Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 17 K 15.31388

published on 08/12/2016 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Dez. 2016 - M 17 K 15.31388
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Gericht

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Tenor

I.

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 2. Oktober 2015 verpflichtet, festzustellen, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Jordaniens vorliegt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger stellte am ... November 2009 als staatenloser Araber aus dem Westjordanland (Palästinensische Autonomiegebiete/Provinz Nablus) einen Asylantrag beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt). Dabei machte er im Wesentlichen gesundheitsbezogene Abschiebungsverbote geltend sowie die bestehenden Repressionen der israelischen Armee gegenüber den Palästinensern im israelisch besetzten Westjordanland.

Mit Bescheid vom 22. September 2010 lehnte das Bundesamt die Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten ab, stellte fest, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und der Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG a. F. nicht vorliegen und forderte den Kläger auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen. Zugleich wurde ihm die Abschiebung nach Israel (Westjordanland) oder einen anderen Staat, in den der Kläger einreisen darf oder der zu seiner Rücknahme verpflichtet ist, angedroht, sollte der Kläger die Ausreisefrist nicht einhalten. Die dagegen vor dem Verwaltungsgericht Regensburg (Az. RN 6 K 10.30400) am 8. Oktober 2010 erhobene Klage nahm die Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 8. Februar 2011 zurück.

Am 15. Februar 2013 stellte der Kläger einen auf Feststellung eines Abschiebungsverbotes gerichteten Wiederaufgreifensantrag aus Krankheitsgründen (§ 60 Abs. 5 und 7 AufenthG), weil er als staatenloser Palästinenser aus dem Westjordanland der dortigen drohenden Festnahme und Schikanen der israelischen Streitkräfte ausgesetzt sei. Nach dem psychologischen Befundbericht vom ... Januar 2013 von ..., Dipl. Psychologin/Psychologische Psychotherapeutin, ..., bei der sich der Kläger seit Mai 2012 in psychotherapeutischer Behandlung befinde, leide dieser unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) (ICD-10, F43.1) sowie komorbid unter Angst, Depression (ICD-10, F41.2) und somatischen Beschwerden. Die Krankheit beruhe auf vielen Gewalterfahrungen, die durch die Besatzungssoldaten im Heimatland verursacht worden seien. Die Traumatisierung habe schon in der frühen Kindheit begonnen. Häufig sei in der Familie voller Trauer darüber gesprochen worden, wie eine ältere Schwester (...) an den Folgen eines Gasangriffs gestorben sei. Auch sei ihm noch schmerzhaft in Erinnerung, wie ein erschossener Cousin blutüberströmt in das Haus getragen worden sei. Infolge eines israelischen Angriffs mit sogenannten „Gummigeschossen“ habe er als kleines Kind ein Auge verloren. Dies sei von Kindheit an für ihn sehr belastend gewesen, weil er permanent von anderen Kindern deswegen ausgegrenzt worden sei. Als Erwachsener habe er wegen dieser Behinderung kaum Arbeitsmöglichkeiten gehabt. Infolge der Auseinandersetzungen mit den umliegenden jüdischen Siedlungen sei es besonders häufig zu Kontrollen und Hausdurchsuchungen durch die Besatzungsmacht gekommen. Er sei des Öfteren grundlos misshandelt worden. Mehrmals sei ihm der Arm ausgerenkt worden und sei es vorgekommen, dass alle jungen Männer in der Schule festgehalten und so gefesselt worden seien, dass sie stundenlang auf einem Bein stehend haben verbringen müssen, damit sie preisgeben, wer im Dorf mit Steinen geworfen habe und anderweitig gewalttätig geworden sei. Wenn er bei den Hausdurchsuchungen versucht habe, seinen Vater vor Repressalien zu bewahren, sei er selbst grob misshandelt worden. Aufgrund seiner Behinderung habe er seine Schwester ... (vgl. das Klageverfahren M 17 K 15.31483) weder vor den Übergriffen durch israelische Soldaten während der Hausdurchsuchungen - eine lange Narbe auf ihrem Kopf zeuge von dem Schlag eines Soldaten - noch vor den Nachstellungen eines im Nachbarhaus lebenden Cousins schützen können.

