Verwaltungsgericht München Beschluss, 13. Juni 2018 - M 23 E 18.1325

bei uns veröffentlicht am13.06.2018

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, der Antragstellerin Genehmigungsurkunden zum Verkehr mit Taxen mit den Ordnungsnummern … … … … … … … … … … … … … … … mit einer Laufzeit bis zum Abschluss des Widerspruchverfahrens, längstens jedoch bis zum 15. Dezember 2018 auszuhändigen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Die Antragstellerin und die Antragsgegnerin tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.

III. Der Streitwert wird auf 105.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin ist bei der Antragsgegnerin seit April 2000 mit einem „Betrieb eines Taxiunternehmens“ gewerberechtlich gemeldet. Die Genehmigung zum Verkehr mit Taxen wurde der Antragstellerin zuletzt mit Bescheid vom 18. Februar 2013 für den Zeitraum … März 2013 bis … Februar 2018 erteilt.

Das Konzessionsunternehmen umfasste 15 Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen mit den Ordnungsnummern … … … … … … … … … … … … … … … Am … November 2017 beantragte die Antragstellerin die neuerliche Erteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen. Hierbei legte sie eine Vielzahl an Unterlagen vor, u.a. übermittelte sie am … November 2017 eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK per Email an die Antragsgegnerin, die sie im Original am … Januar 2018 nachreichte. Im Rahmen der Antragstellung erklärte die Antragstellerin, dass sie weder vorbestraft sei noch ein Ermittlungsverfahren gegen sie laufe. Ein Strafbefehl sei ebenfalls nicht gegen sie verhängt worden (Bl. 94 d.A.).

Der von der Antragsgegnerin eingeholte Auszug aus dem „Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs. 5 BZRG“ vom … Oktober 2017 ergab für die Antragstellerin hingegen folgende Eintragungen:

– Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … März 2014, rechtskräftig seit … April 2014:

Geldstrafe 160 Tagessätze zu je 100,00 Euro;

Drei sachlich zusammentreffende Vergehen der Steuerhinterziehung in zwei Fällen, davon rechtlich zusammentreffend mit je zwei weiteren Vergehen der Steuerhinterziehung, sowie in einem weiteren Fall davon rechtlich zusammentreffend mit einem weiteren Vergehen der Steuerhinterziehung.

– Strafbefehl des Amtsgerichts … vom … Dezember 2016, rechtskräftig seit … Dezember 2016:

Geldstrafe 300 Tagessätze zu je 150,00 Euro;

Steuerhinterziehung in 4 tatmehrheitlichen Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit jeweils 2 weiteren Fällen der Steuerhinterziehung.

Mit Bescheid vom … Januar 2018 ordnete die Antragsgegnerin eine Betriebsprüfung an. Die Betriebsprüfung fand am selben Tag statt und ergab keine gravierenden Beanstandungen.

Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin mit Schreiben vom 14. Februar 2017, ihr am 17. Februar 2017 zugestellt, zur beabsichtigten Ablehnung des Antrags auf neuerliche Erteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen an.

Hierauf sprach die Antragstellerin am 19. Februar 2018 bei der Antragsgegnerin vor und teilte u.a. mit, dass eine Ablehnung des Antrags für sie der finanzielle Ruin wäre. Die Antragstellerin nahm mit Schreiben vom 20. Februar 2018 weiter Stellung und führte insbesondere aus, die rückständigen Zahlungen an das Finanzamt seien fristgerecht und vollständig überwiesen worden, ebenso die festgesetzte Geldstrafe. Auf Basis der Anschuldigungen der Steuerhinterziehung im ersten Verfahren und um vorzubeugen, habe sie unverzüglich gehandelt und die Fahrzeuge mit dem „Keyssystems“ von Taximaster ab März 2014 ausgerüstet. Weiter teilte die Antragstellerin mit, dass sie mit einer Verkürzung der Laufzeit auf drei und weniger Jahre einverstanden sei, damit sie den Betrieb übertragen könne. Wenn dies nicht möglich wäre, könne man einen Betriebsleiter bestellen und sie würde zurücktreten. Hierzu bot sie an, zwei näher bezeichnete Personen als Geschäftsführer zu bestellen. Auf Wunsch des Bevollmächtigten der Antragstellerin fand am 23. Februar 2018 um 9:30 Uhr bei der Antragsgegnerin ein Gesprächstermin statt.

Mit Bescheid vom 23. Februar 2018 verlängerte die Antragsgegnerin die Frist für die Bearbeitung des Antrags vom 23. November 2017 auf neuerliche Erteilung der Genehmigung zum Taxiverkehr bis zum 31. März 2018. Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, dass aufgrund der strafrechtlichen Verurteilungen der Antragstellerin eine umfangreiche rechtliche Beurteilung des Sachverhalts erforderlich sei. Dieser Bescheid, der sich in einem Kuvert mit der Aufschrift „Förmliche Zustellung“ befand und der im Adressfeld die Angabe „Einwurfeinschreiben“ enthält, wurde von einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin am 23. Februar 2018 um 12:50 Uhr in den Briefkasten des Bevollmächtigten der Antragstellerin eingelegt. Hierzu wurde ein „Zustellnachweis für Einschreiben nach Art. 4 Abs. 2 VwZVG“ von der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin ausgefüllt (Bl. 164 d.A.).

Mit Bescheid vom 23. Februar 2018, dem Bevollmächtigten der Antragstellerin am 2. März 2018 zugestellt, lehnte die Antragsgegnerin den Antrag vom 23. November 2017 auf neuerliche Erteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen ab. Die rechtskräftigen Strafbefehle wegen Steuerhinterziehung würden die persönliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin tangieren und ließen an einer ordnungsgemäßen Ausübung des Gewerbes zweifeln. Die Verurteilung resultiere aus der Führung des Taxiunternehmens. Zudem sei dabei zu bewerten, dass die Antragstellerin in ihrem Antrag von 23. November 2017 ihre Verurteilungen verschwiegen habe. Komme eine Bewerberin bereits im Antragsverfahren ihrer Mitwirkungspflichten in für sie nachteiligen Fällen nicht nach, sei davon auszugehen, dass sie auch im Betrieb ihre Pflichten nicht erfüllen werde.

Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Antragstellerin am 8. März 2018 Widerspruch ein, über den nach Aktenlage bislang nicht entschieden wurde.

Am 13. März 2018 beantragte die Antragstellerin durch ihren Bevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO aufzugeben, die Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen mit den Ordnungsnummern … … … … … … … … … … … … … … … … … zu Gunsten der Antragstellerin über den 28. Februar 2018 hinaus bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu verlängern bzw. neu zu erteilen und die entsprechenden Genehmigungsurkunden an die Antragstellerin herauszugeben.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Ablehnung sei ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Die Antragstellerin führe zumindest ab März 2014 (Einführung des so genannten Keyssystems zur genauen Erfassung der Umsätze) ihren Betrieb ordnungsgemäß unter Einhaltung sämtlicher relevanter Vorschriften. Eine von der Antragsgegnerin im Januar 2018 durchgeführte Betriebsführung sei ohne Beanstandung verlaufen. Die Antragstellerin sei zuverlässig. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt bestünden keinerlei Bedenken gegen die ordnungsgemäße Betriebsführung. Der Bescheid sei weiter ermessensfehlerhaft. Zudem habe die Antragsgegnerin nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des § 15 PBefG über den Antrag der Antragstellerin entschieden, so dass Genehmigungsfiktion eingetreten sei. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin habe das Verlängerungsschreiben vom 23. Februar 2018 erst am 26. Februar 2018 erhalten. Die Postleerungszeiten der Kanzlei lägen während der Woche zwischen 9:00 Uhr und 10:00 Uhr. Für den Eintritt der Genehmigungsfiktion komme es nach § 15 PBefG auf den tatsächlichen Zugang (Mitteilung) an. Im Übrigen bestünde auch kein sachlicher Grund für die Fristverlängerung. Die Antragstellerin habe ihren laufenden Betrieb zum … Februar 2018 eingestellt. Die weiterlaufenden Kosten wie z.B. Fahrerlöhne, Miete für die Geschäftsräume und Finanzierungskosten für die Fahrzeuge seien immens. Es sei deshalb erforderlich, durch Erlass der beantragten einstweiligen Anordnung die Antragstellerin in die Lage zu versetzen, ihren Betrieb bis zur Entscheidung in der Hauptsache fortführen zu können, um die Unkosten mit Einnahmen kompensieren zu können. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin legte hierzu eine eidesstattliche Versicherung der Antragstellerin vor, wonach sie 42 Taxifahrer beschäftige. Der Betriebssitz koste monatlich 3.300 Euro Miete und könne aufgrund einer Befristung erst zum Dezember 2019 gekündigt werden. Die Finanzierungskosten für die Fahrzeuge würden monatlich ca. 5.000 Euro betragen.

Mit Schriftsatz vom 13. April 2018 beantragte die Antragsgegnerin, den Antrag abzulehnen.

Die Antragsgegnerin führte insbesondere aus, dass aufgrund des erfolgten Verlängerungsbescheids vom … Februar 2018 die Genehmigungsfiktion nicht eingetreten sei. Dieser Bescheid sei durch eine Mitarbeiterin des Kreisverwaltungsreferats persönlich am … Februar 2018 in den Briefkasten des Bevollmächtigten eingeworfen worden, da der Bevollmächtigte nicht angetroffen worden sei (Art. 5 Abs. 2 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG).

Am 14. Mai 2018 fand ein Erörterungstermin vor dem Berichterstatter statt.

Den Parteien wurde Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme bis 4. Juni 2018 gegeben.

Die Antragsgegnerin führte mit Schreiben vom 25. Mai 2018 insbesondere aus, dass eine gütliche Einigung nicht in Betracht komme. Eine Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten, da erst am 19. Januar 2018 die Originalbescheinigung der … BKK bei der Antragsgegnerin eingegangen sei und somit die Fiktionsfrist erst am 20. Januar 2018 zu laufen begonnen habe.

Der Bevollmächtigte der Antragstellerin legte mit Schriftsatz vom 24. Mai 2018 eine eidesstattliche Versicherung seiner Mitarbeiterin vor, wonach diese am 26. Februar 2018 die Post aus dem Briefkasten geholt habe und eine Zustellung vom 23. Februar 2018, 12:50 Uhr vorgefunden habe. Sie habe den Umschlag geöffnet und gestempelt, allerdings vergessen, den Eingangsstempel vom 23. Februar 2018 auf den 26. Februar 2018 umzustellen, weswegen dann auf dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 23. Februar 2018 das gestempelte Datum handschriftlich auf den 26. Februar 2018 korrigiert worden sei.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Behördenakte Bezug genommen.

II.

Der Antrag hat zum Teil Erfolg.

1. Der Antrag nach § 123 VwGO ist zulässig und begründet, soweit die Antragstellerin die vorläufige Herausgabe der im Tenor näher bezeichneten Genehmigungsurkunden begehrt.

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Verwaltungsgericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO voraus, dass die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch (ein subjektiv öffentliches Recht auf das begehrte Verwaltungshandeln) und einen Anordnungsgrund (die besondere Eilbedürftigkeit) glaubhaft macht. Ist der Antrag auf eine - wenn auch zeitlich begrenzte - Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet, sind an die Glaubhaftmachung von Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch erhöhte Anforderungen zu stellen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung kommt dann nur in Betracht, wenn ein Obsiegen der Antragstellerin in der Hauptsache bei summarischer Prüfung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und der Antragstellerin ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung schwere und unzumutbare Nachteile entstünden, die auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.

Die Antragstellerin hat insofern sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund in ausreichendem Umfang glaubhaft gemacht; das Herausgabeverlangen ist im Antragsbegehren enthalten.

a) Die Antragstellerin dürfte in einem noch anzustrebenden Hauptsacheverfahren mit ihrem Begehren, von der Antragsgegnerin die näher bezeichneten Genehmigungsurkunden erneut zu erhalten, voraussichtlich erfolgreich sein. Ebenso dürfte der gegen die Versagung erhobene Widerspruch, über den nach Aktenlage noch nicht entscheiden wurde, voraussichtlich ebenfalls erfolgreich sein, da aufgrund der wohl eingetretenen Genehmigungsfiktion kein Raum mehr für die Versagung bestehen dürfte.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) wird eine Genehmigungsurkunde erteilt, sobald die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Im vorliegenden Fall dürfte – was in der Hauptsache abschließend zu klären sein wird – aller Voraussicht nach die Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG eingetreten sein, so dass der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden zusteht.

Nach § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG ist über den Genehmigungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem der Antragstellerin mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (Satz 3). Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens drei Monate betragen (Satz 4). Die Genehmigung gilt nach § 15 Abs. 1 S. 5 PBefG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Das dürfte hier der Fall gewesen sein. Denn der Antrag dürfte bereits am 23. November 2017 vollständig gewesen sein und dürfte somit die Frist des § 15 Abs. 1 S. 2 PBefG in Gang gesetzt haben. Im Rahmen des Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes geht das Gericht weiter davon aus, dass diese Frist während ihres Laufs von der Antragsgegnerin nicht rechtzeitig verlängert worden sein dürfte.

Die Dreimonatsfrist zur Entscheidung über den Antrag der Antragstellerin dürfte hier bereits – so wie auch von der Antragsgegnerin im Verlängerungsbescheid vom 23. Februar 2018 und in der Antragserwiderung vom 13. April 2018 angenommen – am 23. November 2017 zu laufen begonnen haben. Nur ein vollständiger Antrag löst die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG aus. § 12 PBefG bestimmt, welche Angaben der Antrag enthalten muss und welche Unterlagen ihm beizufügen sind (vgl. BayVGH, B.v. 7.12.2016 – 11 ZB 16.1703 – juris Rn. 21; BayVGH, B.v. 8.5.2008 - 11 CS 07.2935 - juris Rn. 16; NdsOVG, U.v. 22.1.2014 - 7 LB 70/10 - juris Rn. 39; zuletzt VGH BW, U.v. 27.10.2016 - 12 S 2257/14 - juris Rn. 27 m. w. N.). Die Vollständigkeit der Unterlagen bei Antragstellung am 23. November 2017 wird – mit Ausnahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK vom … November 2017 – von der Antragsgegnerin nicht in Zweifel gezogen. Nach den vorliegenden Unterlagen hat die Antragstellerin diese Bescheinigung der … BKK der Antragsgegnerin am 23. November 2017 per E-Mail übermittelt und am 19. Januar 2018 das Original nachgereicht. Der Antragsgegnerin lagen somit sämtliche von der Antragstellerin beizubringenden Antragsunterlagen am 23. November 2017 vor. Dass die Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK am 23. November 2017 nur per E-Mail und noch nicht im Original vorlag, dürfte wohl den Fristbeginn entsprechend der ratio legis des § 15 Abs. 1 Satz 4 PBefG im Sinne einer Verfahrensbeschleunigung nicht gehemmt haben. Die Übermittlung dieser Bescheinigung per Email wurde – entsprechend der Gepflogenheiten im modernen Geschäftsverkehr – von der Antragsgegnerin ursprünglich auch nicht beanstandet. Die Antragsgegnerin dürfte gleichwohl in der Lage gewesen sein, den Antrag und die Genehmigungsvoraussetzungen ab dem 23. November 2017 zu prüfen. Von einer Vollständigkeit der Antragsunterlagen am 23. November 2017 ging im Übrigen wohl auch die Antragsgegnerin aus, da andernfalls der Verlängerungsbescheid vom 23. Februar 2018 überflüssig gewesen wäre. Das im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens erstmalige Rekurrieren der Antragsgegnerin auf die verspätete Vorlage des Originals der Unbedenklichkeitsbescheinigung der … BKK ist ersichtlich von dem Bemühen getragen, einen späteren Fristbeginn zur Vermeidung des Eintritts der Genehmigungsfiktion zu rechtfertigen. Unerheblich im Rahmen des Fristbeginns dürfte dabei auch der Umstand sein, dass die Antragstellerin bei dem Verlängerungsantrag vom 23. November 2017 fälschlicherweise die Vorstrafen verschwiegen hat, denn der Antragsgegnerin waren diese Vorstrafen selbst bereits seit 16. Oktober 2017 bekannt, so dass die diesbezüglichen falschen Angaben der Antragstellerin nicht kausal für eine verzögerte Bearbeitung gewesen sein dürften.

Die am 23. November 2017 in Lauf gesetzte Entscheidungsfrist ist von der Antragsgegnerin wohl nicht rechtzeitig verlängert worden. Denn die Verlängerung ist nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG nur mittels eines Zwischenbescheids möglich, der vor Ablauf der Dreimonatsfrist der Antragstellerin mitzuteilen gewesen wäre. Aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG („mitzuteilenden Bescheids“) folgt, dass der Zwischenbescheid bekanntzugeben ist und insoweit eine rein behördeninterne Dokumentation nicht genügt. Vorliegend dürfte der Zwischenbescheid vom 23. Februar 2018 der Antragstellerin wohl nicht vor Ablauf der Dreimonatsfrist bekanntgegeben worden sein. Zwar ist eine Zustellung des Zwischenbescheids nicht durch Rechtsvorschrift vorgeschrieben. Die Antragsgegnerin dürfte hier aber nach Art. 1 Abs. 5 Alt. 2 VwZVG zumindest konkludent die Zustellung des Zwischenbescheids angeordnet haben, mit der Folge, dass sich die Bekanntgabe des Zwischenbescheids dann nach den Zustellungsvorschriften des VwZVG richtet. Für eine behördliche Anordnung der Zustellung des Zwischenbescheids spricht zum einen die Verwendung des Kuverts „Förmliche Zustellung“ (vgl. Anlage 4 der Antragsschrift) zum anderen aber auch das von der Antragsgegnerin ausgefüllte Formblatt „Zustellnachweis für Einschreiben“ (Bl. 164 d.A.). Die Antragsgegnerin hat wohl am 23. Februar 2018 – wenn auch fälschlich als Einwurfeinschreiben bezeichnet – versucht, als Behörde nach Art. 5 VwZVG zuzustellen. Zwar wäre hierbei nach Art. 5 Abs. 2 Satz 1 VwZVG i.V.m. § 178 Nr. 2 ZPO, § 180 ZPO eine Ersatzzustellung durch Einlage in den Briefkasten der Kanzlei zulässig. Allerdings ist nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 VwZVG zum Nachweis der Zustellung der Grund für die Ersatzzustellung in den Akten zu vermerken. Dies dürfte hier nach Aktenlage nicht erfolgt sein. Dem sich in den vorgelegten Behördenakten befindliche „Zustellnachweis“ lässt sich kein Grund für die Ersatzzustellung entnehmen, so dass der Zwischenbescheid am 23. Februar 2018 aufgrund dieses Verstoßes gegen zwingende Zustellungsvorschriften wohl nicht wirksam zugestellt worden war. Eine Heilung durch einen „tatsächlichen Zugang“ nach Art. 9 VwZVG dürfte hier wohl erst am 26. Februar 2018 erfolgt sein. Denn der „tatsächliche Zugang“ i.S. des Art. 9 VwZVG liegt bei einem Verstoß gegen zwingende Zustellungsvorschriften wohl erst in dem Zeitpunkt vor, in dem der Empfänger das Dokument tatsächlich in die Hand bekommen hat (so BFH zur weitgehend inhaltsgleichen Vorschrift des § 189 ZPO, U.v. 28.7.2015 – VIII R 2/09 – juris; GrS BFH, B.v. 6.5.2014 – GrS 2/13 – juris), so dass hier der Verlängerungsbescheid – ausgehend von den Angaben in der eidesstaatlichen Versicherung der Mitarbeiterin des Bevollmächtigten der Antragstellerin – erst am 26. Februar 2018 tatsächlich im Sinne des Art. 9 VwZVG zugegangen sein dürfte.

Zu diesem Zeitpunkt war die Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 S. PBefG bereits abgelaufen, so dass nach Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG die beantragte Genehmigung mit Ablauf des 23. Februars 2018 als erteilt gelten dürfte.

b) Die Antragstellerin hat zur Überzeugung des Gerichts auch einen Anordnungsgrund ausreichend glaubhaft gemacht. Aus ihren Ausführungen in der eidesstattlichen Versicherung vom … März 2018 ergibt sich hinreichend detailliert und für das Gericht nachvollziehbar, dass die Antragstellerin weiterhin hohe monatliche Betriebskosten (ca. 8300 Euro monatlich für Betriebssitz und Finanzierungskosten der Fahrzeuge) hat, die ohne ausreichende Einnahmen zu ihrem finanziellen Ruin führen können, so dass eine Dringlichkeit für die begehrte Anordnung besteht.

c) Eine Interessensabwägung im Übrigen steht der einstweiligen Anordnung nicht entgegen. Eine generelle Unzuverlässigkeit der Antragstellerin trotz fehlender bzw. unzutreffender Angaben bei der Antragstellung liegt nicht offensichtlich auf der Hand. Die Straftaten beruhen auf längere Zeit zurückliegenden Sachverhalten. Die Antragstellerin hat in der Folge ihre Fahrzeuge technisch mit einem System ausstatten lassen, um Manipulationen der Fahrer zumindest deutlich zu reduzieren. Eine aktuell von der Antragsgegnerin im Januar 2018 vorgenommene Betriebsprüfung hat keine gravierenden Beanstandungen ergeben.

d) Da somit voraussichtlich die Genehmigungsfiktion eingetreten sein dürfte, hat die Antragstellerin nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG, Art. 42a Abs. 3 BayVwVfG einen Anspruch auf Herausgabe der Genehmigungsurkunden im tenorierten Umfang. Um die Hauptsache nicht vollumfänglich vorwegzunehmen, gleichwohl aber dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes Genüge zu tun, erfolgte die Tenorierung zeitlich beschränkt bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens, längstens für ein halbes Jahr bis zum 15. Dezember 2018.

2. Soweit der Antragstellerin die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Verlängerung bzw. Neuerteilung der Genehmigungen zum Verkehr mit Taxen begehrt, ist der Antrag nach § 123 VwGO unzulässig. Aufgrund der nach Einschätzung des Gerichts ohnehin eingetretenen Genehmigungsfiktion besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für dieses weitergehende Begehren. Der Bevollmächtigte der Antragstellerin hat trotz Erörterung des Gerichts unverändert an der Antragstellung festgehalten. Der Antrag war daher insoweit abzulehnen.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (vgl. dort Nr. 1.5 und Nr. 47.4).

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die Entscheidung über den Antrag erfolgt schriftlich; sie ist den Antragstellern und, soweit diese Einwendungen erhoben haben, auch den in § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Personen und Stellen zuzustellen. Über den Antrag ist innerhalb von 3 Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können. Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens 3 Monate betragen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Die Frist für eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr beginnt frühestens mit dem ersten Kalendertag nach dem Ablauf der Antragsfrist in § 12 Absatz 5 oder 6.

(2) Ist die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden, wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt. Einer juristischen Person darf die Genehmigungsurkunde erst ausgehändigt werden, wenn die Eintragung in das Register nachgewiesen ist.

(3) Die Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, sofern sich diese Nebenbestimmungen im Rahmen des Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen halten. Wurden dem Genehmigungsantrag weitere Bestandteile im Sinne des § 12 Absatz 1a hinzugefügt, so ist deren Einhaltung durch eine Auflage zur Genehmigung abzusichern, in deren Kontrolle die zuständige Behörde auf ihren Wunsch eingebunden werden kann.

(4) Die Genehmigung darf nicht vorläufig oder mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden.

(5) Die Genehmigungsbehörde hat die zuständige Berufsgenossenschaft von der Erteilung der Genehmigung zu unterrichten.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Die Entscheidung über den Antrag erfolgt schriftlich; sie ist den Antragstellern und, soweit diese Einwendungen erhoben haben, auch den in § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Personen und Stellen zuzustellen. Über den Antrag ist innerhalb von 3 Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können. Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens 3 Monate betragen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Die Frist für eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr beginnt frühestens mit dem ersten Kalendertag nach dem Ablauf der Antragsfrist in § 12 Absatz 5 oder 6.

(2) Ist die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden, wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt. Einer juristischen Person darf die Genehmigungsurkunde erst ausgehändigt werden, wenn die Eintragung in das Register nachgewiesen ist.

(3) Die Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, sofern sich diese Nebenbestimmungen im Rahmen des Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen halten. Wurden dem Genehmigungsantrag weitere Bestandteile im Sinne des § 12 Absatz 1a hinzugefügt, so ist deren Einhaltung durch eine Auflage zur Genehmigung abzusichern, in deren Kontrolle die zuständige Behörde auf ihren Wunsch eingebunden werden kann.

(4) Die Genehmigung darf nicht vorläufig oder mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden.

(5) Die Genehmigungsbehörde hat die zuständige Berufsgenossenschaft von der Erteilung der Genehmigung zu unterrichten.

(1) Der Antrag auf Erteilung der Genehmigung soll enthalten

1.
in allen Fällen
a)
Namen sowie Wohn- und Betriebssitz des Antragstellers, bei natürlichen Personen außerdem Geburtstag und Geburtsort,
b)
Angaben darüber, ob der Antragsteller bereits eine Genehmigung für eine Verkehrsart besitzt oder besessen hat,
c)
eine Darstellung der Maßnahmen zur Erreichung des Ziels der vollständigen Barrierefreiheit des beantragten Verkehrs entsprechend den Aussagen im Nahverkehrsplan (§ 8 Absatz 3 Satz 3),
d)
Beginn und Ende der beantragten Geltungsdauer,
e)
gegebenenfalls den Nachweis über einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag im Sinne von Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007;
2.
bei einem Straßenbahn- oder Obusverkehr
a)
eine Übersichtskarte, in der die beantragte Strecke mit Haltestellen und alle in dem Verkehrsgebiet bereits vorhandenen Schienenbahnen, Obuslinien, Kraftfahrzeuglinien und Schiffahrtslinien, letztere soweit sie dem Berufsverkehr dienen, eingezeichnet sind,
b)
Beförderungsentgelte und Fahrplan,
c)
auf Verlangen der Genehmigungsbehörde einen Bauplan mit Kostenanschlag sowie Beschreibung der Anlage, Angaben über die höchste und tiefste Lage des Fahrdrahts, Längs- und Querschnitte sowie Pläne für notwendige Änderungen an öffentlichen Straßen, Beschreibung der Fahrzeuge einschließlich der Schaltpläne und der Betriebsweise;
3.
bei einem Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen
a)
eine Übersichtskarte in der unter Nummer 2 Buchstabe a beschriebenen Form,
b)
die Länge der Linie, bei Unterwegsbedienung auch der Teilstrecken, in Kilometern,
c)
Angaben über die Zahl, die Art und das Fassungsvermögen (Sitz- und Stehplätze) der zu verwendenden Fahrzeuge,
d)
Beförderungsentgelte und Fahrplan;
3a.
bei einem Linienbedarfsverkehr mit Kraftfahrzeugen abweichend von Nummer 3
a)
eine Übersichtskarte, in der das beantragte Gebiet und alle in dem Gebiet bereits vorhandenen Verkehre entsprechend den Vorgaben in Nummer 2 Buchstabe a eingezeichnet sind,
b)
Angaben über die Anzahl, die Art und das Fassungsvermögen der zu verwendenden Fahrzeuge und
c)
Beförderungsentgelte und Bedienzeiten;
4.
bei einem Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen
a)
Verkehrsform des Gelegenheitsverkehrs (§ 46),
b)
Angaben über die Zahl, die Art und das Fassungsvermögen (Sitzplätze) der zu verwendenden Fahrzeuge,
c)
und ergänzend bei einem gebündelten Bedarfsverkehr eine Übersichtskarte, in der das Gebiet, in dem der Verkehr durchgeführt werden soll, eingezeichnet ist.
Bei einem Personenfernverkehr (§ 42a Satz 1) genügt abweichend von Satz 1 Nummer 3 Buchstabe a eine Übersichtskarte, in der die beantragte Strecke mit Haltestellen eingezeichnet ist und abweichend von Satz 1 Nummer 3 Buchstabe d der Fahrplan. Der Antrag auf Erteilung der Genehmigung sowie die dafür notwendigen Dokumente können in elektronischer Form eingereicht werden.

(1a) Um bestimmte Standards des beantragten Verkehrs verbindlich zuzusichern, kann der Antragsteller dem Genehmigungsantrag weitere Bestandteile hinzufügen, die als verbindliche Zusicherungen zu bezeichnen sind.

(2) Dem Antrag sind Unterlagen beizufügen, die ein Urteil über die Zuverlässigkeit des Antragstellers und die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des Betriebs ermöglichen.

(3) Die Genehmigungsbehörde kann weitere Angaben und Unterlagen, insbesondere Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, verlangen. Sie hat bei einem Antrag auf Erteilung der Genehmigung von Linien- oder Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen das Kraftfahrt-Bundesamt um Auskunft über den Antragsteller zu ersuchen. Bei einem Personenfernverkehr kann sie geeignete Unterlagen verlangen, aus denen sich ergibt, dass die zuständigen Stellen vor Ort den beantragten Haltestellen zugestimmt haben.

