, wenn a) sich in tatsächlicher und/oder rechtlicher Sicht komplexe Fragen ergeben; b) eine große Anzahl von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gleichzeitig internationalen Schutz beantragt, so dass es in der Praxis sehr schwierig ist, das Verfahren innerhalb von sechs Monaten abzuschließen; c) die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Antragsteller seinen Pflichten nach Art. 13 (der Richtlinie 2913/32/EU) nicht nachgekommen ist. Ausnahmsweise können die Mitgliedsstaaten die Fristen gemäß diesem Absatz in ausreichend begründeten Fällen um höchstens drei Monate überschreiten, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zu gewähren, Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie 2013/32/EU. Gem. Art. 31 Abs. 4 der Richtlinie 2013/32/EU können die Mitgliedsstaaten den Abschluss des Prüfungsverfahrens weiter aufschieben, wenn aufgrund einer aller Voraussicht nach vorübergehenden ungewissen Lage im Herkunftsstaat vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, innerhalb der in Absatz 3 festgelegten Fristen zu entscheiden. Die Mitgliedsstaaten schließen das Prüfungsverfahren in jedem Fall innerhalb einer maximalen Frist von 21 Monaten nach der förmlichen Antragstellung ab, Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU.

Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist im vorliegenden Fall eine angemessene Frist für eine Entscheidung über den Asylantrag des Klägers bereits abgelaufen. Der Kläger hat am 20. Oktober 2014, mithin vor fast 19 Monaten, einen Antrag zur Durchführung eines Asylverfahrens beim Bundesamt gestellt (Bl. 5 BA), über den bis heute nicht entschieden ist. Damit sind die in § 24 Abs. 4 AsylG bzw. Art. 31 Abs. 3 Satz 1 und 2 der Richtlinie 2013/32/EU genannten sechs Monate bei weitem überschritten. Es ergeben sich keine Anhaltspunkte, die dafür sprechen, dass eine Entscheidungsfrist von fast 19 Monaten im vorliegenden Fall noch angemessen ist.

Es liegt auch kein zureichender Grund im Sinne von § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.

Das Bundesamt hat sich zum Vorliegen eines Grundes für die verzögerte Bearbeitung und Entscheidung auch im Klageverfahren nicht geäußert. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für hinreichenden Ersatz zu sorgen und entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 - juris; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A - juris; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - juris; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde wie hier keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offen bleibt, wann überhaupt über den Antrag entscheiden wird. Der Prozessbevollmächtigte hat mit Schreiben vom ... Oktober 2015 der Beklagten den (ausgefüllten) Fragebogen zugesandt. Eine Reaktion darauf ist nicht erfolgt. Auch auf die Klage hin hat die Beklagte nur mit Aktenübersendung reagiert; auf die Gründe für die Verzögerung der Bearbeitung des Asylantrags ist sie trotz Anfrage des Gerichts nicht eingegangen. Auch ein weiteres gerichtliches Schreiben vom 15. März 2016 mit der Bitte mitzuteilen, bis wann über den Asylantrag entschieden wird, blieb unbeantwortet. Aus den Akten ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen wäre.

Die Klage ist auch begründet, § 113 Abs. 1 VwGO.

Der Kläger hat Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags. Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich direkt aus Art. 16a Abs. 1 GG als einem subjektiv-öffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nichtverbescheidung von Anträgen, eintreten. Somit begründet Art. 16a Abs. 1 GG eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund von Art. 16a Abs. 1 GG als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben. Die für die Entscheidung gesetzte Frist von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils ist verhältnismäßig und gewährt ausreichend die Möglichkeit, den Kläger anzuhören und eine Entscheidung zu treffen.

Der Klage war daher stattzugeben. Die Kostenentscheidung bestimmt sich nach § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag der Klägerin vom 5. August 2013, unter Abänderung des Bescheides vom 19. Mai 1995 in der Person der Klägerin Abschiebungshindernisse gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG festzustellen, zu entscheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden, tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des beizutreibenden Betrages leistet.


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Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag der Kläger vom ... Dezember 2013 bis spätestens 3 Monate nach Rechtskraft des vorliegenden Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob die Kläger (Kl.) von der Beklagten (Bekl.) verlangen können, ihr Asylverfahren fortzuführen und binnen einer vom Gericht gesetzten Frist zu entscheiden.

Die Kl. sind nach eigenen Angaben afghanische Staatsangehörige und stellten am ... Dezember 2013 einen Asylantrag (Bl. ... f. der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] vorgelegten Verwaltungsakte, d. A.). Über diesen Antrag ist bis zum Tag der vorliegenden Entscheidung noch nicht entschieden.

Eine Anhörung nach § 25 Asylgesetz (AsylG; zuvor Asylverfahrensgesetz - AsylVfG) hat im Verwaltungsverfahren ausweislich der vorgelegten Verwaltungsakte noch nicht stattgefunden (Bl. ... ff. d. A.). Das BAMF hat kein Dublin-Verfahren eingeleitet; Eurodac-Treffer sind nicht aktenkundig (Bl. ... ff. d. A.).

Eine Bitte des bereits im Verwaltungsverfahren bestellen Klägerbevollmächtigten (Bev.) vom ... Februar 2014 um Mitteilung eines Anhörungstermins blieb bislang unbeantwortet (Bl. 50 ff. d. A.).

Mit Klageschrift vom 23. Oktober 2015, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, beantragte der Bev.,

die Bekl. zu verpflichten, über den Asylantrag der Kl. vom 11. Dezember 2013 zu entscheiden.

Mit Schreiben vom 19. November 2015 legte das BAMF die Verwaltungsakte vor.

Mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 8. Dezember 2015 wurde die Bekl. gebeten, sich zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern.

Nachdem eine Rückäußerung seitens des BAMF zum gerichtlichen Schreiben vom 8. Dezember 2015 nicht erfolgte, teilte das Gericht den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 29. Dezember 2015 mit, dass das Klageverfahren nicht nach § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen sei.

Zum 1. Januar 2016 ging die Berichterstattung im vorliegenden Klageverfahren aufgrund einer Änderung der Geschäftsverteilung innerhalb der 24. Kammer auf den Unterzeichnenden über, was den Beteiligten mit gerichtlichem Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt wurde.

Mit Erklärung vom 26. Januar 2016 verzichtete die Klagepartei gemäß § 101 Abs. 2 VwGO auf mündliche Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

Gründe

1. Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG, B. v. 24.4.2013 - 8 B 91/12 - juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Klagepartei hat mit Erklärung vom 26. Januar 2016 und die Beklagtenpartei bereits mit genereller (auch den vorliegenden Rechtsstreit umfassender) Prozesserklärung vom 24. Juni 2015 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von O. ist vorliegend zwar gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) Verfahrensbeteiligter aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 (vgl. zur Zulässigkeit sog. Generalbeteiligungserklärungen BVerwG, U. v. 27.6.1995 - 9 C 7/95 - BVerwGE 99, 38, juris Rn. 11). In diesen Erklärungen hat der VöI allerdings darum gebeten, ihm ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden, und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG, B. v. 15.5.2014 - 9 B 57/13 - Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG, B. v. 10.10.2013 - 1 B 15/13 - Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).