Seine PTBS sei stark ausgeprägt. Es bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen den berichteten Ereignissen und seiner psychischen Erkrankung. Eine Abschiebung in das Herkunftsland würde einer Reaktualisierung der erlebten Traumata gleichkommen, da der Vorgang der Abschiebung den Kläger in einen Zustand der Hilflosigkeit versetzen würde. Im Herkunftsland, dem Ort der Traumatisierung, wäre zu erwarten, dass er angesichts der allgegenwärtigen Auslösereize immer wieder quälende Intrusionen durchmachen würde, wobei er diese unkontrollierbaren Erinnerungen als real erleben würde, was zu einer Überflutung mit belastendem Material führen würde. Unter derartigen Belastungen sei eine psychische Dekompensation sehr wahrscheinlich. Auch sei zu erwarten, dass der Kläger seine Schwester nicht vor seinem Cousin schützen könnte, was den Kläger enorm unter Stress setzen würde. Unter derartigen Belastungen müsse im Falle einer Abschiebung mit einer erheblichen psychischen Destabilisierung bis hin zum Kontrollverlust und Kurzschlusshandlung mit Fremd- oder Selbstgefährdung gerechnet werden.

Mit E-Mail vom ... und ... Dezember 2013 teilte die Regierung von Oberbayern der Ausländerbehörde des Landratsamtes ... mit, dass der Kläger bisher eine falsche Staatsangehörigkeit angegeben habe, da er jordanischer Staatsangehöriger sei. Ein entsprechender Nationalpass liege ausweislich des Ausländerzentralregisters für ihn vor.

Die Bevollmächtigte des Klägers legte mit Schriftsatz vom 23. September 2014 einen neuen psychologisch-psychotherapeutischen Befundbericht von ..., Dipl.-Psychologin ..., vom ... August 2014 vor. Danach sei der Kläger in ... geboren. Dies ergebe sich auch aus dem Reiseausweis der palästinensischen Autonomiebehörde, der inzwischen vorliege und den der Vater des Klägers aus dem Westjordanland mitgebracht habe. Nach Angaben des Klägers sei die Familie seines Vaters 1959 und die Familie seiner Mutter 1967 nach ... geflohen. Dort hätten seine Eltern (nach den Angaben der Mutter) 1972 standesamtlich geheiratet. 1990 sei die irakische Armee in ... einmarschiert und die Familie habe ihr dortiges Aufenthaltsrecht verloren sowie nach Jordanien ausreisen müssen. Nur der Vater habe die Erlaubnis erhalten, nach ... (Bezirk: ..., Provinz: .../Westjordanland) zurückzukehren und sich dort niederzulassen. Mutter und Kindern sei diese Erlaubnis verwehrt worden. Mit einer israelischen (Ausnahme)Genehmigung habe die Familie dennoch abwechselnd sieben Monate in .../Westjordanland und fünf Monate in Jordanien gelebt. Seit 1948 sei es völkerrechtlich vereinbart, dass alle palästinensischen Einwohner jeweils die Pässe der Länder (respektive Ägypten, Jordanien oder Syrien) erhielten, in deren Umkreis sie leben, um überhaupt die Möglichkeit zu haben, reisen zu können. Sein Vater habe damals einen jordanischen Pass erhalten, um in ... arbeiten zu dürfen. Die Kinder seien in den Pass eingetragen worden. Sie hätten sich in Jordanien lediglich aufgehalten, um jeweils auf die Ausstellung der erforderlichen Unterlagen der israelischen Behörden zu warten, um wieder in ... leben zu dürfen. Mit Erreichen der Volljährigkeit sei diese Eintragung im jordanischen Pass des Vaters erloschen. Danach habe keines der Kinder ... verlassen können, da es sonst nicht mehr hätte zurückkehren dürfen. Somit hätten sie in ... ohne die erforderlichen israelischen Genehmigungen gelebt. Seiner Mutter sei mit den drei kleineren Geschwistern im Jahr 2003 die Flucht gelungen. Der Kläger, seine Schwester ... und sein Vater seien jedoch gefasst worden und hätten nach Palästina zurückkehren müssen. Aufgrund der permanenten gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Besatzungsmacht und Bevölkerung habe der Kläger in beständiger Angst gelebt, da auch seine Familie - wie dargestellt - mehrfach von Übergriffen betroffen gewesen sei. Als er ein Kind war, sei er durch eine Explosion im Nebenhaus schwer verletzt worden. Dutzende Glas- und Metallsplitter seien in seinen Hals eingedrungen, die in einer langen Operation hätten entfernt werden müssen, was noch heute an einer langen Narbe sichtbar sei. 2009 sei seiner Schwester und ihm mit Hilfe eines jüdischen Schleusers die Flucht gelungen. Die tagelangen Strapazen, eingesperrt im fensterlosen dunklen Schiffsbauch eines Frachtschiffes ohne Kontakt zur Außenwelt und unter haarsträubenden hygienischen Bedingungen, seien ebenfalls traumatisierend für ihn gewesen.

