Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Das Verfahren betrifft die Vollstreckung des Einzelrichterurteils vom 2. Mai 2016 (Az.: M 17 K 16.30740), das die Antragsgegnerin verpflichtete, über den Asylantrag des Antragstellers vom 28. Februar 2014 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden, die am 24. Juni 2016 (24:00 Uhr) eingetreten ist.

Nach Aktenlage hat die Antragsgegnerin bislang über den Asylantrag des Antragstellers noch nicht entschieden.

Mit Antrag vom 3. März 2017, bei Gericht eingegangen am 9. März 2017, beantragte der Bevollmächtigte des Antragstellers unter Angabe des Aktenzeichens M 17 K 16.30740 die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg (richtig: München) vom 2. Mai 2016.

Mit gerichtlichem Schreiben vom 14. März 2017 bat das Gericht die Klagepartei um Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils vom 2. Mai 2017 bis spätestens 1. April 2017. Dem kam die Klagepartei bis zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht nach. Mit Kammerbeschluss vom 24. April 2017 wurde das vorliegende Vollstreckungsverfahren zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens und des zugrundeliegenden Klageverfahrens sowie auf die vorgelegte Verwaltungsakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag bleibt erfolglos, weil im maßgeblichen Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung einer „vollstreckbaren Ausfertigung“, also einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (§ 724 Zivilprozessordnung - ZPO - i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO), nicht erfüllt ist.

Im Vollstreckungsverfahren gemäß § 172 VwGO ist der jeweilige Antragsteller im Rahmen der allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nicht vom Erfordernis einer Vollstreckungsklausel (§ 724 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO) entbunden, weil § 171 VwGO von seinem Wortlaut her gerade für § 172 VwGO keine Ausnahme vom Erfordernis einer vollstreckbaren Ausfertigung vorsieht (vgl. VG München, B.v. 22.12.2016 - M 24 V 16.32962; BayVGH, B.v. 06.10.2003 - 11 C 03.1965 - juris Rn. 12 und BayVGH, B.v. 26.02.2013 - 11 C 13.32 - VD 2013, 280, juris Rn. 22; a.A. OVG NW, B.v. 23.06.2010 - 8 E 555/10 - NWVBl 2011, 191, juris Rn. 4; so auch OVG Saarland, B.v. 21.12.2010 - 2 E 291/10 - NVwZ 2011, 698, juris Rn. 4). Insbesondere der eindeutige Wortlaut des § 171 VwGO, der § 172 VwGO gerade nicht erwähnt, spricht gegen ein für eine Analogie erforderliche Regelungslücke und deshalb dafür, dass (im Umkehrschluss) eine Vollstreckung gemäß § 172 VwGO die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen (Titel, Klausel, Zustellung) komplett voraussetzt.

Nachdem das Gericht im Schreiben vom 14. März 2017 die Vorlage der vollstreckbaren Ausfertigung des Urteils vom 2. Mai 2016 erbeten hatte, die Antragspartei eine solche aber in dem gemäß § 77 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt dem Gericht noch nicht vorgelegt hatte, ist der Vollstreckungsantrag schon aus diesem Grund abzulehnen.

Der im Vollstreckungsverfahren gemäß § 172 VwGO vollständig unterlegene Antragsteller hat gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten dieses Vollstreckungsverfahrens zu tragen, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden (§ 83b AsylG).

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 724 Vollstreckbare Ausfertigung


(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt. (2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 171


In den Fällen der §§ 169, 170 Abs. 1 bis 3 bedarf es einer Vollstreckungsklausel nicht.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 02. Mai 2016 - M 17 K 16.30740

bei uns veröffentlicht am 02.05.2016

Tenor I. Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzusetzen und über seinen Asylantrag vom 28. Februar 2014 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden. II. Die Beklagt

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 21. Dez. 2010 - 2 E 291/10

bei uns veröffentlicht am 21.12.2010

Tenor Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. September 2010 – 5 N 580/10 – wird dem Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall angedroht, dass er bis zum 15.

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Tenor

I.

Die Beklagte wird verpflichtet, das Asylverfahren des Klägers fortzusetzen und über seinen Asylantrag vom 28. Februar 2014 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger, dessen Staatsangehörigkeit ungeklärt ist, reiste über Österreich am ... Februar 2014 mit dem Zug von ... nach ... in die Bundesrepublik Deutschland ein. Dabei wurde er von Beamten der Bundespolizeiinspektion ... aufgegriffen. Bei seiner polizeilichen Vernehmung am selben Tage gab der Kläger an, syrischer Staatsangehöriger zu sein.

Am 28. Februar 2014 stellte er Asylantrag und trug bei seinem persönlichen Gespräch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens und zur Identitätsklärung (Bl. 2ff. der Behördenakte - BA) vor, libanesischer Staatsangehöriger zu sein. Dies bekräftigte der Kläger bei seiner Befragung zur Identitätsklärung durch die Regierung von Oberbayern am ... Februar 2014 (Bl. 36 ff. BA).

Die Klägerbevollmächtigten baten unter Hinweis auf den aktuellen Gesundheitszustand des Klägers mit Schreiben vom 19. September 2014 (Bl. 73 BA) das Bundesamt um Anberaumung eines Anhörungstermins.

Unter dem ... Januar 2015 teilte das Bundesamt mit (Bl. 85 BA), dass vor einer Fortführung des Asylverfahrens die Antworten Ungarns und Griechenlands abzuwarten seien, die um Auskunft zu dem asyl- und aufenthaltsrechtlichen Status des Klägers gebeten wurden.

Das Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom ... Februar 2015 ging beim Bundesamt am 17. Februar 2015 ein.

Mit Schreiben vom 7. Juli 2015 baten die Klägerbevollmächtigten das Bundesamt erneut um Mitteilung eines Anhörungstermins, woraufhin das Bundesamt mit Schreiben vom 15. Juli 2015 mitteilen ließ, dass ein Anhörungstermin derzeit nicht bestimmt werden könne. Die Klagepartei werde gebeten, zuerst zu dem Antwortschreiben der ungarischen Behörden vom 16. Februar 2015 Stellung zu nehmen.

