Verwaltungsgericht München Urteil, 16. Juni 2016 - M 12 K 16.160

bei uns veröffentlicht am16.06.2016

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist ein am ... geborener Polizei ... Er beantragte am 23. Februar 1995 eine Dienstunfalluntersuchung betreffend einen Dienstunfall vom 24. November 1994. Er trug vor, beim Laufen während des Dienstsports mit einem Mitspieler kollidiert und gestürzt zu sein. Hierbei habe er sich Verletzungen am linken Schultergelenk und am linken Knie zugezogen.

Der Medizinalrat der ...abteilung Dr. K. hat am 28. April 1995 als unfallbedingt eine Distorsion des linken Schultergelenks sowie eine kernspintomographisch nachweisbare Läsion des Innenmeniskushinterhorns attestiert (Bl. 10 der Behördenakte - BA).

Die radiologische Gemeinschaftspraxis Dr. S., ..., hat aufgrund der Kernspinuntersuchung vom 7. Dezember 1994 einen Verdacht auf Meniskopathie festgestellt (Bl. 12 BA).

Mit Bescheid vom 4. Mai 1995 hat die Bezirksfinanzdirektion Regensburg den Unfall vom 24. November 1994 als Dienstunfall im Sinne des § 31 Beamtenversorgungsgesetz anerkannt und festgestellt, dass der Kläger grundsätzlich Anspruch auf Unfallfürsorgeleistungen hat. Als Dienstunfallfolgen wurden festgestellt: AC-Gelenksdistorsion links, kernspintomographisch nachweisbare Läsion des Innenmeniskushinterhorns links (Bl. 13 BA).

In der Folgezeit stellte der Kläger einen Antrag auf Erstattung der Kosten aus Anlass des Dienstunfalls vom „4. November 1994“ (gemeint wohl 24. November 1994; Bl. 21ff. BA).

Medizinalrat Dr. K. von der ...abteilung teilte mit Schreiben vom 23. August 1995 der Bezirksfinanzdirektion R. mit, der Kläger sei zuletzt am 23. August 1995 zu seinem Unfall befragt worden. Er habe angegeben, weiterhin Schmerzen im Schultergelenk links zu haben. Hierdurch sei die Nachtruhe beeinträchtigt. Weiterhin klage er über Krepitationen und eine schmerzhafte Bewegungseinschränkung der linken Schulter. Das linke Knie sei derzeit nicht voll zu beugen. Es sei vereinbart worden, dass sich der Kläger nochmals bei einem Orthopäden vorstelle und eventuell eine Kur oder doch eine operative Revision durchführe (Bl. 32 BA).

Am ... November 1995 übersandte der Kläger der Bezirksfinanzdirektion R. ein ärztliches Gutachten in Kopie mit der Bitte, seinen Antrag auf einen Sanatoriumsaufenthalt zu befürworten (Bl. 46 BA). Aus der polizeiärztlichen Stellungnahme vom 12. Dezember 1995 (Bl. 51 BA) ergibt sich, dass von dem behandelnden Orthopäden ein stationäres Heilverfahren zur intensivierten Therapie empfohlen werde. Dies erscheine auch aus polizeiärztlicher Sicht sinnvoll (Bl. 51 BA).

Am ... Januar 1996 stellte der Kläger bei der Bezirksfinanzdirektion Regensburg einen Antrag auf Genehmigung des Sanatoriumsaufenthaltes entweder in … oder in ... Der Polizeiarzt habe den Sanatoriumsaufenthalt befürwortet (Bl. 61 BA).

Mit Bescheid vom 4. März 1996 genehmigte die Bezirksfinanzdirektion Regensburg dem Kläger eine Sanatoriumsbehandlung für die Dauer von 4 Wochen in ... Sie sollte spätestens 6 Monate nach Erhalt der Genehmigung angetreten werden, die Frist wurde bis Ende Oktober 1996 verlängert (Bl. 71 BA).

Der Kläger beantragte laufend die Erstattung von Kosten aus Anlass des Dienstunfalls (Bl. 74 ff. BA). Am 23. Oktober 1996 trat der Kläger die stationäre Heilbehandlung in der ...- und ...-Klinik in ... an. Die Klinik führte mit Schreiben vom 13. November 1996 aus, der Aufenthalt solle um zwei Wochen verlängert werden (Bl. 103 BA). Mit Bescheid vom 18. November 1996 genehmigte die Bezirksfinanzdirektion R. die Kurverlängerung um insgesamt zwei Wochen (Bl. 110 BA).

Der Kläger stellte weiterhin laufend Anträge auf Genehmigung von Heilbehandlungskosten für den festgestellten Dienstunfall (Bl. 113 BA).

Die Bezirksfinanzdirektion Regensburg bat mit Schreiben vom 29. März 2000 den ärztlichen Dienst bei der Bayerischen Polizei um Erstellung eines Schlussgutachtens (Bl. 176 BA). Dr. K. teilte am 17. Juli 2000 mit, der Kläger habe sich am 11. Juli 2000 zur Untersuchung vorgestellt. Eine abschließende Beurteilung sei noch nicht möglich, zunächst sei noch vorgesehen, die bestehenden Therapiemöglichkeiten weiter abzuklären, nach Abschluss dieser Maßnahme werde berichtet (Bl. 178 BA).

Am ... Juli 2001 erstellte der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei ein Gutachten (Bl. 185 BA). Grundlage dieser Begutachtung sei die Dienstsportverletzung vom 24. November 1994 mit AC-Gelenksdistorsion links und Innenmeniskushinterhornläsion links als anerkannte Folge. Der Verlauf sei offensichtlich protrahiert, wobei der Kläger operative Behandlungsverfahren abgelehnt habe. Auf die Stellungnahme des Dr. K. vom 12. Dezember 1995 (Bl. 51 d. Behördenakte) werde verwiesen. Im Jahr 1996 habe eine stationäre Rehabilitationsbehandlung in ... stattgefunden, ein Bericht darüber liege nicht vor. Herr Dr. K. habe mitgeteilt, dass eine abschließende Untersuchung noch nicht möglich sei, weil die bestehenden Therapiemöglichkeiten weiter abgeklärt werden müssten. Bezugnehmend auf dieses Schreiben werde gebeten, den Beamten noch einmal um eine Abschlusserklärung und um Übersendung des Entlassungsberichtes der stationären Rehabilitationsbehandlung zu bitten (Bl. 185 BA).

Am ... August 2002 erstellte der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei ein polizeiärztliches Gutachten über den Kläger (Bl. 195 BA). Der Kläger habe auf das unveränderte Beschwerdebild hingewiesen. Die Entlassung aus der Rehabilitation sei lt. Abschlussfeststellung bei Beschwerdefreiheit des linken Kniegelenks und fortbestehender Bewegungseinschränkung des linken Armes erfolgt. Der Kläger sei ... bei der Polizei.... Zusammenfassend könne festgestellt werden, dass der Dienstunfall auf Dauer nicht abgeschlossen werden könne. Eine dienstunfallrechtlich relevante Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) ergäbe sich aus derzeitiger Sicht nicht. In der Akte befindet sich der Abschlussbericht der Rehabilitationseinrichtung der Stadt ... vom 14. Januar 1997 (Bl. 207 BA).

Am 3. April 2003 beantragte der Kläger wieder einen 3-4 wöchigen Sanatoriumsaufenthalt in der Rehabilitationseinrichtung ... (Akte III, Bl. 4 BA). Der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei führte mit Schreiben vom 17. April 2003 aus, es stelle sich die Frage, ob die Dienstunfallschäden Schulter- bzw. Knie kurbegründend seien oder ob doch eher die dienstunfallunabhängige Bandscheibenproblematik im Vordergrund stehe. Dies solle der Kläger nochmals darlegen (Akte III, Bl. 17 BA).

Der beauftragte Orthopäde Dr. P. teilte mit Schreiben vom 3. Juni 2003 mit, im Vordergrund der Behandlung stehe das linke Kniegelenk. Hier sei aufgrund der ausgeprägten Muskelschwäche und der nach wie vor bestehenden Schwellneigung des Gelenkes eine intensive stationäre Behandlung erforderlich. Begleitend dazu sollte sowohl die linke Schulter mit der alten AC-Sprengung als auch die Situation im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule mit Osteochondrose im Segment L5/S1 behandelt werden (Akte III, Bl. 25 BA).

Der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei teilte mit Schreiben vom 23. Juni 2003 mit, aus polizeiärztlicher Sicht sei die vorgesehene Sanatoriumsbehandlung als wenigstens gleichwertig dienstunfallbedingt anzusehen und somit der Dienstunfallunfallzusammenhang zu bestätigen (Akte III, Bl. 32 BA).

Mit Bescheid vom 1. Juli 2003 genehmigte die Bezirksfinanzdirektion Regensburg dem Kläger eine dreiwöchige Sanatoriumsbehandlung in ... (Akte III, Bl. 39 BA).

Die Rehabilitationseinrichtung teilte am 23. Juli 2003 der Bezirksfinanzdirektion Regensburg mit, im Vordergrund stehe beim Kläger ein psychovegetativer Erschöpfungszustand mit Ein- und Durchschlafstörungen aufgrund des Schichtdienstes, zudem eine Lumboischialgie bei Osteochondrose L5/S1 und ein Zustand nach AC-Gelenksprengung links mit beginnender AC-Gelenksarthrose, ferner eine Gonarthrose II mit Zustand nach Innen- und Außenmeniskusresektion 09/02. Eine Verlängerung der Therapiemaßnahme von drei auf vier Wochen sei dringend erforderlich (Akte III, Bl. 42 BA).

Am 11. November 2003 hat die ... Klinik in ... über den Kläger berichtet (Akte III, Bl. 56 BA).

Der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei hat am ... Januar 2008 ein Gutachten erstellt (Akte III, Bl. 60ff. BA). Er führte im Wesentlichen aus, im Vordergrund der Problematik stünden Schulterbeschwerden links und Kniebeschwerden links. Die Behandlungen an der linken Schulter und am linken Knie seien aus derzeitiger Sicht weiterhin noch im Dienstunfallzusammenhang zu sehen.

Am ... Juni 2013 übersandte der Kläger einen MRT- Bericht des Oberarztes E. vom 11. Februar 2013 (Akte III, Bl. 65 BA). Die polizeiärztliche Stellungnahme vom 10. Juli 2013 (Akte III, Bl. 68 ff. BA) führt aus, die geltend gemachten Kosten bzw. die zugrunde liegende Beschwerdeproblematik könne im Dienstunfallzusammenhang nicht erklärt werden.

Das Landesamt für Finanzen bat mit Schreiben vom 22. Juni 2014 den ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei um ein Schlussgutachten (Akte III, Bl. 76 BA).

Mit Schreiben vom ... Juli 2014 teilte der ärztliche Dienst der Bayerischen Polizei mit, bei dem mittlerweile zwanzig Jahre zurückliegenden Dienstunfall zeichne sich offensichtlich weder hinsichtlich des linken Kniegelenks noch hinsichtlich der linken Schulter ab, dass eine zufriedenstellende Situation eintrete oder die Restbeschwerden von dem Beamten akzeptiert würden. Er bitte deshalb um Bilanzziehung und bewusst auch um Überprüfung der Schultersituation links und Kniesituation links im Rahmen einer externen Begutachtung (Akte III, Bl. 78 BA).

Im Gutachten des Oberarztes Dr. J. im ... Klinikum, ..., vom 27. November 2014 wird ausgeführt, wegen der Unfallfolgen seien regelmäßige physiotherapeutische Maßnahmen angezeigt. Hier sollte insbesondere der Schwerpunkt auf den Muskelaufbau sowie auf Dehnübungen der Gelenke gerichtet werden. Von der LWS - Problematik mit nachgewiesenen Bandscheibenschäden sei bewusst Abstand genommen worden. Eine kausale Beweisführung zu den anderen Verletzungen sei nicht möglich (Alte III, Bl. 84 ff. BA).