Nach dem psychologischen Befundbericht vom ... August 2015 der Dipl.-Psychologin und Psychotherapeutin ... von ... leide der Kläger unter einer ausgeprägten PTBS (ICD-10, F43.1), komorbid an einer rezidivierenden depressiven Störung, derzeit mittelgradige depressive Episode (ICD-10, F33.1) sowie an einer generalisierten Angststörung (ICD-10, F41.1) und an körperlichen Beschwerden. Das Gefährliche bei einer Abschiebung nach Jordanien wäre für ihn, dass er umgehend an Polizei und Geheimdienst überstellt werden könnte. Erfahrungsgemäß würde er auf unbestimmte Zeit verhört werden, da die jordanischen Behörden bei abgeschobenen Rückkehrern davon ausgingen, dass entweder Terrorismusverdacht bestünde oder er von Deutschland aus als Spion eingeschleust würde. Darüber hinaus habe er in Jordanien keinerlei Anbindungen und Kontakte und auch keine Unterkunft. Fraglich sei zudem, ob er mit seinem stark eingeschränkten Sehvermögen jemals Arbeit finden könne, da dies bereits in der Vergangenheit ein großes Hindernis dargestellt habe. Eine Abschiebung in das Herkunftsland oder nach Jordanien würde einer Reaktualisierung der erlebten Traumata gleichkommen, da der Vorgang der Abschiebung den Kläger in einen Zustand der Hilflosigkeit versetzen würde. Er wäre dem Abschiebungsvorgang genauso ausgeliefert wie seinerzeit den traumatischen Gewalterlebnissen in seinem Herkunftsland. Es müsse mit einer erheblichen psychischen Destabilisierung bis hin zum Kontrollverlust gerechnet werden. Unter derartigen Belastungen könnte es auch zu einer Kurzschlusshandlung mit Suizidgefahr kommen.

Mit Bescheid vom 2. Oktober 2015, der der Bevollmächtigten des Kläger mit Schreiben vom 9. Oktober 2015 übersandt wurde, stellte das Bundesamt fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 1). Die mit Bescheid des Bundesamtes vom 20. September 2010 (Gesch.-Z. 5399822-499) erlassene Abschiebungsandrohung wurde dahingehend geändert, dass der Kläger für den Fall, dass er der Ausreiseaufforderung nicht nachkommt, nach Jordanien abgeschoben wird (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3).

Zur Begründung führt das Bundesamt im Bescheid aus: Das Verfahren sei wieder zu eröffnen gewesen, da eine Prüfung für den jetzt festgestellten Zielstaat (Jordanien) noch nicht erfolgt gewesen sei. Zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG lägen hinsichtlich Jordanien nicht vor. Die vorgelegten psychologischen Befundberichte vom ... Januar 2015 und ... August 2014 würden bereits keine notwendigen nachvollziehbaren Diagnosen psychischer Erkrankungen des Klägers, insbesondere einer PTBS, wiedergeben. Die Abschiebungsandrohung sei auf den neuen Zielstaat zu ändern gewesen. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Bescheides Bezug genommen.