(4) Das Genehmigungsverfahren soll im Falle des § 3 Abs. 3 erst dann eingeleitet werden, wenn auch der Antrag auf Erteilung der Genehmigung für den Betrieb vorliegt. Die Verfahren sind nach Möglichkeit miteinander zu verbinden.

(5) Der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr ist spätestens zwölf Monate vor dem Beginn des beantragten Geltungszeitraums zu stellen. Die Genehmigungsbehörde kann verspätete Anträge zulassen, wenn kein genehmigungsfähiger Antrag gestellt worden ist. Die Genehmigungsbehörde kann andere Termine setzen. Sie muss hierauf in der Bekanntmachung nach § 18 hinweisen. Danach sind Ergänzungen und Änderungen von Anträgen nur dann zulässig, wenn sie von der Genehmigungsbehörde im öffentlichen Verkehrsinteresse angeregt worden sind.

(6) Beabsichtigt die zuständige Behörde die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Absatz 2 bis 4 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 oder nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, ist der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr spätestens drei Monate nach der Vorabbekanntmachung zu stellen. Die Genehmigungsbehörde kann im Einvernehmen mit dem Aufgabenträger verspätete Anträge zulassen. Das Einvernehmen des Aufgabenträgers nach Satz 2 gilt als erteilt, wenn der von dem Aufgabenträger beauftragte Verkehr den im Rahmen der Vorabbekanntmachung gesetzten Anforderungen nach § 8a Absatz 2 Satz 3 bis 5 nicht entspricht.

(7) Der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr im Sinne von § 8a Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 soll spätestens sechs Monate vor dem Beginn der beantragten Geltungsdauer gestellt werden. Die Genehmigungsbehörde kann auf Antrag die Frist verkürzen.

(8) Die Absätze 5 und 6 gelten nicht für den Personenfernverkehr (§ 42a Satz 1).

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

III.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 27.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.Gegenstand des Rechtsstreits ist die Frage, ob die Klägerin Anspruch auf eine vorläufige, einstweilige oder rückwirkende personenbeförderungsrechtliche Genehmigung oder einen Vorbescheid für die Zeit ab der Antragstellung bis zur Erteilung der endgültigen Genehmigung hat.

Die Klägerin betreibt ein Taxi- und Mietwagenunternehmen und war Inhaberin von Genehmigungen nach § 47 und § 49 des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG), die zuletzt bis zum 27. September 2013 befristet waren. Unter dem Eingangsdatum 10. Oktober 2013 beantragte sie beim Landratsamt Erlangen-Höchstadt (im Folgenden: Landratsamt) unter Vorlage diverser Unterlagen Genehmigungen für den Weiterbetrieb ihres Taxen- und Mietwagenverkehrs für fünf Jahre. Mit Schreiben vom 11. und 21. Oktober 2013 reichte sie weitere Unterlagen nach.

Am 23. Dezember 2013 erteilte das Landratsamt der Klägerin die beantragten Genehmigungen nach § 47 PBefG für zwei Betriebssitze mit insgesamt drei Taxen und eine Genehmigung nach § 49 PBefG für den Verkehr mit einem Mietwagen. Die Genehmigungen sind jeweils bis zum 22. Dezember 2018 befristet.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26. Mai 2014 ließ die Klägerin Widerspruch gegen die erteilten Genehmigungen einreichen und zur Begründung ausführen, sie benötige für den Zeitraum vom 28. September bis 23. Dezember 2013 einen Zwischenbescheid oder eine Vorverlegung des Geltungsbeginns der Genehmigungen. Andernfalls müsse sie einer Wettbewerbszentrale eine Vertragsstrafe bezahlen.

Nach Zurückweisung des Widerspruchs mit Widerspruchsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 12. September 2014 ließ die Klägerin Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach einreichen mit dem Antrag, ihr für den Zeitraum vom 28. September bis 23. Dezember 2013 Vorbescheide, hilfsweise rückwirkende Genehmigungen zu erteilen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Landratsamt die Bescheide trotz Vorliegens der notwendigen Unterlagen erst zum 23. Dezember 2013 erlassen habe, zumal es sich um Folgeanträge gehandelt habe.

Mit Urteil vom 30. Juni 2016 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die begehrten Genehmigungen dürften nicht vorläufig erteilt werden. Auch ein Zwischenbescheid komme nicht in Frage. Dieser sei lediglich für den Fall vorgesehen, dass die Behörde nicht innerhalb von drei Monaten über den Antrag entscheide. Diese Frist habe das Landratsamt jedoch nicht ausgeschöpft. Rückwirkende Genehmigungen kämen ebenfalls nicht in Betracht. Es wäre der Klägerin zuzumuten gewesen, rechtzeitig vor Ablauf der Gültigkeit ihrer Genehmigungen deren Verlängerung zu beantragen. Vorherige telefonische Kontakte und unvollständige Anträge hätten die Entscheidungsfrist für die Genehmigungsbehörde nicht in Lauf gesetzt. Das Landratsamt habe das Verfahren auch nicht rechtsmissbräuchlich zulasten der Klägerin verschleppt, sondern sei seiner Amtsermittlungspflicht hinsichtlich der Genehmigungsvoraussetzungen nachgekommen.

Zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, macht die Klägerin ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus der Antragsbegründung ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen oder Mietwagen kann weder eine vorläufige, einstweilige oder rückwirkende Genehmigung noch ein Vorbescheid erteilt werden.

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit liegen vor, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 Rn. 16). Das ist vorliegend nicht der Fall.

a) Zur Begründung ihres Zulassungsantrags trägt die Klägerin insoweit vor, sie betreibe das Unternehmen seit Mai 1995 und genieße deshalb Bestandsschutz. Das Verwaltungsgericht habe den begehrten Erlass eines Vorbescheids oder die Rückdatierung der Urkunden zu Unrecht abgelehnt. Nach § 15 Abs. 3 PBefG könne die Genehmigung unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden. Außerdem dienten die durch die Novelle vom 27. Dezember 1993 angefügten Regelungen in § 15 Abs. 1 Sätze 2 bis 5 PBefG, wonach über den Antrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang zu entscheiden sei und die Genehmigung als erteilt gelte, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist versagt werde, der Beschleunigung des Verfahrens und dem Schutz des Antragstellers. Aus der Dreimonatsfrist könne die Behörde keine Berechtigung herleiten, diese Frist vollständig auszuschöpfen. Dem Landratsamt hätten die Unterlagen bereits am 10. Oktober 2013 vollständig vorgelegen. Es hätte daher zu diesem Zeitpunkt die Genehmigungen nahtlos erteilen bzw. verlängern können, habe jedoch die Entscheidung ohne ersichtlichen Grund rechtsmissbräuchlich in Kenntnis der drohenden Vertragsstrafe für die Klägerin verzögert. Hierdurch seien der Klägerin erhebliche Nachteile entstanden.

b) Aus diesem Vorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Landratsamt und das Verwaltungsgericht haben das Begehren der Klägerin, für die Zeit ab Eingang des Antrags vorläufige oder rückwirkende Genehmigungen zu erteilen, zu Recht abgelehnt.

aa) Wer - wie die Klägerin - mit Taxen und Mietwagen im Gelegenheitsverkehr entgeltlich oder geschäftsmäßig Personen befördert, benötigt hierfür eine Genehmigung, die für den Betrieb mit bestimmten Kraftfahrzeugen unter Angabe ihrer amtlichen Kennzeichen erteilt wird (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, § 9 Abs. 1 Nr. 5, § 46, § 47, § 49 Abs. 4 PBefG). Ihre Geltungsdauer ist auf höchstens fünf Jahre beschränkt (§ 16 Abs. 4 PBefG).

bb) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung vorläufiger oder rückwirkender Genehmigungen für die Zeit ab der Antragstellung.

Eine vorläufige, einstweilige oder rückwirkende Genehmigung oder einen Vorbescheid sieht das Personenbeförderungsgesetz für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen oder Mietwagen nicht vor. § 15 Abs. 4 PBefG schließt eine vorläufige Genehmigung ausdrücklich aus. Nach § 20 PBefG, der insoweit abschließend ist, kann die Genehmigungsbehörde eine einstweilige Erlaubnis nur für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen erteilen, wenn dessen sofortige Einrichtung, Erweiterung oder wesentliche Änderung im öffentlichen Verkehrsinteresse liegt. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss, dass für den Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen eine einstweilige Genehmigung nicht möglich ist. Eine rückwirkende Genehmigung ließe sich weder mit der Betriebs- und Beförderungspflicht des Unternehmers während der Geltungsdauer der Genehmigung (§§ 21, 22 PBefG) noch mit der bußgeldbewehrten Pflicht, im Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen die Genehmigungsurkunde, eine gekürzte amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie der Gemeinschaftslizenz mitzuführen (§§ 17 Abs. 4 Satz 1, § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b PBefG), vereinbaren.

Die Klägerin kann ihr Begehren auch nicht auf § 15 Abs. 3 Satz 1 PBefG stützen, wonach die Genehmigung unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden kann, sofern sich diese Nebenbestimmungen im Rahmen des Gesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen halten. Unter einer Bedingung ist eine Bestimmung zu verstehen, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG). Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG). In beiden Fällen handelt es sich jedoch nicht um eine vorläufige oder rückwirkende, sondern um eine endgültige Genehmigung nach vollständigem Abschluss des Prüfungsverfahrens.

Ob und unter welchen Voraussetzungen es zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes in Betracht kommen kann, die Genehmigungsbehörde in Fällen der Verlängerung bestehender Genehmigungen im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO zur Erteilung einer endgültigen, allerdings im Vergleich zur im Verwaltungsverfahren beantragten Dauer deutlich kürzer befristeten personenbeförderungsrechtlichen Genehmigung zum Gelegenheitsverkehr mit einem Taxenbetrieb zu verpflichten, wenn der Antragsteller die Genehmigungsvoraussetzungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit erfüllt (OVG Hamburg, B.v. 3.11.2011 - 3 Bs 182/11 - VRS 122, 244 Rn. 6; B.v. 16.5.2012 - 3 Bs 5/12 - VRS 123, 111 Rn. 14), kann hier dahinstehen. Eine solche einstweilige Anordnung hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht nicht beantragt.

cc) Die Klägerin kann auch aus der Dauer des Genehmigungsverfahrens keinen Anspruch auf Rückdatierung oder Vorverlegung des Geltungsbeginns der Genehmigungen herleiten.

§ 15 PBefG regelt den Ablauf des Genehmigungsverfahrens. Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG muss die Genehmigungsbehörde über den Antrag grundsätzlich innerhalb von drei Monaten nach dessen Eingang entscheiden. Kann sie die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abschließen, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum (höchstens 3 Monate) zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (§ 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 PBefG). Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb dieser Frist versagt wird (§ 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG).

Zwar weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass diese Regelungen der Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens dienen (BT-Drs. 12/6269, S. 145). Eine Genehmigungsfiktion tritt jedoch erst nach Ablauf von drei Monaten bzw., wenn dieser Zeitraum bei nicht möglichem Abschluss der Prüfung in dieser Zeit durch Zwischenbescheid rechtzeitig verlängert wurde, nach Ablauf der verlängerten Entscheidungsfrist ein. Erst ab diesem Zeitpunkt gilt die beantragte Genehmigung als erteilt (Art. 42a Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Auch ein Zwischenbescheid nach § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG würde keine Übergangsgenehmigung beinhalten, sondern sich - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - auf die Verlängerung der Entscheidungsfrist beschränken.

§ 12 PBefG bestimmt, welche Angaben der Antrag enthalten muss und welche Unterlagen ihm beizufügen sind. Nur ein vollständiger Antrag löst die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG aus (st. Rspr., vgl. nur BayVGH, B.v. 28.5.2008 - 11 CS 07.2935 - juris Rn. 16; NdsOVG, U.v. 22.1.2014 - 7 LB 70/10 - juris Rn. 39; zuletzt VGH BW, U.v. 27.10.2016 - 12 S 2257/14 - juris Rn. 27 m. w. N.). Vorliegend wurde daher die Dreimonatsfrist weder durch eine telefonische Anfrage der Klägerin noch durch deren Antrag vom 9. September 2013 für ein einzelnes Fahrzeug ausgelöst. Ob die Entscheidungsfrist mit Eingang des Antrags vom 10. Oktober 2013 oder erst durch die mit Schreiben vom 21. Oktober 2013 nachgereichte Auskunft aus dem Gewerbezentralregister in Lauf gesetzt wurde, kann dahinstehen. Selbst unter Zugrundelegung des Antragseingangs am 10. Oktober 2013 hat das Landratsamt, das die Klägerin im Übrigen noch vor dem 27. September 2013 telefonisch auf die Geltungsdauer der bis zu diesem Zeitpunkt befristeten Genehmigungen und die für die Wiedererteilung notwendigen Unterlagen hingewiesen hat (vgl. Bl. 28 der Behördenakten), das Verfahren nach Durchführung weiterer Ermittlungen innerhalb der Dreimonatsfrist abgeschlossen. Abgesehen davon, dass auch eine Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG nicht vor dem Fiktionseintritt und damit nicht rückwirkend wirksam würde (vgl. VGH BW, U.v. 27.10.2016 a. a. O. Rn. 39), hat das Landratsamt vorliegend noch vor Eintritt der Genehmigungsfiktion über den Antrag entschieden.

Das Landratsamt hat die Entscheidung auch nicht missbräuchlich verzögert. § 14 Abs. 2 PBefG sieht für die Prüfung der Voraussetzungen für die Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Gelegenheitsverkehr grundsätzlich ein Anhörungsverfahren vor, in dem die Gemeinde, in deren Gebiet der Betriebssitz des Unternehmens liegt, die für die Gewerbeaufsicht zuständige Behörde, die Industrie- und Handelskammer, die Fachgewerkschaften und Verkehrsverbände gutachtlich zu hören sind und ggf. auch weitere Stellen gehört werden können. Auch wenn die Äußerungsfrist der angehörten Stellen begrenzt ist (§ 14 Abs. 4 PBefG), ergibt sich daraus, dass der Antragsteller nicht von einer Erteilung der Genehmigung umgehend nach Eingang des Antrags ausgehen kann, sondern mit einer gewissen Dauer des Genehmigungsverfahrens rechnen muss. Es obliegt daher dem Unternehmer auch im Falle eines Folgeantrags im eigenen Interesse, möglichst frühzeitig einen vollständigen und prüffähigen Antrag mit den erforderlichen Unterlagen bei der Genehmigungsbehörde einzureichen, damit diese noch vor Ablauf der Geltungsdauer der bisherigen Genehmigung unter Berücksichtigung der notwendigen Bearbeitungszeit über den Antrag entscheiden kann.

2. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage immer dann, wenn es maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (BVerfG, B.v. 9.6.2016 - 1 BvR 2453/12 - NVwZ 2016, 1243 Rn. 20). Dass personenbeförderungsrechtliche Genehmigungen nicht vorläufig erteilt werden können und für den Gelegenheitsverkehr auch keine einstweilige Erlaubnis vorgesehen ist, ergibt sich hinreichend deutlich aus dem Gesetz (§ 15 Abs. 4, § 20 Abs. 1 Satz 1 PBefG), ohne dass es zur Klärung dieser Frage der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedürfte.

3. Als unterlegene Rechtsmittelführerin hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).

4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 und § 52 Abs. 1 GKG. Der Senat folgt dabei den Erwägungen des Verwaltungsgerichts und nimmt insoweit auf dessen Begründung Bezug.

5. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Mai 2014 - 1 K 1747/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