Das Klagebegehren ist auslegungsbedürftig (§ 88 VwGO), weil der Antrag keine explizite Aussage trifft, bis wann spätestens die Entscheidung, zu deren Erlass verpflichtet werden soll, zu ergehen haben soll. Im Hinblick auf die Regel des § 75 Satz 2 VwGO legt der Einzelrichter den Antrag (wie im gerichtlichen Schreiben vom 22. Januar 2016 mitgeteilt) dahin aus, dass beantragt ist, die Bekl. zu verpflichten, über den klägerischen Asylantrag binnen 3 Monaten ab Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung über die Klage zu entscheiden (vgl. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris, Tenorierung).

Das Verwaltungsgericht (VG) München ist für die so auszulegende Klage entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig nach § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Kl. im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. § 83 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG) ihren Aufenthalt im Gerichtsbezirk zu nehmen hatten.

Der unterzeichnende Berichterstatter ist gemäß § 76 Abs. 1 AsylG als Einzelrichter zur Entscheidung berufen, nachdem die innerhalb des VG München zuständige Kammer den Rechtsstreit mit Beschluss vom 8. Dezember 2015 auf den jeweiligen Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat.

Gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG ist für die vorliegend ohne mündliche Verhandlung ergehende gerichtliche Entscheidung, derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem diese gefällt wird. Deshalb sind auch die durch Art. 1 und Art. 15 Abs. 1 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl. I S. 1722 - AsylVf-B-G) vorgenommenen und zum 24. Oktober 2015 in Kraft getretenen Änderungen des früheren Asylverfahrensgesetzes (AsylVfG), das durch das AsylVf-B-G in „Asylgesetz“ (AsylG) umbenannt worden ist, im Rahmen der vorliegenden Entscheidung zu berücksichtigen.

2. Die auf Verpflichtung zur bloßen Entscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage ist vorliegend zulässig.

2.1. Dass die Klage lediglich auf eine Verpflichtung zur Entscheidung an sich, nicht aber auf Verpflichtung zur Einräumung einer bestimmten (in der Sache begehrten) Position gerichtet ist, führt vorliegend weder nach § 75 VwGO noch nach § 44a VwGO zur Unzulässigkeit dieser Klage.

Nicht geklärt werden muss dabei, ob § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO allgemein eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich (nicht auf Verpflichtung zur Einräumung bestimmter inhaltlicher Positionen) gerichtete Verpflichtungsklage ermöglicht oder ob § 75 VwGO vielmehr regelmäßig einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt.

Denn aus unionsrechtlichen Gründen ist jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie Asylbewerbern eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich gerichtete Untätigkeitsklage möglich. Entscheidend ist, dass sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dabei kann eine Anhörung durch ein Gericht in der mündlichen Verhandlung die in Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und in Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. vorgesehenen Anforderungen an die persönliche Anhörung nicht stets wahren. Denn einerseits sehen Art. 13 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL a. F. wie auch Art. 15 Abs. 1 und 2 AsylVf-RL n. F. vor, dass die persönliche Anhörung vor der Verwaltung regelmäßig ohne die Anwesenheit von Familienangehörigen und unter Bedingungen stattfindet, die eine angemessene Vertraulichkeit gewährleisten, während der Grundsatz der Öffentlichkeit (§ 169 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz - GVG - i. V. m. § 55 VwGO) Ausnahmen gemäß § 171a ff. GVG (i. V. m. § 55 VwGO) nur unter engeren Voraussetzungen zulässt (vgl. hierzu überzeugend bereits VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53). Dieser Vergleich des unionsrechtlich vorgesehenen Verfahrensanspruchs eines Asylbewerbers einerseits mit der Ausgestaltung des nationalen verwaltungsprozessualen Verfahrensrechts andererseits spricht dafür, dass ein Asylbewerber jedenfalls nicht verpflichtet ist, seine Untätigkeitsklage (gegen seinen Willen) auf bestimmte inhaltliche Rechtspositionen zu richten, deren Spruchreifmachung eine entsprechende Anhörung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung durch das Gericht erforderlich machen könnte, sondern (zur Wahrung seiner unionsrechtlichen Verfahrensrechte im Asyl-Verwaltungsverfahren) seine Untätigkeitsklage auch auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung an sich richten kann.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der unionsrechtlich bedingten Möglichkeit einer nur auf Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichteten Untätigkeitsklage vorliegend etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. § 71a AsylG kann dabei von vornherein nur einschlägig sein, wenn (abgesehen von der Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nach den Vorgaben insbesondere der Dublin-Verordnungen) tatbestandlich i. S.v. § 71a Abs. 1 AsylG ein „erfolgloser Abschluss“ eines in einem anderen Dublin-Staat durchgeführten Asylverfahrens vorliegt. In Fällen, in denen ein derartiger „erfolgloser Abschluss“ nicht gegeben (und die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland anzunehmen) ist, ist deshalb auch der in Deutschland gestellte Asylantrag nicht als „Zweitantrag“ i. S. v. § 71a AsylG, sondern als „Asylerstantrag“ vom BAMF zu behandeln (vgl. BayVGH, U. v. 3.12.2015 - 13a B 15.50069, 13a B 113a B 15.50070, 13a B 113a B 15.50071 - Rn. 25, BeckRS 2016, 41335). Vorliegend geht aus dem vom BAMF vorgelegten Aktenmaterial nicht ansatzweise hervor, dass die Kl. überhaupt Kontakt zu anderen sicheren Drittstaaten i. S. v. § 71a Abs. 1 Halbsatz 1 AsylG (i. V. m. § 26a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage I zum AsylG) gehabt haben könnten. Unabhängig davon ist zu sehen, dass gemäß § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG die Ermittlung des Inhalts einer ablehnenden Entscheidung des anderen sicheren Drittstaates (deren Kenntnis für die Prüfung von § 51 VwVfG i. V. m. § 71a Abs. 1 AsylG unverzichtbar ist) dem BAMF obliegt und gegenüber Dublin-Staaten allein das BAMF gemäß Art. 34 Abs. 3 der Verordnung (EU) 604/2013 (Dublin-III-VO; zuvor: Art. 21 Abs. 3 der Verordnung (EG) 343/2003 - Dublin-II-VO) i. V. m. § 2 Abs. 1 Nr. 3 der Verordnung zur Neufassung der Asylzuständigkeitsbestimmungen (AsylZBV) für die Zusammenarbeit mit dem anderen Dublin-Staat und damit insbesondere für den Datenaustausch über das sog. DubliNet (vgl. hierzu Art. 19 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 - Dublin-Durchführungs-Verordnung [Dublin-DV]) zuständig ist. Dies und der Umstand, dass gleichzeitig die Übermittlung der inhaltlichen Daten aus dem Asylverfahren des anderen EU-Mitgliedstaates an das BAMF der Zustimmung des jeweiligen Antragstellers bedarf (Art. 34 Abs. 3 Satz 4 Dublin-III-VO), also auch insoweit eine subjektiv-rechtliche Steuerungsmöglichkeit der Asylbewerber besteht, sprechen dafür, auch insoweit eine auf eine bloße Verpflichtung zur Entscheidung (nicht auf bestimmte inhaltliche Positionen) gerichtete Untätigkeitsklage aus unionsrechtlichen Gründen (jedenfalls angesichts der besagten ausschließlichen BAMF-Kompetenzen innerhalb des Dublin-Systems) für zulässig zu halten.