Die Bevollmächtigte des Klägers erhob mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2015, dem Bayerischen Verwaltungsgericht München am 21. Oktober 2015 zugegangen, Klage mit dem Antrag,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesamtes vom 2. Oktober 2015 zu verpflichten, festzustellen, dass bei dem Kläger ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Jordanien vorliegt.

Bereits im August 2014 habe er der Ausländerbehörde mitgeteilt, dass er die jordanische Staatsangehörigkeit besitze. Am ... September 2014, das heißt vor mehr als einem Jahr, sei der Ausländerbehörde der jordanische Reisepass des Klägers übersandt worden. Auch dem Bundesamt sei am ... September 2014 mitgeteilt worden, dass der Kläger die jordanische Staatsangehörigkeit besitze. Der Kläger sei schwerwiegend psychisch erkrankt und stehe seit drei Jahren in ständiger psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung. Obwohl es sich bei Jordanien nicht um ein extrem armes Land handele, seien die psychiatrischen Behandlungsmöglichkeiten sehr beschränkt. Aus einem Bericht von IREN vom 1. November 2007 ergebe sich, dass es - jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt - in Jordanien nur zwei psychiatrische Krankenhäuser gegeben habe. Neuere Berichte des UNHCR und anderer Hilfsorganisationen würden sich ausschließlich mit den Behandlungsmöglichkeiten für die inzwischen nach Jordanien geflohenen syrischen Flüchtlinge beschäftigen. Zu dieser Personengruppe gehöre der Kläger nicht. Es stehe außer Frage, dass viele syrische Flüchtlinge, die in Jordanien leben, psychiatrischer und psychotherapeutischer Hilfe benötigten. Um diese Zielgruppe würden sich viele Nichtregierungsorganisationen kümmern, ohne jedoch den tatsächlichen Bedarf decken zu können. Als Jordanien-Palästinenser werde der Kläger als Staatsbürger „zweiter Klasse“ behandelt. Die UNRWA habe die Mittel kürzen müssen und könne die palästinensischen Flüchtlinge in Jordanien nicht mehr in vollem Umfang unterstützen. Es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger, dessen Familie in Deutschland und im europäischen Ausland lebe, bei einer Rückkehr nach Jordanien in der Lage wäre, die benötigte Behandlung zu erlangen. Es bestünde die konkrete Gefahr, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers alsbald nach der Abschiebung wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlimmern würde. Zugleich wurde ein nervenärztliches Attest der Fachärztin für Psychiatrie, ..., vom ... Oktober 2015 vorgelegt, in dem bestätigt werde, dass der Kläger an einer PTBS mit schweren Schlafstörungen, Angstattacken, erhöhter Ängstlichkeit und Schreckhaftigkeit leide. Er bekomme ein Psychopharmakon, das ihm helfe, etwas Ruhe zu finden und zumindest zeitweise schlafen zu können.

Das Bundesamt übersandte mit Schreiben vom 4. November 2015 die Behördenakte und stellte keinen Antrag.

Das Verwaltungsgericht München stellte mit Beschluss vom 25. Februar 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 2. Oktober 2015 wieder her (M 17 S 15.31389) und ordnete mit Beschluss vom 5. April 2016 die Einholung eines Sachverständigengutachtens an.

Unter dem ... Oktober 2016 erstattete das Klinikum der Universität ... und ... für Psychiatrie und Psychotherapie, Abteilung für Forensische Psychiatrie, Prof. ... ein psychiatrisches Gutachten. Es kommt zum Ergebnis, dass beim Kläger eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik aufgrund langandauernder psychosozialer Belastungsfaktoren (ICD-10: F43.2) und eine mittelgradige Depression (ICD-10: F32.1) vorliegen.