Mit Schreiben vom ... Dezember 2014 bat der Kläger, weitere dienstlich bedingte körperliche Schädigungen aufzunehmen:

- „2facher Bandscheibenvorfall Lende - MRT vom Januar 2014

- BWS (Bandscheibenschädigung ?) noch undiagnostiziert

- HWS (Bandscheibenschädigung ?) hierzu auch bereits anerkannter Dienstunfall - Röntgen vom Januar 2014

- Tinnitus - Diagnosen 1995 - letztlich Januar 2014 sowie

- Hautkrebs - Nachuntersuchungen vom November 2014“ (Akte III, Bl. 98 BA).

Das Landesamt für Finanzen bat den Orthopäden Dr. W. in ... um Erstellung eines Gutachtens (Akte III, Bl. 99 BA). Herr Dr. W. führt in seinem orthopädischen Gutachten vom 13. April 2015 (Bl. 103 ff. BA) aus, wegen der Unfallfolgen seien keine weiteren Behandlungsmaßnahmen erforderlich. Die Schultergelenksbeschwerden seien vorwiegend auf unfallfremde krankhafte Veränderungen zurückzuführen, entsprechende Behandlungsmaßnahmen seien nicht mehr im Rahmen der Dienstunfallfürsorge erforderlich.

Der Sachverständige führte in der Anamnese aus, vor vier Jahren sei beim Kläger ein weißer Hautkrebs operiert worden, was er ebenfalls auf die berufliche Exposition zurückführe. Er habe sich nie besonders der Sonne ausgesetzt. In seinem Beruf sei es aber nicht selten erforderlich gewesen, acht Stunden auf einem Gletscher zu verbringen (Akte III, Bl. 112 BA).

Der ärztliche Dienst bei der Bayerischen Polizei teilte mit Schreiben vom 17. Juli 2015 mit, der Auffassung des Dr. W. werde gefolgt, sie sei überzeugend begründet. Hinsichtlich der Kniesituation sei eine Rücknahme des Anerkennungsbescheides nicht erforderlich, da Herr Dr. W. unabhängig von einer möglicherweise unfallbedingten Läsion des Innenmeniskushinterhorns den Übergang in den unfallunabhängigen degenerativen Verlauf nach der Arthroskopie gesehen habe. Dem Gutachten zufolge seien Behandlungskosten nicht mehr im Rahmen der Dienstunfallfürsorge zu sehen. Hinsichtlich der Schultersituation seien die aktuellen Beschwerden durch die ACG - Arthrose nicht zu erklären. Für den weiteren Verlauf sei allerdings zu beachten, dass die Akromioklavikulargelenksarthrose links Dienstunfallfolge sei, so dass dann, wenn Beschwerden darauf zurückgeführt werden könnten und damit der Dienstunfallzusammenhang mit dem erforderlichen Wahrscheinlichkeitsgrad bestätigt werden könne, diesbezüglich ggf. Dienstunfallfürsorgeleistungen anfallen könnten, beispielsweise im Falle einer Akromioklavikulargelenksresektion (Akte III, Bl. 132 ff. BA).

Das Landesamt für Finanzen hat mit Bescheid vom 27. Mai 2015 den Antrag des Klägers vom ... Dezember 2014 auf Anerkennung der Diagnose „Hautkrebs“ als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG abgelehnt (Nr.1) und entschieden, dass über die Feststellung der sonstigen beantragten Unfallfolgen eine gesonderte Entscheidung ergeht (Nr. 2; Akte IV, Bl. 124 BA).

Zur Begründung führte die Behörde im Wesentlichen aus, lt. dem anliegenden orthopädischen Gutachten des Dr. W. vom 13. April 2015 habe der Kläger im Rahmen der Anamnese angegeben, bei ihm sei bereits vor vier Jahren ein weißer Hautkrebs operiert worden, den der Kläger auf die berufliche Exposition zurückführe. Er habe sich nie besonders der Sonne ausgesetzt. In seinem Beruf sei es aber nicht selten erforderlich gewesen, acht Stunden auf einem Gletscher zu verbringen. Als Dienstunfall würden nur solche Krankheiten gelten, die in der Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) enthalten seien und einem Dienstunfall gleichgestellt seien. Als Dienstunfall würden nur solche Krankheiten gelten, die in der genannten BKV genannt seien mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben. Als maßgeblicher Zeitpunkt gelte bei einer Berufskrankheit der Tag der erstmaligen Diagnose einer in der Anlage zur BKV genannten Krankheit. Eine Behandlungsbedürftigkeit und/oder vorübergehende Dienstunfähigkeit sei nicht erforderlich. Sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose eine Krankheit nicht in der Anlage zur BKV genannt, könne auch bei späterer Aufnahme dieser Krankheit in die Anlage zur BKV ein Dienstunfall nicht anerkannt werden (vgl. BVerwG, Beschluss v. 23. 2. 1999 - 3B88/98 - ZBR 1999, 274). Die Krankheit „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ sei unter der Nr. 5103 mit Wirkung vom 1. Januar 2015 in die Anlage zur BKV aufgenommen worden. Da die erschöpfende Aufzählung in der Anlage zur BKV die Erkrankung „Hautkrebs“ zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose nicht enthalten habe, scheitere eine Anerkennung der Erkrankung nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG bereits aus diesem Grund. Die weiteren Anspruchsvoraussetzungen und insbesondere die fristgerechte Meldung nach Art. 47 BayBeamtVG seien bei dieser Sachlage nicht mehr zu prüfen. Der Antrag sei daher abzulehnen gewesen.

Das Landesamt für Finanzen bat mit Schreiben vom 25. Juni 2015 den ärztlichen Dienst der Bayerischen Polizei um polizeiärztliche Stellungnahme zu dem unfallchirurgischen Fachgutachten des Klinikum ... vom 27. November 2014 und zu dem orthopädischen Gutachten des Dr. W. zum 13. April 2015 (Akte IV, Bl. 137 BA).

Am ... Juli 2015 hat der Kläger gegen den Bescheid vom 27. Mai 2015 (ihm nach eigenen Angaben zugestellt am 7. Juli 2015) Widerspruch erhoben. Vorsorglich bat er um Einsetzung in den vorigen Stand. Beim Entwurf des Bescheides des Landesamtes für Finanzen ist ausgeführt, dass der Bescheid am 19. Juni 2015 versandt wurde (Akte IV, Bl. 134 BA).

Am ... November 2015 hat sich der Bevollmächtigte für den Kläger bestellt. Am ... November 2015 wurde der Widerspruch im Wesentlichen wie folgt begründet: Der angegriffene Bescheid sei „rechtskräftig“ und verletze den Kläger in seinen Rechten.

Der Kläger habe einen Anspruch auf Anerkennung der Diagnose „Hautkrebs“ als Berufskrankheit im Sinne von Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG. Soweit das Landesamt dem entgegenhalte, dass die Krankheit „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ erst mit Wirkung vom 1. Januar 2015 unter Nr. 5103 in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen wurden sei, stehe dies der Anerkennungsfähigkeit nicht entgegen. Die Erkrankung Hautkrebs sei bereits unter die im Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose des Hautkrebses im Jahr 2011 geltende Fassung der Anlage 1 zur BKV zu subsumieren. Gemäß Nr. 2402 der seit dem 1. Juli 2009 geltenden Fassung der BKV seien Berufskrankheiten auch Erkrankungen durch ionisierende Strahlen. Bei der ultravioletten Strahlung der Sonne (UV-Strahlung) handele es sich somit auch um eine Form der ionisierenden Strahlung. Die Entstehung des Hautkrebses sei verursacht durch die ...einsätze im alpinen Gelände, während denen der Kläger in keiner Weise mit Schutzausrüstung (Sonnenschutz für hochalpines Gelände) ausgestattet worden sei. Die Hautkrebserkrankung sei auch unter Nr. 5102 der Anlage 1 in der ab dem 1. Juli 2009 geltenden Fassung der BKV zu subsumieren, da danach Hautkrebs als Berufskrankheit anzuerkennen sei, wenn er durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder „ähnliche Stoffe“ verursacht worden sei. Derartige ähnliche Stoffe seien auch Streuungspartikel von UV-Strahlung.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2015 wies das Landesamt den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, der Widerspruch sei zwar zulässig, aber unbegründet. Als Dienstunfall gelte die Erkrankung an einer der in den Anlagen zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheit, wenn der Beamte oder die Beamtin nach der Art seiner oder ihrer dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, es sei denn, dass der Beamte oder die Beamtin sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen habe. Die Erkrankung an einer solchen Krankheit gelte jedoch stets als Dienstunfall, wenn sie durch gesundheitsschädigende Verhältnisse verursacht worden sei, denen der Beamte oder die Beamtin am Ort des dienstlich angeordneten Aufenthalts im Ausland besonders ausgesetzt gewesen sei. Der Beamte müsse durch die Art des Dienstes, den er im Zeitpunkt der Erkrankung verrichtet habe, der Gefahr der Erkrankung an der bestimmten Krankheit besonders ausgesetzt gewesen sein. Bei der Frage, ob der Beamte durch die Art des Dienstes der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt gewesen sei, komme es nicht auf den allgemeinen Inhalt der Dienstaufgaben des Beamten an. Entscheidend sei die konkret ausgeübte dienstliche Verrichtung. Mit dieser müsse unter den besonderen, zur fraglichen Zeit bestehenden Verhältnissen und Begleitumständen die Gefährdung typisch und in erheblich höherem Maße als bei der übrigen Bevölkerung gegeben sein; sie müsse also die hohe Wahrscheinlichkeit in sich bergen, dass der Beamte an einer der in Betracht kommenden Krankheiten erkrankt. Anhaltspunkte für eine solche Gefährdung könne eine aus einer Vielzahl von Fällen gewonnene Erfahrung sein, dass Beamte mit einer bestimmten dienstlichen Tätigkeit einem höheren Risiko ausgesetzt seien, sich eine der in Betracht kommenden Krankheiten zuzuziehen (vgl. OVG Koblenz, Urteil v. 16. 2. 1996 - AZ: 2A11573/95).

Als Berufserkrankung werde vom Widerspruchsführer allgemein eine Erkrankung an Hautkrebs bzw. weißem Hautkrebs geltend gemacht. Genaue Angaben würden von ihm hierzu nicht vorgetragen; auch würden ärztliche Unterlagen von ihm nicht vorgelegt, so dass bereits fraglich sei, ob der Widerspruchsführer tatsächlich an einer in Nr. 5103 der Anlage 1 zu BKV konkret genannten Erkrankung leide. Ebenso wenig sei bekannt, ob der Widerspruchsführer nach der Art seiner dienstlichen Tätigkeit der Gefahr einer Erkrankung besonders ausgesetzt gewesen sei. Vom Widerspruchsführer werde weder dargelegt, wann, wo und in welchem zeitlichen Umfang er über das übliche Maß hinaus der natürlichen Sonneneinstrahlung ausgesetzt gewesen sei.

Letztlich könne dies aber dahingestellt bleiben, da die geltend gemachte Erkrankung entsprechend der Aussage des Widerspruchsführers gegenüber dem orthopädischen Sachverständigen, Herrn Dr. W., mindestens seit 2011 bekannt sei; „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ seien aber erst zum 1. Januar 2015 in die Anlage 1 zur BKV als Berufserkrankung aufgenommen worden.

Gemäß Tz. 46.3.1 BayVV-Versorgung würden als Dienstunfall nur solche Krankheiten gelten, die in der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vom 31. Oktober 1997 (BGBI. I S.2623) in der jeweils geltenden Fassung genannt seien mit den dort im Einzelnen bezeichneten Maßgaben. Als maßgeblicher Zeitpunkt gelte bei einer Berufskrankheit der Tag der erstmaligen Diagnose einer in der Anlage 1 zu BKV genannten Krankheit. Eine Behandlungsbedürftigkeit und/oder vorübergehende Dienstunfähigkeit sei nicht erforderlich. Sei zum Zeitpunkt der erstmaligen Diagnose eine Krankheit nicht in der Anlage 1 zur BKV genannt, könne auch bei späterer Aufnahme dieser Krankheit in die Anlage 1 zur BKV ein Dienstunfall nicht anerkannt werden (vgl. BVerwG, B.v. 23.2.1999 - 3B88/98 - ZBR 1999, 274).

