Verwaltungsgericht München Urteil, 08. Sept. 2017 - M 1 K 16.50376

bei uns veröffentlicht am08.09.2017

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 6. Dezember 2016 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten, mit dem im Rahmen eines sog. Dublin-Verfahrens sein Asylantrag als unzulässig abgelehnt und seine Abschiebung nach Bulgarien angeordnet wurde.

Der am … … … geborene Kläger ist afghanischer Staatsangehöriger und nach eigenen Angaben im November 2015 in das Bundesgebiet eingereist, wo er ohne Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels angetroffen wurde.

Bei einer Erstbefragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundes-amt) am 10. Februar 2016 gab er an, über Bulgarien nach Deutschland eingereist zu sein. In Bulgarien habe er sich 2 Monate lang aufgehalten. Eine Eurodac-Anfrage am 11. Februar 2016 ergab einen Treffer für Bulgarien (Eurodac-Nr. BG1* …*).

Auf ein Wiederaufnahmegesuch der deutschen Behörden vom 23. März 2016 auf Grundlage des Art. 18 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 (Dublin-III-VO) an die zuständigen bulgarischen Behörden erklärten diese mit Schreiben vom 29. März 2016 ihre Zuständigkeit und Bereitschaft, den Kläger zu übernehmen.

Mit Bescheid vom 8. Juni 2016, zugestellt am 16. Juni 2016, ordnete das Bundesamt die Abschiebung nach Bulgarien an (Nr. 1). Das gesetzliche Einreise- und Aufent-haltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätig-keit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (Aufenthaltsgesetz – AufenthG) wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 2). Bulgarien sei auf Grund des dort bereits gestellten Asylantrags gemäß Art. 18 Abs. 1 b Dublin-III-VO für die Behandlung dieses Antrags zuständig. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die gegen eine Überstellung nach Bulgarien sprächen, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots richte sich nach §§ 75 Nr. 12, 11 Abs. 2 AufenthG.

Gegen den Bescheid des Bundesamts hat der Kläger am … Juni 2016 zur Nieder-schrift Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Juni 2016, Az.: … aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ihm eine Rückkehr nach Bulgarien nicht zumutbar sei, da dort keine menschenwürdige Behandlung von Asylbewerbern stattfinde. Er sei dort grundlos von der Polizei festgenommen und für zwei Monate in Haft genommen worden, wo er misshandelt und geschlagen worden sei.

Der am selben Tag beim Gericht gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung wurde mit Beschluss vom 5. August 2016 – dem Klägerbevollmächtigten am 16. August 2016 und dem Bundesamt am 17. August 2016 zugestellt – abgelehnt (M 1 S. 16.50377). Auf die Gründe des Beschlusses wird Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 9. Januar 2017 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Der Kläger verzichtete mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten vom *. März 2017 unter Hinweis darauf, dass die Überstellungsfrist abgelaufen sei, auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.

Aus der Behördenakte sowie den von der Beklagten mit Schriftsatz vom 7. September 2017 vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass das Bundesamt am 23. September 2016 aufgrund einer Mitteilung der Landeshauptstadt München vom selben Tag Kenntnis davon erlangt hat, dass der Kläger seit dem 24. August 2016 untergetaucht gewesen sein soll. Mit Schreiben vom 25. September 2016 – eingegangen beim Bundesamt am 26. September 2016 – teilte die …kirche … dem Bundesamt mit, dass sich der Kläger ab sofort im Kirchenasyl befinde. Mit Schreiben vom 27. September 2016 setzte das Bundesamt die bulgarischen Behörden davon in Kenntnis, dass der Kläger flüchtig sei und die Überstellungsfrist daher verlängert werden solle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.

1. Das Gericht konnte gemäß § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden, weil alle Beteiligten klar, eindeutig und vorbehaltlos (vgl. BVerwG, B.v. 24.4.2013 – 8 B 91/12 – juris Rn. 3) auf mündliche Verhandlung verzichtet haben. Die Klagepartei hat mit Schriftsatz vom *. März 2017 und die Beklagtenpartei mit genereller (auch den vorliegenden Rechtsstreit umfassender) Prozesserklärung vom 24. Juni 2015 bzw. 25. Februar 2016 auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Die Regierung von Oberbayern ist vorliegend zwar gemäß § 63 Nr. 4 VwGO als Vertreter des öffentlichen Interesses (VöI) Verfahrensbeteiligter aufgrund der generellen Beteiligungserklärungen vom 11. Mai 2015 und vom 18. Mai 2015 (vgl. zur Zulässigkeit sog. Generalbeteiligungserklärungen BVerwG, U.v. 27.6.1995 – 9 C 7/95 – BVerwGE 99, 38, juris Rn. 11). In diesen Erklärungen hat der VöI allerdings darum gebeten, ihm ausschließlich die jeweilige Letzt- und Endentscheidung zu übersenden und damit unter anderem auch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Dabei bedurfte es weder einer gesonderten Anordnung des schriftlichen Verfahrens durch einen gerichtlichen Beschluss (BVerwG, B.v. 15.5.2014 – 9 B 57/13 – Rn. 20, NVwZ-RR 2014-657) noch vor der Entscheidung im schriftlichen Verfahren der Bestimmung einer Schriftsatzfrist (BVerwG, B.v. 10.10.2013 – 1 B 15/13 – Rn. 5, Buchholz 310 § 86 Abs. 2 VwGO Nr. 72, juris).

2. Die Anfechtungsklage gegen den streitgegenständlichen Bescheid ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht erhoben (§ 74 Abs. 1 AsylG).

3. Die Klage ist auch begründet, da sich der streitgegenständliche Bescheid im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) als rechtswidrig erweist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

3.1. Rechtsgrundlage für den Bescheid sind § 29 Abs. 1 Nr. 1 und § 34a Abs. 1 AsylG. Nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist ein Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, wenn ein anderer Staat nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 (Dublin-III-VO) für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Gemäß § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung des Ausländers in diesen zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann.

Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen diese Voraussetzungen jedoch nicht mehr vor, da die Beklagte nach den Regeln der Dublin-III-VO wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist.

3.2. Gemäß Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO hat die Überstellung in den zuständigen Mitgliedstaat spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten zu erfolgen.

3.2.1. Die Frist beginnt mit der Annahme des Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder mit der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 aufschiebende Wirkung hat (Art. 29 Abs. 1 Dublin-III-VO).

Im vorliegenden Fall hat das Bundesamt auf Grund einer EURODAC-Treffermeldung (Eurodac-Nr. BG1* …*) vom 11. Februar 2016 innerhalb der gemäß Art. 23 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin-III-VO einschlägigen Frist von zwei Monaten am 23. März 2016 ein Wiederaufnahmegesuch an Bulgarien gerichtet. Die zuständige bulgarische Behörde stimmte am 29. März 2016, d.h. binnen der zweiwöchigen Antwortfrist (Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Dublin-III-VO), der Wiederaufnahme des Klägers zu.

Der Lauf der Frist wurde durch den Eilantrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 5 VwGO) jedoch unterbrochen und mit Ablehnung des Antrags durch gerichtlichen Beschluss neu in Lauf gesetzt, da der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen eine Abschiebungsanordnung wegen § 34 a Abs. 2 AsylG aufschiebende Wirkung entfaltet (vgl. BVerwG, U.v. 26.5.2016 – 1 C 15/15 – juris Rn. 11 f. und Leitsatz). Die Überstellungsfrist begann daher mit Bekanntgabe des ablehnenden gerichtlichen Beschlusses im Verfahren M 1 S. 16.50377 neu zu laufen. Da die Überstellungsfrist der Vorbereitung und Durchführung der Rückführung durch das Bundesamt dient und dem Bundesamt hierfür ein zusammenhängender Zeitraum von sechs Monaten zur Verfügung stehen soll, ist für den Beginn der Frist maßgeblich auf den Zeitpunkt der Bekanntgabe gegenüber dem Bundesamt am 17. August 2016 abzustellen, die frühere Bekanntgabe an der Kläger bleibt insoweit außer Betracht.

Die Überstellungsfrist endete demnach am 17. Februar 2017 (Art. 42 Buchst. b Dublin-III-VO). Die Zuständigkeit für die Durchführung des Asylverfahrens ist daher gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO auf die Beklagte übergegangen.

3.2.2. Die Beklagte kann sich nicht auf eine Verlängerung der Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO berufen.

Voraussetzung für eine Verlängerung der Überstellungsfrist ist auf der Tatbestandsseite, dass die Überstellung wegen Inhaftierung oder Flucht des Betroffenen nicht erfolgen konnte. Aufgrund der Mitteilung der Landeshauptstadt München vom 23. September 2016, dass der Kläger seit dem 24. August 2016 nicht mehr in seiner ihm zugewiesenen Flüchtlingsunterkunft erschienen sei, und dem Schreiben der …kirche … vom … September 2016, wonach der Kläger „ab sofort“ in das Kirchenasyl aufgenommen worden sei, ist der Kläger für den zwischen dem 24. August 2016 und dem 25. September 2016 liegenden Zeitraum wohl als flüchtig anzusehen.

Hierauf kommt es jedoch streitentscheidend nicht an. Denn auf der Rechtsfolgenseite ist aufgrund des Wortlauts des Art. 29 Abs. 2 Satz 2 Dublin-III-VO („kann verlängert werden“) zu sehen, dass sich die Frist nicht „von selbst“ verlängert. Vielmehr ist eine Beteiligung des Mitgliedstaates, in den der Betroffene überstellt werden soll, erforderlich. Ob insoweit im Hinblick auf Art. 9 Abs. 2 Durchführungsverordnung (EU) Nr. 118/2014 (Dublin-III-DVO) die bloße Unterrichtung des Mitgliedstaates ausreicht (so Filzwieser/Sprung, Dublin-III-Verordnung, Stand 1.2.2014, Art. 29 K13) oder ob es mit Blick auf Art. 29 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO einer ausdrücklichen (so Funke-Kaiser in GK-Asyl, Stand Nov. 2013, § 27a AsylG, Rn. 232) oder stillschweigenden (so Hailbronner, AuslR, Stand März 2015, § 27a AsylG Rn. 51) Vereinbarung zwischen den Mitgliedstaaten bedarf, ist umstritten, kann aber im vorliegenden Fall offen bleiben. Denn vorliegend hat das Bundesamt die zuständige bulgarische Behörde erst am 27. September 2016 und damit nach Kenntnis vom Aufenthaltsort des Klägers im Kirchenasyl am 26. September 2016 von der beabsichtigten Fristverlängerung unterrichtet. Zwar findet sich in der Behördenakte das Schreiben der …kirche … vom 25. September 2016 auf den Seiten 83 bis 85 mehrfach mit unterschiedlichen Eingangsstempeln. Maßgeblich ist insoweit jedoch der früheste Eingangsstempel vom 26. September 2016, da die Ausgestaltung von behördeninternen Organisationsabläufen und -strukturen nicht zum Nachteil des Asylantragstellers gereichen darf. Daher ist der Kläger zum Zeitpunkt der Beteiligung Bulgariens am 27. September 2016 jedenfalls nicht mehr als flüchtig anzusehen.

Eine ordnungsgemäße Verlängerung der Überstellungsfrist bis zum 26. September 2016 scheitert somit an der Beteiligung von Bulgarien, eine Verlängerung am bzw. ab dem 27. September 2017 scheitert bereits auf Tatbestandsebene, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt nicht (mehr) flüchtig war.

Damit ist gemäß Art. 29 Abs. 2 Satz 1 Dublin-III-VO die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen (s. auch BayVGH, B.v. 15.4.2015 – 13a ZB 15.50066 – juris Rn. 4; VG München, U.v. 16.11.2016 – M 24 K15.50836). Die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG liegen im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht (mehr) vor. Die Ablehnung des Asylantrags des Klägers als unzulässig wegen Unzuständigkeit der Beklagten (Ziffer 1 des Bescheids) sowie die darauf gestützte Abschiebungsanordnung (Ziffer 2 des Bescheids) sind rechtswidrig.

Wegen des Zuständigkeitsübergangs auf die Beklagte durch Ablauf der Überstellungsfrist kommt es auf die Frage, ob einer Rückführung nach Bulgarien systemische Mängel des Asylverfahrens oder der Aufnahmebedingungen entgegenstehen (Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO), sowie die Frage, ob persönliche Vollstreckungshindernisse vorliegen, nicht an.