Die Klägerbevollmächtigte vertrat dazu mit Schreiben vom 14. November 2016 die Ansicht, angesichts der Ergebnisse liege ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 S 15.31389 sowie auf die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage, über die mit Einverständnis der Klagepartei (Schriftsatz vom 7. Dezember 2016) und der Beklagten (allgemeine Prozesserklärung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 25. Februar 2016 - Generalerklärung) ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 101 Abs. 2 VwGO), ist begründet.

Der Kläger hat Anspruch darauf, dass die Beklagte unter entsprechender Aufhebung ihres Bescheids vom 2. Oktober 2015 verpflichtet wird, ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Jordaniens gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen (vgl. § 113 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 VwGO).

Die Voraussetzungen des § 71 AsylG i. V. m. § 51 VwVfG für die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens liegen hier unbestritten vor, da eine Prüfung von Abschiebungsverboten für den jetzt festgestellten Zielstaat Jordanien noch nicht erfolgt ist. Insbesondere ist der am 15. Februar 2013 gestellte Asylfolgeantrag innerhalb von 3 Monaten ab Kenntnis des Grundes für das Wiederaufgreifen gestellt worden (vgl. § 51 Abs. 3 VwVfG), nachdem dem Kläger erstmalig mit dem psychologischen Befundbericht der Dipl.-Psychologin und Psychologischen Psychotherapeutin Frau ..., ..., vom ... Januar 2013 eine ernste psychische Erkrankung attestiert worden ist. Auf den Asylfolgeantrag des Klägers hin ist die Beklagte auch zur Feststellung eines Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu verpflichten, weil zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG) beim Kläger aufgrund einer gutachterlich festgestellten schweren psychischen Erkrankung ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot vorliegt.

Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Umfasst werden von dieser Vorschrift nur sogenannte zielstaatsbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen. Die Vorschrift kann einen Anspruch auf Abschiebungsschutz begründen, wenn die Gefahr besteht, dass sich die Krankheit eines ausreisepflichtigen Ausländers in seinem Herkunftsland wesentlich verschlechtert. Für die Bestimmung der „Gefahr“ gilt der Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, d. h. die drohende Rechtsgutverletzung darf nicht nur im Bereich des Möglichen liegen, sondern muss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten sein (BVerwG, B. v. 2.11.1995 - 9 B 710/94 - juris). Eine Gefahr ist „erheblich“, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand des Ausländers wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde. Eine wesentliche Verschlechterung ist nicht schon bei einer befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustandes anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden. Außerdem muss die Gefahr konkret sein, was voraussetzt, dass die Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach der Rückkehr des Betroffenen in sein Herkunftsland eintreten wird, weil er auf die dort unzureichenden Möglichkeiten zur Behandlung seiner Leiden angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. BVerwG, U. v. 29.7.1999 - 9 C 2/99 - juris Rn. 8). Der Abschiebungsschutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dient hingegen nicht dazu, eine bestehende Erkrankung optimal zu behandeln oder ihre Heilungschancen zu verbessern. Diese Vorschrift begründet insbesondere keinen Anspruch auf Teilhabe am medizinischen Fortschritt und Standard in der medizinischen Versorgung in Deutschland (vgl. VG Arnsberg, B. v. 23.2.2016 - 5 L 242/16.A - juris Rn. 64 m. w. N.).

Mit der ab dem 17. März 2016 geltenden gesetzlichen Regelung hat auch der Gesetzgeber klargestellt, dass eine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus gesundheitlichen Gründen nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vorliegt (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG). Es wird im Falle einer Erkrankung nicht vorausgesetzt, dass die medizinische Versorgung im Herkunftsland mit der Versorgung in Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG). Nach der Gesetzesbegründung kann eine schwerwiegende Erkrankung in Fällen von PTBS regelmäßig nicht angenommen werden, sondern nur ausnahmsweise, wenn die Abschiebung zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung führt (vgl. BT-Drs. 18/7538 S. 18).

