Verwaltungsgericht München Beschluss, 10. Sept. 2014 - 24 S 14.1976

bei uns veröffentlicht am10.09.2014

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nr. 3, Nr. 4 und Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheides vom 11. April 2014 wird angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 2.500,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller (Ast.) ist ausweislich seines aktenkundigen Reisepasses türkischer Staatsangehöriger (Bl. 17 der Teilakte Nr. 9 der Ausländerakte des Antragstellers - Bl. IX/17 -, die aus 15 Teilakten besteht, von denen die Antragsgegnerin - Ag. - dem Gericht die Teilakten 4 bis 15 vorgelegt hat, wobei Teilakten 1 bis 3 die automatische Aktenanforderung und die Aktenversendung zwischen Ausländerbehörden betreffen).

Am ... Oktober 2009 schloss der Ast. in der Türkei die Ehe mit einer türkischen Staatsangehörigen, die in Deutschland über eine Niederlassungserlaubnis verfügt (Bl. VIII/93 und VIII/95). Eine frühere, in der Türkei geschlossene, Ehe des Ast. war zuvor geschieden worden (Bl. V/22).

Am 16. April 2010 erteilte die Ag. dem Ast. eine Aufenthaltserlaubnis nach § 30 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), die bis zum 15. April 2011 gültig war (Bl. VII/8).

Am 12. April 2011 wurde diese Aufenthaltserlaubnis aufgrund eines entsprechenden Antrags (Bl. IX/8) und einer gemeinsamen Ehegattenerklärung (Bl. IX/16) vom gleichen Tag bis zum 15. April 2013 verlängert (Bl. IX/19).

Seit dem 1. Mai 2011 war der Ast. ausweislich einer entsprechenden Bestätigung vom 18. März 2013 bei einer im Reinigungsgewerbe tätigen GmbH beschäftigt (Bl. XI/17).

Seit dem 5. Mai 2011 war der Ast. ausweislich einer Bestätigung vom 15. Januar 2013 (Bl. XI/16) und einer weiteren Bestätigung vom 23. September 2013 (Bl. XI/40) auch bei einer anderen GmbH aus dem Bereich Gebäudemanagement unbefristet beschäftigt.

Am ... 2011 wurde die am ... 2009 geschlossene Ehe des Klägers in der ... geschieden (Bl. XI/12).

Am ... Oktober 2011 wurde aufgrund einer anonymen Anzeige wegen angeblicher Scheinehe (Bl. X/26) bei der früheren Ehefrau des Ast. eine Hausdurchsuchung durchgeführt (Bl. X/21 und Bl. XV/8 ff.). Dabei wurde unter anderem der damalige Mitbewohner der früheren Ehefrau des Klägers polizeilich vernommen (Bl. XV/17 ff.). Dieser teilte unter anderem mit, er wohne seit circa 1 Jahr dort; der Ast. sei vor circa 9-10 Monaten ausgezogen, kurz nach dem Einzug des Zeugen. Die frühere Ehefrau des Ast. bestritt dies und teilte unter anderem mit, am Tag der Ehegattenerklärung vom 12. April 2011 habe der Ast. noch in ihrer Wohnung gewohnt. Sie hätten zwar schon ihre Probleme gehabt und der Ast. habe teilweise in ... bei seiner Arbeitsstelle geschlafen, aber es habe noch der gemeinsame Haushalt bestanden (Bl. XV/14, zweiter und dritter Absatz). Bei der Zeitangabe müsse sich der Zeuge wohl vertan haben. Während der Ehe (vor circa 1 Jahr) habe sie eine Affäre mit ihrem Mitbewohner gehabt, wovon der Ast. aber nichts gewusst habe, was sie zumindest denke. Sie habe zumindest nach außen hin an ihrer Ehe festhalten wollen, wobei sie nicht wisse, wie lange das funktioniert hätte (Bl. XV/14, vierter und fünfter Absatz). Bei der Wohnungsdurchsuchung wurden mehrere Briefe der früheren Ehefrau des Ast. an eine ihr bekannte Person sichergestellt (Bl. XV/36), wobei diese Briefe in der vorgelegten Ausländerakte nicht abgeheftet sind, auch nicht in Kopie. In der Ausländerakte findet sich lediglich die Übersetzung einzelner Passagen aus den Briefen (Bl. X/86), nicht aber der jeweiligen Gesamttexte. Unter anderem wird dabei folgender Satz aus einem Brief vom 5. Juli 2010 übersetzt: „Du hast die Sätze geschrieben, die dir dein Freund gesagt hatte, als er sich von dir im April getrennt hatte“ (Bl. X/86).

Am 24. Mai 2012 wurde der frühere Mitbewohner der früheren Ehefrau des Ast. vom Amtsgericht ... in einem Strafverfahren gegen den Ast. und die frühere Ehefrau des Ast. gemäß § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG als Zeuge vernommen (Bl. X/45 ff.). Dabei teilte der Zeuge unter anderem mit, er habe die Zeitangaben durcheinander gebracht (Bl. X/46, unten); er wisse nicht, wann der Ast. ausgezogen sei (Bl. X/47, dritter Absatz). Noch in der Sitzung verkündete das Amtsgericht einen Beschluss, wonach das Strafverfahren gemäß § 153a Abs. 2 Strafprozessordnung (StPO) gegen Auflagen vorläufig eingestellt wurde (Bl. X/48).

Am 12. April 2013 beantragte der Kläger die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis (Bl. XI/8).

Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 11. April 2014 (Bl. XIII/13) verfügte die Ag. nach entsprechender Anhörung (Bl. XIII/8) (1.) die rückwirkende Rücknahme des dem Ast. am 12. April 2011 erteilten Aufenthaltstitels, (2.) die Ausweisung des Ast. mit einer Wiedereinreisesperre von 5 Jahren ab Ausreise und (3.) die Ablehnung des Antrags auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 12. April 2013, (4.) setzte dem Kläger eine Ausreisefrist bis zum 11. Mai 2014 und (5.) drohte ihm die Abschiebung in die Türkei oder einen anderen zur Rückübernahme bereiten oder verpflichteten Staat an. Hinsichtlich der Rücknahme und der Ausweisung ordnet der streitgegenständliche Bescheid nicht den Sofortvollzug an (Bl. XIII/13 und 26).

Am 8. Mai 2014 ging bei Gericht eine gemeinsame Klage- und Antragsschrift der Bevollmächtigten des Ast. vom 7. Mai 2014 ein, in der beantragte wurde,

(I.) die Ag. unter Aufhebung ihres Bescheides vom 11. April 2014 zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des Ast. zu verlängern und (II.) die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen bzw. anzuordnen.

Mit Klage- und Antragserwiderung vom 8. August 2014 legte die Ag. die Ausländerakte vor und beantragte, die Klage abzuweisen und

den Antrag abzulehnen.