Daraufhin trug der Klägerbevollmächtigte gegenüber dem Bundesamt mit Schriftsatz vom 21. Juli 2015 (Bl. 92 BA) vor, dass der Kläger keine Kenntnis bezüglich eines in Ungarn durchgeführten Asylverfahrens habe. Dem Schreiben der ungarischen Behörden sei jedoch zu entnehmen, dass diese ein offenbar eingeleitetes Asylverfahren wieder eingestellt hätten. Es werde um Anberaumung eines Termins zur Anhörung gebeten.

Die Bevollmächtigten der Kläger erhoben mit Schriftsatz vom 7. April 2016, dem Verwaltungsgericht München am 11. April 2016 zugegangen, Klage mit dem Antrag,

die Beklagte zu verpflichten, das Asylverfahren des Klägers fortzuführen und über die Anträge des Klägers zu entscheiden.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass dem Kläger ein weiteres Zuwarten nicht zumutbar sei. Es sei nicht nachvollziehbar, dass 26 Monate nach Asylantragstellung noch keine Entscheidung ergangen sei. Es liege kein zureichender Grund vor, der die Verzögerung rechtfertige. Die steigenden Flüchtlingszahlen seien bekannt. Ebenso seien auch andere Fälle bekannt, die wesentlich schneller behandelt werden. Eine genaue Verfahrensweise der Beklagten, ob und vor allem wie Asylantragsteller verschiedener Herkunftsländer behandelt werden, sei nicht zu erkennen. Prioritäten würden offensichtlich weder nach Herkunft noch nach Datum des Asylantrags gesetzt. Gründe in der Person des Klägers, die eine Verzögerung des Verfahrens rechtfertigen würden, lägen offensichtlich nicht vor. Der Kläger sei stets seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen. Der Kläger sei stets seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen. Auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung werde verzichtet.

Mit allgemeiner Prozesserklärung vom 25. Februar 2015 verzichtete die Beklagte ebenfalls auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung und beantragte gemäß § 75 Satz 3 VwGO in allen auf Grundlage von § 75 VwGO erhobenen Klagen die Aussetzung des Verfahrens unter Bestimmung einer der Arbeitsbelastung des Bundesamts angemessenen Frist.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 15. April 2016 die Akten vor, stellte jedoch keinen Antrag.

Die schriftliche Bitte des Gerichts, sich im vorliegenden Fall bis spätestens 1. Mai 2016 zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern, blieb unbeantwortet.

Mit Beschluss vom 2. Mai 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung gemäß § 76 Abs. 1 AsylG auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die Untätigkeitsklage, über die mit Einverständnis der Klagepartei (Schreiben vom 7. April 2016) und der Beklagten (Schreiben vom 25. Februar 2016) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), hat Erfolg.

1. Die Klage ist als Verpflichtungsklage in Form der Untätigkeitsklage zulässig (§ 75 VwGO, § 42 Abs. 1 Alt. 3 VwGO).

Die in § 75 VwGO geregelten besonderen Anforderungen bei einer Untätigkeitsklage sind vorliegend erfüllt. Gemäß § 75 Sätze 1 und 2 VwGO ist die Klage abweichend von § 68 VwGO zulässig, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden ist. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist.

1.1. § 75 VwGO i. V. m. § 44a VwGO setzen nicht regelhaft voraus, dass die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage, wenn sie als Untätigkeitsklage erhoben wird, einen konkreten Antrag auf Verpflichtung zu einer bestimmten inhaltlichen Sachentscheidung verlangt. Jedenfalls im Anwendungsbereich der Asylverfahrensrichtlinie ist Asylbewerbern aus unionsrechtlichen Gründen eine auf bloße Verwaltungsentscheidung an sich über den gestellten Asylantrag gerichtete Untätigkeitsklage möglich, da sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2005/85/EG (Asylverfahrensrichtlinie alte Fassung - AsylVf-RL a. F.) als auch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2013/32/EU (Asylverfahrensrichtlinie neue Fassung - AsylVf-RL n. F.), die auf nach dem 20. Juli 2015 gestellte Asylanträge anzuwenden ist (vgl. Art. 52 AsylVf-RL n. F.), den Asylbewerbern ein subjektives Recht auf eine behördliche Entscheidung nach einer persönlichen Anhörung und anschließend einen Anspruch auf dessen gerichtliche Überprüfung einräumen (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris Rn. 21; VG München, U. v. 29.3.2016 - M 24 K 15.31313 - UA S. 7ff.; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 50-53).

1.2. Die Klage ist nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO zulässigerweise erhoben worden.

1.2.1. Auch im Bereich des Asylrechts gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung die Wahrung der dreimonatigen Frist des § 75 Satz 2 VwGO, und zwar im insoweit maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Tatsachengericht (bei Entscheidung ohne mündliche Verhandlung der gerichtlichen Entscheidung). Die in § 24 Abs. 4 AsylG genannte sechsmonatige Frist bezieht sich demgegenüber nicht auf die Frage der Sachurteilsvoraussetzungen in einem gerichtlichen Verfahren, sondern nur auf die Frage eines Mitteilungsanspruchs gegenüber dem Bundesamt innerhalb des Verwaltungsverfahrens (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris Rn. 27; VG München, U. v. 29.3.2016 - M 24 K 15.31313 - UA S. 9 m.V.a. VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 52; VG Würzburg, B. v. 8.3.2016 - W 1 K 16.30131 - juris Rn. 18). Ungeachtet dessen erinnerte die Klagepartei nach dem Ablauf von 6 Monaten das Bundesamt mehrfach - mit Schreiben vom 19. September 2014, 7. Juli 2015 und 21. Juli 2015 - an die Bescheidung des Asylantrags und bat um Anberaumung eines Anhörungstermins. Hierin ist jedenfalls konkludent ein Antrag i. S. d. § 24 Abs. 4 AsylG zu sehen. Die Klagepartei musste mit seiner Klage keine weitere Zeit zuwarten, weil das Bundesamt ihr keinen Zeitpunkt mitteilte, bis wann über den Asylantrag entschieden wird.