Vor diesem Hintergrund steht auch § 44a VwGO einer auf bloße Entscheidung gerichteten Untätigkeitsklage im Anwendungsbereich der Art. 13 Abs. 1 AsylVf-RL a. F. und Art. 15 Abs. 1 AsylVf-RL n. F. nicht entgegen, zumal die Klage vorliegend nicht auf eine bloße Verfahrenshandlung (wie etwa auf eine Mitteilung des BAMF gemäß § 24 Abs. 4 AsylG) gerichtet ist, sondern auf eine Verpflichtung zu einer (das Verwaltungsverfahren abschließenden) „Entscheidung“.

2.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung), nicht notwendiger Weise aber bereits im Zeitpunkt der Klageerhebung (vgl. Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 6 m. w. N.; BVerwG, U. v. 24.2.1994 - 5 C 24/92 - BVerwGE 95,149, juris Rn. 12). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem BAMF innerhalb des Verwaltungsverfahrens. Hierfür spricht schon der Wortlaut des § 24 Abs. 4 AsylG, der auf die Thematik einer Untätigkeitsklage nicht explizit eingeht. Auch die systematische Stellung des § 24 Abs. 4 AsylG spricht dagegen, dieser Vorschrift eine Sachurteilsvoraussetzung für ein gerichtliches Verfahren zu entnehmen. Denn das Asylgesetz trifft Sonderregelungen für das gerichtliche Verfahren in einem gesonderten Abschnitt (Abschnitt 9. Gerichtsverfahren; §§ 74-83b AsylG); in den §§ 74-83b AsylG ist aber eine Modifizierung der Sachurteilsvoraussetzungen der Untätigkeitsklage ebenso wenig vorgesehen wie in § 24 Abs. 4 AsylG. Schließlich liegt auch der Asylverfahrensrichtlinie (und zwar sowohl der AsylVf-RL a. F. als auch der AsylVf-RL n. F.) eine strikte Trennung von Verwaltungsverfahren (Kapitel III) und gerichtlichem Verfahren (Kapitel V) zugrunde (vgl. überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52). Dabei sind die unionsrechtlichen Vorschriften, deren Umsetzung § 24 Abs. 4 AsylG dient (vgl. Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b AsylVf-RL a. F. und Art. 31 Abs. 6 Buchst. b AsylVf-RL n. F.), jeweils in dem das Verwaltungsverfahren betreffenden Kapitel III (Art. 23 ff. AsylVf-RL a. F.; Art. 31 ff. AsylVf-RL n. F.) angesiedelt, nicht aber in dem gerichtliche Rechtsbehelfe betreffenden Kapitel V (Art. 39 AsylVf-RL a. F.; Art. 46 AsylVf-RL n. F.).

Ob die Bekl. mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12).

3. Die zulässige Untätigkeitsklage ist begründet. Die Kl. haben gegen die Bekl. einen Anspruch, binnen derjenigen Frist über den Asylantrag zu entscheiden, die dem auszulegenden Klagebegehren (s.o.) entspricht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

3.1. Die Sache ist spruchreif i. S.v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Bekl. keine nähere Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Bekl. zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen in dem bereits im gerichtlichen Anhörungsschreiben vom 22. Januar 2016 benannten Urteil des VG Osnabrück vom 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris (dort Rn. 34-38) an. Es ist auch nicht ersichtlich, dass sich an der Spruchreife des Falles etwas im Hinblick auf § 71a AsylG ändert. Wie gezeigt, ist weder von der Bekl. vorgetragen noch aus dem von der Bekl. vorgelegten Aktenmaterial mit hinreichender Deutlichkeit ersichtlich, dass es vorliegend überhaupt zu einem Asylverfahren in einem anderen sicheren Drittstaat, geschweige denn zu einem erfolglosen „Abschluss“ eines solchen Asylverfahrens gekommen ist. Selbst wenn eine solche Konstellation vorliegen sollte, wäre es aber nach § 71a Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG Sache des BAMF gewesen, entsprechende weitere Ermittlungen zu veranlassen, was jedoch ausweislich des vom BAMF vorgelegten Aktenmaterials bislang nicht geschehen ist.

3.2. Die fehlende Entscheidung des BAMF über den Asylantrag der Kl. ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.).

Dabei beträgt die dem BAMF vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung 3 Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits. Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union - GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 25 Monate verstrichen sind. Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Bekl. keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 25 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist. Es kann dabei vorliegend dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen die Durchführung eines Dublin-Verfahrens durch das BAMF dafür sprechen kann, dem BAMF eine längere Entscheidungsfrist einzuräumen, wenn sich erst nach längerer Zeit herausstellen sollte, dass die Bundesrepublik Deutschland für die Prüfung des Asylantrags zuständig ist oder zuständig geworden ist - denn ein Dublin-Verfahren ist vom BAMF vorliegend schon nicht eingeleitet worden. Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Kl. an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem BAMF ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch 3 Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag des Kl. in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft des Urteils trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

4. Nachdem die Kl. mit ihrer Klage in der vom Gericht vorgenommenen Auslegung (s. o.) vollständig obsiegen, hat die vollständig unterlegene Bekl. die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).

5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der Ausländer muss selbst die Tatsachen vortragen, die seine Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ihm drohenden ernsthaften Schadens begründen, und die erforderlichen Angaben machen. Zu den erforderlichen Angaben gehören auch solche über Wohnsitze, Reisewege, Aufenthalte in anderen Staaten und darüber, ob bereits in anderen Staaten oder im Bundesgebiet ein Verfahren mit dem Ziel der Anerkennung als ausländischer Flüchtling, auf Zuerkennung internationalen Schutzes im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 oder ein Asylverfahren eingeleitet oder durchgeführt ist.

(2) Der Ausländer hat alle sonstigen Tatsachen und Umstände anzugeben, die einer Abschiebung oder einer Abschiebung in einen bestimmten Staat entgegenstehen.

(3) Ein späteres Vorbringen des Ausländers kann unberücksichtigt bleiben, wenn andernfalls die Entscheidung des Bundesamtes verzögert würde. Der Ausländer ist hierauf und auf § 36 Absatz 4 Satz 3 hinzuweisen.

(4) Bei einem Ausländer, der verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, soll die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Asylantragstellung erfolgen. Einer besonderen Ladung des Ausländers und seines Bevollmächtigten bedarf es nicht. Entsprechendes gilt, wenn dem Ausländer bei oder innerhalb einer Woche nach der Antragstellung der Termin für die Anhörung mitgeteilt wird. Kann die Anhörung nicht an demselben Tag stattfinden, sind der Ausländer und sein Bevollmächtigter von dem Anhörungstermin unverzüglich zu verständigen.

(5) Bei einem Ausländer, der nicht verpflichtet ist, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen, kann von der persönlichen Anhörung abgesehen werden, wenn der Ausländer einer Ladung zur Anhörung ohne genügende Entschuldigung nicht folgt. In diesem Falle ist dem Ausländer Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme innerhalb eines Monats zu geben.