Es wurde unter anderem mitgeteilt, der Ast. sei in den Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Rosenheim gezogen; dieses habe eine Erklärung nach Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG abgegeben - der Klageerwiderung lag ein Schreiben des Landratsamts Rosenheim vom 10. Juli 2014 bei, wonach dieses im Fall des Ast. der Fortführung des Verwaltungsverfahrens bei der Ag. gemäß Art. 3 Abs. 3 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) zustimmt.

Mit Schriftsatz vom 28. August 2014 bestätigten die Bevollmächtigten des Ast. auf entsprechende gerichtliche Anfrage die Anschrift des Klägers im Landkreis Rosenheim.

Mit Telefax vom 4. September 2014 übersandte die Ag. dem Gericht eine Übersicht über die Teilvorgänge der Ausländerakte des Ast. und reichte den noch ausstehenden sechsten Teilvorgang nach.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die parallelen Gerichtsakten M 24 K 14.1975 und M 24 S 14.1976 sowie auf die vorgelegte Ausländerakte des Ast. Bezug genommen.

II.

1. Der zulässige Antrag hat in der Sache vollumfänglich Erfolg.

Das Verwaltungsgericht München ist als Gericht der Hauptsache entscheidungsbefugt, insbesondere örtlich zuständig (§ 52 Nr. 3 Sätze 1 und 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i. V. m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Der Antrag ist dahin auszulegen (§ 88 VwGO), dass er sich allein auf die Klage gegen die in Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Ablehnung der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis einerseits und gegen die in Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheides verfügte Abschiebungsandrohung, mit der die in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheides vorgesehene Ausreisefrist untrennbar verbunden ist, wendet. Bei diesen Verfügungen hat die Anfechtungsklage kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung (§ 84 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG; Art. 21a Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz - VwZVG). Dagegen kommt der Klage hinsichtlich der Rücknahme und der Ausweisung (Nr. 1 und Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheides) mangels entsprechender gesetzlicher Vorschriften und mangels Anordnung des Sofortvollzugs im Bescheid (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) aufschiebende Wirkung zu (§ 80 Abs. 1 VwGO). Dabei steht die am Ende der Klage- und Antragsschrift geäußerte Bitte, Vollstreckungsmaßnahmen bis zu einer Entscheidung über den Antrag abzuwarten, in direktem Zusammenhang mit einer Passage, die sich allein auf die Frage eines Anspruchs auf Erteilung eines Aufenthaltstitels bezieht, woraus abzuleiten ist, dass sich der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO nur auf die streitgegenständliche Ablehnung des Aufenthaltstitels, das damit verbundene Vollziehbarwerden der Ausreisepflicht (§ 58 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG) und die damit wiederum zusammenhängende - ihrerseits gemäß Art. 21a VwZVG sofort vollziehbare - Abschiebungsandrohung, einschließlich der zugehörigen Ausreisefrist, richtet. Dabei ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hinsichtlich der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis (Nr. 3 des streitgegenständlichen Bescheides) statthaft, weil der Ast. bei Stellung des abgelehnten Antrags vom 12. April 2013 in Besitz der Aufenthaltserlaubnis vom 12. April 2011 war, wobei der Klage gegen deren rückwirkende Rücknahme (Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheides) aufschiebende Wirkung zukommt (s. o.). Die Ablehnung des Aufenthaltstitels hat den Ast. mithin sowohl im Hinblick auf § 58 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 AufenthG als auch im Hinblick auf § 81 Abs. 4 AufenthG und die dort vorgesehene Fiktionswirkung belastet, so dass auch insoweit eine Anfechtung und damit der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist (vgl. BayVGH B. v. 31.8.2006 - 24 C 06.954 - juris Rn. 11). Auch die Ag. hat die Statthaftigkeit des Antrags in der Antragserwiderung nicht in Zweifel gezogen.

2. Der Antrag ist hinsichtlich der streitgegenständlichen Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis begründet, weil die Erfolgsaussichten insoweit offen sind und die deshalb gebotene Abwägung des Vollzugsinteresses der Ag. mit dem Suspensivinteresse des Ast. zugunsten des Ast. ausfällt.

2.1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage im Fall eines gesetzlichen Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob die Interessen, die für einen gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts streiten oder die, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG B. v. 25.3.1993 - 1 ER 301/92 - NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.

Maßgeblicher Zeitpunkt für diese eigene gerichtliche Entscheidung ist dabei vorliegend der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, weil es auch in der Hauptsache im Hinblick auf die begehrte Erteilung eines Aufenthaltstitels nicht auf den Zeitpunkt der Behördenentscheidung, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ankommt. Denn bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz abzustellen, und zwar sowohl hinsichtlich Frage, ob schon aus Rechtsgründen eine Erlaubnis erteilt oder versagt werden muss (vgl. BVerwG U. v. 1.12.2009 - 1 C 32/08 - juris Rn. 12), als auch hinsichtlich der gerichtlichen Überprüfung des Ermessens (BVerwG U. v. 1.12.2009 - 1 C 32/08 - juris Rn. 23). Gründe, im vorliegenden Fall ausnahmsweise einen anderen maßgeblichen Zeitpunkt zugrunde zu legen (vgl. hierzu etwa BVerwG U. v. 1.12.2009 - 1 C 32/08 - juris Rn. 12) sind vorliegend nicht ersichtlich.

2.2. Bei summarischer Prüfung im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung erscheinen die Erfolgsaussichten der Hauptsache offen.

2.2.1. Allerdings kommt ein Anspruch des Ast. auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis gemäß § 30 AufenthG nicht in Betracht, weil der Kläger nicht mehr verheiratet ist, so dass er einen Anspruch nicht von einer Ehegattin ableiten kann.

2.2.2. Auch ein Anspruch nach § 31 AufenthG ist nicht möglich, weil die frühere Ehe des Ast. nicht die erforderliche Mindestdauer aufwies.

Zwar ist im Hinblick auf die sog. stand-still-Kausel des Art. 41 des Zusatzprotokolls zum Abkommen vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei für die Übergangsphase der Assoziation (Zusatzprotokoll) und des Art. 13 des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) davon auszugehen, dass bei Ausländern, die türkische Staatsangehörige sind und die Voraussetzungen des Art. 6 ARB 1/80 erfüllen, hinsichtlich der Dauer des Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft anstelle der aktuellen in § 31 Abs. 1 AufenthG vorgesehenen 3-Jahres-Frist weiter die frühere 2-Jahres-Frist gilt (vgl. Allgemeine Anwendungshinweise des Bundesministeriums des Innern zum Beschluss 1/80 des Assoziationsrats EWG/Türkei und zu Artikel 41 Absatz 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziierungsabkommen (AAH-ARB 1/80, Fassung 2013, vom 26. November 2013, dort S. 79; im Internet abrufbar unter:

http://www...bund.de/...html

und

http://www...bund.de/...pdf...)