 
Die Beteiligten streiten um Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz (PBefG).
Der Kläger, der seit dem 03.12.2009 im Besitz von Mietwagengenehmigungen der Beklagten ist und am Betriebssitz in Ludwigshafen seit 2012 Gelegenheitsverkehr mit Taxen betreibt, beantragte am 31.05.2010 bei der Beklagten unter Verwendung zehn behördlicher Vordrucke Genehmigungen zum Gelegenheitsverkehr mit Taxen. Zum beabsichtigten Beginn der Geltungsdauer der im Wege der Ersterteilung beantragten Genehmigungen vermerkte der Kläger in den amtlichen Formularen „sofort“.
Der Kläger fügte seinem Antrag - entsprechend der von der Beklagten bereits (vorausgefüllten) Ankreuzfelder - folgende Unterlagen bei: Fahrzeugliste, Bescheinigung der IHK Rhein-Neckar über die fachliche Eignung für den innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verkehr mit Taxen und Mietwagen vom 09.04.2009, Bescheinigung in Steuersachen des Finanzamts Mannheim-Neckarstadt vom 06.04.2010, testierte Vermögensübersicht nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 der Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr (PBZugV) vom 09.11.2009, Unbedenklichkeitsbescheinigung der Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft vom 01.04.2010 sowie eine Bescheinigung der AOK vom 06.04.2010. Ferner versah der Kläger die Fahrzeugliste mit dem Zusatz, dass die bei Mercedes Benz bereit stehenden Pkw bei Konzessionserteilung abgerufen würden. Nähere Angaben zu den amtlichen Kennzeichen der Fahrzeuge waren in dem Antrag nicht enthalten. Das vom 15.06.2010 datierende und mit dem Eingangsstempel 18.06.2010 versehene Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs. 5 BZRG des Bundesamts für Justiz enthielt - ebenso wie das beim Amtsgericht Mannheim geführte Schuldnerverzeichnis - keine Eintragungen. Eine interne Befragung des Amts 20.3 der Beklagten vom 14.06.2010 zur finanziellen Leistungsfähigkeit wurde am 23.06.2010 mit dem Vermerk „keine Rückstände“ versehen und an die für die Erteilung der Taxigenehmigung zuständige Sachbearbeiterin zurück übersandt.
Mit Schreiben vom 03.08.2010 hörte die Beklagte den Kläger zu ihrer Absicht, den Genehmigungsantrag wegen der Beeinträchtigung öffentlicher Verkehrsinteressen abzulehnen, an und gab ihm Gelegenheit, bis zum 23.08.2010 Stellung zu nehmen. Mit Schreiben vom 01.09.2010 - bei der Beklagten eingegangen am 06.09.2010 - richtete der Kläger diverse Fragen bezüglich der Vergabepraxis auf Grundlage der Wartelisten an die Beklagte, die diese mit Schreiben vom 16.09.2010 beantwortete. In dem Schreiben wurde die Frist zur Stellungnahme, ob eine förmliche Entscheidung gewünscht werde, bis zum 24.09.2010 verlängert. Der Kläger reagierte auf dieses Schreiben nicht.
Mit Bescheid vom 06.10.2010 lehnte die Beklagte den Genehmigungsantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass in der Person des Klägers zwar kein subjektiver Versagungsgrund vorliege, jedoch die objektive Genehmigungsvoraussetzung des § 13 Abs. 4 PBefG derzeit nicht erfüllt sei. Die Erteilung weiterer Genehmigungen stelle - was im Einzelnen ausgeführt wurde - die Funktionsfähigkeit des Mannheimer Taxengewerbes infrage.
Den hiergegen vom Kläger eingelegten Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2012, dem Kläger zugestellt am 28.06.2012, zurück. Im Stadtgebiet der Beklagten kämen bei derzeit 309 laufenden Konzessionen auf ein Taxi 1010 Einwohner. Damit zähle die Beklagte zu den drei baden-württembergischen Städten mit der höchsten Taxendichte. Die Zahl der Beförderungsaufträge stagniere in den letzten Jahren. Im Jahr 2015 sei zudem infolge des US-amerikanischen Truppenabzugs mit einem nicht unerheblichen Rückgang der Nachfrage zu rechnen. Auch die noch nicht abschätzbaren Auswirkungen des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs auf die Nachfragesituation seien eher negativer Natur. Zwar sei der Umsatz von Taxiunternehmen in den Jahren 2006 bis 2009 leicht gestiegen. Infolge höherer Kosten sei jedoch der Gewinn rückläufig, wobei sich dieser Trend in den Jahren 2010 und 2011 fortzusetzen scheine. Der allein fahrende Taxiunternehmer bewege sich finanziell an der Grenze zu den Hartz IV-Sätzen. Zudem stünde die Warteliste der Beklagten einer Genehmigung entgegen. Zuletzt sei im Jahr 2002 ein Bewerber auf die Warteliste gesetzt worden. Diese führe derzeit 23 Bewerber mit 55 Lizenzwünschen. Davon seien 43 Lizenzwünsche vor dem Antrag des Klägers zu berücksichtigen. Damit würde sich das Taxenaufkommen auf einen Schlag um 17 % erhöhen.
Der Kläger hat am 27.07.2012 bei dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und neben der Aufhebung der ablehnenden Bescheide beantragt, die Beklagte zur Aushändigung von zehn Genehmigungsurkunden zu verurteilen, hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, die mit Antrag vom 31.05.2010 begehrten zehn Taxigenehmigungen zu erteilen. Zur Begründung hat der Kläger ausgeführt: Die beantragten Genehmigungen würden inzwischen nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt gelten. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, über den Genehmigungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang zu entscheiden. Der Kläger habe zehn ordnungsgemäße Anträge auf Erteilung der Genehmigungen gestellt. Diese seien mit den für einen Fiktionseintritt notwendigen Antragsdaten versehen gewesen. Die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes geböten keine detaillierten Angaben zu den zu verwendenden Fahrzeugen. Namentlich erfordere der Fiktionseintritt nicht die Angabe der amtlichen Kennzeichen der Taxen. Diese seien erst bei Erteilung der Genehmigungsurkunde zu benennen. Es sei einem Antragsteller unzumutbar, bereits bei Antragstellung Fahrzeuge anzuschaffen und zuzulassen, wenn der Verlauf des Verfahrens in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht nicht abschätzbar sei. Auch spreche die Tatsache, dass § 12 Abs. 1 PBefG als Soll-Vorschrift ausgestaltet sei, dafür, dass ein vollständiger Genehmigungsantrag nicht die Benennung von Fahrzeugart und Kennzeichen erfordere. Die Beklagte habe innerhalb der Fiktionsfrist keinerlei Zweifel an der Vollständigkeit des Antrags geäußert. Schließlich scheitere der Fiktionseintritt auch nicht an dem bei Antragstellung fehlenden polizeilichen Führungszeugnis, denn es sei nicht ersichtlich, dass die Beklagte ein solches als für ihre Entscheidung unerlässlich eingestuft habe. Im Übrigen sei der Kläger schon von Gesetzes wegen an der Vorlage eines Führungszeugnisses gehindert, da § 30 Abs. 5 BZRG nur einen unmittelbaren Versand an Behörden gestatte, weshalb eine Vorlage durch den Antragsteller nicht Voraussetzung eines vollständigen Antrags sein könne. Die Beklagte habe den Eingang des Antrags mit Schreiben vom 14.06.2010 bestätigt. Die ablehnende Sachentscheidung vom 06.10.2010 sei damit zu einem Zeitpunkt ergangen, zu dem die Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG bereits eingetreten gewesen sei. In dem vorausgegangenen Schriftwechsel sei die ablehnende Sachentscheidung lediglich angekündigt, jedoch nicht getroffen worden. Den Bearbeitungszeitraum hätte die Beklagte durch Erlass eines Zwischenbescheids verlängern können und müssen. Eine entsprechende Verfügung sei nicht ergangen. Im Übrigen sei - was näher ausgeführt wird - der von der Beklagten angeführte Ablehnungsgrund auch in der Sache nicht gegeben.
Die Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat ausgeführt, die Genehmigungsfiktion sei nicht eingetreten. Nach § 12 Abs. 3 PBefG könne die Behörde weitere Angaben und Unterlagen, insbesondere die Vorlage eines polizeilichen Führungszeugnisses, verlangen. Hiervon habe sie Gebrauch gemacht und ein Führungszeugnis angefordert, das unter dem 23.08.2010 ausgestellt worden sei. Das Führungszeugnis vom 15.06.2010 sei nicht maßgeblich, da dieses in einem anderen Zusammenhang erstellt und an einen anderen Fachbereich adressiert worden sei. Deshalb seien die Antragsunterlagen frühestens am 23.08.2010 vollständig gewesen, so dass die ablehnende Entscheidung vom 06.10.2010 vor Ablauf der Dreimonatsfrist ergangen sei. Die Ungewissheit über den Eingang des Zeugnisses habe der Kläger durch eine einfache Nachfrage beseitigen können. Der hiesige Fall unterscheide sich von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Hamburg (3 Bs 206/10). Dort sei es ausreichend gewesen, dem Antrag die Gebührenquittung für das beantragte Führungszeugnis beizufügen. Nach der Verwaltungspraxis der Beklagten sei dagegen stets das polizeiliche Führungszeugnis als notwendige Anlage vorzulegen. Unabhängig davon sei der Antrag auch deshalb unvollständig, weil der Beklagten der erforderliche Gewerbezentralregisterauszug erst am 12.08.2010 vorgelegen habe. Dessen Vorlage sei nach dem einschlägigen Merkblatt, das dem Kläger (was dieser bestreitet) ausgehändigt worden sei, Voraussetzung eines vollständigen Antrags. Jedenfalls habe der Kläger mit Blick auf den von ihm "am Laufen" gehaltenen Schriftwechsel davon ausgehen müssen, dass sich die Frist zumindest um den Zeitraum des Schriftwechsels verlängere.
Mit Urteil vom 27.05.2014 hat das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage abgewiesen. Es hat im Wesentlichen ausgeführt: Soweit der Kläger die Aufhebung der ablehnenden Bescheide beantrage, sei die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Zwar gölten die beantragten Genehmigungen als nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG erteilt, denn der Antrag des Klägers sei am 23.06.2010 vollständig gewesen und die Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG habe sich nicht infolge des mit Schreiben der Beklagten vom 03.08.2010 initiierten Schriftwechsels stillschweigend verlängert. Daher sei die Dreimonatsfrist am 23.09.2010 mit der Folge des Fiktionseintritts abgelaufen. Dem Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde stehe jedoch entgegen, dass - je nach rechtlicher Betrachtungsweise - die Entscheidung noch nicht unanfechtbar oder nicht mehr wirksam sei.
10 
Gegen das ihm am 11.07.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 11.11.2014, dem Kläger zugestellt am 24.11.2014, hat der Senat die Berufung im Hinblick auf die rechtsgrundsätzliche Bedeutung der Sache zugelassen. Die Frage, ab welchem Zeitpunkt im Falle des Eintritts der Genehmigungsfiktion die Geltungsdauer der fingierten Genehmigung zu laufen beginne, sei grundsätzlich klärungsbedürftig.
11 
Mit seiner - nach Fristverlängerung durch den Senat - am 26.01.2015 schriftsätzlich begründeten Berufung macht der Kläger geltend: Das Verwaltungsgericht habe ausführlich und in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass die Genehmigungsfiktion am 23.09.2010 eingetreten sei. Entgegen den Ausführungen in dem Urteil des Verwaltungsgerichts seien die im Rahmen der Genehmigungsfiktion erteilten Konzessionen zur Ausübung des Gelegenheitsverkehrs mit Taxen aber bereits im Zeitpunkt des Fiktionseintritts gemäß § 15 Abs. 2 PBefG unanfechtbar geworden. Die gegenteilige, vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung führe dazu, dass im Falle einer Genehmigungsfiktion die Beklagte sämtliche Neubewerber über den Eintritt der Genehmigungsfiktion informieren müsse. Sodann wäre abzuwarten, ob von Seiten der Neubewerber gegebenenfalls ein erneuter Antrag in entscheidungsfähiger Form gestellt werde und ob die jeweiligen Antragsteller ein Widerspruchsrecht gegen die durch die Genehmigungsfiktion entstandenen Genehmigungen ausübten. Dies erscheine bereits vom Ergebnis her sachfremd; jedenfalls vereitele diese Sichtweise den Gesetzeszweck des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG, der gerade auf eine Beschleunigung der Verfahren ziele. Dem Kläger stehe daher ein Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden gegen die Beklagte zu.
12 
Unzutreffend gehe das Verwaltungsgericht sodann davon aus, der zwischenzeitliche Ablauf der fingierten Genehmigungen stehe einer Aushändigung der Genehmigungsurkunden oder einem Anspruch auf Erteilung der Genehmigungen entgegen. Insbesondere treffe die Annahme des Verwaltungsgerichts nicht zu, dass der Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der fingierten Genehmigung den spätestmöglichen Beginn der Geltungsdauer darstelle. Einzig die Auffassung des Klägers, der Beginn der Geltungsdauer falle auf die Ausfertigung und Aushändigung der Genehmigungsurkunde, sei sachgerecht und auch im Sinne der Rechtsklarheit geboten. Denn Ausfertigung und Aushändigung der Urkunde seien Wirksamkeitsvoraussetzungen der Genehmigung zur Ausübung des Gelegenheitsverkehrs mit Kraftfahrzeugen nach dem Personenbeförderungsgesetz. Mit Erteilung der Genehmigungsurkunde definiere sich der Pflichtenkreis des Taxiunternehmers im Rahmen einer speziellen, durch das PBefG geregelten Verkehrsart und nach Maßgabe des § 47 PBefG. Aus dieser Vorschrift ergäben sich die Aufnahme der Betriebspflicht, die Beförderungspflicht von Fahrgästen, die Tarifpflicht und die Verpflichtung zur Einrichtung eines Betriebssitzes. Erst ab dem Zeitpunkt der Erteilung bzw. Aushändigung der Genehmigungsurkunde sei der Taxiunternehmer insbesondere mit Blick auf § 17 Abs. 4 PBefG in der Lage, Personen ordnungsgemäß zu befördern, da ohne den Besitz und die Aushändigung der Genehmigungsurkunde ein Taxiunternehmer gemäß § 61 PBefG bei jeder einzelnen Fahrt eine Ordnungswidrigkeit begehe. Die Genehmigungsurkunde sei somit unabdingbare Voraussetzung der Personenbeförderung, zumindest soweit es den Gelegenheitsverkehr mit Taxen anlange, da dort in jedem Falle die Genehmigungsurkunde oder eine gekürzte amtliche Ausfertigung im Fahrzeug dauernd mitzuführen und gegebenenfalls vorzuzeigen sei (§ 17 Abs. 4 PBefG). Es gebe daher für den Bereich des Gelegenheitsverkehrs mit Taxen nur einen einzigen eindeutig zu definierenden Zeitpunkt, zu welchem die Geltungsdauer der Genehmigung beginne, nämlich den Zeitpunkt der Aushändigung der Genehmigungsurkunde. Ab diesem Zeitpunkt träten die Pflichten aus § 47 PBefG in Kraft und es sei der Betrieb aufzunehmen. Eine Vorverlagerung setze einerseits die Norm des § 15 PBefG außer Kraft und widerspreche andererseits auch dem Gesetzeszweck.
13 
Der Kläger beantragt,
14 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 27. Mai 2014 - 1 K 1747/12 - zu ändern und die Beklagte zur Aushändigung von zehn Genehmigungsurkunden für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen zu verurteilen, hilfsweise den Bescheid der Beklagten vom 06.10.2010 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 26.06.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit den Anträgen vom 31.05.2010 beantragten zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen zu erteilen.
15 
Die Beklagte beantragt,
16 
die Berufung zurückzuweisen.
17 
Sie macht geltend, eine Genehmigungsfiktion sei entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts und des Klägers nicht eingetreten. Zu Unrecht lege das Verwaltungsgericht den 23.06.2010 für den Fristbeginn der Dreimonatsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG zugrunde. Die die Unbedenklichkeitsbescheinigung ausstellende Dienststelle liege im Stadtzentrum der Beklagten, die Dienststelle des Aufgabenbereichs Lizenzwesen, die über die Taxigenehmigung entscheide, liege in einem Vorort. Es sei mit einer nicht unerheblichen Postlaufzeit zwischen diesen Dienststellen zu rechnen. Ein Posteingang vor dem 25.06.2010 sei sehr unwahrscheinlich. Zu diesem Zeitpunkt seien aber der (seit Jahrzehnten) alleinzuständige Sachbearbeiter wegen Krankheit (bis Oktober 2010) als auch dessen Vertreterin wegen Urlaubs (bis 13.07.2010) nicht im Dienst gewesen. Somit könne für den Beginn der Fiktionsfrist allenfalls der 14.07.2010 zugrunde gelegt werden. Die Ablehnung des Antrags am 06.10.2010 sei damit noch vor Eintritt der Fiktion erfolgt. Demnach sei der Erfolg der Klage davon abhängig, dass die objektiven Genehmigungsvoraussetzungen des § 13 Abs. 4 PBefG vorlägen. Dies sei - was im Einzelnen dargelegt wird (Bl. 124 - 131 der Gerichtsakte) - nach Maßgabe des Gutachtens der Fa. TOKOM-Partner Rostock GmbH vom 05.12.2014 nicht der Fall. Für den Fall, dass der Senat von einer Genehmigungsfiktion ausgehe, sei darauf hinzuweisen, dass die Genehmigung entweder ungültig geworden sei oder der Anspruch auf Ausstellung der Genehmigungsurkunde mangels Unanfechtbarkeit der Fiktionsgenehmigung noch nicht bestehe. Fürsorglich sei darauf hinzuweisen, dass der Kläger unter Berücksichtigung der rechtlich geschützten Vormerk- und Wartelisten mit seinem Begehren nicht zum Zug kommen könne.
18 
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze, wegen der sonstigen Einzelheiten auf die einschlägigen Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Karlsruhe sowie auf die Gerichtsakten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
19 
Der - nicht im Sinne des § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 283 ZPO nachgelassene - Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2016 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Denn die Urteilsformel war im Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes bereits auf die Geschäftsstelle des Senats gelangt und somit für das erkennende Gericht bindend geworden. Im Übrigen ergibt sich aber auch aus dem Inhalt des Schriftsatzes kein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, namentlich innerhalb der (verlängerten) Berufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 3 VwGO begründete Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Kläger hat mit seiner insgesamt zulässigen Klage (I.) zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder einen Anspruch auf Aushändigung von zehn Genehmigungsurkunden für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen (II.) noch auf Erteilung der mit dem Antrag vom 31.05.2010 beantragten zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen (III.).
I.
21 
1. Die Klage ist hinsichtlich des auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden gerichteten Hauptantrags als allgemeine Leistungsklage statthaft. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise die Auffassung vertreten, bei der Genehmigungsurkunde handele es sich um einen Verwaltungsakt (vgl. etwa Heinze/Fiedler, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl., 2014, § 15 Rn. 34; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW - juris Rn. 20; wohl auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 - juris RdNrn. 35 ff., insbes. Rn. 39; VG Oldenburg, Beschluss vom 17.05.2011 - 11 B 860/11 - juris; dagegen VG Stuttgart, Urteil vom 13.04.2016 - 8 K 3924/15 - juris Rn. 21; VG Gera, Urteil vom 30.10.2002 - 2 K 945/99.GE - LKV 2003, 532; wohl auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.09.2004 - 7 LB 3545 - NVwZ-RR 2005, 105: lediglich Nachweisfunktion) mit der Folge, dass das Begehren mit der Verpflichtungsklage zu verwirklichen wäre. Soweit für diese Auffassung überhaupt eine Begründung genannt wird, wird hierfür vornehmlich die Nachweisfunktion der Urkunde gemäß § 17 Abs. 3 PBefG angeführt (vgl. Heinze/Fiedler, a.a.O. Rn. 34: Funktion als Begründung einer widerleglichen Vermutung). Indes vermag der Senat eine in der Urkunde selbst liegende „Regelung“ im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG nicht zu erkennen. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 PBefG, der von einer „Aushändigung“ spricht und diese ersichtlich mit der in Satz 1 genannten „Erteilung“ gleichsetzt. Das deutet eher auf ein rein tatsächliches Verwaltungshandeln ohne Regelungscharakter hin. Die Gesetzgebungshistorie und die Gesetzessystematik bestätigen diesen Befund. § 17 Abs. 1 PBefG sah noch in seiner Fassung vom 07.06.1978 vor, dass die Genehmigung, nachdem die Entscheidung nach § 15 PBefG unanfechtbar geworden war, durch Aushändigung der Genehmigungsurkundeerteilt wird. Das ist seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 17 Abs. 1 PBefG durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1962) mit Wirkung zum 01.07.1990 nicht mehr der Fall (zutr. Heinze/Fiedler, a.a.O. Rn. 35; a. A. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Band 1, Loseblattslg., § 15 Rn. 41). Erteilt wird die Genehmigung allein nach den besonderen Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes, namentlich dessen § 15; die Vorschrift des § 17 Abs. 1 PBefG benennt seither nur noch die notwendigen Bestandteile der Genehmigungsurkunde. In systematischer Hinsicht wird die Trennung zwischen (regelnder) Genehmigung und (dokumentierender) Genehmigungsurkunde in § 17 Abs. 3 PBefG deutlich. Nach dieser Bestimmung kann die Erteilung der Genehmigung nur durch die Genehmigungsurkunde oder eine amtliche Ausfertigung nachgewiesen werden. Anders als früher ist die Urkunde folglich nicht mehr Wirksamkeitsvoraussetzung der Genehmigung, sondern dient nur noch dem Nachweis des Vorhandenseins einer Genehmigung (a. A. Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 41). Die Nachweisfunktion begründet aber für sich genommen nicht den Regelungscharakter im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG (anders wohl Heinze/Fiedler, a.a.O., Rn. 34; unklar Scheidler, GewArch 2011, 417 [419]). Denn es ist nicht ersichtlich, dass durch die Urkundenausstellung Rechte mit unmittelbarer Wirkung begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden. Das findet seine Bestätigung auch in § 15 Abs. 2 PBefG, der die Erteilung der Genehmigungsurkunde (nur) an die Unanfechtbarkeit der Genehmigung knüpft und damit verdeutlicht, dass die Urkunde nicht (mehr) Wirksamkeitsvoraussetzung der Genehmigung ist. Im Gegenteil macht das allein an die Unanfechtbarkeit anknüpfende Normprogramm des § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG deutlich, dass eine erneute oder gar weitergehende Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen im Verfahren über die Urkundenausstellung nicht mehr stattfindet; es wird demnach nichts Neues geregelt, es wird lediglich das nunmehr Unanfechtbare zugrunde gelegt. Entsprechend verhält es sich bei der Aufnahme der notwendigen Angaben des § 17 Abs. 1 PBefG. Auch insoweit findet - mit Ausnahme der Benennung der amtlichen Kennzeichen (§ 17 Abs. 1 Nr. 8 PBefG) - lediglich eine Übertragung der Genehmigungsinhalte statt. Es fehlt daher - ungeachtet des von der Beklagten verwendeten, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Formulars „Genehmigungsbescheid“ (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 27.10.2016) - an einer verbindlichen Festlegung von Rechten und Pflichten durch die Urkunde und somit an einer Regelungswirkung als Wesensmerkmal eines Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG (zutr. VG Stuttgart, Urteil vom 13.04.2016, a.a.O.). Dieser Auffassung ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich beigetreten. Soweit er mit seinem - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 27.10.2016 nunmehr geltend macht, die Verwaltungsaktsqualität der Genehmigungsurkunde ergebe sich aus der Zuordnung einer Ordnungsnummer zu jedem einzelnen Fahrzeug, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Namentlich begründet allein die Vergabe einer Nummer noch keinen Regelungscharakter. Im Übrigen stellte sich - die Richtigkeit der nunmehr vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung unterstellt - die Frage der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage. Denn soweit aus den vorliegenden Akten ersichtlich, hat der Kläger die Aushändigung der Genehmigungsurkunde bei der Beklagten nicht beantragt und insoweit auch kein Vorverfahren durchgeführt (vgl. hierzu statt vieler: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl., 2016, § 42 Rn. 6 m.w.N.).
22 
2. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage teilweise als unzulässig abgewiesen hat, vermag sich der Senat dem indes nicht anzuschließen. Bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) wird mit dem Leistungsantrag nur die Aushändigung der Genehmigungsurkunden beantragt. Zu diesem Begehren verhalten sich die ablehnenden Bescheide, die nur die Erteilung der Genehmigung betreffen, nicht. Das „Aufhebungsbegehren“ des Klägers steht erkennbar im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag. Soweit dieser zur Entscheidung anfallen sollte, wird neben der Genehmigungserteilung auch die Aufhebung der diese ablehnenden Bescheide beantragt. Hierbei handelt es sich aber ersichtlich nicht um einen eigenständigen Anfechtungsantrag. Vielmehr wird die Aufhebung der versagenden Bescheide - wie bei Verpflichtungsbegehren üblich (vgl. statt vieler: Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Band 2, Loseblattslg., § 113 Rn. 64) - nur aus Gründen der Klarstellung beantragt (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteile vom 21.05.1976 - IV C 80.74 - BVerwGE 51, 15 [23], und vom 15.12.1966 - VIII C 30.66 - BVerwGE 25, 357). Die entsprechende Antragsformulierung ändert insbesondere nichts daran, dass Gegenstand des Verpflichtungsbegehrens allein der geltend gemachte Anspruch auf Erlass des Verwaltungsakts („Taxigenehmigung“) ist. Die den Anspruch versagenden Bescheide gehören nämlich nur zur Vorgeschichte des Anspruchs, werden aber nicht selbst Streitgegenstand der Verpflichtungsklage (vgl. näher Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., und Rn. 72).
II.
23 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage unbegründet, denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden steht ihm im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht (mehr) zu.
24 
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt, wenn die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Der Anspruch muss zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über das Berufungsverfahren bestehen (OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 - juris Rn. 42), d.h. es muss eine Genehmigung wirksam geworden sein, die schon und noch gültig ist. Das ist hier nicht der Fall.
25 
1. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass zugunsten des Klägers seit dem 23.09.2010 zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz als erteilt galten.
26 
Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG ist über den Genehmigungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (Satz 3). Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens drei Monate betragen (Satz 4). Die Genehmigung gilt nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Das ist hier der Fall. Denn der Antrag war am 23.06.2010 vollständig und hat damit die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG in Gang gesetzt (a). Diese Frist ist während ihres Laufs von der Beklagten nicht verlängert worden (b), und der Kläger ist auch nicht gehindert, sich auf den Ablauf der Frist am 23.09.2010 zu berufen (c).
27 
a) Die Dreimonatsfrist zur Entscheidung über den Antrag des Klägers begann am 23.06.2010 zu laufen. Zwar ergeben sich aus § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG keine spezifischen Anforderungen an den Genehmigungsantrag, der lediglich bei der Genehmigungsbehörde eingegangen sein muss. In Rechtsprechung und Literatur wird jedoch zutreffend angenommen, dass erst die Vollständigkeit des Antrags den Beginn der Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG auslöst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1999 - 3 S 1643/99 - BA S. 3; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.03.2015 - 7 B 11168/14 - juris Rn. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.10.2015 - 13 B 875/15 - juris Rn. 5; OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 - GewArch 1997, 118; Hessischer VGH, Urteil vom 15.10.2002 - 2 UE 2948/01 - juris Rn. 37; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003 - 1 L 174/03 - juris Rn. 13; VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012 - 1 K 46/10 - juris Rn. 41; Fielitz/Grätz, PBefG, Loseblattslg., § 15 Rn. 5, § 12 Rn. 3; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl., 2013, § 15 Rn. 2; Bauer, PBefG, 2010, § 15 Rn. 6; Heinze/Fiedler, a.a.O., § 15 Rn. 27; Broscheit, GewArch 2015, 209 [210]; vgl. allg. auch Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 42a Rn. 58: objektive Vollständigkeit der Unterlagen). Insoweit ist mit dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG genannten Antrag der nach Maßgabe des § 12 PBefG vollständige Antrag gemeint (a. A. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Loseblattslg., § 15 Rn. 13: Antrag mit den Angaben des § 17 PBefG).
28 
Diese Sichtweise entspricht auch dem Sinn und Zweck der Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG. Denn diese Bestimmung, die die Beschleunigung des Verfahrens zum Ziel hat (vgl. BT-Drs. 12/6269 S. 145; s. allgemein auch Uechtritz, a.a.O., § 42a Rn. 17), soll ersichtlich die Position des Antragstellers gegenüber einer untätigen Genehmigungsbehörde stärken. Um jedoch in schutzwürdiger Weise auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion vertrauen zu können, muss der Antragsteller seinerseits zunächst die Behörde durch die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen in die Lage versetzt haben, über den Antrag zu entscheiden. Die mit der Genehmigungsfiktion beabsichtigte Beschleunigung des Verfahrens steht dem nicht entgegen. Denn der Schutzzweck der Fiktion kann sich nur auf Umstände beziehen, die der Einflussnahme des jeweiligen Antragstellers entzogen sind. Bei unvollständigen Antragsunterlagen ist dies indes nicht der Fall. Dabei wird den jeweiligen Antragstellern angesichts der gesetzlichen Regelung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen bzw. der zu machenden Angaben auch nichts Unzumutbares abverlangt. Im Gegenteil spricht die Zielrichtung des Personenbeförderungsgesetzes - der Schutz der zu befördernden Fahrgäste - dafür, dass nur ein sorgfältiger Antragsteller in den Genuss der Genehmigungsfiktion kommen soll (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003, a.a.O.).
29 
aa) Welche Anforderungen an einen vollständigen Antrag zu stellen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur freilich nicht einheitlich beurteilt. So wird zum Teil auf die für die Aushändigung der Genehmigungsurkunde nach § 17 PBefG erforderlichen Angaben abgehoben (Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 13), zum Teil wird von dem Antrag erwartet, dass er den Anforderungen der §§ 12, 13 PBefG genügt (vgl. zum Meinungsstand: OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 - GewArch 2011, 120).
30 
Der Auffassung, die Angaben im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 PBefG seien verzichtbar und es sei für den Eintritt des Laufs der Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG ausreichend, wenn die für die Ausstellung der Genehmigungsurkunde nach § 17 PBefG erforderlichen Angaben gemacht würden (Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 13), vermag sich der Senat nicht anzuschließen (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003, a.a.O., Rn. 14; OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O., Rn. 39; VG Berlin, Beschl. v. 25.10.2001 - 11 A 482.01 - NZV 2002, 340; Fielitz/Grätz, a.a.O., §15 Rn. 5). Die Genehmigungsurkunde nach § 17 PBefG enthält gemäß dessen Absatz 1 lediglich Angaben, die erforderlich sind, um Inhalt und Umfang der Genehmigung zu beschreiben; weitere Angaben zu den Genehmigungsvoraussetzungen sind darin nicht vorgesehen. Damit kann es im Zusammenhang mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht sein Bewenden haben. Die Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG soll dem Antragsteller um eine Genehmigung über Verfahrenshemmnisse hinweghelfen, die in einer verzögerten Bearbeitung seines Antrags durch die Genehmigungsbehörde begründet sind. Sie hat - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht den Zweck, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen. Deshalb ist es zunächst Sache des Antragstellers, einen hinreichend prüffähigen Antrag vorzulegen, der sich an den Vorgaben des § 12 PBefG orientiert, in welchem die Angaben und Unterlagen, die der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung enthalten soll, bezeichnet werden. Erst durch einen solchen Antrag entsteht die begründete Erwartung, dass sich die Genehmigungsbehörde mit ihm abschließend befasst und zu einer Bescheidung innerhalb der dann in Lauf gesetzten Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG gelangt. Tut sie das nicht, dann tritt die Genehmigungsfiktion im Beschleunigungsinteresse des Antragstellers zu dessen Gunsten ein.
31 
bb) Nach diesen Grundsätzen war der Antrag des Klägers auf Erteilung von zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen am 23.06.2010 vollständig.
32 
(1) Das Verwaltungsgericht hat zurecht erkannt, dass es für die Vollständigkeit des Antrags auf die zwingend vorzulegenden Unterlagen nach § 12 Abs. 2 PBefG ankommt (ebenso VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012 - 1 K 46/10 - juris Rn. 41; wohl auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010, a.a.O., juris Rn. 25). Dieser Sichtweise entspricht auch das von der Beklagten mit Ankreuzfeldern vorverfügte Formular und ihre später im ablehnenden Bescheid vertretene Auffassung, dass die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die von der Beklagten nach ihrem Antragsformular für maßgeblich gehaltenen und gesetzlich zwingend vorzulegenden Unterlagen hat der Kläger vorgelegt. Namentlich hat er seinem Antrag eine Bescheinigung des Finanzamts vom 06.04.2010, eine solche des Trägers der Sozialversicherung vom 06.04.2010 und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der BG Verkehr vom 01.04.2010 beigefügt. Keine dieser Bescheinigungen war zum Zeitpunkt der Antragstellung älter als drei Monate, sodass den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der auf § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG beruhenden Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. Juni 2000 - PBZugV - (BGBl. I S. 851) insoweit Rechnung getragen war. Dies gilt auch für die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 PBZugV geforderte Vermögensübersicht, die unter dem 09.11.2009 von einer Steuerberaterin testiert worden und damit zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als ein Jahr war (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 PBZugV a.E.).
33 
(2) Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, fehlte bei Antragstellung die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1PBZugV erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gemeinde, die die Beklagte - zugleich Wohnsitzgemeinde des Klägers - allerdings unter dem 14.06.2010 bei dem (eigenen) Amt 20.3 selbstständig angefordert hat und die mit dem Vermerk „keine Rückstände“ unter dem 23.06.2010 erstellt wurde. Der Senat neigt mit dem Verwaltungsgericht dazu, bereits dieses Datum für die Vollständigkeit des Antrags zugrunde zu legen und die Postlaufzeit von einigen Tagen zwischen den beiden Ämtern (Bürgerdienste und Amt 20.3) unberücksichtigt zu lassen. Selbst wenn man aber dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren folgen und eine Postlaufzeit zwischen den beteiligten Ämtern von zwei Arbeitstagen zugrunde legen wollte, wäre der Antrag hinsichtlich der nach § 12 Abs. 2 PBefG zwingenden Angaben am 25.06.2010 (Freitag) oder am 26.06.2010 (Samstag) vollständig gewesen. Soweit die Beklagte mit ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren für die Vollständigkeit des Antrags und den Beginn der Entscheidungsfrist den 14.07.2010 zugrunde gelegt wissen will, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Denn für den Lauf der Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG kommt es ersichtlich nicht darauf an, ob der Sachbearbeiter der Beklagten längerfristig erkrankt ist und sich seine Vertreterin - wie hier offenbar bis 13.07.2010 - im Erholungsurlaub befindet. Denn bei der in § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG genannten Frist handelt es sich nicht um eine Netto-Bearbeitungsfrist, die an die konkreten Bearbeitungsmöglichkeiten der zuständigen Sachbearbeiterin anknüpft (und deshalb ggf. um Urlaubs- und Krankheitstage zu verlängern ist), sondern um eine Entscheidungsfrist, die zudem bei unvorhergesehenen Erkrankungen oder sonstigen Schwierigkeiten der Sachbearbeitung nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG verlängert werden kann. Deshalb kommt eine Erstreckung des Fristbeginns auf den 14.07.2010 - den Tag der Urlaubsrückkehr der Sachbearbeiterin - nicht in Betracht.
34 
(3) Das Verwaltungsgericht hat - wiederum zutreffend - ausgeführt, dass und warum die „Soll-Angaben“ des § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 PBefG, soweit diese überhaupt fehlen und sich auch nicht „aus den Umständen“ ergeben, keinen Einfluss auf den Lauf der Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG haben. Der Senat macht sich die entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu eigen (UA S. 12 bis 15; juris Rn. 34 ff.) und sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab, zumal auch die Beklagte im Berufungsverfahren hiergegen nichts mehr erinnert hat.
35 
b) Die am 23.06.2010 in Lauf gesetzte Entscheidungsfrist ist von der Beklagten nicht verlängert worden. Denn die Verlängerung ist nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG nur mittels Zwischenbescheid möglich, an dem es hier - nicht nur der Form, sondern auch dem Inhalt nach - gerade fehlt und dessen Erlass von der Beklagten auch erkennbar nicht beabsichtigt war. Insbesondere handelt es sich - was auf der Hand liegt und nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 15 und 16) keiner weiteren Vertiefung bedarf - bei den Schreiben der Beklagten vom 03.08.2010 und vom 16.09.2010 nicht um Zwischenbescheide in dem in § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG bezeichneten Sinne, was im Übrigen bereits daraus erhellt, dass darin die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG weder verlängert noch eine neue Frist gesetzt wird (vgl. zu den Anforderungen an die Fristverlängerung nach § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG: VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.10.2014 - 6 L 2238/14 - juris Rn. 26; VG Neustadt/Weinstr., Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11 - juris Rn. 27; Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 18 ff.; Fielitz/Grätz, a.a.O., § 15 Rn. 6).
36 
c) Der Kläger ist schließlich auch nicht mit Blick auf Treu und Glauben gehindert, sich auf den Ablauf der Entscheidungsfrist und den damit verbundenen Eintritt der Fiktionswirkung zu berufen. Denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, der Kläger habe das Verfahren bewusst in die Länge gezogen, um den Fiktionseintritt zu bewirken. Im Übrigen wäre es aber wohl ohnedies Aufgabe der Genehmigungsbehörde, auf ein solches - hier nicht gegebenes - Verhalten zu reagieren und etwa die Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 PBefG angemessen zu verlängern oder den Antrag wegen Nichtvorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen abzulehnen. Schließlich gibt es auch für einen Verzicht des Klägers auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion keinen Anhaltspunkt (vgl. zur Verzichtbarkeit etwa VG Neustadt/Weinstr., Urteil vom 23.04.2012, a.a.O., juris Rn. 30; Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 22; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl., 2013, § 15 Rn. 2; ablehnend VG Gera, Urteil vom 30.10.2002 - 2 K 945/99.GE - LKV 2003, 532; Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, a.a.O., § 42a Rn. 35).
37 
2. Allerdings haben sich die als erteilt geltenden zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen zwischenzeitlich durch Zeitablauf im Sinne des § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt.
38 
Der Kläger geht einerseits davon aus, die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Genehmigung sei bereits mit Eintritt der Fiktion unanfechtbar im Sinne des § 15 Abs. 2 PBefG geworden (Bl. 103 d.A.), meint aber andererseits, die Geltungsdauer der Genehmigung beginne erst mit Aushändigung der Genehmigungsurkunde. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dabei mag die Frage der Unanfechtbarkeit der gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierten Genehmigung letztlich offen bleiben (vgl. hierzu unten 3.). Denn die - weithin vertretene (vgl. Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 42; Fielitz/Grätz, a.a.O., § 15 Rn. 9; Scheidler, GewArch 2011, 417 [419]) - Auffassung, die Genehmigung werde erst mit Aushändigung der Genehmigungsurkunde wirksam (so Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 42) bzw. dürfe dann erst „ausgenutzt werden“ (so Fielitz/Grätz, a.a.O., § 15 Rn. 9), findet im Gesetz keine Stütze.
39 
a) Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Genehmigung erfüllt zwar nicht die Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG, der fingierte Verwaltungsakt wird der erteilten Genehmigung aber in § 15 Abs. 1 PBefG gleichgestellt und zwar unabhängig von einer § 42a Abs. 1 Satz 2 LVwVfG entsprechenden Bestimmung (vgl. Uechtritz, in Mann/Sennekamp/Uechtritz, a.a.O., § 42a Rn. 41). Denn § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG enthält gleichsam die gesetzliche Wertung, dass als Genehmigung (Verwaltungsakt) auch die fingierten Genehmigungen gelten (Uechtritz, DVBl. 2010, 684 [687]; Jarass, NJW 1998, 1097 [1101]; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., 2013, § 42a Rn. 5; Dürig, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, § 42a Rn. 14). Gegenüber dem Adressaten (Antragsteller) wird die als erteilt geltende Genehmigung mit Fiktionseintritt wirksam; ab diesem Zeitpunkt kann er sich auf die Genehmigung berufen (vgl. statt vieler Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., 2014, § 42a Rn. 54; ebenso zu § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 - BA S. 6). Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Genehmigung ist gegenüber dem Kläger somit am 23.09.2010 wirksam geworden.
40 
