Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Dez. 2016 - M 17 K 15.31483

bei uns veröffentlicht am09.12.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Oktober 2015 verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Jordaniens vorliegen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht die Klägerin Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist jordanische Staatsbürgerin. Sie hatte mit der Angabe, sie sei palästinensische Volkszugehörige aus dem Westjordanland, am 24. November 2009 Asylantrag gestellt.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 22. September 2010 die Anerkennung die Klägerin als Asylberechtigte ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Die Klägerin wurde unter Fristsetzung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Israel (Westjordanland) angedroht. Nach Rücknahme der Klage gegen diesen Bescheid stellte das Verwaltungsgericht Regensburg (B. v. 9.2.2011 - RN 6 K 10.30399 -) das Verfahren ein.

Am 5. Februar 2013 beantragte die Klägerin durch ihre damaligen Bevollmächtigten die Wiederaufnahme des Asylverfahrens. Die Klägerin werde seit Mai 2012 bei … psychotherapeutisch behandelt. Bei einer Abschiebung in das Herkunftsland drohe eine Reaktualisierung traumatischer Erfahrungen, zumal es dort immer noch zu Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und israelischen Siedlern und der palästinensischen Bevölkerung komme. Es bleibe ihr nichts anderes übrig, als zu ihrem Vater zurückzukehren, d. h. in die unmittelbare Nachbarschaft jenes Cousins, der sie bedroht habe. Bei einem Abbruch der Behandlung bzw. einer Abschiebung ins Heimatland würde sich der Gesundheitszustand die Klägerin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wesentlich verschlechtern. Damit bestehe das Abschiebeverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Westjordanlands. Der Wiederaufnahmeantrag sei auch rechtzeitig gestellt worden. Zwar bestünden bereits seit langer Zeit gesundheitliche Beeinträchtigungen. Es sei der Klägerin jedoch nicht gelungen, die benötigte psychotherapeutische Behandlung zu erlangen. Die Behandlung dauere jetzt zwar bereits sieben Monate an. Die Therapeutin könne aber selbstverständlich erst nach längerer Therapiedauer die Krankheit genau diagnostizieren und die Folgen eines Behandlungsabbruchs bzw. einer Rückkehr ins Heimatland beschreiben. Hier habe die Therapeutin erstmals am … Januar 2013 einen Befundbericht verfasst, so dass die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginne.

Beigefügt war ein Psychologischer Befundbericht von … München - Dipl.-Psychologin/Psychologische … vom … Januar 2013, demzufolge sich die Klägerin seit Mai 2012 in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Sie leide an einer Posttraumatischen Belastungsstörung sowie an einer Angststörung aufgrund multipler traumatischer Erfahrungen: Leben in Palästina unter den Gewaltbedingungen der Besatzung, permanente Bedrohung durch ihren Cousin und die traumatische Flucht. Da die Klägerin von Kindheit an immer wieder Gewalterlebnissen ausgesetzt gewesen sei, sei sie schon früh erheblich vulnerabel gewesen und habe kaum Resilienz gegenüber erneuten Traumatisierungen entwickeln können. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den berichteten Traumata und dieser psychischen Erkrankung. Sie sei weiterhin dringend behandlungsbedürftig. Ein Abbruch der Behandlung würde zu einer erheblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen. Eine Abschiebung in das Herkunftsland wäre eine Reaktualisierung traumatischer Erfahrungen, weil die Klägerin dem Vorgang der Abschiebung hilflos ausgeliefert wäre, vergleichbar dem Ausgeliefertsein angesichts ihrer Gewalterfahrungen im Herkunftsland und auf der Flucht. Erschwerend komme hinzu, dass sie auch zu Recht befürchten müsse, erneut Gewalterlebnissen ausgesetzt zu sein. Sie sei latent suizidal, sie habe nach eigenen Angaben mehrfach mit dem Gedanken an einen Suizid gespielt. Eine psychische Dekompensation nach einer Abschiebung könne dazu führen, dass sie ihre Suizidimpulse nicht mehr ausreichend unter Kontrolle halten könne und angesichts der als ausweglos empfundenen Situation eine Kurzschlusshandlung begehen würde. Mit Sicherheit würde eine Abschiebung zu einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung führen. Möglicherweise bestünde Gefahr für Leib und Leben. Eine Reisefähigkeit sei aus diesen Gründen nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 14. August 2013 legten die Bevollmächtigten eine Kopie des palästinensischen Reiseausweises der Klägerin, ausgestellt am … August 2011, vor, den der Vater der Klägerin aus Palästina mitgebracht habe. Daraus ergebe sich, dass diese nicht am Wohnort der Familie, sondern in … geboren sei. Die Familie habe dort bis zum Einmarsch der irakischen Truppen gelebt und sei dann des Landes verwiesen worden. Seither lebe die Familie am Heimatort in ...

Weiter teilten sie mit Schreiben vom 23. September 2014 mit, es habe sich inzwischen herausgestellt, dass die Klägerin die jordanische Staatsbürgerschaft besitze. Sie sei in … geboren. Der tatsächliche Aufenthaltsort sei nach der Vertreibung jedoch überwiegend im Westjordanland gewesen. Die Klägerin, ihre Mutter und ihr Bruder hätten im Gegensatz zu ihrem Vater kein Aufenthaltsrecht im Westjordanland erhalten. Bis zum 18. Geburtstag habe die Klägerin daher immer wieder nach Jordanien ausreisen und dort eine neue Einreiseerlaubnis beantragen müssen. Nach dem 18. Geburtstag sei die Klägerin im Westjordanland geblieben und habe sich dort ohne Genehmigung der israelischen Behörden aufgehalten. Ein neuer Psychologisch-Psychotherapeutischer Befundbericht von ... vom ... August 2014 der Dipl. Soz.Päd. ... und der Dipl.-Psychologin/Psychologischen Psychotherapeutin … erweiterte und ergänzte die Befunde in dem früheren Psychologischen Befundbericht.

Am 16. Oktober 2015 erließ das Bundesamt unter dem Aktenzeichen 5610696 - 445 einen Bescheid, dessen Begründung sich auf die Klägerin bezog, jedoch an den Bruder die Klägerin adressiert war.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2015, am 21. Oktober 2015 zur Post gegeben, hob das Bundesamt ihren Bescheid vom 16. Oktober 2015 auf, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und änderte die mit Bescheid des Bundesamtes vom 22. September 2010 (Az.: 5399815-499) erlassene Abschiebungsandrohung dahingehend ab, dass die Klägerin für den Fall, dass sie der Ausreiseaufforderung nicht nachkommt, nach Jordanien abgeschoben wird. Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da eine Prüfung für den jetzt festgestellten Zielstaat Jordanien noch nicht erfolgt sei, sei das Verfahren insoweit wieder zu eröffnen gewesen. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen hinsichtlich Jordaniens nicht vor. Die Klägerin habe zielstaatsbezogene (insbesondere Krankheits-) Gründe, die gegen eine Rückkehr in den Staat ihrer Staatsangehörigkeit, nämlich Jordanien, weder überzeugend und glaubhaft vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Die vorgelegten psychologischen Befundberichte vom … Januar 2013 und ... August 2014 gäben bereits keine notwendigen nachvollziehbaren Diagnosen psychischer Erkrankungen der Klägerin, insbesondere einer PTBS, wieder. Es seien bereits keine Gründe angeführt worden, warum die psychischen Krankheitsbilder erst so spät geltend gemacht worden seien. Die Klägerin habe sich erst nach Rechtskraft des Vorverfahrens im Mai 2012 in psychotherapeutische Behandlung begeben. Sie solle aber bereits seit 10 Jahren an einer (chronischen) PTBS leiden, ohne diese Erkrankung im Vorverfahren nur ansatzweise plausibel gemacht zu haben. Soweit angeführt worden sei, es sei im laufenden Klageverfahren nicht gelungen, medizinische Unterlagen beizubringen, überzeuge ein noch weiteres, lange Zeit Verstreichen lassen von weiteren 18 Monaten überhaupt nicht. Das traumatisierende Ereignis sei durch den Therapeuten nicht kritisch hinterfragt worden, sondern ausweislich der vorgelegten Befundberichte seien die eigenen Angaben der Klägerin übernommen worden, „sie berichtet“. Es werde nicht erklärt, warum nur der Vater und überhaupt nach … habe zurückkehren wollen. In ihrer Anhörung habe sie die angeblich traumatisierenden Ereignisse nicht erwähnt, obschon konkrete Fragen zum Reiseweg und zum Schiff gestellt worden seien. Die Angaben zur Wohnung des Cousins, der sie belästigt und bedroht haben solle, wichen erheblich voneinander ab. Nachdem nicht einmal das Bestehen einer psychischen Erkrankung nachvollziehbar dargelegt sei, stelle sich die Frage nach aus der Erkrankung resultierender Gefahren nach Rückführung ins Herkunftsland nicht. Wie im Rahmen der Prüfung des Vorverfahrens festgestellt, drohe der Klägerin - auch nicht in Jordanien - eine, durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte, Folter oder relevante unmenschliche Behandlung.