(6) Die Anhörung ist nicht öffentlich. An ihr können Personen, die sich als Vertreter des Bundes, eines Landes oder des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen ausweisen, teilnehmen. Der Ausländer kann sich bei der Anhörung von einem Bevollmächtigten oder Beistand im Sinne des § 14 des Verwaltungsverfahrensgesetzes begleiten lassen. Das Bundesamt kann die Anhörung auch dann durchführen, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand trotz einer mit angemessener Frist erfolgten Ladung nicht an ihr teilnimmt. Satz 4 gilt nicht, wenn der Bevollmächtigte oder Beistand seine Nichtteilnahme vor Beginn der Anhörung genügend entschuldigt. Anderen Personen kann der Leiter des Bundesamtes oder die von ihm beauftragte Person die Anwesenheit gestatten.

(7) Die Anhörung kann in geeigneten Fällen ausnahmsweise im Wege der Bild- und Tonübertragung erfolgen.

(8) Über die Anhörung ist eine Niederschrift aufzunehmen, die die wesentlichen Angaben des Ausländers enthält. Dem Ausländer ist eine Kopie der Niederschrift auszuhändigen oder mit der Entscheidung des Bundesamtes zuzustellen.

(1) Das Bundesamt klärt den Sachverhalt und erhebt die erforderlichen Beweise. Das Bundesamt unterrichtet den Ausländer frühzeitig in einer Sprache, deren Kenntnis vernünftigerweise vorausgesetzt werden kann, über den Ablauf des Verfahrens, über seine Rechte und Pflichten im Verfahren, insbesondere über Fristen und die Folgen einer Fristversäumung, sowie über freiwillige Rückkehrmöglichkeiten. Der Ausländer ist persönlich anzuhören. Von einer Anhörung kann abgesehen werden, wenn das Bundesamt

1.
dem Asylantrag vollständig stattgeben will oder
2.
der Auffassung ist, dass der Ausländer aufgrund dauerhafter Umstände, die sich seinem Einfluss entziehen, nicht zu einer Anhörung in der Lage ist. Im Zweifelsfall ist für die Feststellung der Dauerhaftigkeit der Umstände eine ärztliche Bestätigung erforderlich. Wird von einer Anhörung abgesehen, unternimmt das Bundesamt angemessene Bemühungen, damit der Ausländer weitere Informationen unterbreiten kann.
Von der Anhörung ist abzusehen, wenn der Asylantrag für ein im Bundesgebiet geborenes Kind unter sechs Jahren gestellt und der Sachverhalt auf Grund des Inhalts der Verfahrensakten der Eltern oder eines Elternteils ausreichend geklärt ist. Die Tatsache, dass keine Anhörung stattgefunden hat, darf die Entscheidung nicht negativ beeinflussen. Die Entscheidung nach den Sätzen 4 und 7 ergeht nach Aktenlage.

(1a) Sucht eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig um Asyl nach und wird es dem Bundesamt dadurch unmöglich, die Anhörung in zeitlichem Zusammenhang mit der Antragstellung durchzuführen, so kann das Bundesamt die Anhörung vorübergehend von einer anderen Behörde, die Aufgaben nach diesem Gesetz oder dem Aufenthaltsgesetz wahrnimmt, durchführen lassen. Die Anhörung darf nur von einem dafür geschulten Bediensteten durchgeführt werden. Die Bediensteten dürfen bei der Anhörung keine Uniform tragen. § 5 Absatz 4 gilt entsprechend.

(2) Nach Stellung eines Asylantrags obliegt dem Bundesamt auch die Entscheidung, ob ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt.

(3) Das Bundesamt unterrichtet die Ausländerbehörde unverzüglich über

1.
die getroffene Entscheidung und
2.
von dem Ausländer vorgetragene oder sonst erkennbare Gründe
a)
für eine Aussetzung der Abschiebung, insbesondere über die Notwendigkeit, die für eine Rückführung erforderlichen Dokumente zu beschaffen, oder
b)
die nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Aufenthaltsgesetzes der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegenstehen könnten.

(4) Eine Entscheidung über den Asylantrag ergeht innerhalb von sechs Monaten. Das Bundesamt kann die Frist auf höchstens 15 Monate verlängern, wenn

1.
sich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht komplexe Fragen ergeben,
2.
eine große Zahl von Ausländern gleichzeitig Anträge stellt, weshalb es in der Praxis besonders schwierig ist, das Verfahren innerhalb der Frist nach Satz 1 abzuschließen oder
3.
die Verzögerung eindeutig darauf zurückzuführen ist, dass der Ausländer seinen Pflichten nach § 15 nicht nachgekommen ist.
Das Bundesamt kann die Frist von 15 Monaten ausnahmsweise um höchstens weitere drei Monate verlängern, wenn dies erforderlich ist, um eine angemessene und vollständige Prüfung des Antrags zu gewährleisten.

(5) Besteht aller Voraussicht nach im Herkunftsstaat eine vorübergehend ungewisse Lage, sodass eine Entscheidung vernünftigerweise nicht erwartet werden kann, kann die Entscheidung abweichend von den in Absatz 4 genannten Fristen aufgeschoben werden. In diesen Fällen überprüft das Bundesamt mindestens alle sechs Monate die Lage in dem Herkunftsstaat. Das Bundesamt unterrichtet innerhalb einer angemessenen Frist die betroffenen Ausländer über die Gründe des Aufschubs der Entscheidung sowie die Europäische Kommission über den Aufschub der Entscheidungen.

(6) Die Frist nach Absatz 4 Satz 1 beginnt mit der Stellung des Asylantrags nach § 14 Absatz 1 und 2. Ist ein Antrag gemäß dem Verfahren nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) zu behandeln, so beginnt die Frist nach Absatz 4 Satz 1, wenn die Bundesrepublik Deutschland als für die Prüfung zuständiger Mitgliedstaat bestimmt ist. Hält sich der Ausländer zu diesem Zeitpunkt nicht im Bundesgebiet auf, so beginnt die Frist mit seiner Überstellung in das Bundesgebiet.

(7) Das Bundesamt entscheidet spätestens 21 Monate nach der Antragstellung nach § 14 Absatz 1 und 2.

(8) Das Bundesamt informiert den Ausländer für den Fall, dass innerhalb von sechs Monaten keine Entscheidung ergehen kann, über die Verzögerung und unterrichtet ihn auf sein Verlangen über die Gründe für die Verzögerung und den zeitlichen Rahmen, innerhalb dessen mit einer Entscheidung zu rechnen ist.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Tenor