1.2.2. Die in § 75 Satz 2 VwGO vorgesehenen Dreimonatsfrist wird aktuell nicht durch Art. 31 AsylVf-RL n. F. verlängert (VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 - A 12 K 439/16 - juris Rn. 21; VG Würzburg, B. v. 8.3.2016 - W 1 K 16.30131 - juris Rn. 18, das jedenfalls zur Bestimmung einer angemessenen Entscheidungsfrist auf den Rechtsgedanken der noch nicht unmittelbar anwendbaren Vorschrift des Art. 31 Abs. 3 bis 5 AsylVf-RL n. F. abstellt). Art. 31 Abs. 3 AsylVf-RL n. F. sieht eine grundsätzliche Verfahrensdauer in Asylsachen von sechs Monaten vor, die unter gewissen Voraussetzungen um neun weitere Monate verlängert werden kann. Ausnahmsweise können diese Fristen um drei weitere Monate verlängert werden (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 4 AsylVf-RL n. F.). Werden beide Fristen somit um jeweils drei Monate verlängert, besteht eine 21-Monatsfrist, wie sie auch von Art. 31 Abs. 5 AsylVf-RL n. F. als Maximalfrist festgelegt wird. Die Regelungen sind auf den vorliegenden Fall jedoch noch nicht anwendbar. Der deutsche Gesetzgeber hat die europäische Verfahrensrichtlinie bislang nicht in nationales Recht umgesetzt. Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 AsylVf-RL n. F. können auch nicht unmittelbar angewendet werden, weil die Umsetzungsfrist, die gem. Art. 51 Abs. 2 AsylVf-RL n. F. erst am 20. Juli 2018 endet, insoweit noch nicht abgelaufen ist. Auch ist der Rechtsgedanke des Art. 31 Abs. 3 und Abs. 5 AsylVf-RL n. F. nicht dahingehend zu übernehmen, dass schon heute für Asylverfahren europarechtlich eine längere Frist als die Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO angemessen sein soll, weil andernfalls durch die Fristverlängerung eine mittelbare Anwendung zulasten des Klägers konstruiert würde (VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 - A 12 K 439/16 - juris Rn. 21).

1.3. Ob die Beklagte mit „zureichendem Grund“ noch nicht entschieden hat, ist dabei keine Frage der Zulässigkeit, sondern der Spruchreife als Teil der Begründetheit (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO) - bei Vorliegen eines „zureichenden Grundes“ ist die Klage gleichwohl zulässig (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL Oktober 2015, § 75 Rn. 7 m. w. N.; BVerwG, U. v. 22.5.1987 - 4 C 30/86 - NVwZ 1987, 969, juris Rn. 12; VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris).

2. Die zulässige Untätigkeitsklage ist auch begründet.

Die Verweigerung einer Entscheidung über den Asylantrag des Klägers ist rechtswidrig und verletzt diesen in seinem Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.) i. V. m. Art. 18 der Grundrechte-Charta der Europäischen Union (GRCh) i. V. m. Art. 16a GG auf Entscheidung in angemessener Frist. Der Kläger hat Anspruch auf Fortsetzung des Asylverfahrens und Verbescheidung des gestellten Antrags (§ 113 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Satz 1 VwGO).

2.1. Die Sache ist spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO - insbesondere ist eine Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO nicht angezeigt.

Nachdem die Beklagte keine (nähere und tragende) Begründung dafür vorgetragen hat, dass das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen worden ist, ist die Sache im Hinblick auf den Streitgegenstand (Verpflichtung zur Entscheidung binnen der antragsgegenständlichen Frist) spruchreif i. S. v. § 113 Abs. 5 VwGO. Insbesondere ist im Hinblick § 24 Abs. 4 AsylG ein weiteres Zuwarten nicht angezeigt, nachdem der dort genannte 6-monatige Zeitraum im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) deutlich überschritten ist.

Unabhängig vom fehlenden Vortrag der Beklagten zur Frage eines „zureichenden Grundes“ für die bislang ausstehende Entscheidung über den Asylantrag ist ein derartiger Grund aber auch nicht ersichtlich.

Die pauschal abgegebene Erklärung in der allgemeinen Prozesserklärung des Bundesamtes vom 25. Februar 2016 („Arbeitsbelastung“) genügt dem Begründungserfordernis des § 75 VwGO nicht. Der Einzelrichter schließt sich insoweit den Ausführungen im Urteil des VG Osnabrück vom 14. Oktober 2015 (5 A 390/15 - juris Rn. 34-38) an. Auch wenn gerichtsbekannt ist, dass das Bundesamt durch die stark erhöhten Asylbewerberzahlen überlastet ist, reicht dies nicht aus, um einen zureichenden Grund für die Nichtverbescheidung anzunehmen. Es handelt sich nicht um eine kurzfristig erhöhte Geschäftsbelastung, sondern um eine permanente Überlastung der Behörde. Hinzu kommt, dass vorliegend der Asylantrag aus einer Zeit datiert, zu der die Arbeitsbelastung bei weitem nicht das heutige Ausmaß erreicht hatte (vgl. hierzu VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 - AN 3 K 15.30560 - juris). Eine andauernde Arbeitsüberlastung ist ferner kein sachlicher Grund im Sinne des § 75 Satz 1 VwGO (vgl. VG München, 8.4.2016 - M 12 K 16.30295 - UA S. 8f.). In einem solchen Fall ist es Aufgabe des zuständigen Bundesministeriums bzw. der Behördenleitung, entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen (vgl. VG Dresden, U. v. 13.2.2015 - A 2 K 3657/14; VG Düsseldorf, U. v. 30.10.2014 - 24 K 992/14.A; VG Braunschweig, U. v. 8.9.2014 - 8 A 618/13 - alle juris). Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behörde - wie hier - auch auf gerichtliche Nachfrage keine Perspektive für eine Entscheidung aufzeigt, so dass auf zunächst unbestimmte Zeit offenbleibt, wann überhaupt über den Antrag entschieden werden wird. Die Beklagte hat sich bislang auch nicht darauf berufen aufgrund der unaufgeklärten Staatsangehörigkeit des Klägers nicht in der Lage zu sein, über dessen Asylantrag zu entscheiden. Ungeachtet dessen könnte die vom Kläger begehrte persönliche Anhörung gerade einen diesbezüglichen Beitrag zur Aufklärung leisten. Hinzu kommt, dass der Kläger seinen Mitwirkungspflichten bislang nachkam und seit der Befragung der Regierung von Oberbayern zur Identitätsklärung am 25. Februar 2014 ebenfalls über 26 Monate vergangen sind.