Zwar begründet eine Selbstmordgefahr, die in Verbindung mit einer bevorstehenden Abschiebung steht, kein zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern allenfalls ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis, das gemäß § 60a AufenthG gegenüber der Ausländerbehörde geltend zu machen ist (BVerfG, B. v. 26.2.1998 - 2 BvR 185/98 - juris). Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Jordanien wegen seiner psychischen Erkrankung alsbald in eine lebensbedrohliche Situation geraten würde.

Eine lebensbedrohliche Situation ist für den Kläger bei einer Rückkehr nach Jordanien zu befürchten, weil der Kläger an einer Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik aufgrund langandauernder Belastungsfaktoren (ICD-10: F43.2) und einer mittelgradigen Depression (ICD-10:F32.1) leidet und eine medizinische Behandlung des Klägers in Jordanien jedenfalls nicht finanzierbar und damit erreichbar ist.

Das 24 Seiten umfassende psychiatrische Gutachten von Prof. ... und Frau ... (Klinikum der ... für Psychiatrie und Psychotherapie, Abteilung für ...) vom ... Oktober 2016, das aufgrund des Beweisbeschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 5. April 2016 eingeholt worden ist, kommt nach Auswertung sämtlicher vorhandener medizinischer und sonstiger Unterlagen und einer persönlichen Befragung des Klägers am 25. August 2016 zum Ergebnis, dass beim Kläger zwar keine PTBS, jedoch eine Anpassungsstörung mit depressiver Symptomatik aufgrund langandauernder Belastungsfaktoren (ICD-10: F43.2) und eine mittelgradige Depression (ICD-10:F32.1) vorliegt. Üblicherweise sind Anpassungsstörungen zeitlich limitiert und auf zwei Jahre begrenzt. Sie können allerdings chronifizieren und werden dann entsprechend der vorhersehenden Symptomatik codiert. Die Chronifizierung wird in der Regel durch fortbestehende Belastungsfaktoren bedingt. Das Krankheitsbild ist auf frühkindliche, kindliche (Verlust von regelmäßigen Kontakt zur Mutter, Verlust von Schwester, Körperliche Behinderung und Ausgrenzung infolge dessen) und jugendliche (Flucht von Mutter und Geschwistern, permanente Bedrohung und fehlenden Ressourcen oder Bezugspersonen) Erfahrungen bei langandauernden Belastungsfaktoren zurückzuführen. Insgesamt handelt es sich um ein schwerwiegendes Krankheitsbild mit hohem Leidensdruck, dass eine regelmäßige, langfristige, komplexe therapeutische Begleitung notwendig macht. Eine unabdingbare Voraussetzung für die Besserung des Befindens des Klägers ist, abgesehen von der Anwendung adäquater Therapiemaßnahmen (soziotherapeutisch und psychotherapeutisch), die Gewissheit einer sicheren und konstanten Umgebung. Die weitere Entwicklung von Ressourcen (seine neu gegründete Familie, aber auch die weitere berufliche Entwicklung) sind nötig für die Erreichung einer emotionalen Stabilität, ohne welche der Kläger weiteren Belastungsreaktionen nicht gewachsen ist und emotional dekompensieren kann. Die Folgen einer solchen Dekompensation sind von vielen anderen Faktoren abhängig und nicht wirklich vorhersehbar, schließen aber Suizidalität ein. Ein Abbruch der bereits begonnenen Therapie kann gravierende Folgen für die Gesundheit des Klägers haben, sie beeinträchtigen und die weitere Stabilisierung verhindern. Die aktuell positive Entwicklung des Klägers kann durch die Ablehnung seines Asylantrags einen Rückschlag erfahren, und zu kopflosem und resignativem Verhalten führen, welches psychiatrisch am ehesten als schwere Depression mit Suizidalität zu klassifizieren ist. Eine Abschiebung würde mit Sicherheit zu einer erheblichen Verschlechterung und einem dauerhaften Schaden seiner psychischen Gesundheit führen.