Die Beklagte wird verpflichtet, den Asylantrag des Klägers vom 06.10.2014 (Az.: 5824166-244) innerhalb von spätestens 3 Monaten nach Rechtskraft dieses Urteils zu bescheiden.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt eine Entscheidung der Beklagten über seinen bislang noch nicht beschiedenen Asylantrag.
Der 1988 geborene Kläger ist eritreischer Staatsangehöriger. Nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland meldete er sich am 09.09.2014 als Asylsuchender und erhielt am selben Tag eine Bescheinigung über die Meldung als Asylsuchender (BüMA). Am 06.10.2014 beantragte der Kläger förmlich seine Anerkennung als Asylberechtigter, woraufhin ihm am selben Tag eine Aufenthaltsgestattung erteilt wurde.
Mit Schreiben vom 01.07.2015 bat der Kläger erstmals beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) um Beschleunigung des Verfahrens im Wege des schriftlichen Verfahrens unter Verzicht auf eine persönliche Asylanhörung. Dabei beschränkte er seinen Antrag auf die Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Der Kläger setzte dem Bundesamt eine Frist zum 14.07.2015.
Mit weiterem Schreiben vom 02.10.2015 bat der Kläger nochmals um Zusendung eines Fragebogens mit Frist zum 14.10.2014.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 wurde dem Kläger der Fragebogen vom Bundesamt übersandt.
Mit Schreiben vom 09.11.2015 sandte der Kläger den ausgefüllten Fragebogen an das Bundesamt zurück und bat nochmals um eine zeitnahe Entscheidung mit Frist zum 23.11.2015. Eine Entscheidung des Bundesamtes ist seither nach Aktenlage nicht ergangen.
Am 27.01.2016 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage erhoben.
Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, ihm werde seit bereits 16 Monaten eine sachliche Entscheidung über sein Asylbegehren verwehrt. Er habe einen Anspruch auf Bearbeitung seines Antrags in angemessener Frist. Maßgebliches Datum für die Fristberechnung sei das Erstausstellungsdatum der BüMA. Ein zureichender Grund für die Untätigkeit sei nicht ersichtlich. Die vorgebrachte Arbeitsüberlastung des Bundesamtes stelle keinen solchen Grund dar. Die aktuellen Erledigungszahlen zeigten vielmehr, dass dem gestiegenen Auftragsaufkommen nur unzureichend organisatorisch begegnet worden sei. Auch sei der vorliegende Fall nicht von besonderem Umfang oder besonderer Schwierigkeit. Ein Bescheid hätte schon längst ergehen müssen.
Der Kläger beantragt - sachdienlich ausgelegt -,
10 
die Beklagte zu verpflichten, seinen Asylantrag vom 06.10.2014 (Az.: 5824166 - 224) innerhalb einer vom Gericht zu bestimmenden Frist zu bescheiden.
11 
Die Beklagte beantragt,
12 
die Klage abzuweisen, hilfsweise das Verfahren gemäß § 75 Satz 3 VwGO auszusetzen.
13 
Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, es liege in jedem Fall wegen der 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen ein zureichender, einer Behördenentscheidung entgegen stehender Grund vor, der eine Aussetzung rechtfertige.
14 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Klage hat Erfolg. Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht auf Entscheidung in angemessener Frist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO).
17 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO zulässig. Dass dabei die Untätigkeitsklage als Bescheidungsklage erhoben wurde, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Denn dem Gericht ist es verwehrt, im Falle des Fehlens eines zureichenden Grundes für die Untätigkeit der Behörde in der Sache „durchzuentscheiden“ (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, Beschl. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris). Dies ist in der fehlenden Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Die Entscheidung über den Asylantrag setzt nämlich ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren zwingend voraus, weil diesem eine so wesentliche Bedeutung beizumessen ist, dass es die Rechtmäßigkeit an die Absolvierung dieses Verfahrens bindet. Das gerichtliche Verfahren vermag in diesen Fällen das behördliche nicht zu ersetzen, weil es sich bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um eine mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handelt. Insbesondere aber würden dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris).
18 
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
19 
Ob § 24 Abs. 4 AsylG die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 75 VwGO modifiziert, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der Kläger erinnerte nach dem Ablauf von 6 Monaten mehrfach – mit Schreiben vom 01.07.2015, 02.10.2015 und 09.11.2015 – an die Bescheidung seines Asylantrag und bat diesbezüglich um rasche Entscheidung. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i.S.d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Der Kläger musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
20 
Das Bundesamt hat nicht in angemessener Frist über den Antrag des Klägers sachlich entschieden.
21 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von 6 Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um 9 weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um 3 weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die 3-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde.
22 
Es liegt auch kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.
23 
Die Beklagte beruft sich zwar insoweit auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann auch grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, RdNr. 13). Doch kann sich die Beklagte hierauf nicht erfolgreich für das Jahr 2014 stützen. Denn im Jahr 2014 war erst ein Eingang von („nur“) 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist der vorgetragene extreme Anstieg auf eine Zahl von 476.649 zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Gründe, warum der vorliegend Anfang Oktober 2014 gestellte Asylantrag des Klägers nicht bereits im Jahr 2014 dahingehend bearbeitet wurde, dass noch im Jahr 2014 oder jedenfalls zu Beginn des Jahres 2015 eine Entscheidung erfolgte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend unabhängig davon, ob auf das Datum der formellen Asylantragsstellung am 06.10.2014 oder das Ausstellungsdatum der BüMA vom 09.09.2014 abgestellt wird. Richtigerweise kann jedoch erst nach Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie in innerstaatliches Recht bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist für den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU am 20.07.2018 auf den Zeitpunkt der Erteilung der BüMA abgestellt werden. Die von den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommene förmliche Antragsstellung ist dann nämlich unter Beachtung des in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU festgelegten Grundsatzes des raschen Verfahrens nach Sinn und Zweck so auszulegen, dass bereits die Meldung als Asylsuchender maßgeblich sein muss, weil das Bundesamt ansonsten die europarechtlichen Verfahrensfristen willkürlich manipulieren könnte. Derzeit bzw. bis 20.07.2018 ergibt sich diese Anknüpfung aus nationalem Recht jedoch (noch) nicht, sodass auf den förmlichen Asylantrag abgestellt werden muss, der regelmäßig die Aufenthaltsgestattung ausgelöst hat.
24 
Die nunmehr im Tenor festgesetzte Frist von 3 Monaten für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ab Rechtskraft dieses Urteils wird für angemessen befunden. Dabei erfolgte eine Orientierung an der Vorschrift des § 75 VwGO und dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, der den Mitgliedstaaten eine maximale Bearbeitungsdauer von 21 Monaten einräumt. Neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über 17 Monaten seit förmlicher Antragsstellung wurde berücksichtigt, dass der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt hat und bereits mittels übersandtem Fragebogen die Gründe seines Schutzersuchens dargelegt hat. Des Weiteres war zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Komplexität oder einen besonderen Umfang des Falles weder ersichtlich noch vom Bundesamt vorgetragen sind.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Gründe

