Verwaltungsgericht München Urteil, 06. Okt. 2016 - M 10 K 16.264
Gericht
Tenor
I.
Der Bescheid über Zweitwohnungsteuer der Beklagten vom 22. Dezember 2015 wird aufgehoben.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung in Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Berufung wird zugelassen.
Der Streitwert wird auf EUR 2.525,18 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Tatbestand
Tatbestand:
Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer durch die Beklagte.
Der Kläger ist Eigentümer einer Wohnung in der ...-straße 7, ... Seinen Hauptwohnsitz hat der Kläger in ... Die Wohnung befindet sich in einem als Ferienwohnanlage ausgestalteten Haus, welche von der Eigentümer Betriebsgesellschaft Gästehaus ... GmbH (im Folgenden: EBG) betrieben wird.
Die streitgegenständliche Wohnung ist ebenfalls Teil der Ferienwohnanlage und wird von der EBG an Feriengäste vermietet. Der Kläger und seine Ehefrau haben am 1. Mai 1999 mit der EBG einen befristeten Nutzungsvertrag mit einer Mietdauer bis 31. Oktober 2004 geschlossen. Der Vertrag räumt der EBG als Mieterin in § 1 S. 2 sämtliche Nutzungsrechte ein, insbesondere darf die Mieterin die Wohnung an Feriengäste vermieten (§ 2 S. 1 des Nutzungsvertrages). Auch der Kläger kann bei freien Kapazitäten seine oder eine andere Gästehaus-Wohnung als Feriengast mieten; wörtlich enthält § 4b des Nutzungsvertrages („Eigennutzung“) hierzu die Klausel: „Eine persönliche Nutzung des Mietgegenstandes durch den Vermieter ist grundsätzlich immer möglich. Der Mieter räumt dem Vermieter oder einem von ihm autorisierten Dritten bei der Nutzung seines eigenen oder eines anderen Appartements folgenden Rabatt, auf den in der Preisliste angegebenen Übernachtungspreis ein. 90% in den Nebensaisonzeiten, 80% in den Zwischensaisonzeiten, 70% in den Haup[t]saisonzeiten. Diese Regelungen für die Eigennutzung gelten bei freien Kapazitäten und einer Voranmeldung von maximal vier Wochen. Eine gewerbliche Nutzung durch den Vermieter ist nicht möglich. […]“
Am 8. November 2003 verlängerten die Vertragsparteien die Befristung des Vertrages bis zum 31. Oktober 2007. Für den anschließenden Zeitraum hoben die Vertragsparteien die Befristung im selben Vertrag auf und schlossen einen unbefristeten Nutzungsvertrag mit jährlicher Kündigungsmöglichkeit. Am 14. November 2015 vereinbarten der Kläger und die Mieterin (ohne Beteiligung der Ehefrau), das in § 4b des Nutzungsvertrages geregelte Recht des Klägers zur Eigennutzung mit Wirkung zum 1. Januar 2016 ersatzlos zu streichen.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 22. Dezember 2015 für die streitgegenständliche Ferienwohnung Zweitwohnungsteuer rückwirkend für die Jahre 2011 bis 2015 in der folgenden Höhe fest:
2011 |
494,74 EUR |
2012 |
507,61 EUR |
2013 |
507,61 EUR |
2014 |
507,61 EUR |
2015 |
507,61 EUR |
Insgesamt |
2525,18 EUR |
Hiergegen hat der Kläger über seinen Bevollmächtigten am 20. Januar 2016 per Telefax Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München erhoben und mit Schreiben vom 12. April 2016 beantragt,
den Bescheid der Beklagten über Zweitwohnungsteuer vom 22. Dezember 2015, Finanzadresse ..., aufzuheben.