Eine weitere Nachfristsetzung unter Aussetzung des Klageverfahrens nach § 75 Satz 3 VwGO, wie vom Bundesamt mit Schreiben vom 25. Februar 2016 beantragt, war daher nicht veranlasst, da das Bundesamt der schriftlichen Aufforderung des Gerichts, sich im vorliegenden Fall bis spätestens 1. Mai 2016 zum Vorliegen eines Grundes nach § 75 Satz 3 VwGO zu äußern, nicht nachkam. Auch die bisherige Verfahrensdauer sowie die Tatsache, dass das Bundesamt auch auf die zuletzt erfolgte Nachfrage der Klagepartei vom 21. Juli 2015 nicht reagierte, spricht dagegen, der Beklagten eine weitere Nachfrist zu setzen.

2.2. Die fehlende Entscheidung des Bundesamtes über den Asylantrag der Klagepartei ist rechtswidrig und verletzt das subjektive Recht aus Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. (vgl. auch Art. 31 Abs. 2 der AsylVf-RL n. F.) i. V. m. Art. 18 GRCh i. V. m. Art. 16a GG.

Dabei beträgt die dem Bundesamt vorliegend noch zur Verfügung stehende angemessene Frist für die Entscheidung drei Monate ab Rechtskraft des vorliegenden Urteils.

Ausgangspunkt ist dabei aus Sicht des deutschen Rechts die Wertung des § 75 Satz 2 VwGO einerseits und des § 24 Abs. 4 AsylG andererseits (vgl. VG München, U. v. 8.2.2016 - M 24 K 15.31419 - juris Rn. 35). Dabei findet sich der in § 24 Abs. 4 AsylG benannte 6-monatige Mindestzeitraum auch in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 AsylVf-RL a. F. wieder (die AsylVf-RL a. F. ist vorliegend - wie oben dargestellt - einschlägig gemäß Art. 52 Abs. 1 AsylVf-RL n. F.). Zwar wird in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b Satz 2 AsylVf-RL a. F. noch explizit festgehalten, dass eine Unterrichtung des Asylbewerbers über den zeitlichen Rahmen des Verwaltungsverfahrens keine Verpflichtung des Mitgliedstaates gegenüber dem Asylbewerber begründet. All dies ist aber andererseits auch vor dem Hintergrund der generellen Vorgabe in Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. zu sehen, wonach die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass Asylverfahren unbeschadet einer angemessenen und vollständigen Prüfung der Anträge „so rasch wie möglich“ zum Abschluss gebracht werden. Auch unter Berücksichtigung der unterschiedlichen möglichen Gründe für eine Verfahrensverzögerung und des den Mitgliedstaaten eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung des Verwaltungsverfahrens ist deshalb stets auch das Interesse des Asylbewerbers daran zu sehen, eine Verwaltungsentscheidung (mit welchem Ergebnis auch immer) zu erhalten. Nachdem der Vollzug des unionsrechtlich geprägten Asylrechts durch die Mitgliedstaaten dem Anwendungsbereich der Unionsgrundrechte unterfällt (Art. 51 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 GRCh), ist Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. dabei auch als Ausprägung des Art. 41 Abs. 1 GRCh und des dort unter anderem angesprochenen Grundsatzes zu sehen, Angelegenheiten jeder Person „innerhalb einer angemessenen Frist“ zu behandeln.

Vor diesem Hintergrund zeichnet sich der vorliegende Fall zunächst dadurch aus, dass in dem nach § 77 Abs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt seit der Stellung des Asylantrags mehr als 26 Monate verstrichen sind.

Eine Anhörung nach § 25 AsylG (zuvor: AsylVfG) hat bislang nicht stattgefunden. Zwar lässt sich aufgrund dieses Umstandes nicht sicher beurteilen, inwieweit über eine Anhörung hinaus eine weitere Sachaufklärung erforderlich werden könnte, um eine behördliche Entscheidung zu treffen. Andererseits hat die Beklagte keine hinreichend substantiierte Begründung dafür vorgetragen, dass innerhalb von 26 Monaten seit Asylantragstellung noch keine Anhörung nach § 25 AsylG erfolgt ist.

Dies und der Umstand, dass seit der Asylantragstellung deutlich mehr als 12 Monate (also mehr als das Doppelte des in § 24 Abs. 4 AsylG genannten 6-monatigen Zeitraums) verstrichen sind, führt im Hinblick auf das von Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 AsylVf-RL a. F. geschützte Interesse der Klagepartei an einer raschen Entscheidung dazu, dass dem Bundesamt ab Rechtskraft der vorliegenden Entscheidung noch drei Monate zur Verfügung stehen, um über den Asylantrag der Klagepartei in der Sache zu entscheiden.

Der Fristablauf nach Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung trägt dem Umstand Rechnung, dass gemäß § 167 Abs. 2 VwGO eine vorläufige Vollstreckung bei einer Verpflichtungsklage nur hinsichtlich der Kosten möglich ist (so überzeugend VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris Rn. 42).

Da die Klagepartei keinen Antrag auf Zuerkennung materieller Rechtspositionen gestellt hat, kommt es vorliegend auf die Problematik des Durchentscheidens nicht an (vgl. VG Stuttgart, U. v. 23.3.2016 - A 12 K 439/16 - juris Rn. 21; VG Osnabrück, U. v. 14.10.2015 - 5 A 390/15 - juris; VG Hannover, B. v. 11.01.2016 - 7 A 5037/15 - juris).

3. Nachdem die Klagepartei mit ihrer Klage vollständig obsiegt, hat die vollständig unterlegene Beklagte die Kosten des gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil können die Beteiligten die Zulassung der Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

beantragen. Dem Antrag sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. In dem Antrag sind die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, darzulegen. Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein in § 138 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneter Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Gegenstandswert beträgt 2.500,00 EUR.

Gründe:

Da Streitgegenstand des Verfahrens die Verpflichtung der Beklagten zur Entscheidung über den Asylantrag des Klägers, nicht jedoch die Prüfung des Bestehens seiner materiellen Ansprüche ist, reduziert das Gericht den Gegenstandswert aus Gründen der Billigkeit, § 30 Abs. 2 RVG (VG Ansbach, U. v. 27.01.2016 - AN 3 K 15.30560 - juris Rn. 37 ff.)

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 Abs. 1 AsylG).

...

(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.

(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges erteilt. Ist der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig, so kann die vollstreckbare Ausfertigung auch von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Die Zwangsvollstreckung wird auf Grund einer mit der Vollstreckungsklausel versehenen Ausfertigung des Urteils (vollstreckbare Ausfertigung) durchgeführt.