Dieses fachärztliche Gutachten ist nachvollziehbar und enthält keine Widersprüche oder strukturellen Mängel.

Es bestätigt - mit Ausnahme einer bestehenden PTBS - in wesentlichen Teilen die vorliegenden psychologischen Befundberichte vom ... Januar 2013 von ..., Dipl. Psychologin/Psychologische Psychotherapeutin, ... und vom ... August 2015 der Dipl.-Psychologin und Psychotherapeutin ...

Es ist zudem nicht davon auszugehen, dass dem Kläger eine adäquate psychiatrische Behandlung einschließlich einer medikamentösen Therapie, auf die der Kläger angewiesen ist, in seinem Herkunftsland Jordanien trotz der prinzipiell existierenden Behandlungsmöglichkeiten nicht zur Verfügung steht. Ausweislich der Auskunft der Deutschen Botschaft in Amman vom ... November 2015 sind psychiatrische Erkrankungen und speziell Depressionen zwar grundsätzlich in Jordanien behandelbar. Jedoch wird die Behandlung von psychiatrischen Erkrankungen generell nicht von der freiwilligen Krankenversicherung abgedeckt (VG Würzburg, U. v. 19.02.2016 - W 2 K 13.30028 - UA S. 15). In der Regel ist eine Behandlung für Mittellose bzw. nicht Krankenversicherte nicht möglich. Eine Behandlung (ebenso eine aufsuchende Behandlung) ist kostenpflichtig.

Gemessen an den vorliegenden Erkenntnissen wäre dem Kläger aufgrund fehlender finanzieller Mittel ein Zugang zu einer aufsuchenden Behandlung und Medikamenten verwehrt. Unter Zugrundelegung der Auskunftslage müsste der Kläger mangels Leistungen durch die Krankenversicherung sowohl die Kosten für eine aufsuchende fachärztliche Betreuung als auch für die Medikation selbst aufbringen. Obwohl er derzeit in Deutschland einer beruflichen Tätigkeit nachgeht und einer seiner Brüder in Jordanien lebt, ist nicht damit zu rechnen, dass der ungelernte Kläger aufgrund seiner Schwerbehinderung mit einem Grad der Behinderung von 50, des Verlusts eines Auges, seiner Herkunft aus dem Westjordanland und seines derzeitigen Gesundheitszustandes in der Lage sein wird, neben seinem Lebensunterhalt die Kosten seiner gesundheitlichen Versorgung zu erwirtschaften. Unter diesen Voraussetzungen wäre es dem Kläger mangels hinreichender finanzieller Mittel nicht möglich, die benötigte psychiatrische Versorgung in Jordanien zu erreichen. Infolgedessen besteht die konkrete Gefahr, dass sich die psychische Krankheit des Klägers in Jordanien erheblich verschlimmert.

Nach alledem ist das Gericht davon überzeugt, dass der Kläger bei einer Rückkehr nach Jordanien in eine ausweglose Situation geraten würde. Selbst wenn der Gefahr eines Selbstmords im Zusammenhang mit der Abschiebung durch ärztliche Begleitung vor und während der Abschiebung entgegengewirkt werden könnte, besteht bei einer Rückkehr des Klägers nach Jordanien derzeit eine erhebliche konkrete Gefahr für das Leben des aktuell (im Hinblick auf die üblicherweise zeitliche Limitierung der Anpassungsstörung) psychisch kranken Klägers.

Vor diesem Hintergrund bejaht das Gericht beim Kläger das Vorliegen eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.