 
15 
Im Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Berichterstatter anstelle der Kammer ohne mündliche Verhandlung (§§ 87 a, 101 Abs. 2 VwGO).
16 
Die Klage hat Erfolg. Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht auf Entscheidung in angemessener Frist (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Satz 1 VwGO).
17 
Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage i.S.v. § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO zulässig. Dass dabei die Untätigkeitsklage als Bescheidungsklage erhoben wurde, steht der Zulässigkeit nicht entgegen. Denn dem Gericht ist es verwehrt, im Falle des Fehlens eines zureichenden Grundes für die Untätigkeit der Behörde in der Sache „durchzuentscheiden“ (vgl. VG Osnabrück, Urt. v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris; VG Hannover, Beschl. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris). Dies ist in der fehlenden Spruchreife i.S.d. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO begründet. Die Entscheidung über den Asylantrag setzt nämlich ein ordnungsgemäßes behördliches Verfahren zwingend voraus, weil diesem eine so wesentliche Bedeutung beizumessen ist, dass es die Rechtmäßigkeit an die Absolvierung dieses Verfahrens bindet. Das gerichtliche Verfahren vermag in diesen Fällen das behördliche nicht zu ersetzen, weil es sich bei dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge um eine mit besonderen Spezialkenntnissen ausgestatteten Behörde handelt. Insbesondere aber würden dem Asylbewerber im Falle des „Durchentscheidens“ die ihm nach der Asylverfahrensrichtlinie des Rates (für förmliche Asylanträge bis einschließlich zum 19.07.2015 Richtlinie 2005/85/EG, für nach diesem Datum gestellte Anträge Richtlinie 2013/32/EU) eingeräumten Rechte zum Teil genommen (vgl. VG Ansbach, Beschl. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 - juris).
18 
Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.
19 
Ob § 24 Abs. 4 AsylG die besonderen Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 75 VwGO modifiziert, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn der Kläger erinnerte nach dem Ablauf von 6 Monaten mehrfach – mit Schreiben vom 01.07.2015, 02.10.2015 und 09.11.2015 – an die Bescheidung seines Asylantrag und bat diesbezüglich um rasche Entscheidung. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i.S.d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Der Kläger musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihm keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.
20 
Das Bundesamt hat nicht in angemessener Frist über den Antrag des Klägers sachlich entschieden.
21 
Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 der europäischen Asylverfahrensrichtlinie 2013/32/EU verlängert. Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie 2013/32/EU sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von 6 Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um 9 weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um 3 weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 der Richtlinie). Werden beide Fristen somit um jeweils 3 Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die 3-Monatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten der Antragssteller konstruiert würde.
22 
Es liegt auch kein zureichender Grund i.S.v. § 75 Satz 2 VwGO für die fehlende Entscheidung über den Asylantrag des Klägers innerhalb einer angemessenen Frist vor.
23 
Die Beklagte beruft sich zwar insoweit auf die im Jahr 2015 extrem gestiegenen Zugangszahlen beim Bundesamt. Eine (vorübergehende) Überbelastung der Behörde kann auch grundsätzlich einen zureichenden Grund i.S.v. § 75 Satz 1 VwGO darstellen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 21. Aufl. 2015, RdNr. 13). Doch kann sich die Beklagte hierauf nicht erfolgreich für das Jahr 2014 stützen. Denn im Jahr 2014 war erst ein Eingang von („nur“) 202.834 Asylanträgen zu verzeichnen. Diese Anzahl stellt zwar bereits eine deutliche Steigerung zum Jahr 2013 mit 127.023 gestellten Asylanträgen dar (vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Aktuelle Zahlen zu Asyl, Februar 2016, S. 4). Eine Überlastung des Bundesamtes wird hierdurch aber nicht begründet, zumal im Jahr 2014 immerhin 128.911 Asylanträge beschieden wurden. Erst im Jahr 2015 ist der vorgetragene extreme Anstieg auf eine Zahl von 476.649 zu verzeichnen, wobei diese Zahl offenbar allein die förmlichen Anträge abbildet. In der Gesamtheit dürfte für 2015 vielmehr von bis zu 1,1 Mio. Asylfällen auszugehen sein. Gründe, warum der vorliegend Anfang Oktober 2014 gestellte Asylantrag des Klägers nicht bereits im Jahr 2014 dahingehend bearbeitet wurde, dass noch im Jahr 2014 oder jedenfalls zu Beginn des Jahres 2015 eine Entscheidung erfolgte, sind nicht ersichtlich. Dies gilt vorliegend unabhängig davon, ob auf das Datum der formellen Asylantragsstellung am 06.10.2014 oder das Ausstellungsdatum der BüMA vom 09.09.2014 abgestellt wird. Richtigerweise kann jedoch erst nach Umsetzung der Asylverfahrensrichtlinie in innerstaatliches Recht bzw. nach Ablauf der Umsetzungsfrist für den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU am 20.07.2018 auf den Zeitpunkt der Erteilung der BüMA abgestellt werden. Die von den Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU in Bezug genommene förmliche Antragsstellung ist dann nämlich unter Beachtung des in Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU festgelegten Grundsatzes des raschen Verfahrens nach Sinn und Zweck so auszulegen, dass bereits die Meldung als Asylsuchender maßgeblich sein muss, weil das Bundesamt ansonsten die europarechtlichen Verfahrensfristen willkürlich manipulieren könnte. Derzeit bzw. bis 20.07.2018 ergibt sich diese Anknüpfung aus nationalem Recht jedoch (noch) nicht, sodass auf den förmlichen Asylantrag abgestellt werden muss, der regelmäßig die Aufenthaltsgestattung ausgelöst hat.
24 
Die nunmehr im Tenor festgesetzte Frist von 3 Monaten für die Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ab Rechtskraft dieses Urteils wird für angemessen befunden. Dabei erfolgte eine Orientierung an der Vorschrift des § 75 VwGO und dem Rechtsgedanken des Art. 31 Abs. 5 der Richtlinie 2013/32/EU, der den Mitgliedstaaten eine maximale Bearbeitungsdauer von 21 Monaten einräumt. Neben dem bereits vergangenen Zeitraum von über 17 Monaten seit förmlicher Antragsstellung wurde berücksichtigt, dass der Kläger seinen Antrag auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft beschränkt hat und bereits mittels übersandtem Fragebogen die Gründe seines Schutzersuchens dargelegt hat. Des Weiteres war zu berücksichtigen, dass Anhaltspunkte für das Vorliegen einer besonderen Komplexität oder einen besonderen Umfang des Falles weder ersichtlich noch vom Bundesamt vorgetragen sind.
25 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO; Gerichtskosten werden gemäß § 83 b AsylG nicht erhoben.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Ein Urteil ist stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn

1.
das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war,
2.
bei der Entscheidung ein Richter mitgewirkt hat, der von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen oder wegen Besorgnis der Befangenheit mit Erfolg abgelehnt war,
3.
einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war,
4.
ein Beteiligter im Verfahren nicht nach Vorschrift des Gesetzes vertreten war, außer wenn er der Prozeßführung ausdrücklich oder stillschweigend zugestimmt hat,
5.
das Urteil auf eine mündliche Verhandlung ergangen ist, bei der die Vorschriften über die Öffentlichkeit des Verfahrens verletzt worden sind, oder
6.
die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) In Klageverfahren nach dem Asylgesetz beträgt der Gegenstandswert 5 000 Euro, in den Fällen des § 77 Absatz 4 Satz 1 des Asylgesetzes 10 000 Euro, in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes 2 500 Euro. Sind mehrere natürliche Personen an demselben Verfahren beteiligt, erhöht sich der Wert für jede weitere Person in Klageverfahren um 1 000 Euro und in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes um 500 Euro.

(2) Ist der nach Absatz 1 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Ansbach

Aktenzeichen: AN 3 K 15.30560

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 26. Januar 2016

3. Kammer

Sachgebiets-Nr.: 0710

Hauptpunkte:

Untätigkeitsklage

Fortführung des Verfahrens

Reduzierung des Gegenstandswertes

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

1. ..., geb. ...1983

2. ..., geb. ...2012

gesetzlich vertreten durch die Mutter ...

zu 1 und 2 wohnhaft: ...

- Kläger -

zu 1 und 2 bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Bundesrepublik Deutschland vertreten durch: Bundesamt ... Referat Außenstelle ...