3.3. Der Kläger ist durch den streitgegenständlichen Bescheid auch in seinen Rechten i.S.v. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verletzt. Die subjektive Rechtsverletzung des Klägers ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 Dublin-III-VO bzw. Art. 16a Abs. 1 GG. Der Kläger hat nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch auf die Durchführung eines Asylverfahrens und die Prüfung seines Asylbegehrens in zumindest einem Mitgliedstaat. Dieser Anspruch wird vereitelt, wenn eine Überstellung in den ursprünglich für die Prüfung des Asylantrags zuständigen Mitgliedstaat nicht erfolgt und nach Ablauf der Überstellungsfrist auch nicht mehr erfolgen kann und die nunmehr zuständige Beklagte weiterhin von der Unzulässigkeit des Asylantrags nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ausgeht (vgl. VGH BW, U.v. 29.4.2015 – A 11 S 121/15 – juris Rn. 42; OVG NRW, U.v. 4.2.2016 – 13 A 59/15. A – juris Rn. 64 ff.). In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass sich der Schutzsuchende im gerichtlichen Verfahren gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig nach § 29 Abs. 1 Nr.1 AsylG jedenfalls dann auf die Zuständigkeit des nach den einschlägigen Dublin-Bestimmungen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Mitgliedsstaates berufen kann, wenn die (Wieder-) Aufnahmebereitschaft eines anderen (unzuständigen) Mitgliedstaates nicht positiv feststeht (BVerwG, U.v. 27.4.2016 – 1 C 24/15 – juris Rn. 20). Anhaltspunkte für eine positive Feststellung im Hinblick auf die Aufnahmebereitschaft Bulgariens sind im vorliegenden Fall weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Der rechtswidrige Bescheid war daher aufzuheben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 83b Gerichtskosten, Gegenstandswert


Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

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(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden. (2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 86


(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden. (2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag ka

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 16a


(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. (2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung

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Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 74 Klagefrist, Zurückweisung verspäteten Vorbringens, Verhandlung durch den abgelehnten Richter


(1) Die Klage gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz muss innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung erhoben werden; ist der Antrag nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung innerhalb einer Woche zu stellen (§ 34a Absatz 2 Sa

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 75 Aufgaben


Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben: 1. Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 63


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(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat unbeschadet der Aufgaben nach anderen Gesetzen folgende Aufgaben:

1.
Koordinierung der Informationen über den Aufenthalt zum Zweck der Erwerbstätigkeit zwischen den Ausländerbehörden, der Bundesagentur für Arbeit und der für Pass- und Visaangelegenheiten vom Auswärtigen Amt ermächtigten deutschen Auslandsvertretungen;
2.
a)
Entwicklung von Grundstruktur und Lerninhalten des Integrationskurses nach § 43 Abs. 3 und der berufsbezogenen Deutschsprachförderung nach § 45a,
b)
deren Durchführung und
c)
Maßnahmen nach § 9 Abs. 5 des Bundesvertriebenengesetzes;
3.
fachliche Zuarbeit für die Bundesregierung auf dem Gebiet der Integrationsförderung und der Erstellung von Informationsmaterial über Integrationsangebote von Bund, Ländern und Kommunen für Ausländer und Spätaussiedler;
4.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Migrationsfragen (Begleitforschung) zur Gewinnung analytischer Aussagen für die Steuerung der Zuwanderung;
4a.
Betreiben wissenschaftlicher Forschungen über Integrationsfragen;
5.
Zusammenarbeit mit den Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union als Nationale Kontaktstelle und zuständige Behörde nach Artikel 27 der Richtlinie 2001/55/EG, Artikel 25 der Richtlinie 2003/109/EG, Artikel 22 Absatz 1 der Richtlinie 2009/50/EG, Artikel 26 der Richtlinie 2014/66/EU und Artikel 37 der Richtlinie (EU) 2016/801 sowie für Mitteilungen nach § 51 Absatz 8a;
5a.
Prüfung der Mitteilungen nach § 16c Absatz 1, § 18e Absatz 1 und § 19a Absatz 1 sowie Ausstellung der Bescheinigungen nach § 16c Absatz 4, § 18e Absatz 5 und § 19a Absatz 4 oder Ablehnung der Einreise und des Aufenthalts;
6.
Führung des Registers nach § 91a;
7.
Koordinierung der Programme und Mitwirkung an Projekten zur Förderung der freiwilligen Rückkehr sowie Auszahlung hierfür bewilligter Mittel;
8.
die Durchführung des Aufnahmeverfahrens nach § 23 Abs. 2 und 4 und die Verteilung der nach § 23 sowie der nach § 22 Satz 2 aufgenommenen Ausländer auf die Länder;
9.
Durchführung einer migrationsspezifischen Beratung nach § 45 Satz 1, soweit sie nicht durch andere Stellen wahrgenommen wird; hierzu kann es sich privater oder öffentlicher Träger bedienen;
10.
Anerkennung von Forschungseinrichtungen zum Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d; hierbei wird das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durch einen Beirat für Forschungsmigration unterstützt;
11.
Koordinierung der Informationsübermittlung und Auswertung von Erkenntnissen der Bundesbehörden, insbesondere des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Verfassungsschutz, zu Ausländern, bei denen wegen Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausländer-, asyl- oder staatsangehörigkeitsrechtliche Maßnahmen in Betracht kommen;
12.
Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 1 im Fall einer Abschiebungsandrohung nach den §§ 34, 35 des Asylgesetzes oder einer Abschiebungsanordnung nach § 34a des Asylgesetzes sowie die Anordnung und Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7;
13.
unbeschadet des § 71 Absatz 3 Nummer 7 die Beschaffung von Heimreisedokumenten für Ausländer im Wege der Amtshilfe.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Beteiligte am Verfahren sind

1.
der Kläger,
2.
der Beklagte,
3.
der Beigeladene (§ 65),
4.
der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht oder der Vertreter des öffentlichen Interesses, falls er von seiner Beteiligungsbefugnis Gebrauch macht.

(1) Das Gericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen; die Beteiligten sind dabei heranzuziehen. Es ist an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden.

(2) Ein in der mündlichen Verhandlung gestellter Beweisantrag kann nur durch einen Gerichtsbeschluß, der zu begründen ist, abgelehnt werden.

(3) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende tatsächliche Angaben ergänzt, ferner alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.

(4) Die Beteiligten sollen zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung Schriftsätze einreichen. Hierzu kann sie der Vorsitzende unter Fristsetzung auffordern. Die Schriftsätze sind den Beteiligten von Amts wegen zu übermitteln.

(5) Den Schriftsätzen sind die Urkunden oder elektronischen Dokumente, auf die Bezug genommen wird, in Abschrift ganz oder im Auszug beizufügen. Sind die Urkunden dem Gegner bereits bekannt oder sehr umfangreich, so genügt die genaue Bezeichnung mit dem Anerbieten, Einsicht bei Gericht zu gewähren.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) Soll der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 29 Absatz 1 Nummer 1) abgeschoben werden, ordnet das Bundesamt die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Dies gilt auch, wenn der Ausländer den Asylantrag in einem anderen auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat gestellt oder vor der Entscheidung des Bundesamtes zurückgenommen hat. Einer vorherigen Androhung und Fristsetzung bedarf es nicht. Kann eine Abschiebungsanordnung nach Satz 1 oder 2 nicht ergehen, droht das Bundesamt die Abschiebung in den jeweiligen Staat an.

(2) Anträge nach § 80 Absatz 5 der Verwaltungsgerichtsordnung gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Abschiebung ist bei rechtzeitiger Antragstellung vor der gerichtlichen Entscheidung nicht zulässig. Anträge auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots durch das Bundesamt nach § 11 Absatz 2 des Aufenthaltsgesetzes sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen. Die Vollziehbarkeit der Abschiebungsanordnung bleibt hiervon unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein guineischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrages als unzulässig und die Anordnung seiner Abschiebung nach Spanien.

2

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben Anfang Oktober 2012 von Marokko aus (über Melilla) nach Spanien und wurde dort am 25. Oktober 2012 erkennungsdienstlich behandelt. Am 14. Januar 2013 beantragte er unter einem Aliasnamen in der Bundesrepublik Deutschland Asyl. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - lehnte diesen Asylantrag durch Bescheid vom 13. März 2013 als unzulässig ab und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Spanien an; die Überstellung erfolgte am 10. April 2013.

3

Am 3. Juni 2013 reiste der Kläger erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 7. Juni 2013 - nunmehr unter einem anderen Namen - erneut Asyl. Ein Eurodac-Abgleich vom 27. August 2013 ergab, dass der Kläger bereits in Spanien erkennungsdienstlich behandelt worden war. Auf ein entsprechendes Ersuchen des Bundesamtes anerkannten die spanischen Behörden mit Schreiben vom 17. September 2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung des Asylantrages und erklärten ihre Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Klägers. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 4. Oktober 2013 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung nach Spanien an (Ziffer 2).

4

Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschluss vom 7. Januar 2014 einen Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zunächst ab und ordnete dann nach § 80 Abs. 7 VwGO mit Beschluss vom 24. März 2014 die aufschiebende Wirkung der Klage an, weil zwischenzeitlich die sechsmonatige Überstellungsfrist abgelaufen sei. Das Verwaltungsgericht wies mit Urteil vom 12. September 2014 die Klage ab, weil nach der Dublin II-Verordnung weiterhin Spanien für die Prüfung des Asylantrages zuständig sei.

5

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 15. Dezember 2014 die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet und in der Hauptsache mit Urteil vom 16. September 2015 den Bescheid des Bundesamtes aufgehoben. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass nach der hier anzuwendenden Dublin II-Verordnung zwar zunächst Spanien für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig gewesen sei. Diese Zuständigkeit sei aber inzwischen auf Deutschland übergegangen, weil der Kläger nicht innerhalb von sechs Monaten nach Spanien überstellt worden sei. Diese Frist habe mit der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch Spanien im September 2013 begonnen und sei während des gerichtlichen Verfahrens nicht wieder neu eröffnet worden. Der rechtswidrige Bescheid bewirke auch eine Rechtsverletzung des Klägers. Dabei könne offenbleiben, ob und in welchem Umfang die Dublin-Regelungen Individualschutz entfalteten. Eine Verletzung subjektiver Rechte ergebe sich jedenfalls aus dem materiellen Recht, da der Kläger ansonsten seinen Anspruch auf die ihm durch Unionsrecht garantierte Überprüfung seines Begehrens durch einen Mitgliedstaat nicht wirksam durchsetzen könne. Zwar sei im Einzelfall denkbar, dass ein Mitgliedstaat nach Ablauf der Überstellungsfrist weiterhin zur Wiederaufnahme bereit sei; für den Regelfall könne hiervon aber nicht ausgegangen werden. In Ermangelung jeglichen Hinweises auf eine fortbestehende Aufnahmebereitschaft Spaniens sei hier von einer Rechtsverletzung des Klägers auszugehen. Die Unzulässigkeitsentscheidung könne auch nicht in eine andere rechtmäßige Entscheidung umgedeutet werden.

6

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass bereits die Überstellungsfrist nicht abgelaufen und daher kein Zuständigkeitswechsel auf Deutschland bewirkt worden sei. Zudem dienten die in den Dublin-Verordnungen geregelten Fristen allein der zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und der zeitnahen Überstellung in diesen Staat, begründeten aber keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden.

7

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist begründet. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die durch die Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs in Lauf gesetzte Überstellungsfrist werde durch einen fristgerechten Antrag nach § 34a AsylG nicht unterbrochen und dann auch bei einer ablehnenden Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht neu in Lauf gesetzt, verstößt gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO) (3.). Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend (4.).

9

1. Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390) und das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom gleichen Tag (BGBl. I S. 394), sowie die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen in einem Mitgliedstaat gestellten Asylantrags zuständig ist (ABl. L 50 S. 1) - Dublin II-VO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon - wie hier in Bezug auf die anzuwendende Fassung der Dublin-Verordnung - eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

10

2. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend dahin erkannt, dass hinsichtlich der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheides des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - vom 4. Oktober 2013 nur die Anfechtungsklage statthaft ist (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - NVwZ 2016, 154 Rn. 13 ff.). Für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit ist nach deren Art. 49 Abs. 2 die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO - nicht heranzuziehen, weil sie intertemporal nur auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar ist, die ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014, gestellt worden sind. Zutreffend ist das Berufungsgericht weiter zu dem Ergebnis gekommen, dass nach Art. 10 Abs. 1 Dublin II-VO Spanien jedenfalls wegen der Einreise des Klägers über diesen Mitgliedstaat mangels vorrangiger Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin II-VO originär zuständig war, und die Bundesrepublik Deutschland jedenfalls nicht wegen einer Versäumung der in Art. 17 Abs. 1 Dublin II-VO genannten Frist für die Prüfung des Asylantrages international zuständig geworden ist.

11

3. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, die Zuständigkeit für die Entscheidung über den Asylantrag sei wegen Versäumung der Überstellungsfrist (Art. 19 Abs. 3, Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen, verletzt indes Bundesrecht. Das Berufungsgericht vernachlässigt bei seiner Berechnung der Frist, die grundsätzlich mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat beginnt, dass bei einem rechtzeitigen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Abschiebungsanordnung kraft Gesetzes (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG) eine Abschiebung bis zu der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht vollzogen werden darf und daher die sechsmonatige Überstellungsfrist auch dann erneut in Lauf gesetzt wird, wenn das Verwaltungsgericht diesen Antrag ablehnt (s.a. BVerwG, Beschluss vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - Rn. 18 ff.). Aus der - zu Art. 20 Abs. 1 Buchst. d Dublin II-VO ergangenen - Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ergibt sich, dass dem Mitgliedstaat in Fällen der Inanspruchnahme von Rechtsschutz stets die volle Überstellungsfrist zur Vorbereitung und Durchführung zur Verfügung stehen muss und die Frist für die Durchführung der Überstellung daher erst zu laufen beginnt, wenn grundsätzlich vereinbart und sichergestellt ist, dass die Überstellung in Zukunft erfolgen wird und lediglich deren Modalitäten zu regeln bleiben (EuGH, Urteil vom 29. Januar 2009 - C-19/08 [ECLI:EU:C:2009:41], Petrosian - Rn. 43 ff.). Dem unionsrechtlichen Begriff der "aufschiebenden Wirkung" eines Rechtsbehelfs unterfällt mithin unabhängig von der terminologischen Einordnung nach nationalem Recht auch das allein durch die Antragstellung nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG bewirkte gesetzesunmittelbare Abschiebungsverbot (§ 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG). Aus dieser Rechtsprechung ergibt sich klar, dass dem Mitgliedstaat stets eine zusammenhängende sechsmonatige Überstellungsfrist zuzubilligen ist, so dass die in der Rechtsprechung vertretene Auffassung, nach der eine bloße Hemmung einer mit der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs in Lauf gesetzten Überstellungsfrist anzunehmen ist (so VGH Mannheim, Urteil vom 27. August 2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92), nicht dem Unionsrecht entspricht.

12

Im Zeitpunkt des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 24. März 2014, durch den die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet worden war, war hiernach die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen. Da der Kläger gegen die Überstellungsentscheidung vom 4. Oktober 2013 Klage erhoben und im Oktober 2013 rechtzeitig einen Antrag auf Anordnung ihrer aufschiebenden Wirkung gestellt hatte, war die Überstellungsfrist unterbrochen worden. Sie begann erst (erneut) mit der Ablehnung des vorläufigen Rechtsschutzantrages durch das Verwaltungsgericht am 7. Januar 2014 zu laufen und war mithin am 24. März 2014, als das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage anordnete, noch nicht abgelaufen. Das Berufungsgericht hat die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung hier nach § 80b Abs. 2 VwGO auch fristgerecht angeordnet, so dass die Vollziehung weiterhin - bis zur Unanfechtbarkeit der Anordnung - ausgesetzt bleibt. Die derart unterbrochene Überstellungsfrist konnte daher nicht wegen der Überschreitung der in Art. 20 Abs. 2 Dublin II-VO genannten Fristen, die sich auf eine rechtlich mögliche Überstellung beziehen, ablaufen.

13

Der Kläger hat hier die - unter einem Aliasnamen bewirkte - erste Überstellungsentscheidung des Bundesamtes vom 13. März 2013 bestandskräftig werden lassen und ist auch sonst nicht gegen die am 10. April 2013 bewirkte Überstellung vorgegangen. Die im Beschluss des Senats vom 27. April 2016 - 1 C 22.15 - aufgeworfenen Fragen stellen sich mithin nicht, zumal es der Bundesrepublik Deutschland jedenfalls nicht verwehrt ist, auf den neuerlichen Asylantrag des Klägers hin das Dublin-Regime anzuwenden, die Anwendung der Dublin-Regelungen den Kläger jedenfalls nicht in seinen Rechten verletzt und bei Nichtanwendbarkeit ein Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland erst recht ausscheidet.