Der von Bidinger (a.a.O., § 15 Rn. 42) vertretenen gegenteiligen Auffassung, die das Wirksamwerden der Fiktionsgenehmigung auf den Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde verlegen will, folgt der Senat nicht. Das Gesetz bietet hierfür keine Anhaltspunkte. Zwar wurde bis zum Inkrafttreten des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes zum 01.07.1990 „die Genehmigung (…) durch Aushändigung der Genehmigungsurkunde erteilt“ (§ 17 Abs. 1 PBefG 1961). Seit der Neufassung des § 17 Abs. 1 PBefG ist das aber nicht mehr der Fall. Dabei mag auf sich beruhen, ob der Gesetzgeber an der früheren Rechtslage etwas ändern wollte (verneinend: Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 42; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 - GewArch 1997, 118); entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber die Rechtslage insoweit objektiv geändert hat. Für ein im Wege der Auslegung zu korrigierendes Redaktionsversehen gibt es keinen Anhaltspunkt. Für eine Korrektur des eindeutigen Wortlauts des § 15 PBefG, der zwischen Genehmigung und Genehmigungsurkunde unterscheidet, besteht auch aus methodischen Gründen weder Veranlassung noch Möglichkeit. Insbesondere passt sich die Neufassung der §§ 15, 17 Abs. 1 PBefG durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz in die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Systematik ein, wonach die Bestandskraft eines Verwaltungsakts auf sein Wirksamwerden folgt. Es gibt deshalb im Fachrecht keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass abweichend von den allgemeinen Grundsätzen die Wirksamkeit der Genehmigung von der Aushändigung der Urkunde abhängen soll (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16.09.2004 - 7 LB 3545/01 - NVwZ-RR 2005, 105; VG Aachen, Beschluss vom 29.03.2005 - 2 L 111/05 - juris Rn. 19; Heinze/Fiedler, in: Heinze/Fehling/Fiedler, a.a.O., § 15 Rn. 35). Vielmehr unterscheidet das Gesetz in wünschenswerter Eindeutigkeit zwischen der (wirksamen) Erteilung bzw. Fiktion der Genehmigung und deren Unanfechtbarkeit. Die Unanfechtbarkeit ist Voraussetzung für die Aushändigung der Urkunde, welche lediglich Nachweisfunktion hat (vgl. § 17 Abs. 3 PBefG). Die hiergegen gerichteten Einwände des Klägers greifen nicht durch. Er rekurriert insoweit auf die den Pflichtenkreis des Taxiunternehmers regelnde Vorschrift des § 47 PBefG. Indes ergibt sich aus dieser Bestimmung nichts über das Wirksamwerden der Genehmigung nach §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 15 Abs. 1 PBefG, insbesondere findet sich dort keine Aussage dazu, dass die Genehmigung von der Aushändigung der Urkunde abhängt. Gewichtiger erscheint der Hinweis des Klägers auf § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b) PBefG. Nach dieser Bestimmung handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften des PBefG über das Mitführen und Aushändigen von Urkunden (§ 17 Abs. 4, § 20 Abs. 4) zuwiderhandelt. Der Kläger schließt aus dieser Bestimmung, der Unternehmer sei mit Blick auf § 17 Abs. 4 Satz 1 PBefG erst ab dem Zeitpunkt der Aushändigung der Genehmigungsurkunde in der Lage, Personen ordnungsgemäß zu befördern, da er andernfalls bei jeder Fahrt eine Ordnungswidrigkeit begehe. Diese Lesart des § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b) PBefG hält der Senat nicht für zwingend. Namentlich dürfte die Ordnungsgemäßheit der Beförderung - insoweit ähnlich wie im Verhältnis von Fahrerlaubnis und Führerschein - nicht davon abhängen, ob der Unternehmer die Genehmigungsurkunde oder eine gekürzte amtliche Ausfertigung mit sich führt. Auch das Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgt nicht unerlaubt, wenn der Fahrzeugführer seinen Führerschein nicht mit sich führt, obwohl auch hierin eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 75 Nr. 4 FeV liegen kann. Der nämliche Bußgeldtatbestand dürfte daher eher den Verstoß gegen die Nachweisfunktion sanktionieren und spricht wohl nicht die Ordnungsgemäßheit der Beförderung an. Im Übrigen fehlt es seit der Neufassung des § 17 Abs. 1 PBefG durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 28. Juni 1990 gerade an einer § 22 Abs. 4 Satz 7 FeV entsprechenden Bestimmung („Die Fahrerlaubnis wird durch die Aushändigung des Führerscheins.. erteilt“), aus der abzuleiten ist, dass die Genehmigungserteilung durch Aushändigung der Urkunde erfolgt. Dergleichen lässt sich aus dem Personenbeförderungsgesetz nicht herleiten. Insoweit erscheint auch ein Verständnis des § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b) PBefG dahingehend gerechtfertigt, dass ordnungswidrig nur derjenige handeln kann, dem eine Genehmigungsurkunde nach § 15 Abs. 2 PBefG oder die ihr nach § 17 Abs. 4 PBefG gleichgestellte gekürzte amtliche Ausfertigung bereits ausgehändigt worden ist und damit nicht derjenige, dem die Genehmigungsurkunde von der Behörde zu Unrecht nicht ausgehändigt wurde.
41 
b) Die dem Kläger gegenüber am 23.09.2010 wirksam gewordene Genehmigung galt deshalb für die Höchstdauer von zwei Jahren (§ 13 Abs. 5 Satz 5 PBefG) und ist zwischenzeitlich - und zwar schon vor dem erstmaligen Berufen auf den Fiktionseintritt im Rahmen der Klagebegründung - unwirksam geworden. Von der Möglichkeit, eine abweichende Geltungsdauer zu bestimmen (vgl. hierzu auch § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) PBefG), hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Im Gegenteil hat er in seinem Antrag, der Grundlage der fingierten Genehmigung ist, eingetragen, die Genehmigung solle „sofort“ gelten. Damit hat er selbst bestimmt, dass die fingierte Genehmigung am 23.09.2010 wirksam und gültig geworden und am 22.09.2012 abgelaufen ist. Ein Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde besteht deshalb nicht mehr (ebenso OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O., juris Rn. 42). Denn wenn sich der Zweck der Genehmigungsurkunde in deren Nachweisfunktion erschöpft, ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger heute noch Anspruch auf eine Urkunde haben sollte, die sich auf eine Zeit bezieht, in der er im Stadtgebiet der Beklagten keinen Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen betrieben hat.
42 
c) Soweit der Kläger dieser Rechtsauffassung entgegen hält, er könne seinen Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde schwerlich durchsetzen, soweit - wie hier - die Genehmigungsbehörde den Fiktionseintritt bestreite, geht der Einwand fehl. Es ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass sich der Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde notfalls im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren nach § 123 VwGO durchsetzen lässt (vgl. etwa VG Oldenburg, Beschlüsse vom 17.05.2011 - 11 B 860/11 - juris Rn. 2, 8 und 9, und vom 24.08.2007 - 7 B 2197/07 - juris Rn. 7 ff.). Auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, eine einstweilige Anordnung diesen Inhalts bereits erstritten zu haben. Inwieweit daneben auch ein Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 42a Abs. 3 LVwVfG besteht, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Klärung (vgl. hierzu auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010, a.a.O.).
43 
3. Keiner abschließenden Beurteilung bedarf demnach die Frage, ob die Genehmigungsurkunde - gleichsam alternativ - von der Beklagten mit der Begründung verweigert werden darf, die Genehmigung sei zwar noch nicht durch Zeitablauf erledigt, sie sei aber noch nicht im Sinne des § 15 Abs. 2 PBefG unanfechtbar geworden. Soweit die zwischenzeitlich wohl mehrheitlich vertretene Auffassung zutreffen sollte, der Rang auf der Vormerkliste für die Vergabe von Taxikonzessionen gebe dem Bewerber eine den Schutz des § 42 Abs. 2 VwGO genießende Rechtsposition, die u.a. zum Widerspruch gegen die Zuteilung einer Konzession außerhalb der Vormerkliste oder ohne Berücksichtigung der Rangfolge berechtige (vgl. hierfür OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1990 - 13 B 1283/90 - NVwZ-RR 1991, 147 ; VG Sigmaringen, Urteil vom 11.11.2015 - 1 K 3511/14 - juris Rn. 43; Bauer, Personenbeförderungsgesetz, 1. Aufl. 2010, § 13 Rn. 69; Jahn, in: Redeker/Uechtritz, Anwalts-Handbuch Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., 2012, C. Personenbeförderungsrecht, Rn. 82; dagegen noch BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 23.63 - BVerwGE 16, 190 [194]), dürfte eine Unanfechtbarkeit der Genehmigung jedenfalls derzeit nicht gegeben sein. Denn nach der (bereinigten) Warteliste der Beklagten (Stand 19.07.2016) gehen dem Kläger zwei Bewerber rangstellenmäßig vor.
III.
44 
Bleibt die Klage hinsichtlich des Hauptantrags nach dem Vorstehenden ohne Erfolg, fällt der auf Genehmigungserteilung gerichtete Hilfsantrag zur Entscheidung an. Die Klage ist insoweit - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - deshalb unbegründet, weil die Anträge des Klägers vom 31.05.2010 infolge des Fiktionseintritts „verbraucht“ sind. Zu ihrer positiven Bescheidung kann die Beklagte daher nicht verpflichtet werden.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Denn die Frage, ab welchem Zeitpunkt im Falle des Eintritts einer Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG die Geltungsdauer der fingierten Genehmigung beginnt, stellt sich in einer Vielzahl von Fällen und ist grundsätzlich klärungsbedürftig.
46 
Beschluss vom 27. Oktober 2016
47 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG auf150.000,-- EUR festgesetzt (15.000,-- je beantragter Genehmigung).
48 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
19 
Der - nicht im Sinne des § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 283 ZPO nachgelassene - Schriftsatz des Klägers vom 27.10.2016 gibt keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen. Denn die Urteilsformel war im Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes bereits auf die Geschäftsstelle des Senats gelangt und somit für das erkennende Gericht bindend geworden. Im Übrigen ergibt sich aber auch aus dem Inhalt des Schriftsatzes kein Grund zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 104 Abs. 3 Satz 2 VwGO.
20 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, namentlich innerhalb der (verlängerten) Berufungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 3 VwGO begründete Berufung des Klägers ist unbegründet. Denn der Kläger hat mit seiner insgesamt zulässigen Klage (I.) zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat weder einen Anspruch auf Aushändigung von zehn Genehmigungsurkunden für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen (II.) noch auf Erteilung der mit dem Antrag vom 31.05.2010 beantragten zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen (III.).
I.
21 
1. Die Klage ist hinsichtlich des auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden gerichteten Hauptantrags als allgemeine Leistungsklage statthaft. Zwar wird in Rechtsprechung und Literatur teilweise die Auffassung vertreten, bei der Genehmigungsurkunde handele es sich um einen Verwaltungsakt (vgl. etwa Heinze/Fiedler, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl., 2014, § 15 Rn. 34; VG Neustadt/Weinstraße, Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11.NW - juris Rn. 20; wohl auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 - juris RdNrn. 35 ff., insbes. Rn. 39; VG Oldenburg, Beschluss vom 17.05.2011 - 11 B 860/11 - juris; dagegen VG Stuttgart, Urteil vom 13.04.2016 - 8 K 3924/15 - juris Rn. 21; VG Gera, Urteil vom 30.10.2002 - 2 K 945/99.GE - LKV 2003, 532; wohl auch OVG Niedersachsen, Urteil vom 16.09.2004 - 7 LB 3545 - NVwZ-RR 2005, 105: lediglich Nachweisfunktion) mit der Folge, dass das Begehren mit der Verpflichtungsklage zu verwirklichen wäre. Soweit für diese Auffassung überhaupt eine Begründung genannt wird, wird hierfür vornehmlich die Nachweisfunktion der Urkunde gemäß § 17 Abs. 3 PBefG angeführt (vgl. Heinze/Fiedler, a.a.O. Rn. 34: Funktion als Begründung einer widerleglichen Vermutung). Indes vermag der Senat eine in der Urkunde selbst liegende „Regelung“ im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG nicht zu erkennen. Dagegen spricht bereits der Wortlaut des § 15 Abs. 2 Satz 2 PBefG, der von einer „Aushändigung“ spricht und diese ersichtlich mit der in Satz 1 genannten „Erteilung“ gleichsetzt. Das deutet eher auf ein rein tatsächliches Verwaltungshandeln ohne Regelungscharakter hin. Die Gesetzgebungshistorie und die Gesetzessystematik bestätigen diesen Befund. § 17 Abs. 1 PBefG sah noch in seiner Fassung vom 07.06.1978 vor, dass die Genehmigung, nachdem die Entscheidung nach § 15 PBefG unanfechtbar geworden war, durch Aushändigung der Genehmigungsurkundeerteilt wird. Das ist seit dem Inkrafttreten der Neufassung des § 17 Abs. 1 PBefG durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 28. Juni 1990 (BGBl. I S. 1962) mit Wirkung zum 01.07.1990 nicht mehr der Fall (zutr. Heinze/Fiedler, a.a.O. Rn. 35; a. A. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Band 1, Loseblattslg., § 15 Rn. 41). Erteilt wird die Genehmigung allein nach den besonderen Bestimmungen des Personenbeförderungsgesetzes, namentlich dessen § 15; die Vorschrift des § 17 Abs. 1 PBefG benennt seither nur noch die notwendigen Bestandteile der Genehmigungsurkunde. In systematischer Hinsicht wird die Trennung zwischen (regelnder) Genehmigung und (dokumentierender) Genehmigungsurkunde in § 17 Abs. 3 PBefG deutlich. Nach dieser Bestimmung kann die Erteilung der Genehmigung nur durch die Genehmigungsurkunde oder eine amtliche Ausfertigung nachgewiesen werden. Anders als früher ist die Urkunde folglich nicht mehr Wirksamkeitsvoraussetzung der Genehmigung, sondern dient nur noch dem Nachweis des Vorhandenseins einer Genehmigung (a. A. Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 41). Die Nachweisfunktion begründet aber für sich genommen nicht den Regelungscharakter im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG (anders wohl Heinze/Fiedler, a.a.O., Rn. 34; unklar Scheidler, GewArch 2011, 417 [419]). Denn es ist nicht ersichtlich, dass durch die Urkundenausstellung Rechte mit unmittelbarer Wirkung begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt werden. Das findet seine Bestätigung auch in § 15 Abs. 2 PBefG, der die Erteilung der Genehmigungsurkunde (nur) an die Unanfechtbarkeit der Genehmigung knüpft und damit verdeutlicht, dass die Urkunde nicht (mehr) Wirksamkeitsvoraussetzung der Genehmigung ist. Im Gegenteil macht das allein an die Unanfechtbarkeit anknüpfende Normprogramm des § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG deutlich, dass eine erneute oder gar weitergehende Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen im Verfahren über die Urkundenausstellung nicht mehr stattfindet; es wird demnach nichts Neues geregelt, es wird lediglich das nunmehr Unanfechtbare zugrunde gelegt. Entsprechend verhält es sich bei der Aufnahme der notwendigen Angaben des § 17 Abs. 1 PBefG. Auch insoweit findet - mit Ausnahme der Benennung der amtlichen Kennzeichen (§ 17 Abs. 1 Nr. 8 PBefG) - lediglich eine Übertragung der Genehmigungsinhalte statt. Es fehlt daher - ungeachtet des von der Beklagten verwendeten, mit Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Formulars „Genehmigungsbescheid“ (vgl. Anlage zum Schriftsatz vom 27.10.2016) - an einer verbindlichen Festlegung von Rechten und Pflichten durch die Urkunde und somit an einer Regelungswirkung als Wesensmerkmal eines Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG (zutr. VG Stuttgart, Urteil vom 13.04.2016, a.a.O.). Dieser Auffassung ist der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ausdrücklich beigetreten. Soweit er mit seinem - nicht nachgelassenen - Schriftsatz vom 27.10.2016 nunmehr geltend macht, die Verwaltungsaktsqualität der Genehmigungsurkunde ergebe sich aus der Zuordnung einer Ordnungsnummer zu jedem einzelnen Fahrzeug, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Namentlich begründet allein die Vergabe einer Nummer noch keinen Regelungscharakter. Im Übrigen stellte sich - die Richtigkeit der nunmehr vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung unterstellt - die Frage der Zulässigkeit der Verpflichtungsklage. Denn soweit aus den vorliegenden Akten ersichtlich, hat der Kläger die Aushändigung der Genehmigungsurkunde bei der Beklagten nicht beantragt und insoweit auch kein Vorverfahren durchgeführt (vgl. hierzu statt vieler: Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl., 2016, § 42 Rn. 6 m.w.N.).
22 
2. Soweit das Verwaltungsgericht die Klage teilweise als unzulässig abgewiesen hat, vermag sich der Senat dem indes nicht anzuschließen. Bei sachdienlicher Auslegung des Klagebegehrens (§ 88 VwGO) wird mit dem Leistungsantrag nur die Aushändigung der Genehmigungsurkunden beantragt. Zu diesem Begehren verhalten sich die ablehnenden Bescheide, die nur die Erteilung der Genehmigung betreffen, nicht. Das „Aufhebungsbegehren“ des Klägers steht erkennbar im Zusammenhang mit dem Hilfsantrag. Soweit dieser zur Entscheidung anfallen sollte, wird neben der Genehmigungserteilung auch die Aufhebung der diese ablehnenden Bescheide beantragt. Hierbei handelt es sich aber ersichtlich nicht um einen eigenständigen Anfechtungsantrag. Vielmehr wird die Aufhebung der versagenden Bescheide - wie bei Verpflichtungsbegehren üblich (vgl. statt vieler: Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Band 2, Loseblattslg., § 113 Rn. 64) - nur aus Gründen der Klarstellung beantragt (vgl. hierzu auch BVerwG, Urteile vom 21.05.1976 - IV C 80.74 - BVerwGE 51, 15 [23], und vom 15.12.1966 - VIII C 30.66 - BVerwGE 25, 357). Die entsprechende Antragsformulierung ändert insbesondere nichts daran, dass Gegenstand des Verpflichtungsbegehrens allein der geltend gemachte Anspruch auf Erlass des Verwaltungsakts („Taxigenehmigung“) ist. Die den Anspruch versagenden Bescheide gehören nämlich nur zur Vorgeschichte des Anspruchs, werden aber nicht selbst Streitgegenstand der Verpflichtungsklage (vgl. näher Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, a.a.O., und Rn. 72).
II.
23 
Mit ihrem Hauptantrag ist die Klage unbegründet, denn der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunden steht ihm im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht (mehr) zu.
24 
Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt, wenn die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Der Anspruch muss zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über das Berufungsverfahren bestehen (OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014 - 7 LB 70/10 - juris Rn. 42), d.h. es muss eine Genehmigung wirksam geworden sein, die schon und noch gültig ist. Das ist hier nicht der Fall.
25 
1. Mit dem Verwaltungsgericht ist der Senat allerdings der Auffassung, dass zugunsten des Klägers seit dem 23.09.2010 zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen nach dem Personenbeförderungsgesetz als erteilt galten.
26 
Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG ist über den Genehmigungsantrag innerhalb von drei Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können (Satz 3). Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens drei Monate betragen (Satz 4). Die Genehmigung gilt nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Das ist hier der Fall. Denn der Antrag war am 23.06.2010 vollständig und hat damit die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG in Gang gesetzt (a). Diese Frist ist während ihres Laufs von der Beklagten nicht verlängert worden (b), und der Kläger ist auch nicht gehindert, sich auf den Ablauf der Frist am 23.09.2010 zu berufen (c).
27 
a) Die Dreimonatsfrist zur Entscheidung über den Antrag des Klägers begann am 23.06.2010 zu laufen. Zwar ergeben sich aus § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG keine spezifischen Anforderungen an den Genehmigungsantrag, der lediglich bei der Genehmigungsbehörde eingegangen sein muss. In Rechtsprechung und Literatur wird jedoch zutreffend angenommen, dass erst die Vollständigkeit des Antrags den Beginn der Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG auslöst (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 06.10.1999 - 3 S 1643/99 - BA S. 3; OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 31.03.2015 - 7 B 11168/14 - juris Rn. 5; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 23.10.2015 - 13 B 875/15 - juris Rn. 5; OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O.; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 - GewArch 1997, 118; Hessischer VGH, Urteil vom 15.10.2002 - 2 UE 2948/01 - juris Rn. 37; OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003 - 1 L 174/03 - juris Rn. 13; VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012 - 1 K 46/10 - juris Rn. 41; Fielitz/Grätz, PBefG, Loseblattslg., § 15 Rn. 5, § 12 Rn. 3; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl., 2013, § 15 Rn. 2; Bauer, PBefG, 2010, § 15 Rn. 6; Heinze/Fiedler, a.a.O., § 15 Rn. 27; Broscheit, GewArch 2015, 209 [210]; vgl. allg. auch Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, VwVfG, § 42a Rn. 58: objektive Vollständigkeit der Unterlagen). Insoweit ist mit dem in § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG genannten Antrag der nach Maßgabe des § 12 PBefG vollständige Antrag gemeint (a. A. Bidinger, Personenbeförderungsrecht, Loseblattslg., § 15 Rn. 13: Antrag mit den Angaben des § 17 PBefG).
28 
Diese Sichtweise entspricht auch dem Sinn und Zweck der Genehmigungsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG. Denn diese Bestimmung, die die Beschleunigung des Verfahrens zum Ziel hat (vgl. BT-Drs. 12/6269 S. 145; s. allgemein auch Uechtritz, a.a.O., § 42a Rn. 17), soll ersichtlich die Position des Antragstellers gegenüber einer untätigen Genehmigungsbehörde stärken. Um jedoch in schutzwürdiger Weise auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion vertrauen zu können, muss der Antragsteller seinerseits zunächst die Behörde durch die Einreichung vollständiger Antragsunterlagen in die Lage versetzt haben, über den Antrag zu entscheiden. Die mit der Genehmigungsfiktion beabsichtigte Beschleunigung des Verfahrens steht dem nicht entgegen. Denn der Schutzzweck der Fiktion kann sich nur auf Umstände beziehen, die der Einflussnahme des jeweiligen Antragstellers entzogen sind. Bei unvollständigen Antragsunterlagen ist dies indes nicht der Fall. Dabei wird den jeweiligen Antragstellern angesichts der gesetzlichen Regelung der dem Antrag beizufügenden Unterlagen bzw. der zu machenden Angaben auch nichts Unzumutbares abverlangt. Im Gegenteil spricht die Zielrichtung des Personenbeförderungsgesetzes - der Schutz der zu befördernden Fahrgäste - dafür, dass nur ein sorgfältiger Antragsteller in den Genuss der Genehmigungsfiktion kommen soll (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003, a.a.O.).
29 
aa) Welche Anforderungen an einen vollständigen Antrag zu stellen sind, wird in Rechtsprechung und Literatur freilich nicht einheitlich beurteilt. So wird zum Teil auf die für die Aushändigung der Genehmigungsurkunde nach § 17 PBefG erforderlichen Angaben abgehoben (Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 13), zum Teil wird von dem Antrag erwartet, dass er den Anforderungen der §§ 12, 13 PBefG genügt (vgl. zum Meinungsstand: OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010 - 3 Bs 206/10 - GewArch 2011, 120).
30 
Der Auffassung, die Angaben im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 4 PBefG seien verzichtbar und es sei für den Eintritt des Laufs der Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG ausreichend, wenn die für die Ausstellung der Genehmigungsurkunde nach § 17 PBefG erforderlichen Angaben gemacht würden (Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 13), vermag sich der Senat nicht anzuschließen (vgl. auch OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 09.12.2003, a.a.O., Rn. 14; OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O., Rn. 39; VG Berlin, Beschl. v. 25.10.2001 - 11 A 482.01 - NZV 2002, 340; Fielitz/Grätz, a.a.O., §15 Rn. 5). Die Genehmigungsurkunde nach § 17 PBefG enthält gemäß dessen Absatz 1 lediglich Angaben, die erforderlich sind, um Inhalt und Umfang der Genehmigung zu beschreiben; weitere Angaben zu den Genehmigungsvoraussetzungen sind darin nicht vorgesehen. Damit kann es im Zusammenhang mit dem Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht sein Bewenden haben. Die Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG soll dem Antragsteller um eine Genehmigung über Verfahrenshemmnisse hinweghelfen, die in einer verzögerten Bearbeitung seines Antrags durch die Genehmigungsbehörde begründet sind. Sie hat - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht den Zweck, sonstige Verfahrensvereinfachungen herbeizuführen oder materielle Genehmigungsanforderungen herabzusetzen. Deshalb ist es zunächst Sache des Antragstellers, einen hinreichend prüffähigen Antrag vorzulegen, der sich an den Vorgaben des § 12 PBefG orientiert, in welchem die Angaben und Unterlagen, die der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung enthalten soll, bezeichnet werden. Erst durch einen solchen Antrag entsteht die begründete Erwartung, dass sich die Genehmigungsbehörde mit ihm abschließend befasst und zu einer Bescheidung innerhalb der dann in Lauf gesetzten Frist nach § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG gelangt. Tut sie das nicht, dann tritt die Genehmigungsfiktion im Beschleunigungsinteresse des Antragstellers zu dessen Gunsten ein.
31 
bb) Nach diesen Grundsätzen war der Antrag des Klägers auf Erteilung von zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen am 23.06.2010 vollständig.
32 
(1) Das Verwaltungsgericht hat zurecht erkannt, dass es für die Vollständigkeit des Antrags auf die zwingend vorzulegenden Unterlagen nach § 12 Abs. 2 PBefG ankommt (ebenso VG Freiburg, Urteil vom 25.01.2012 - 1 K 46/10 - juris Rn. 41; wohl auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010, a.a.O., juris Rn. 25). Dieser Sichtweise entspricht auch das von der Beklagten mit Ankreuzfeldern vorverfügte Formular und ihre später im ablehnenden Bescheid vertretene Auffassung, dass die subjektiven Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen. Die von der Beklagten nach ihrem Antragsformular für maßgeblich gehaltenen und gesetzlich zwingend vorzulegenden Unterlagen hat der Kläger vorgelegt. Namentlich hat er seinem Antrag eine Bescheinigung des Finanzamts vom 06.04.2010, eine solche des Trägers der Sozialversicherung vom 06.04.2010 und eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der BG Verkehr vom 01.04.2010 beigefügt. Keine dieser Bescheinigungen war zum Zeitpunkt der Antragstellung älter als drei Monate, sodass den Anforderungen des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 der auf § 57 Abs. 1 Nr. 4 PBefG beruhenden Berufszugangsverordnung für den Straßenpersonenverkehr vom 15. Juni 2000 - PBZugV - (BGBl. I S. 851) insoweit Rechnung getragen war. Dies gilt auch für die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 PBZugV geforderte Vermögensübersicht, die unter dem 09.11.2009 von einer Steuerberaterin testiert worden und damit zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht älter als ein Jahr war (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Satz 3 PBZugV a.E.).
33 
(2) Wie das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend ausgeführt hat, fehlte bei Antragstellung die nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1PBZugV erforderliche Unbedenklichkeitsbescheinigung der Gemeinde, die die Beklagte - zugleich Wohnsitzgemeinde des Klägers - allerdings unter dem 14.06.2010 bei dem (eigenen) Amt 20.3 selbstständig angefordert hat und die mit dem Vermerk „keine Rückstände“ unter dem 23.06.2010 erstellt wurde. Der Senat neigt mit dem Verwaltungsgericht dazu, bereits dieses Datum für die Vollständigkeit des Antrags zugrunde zu legen und die Postlaufzeit von einigen Tagen zwischen den beiden Ämtern (Bürgerdienste und Amt 20.3) unberücksichtigt zu lassen. Selbst wenn man aber dem Vorbringen der Beklagten im Berufungsverfahren folgen und eine Postlaufzeit zwischen den beteiligten Ämtern von zwei Arbeitstagen zugrunde legen wollte, wäre der Antrag hinsichtlich der nach § 12 Abs. 2 PBefG zwingenden Angaben am 25.06.2010 (Freitag) oder am 26.06.2010 (Samstag) vollständig gewesen. Soweit die Beklagte mit ihrem Vorbringen im Berufungsverfahren für die Vollständigkeit des Antrags und den Beginn der Entscheidungsfrist den 14.07.2010 zugrunde gelegt wissen will, teilt der Senat diese Auffassung nicht. Denn für den Lauf der Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG kommt es ersichtlich nicht darauf an, ob der Sachbearbeiter der Beklagten längerfristig erkrankt ist und sich seine Vertreterin - wie hier offenbar bis 13.07.2010 - im Erholungsurlaub befindet. Denn bei der in § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG genannten Frist handelt es sich nicht um eine Netto-Bearbeitungsfrist, die an die konkreten Bearbeitungsmöglichkeiten der zuständigen Sachbearbeiterin anknüpft (und deshalb ggf. um Urlaubs- und Krankheitstage zu verlängern ist), sondern um eine Entscheidungsfrist, die zudem bei unvorhergesehenen Erkrankungen oder sonstigen Schwierigkeiten der Sachbearbeitung nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG verlängert werden kann. Deshalb kommt eine Erstreckung des Fristbeginns auf den 14.07.2010 - den Tag der Urlaubsrückkehr der Sachbearbeiterin - nicht in Betracht.
34 
(3) Das Verwaltungsgericht hat - wiederum zutreffend - ausgeführt, dass und warum die „Soll-Angaben“ des § 12 Abs. 1 Nrn. 1 und 4 PBefG, soweit diese überhaupt fehlen und sich auch nicht „aus den Umständen“ ergeben, keinen Einfluss auf den Lauf der Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG haben. Der Senat macht sich die entsprechenden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil zu eigen (UA S. 12 bis 15; juris Rn. 34 ff.) und sieht insoweit von weiteren Ausführungen ab, zumal auch die Beklagte im Berufungsverfahren hiergegen nichts mehr erinnert hat.
35 
b) Die am 23.06.2010 in Lauf gesetzte Entscheidungsfrist ist von der Beklagten nicht verlängert worden. Denn die Verlängerung ist nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG nur mittels Zwischenbescheid möglich, an dem es hier - nicht nur der Form, sondern auch dem Inhalt nach - gerade fehlt und dessen Erlass von der Beklagten auch erkennbar nicht beabsichtigt war. Insbesondere handelt es sich - was auf der Hand liegt und nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 15 und 16) keiner weiteren Vertiefung bedarf - bei den Schreiben der Beklagten vom 03.08.2010 und vom 16.09.2010 nicht um Zwischenbescheide in dem in § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG bezeichneten Sinne, was im Übrigen bereits daraus erhellt, dass darin die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG weder verlängert noch eine neue Frist gesetzt wird (vgl. zu den Anforderungen an die Fristverlängerung nach § 15 Abs. 1 Satz 3 PBefG: VG Düsseldorf, Beschluss vom 22.10.2014 - 6 L 2238/14 - juris Rn. 26; VG Neustadt/Weinstr., Urteil vom 23.04.2012 - 3 K 804/11 - juris Rn. 27; Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 18 ff.; Fielitz/Grätz, a.a.O., § 15 Rn. 6).
36 
c) Der Kläger ist schließlich auch nicht mit Blick auf Treu und Glauben gehindert, sich auf den Ablauf der Entscheidungsfrist und den damit verbundenen Eintritt der Fiktionswirkung zu berufen. Denn es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, der Kläger habe das Verfahren bewusst in die Länge gezogen, um den Fiktionseintritt zu bewirken. Im Übrigen wäre es aber wohl ohnedies Aufgabe der Genehmigungsbehörde, auf ein solches - hier nicht gegebenes - Verhalten zu reagieren und etwa die Entscheidungsfrist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 PBefG angemessen zu verlängern oder den Antrag wegen Nichtvorliegens der Genehmigungsvoraussetzungen abzulehnen. Schließlich gibt es auch für einen Verzicht des Klägers auf den Eintritt der Genehmigungsfiktion keinen Anhaltspunkt (vgl. zur Verzichtbarkeit etwa VG Neustadt/Weinstr., Urteil vom 23.04.2012, a.a.O., juris Rn. 30; Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 22; Fromm/Sellmann/Zuck, Personenbeförderungsrecht, 4. Aufl., 2013, § 15 Rn. 2; ablehnend VG Gera, Urteil vom 30.10.2002 - 2 K 945/99.GE - LKV 2003, 532; Uechtritz, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, a.a.O., § 42a Rn. 35).
37 
2. Allerdings haben sich die als erteilt geltenden zehn Genehmigungen für den Gelegenheitsverkehr mit Taxen zwischenzeitlich durch Zeitablauf im Sinne des § 43 Abs. 2 LVwVfG erledigt.
38 
Der Kläger geht einerseits davon aus, die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Genehmigung sei bereits mit Eintritt der Fiktion unanfechtbar im Sinne des § 15 Abs. 2 PBefG geworden (Bl. 103 d.A.), meint aber andererseits, die Geltungsdauer der Genehmigung beginne erst mit Aushändigung der Genehmigungsurkunde. Dem vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Dabei mag die Frage der Unanfechtbarkeit der gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierten Genehmigung letztlich offen bleiben (vgl. hierzu unten 3.). Denn die - weithin vertretene (vgl. Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 42; Fielitz/Grätz, a.a.O., § 15 Rn. 9; Scheidler, GewArch 2011, 417 [419]) - Auffassung, die Genehmigung werde erst mit Aushändigung der Genehmigungsurkunde wirksam (so Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 42) bzw. dürfe dann erst „ausgenutzt werden“ (so Fielitz/Grätz, a.a.O., § 15 Rn. 9), findet im Gesetz keine Stütze.
39 
a) Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Genehmigung erfüllt zwar nicht die Begriffsmerkmale eines Verwaltungsakts im Sinne des § 35 Satz 1 LVwVfG, der fingierte Verwaltungsakt wird der erteilten Genehmigung aber in § 15 Abs. 1 PBefG gleichgestellt und zwar unabhängig von einer § 42a Abs. 1 Satz 2 LVwVfG entsprechenden Bestimmung (vgl. Uechtritz, in Mann/Sennekamp/Uechtritz, a.a.O., § 42a Rn. 41). Denn § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG enthält gleichsam die gesetzliche Wertung, dass als Genehmigung (Verwaltungsakt) auch die fingierten Genehmigungen gelten (Uechtritz, DVBl. 2010, 684 [687]; Jarass, NJW 1998, 1097 [1101]; Ziekow, VwVfG, 3. Aufl., 2013, § 42a Rn. 5; Dürig, in: Obermayer/Funke-Kaiser, VwVfG, § 42a Rn. 14). Gegenüber dem Adressaten (Antragsteller) wird die als erteilt geltende Genehmigung mit Fiktionseintritt wirksam; ab diesem Zeitpunkt kann er sich auf die Genehmigung berufen (vgl. statt vieler Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., 2014, § 42a Rn. 54; ebenso zu § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.05.2004 - 3 S 1968/03 - BA S. 6). Die nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Genehmigung ist gegenüber dem Kläger somit am 23.09.2010 wirksam geworden.
40 
Der von Bidinger (a.a.O., § 15 Rn. 42) vertretenen gegenteiligen Auffassung, die das Wirksamwerden der Fiktionsgenehmigung auf den Zeitpunkt der Aushändigung der Urkunde verlegen will, folgt der Senat nicht. Das Gesetz bietet hierfür keine Anhaltspunkte. Zwar wurde bis zum Inkrafttreten des Dritten Rechtsbereinigungsgesetzes zum 01.07.1990 „die Genehmigung (…) durch Aushändigung der Genehmigungsurkunde erteilt“ (§ 17 Abs. 1 PBefG 1961). Seit der Neufassung des § 17 Abs. 1 PBefG ist das aber nicht mehr der Fall. Dabei mag auf sich beruhen, ob der Gesetzgeber an der früheren Rechtslage etwas ändern wollte (verneinend: Bidinger, a.a.O., § 15 Rn. 42; OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 29.02.1996 - 4 L 40/95 - GewArch 1997, 118); entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber die Rechtslage insoweit objektiv geändert hat. Für ein im Wege der Auslegung zu korrigierendes Redaktionsversehen gibt es keinen Anhaltspunkt. Für eine Korrektur des eindeutigen Wortlauts des § 15 PBefG, der zwischen Genehmigung und Genehmigungsurkunde unterscheidet, besteht auch aus methodischen Gründen weder Veranlassung noch Möglichkeit. Insbesondere passt sich die Neufassung der §§ 15, 17 Abs. 1 PBefG durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz in die allgemeine verwaltungsverfahrensrechtliche Systematik ein, wonach die Bestandskraft eines Verwaltungsakts auf sein Wirksamwerden folgt. Es gibt deshalb im Fachrecht keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass abweichend von den allgemeinen Grundsätzen die Wirksamkeit der Genehmigung von der Aushändigung der Urkunde abhängen soll (OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16.09.2004 - 7 LB 3545/01 - NVwZ-RR 2005, 105; VG Aachen, Beschluss vom 29.03.2005 - 2 L 111/05 - juris Rn. 19; Heinze/Fiedler, in: Heinze/Fehling/Fiedler, a.a.O., § 15 Rn. 35). Vielmehr unterscheidet das Gesetz in wünschenswerter Eindeutigkeit zwischen der (wirksamen) Erteilung bzw. Fiktion der Genehmigung und deren Unanfechtbarkeit. Die Unanfechtbarkeit ist Voraussetzung für die Aushändigung der Urkunde, welche lediglich Nachweisfunktion hat (vgl. § 17 Abs. 3 PBefG). Die hiergegen gerichteten Einwände des Klägers greifen nicht durch. Er rekurriert insoweit auf die den Pflichtenkreis des Taxiunternehmers regelnde Vorschrift des § 47 PBefG. Indes ergibt sich aus dieser Bestimmung nichts über das Wirksamwerden der Genehmigung nach §§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4, 15 Abs. 1 PBefG, insbesondere findet sich dort keine Aussage dazu, dass die Genehmigung von der Aushändigung der Urkunde abhängt. Gewichtiger erscheint der Hinweis des Klägers auf § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b) PBefG. Nach dieser Bestimmung handelt ordnungswidrig, wer vorsätzlich oder fahrlässig den Vorschriften des PBefG über das Mitführen und Aushändigen von Urkunden (§ 17 Abs. 4, § 20 Abs. 4) zuwiderhandelt. Der Kläger schließt aus dieser Bestimmung, der Unternehmer sei mit Blick auf § 17 Abs. 4 Satz 1 PBefG erst ab dem Zeitpunkt der Aushändigung der Genehmigungsurkunde in der Lage, Personen ordnungsgemäß zu befördern, da er andernfalls bei jeder Fahrt eine Ordnungswidrigkeit begehe. Diese Lesart des § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b) PBefG hält der Senat nicht für zwingend. Namentlich dürfte die Ordnungsgemäßheit der Beförderung - insoweit ähnlich wie im Verhältnis von Fahrerlaubnis und Führerschein - nicht davon abhängen, ob der Unternehmer die Genehmigungsurkunde oder eine gekürzte amtliche Ausfertigung mit sich führt. Auch das Führen eines Kraftfahrzeugs erfolgt nicht unerlaubt, wenn der Fahrzeugführer seinen Führerschein nicht mit sich führt, obwohl auch hierin eine Ordnungswidrigkeit im Sinne von § 75 Nr. 4 FeV liegen kann. Der nämliche Bußgeldtatbestand dürfte daher eher den Verstoß gegen die Nachweisfunktion sanktionieren und spricht wohl nicht die Ordnungsgemäßheit der Beförderung an. Im Übrigen fehlt es seit der Neufassung des § 17 Abs. 1 PBefG durch das Dritte Rechtsbereinigungsgesetz vom 28. Juni 1990 gerade an einer § 22 Abs. 4 Satz 7 FeV entsprechenden Bestimmung („Die Fahrerlaubnis wird durch die Aushändigung des Führerscheins.. erteilt“), aus der abzuleiten ist, dass die Genehmigungserteilung durch Aushändigung der Urkunde erfolgt. Dergleichen lässt sich aus dem Personenbeförderungsgesetz nicht herleiten. Insoweit erscheint auch ein Verständnis des § 61 Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe b) PBefG dahingehend gerechtfertigt, dass ordnungswidrig nur derjenige handeln kann, dem eine Genehmigungsurkunde nach § 15 Abs. 2 PBefG oder die ihr nach § 17 Abs. 4 PBefG gleichgestellte gekürzte amtliche Ausfertigung bereits ausgehändigt worden ist und damit nicht derjenige, dem die Genehmigungsurkunde von der Behörde zu Unrecht nicht ausgehändigt wurde.
41 
b) Die dem Kläger gegenüber am 23.09.2010 wirksam gewordene Genehmigung galt deshalb für die Höchstdauer von zwei Jahren (§ 13 Abs. 5 Satz 5 PBefG) und ist zwischenzeitlich - und zwar schon vor dem erstmaligen Berufen auf den Fiktionseintritt im Rahmen der Klagebegründung - unwirksam geworden. Von der Möglichkeit, eine abweichende Geltungsdauer zu bestimmen (vgl. hierzu auch § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe d) PBefG), hat der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Im Gegenteil hat er in seinem Antrag, der Grundlage der fingierten Genehmigung ist, eingetragen, die Genehmigung solle „sofort“ gelten. Damit hat er selbst bestimmt, dass die fingierte Genehmigung am 23.09.2010 wirksam und gültig geworden und am 22.09.2012 abgelaufen ist. Ein Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde besteht deshalb nicht mehr (ebenso OVG Niedersachsen, Urteil vom 22.01.2014, a.a.O., juris Rn. 42). Denn wenn sich der Zweck der Genehmigungsurkunde in deren Nachweisfunktion erschöpft, ist nicht ersichtlich, weshalb der Kläger heute noch Anspruch auf eine Urkunde haben sollte, die sich auf eine Zeit bezieht, in der er im Stadtgebiet der Beklagten keinen Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen betrieben hat.
42 
c) Soweit der Kläger dieser Rechtsauffassung entgegen hält, er könne seinen Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde schwerlich durchsetzen, soweit - wie hier - die Genehmigungsbehörde den Fiktionseintritt bestreite, geht der Einwand fehl. Es ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass sich der Anspruch auf Aushändigung der Genehmigungsurkunde notfalls im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren nach § 123 VwGO durchsetzen lässt (vgl. etwa VG Oldenburg, Beschlüsse vom 17.05.2011 - 11 B 860/11 - juris Rn. 2, 8 und 9, und vom 24.08.2007 - 7 B 2197/07 - juris Rn. 7 ff.). Auch der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt, eine einstweilige Anordnung diesen Inhalts bereits erstritten zu haben. Inwieweit daneben auch ein Anspruch auf Ausstellung einer Bescheinigung nach § 42a Abs. 3 LVwVfG besteht, bedarf aus Anlass des vorliegenden Falles keiner Klärung (vgl. hierzu auch OVG Hamburg, Beschluss vom 18.11.2010, a.a.O.).
43 
3. Keiner abschließenden Beurteilung bedarf demnach die Frage, ob die Genehmigungsurkunde - gleichsam alternativ - von der Beklagten mit der Begründung verweigert werden darf, die Genehmigung sei zwar noch nicht durch Zeitablauf erledigt, sie sei aber noch nicht im Sinne des § 15 Abs. 2 PBefG unanfechtbar geworden. Soweit die zwischenzeitlich wohl mehrheitlich vertretene Auffassung zutreffen sollte, der Rang auf der Vormerkliste für die Vergabe von Taxikonzessionen gebe dem Bewerber eine den Schutz des § 42 Abs. 2 VwGO genießende Rechtsposition, die u.a. zum Widerspruch gegen die Zuteilung einer Konzession außerhalb der Vormerkliste oder ohne Berücksichtigung der Rangfolge berechtige (vgl. hierfür OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.1990 - 13 B 1283/90 - NVwZ-RR 1991, 147 ; VG Sigmaringen, Urteil vom 11.11.2015 - 1 K 3511/14 - juris Rn. 43; Bauer, Personenbeförderungsgesetz, 1. Aufl. 2010, § 13 Rn. 69; Jahn, in: Redeker/Uechtritz, Anwalts-Handbuch Verwaltungsverfahren, 2. Aufl., 2012, C. Personenbeförderungsrecht, Rn. 82; dagegen noch BVerwG, Urteil vom 28.06.1963 - VII C 23.63 - BVerwGE 16, 190 [194]), dürfte eine Unanfechtbarkeit der Genehmigung jedenfalls derzeit nicht gegeben sein. Denn nach der (bereinigten) Warteliste der Beklagten (Stand 19.07.2016) gehen dem Kläger zwei Bewerber rangstellenmäßig vor.
III.
44 
Bleibt die Klage hinsichtlich des Hauptantrags nach dem Vorstehenden ohne Erfolg, fällt der auf Genehmigungserteilung gerichtete Hilfsantrag zur Entscheidung an. Die Klage ist insoweit - wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat - deshalb unbegründet, weil die Anträge des Klägers vom 31.05.2010 infolge des Fiktionseintritts „verbraucht“ sind. Zu ihrer positiven Bescheidung kann die Beklagte daher nicht verpflichtet werden.
45 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Denn die Frage, ab welchem Zeitpunkt im Falle des Eintritts einer Genehmigungsfiktion gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG die Geltungsdauer der fingierten Genehmigung beginnt, stellt sich in einer Vielzahl von Fällen und ist grundsätzlich klärungsbedürftig.
46 
Beschluss vom 27. Oktober 2016
47 
Der Streitwert wird gemäß §§ 52 Abs. 1 Satz 1, 43 Abs. 1, 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 GKG auf150.000,-- EUR festgesetzt (15.000,-- je beantragter Genehmigung).
48 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Die Entscheidung über den Antrag erfolgt schriftlich; sie ist den Antragstellern und, soweit diese Einwendungen erhoben haben, auch den in § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Personen und Stellen zuzustellen. Über den Antrag ist innerhalb von 3 Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können. Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens 3 Monate betragen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Die Frist für eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr beginnt frühestens mit dem ersten Kalendertag nach dem Ablauf der Antragsfrist in § 12 Absatz 5 oder 6.