(2) Die vollstreckbare Ausfertigung wird von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges erteilt. Ist der Rechtsstreit bei einem höheren Gericht anhängig, so kann die vollstreckbare Ausfertigung auch von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle dieses Gerichts erteilt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

In den Fällen der §§ 169, 170 Abs. 1 bis 3 bedarf es einer Vollstreckungsklausel nicht.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

Tenor

Unter entsprechender Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21. September 2010 – 5 N 580/10 – wird dem Vollstreckungsschuldner ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro für den Fall angedroht, dass er bis zum 15. Februar 2011 keine Maßnahmen zur Erfüllung der ihm durch das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 18. September 2008 ergangene Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtungen gegenüber dem Beigeladenen ergreift.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Vollstreckungsschuldner und der Beigeladene je zur Hälfte.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren und unter entsprechender Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung in dem vorbezeichneten Beschluss von Amts wegen auch für das erstinstanzliche Verfahren auf 5.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 21.9.2010 ist auch begründet.

Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts hat der Vollstreckungsgläubiger einen Anspruch darauf, dass der Vollstreckungsschuldner gemäß § 172 VwGO durch Androhung eines Zwangsgeldes zur Erfüllung der ihm durch Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtung angehalten wird. Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind erfüllt. Das vorbezeichnete Senatsurteil, mit dem dem Vollstreckungsschuldner als Beklagtem des damaligen Rechtsstreits (wörtlich) aufgegeben wird:

„…, der Beigeladenen die Nutzung des auf dem Grundstück A-Straße in A-Stadt im Grenzbereich zum Anwesen C-Straße befindlichen Schornsteins zu untersagen“,

ist - versehen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung – dem Vollstreckungsschuldner am 31.10.2008 und den übrigen Beteiligten bereits am 23.10.2008 zugestellt worden und hat – nachdem keiner der Beteiligten innerhalb der Rechtsmittelfrist Beschwerde gegen die in ihm ausgesprochene Nichtzulassung der Revision erhoben hat - Rechtskraft erlangt. Ein Vollstreckungstitel im Verständnis von § 168 Abs. 1 Nr. 1 VwGO liegt mithin vor, der den Beteiligten im Amtsbetrieb zugestellt worden ist. Mittlerweile – mit Schriftsatz vom 16.12.2010 – hat der Vollstreckungsgläubiger auch eine mit Vollstreckungsklausel versehene Kopie dieses Senatsurteils zu den Akten des vorliegenden Vollstreckungsverfahrens gereicht, so dass auch von der Erfüllung der Anforderungen der §§ 167 Abs. 1 VwGO, 724, 725 ZPO auszugehen ist. Im Übrigen neigt der Senat zu der Ansicht, dass es in den Fällen des § 172 VwGO in entsprechender Anwendung von § 171 VwGO einer vollstreckbaren Ausfertigung des zu vollstreckenden Verpflichtungstitels nicht bedarf. Zwar weist der Beigeladene zutreffend darauf hin, dass die Regelung des § 171 VwGO nach ihrem Wortlaut für die Fälle der §§ 169 und 170 Abs. 1 bis 3 VwGO eine Vollstreckungsklausel für entbehrlich erklärt, die Fälle des anschließenden § 172 VwGO jedoch gerade nicht einbezieht, wobei das Gewicht dieses hieraus gegen die erweiternde Auslegung von § 171 VwGO abgeleiteten systematischen Arguments noch durch den Umstand verstärkt wird, dass der Gesetzgeber in – hier zu unterstellender – Kenntnis des Meinungsstreits über die Zulässigkeit einer solchen Auslegung bislang keine Veranlassung gesehen hat, die betreffende Vorschrift – zum Beispiel im Zuge einer der Novellen zur Verwaltungsgerichtsordnung – zu ändern. Auf der anderen Seite betreffen jedoch auch die Fälle der §§ 169 sowie 170 Abs. 1 bis 3 VwGO Konstellationen, in denen entweder der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszugs oder das Gericht des ersten Rechtszugs selbst Vollstreckungsbehörde ist. Von daher erscheint es in den Fällen des § 172 VwGO ebenso wenig wie in den in § 171 VwGO ausdrücklich angesprochenen Fällen sinnvoll, vom Vollstreckungsgläubiger zu verlangen, dem Gericht eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels vorzulegen, den ihm dieses Gericht selbst oder allenfalls noch die Rechtsmittelinstanz zuvor erteilt hat. Das dürfte es rechtfertigen, auch in den Fällen des § 172 VwGO die Bestimmung des § 171 VwGO entsprechend anzuwenden

so OVG Münster, Beschluss vom 10.7.2006 – 8 E 91/06 – NVwZ – RR 2007, 140 m.w.N; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, § 171 Rdnr. 12; anderer Ansicht freilich Bader u.a., VwGO, § 171 Rdnr. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 171 Rdnr. 1.

Das bedarf indes aus Anlass des vorliegenden Verfahrens keiner abschließenden Klärung, da – wie bereits angesprochen – dem Vollstreckungsgläubiger mittlerweile eine vollstreckbare Ausfertigung des Senatsurteils vom 18.9.2009 seitens des Verwaltungsgerichts erteilt worden ist, die er dann wiederum im vorliegenden Beschwerdeverfahren in beglaubigter Kopie vorgelegt hat.

Sind danach die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen erfüllt, so ist ferner festzustellen, dass der Vollstreckungsschuldner der ihm im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – auferlegten Verpflichtung nicht (vollständig) nachgekommen ist. Erforderlich ist insoweit eine grundlose Säumnis des Vollstreckungsschuldners, wobei es freilich nicht darauf ankommt, ob ihn ein Verschulden trifft. Diese Voraussetzung ist vorliegend erfüllt. Allerdings hat der Vollstreckungsschuldner vorliegend, nachdem er nach Rechtskräftigwerden des Urteils zunächst einmal rund ein Jahr untätig geblieben war, wenn auch auf Drängen des Vollstreckungsgläubigers entsprechend dem Tenor des zu vollstreckenden Senatsurteils mit Bescheid vom 11.1.2010 ein Nutzungsverbot betreffend den umstrittenen Schornstein auf dem Anwesen des Beigeladenen verfügt, außerdem für den Fall der Nichtbefolgung dieser Anordnung innerhalb der gesetzten Frist ein Zwangsgeld in Höhe von 1.000,-- Euro angedroht und aufschiebend bedingt festgesetzt sowie ferner – nachdem der Beigeladene gegen die Verfügung vom 11.1.2010 Widerspruch erhoben hat – unter dem 9.6.2010 – wiederum auf Drängen des Vollstreckungsgläubigers – die sofortige Vollziehbarkeit dieses Nutzungsverbotes angeordnet. Auch entspricht es der den Beteiligten mit Verfügung vom 3.12.2010 mitgeteilten bisherigen Rechtsprechung des Senats