14

4. Das Berufungsurteil erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als rechtmäßig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Zuständigkeit für die Prüfung des Asylantrages ist insbesondere nicht ausnahmsweise wegen sog. systemischer Mängel (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - C-411/10 und C-493/10 [ECLI:EU:C:2011:865], N. S. u.a.; EGMR , Urteil vom 21. Januar 2011 - Nr. 30696/09, M. S. S./Belgien und Griechenland - NVwZ 2011, 413; s. nunmehr auch Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO) auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen. Der Kläger hat sich allerdings in seiner Klageschrift auf solche Mängel berufen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu indes ausgeführt, dass ihm keinerlei Erkenntnisse vorlägen, die die Befürchtung rechtfertigen könnten, dass in Spanien systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber bestehen. Bereits im Berufungsverfahren hat der Kläger seinen Vortrag aus der Klageschrift nicht wieder aufgegriffen, so dass das Berufungsgericht - dem sich derartige Mängel für Spanien nach dem erstinstanzlichen Vorbringen des Klägers oder von Amts wegen in aktueller Gesamtwürdigung der zu der jeweiligen Situation vorliegenden Berichte und Stellungnahmen (dazu BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. April 2016 - 2 BvR 273/16 - juris) auch nicht aufdrängen mussten - insoweit keine ausdrücklichen Feststellungen treffen musste. Auch im Revisionsverfahren hat der Kläger insoweit nicht an sein erstinstanzliches Vorbringen angeknüpft und nicht mit einer formgerechten Gegenrüge (dazu - m.w.N. - Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 78) substantiiert zu systemischen Schwachstellen des Asylsystems in Spanien vorgetragen.

15

5. Gründe für eine Rechtswidrigkeit der Abschiebungsanordnung (Ziffer 2 des Bescheides), die von der Vorfrage der internationalen Zuständigkeit (§ 27a AsylG) unabhängig sind, sind hier nicht geltend gemacht und auch sonst nicht ersichtlich.

16

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

Tenor

I.

Der Antrag wird abgelehnt.

II.

Die Beklagte hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 11. Februar 2015, soweit der Klage stattgegeben wurde (Nr. 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - vom 5. Mai 2014), hat keinen Erfolg. In Nr. 1 dieses Bescheids war die Unzulässigkeit des Asylantrags des Klägers wegen der Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland ausgesprochen und in Nr. 2 die Abschiebung nach Ungarn angeordnet worden. Letztere war von der Beklagten mit Schreiben vom 4. Februar 2015 aufgehoben worden.

Die Beklagte wirft als gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylVfG grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage auf, ob „der Asylantragsteller gerichtlich die Aufhebung einer Ablehnung gemäß § 27a AsylVfG deshalb begehren kann, weil die Überstellungsfrist in den als zuständig bestimmten Staat im nach § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt abgelaufen ist und ob dies insbesondere bereits dann gilt, wenn (noch) nicht feststeht, dass der bislang zuständige Mitgliedstaat wegen Ablaufs der Überstellungsfrist dauerhaft die Übernahme ablehnt“.

Das Rechtsmittel ist bereits nicht statthaft und unzulässig, weil die Beklagte durch die Aufhebung von Nr. 1 ihres Bescheids nicht beschwert ist. Eine Beschwer läge nur vor, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts für sie nach ihrem Inhalt nachteilig wäre, also dem Kläger etwas zu ihren Lasten zusprechen, zu ihren Lasten rechtsgestaltend wirken oder einen Streit um ein Rechtsverhältnis zu ihren Ungunsten entscheiden würde (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, vor § 124 Rn. 29; Meyer-Ladewig/Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand März 2014, vor § 124 Rn. 39). Dies ist jedoch nicht der Fall, weil die Bundesrepublik Deutschland durch Zeitablauf nunmehr für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Maßgeblich ist hier die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (Dublin III-VO). Nach Art. 29 Abs. 2 Satz 1 dieser Verordnung geht die Zuständigkeit auf den ersuchenden Mitgliedstaat über, wenn die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt wird.

Unstreitig ist hier die Überstellungsfrist abgelaufen. Dieser Übergang der Zuständigkeit nach Ablauf der 6-Monatsfrist stellt keinen fingierten Selbsteintritt, sondern eine besondere Zuständigkeitsnorm dar, die letztlich lediglich vom Ablauf der Frist abhängig ist. Die Regelung stützt sich auf die Überlegung, dass der Mitgliedstaat, der die Überstellung in den eigentlich zuständigen Mitgliedstaat nicht zeitgemäß durchführt, die Folgen tragen muss (Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 K9). Ob Ungarn wegen des Ablaufs der Überstellungsfrist die Übernahme ablehnt, ist angesichts des Zuständigkeitsübergangs unmaßgeblich. Im Übrigen geht auch die Beklagte von ihrer Zuständigkeit aus, wie sich aus deren Überlegungen zu einer Umdeutung des Bescheids und dem Schreiben vom 4. Februar 2015 an das Verwaltungsgericht ausdrücklich ergibt. Der Ausspruch, der Asylantrag des Klägers sei mangels Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland unzulässig, entspricht daher weder der Rechtslage noch der nunmehrigen Auffassung der Beklagten. Seine Aufhebung verletzt diese nicht in ihren Rechten.

Auch soweit sich die Beklagte auf eine Entscheidung über einen Zweitantrag nach § 71a AsylVfG bezieht, ergibt sich keine Beschwer, weil weder eine dahingehende Aufrechterhaltung noch eine Umdeutung möglich ist. Streitgegenstand ist die Rechtsbehauptung des Klägers, der von ihm angegriffene Verwaltungsakt (Unzulässigkeit des Asylantrags wegen der Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland) sei rechtswidrig und greife in seine Rechtssphäre ein. Damit ist rechtskraftfähiger Inhalt des Urteils allein die Entscheidung über die Zulässigkeit des Asylantrags gemäß § 27a AsylVfG. Hiervon zu unterscheiden ist der materielle Asylanspruch und inwieweit dieser im Rahmen eines Zweitantrags nach § 71a AsylVfG noch geltend gemacht werden kann. Der Ausspruch, dass der Asylantrag mangels Zuständigkeit unzulässig ist, enthält nicht zugleich eine materiellrechtliche Aussage dahingehend, dass ein weiteres Asylverfahren im Sinn von § 71a AsylVfG nicht durchzuführen ist. Weil eine Entscheidung nach § 27a AsylVfG nur die Zuständigkeit zur Prüfung des Asylantrags betrifft, wohingegen § 71a AsylVfG eine materielle Prüfung dahingehend erfordert, ob Wiederaufgreifensgründe gemäß § 51 VwVfG vorliegen, scheidet auch eine entsprechende Umdeutung aus. Weder der angestrebte Erfolg noch die Wirkungen dieser beiden Verwaltungsakte sind gleich. Ein Ausspruch nach § 27a AsylVfG bildet die Grundlage für eine Abschiebungsanordnung in den anderen Staat - hier Ungarn - nach § 34a AsylVfG, das Fehlen der Voraussetzungen des § 71a AsylVfG führt zu einer Abschiebungsandrohung in den Herkunftsstaat - hier Afghanistan - gemäß § 34 AsylVfG.

Auf die weitere Frage, ob das Urteil insoweit von der Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 28. Februar 2014 (13a B 13.30295 - BayVBl 2014, 628) und des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Juni 2014 (10 B 35.14 - NVwZ 2014, 1677 = InfAuslR 2014, 352) abweicht, kommt es damit nicht an.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG. Einer Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe bedarf es angesichts der Kostenentscheidung nicht.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Politisch Verfolgte genießen Asylrecht.

(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Die Staaten außerhalb der Europäischen Gemeinschaften, auf die die Voraussetzungen des Satzes 1 zutreffen, werden durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, bestimmt. In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.

(3) Durch Gesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf, können Staaten bestimmt werden, bei denen auf Grund der Rechtslage, der Rechtsanwendung und der allgemeinen politischen Verhältnisse gewährleistet erscheint, daß dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet. Es wird vermutet, daß ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht verfolgt wird, solange er nicht Tatsachen vorträgt, die die Annahme begründen, daß er entgegen dieser Vermutung politisch verfolgt wird.

(4) Die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen wird in den Fällen des Absatzes 3 und in anderen Fällen, die offensichtlich unbegründet sind oder als offensichtlich unbegründet gelten, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen; der Prüfungsumfang kann eingeschränkt werden und verspätetes Vorbringen unberücksichtigt bleiben. Das Nähere ist durch Gesetz zu bestimmen.