Am 30. Oktober 2015 erhob die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,

Die Beklagte wird unter Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes vom 16. Oktober 2015 - 5610696-445 - verpflichtet, festzustellen, dass bei der Klägerin ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Jordaniens vorliegt.

Gleichzeitig beantragte sie gemäß § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Vollziehung der geänderten Abschiebungsanordnung herzustellen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Klägerin sei in … geboren. Ihre Eltern stammten ursprünglich aus der Gemeinde … in der Provinz …/Westjordanland. Der Vater habe nach … des Westjordanlandes durch Jordanien die jordanische Staatsangehörigkeit erlangt. Ihre Familie sei 1959 nach ... geflohen. Die Mutter der Klägerin sei mit ihrer Familie 1967 nach ... geflohen und habe 1972 den Vater geheiratet. Nach dem Ende des Krieges habe die Familie der Klägerin wie Hunderttausende Palästinenser das Aufenthaltsrecht in ... verloren. Jordanien habe 1991 350.000 Palästinenser aufgenommen, darunter die Familie die Klägerin. Geplant gewesen sei die Rückkehr nach …, doch habe lediglich der Vater von den israelischen Behörden die Zuzugsgenehmigung erhalten. Die Mutter und die minderjährigen Kinder hätten nur die Genehmigung zum Besuch des Ehemanns/Vaters erhalten. Sie hätten aber immer wieder ausreisen und eine neue Einreisegenehmigung beantragen müssen. Die Klägerin habe sich deshalb ca. sieben Monate im Jahr im Westjordanland und fünf Monate in Jordanien aufgehalten. Mit ihrer Volljährigkeit habe das Recht, den Vater zu besuchen, geendet. Die Klägerin sei schließlich illegal im Westjordanland geblieben und habe beim Vater in … gelebt.

Nach der Flucht hätten die Mutter und die jüngeren Geschwister inzwischen in Deutschland Niederlassungserlaubnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse erhalten. Der Vater sei im Besitz einer Duldung.

Die Klägerin habe ihre Heimat 2009 verlassen und im Asylantrag angegeben, sie sei in … geboren.

Die Zweifel des Bundesamtes an den vorgelegten Befundberichten seien nicht gerechtfertigt. Die Klägerin habe tatsächlich viele Jahre in … im Westjordanland gelebt und dort seit ihrer Kindheit gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen israelischen Soldaten und palästinensischen Jugendlichen erlebt. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen sei sie auch körperlich verletzt worden. Aus den unterschiedlichen Angaben der Familienangehörigen gegenüber dem Bundesamt könne nicht gefolgert werden, dass die Klägerin die Unwahrheit gesagt habe. Es werde die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beantragt. In Jordanien wäre eine Behandlung die Klägerin nicht möglich. Dort seien die psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten sehr beschränkt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Klägerin, deren Familie in Deutschland und dem europäischen Ausland lebe, bei einer Rückkehr nach Jordanien in der Lage wäre, die benötigte Behandlung zu erlangen.

Das Bundesamt übersandte mit Schreiben vom 3. November 2015 die Behördenakte.

Weiter legten die Prozessbevollmächtigten einen psychotherapeutischen Befundbericht von ... vom ... November 2015 der Dipl.-Soz.Päd. d der Dipl.-Psychologin/Psychologischen Psychotherapeutin or. Seit der Androhung der Abschiebung habe sich der körperliche und seelische Gesamtzustand die Klägerin auf besorgniserregende Weise abrupt verschlechtert. Die langsam aufgebaute Hoffnung sei wieder zerstört, sie sehe keine Zukunft, wolle nicht mehr leben, wenn sie nach Jordanien müsse. In letzter Zeit habe sie immer wieder Ohnmachtsanfälle, der Rettungsdienst habe sie mehrmals deswegen ins Krankenhaus bringen müssen. Ohne Sicherstellung einer traumatherapeutischen Behandlung bestehe die Gefahr einer weiteren Chronifizierung und Aggravation ihrer Symptome und damit auch die Gefahr von massiven psychischen und physischen Folgeerkrankungen. In einem Nachtrag zum Ergänzenden Befundbericht vom ... November 2015 (Unterzeichnerin Dipl.-Soz.Päd. ...) wird ausgeführt, in der letzten therapeutischen Sitzung am ... November 2015 habe die Klägerin in einem psychisch äußerst labil und emotional aufgelösten Zustand angegeben, sie habe am … November 2015 beschlossen, sich durch Medikamente zu suizidieren, was eine Bekannte verhindert habe.

Das Verwaltungsgericht München stellte mit Beschluss vom 2. März 2016 M 17 S 15.31484 die aufschiebende Wirkung der Klage vom 16. Oktober 2015 wieder her.

Die Klagebevollmächtigten legten mit Schreiben vom 23. März 2016 ein fachärztlich-psychotherapeutisches Gutachten von ... vom ... März 2016 der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie … vor. In ihrem geschilderten psychischen und physischen Zustand würde es der Klägerin mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein, für sich selber zu sorgen. Suizidale Handlungen wären aufgrund dieser Affektlage mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben, zumal sie bereits Suizidversuche unternommen habe. Einem entsprechenden Verlauf könnte auch nicht durch eine Behandlung in Jordanien entgegengewirkt werden, da für das Gelingen einer Psychotherapie die Wahrnehmung einer stabilen Sicherheit Voraussetzungen sei.

Mit Beschluss vom 9. Mai 2016 wurde der Rechtsstreit gemäß § 76 Abs. 1 AsylVfG auf den Einzelrichter übertragen. Zugleich erließ das Gericht nach Anhörung der Beteiligten einen Beweisbeschluss und ordnete die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.

Unter dem ... September 2016 erstellte das Klinikum der … Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie - ein psychiatrisches Gutachten. Es kommt zusammengefasst zu der Beurteilung, dass bei der Klägerin die Kriterien nach ICD-10 für eine posttraumatische Belastungsstörung erfüllt seien. Als auslösendes Ereignis sei die Bedrängung durch den Cousin ... anzusehen, auf dem Boden einer möglicherweise bestehenden erhöhten Vulnerabilität infolge der Gewalterfahrungen seit der frühen Kindheit. Weiter seien bei der Klägerin die Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode sowie einer Angst- und Panikstörung gemäß den ICD-10 Kriterien als erfüllt anzusehen.

Bezüglich der posttraumatischen Belastungsstörung benötige die Klägerin Unterstützung in einem Umfeld, in dem sie mit den beschriebenen Defiziten einigermaßen geschützt leben könne. Der Aufbau von Ressourcen auch über ein soziales Netzwerk solle gefördert werden, bei der Klägerin könne dies in der Fortsetzung der Ausbildung gesehen werden. Eine mögliche Pharmakotherapie könne sinnvoll sein. Bei zusätzlicher Suizidgefährdung müsse in diesem Fall eine vorsichtige Abwägung zwischen Nutzen und Risiko durchgeführt werden. Für die Behandlung der komorbiden depressiven Erkrankung werde, auch hinsichtlich der Angsterkrankungen eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung empfohlen.