Allerdings hätte die Ehe des Ast. auch für diese 2-Jahres-Frist nicht lange genug gedauert (Eheschließung: ... 2009; Ehescheidung: ... 2011).

2.2.3. Ein Anspruch des Klägers direkt aus Art. 6 Spiegelstrich 2 ARB 1/80 ist dagegen im Hinblick auf die vom Kläger vorgelegten Beschäftigungsbestätigungen nicht auszuschließen. Zwar liegt im Sinne dieser Vorschrift keine „ordnungsgemäße“ Beschäftigung vor, wenn der Aufenthalt auf einem durch eine Täuschung erlangten Aufenthaltstitel beruht, wobei in Fällen des ARB 1/80 dem jeweils erteilten Titel jeweils lediglich deklaratorische Bedeutung zukommt (BVerwG U. v. 19.4.2012 - 1 C 10/11 - Rn. 24 und 25, BVerwGE 143, 83, juris).

Ob im Fall des Ast. eine solche Täuschung hinsichtlich der Ehegattenerklärung vom 12. April 2011 vorgelegen hat, ist aber nach Aktenlage nicht eindeutig. Für das Gericht entscheidend ist, dass der Zeuge seine ursprüngliche, bei der Polizei getätigte Aussage im Zuge seiner strafgerichtlichen Vernehmung weitgehend geändert und schließlich mitgeteilt hat, er wisse nicht, wann der Ast. aus der Wohnung seiner früheren Ehefrau ausgezogen ist. Aus dem Umstand, dass die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a StPO nicht aus Mangel an Beweisen wie im Fall des § 170 Abs. 2 StPO erfolgt, lässt sich nicht ableiten, dass eine Täuschung auch tatsächlich stattgefunden hat; auch steht eine Einstellung gegen Auflage nicht einer strafrechtlichen Verurteilung gleich. Vielmehr ist in solchen Fällen im ausländerrechtlichen Verfahren eine eigenständige Ermittlung und Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen. Die Ag. hat sich insoweit in der Klage- und Antragserwiderung (dort S. 2, oben) letztlich auf den Briefwechsel der früheren Ehefrau des Ast. mit einem Bekannten bezogen. Gerade dieser Briefwechsel ist aber in der Ausländerakte nicht vollständig enthalten. Vielmehr finden sich nur einzelne übersetzte Sätze aus verschiedenen Briefen, ohne dass der jeweilige Kontext ersichtlich würde.

Aus Sicht der Kammer besteht jedenfalls insoweit weiterer Ermittlungsbedarf, unter Umständen auch in Form der Beiziehung der Strafakte, in der sich die seinerzeit sichergestellten Briefe oder Ablichtungen derselben noch befinden könnten. Aus diesem Grund erscheinen die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache gegen die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis erhobenen Klage derzeit offen, zumal die Ag. bislang nicht hinreichend substantiiert in Zweifel gezogen hat, dass der Vortrag der Antragspartei zur mehrjährigen Beschäftigung des Ast. beim gleichen Arbeitgeber so zutrifft.

2.2.4. Es kann dabei im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO dahinstehen, ob die Ag. im Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis noch die richtige Beklagte ist, was vorliegend trotz der Zustimmung des Landratsamtes Rosenheim vom 10. Juli 2014 zur Fortführung des Verwaltungsverfahrens durch die Ag. fraglich wäre, wenn der Umzug des Klägers erst nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens erfolgt sein sollte.

Zwar ist Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG auch dann einschlägig, wenn - wie vorliegend - mit der örtlichen Zuständigkeit auch die Verbandskompetenz von einer kreisfreien Stadt (Art. 9 Abs. 1 Gemeindeordnung - GO) auf den Freistaat ... als Träger einer staatlichen Ausländerbehörde (Art. 37 Abs. 1 Satz 2 Landkreisordnung - LKrO) wechselt (vgl. OVG Thüringen B. v. 10.7.2007 - 2 EO 184, 07 - juris Rn. 41 m. w. N.; BayVGH B. v. 22.2.2012 - 10 ZB 11.969 - Rn. 6 und Rn. 19; anders noch OVG Nordrhein-Westfalen U. v. 3.10.1978 - XV A 1927/75 - NJW 1979, 1057 (1058)). Auch muss eine solche Zustimmung i. S. v. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG nicht bereits vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens, vorliegend also mangels Statthaftigkeit eines Widerspruchsverfahrens vor dem Erlass des streitgegenständlichen Bescheides (vgl. Art. 15 Abs. 2 AGVwGO i. V. m. Art. 9 BayVwVfG), erfolgt sein; vielmehr kann eine solche Zustimmung auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 5 und Abs. 2 BayVwVfG (BayVGH B. v. 22.2.2012 - 10 ZB 11.969 - Rn. 19 m. w. N.). Allerdings ist von der Frage des letztmöglichen Zeitpunktes für die Erteilung der Zustimmung (als Mitwirkungshandlung i. S. v. Art. 45 Abs. 1 Nr. 5 BayVwVfG) die Frage zu unterscheiden, bis zu welchem Zeitpunkt (objektiv) sich die die Zuständigkeit ändernden Umstände i. S. v. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG ergeben haben müssen. Insoweit schreibt Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG vor, dass sich die die Zuständigkeit begründenden Umstände „im Lauf des Verwaltungsverfahrens“ geändert haben müssen. Hat sich objektiv der Zuständigkeitswechsel nicht „im Lauf des Verwaltungsverfahrens“ ergeben, so ist zweifelhaft, ob Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG tatbestandlich einschlägig ist (vgl. BayVGH B. v. 22.2.2012 - 10 ZB 11.969 - Rn. 19 mit Hinweis auf VG Augsburg B. v. 20.4.2004 - Au 6 S 04.469 - juris). Letzteres ist vorliegend jedenfalls fraglich, wenn der Ast. - wie es die dem Gericht vorliegenden Akten nahelegen - erst nach Ergehen des streitgegenständlichen (hier mangels Möglichkeit eines Widerspruchsverfahrens das Verwaltungsverfahren abschließenden) Bescheides in das Gebiet des Landkreises Rosenheim umgezogen sein sollte, was dafür sprechen könnte, dass der damit verbundene Wechsel der Zuständigkeit nicht „im Lauf des Verwaltungsverfahrens“ i. S. v. Art. 3 Abs. 3 BayVwVfG eingetreten wäre.

Allerdings muss diese Problematik im Rahmen der vorliegenden Eilentscheidung nicht abschließend entschieden werden, weil sie sich nur auf die in der Hauptsache (auch) erhobene Verpflichtungsklage bezieht, während es für den vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO allein um die beantragte Aufhebung der streitgegenständlichen Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis geht, für die bei nachträglichem Zuständigkeitswechsel in der Hauptsache auch eine isolierte Anfechtung möglich ist (BVerwG U. v. 29.3.1996 - 1 C 28/94 - InfAuslR 1997, 24, juris Rn. 13), was vorliegend vom Klageantrag ebenfalls umfasst ist. Dabei ist zu sehen, dass die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG die Ausreisepflicht vollziehbar gemacht hat, so dass die Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis zugleich auch die Grundlage der Abschiebungsandrohung geworden ist.