(5) Die Absätze 1 bis 4 stehen völkerrechtlichen Verträgen von Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaften untereinander und mit dritten Staaten nicht entgegen, die unter Beachtung der Verpflichtungen aus dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, deren Anwendung in den Vertragsstaaten sichergestellt sein muß, Zuständigkeitsregelungen für die Prüfung von Asylbegehren einschließlich der gegenseitigen Anerkennung von Asylentscheidungen treffen.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 11. November 2014 - A 3 K 4877/13 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die in den Jahren 1980, 1982, 2002, 2004, 2006, 2008, 2010 und 2012 geborenen Kläger sind russische Staatsangehörige tschetschenischer Volkszugehörigkeit. Sie reisten am 16.06.2013 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 17.06.2013 Asylanträge.
Bei ihrer auf den Flucht- und Reiseweg beschränkten Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gaben die Kläger Ziffer 1 und 2 unter anderem an, sie hätten bereits zuvor am 12.06.2013 in Polen Asylanträge gestellt.
Auf ein entsprechendes Ersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 21.10.2013 erklärten die zuständigen polnischen Behörden mit Schreiben vom 24.10.2013 ihre Zuständigkeit für die Bearbeitung der Asylanträge gemäß Art. 16 Abs. 1 lit. d) VO Dublin II.
Hierauf stellte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 22.11.2013 fest, dass die Asylanträge unzulässig sind, und ordnete die Abschiebung der Kläger nach Polen an.
Die Kläger erhoben am 05.12.2013 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart und trugen zu deren Begründung zunächst vor, dass Tschetschenen auch vor Übergriffen im europäischen Ausland nicht zurückschreckten, zeige die Verurteilung von drei Attentätern durch die österreichische Justiz wegen der Tötung von Umar Isrilov am 13.01.2009. Deshalb habe die Beklagte vorliegend ausnahmsweise von ihrem Selbsteintrittsrecht Gebrauch zu machen. Bei der Klage handle es sich um eine Anfechtungsklage kombiniert mit einer Untätigkeitsklage. Die Untätigkeit ergebe sich daraus, dass das Bundesamt gegenüber dem zuständigen Regierungspräsidium Karlsruhe mittlerweile eingeräumt habe, dass die Frist für ihre Rücküberstellung am 10.07.2014 abgelaufen sei. Im Übrigen sei sie, die Klägerin Ziffer 2, nicht reisefähig. Ergänzend wurden drei ärztliche Befundberichte des C. Bad Göppingen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, vom 08.04., 04.08. und 02.10.2014 sowie eine ausführliche psychologische Stellungnahme der Diplom-Psychologin R... M... vorgelegt, bei der sich die Klägerin Ziffer 2 seit dem 11.06.2014 in tiefenpsychologisch fundierter traumaadaptierter Psychotherapie befindet.
Die Beklagte trat den Klagen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids entgegen.
Ein von den Klägern betriebenes Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes blieb erfolglos (Beschluss vom 02.01.2014 - A 3 K 4848/13).
In der mündlichen Verhandlung gab die Klägerin Ziffer 2 nach ihrem Gesundheitszustand befragt an, neben ihren massiven psychischen Problemen, wegen derer sie nach wie vor in psychologischer Behandlung sei, habe sie nun auch noch Probleme mit dem Herzen.
Durch Urteil vom 11.11.2014 hob das Verwaltungsgericht den angegriffenen Bescheid auf. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus: Die Klage sei lediglich teilweise als (isolierte) Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 22.11.2013 zulässig. Dies gelte auch insoweit, als die Beklagte den Asylantrag der Kläger als unzulässig verbeschieden habe. In den Fällen, in denen die Beklagte einen von einem Ausländer gestellten ersten Asylantrag noch nicht in der Sache beschieden habe, sei nämlich kein Raum für eine Verpflichtungsklage.
10 
Die danach allein zulässige Anfechtungsklage sei auch begründet. Der angefochtene Bescheid sei rechtwidrig und verletze die Kläger in ihren Rechten. Dies folge allerdings nicht schon aus § 27a AsylVfG. Danach sei ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat auf Grund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrages für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig sei. Für die Durchführung des Asylverfahrens der Kläger sei Polen zuständig. Auch seien den vorliegenden Erkenntnisquellen keine systemischen Mängel im Asylverfahren in Polen zu entnehmen. Indessen erweise sich die im angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsanordnung jedenfalls in dem für die gerichtliche Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als rechtswidrig. Gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG ordne das Bundesamt die Abschiebung in den zuständigen Staat (§ 27a AsylVfG) an, sobald feststehe, dass die Abschiebung durchgeführt werden könne. Diese Voraussetzung sei vorliegend nicht erfüllt. Zwar sei eine Abschiebung der Kläger nach Polen nicht wegen Ablaufs der Überstellungsfrist unzulässig geworden. Jedoch liege bei der Klägerin Ziffer 2 im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ein inländisches Vollstreckungshindernis vor. Es sei anerkannt, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anders als bei Erlass einer Abschiebungsandrohung bei Erlass einer Abschiebungsanordnung gemäß § 34a AsylVfG auch inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen habe. Aus den von den Klägern mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 13.10.2014 vorgelegten Unterlagen ergäben sich nach Überzeugung des Gerichts bereits hinreichende Anhaltspunkte für eine Reiseunfähigkeit der Klägerin Ziffer 2 im entscheidungserheblichen Zeitpunkt. Liege jedoch bei der Klägerin Ziffer 2 im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung ein inländisches Vollstreckungshindernis vor, erstrecke sich dieses im Hinblick auf das Erfordernis der Wahrung der Familieneinheit gemäß Art. 6 Abs. 1 GG und Art. 8 bis 11 VO Dublin III auch auf die anderen Kläger des vorliegenden Verfahrens.
11 
Das Urteil wurde der Beklagten am 21.11.2014 zugestellt.
12 
Am 17.12.2014 beantragte die Beklagte die Zulassung der Berufung.
13 
Durch am 23.01.2015 der Beklagten zugestellten Beschluss vom 14.01.2015 ließ der Senat die Berufung zu, soweit die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids aufgehoben worden war, und lehnte den Antrag im Übrigen ab.
14 
Am 23.02.2015 begründete die Beklagte die Berufung unter Stellung eines Antrags und unter Bezugnahme auf ihre Ausführungen im Zulassungsantrag. Die Überstellungsfrist nach der VO Dublin II sei zwar mittlerweile abgelaufen, es sei auch nicht mehr beabsichtigt, die Kläger nach Polen zu überstellen. Polen würde zwar im Falle einer Rückkehr bis zu zwei Jahre nach einer erfolgten vorläufigen Einstellung des Verfahrens dieses wiedereröffnen. Es müsse jedoch davon ausgegangen werden, dass Polen im Falle einer Einreise der Kläger ein Wiederaufnahmeersuchen an die Bundesrepublik stellen würde. Damit könne die im Streit befindliche Entscheidung, wonach die Asylanträge unzulässig seien, nicht mehr auf § 27a AsylVfG gestützt werden. Allerdings lägen mittlerweile Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vor. Da aber die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG nicht vorlägen, könne die angegriffene Entscheidung insoweit aufrechterhalten bleiben, jedenfalls könnten die Kläger nicht in eigenen Rechten verletzt sein. Ungeachtet dessen sei der isolierte Anfechtungsantrag schon nicht zulässig. Das Verwaltungsgericht wäre verpflichtet gewesen, die Sache spruchreif zu machen. Deshalb seien die Klagen mit dem Anfechtungsantrag auch aus diesem Grund abzuweisen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
das Urteil des Verwaltungsgericht Stuttgart vom 11.11.2014 - A 3 K 4877/13 - zu ändern und die Klagen abzuweisen.
17 
Die Kläger beantragen,
18 
die Berufung zurückzuweisen.
19 
Sie machen sich im Wesentlichen das angegriffene Urteil zu eigen.
20 
Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
21 
Dem Senat lagen die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des Verwaltungsgerichts Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig und den gesetzlichen Formerfordernissen genügend begründet.
23 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Klage gegen die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist als Anfechtungsklage statthaft und im Übrigen zulässig (vgl. hierzu im Folgenden). Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht durch den lediglich im Entwurf vorgelegten Bescheid vom 28.04.2015 erledigt, der den Klägern bislang noch nicht zugestellt wurde. Im Übrigen hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Ziffer 1 nicht als Zweitbescheid, sondern lediglich als Erläuterung und Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beklagten zu verstehen sei.
25 
Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 22.11.2013, die allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
26 
Nach dem für den Senat gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ist die Ziffer 1, mit der die Asylanträge der Kläger gem. § 31 Abs. 6 AsylVfG der Sache nach als unzulässig abgelehnt wurden (vgl. zur Auslegung des Tenors Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77), rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die Asylanträge nicht mehr unzulässig im Sinne des § 27a AsylVfG, weil die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist, ist hier allein die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), denn im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht nur ihre Asylanträge vor dem 01.01.2014 (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III) gestellt, vielmehr wurde auch das Wiederaufnahmegesuch vor diesem Datum eingereicht.
28 
Polen hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland am 24.10.2013 zugestimmt, weshalb die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II an sich am 24.04.2014 fruchtlos abgelaufen wäre. Da die Kläger das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg betrieben hatten, war der Fristlauf zwar im Zeitraum zwischen dem Zugang des angegriffenen Bescheids (frühestens am 27.11.2013, dem Tag nach der Datierung des dem Bescheid beigefügten Anschreibens vom 26.11.2013) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 gehemmt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452). Der Senat geht davon aus, dass während des Laufs der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sowie im Zeitraum bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 mit Rücksicht auf § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung unmittelbar kraft Gesetzes ausgesetzt und der Ablauf der Frist gehemmt war (vgl. im Einzelnen GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 228). Dieses zugrunde gelegt, wäre die Frist aber spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2014 abgelaufen. Infolge des Fristablaufs ist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Überstellung noch zeitnah möglich wäre, weil Polen den Fristablauf nicht einwendet, sich die Kläger allerdings auf den Zuständigkeitsübergang nicht berufen könnten (vgl. Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris). Es entspricht der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, dass, sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. in Art. 8 VO Dublin II), Antragsteller auf internationalen Schutz grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat haben, und Fehler bei der Auslegung und Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass ein allein infolge des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Deshalb wurde entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet. Eine andere Frage ist, ob im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens durch den Mitgliedstaat der Antragstellung für die Betroffenen die Möglichkeit bestehen muss, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
29 
Hieran hat sich im Übrigen durch die nunmehr in Kraft getretene VO Dublin III nichts Grundsätzliches geändert. Die Tatsache, dass möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh), vermag die - völlig unveränderte - Grundstruktur des Dublin-Mechanismus nicht infrage zu stellen (so aber etwa Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris) und die jeweils für jede Konstellation erforderliche Feststellung des subjektiven Rechts bzw. der klagefähigen Rechtsposition, deren Verwirklichung die Rechtsschutzgarantie dienen soll, nicht zu ersetzen.
30 
Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an einer Übernahmebereitschaft Polens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass noch ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig sein könnte. Das folgt schon daraus, dass infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (jetzt Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) die Zuständigkeit endgültig auf die Bundesrepublik übergegangen ist, selbst wenn vorher noch die Zuständigkeit eines anderen Staates im Raum gestanden hätte (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 Rn. K 9).
31 
Eine Rückkehr der Kläger nach Polen mag zwar möglich sein; eine formlose Wiedereröffnung des Asylverfahrens (vgl. ausführlich noch unten zu den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Wiedereröffnung eines Asylverfahrens) wäre nach der Rechtslage in Polen an sich auch nicht ausgeschlossen, weil die Kläger ihre Asylanträge in Polen am 12.06.2013 gestellt haben und die Frist von zwei Jahren nach erfolgter vorläufiger Einstellung des Verfahrens noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch aida, National Country Report Poland, Stand Juni 2014, S. 21). Unter diesen Voraussetzungen könnte auch erwogen werden, dass die Kläger kein Sachbescheidungsinteresse haben und daher die Asylanträge aus diesem Grund unzulässig sind. Eine Prüfung der Anträge wird aber nach den Ermittlungen der Beklagten in Polen deshalb nicht erfolgen, weil sich Polen auf die Zuständigkeit der Bundesrepublik berufen und eine Überstellung der Kläger betreiben würde.
32 
In der vorliegenden Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) ausschließlich zuständig geworden ist und eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat Polen nicht (mehr) möglich ist, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor und die Kläger können die Durchführung der Asylverfahren durch die Bundesrepublik Deutschland beanspruchen. Dabei kann eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot (vgl. EuGH Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, Rn. 79, und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, Rn. 53) verletzt wird. Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, in welchem genauen zeitlichen Rahmen eine Überstellung noch möglich sein muss. Ein Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb zu bejahen, weil dem Zuständigkeitssystem nämlich zugrunde liegt, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Dieses ergibt sich unmissverständlich aus Art. 3 Abs. 1 VO Dublin II bzw. Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 5. Erwägungsgrund der VO Dublin III). Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – doch ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Andererseits bedeutet dies nicht, dass den Betroffenen prinzipiell nicht ein erfolgloses und abgeschlossenes Verfahren, das in einem Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführt worden war, entgegengehalten werden könnte (vgl. hierzu noch im Folgenden).
33 
Vor diesem Hintergrund kann die angegriffene Ziffer 1 nicht mehr auf § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG gestützt werden und ist daher aufzuheben.
34 
Der Beklagten ist im Ausgangspunkt zwar nicht zu widersprechen, dass eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung nicht allein deshalb aufzuheben ist, weil die für die Verfügung herangezogene und in der Begründung als maßgeblich zugrunde gelegte Rechtsgrundlage diese nicht (mehr) zu tragen vermag, wenn sie gleichwohl in anderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen ihre Rechtfertigung erfährt (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 79 ff. m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kann aber hier ein Aufrechterhalten der angegriffenen Verfügung nicht rechtfertigen.
35 
Dabei ergeben sich im vorliegenden Fall zunächst Besonderheiten schon deshalb, weil es der Sache nach auch um die Versagung einer Begünstigung geht, nämlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, ggf. auch des subsidiären Schutzstatus (vgl. § 13 AsylVfG in der seit 01.12.2013 geltenden Fassung). Vorrangig ist daher die von der Beklagten zu Recht aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Senat verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen (vgl. allgemein Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 422 ff. m.w.N.). Ungeachtet der hier noch offen zu lassenden Frage, ob mittlerweile, wie die Beklagte meint, der Sache nach sog. Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegen, verneint der Senat dieses (vgl. schon ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris, Rn. 18). Selbst wenn hier mittlerweile Zweitanträge vorlägen (vgl. aber noch im Folgenden), so bestünde gleichwohl keine Verpflichtung zur Spruchreifmachung und zu einer Entscheidung hierüber. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861) aus der Sicht des Senats ohnehin erheblichen Bedenken begegnet, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, bestehen schon gegenüber der zugrunde liegenden Folgeantragssituation nach § 71 AsylVfG zusätzliche grundlegende Unterschiede, die zu den Einwänden gegen eine Verpflichtung zur Spruchreifmachung im Falle eines Folgeantrags (vgl. ausführlich GK-AsylVfG, § 71 Rn. 296 ff., demnächst Rn. 367 ff.) noch hinzutreten. Geht man sachgerecht davon aus, dass die von den Klägern am 17.06.2013 eingereichten Asylanträge sinngemäß unter allen denkbaren Gesichtspunkten, also auch unter dem Aspekt eines möglichen Folgeschutzgesuchs, gestellt worden waren, konnten diese Anträge zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten am 22.11.2013 wegen der Zuständigkeit Polens keine Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG sein und wurden auch nicht als solche beschieden. Des Weiteren kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in einem Zweitantragsverfahren umfangreichere Verfahrensgarantien bestehen, insbesondere auch nach § 25 AsylVfG (i.V.m. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) – jedenfalls in der Regel – eine Anhörung stattzufinden hat, bei der sich das Bundesamt auch der (formellen und materiellen) Grundlagen des notwendigerweise in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführten Erstverfahrens zu vergewissern hat (vgl. GK-AsylVfG § 71a Rn. 30 ff.). Auch ist originär und nicht nur in einem Wiederaufnahmeverfahren in Bezug auf den Herkunftsstaat über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden, um das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot zu sichern. Diese Aufgabe ist zuvörderst dem mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Bundesamt zugewiesen (vgl. hierzu auch § 72 Abs. 2 AufenthG). Weiter ist zu bedenken, dass das Verfahren im Falle der negativen Vorprüfen der Asylrelevanz wie auch im Falle einer negativen Sachprüfung auf eine Aufenthaltsbeendigung in den Herkunftsstaat gerichtet ist, was – insofern anders als im Folgeverfahren (vgl. § 71 Abs. 5 AsylVfG) – zwingend den erstmaligen Erlass einer Abschiebungsandrohung nach sich ziehen muss (vgl. § 71a Abs. 4 AsylVfG). Nicht anders als in den Fällen der zu Unrecht erfolgten Behandlung eines Asylantrags nach § 32 oder § 33 AsylVfG (vgl. nochmals BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) gebietet der in § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz, wonach die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet sind, den Rechtsstreit spruchreif zu machen, im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Sache durch den Senat nicht, wenn wesentliche Verfahrensgrundlage aufgrund der früher (an sich noch zu Recht) vorgenommenen Weichenstellung bislang ungeklärt geblieben sind (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 43; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 113 Rn. 101 f.).
36 
Schließlich kann - ungeachtet der vorliegenden Fallkonstellation, für die, wie dargelegt, feststeht, dass eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens in Polen möglich ist - gar nicht immer pauschal unterstellt werden, dass überhaupt eine „Zweitantragssituation“ vorliegt und daher möglicherweise zumindest von konkludent und (nur) hilfsweise durch die Kläger gestellten Hilfsanträgen ausgegangen werden muss. Denn § 71a AsylVfG setzt nicht anders als § 71 AsylVfG, dem die Vorschrift sachlich nachgebildet ist, voraus, dass das Verfahren im anderen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolglos, d.h. unanfechtbar abgeschlossen wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a Rn. 14 f.). Schon unter der Geltung der Verordnung Dublin II sowie der Richtlinie 2005/85/EG vom 01.12.2005 (Verfahrensrichtlinie – VRL a.F.) war es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie im Falle einer konkludenten Rücknahme bzw. eines Nichtbetreibens des Verfahrens im ersten Mitgliedstaat, wovon in Anbetracht fehlender Anhaltspunkte im Falle der Kläger auszugehen sein wird (vgl. auch zur Praxis Polens aida, a.a.O.), die Fortsetzung des Verfahrens nur im Regime des Folgeantrags zulassen oder - weitergehend - eine formlose Wiedereröffnung ermöglichen (vgl. Art. 20 Abs. 2 UA 1 VRL a.F.). Im letzteren Fall hätte der Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland aber die notwendige Folge, dass nicht von einem „erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG ausgegangen werden kann. Denn dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge einer Fristversäumung ist immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hatte. Der VO Dublin II (wie auch der VO Dublin III) kann keine Regelung entnommen werden, die über den Zuständigkeitsübergang hinaus bestimmt, dass mit diesem auch ein formeller wie materieller Rechtsverlust verbunden sein könnte. Die Prüfung und Aufklärung all dieser Fragen ist unerlässlicher Inhalt des Verfahrens beim Bundesamt hinsichtlich der Verfahrensgrundlagen des Erstverfahrens.
37 
Noch viel mehr gilt dies nach dem nunmehr maßgeblichen, hier allerdings noch nicht anwendbaren Regime von Dublin III sowie künftig der bis zum 20.7. diesen Jahres umzusetzenden Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 – VRL n.F. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 VO Dublin III hat der zuständige Mitgliedstaat (hier nunmehr die zuständig gewordene Bundesrepublik Deutschland) in den Fällen (Absatz 1 lit. c), in denen über den Erstantrag im ersten Mitgliedstaat in erster Instanz keine sachliche Entscheidung getroffen worden war (wovon nach den Ermittlungen der Beklagten im Falle der Kläger auszugehen ist), sicherzustellen, dass die Betroffenen einen neuen Antrag stellen können, der nicht als Folgeantrag gewertet werden darf. Wenn es in Satz 2 sodann heißt, dass „die Mitgliedstaaten“ (und nicht nur „der Mitgliedstaat“) in diesen Fällen gewährleisten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird, so macht auch dieses deutlich, dass der Zuständigkeitsübergang allein nicht zum Verlust der formalen und materiellen Rechtsstellung führt, vielmehr der andere nunmehr zuständige Mitgliedstaat das Verfahren weiter zu führen hat. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 3 VO Dublin III muss der Aufnahmemitgliedstaat weit über das Regime von Dublin II hinausgehend in den Fällen des Absatzes 1 lit. d), wenn der Antrag nur in erster Instanz, aber mit einer Sachentscheidung abgelehnt worden war, sogar ohne jede Einschränkung für die Betroffenen sicherstellen, dass noch ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und zwar auch dann, wenn die Sachentscheidung unanfechtbar geworden ist. Dabei muss, damit die Vorschrift zur Anwendung kommen kann, der Eintritt der Unanfechtbarkeit sicherlich darauf beruhen, dass die Entscheidung infolge der Ausreise der Betroffenen in deren Abwesenheit ergangen und ihnen nicht persönlich zur Kenntnis gebracht und infolge dessen von ihnen nicht angefochten werden konnte; auf einzelne Abgrenzungsfragen kommt es an dieser Stelle allerdings nicht an; sie werden aus gegebenem Anlass zu klären sein. Da allerdings das nationale Verfahrensrecht nicht vorsieht, dass eine Sachentscheidung eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaat gerichtlich überprüft werden kann, könnte die Konsequenz dieser unionsrechtlich zwingenden Vorgabe die sein, dass im Falle eines Zuständigkeitsübergangs die Bundesrepublik eine neue Sachentscheidung zu treffen hat; allerdings fällt auf, dass in UA 3 ein dem in UA 2 enthaltener vergleichbarer Satz 2 fehlt, was auch die Deutung zulassen könnte, dass mit dem Zuständigkeitsübergang in dieser Konstellation ein Rechtsverlust einhergehen könnte; einer abschließenden Entscheidung bedarf es auch insoweit hier jedoch noch nicht.
38 
Art. 28 Abs. 2 UA 1 VRL n.F. bestimmt zusätzlich, dass die Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt sind, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d.h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 2 VRL n.F. besteht allerdings unter bestimmten Kautelen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten – nur teilweise – restriktivere Regelungen vorgeben können. Auch insoweit bestehen Einschränkungen der nunmehr zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren Asylantrag dem Regime des Zweitantragsverfahrens zu unterwerfen, insbesondere solange die Bundesrepublik von der Möglichkeit des teilweisen „Opt-Out“ keinen Gebrauch gemacht hat.
39 
All diese differenzierten Gründe grundsätzlicher und struktureller Art zwingen nach Auffassung des Senats dazu, den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Verfahrens strikt auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung des Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG zu beschränken und die weitere Prüfung dem Bundesamt zu überlassen; diese Sachgründe setzen sich nach Überzeugung des Senats gegenüber einer pauschalen Berufung auf ein sicherlich nicht zu verkennendes Beschleunigungsinteresse durch.
40 
Aufgrund der vorgenannten Überlegungen kommt es auch nicht in Betracht, die isoliert angefochtene Entscheidung als eine negative Entscheidung über einen Zweitantrag aufrechtzuerhalten, so denn überhaupt ein solcher vorliegt, was hier, wie ausgeführt, nicht der Fall ist. Dieses liegt schon daran, dass dann nach den Vorstellungen der Beklagten der Sache nach ein Antrag auf Wiederaufgreifen und nicht ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wäre, was sich aber – nicht nur wegen der unterschiedlichen Tenorierung, was unter Umständen nicht hinreichend sein könnte – als eine Veränderung des Verwaltungsakts seinem Wesen nach darstellen würde (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 81 und 86 m.w.N.).
41 
Auch eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ist nicht möglich. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.2015 (1 B 2.15 - juris) ergibt sich nichts anderes. Zunächst betrifft er die nicht vergleichbare Fallkonstellation einer auf die §§ 32 und 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Verfahrenseinstellung, zum anderen lässt die Entscheidung jede Erläuterung vermissen, weshalb in dieser Verfahrenskonstellation eine Umdeutung oder Aufrechterhaltung überhaupt möglich sein soll. Eine Umdeutung scheitert im hier zu entscheidenden Fall, wie sich aus den vorgenannten Ausführungen ergibt, schon daran, dass der Verwaltungsakt nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, d.h. ein Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist, ungeachtet der Frage, ob die Antworten auf diese Fragen ein mehr oder weniger großes Maß an Evidenz aufweisen. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzukommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff.). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig.
42 
Legt man, wie ausgeführt, zugrunde, dass die Antragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf haben, dass ihre Asylanträge zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft werden, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Anträge als unzulässig auch ihre Rechte, selbst wenn nach diesen Strukturen äußerstenfalls am Ende eine Entscheidung durch das Bundesamt stehen kann, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen wird, so denn überhaupt eine Zweitantragssituation vorliegt, was dieses jedoch vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat.
43 
Geht man hingegen davon aus, dass im vorliegenden Fall die Kläger im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs nach polnischem Recht eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens beanspruchen konnten und somit kein Folgeschutzgesuch vorliegt, so kann der angegriffene Bescheid gleichfalls keinen Bestand haben. Nicht anders als in den Fällen einer unzutreffenden Einstellung des Verfahrens wegen einer rechtsgeschäftlich erklärten oder einer fingierten Antragsrücknahme nach § 32 und § 33 (vgl. BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158), in denen das Bundesamt - wie auch hier - entweder in der Sache noch gar nicht befasst, jedenfalls aber noch keine Sachentscheidung getroffen und eine eigenständige Bewertung des Vorbringens vorgenommen hatte, hat dieses zunächst das Verwaltungsverfahren in eigener Kompetenz durchzuführen und abzuschließen, weshalb der angegriffene Bescheid auf die von Klägern auch gestellten Anfechtungsanträge lediglich aufzuheben ist. Der Umstand, dass die Kläger auch Verpflichtungsanträge gestellt hatten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 - a.a.O., in dem dieses offen gelassen hatte, ob im Falle eines gestellten Verpflichtungsantrags abschließend in der Sache zu entscheiden sein könnte), diese aber vom Verwaltungsgericht nach dem Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen wurden, ändert hieran nichts, selbst wenn man nicht der Auffassung des Senats folgen wollte, dass hier Verpflichtungsanträge generell nicht statthaft sind. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn entweder wurden nach den Entscheidungsgründen die Klagen insoweit abgewiesen, ohne dass die Kläger dieses angegriffen haben; dagegen spricht allerdings die Kostenentscheidung und die hierfür gegebene Begründung, die allein § 154 Abs. 1 VwGO zitiert; oder aber die Kläger haben es unterlassen, innerhalb der vorgesehenen Frist einen Ergänzungsantrag nach § 120 VwGO zu stellen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
45 
Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Gründe