Die Erkrankung vor allem der posttraumatischen Belastungsstörung sowie die hierfür notwendige Therapie sei mit den Sitten der Kultur in Jordanien nicht vereinbar. Somit sei die Erkrankung in Jordanien nicht behandelbar. Bei einer Rückkehr nach Jordanien würde der Therapieprozess, der zunächst zu einer einstweiligen Stabilisierung geführt habe, unterbrochen. Unbehandelt werde sich der aktuelle psychische Zustand mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter verschlechtern und könne erneut in einem möglicherweise erfolgreichen Suizidversuch münden. Die Ängste der Klägerin in Bezug auf den Cousin seien stark ausgeprägt. Dies sei insofern bedeutsam, als dass sie nach einer Rückkehr als Frau kaum alleine leben könnte, der für sie zuständige Mann wäre der Onkel, der Vater des Cousins. Eine Verheiratung - auch gegen ihren Willen - wäre in ihrem Kulturkreis nicht ungewöhnlich, da dadurch die Versorgung formal gewährleistet wäre. Die Schilderungen der Klägerin seien als überzeugend erlebt worden und erlaubten somit die Prognose, dass es zu einer ausgeprägten Eigengefährdung im Falle einer Rückkehr nach Jordanien kommen könne.

Im Falle einer Rückkehr nach Jordanien erlebe sich die Klägerin in einer für sie ausweglosen Situation. Unter Berücksichtigung des bereits unternommenen Suizidversuches bestehe aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung und der beschriebenen Komorbitäten ein deutlich erhöhtes Risiko für einen erneuten Suizidversuch. Nehme man die krankheitsbedingte Vulnerabilität und die als ausweglos empfundene Situation im Heimatland zusammen, sehen die Gutachter eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitliche Verschlechterung sowie einen möglichen erneuten Suizidversuch.

Bei einer Rückkehr nach Jordanien würde ihr Onkel als nächster Verwandter die Verantwortung für sie tragen und den Versuch unternehmen, sie zu verheiraten, auch gegen ihren Willen. Über die Konfrontation mit einem aufgezwungenen Ehemann und die fehlenden Möglichkeiten, dieser Situation aus dem Wege zu gehen, würde es zu einer Retraumatisierung bzw. Reaktivierung des Erlebten kommen. Eine erfolgreiche Behandlung sei in solch einem Umfeld nicht möglich.

Die Klagebevollmächtigte nahm mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 Stellung und vertrat die Ansicht, angesichts der Ergebnisse der Begutachtung liege ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Sie verzichtete mit Schreiben vom 24. November 2016 auf mündliche Verhandlung.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Gründe

Über die Klage kann mit Einverständnis der Klagepartei (Schriftsatz vom 24. November 2016) und der Beklagten (allgemeine Prozesserklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Februar 2016 - Generalerklärung) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).

Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das Verwaltungsgericht München zur Entscheidung über diese Klage als Gericht der Hauptsache sachlich zuständig gemäß § 45 VwGO, obgleich im Erst-Asylverfahren das VG Regensburg zuständig war; seine örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Klägerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) ihren Aufenthalt nach dem Asylgesetz im Regierungsbezirk Oberbayern (Gemeinschaftsunterkunft …) und damit im Gerichtsbezirk (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO) zu nehmen hatte (§ 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i. V. m. § 83c AsylG).

Die Klage der Klägerin ist auch im Wesentlichen begründet, denn sie hat Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Aufhebung der Ziffer 2, soweit ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint wird, und Ziffer 3 ihres Bescheids vom 16. Oktober 2015 verpflichtet wird, ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (vgl. § 113 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 VwGO). Soweit nach dem Klageantrag die vollumfängliche Aufhebung der Ziffer 2, d. h. hinsichtlich der Verneinung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG, beantragt ist, haben die Klagebevollmächtigten lediglich zu den Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorgetragen und einen darauf gerichteten Verpflichtungsantrag gestellt. Die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind auch nicht ersichtlich.

Die Voraussetzungen des § 71 AsylG i. V. m. § 51 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens liegen hier unbestritten vor, da eine Prüfung von Abschiebungsverboten für den jetzt festgestellten Zielstaat Jordanien noch nicht erfolgt ist. Insbesondere ist der am 5. Februar 2013 gestellte Asylfolgeantrag innerhalb von drei Monaten ab Kenntnis des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt worden (vgl. § 51 Abs. 3 VwVfG), nachdem der Klägerin erstmalig mit dem Psychologischen Befundbericht der Dipl.-Psychologin und Psychologischen Psychotherapeutin Frau …, …, vom … Januar 2013 eine ernste psychische Erkrankung attestiert worden ist. Auf den Asylfolgeantrag der Klägerin hin ist die Beklagte auch zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verpflichten, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) bei der Klägerin aufgrund einer gutachterlich festgestellten schweren psychischen Erkrankung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot vorliegt.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Die Vorschrift kann einen Anspruch auf Abschiebungsschutz begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B. v. 17.8.2011 - 10 B 13/11 u. a. - juris; BayVGH, U. v. 3.7.2012 - 13a B 11.30064 - juris Rn. 34). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung ihrer Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U. v. 29.7.1999 - 9 C 2/99 - juris Rn. 8). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland (vgl. VG Arnsberg, B. v. 23.2.2016 - 5 L 242/16.A - juris Rn. 64 m. w. N.).

Mit der ab dem 17. März 2016 geltenden gesetzlichen Regelung hat auch der Gesetzgeber klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Es wird im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Nach der Gesetzesbegründung kann eine schwerwiegende Erkrankung in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden, sondern nur ausnahmsweise, wenn die Abschiebung zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung führt (vgl. BT-Drs. 18/7538 S. 18).

Zwar begründet eine Selbstmordgefahr, die in Verbindung mit einer bevorstehenden Abschiebung steht, kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern allenfalls ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, das gemäß § 60a AufenthG gegenüber der Ausländerbehörde geltend zu machen ist (BVerfG, B. v. 26.2.1998 - 2 BvR 185/98 - juris). Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Jordanien wegen ihrer psychischen Erkrankung alsbald in eine lebensbedrohliche Situation geraten würde.

Eine lebensbedrohliche Situation ist für die Klägerin bei einer Rückkehr nach Jordanien zu befürchten, weil die Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts an einer posttraumatischen Belastungsstörung (ICD-10:F43.1), einer mittelgradigen depressiven Episode (ICD-10:F32.1) und einer Angst- und Panikstörung (ICD-10: F41.1) leidet und eine medizinische Behandlung der Klägerin in Jordanien jedenfalls nicht finanzierbar und damit erreichbar ist.

Das 36 Seiten umfassende psychiatrische Gutachten von Prof. … und Frau … (Klinikum der … - Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Abteilung für Forensische Psychiatrie) vom ... September 2016, das aufgrund des Beweisbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom … Mai 2016 eingeholt worden ist, kommt nach Auswertung sämtlicher vorhandener medizinischer und sonstiger Unterlagen und einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am ... Juli 2016 zum Ergebnis, dass bei der Klägerin die Kriterien nach ICD-10 für eine posttraumatische Belastungsstörung erfüllt seien. Als auslösendes Ereignis sei die Bedrängung durch den Cousin ... anzusehen, auf dem Boden einer möglicherweise bestehenden erhöhten Vulnerabilität infolge der Gewalterfahrungen seit der frühen Kindheit. Weiter seien bei der Klägerin die Diagnosen einer mittelgradigen depressiven Episode sowie einer Angst- und Panikstörung gemäß den ICD-10 Kriterien als erfüllt anzusehen.

Bezüglich der posttraumatischen Belastungsstörung benötige die Klägerin Unterstützung in einem Umfeld, in dem sie mit den beschriebenen Defiziten einigermaßen geschützt leben könne. Der Aufbau von Ressourcen auch über ein soziales Netzwerk solle gefördert werden, bei der Klägerin könne dies in der Fortsetzung der Ausbildung gesehen werden. Eine mögliche Pharmakotherapie könne sinnvoll sein. Bei zusätzlicher Suizidgefährdung müsse in diesem Fall eine vorsichtige Abwägung zwischen Nutzen und Risiko durchgeführt werden. Für die Behandlung der komorbiden depressiven Erkrankung werde, auch hinsichtlich der Angsterkrankungen, eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung empfohlen.