(2) Ist die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden, wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt. Einer juristischen Person darf die Genehmigungsurkunde erst ausgehändigt werden, wenn die Eintragung in das Register nachgewiesen ist.

(3) Die Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, sofern sich diese Nebenbestimmungen im Rahmen des Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen halten. Wurden dem Genehmigungsantrag weitere Bestandteile im Sinne des § 12 Absatz 1a hinzugefügt, so ist deren Einhaltung durch eine Auflage zur Genehmigung abzusichern, in deren Kontrolle die zuständige Behörde auf ihren Wunsch eingebunden werden kann.

(4) Die Genehmigung darf nicht vorläufig oder mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden.

(5) Die Genehmigungsbehörde hat die zuständige Berufsgenossenschaft von der Erteilung der Genehmigung zu unterrichten.

(1) Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, kann das Schriftstück zugestellt werden

1.
in der Wohnung einem erwachsenen Familienangehörigen, einer in der Familie beschäftigten Person oder einem erwachsenen ständigen Mitbewohner,
2.
in Geschäftsräumen einer dort beschäftigten Person,
3.
in Gemeinschaftseinrichtungen dem Leiter der Einrichtung oder einem dazu ermächtigten Vertreter.

(2) Die Zustellung an eine der in Absatz 1 bezeichneten Personen ist unwirksam, wenn diese an dem Rechtsstreit als Gegner der Person, der zugestellt werden soll, beteiligt ist.

Ist die Zustellung nach § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 nicht ausführbar, kann das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt werden, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt. Der Zusteller vermerkt auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom 16. Dezember 2008  10 K 4614/05 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Rahmen einer Außenprüfung wurde festgestellt, dass diese im Streitjahr Inhaber eines Depots bei der X-Bank waren. In diesem befanden sich --neben hier nicht relevanten festverzinslichen Wertpapieren und Aktien-- Anteile an Investmentfonds mit Sitz in den USA (sog. Mutual Funds), die in Deutschland nicht registriert waren (§ 17 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a oder b des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge in der im Streitjahr geltenden Fassung --AuslInvestmG--) und auch nicht die Voraussetzungen des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG erfüllten.
Einige Fondsanteile, die bereits länger als ein Jahr von den Klägern gehalten wurden, wurden im Streitjahr veräußert.

2

Der Prüfer ermittelte bislang nicht erklärte Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 180.329 €, und zwar
- Ausschüttungen aus Investmentanteilen nach § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2, Satz 2 AuslInvestmG in Höhe von 10 % des Marktpreises der zum 31. Dezember 2002 im Depot befindlichen Fondsanteile (40.009,42 €),
- Zwischengewinne aus der Veräußerung von ausländischen Investmentanteilen nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG in Höhe von 20 % des Veräußerungspreises der im Streitjahr veräußerten Fondsanteile (140.320,42 €).

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) rechnete die Einkünfte den Klägern jeweils zur Hälfte zu und erhöhte die von den Klägern erklärten Kapitaleinkünfte im geänderten Einkommensteuerbescheid 2002 um diesen Betrag.

4

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage mit Urteil vom 16. Dezember 2008  10 K 4614/05 aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 554 veröffentlichten Gründen abgewiesen.

5

Die für die Kläger bestimmte Ausfertigung des Urteils ist der damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger, einer Rechtsanwaltssozietät, im Wege eines Zustellungsauftrages durch die Deutsche Post AG zugestellt worden. In der vom Zusteller unterzeichneten Zustellungsurkunde ist angegeben worden, dass der Umschlag nach dem vergeblichen Versuch der Übergabe in einen zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung gelegt worden ist. Als Tag der Zustellung ist der 24. Dezember 2008 (Mittwoch) in die Zustellungsurkunde eingetragen worden.

6

Die Revisionsschrift der Prozessbevollmächtigten der Kläger ist am Dienstag, den 27. Januar 2009, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen. Nach einem telefonischen Hinweis der Geschäftsstelle des Senats, dass die Frist zur Einlegung der Revision bereits am 26. Januar 2009 abgelaufen sei, hat die Prozessbevollmächtigte dem widersprochen: das Urteil sei ihr erst am 29. Dezember 2008 (Montag) zugegangen. Die Kanzlei sei vom 24. bis 28. Dezember 2008 nicht geöffnet gewesen. Die für die Leerung des Briefkastens sowie für die Öffnung und Verteilung der Eingangspost zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte B habe die Sendung am 29. Dezember 2008 im Kanzleibriefkasten vorgefunden. Dem bearbeitenden Rechtsanwalt habe B auf sofortige Nachfrage gesagt, der Brief sei am 29. Dezember 2008 eingegangen. Auf dem Briefumschlag fehle die Angabe des Tages der Zustellung.

7

Mit Beschluss vom 7. Februar 2013 VIII R 2/09 (BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823) hat der Senat dem Großen Senat des BFH die Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt, ob ein zuzustellendes Schriftstück i.S. von § 189 der Zivilprozessordnung (ZPO) bereits dann als zugestellt gilt, wenn nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf mit einer Entnahme aus dem Briefkasten und der Kenntnisnahme gerechnet werden kann oder erst dann, wenn der Empfänger das Schriftstück in den Händen hält.

8

Mit Beschluss vom 6. Mai 2014 GrS 2/13 (BFHE 244, 536, BStBl II 2014, 645) hat der Große Senat des BFH diese Frage dahingehend beantwortet, dass bei einer Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten, die gegen zwingende Zustellungsvorschriften verstößt, weil der Zusteller entgegen § 180 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Dokuments das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat, das zuzustellende Dokument i.S. des § 189 ZPO in dem Zeitpunkt tatsächlich zugegangen ist, in dem der Empfänger das Dokument in die Hand bekommt.

9

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts.
Sie begehren, die durch die Außenprüfung ermittelten Einkünfte aus den sog. "schwarzen" Fonds unberücksichtigt zu lassen.

10

§ 18 Abs. 3 AuslInvestmG sei verfassungswidrig. Die Pauschalbesteuerung unabhängig von der wirklichen Ertragslage oder davon, ob überhaupt Erträge entstanden seien, verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) und gegen Art. 14 Abs. 1 GG. Auch der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens für Einkünfte aus ausländischen Investmentanteilen verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Darüber hinaus verstießen die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG und der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens für Einkünfte aus ausländischen Investmentanteilen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV).

11

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil der Vorinstanz und die Einspruchsentscheidung des FA vom 24. November 2005 aufzuheben und die Einkommensteuer 2002 unter Änderung des Einkommensteuerbescheides vom 22. August 2005 auf 176.223 € festzusetzen.

12

Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

13

II. 1. Die Revision ist zulässig.

14

Sie ist am 27. Januar 2009 und damit innerhalb der Frist des § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eingelegt worden. Diese endete mit Ablauf des 29. Januar 2009.

15

a) Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich beim BFH einzulegen.

16

aa) Die Frist beginnt nach § 54 Abs. 1 FGO mit der Bekanntgabe der Entscheidung oder dem Zeitpunkt, an dem die Bekanntgabe als bewirkt gilt. Urteile des FG werden gemäß § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2, § 53 Abs. 1 und 2 FGO nach den Vorschriften der ZPO zugestellt.
Die Revisionsfrist beginnt daher nach § 54 Abs. 2 FGO i.V.m. § 222 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit Ablauf des Tages, an dem die Zustellung erfolgt ist.

17

bb) Wählt das Gericht --wie hier-- den Weg der Zustellung durch Zustellungsauftrag der Deutschen Post AG nach § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 176 ZPO, ist bei einer dann nach § 176 Abs. 2, § 180 ZPO zulässigen Ersatzzustellung die Zustellung grundsätzlich mit der Einlegung des Schriftstücks in den Briefkasten bewirkt (§ 180 Satz 2 ZPO). Voraussetzung hierfür ist jedoch u.a., dass der Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung vermerkt (§ 180 Satz 3 ZPO).

18

cc) Dieser Vermerk gehört zu den zwingenden Zustellungsvorschriften i.S. des § 189 ZPO. Fehlt dieser Vermerk, liegt ein Zustellungsmangel vor, der zur Unwirksamkeit der Zustellung führt (BFH-Beschlüsse vom 19. Januar 2005 II B 38/04, BFH/NV 2005, 900; vom 19. September 2007 VI B 151/06, BFH/NV 2007, 2332; BFH-Urteil vom 21. September 2011 I R 50/10, BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197).

19

dd) Zustellungsmängel werden unter den Voraussetzungen des § 189 ZPO geheilt: Wenn sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen lässt oder das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften ergangen ist, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

20

Der tatsächliche Zugang i.S. des § 189 ZPO liegt nach dem eingeholten Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 244, 536, BStBl II 2014, 645 in dem Zeitpunkt vor, in dem der Empfänger das Dokument in die Hand bekommt (so auch BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2005, 900; in BFH/NV 2007, 2332; BFH-Urteil in BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197).

21

b) Im Streitfall ist das vorinstanzliche Urteil der Prozessbevollmächtigten erst am 29. Dezember 2008 tatsächlich zugegangen, so dass erst dann die Monatsfrist des § 120 Abs. 1 Satz 1 FGO zu laufen begann.

22

aa) Die Ersatzzustellung durch Niederlegung in den Briefkasten der Prozessbevollmächtigten ist zwar bereits am Mittwoch, den 24. Dezember 2008, erfolgt, wie durch die Eintragung in die Zustellungsurkunde dokumentiert worden ist (§ 182 Abs. 1 ZPO). Die Zustellung war jedoch unwirksam, da der Zusteller das Datum der Zustellung nicht --wie in § 180 Satz 3 ZPO verlangt-- auf dem Briefumschlag des FG vermerkt hatte.

23

Die Kläger haben dies durch Vorlage des Briefumschlages nachgewiesen. Der Senat hat keine Zweifel, dass es sich bei dem vorgelegten Briefumschlag um denjenigen handelt, in dem das Urteil der Vorinstanz enthalten war. Dafür sprechen der Absenderstempel des FG sowie auch der handschriftliche Vermerk auf dem Umschlag "Eingang Montag 29.12.2008".

24

bb) Dies führt dazu, dass die Zustellung erst am Montag, den 29. Dezember 2008 bewirkt worden ist, als die Kanzlei erstmals seit dem 24. Dezember 2008 wieder geöffnet war und das Urteil aus dem Briefkasten entnommen und dem bearbeitenden Prozessbevollmächtigten vorgelegt wurde. Der Senat hat keinen Anlass an diesen Angaben der Prozessbevollmächtigten zu zweifeln; ebenso wenig daran, dass die Kanzlei am 24. Dezember 2008 ganztägig geschlossen war und aufgrund der gesetzlichen Feiertage und dem sich daran anschließenden Wochenende erst am 29. Dezember 2008 wieder geöffnet wurde. Die Beschriftung des Umschlages und die vorgelegten Kopien des Fristenkalenders mit dem notierten Fristablauf am 29. Januar 2009 unterstützen dies.

25

2. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

26

Die Kläger haben in den Streitjahren Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) aus den "schwarzen" Fonds erzielt. Diese wurden vom FA zutreffend nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG ermittelt (s. hierzu unter II.2.a).
§ 18 Abs. 3 AuslInvestmG ist weder verfassungswidrig (s. hierzu unter II.2.b-d) noch verstößt er gegen Unionsrecht (s. hierzu unter II.2.e und II.2.f), soweit er auf "schwarze" Fonds mit Sitz im Drittland anwendbar ist.

27

a) Das FG hat zutreffend entschieden, dass die Festsetzung der Einkünfte aus Kapitalvermögen der Kläger den Vorschriften des nationalen Steuerrechts entspricht.

28

aa) Die Besteuerung von Erträgen aus Anteilen an ausländischen Investmentfonds richtet sich nach §§ 17 ff. AuslInvestmG. Die Erträge von im Privatvermögen gehaltenen Anteilen unterliegen --ebenso wie die aus inländischen Sondervermögen-- als Einkünfte aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG der Einkommensteuer (§ 17 Abs. 1 Satz 1 und § 18 Abs. 1 Satz 1 AuslInvestmG).

29

Dabei differenziert das AuslInvestmG hinsichtlich des Umfangs und der Art der Ermittlung der Erträge danach, ob die ausländischen Fonds im Inland registriert oder an einer deutschen Börse zum Handel zugelassen sind, einen inländischen Vertreter bestellt haben und bestimmte Nachweis- und Veröffentlichungspflichten erfüllen (§ 17 Abs. 3, § 18 Abs. 1 und Abs. 2 AuslInvestmG):
Während die Erträge ausländischer Fonds, die im Inland registriert sind, einen inländischen Vertreter bestellt haben und die in § 17 Abs. 3 AuslInvestmG genannten Nachweis-, Bekanntgabe- und Veröffentlichungspflichten erfüllen (sog. "weiße" Fonds) weitgehend wie die Erträge aus inländischen Fonds besteuert werden (vgl. § 39 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften in der für das Streitjahr geltenden Fassung --KAGG--), gelten für nicht registrierte Fonds die Sonderregelungen des § 18 AuslInvestmG. Erträge dieser (sog. "grauen" und "schwarzen") Fonds unterliegen nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG insofern einer schärferen Besteuerung beim Anleger, als alle ausgeschütteten und thesaurierten Veräußerungsgewinne aus dem Verkauf von Wertpapieren und Bezugsrechten durch den Fonds nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern sind. Eine weitere Verschärfung sieht § 18 Abs. 3 AuslInvestmG für "schwarze" Fonds vor, d.h. für solche, die der Verpflichtung des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG zur Bestellung eines inländischen Vertreters und/oder zum Nachweis der in § 18 Abs. 1 AuslInvestmG genannten Besteuerungsgrundlagen nicht oder nicht vollständig nachgekommen sind. Für diese "schwarzen" Fonds schreibt das Gesetz zwingend eine Pauschalbesteuerung der laufenden Erträge und des bei der Veräußerung oder Rückgabe der Anteile erzielten Zwischengewinns vor (BFH-Urteile vom 18. November 2008 VIII R 24/07, BFHE 223, 398, BStBl II 2009, 518; vom 18. November 2008 VIII R 2/06, BFH/NV 2009, 731).