 
22 
Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig und den gesetzlichen Formerfordernissen genügend begründet.
23 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
24 
Die Klage gegen die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids ist als Anfechtungsklage statthaft und im Übrigen zulässig (vgl. hierzu im Folgenden). Insbesondere hat sich der Rechtsstreit nicht durch den lediglich im Entwurf vorgelegten Bescheid vom 28.04.2015 erledigt, der den Klägern bislang noch nicht zugestellt wurde. Im Übrigen hat der Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass die Ziffer 1 nicht als Zweitbescheid, sondern lediglich als Erläuterung und Bekräftigung der Rechtsauffassung der Beklagten zu verstehen sei.
25 
Sie ist auch in der Sache begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Ziffer 1 des Bescheids der Beklagten vom 22.11.2013, die allein noch Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, im Ergebnis zu Recht aufgehoben.
26 
Nach dem für den Senat gem. § 77 Abs. 1 AsylVfG maßgeblichen Zeitpunkt seiner Entscheidung ist die Ziffer 1, mit der die Asylanträge der Kläger gem. § 31 Abs. 6 AsylVfG der Sache nach als unzulässig abgelehnt wurden (vgl. zur Auslegung des Tenors Senatsurteil vom 10.11.2014 - A 11 S 1778/14 - InfAuslR 2015, 77), rechtswidrig und verletzt die Kläger auch in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
27 
Nach dem gegenwärtigen Sach- und Streitstand sind die Asylanträge nicht mehr unzulässig im Sinne des § 27a AsylVfG, weil die Bundesrepublik Deutschland für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig geworden ist. Maßgeblich für die Beantwortung der Frage, welcher Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig ist, ist hier allein die Verordnung (EG) Nr. 343/2003 vom 18.02.2003 (VO Dublin II), denn im vorliegenden Fall haben die Kläger nicht nur ihre Asylanträge vor dem 01.01.2014 (vgl. Art. 49 Abs. 2 Satz 2 VO (EU) Nr. 604/2013 vom 26.06.2013 - VO Dublin III) gestellt, vielmehr wurde auch das Wiederaufnahmegesuch vor diesem Datum eingereicht.
28 
Polen hat dem Wiederaufnahmeersuchen der Bundesrepublik Deutschland am 24.10.2013 zugestimmt, weshalb die Überstellungsfrist des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II an sich am 24.04.2014 fruchtlos abgelaufen wäre. Da die Kläger das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ohne Erfolg betrieben hatten, war der Fristlauf zwar im Zeitraum zwischen dem Zugang des angegriffenen Bescheids (frühestens am 27.11.2013, dem Tag nach der Datierung des dem Bescheid beigefügten Anschreibens vom 26.11.2013) bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 gehemmt (vgl. zu alledem Senatsurteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - InfAuslR 2014, 452). Der Senat geht davon aus, dass während des Laufs der Wochenfrist nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG sowie im Zeitraum bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts am 02.01.2014 mit Rücksicht auf § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG die Abschiebung unmittelbar kraft Gesetzes ausgesetzt und der Ablauf der Frist gehemmt war (vgl. im Einzelnen GK-AsylVfG, § 27a, Rn. 228). Dieses zugrunde gelegt, wäre die Frist aber spätestens Ende Juni/Anfang Juli 2014 abgelaufen. Infolge des Fristablaufs ist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II die Zuständigkeit auf die Bundesrepublik übergegangen. Lediglich ergänzend weist der Senat darauf hin, dass dann, wenn eine Überstellung noch zeitnah möglich wäre, weil Polen den Fristablauf nicht einwendet, sich die Kläger allerdings auf den Zuständigkeitsübergang nicht berufen könnten (vgl. Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293 und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris). Es entspricht der Spruchpraxis des Europäischen Gerichtshofs, dass, sofern spezialgesetzlich keine besonderen Ausnahmen geregelt sind (wie z.B. in Art. 8 VO Dublin II), Antragsteller auf internationalen Schutz grundsätzlich kein subjektives Recht auf Prüfung ihres Antrags in einem bestimmten Mitglied- oder Vertragsstaat haben, und Fehler bei der Auslegung und Unzulänglichkeiten bei der Anwendung der Zuständigkeitsregelungen der Verordnung grundsätzlich irrelevant sind (vgl. Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417; vom 14.11.2013 - C-4/11, Puid - NVwZ 2014, 170, und insbesondere vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208; vgl. auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Daraus folgt - dem unionsrechtlichen System immanent - notwendigerweise, dass ein allein infolge des Ablaufs einer Frist für die Stellung eines Aufnahme- bzw. Wiederaufnahmeersuchens oder für die Durchführung einer Überstellung erfolgter gesetzlicher Übergang der Zuständigkeit noch kein subjektives Recht berühren kann (vgl. Senatsurteile vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - InfAuslR 2014, 293, vom 27.08.2014 - A 11 S 1285/14 - NVwZ 2015, 92, und vom 18.03.2015 - A 11 S 2042/14 - juris; ebenso OVG Schl.-Holst., Beschluss vom 24.02.2015 - 2 LA 15/15 - juris; Nieders. OVG, Beschluss vom 06.11.2014 - 13 LA 66/14 - juris; Hess. VGH, Beschluss vom 25.08.2014 - 2 A 975/14 A - juris; OVG Rheinl.-Pfalz, Urteil vom 21.02.2014 - 10 A 10656/13 - juris; so wohl auch BVerwG, Beschlüsse vom 19.03.2014 - 10 B 6.14 - NVwZ 2014, 1093, und vom 14.07.2014 - 1 B 9/14, 1 PKH 10/14 - juris; Berlit, jurisPR-BVerwG, 17/2014, Anm. 2). Deshalb wurde entgegen verschiedener gegenteiliger Stimmen in der verwaltungsgerichtlichen Judikatur (vgl. etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 05.02.2015 - 22 K 2262/14.A - juris) dieser Fragenkomplex durch den Europäischen Gerichtshof eindeutig beantwortet. Eine andere Frage ist, ob im Falle einer unzumutbaren Verzögerung der Durchführung des Aufnahme- und/oder Überstellungsverfahrens durch den Mitgliedstaat der Antragstellung für die Betroffenen die Möglichkeit bestehen muss, eine sachliche Prüfung durch den Antragsmitgliedstaat zu erzwingen (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/ 13 - InfAuslR 2014, 293). Eine solche Fallkonstellation liegt hier jedoch nicht vor.
29 
Hieran hat sich im Übrigen durch die nunmehr in Kraft getretene VO Dublin III nichts Grundsätzliches geändert. Die Tatsache, dass möglicherweise der gerichtliche Rechtsschutz tendenziell aufgewertet wurde (vgl. den 19. Erwägungsgrund; vgl. aber auch schon Art. 19 Abs. 2 Sätze 3 und 4 VO Dublin II und Art. 47 GRCh), vermag die - völlig unveränderte - Grundstruktur des Dublin-Mechanismus nicht infrage zu stellen (so aber etwa Karlsruhe, Beschluss vom 30.11.2014 - A 5 K 20026/14 - juris) und die jeweils für jede Konstellation erforderliche Feststellung des subjektiven Rechts bzw. der klagefähigen Rechtsposition, deren Verwirklichung die Rechtsschutzgarantie dienen soll, nicht zu ersetzen.
30 
Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch an einer Übernahmebereitschaft Polens. Es ist auch nicht ersichtlich, dass noch ein anderer Mitglied- oder Vertragsstaat zuständig sein könnte. Das folgt schon daraus, dass infolge des Ablaufs der Überstellungsfrist nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (jetzt Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) die Zuständigkeit endgültig auf die Bundesrepublik übergegangen ist, selbst wenn vorher noch die Zuständigkeit eines anderen Staates im Raum gestanden hätte (vgl. Filzwieser/Sprung, Dublin III-Verordnung, 2014, Art. 29 Rn. K 9).
31 
Eine Rückkehr der Kläger nach Polen mag zwar möglich sein; eine formlose Wiedereröffnung des Asylverfahrens (vgl. ausführlich noch unten zu den unionsrechtlichen Vorgaben für eine Wiedereröffnung eines Asylverfahrens) wäre nach der Rechtslage in Polen an sich auch nicht ausgeschlossen, weil die Kläger ihre Asylanträge in Polen am 12.06.2013 gestellt haben und die Frist von zwei Jahren nach erfolgter vorläufiger Einstellung des Verfahrens noch nicht abgelaufen ist (vgl. hierzu auch aida, National Country Report Poland, Stand Juni 2014, S. 21). Unter diesen Voraussetzungen könnte auch erwogen werden, dass die Kläger kein Sachbescheidungsinteresse haben und daher die Asylanträge aus diesem Grund unzulässig sind. Eine Prüfung der Anträge wird aber nach den Ermittlungen der Beklagten in Polen deshalb nicht erfolgen, weil sich Polen auf die Zuständigkeit der Bundesrepublik berufen und eine Überstellung der Kläger betreiben würde.
32 
In der vorliegenden Konstellation, in der die Bundesrepublik Deutschland nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin II (vgl. Art. 29 Abs. 2 Satz 1 VO Dublin III) ausschließlich zuständig geworden ist und eine Überstellung in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat Polen nicht (mehr) möglich ist, liegen die Voraussetzungen für die Ablehnung der Anträge als unzulässig im Sinne des § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG nicht mehr vor und die Kläger können die Durchführung der Asylverfahren durch die Bundesrepublik Deutschland beanspruchen. Dabei kann eine rein theoretische Überstellungsmöglichkeit, die nicht durch konkrete aussagekräftige und auch eine überschaubare zeitliche Dimension der Überstellung umfassende Fakten untermauert wird, nicht genügen, da andernfalls das dem Dublinsystem immanente Beschleunigungsgebot (vgl. EuGH Urteile vom 21.12.2011 - C-411/10 u.a., N.S. u.a. - NVwZ 2012, 417, Rn. 79, und vom 10.12.2013 - C-394/12, Abdullahi - NVwZ 2014, 208, Rn. 53) verletzt wird. Der Senat kann in diesem Zusammenhang offen lassen, in welchem genauen zeitlichen Rahmen eine Überstellung noch möglich sein muss. Ein Anspruch auf Durchführung des Asylverfahrens durch die Bundesrepublik Deutschland ist deshalb zu bejahen, weil dem Zuständigkeitssystem nämlich zugrunde liegt, dass die Antragsteller ein durchsetzbares Recht haben müssen, dass die Anträge jedenfalls von einem Mitglied- oder Vertragsstaat zeitnah geprüft werden. Dieses ergibt sich unmissverständlich aus Art. 3 Abs. 1 VO Dublin II bzw. Art. 3 Abs. 1 VO Dublin III (vgl. auch den 4. Erwägungsgrund der VO Dublin II sowie den 5. Erwägungsgrund der VO Dublin III). Eine andere Sichtweise würde dem Grundanliegen des gemeinsamen europäischen Asylsystems widersprechen. Dieses darf um seiner Effektivität willen nicht so ausgelegt und angewandt werden, dass die betroffenen Antragsteller in keinem Staat eine Prüfung ihres Schutzgesuchs erhalten können und – wenn auch nicht dem potentiellen Verfolger ausgeliefert – doch ohne den im Unionsrecht vorgesehenen förmlichen Schutzstatus bleiben. Andererseits bedeutet dies nicht, dass den Betroffenen prinzipiell nicht ein erfolgloses und abgeschlossenes Verfahren, das in einem Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführt worden war, entgegengehalten werden könnte (vgl. hierzu noch im Folgenden).
33 
Vor diesem Hintergrund kann die angegriffene Ziffer 1 nicht mehr auf § 27a i.V.m. § 31 Abs. 6 AsylVfG gestützt werden und ist daher aufzuheben.
34 
Der Beklagten ist im Ausgangspunkt zwar nicht zu widersprechen, dass eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zur gerichtlichen Überprüfung gestellte Verfügung nicht allein deshalb aufzuheben ist, weil die für die Verfügung herangezogene und in der Begründung als maßgeblich zugrunde gelegte Rechtsgrundlage diese nicht (mehr) zu tragen vermag, wenn sie gleichwohl in anderen rechtlichen und/oder tatsächlichen Gründen ihre Rechtfertigung erfährt (vgl. etwa Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 79 ff. m.w.N.). Dieser Gesichtspunkt kann aber hier ein Aufrechterhalten der angegriffenen Verfügung nicht rechtfertigen.
35 
Dabei ergeben sich im vorliegenden Fall zunächst Besonderheiten schon deshalb, weil es der Sache nach auch um die Versagung einer Begünstigung geht, nämlich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, ggf. auch des subsidiären Schutzstatus (vgl. § 13 AsylVfG in der seit 01.12.2013 geltenden Fassung). Vorrangig ist daher die von der Beklagten zu Recht aufgeworfene Frage zu beantworten, ob der Senat verpflichtet ist, die Sache spruchreif zu machen (vgl. allgemein Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 422 ff. m.w.N.). Ungeachtet der hier noch offen zu lassenden Frage, ob mittlerweile, wie die Beklagte meint, der Sache nach sog. Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegen, verneint der Senat dieses (vgl. schon ausführlich Senatsurteil vom 16.04.2014 - A 11 S 1721/13 - juris, Rn. 18). Selbst wenn hier mittlerweile Zweitanträge vorlägen (vgl. aber noch im Folgenden), so bestünde gleichwohl keine Verpflichtung zur Spruchreifmachung und zu einer Entscheidung hierüber. Abgesehen davon, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgericht (vgl. Urteil vom 10.02.1998 - 9 C 28.97 - NVwZ 1998, 861) aus der Sicht des Senats ohnehin erheblichen Bedenken begegnet, auf die das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil bereits zutreffend hingewiesen hat, bestehen schon gegenüber der zugrunde liegenden Folgeantragssituation nach § 71 AsylVfG zusätzliche grundlegende Unterschiede, die zu den Einwänden gegen eine Verpflichtung zur Spruchreifmachung im Falle eines Folgeantrags (vgl. ausführlich GK-AsylVfG, § 71 Rn. 296 ff., demnächst Rn. 367 ff.) noch hinzutreten. Geht man sachgerecht davon aus, dass die von den Klägern am 17.06.2013 eingereichten Asylanträge sinngemäß unter allen denkbaren Gesichtspunkten, also auch unter dem Aspekt eines möglichen Folgeschutzgesuchs, gestellt worden waren, konnten diese Anträge zum Zeitpunkt der Entscheidung der Beklagten am 22.11.2013 wegen der Zuständigkeit Polens keine Zweitanträge im Sinne des § 71a AsylVfG sein und wurden auch nicht als solche beschieden. Des Weiteren kann nicht außer Acht gelassen werden, dass in einem Zweitantragsverfahren umfangreichere Verfahrensgarantien bestehen, insbesondere auch nach § 25 AsylVfG (i.V.m. § 71a Abs. 2 Satz 1 AsylVfG) – jedenfalls in der Regel – eine Anhörung stattzufinden hat, bei der sich das Bundesamt auch der (formellen und materiellen) Grundlagen des notwendigerweise in einem anderen Mitglied- oder Vertragsstaat durchgeführten Erstverfahrens zu vergewissern hat (vgl. GK-AsylVfG § 71a Rn. 30 ff.). Auch ist originär und nicht nur in einem Wiederaufnahmeverfahren in Bezug auf den Herkunftsstaat über das Bestehen nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu entscheiden, um das unionsrechtliche und völkerrechtliche Refoulement-Verbot zu sichern. Diese Aufgabe ist zuvörderst dem mit besonderem Sachverstand ausgestatteten Bundesamt zugewiesen (vgl. hierzu auch § 72 Abs. 2 AufenthG). Weiter ist zu bedenken, dass das Verfahren im Falle der negativen Vorprüfen der Asylrelevanz wie auch im Falle einer negativen Sachprüfung auf eine Aufenthaltsbeendigung in den Herkunftsstaat gerichtet ist, was – insofern anders als im Folgeverfahren (vgl. § 71 Abs. 5 AsylVfG) – zwingend den erstmaligen Erlass einer Abschiebungsandrohung nach sich ziehen muss (vgl. § 71a Abs. 4 AsylVfG). Nicht anders als in den Fällen der zu Unrecht erfolgten Behandlung eines Asylantrags nach § 32 oder § 33 AsylVfG (vgl. nochmals BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158) gebietet der in § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO niedergelegte Grundsatz, wonach die Verwaltungsgerichte grundsätzlich verpflichtet sind, den Rechtsstreit spruchreif zu machen, im vorliegenden Fall eine Entscheidung zur Sache durch den Senat nicht, wenn wesentliche Verfahrensgrundlage aufgrund der früher (an sich noch zu Recht) vorgenommenen Weichenstellung bislang ungeklärt geblieben sind (vgl. Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 43; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 6. Aufl., § 113 Rn. 101 f.).