2.3. Die somit gebotene Abwägung von Vollzugs- und Suspensivinteresse fällt zugunsten des Ast. aus.

Im Falle einer Abschiebung könnten dem Ast. erhebliche Nachteile im Hinblick auf seine, nach von der Ag. nicht substantiiert bestrittenem Vortrag, bereits mehrjährige berufliche Tätigkeit entstehen.

Demgegenüber ist es der Ag. zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten, bevor die Ausreisepflicht des Ast. als Voraussetzung einer Abschiebung vollziehbar wird. Dabei ist insbesondere zu sehen, dass die Ag. bereits im Jahr 2011 von der anonymen Anzeige und den Briefen der früheren Ehefrau erfahren hat, dies aber erst im Jahr 2014, also nach mehreren Jahren, zum Anlass für den streitgegenständlichen Bescheid genommen hat.

3. Aus denselben Gründen ist der Antrag hinsichtlich der streitgegenständlichen Abschiebungsandrohung (Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheides) und die damit - wie gezeigt (s. o.) - untrennbar verbundene Setzung der Ausreisefrist (Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheides) ebenfalls begründet.

Weil die Erfolgsaussichten der Klage gegen die streitgegenständliche Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis offen sind (s. o.), gilt dies im Ergebnis auch für die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache gegen die Abschiebungsandrohung erhobenen Klage. Denn die Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Aufenthaltstitels hat auch die Rechtswidrigkeit der mit ihr verbundenen Abschiebungsandrohung zur Folge. Eine unselbstständige Abschiebungsandrohung, die mit der „Grundverfügung“ verbunden wurde, teilt als Vollstreckungsmaßnahme grundsätzlich auch das rechtliche Schicksal des Grundverwaltungsaktes selbst (vgl. BVerwG U. v. 19.5.1981 - 1 C 169/79 - BVerwGE 62, 215 (223), juris Rn. 28). Dabei ist auch für die gerichtliche Beurteilung einer Abschiebungsandrohung jedenfalls dann, wenn der Ausländer aufgrund der Androhung noch nicht abgeschoben wurde oder noch nicht freiwillig ausgereist ist, die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung des Tatsachengerichts maßgeblich (BVerwG U. v. 22.3.2012 - 1 C 3/11 - juris Rn. 13; BayVGH U. v. 27.9.2012 - 10 B 10.1084 - juris Rn. 34).

Auch hinsichtlich der Abschiebungsandrohung überwiegt das Suspensivinteresse des Ast. das Vollzugsinteresse der Ag. - insoweit wird auf die Ausführungen bei der Ablehnung der Aufenthaltserlaubnis (s. o.) Bezug genommen.

4. Wegen des vollumfänglichen Erfolgs des Antrags, hat die Ag. gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Eilverfahrens vollumfänglich zu tragen. Da sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei der gebotenen Auslegung (§ 88 VwGO) nicht auch auf die im streitgegenständlichen Bescheid vorgenommene Rücknahme und die Ausweisung bezog (s. o.), waren diese Streitgegenstände bei der Bemessung des Umfangs des Erfolgs des Antrags einzubeziehen.

5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 i. V. m. § 52 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (dort Nr. 8.1 und Nr. 1.5). Da sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO bei der gebotenen Auslegung (§ 88 VwGO) nicht auch auf die im streitgegenständlichen Bescheid vorgenommene Rücknahme und die Ausweisung bezog (s. o.), waren diese Streitgegenstände bei der Bemessung des Streitwertes nicht zu berücksichtigen.

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entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

Für die örtliche Zuständigkeit gilt folgendes:

1.
In Streitigkeiten, die sich auf unbewegliches Vermögen oder ein ortsgebundenes Recht oder Rechtsverhältnis beziehen, ist nur das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk das Vermögen oder der Ort liegt.
2.
Bei Anfechtungsklagen gegen den Verwaltungsakt einer Bundesbehörde oder einer bundesunmittelbaren Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesbehörde, die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung ihren Sitz hat, vorbehaltlich der Nummern 1 und 4. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen des Satzes 1. In Streitigkeiten nach dem Asylgesetz ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Ausländer nach dem Asylgesetz seinen Aufenthalt zu nehmen hat; ist eine örtliche Zuständigkeit danach nicht gegeben, bestimmt sie sich nach Nummer 3. Soweit ein Land, in dem der Ausländer seinen Aufenthalt zu nehmen hat, von der Möglichkeit nach § 83 Absatz 3 des Asylgesetzes Gebrauch gemacht hat, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, das nach dem Landesrecht für Streitigkeiten nach dem Asylgesetz betreffend den Herkunftsstaat des Ausländers zuständig ist. Für Klagen gegen den Bund auf Gebieten, die in die Zuständigkeit der diplomatischen und konsularischen Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutschland fallen, auf dem Gebiet der Visumangelegenheiten auch, wenn diese in die Zuständigkeit des Bundesamts für Auswärtige Angelegenheiten fallen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Bundesregierung ihren Sitz hat.
3.
Bei allen anderen Anfechtungsklagen vorbehaltlich der Nummern 1 und 4 ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Verwaltungsakt erlassen wurde. Ist er von einer Behörde, deren Zuständigkeit sich auf mehrere Verwaltungsgerichtsbezirke erstreckt, oder von einer gemeinsamen Behörde mehrerer oder aller Länder erlassen, so ist das Verwaltungsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Beschwerte seinen Sitz oder Wohnsitz hat. Fehlt ein solcher innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, so bestimmt sich die Zuständigkeit nach Nummer 5. Bei Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte einer von den Ländern mit der Vergabe von Studienplätzen beauftragten Behörde ist jedoch das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Behörde ihren Sitz hat. Dies gilt auch bei Verpflichtungsklagen in den Fällen der Sätze 1, 2 und 4.
4.
Für alle Klagen aus einem gegenwärtigen oder früheren Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis und für Streitigkeiten, die sich auf die Entstehung eines solchen Verhältnisses beziehen, ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Kläger oder Beklagte seinen dienstlichen Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Wohnsitz hat. Hat der Kläger oder Beklagte keinen dienstlichen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz innerhalb des Zuständigkeitsbereichs der Behörde, die den ursprünglichen Verwaltungsakt erlassen hat, so ist das Gericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk diese Behörde ihren Sitz hat. Die Sätze 1 und 2 gelten für Klagen nach § 79 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen entsprechend.
5.
In allen anderen Fällen ist das Verwaltungsgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen Sitz, Wohnsitz oder in Ermangelung dessen seinen Aufenthalt hat oder seinen letzten Wohnsitz oder Aufenthalt hatte.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Ein Aufenthaltstitel wird einem Ausländer nur auf seinen Antrag erteilt, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Aufenthaltstitel, der nach Maßgabe der Rechtsverordnung nach § 99 Abs. 1 Nr. 2 nach der Einreise eingeholt werden kann, ist unverzüglich nach der Einreise oder innerhalb der in der Rechtsverordnung bestimmten Frist zu beantragen. Für ein im Bundesgebiet geborenes Kind, dem nicht von Amts wegen ein Aufenthaltstitel zu erteilen ist, ist der Antrag innerhalb von sechs Monaten nach der Geburt zu stellen.