vgl. Beschluss vom 22.3.1985 – 2 W 419/85 – NVwZ 1986, 763,

dass in Fallgestaltungen, in denen sich die zu vollstreckende Entscheidung nach ihrem Wortlaut darauf beschränkt, der Behörde den Erlass einer bauaufsichtsbehördlichen Anordnung – einer Beseitigungsanordnung oder wie hier eines Nutzungsverbotes – aufzugeben, die behördliche Verpflichtung nicht auch die Vornahme von Vollstreckungsmaßnahmen zur Durchsetzung dieser Verfügung einschließt. Zur Begründung ist in dem zitierten Beschluss vom 22.3.1985 ausgeführt, es entspreche einem vollstreckungsrechtlichen Grundsatz, dass im Wege der Zwangsvollstreckung nur solche Handlungen erzwungen werden könnten, die eindeutig Gegenstand des Verpflichtungsausspruches seien. Zum anderen wird die Ansicht vertreten, die Verbindung der Verpflichtung zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung mit der Verpflichtung zu ihrer Vollstreckung führte zu einem unzulässigen Entscheidungsinhalt, da die Durchsetzung der bauaufsichtlichen Maßnahme einen Verstoß des Verpflichteten gegen die ihm auferlegte Verhaltenspflicht voraussetze und der Behörde dann bei der Bestimmung des Zwangsmittels Ermessen zustehe.

An dieser Rechtsprechung hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung nicht mehr fest. Zum einen muss gesehen werden, dass die Verpflichtung der Behörde zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung im Baunachbarstreit voraussetzt, dass ein Verstoß gegen (auch) den Schutz des – rechtsmittelführenden – Nachbarn bezweckende Vorschriften des öffentlichen Rechts festgestellt wird und die bauaufsichtliche Anordnung, deren Erlass der Behörde im Verpflichtungsurteil aufgegeben wird, letztlich nur das Mittel bestimmt, mit dem der festgestellte Rechtsverstoß zu beseitigen ist. Geht es danach im Ergebnis um die Beseitigung einer festgestellten Rechtsverletzung beziehungsweise um die Herstellung eines nachbarrechtskonformen Zustandes, so kann kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass es mit dem Erlass der der Behörde aufgegebenen Maßnahme nicht sein Bewenden haben kann, wenn der Inanspruchgenommene der in Befolgung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung getroffenen Anordnung nicht Folge leistet. Dies lässt sich den Gründen der zu vollstreckenden Entscheidung entnehmen, auf die auch in anderen Fällen – zum Beispiel bei Bescheidungsurteilen – zurückgegriffen werden muss, um die Reichweite der behördlichen Verpflichtung zu bestimmen

vgl. zum Beispiel OVG Münster, Beschluss vom 20.2.1992 – 10 E 1357/91 – NVwZ-RR 1992, 518.

Im Übrigen hat dies offenbar auch der Vollstreckungsschuldner so gesehen, der das von ihm mit Bescheid vom 11.1.2010 ausgesprochene Nutzungsverbot mit der Androhung und aufschiebend bedingten Festsetzung eines Zwangsgeldes für den Fall der Nichtbefolgung bewehrt und – nach Erhebung des Widerspruchs des Beigeladenen – den Sofortvollzug angeordnet hat. Dass der Verbindung von Verpflichtung zum Erlass einer Ordnungsverfügung mit der Verpflichtung zu ihrer zwangsweisen Durchsetzung im Falle der Nichtbefolgung nicht per se durchgreifende prozessuale Hindernisse entgegen stehen, wird auch von Vertretern der Literatur angenommen, die es ablehnen, in der Verpflichtung zum Erlass einer bauaufsichtlichen Anordnung zugleich die Verpflichtung ihrer Erzwingung zu sehen

vgl. zum Beispiel Kopp/Schenke, VwGO, 16. Auflage 2009, § 113 Rdnr. 177, 189, zur Zulässigkeit einer Stufenklage analog § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO beziehungsweise § 113 Abs. 4 VwGO.

Der gerichtlichen Verpflichtung, die der Behörde bei der Anwendung von Verwaltungszwang zustehenden Ermessensspielräume zu respektieren, kann im Rahmen der Vollstreckung eines Verpflichtungsurteils nach § 172 VwGO bei der Beurteilung des Erfordernisses der – grundlosen – Säumigkeit der Behörde Rechnung getragen werden. Diese Notwendigkeit ergäbe sich im Übrigen in gleicher Weise, wenn es um die Vollstreckung eines – im Wege der Stufenklage erstrittenen - Urteils ginge, das im zweiten Schritt zur Durchsetzung der der Behörde aufgegebenen Anordnung verpflichtete, oder um die Vollstreckung einer Entscheidung in einem nach Nichtbefolgung der auf ein Verpflichtungsurteil hin ergangenen bauaufsichtsbehördlichen Anordnung durchgeführten weiteren - selbstständigen – Klageverfahren mit dem Ziel, die Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung der im Erstprozess erstrittenen Anordnung anzuhalten

vgl. Kopp/Schenke, a.a.O, § 113 Rdnr. 189; sowie im Übrigen Beschluss des Senats vom 7.9.1988 – 2 R 422/86 – betreffend die Verpflichtung zur Anwendung der Ersatzvornahme zur Durchsetzung einer nach fruchtloser Zwangsgeldfestsetzung weiterhin nicht befolgten in einem früheren Verfahren (1982) erstrittenen Beseitigungsanordnung.

Der der letztgenannten Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt macht im Übrigen deutlich, dass die Verweisung des Nachbarn auf ein gesondertes Erkenntnisverfahren, um die Verpflichtung der Behörde zur zwangsweisen Durchsetzung einer zuvor in einem – unter Umständen mehrjährigen – Rechtsstreit erstrittenen, aber nicht befolgten bauaufsichtlichen Anordnung zu erlangen, mit dem Gebot der effektiven Rechtsschutzgewährung (Art. 19 Abs. 4 GG) allenfalls schwer zu vereinbaren sein dürfte.