Die Erkrankung vor allem der posttraumatischen Belastungsstörung sowie die hierfür notwendige Therapie sei mit den Sitten der Kultur in Jordanien nicht vereinbar. Somit sei die Erkrankung in Jordanien nicht behandelbar. Bei einer Rückkehr nach Jordanien würde der Therapieprozess, der zunächst zu einer einstweiligen Stabilisierung geführt habe, unterbrochen. Unbehandelt werde sich der aktuelle psychische Zustand mit hoher Wahrscheinlichkeit weiter verschlechtern und könne erneut in einen möglicherweise erfolgreichen Suizidversuch münden. Die Ängste der Klägerin in Bezug auf den Cousin seien stark ausgeprägt. Dies sei insofern bedeutsam, als dass sie nach einer Rückkehr als Frau kaum alleine leben könnte, der für sie zuständige Mann wäre der Onkel, der Vater des Cousins. Eine Verheiratung - auch gegen ihren Willen - wäre in ihrem Kulturkreis nicht ungewöhnlich, da dadurch die Versorgung formal gewährleistet wäre. Die Schilderungen der Klägerin seien als überzeugend erlebt worden und erlaubten somit die Prognose, dass es zu einer ausgeprägten Eigengefährdung im Falle einer Rückkehr nach Jordanien kommen könne.

Im Falle einer Rückkehr nach Jordanien erlebe sich die Klägerin in einer für sie ausweglosen Situation. Unter Berücksichtigung des bereits unternommenen Suizidversuches bestehe aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung und der beschriebenen Komorbitäten ein deutlich erhöhtes Risiko für einen erneuten Suizidversuch. Nehme man die krankheitsbedingte Vulnerabilität und die als ausweglos empfundene Situation im Heimatland zusammen, sehen die Gutachter eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitliche Verschlechterung sowie einen möglichen erneuten Suizidversuch.

Bei einer Rückkehr nach Jordanien würde ihr Onkel als nächster Verwandter die Verantwortung für sie tragen und den Versuch unternehmen, sie zu verheiraten, auch gegen ihren Willen. Über die Konfrontation mit einem aufgezwungenen Ehemann und die fehlenden Möglichkeiten, dieser Situation aus dem Wege zu gehen, würde es zu einer Retraumatisierung bzw. Reaktivierung des Erlebten kommen. Eine erfolgreiche Behandlung sei in solch einem Umfeld nicht möglich.

Dieses fachärztliche Gutachten ist nachvollziehbar und enthält keine Widersprüche. Es bestätigt in wesentlichen Teilen die vorliegenden psychologischen Befundberichte vom ... Januar 2013 von …, Dipl. Psychologin/Psychologische Psychotherapeutin, Frau …, vom ... August 2014 der Dipl. Soz.Päd. … und der Dipl.-Psychologin/Psychologischen Psychotherapeutin …, weiterhin den psychotherapeutischen Befundbericht von … vom ... November 2015 der Dipl.-Soz.Päd. ... und der Dipl.-Psychologin/Psychologischen Psychotherapeutin … sowie das fachärztlich-psychotherapeutische Gutachten von … vom ... März 2016 der Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie …

Es ist zudem nicht davon auszugehen, dass der Klägerin eine Kombination aus medikamentöser und psychotherapeutischer Behandlung, auf die diese angewiesen ist, in ihrem Herkunftsland Jordanien trotz der prinzipiell existierenden Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung steht. Ausweislich der Auskunft der Deutschen Botschaft in Amman vom ... November 2015 sind psychiatrische Erkrankungen und speziell Depressionen zwar grundsätzlich in Jordanien behandelbar. Jedoch wird die Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen generell nicht von der freiwilligen Krankenversicherung abgedeckt (VG Würzburg, U. v. 19.02.2016 - W 2 K 13.30028 - UA S. 15). In der Regel ist eine Behandlung für Mittellose bzw. nicht Krankenversicherte nicht möglich. Eine Behandlung (ebenso eine aufsuchende Behandlung) ist kostenpflichtig.

Gemessen an den vorliegenden Erkenntnissen wäre der Klägerin aufgrund fehlender finanzieller Mittel ein Zugang zu einer aufsuchenden Behandlung und Medikamenten verwehrt. Unter Zugrundelegung der Auskunftslage müsste die Klägerin mangels Leistungen durch die Krankenversicherung sowohl die Kosten für eine aufsuchende fachärztliche Betreuung als auch für die Medikation selbst aufbringen.

Unter diesen Voraussetzungen wäre es der Klägerin mangels hinreichender finanzieller Mittel und ohne Unterstützung durch ihre Familie nicht möglich, die benötigte psychiatrische Versorgung in Jordanien zu erreichen. Infolgedessen besteht die konkrete Gefahr, dass sich die psychische Krankheit der Klägerin in Jordanien erheblich verschlimmert.

Nach alledem ist das Gericht davon überzeugt, dass die Klägerin bei einer Rückkehr nach Jordanien in eine ausweglose Situation geraten würde. Selbst wenn der Gefahr eines Selbstmords im Zusammenhang mit der Abschiebung durch ärztliche Begleitung vor und während der Abschiebung entgegengewirkt werden könnte, besteht bei einer Rückkehr der Klägerin nach Jordanien zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts eine erhebliche konkrete Gefahr für ihr Leben. Wie vom gerichtlich bestellten Gutachter beschrieben, besteht bei der Klägerin unter Berücksichtigung des bereits unternommenen Suizidversuchs aufgrund der posttraumatischen Belastungsstörung und der Komorbitäten ein deutlich erhöhtes Risiko für einen erneuten Suizidversuch. Nehme man die krankheitsbedingte Vulnerabilität und die als ausweglos empfundene Situation im Heimatland zusammen, besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für eine gesundheitliche Verschlechterung und einen möglichen erneuten Suizidversuch.

Vor diesem Hintergrund bejaht das Gericht bei der Klägerin das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Nach alledem war der Klage im Wesentlichen stattzugeben. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgericht München Urteil, 09. Dez. 2016 - M 17 K 15.31483 zitiert 17 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 101


(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60a Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung)


(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise

Verwaltungsverfahrensgesetz - VwVfG | § 51 Wiederaufgreifen des Verfahrens


(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn 1. sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen g

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 71 Folgeantrag


(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 52


Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:1.In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 17


(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht w

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 83


Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 45


Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83c Anwendbares Verfahren für die Anordnung und Befristung von Einreise- und Aufenthaltsverboten


Die Bestimmungen dieses Abschnitts sowie § 52 Nummer 2 Satz 3 der Verwaltungsgerichtsordnung gelten auch für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidungen des Bundesamtes nach § 75 Nummer 12 des Aufenthaltsgesetzes.

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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 16. Oktober 2015 wird wiederhergestellt.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist jordanische Staatsbürgerin. Sie hatte mit der Angabe, sie sei palästinensische Volkszugehörige aus dem Westjordanland, am 24. November 2009 Asylantrag gestellt.

Das Bundesamt lehnte mit Bescheid vom 22. September 2010 die Anerkennung der Antragstellerin als Asylberechtigte ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG offensichtlich nicht vorliegen und verneinte Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG. Die Antragstellerin wurde unter Fristsetzung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Israel (Westjordanland) angedroht. Nach Rücknahme der Klage gegen diesen Bescheid stellte das Verwaltungsgericht Regensburg (B. v. 9.2.2011 - RN 6 K 10.30399 -) das Verfahren ein.