- Beklagte -

wegen Verfahrens nach dem AsylVfG/AsylG

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Ansbach, 3. Kammer,

durch die Einzelrichterin Richterin am Verwaltungsgericht Kokoska-Ruppert ohne mündliche Verhandlung am 26. Januar 2016 folgendes Urteil:

1. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über ihren Antrag zu entscheiden.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand:

Die 1983 geborene Klägerin zu 1) und der im ... 2012 geborene Kläger zu 2) sind äthiopische Staatsangehörige mit amharischer Volkszugehörigkeit und orthodoxe Christen. Sie reisten nach eigenen Angaben über Italien am 14. April 2013 in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 18. April 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte.

In ihrer Anhörung gemäß § 25 AsylG am 14. Mai 2014 erklärte die Klägerin zu 1), sie wisse nicht, wo sich ihr Mann derzeit aufhalte. Gewöhnlich lebe sie mit ihm und den beiden Kindern in ... Ihre Eltern und Großeltern seien bereits gestorben. Sie habe weder in Deutschland noch im sonstigen Ausland Verwandte, keine Geschwister und eine Tante väterlicherseits. Sie habe ihre Schulausbildung mit dem Abitur beendet, jedoch keinen Beruf erlernt.

Sie sei Sympathisantin der EPPF. Sie und ihr Mann seien dort Mitglieder gewesen. Ihr Mann sei öfter von Zivilpolizisten zu Hause aufgesucht worden. Eines Tages hätten Sie ihn mitnehmen wollen. Zu dieser Zeit habe er den Kläger zu 2) auf dem Arm gehabt, es sei zu einem Gerangel gekommen, dabei sei das Kind auf den Boden gefallen und am Kopf verletzt worden. Das Kind sei fünf Stunden lang bewusstlos gewesen, als es wieder zu sich gekommen sei, habe es nicht mehr sehen können, es habe aber auch nicht sitzen und nicht aufstehen können. Es sei wie gelähmt gewesen. Zu dieser Zeit sei es etwa acht Monate alt gewesen. Dies sei am 22. Dezember 2012 passiert. Bei der Durchsuchung hätten die Polizisten alle Papiere mitgenommen, auch einen Laptop und einen USB-Stick sowie einige CD´s. Das Kind sei danach einen Monat in sta-tionärer Behandlung gewesen. Ihr Mann sei inhaftiert worden. Am 27. März 2013 habe sie sich dann entschlossen, Äthiopien zu verlassen.

Sie sei nach der Inhaftierung ihres Mannes ständig befragt worden. „Sie“ hätten auch mitbekommen, dass sie Sympathisantin der EPPF sei. Sie habe zusammen mit ihrem Mann zu Hause Treffen veranstaltet, sie glaube, dass ein Nachbar sie denunziert habe. Ihren älteren Sohn ... habe sie bei einer Nachbarin in Äthiopien zurückgelassen, jetzt lebe er bei Verwandten in ...

Sie habe die EPPF durch Geldsammeln unterstützt. Sie habe Geld gesammelt für Kinder von Soldaten, die in der Wüste Krieg führten oder die gestorben seien. In den Dokumenten, die mitgenommen worden seien, sei eine Liste mit den Namen von Soldaten gewesen sei, deren Kinder sie finanziell unterstützt hätten. Dies seien Soldaten der EPPF gewesen.

Weiterhin erklärte sie, ihr Kind sei in Äthiopien medizinisch gut behandelt worden. Sie habe auch über die finanziellen Mittel verfügt, um ihm diese Versorgung zu ermöglichen.

Sie habe als Mutter den Kläger zu 2) nicht alleine lassen können, ihren anderen Sohn jedoch schon. Sie habe sich nach dem Krankenhausaufenthalt vom 22. Dezember 2012 bis 27. März 2013 bei einer Freundin aufgehalten. Dies seien ca. zwei Monate und fünf Tage gewesen. In diesem Zeitraum sei nichts Besonderes mehr vorgefallen. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus sei sie ein- bis zweimal pro Woche ins Krankenhaus zur Nachuntersuchung gefahren. Der Kläger zu 2) habe Medikamente bekommen, zusätzlich noch eine Therapie im Krankenhaus, dreimal pro Woche.

Sie sympathisiere seit 2007/2088 mit der EPPF. Was genau ihr Mann für die EPPF gemacht habe, wisse sie nicht. Er sei öfter in ... unterwegs gewesen und habe dort Treffen mit anderen Mitgliedern der EPPF gehabt.

Sie sei auch in Deutschland seit ca. sechs Monaten für die EPPF aktiv, vorher sei das nicht möglich gewesen, da das Kind immer im Krankenhaus gewesen sei. Sie nehme an Kundgebungen und Treffen teil und zahle monatliche Mitgliedsbeiträge. Sie habe keinerlei Informationen über das Schicksal ihres Mannes. Sie habe auch in Äthiopien mit niemandem Kontakt, seit sie hier in Deutschland sei. Zu ihrem Sohn habe sie auch keinen Kontakt.

Im Verfahren legte die Klägerin zu 1) drei Arztbriefe über stationäre Aufenthalte des Klägers zu 2) in der Kinderklinik des Universitätsklinikums ... vom 3. Juni, 8. August und 30. Oktober 2013 vor sowie zwei Arztbriefe ambulanter Vorstellungen des Klägers zu 2) vom 11. Juli 2013 und vom 20. November 2013. Ferner eine Bescheinigung der Lebenshilfe ... e.V. vom 18. Dezember 2013, einen Arztbrief des Universitätsklinikums ... vom 20. Dezember 2013, vom 27. Juni 2014, sowie ein ärztliches Attest der Dress. ... vom 28. Mai 2014 sowie von der Lebenshilfe ... e.V. vom 11. Juni 2014.

Danach besteht beim Kläger zu 2) eine symptomatische Epilepsie mit generalisierten Anfällen (G 40.2), Zustand nach traumatischer Subduralblutung, vor allem Thalassämie, globale Entwicklungsstörung (F83) und hochgradige Visusminderung (H53.0).

Nach dem Entwicklungsbericht aus dem Fachbereich Physiotherapie im Rahme der Frühförderung der Lebenshilfe ... e.V. vom 18.12.2013 ergibt sich, dass der Kläger zu 2) ein schwer mehrfach behindertes Kind sei. Er sei neben seiner motorischen Behinderung auch stark sehbehindert.

Nach Angaben der Mutter sei er seit einem Sturz auf den Steinfußboden aus dem Arm der Mutter im Alter von ca. acht Monaten stark gesundheitlich eingeschränkt. Dem Kläger zu 2) wurde ein Schwerbehindertenausweis mit 100% erteilt.

Darüber hinaus legte die Klägerin zu 1) eine Mitgliederbescheinigung der EPPFG Deutschland vom 23. Februar 2014 vor, wonach sie seit 1. Februar 2014 dort Mitglied sei. Ferner legte sie vor eine Bescheinigung der EPPFG vom 10. Mai 2014 über die Teilnahme an einer Veranstaltung in ... und vom 15. Februar 2014 über die Teilnahme an einer Veranstaltung der Partei in ... vor.

Mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 fragte der Bevollmächtigte der Kläger bei der Beklagten an, wann in dieser Angelegenheit mit einer Entscheidung zu rechnen sei.

Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten, der am 13. April 2015 beim Verwaltungsgericht Ansbach einging, ließen die Kläger Untätigkeitsklage erheben.

Sie beantragen,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren der Kläger fortzuführen und über die Anträge der Kläger zu entscheiden.

hilfsweise wird beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, festzustellen, dass für die Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.

Ferner wurde beantragt,

den Klägern Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt ... zu bewilligen.

Zur Begründung wird geltend gemacht, die Kläger hätten am 18. April 2013 einen Asylantrag gestellt. Die Anhörung habe am 3. Juni 2014 stattgefunden. Damals habe die Klägerin zu 1) angegeben, dass der Kläger zu 2) auf medikamentöse Hilfe und Betreuung angewiesen sei. Es bestehe jedenfalls ein Abschiebungsverbot im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Kläger zu 2) sei zu 100% schwerbehindert. Er leide unter Epilepsie und sei auf medizinische Betreuung sowie auf die Pflege der Klägerin zu 1) angewiesen. Die Behandlung des Klägers zu 2) habe bereits positive Auswirkungen erzielt. Diese könne in seinem Heimatland nicht erbracht werden, so dass sich sein Gesundheitszustand bei einer Rückkehr dorthin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wieder verschlechtern würde. Auch würde man der alleinerziehenden Mutter und ihrem Sohn die ausreichende Sicherung ihrer Lebensgrundlage entziehen. Aufgrund der Betreuung ihres dreijährigen Kindes komme eine Erwerbstätigkeit der Klägerin zu 1) nicht in Betracht. Mangels ausreichender Sozialhilfe bestehe die dringende Gefahr, dass die Familie unter dem Existenzminimum leben müsse. Die Existenzsicherung sei jedoch aufgrund des gesundheitlichen Zustandes des Klägers zu 2) besonders notwendig, um beispielsweise die ärztliche Versorgung und die erforderlichen Medikamente zu bezahlen. Es sei nicht hinnehmbar, dass trotz der Antragstellung der Kläger im Jahr 2013 bislang keine Entscheidung ergangen sei. Das Schreiben vom 16. Dezember 2014 mit der Bitte mitzuteilen, wann mit einer Entscheidung zu rechnen sei, sei ohne Reaktion geblieben.

Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Beklagte mit Schreiben vom 28. Dezember 2015 mit, der zuständige Einzelentscheider habe sich aufgrund der bekannten Situation auch im vorliegenden Verfahren nicht zu einer bevorzugten Bearbeitung in der Lage gesehen, auf entsprechende Nachfrage sei eine Entscheidung bis Mitte nächsten Jahres in Aussicht gestellt worden.

Mit Beschluss vom 9. Dezember 2015 wurde die Verwaltungsstreitsache auf die Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.

Mit Beschluss vom 18. Januar 2016 wurde den Klägern Prozesskostenhilfe bewilligt.

Die Beteiligten verzichteten auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der beigezogenen Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässige Verpflichtungsklage, über die gemäß § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden konnte, ist begründet. Die Kläger haben einen Anspruch auf Fortführung des Verfahrens und auf Entscheidung über ihre Asylanträge, § 113 Abs. 5 Sätze 2 und 1 VwGO.

Die Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig. Insbesondere ist auch die Zulässigkeitsvoraussetzung des § 75 Satz 2 VwGO gegeben. Die Kläger haben am 18. April 2013 ihre Anerkennung als Asylberechtigte beantragt. Ihre persönliche Anhörung erfolgte am 14. Mai 2014. Seither ist die Beklagte ohne Angabe von Gründen untätig geblieben. Ein zureichender Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO ist nicht gegeben. Zwar ist die permanente Arbeitsüberlastung der Behörde gerichtsbekannt. Jedoch resultiert zum einen der Asylantrag aus einer Zeit, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15, juris Rn. 34 ff.; VG Gelsenkirchen , U. v. 22.7.2015 - 1a K 5125/14.A , juris Rn. 22; VG Ansbach , B. v. 19.10.2015 - AN 4 K 15.31145 , juris Rn. 12ff.), zum anderen ist eine andauernde Arbeitsüberlastung kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO , denn in einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, für entsprechende organisatorische Maßnahmen zu sorgen (vgl. VG München , U. v. 7.9.2015 - M 12 K 15.30300 , juris; VG Dresden , U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14 , juris; VG Düsseldorf , U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A , juris; VG Braunschweig , U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 , juris). Die Inaussichtstellung einer Entscheidung mög-licherweise im ersten Halbjahr 2016, wie mit Schreiben der Beklagten vom 21. Dezember 2015 erfolgt, führt wegen des langen Zeitraums der Untätigkeit zu keinem anderen Ergebnis.

Die Klage ist auch begründet, weil durch die Untätigkeit der Beklagten die Kläger in ihren Rechten aus Art. 16 a Abs. 1 GG und in ihren Rechten aus Art. 31 Abs. 2, 3 der Richtlinie 2013/32/EU des europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Verfahrensrichtlinie) verletzt sind.

Die materielle Pflicht der Beklagten zur Entscheidung ergibt sich zum einen direkt aus Art. 16 a Abs. 1 GG als einem subjektiv öffentlichen Recht. Diesem Grundrecht kann nur durch aktives staatliches Handeln Geltung verschafft werden. Eine Verletzung dieses Grundrechts kann deshalb bereits durch reines Unterlassen, also durch Nicht-Verbescheidung von Anträgen, eintreten Art. 16 a Abs. 1GG begründet eine Pflicht des Staates zur Bescheidung von Asylanträgen, die die Gerichte sowohl unmittelbar aufgrund dieser Norm als auch aufgrund von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zu gewährleisten haben.

Auch Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU, der eine möglichst rasche Entscheidung über den Asylantrag normiert, gewährt den Klägern subjektiv öffentliche Rechte, die durch die Untätigkeit der Beklagten verletzt werden. Die in Art. 31 Abs. 3 der Richtlinie für die Verfahrensbearbeitung abweichend zu den Regelungen in § 75 Satz 2 VwGO genannten Fristen sind ebenfalls abgelaufen (VG Osnabrück, a.a.O, Rn. 25 ff.).

Da nicht beantragt wurde, im Wege der Untätigkeitsklage eine materielle Entscheidung über die Anträge auf Asyl und Gewährung internationalen und nationalen Schutzes zu treffen, kommt es vorliegend auf die Problematik des „Durchentscheidens“ nicht an (vgl. VG Osnabrück, a. a. O., Rn.44 ff.; VG Ansbach, U. v. 7.4.2014 - AN 1 K 13.30850, juris).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1 VwGO, die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 83 b AsylG.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167 Abs. 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach

Hausanschrift:

Promenade 24 - 28, 91522 Ansbach, oder

Postfachanschrift:

Postfach 616, 91511 Ansbach,

zu beantragen.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt oder die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nrn. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Der Antragsschrift sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe:

Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über die Anträge der Kläger ist, nicht jedoch das Bestehen materieller Ansprüche, ist der Gegenstandswert gemäß § 30 Abs. 2 RVG aus Gründen der Billigkeit zu reduzieren.

Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 80 AsylG).

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.