Die Anerkennung als Berufserkrankung nach Nr. 5103 scheide daher von vornherein aus Rechtsgründen aus. Die Ablehnung sei zu Recht erfolgt.

Soweit sich der Widerspruchsführer auf das Vorliegen der Voraussetzungen der Nrn. 5102 und/oder 2402 der Anlage 1 zur BKV berufe, scheide die Anerkennung ungeachtet der Frage, ob bei Geltendmachung einer dieser beiden Berufskrankheiten überhaupt eine fristgerechte Meldung nach Artikel 45 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Beamtenversorgungsgesetz vorliege (Anmerkung: die Erkrankung sei seit mindestens 2011 bekannt), bereits deshalb aus, weil gesundheitliche Schäden durch Sonneneinstrahlung weder von der Nr. 5102 noch von Nr. 2402 erfasst seien.

Die geltend gemachte Hautkrebserkrankung falle nicht unter Nr. 5102. Bei der geltend gemachten Krebserkrankung handele es sich nicht um einen Hautkrebs, der durch Ruß, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe hervorgerufen werde. Das natürliche UV-Licht lasse sich begrifflich nicht als Stoff und mithin nicht als eine Materie begreifen (OVG NRW, Beschluss vom 22. 10. 2014 - 1A1901/14; OVG Rheinland- Pfalz, Beschluss vom 15. 5. 2015 - 2A 10037/35. OVG).

Die geltend gemachte Hautkrebserkrankung falle auch nicht unter die Nr. 2402 der Anlage 1 BKV. Das Verwaltungsgericht Koblenz habe in seiner Entscheidung vom 28.11.2014 - 5 K 437/14 KO, deren Begründung sich das OVG Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung vom 15.5.2015 - 2A 100037/15.OVG angeschlossen habe, Folgendes ausgeführt: Bei der ionisierenden Strahlung handele es sich um eine energiereiche Strahlung, die bei Licht als elektromagnetische Welle auftrete (vgl. etwa Bundesamt für Strahlenschutz, http//www.b...de/de/ion/E...html). Je kürzer die Wellenlänge, desto energiereicher sei die Strahlung und umso schädigender wirke sie. Nach dem Stand der Wissenschaft, der Eingang in die Rechtsetzung gefunden habe, umfasse die ionisierende Strahlung einen Wellenlängenbereich bis 100 Nanometer (Argument e contrario, § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz von nicht ionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen vom 29. Juli 2009, BGBl. I, S. 2433; vgl. auch Schärf, Europäisches Atomrecht, 2. Auflage 2012, S. 474). UV-Strahlung lasse sich in UV-A Strahlung (Wellenlänge 400-315 Nanometer), UV-B Strahlung (Wellenlänge 280-315 Nanometer) sowie UV-C Strahlung (Wellenlänge 280-100 Nanometer) unterteilen (vgl. Bundesamt für Strahlenschutz, Was ist UV-Strahlung?, http//www.b…de/de/U...html).

Vor diesem Hintergrund erscheine es bereits fraglich, ob UV-Strahlung überhaupt Bestandteile ionisierender Strahlen enthalte. Der Verordnungsgeber auf Bundesebene verneine dies jedenfalls (Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 2 der UV-Schutzverordnung vom 20. Juli 2011, BGBl. I S. 1412: UV-Strahlung ist nichtionisierende Strahlung mit Wellenlängen von 100-400 Nanometern). Selbst wenn man aber Teile der UV-C-Strahlung als ionisierende Strahlen ansehen wolle, so könne die Erkrankung des Klägers nicht davon herrühren. Die kurzwellige UV-C-Strahlung werde von den unteren Atmosphärenschichten vollständig ausgefiltert und erreiche die Erdoberfläche daher nicht (Bundesamt für Strahlenschutz, was ist UV-Strahlung?, a. a. O.).

Auch die BKV selbst gehe nicht davon aus, dass es sich bei der durch natürliche UV-Strahlung hervorgerufene „aktinische Keratose“ um eine Erkrankung durch ionisierende Strahlen handele. Die wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV (GMBl. 2011, S. 983) erfasse als Anwendungsbeispiele der ionisierenden Strahlung etwa die medizinische Diagnostik und Therapie (Radiologie, Nuklearmedizin), den Uranbergbau wie auch den industriellen Sektor (Werkstoffprüfung, Kerntechnik). Betroffen seien damit vornehmlich künstlich geschaffene bzw. kanalisierte Strahlenquellen. Natürlich auftretende UV-Strahlung erwähne die Begründung hingegen nicht.

Letztlich ergebe sich aber auch aus der Schaffung einer neuen Berufskrankheit selbst, dass bislang der Hautkrebs durch Sonnenstrahlung weder von Nr. 2402 noch von einem anderen Tatbestand der Anlage 1 zur BKV erfasst sei. Wäre der Verordnungsgeber davon ausgegangen, zu den aufgeführten Berufskrankheiten zählten auch Hauterkrankungen durch UV-Strahlung, so hätte es einer Ergänzung der Verordnung nicht bedurft.

Bestätigt werde diese Überlegung durch die wissenschaftliche Begründung für die Berufskrankheit „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV Strahlung“ vom 1. Juli 2013 (GMBl. 2013, S. 671). In der Vorbemerkung werde ausgeführt, in der DDR habe die Möglichkeit bestanden, auch UV-Strahlen zugewiesene Hautveränderungen unter bestimmten Bedingungen als Berufskrankheit anzuerkennen. Auch in anderen Ländern bestehe die Möglichkeit zur Anerkennung eines Hautkrebses durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit. Der Einwand des Klägers, mit der Neuaufnahme der Berufskrankheit solle lediglich eine Einzelfallprüfung überflüssig werden, verfange daher nicht. Letztlich ergebe sich dieses Ergebnis auch aus der zum 1. Januar 2015 erfolgten ausdrücklichen Aufnahme spezieller Krebserkrankungen in Nr. 5103. Diese Aufnahme wäre überflüssig, weil Hautkrebserkrankungen ohnehin als Erkrankungen durch ionisierende Strahlen anzusehen wären.

Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger als Einschreiben mit Rückschein am 14. Dezember 2015 zugestellt.

Am ... Januar 2016 hat der Bevollmächtigte des Klägers gegen den Bescheid des Landesamtes vom 27. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015 beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben, die wie folgt begründet wurde: Die Entstehung des Hautkrebses sei verursacht durch die ...einsätze in alpinem Gelände, während derer der Kläger in keiner Weise mit Schutzausrüstung ausgestattet worden sei. Während dieser Einsätze sei es häufig erforderlich gewesen, acht Stunden auf einem Gletscher zu verbringen. Auf die Personalakte werde verwiesen. Dass die Krankheit „Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ erst zum 1. Januar 2015 in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen worden sei, stehe der Anerkennungsfähigkeit nicht entgegen. Er führte wieder aus, dass die Erkrankung Hautkrebs zu subsumieren sei unter Nr. 2402 bzw. Nr. 5102. Schäden durch Sonneneinstrahlung seien von diesen beiden Nummern erfasst. Die streitgegenständliche Frage sei bislang noch nicht Gegenstand der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München bzw. des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs gewesen.

Der Beklagte übersandte am 8. Juni 2016 die Behördenakten.

Am ... Juni 2016 beantragte der Prozessbevollmächtigte

1. den Bescheid des Landesamtes vom 27. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015 aufzuheben und

2. die Beklagte zu verpflichten, die Diagnose „Hautkrebs“ als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG anzuerkennen.

Er führte aus, die Entstehung des Hautkrebses sei durch die ...einsätze verursacht worden, Der Kläger habe häufig acht Stunden auf dem Gletscher verbringen müssen. Im Übrigen führte er aus, der Hautkrebs sei auch unter die Anlage 1 der BKV aus dem Jahr 2009 zu subsumieren.

Am ... Juni 2016 führte der Prozessbevollmächtigte aus, es sei nicht zutreffend, dass der Kläger während der ...einsätze häufig acht Stunden auf dem Gletscher habe verbringen müssen. Richtig sei, dass er bei vielen Einsätzen und Übungen, deren Datum im Nachhinein nicht mehr rekonstruierbar sei, im Hochgebirge sich des Öfteren Sonnenbrände eingehandelt habe. Aufgrund des Einsatzgeschehens sei der Kläger nicht eingecremt gewesen. Der Hautkrebs sei genau dort auf der Nase aufgetreten, wo die Helmreflexion durch die Sitzposition links vorne im ... maximal sei. Der Dienstherr habe auch eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Kläger, ihn bei gefahrgeneigten Tätigkeiten wie ...einsätzen über das Krankheitsrisiko aufzuklären. Der Kläger habe in seinem Schreiben vom 31. Dezember 2014 noch die Anerkennung zahlreicher weiterer Krankheiten beantragt. Eine Entscheidung über diesen Antrag sei nicht erfolgt. Der Kläger habe daher Untätigkeitsklage erhoben.

In der mündlichen Verhandlung übergab der Klägerbevollmächtigte ein Attest der Dermatologin Dr. K., ..., vom 14. Juni 2016.

Der Beklagtenvertreter beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Gründe

Verfahrensgegenstand ist Nr.1 des Bescheides des Beklagten vom 27. Mai 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. Dezember 2015, mit dem dieser es ablehnte, die Diagnose „Hautkrebs“ als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG anzuerkennen (vgl. Klageantrag vom 7. Juni 2016; § 88 VwGO).

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Nr. 1 des Bescheides des Beklagten vom 27. Mai 2015 ist rechtmäßig, da der Kläger keinen Anspruch auf Anerkennung der Diagnose „Hautkrebs“ als Berufskrankheit im Sinne des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG hat (§ 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO).

Gem. Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG ist ein Dienstunfall ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder in Folge des Dienstes eingetreten ist. Als Dienstunfall gilt nach Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG auch die Erkrankung an einer der in den Anlagen zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BKV) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten, wenn der Beamte nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung besonders ausgesetzt war, es sei denn dass er sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Die Berufskrankheit ist von dem Beamten sodann innerhalb der von Art. 47 Abs. 1 BayBeamtVG bestimmten Frist von zwei Jahren dem Dienstvorgesetzten zu melden. Die danach in Betracht kommenden Krankheiten werden durch diese Festlegung enumerativ und abschließend erfasst. Nicht erfasste Krankheiten können bei der Anerkennung einer Berufskrankheit nicht berücksichtigt werden. Nach der Regelung des Art. 46 Abs. 3 BayBeamtVG wird entsprechend dem Dienstunfallbegriff des Art. 46 Abs. 1 BayBeamtVG die Zuziehung der Krankheit als Dienstunfall fingiert, sofern die Krankheit in der zum Zeitpunkt der Erkrankung geltenden Anlage 1 zur BKV aufgeführt ist. Allein dieser Zeitpunkt ist maßgeblich für die Feststellung, ob eine Erkrankung als Dienstunfall zu bewerten ist (BVerwG, B. v. 23. 2. 1999 - NVwZ-RR 1999, 518; BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 46/13 - juris).

Der beim Kläger im Jahr 2011 offenbar diagnostizierte Basalzellkarzinom an der Nase durch natürliche UV-Strahlung (vgl. auch das in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Attest der Hautärztin Dr. K... vom 14.6.2016) war zum Zeitpunkt der Diagnose und Operation im Jahr 2011 nicht als Berufskrankheit in der Anlage 1 zur BKV in der Gültigkeit vom 1. Juli 2009 bis 31. Dezember 2014 (FNA 860-7-2; juris) aufgeführt (I.). Der Kläger kann für sich auch nichts daraus herleiten, dass diese Krankheit mit Wirkung vom 1. Januar 2015 als neue Nr. 5103 in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen wurde (II.).