30

bb) Da die hier streitigen Fondsvermögen nach den Feststellungen der Außenprüfung nicht im Inland registriert waren, sind die  Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 AuslInvestmG für die Anwendung der für "weiße" Fonds geltenden Vorschriften nicht erfüllt.
Auch die Voraussetzungen für die Besteuerung der Erträge nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 AuslInvestmG ("graue" Fonds) liegen unstreitig nicht vor.

31

cc) Die Erträge des Klägers aus den Anteilen an den Fonds unterliegen deshalb der für "schwarze" Fonds geltenden Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 AuslInvestmG.

32

aaa) Danach sind beim Empfänger neben den Ausschüttungen auf die ausländischen Investmentanteile 90 % des Mehrbetrages anzusetzen, der sich zwischen dem ersten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahme- oder Marktpreis und dem letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahme- oder Marktpreis eines ausländischen Investmentanteils ergibt; mindestens sind 10 % des letzten im Kalenderjahr festgesetzten Rücknahme- oder Marktpreises anzusetzen.

33

bbb) Nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG sind im Fall der Veräußerung der Fondsanteile 20 % des Veräußerungsentgeltes als Zwischengewinn zu versteuern.

34

ccc) Falls die Fondsanteile innerhalb eines Jahres nach Anschaffung wieder veräußert werden, unterliegen diese Einkünfte nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG als Spekulationsgeschäfte der Besteuerung.

35

ddd) Die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens gemäß § 3 Nr. 40 EStG ist sowohl für die laufenden Erträge als auch für die Zwischengewinne ausgeschlossen. Dies folgt aus § 18 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG, der auch für die nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG ermittelten Einkünfte gilt (Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, KAGG/AuslInvestmG, § 18 AuslInvestmG Rz 4).

36

dd) Es sind keine Feststellungen getroffen worden, dass die Fonds im Streitjahr Ausschüttungen vorgenommen haben. Ein (positiver) Mehrbetrag zwischen dem ersten und dem letzten im Kalenderjahr festgestellten Marktpreis ist bei keinem der Fonds realisiert worden.
Daher hat das FA zutreffend nach § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG Einkünfte in Höhe von 10 % des letzten im Kalenderjahr festgestellten Marktpreises angesetzt.

37

Da die Kläger darüber hinaus einige Fondsanteile veräußert haben, wurde zutreffend ein Zwischengewinn nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG in Höhe von 20 % des Veräußerungspreises angesetzt.

38

Das FA hat zu Recht davon abgesehen, zusätzlich einen Veräußerungsgewinn nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG anzusetzen, da die Fondsanteile außerhalb der einjährigen Spekulationsfrist veräußert wurden.

39

ee) Wie auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist, ist das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland für die nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG pauschal ermittelten Einkünfte weder nach dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29. August 1989 (BGBl II 1991, 355, BStBl I 1991, 95) in der im Streitjahr geltenden Fassung (DBA-USA 1989) ausgeschlossen, noch sind diese Einkünfte nach Art. 23 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a DBA-USA 1989 von der Besteuerung freizustellen.

40

b) § 18 Abs. 3 AuslInvestmG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, soweit er auf im Drittland ansässige Fonds anzuwenden ist.

41

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Er gilt für ungleiche Belastungen wie auch für ungleiche Begünstigungen. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengeren Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse reichen. Für die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen kommt es wesentlich darauf an, in welchem Maß sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten nachteilig auswirken kann. Genauere Maßstäbe und Kriterien dafür, unter welchen Voraussetzungen der Gesetzgeber den Gleichheitssatz verletzt, lassen sich nicht abstrakt und allgemein, sondern nur in Bezug auf die jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereiche bestimmen (ständige Rechtsprechung, vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 12. Oktober 2010  1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181, unter D.I., m.w.N.).

42

bb) Im Bereich des Steuerrechts hat der Gesetzgeber bei der Auswahl des Steuergegenstandes und bei der Bestimmung des Steuersatzes einen weitreichenden Entscheidungsspielraum. Die grundsätzliche Freiheit des Gesetzgebers, diejenigen Sachverhalte zu bestimmen, an die das Gesetz dieselben Rechtsfolgen knüpft und die es so als rechtlich gleich qualifiziert, wird hier, insbesondere im Bereich des Einkommensteuerrechts, vor allem durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: durch das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und durch das Gebot der Folgerichtigkeit. Danach muss im Interesse verfassungsrechtlich gebotener steuerlicher Lastengleichheit darauf abgezielt werden, Steuerpflichtige bei gleicher Leistungsfähigkeit auch gleich hoch zu besteuern (horizontale Steuergerechtigkeit), während (in vertikaler Richtung) die Besteuerung höherer Einkommen im Vergleich mit der Steuerbelastung niedrigerer Einkommen angemessen sein muss. Bei der Ausgestaltung des steuerrechtlichen Ausgangstatbestands muss die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden. Ausnahmen von einer solchen folgerichtigen Umsetzung bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes (BVerfG-Beschluss vom 6. Juli 2010  2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, unter C.I.2.a, m.w.N.).

43

cc) Als besondere sachliche Gründe für Ausnahmen von einer folgerichtigen Umsetzung und Konkretisierung steuergesetzlicher Belastungsentscheidungen hat das BVerfG in seiner bisherigen Rechtsprechung vor allem außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse anerkannt, nicht jedoch den rein fiskalischen Zweck staatlicher Einnahmenerhöhung (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, unter C.I.2.b, m.w.N.).

44

Insbesondere ist die Befugnis des Gesetzgebers zur Vereinfachung und Typisierung zu beachten: Jede gesetzliche Regelung muss verallgemeinern. Bei der Ordnung von Massenerscheinungen ist der Gesetzgeber berechtigt, die Vielzahl der Einzelfälle in dem Gesamtbild zu erfassen, das nach den ihm vorliegenden Erfahrungen die regelungsbedürftigen Sachverhalte zutreffend wiedergibt. Auf dieser Grundlage darf er grundsätzlich generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen treffen, ohne allein schon wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Typisierung bedeutet, bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammenzufassen. Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, können generalisierend vernachlässigt werden. Der Gesetzgeber darf sich grundsätzlich am Regelfall orientieren und ist nicht gehalten, allen Besonderheiten jeweils durch Sonderregelungen Rechnung zu tragen. Die gesetzlichen Verallgemeinerungen müssen allerdings von einer möglichst breiten, alle betroffenen Gruppen und Regelungsgegenstände einschließenden Beobachtung ausgehen. Insbesondere darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen (BVerfG-Beschlüsse in BVerfGE 126, 268, BStBl II 2011, 318, unter C.I.2.b, und in BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181, unter D.I., jeweils m.w.N.).

45

dd) Die Pauschalbesteuerung des § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 4 AuslInvestmG führt zwar zu einer Ungleichbehandlung (s. unter aaa), da sie im Einzelfall gegen den Grundsatz einer Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit verstoßen kann (s. unter bbb); sie ist jedoch jedenfalls für Fonds mit Sitz im Drittland durch hinreichende, die Pauschalierung tragende Rechtfertigungsgründe gedeckt (s. unter ccc).

46

aaa) Die maßgebliche Ungleichbehandlung besteht darin, dass es eine § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 4 AuslInvestmG entsprechende pauschale Besteuerung für Einkünfte aus inländischen Investmentfonds, die ihren Veröffentlichungs- und Nachweispflichten nicht nachkommen, nicht gibt. Bei inländischen Fonds werden die laufenden Erträge in der tatsächlichen Höhe ermittelt, ebenso wie die Zwischengewinne im Falle der Veräußerung (vgl. BFH-Beschluss vom 14. September 2005 VIII B 40/05, BFH/NV 2006, 508). Erfüllt ein inländischer Fonds seine Bekanntmachungs- und Nachweispflichten nicht, sind die Besteuerungsgrundlagen der Anteilseigner nach § 162 der Abgabenordnung (AO) unter Berücksichtigung aller bekannten tatsächlichen Umstände zu schätzen.

47

Bei einem ausländischen Fonds, der die Veröffentlichungs- und Nachweispflichten nicht erfüllt oder keinen inländischen Vertreter bestellt hat, richten sich die gesetzlichen Rechtsfolgen gestaffelt nach § 18 Abs. 1 und Abs. 3 AuslInvestmG. Danach werden auch bei ausländischen Fonds laufende Erträge und Zwischengewinne vorrangig in der tatsächlichen Höhe angesetzt und erst bei nicht vollständigem Nachweis und/oder fehlendem inländischen Vertreter nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG pauschal ermittelt. Die Pauschalbesteuerung ersetzt eine individuelle Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO.
Der Steuerpflichtige hat bei einer Beteiligung an einem "schwarzen" Fonds nicht die Möglichkeit, eventuelle tatsächliche niedrigere Einkünfte nachzuweisen oder zumindest durch Vorlage geeigneter Unterlagen eine sachgerechtere Schätzung der tatsächlichen Einkünfte nach § 162 AO zu erreichen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 508).

48

Diese Ungleichbehandlung von inländischen und ausländischen Investmentfonds benachteiligt im Ergebnis indes nur solche Investmentfonds, die in Drittstaaten ansässig sind.
Nachdem der Senat mit Urteilen vom 18. November 2008 (in BFHE 223, 398, BStBl II 2009, 518, und in BFH/NV 2009, 731) entschieden hat, dass § 18 Abs. 3 AuslInvestmG für in Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) ansässige Fonds gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt, hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) durch Schreiben vom 6. Juli 2009 IV C 1-S 1980-a/07/0001 (BStBl I 2009, 770) die Anwendung der §§ 17, 18 AuslInvestmG auf im Drittland ansässige Investmentfonds beschränkt. Investmentfonds mit Sitz in der EU oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), mit dem ein der Richtlinie 77/799/EWG des Rates vom 19. Dezember 1977 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern --Amtshilfe-Richtlinie-- (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1977, Nr. L 336, 15) in der durch die Richtlinie 2004/106/EG des Rates vom 16. November 2004 --Amtsblatt der Europäischen Union (ABlEU) 2004, Nr. L 359, 30-- geänderten Fassung (ersetzt mit Wirkung vom 1. Januar 2013 durch die Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15. Februar 2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG --ABlEU 2011, Nr. L 64, 1--) vergleichbares Abkommen geschlossen wurde, werden seither auch für die Streitjahre nach den für inländische Investmentfonds geltenden Regelungen des KAGG besteuert. An dieses BMF-Schreiben sind die Finanzbehörden aufgrund des aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung gebunden.

49

bbb) Die Pauschalbesteuerung führt dann zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zu Lasten des Steuerpflichtigen, wenn die tatsächlich erzielten ausgeschütteten oder thesaurierten Erträge, die nach § 17 AuslInvestmG oder nach § 18 Abs. 1 AuslInvestmG zu versteuern wären, zu einer niedrigeren Steuer führen würden als die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 oder Satz 4 AuslInvestmG.

50

ccc) Der Gesetzgeber hält sich mit der Norm jedoch noch innerhalb seiner Typisierungs- und Pauschalierungsbefugnis.
Er verfolgt einen legitimen, die Pauschalierung rechtfertigenden Zweck (s. unter (1)). Auch die konkrete Ausgestaltung der Norm liegt noch innerhalb seines Gestaltungsspielraumes (s. unter (2)), da der Nachweis der tatsächlichen Einkünfte nicht ausgeschlossen ist, kein atypischer Fall als Leitbild gewählt wurde und die Höhe noch als angemessen angesehen werden kann.

51

(1) Mit der Pauschalbesteuerung wollte der Gesetzgeber zum einen eine gleichmäßige Besteuerung für alle Arten von ausländischen Fonds sicherstellen, die entsprechende Bescheinigungen und Nachweise für eine Ermittlung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen nicht oder nicht vollständig erbringen, und zum anderen nicht gerechtfertigte Steuervorteile verhindern. Dabei ging er davon aus, dass gerade bei thesaurierenden ausländischen Investmentfonds, die keine Nachweise zur Verfügung stellen und auch keinen inländischen Ansprechpartner benennen, eine Ermittlung der Einkünfte nicht möglich sei und dies gezielt dazu genutzt werden könne, nicht gerechtfertigte Steuervorteile zu erzielen (BTDrucks V/3494, S. 16 f., 26; vgl. BFH-Urteil vom 7. April 1992 VIII R 79/88, BFHE 168, 111, BStBl II 1992, 786). Dies kommt in der Gestaltung der Pauschalbesteuerung in § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG dadurch zum Ausdruck, dass nach der 1. Alternative des Satzes 1 die tatsächlichen Ausschüttungen zuzüglich 90 % eines Mehrwertes des Fondanteils der Besteuerung zugrunde zu legen sind, wenn diese höher sind als 10 % des Rücknahme- oder Marktpreises.

52

Die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Besteuerung und die Verhinderung nicht gerechtfertigter Steuervorteile sind legitime und zur Rechtfertigung von Typisierungen grundsätzlich geeignete Ziele (vgl. BVerfG-Beschluss in BVerfGE 127, 224, BFH/NV 2011, 181, unter D.III.3.a; BFH-Urteil in BFHE 168, 111, BStBl II 1992, 786).

53

(1.1) Die Pauschalbesteuerung dient der Vereinfachung der Einkünfteermittlung. Es liegt auf der Hand, dass eine Pauschalierung, die an den im Regelfall ohne größere Schwierigkeiten festzustellenden Rücknahmepreis oder Veräußerungspreis anknüpft, wesentlich einfacher zu ermitteln ist, als die Zusammensetzung und Höhe der ausgeschütteten und vor allem der thesaurierten Erträge eines ausländischen Fonds, der seinen Nachweispflichten nicht nachgekommen ist.

54

Die Festlegung einer einheitlichen Ausgangsgröße und eines festen Prozentsatzes gewährleistet einen gleichmäßigen Ansatz der Einkünfte innerhalb der Gruppe von Anteilseignern "schwarzer" Fonds.

55

(1.2) Durch die Pauschalbesteuerung können auch ungerechtfertigte Steuervorteile vermieden werden, die entstehen könnten, wenn der ausländische Fonds seine thesaurierten Erträge und die Zwischengewinne nicht offenlegt. Dann hätte es der Fonds in der Hand, durch Art und Umfang der von ihm bekannt gemachten Angaben die Besteuerung der Anteilseigner zu beeinflussen.

56

(2) Die Ausgestaltung der Pauschalbesteuerung ist noch von der Typisierungsbefugnis gedeckt.

57

(2.1) § 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 AuslInvestmG ordnet aus Vereinfachungsgründen eine unwiderlegbare pauschale Schätzung anstelle einer individuellen Schätzung der Besteuerungsgrundlagen an.

58

Die hiermit einhergehende Ungenauigkeit bei der Ermittlung der Erträge ist zwangsläufige Folge einer Pauschalierung.

59

Entscheidend ist, dass der Gesetzgeber die Besteuerung nicht ohne die Möglichkeit eines Nachweises von tatsächlichen niedrigeren Einkünften ausgestaltet hat.

60

Vielmehr sind nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG die tatsächlichen Einkünfte vorrangig vom Steuerpflichtigen nachzuweisen.
Die Pauschalbesteuerung greift als letztes Mittel erst dann ein, wenn der vollständige Nachweis der tatsächlichen Einkünfte weder durch den Fonds noch durch den Steuerpflichtigen gelingt (vgl. BTDrucks V/3494, S. 26; Schmitt, Deutsches Steuerrecht 2002, 2193 f.). Sie ist damit Folge des fehlenden Nachweises der tatsächlichen Einkünfte. Dabei gestattet der Gesetzgeber nicht nur den von ihm angeordneten Nachweis nach § 17 AuslInvestmG durch den Fonds, sondern nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG jede Form des Nachweises durch alle Arten von Unterlagen. Die vorgelegten Unterlagen müssen auch nicht in deutscher Sprache abgefasst sein --eine Übersetzung ist ausreichend. Damit sind die Voraussetzungen an den Nachweis denkbar weit gefasst-- akzeptiert wird jede vollständige Form des Nachweises. Diesen Nachweis kann auch der Anteilseigner erbringen (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 508). Der Gesetzgeber wollte die Besteuerung der Anteilseigner damit gerade nicht vom Verhalten des im Inland kaum kontrollierbaren Fonds abhängig machen (vgl. Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., § 18 AuslInvestmG Rz 30).

61

Einzige zusätzliche Voraussetzung ist, dass der Fonds einen inländischen Vertreter benennt, der diesen gegenüber den Finanzbehörden vertreten und die Einkünfte verifizieren kann.

62

Es ist vom Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt, nur einen vollständigen Nachweis der Einkünfte i.S. des § 18 Abs. 2 AuslInvestmG der Besteuerung zugrunde zu legen und anderenfalls eine pauschale Schätzung der Besteuerungsgrundlagen anzuordnen.

63

Ebenfalls noch vom Gestaltungsspielraum gedeckt ist, dass es im Einzelfall trotz eines vollständigen Nachweises der Einkünfte i.S. von § 18 Abs. 2 AuslInvestmG allein wegen des --vom Steuerpflichtigen nicht zu beeinflussenden-- Fehlens eines inländischen Vertreters zur Pauschalbesteuerung kommen kann.

64

Die Bestellung eines inländischen Vertreters erhöht die Chancen der Finanzverwaltung, Erträge ausländischer Fonds durch Nachfragen zu verifizieren. Im Übrigen ist es dem Steuerpflichtigen zuzumuten, sich vor Erwerb von Anteilen an ausländischen Investmentfonds über die steuerlichen Folgen zu informieren und entsprechend zu disponieren. So konnte der Steuerpflichtige entweder beim Fonds selbst oder bei der depotführenden Bank Erkundigungen über die Bestellung eines inländischen Vertreters einholen. Auch das damals dafür zuständige Bundesamt für Finanzen hatte auf seiner Internetseite eine Liste mit allen Fonds veröffentlicht, die einen steuerlichen Vertreter bestellt hatten.

65

(2.2) Der Gesetzgeber hat der Pauschalierung auch keinen atypischen Fall als Regelfall zugrunde gelegt.

66

Der Gesetzgeber ist typisierend davon ausgegangen, dass die Pauschalbesteuerung im Regelfall dann eingreift, wenn es sich um einen Fonds handelt, dessen Anlagestrategie auf Thesaurierung der Erträge ausgerichtet ist.
Zwar bilden sich im Laufe des Jahres erwirtschaftete, thesaurierte Erträge regelmäßig in einem Mehrwert des Fondswertes zum Ende des Jahres ab, jedoch kann auch bei einer geringeren Wertsteigerung oder auch einer Wertminderung nicht davon ausgegangen werden, dass der jeweilige Fonds keine Erträge erwirtschaftet und thesauriert hat. Je nach Anlagestrategie des Fonds können sich Wertminderungen auch aus Verlusten auf der Vermögensebene des gehaltenen Fondsvermögens ergeben, die einen Zufluss von laufenden Erträgen in das Fondsvermögen jedoch nicht verhindern.
Daher durfte der Gesetzgeber zwar grob pauschalierend --aber noch zulässig-- davon ausgehen, dass in jedem Veranlagungszeitraum steuerpflichtige Erträge erwirtschaftet worden sind. Durch die prozentuale Anknüpfung an den Rücknahmepreis wird auch einer sinkenden Ertragslage bei einem korrespondierend sinkenden Rücknahmepreis der Anteile noch hinreichend Rechnung getragen.

67

Auch die Besteuerung eines pauschalen Zwischengewinnes im Zeitpunkt der Veräußerung der Fondsanteile in Höhe von 20 % des Veräußerungspreises legt keinen atypischen Fall zugrunde. Zwar wird dadurch weder die Besitzdauer noch die Kursentwicklung oder die tatsächliche Ertragslage im Zeitpunkt der Veräußerung berücksichtigt (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 508). Der Gesetzgeber durfte jedoch davon ausgehen, dass mit dem Veräußerungsentgelt typischerweise auch bereits angefallene aber noch nicht ausgeschüttete Fondserträge abgegolten werden. Dies kann auch bei einer kürzeren Besitzdauer und auch bei einem insgesamt gesunkenen Kurswert zwischen Anschaffung und Veräußerung der Fall sein.
Auch hier ist zudem zu berücksichtigen, dass die Pauschalbesteuerung nur eingreift, wenn weder der Fonds noch der Anteilsinhaber die tatsächlichen Erträge nach § 18 Abs. 1 und Abs. 2 AuslInvestmG vollständig nachgewiesen haben. Daher durfte eine pauschalierende Regelung die tatsächliche Ertragslage unberücksichtigt lassen.
Eine Doppelbesteuerung als (laufender) Zwischengewinn und als Veräußerungsgewinn im Rahmen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG wird dadurch vermieden, dass der Zwischengewinn den Veräußerungspreis i.S. des § 23 Abs. 3 Satz 1 EStG mindert (vgl. auch Brinkhaus in Brinkhaus/Scherer, a.a.O., § 18 AuslInvestmG Rz 54 und § 17 AuslInvestmG Rz 111).

68

(2.3) Eine abweichende verfassungsrechtliche Beurteilung ist jedenfalls bei im Drittland ansässigen Fonds auch nicht aufgrund der gemeinschaftsrechtlichen Maßstäbe geboten.

69

Auch wenn innerhalb der EU aufgrund der Geltung der Grundfreiheiten nur in engen Grenzen eine unterschiedliche steuerliche Behandlung aufgrund der Staatsangehörigkeit von natürlichen Personen oder des Sitzes von Gesellschaften zulässig ist, ist der Gesetzgeber im Verhältnis zu Drittstaaten von Verfassungs wegen grundsätzlich nicht daran gehindert, Investitionen im Drittland steuerlich anders zu behandeln als solche im Inland (vgl. BFH-Urteil in BFHE 168, 111, BStBl II 1992, 786, m.w.N.).

70

Selbst im Rahmen der unionsrechtlichen Diskriminierungsverbote ist anerkannt, dass Beschränkungen von Investitionen im Drittland im Hinblick auf ihre Rechtfertigung grundsätzlich nicht nach den gleichen Maßstäben beurteilt werden müssen, wie Investitionen in EU-Mitgliedstaaten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) kann aufgrund des Grades der unter den Mitgliedstaaten der EU bestehenden rechtlichen Integration, insbesondere angesichts der Amtshilfe-Richtlinie, eine Beschränkung des Kapitalverkehrs mit Drittstaaten aus einem bestimmten Grund gerechtfertigt sein, auch wenn dieser Grund keine überzeugende Rechtfertigung für eine Beschränkung des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten darstellen würde (EuGH-Urteile A vom 18. Dezember 2007 C-101/05, EU:C:2007:804, Rz 37, 60 ff., BFH/NV 2008, Beilage 2, 105; Test Claimants in the FII Group Litigation vom 12. Dezember 2006 C-446/04, EU:C:2006:774, Rz 171 f., BFH/NV 2007, Beilage 4, 173; BFH-Urteil in BFH/NV 2009, 2047).

71

Die Ausführungen des EuGH im Urteil van Caster und van Caster vom 9. Oktober 2014 C-326/12 (EU:C:2014:2269, BFH/NV 2014, 2029) stehen dem nicht entgegen.

72

In diesem Fall hat der EuGH zwar entschieden, dass die Nachfolgeregelung der Pauschalbesteuerung in § 6 des Investmentsteuergesetzes (InvStG) einen nicht gerechtfertigten --weil unverhältnismäßigen-- Eingriff in die Kapitalverkehrsfreiheit darstellt. Denn dadurch würden Steuerpflichtige daran gehindert, Nachweise vorzulegen, die --insbesondere hinsichtlich der Präsentation-- anderen Kriterien entsprechen als den in den §§ 2 bis 4 InvStG für Investitionen im Inland vorgesehenen. Dies gehe über das hinaus, was erforderlich sei, um die Wirksamkeit der steuerlichen Kontrolle zu gewährleisten. Es lasse sich nämlich nicht von vornherein ausschließen, dass die betreffenden Steuerpflichtigen einschlägige Belege vorlegen könnten, anhand derer die deutsche Finanzverwaltung die Angaben, die erforderlich seien, um die Steuer auf die Erträge aus den Investmentfonds ordnungsgemäß zu bemessen, klar und genau prüfen könne.

73

Indes bestehen gewichtige Unterschiede zwischen dem AuslInvestmG und dem InvStG, da die Besteuerung nach dem InvStG zu einer Verschärfung der Pauschalbesteuerung geführt hat. Die Besteuerung nach dem InvStG unterscheidet sich insofern von den Regelungen des AuslInvestmG, als dort keine nach Umfang der Nachweispflichten getroffene Abstufung zwischen "weißen", "grauen" und "schwarzen" Fonds mehr vorgenommen wird. Die Besteuerung der tatsächlichen Erträge nach §§ 2 bis 4 InvStG setzt voraus, dass der Fonds alle in § 5 Abs. 1 InvStG genannten Nachweis- und Veröffentlichungspflichten erfüllt. Sofern dies nicht der Fall ist, greift die --§ 18 Abs. 3 AuslInvestmG entsprechende-- Pauschalbesteuerung nach § 6 InvStG ein. Die Möglichkeit für den Steuerpflichtigen, nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG durch sämtliche irgendwie gearteten Unterlagen die Besteuerungsgrundlagen selbst nachzuweisen, besteht nicht mehr.

74

(2.4) Die Höhe der gewählten Pauschalbesteuerung ist ebenfalls noch vom Gestaltungsspielraum gedeckt.

75

(2.4.1) Bei Einführung des § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG sollte die Besteuerung "keinesfalls zu niedrig" angesetzt werden, um insbesondere Erträge aus thesaurierenden Fonds zutreffend zu besteuern (BTDrucks V/3494, S. 26).

76

Dem Gesetzgeber ist hier ein weiter Gestaltungsspielraum zuzubilligen, da es keine typischerweise erzielbaren Erträge bei ausländischen Investmentfonds gibt.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass nach § 18 AuslInvestmG nicht nur Investmentfonds mit Wertpapier- oder verbrieftem Geldvermögen (z.B. Geldmarkt- oder Cash-Fonds), sondern auch Immobilienfonds oder gemischte Fonds besteuert werden, so dass hinsichtlich der typischerweise erzielbaren Erträge nicht nur auf die Renditen im Bereich der Wertpapiergeschäfte zurückgegriffen werden kann.

77

Zudem unterliegen im Anwendungsbereich des § 18 AuslInvestmG nicht nur die laufenden Erträge, sondern auch sämtliche Veräußerungsgewinne der Besteuerung, so dass beispielsweise auch Kursgewinne aus der Veräußerung von Aktien oder anderem Fondsvermögen zu berücksichtigen sind.

78

Zwar unterstellt die gesetzliche Typisierung eine sehr hohe jährliche Fondsrendite. Da die Pauschalbesteuerung jedoch erst eingreift, wenn der Fonds und der Anteilseigner ihren Nachweispflichten nach § 18 Abs. 2 AuslInvestmG nicht nachgekommen sind, erscheint die Höhe der Pauschalierung unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages noch vertretbar.

79

Auch Schätzungen nach § 162 AO sind nach ständiger Rechtsprechung nicht schon deswegen rechtswidrig, weil sie von den tatsächlichen Verhältnissen abweichen; solche Abweichungen sind notwendig mit einer Schätzung verbunden, die in Unkenntnis der wahren Gegebenheiten erfolgt. Die Schätzung erweist sich vielmehr erst dann als rechtswidrig, wenn sie den durch die Umstände des Falles gezogenen Schätzungsrahmen verlässt. Wird die Schätzung erforderlich, weil der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten verletzt, kann sich das Finanzamt an der oberen Grenze des Schätzungsrahmens orientieren, weil der Steuerpflichtige möglicherweise Einkünfte verheimlichen will (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 15. Juli 2014 X R 42/12, BFH/NV 2015, 145; vom 15. Mai 2002 X R 33/99, BFH/NV 2002, 1415).