Umfasst danach die durch das Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – begründete Verpflichtung des Vollstreckungsschuldners nicht nur den Erlass des letztlich unter dem 11.1.2010 verfügten Nutzungsverbotes gegenüber dem Beigeladenen, sondern auch dessen zwangsweise Durchsetzung, so hat der Vollstreckungsschuldner diesen – zweiten – Teil seiner Verpflichtung ungeachtet des Umstandes, dass er das Nutzungsverbot für den Fall der Nichtbefolgung innerhalb der gesetzten Frist mit der Androhung und – aufschiebend bedingten – Festsetzung eines Zwangsgeldes bewehrt und seine Anordnung – nach Widerspruchserhebung – für sofort vollziehbar erklärt hat, ohne hinreichende Rechtfertigung nicht vollständig erfüllt. Denn der Vollstreckungsschuldner hat vorliegend, nachdem der Beigeladene in Absprache mit ihm den umstrittenen, von dem Nutzungsverbot erfassten Schornstein mittels eines Edelstahlrohrs erhöht und Bescheinigungen des zuständigen Bezirksschornsteinfegermeisters vorgelegt hat, wonach die Schornsteinmündung nunmehr 40 cm über First des vorgelagerten Wohngebäudes liege und dem Betreiben der Feuerstätte zugestimmt werde (Bescheinigung über die sichere Benutzbarkeit der Feuerungsanlage sowie über die Tauglichkeit und sichere Benutzbarkeit gemäß § 41 Abs. 6 und § 79 Abs. 2 LBO), von weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung des Nutzungsverbotes Abstand genommen und dem Beigeladenen mitgeteilt, seine Verfügung vom 11.1.2010 und die Anordnung vom 9.6.2010 hätten sich erledigt (Schreiben vom 13.7.2010 an den Beigeladenen).

In der Erhöhung und Führung des umstrittenen Schornsteines über Fristhöhe liegt indes keine – im Verfahren nach § 172 VwGO freilich prinzipiell beachtliche - Erfüllung des Senatsurteils vom 18.9.2008. Denn die in diesem Urteil ausgesprochene Verpflichtung gibt als Mittel zur Beseitigung der festgestellten Verletzung von Rechten des Vollstreckungsgläubigers gerade den Erlass eines Nutzungsverbotes und – erforderlichenfalls – dessen zwangsweise Durchsetzung vor. Vorliegend wird der Schornstein – wenn auch in seiner geänderten Ausführung – gerade weiterbetrieben. Allenfalls handelt es sich bei der Erhöhung des Schornsteins um eine Beseitigung des Rechtsverstoßes „auf andere Weise“, nämlich durch Herstellung eines nunmehr nachbarrechtskonformen „aliud“. Die Herstellung eines „aliud“, das heißt die Änderung der beanstandeten baulichen Anlage kann zwar unter dem Gesichtspunkt eines zulässigen Austauschmittels einen dem Nutzungsverbot gleichwertigen Weg zur Beseitigung des Rechtsverstoßes darstellen. Bezogen auf den Zeitpunkt des Ergehens der zu vollstreckenden Entscheidung handelt es sich jedoch dann um eine nachträgliche Änderung der Sach- und Rechtslage, die nach wohl überwiegender Auffassung in Literatur und Rechtsprechung, der sich der Senat anschließt, nicht mit Erfolg im Verfahren nach § 172 VwGO eingewandt werden kann, sondern vom Vollstreckungsschuldner mittels einer Vollstreckungsgegenklage (§§ 167 Abs. 1 VwGO, 767 ZPO) geltend zu machen ist, die erforderlichenfalls mit einem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 769 ZPO verbunden werden kann

vgl. zum Beispiel Kopp/Schenke a.a.O, § 172 Rdnr. 8; Bader u.a., VwGO, 4. Auflage 2007, § 172 Rdnr. 12; Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Stand 2010, § 172 VwGO Rdnr. 54-58; BVerwG, Beschluss vom 21.12.2001 – 2 AV 3/01 – zitiert nach Juris; OVG Münster, Beschluss vom 15.6.2010 – 13 E 201/10 – NVwZ-RR 2010, 750; OVG Lüneburg, Beschluss vom 10.12.1973 – I B 155/73 – NJW 1974, 918; anderer Ansicht möglicherweise OVG Münster, Beschluss vom 13.2.1997 – 10 E 45/97 – zitiert nach Juris, das sich mit der Frage befasst, ob nach – im entschiedenen Fall verneinter – Änderung der Identität der baulichen Anlage ein neuer Titel erforderlich wird.