I.

Die Beklagte ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Erkrankung des Klägers nicht von Nr. 5102 der Anlage 1 zur BKV aus dem Jahr 2009 erfasst wird. Danach handelt es sich bei „Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautveränderungen durch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder ähnliche Stoffe“ um eine Berufskrankheit. Das natürliche UV-Licht lässt sich schon begrifflich nicht als Stoff und mithin als eine Materie begreifen. Aus diesem Grund weist es auch nicht die von Nr. 5102 geforderte Ähnlichkeit mit den ausdrücklich genannten Feststoffen wie Ruß, Teer und Pech auf (OVG NRW, B. v. 22. 10. 2014 - 1 A 1901/14 - juris).

Der Kläger kann sich vorliegend aber auch nicht auf Nr. 2402 der Anlage 1 zur BKV berufen, da die durch natürliche UV-Strahlung verursachte Erkrankung „Basalzellkarzinom“ keine Erkrankung durch ionisierende Strahlen darstellt. Ein solches Verständnis lässt sich weder wissenschaftlich noch durch Auslegung der BKV begründen.

Bei ionisierender Strahlung handelt es sich um energiereiche Strahlung, die bei sichtbarem Licht als elektromagnetische Welle auftritt (vgl. Bundesamt für Strahlenschutz, Was ist ionisierende Strahlung? http://www.b...de/de/i...html). Je kürzer die Wellenlänge, desto energiereicher ist die Strahlung und umso schädigender wirkt sie. Nach dem Stand der Wissenschaft, der Eingang in die Rechtssetzung gefunden hat, umfasst die ionisierende Strahlung einen Wellenlängenbereich bis 100 Nanometer (arg. e contrario § 1 Abs. 2 Nr. 2 des Gesetzes zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen vom 29. 7. 2009, BGBl. I, S. 2433). UV-Strahlung lässt sich in UV-A-Strahlung (Wellenlänge 400-315 Nanometer), UV-B-Strahlung (Wellenlänge 280-315 Nanometer) sowie UV-C-Strahlung (Wellenlänge 280-100 Nanometer) unterteilen (vgl. Bundesamt für Strahlenschutz, Was ist UV-Strahlung?, http://www.b...de/de/uv/uv...html). Vor diesem Hintergrund ist bereits fraglich, ob die UV-Strahlung überhaupt Bestandteile ionisierender Strahlen enthält. Der Verordnungsgeber auf Bundesebene verneint dies (Begriffsbestimmung in § 2 Nr. 2 der UV-Schutz-Verordnung vom 20. 7. 2011, BGBl. I, S. 1412: „UV-Strahlung ist nichtionisierende Strahlung mit Wellenlängen von 100 bis 400 Nanometern“). Selbst wenn man aber Teile der UV-C-Strahlung als ionisierende Strahlen ansehen wollte, so kann die Erkrankung des Klägers nicht davon herrühren. Die kurzwellige UV-C-Strahlung wird von den oberen Atmosphärenschichten vollständig ausgefiltert und erreicht die Erdoberfläche daher nicht (vgl. Bundesamt für Strahlenschutz, was ist UV-Strahlung?, a. a. O.).

Auch die BKV selbst geht nicht davon aus, dass es sich bei dem durch natürliche UV-Strahlung hervorgerufenen Basalzellkarzinom um eine Erkrankung durch ionisierende Strahlen handelt. Die wissenschaftliche Stellungnahme zu der Berufskrankheit Nr. 2402 der Anlage 1 (GMBl. 2011, S.983) erfasst als Anwendungsbeispiele der ionisierenden Strahlung etwa die medizinische Diagnostik und Therapie (Radiologie, Nuklearmedizin), den Uranbergbau wie auch den industriellen Sektor (Werkstoffprüfung, Kerntechnik). Betroffen sind damit vor allem künstlich geschaffene bzw. kanalisierte Strahlenquellen. Natürlich auftretende UV-Strahlung erwähnt die Begründung dagegen nicht. Letztlich ergibt sich aber auch aus der Schaffung einer neuen Berufskrankheit selbst, dass bislang der Hautkrebs durch natürliche UV-Strahlung weder von Nr. 2402 noch von einem anderen Tatbestand der Anlage 1 zur BKV erfasst ist. Wäre der Verordnungsgeber davon ausgegangen, zu den aufgeführten Berufskrankheiten zählten auch Hauterkrankungen durch UV-Strahlung, so hätte es einer Ergänzung der Verordnung nicht bedurft. Bestätigt wird diese Überlegung durch die wissenschaftliche Begründung für die Berufskrankheit “Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung“ vom 1. Juli 2013 (GMBl. 2013, S. 671). In der Vorbemerkung wird ausgeführt, in der DDR habe die Möglichkeit bestanden, auch UV-Strahlen zugewiesene Hautveränderungen unter bestimmten Bedingungen als Berufskrankheit anzuerkennen. Auch in anderen Ländern bestehe die Möglichkeit zur Anerkennung eines Hautkrebses durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit.

II.

Eine für den Kläger günstigere Entscheidung lässt sich nicht daraus ableiten, dass die am 5. November 2014 vom Bundeskabinett beschlossene dritte Verordnung zur Änderung der BKV unter anderem vorsieht, dass ab dem 1. Januar 2015 Plattenepithelkarzinome oder multiple aktinische Keratosen der Haut durch natürliche UV-Strahlung als Berufskrankheit in die Anlage 1 zur BKV aufgenommen wurden (Nr. 5103). Die Änderung beruht auf den Empfehlungen des ärztlichen Sachverständigenrats Berufskrankheiten beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales einschließlich der vorgenannten wissenschaftlichen Begründung vom 1. Juli 2013. Die Frage, ob eine Krankheit als Dienstunfall gilt, ist nach dem Recht zu beurteilen, das in dem Zeitpunkt gegolten hat, in dem sich der Beamte die Krankheit zugezogen hat (OVG NRW, U.v. 27.5.1998 - a. a. O.; BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 46/13 - juris). Vorliegend gilt daher die Rechtslage aus dem Jahr 2011, da in diesem Jahr beim Kläger die Erkrankung diagnostiziert und operiert wurde. Im Jahr 2011 war eine Krebserkrankung durch UV-Strahlung noch nicht in die Anlage 1 der BVK aufgenommen (siehe oben).

Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 6 Abs. 1 der BKV vom 31. Oktober 1997, zuletzt geändert durch Art. 1 V v. 22.12.2014 I 2397 (FNA 860-7-2). Danach ist eine Krankheit als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn Versicherte am 1. Januar 2015 u. a. an einer Krankheit nach der Nummer 5103 der Anlage 1 leiden, wenn die Krankheit vor diesem Tag aufgetreten ist. Die Vorschrift ist auf den Kläger nicht anwendbar. Art. 46 Abs. 3 Satz 1 BayBeamtVG verweist nicht auf die BKV, sondern ausdrücklich nur auf die in der Anlage 1 genannten Erkrankungen. Ein Verweis auf den weiteren Regelungstext der Verordnung, die in ihrem § 6 BKV - wie für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung üblich - auch Regelungen über die begrenzte rückwirkende Anwendung von neu in die BKV Anlage 1 aufgenommenen Krankheiten enthält, fehlt gerade; für die rückwirkende Anwendung ist damit im Dienstunfallrecht kein Raum (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 46/13 - juris). Es verstößt nicht gegen Art. 3 GG, dass die nach § 6 BKV in begrenztem Umfang in der gesetzlichen Unfallversicherung mögliche rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten im Beamtenversorgungsrecht keine Anwendung findet. Jedenfalls wäre eine solche Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Beamte und Arbeitnehmer sind aufgrund der Verschiedenheit ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Es ist vielmehr dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, inwieweit er Verbesserungen des sozialversicherungsrechtlichen Unfallschutzes in das Beamtenrecht einführt. Im Vergleich zu Arbeitnehmern erfahren Beamte eine ganz anders strukturierte soziale Absicherung durch die Alimentationspflicht und die vornehmlich in der Beihilfegewährung konkretisierte besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, U.v. 10.12.2015 - 2 C 46/13 - juris).

Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt

(§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,-- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Der 1955 geborene Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2008 als Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst in Diensten des Beklagten. Im Zeitraum vom 22. Mai 1995 bis zum 7. November 1997 wurde er in einer Produktionsstätte innerhalb einer Justizvollzugsanstalt eingesetzt, in der Gefangene unter Verwendung lösungsmittelhaltiger Klebstoffe Bürosesselsitze herstellten.

2

Der Kläger war seit Februar 2008 dienstunfähig erkrankt. Im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung wurde im März 2008 festgestellt, dass die beim Kläger diagnostizierte Polyneuropathie hinsichtlich ihres Verlaufs und ihrer Symptomatik zu einer neurotischen Polyneuropathie passe. Das untersuchende Institut stellte einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-1317 (Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische).

3

Der Beklagte lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit ab. Widerspruchsverfahren, Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers nicht als Berufskrankheit anerkannt werden könne, weil die Krankheit Polyneuropathie in der zum Zeitpunkt der Erkrankung des Klägers geltenden Fassung der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung noch nicht aufgeführt gewesen sei. Diese Krankheit sei erst mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 aufgenommen worden. Es stehe aber fest, dass der Kläger bereits zuvor an Polyneuropathie erkrankt sei. Dies ergebe sich sowohl aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung als auch aus dem ärztlichen Bericht zu einem stationären Krankenhausaufenthalt im November 1997.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision, mit der er geltend macht, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Krankheit erst nach seiner Erkrankung in die Auflistung der genannten Anlage aufgenommen worden sei. Maßgeblich sei allein, dass die Krankheit überhaupt als Berufskrankheit anerkannt sei. Im November 1997 habe die Erkrankung mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse noch nicht diagnostiziert werden können.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. August 2013 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. November 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Ministeriums der Justiz des Saarlandes vom 12. April 2011 zu verpflichten, die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG anzuerkennen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Erkrankung als Dienstunfall.

8

1. Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Erkrankung und insoweit bis heute unverändert geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3858) als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Nach Satz 3 dieser Vorschrift bestimmt die Bundesregierung die in Betracht kommenden Krankheiten durch Rechtsverordnung. Die zu der gleichlautenden Vorgängerregelung ergangene Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl. I S. 1004) bestimmt in ihrem § 1 als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im einzelnen bezeichneten Maßgaben.

9

a) Dieses Regelungsgefüge fingiert eine Erkrankung als Dienstunfall, wenn die Krankheit zum Zeitpunkt der Erkrankung in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt war (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 11; Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1). War die Krankheit zu diesem Zeitpunkt nicht dort aufgeführt oder wurde sie erst später dort aufgeführt, gilt die Erkrankung nicht als Dienstunfall. Denn § 1 der Verordnung zur Durchführung von § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes verweist nur auf die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung, die allein die Listung einzelner Krankheiten enthält. Ein Verweis auf den weiteren Regelungstext der Verordnung, die in ihrem § 6 - wie für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung üblich - auch Regelungen über die begrenzte rückwirkende Anwendung von neu in die Anlage 1 aufgenommene Krankheiten enthält, fehlt gerade; für eine rückwirkende Anwendung ist damit im Dienstunfallrecht kein Raum (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1 f.).

10

b) Anders als vom Kläger angenommen, handelt es sich bei § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG auch nicht um eine bloße Beweislastregel, die für den erkrankten Beamten die Möglichkeit bestehen lässt, den Vollbeweis zu führen, dass seine Erkrankung kausal auf die durch ihn erbrachte Dienstleistung zurückzuführen ist. Denn die Vorschrift soll nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 17). Welche Krankheiten hierzu gehören, wird in der geschilderten Weise durch den Verordnungsgeber festgelegt. Durch die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG verwendeten Formulierung der „in Betracht kommenden Krankheiten“ wird zugleich bestimmt, dass Krankheiten, die nicht durch den Verordnungsgeber festgelegt werden, für eine Gleichstellung mit einem Dienstunfall nicht in Betracht kommen. Dazu gehören neben Krankheiten, die überhaupt nicht in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind, auch solche Krankheiten, die zum Zeitpunkt der Erkrankung dort noch nicht aufgeführt waren, auch wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen wurden.