36 
Schließlich kann - ungeachtet der vorliegenden Fallkonstellation, für die, wie dargelegt, feststeht, dass eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens in Polen möglich ist - gar nicht immer pauschal unterstellt werden, dass überhaupt eine „Zweitantragssituation“ vorliegt und daher möglicherweise zumindest von konkludent und (nur) hilfsweise durch die Kläger gestellten Hilfsanträgen ausgegangen werden muss. Denn § 71a AsylVfG setzt nicht anders als § 71 AsylVfG, dem die Vorschrift sachlich nachgebildet ist, voraus, dass das Verfahren im anderen Mitglied- oder Vertragsstaat erfolglos, d.h. unanfechtbar abgeschlossen wurde (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, § 71a Rn. 14 f.). Schon unter der Geltung der Verordnung Dublin II sowie der Richtlinie 2005/85/EG vom 01.12.2005 (Verfahrensrichtlinie – VRL a.F.) war es den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie im Falle einer konkludenten Rücknahme bzw. eines Nichtbetreibens des Verfahrens im ersten Mitgliedstaat, wovon in Anbetracht fehlender Anhaltspunkte im Falle der Kläger auszugehen sein wird (vgl. auch zur Praxis Polens aida, a.a.O.), die Fortsetzung des Verfahrens nur im Regime des Folgeantrags zulassen oder - weitergehend - eine formlose Wiedereröffnung ermöglichen (vgl. Art. 20 Abs. 2 UA 1 VRL a.F.). Im letzteren Fall hätte der Zuständigkeitsübergang auf die Bundesrepublik Deutschland aber die notwendige Folge, dass nicht von einem „erfolglosen Abschluss des Asylverfahrens“ im Sinne des § 71a Abs. 1 AsylVfG ausgegangen werden kann. Denn dem unionsrechtlichen Zuständigkeitsübergang infolge einer Fristversäumung ist immanent, dass der zuständig gewordene Mitgliedstaat das Verfahren in dem Stadium übernimmt, den es zum Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs erreicht hatte. Der VO Dublin II (wie auch der VO Dublin III) kann keine Regelung entnommen werden, die über den Zuständigkeitsübergang hinaus bestimmt, dass mit diesem auch ein formeller wie materieller Rechtsverlust verbunden sein könnte. Die Prüfung und Aufklärung all dieser Fragen ist unerlässlicher Inhalt des Verfahrens beim Bundesamt hinsichtlich der Verfahrensgrundlagen des Erstverfahrens.
37 
Noch viel mehr gilt dies nach dem nunmehr maßgeblichen, hier allerdings noch nicht anwendbaren Regime von Dublin III sowie künftig der bis zum 20.7. diesen Jahres umzusetzenden Richtlinie 2013/32/EU vom 26.06.2013 – VRL n.F. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 2 Satz 1 VO Dublin III hat der zuständige Mitgliedstaat (hier nunmehr die zuständig gewordene Bundesrepublik Deutschland) in den Fällen (Absatz 1 lit. c), in denen über den Erstantrag im ersten Mitgliedstaat in erster Instanz keine sachliche Entscheidung getroffen worden war (wovon nach den Ermittlungen der Beklagten im Falle der Kläger auszugehen ist), sicherzustellen, dass die Betroffenen einen neuen Antrag stellen können, der nicht als Folgeantrag gewertet werden darf. Wenn es in Satz 2 sodann heißt, dass „die Mitgliedstaaten“ (und nicht nur „der Mitgliedstaat“) in diesen Fällen gewährleisten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird, so macht auch dieses deutlich, dass der Zuständigkeitsübergang allein nicht zum Verlust der formalen und materiellen Rechtsstellung führt, vielmehr der andere nunmehr zuständige Mitgliedstaat das Verfahren weiter zu führen hat. Nach Art. 18 Abs. 2 UA 3 VO Dublin III muss der Aufnahmemitgliedstaat weit über das Regime von Dublin II hinausgehend in den Fällen des Absatzes 1 lit. d), wenn der Antrag nur in erster Instanz, aber mit einer Sachentscheidung abgelehnt worden war, sogar ohne jede Einschränkung für die Betroffenen sicherstellen, dass noch ein wirksamer Rechtsbehelf eingelegt werden kann, und zwar auch dann, wenn die Sachentscheidung unanfechtbar geworden ist. Dabei muss, damit die Vorschrift zur Anwendung kommen kann, der Eintritt der Unanfechtbarkeit sicherlich darauf beruhen, dass die Entscheidung infolge der Ausreise der Betroffenen in deren Abwesenheit ergangen und ihnen nicht persönlich zur Kenntnis gebracht und infolge dessen von ihnen nicht angefochten werden konnte; auf einzelne Abgrenzungsfragen kommt es an dieser Stelle allerdings nicht an; sie werden aus gegebenem Anlass zu klären sein. Da allerdings das nationale Verfahrensrecht nicht vorsieht, dass eine Sachentscheidung eines anderen Mitglied- oder Vertragsstaat gerichtlich überprüft werden kann, könnte die Konsequenz dieser unionsrechtlich zwingenden Vorgabe die sein, dass im Falle eines Zuständigkeitsübergangs die Bundesrepublik eine neue Sachentscheidung zu treffen hat; allerdings fällt auf, dass in UA 3 ein dem in UA 2 enthaltener vergleichbarer Satz 2 fehlt, was auch die Deutung zulassen könnte, dass mit dem Zuständigkeitsübergang in dieser Konstellation ein Rechtsverlust einhergehen könnte; einer abschließenden Entscheidung bedarf es auch insoweit hier jedoch noch nicht.
38 
Art. 28 Abs. 2 UA 1 VRL n.F. bestimmt zusätzlich, dass die Antragsteller im Fall einer stillschweigenden Rücknahme oder eines Nichtbetreibens des Verfahrens berechtigt sind, um eine Wiedereröffnung des Verfahrens zu ersuchen oder einen neuen Antrag zu stellen, der nicht nach Maßgabe der Art. 40 und 41, d.h. nicht als Folgeantrag, geprüft werden darf. Nach Art. 28 Abs. 2 UA 2 VRL n.F. besteht allerdings unter bestimmten Kautelen die Möglichkeit, dass die Mitgliedstaaten – nur teilweise – restriktivere Regelungen vorgeben können. Auch insoweit bestehen Einschränkungen der nunmehr zuständig gewordenen Bundesrepublik Deutschland, einen weiteren Asylantrag dem Regime des Zweitantragsverfahrens zu unterwerfen, insbesondere solange die Bundesrepublik von der Möglichkeit des teilweisen „Opt-Out“ keinen Gebrauch gemacht hat.
39 
All diese differenzierten Gründe grundsätzlicher und struktureller Art zwingen nach Auffassung des Senats dazu, den Verfahrensgegenstand des gerichtlichen Verfahrens strikt auf die Anfechtung der Ablehnungsentscheidung des Asylantrags als unzulässig nach § 27a AsylVfG zu beschränken und die weitere Prüfung dem Bundesamt zu überlassen; diese Sachgründe setzen sich nach Überzeugung des Senats gegenüber einer pauschalen Berufung auf ein sicherlich nicht zu verkennendes Beschleunigungsinteresse durch.
40 
Aufgrund der vorgenannten Überlegungen kommt es auch nicht in Betracht, die isoliert angefochtene Entscheidung als eine negative Entscheidung über einen Zweitantrag aufrechtzuerhalten, so denn überhaupt ein solcher vorliegt, was hier, wie ausgeführt, nicht der Fall ist. Dieses liegt schon daran, dass dann nach den Vorstellungen der Beklagten der Sache nach ein Antrag auf Wiederaufgreifen und nicht ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wäre, was sich aber – nicht nur wegen der unterschiedlichen Tenorierung, was unter Umständen nicht hinreichend sein könnte – als eine Veränderung des Verwaltungsakts seinem Wesen nach darstellen würde (vgl. hierzu Wolff, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 113 Rn. 81 und 86 m.w.N.).
41 
Auch eine Umdeutung nach § 47 VwVfG ist nicht möglich. Aus dem Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.02.2015 (1 B 2.15 - juris) ergibt sich nichts anderes. Zunächst betrifft er die nicht vergleichbare Fallkonstellation einer auf die §§ 32 und 33 Abs. 1 AsylVfG gestützten Verfahrenseinstellung, zum anderen lässt die Entscheidung jede Erläuterung vermissen, weshalb in dieser Verfahrenskonstellation eine Umdeutung oder Aufrechterhaltung überhaupt möglich sein soll. Eine Umdeutung scheitert im hier zu entscheidenden Fall, wie sich aus den vorgenannten Ausführungen ergibt, schon daran, dass der Verwaltungsakt nicht auf das gleiche oder ein im Wesentlichen gleiches Ziel gerichtet wäre (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., 2014, § 47 Rn. 13 ff.). Die Entscheidung der Beklagten war im vorliegenden Fall auf die Unzulässigkeit im Sinne des § 31 Abs. 6 AsylVfG gerichtet und darauf, die zwingende Rechtsfolge des § 34a Abs. 1 AsylVfG herbeizuführen. Hingegen wird mit der Entscheidung zu § 71a AsylVfG die Durchführung eines weiteren Asylverfahrens, d.h. ein Wiederaufgreifen eines nicht mehr angreifbaren Verfahrens abgelehnt, die dann in erster Linie die Rechtsfolge des § 71a Abs. 4 i.V.m. § 34 bzw. § 36 AsylVfG (in Bezug auf den Herkunftsstaat) auslöst und damit eine völlig andere Qualität hat als eine Abschiebungsanordnung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylVfG (in den anderen Mitglied- oder Vertragsstaat). Diese Entscheidung würde aber voraussetzen, dass nicht nur ein Zweitantrag im Sinne des § 71a AsylVfG vorliegt, sondern auch die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG zu verneinen sind, was, wie dargelegt, im Rahmen eines eigenständigen Verwaltungsverfahren mit eigenen Verfahrensgarantien zu klären und zu entscheiden ist, ungeachtet der Frage, ob die Antworten auf diese Fragen ein mehr oder weniger großes Maß an Evidenz aufweisen. Zwar verweist § 71a Abs. 4 auch auf § 34a AsylVfG; diese Verfahrensweise ist jedoch gerichtet auf die Überstellung nach der Drittstaatenregelung des § 26a AsylVfG und nicht nach dem Dublin-System, worauf aber gerade der angegriffene Bescheid abzielt. Hinzukommt, dass fraglich ist, ob im Anwendungsbereich des Dublin-Systems überhaupt noch der andere Mitgliedstaat als sicherer Drittstaat behandelt und von der nationalen Drittstaatenregelung Gebrauch gemacht werden darf mit der Folge, dass die Drittstaatenregelung nur noch solche – gegenwärtig nicht existierende – Drittstaaten betreffen könnte, die nicht Teil des Dublin-Systems sind (vgl. GK-AsylVfG, § 27a Rn. 56 ff.). Abgesehen davon ist hier die Rechtsfolge des § 34a AsylVfG allenfalls optional und von einer Ermessensentscheidung der Beklagten abhängig.
42 
Legt man, wie ausgeführt, zugrunde, dass die Antragsteller nach den Grundstrukturen des gemeinsamen Europäischen Asylsystems jedenfalls einen Anspruch darauf haben, dass ihre Asylanträge zumindest in einem Mitglied- oder Vertragsstaat geprüft werden, so verletzt die Aufrechterhaltung der Ablehnung der Anträge als unzulässig auch ihre Rechte, selbst wenn nach diesen Strukturen äußerstenfalls am Ende eine Entscheidung durch das Bundesamt stehen kann, dass das Verfahren nicht wiederaufgegriffen wird, so denn überhaupt eine Zweitantragssituation vorliegt, was dieses jedoch vorrangig in eigener Zuständigkeit zu prüfen hat.
43 
Geht man hingegen davon aus, dass im vorliegenden Fall die Kläger im Zeitpunkt des Zuständigkeitsübergangs nach polnischem Recht eine formlose Wiedereröffnung des Verfahrens beanspruchen konnten und somit kein Folgeschutzgesuch vorliegt, so kann der angegriffene Bescheid gleichfalls keinen Bestand haben. Nicht anders als in den Fällen einer unzutreffenden Einstellung des Verfahrens wegen einer rechtsgeschäftlich erklärten oder einer fingierten Antragsrücknahme nach § 32 und § 33 (vgl. BVerwG, Urteile vom 07.03.1995 - 9 C 264/94 - NVwZ 1996, 80, und vom 05.09.2013 - 10 C 1.13 - NVwZ 2014, 158), in denen das Bundesamt - wie auch hier - entweder in der Sache noch gar nicht befasst, jedenfalls aber noch keine Sachentscheidung getroffen und eine eigenständige Bewertung des Vorbringens vorgenommen hatte, hat dieses zunächst das Verwaltungsverfahren in eigener Kompetenz durchzuführen und abzuschließen, weshalb der angegriffene Bescheid auf die von Klägern auch gestellten Anfechtungsanträge lediglich aufzuheben ist. Der Umstand, dass die Kläger auch Verpflichtungsanträge gestellt hatten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 07.03.1995 - a.a.O., in dem dieses offen gelassen hatte, ob im Falle eines gestellten Verpflichtungsantrags abschließend in der Sache zu entscheiden sein könnte), diese aber vom Verwaltungsgericht nach dem Tenor der angegriffenen Entscheidung nicht ausdrücklich abgewiesen wurden, ändert hieran nichts, selbst wenn man nicht der Auffassung des Senats folgen wollte, dass hier Verpflichtungsanträge generell nicht statthaft sind. Diese sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn entweder wurden nach den Entscheidungsgründen die Klagen insoweit abgewiesen, ohne dass die Kläger dieses angegriffen haben; dagegen spricht allerdings die Kostenentscheidung und die hierfür gegebene Begründung, die allein § 154 Abs. 1 VwGO zitiert; oder aber die Kläger haben es unterlassen, innerhalb der vorgesehenen Frist einen Ergänzungsantrag nach § 120 VwGO zu stellen.
44 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylVfG.
45 
Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die es rechtfertigen würden, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Ein Asylantrag ist unzulässig, wenn