80

Dass der Gesetzgeber in § 6 InvStG ab dem Veranlagungszeitraum 2004 die Pauschalbesteuerung auf 6 % gesenkt und damit "wesentlich entschärft und ihres teilweise beanstandeten Strafcharakters entkleidet" (so BTDrucks 15/1553, S. 121 f.) hat, führt nicht dazu, dass die Beträge in § 18 AuslInvestmG von Verfassungs wegen ebenfalls rückwirkend angepasst werden müssten. Es liegt im Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, den Wechsel der Besteuerung nicht rückwirkend, sondern nur für künftige Veranlagungszeiträume anzuordnen.

81

(2.4.2) Auch die Wahl des Rücknahmepreises und Veräußerungspreises als Bezugsgrößen kann als Maßstab akzeptiert werden (a.A. Hundertmark, Betriebs-Berater 1969, 1262, 1264). Beide Größen verkörpern den Wert der im Fondsvermögen gehaltenen einzelnen Anlagen sowie der vom Fonds thesaurierten Erträge und der Zwischengewinne.

82

Ein prozentualer Anteil hiervon ist daher geeignet, den Wert der laufenden Erträge und Zwischengewinne abzubilden.

83

(2.5) Der Senat hält an seiner früheren Rechtsauffassung im Beschluss in BFH/NV 2006, 508, nach der er bei summarischer Prüfung ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG hatte, aus den zuvor dargestellten Gründen nicht mehr fest.

84

(2.6) Die Kläger machen zwar geltend, durch die Besteuerung tatsächlich nicht erzielter Erträge könne es zu einem Verstoß gegen das subjektive Nettoprinzip kommen, da die Pauschalbesteuerung in Höhe von 10 % nach § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG auch eingreife, wenn die tatsächlich erzielten Einkünfte unter dem steuerlichen Existenzminimum liegen, dessen Freistellung verfassungsrechtlich geboten ist.

85

Im Streitfall ist diese Konstellation jedoch ersichtlich nicht gegeben, da die Kläger auch ohne Berücksichtigung der nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG zu versteuernden Einkünfte ein zu versteuerndes Einkommen von 404.273 € erzielt haben.

86

Im Übrigen würde es sich hierbei um einen atypischen Einzelfall handeln, den der Gesetzgeber im Rahmen der Verallgemeinerung außer Betracht lassen durfte. Es müssten "tatsächliche" Einkünfte aus allen Einkunftsarten unterhalb des steuerlichen Grundfreibetrages von 7.235 € im Streitjahr (14.470 € bei Zusammenveranlagung) erzielt werden, gleichzeitig jedoch ein erhebliches in ausländische "schwarze" Investmentfonds investiertes Vermögen vorhanden sein. Sofern im Einzelfall eine solche Konstellation vorliegen sollte, wäre die hieraus entstehende Härte unter den weiteren Voraussetzungen der §§ 163, 227 AO im Billigkeitswege zu korrigieren.

87

c) Die Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 AuslInvestmG führt nicht zu einer gegen Art. 14 Abs. 1 GG verstoßenden Übermaßbesteuerung.

88

Das BVerfG hat mit Beschluss vom 18. Januar 2006  2 BvR 2194/99 (BVerfGE 115, 97) klargestellt, dass es keine verbindliche verfassungsrechtliche Obergrenze für die steuerliche Gesamtbelastung gibt. Insbesondere lässt sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 GG keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze in der Nähe einer hälftigen Teilung ("Halbteilungsgrundsatz") ableiten.

89

Jedenfalls wird durch die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG, die eine Bemessungsgrundlage von 20 % des tatsächlich erzielten Veräußerungspreises als Zwischengewinn der regulären Einkommensteuerbelastung unterwirft, selbst bei Eingreifen des Spitzensteuersatzes --im Streitjahr 48 %-- eine verfassungsrechtliche Obergrenze zumutbarer Belastung nicht erreicht.

90

Gleiches gilt auch für die Besteuerung der laufenden Erträge nach § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG. § 18 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG ist als Sollertragsbesteuerung ausgestaltet (Schmitt, DStR 2002, 2193, 2197). Die Bemessungsgrundlage wird um 10 % des Rücknahmepreises erhöht. Selbst wenn in einem Veranlagungszeitraum tatsächlich gar keine Erträge erwirtschaftet worden sein sollten, würde dies bei Eingreifen des Spitzensteuersatzes von 48 % zu einer effektiven steuerlichen Mehrbelastung --ohne korrespondierende Erhöhung der finanziellen Leistungsfähigkeit-- von 4,8 % des Rücknahmepreises führen.

91

d) Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens für Erträge aus ausländischen Fonds gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Denn dies ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.

92

aa) Im Streitfall konnten keine Fondseinkünfte festgestellt werden, auf die die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens überhaupt in Betracht käme.

93

aaa) Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG ist § 3 Nr. 40 EStG auf Einkünfte aus "grauen" und "schwarzen" (ausländischen) Fonds nicht anzuwenden.
Gleiches gilt nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG für Einkünfte aus "weißen" Fonds. Im Ergebnis war damit die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf Ausschüttungen oder ausschüttungsgleiche Erträge für alle ausländischen Investmentfonds ausgeschlossen.
Eine entsprechende Regelung enthielt jedoch auch § 39 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KAGG für Erträge aus inländischen Investmentfonds, so dass insoweit schon keine Ungleichbehandlung gegeben ist.

94

bbb) Für Einkünfte aus inländischen Investmentfonds hingegen war nach § 39 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 40 Abs. 2 KAGG auf ausgeschüttete und nicht zur Ausschüttung oder Kostendeckung verwendete inländische und ausländische Einnahmen des Wertpapier-Sondervermögens i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG (über die Verweisung des § 38b Abs. 5 KAGG und § 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) § 3 Nr. 40 EStG anwendbar. Hiermit sollte die Gleichbehandlung eines Anteilsinhabers mit einem Direktanleger gewährleistet werden, dessen Dividendeneinkünfte ebenfalls nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG zur Hälfte steuerbefreit gewesen wären.
Damit ist die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens für Erträge aus inländischen Investmentfonds folgerichtig auf denjenigen Teil der ausgeschütteten oder thesaurierten Erträge beschränkt, der originäre Einkünfte i.S. des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d, § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt.

95

ccc) Im Streitfall haben die Kläger jedoch weder vorgetragen noch ist feststellbar, dass in den von den Fonds erwirtschafteten Erträgen solche enthalten waren, auf die --in entsprechender Anwendung des § 39 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. § 40 Abs. 2 KAGG-- das Halbeinkünfteverfahren anwendbar sein könnte.

96

bb) Der Gesetzgeber war auch nicht verpflichtet, zugunsten der Steuerpflichtigen typisierend davon auszugehen, dass in den pauschal ermittelten Erträgen ein Anteil enthalten ist, der unter das Halbeinkünfteverfahren fällt, und dies im Rahmen der Pauschalierung zu berücksichtigen.

97

Denn die zutreffende und gleichmäßige Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens bei inländischen und "schwarzen" Fonds würde voraussetzen, dass die in den Erträgen des "schwarzen" Fonds enthaltenen originären Einkünfte i.S. des § 3 Nr. 40 Satz 1 Buchst. d EStG einwandfrei festgestellt werden können.
Diese Voraussetzung ist für "schwarze" Fonds jedoch gerade nicht erfüllt, da es regelmäßig an einem entsprechenden Nachweis der zu versteuernden Erträge auf der Fondsebene insgesamt und auch an einer entsprechenden Aufteilung der darin enthaltenen Einkunftsarten fehlt.

98

e) Wie der EuGH mit Urteil Wagner-Raith vom 21. Mai 2015 C-560/13 (EU:C:2015:347, BFH/NV 2015, 1069) entschieden hat, ist § 18 Abs. 3 AuslInvestmG im Verhältnis zu Drittstaaten wegen der Stand-still-Klausel des Art. 64 AEUV nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messen.

99

aa) §§ 17 und 18 AuslInvestmG, die eine unterschiedliche Besteuerung der Erträge aus Investmentanteilen regeln, stellen eine Maßnahme dar, die den Kapitalverkehr betrifft (EuGH-Urteil Wagner-Raith, EU:C:2015:347, Rz 23 ff., BFH/NV 2015, 1069).

100

bb) Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH gehören zu den Maßnahmen, die Art. 63 Abs. 1 AEUV als Beschränkungen des Kapitalverkehrs verbietet, solche, die geeignet sind, Gebietsfremde von Investitionen in einem Mitgliedstaat oder die dort Ansässigen von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten (EuGH-Urteil van Caster und van Caster, EU:C:2014:2269, Rz 25, m.w.N., BFH/NV 2014, 2029).

101

Da dem Steuerpflichtigen bei Eingreifen der Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG nicht die Möglichkeit eingeräumt ist, durch Einreichen geeigneter Unterlagen eine niedrigere Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu erreichen, ist diese pauschale Besteuerung geeignet, einen Steuerpflichtigen davon abzuhalten, in ausländische Fonds zu investieren, die die in § 17 oder § 18 Abs. 2 AuslInvestmG vorgesehenen Verpflichtungen nicht erfüllen (vgl. EuGH-Urteil van Caster und van Caster, EU:C:2014:2269, Rz 33 f., BFH/NV 2014, 2029).

102

cc) Nach Art. 64 Abs. 1 AEUV berührt Art. 63 AEUV jedoch nicht die Anwendung derjenigen Beschränkungen auf dritte Länder, die am 31. Dezember 1993 aufgrund einzelstaatlicher Rechtsvorschriften im Zusammenhang mit Direktinvestitionen, mit der Niederlassung, der Erbringung von Finanzdienstleistungen oder der Zulassung von Wertpapieren zu den Kapitalmärkten bestehen.

103

aaa) Da die ausländischen Fonds, an denen die Kläger beteiligt waren, ihren Sitz in den USA hatten und dem dortigen Recht unterstanden, führt § 18 Abs. 3 AuslInvestmG im Streitfall zu einer Beschränkung des Kapitalverkehrs im Verhältnis zu dritten Ländern.

104

bbb) Die Pauschalbesteuerung von Erträgen eines ausländischen Investmentfonds nach § 18 Abs. 3 Satz 1 und Satz 4 AuslInvestmG stellt eine Maßnahme dar, die den Kapitalverkehr im Zusammenhang mit der Erbringung einer Finanzdienstleistung i.S. von Art 64 AEUV betrifft (EuGH-Urteil Wagner-Raith, EU:C:2015:347, Rz 48, BFH/NV 2015, 1069).

105

ccc) Die Regelung des § 18 Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG bestand auch am Stichtag 31. Dezember 1993, so dass der zeitliche Anwendungsbereich des Art. 64 AEUV eröffnet ist.

106

Die Pauschalbesteuerung der laufenden Erträge wurde bereits durch das Gesetz über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile, über die Besteuerung ihrer Erträge sowie zur Änderung und Ergänzung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften vom 28. Juli 1969 (BGBl I 1969, 986) eingeführt.

107

Die Pauschalbesteuerung eines Zwischengewinnes nach § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG wurde durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts (Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetz --StMBG--) vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, BStBl I 1994, 50) eingefügt. Dieses trat gemäß Art. 34 Abs. 1 StMBG nach dem Ablauf des Tages seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt, dem 29. Dezember 1993, in Kraft und damit vor Ablauf des Stichtages 31. Dezember 1993.

108

Unschädlich ist, dass nach § 19a Abs. 3 Satz 1 AuslInvestmG die Vorschrift des § 18 Abs. 3 Satz 4 AuslInvestmG erstmals ab dem Jahr 1994 anzuwenden war. Für die Anwendbarkeit des Art. 64 AEUV ist maßgeblich, ob die Regelung bereits "bestanden" hat, d.h. Bestandteil der nationalen Rechtsordnung war (im Ergebnis bereits BFH-Beschluss in BFH/NV 2006, 508).

109

Denn die Beschränkung des Kapitalverkehrs, die darin besteht, dass Anleger davon abgehalten werden können, in Fonds mit Sitz im Drittland zu investieren, trat bereits zu dem Zeitpunkt ein, in dem die Norm in Kraft getreten ist.

110

dd) Die Auffassung des I. Senats des BFH, der im Urteil in BFH/NV 2009, 2047 einen Verstoß von § 18 Abs. 3 AuslInvestmG gegen die Kapitalverkehrsfreiheit auch im Hinblick auf Fonds aus Staaten, die nicht Mitglied der EU oder des EWR sind, festgestellt hat, da Art. 64 AEUV nicht anwendbar sei, ist zwischenzeitlich durch das Urteil des EuGH Wagner-Raith (EU:C:2015:347, BFH/NV 2015, 1069) überholt, der darin über dieselbe Rechtsfrage entschieden hat.
Einer Anfrage an den I. Senat des BFH gemäß § 11 Abs. 3 FGO bedarf es daher nicht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 19; Müller-Horn in Beermann/Gosch, FGO § 11 Rz 12).

111

f) Mangels Entscheidungserheblichkeit kann ebenfalls dahingestellt  bleiben, ob der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens für "schwarze" Fonds gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.

112

aa) Dass nach § 18 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG (und nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 AuslInvestmG) die Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens auf Erträge aus ausländischen Investmentfonds ausgeschlossen ist, kann bereits deswegen keinen Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit darstellen, weil es eine entsprechende Regelung in § 39 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 KAGG auch für Erträge aus inländischen Investmentfonds gibt und es insoweit an einer Diskriminierung fehlt (s. oben unter II.2.d aa).

113

bb) Ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit kommt nur insoweit in Betracht, als es eine § 40 Abs. 2 KAGG entsprechende Rückausnahme für in den ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträgen enthaltene Einnahmen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG im AuslInvestmG nicht gibt.

114

Wie bereits unter II.2.d aa dargestellt, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Ausschluss des Halbeinkünfteverfahrens für diese Erträge gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstößt.

115

Denn im Streitfall sind keine Fondserträge festgestellt worden, auf die das Halbeinkünfteverfahren entsprechend der Regelungen für Erträge aus inländischen Investmentfonds anwendbar wäre.

116

Die --wie unter II.2.e dargestellt-- nicht an der Kapitalverkehrsfreiheit zu messende Pauschalbesteuerung nach § 18 Abs. 3 AuslInvestmG sieht keine pauschale Aufteilung der laufenden Erträge vor, auf die das Halbeinkünfteverfahren anwendbar wäre. Es fehlt daher bereits an einer Bemessungsgrundlage zur Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens.

117

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 2 FGO.

Tatbestand

1

A. I. Vorgelegte Rechtsfrage

2

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Beschluss vom 7. Februar 2013 VIII R 2/09 (BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823) dem Großen Senat des BFH folgende Rechtsfrage zur Entscheidung vorgelegt:

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Ist im Fall einer zulässigen Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten, die gegen zwingende Zustellungsvorschriften verstößt, weil der Zusteller entgegen § 180 Satz 3 der Zivilprozessordnung (ZPO) auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat, das zuzustellende Schriftstück i.S. von § 189 ZPO bereits in dem Zeitpunkt dem Empfänger tatsächlich zugegangen und gilt deshalb als zugestellt, in dem nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf mit einer Entnahme des Schriftstücks aus dem Briefkasten und der Kenntnisnahme gerechnet werden kann, auch wenn der Empfänger das Schriftstück erst später in die Hand bekommt?

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II. Sachverhalt

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) erließ unter dem 22. August 2005 gegenüber den zusammenveranlagten Klägern und Revisionsklägern (Kläger) einen geänderten Einkommensteuerbescheid 2002.

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Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage mit aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetem Urteil vom 16. Dezember 2008  10 K 4614/05 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 554) ab und ließ die Revision zu. Die für die Kläger bestimmte Ausfertigung des Urteils wurde den damaligen Prozessbevollmächtigten der Kläger, drei in einer Sozietät zusammengeschlossenen Rechtsanwälten, im Wege eines Zustellungsauftrags durch die Deutsche Post AG zugestellt. In der vom Zusteller unterzeichneten Zustellungsurkunde wird angegeben, dass der Umschlag nach dem vergeblichen Versuch der Übergabe in einen zum Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung eingelegt wurde. Als Tag der Zustellung wurde der 24. Dezember 2008 (Mittwoch) ohne Angabe einer Uhrzeit in die Zustellungsurkunde eingetragen.

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Die Revisionsschrift der Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 26. Januar 2009 ging am Dienstag, den 27. Januar 2009, beim BFH ein. Nach einem telefonischen Hinweis der Geschäftsstelle des zuständigen VIII. Senats, dass die Frist zur Einlegung der Revision bereits am 26. Januar 2009 abgelaufen sei, widersprachen die Prozessbevollmächtigten dem mit Schriftsatz vom 28. Januar 2009 und stellten zugleich (hilfsweise) namens der Kläger einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Revisionsfrist.

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Die Kläger tragen vor, das Urteil sei ihren Prozessbevollmächtigen erst am 29. Dezember 2008 (Montag) zugegangen. Die Kanzlei sei vom 24. bis 28. Dezember 2008 nicht geöffnet gewesen. Die für die Leerung des Briefkastens sowie die Öffnung und Verteilung der Eingangspost zuständige Rechtsanwaltsfachangestellte B habe die Sendung am 29. Dezember 2008 im Kanzleibriefkasten vorgefunden. Dem bearbeitenden Rechtsanwalt habe B auf sofortige Nachfrage gesagt, der Brief sei am 29. Dezember 2008 eingegangen. Auf dem Briefumschlag fehle die Angabe des Tags der Zustellung. Für den Beginn der Revisionsfrist komme es auf den Tag an, an dem der Prozessbevollmächtigte das zuzustellende Urteil in die Hand bekommen habe, also den 29. Dezember 2008. Danach sei die Revision rechtzeitig eingelegt worden. Hilfsweise sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren; ein möglicher Fehler von B könne den Klägern nicht zugerechnet werden.

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Zur Glaubhaftmachung ihres Vortrags haben die Kläger einen Briefumschlag für eine förmliche Zustellung mit einem Absenderstempel des FG übersandt und beziehen sich im Übrigen auf Versicherungen an Eides statt ihres bearbeitenden Prozessbevollmächtigten und B. Der Briefumschlag enthält im Feld "zugestellt am" keine Eintragung. Handschriftlich ist auf dem Umschlag vermerkt: "Eingang am Montag 29.12.08 laut Frau B ... und Frau T ...".

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Der vorlegende Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Briefzustellers als Zeugen über die Frage, zu welcher Tageszeit das Urteil des FG (am 24. Dezember 2008) in den Briefkasten der Prozessbevollmächtigten der Kläger eingeworfen worden ist.

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III. Vorlagebeschluss des VIII. Senats

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1. Die Vorlagefrage ist nach Auffassung des VIII. Senats zu bejahen. Das Dokument sei dem Empfänger i.S. des § 189 ZPO (hier i.V.m. § 53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) bereits in dem Zeitpunkt tatsächlich zugegangen, in dem nach dem gewöhnlichen Geschehensablauf mit einer Entnahme des Schriftstücks aus dem Briefkasten und der Kenntnisnahme gerechnet werden könne.

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Für den Begriff des Zugangs i.S. des § 189 ZPO sei auf den allgemeinen Zugangsbegriff in § 130 Abs. 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) zurückzugreifen. Da § 189 ZPO für unterschiedliche Fallgruppen fehlerhafter und deswegen unwirksamer Zustellungen Heilungsmöglichkeiten anbieten solle, sei die Vorschrift fallgruppenbezogen auszulegen, nämlich zumindest einerseits für die Fälle, in denen sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen lasse, sowie andererseits für die Fälle, in denen das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen sei. Der Zustellungsfiktion könne nur der Regelungswille entnommen werden sicherzustellen, dass dem Adressaten das Schriftstück ungeachtet etwaiger Zustellungsmängel auch tatsächlich --in der vom Zustellenden in den Verkehr gegebenen verkörperten Form-- zugänglich gemacht worden sei. Die Adressaten fehlerhaft zugestellter Schriftstücke dürften nicht schlechter gestellt werden als die Adressaten ordnungsgemäß zugestellter Dokumente. Sie darüber hinaus gegenüber Adressaten verfahrensfehlerfreier Ersatzzustellungen besser zu stellen, sei nicht Regelungszweck des § 189 ZPO.

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Unter den Umständen des Streitfalls seien die objektiv-rechtlichen Zwecke der Zustellungsvorschriften höher als der Schutz des Adressaten zu bewerten. Für die normative Bestimmung des Heilungszeitpunkts spreche vor allem, dass nur sie dem objektiven Zustellungszweck zum Durchbruch verhelfe, den Zeitpunkt der Zustellung auch im Fall der Heilung einer zunächst fehlgeschlagenen Zustellung rechtssicher bestimmen zu können. Der Zustellungsempfänger könne den durch das Fehlen des Datumsvermerks hervorgerufenen Zweifel über das Datum der Zustellung durch einen Anruf bei Gericht beseitigen; dadurch seien seine Interessen ausreichend gewahrt.

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2. Der VIII. Senat hält die vorgelegte Rechtsfrage für entscheidungserheblich.

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Nach seiner Meinung hat die Einlegung der Sendung in den Briefkasten nicht zu einer nach § 180 Satz 2 ZPO wirksamen Ersatzzustellung geführt, weil das Datum der Zustellung nicht auf dem Umschlag vermerkt und damit gegen die Formvorschrift des § 180 Satz 3 ZPO verstoßen worden sei. Die Missachtung dieser Formvorschrift führe zur Unwirksamkeit der Ersatzzustellung. Der Zustellungsmangel könne nur nach § 189 ZPO geheilt worden sein. Danach gelte das Dokument in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es dem Empfänger tatsächlich zugegangen sei.

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Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei das zuzustellende FG-Urteil am Vormittag des 24. Dezember 2008 in den Briefkasten der Bevollmächtigten der Kläger eingeworfen worden. Der Senat vertrete im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Zustellungen an auf einen Werktag fallenden Silvestertagen die Auffassung, dass am 24. Dezember zumindest bis zum Mittag mit einer Kenntnisnahme von Geschäftspost gerechnet werden könne.

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Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Revisionseinlegungsfrist sei nicht zu gewähren. Die Kläger hätten die Frist nicht ohne Verschulden versäumt, denn sie müssten sich ein Verschulden ihres Bevollmächtigten zurechnen lassen. Im Fall von Zustellungen von Amts wegen nach §§ 166 ff. ZPO müsse der Prozessbevollmächtigte die Fristberechnung anhand des auf dem Zustellungskuvert angebrachten Zustellungsvermerks des Postbediensteten selbst nachprüfen. Fehle der Datumsvermerk, so müsse sich der Prozessbevollmächtigte auf andere Weise --z.B. durch Rückfrage beim FG-- über das Zustellungsdatum erkundigen. Dies sei hier unterblieben.

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3. Wegen der Begründung der Vorlage im Einzelnen wird auf den Vorlagebeschluss in BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823 Bezug genommen.

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IV. Rechtsgrund der Vorlage

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Der VIII. Senat stützt die Vorlage sowohl auf § 11 Abs. 2 FGO als auch auf Abs. 4 der Vorschrift.

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Die Klärung der vorgelegten Rechtsfrage habe grundsätzliche Bedeutung. Wegen der unterschiedlichen Auffassungen der mit der Rechtsfrage bisher befassten BFH-Senate I, II, VI und VIII sowie den verschiedenen Ansichten in der Literatur sei eine Entscheidung durch den Großen Senat erforderlich, um eine einheitliche Rechtsauslegung für die Zukunft zu gewährleisten.

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Mit seiner Auslegung des Merkmals "tatsächlich zugegangen" des § 189 ZPO weiche der vorlegende Senat von dem Beschluss des VI. Senats vom 19. September 2007 VI B 151/06 (BFH/NV 2007, 2332) ab. Der VI. Senat habe mitgeteilt, er stimme einer Abweichung von seiner Rechtsauffassung nicht zu.

Entscheidungsgründe

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B. I. Zulässigkeit der Vorlage

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Die Vorlage des VIII. Senats ist zulässig.

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1. Die Zulässigkeit der Vorlage ergibt sich bereits aus § 11 Abs. 2 und 3 FGO. Der Große Senat entscheidet nach § 11 Abs. 2 FGO, wenn ein Senat des BFH in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats oder des Großen Senats abweichen will. Die Auffassung des vorlegenden Senats weicht von derjenigen des VI. Senats des BFH in BFH/NV 2007, 2332 ab. Dieser Beschluss kann Gegenstand einer Divergenz i.S. des § 11 Abs. 2 FGO sein.

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Der von § 11 Abs. 3 FGO vorausgesetzte Begriff der "Entscheidung" umfasst grundsätzlich auch Beschlüsse (BFH-Beschlüsse vom 28. November 1977 GrS 4/77, BFHE 124, 130, BStBl II 1978, 229, unter C.I.1., und vom 10. März 1969 GrS 4/68, BFHE 95, 366, BStBl II 1969, 435, unter 1.). Eine Abweichung i.S. des § 11 Abs. 2 FGO setzt weiter voraus, dass mit dem Beschluss das seinerzeitige Verfahren abgeschlossen und die nach Meinung des anfragenden Senats nun abweichend zu beantwortende Rechtsfrage endgültig entschieden wurde (vgl. Brandis in Tipke/ Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 11 FGO Rz 4; Müller-Horn in Beermann/Gosch, FGO § 11 Rz 8; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 11 Rz 11; Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler --HHSp--, § 11 FGO Rz 29). Diese Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn mit dem Beschluss eine Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wird und die abschließende Entscheidung über die Rechtsfrage die Entscheidung trägt.

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Mit dem Beschluss in BFH/NV 2007, 2332 hat der VI. Senat eine Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen, nachdem er sie zuvor als zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt beurteilt hat. Die Entscheidung über die Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde setzt deren Zulässigkeit voraus und beinhaltet deshalb eine abschließende Beantwortung der für die Wahrung der Einlegungsfrist bedeutsamen Rechtsfragen. Der Beschluss des VI. Senats in BFH/NV 2007, 2332 ist danach eine Entscheidung, von der i.S. des § 11 Abs. 2 FGO in Bezug auf Rechtsfragen abgewichen werden kann, die die Zulässigkeit der Beschwerde betreffen.

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In Bezug auf eine solche Rechtsfrage, nämlich die Frage, wann ein Dokument i.S. des § 189 ZPO als bekanntgegeben gilt, weicht die Auffassung des vorlegenden Senats von dem Beschluss des VI. Senats des BFH in BFH/NV 2007, 2332 ab.

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Der VI. Senat hat auf Anfrage des vorlegenden Senats mit Beschluss vom 13. November 2012 VI ER-S 3/12 der Abweichung nicht zugestimmt.

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2. Die Zulässigkeit der Vorlage ergibt sich darüber hinaus auch aus § 11 Abs. 4 FGO. Eine Vorlage, die nach Durchführung des Anfrageverfahrens auf Divergenz gestützt wird, kann zusätzlich auch auf den Anfragegrund der grundsätzlichen Bedeutung gestützt werden.

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Die vorgelegte Rechtsfrage war bereits Gegenstand von Entscheidungen mehrerer Senate und kann in Entscheidungen jedes Senats entscheidungserheblich zu beantworten sein. Der vorlegende Senat hat der Rechtsfrage deshalb zutreffend grundsätzliche Bedeutung beigemessen.

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II. Entscheidungserheblichkeit der Vorlage

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Die vorgelegte Rechtsfrage ist für die Entscheidung des VIII. Senats erheblich. Bei Verneinung der Vorlagefrage entsprechend der Rechtsauffassung des VI. Senats wäre die Revision der Kläger zulässig, denn der Zustellungsmangel wäre dann am 29. Dezember 2008 dadurch geheilt worden, dass der Bevollmächtigte der Kläger die Ausfertigung des FG-Urteils "in den Händen hielt". Die Frist zur Einlegung der Revision wäre bei Eingang der Revisionsschrift am 27. Januar 2009 noch nicht abgelaufen gewesen. Der vorlegende Senat ginge dann ausweislich des Vorlagebeschlusses von der Zulässigkeit der Revision aus, so dass die Revision nicht nach § 126 Abs. 1 FGO durch Beschluss zu verwerfen wäre. Es müsste vielmehr durch Urteil über die Begründetheit der Revision entschieden werden.

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III. Entscheidung des Großen Senats über die vorgelegte Rechtsfrage

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1. Rechtsgrundlagen

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Nach § 104 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ist ein aufgrund mündlicher Verhandlung verkündetes Urteil den Beteiligten zuzustellen. Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (§ 53 Abs. 2 FGO).