11

c) Dieses Regelungsgefüge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

12

aa) Es liegt zunächst keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Beamten vor, die erst nach der Aufnahme der Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung hieran erkranken. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Dies ist gerade im Hinblick auf eine Stichtagsregelung, nach der der Verordnungsgeber entscheidet, ab welchem Zeitpunkt eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt wird, anzunehmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. März 2007 - 1 BvR 3144/06 - BVerfGK 10, 553 <556 f.>). Grundlage für die Aufnahme einer Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist immer die fortschreitende Erkenntnis der arbeitsmedizinischen Wissenschaft, die einen ausreichenden sachlichen Grund für die Wahl des Zeitpunktes der Regelungsänderung bildet. Die von der Stichtagsregelung ausgehenden Härten, die im Falle des Klägers wegen des sehr kurzen Zeitverzugs von nur wenigen Tagen zwischen der Erkrankung und der Listung der Krankheit (s.u., 2.) besonders zu Tage treten, können allein durch vom Gesetz- oder Verordnungsgeber zu schaffendes Übergangsrecht abgemildert, nicht aber in einem gerichtlichen Verfahren beseitigt werden.

13

bb) Es besteht auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit den Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung, für die die jeweilige Fassung des § 6 BKVO jedenfalls in begrenztem Umfang die rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten ermöglicht. Insoweit bestehen schon Zweifel, ob überhaupt eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vorliegt. Jedenfalls wäre eine solche Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Beamte und Arbeitnehmer sind aufgrund der Verschiedenheit ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Es ist vielmehr dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, inwieweit er Verbesserungen des sozialversicherungsrechtlichen Unfallschutzes in das Beamtenrecht einführt. Im Vergleich zu Arbeitnehmern erfahren Beamte eine ganz anders strukturierte soziale Absicherung durch die Alimentationspflicht und die vornehmlich in der Beihilfegewährung konkretisierte besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, Beschlüsse vom 31. Januar 1978 - 6 B 57.77 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59 S. 10 und vom 12. September 1995 - 2 B 61.95 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10 S. 1).

14

d) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Fürsorgegrundsatz vor. Der Fürsorgegrundsatz gebietet nicht, dass über die Alimentation (Besoldung oder Versorgung) und Beihilfegewährung hinaus zwingend weitere Leistungen zu gewähren sind, wenn ein Beamter infolge dienstlicher Umstände erkrankt. Auch im Falle seiner Erkrankung ist die amtsangemessene Alimentation des Beamten sowie die angemessene Übernahme der durch die Krankheit entstehenden Kosten über die genannten Leistungen gewährleistet (vgl. OVG Münster, Urteil vom 24. Mai 2002 - 1 A 6168/96 - juris Rn. 70, 77).

15

2. Die hier allein in Betracht kommende Krankheit ist unter Nr. 1317 in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung als „Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische“ aufgeführt. Ihre Aufnahme in die Anlage 1 erfolgte mit der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623). § 8 Abs. 1 dieser Verordnung regelt ihr Inkrafttreten zum 1. Dezember 1997. Spätestens im November 1997 - und damit vor diesem Zeitpunkt - ist der Kläger an Polyneuropathie erkrankt.

16

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer als Dienstunfall zu fingierenden Krankheit ist nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG derjenige der Erkrankung. Bei Krankheiten, die wie hier infolge fortlaufender kumulativer Einwirkung auf den Beamten ausgelöst werden, ist für den Zeitpunkt der Erkrankung derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem der Zustand des Beamten Krankheitswert erreicht, in dem also die Krankheit sicher diagnostiziert werden kann (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 29). Dieser für die Fristberechnung nach § 45 Abs. 1 und 2 BeamtVG entwickelte Grundsatz gilt auch für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Erkrankung im Rahmen des § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG. Denn die genannten Fristvorschriften knüpfen an das Ereignis des Dienstunfalls an. § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG setzt die Erkrankung dem Dienstunfall gleich.

17

Für die Annahme, dass eine Krankheit sicher diagnostiziert werden kann, ist es nicht erforderlich, dass die entsprechende Diagnose auch tatsächlich gestellt wird. Es genügt, wenn die Stellung der Diagnose zum relevanten Zeitpunkt möglich ist. Das ist der Fall, wenn ausreichende Symptome objektiv vorliegen und die medizinischen Erkenntnismethoden den Schluss auf die Erkrankung zulassen.

18

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 diagnostiziert werden können. Hierzu bezieht sich das Oberverwaltungsgericht einerseits auf die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Danach habe bereits im September 1997 ein Symptomenkomplex vorgelegen, der den behandelnden Arzt veranlasst habe, eine Erkrankung an Polyneuropathie ernsthaft in Betracht zu ziehen und den Kläger zwecks Abklärung in ein Krankenhaus einzuweisen. Des Weiteren habe die Befunderhebung während des dortigen stationären Aufenthalts des Klägers im November 1997 dazu geführt, dass in dem Abschlussbericht des Krankenhauses der Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Ätiologie geäußert worden sei. Diese Umstände haben zu der Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts geführt, dass die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie schon damals sicher diagnostiziert worden wäre, wenn den behandelnden Ärzten die dienstliche Verwendung des Klägers in der Produktionsstätte der Justizvollzugsanstalt bekannt gewesen wäre, was nicht der Fall gewesen sei. Indem das Oberverwaltungsgericht annimmt, dass die zutreffende Diagnose bei dem Hinzutreten objektiv bereits vorhandener Erkenntnisse über die dienstliche Verwendung des Klägers im November 1997 tatsächlich gestellt worden wäre, bringt es zugleich zum Ausdruck, dass es möglich gewesen wäre, diese Diagnose sicher zu stellen.

19

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Diagnostizierbarkeit der Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 binden das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf sog. hypothetische Tatsachen. Aufgabe des Revisionsgerichts ist es allein, die Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen auf den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zu überprüfen. Soweit zu diesem Lebenssachverhalt auch die prognostische Einschätzung tatsächlicher Verhältnisse gehört (hier die vom Oberverwaltungsgericht bejahte Frage der Stellung einer Diagnose bei der Kenntnis weiterer Umstände), bildet diese Prognose einen Teil der bindenden tatsächlichen Feststellungen (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 30).

20

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger im Revisionsverfahren auch nicht erfolgreich angegriffen. Der im Kern seiner Argumentation vorgetragene, nicht wesentlich substantiierte Einwand, die wissenschaftlichen Erkenntnismethoden hätten im Jahr 1997 noch nicht zur Diagnose der Polyneuropathie ausgereicht, überzeugt schon deswegen nicht, weil die Erkrankung mit Verordnung vom 31. Oktober 1997 in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen worden ist. Ohne ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse wäre dies nicht denkbar.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Der Antrag wird auf Kosten des Klägers abgelehnt.

Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,00 Euro festgesetzt.


1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

(1) Dieses Gesetz regelt den Schutz und die Vorsorge im Hinblick auf schädliche Wirkungen nichtionisierender Strahlung, die durch die Anwendung nichtionisierender Strahlung am Menschen verursacht werden können. Es gilt für

1.
den Betrieb von Anlagen zur medizinischen Anwendung nichtionisierender Strahlung in der Heil- und Zahnheilkunde und
2.
für den Betrieb von Anlagen zur Anwendung nichtionisierender Strahlung außerhalb der Medizin, soweit die Anlagen gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Anwendung finden.

(2) Nichtionisierende Strahlung umfasst

1.
elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder in einem Frequenzbereich von 0 Hertz bis 300 Gigahertz,
2.
optische Strahlung im Wellenlängenbereich von 100 Nanometern bis 1 Millimeter sowie
3.
Ultraschall im Frequenzbereich von 20 Kilohertz bis 1 Gigahertz.

(3) Die Vorschriften des Arbeitsschutzgesetzes und die auf dieses Gesetz gestützten Rechtsverordnungen sowie die Vorschriften des Medizinprodukterechts bleiben unberührt.

Für diese Verordnung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1.
„UV-Bestrahlungsgeräte“ sind Anlagen, die zur Bestrahlung der Haut UV-Strahlung aussenden können, einschließlich deren Steuerung;
2.
„UV-Strahlung“ ist nichtionisierende Strahlung mit Wellenlängen von 100 bis 400 Nanometern;
3.
„Optische Bauteile“ sind die optisch wirksamen Bestandteile eines UV-Bestrahlungsgerätes, insbesondere UV-Leuchtstofflampen oder Halogen-Metalldampflampen, Reflektoren, Filter und UV-durchlässige Scheiben;
4.
„Hauttypen“ sind die Kategorien der individuellen Hautempfindlichkeit nach Anlage 1;
5.
„UV-Erythem“ ist eine entzündliche Rötung der menschlichen Haut durch UV-Strahlung der Sonne oder von künstlichen Quellen (Sonnenbrand);
6.
„Erythemwirksame Bestrahlungsstärke (Eery)“ ist die Summation des Produktes aus gemessener spektraler Bestrahlungsstärke (Eλ) in Watt pro Quadratmeter und Nanometer (Wm-2nm-1), dem jeweiligen wellenlängenabhängigen Wichtungsfaktor (Sλ) für das UV-Erythem nach Anlage 2 und dem jeweiligen Intervall der Wellenlänge Δλin Nanometern (nm), wobei gilt Δλ< 2,5 Nanometer (nm), über den Wellenlängenbereich von 250 bis 400 Nanometern (nm):

7.
„Gesamte Bestrahlungsstärke (Eges)“ ist die Summation des Produktes aus gemessener spektraler Bestrahlungsstärke (Eλ) in Watt pro Quadratmeter und Nanometer (Wm-2nm-1) und dem jeweiligen Intervall der Wellenlänge Δλin Nanometern, wobei gilt Δλ< 2,5 Nanometer (nm), über den Wellenlängenbereich von 200 bis 280 Nanometern (nm):

8.
„Erythemwirksame Bestrahlung“ ist die Bestrahlung in Joule pro Quadratmeter (Jm-2), die ermittelt wird durch Multiplikation der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke mit der Bestrahlungsdauer in Sekunden;
9.
„Erythemwirksame Schwellenbestrahlung“ ist der Wert der erythemwirksamen Bestrahlung in Joule pro Quadratmeter (Jm-2), der bei nicht vorbestrahlter Haut ein gerade noch erkennbares UV-Erythem hervorruft;
10.
„Höchstbestrahlungsdauer“ ist die Bestrahlungsdauer, die bei gegebener erythemwirksamer Bestrahlungsstärke eines UV-Bestrahlungsgerätes bei nicht vorbestrahlter Haut ein gerade noch erkennbares UV-Erythem hervorruft; sie ist der Quotient aus der erythemwirksamen Schwellenbestrahlung des jeweiligen Hauttyps und der erythemwirksamen Bestrahlungsstärke des UV-Bestrahlungsgerätes.

Tatbestand

1

Der 1955 geborene Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2008 als Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst in Diensten des Beklagten. Im Zeitraum vom 22. Mai 1995 bis zum 7. November 1997 wurde er in einer Produktionsstätte innerhalb einer Justizvollzugsanstalt eingesetzt, in der Gefangene unter Verwendung lösungsmittelhaltiger Klebstoffe Bürosesselsitze herstellten.

2

Der Kläger war seit Februar 2008 dienstunfähig erkrankt. Im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung wurde im März 2008 festgestellt, dass die beim Kläger diagnostizierte Polyneuropathie hinsichtlich ihres Verlaufs und ihrer Symptomatik zu einer neurotischen Polyneuropathie passe. Das untersuchende Institut stellte einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-1317 (Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische).