Zur Begründung wird ausgeführt: Es handele sich nicht um eine Zweitwohnung im Sinne der Zweitwohnungsteuersatzung. Der Kläger habe durch den Nutzungsvertrag die Nutzungsmöglichkeit und damit die erforderliche Verfügungsmacht auf die Mieterin übertragen, so dass er die Wohnung nicht im Sinne der Zweitwohnungsteuersatzung „innehabe“. Von der Möglichkeit, seine Wohnung von der Mieterin zu mieten, habe der Kläger in den Jahren 2011 bis 2015 keinen Gebrauch gemacht. Da der Kläger die Wohnung faktisch nicht genutzt habe, sei die Zweitwohnungsteuer in voller Höhe überdies unverhältnismäßig.
Die Beklagte hat durch ihre Bevollmächtigte per Telefax am 8. Juni 2016 beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf die verbleibenden Nutzungsmöglichkeiten, die der Nutzungsvertrag dem Kläger in § 4b für den streitgegenständlichen Zeitraum eingeräumt habe; der Kläger habe die Wohnung demnach im streitgegenständlichen Zeitraum innegehabt. Dass der Kläger die Wohnung tatsächlich nicht genutzt habe, werde mit Nichtwissen bestritten und sei zudem unerheblich. Entscheidend sei die Möglichkeit der Nutzung.
In der mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2016 legte der Klägerbevollmächtigte zwei Screenshots des elektronischen Buchungsportals der EBG vor, um darzutun, dass der Kläger sich in der Wohnung nie aufgehalten habe: Zum einen war angezeigt, dass das aktuelle Buchungsprogramm seit 2009 in Benutzung sei und seitdem über 16.000 Eintragungen enthält, zum anderen, dass eine Suche nach dem Namen des Klägers keine Ergebnisse in den vergangenen Buchungen hervorbrachte.
Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der übrigen Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die Behördenakten verwiesen.
Gründe
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid vom 22. Dezember 2015 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer der Beklagten vom 8. Dezember 2004 in der Fassung vom 18. Juni 2012 (ZwStS) ist eine wirksame Rechtsgrundlage. Die Satzung beruht auf Art. 22 Abs. 2 Bayerische Gemeindeordnung (GO) sowie auf Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 Bayerisches Kommunalabgabengesetz (KAG). Nach Art. 3 Abs. 1 KAG können die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben, solange und soweit diese nicht bundesrechtlich geregelten Steuern vergleichbar sind. Die Zweitwohnungsteuer ist eine örtliche Aufwandsteuer nach Art. 105 Abs. 2a GG. Sie ist keiner bundesrechtlichen Steuer vergleichbar. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer im Freistaat Bayern zulässig (vgl. BayVGH, U. v . 4.4.2006 - 4 N 05.2249 - juris). Bedenken gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der Satzung sowie gegen die materiell-rechtliche Wirksamkeit sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
2. Die streitgegenständliche Wohnung ist keine Zweitwohnung und damit kein tauglicher Steuergegenstand. Steuergegenstand ist nach § 2 ZwStS jede Zweitwohnung, nach der Satzungsdefinition also jede Wohnung im Gemeindegebiet der Beklagten, welche eine Person zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. Der Kläger hat die streitgegenständliche Wohnung nicht zu seiner persönlichen Lebensführung inne. Vielmehr handelt es sich dabei um eine reine Kapitalanlage.
Der Wortlaut von § 2 ZwStS greift auf die Definition der Aufwandsteuer (Art. 105 Abs. 2a GG) zurück, wie sie durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt ist. Demnach sind Aufwandsteuern Steuern auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (vgl. BVerwG, U. v . 15.10.2014 - 9 C 5/13 - juris Rn. 12; BVerwG, U. v . 27.10.2004 - 10 C 2/04 - juris Rn. 21; BayVGH, U. v . 27.6.2013 - 4 B 13.592 - juris Rn. 16). Ausschlaggebendes Merkmal ist der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Zustands, für den finanzielle Mittel aufgewendet werden. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung finanzieller Mittel erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt (vgl. BVerwG, U. v . 15.10.2014 - 9 C 5/13 - juris Rn. 12). Das Innehaben kann grundsätzlich und ohne Rücksicht auf die Dauer und den persönlichen Zweck des Gebrauchs Gegenstand der Aufwandsteuer sein (vgl. BVerwG, u. v . 10.10.1995 - 8 C 694 - juris Rn. 10; BayVGH, U. v . 27.6.2013 - 4 B 13.592 - juris Rn. 16).