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Zustellung ist nach § 166 Abs. 1 ZPO die Bekanntgabe eines Dokuments an eine Person in der von §§ 166 ff. ZPO bestimmten Form. Ein Zustellungsauftrag kann der Post erteilt werden, indem dieser das zuzustellende Schriftstück in einem verschlossenen Umschlag sowie ein vorbereitetes Formular einer Zustellungsurkunde übergeben wird (§ 176 Abs. 1 ZPO). Für die Ausführung der Zustellung gelten §§ 177 bis 181 ZPO176 Abs. 2 ZPO). Das Schriftstück kann der Person, der zugestellt werden soll, an jedem Ort übergeben werden, an dem sie angetroffen wird (§ 177 ZPO). Wird die Person, der zugestellt werden soll, in ihrer Wohnung, in dem Geschäftsraum oder in einer Gemeinschaftseinrichtung, in der sie wohnt, nicht angetroffen, und kann das Schriftstück auch nicht einer der in § 178 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 ZPO genannten Personen übergeben werden, kann nach § 180 Satz 1 ZPO das Schriftstück in einen zu der Wohnung oder dem Geschäftsraum gehörenden Briefkasten oder in eine ähnliche Vorrichtung, die der Adressat für den Postempfang eingerichtet hat und die in der allgemein üblichen Art für eine sichere Aufbewahrung geeignet ist, eingelegt werden. Mit der Einlegung gilt das Schriftstück als zugestellt (§ 180 Satz 2 ZPO). Nach § 180 Satz 3 ZPO vermerkt der Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung. Zum Nachweis der Zustellung ist eine Urkunde auf dem hierfür vorgesehenen Formular anzufertigen (§ 182 Abs. 1 Satz 1 ZPO), die u.a. die Bemerkung enthalten muss, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist (§ 182 Abs. 2 Nr. 6 ZPO).

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Zustellungsmängel werden unter den Voraussetzungen des § 189 ZPO geheilt. Die Vorschrift lautet:

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"Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist."

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2. Rechtsentwicklung

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Die Vorschriften über die Zustellung im Gerichtsverfahren sind durch das Zustellungsreformgesetz (ZustRG) vom 25. Juni 2001 (BGBl I 2001, 1206) novelliert worden. Die Neuregelungen sind am 1. Juli 2002 in Kraft getreten (Art. 4 ZustRG).

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Bis zum Inkrafttreten des Zustellungsreformgesetzes hatte § 53 Abs. 2 FGO a.F. bestimmt, dass Zustellungen von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) vorzunehmen waren. Für Zustellungen durch die Post verwies § 3 Abs. 3 VwZG auf §§ 180 bis 186 und 195 Abs. 2 ZPO damaliger Fassung (ZPO a.F.). Eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten war dort nicht vorgesehen. Zur Heilung von Zustellungsmängeln bestimmte § 9 Abs. 1 VwZG für den Fall, dass sich die formgerechte Zustellung des Schriftstücks nicht nachweisen ließ oder das Schriftstück unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen war, dass dieses als in dem Zeitpunkt zugestellt gelte, in dem der Empfangsberechtigte es nachweislich erhalten habe. Dies galt nach § 9 Abs. 2 VwZG aber nicht, wenn mit der Zustellung eine Rechtsmittelfrist begann. In ähnlicher Weise war auch für nach der Zivilprozessordnung zu bewirkende Zustellungen eine Heilung nur möglich (§ 187 Satz 1 ZPO a.F.), soweit nicht durch die Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang gesetzt werden sollte (§ 187 Satz 2 ZPO a.F.).

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Das Zustellungsreformgesetz verfolgte das Ziel, das Zustellungsrecht zu vereinfachen. Insbesondere sollte "die kostenaufwendige und für den Zustellungsadressaten oftmals umständliche beurkundete Zustellung durch Niederlegung soweit wie vertretbar vermieden" werden (Begründung des Regierungsentwurfs, BTDrucks 14/4554, 13). Dies sollte u.a. durch Einführung der beurkundeten Ersatzzustellung durch Einlegen des Schriftstücks in den Briefkasten sowie durch eine erweiterte Heilung von Zustellungsmängeln erreicht werden. Zustellungszweck sei es, dem Adressaten angemessene Gelegenheit zur Kenntnisnahme eines Schriftstücks zu verschaffen und den Zeitpunkt dieser Bekanntgabe zu dokumentieren. Lasse sich die formgerechte Zustellung nicht nachweisen oder seien zwingende Zustellungsvorschriften verletzt worden, gelte ein Schriftstück in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der Adressat oder ein Empfangsberechtigter erhalten habe. Das Gericht prüfe in diesen Fällen in freier Beweiswürdigung des Sachverhalts, ob der Zustellungszweck erreicht und wann das geschehen sei. Das gelte auch dann, wenn die Zustellung eine Notfrist in Gang setze (BTDrucks 14/4554, 14). In der Einzelbegründung zu der Neuregelung der Heilung in § 189 ZPO heißt es (BTDrucks 14/4554, 24 f.):

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"Nach dem Vorbild des § 9 Abs. 1 [VwZG] soll deshalb ein Schriftstück als zu dem Zeitpunkt zugestellt gelten, in dem es der Zustellungsadressat oder ein Empfangsberechtigter nachweislich erhalten hat. Unter diesen Voraussetzungen ist ein Zustellungsmangel auch dann geheilt, wenn durch die Zustellung der Lauf einer Notfrist in Gang gesetzt werden soll. Wenn eine fehlerhafte Zustellung mit dem Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs an den Adressaten oder einen Empfangsberechtigten wirksam wird, muss das für jede Zustellung gelten. Treten Fehler auf, so darf deren Beseitigung nicht zu Lasten einer Partei gehen, wenn feststeht, dass das zuzustellende Schriftstück der Person tatsächlich zugegangen ist, an die es gerichtet war oder dem Gesetz gemäß gerichtet werden konnte."

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Die vorgeschlagenen neuen §§ 181 und 189 ZPO wurden im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens zum Zustellungsreformgesetz nicht geändert und gingen deshalb in der von der Bundesregierung vorgeschlagenen Fassung in den Gesetzesbeschluss ein.

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3. Rechtsprechung

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a) Vor Ergehen des Vorlagebeschlusses war der BFH --soweit anhand der veröffentlichten Entscheidungen ersichtlich-- in vier Fällen mit der Auslegung des § 189 ZPO befasst.

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aa) Im Fall des Beschlusses vom 19. Januar 2005 II B 38/04 (BFH/NV 2005, 900) war ein Urteil des FG durch Einlegen in den Briefkasten am 13. März 2004, einem Samstag, zugestellt worden, ohne dass der Zusteller das Datum der Zustellung auf dem Briefumschlag vermerkt hatte. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde war am 14. Mai 2004 beim BFH eingegangen. Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die Frist von zwei Monaten gemäß § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO noch nicht abgelaufen gewesen sei, und entschied, die Beschwerdebegründung sei zwar rechtzeitig eingegangen, sie entspreche aber nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Weil der Prozessbevollmächtigte erklärt hatte, dass in seiner Kanzlei an Samstagen üblicherweise nicht gearbeitet werde, und das Urteil in der Kanzlei mit dem Eingangsstempel vom 15. März 2004 (Montag) versehen worden war, ging der II. Senat davon aus, dass das Urteil dem Prozessbevollmächtigten am 15. März 2004 tatsächlich zugegangen sei. Dieser Zeitpunkt --nicht der Zeitpunkt des Einlegens in den Briefkasten der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers (13. März 2004)-- sei für die Zustellung des FG-Urteils maßgebend (§ 189 ZPO).

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bb) Dem zur Anrufung des Großen Senats wegen Divergenz führenden Beschluss des VI. Senats in BFH/NV 2007, 2332 liegt die Auffassung zugrunde, für den Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs i.S. des § 189 ZPO komme es darauf an, dass das zuzustellende Schriftstück derart in die Hände des Zustellungsadressaten gelangt sei, dass dieser es behalten und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen könne. Im dortigen Fall war das angefochtene FG-Urteil ausweislich der Zustellungsurkunde am 17. November 2006 (Freitag) durch Einlegen in den Briefkasten des Klägers zugestellt worden. Auf dem Briefumschlag befand sich kein Vermerk über das Datum der Zustellung. Die Beschwerde war am 21. Dezember 2006 eingelegt worden. Nach eigenen Angaben hatte der Kläger am 23. November 2006 Kenntnis von der Zustellung erhalten. Diesen Tag betrachtete der VI. Senat als Zeitpunkt des tatsächlichen Zugangs i.S. des § 189 ZPO.

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cc) Der IX. Senat hat mit Beschluss vom 9. März 2009 IX B 120/08 (BFH/NV 2009, 964) den rechtzeitigen Eingang einer Nichtzulassungsbeschwerde unter Hinweis auf § 189 ZPO bejaht. Von den näheren Umständen der Zustellung ist dem Beschluss nur zu entnehmen, dass durch Einlegen in den Briefkasten zugestellt wurde, die Zustellungsurkunde aber in Folge des Fehlens einer Unterschrift unvollständig war. Der IX. Senat führte aus, der Zustellungsmangel führe nicht zur Unwirksamkeit der Zustellung, sondern das FG-Urteil gelte nach § 189 ZPO in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem es der betreffenden Person tatsächlich zugegangen sei. Das sei hier Montag, der 26. Mai 2008, gewesen. Aufgrund welcher Umstände dieser Tag als Tag des Zugangs angesehen wurde, ist aus dem Beschluss nicht ersichtlich.

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dd) In seinem Urteil vom 21. September 2011 I R 50/10 (BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197) hat der I. Senat der Revision gegen ein Urteil stattgegeben, das nach Angaben des FG am 29. Mai 2010 (Samstag) durch Einlegen in den Briefkasten des Prozessbevollmächtigten zugestellt und gegen das Revision am 30. Juni 2010 eingelegt worden war. Auf dem Umschlag fehlte der Vermerk über das Datum der Zustellung. Der I. Senat hielt die Revisionsfrist nicht für versäumt, weil er den Angaben des Prozessbevollmächtigten folgend davon ausging, diesem sei das Schriftstück mit Öffnen der Post am Montag, dem 31. Mai 2010, tatsächlich zugegangen. Unter Bezugnahme auf den Beschluss des VI. Senats in BFH/NV 2007, 2332 vertrat der I. Senat die Auffassung, der tatsächliche Zugang i.S. des § 189 ZPO setze voraus, dass das zuzustellende Schriftstück derart in die Hände des Zustellungsadressaten gelangt sei, dass dieser es behalten und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen könne.

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b) Im Übrigen war die Frage, zu welchem Zeitpunkt ein nach § 180 ZPO durch Einlegen in den Briefkasten des Adressaten unter Verletzung von Formvorschriften zugestelltes Dokument i.S. des § 189 ZPO dem Adressaten tatsächlich zugegangen ist, --soweit ersichtlich-- nur in einem Urteil des Landessozialgerichts (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 17. Januar 2013 L 9 AL 173/11, juris) von entscheidungserheblicher Bedeutung. In diesem Urteil heißt es, eine Heilung gemäß § 189 ZPO setze die Feststellung des Zeitpunktes voraus, in dem das Schriftstück (ggf. spätestens) in die Hände des Adressaten gelangt sei. Das LSG bezog sich dabei auf einen Beschluss des BGH (Beschluss vom 21. Dezember 1983 IVb ZB 29/82, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1984, 926), der allerdings die Auslegung des § 187 ZPO a.F. betrifft.

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4. Schrifttum

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a) Im Schrifttum wird überwiegend in Anlehnung an die Formel des BGH-Beschlusses in NJW 1984, 926 (ebenso BGH-Urteile vom 21. März 2001 VIII ZR 244/00, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2001, 1200; vom 22. November 1988 VI ZR 226/87, NJW 1989, 1154) die Auffassung vertreten, es müsse eine zuverlässige Kenntnis von dem zuzustellenden Schriftstück vermittelt werden, was im Allgemeinen dann geschehen sei, wenn der Adressat der Zustellung trotz Verletzung der Zustellungsvorschriften das zuzustellende Schriftstück "in die Hand bekommen" habe (MünchKommZPO/Häublein, 4. Aufl., § 189 Rz 8; Prütting/Gehrlein, ZPO, 5. Aufl., § 189 Rz 4; Stein/Jonas/Roth, ZPO, 23. Aufl., § 189 Rz 7; Hüßtege in Thomas/Putzo, Zivilprozessordnung, 35. Aufl., § 189 Rz 8; Wittschier in Musielak, ZPO, 11. Aufl., § 189 Rz 3; Zöller/ Stöber, ZPO, 30. Aufl., § 189 Rz 4; ebenso zu § 8 VwZG: Kruse in Tipke/Kruse, a.a.O., § 8 VwZG Rz 1; Schwarz in HHSp, § 8 VwZG Rz 5).

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Rohe (Wieczorek/Schütze/Rohe, 4. Aufl., § 189 ZPO Rz 26) weist darauf hin, dass § 189 ZPO gegenüber dem früheren § 187 ZPO a.F. präziser gefasst worden sei, indem der "tatsächliche" Zugang beim Adressaten verlangt werde. Dies setze abweichend von den Zugangsregeln des bürgerlichen Rechts die gegenständliche Übernahme des Schriftstücks durch den Adressaten selbst voraus. Der bloße Eintritt in den Machtbereich genüge dagegen nicht. Eine Heilung sei nur gerechtfertigt, wenn das Recht des Adressaten auf rechtliches Gehör tatsächlich und nicht nur potenziell gewahrt werde.

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Nach Zimmermann (ZPO, 8. Aufl., § 189 Rz 2) setzt der Zugang voraus, dass das Schriftstück gegenständlich in die Hände des Adressaten gelangt ist. Das Datum des Zugangs sei notfalls durch Beweisaufnahme zu ermitteln. In der Regel begnüge man sich mit dem Datum, das der Empfänger einräume (Hinweis auf Zustellung gegen Empfangsbekenntnis nach § 174 ZPO).

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Brandis (in Tipke/Kruse, a.a.O., § 53 FGO Rz 31) vertritt die Auffassung, der tatsächliche, nicht der vermutete Zugang heile den Zustellungsfehler. Die Frist beginne dann im Zeitpunkt dieser "fiktiven Zustellung".

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b) Der Vorlagebeschluss des VIII. Senats (BFHE 241, 107, BStBl II 2013, 823) ist im Schrifttum teils zustimmend, teils ablehnend aufgenommen worden.

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Steinhauff (juris PraxisReport Steuerrecht 45/2013 Anm. 6) hält die im Vorlagebeschluss vertretene Auffassung für zutreffend. Wenn auf den Zeitpunkt abgestellt werde, in dem der Empfänger das Schriftstück tatsächlich in die Hände genommen habe, sei ein angemessener Ausgleich zwischen den Interessen des Zustellenden und des Zustellungsempfängers nicht gewährleistet. Der Empfänger habe es in der Hand, den Zeitpunkt der Heilung hinauszuzögern, weil nur er über diesen Auskunft erteilen könne. Dies sei nicht damit zu vereinbaren, dass die Zustellungsvorschriften objektiv dazu dienten, den Zeitpunkt für alle Beteiligten gleichermaßen rechtssicher zu bestimmen. Marfels (Steuerberaterwoche 2013, 842) hält den Vorlagebeschluss ebenfalls für überzeugend begründet.

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Kritisch wird der Vorlagebeschluss von Carlé (Deutsche Steuer-Zeitung 2013, 652) besprochen. Der Beschluss berücksichtige nicht, dass die Zugangsfiktion abweichend vom sonstigen Abgabenrecht auf die tatsächliche Kenntnisnahme abstelle und nicht auf den dem gewöhnlichen Gang der Dinge entsprechenden unterstellten Sachverhalt.

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IV. Auffassung des Großen Senats

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1. Als Vorfrage zur Vorlage hat der VIII. Senat § 180 Satz 3 ZPO, wonach vom Zusteller auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks das Datum der Zustellung zu vermerken ist, als eine der nach § 189 ZPO heilbaren zwingenden Zustellungsvorschriften beurteilt. An diese Rechtsauffassung ist der Große Senat gebunden, er teilt sie auch (ebenso BFH-Urteil in BFHE 235, 255, BStBl II 2012, 197, Rz 9, m.w.N.).

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Die Entscheidung des Großen Senats betrifft allein die Frage, zu welchem Zeitpunkt das Dokument als zugestellt gilt. Dass die Prozessbevollmächtigten der Kläger i.S. des § 189 ZPO Kenntnis von dem zuzustellenden Dokument durch Einlegen in den zu ihren Büroräumen gehörenden Briefkasten erhalten haben, ist unstreitig.

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2. Ein Dokument ist i.S. des § 189 ZPO in dem Zeitpunkt tatsächlich zugegangen, in dem der Adressat das Dokument "in den Händen hält". Der Große Senat teilt nicht die Auffassung des vorlegenden Senats, es sei auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem eine Willenserklärung i.S. des § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB als zugegangen gilt.

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a) Dem Wortlaut der Regelung lässt sich entnehmen, dass der Zugang alleine für die Bestimmung des Zeitpunkts der Zustellung nicht ausreichen soll. Dass der Gesetzgeber das Adjektiv "tatsächlich" verwendet hat, spricht dafür, dass eine qualifizierte Form des Zugangs gemeint ist. Damit unterscheidet sich § 189 ZPO tatbestandlich von § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB, denn dort wird lediglich der Zugang der Willenserklärung gefordert. Dies spricht dagegen, die für den Zugang von Willenserklärungen geltenden Grundsätze bei der Auslegung des § 189 ZPO zu übernehmen.

67

b) Betrachtet man die Entstehungsgeschichte des § 189 ZPO, muss der Begriff des "tatsächlichen" Zugangs im Zusammenhang mit den anderen Regelungen zur Reform des Zustellungsrechts im Zustellungsreformgesetz ausgelegt werden. § 189 ZPO unterscheidet sich von der Vorgängerregelung in § 187 ZPO a.F. insbesondere dadurch, dass eine Heilung auch dann möglich ist, wenn durch die Zustellung eine Notfrist in Gang gesetzt werden soll. § 187 Satz 2 ZPO a.F. schloss eine Heilung in einem solchen Fall ausdrücklich aus. Die Ausweitung der Heilung von Zustellungen nach der Zivilprozessordnung ist in gleicher Weise auch für Zustellungen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz geregelt worden. Während § 9 Abs. 2 VwZG a.F. eine Heilung für den Fall ausschloss, dass mit der Zustellung eine Klage-, Berufungs-, Revisions- oder Rechtsmittelbegründungsfrist beginnt, kann nach § 8 VwZG auch eine fristauslösende Zustellung geheilt werden.

68

Sowohl in § 189 ZPO als auch in § 8 VwZG ist abweichend von den Vorgängerregelungen jetzt der Zeitpunkt entscheidend, in dem das Dokument dem Adressaten "tatsächlich zugegangen" ist. Nach § 187 Satz 1 ZPO a.F. war auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem das Schriftstück "zugegangen" war, nach § 9 Abs. 1 VwZG a.F. auf den Zeitpunkt, in dem der Empfangsberechtigte das Dokument "nachweislich erhalten" hatte. Beide Regelungen wurden in ständiger Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, dass der Empfänger das Schriftstück "in den Händen halten" musste (vgl. z.B. BGH-Beschluss in NJW 1984, 926, und BGH-Urteil in HFR 2001, 1200; Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 1996  6 C 6/95, BVerwGE 104, 1, und vom 18. April 1997  8 C 43/95, BVerwGE 104, 301). Dafür, dass der Gesetzgeber bei einer Ausweitung der Heilung auf fristauslösende Zustellungen von diesen Anforderungen an den Zugang abweichen und sie herabsetzen wollte, gibt es keinen Anhaltspunkt. Bei der Neuordnung der Zustellungsvorschriften hat der Gesetzgeber daran festgehalten, dass eine Zustellung in ihrer Grundform durch körperliche Übergabe stattfindet (vgl. §§ 173, 177 ZPO). In dieses Konzept fügt sich danach auch weiterhin ein, dass die Heilung eines Formfehlers bei einer anderen Zustellungsart das "In-den-Händen-Halten" des Dokuments erfordert. Deshalb muss die jetzt gewählte Formulierung in § 189 ZPO und in § 8 VwZG zumindest als klarstellende Festschreibung der bisherigen Zugangsanforderungen, wenn nicht sogar im Hinblick auf die verschärften Rechtsfolgen als weitere Erhöhung der Anforderungen an einen Zugang verstanden werden.

69

c) Eine teleologische Auslegung des § 189 ZPO muss die mit der Reform des Zustellungsrechts verfolgten Ziele berücksichtigen. Die Ausweitung der Heilungsmöglichkeit auf fristauslösende Zustellungen ist aus der Sicht eines Zustellungsadressaten eine deutliche Verschärfung. Vor diesem Hintergrund ist die gleichzeitige Aufnahme des Merkmals des "tatsächlichen" Zugangs als Begrenzung der Wirkungen einer Heilung von Zustellungsfehlern zu verstehen. Die unter Verletzung wesentlicher Verfahrensvorschriften ausgeführte Zustellung soll eine Frist erst dann auslösen, wenn der Zustellungsempfänger "tatsächlich" und nicht nur potenziell Kenntnis von dem Dokument nehmen kann (Wieczorek/Schütze/Rohe, a.a.O., § 189 Rz 26). Das Merkmal "tatsächlich" ist danach als das Gegenstück zu "fiktiv" zu verstehen.

70

Für diese Auslegung spricht auch das rechtsstaatliche Gebot einer folgerichtigen Ausgestaltung des Verfahrensrechts. Demjenigen, der Adressat einer hoheitlich betriebenen und unter Verletzung wesentlicher Formvorschriften ausgeführten Zustellung ist, dürfen keine Nachteile aus der Heilung im Vergleich zu einer ordnungsgemäßen Zustellung entstehen. Soweit die Heilung eine Frist auslöst, muss deshalb sichergestellt sein, dass die Frist auch in vollem Umfang genutzt werden kann.

71

d) Eine an den Rechten des Adressaten orientierte Auslegung des § 189 ZPO ist insbesondere in Bezug auf die Heilung einer Ersatzzustellung nach § 180 ZPO geboten. Diese Form der Ersatzzustellung soll der Vereinfachung des Zustellungsverfahrens dienen (s. dazu unter B.III.2.) und hat den Umfang der formellen Anforderungen an eine Zustellung im Vergleich zur früheren Rechtslage weiter abgesenkt. Während die Zustellung in ihrer ursprünglichen Gestalt als Übergabe des Dokuments an den Adressaten die Bestimmung eines sicheren Zeitpunkts der möglichen Kenntnisnahme gestattet, kann dieser Zeitpunkt im Fall der Ersatzzustellung nicht mehr konkret bestimmt werden. Die Zustellungsfiktion nach § 180 Satz 2 ZPO wird deswegen durch eine Fiktion auch des Zustellungszeitpunktes ergänzt, die an objektive Kriterien anknüpft. Je zuverlässiger diese Kriterien festgestellt werden können, umso eher kann angenommen werden, dass die Fiktion der Realität nahe kommt.

72

Mit der Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten knüpft das Gesetz im Wesentlichen an Kriterien an, die nicht mit hoher Zuverlässigkeit festgestellt werden können, weil ihre Verwirklichung nicht beobachtet werden kann und auch keine Amtsträger tätig werden. Macht man die Fiktion des Zugangs von derartigen Kriterien abhängig (kritisch etwa Meissner/Schenk in Schoch/Schneider/Bier, VwGO § 56 Rz 11), verliert die fiktive Bestimmung des Zugangszeitpunkts ihre Grundlage jedenfalls dann, wenn auch nur eines dieser Kriterien infolge eines Zustellungsfehlers entfällt.

73

Entgegen der Auffassung des vorlegenden Senats bedeutet dies keine Besserstellung von Adressaten fehlerhafter Zustellungen gegenüber Adressaten ordnungsgemäß ausgeführter Zustellungen. Denn die Verwirklichung der Anknüpfungskriterien für die Fiktion liegt nicht im Einflussbereich des Adressaten. Vielmehr kann nur anhand des von Dritten (Zusteller) verwirklichten Anknüpfungskriteriums eine Zugangsfiktion begründet werden, nicht aber ohne dieses Kriterium.

74

e) Werden bei Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten auf dem Umschlag (§ 180 Satz 3 ZPO) und auf der Zustellungsurkunde (§ 182 Abs. 2 Nr. 7 ZPO) nicht identische Datumsangaben angebracht, entfällt nach den vorstehenden Überlegungen das Anknüpfungskriterium für den fiktiven Zeitpunkt der Zustellung. Der Zeitpunkt kann dann nur in Anlehnung an den Zeitpunkt der realen Kenntnisnahme bestimmt werden. Dieser wird sich häufig nicht sicher feststellen lassen, so dass im Zweifel auf den Zeitpunkt abzustellen ist, den der Adressat selbst als Zugangszeitpunkt angibt.

75

f) Soweit der vorlegende Senat "objektiv-rechtlichen Zwecken der Zustellungsvorschriften" Vorrang vor dem Schutz des Adressaten einräumt, folgt der Große Senat dem nicht. Objektiver Zustellungszweck soll danach sein, "den Zeitpunkt der Zustellung auch im Fall der Heilung einer zunächst fehlgeschlagenen Zustellung rechtssicher bestimmen zu können". Dieser Zweckbestimmung mag für den Fall der ordnungsgemäß ausgeführten Zustellung zu folgen sein. Bei einer fehlerhaften Zustellung wird dieses Ziel aber gerade verfehlt, so dass zu seiner Erreichung an sich eine erneute und nun ordnungsgemäße Zustellung erforderlich wäre. Wenn das Gesetz aus Vereinfachungsgründen eine Heilung von Zustellungsmängeln vorsieht, stellt es den Zweck der Zustellung, dem Empfänger die Kenntnis vom Inhalt eines Dokuments zu ermöglichen, in den Vordergrund. Die rechtssichere Bestimmung des Zeitpunkts der Zustellung tritt dahinter zurück. Sie kann dann auch keinen Vorrang vor den Regelungen des Zustellungsrechts haben, die den Empfänger schützen, insbesondere die rechtssichere Bestimmung der ihm gegenüber in Gang gesetzten Frist ermöglichen sollen (vgl. MünchKommZPO/Häublein, a.a.O., § 180 Rz 7 i.V.m. § 181 Rz 12; a.A. Zöller/Stöber, a.a.O., § 189 Rz 17).

76

Keinen Vorrang können auch die Interessen des Zustellenden haben. Das Risiko einer misslungenen Zustellung hat derjenige zu tragen, der mit der Zustellung fristgebundene Rechtsfolgen auslösen will. Dies war schon nach bisheriger Rechtslage so, als eine Heilung bei fristauslösenden Zustellungen nicht möglich war. Es ist nicht ersichtlich, dass die Vereinfachung des Zustellungsrechts Änderungen an dieser Risikoverteilung mit sich bringen sollte. Soweit in der Begründung des Gesetzentwurfs das Interesse der zustellenden Partei in den Vordergrund gerückt wird (BTDrucks 14/4554, 24 f.), betrifft dies nur den Zugang des Dokuments selbst, nicht aber den Zeitpunkt des Zugangs.

77

C. Der Große Senat beantwortet die ihm vorgelegte Frage wie folgt:

78

Verstößt eine Ersatzzustellung durch Einlegen in den Briefkasten gegen zwingende Zustellungsvorschriften, weil der Zusteller entgegen § 180 Satz 3 ZPO auf dem Umschlag des zuzustellenden Dokuments das Datum der Zustellung nicht vermerkt hat, ist das zuzustellende Dokument i.S. des § 189 ZPO in dem Zeitpunkt dem Empfänger tatsächlich zugegangen, in dem er das Dokument in die Hand bekommt.

(1) Die Entscheidung über den Antrag erfolgt schriftlich; sie ist den Antragstellern und, soweit diese Einwendungen erhoben haben, auch den in § 14 Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten Personen und Stellen zuzustellen. Über den Antrag ist innerhalb von 3 Monaten nach Eingang bei der Genehmigungsbehörde zu entscheiden. Kann die Prüfung des Antrags in dieser Zeit nicht abgeschlossen werden, ist die Frist vor ihrem Ablauf in einem den Antragstellern mitzuteilenden Zwischenbescheid um den Zeitraum zu verlängern, der notwendig ist, um die Prüfung abschließen zu können. Die Verlängerung der in Satz 2 bezeichneten Frist darf höchstens 3 Monate betragen. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn sie nicht innerhalb der Frist versagt wird. Die Frist für eine Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr beginnt frühestens mit dem ersten Kalendertag nach dem Ablauf der Antragsfrist in § 12 Absatz 5 oder 6.

(2) Ist die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden, wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt. Einer juristischen Person darf die Genehmigungsurkunde erst ausgehändigt werden, wenn die Eintragung in das Register nachgewiesen ist.

(3) Die Genehmigung kann unter Bedingungen und Auflagen erteilt werden, sofern sich diese Nebenbestimmungen im Rahmen des Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen halten. Wurden dem Genehmigungsantrag weitere Bestandteile im Sinne des § 12 Absatz 1a hinzugefügt, so ist deren Einhaltung durch eine Auflage zur Genehmigung abzusichern, in deren Kontrolle die zuständige Behörde auf ihren Wunsch eingebunden werden kann.

(4) Die Genehmigung darf nicht vorläufig oder mit einem Vorbehalt des Widerrufs erteilt werden.

(5) Die Genehmigungsbehörde hat die zuständige Berufsgenossenschaft von der Erteilung der Genehmigung zu unterrichten.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.