3

Der Beklagte lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit ab. Widerspruchsverfahren, Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers nicht als Berufskrankheit anerkannt werden könne, weil die Krankheit Polyneuropathie in der zum Zeitpunkt der Erkrankung des Klägers geltenden Fassung der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung noch nicht aufgeführt gewesen sei. Diese Krankheit sei erst mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 aufgenommen worden. Es stehe aber fest, dass der Kläger bereits zuvor an Polyneuropathie erkrankt sei. Dies ergebe sich sowohl aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung als auch aus dem ärztlichen Bericht zu einem stationären Krankenhausaufenthalt im November 1997.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision, mit der er geltend macht, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Krankheit erst nach seiner Erkrankung in die Auflistung der genannten Anlage aufgenommen worden sei. Maßgeblich sei allein, dass die Krankheit überhaupt als Berufskrankheit anerkannt sei. Im November 1997 habe die Erkrankung mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse noch nicht diagnostiziert werden können.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. August 2013 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. November 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Ministeriums der Justiz des Saarlandes vom 12. April 2011 zu verpflichten, die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG anzuerkennen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Erkrankung als Dienstunfall.

8

1. Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Erkrankung und insoweit bis heute unverändert geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3858) als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Nach Satz 3 dieser Vorschrift bestimmt die Bundesregierung die in Betracht kommenden Krankheiten durch Rechtsverordnung. Die zu der gleichlautenden Vorgängerregelung ergangene Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl. I S. 1004) bestimmt in ihrem § 1 als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im einzelnen bezeichneten Maßgaben.

9

a) Dieses Regelungsgefüge fingiert eine Erkrankung als Dienstunfall, wenn die Krankheit zum Zeitpunkt der Erkrankung in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt war (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 11; Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1). War die Krankheit zu diesem Zeitpunkt nicht dort aufgeführt oder wurde sie erst später dort aufgeführt, gilt die Erkrankung nicht als Dienstunfall. Denn § 1 der Verordnung zur Durchführung von § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes verweist nur auf die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung, die allein die Listung einzelner Krankheiten enthält. Ein Verweis auf den weiteren Regelungstext der Verordnung, die in ihrem § 6 - wie für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung üblich - auch Regelungen über die begrenzte rückwirkende Anwendung von neu in die Anlage 1 aufgenommene Krankheiten enthält, fehlt gerade; für eine rückwirkende Anwendung ist damit im Dienstunfallrecht kein Raum (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1 f.).

10

b) Anders als vom Kläger angenommen, handelt es sich bei § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG auch nicht um eine bloße Beweislastregel, die für den erkrankten Beamten die Möglichkeit bestehen lässt, den Vollbeweis zu führen, dass seine Erkrankung kausal auf die durch ihn erbrachte Dienstleistung zurückzuführen ist. Denn die Vorschrift soll nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 17). Welche Krankheiten hierzu gehören, wird in der geschilderten Weise durch den Verordnungsgeber festgelegt. Durch die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG verwendeten Formulierung der „in Betracht kommenden Krankheiten“ wird zugleich bestimmt, dass Krankheiten, die nicht durch den Verordnungsgeber festgelegt werden, für eine Gleichstellung mit einem Dienstunfall nicht in Betracht kommen. Dazu gehören neben Krankheiten, die überhaupt nicht in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind, auch solche Krankheiten, die zum Zeitpunkt der Erkrankung dort noch nicht aufgeführt waren, auch wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen wurden.

11

c) Dieses Regelungsgefüge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

12

aa) Es liegt zunächst keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Beamten vor, die erst nach der Aufnahme der Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung hieran erkranken. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Dies ist gerade im Hinblick auf eine Stichtagsregelung, nach der der Verordnungsgeber entscheidet, ab welchem Zeitpunkt eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt wird, anzunehmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. März 2007 - 1 BvR 3144/06 - BVerfGK 10, 553 <556 f.>). Grundlage für die Aufnahme einer Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist immer die fortschreitende Erkenntnis der arbeitsmedizinischen Wissenschaft, die einen ausreichenden sachlichen Grund für die Wahl des Zeitpunktes der Regelungsänderung bildet. Die von der Stichtagsregelung ausgehenden Härten, die im Falle des Klägers wegen des sehr kurzen Zeitverzugs von nur wenigen Tagen zwischen der Erkrankung und der Listung der Krankheit (s.u., 2.) besonders zu Tage treten, können allein durch vom Gesetz- oder Verordnungsgeber zu schaffendes Übergangsrecht abgemildert, nicht aber in einem gerichtlichen Verfahren beseitigt werden.

13

bb) Es besteht auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit den Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung, für die die jeweilige Fassung des § 6 BKVO jedenfalls in begrenztem Umfang die rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten ermöglicht. Insoweit bestehen schon Zweifel, ob überhaupt eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vorliegt. Jedenfalls wäre eine solche Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Beamte und Arbeitnehmer sind aufgrund der Verschiedenheit ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Es ist vielmehr dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, inwieweit er Verbesserungen des sozialversicherungsrechtlichen Unfallschutzes in das Beamtenrecht einführt. Im Vergleich zu Arbeitnehmern erfahren Beamte eine ganz anders strukturierte soziale Absicherung durch die Alimentationspflicht und die vornehmlich in der Beihilfegewährung konkretisierte besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, Beschlüsse vom 31. Januar 1978 - 6 B 57.77 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59 S. 10 und vom 12. September 1995 - 2 B 61.95 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10 S. 1).

14

d) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Fürsorgegrundsatz vor. Der Fürsorgegrundsatz gebietet nicht, dass über die Alimentation (Besoldung oder Versorgung) und Beihilfegewährung hinaus zwingend weitere Leistungen zu gewähren sind, wenn ein Beamter infolge dienstlicher Umstände erkrankt. Auch im Falle seiner Erkrankung ist die amtsangemessene Alimentation des Beamten sowie die angemessene Übernahme der durch die Krankheit entstehenden Kosten über die genannten Leistungen gewährleistet (vgl. OVG Münster, Urteil vom 24. Mai 2002 - 1 A 6168/96 - juris Rn. 70, 77).

15

2. Die hier allein in Betracht kommende Krankheit ist unter Nr. 1317 in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung als „Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische“ aufgeführt. Ihre Aufnahme in die Anlage 1 erfolgte mit der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623). § 8 Abs. 1 dieser Verordnung regelt ihr Inkrafttreten zum 1. Dezember 1997. Spätestens im November 1997 - und damit vor diesem Zeitpunkt - ist der Kläger an Polyneuropathie erkrankt.

16

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer als Dienstunfall zu fingierenden Krankheit ist nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG derjenige der Erkrankung. Bei Krankheiten, die wie hier infolge fortlaufender kumulativer Einwirkung auf den Beamten ausgelöst werden, ist für den Zeitpunkt der Erkrankung derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem der Zustand des Beamten Krankheitswert erreicht, in dem also die Krankheit sicher diagnostiziert werden kann (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 29). Dieser für die Fristberechnung nach § 45 Abs. 1 und 2 BeamtVG entwickelte Grundsatz gilt auch für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Erkrankung im Rahmen des § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG. Denn die genannten Fristvorschriften knüpfen an das Ereignis des Dienstunfalls an. § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG setzt die Erkrankung dem Dienstunfall gleich.

17

Für die Annahme, dass eine Krankheit sicher diagnostiziert werden kann, ist es nicht erforderlich, dass die entsprechende Diagnose auch tatsächlich gestellt wird. Es genügt, wenn die Stellung der Diagnose zum relevanten Zeitpunkt möglich ist. Das ist der Fall, wenn ausreichende Symptome objektiv vorliegen und die medizinischen Erkenntnismethoden den Schluss auf die Erkrankung zulassen.

18

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 diagnostiziert werden können. Hierzu bezieht sich das Oberverwaltungsgericht einerseits auf die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Danach habe bereits im September 1997 ein Symptomenkomplex vorgelegen, der den behandelnden Arzt veranlasst habe, eine Erkrankung an Polyneuropathie ernsthaft in Betracht zu ziehen und den Kläger zwecks Abklärung in ein Krankenhaus einzuweisen. Des Weiteren habe die Befunderhebung während des dortigen stationären Aufenthalts des Klägers im November 1997 dazu geführt, dass in dem Abschlussbericht des Krankenhauses der Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Ätiologie geäußert worden sei. Diese Umstände haben zu der Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts geführt, dass die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie schon damals sicher diagnostiziert worden wäre, wenn den behandelnden Ärzten die dienstliche Verwendung des Klägers in der Produktionsstätte der Justizvollzugsanstalt bekannt gewesen wäre, was nicht der Fall gewesen sei. Indem das Oberverwaltungsgericht annimmt, dass die zutreffende Diagnose bei dem Hinzutreten objektiv bereits vorhandener Erkenntnisse über die dienstliche Verwendung des Klägers im November 1997 tatsächlich gestellt worden wäre, bringt es zugleich zum Ausdruck, dass es möglich gewesen wäre, diese Diagnose sicher zu stellen.

19

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Diagnostizierbarkeit der Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 binden das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf sog. hypothetische Tatsachen. Aufgabe des Revisionsgerichts ist es allein, die Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen auf den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zu überprüfen. Soweit zu diesem Lebenssachverhalt auch die prognostische Einschätzung tatsächlicher Verhältnisse gehört (hier die vom Oberverwaltungsgericht bejahte Frage der Stellung einer Diagnose bei der Kenntnis weiterer Umstände), bildet diese Prognose einen Teil der bindenden tatsächlichen Feststellungen (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 30).

20

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger im Revisionsverfahren auch nicht erfolgreich angegriffen. Der im Kern seiner Argumentation vorgetragene, nicht wesentlich substantiierte Einwand, die wissenschaftlichen Erkenntnismethoden hätten im Jahr 1997 noch nicht zur Diagnose der Polyneuropathie ausgereicht, überzeugt schon deswegen nicht, weil die Erkrankung mit Verordnung vom 31. Oktober 1997 in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen worden ist. Ohne ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse wäre dies nicht denkbar.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Auszubildende hat ein Berichtsheft in Form eines Ausbildungsnachweises zu führen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, das Berichtsheft während der Ausbildungszeit zu führen. Der Ausbildende hat das Berichtsheft regelmäßig durchzusehen.

Tatbestand

1

Der 1955 geborene Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2008 als Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst in Diensten des Beklagten. Im Zeitraum vom 22. Mai 1995 bis zum 7. November 1997 wurde er in einer Produktionsstätte innerhalb einer Justizvollzugsanstalt eingesetzt, in der Gefangene unter Verwendung lösungsmittelhaltiger Klebstoffe Bürosesselsitze herstellten.

2

Der Kläger war seit Februar 2008 dienstunfähig erkrankt. Im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung wurde im März 2008 festgestellt, dass die beim Kläger diagnostizierte Polyneuropathie hinsichtlich ihres Verlaufs und ihrer Symptomatik zu einer neurotischen Polyneuropathie passe. Das untersuchende Institut stellte einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-1317 (Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische).

3

Der Beklagte lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit ab. Widerspruchsverfahren, Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers nicht als Berufskrankheit anerkannt werden könne, weil die Krankheit Polyneuropathie in der zum Zeitpunkt der Erkrankung des Klägers geltenden Fassung der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung noch nicht aufgeführt gewesen sei. Diese Krankheit sei erst mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 aufgenommen worden. Es stehe aber fest, dass der Kläger bereits zuvor an Polyneuropathie erkrankt sei. Dies ergebe sich sowohl aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung als auch aus dem ärztlichen Bericht zu einem stationären Krankenhausaufenthalt im November 1997.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision, mit der er geltend macht, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Krankheit erst nach seiner Erkrankung in die Auflistung der genannten Anlage aufgenommen worden sei. Maßgeblich sei allein, dass die Krankheit überhaupt als Berufskrankheit anerkannt sei. Im November 1997 habe die Erkrankung mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse noch nicht diagnostiziert werden können.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. August 2013 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. November 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Ministeriums der Justiz des Saarlandes vom 12. April 2011 zu verpflichten, die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG anzuerkennen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Erkrankung als Dienstunfall.