Am 5. Februar 2013 beantragte die Antragstellerin durch ihre damaligen Bevollmächtigten die Wiederaufnahme des Asylverfahrens. Die Antragstellerin werde seit Mai 2012 bei … psychotherapeutisch behandelt. Bei einer Abschiebung in das Herkunftsland drohe eine Reaktualisierung traumatischer Erfahrungen, zumal es dort immer noch zu Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und israelischen Siedlern und der palästinensischen Bevölkerung komme. Es bliebe ihr nichts anderes übrig, als zu ihrem Vater zurückzukehren, d. h. in die unmittelbare Nachbarschaft jenes Cousins, der sie bedroht habe. Bei einem Abbruch der Behandlung bzw. einer Abschiebung ins Heimatland würde sich der Gesundheitszustand der Antragstellerin mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit wesentlich verschlechtern. Damit bestehe das Abschiebeverbot des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Westjordanlands. Der Wiederaufnahmeantrag sei auch rechtzeitig gestellt worden. Zwar bestünden bereits seit langer Zeit gesundheitliche Beeinträchtigungen. Es sei der Antragstellerin jedoch nicht gelungen, die benötigte psychotherapeutische Behandlung zu erlangen. Die Behandlung dauere jetzt zwar bereits sieben Monate an. Die Therapeutin könne aber selbstverständlich erst nach längerer Therapiedauer die Krankheit genau diagnostizieren und die Folgen eines Behandlungsabbruchs bzw. einer Rückkehr ins Heimatland beschreiben. Hier habe die Therapeutin erstmals am ... Januar 2013 einen Befundbericht verfasst, so dass die Dreimonatsfrist des § 51 Abs. 3 VwVfG ab diesem Zeitpunkt zu laufen beginne.

Beigefügt war ein Psychologischer Befundbericht von … München - Dipl.-Psychologin/Psychologische Psychotherapeutin … vom ... Januar 2013, demzufolge die Antragstellerin sich seit Mai 2012 in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Sie leide an einer Posttraumatischen Belastungsstörung sowie an einer Angststörung aufgrund multipler traumatischer Erfahrungen: Leben in Palästina unter den Gewaltbedingungen der Besatzung, permanente Bedrohung durch ihren Cousin und die traumatische Flucht. Da die Antragstellerin von Kindheit an immer wieder Gewalterlebnissen ausgesetzt gewesen sei, sei sie schon früh erheblich vulnerabel gewesen und habe kaum Resilienz gegenüber erneuten Traumatisierungen entwickeln können. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den berichteten Traumata und dieser psychischen Erkrankung. Sie sei dringend weiterhin behandlungsbedürftig. Ein Abbruch der Behandlung würde zu einer erheblichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes führen. Eine Abschiebung in das Herkunftsland wäre eine Reaktualisierung traumatischer Erfahrungen, weil die Antragstellerin dem Vorgang der Abschiebung hilflos ausgeliefert wäre, vergleichbar dem Ausgeliefertsein angesichts ihrer Gewalterfahrungen im Herkunftsland und auf der Flucht. Erschwerend komme hinzu, dass sie auch zu Recht befürchten müsse, erneut Gewalterlebnissen ausgesetzt zu sein. Sie sei latent suizidal, sie habe nach eigenen Angaben mehrfach mit dem Gedanken an einen Suizid gespielt. Eine psychische Dekompensation nach einer Abschiebung könne dazu führen, dass sie ihre Suizidimpulse nicht mehr ausreichend unter Kontrolle halten könne und angesichts der als ausweglos empfundenen Situation eine Kurzschlusshandlung begehen würde. Mit Sicherheit würde eine Abschiebung zu einer erheblichen gesundheitlichen Verschlechterung führen. Möglicherweise bestünde Gefahr für Leib und Leben. Eine Reisefähigkeit sei aus diesen Gründen nicht gegeben.

Mit Schreiben vom 14. August 2013 legten die Bevollmächtigten eine Kopie des palästinensischen Reiseausweises der Antragstellerin, ausgestellt am ... August 2011, vor, den der Vater der Antragstellerin aus Palästina mitgebracht habe. Daraus ergebe sich, dass diese nicht am Wohnort der Familie, sondern in ... geboren sei. Die Familie habe dort bis zum Einmarsch der irakischen Truppen gelebt und sei dann des Landes verwiesen worden. Seither lebe die Familie am Heimatort in ...

Weiter teilten sie mit Schreiben vom 23. September 2014 mit, es habe sich inzwischen herausgestellt, dass die Antragstellerin die jordanische Staatsbürgerschaft besitze. Sie sei in … geboren. Der tatsächliche Aufenthaltsort sei nach der Vertreibung jedoch überwiegend im Westjordanland gewesen. Die Antragstellerin, ihre Mutter und ihr Bruder hätten im Gegensatz zu ihrem Vater kein Aufenthaltsrecht im Westjordanland erhalten. Bis zum 18. Geburtstag habe die Antragstellerin daher immer wieder nach Jordanien ausreisen und dort eine neue Einreiseerlaubnis beantragen müssen. Nach dem 18. Geburtstag sei die Antragstellerin im Westjordanland geblieben und habe sich dort ohne Genehmigung der israelischen Behörden aufgehalten. Ein neuer Psychologisch-Psychotherapeutischer Befundbericht von ... München vom ... August 2014 der Dipl. Soz.Päd. … und der Dipl.-Psychologin/Psychologischen Psychotherapeutin ... erweitert und ergänzt die Befunde in dem früheren Psychologischen Befundbericht.

Am 16. Oktober 2015 erließ das Bundesamt unter dem Aktenzeichen 5610696 - 445 einen Bescheid, dessen Begründung sich auf die Antragstellerin bezog, jedoch an den Bruder die Antragstellerin adressiert war.

Mit Bescheid vom 16. Oktober 2015, am 21. Oktober 2015 zur Post gegeben, hob das Bundesamt seinen Bescheid vom 16. Oktober 2015 auf, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen, und änderte die mit Bescheid des Bundesamtes vom 22. September 2010 (Az.: 5399815-499) erlassene Abschiebungsandrohung dahingehend ab, dass die Antragstellerin für den Fall, dass sie der Ausreiseaufforderung nicht nachkommt, nach Jordanien abgeschoben wird. Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde angeordnet.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, da eine Prüfung für den jetzt festgestellten Zielstaat Jordanien noch nicht erfolgt sei, sei das Verfahren insoweit wieder zu eröffnen gewesen. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen hinsichtlich Jordaniens nicht vor. Die Antragstellerin habe zielstaatsbezogene (insbesondere Krankheits-) Gründe, die gegen eine Rückkehr in den Staat ihrer Staatsangehörigkeit, nämlich Jordanien, weder überzeugend und glaubhaft vorgetragen noch lägen sie nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor. Die vorgelegten psychologischen Befundberichte vom ... Januar 2013 und ... August 2014 gäben bereits keine notwendigen nachvollziehbaren Diagnosen psychischer Erkrankungen der Antragstellerin, insbesondere einer PTBS, wieder. Es seien bereits keine Gründe angeführt worden, warum die psychischen Krankheitsbilder erst so spät geltend gemacht worden seien. Die Antragstellerin habe sich erst nach Rechtskraft des Vorverfahrens im Mai 2012 in psychotherapeutische Behandlung begeben. Sie solle aber bereits seit 10 Jahren an einer (chronischen) PTBS leiden, ohne diese Erkrankung im Vorverfahren nur ansatzweise plausibel gemacht zu haben. Soweit angeführt worden sei, es sei im laufenden Klageverfahren nicht gelungen, medizinische Unterlagen beizubringen, überzeuge ein noch weiteres, lange Zeit Verstreichenlassen von weiteren 18 Monaten überhaupt nicht. Das traumatisierende Ereignis sei durch den Therapeuten nicht kritisch hinterfragt worden, sondern ausweislich der vorgelegten Befundberichte seien die eigenen Angaben die Antragstellerin übernommen worden, „sie berichtet“. Es werde nicht erklärt, warum nur der Vater und überhaupt nach ... habe zurückkehren wollen. In ihrer Anhörung habe sie die angeblich traumatisierenden Ereignisse nicht erwähnt, obschon konkrete Fragen zum Reiseweg und zum Schiff gestellt worden seien. Die Angaben zur Wohnung des Cousins, der sie belästigt und bedroht haben soll, wichen erheblich voneinander ab. Nachdem nicht einmal das Bestehen einer psychischen Erkrankung nachvollziehbar dargelegt sei, stelle sich die Frage nach aus der Erkrankung resultierende Gefahren nach Rückführung ins Herkunftsland nicht. Wie im Rahmen der Prüfung des Vorverfahrens festgestellt, drohe der Antragstellerin - auch nicht in Jordanien - eine, durch einen staatlichen oder nichtstaatlichen Akteur verursachte, Folter oder relevante unmenschliche Behandlung.