Der Klage wird daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattgegeben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG). Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl
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published on 09/12/2016 00:00

Tenor I. Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung der Ziffern 2 und 3 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 16. Oktober 2015 verpflichtet festzustellen, dass bei der Klägerin die Voraussetzungen
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Tenor I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid vom 2. Oktober 2015 wird wiederhergestellt. II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gründe I. Der An
published on 23/02/2016 00:00

Tenor Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung von Rechtsanwalt I.    , I1.     , wird abgelehnt. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgelehnt. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens, für das
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published on 07/04/2017 00:00

Tenor I. Das Vollstreckungsverfahren wird eingestellt. II. Die Kosten des gerichtskostenfreien Vollstreckungsverfahrens hat der Antragsteller und Vollstreckungsgläubiger zu tragen. Gründe I. Mit Urtei
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Annotations

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Stellt der Ausländer nach Rücknahme oder unanfechtbarer Ablehnung eines früheren Asylantrags erneut einen Asylantrag (Folgeantrag), so ist ein weiteres Asylverfahren nur durchzuführen, wenn die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes vorliegen; die Prüfung obliegt dem Bundesamt. Das Gleiche gilt für den Asylantrag eines Kindes, wenn der Vertreter nach § 14a Abs. 3 auf die Durchführung eines Asylverfahrens verzichtet hatte.

(2) Der Ausländer hat den Folgeantrag persönlich bei der Außenstelle des Bundesamtes zu stellen, die der Aufnahmeeinrichtung zugeordnet ist, in der er während des früheren Asylverfahrens zu wohnen verpflichtet war. Wenn der Ausländer das Bundesgebiet zwischenzeitlich verlassen hatte, gelten die §§ 47 bis 67 entsprechend. In den Fällen des § 14 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 oder wenn der Ausländer nachweislich am persönlichen Erscheinen gehindert ist, ist der Folgeantrag schriftlich zu stellen. Der Folgeantrag ist schriftlich bei der Zentrale des Bundesamtes zu stellen, wenn

1.
die Außenstelle, die nach Satz 1 zuständig wäre, nicht mehr besteht,
2.
der Ausländer während des früheren Asylverfahrens nicht verpflichtet war, in einer Aufnahmeeinrichtung zu wohnen.
§ 19 Abs. 1 findet keine Anwendung.

(3) In dem Folgeantrag hat der Ausländer seine Anschrift sowie die Tatsachen und Beweismittel anzugeben, aus denen sich das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes ergibt. Auf Verlangen hat der Ausländer diese Angaben schriftlich zu machen. Von einer Anhörung kann abgesehen werden. § 10 gilt entsprechend.

(4) Liegen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vor, sind die §§ 34, 35 und 36 entsprechend anzuwenden; im Falle der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) ist § 34a entsprechend anzuwenden.

(5) Stellt der Ausländer, nachdem eine nach Stellung des früheren Asylantrags ergangene Abschiebungsandrohung oder -anordnung vollziehbar geworden ist, einen Folgeantrag, der nicht zur Durchführung eines weiteren Verfahrens führt, so bedarf es zum Vollzug der Abschiebung keiner erneuten Fristsetzung und Abschiebungsandrohung oder -anordnung. Die Abschiebung darf erst nach einer Mitteilung des Bundesamtes, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nicht vorliegen, vollzogen werden, es sei denn, der Ausländer soll in den sicheren Drittstaat abgeschoben werden.

(6) Absatz 5 gilt auch, wenn der Ausländer zwischenzeitlich das Bundesgebiet verlassen hatte. Im Falle einer unerlaubten Einreise aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) kann der Ausländer nach § 57 Abs. 1 und 2 des Aufenthaltsgesetzes dorthin zurückgeschoben werden, ohne dass es der vorherigen Mitteilung des Bundesamtes bedarf.

(7) War der Aufenthalt des Ausländers während des früheren Asylverfahrens räumlich beschränkt, gilt die letzte räumliche Beschränkung fort, solange keine andere Entscheidung ergeht. Die §§ 59a und 59b gelten entsprechend. In den Fällen der Absätze 5 und 6 ist für ausländerrechtliche Maßnahmen auch die Ausländerbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Ausländer aufhält.

(8) Ein Folgeantrag steht der Anordnung von Abschiebungshaft nicht entgegen, es sei denn, es wird ein weiteres Asylverfahren durchgeführt.

(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn

1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat;
2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden;
3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.

(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.

(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.

(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.

(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.