8

1. Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Erkrankung und insoweit bis heute unverändert geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3858) als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Nach Satz 3 dieser Vorschrift bestimmt die Bundesregierung die in Betracht kommenden Krankheiten durch Rechtsverordnung. Die zu der gleichlautenden Vorgängerregelung ergangene Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl. I S. 1004) bestimmt in ihrem § 1 als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im einzelnen bezeichneten Maßgaben.

9

a) Dieses Regelungsgefüge fingiert eine Erkrankung als Dienstunfall, wenn die Krankheit zum Zeitpunkt der Erkrankung in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt war (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 11; Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1). War die Krankheit zu diesem Zeitpunkt nicht dort aufgeführt oder wurde sie erst später dort aufgeführt, gilt die Erkrankung nicht als Dienstunfall. Denn § 1 der Verordnung zur Durchführung von § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes verweist nur auf die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung, die allein die Listung einzelner Krankheiten enthält. Ein Verweis auf den weiteren Regelungstext der Verordnung, die in ihrem § 6 - wie für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung üblich - auch Regelungen über die begrenzte rückwirkende Anwendung von neu in die Anlage 1 aufgenommene Krankheiten enthält, fehlt gerade; für eine rückwirkende Anwendung ist damit im Dienstunfallrecht kein Raum (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1 f.).

10

b) Anders als vom Kläger angenommen, handelt es sich bei § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG auch nicht um eine bloße Beweislastregel, die für den erkrankten Beamten die Möglichkeit bestehen lässt, den Vollbeweis zu führen, dass seine Erkrankung kausal auf die durch ihn erbrachte Dienstleistung zurückzuführen ist. Denn die Vorschrift soll nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 17). Welche Krankheiten hierzu gehören, wird in der geschilderten Weise durch den Verordnungsgeber festgelegt. Durch die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG verwendeten Formulierung der „in Betracht kommenden Krankheiten“ wird zugleich bestimmt, dass Krankheiten, die nicht durch den Verordnungsgeber festgelegt werden, für eine Gleichstellung mit einem Dienstunfall nicht in Betracht kommen. Dazu gehören neben Krankheiten, die überhaupt nicht in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind, auch solche Krankheiten, die zum Zeitpunkt der Erkrankung dort noch nicht aufgeführt waren, auch wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen wurden.

11

c) Dieses Regelungsgefüge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

12

aa) Es liegt zunächst keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Beamten vor, die erst nach der Aufnahme der Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung hieran erkranken. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Dies ist gerade im Hinblick auf eine Stichtagsregelung, nach der der Verordnungsgeber entscheidet, ab welchem Zeitpunkt eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt wird, anzunehmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. März 2007 - 1 BvR 3144/06 - BVerfGK 10, 553 <556 f.>). Grundlage für die Aufnahme einer Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist immer die fortschreitende Erkenntnis der arbeitsmedizinischen Wissenschaft, die einen ausreichenden sachlichen Grund für die Wahl des Zeitpunktes der Regelungsänderung bildet. Die von der Stichtagsregelung ausgehenden Härten, die im Falle des Klägers wegen des sehr kurzen Zeitverzugs von nur wenigen Tagen zwischen der Erkrankung und der Listung der Krankheit (s.u., 2.) besonders zu Tage treten, können allein durch vom Gesetz- oder Verordnungsgeber zu schaffendes Übergangsrecht abgemildert, nicht aber in einem gerichtlichen Verfahren beseitigt werden.

13

bb) Es besteht auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit den Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung, für die die jeweilige Fassung des § 6 BKVO jedenfalls in begrenztem Umfang die rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten ermöglicht. Insoweit bestehen schon Zweifel, ob überhaupt eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vorliegt. Jedenfalls wäre eine solche Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Beamte und Arbeitnehmer sind aufgrund der Verschiedenheit ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Es ist vielmehr dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, inwieweit er Verbesserungen des sozialversicherungsrechtlichen Unfallschutzes in das Beamtenrecht einführt. Im Vergleich zu Arbeitnehmern erfahren Beamte eine ganz anders strukturierte soziale Absicherung durch die Alimentationspflicht und die vornehmlich in der Beihilfegewährung konkretisierte besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, Beschlüsse vom 31. Januar 1978 - 6 B 57.77 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59 S. 10 und vom 12. September 1995 - 2 B 61.95 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10 S. 1).

14

d) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Fürsorgegrundsatz vor. Der Fürsorgegrundsatz gebietet nicht, dass über die Alimentation (Besoldung oder Versorgung) und Beihilfegewährung hinaus zwingend weitere Leistungen zu gewähren sind, wenn ein Beamter infolge dienstlicher Umstände erkrankt. Auch im Falle seiner Erkrankung ist die amtsangemessene Alimentation des Beamten sowie die angemessene Übernahme der durch die Krankheit entstehenden Kosten über die genannten Leistungen gewährleistet (vgl. OVG Münster, Urteil vom 24. Mai 2002 - 1 A 6168/96 - juris Rn. 70, 77).

15

2. Die hier allein in Betracht kommende Krankheit ist unter Nr. 1317 in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung als „Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische“ aufgeführt. Ihre Aufnahme in die Anlage 1 erfolgte mit der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623). § 8 Abs. 1 dieser Verordnung regelt ihr Inkrafttreten zum 1. Dezember 1997. Spätestens im November 1997 - und damit vor diesem Zeitpunkt - ist der Kläger an Polyneuropathie erkrankt.

16

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer als Dienstunfall zu fingierenden Krankheit ist nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG derjenige der Erkrankung. Bei Krankheiten, die wie hier infolge fortlaufender kumulativer Einwirkung auf den Beamten ausgelöst werden, ist für den Zeitpunkt der Erkrankung derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem der Zustand des Beamten Krankheitswert erreicht, in dem also die Krankheit sicher diagnostiziert werden kann (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 29). Dieser für die Fristberechnung nach § 45 Abs. 1 und 2 BeamtVG entwickelte Grundsatz gilt auch für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Erkrankung im Rahmen des § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG. Denn die genannten Fristvorschriften knüpfen an das Ereignis des Dienstunfalls an. § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG setzt die Erkrankung dem Dienstunfall gleich.

17

Für die Annahme, dass eine Krankheit sicher diagnostiziert werden kann, ist es nicht erforderlich, dass die entsprechende Diagnose auch tatsächlich gestellt wird. Es genügt, wenn die Stellung der Diagnose zum relevanten Zeitpunkt möglich ist. Das ist der Fall, wenn ausreichende Symptome objektiv vorliegen und die medizinischen Erkenntnismethoden den Schluss auf die Erkrankung zulassen.

18

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 diagnostiziert werden können. Hierzu bezieht sich das Oberverwaltungsgericht einerseits auf die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Danach habe bereits im September 1997 ein Symptomenkomplex vorgelegen, der den behandelnden Arzt veranlasst habe, eine Erkrankung an Polyneuropathie ernsthaft in Betracht zu ziehen und den Kläger zwecks Abklärung in ein Krankenhaus einzuweisen. Des Weiteren habe die Befunderhebung während des dortigen stationären Aufenthalts des Klägers im November 1997 dazu geführt, dass in dem Abschlussbericht des Krankenhauses der Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Ätiologie geäußert worden sei. Diese Umstände haben zu der Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts geführt, dass die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie schon damals sicher diagnostiziert worden wäre, wenn den behandelnden Ärzten die dienstliche Verwendung des Klägers in der Produktionsstätte der Justizvollzugsanstalt bekannt gewesen wäre, was nicht der Fall gewesen sei. Indem das Oberverwaltungsgericht annimmt, dass die zutreffende Diagnose bei dem Hinzutreten objektiv bereits vorhandener Erkenntnisse über die dienstliche Verwendung des Klägers im November 1997 tatsächlich gestellt worden wäre, bringt es zugleich zum Ausdruck, dass es möglich gewesen wäre, diese Diagnose sicher zu stellen.

19

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Diagnostizierbarkeit der Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 binden das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf sog. hypothetische Tatsachen. Aufgabe des Revisionsgerichts ist es allein, die Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen auf den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zu überprüfen. Soweit zu diesem Lebenssachverhalt auch die prognostische Einschätzung tatsächlicher Verhältnisse gehört (hier die vom Oberverwaltungsgericht bejahte Frage der Stellung einer Diagnose bei der Kenntnis weiterer Umstände), bildet diese Prognose einen Teil der bindenden tatsächlichen Feststellungen (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 30).

20

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger im Revisionsverfahren auch nicht erfolgreich angegriffen. Der im Kern seiner Argumentation vorgetragene, nicht wesentlich substantiierte Einwand, die wissenschaftlichen Erkenntnismethoden hätten im Jahr 1997 noch nicht zur Diagnose der Polyneuropathie ausgereicht, überzeugt schon deswegen nicht, weil die Erkrankung mit Verordnung vom 31. Oktober 1997 in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen worden ist. Ohne ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse wäre dies nicht denkbar.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Der Auszubildende hat ein Berichtsheft in Form eines Ausbildungsnachweises zu führen. Ihm ist Gelegenheit zu geben, das Berichtsheft während der Ausbildungszeit zu führen. Der Ausbildende hat das Berichtsheft regelmäßig durchzusehen.

Tatbestand

1

Der 1955 geborene Kläger stand bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand im Dezember 2008 als Hauptsekretär im Justizvollzugsdienst in Diensten des Beklagten. Im Zeitraum vom 22. Mai 1995 bis zum 7. November 1997 wurde er in einer Produktionsstätte innerhalb einer Justizvollzugsanstalt eingesetzt, in der Gefangene unter Verwendung lösungsmittelhaltiger Klebstoffe Bürosesselsitze herstellten.

2

Der Kläger war seit Februar 2008 dienstunfähig erkrankt. Im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Untersuchung wurde im März 2008 festgestellt, dass die beim Kläger diagnostizierte Polyneuropathie hinsichtlich ihres Verlaufs und ihrer Symptomatik zu einer neurotischen Polyneuropathie passe. Das untersuchende Institut stellte einen Antrag auf Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-1317 (Polyneuropathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische).

3

Der Beklagte lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit ab. Widerspruchsverfahren, Klage und Berufung blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dass die Erkrankung des Klägers nicht als Berufskrankheit anerkannt werden könne, weil die Krankheit Polyneuropathie in der zum Zeitpunkt der Erkrankung des Klägers geltenden Fassung der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung noch nicht aufgeführt gewesen sei. Diese Krankheit sei erst mit Wirkung vom 1. Dezember 1997 aufgenommen worden. Es stehe aber fest, dass der Kläger bereits zuvor an Polyneuropathie erkrankt sei. Dies ergebe sich sowohl aus seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung als auch aus dem ärztlichen Bericht zu einem stationären Krankenhausaufenthalt im November 1997.

4

Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision, mit der er geltend macht, dass es nicht darauf ankommen könne, ob die Krankheit erst nach seiner Erkrankung in die Auflistung der genannten Anlage aufgenommen worden sei. Maßgeblich sei allein, dass die Krankheit überhaupt als Berufskrankheit anerkannt sei. Im November 1997 habe die Erkrankung mangels ausreichender wissenschaftlicher Erkenntnisse noch nicht diagnostiziert werden können.

5

Der Kläger beantragt,

die Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes vom 27. August 2013 und des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 20. November 2012 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 24. Januar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids des Ministeriums der Justiz des Saarlandes vom 12. April 2011 zu verpflichten, die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie als Dienstunfall im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG anzuerkennen.

6

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt kein revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung seiner Erkrankung als Dienstunfall.