(3) Beantragt ein Ausländer, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, ohne einen Aufenthaltstitel zu besitzen, die Erteilung eines Aufenthaltstitels, gilt sein Aufenthalt bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt. Wird der Antrag verspätet gestellt, gilt ab dem Zeitpunkt der Antragstellung bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde die Abschiebung als ausgesetzt.

(4) Beantragt ein Ausländer vor Ablauf seines Aufenthaltstitels dessen Verlängerung oder die Erteilung eines anderen Aufenthaltstitels, gilt der bisherige Aufenthaltstitel vom Zeitpunkt seines Ablaufs bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als fortbestehend. Dies gilt nicht für ein Visum nach § 6 Absatz 1. Wurde der Antrag auf Erteilung oder Verlängerung eines Aufenthaltstitels verspätet gestellt, kann die Ausländerbehörde zur Vermeidung einer unbilligen Härte die Fortgeltungswirkung anordnen.

(5) Dem Ausländer ist eine Bescheinigung über die Wirkung seiner Antragstellung (Fiktionsbescheinigung) auszustellen.

(5a) In den Fällen der Absätze 3 und 4 gilt die in dem künftigen Aufenthaltstitel für einen Aufenthalt nach Kapitel 2 Abschnitt 3 und 4 beschriebene Erwerbstätigkeit ab Veranlassung der Ausstellung bis zur Ausgabe des Dokuments nach § 78 Absatz 1 Satz 1 als erlaubt. Die Erlaubnis zur Erwerbstätigkeit nach Satz 1 ist in die Bescheinigung nach Absatz 5 aufzunehmen.

(6) Wenn der Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte gestellt wird, so wird über den Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs gleichzeitig mit dem Antrag auf Erteilung einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte entschieden.

(7) Ist die Identität durch erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 49 dieses Gesetzes oder § 16 des Asylgesetzes zu sichern, so darf eine Fiktionsbescheinigung nach Absatz 5 nur ausgestellt oder ein Aufenthaltstitel nur erteilt werden, wenn die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden ist und eine Speicherung der hierdurch gewonnenen Daten im Ausländerzentralregister erfolgt ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Dem Ehegatten eines Ausländers ist eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen, wenn

1.
beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben,
2.
der Ehegatte sich zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen kann und
3.
der Ausländer
a)
eine Niederlassungserlaubnis besitzt,
b)
eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt,
c)
eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 25 Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 erste Alternative besitzt,
d)
seit zwei Jahren eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und die Aufenthaltserlaubnis nicht mit einer Nebenbestimmung nach § 8 Abs. 2 versehen oder die spätere Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nicht auf Grund einer Rechtsnorm ausgeschlossen ist; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
e)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Absatz 1 Satz 3 oder nach den Abschnitten 3, 4, 5 oder 6 oder § 37 oder § 38 besitzt, die Ehe bei deren Erteilung bereits bestand und die Dauer seines Aufenthalts im Bundesgebiet voraussichtlich über ein Jahr betragen wird; dies gilt nicht für eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative,
f)
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a besitzt und die eheliche Lebensgemeinschaft bereits in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union bestand, in dem der Ausländer die Rechtsstellung eines langfristig Aufenthaltsberechtigten innehat, oder
g)
eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt.
Satz 1 Nummer 1 und 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 3 Buchstabe f vorliegen. Satz 1 Nummer 2 ist für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis unbeachtlich, wenn
1.
der Ausländer, der einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4, § 25 Absatz 1 oder 2, § 26 Absatz 3 oder nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative eine Niederlassungserlaubnis nach § 26 Absatz 4 besitzt und die Ehe bereits bestand, als der Ausländer seinen Lebensmittelpunkt in das Bundesgebiet verlegt hat,
2.
der Ehegatte wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht in der Lage ist, einfache Kenntnisse der deutschen Sprache nachzuweisen,
3.
bei dem Ehegatten ein erkennbar geringer Integrationsbedarf im Sinne einer nach § 43 Absatz 4 erlassenen Rechtsverordnung besteht oder dieser aus anderen Gründen nach der Einreise keinen Anspruch nach § 44 auf Teilnahme am Integrationskurs hätte,
4.
der Ausländer wegen seiner Staatsangehörigkeit auch für einen Aufenthalt, der kein Kurzaufenthalt ist, visumfrei in das Bundesgebiet einreisen und sich darin aufhalten darf,
5.
der Ausländer im Besitz einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte oder einer Mobiler-ICT-Karte oder eines Aufenthaltstitels nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, § 18c Absatz 3, den §§ 18d, 18f, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 ist,
6.
es dem Ehegatten auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalles nicht möglich oder nicht zumutbar ist, vor der Einreise Bemühungen zum Erwerb einfacher Kenntnisse der deutschen Sprache zu unternehmen, oder
7.
der Ausländer unmittelbar vor der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU Inhaber einer Blauen Karte EU oder einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18a, 18b Absatz 1, den §§ 18d, 19c Absatz 1 für eine Beschäftigung als leitender Angestellter, als Führungskraft, als Unternehmensspezialist, als Wissenschaftler, als Gastwissenschaftler, als Ingenieur oder Techniker im Forschungsteam eines Gastwissenschaftlers oder als Lehrkraft, § 19c Absatz 2 oder 4 Satz 1 oder § 21 war.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann zur Vermeidung einer besonderen Härte abweichend von Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 erteilt werden. Besitzt der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis, kann von den anderen Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe e abgesehen werden; Gleiches gilt, wenn der Ausländer ein nationales Visum besitzt.

(3) Die Aufenthaltserlaubnis kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 und § 29 Abs. 1 Nr. 2 verlängert werden, solange die eheliche Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(4) Ist ein Ausländer gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet und lebt er gemeinsam mit einem Ehegatten im Bundesgebiet, wird keinem weiteren Ehegatten eine Aufenthaltserlaubnis nach Absatz 1 oder Absatz 3 erteilt.

(5) Hält sich der Ausländer gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet auf, so bedarf der Ehegatte keines Aufenthaltstitels, wenn nachgewiesen wird, dass sich der Ehegatte in dem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union rechtmäßig als Angehöriger des Ausländers aufgehalten hat. Die Voraussetzungen nach § 18e Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 3 und 4 und Absatz 6 Satz 1 und die Ablehnungsgründe nach § 19f gelten für den Ehegatten entsprechend.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

Tatbestand

1

Die Klägerin, eine türkische Staatsangehörige, begehrt die Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG, hilfsweise die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG.