1.
ein anderer Staat
a)
nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 oder
b)
auf Grund von anderen Rechtsvorschriften der Europäischen Union oder eines völkerrechtlichen Vertrages
für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist,
2.
ein anderer Mitgliedstaat der Europäischen Union dem Ausländer bereits internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 gewährt hat,
3.
ein Staat, der bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als für den Ausländer sicherer Drittstaat gemäß § 26a betrachtet wird,
4.
ein Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union und bereit ist, den Ausländer wieder aufzunehmen, als sonstiger Drittstaat gemäß § 27 betrachtet wird oder
5.
im Falle eines Folgeantrags nach § 71 oder eines Zweitantrags nach § 71a ein weiteres Asylverfahren nicht durchzuführen ist.

(2) Das Bundesamt hört den Ausländer zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis Nummer 4 persönlich an, bevor es über die Zulässigkeit eines Asylantrags entscheidet. Zu den Gründen nach Absatz 1 Nummer 5 gibt es dem Ausländer Gelegenheit zur Stellungnahme nach § 71 Absatz 3.

(3) Erscheint der Ausländer nicht zur Anhörung über die Zulässigkeit, entscheidet das Bundesamt nach Aktenlage. Dies gilt nicht, wenn der Ausländer unverzüglich nachweist, dass das in Satz 1 genannte Versäumnis auf Umstände zurückzuführen war, auf die er keinen Einfluss hatte. Führt der Ausländer diesen Nachweis, ist das Verfahren fortzuführen.

(4) Die Anhörung zur Zulässigkeit des Asylantrags kann gemäß § 24 Absatz 1a dafür geschulten Bediensteten anderer Behörden übertragen werden.

Tatbestand

1

Der Kläger, ein iranischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen die Ablehnung seines Asylantrags als unzulässig und die Anordnung seiner Abschiebung nach Ungarn.

2

Der Kläger reiste nach eigenen Angaben Ende 2014 in das Bundesgebiet ein und beantragte im Januar 2015 seine Anerkennung als Asylberechtigter. Ein Eurodac-Abgleich ergab, dass er zuvor bereits in Ungarn einen Asylantrag gestellt hatte. Auf ein entsprechendes Ersuchen des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) erklärte Ungarn seine Bereitschaft zur Wiederaufnahme des Klägers. Daraufhin lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 24. Februar 2015 den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig ab (Ziffer 1) und ordnete die Abschiebung des Klägers nach Ungarn an (Ziffer 2).

3

Das Verwaltungsgericht lehnte mit Beschlüssen vom 9. April und 28. Juli 2015 Anträge des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 und 7 VwGO ab und wies die Klage mit Urteil vom 3. August 2015 ab.

4

Das Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 16. November 2015 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides nach § 80 Abs. 7 VwGO angeordnet und in der Hauptsache mit Beschluss vom 23. November 2015 den Bescheid des Bundesamts aufgehoben. Es hat seine Entscheidung damit begründet, dass nach der Dublin III-VO zwar zunächst Ungarn für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig gewesen sei. Die Zuständigkeit sei aber inzwischen auf Deutschland übergegangen, da der Kläger nicht innerhalb von sechs Monaten nach Ungarn überstellt worden sei. Diese Frist habe mit der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch Ungarn im Februar 2015 zu laufen begonnen und sei während des gerichtlichen Verfahrens nicht neu eröffnet worden. Der rechtswidrige Bescheid bewirke auch eine Rechtsverletzung des Klägers. Dabei könne offenbleiben, ob und in welchem Umfang die Dublin-Regelungen Individualschutz entfalteten. Eine Verletzung subjektiver Rechte ergebe sich jedenfalls aus dem materiellen Recht, da der Kläger ansonsten seinen Anspruch auf die ihm durch Unionsrecht garantierte Überprüfung seines Begehrens durch einen Mitgliedstaat nicht wirksam durchsetzen könne. Zwar sei im Einzelfall denkbar, dass ein Mitgliedstaat nach Ablauf der Überstellungsfrist weiterhin zur Wiederaufnahme bereit sei; für den Regelfall könne hiervon aber nicht ausgegangen werden. In Ermangelung jeglichen Hinweises auf eine fortbestehende Aufnahmebereitschaft Ungarns sei hier von einer Rechtsverletzung des Klägers auszugehen. Die Unzulässigkeitsentscheidung könne auch nicht in eine andere rechtmäßige Entscheidung umgedeutet werden.

5

Die Beklagte macht mit ihrer Revision geltend, dass die in den Dublin-Verordnungen geregelten Fristen allein der zeitnahen Feststellung des zuständigen Mitgliedstaats und der zeitnahen Überstellung in diesen Staat dienten, aber keine subjektiven Rechte des Schutzsuchenden begründeten. Etwaige Beeinträchtigungen des materiellen Rechts beruhten allein auf dem Verhalten des Klägers. Außerdem rügt sie eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht, da das Berufungsgericht nicht ermittelt habe, ob Ungarn nach Ablauf der Überstellungsfrist tatsächlich nicht mehr zu einer Übernahme des Klägers bereit sei.

6

Der Kläger verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision hat keinen Erfolg. Die Berufungsentscheidung verstößt im Ergebnis nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage nicht nur zulässig (1.), sondern auch begründet ist (2.). Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Asylantrag ist nicht nach § 27a AsylG wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit unzulässig (2.1). Der Bescheid kann insoweit auch nicht als Entscheidung nach § 71a AsylG, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, aufrechterhalten bleiben (2.2). Die Ablehnung des Asylantrags verletzt den Kläger unter den hier gegebenen Umständen in eigenen Rechten (2.3). Ist Deutschland für die Prüfung seines Antrags zuständig und kann sich der Kläger darauf berufen, fehlt es auch an den Voraussetzungen für den Erlass einer Abschiebungsanordnung (2.4).