8

1. Erkrankt ein Beamter, der nach der Art seiner dienstlichen Verrichtung der Gefahr der Erkrankung an bestimmten Krankheiten besonders ausgesetzt ist, an einer solchen Krankheit, so gilt dies gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in der hier maßgeblichen, zum Zeitpunkt der Erkrankung und insoweit bis heute unverändert geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1994 (BGBl. I S. 3858) als Dienstunfall, es sei denn, dass der Beamte sich die Krankheit außerhalb des Dienstes zugezogen hat. Nach Satz 3 dieser Vorschrift bestimmt die Bundesregierung die in Betracht kommenden Krankheiten durch Rechtsverordnung. Die zu der gleichlautenden Vorgängerregelung ergangene Verordnung zur Durchführung des § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes vom 20. Juni 1977 (BGBl. I S. 1004) bestimmt in ihrem § 1 als Krankheiten im Sinne des § 31 Abs. 3 BeamtVG die in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) vom 8. Dezember 1976 (BGBl. I S. 3329) in der jeweils geltenden Fassung genannten Krankheiten mit den dort im einzelnen bezeichneten Maßgaben.

9

a) Dieses Regelungsgefüge fingiert eine Erkrankung als Dienstunfall, wenn die Krankheit zum Zeitpunkt der Erkrankung in der Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt war (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 11; Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1). War die Krankheit zu diesem Zeitpunkt nicht dort aufgeführt oder wurde sie erst später dort aufgeführt, gilt die Erkrankung nicht als Dienstunfall. Denn § 1 der Verordnung zur Durchführung von § 31 des Beamtenversorgungsgesetzes verweist nur auf die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung, die allein die Listung einzelner Krankheiten enthält. Ein Verweis auf den weiteren Regelungstext der Verordnung, die in ihrem § 6 - wie für den Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung üblich - auch Regelungen über die begrenzte rückwirkende Anwendung von neu in die Anlage 1 aufgenommene Krankheiten enthält, fehlt gerade; für eine rückwirkende Anwendung ist damit im Dienstunfallrecht kein Raum (BVerwG, Beschluss vom 23. Februar 1999 - 2 B 88.98 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 11 S. 1 f.).

10

b) Anders als vom Kläger angenommen, handelt es sich bei § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG auch nicht um eine bloße Beweislastregel, die für den erkrankten Beamten die Möglichkeit bestehen lässt, den Vollbeweis zu führen, dass seine Erkrankung kausal auf die durch ihn erbrachte Dienstleistung zurückzuführen ist. Denn die Vorschrift soll nicht die Folgen jeglicher Krankheit abmildern, die sich der Beamte im Dienst zuzieht, sondern nur besonderen Gefährdungen Rechnung tragen, denen ein Beamter im Vergleich zur Beamtenschaft insgesamt ausgesetzt ist (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 17). Welche Krankheiten hierzu gehören, wird in der geschilderten Weise durch den Verordnungsgeber festgelegt. Durch die vom Gesetzgeber in § 31 Abs. 3 Satz 3 BeamtVG verwendeten Formulierung der „in Betracht kommenden Krankheiten“ wird zugleich bestimmt, dass Krankheiten, die nicht durch den Verordnungsgeber festgelegt werden, für eine Gleichstellung mit einem Dienstunfall nicht in Betracht kommen. Dazu gehören neben Krankheiten, die überhaupt nicht in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung aufgeführt sind, auch solche Krankheiten, die zum Zeitpunkt der Erkrankung dort noch nicht aufgeführt waren, auch wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt aufgenommen wurden.

11

c) Dieses Regelungsgefüge verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

12

aa) Es liegt zunächst keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit Beamten vor, die erst nach der Aufnahme der Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung hieran erkranken. Es ist dem Gesetzgeber nicht durch Art. 3 Abs. 1 GG verwehrt, zur Regelung bestimmter Lebenssachverhalte Stichtage einzuführen, auch wenn jeder Stichtag unvermeidlich gewisse Härten mit sich bringt. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einführung des Stichtags und die Wahl des Zeitpunkts sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und damit sachlich vertretbar sind (stRspr BVerfG, Urteil vom 5. Juli 1989 - 1 BvL 11/87 u.a. - BVerfGE 80, 297 <311>; Beschluss vom 27. Februar 2007 - 1 BvL 10/00 - BVerfGE 117, 272 <301>; Kammerbeschluss vom 19. Mai 2015 - 2 BvR 1170/14 - FamRZ 2015, 1263 Rn. 41). Dies ist gerade im Hinblick auf eine Stichtagsregelung, nach der der Verordnungsgeber entscheidet, ab welchem Zeitpunkt eine Krankheit als Berufskrankheit anerkannt wird, anzunehmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 30. März 2007 - 1 BvR 3144/06 - BVerfGK 10, 553 <556 f.>). Grundlage für die Aufnahme einer Krankheit in die Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung ist immer die fortschreitende Erkenntnis der arbeitsmedizinischen Wissenschaft, die einen ausreichenden sachlichen Grund für die Wahl des Zeitpunktes der Regelungsänderung bildet. Die von der Stichtagsregelung ausgehenden Härten, die im Falle des Klägers wegen des sehr kurzen Zeitverzugs von nur wenigen Tagen zwischen der Erkrankung und der Listung der Krankheit (s.u., 2.) besonders zu Tage treten, können allein durch vom Gesetz- oder Verordnungsgeber zu schaffendes Übergangsrecht abgemildert, nicht aber in einem gerichtlichen Verfahren beseitigt werden.

13

bb) Es besteht auch keine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung mit den Versicherten in der gesetzlichen Unfallversicherung, für die die jeweilige Fassung des § 6 BKVO jedenfalls in begrenztem Umfang die rückwirkende Anerkennung von Berufskrankheiten ermöglicht. Insoweit bestehen schon Zweifel, ob überhaupt eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem vorliegt. Jedenfalls wäre eine solche Ungleichbehandlung sachlich gerechtfertigt. Beamte und Arbeitnehmer sind aufgrund der Verschiedenheit ihrer Beschäftigungsverhältnisse nicht grundsätzlich gleich zu behandeln. Es ist vielmehr dem Gesetzgeber im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit überlassen, inwieweit er Verbesserungen des sozialversicherungsrechtlichen Unfallschutzes in das Beamtenrecht einführt. Im Vergleich zu Arbeitnehmern erfahren Beamte eine ganz anders strukturierte soziale Absicherung durch die Alimentationspflicht und die vornehmlich in der Beihilfegewährung konkretisierte besondere Fürsorgepflicht des Dienstherrn (BVerwG, Beschlüsse vom 31. Januar 1978 - 6 B 57.77 - Buchholz 232 § 135 BBG Nr. 59 S. 10 und vom 12. September 1995 - 2 B 61.95 - Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 10 S. 1).

14

d) Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen den Fürsorgegrundsatz vor. Der Fürsorgegrundsatz gebietet nicht, dass über die Alimentation (Besoldung oder Versorgung) und Beihilfegewährung hinaus zwingend weitere Leistungen zu gewähren sind, wenn ein Beamter infolge dienstlicher Umstände erkrankt. Auch im Falle seiner Erkrankung ist die amtsangemessene Alimentation des Beamten sowie die angemessene Übernahme der durch die Krankheit entstehenden Kosten über die genannten Leistungen gewährleistet (vgl. OVG Münster, Urteil vom 24. Mai 2002 - 1 A 6168/96 - juris Rn. 70, 77).

15

2. Die hier allein in Betracht kommende Krankheit ist unter Nr. 1317 in der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung als „Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische“ aufgeführt. Ihre Aufnahme in die Anlage 1 erfolgte mit der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623). § 8 Abs. 1 dieser Verordnung regelt ihr Inkrafttreten zum 1. Dezember 1997. Spätestens im November 1997 - und damit vor diesem Zeitpunkt - ist der Kläger an Polyneuropathie erkrankt.

16

a) Maßgeblicher Zeitpunkt für die Feststellung einer als Dienstunfall zu fingierenden Krankheit ist nach § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG derjenige der Erkrankung. Bei Krankheiten, die wie hier infolge fortlaufender kumulativer Einwirkung auf den Beamten ausgelöst werden, ist für den Zeitpunkt der Erkrankung derjenige Zeitpunkt maßgebend, in dem der Zustand des Beamten Krankheitswert erreicht, in dem also die Krankheit sicher diagnostiziert werden kann (BVerwG, Urteil vom 28. April 2011 - 2 C 55.09 - Buchholz 240 § 31 BBesG Nr. 1 Rn. 29). Dieser für die Fristberechnung nach § 45 Abs. 1 und 2 BeamtVG entwickelte Grundsatz gilt auch für die Bestimmung des maßgeblichen Zeitpunkts der Erkrankung im Rahmen des § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG. Denn die genannten Fristvorschriften knüpfen an das Ereignis des Dienstunfalls an. § 31 Abs. 3 Satz 1 BeamtVG setzt die Erkrankung dem Dienstunfall gleich.

17

Für die Annahme, dass eine Krankheit sicher diagnostiziert werden kann, ist es nicht erforderlich, dass die entsprechende Diagnose auch tatsächlich gestellt wird. Es genügt, wenn die Stellung der Diagnose zum relevanten Zeitpunkt möglich ist. Das ist der Fall, wenn ausreichende Symptome objektiv vorliegen und die medizinischen Erkenntnismethoden den Schluss auf die Erkrankung zulassen.

18

b) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 diagnostiziert werden können. Hierzu bezieht sich das Oberverwaltungsgericht einerseits auf die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung. Danach habe bereits im September 1997 ein Symptomenkomplex vorgelegen, der den behandelnden Arzt veranlasst habe, eine Erkrankung an Polyneuropathie ernsthaft in Betracht zu ziehen und den Kläger zwecks Abklärung in ein Krankenhaus einzuweisen. Des Weiteren habe die Befunderhebung während des dortigen stationären Aufenthalts des Klägers im November 1997 dazu geführt, dass in dem Abschlussbericht des Krankenhauses der Verdacht auf Polyneuropathie unklarer Ätiologie geäußert worden sei. Diese Umstände haben zu der Überzeugung des Oberverwaltungsgerichts geführt, dass die Erkrankung des Klägers an Polyneuropathie schon damals sicher diagnostiziert worden wäre, wenn den behandelnden Ärzten die dienstliche Verwendung des Klägers in der Produktionsstätte der Justizvollzugsanstalt bekannt gewesen wäre, was nicht der Fall gewesen sei. Indem das Oberverwaltungsgericht annimmt, dass die zutreffende Diagnose bei dem Hinzutreten objektiv bereits vorhandener Erkenntnisse über die dienstliche Verwendung des Klägers im November 1997 tatsächlich gestellt worden wäre, bringt es zugleich zum Ausdruck, dass es möglich gewesen wäre, diese Diagnose sicher zu stellen.

19

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zur Diagnostizierbarkeit der Krankheit des Klägers spätestens im November 1997 binden das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 137 Abs. 2 VwGO. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf sog. hypothetische Tatsachen. Aufgabe des Revisionsgerichts ist es allein, die Anwendung der einschlägigen Rechtsnormen auf den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zu überprüfen. Soweit zu diesem Lebenssachverhalt auch die prognostische Einschätzung tatsächlicher Verhältnisse gehört (hier die vom Oberverwaltungsgericht bejahte Frage der Stellung einer Diagnose bei der Kenntnis weiterer Umstände), bildet diese Prognose einen Teil der bindenden tatsächlichen Feststellungen (BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - 2 C 12.14 - BVerwGE 151, 333 Rn. 30).

20

Diese tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hat der Kläger im Revisionsverfahren auch nicht erfolgreich angegriffen. Der im Kern seiner Argumentation vorgetragene, nicht wesentlich substantiierte Einwand, die wissenschaftlichen Erkenntnismethoden hätten im Jahr 1997 noch nicht zur Diagnose der Polyneuropathie ausgereicht, überzeugt schon deswegen nicht, weil die Erkrankung mit Verordnung vom 31. Oktober 1997 in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung aufgenommen worden ist. Ohne ausreichende wissenschaftliche Erkenntnisse wäre dies nicht denkbar.

21

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.