Da nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf nach Art. 105 Abs. 2a GG besteuert wird, scheiden Wohnungen als Gegenstand der Zweitwohnungsteuer als örtlicher Aufwandsteuer aus, die nicht Zwecken der persönlichen Lebensführung dienen, sondern vom Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes - also ausschließlich zur Einkommenserzielung - gehalten werden (vgl. BVerwG, U. v . 10.10.1995 - 8 C 694 - juris Rn. 10; BayVGH, U. v . 27.6.2013 - 4 B 13.592 - juris Rn. 17).
Die Abgrenzung zwischen zweitwohnungsteuerfreier reiner Kapitalanlage und zweitwohnungsteuerpflichtiger Vorhaltung auch für die persönliche Lebensführung erfordert im Hinblick auf die Zweckbestimmung der Zweitwohnung eine umfassende Würdigung aller objektiver Umstände des Einzelfalls (vgl. BVerwG, U. v . 26.9.2001 - 9 C 1.01 - juris Rn. 28; VG München, U. v . 8.10.2015 - M 10 K 15.1135 - juris Rn. 34). In diesem Sinne ist die Satzung der Beklagten verfassungskonform auszulegen und anzuwenden (vgl. BVerwG, U. v . 10.10.1995 - 8 C 894 - juris Rn. 12). Hierbei ist nicht die subjektive Zweckbestimmung des Wohnungsinhabers maßgeblich, die unüberprüfbare innere Absicht muss vielmehr auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von Dritten nachprüfbarer Umstände beurteilt werden (vgl. BVerwG, U. v . 15.10.2014 - 9 C 5/13 - juris Rn. 12; VG München, u. v . 8.10.2015 - M 10 K 15.1135 - juris Rn. 34).
Wer eine Zweitwohnung innehat, entscheidet sich nach der tatsächlichen Verfügungsmacht und der rechtlichen Verfügungsbefugnis über einen gewissen Zeitraum (vgl. BayVGH, U. v . 5.3.2008 - 4 BV 07.2044 - juris Rn. 12; BayVGH, B. v . 3.5.2007 - 4 CS 07.642 - juris Rn. 13; VG München, U. v . 1.1.2.2011- M 10 K 10.1227 - juris Rn. 31). Entscheidend ist grundsätzlich, dass bei der Entstehung der persönlichen Steuerpflicht möglich war, die Wohnung zur persönlichen Lebensführung zu nutzen; dementsprechend ist die tatsächliche Nutzung grundsätzlich irrelevant (vgl. BayVGH, U. v . 5.3.2008 - 4 BV 07.2044 - juris Rn. 12). Das Bundesverwaltungsgericht hat in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass genüge, wenn sich der Wohnungsinhaber die Möglichkeit er Eigennutzung offen halte (vgl. BVerwG, U. v . 10.10.1995 - 8 C 40/93 - juris Rn. 10; BVerwG, B. v . 17.8.2000 - 11 B 34/00 - juris Rn. 7).
Aus Gründen der Praktikabilität kann die Gemeinde von der tatsächlichen Vermutung ausgehen, die Wohnung sei auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten worden. Der Wohnungsinhaber kann jedoch Umstände vortragen, die diese Vermutung erschüttern (vgl. dazu BayVGH, U. v . 27.6.2013 - 4 B 13.592 - juris Rn. 19).
Maßgeblich für das Innehaben sind damit zusammengefasst die rechtliche Verfügungsbefugnis und die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit nach einer Beurteilung aller objektiven Umstände des Einzelfalls. Der Kläger hatte nicht die rechtliche Verfügungsbefugnis sowie die tatsächliche Verfügungsmöglichkeit und damit auch nicht die Wohnung inne. Er hat durch Vorlage des Nutzungsvertrages ausreichende Tatsachen vorgebracht, die die Vermutung des Vorhaltens zur persönlichen Nutzung erschüttern. Der Kläger hat die rechtliche Verfügungsmacht grundsätzlich auf die EBG als Mieterin übertragen (dazu unter a.) und sich in nur sehr begrenztem Umfang tatsächliche Nutzungsmöglichkeiten vorbehalten (dazu unter b.). Diese führen nicht dazu, dass der Kläger die Wohnung im Sinne der Satzung „innehat“ (dazu unter c.), auch nicht unter dem Aspekt der Missbrauchsgefahr (dazu unter d.). Es kommt mithin nicht darauf an, ob der Kläger die Wohnung tatsächlich genutzt hat.