Die sofortige Vollziehung liege im besonderen öffentlichen Interesse. Im Asylverfahren sei unanfechtbar festgestellt, dass die Antragstellerin keinen Anspruch auf Schutzgewährung habe. Ihrer Ausreisepflicht sei sie seit Jahren nicht nachgekommen. Eine Aufenthaltsbeendigung habe sie dadurch vereitelt, dass sie die Behörden über ihre Staatsangehörigkeit getäuscht habe. Der ausschließlich durch die Täuschung ermöglichte rechtswidrige Aufenthalt sei nicht als schützenswert anzusehen. Der durch falsche Angaben erreichte Aufenthalt müsse auch deshalb unverzüglich beendet werden, um andere Ausländer von gleichem Verhalten abzuschrecken. Diesen Erwägungen stünden keine privaten Interessen entgegen, die eine andere Ermessensentscheidung nahelegen könnten.

Am 30. Oktober 2015 erhob die Antragstellerin durch ihre Prozessbevollmächtigten Asylklage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und stellte gemäß § 80 Abs. 5 VwGO den Antrag,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Vollziehung der geänderten Abschiebungsanordnung anzuordnen.

Zur Begründung wurde ausgeführt, die Antragstellerin sei in ... geboren. Ihre Eltern stammten ursprünglich aus der Gemeinde ... in der Provinz ... Der Vater habe nach Annektion des Westjordanlandes durch Jordanien die jordanische Staatsangehörigkeit erlangt. Ihre Familie sei 1959 nach ... geflohen. Die Mutter die Antragstellerin sei mit ihrer Familie 1967 nach ... geflohen und habe 1972 den Vater geheiratet. Nach dem Ende des Krieges habe die Familie die Antragstellerin wie Hunderttausende Palästinenser das Aufenthaltsrecht in ... verloren. Jordanien habe 1991 350.000 Palästinenser aufgenommen, darunter die Familie die Antragstellerin. Geplant gewesen sei die Rückkehr nach ..., doch habe lediglich der Vater von den israelischen Behörden die Zuzugsgenehmigung erhalten. Die Mutter und die minderjährigen Kinder hätten nur die Genehmigung zum Besuch des Ehemanns/Vaters erhalten. Sie hätten aber immer wieder ausreisen und eine neue Einreisegenehmigung beantragen müssen. Die Antragstellerin habe sich deshalb ca. sieben Monate im Jahr im Westjordanland und fünf Monate in Jordanien aufgehalten. Mit Volljährigkeit habe das Recht, den Vater zu besuchen, geendet. Die Antragstellerin sei schließlich illegal im Westjordanland geblieben und habe beim Vater in ... gelebt.

Nach der Flucht hätten die Mutter und die jüngeren Geschwister inzwischen in Deutschland Niederlassungserlaubnisse bzw. Aufenthaltserlaubnisse erhalten. Der Vater sei im Besitz einer Duldung.

Die Antragstellerin habe ihre Heimat 2009 verlassen und im Asylantrag angegeben, sie sei in ... geboren.

Im vorliegenden Fall sei das Bundesamt bei der Begründung des Sofortvollzugs von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Der Ausländerbehörde sei seit mindestens Anfang 2013 bekannt, dass die Eltern der Antragstellerin und somit auch diese selbst die jordanische Staatsangehörigkeit besitzen. Es treffe also nicht zu, dass sie die Behörden über ihre Staatsangehörigkeit getäuscht habe. Dies sei auch dem Bundesamt am ... September 2014 mitgeteilt worden, das eine besondere Dringlichkeit offenbar bislang nicht gesehen habe. Lasse sich die Behörde ein Jahr lang Zeit, auf die ihr bekannten Tatsachen zu reagieren, mache sie damit deutlich, dass das öffentliche Interesse nicht als vordringlich angesehen wird. Hinzu komme, dass sich die Antragstellerin im zweiten Jahr ihrer Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten befinde. Müsste sie aufgrund des Sofortvollzuges Deutschland verlassen, so wäre auch später ein Abschluss der Ausbildung nicht mehr möglich.

Die Antragstellerin habe tatsächlich im Westjordanland seit ihrer Kindheit gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen israelischen Soldaten und palästinensischen Jugendlichen erlebt. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen sei sie auch körperlich verletzt worden. Aus den unterschiedlichen Angaben der Familienangehörigen gegenüber dem Bundesamt könne nicht gefolgert werden, dass die Antragstellerin die Unwahrheit gesagt habe. Es werde die Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens beantragt. In Jordanien seien die psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten sehr beschränkt. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin, deren Familie in Deutschland und dem europäischen Ausland lebe, bei einer Rückkehr nach Jordanien in der Lage wäre, die benötigte Behandlung zu erlangen.

Das Bundesamt übersandte mit Schreiben vom 3. November 2015 die Behördenakte.

Weiter wurde vorgelegt ein psychotherapeutischer Befundbericht von ... München vom ... November 2015 der Dipl.-Soz.Päd. … und der Dipl.-Psychologin/Psychologischen Psychotherapeutin ... Seit der Androhung der Abschiebung habe sich der körperliche und seelische Gesamtzustand auf besorgniserregende Weise abrupt verschlechtert. Die langsam aufgebaute Hoffnung sei wieder zerstört, sie sehe keine Zukunft, wolle nicht mehr leben, wenn sie nach Jordanien müsse. In letzter Zeit habe sie immer wieder Ohnmachtsanfälle, der Rettungsdienst habe sie mehrmals deswegen ins Krankenhaus bringen müssen. Ohne Sicherstellung einer traumatherapeutischen Behandlung bestehe die Gefahr einer weiteren Chronifizierung und Aggravation ihrer Symptome und damit auch die Gefahr von massiven psychischen und physischen Folgeerkrankungen. In einem Nachtrag zum Ergänzenden Befundbericht vom ... November 2015 (Unterzeichnerin Dipl.-Soz.Päd. ...) wird ausgeführt, in der letzten therapeutischen Sitzung am ... November 2015 habe die Antragstellerin in einem psychisch äußerst labil und emotional aufgelösten Zustand angegeben, sie habe am ... November 2015 beschlossen, sich durch Medikamente zu suizidieren, was eine Bekannte verhindert habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der sonstigen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat in der Sache Erfolg.

1. Der Antrag ist zulässig.

Mit ihrem Eilrechtschutzersuchen wendet sich die Antragstellerin gegen den Vollzug der Abschiebungsandrohung aus dem bestandskräftigen Bescheid vom 22. September 2010, die das Bundesamt mit dem Änderungsbescheid vom 16. Oktober 2015 dahingehend geändert hat, dass die Antragstellerin für den Fall, dass sie der Ausreiseaufforderung nicht nachkommt, nach Jordanien (statt Israel/Westjordanland) abgeschoben wird. Vorläufiger Rechtschutz im Umfange der erfolgten Änderung ist der Antragstellerin dabei im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO zu gewähren (vgl. hierzu etwa VG Neustadt (Weinstraße), B. v. 05.03.2010 - 1 L 203/10.NW - juris Rn. 1; VG Lüneburg, B. v. 22.10.2008 - 1 B 55/05 - juris; OVG SA, B. v. 13.08.2008 - 2 L 12/08 - InfAuslR 2009, 40 ff.; VGH BW, B. v. 13.09.2007 - 11 S 1684/07 - VBlBW 2008, 32). Denn der Änderungsbescheid vom 16. Oktober 2015 enthält mit der geänderten Abschiebungsandrohung eine neue potenziell belastende Regelung. Diese wird mit der Klage vom 30. Oktober 2015 angefochten und kann daher nach § 80 Abs. 5 VwGO auch Gegenstand einer gerichtlichen Anordnung der aufschiebenden Wirkung dieser Klage sein.

Die Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 16. Oktober 2015 entfaltet aufgrund der Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 3 des Bescheidstenors) gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO i. V. m. § 75 Abs. 2 Satz 3 AsylG keine aufschiebende Wirkung.