Wäre der Einwand der gegenüber dem Titel erheblichen nachträglichen Veränderungen der Sach- und/oder Rechtslage im Verfahren nach § 172 VwGO beachtlich, würde ein etwaiger und auch hier entstandener Streit darüber, ob durch die Erhöhung des Schornsteins wirklich eine gegenüber der titulierten Verpflichtung durchgreifende Änderung der Sach- und/oder Rechtslage herbeigeführt wurde, das heißt vorliegend, ob die vorgenommene Schornsteinerhöhung ein gleichermaßen taugliches Mittel zur Behebung des der ausgesprochenen Verpflichtung zugrundeliegenden Nachbarrechtsverstoßes darstellt wie das dem Vollstreckungsschuldner aufgegebene Nutzungsverbot, von der Vollstreckungsgegenklage, mit deren Erhebung ein Erkenntnisverfahren zur Überprüfung der Berechtigung des Einwandes einer gegenüber dem Titel durchgreifenden nachträglichen Veränderung der Verhältnisse eingeleitet wird, auf ein hierfür allenfalls nur begrenzt taugliches Beschlussverfahren verlagert und letztlich dem Nachbarn, der nach der gerichtlichen Feststellung in den Entscheidungsgründen des Verpflichtungsurteils in seinen Rechten verletzt ist, angesonnen, von neuem gegen das geänderte Vorhaben vorzugehen, wenn er die Tauglichkeit des Austauschmittels bestreitet. Das wäre mit der prinzipiell vorgesehenen prozessualen Rollenverteilung nicht zu vereinbaren, nach der es Sache des Vollstreckungsschuldners ist, eine beachtliche Veränderung der Sach- und Rechtslage mittels der Vollstreckungsgegenklage geltend zu machen. Ob etwas anderes ausnahmsweise in Fallgestaltungen zu gelten hat, in denen die Tauglichkeit des Austauschmittels offenkundig ist – zum Beispiel wenn der mit dem Nutzungsverbot belegte Schornstein beseitigt worden wäre -, kann dahinstehen. Eine solche Situation ist hier nicht gegeben: Der Vollstreckungsgläubiger stellt sowohl die realisierte Schornsteinhöhe als auch – mit Blick auf den Standort des Schornsteins im Bereich eines Anbaus „hinter“ den Hauptgebäuden der privaten Beteiligten – auch die Eignung dieser Maßnahme in Frage. Auch wenn nach dem derzeitigen Erkenntnisstand wenig dafür spricht, dass ein solches pauschales Bestreiten gegenüber den Bestätigungen des sachkundigen Bezirksschornsteinfegermeisters zum Erfolg führen wird, kann nach dem Erkenntnisstand des vorliegenden Verfahrens nicht im Sinne von Offensichtlichkeit von der Tauglichkeit des Austauschmittels ausgegangen werden, und ist kein Raum für eine gegebenenfalls erforderliche weitere Sachaufklärung. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die Feststellung eines Rechtsverstoßes zum Nachteil des Antragstellers im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – unter dem Gesichtspunkt eines Verstoßes gegen das in § 34 BauGB verankerte Rücksichtnahmegebot auf der Grundlage einer umfassenden Interessenabwägung erfolgt ist, in der die seinerzeit vorhandene – unzureichende – Schornsteinhöhe nur ein Element, wenn auch ein wesentliches, darstellte. Die nunmehr erfolgte Erhöhung des Schornsteines mit dem Ziel, unzumutbare Auswirkungen seines Betriebes auf das Anwesen des Vollstreckungsgläubigers zu verhindern, geht hier einher mit einer ebenfalls zu bewertenden Verstärkung des Eingriffes in die Abstandsflächenfunktionen, weil die unmittelbar an der Nachbargrenze stehende Anlage nunmehr deutlich höher ist. Auch das zeigt, dass für eine abschließende Beurteilung der Tauglichkeit des gewählten Austauschmittels im vorliegenden Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO kein Raum ist. Der Vollstreckungsschuldner ist daher darauf zu verweisen, den Einwand, in der Schornsteinerhöhung liege ein dem ihm aufgegebenen Nutzungsverbot entsprechendes Austauschmittel zur Behebung der im Senatsurteil vom 18.9.2008 – 2 A 4/08 – beanstandeten Rechtsverletzung zum Nachteil des Vollstreckungsgläubigers mit der Vollstreckungsgegenklage und – gegebenenfalls – einem damit verbundenen Anordnungsantrag nach den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 769 ZPO geltend zu machen. Bis zu einer auf diesem Weg ergehenden Entscheidung, unter Umständen einer Anordnung nach § 769 ZPO, bleibt er zur Durchsetzung des Nutzungsverbotes verpflichtet und bleibt das Senatsurteil vom 18.9.2008 prinzipiell vollstreckbar. Das bedeutet, dass der Vollstreckungsschuldner gehalten ist, Maßnahmen zur Durchsetzung des von ihm unter dem 11.1.2010 verfügten Nutzungsverbots zu ergreifen oder wenn er der Ansicht sein sollte, in seinem – nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehenen – Schreiben vom 13.7.2001 liege eine Aufhebung des Nutzungsverbotes vom 11.1.2010 und der dazu ergangenen Vollzugsanordnung oder eine verbindliche, der Bestandskraft fähige Zusicherung, dass diese Anordnung nicht mehr durchgesetzt werde, so bleibt er verpflichtet, das ihm aufgegebene Nutzungsverbot erneut zu erlassen und erforderlichenfalls durchzusetzen, sofern nicht der Vollstreckungsgläubiger die im Schreiben vom 13.7.2010 unter Umständen getroffene Regelung durch Widerspruchserhebung suspendiert.

In diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass der Beigeladene hierdurch nicht rechtsschutzlos gestellt wird. Ist der Vollstreckungsschuldner nach dem vorbezeichneten Senatsurteil verpflichtet, das Nutzungsverbot im Wege des Verwaltungszwanges durchzusetzen, so hat der Beigeladene grundsätzlich die Möglichkeit, gegen Maßnahmen des Verwaltungszwanges (auch) gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen. Im Falle einer auf diesem Wege erwirkten - gegebenenfalls auch vorläufigen – gerichtlichen Einstellung der Zwangsvollstreckung könnte dem Vollstreckungsschuldner keine grundlose Säumnis im Verständnis von § 172 VwGO angelastet werden.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO. Der Beigeladene, der ebenfalls einen Antrag gestellt hat und (mit-) unterlegen ist, ist an den Verfahrenskosten zu beteiligen. Es besteht keine Veranlassung, seine außergerichtlichen Kosten für erstattungsfähig zu erklären.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 47, 52, 63 Abs. 2 GKG, wobei es der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes entspricht, für das Vollstreckungsverfahren den Streitwert zum Ansatz zu bringen, der im Erkenntnisverfahren festgesetzt worden ist.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes, Beschluss vom 21.2.2001 – 1 Y 5/01 -.

Der danach maßgebliche Streitwert von 5.000,-- Euro ist sowohl im Beschwerdeverfahren als auch in Anwendung von § 63 Abs. 3 GKG unter Abänderung der verwaltungsgerichtlichen Streitwertfestsetzung für das erstinstanzliche Verfahren festzusetzen.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

In den Fällen der §§ 169, 170 Abs. 1 bis 3 bedarf es einer Vollstreckungsklausel nicht.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

Kommt die Behörde in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 5 und des § 123 der ihr im Urteil oder in der einstweiligen Anordnung auferlegten Verpflichtung nicht nach, so kann das Gericht des ersten Rechtszugs auf Antrag unter Fristsetzung gegen sie ein Zwangsgeld bis zehntausend Euro durch Beschluß androhen, nach fruchtlosem Fristablauf festsetzen und von Amts wegen vollstrecken. Das Zwangsgeld kann wiederholt angedroht, festgesetzt und vollstreckt werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Entscheidungen in Rechtsstreitigkeiten nach diesem Gesetz können vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung nicht mit der Beschwerde angefochten werden.