2

Die 1966 geborene Klägerin reiste Mitte 2000 im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland ein und erhielt wegen ihrer Ehe mit einem türkischen Staatsangehörigen eine befristete Aufenthaltserlaubnis, die zuletzt im August 2005 - trotz zwischenzeitlicher Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft - nach § 30 AufenthG bis zum 1. August 2007 verlängert wurde.

3

Seit Juni 2004 steht die Klägerin bei der L. GmbH als Raumpflegerin in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis. Hierbei handelt es sich um eine geringfügige Beschäftigung, für die sie zunächst durchschnittlich rund 180 € monatlich bezog. Nach dem erstmalig im November 2007 schriftlich abgefassten Arbeitsvertrag betrug die Wochenarbeitszeit 5 1/2 Stunden. Im Mai 2008 wurde das Arbeitsverhältnis auf 10 Wochenstunden zu einem pauschalen Monatslohn in Höhe von 400 € erweitert.

4

Ab September 2004 bezog die Klägerin ergänzende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz und ab Januar 2005 ergänzende Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Außerdem wurden ab Juli 2007 die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung übernommen, weil sie nicht mehr familienversichert war. Im Mai 2008 wurden sämtliche Leistungen eingestellt.

5

Im August 2007 beantragte die Klägerin die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 4. Februar 2008 ab und drohte der Klägerin die Abschiebung an. Zur Begründung ist ausgeführt, eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG scheitere daran, dass der Lebensunterhalt der Klägerin nicht gesichert sei. Die Klägerin besitze auch kein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht.

6

Das Verwaltungsgericht holte in dieser Sache eine Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 ein. Der Gerichtshof beantwortete die Vorlagefragen mit Urteil vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09 - (NVwZ 2010, 367). Mit Urteil vom 2. Juli 2010 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Beklagten, der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG auszustellen. Zur Begründung führte es aus: Die Klägerin habe bei Ablauf der Geltungsdauer der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis im August 2007 aufgrund ihrer Beschäftigung bei der L. GmbH eine Rechtsstellung nach Art. 6 Abs. 1, 2. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 innegehabt, die ihr weiterhin zustehe.

7

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat mit Urteil vom 30. März 2011 die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Klägerin könne sich inzwischen auf ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 berufen. Entgegen der Auffassung des Beklagten sei die Klägerin Arbeitnehmerin. Ihre Beschäftigung bei der L. GmbH stelle bei der europarechtlich gebotenen Gesamtbewertung eine tatsächliche und echte Tätigkeit dar, die trotz des geringen Umfangs und des ergänzenden Bezugs öffentlicher Leistungen nicht völlig untergeordnet und unwesentlich sei. Das Verhalten der Klägerin sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Sie habe erst nach der Trennung von ihrem Ehemann und mehr als vier Jahre nach der Einreise öffentliche Mittel beantragt. Einem türkischen Arbeitnehmer dürfe nicht vorgehalten werden, dass er ergänzende öffentliche Mittel in Anspruch nehme, obwohl er seinen Lebensunterhalt bei weiteren Arbeitsbemühungen vollständig bestreiten könnte. Die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des beanspruchten Aufenthaltsrechts lägen ebenfalls vor. Der Aufenthalt der Klägerin sei in formeller und materieller Hinsicht legal gewesen. Es sei nicht erkennbar, dass sie bei der letzten Verlängerung über den Aufenthaltszweck oder in sonstiger Weise getäuscht habe. Außerdem hätte sie, selbst wenn die Aufenthaltserlaubnis seinerzeit nach § 31 AufenthG verlängert worden wäre, ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 erworben und verfestigt.

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Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Revision. Er ist der Auffassung, das Beschäftigungsverhältnis bei der L. GmbH begründe keine Arbeitnehmereigenschaft, da es vor Ablauf der Gültigkeit der der Klägerin zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis und auch noch bei Antragsablehnung völlig untergeordnet und unwesentlich gewesen sei. Das Berufungsgericht habe weder den geringen Arbeitsumfang und den überwiegenden Bezug öffentlicher Leistungen noch die Möglichkeit eines Rechtsmissbrauchs ausreichend in den Blick genommen.

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Die Klägerin verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

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Die Revision des Beklagten hat keinen Erfolg (§ 144 Abs. 2 VwGO). Zu Recht hat das Berufungsgericht die Berufung des Beklagten zurückgewiesen und damit im Ergebnis die Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestätigt, die den Beklagten unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids zur Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG verpflichtet hat. Die Klägerin hat nach dieser Bestimmung einen Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis, da ihr im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (1.) ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, 3. Spiegelstrich des Beschlusses Nr. 1/80 des Assoziationsrats EWG-Türkei über die Entwicklung der Assoziation (ANBA 1981 S. 4) - ARB Nr. 1/80 - zusteht (2.).

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1. Maßgebend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei Verpflichtungsklagen auf Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis grundsätzlich der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung oder Entscheidung in der Tatsacheninstanz (stRspr, vgl. Urteile vom 16. Juni 2004 - BVerwG 1 C 20.03 - BVerwGE 121, 86 <88> m.w.N. und vom 7. April 2009 - BVerwG 1 C 17.08 - BVerwGE 133, 329 Leitsatz 3 und Rn. 37 ff.). Nichts anderes gilt für das im vorliegenden Verfahren verfolgte Verpflichtungsbegehren auf Ausstellung einer (deklaratorischen) Aufenthaltserlaubnis nach § 4 Abs. 5 AufenthG zum Nachweis eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts. Rechtsänderungen während des Revisionsverfahrens sind allerdings zu beachten, wenn das Berufungsgericht - entschiede es anstelle des Bundesverwaltungsgerichts - sie zu berücksichtigen hätte (stRspr, vgl. Urteil vom 1. November 2005 - BVerwG 1 C 21.04 - BVerwGE 124, 276 <279 f.>). Der revisionsgerichtlichen Beurteilung ist daher das Aufenthaltsgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Februar 2008 (BGBl I S. 162), zuletzt geändert durch Art. 13 des Gesetzes zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt vom 20. Dezember 2011 (BGBl I S. 2854), zugrunde zu legen. Hierdurch hat sich die Rechtslage hinsichtlich der hier einschlägigen Bestimmungen aber nicht geändert.

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2. Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin nach § 4 Abs. 5 AufenthG einen Anspruch auf Ausstellung einer Aufenthaltserlaubnis hat. Denn die Klägerin kann sich im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (30. März 2011) auf ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1, 3. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 berufen.