8

Maßgeblich für die rechtliche Beurteilung des klägerischen Begehrens ist das Asylgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 2. September 2008 (BGBl. I S. 1798), zuletzt geändert durch das Gesetz zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11. März 2016 (BGBl. I S. 390) und das Gesetz zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom gleichen Tag (BGBl. I S. 394), sowie die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 S. 31) - Dublin III-VO. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind Rechtsänderungen, die nach der Berufungsentscheidung eintreten, zu berücksichtigen, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Revisionsgerichts - sie seinerseits zu berücksichtigen hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. September 2007 - 10 C 8.07 - BVerwGE 129, 251 Rn. 19). Da es sich vorliegend um eine asylrechtliche Streitigkeit handelt, bei der das Berufungsgericht nach § 77 Abs. 1 AsylG regelmäßig auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen hat, müsste es, wenn es jetzt entschiede, die neue Rechtslage zugrunde legen, soweit nicht hiervon eine Abweichung aus Gründen des materiellen Rechts geboten ist.

9

1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist auch hinsichtlich der Unzulässigkeitsentscheidung in Ziffer 1 des Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge - Bundesamt - vom 24. Februar 2015 die Anfechtungsklage statthaft (BVerwG, Urteil vom 27. Oktober 2015 - 1 C 32.14 - NVwZ 2016, 154 Rn. 13 ff.). Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis für die Aufhebung der angegriffenen Entscheidung ist nicht dadurch entfallen, dass die Überstellungsfrist des Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO inzwischen verstrichen ist (vgl. dazu nachfolgend). Denn die Entscheidung des Bundesamts, den Asylantrag wegen anderweitiger internationaler Zuständigkeit als unzulässig abzulehnen und die Abschiebung des Klägers nach Ungarn anzuordnen, hat hierdurch weder ihre Regelungswirkung verloren noch sich auf sonstige Weise erledigt.

10

2. Die Klage ist auch begründet.

11

2.1 Die Voraussetzungen des vom Bundesamt herangezogenen § 27a AsylG für eine Ablehnung des Asylantrags als unzulässig liegen nicht (mehr) vor. Danach ist ein Asylantrag unzulässig, wenn ein anderer Staat aufgrund von Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaft oder eines völkerrechtlichen Vertrags für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Zutreffend hat das Berufungsgericht für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit die Dublin III-VO herangezogen. Diese ist nach der Übergangsregelung in Art. 49 Abs. 2 Dublin III-VO intertemporal auf Anträge auf internationalen Schutz anwendbar, die - wie hier - ab dem ersten Tag des sechsten Monats nach ihrem Inkrafttreten, also ab dem 1. Januar 2014, gestellt worden sind.

12

2.1.1 Ob nach der Dublin III-VO - wie vom Berufungsgericht angenommen - zunächst Ungarn zuständig war, kann offenbleiben.

13

Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 2 Dublin III-VO wird ein Asylantrag von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird. Damit soll verhindert werden, dass sich Asylbewerber einen ihnen genehmen Mitgliedstaat für die Prüfung ihres Asylbegehrens aussuchen und von einem zum anderen Mitgliedstaat weiterwandern (Verhinderung der Sekundärmigration). Zentrales Anliegen des Dublin-Systems ist die Aufstellung klarer, praktikabler und gerechter Zuständigkeitskriterien, die den Betroffenen einen effektiven und schnellen Zugang zur Sachprüfung eröffnen (vgl. insbesondere Erwägungsgründe 4 und 5 der Dublin III-VO). Lässt sich anhand der Kriterien in Kapitel III der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, ist nach der Auffangregelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Ist die Überstellung an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat nicht möglich, weil es gute Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller dort systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Art. 4 GRC mit sich bringen, hat der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fortzusetzen, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann danach keine Überstellung an einen aufgrund der Kriterien des Kapitel III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, wird nach der weiteren Auffangregelung in Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 3 Dublin III-VO der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

14

Ob hiernach mangels vorrangiger Zuständigkeit eines anderen Mitgliedstaats Ungarn als der erste Mitgliedstaat, in dem der Kläger einen Asylantrag gestellt hat, nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 1 Dublin III-VO originär zuständig war, kann der Senat nicht abschließend entscheiden, da das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt folgerichtig - keine tatrichterlichen Feststellungen zum Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 Dublin III-VO getroffen hat.

15

2.1.2 Die Frage der originären Zuständigkeit kann aber dahinstehen, da die Zuständigkeit selbst bei unterstellter originärer Zuständigkeit Ungarns mit Ablauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf Deutschland übergegangen ist.

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Art. 29 Dublin III-VO regelt die Modalitäten und Fristen der Überstellung. Nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO erfolgt die Überstellung, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach Annahme des (Wieder-)Aufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat (Alt. 1) oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Art. 27 Abs. 3 Dublin III-VO aufschiebende Wirkung hat (Alt. 2). Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nach Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme der betreffenden Person verpflichtet, und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist. Beide Verlängerungsoptionen setzen nach Art. 9 Abs. 2 DurchführungsVO (EG) Nr. 1560/2003 voraus, dass der Mitgliedstaat, der die Fristverlängerung für sich in Anspruch nehmen will, den ersuchten Mitgliedstaat davon vor Ablauf der regulären Frist von sechs Monaten unterrichtet.

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Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass für den Beginn der Überstellungsfrist hier die 1. Alternative des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO maßgeblich ist. Damit hat die sechsmonatige Überstellungsfrist mit der Annahme des Wiederaufnahmeersuchens durch die ungarischen Behörden am 6. Februar 2015 begonnen. Dem steht nicht entgegen, dass der Antrag des Klägers auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zwar keinen Erfolg hatte, das Berufungsgericht die aufschiebende Wirkung der Klage dann aber doch noch nach § 80 Abs. 7 VwGO angeordnet hat. Denn ein Hinausschieben des Fristbeginns auf den Zeitpunkt der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf ist nur möglich, wenn bei Eintritt der Tatbestandsvoraussetzungen der 2. Alternative des Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Dublin III-VO die nach der 1. Alternative in Gang gesetzte Frist noch nicht abgelaufen ist. Denn es versteht sich von selbst, dass der an den erfolglosen Ablauf der Überstellungsfrist geknüpfte Zuständigkeitswechsel nicht durch Ingangsetzen einer neuen Überstellungsfrist wieder zu Fall gebracht werden kann.

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Bei Anordnung der aufschiebenden Wirkung durch das Berufungsgericht im November 2015 war die Überstellungsfrist - ungeachtet des Umstandes, dass der Kläger rechtzeitig einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gestellt hat - unstreitig abgelaufen (zu den Wirkungen eines rechtzeitigen Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auf den Lauf der Überstellungsfrist nach Art. 29 Abs. 1 Unterabs. 1 Alt. 1 Dublin III-VO vgl. Vorlagebeschluss des Senats vom 27. April 2016 - 1 C 22.15). Denn zwischen der Bekanntgabe der den vorläufigen Rechtsschutzantrag des Klägers ablehnenden Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom April 2015 und der die aufschiebende Wirkung anordnenden Entscheidung des Berufungsgerichts vom November 2015 lag ein zusammenhängender Zeitraum von mehr als sechs Monaten, in dem der Kläger nach Ungarn hätte überstellt werden können. Der Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO hat nicht die Wirkungen des § 34a Abs. 2 Satz 2 AsylG ausgelöst, die hierzu ergangene, ablehnende Entscheidung hat auch die Überstellungsfrist nicht neu in Lauf gesetzt.

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2.2 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids auch nicht als Entscheidung nach § 71a AsylG, kein weiteres Asylverfahren durchzuführen, aufrechterhalten bleiben kann, da es sich hierbei prozessual um einen anderen Streitgegenstand mit für den Kläger ungünstigeren Rechtsfolgen handelt (vgl. dazu im Einzelnen BVerwG, Urteil vom 16. November 2015 - 1 C 4.15 - InfAuslR 2016, 120 Rn. 26 ff.).

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2.3 Der Kläger hat unter den hier gegebenen Umständen auch einen Anspruch darauf, dass sein Asylantrag in Deutschland geprüft wird. Dabei kann offenbleiben, ob den Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin III-VO - wie von der Generalanwältin Sharpston in ihren Schlussanträgen vom 17. März 2016 in zwei beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Vorabentscheidungsverfahren (C-63/15 und C-155/15 ) vertreten - generell individualschützende Wirkung zukommt und der Schutzsuchende in jedem Fall eine Prüfung durch den zuständigen Mitgliedstaat verlangen kann. Denn der nach den Dublin-Bestimmungen zuständige Mitgliedstaat darf einen Schutzsuchenden jedenfalls dann nicht auf eine Prüfung durch einen anderen (unzuständigen) Mitgliedstaat verweisen, wenn dessen (Wieder-)Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht. Dies ergibt sich als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal aus Sinn und Zweck des Dublin-Systems und der mit ihm verwirklichten verfahrensrechtlichen Dimension der materiellen Rechte, die die Richtlinie 2011/95/EU (sog. Anerkennungsrichtlinie) Schutzsuchenden einräumt. Danach kann sich ein Schutzsuchender den für die Prüfung seines Schutzbegehrens zuständigen Mitgliedstaat zwar nicht selbst aussuchen, er hat aber einen Anspruch darauf, dass ein von ihm innerhalb der EU gestellter Antrag auf internationalen Schutz innerhalb der EU geprüft wird. Könnte sich der Schutzsuchende auch bei fehlender (Wieder-)Aufnahmebereitschaft eines anderen Mitgliedstaats nicht auf die Zuständigkeit Deutschlands berufen, entstünde die Situation eines "refugee in orbit", in der sich kein Mitgliedstaat für die sachliche Prüfung des Asylantrags als zuständig ansieht. Dies würde dem zentralen Anliegen des Dublin-Regimes zuwiderlaufen, einen effektiven Zugang zu den Verfahren zur Gewährung internationalen Schutzes zu gewährleisten und das Ziel einer zügigen Bearbeitung der Anträge auf internationalen Schutz nicht zu gefährden (Erwägungsgrund 5 der Dublin III-VO). Das schließt allerdings nicht aus, dass Asylanträge aus anderen Gründen, etwa wegen mangelndem Betreiben des Asylverfahrens durch den Antragsteller, ohne Sachprüfung abgelehnt werden können. Das gilt im Übrigen nicht nur für Erstanträge, sondern gleichermaßen für Zweitanträge, auch wenn diese nur unter besonderen Voraussetzungen zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens führen.

21

Vorliegend hat das Berufungsgericht festgestellt, dass Ungarn nicht mehr zur (Wieder-)Aufnahme bereit ist. Diese den Senat bindende tatrichterliche Feststellung (§ 137 Abs. 2 VwGO) ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Die Ermittlung und Würdigung der entscheidungserheblichen Tatsachen obliegt grundsätzlich dem Tatrichter und ist der revisionsrichterlichen Überprüfung nur insoweit zugänglich, als sie mit einer zulässigen Verfahrensrüge angefochten wird (§ 137 Abs. 3 VwGO) oder materiell-rechtlich den Überzeugungsgrundsatz verletzt oder auf einer für die Entscheidung zu schmalen Tatsachengrundlage beruht. Keine dieser Voraussetzungen liegt hier vor.

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Soweit die Revision mit der Verfahrensrüge eine unzureichende Sachverhaltsaufklärung (§ 86 Abs. 1 VwGO) durch das Berufungsgericht rügt, genügt ihr Vorbringen schon nicht den formellen Anforderungen an die Darlegung dieses Verfahrensfehlers. Denn es fehlen Ausführungen, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen zur Klärung der Aufnahmebereitschaft in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Auch wird nicht dargelegt, dass bereits im Verfahren vor dem Berufungsgericht auf eine weitere Sachverhaltsaufklärung hingewirkt worden ist oder dass sich dem Berufungsgericht weitere Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (BVerwG, Beschluss vom 19. August 1997 - 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 m.w.N.).

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Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist in diesem Punkt aber auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere beruht sie nicht auf einer zu schmalen Tatsachengrundlage, weil das Berufungsgericht keine eigenen Ermittlungen angestellt hat. Denn es hat die Beteiligten vor seiner Entscheidung ausdrücklich auf den Ablauf der Überstellungsfrist und den damit verbundenen Zuständigkeitsübergang hingewiesen. Bei dieser Sachlage hätte das Bundesamt, dem aufgrund seiner Mitwirkung bei der Durchführung von Dublin-Überstellungen bekannt ist, wie die einzelnen Mitgliedstaaten auf den mit dem Ablauf der Überstellungsfrist verbundenen Zuständigkeitswechsel reagieren, im Rahmen seiner prozessualen Mitwirkungspflichten substantiiert auf etwaige Besonderheiten speziell bei der Durchführung von Überstellungen nach Ungarn hinweisen können und müssen. Nachdem dies nicht geschehen war, durfte das Berufungsgericht das Schweigen des Bundesamts hier auch ohne weitere Nachfrage dahin würdigen, dass dort keine weiterführenden Erkenntnisse vorliegen, aus denen sich Hinweise für eine fortbestehende (Wieder-)Aufnahmebereitschaft ergeben, und damit letztlich allein aus dem Verhalten des Bundesamts auf die fehlende (Wieder-)Aufnahmebereitschaft Ungarns schließen.

24

Angesichts der klaren unionsrechtlichen Vorgaben geht der Senat für den vorliegenden Fall, der sich dadurch auszeichnet, dass eine fortbestehende (Wieder-)Aufnahmebereitschaft nicht positiv feststeht, hinsichtlich des Individualschutzes von einem "acte clair" aus, sodass es keiner Aussetzung des Verfahrens bedarf bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union über die bereits anhängigen Vorabentscheidungsverfahren zur Frage, inwieweit den Zuständigkeitsbestimmungen der Dublin III-VO generell individualschützende Wirkung zukommt.

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2.4 Hat das Bundesamt den Asylantrag zu Unrecht nach § 27a AsylG als unzulässig abgelehnt und ist der Bescheid insoweit aufzuheben, liegen auch die Voraussetzungen für eine Abschiebungsanordnung nach § 34a AsylG nicht vor.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 RVG. Gründe für eine Abweichung gemäß § 30 Abs. 2 RVG liegen nicht vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.