a. Der Kläger hat in § 1 des Nutzungsvertrags die rechtliche Verfügungsmacht an die Mieterin übertragen, nach dem sämtliche Nutzungsrechte ausschließlich der Mieterin zustehen.
b. Dieser Beurteilung steht auch nicht § 4b des Nutzungsvertrages entgegen.
aa. Zwar müsste der Kläger sich an einem im Rahmen des Nutzungsvertrages geäußerten Willen, die Wohnung auch selbst nutzen zu wollen, grundsätzlich festhalten lassen, selbst wenn er später diese Absicht wieder fallengelassen hätte.
bb. Entgegen der Ansicht der Beklagtenbevollmächtigten ist § 4b des Nutzungsvertrages jedoch nicht als solche Willenserklärung auszulegen. Zwar vermittelt der Einleitungssatz von § 4b des Nutzungsvertrages den Eindruck, der Kläger könne jederzeit seine Wohnung selbst als Ferienwohnung nutzen („Eine persönliche Nutzung des Mietgegenstandes durch den Vermieter ist grundsätzlich immer möglich.“) Die folgenden Sätze heben diesen Grundsatz aber nahezu vollständig auf, wie sich durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont nach den §§ 133, 157 BGB ergibt. Denn der Kläger darf seine Wohnung nur bei freien Kapazitäten und bei einer Voranmeldung von maximal vier Wochen selbst nutzen. Damit räumt der Nutzungsvertrag den von der Mieterin vermittelten anderen Feriengästen ein Vorrecht ein - nur wenn die Wohnung nicht vermietet ist, darf der Kläger vier Wochen im Voraus seine Wohnung für sich oder seine Angehörigen reservieren. Durch die Worte „diese Regelungen zur Eigennutzung“ bezieht der Vertrag die Pflicht zur Voranmeldung und den Vorbehalt der freien Kapazitäten ausdrücklich auf den gesamten § 4b des Nutzungsvertrages und damit auf alle Formen der Eigennutzung durch den Kläger. Man kann also nicht etwa in eine nach Satz 1 immer mögliche Eigennutzung und eine eingeschränkte, dafür auch rabattierte Nutzung bei freien Kapazitäten nach Satz 2 trennen, zumal das dem wirtschaftlichen Sinn eines Agenturvertrages auch erkennbar zuwiderliefe. Ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankäme, legt der Wortlaut des § 4b des Nutzungsvertrages zudem nahe, dass der Kläger nicht einmal sicher sein kann, ob er sich in seiner eigenen oder einer anderen Wohnung in der Ferienwohnanlage aufhalten wird.
Damit begibt sich der Kläger gerade der freien Verfügungsmacht über seine Wohnung. Er kann weder die Wohnung z. B. im Voraus für einen Urlaub im nächsten Jahr buchen und schon gar nicht für einen bestimmten Zeitraum im Jahr freihalten. § 4b räumt dem Kläger aus seiner Eigentümerstellung heraus letztlich nur eine sehr beschränkte rechtliche Verfügungsmacht über die Wohnung ein, nämlich bei freien Kapazitäten mit einem Vorlauf von höchstens vier Wochen die Wohnung (oder möglicherweise eine andere) zu einem rabattierten Preis zu bewohnen.