Ein Sofortvollzug kraft Gesetzes (§ 75 Abs. 1 AsylG) liegt nicht vor (vgl. Funke-Kaiser, GK-AsylVfG, 101. Aufl. Juni 2014, § 75 Rn. 12; VG Stuttgart, U. v. 27.10.2005 - A 4 K 13055/05 - AuAS 2006, 23; VG Bremen, B. v. 18.01.2008 - 6 V 3542/07.A - InfAuslR 2008, 279; a. A. VG Neustadt, B. v. 05.03.2010 - 1 L 203/10.NW - juris). Der Klage käme, wenn nicht die sofortige Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet wäre, nach § 80 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 75 VwGO grundsätzlich aufschiebende Wirkung zu. Sie hat eine Änderung der Abschiebungsandrohung zum Gegenstand, über die nach asylrechtlichen Bestimmungen zu entscheiden ist (§ 34 AsylG). Aufschiebende Wirkung gegen Entscheidungen nach dem Asylgesetz hat eine Klage aber nur in den Fällen der Ablehnung eines Asylantrags nach § 38 Abs. 1 oder nach §§ 73, 73b, 73c AsylG. Der hier zu entscheidende Fall, nämlich die Änderung einer Abschiebungsandrohung durch Auswechslung des Zielstaates, ohne eine erneute Ausreisefrist zu setzen, ist als Fall im Sinne des § 38 Abs. 1 AsylG zu begreifen. Da in dieser Konstellation keine Frist mehr zu setzen ist (vgl. Funke-Kaiser, a. a. O., § 34 Rn. 61), fehlt es im Kontext des § 75 AsylG zwar an der die aufschiebende Wirkung begründenden Bezugnahme auf § 38 Abs. 1 AsylG. Gleichwohl ist es insbesondere im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht gerechtfertigt, den Betreffenden schlechter zu stellen, als wenn diese Zielstaatsbestimmung von Anfang an erfolgt wäre und dieser von vornherein seine Klage auf die Abschiebungsandrohung beschränkt hätte. Dies gilt namentlich dann, wenn in diesem Zusammenhang Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG geprüft werden (Funke-Kaiser, a. a. O., § 75 Rn. 12).

Das Verwaltungsgericht München ist zur Entscheidung über diese Anträge als Gericht der Hauptsache sachlich zuständig gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 i. V. m. § 45 VwGO, obgleich im Erst-Asylverfahren das VG Regensburg zuständig war; seine örtliche Zuständigkeit ergibt sich aus § 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO, weil die Antragstellerin im maßgeblichen Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit (vgl. § 83 Satz 1 VwGO i. V. m. § 17 Abs. 1 Satz 1 GVG) ihren Aufenthalt nach dem Asylgesetz im Regierungsbezirk Oberbayern (Gemeinschaftsunterkunft...) und damit im Gerichtsbezirk (Art. 1 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung - AGVwGO) zu nehmen hatte (§ 52 Nr. 2 Satz 3 VwGO i. V. m. § 83c AsylG).

2. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin wiederherzustellen, ist auch begründet (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 i. V. m. Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Die Antragstellerin hat nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AsylG) einen Anspruch auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen die vom Bundesamt für sofort vollziehbar erklärten geänderten Androhung der Abschiebung nach Jordanien (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3, Abs. 5 VwGO). Nach der im Verfahren vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung stellen sich die Erfolgsaussichten in der Hauptsache als offen dar. Die im Rahmen der Ermessensentscheidung über den Antrag vorzunehmende Interessenabwägung fällt bei dieser Sachlage zugunsten der Antragstellerin aus.

2.1. Die im Bescheid der Antragsgegnerin vom 16. Oktober 2015 unter Nr. 3 erfolgte behördliche Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des streitgegenständlichen Bescheides ist zunächst formell rechtmäßig, da die zur Begründung der Sofortvollzugsanordnung angeführten fallbezogenen und nicht lediglich formelhaften Aspekte den gesetzlichen Anforderungen von § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in ausreichender Weise Rechnung tragen. Die Antragsgegnerin hat im angefochtenen Bescheid die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe angegeben, die sie dazu bewogen haben, den Suspensiveffekt der Klage auszuschließen. Auf Seite 8 des Bescheides vom 16. Oktober 2015 werden einzelfallbezogene Gründe genannt, die dafür sprechen, dass mit der Aufenthaltsbeendigung nicht bis zu einer rechtskräftigen Klärung der Rechtmäßigkeit des Bescheides zugewartet werden kann. Damit fand jedenfalls eine schlüssige, konkrete Auseinandersetzung im Einzelfall unter substantiierter Darlegung der wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen, die zur Annahme eines besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung geführt haben, statt.

Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass die Antragstellerin eine Aufenthaltsbeendigung dadurch vereitelt habe, dass sie die zuständigen Behörden über ihre Staatsangehörigkeit getäuscht habe. Das Bundesamt ist bei der Begründung des Vollzugsinteresses auch nicht von falschen Voraussetzungen ausgegangen. Auch wenn die Antragsbevollmächtigten dem Bundesamt im September 2014 mitgeteilt haben, dass die Antragstellerin die jordanische Staatsangehörigkeit besitzt, hätte die Antragstellerin die Behörden sowohl im Rahmen ihres Erst-Asylverfahrens im Jahr 2010 als auch bei ihrem Wiederaufnahmeantrag vom 8. Februar 2013 über ihre Staatsangehörigkeit getäuscht. So gab sie bei seiner persönlichen Anhörung am 3. Februar 2010 (Bl. 81 d. BA) und ihrem Wiederaufnahmeantrag am 8. Februar 2013 an, eine staatenlose Palästinenserin zu sein. Auf Nachfrage bei der Deutschen Botschaft in ... durch die Regierung von Oberbayern stand für die deutschen Behörden bereits am ... Dezember 2013 fest, dass die Eltern der Antragstellerin jordanische Staatsbürger sind. Erst ca. acht Monate später bestätigte die Antragstellerin ihre bis dahin verschwiegene jordanische Staatsangehörigkeit.

2.2. Ist die Vollziehungsanordnung formell ordnungsgemäß begründet, hat das Gericht zur Entscheidung der Frage, ob die aufschiebende Wirkung wiederherzustellen ist, zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides und dem Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage abzuwägen. Der in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgten Garantie eines umfassenden und effektiven - nicht nur formalen - Rechtsschutzes kommt wesentliche Bedeutung bereits für den einstweiligen Rechtsschutz zu, dessen Versagung vielfach irreparable Folgen hat. Die nach § 80 Abs. 1 VwGO für den Regelfall vorgeschriebene aufschiebende Wirkung von Widerspruch und verwaltungsgerichtlicher Klage ist insoweit eine adäquate Ausprägung der verfassungsrechtlichen Rechtsschutzgarantie und ein fundamentaler Grundsatz des öffentlich-rechtlichen Prozesses. Andererseits gewährleistet Art. 19 Abs. 4 GG die aufschiebende Wirkung der Rechtsbehelfe im Verwaltungsprozess nicht schlechthin. Überwiegende öffentliche Belange können es rechtfertigen, den Rechtsschutzanspruch des Grundrechtsträgers einstweilen zurückzustellen, um unaufschiebbare Maßnahmen im Interesse des allgemeinen Wohls rechtzeitig in die Wege zu leiten. Dies muss jedoch die Ausnahme bleiben (BVerfG, B. v. 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 - juris Rn. 41).

Zwar stellt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die nach Aktenlage vorgenommene summarische und vorläufige Prüfung insoweit zwar ein wesentliches Element der Interessenabwägung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Sofortvollzuges dar, sie ersetzt aber nicht die Prüfung, ob überhaupt ein besonderes öffentliches Interesse am Sofortvollzug vorliegt (BVerfG, B. v. 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 - juris Rn. 47). Da im vorliegenden Fall weder nach der allein möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage eindeutig festgestellt werden kann, dass der angefochtene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und den Betroffenen in ihren Rechten verletzt, so dass die Hauptsacheklage mit Sicherheit Erfolg haben wird, noch dass der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig ist und der Ausländer damit keinerlei schutzwürdiges privates Interesse daran haben kann, von der Vollziehung des Verwaltungsaktes verschont zu bleiben, ist eine reine Interessenabwägung erforderlich (vgl. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 73 - 77). Es bedarf jedenfalls der weiteren Aufklärung in einem Hauptsacheverfahren, ob die Krankheit der Antragstellerin schwerwiegend ist resp. ob die Behandlung in Jordanien möglich wäre.