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Nach Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 hat ein türkischer Arbeitnehmer, der dem regulären Arbeitsmarkt eines Mitgliedstaats angehört, in diesem Mitgliedstaat nach einem Jahr ordnungsgemäßer Beschäftigung das Recht, weiterhin eine unselbständige Erwerbstätigkeit bei dem gleichen Arbeitgeber auszuüben (1. Spiegelstrich). Nach drei Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung hat er grundsätzlich das Recht, sich für den gleichen Beruf bei einem Arbeitgeber seiner Wahl zu bewerben (2. Spiegelstrich). Nach vier Jahren ordnungsgemäßer Beschäftigung hat er freien Zugang zu jeder von ihm gewählten Beschäftigung im Lohn- oder Gehaltsverhältnis (3. Spiegelstrich). Türkische Staatsangehörige, die sich auf die in Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 vorgesehenen Rechte berufen wollen, müssen mithin drei Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen Arbeitnehmer sein, dem regulären Arbeitsmarkt im Aufnahmemitgliedstaat angehören und dort - über einen gewissen Zeitraum - einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nachgehen (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 - Rs. C-14/09, Genc - Slg. 2010, I-00931 Rn. 16).

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Die Rechte, die türkischen Arbeitnehmern nach dieser Bestimmung in einer nach der Dauer einer ordnungsgemäßen Beschäftigung im Lohn- und Gehaltsverhältnis abgestuften Weise vermittelt werden, sollen dazu beitragen, ihre Situation im Aufnahmemitgliedstaat schrittweise zu festigen (EuGH, Urteil vom 29. September 2011 - Rs. C-187/10, Unal - NVwZ 2012, 31 Rn. 28). Nach ständiger Rechtsprechung des Senats und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) erwachsen einem türkischen Arbeitnehmer, der die in Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 genannten Voraussetzungen erfüllt, daher nicht nur beschäftigungsrechtliche Ansprüche, sondern setzt die praktische Wirksamkeit dieser Ansprüche zwangsläufig das Bestehen eines entsprechenden Aufenthaltsrechts voraus (Urteil vom 24. Januar 1995 - BVerwG 1 C 2.94 - BVerwGE 97, 301 <304 f.> m.w.N. aus der Rspr des EuGH).

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2.1 Die Klägerin ist Arbeitnehmerin im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80. Dieser Begriff ist unionsrechtlich auszulegen. Der EuGH hat in ständiger Rechtsprechung aus dem Wortlaut von Art. 12 des Assoziierungsabkommens EWG-Türkei und Art. 36 des am 23. November 1970 unterzeichneten Zusatzprotokolls sowie aus dem Zweck des Beschlusses Nr. 1/80 hergeleitet, dass die im Rahmen der Art. 48 und 49 EG-Vertrag (später: Art. 39 und 40 EG; inzwischen: Art. 45 und 46 AEUV) sowie des Art. 50 EG-Vertrag (später: Art. 41 EG; inzwischen: Art. 47 AEUV) geltenden Grundsätze soweit wie möglich auf türkische Arbeitnehmer, die die im Beschluss Nr. 1/80 eingeräumten Rechte besitzen, übertragen werden müssen. Dem Begriff des Arbeitnehmers im Sinne des Art. 45 AEUV (ex Art. 39 EG) kommt im Unionsrecht eine autonome Bedeutung zu. Er darf nicht eng ausgelegt werden und ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Arbeitnehmer ist jeder, der eine tatsächliche und echte Tätigkeit für einen anderen nach dessen Weisung ausübt und hierfür eine Vergütung erhält, wobei Tätigkeiten außer Betracht bleiben, die einen so geringen Umfang haben, dass sie sich als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellen (stRspr, vgl. Urteil vom 19. September 2000 - BVerwG 1 C 13.00 - NVwZ 2001, 333; EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 a.a.O. Rn. 17 und 19 jeweils m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des EuGH, die dieser in der vom Verwaltungsgericht eingeholten Vorabentscheidung nochmals erläutert hat, bedarf es hierzu einer Gesamtbewertung, die anhand aller ein Arbeitsverhältnis kennzeichnenden Aspekte zu treffen ist. Diese Beurteilung fällt in die Zuständigkeit der nationalen Gerichte. Denn diese verfügen allein über eine unmittelbare Kenntnis des Sachverhalts und sind am besten in der Lage, die erforderlichen Prüfungen vorzunehmen (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 a.a.O. Rn. 26 f.).

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Nach den im Revisionsverfahren nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin seit Mitte Juni 2004 entgeltlich für dasselbe Unternehmen als Raumpflegerin tätig. Damit liegen die Grundmerkmale eines Arbeitsverhältnisses vor, nämlich ein Abhängigkeitsverhältnis und die Zahlung einer Vergütung als Gegenleistung für die von der Klägerin erbrachten Leistungen (EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 a.a.O. Rn. 19). Der Arbeitnehmereigenschaft steht - entgegen der Auffassung des Beklagten - nicht entgegen, dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine geringfügige Beschäftigung handelt, für die die Klägerin bei einer anfänglichen Wochenarbeitszeit von 5 1/2 Stunden als Entlohnung zunächst im Durchschnitt nur etwa 180 € im Monat erhielt. Hiermit konnte die Klägerin nicht ohne Inanspruchnahme erheblicher öffentlicher Mittel ihren Lebensunterhalt bestreiten. Vorübergehend musste der Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Wegfall der Familienversicherung auch für die Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung aufkommen. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts entsprach die vereinbarte Bezahlung allerdings von Anfang an dem Tariflohn. Außerdem bestand nach dem im November 2007 nachträglich unterzeichneten Arbeitsvertrag ein (tarifvertraglicher) Anspruch auf 125 € Urlaubsgeld und 28 Tage Urlaub sowie auf Lohnfortzahlung. Ab Mai 2008 wurde die Wochenarbeitszeit zudem auf 10 Stunden erhöht und das Beschäftigungsverhältnis zu einem pauschalen Monatslohn in Höhe von 400 € fortgesetzt.

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Diese nachträgliche Erweiterung des Arbeitsumfangs ist bei der Frage, ob die Klägerin Arbeitnehmerin im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 ist, mit zu berücksichtigen, da bei der gebotenen Gesamtwürdigung des Beschäftigungsverhältnisses auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (30. März 2011) und nicht - wie der Beklagte meint - auf die Verhältnisse bei Ablauf der Geltungsdauer der der Klägerin zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis oder bei Ablehnung ihres Verlängerungsantrags abzustellen ist. Bei der Arbeitnehmereigenschaft handelt es sich um ein - gegenüber den weiteren Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 - eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Dieses setzt keinen legalen Aufenthalt voraus, sondern knüpft an die konkret ausgeübte Tätigkeit an und erfordert - unabhängig von der Zugehörigkeit des Betroffenen zum regulären Arbeitsmarkt und der Ordnungsmäßigkeit der Beschäftigung (vgl. dazu nachfolgend 2.2 und 2.3) - eine an arbeitsrechtlichen Maßstäben ausgerichtete Bewertung des Beschäftigungsverhältnisses. Dabei ist jedenfalls in Fällen, in denen die Betroffene - wie hier - über einen längeren Zeitraum ohne Unterbrechung und qualitative Änderungen für ein Unternehmen tätig war, das Beschäftigungsverhältnis in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen und anhand der vom EuGH bezeichneten Kriterien zu würdigen. Diese Würdigung ergibt, dass die Klägerin in der Rückschau mit der Aufnahme ihrer Tätigkeit bei der L. GmbH zur Arbeitnehmerin im Sinne des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 wurde und es im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz weiterhin ist.