c. Diese verbleibende Möglichkeit des Klägers führt nicht dazu, dass er die Wohnung „innehat“. Denn er kann sie gerade nicht nach seinen Vorstellungen persönlich nutzen. Im vorliegenden Fall ist zusätzlich als Besonderheit bei der rechtlichen Bewertung zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Wohnung an eine Agentur weitervermietet hat, welche die Wohnung wiederum an Feriengäste weitervermietet. Diese Gestaltung führt dazu, dass der Kläger die Wohnung als „normaler“ Feriengast von der EBG zum vollen Preis „zurückmieten“ könnte. Anders als bei einer Vermietung an natürliche Personen, welche in der Wohnung ganzjährig leben möchten, ist dem Kläger also faktisch möglich, die Wohnung zu betreten. Der Kläger hat somit aus zwei Positionen heraus die Möglichkeit, auf die Wohnung zuzugreifen: aus seiner Stellung als Eigentümer heraus (dazu bereits unter b.) und als potentieller Feriengast. Allein diese letztgenannte Möglichkeit kann im vorliegenden Fall für ein „innehaben“ nicht ausreichen, denn auch andere Feriengäste haben unstreitig bei kurzfristigem Aufenthalt die Ferienwohnung nicht inne. Zudem führte andernfalls die Vermietung an eine Ferienwohnungsagentur und damit eine naheliegende Form der Kapitalanlage in Urlaubsregionen automatisch zu einer Zweitwohnungsteuerpflicht. Um ein „innehaben“ und damit auch eine Steuerpflicht zu vermeiden, kann dem Kläger nicht obliegen, in den Nutzungsvertrag einen Passus aufzunehmen, der es ausschließt, dass der Kläger oder seine Familienangehörigen die Wohnung je selbst als Feriengäste nutzen. Damit stellt aber der § 4b des Nutzungsvertrages den Kläger unter dem relevanten Gesichtspunkt der rechtlichen Verfügungsmacht nicht besser als er ohne ihn gestanden hätte: Denn auch ohne § 4b des Nutzungsvertrages hätte der Kläger als Feriengast seine Wohnung mieten können, er hätte sogar im Voraus buchen können. Somit bleibt als Wirkung des § 4b allein der Rabatt, welcher für die rechtliche Verfügungsbefugnis ohne Bedeutung ist.
d. Im vorliegenden Fall ist von einem „Innehaben“ auch nicht auszugehen, weil es sich bei der Vermietung an die EBG um eine Umgehung zur Vermeidung der Steuerpflicht handelte. Verschiedene Konstellationen wären denkbar, eine Zweitwohnung an eine Agentur zu vermieten, um von dieser regelmäßig die Wohnung zurückzumieten. Je nach vertraglicher Gestaltung könnte der Wohnungsinhaber in solchen Fällen faktisch doch die rechtliche Verfügungsbefugnis innehaben. So liegt die vorliegende Gestaltung aber nicht. Denn die Nutzungsmöglichkeit wurde vollständig auf die Mieterin übertragen, ohne dem Kläger weiteren Einfluss zu belassen. So könnte die Mieterin z. B. die Wohnung auch an Dauerferiengäste vermieten; dem Kläger sind keinerlei (auch preisliche) Vorrechte bei langfristigen Buchungen eingeräumt. Es liegen keine Anhaltspunkte für eine Umgehung vor, zumal der ursprüngliche Nutzungsvertrag im Jahr 1999 abgeschlossen wurde, als die Erhebung von Zweitwohnungsteuer in Bayern noch nach Art. 3 Abs. 3 KAG in der bis Juli 2004 geltenden Fassung ausgeschlossen war.
3. Der angefochtene, für den Kläger belastende Bescheid vom 22. Dezember 2015 war mithin rechtswidrig und vom Gericht aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
5. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
6. Die Berufung war zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, § 124 a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Bund hat die ausschließliche Gesetzgebung über die Zölle und Finanzmonopole.
(2) Der Bund hat die konkurrierende Gesetzgebung über die Grundsteuer. Er hat die konkurrierende Gesetzgebung über die übrigen Steuern, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Artikels 72 Abs. 2 vorliegen.
(2a) Die Länder haben die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Sie haben die Befugnis zur Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer.
(3) Bundesgesetze über Steuern, deren Aufkommen den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) ganz oder zum Teil zufließt, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.
Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.