Im Hinblick darauf, dass die drohende Abschiebung, die - vergleichbar mit einer Ausweisung (vgl. hierzu BVerfG, B. v. 12.09.1995 - 2 BvR 1179/95 - juris Rn. 41ff.) - nicht selten tief in das Schicksal des Ausländers und seiner Angehörigen eingreift, eine schwerwiegende Maßnahme ist, sind besondere Anforderungen an das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung zu stellen. Durch die Anordnung des Sofortvollzugs wird die Abschiebungsandrohung erheblich verschärft. Die bei einer nachträglichen Änderung der Abschiebungsandrohung grundsätzlich vorliegende aufschiebende Wirkung der Klage (§ 80 Abs. 1 VwGO) stellt sicher, dass das Bleiberecht des Ausländers für die Dauer des Klageverfahrens gewährleistet ist. Für die Verbindung der Abschiebungsandrohung mit der Anordnung des Sofortvollzuges muss entsprechend den obigen Grundsätzen und mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz damit stets ein besonderes, über die Voraussetzungen für die Abschiebung selbst hinausgehendes Erfordernis vorliegen. Es muss ein begründetes öffentliches Bedürfnis bestehen, den Aufenthalt des Ausländers vor rechtskräftigem Abschluss des Klageverfahrens zu beenden. Dabei muss auch berücksichtigt werden, dass eine erhebliche Verzögerung des Verfahrens durch das Bundesamt regelmäßig erkennen lässt, dass ein zwingendes öffentliches Interesse an einer sofortigen Entfernung eines Ausländers aus der Bundesrepublik nicht besteht (vgl. BVerfG, B. v. 30.05.1973 - 1 BvR 155/73 - BVerfGE 35, 177-178 - juris).

Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, dass das Interesse der Antragstellerin an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des streitgegenständlichen Bescheides überwiegt. Zur Begründung des Sofortvollzugs hat das Bundesamt angegeben, dass die Antragstellerin ihrer seit Jahren vollziehbaren Ausreisepflicht bisher nicht nachgekommen sei. Eine Aufenthaltsbeendigung habe sie dadurch vereitelt, dass sie diese über ihre Staatsangehörigkeit getäuscht habe. Der ausschließlich durch die Täuschung ermöglichte rechtswidrige Aufenthalt sei nicht als schützenswert anzusehen. Der durch falsche Angaben erreichte Aufenthalt müsse auch deshalb unverzüglich beendet werden, um andere Ausländer vom gleichen Verhalten abzuschrecken. Diesen Erwägungen stünden keine privaten Interessen entgegen, die eine andere Ermessensentscheidung nahelegen könnten.

Entgegen der Auffassung des Bundesamtes ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen der Aufenthalt der Antragstellerin nun unverzüglich, d. h. vor rechtskräftiger Entscheidung in der Hauptsache, beendet werden müsste, nachdem zwischen Kenntnis des Bundesamtes von der jordanischen Staatsangehörigkeit der Antragstellerin spätestens am 24. September 2014 (siehe Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 23. September 2014, Bl. 17 d.BA) und Erlass des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Oktober 2015 über ein Jahr vergangen ist. Die vorliegende schleppende Durchführung des Asylverfahrens durch das Bundesamt lässt darauf schließen, dass ein zwingendes öffentliches Interesse an der sofortigen Entfernung der Antragstellerin aus der Bundesrepublik nicht besteht.

Auch der von der Behörde angegebene Grund, der Aufenthalt der Antragstellerin müsse unverzüglich beendet werden, um andere Ausländer von gleichem Verhalten (durch falsche Angaben erreichter Aufenthalt) abzuschrecken, lässt die Dringlichkeit des sofortigen Vollzuges nicht deutlich werden. Zwar mag in der Rechtsprechung anerkannt sein, dass Ausländer beispielsweise auch ausgewiesen werden dürfen, um dadurch auf andere Ausländer abschreckend einzuwirken und diese damit zu einem gesetzeskonformen Verhalten zu veranlassen. Entsprechend ist die Ausweisung aus generalpräventiven Gründen grundsätzlich als geeignetes Mittel zum Schutz der öffentlichen Sicherheit anzusehen (BVerfG, B. v. 18.07.1979 - 1 BvR 650/77 - BVerfGE 51, 386 = NJW 1980, 514). Dies gilt aber in erster Linie bei schwerwiegenden Straftaten, wenn die Ausweisung nach der Lebenserfahrung dazu dienen kann, andere Ausländer zur Vermeidung der ihnen sonst drohenden Ausweisung zu einem ordnungsgemäßen Verhalten während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet zu veranlassen (BVerwG, U. v. 1.12.1987 - 1 C 29.85 - NJW 1988, 660 m. w. N.). In dem hier vorliegenden Fall handelt es sich bei der Täuschung über die eigene Staatsangehörigkeit allerdings nicht um eine schwerwiegende Straftat.

Die Kriterien der Dringlichkeit und Eilbedürftigkeit müssen geeignet sein, das aus § 80 Abs. 1 VwGO abzuleitende Interesse des Betroffenen, zunächst nicht tätig werden zu müssen, zu überwinden (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., 2014, § 80 Rn. 35). Unter diesem Aspekt ist bereits fraglich, ob die Anordnung des Sofortvollzugs geeignet ist, auf andere Ausländer abschreckend zu wirken und zum anderen eine angemessene staatliche Reaktion auf das dem Ausländer vorzuwerfende Verhalten darstellt. Auch hier gilt es zu berücksichtigen, dass es sich bei der Täuschung über die eigene Staatsangehörigkeit nicht um eine schwerwiegende Straftat handelt. Hinzu kommt, dass sich die Antragstellerin bei der Aufklärung ihrer Staatsangehörigkeit mitunter durch Vorlage der entsprechenden Dokumente kooperativ gezeigt hat und damit bemüht hat, zur vollen Sachverhaltsaufklärung beizutragen. Unter Berücksichtigung dieser besonderen Umstände des Einzelfalls erscheint es höchst zweifelhaft, ob die Anordnung des Sofortvollzugs ein geeignetes Mittel ist, um dadurch auf potentiell über ihre Staatsangehörigkeit täuschende Ausländer abschreckend zu wirken.

Schwer wiegt aber vor allem, dass das Bundesamt bei seiner Interessenabwägung die Grundrechte der Antragstellerin, nämlich der Schutz ihres Lebens und ihrer Gesundheit gemäß Art 2 Abs. 2 Satz 1 GG, gänzlich außer Acht gelassen hat. Denn der Rechtsschutzanspruch des Bürgers ist umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die ihm auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Auch hat das Bundesamt das Interesse der Antragstellerin, ihre begonnene Berufsausbildung als Arzthelferin fortzusetzen und abzuschließen, nicht als privates Interesse in die Abwägung eingestellt.

3. Dem Antrag war daher mit der sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylVfG ergebenden Kostenfolge stattzugeben.

4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylVfG).

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Das Verwaltungsgericht entscheidet im ersten Rechtszug über alle Streitigkeiten, für die der Verwaltungsrechtsweg offensteht.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

Für die sachliche und örtliche Zuständigkeit gelten die §§ 17 bis 17b des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend. Beschlüsse entsprechend § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes sind unanfechtbar.

(1) Die Zulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges wird durch eine nach Rechtshängigkeit eintretende Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Während der Rechtshängigkeit kann die Sache von keiner Partei anderweitig anhängig gemacht werden.

(2) Das Gericht des zulässigen Rechtsweges entscheidet den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Artikel 14 Abs. 3 Satz 4 und Artikel 34 Satz 3 des Grundgesetzes bleiben unberührt.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.

(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn

1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht,
2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
§ 19 Abs. 1 findet keine Anwendung.

(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.

(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.

(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.

(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.

(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt I.    , I1.     , wird abgelehnt.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das Gerichtskosten nicht erhoben werden


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(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.