18

Zu Recht ist das Berufungsgericht bei der Bewertung der von der Klägerin bei der L. GmbH ausgeübten Tätigkeit als Raumpflegerin davon ausgegangen, dass der geringen Wochenarbeitszeit von anfänglich 5 1/2 Stunden (ab Mai 2008 wurde die Wochenarbeitszeit allerdings auf 10 Stunden erhöht) nur indizielle Bedeutung zukommt. Dass ein Beschäftigter einer geringfügigen Beschäftigung nachgeht und seinen Lebensunterhalt nicht mit den Einnahmen aus einer solchen Tätigkeit bestreiten kann, hindert nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, ihn dennoch als Arbeitnehmer anzusehen. Der Umstand, dass im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses nur sehr wenige Arbeitsstunden geleistet werden, kann zwar ein Anhaltspunkt dafür sein, dass die ausgeübte Tätigkeit nur untergeordnet und unwesentlich ist. Den Entscheidungen des EuGH ist aber keine absolute Grenze in Bezug auf die Arbeitszeit zu entnehmen, unterhalb derer die Arbeitnehmereigenschaft generell oder zumindest regelmäßig verneint werden muss. Auch weist der EuGH ausdrücklich darauf hin, dass weder die begrenzte Höhe der Vergütung noch der Umstand, dass der Betreffende ergänzend auf eine aus öffentlichen Mitteln gezahlte finanzielle Unterstützung angewiesen ist, irgendeine Auswirkung auf die Arbeitnehmereigenschaft im Sinne des Unionsrechts haben kann (Urteil vom 4. Februar 2010 a.a.O. Rn. 20 und 25 f. m.w.N.). Von daher findet die Auffassung des Beklagten, eine Beschäftigung gelte regelmäßig als völlig untergeordnet und unwesentlich, wenn durch sie weder wenigstens die Hälfte des Lebensunterhalts bestritten werden könne noch die Arbeitszeit wenigstens dem Umfang eines vollen Arbeitstags eines tarifvertraglich Vollbeschäftigten entspreche, schon im Ansatz keine Stütze in der Rechtsprechung des EuGH.

19

Der Annahme einer tatsächlichen und echten Tätigkeit, die sich nicht als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellt, steht auch nicht entgegen, dass es sich bei dem von der Klägerin eingegangenen Arbeitsverhältnis um ein sozialversicherungsfreies geringfügiges Beschäftigungsverhältnis handelt. Zu Recht weist das Berufungsgericht darauf hin, dass derartige Beschäftigungsverhältnisse auf dem deutschen Arbeitsmarkt weit verbreitet und in bestimmten Branchen - wie dem Reinigungsgewerbe - geradezu typisch sind. Dem Beklagten ist allerdings zuzugestehen, dass die im vorliegenden Fall anfänglich vereinbarte Arbeitszeit von 5 1/2 Wochenarbeitsstunden auch für ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis eher niedrig war. Bei der gebotenen Gesamtbewertung sind nach der Rechtsprechung des EuGH neben der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden und der Höhe der Vergütung hier aber auch die weitere Ausgestaltung und die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses zu berücksichtigen (vgl. EuGH, Urteil vom 4. Februar 2010 a.a.O. Rn. 20 ff.). Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Klägerin bereits seit Juni 2004 (im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht also seit fast sieben Jahren) ohne Unterbrechung oder Kündigung als Raumpflegerin bei der L. GmbH tätig. Zudem wurde die Beschäftigung im Mai 2008 auf 10 Wochenstunden erweitert und auf 400 €-Basis fortgeführt. Im Übrigen erhielt sie als Gegenleistung von Anfang an den tariflichen Arbeitslohn und weitere tarifvertragliche Vergünstigungen.

20

Bei dieser Sachlage stellt sich die von der Klägerin bei der L. GmbH ausgeübte Tätigkeit in der Rückschau schon mit Blick auf die Dauer und die der Klägerin vertraglich eingeräumten Ansprüche nicht als völlig untergeordnet und unwesentlich dar, auch wenn die wöchentliche Arbeitszeit zunächst nur 5 1/2 Stunden umfasste. Dies würde nach Auffassung des Senats im Übrigen selbst dann gelten, wenn man - wie der Beklagte meint - entgegen der obigen Ausführungen bei der Bewertung der Tätigkeit nicht auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, sondern auf den Zeitpunkt des Ablaufs der Geltungsdauer der der Klägerin zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis oder der Ablehnung ihres Antrags abstellen würde. Denn auch bei einer auf diese früheren Zeitpunkte bezogenen Beurteilung war das Beschäftigungsverhältnis nach Umfang, Dauer und seiner konkreten Ausgestaltung nicht von so geringem Umfang, dass es sich bei wertender Betrachtung im Sinne der Rechtsprechung des EuGH als völlig untergeordnet und unwesentlich darstellte.

21

Der vom Beklagten angeführte Missbrauchsgedanke steht der Annahme der Arbeitnehmereigenschaft ebenfalls nicht entgegen. Die Klägerin ist nicht in das Bundesgebiet eingereist, um hier öffentliche Leistungen in Anspruch zu nehmen. Sie kam im Wege des Familiennachzugs nach Deutschland und wurde zunächst von ihrem Ehemann unterhalten. Erst nach der Trennung von ihrem Ehemann und mehr als vier Jahre nach ihrer Einreise hat sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts von September 2004 bis April 2008 ergänzende öffentliche Mittel in Anspruch genommen. Soweit der Beklagte darauf hinweist, die Klägerin habe vor Ablehnung ihres Antrags auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis keinerlei ernsthafte und zielführende Anstrengungen nachgewiesen, auch nur eine geringe Aufstockung ihrer Beschäftigung zu erreichen, steht dies der Arbeitnehmereigenschaft nicht entgegen. Liegen die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 vor, ist die Berufung auf ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht auch bei Inanspruchnahme öffentlicher Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhalts grundsätzlich nicht missbräuchlich. Zutreffend hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass es primär Aufgabe des Trägers der Grundsicherung für Arbeitssuchende ist, unzureichenden Eigenbemühungen im Rahmen der sozialrechtlichen Sanktionsmöglichkeiten nach §§ 31 ff. SGB II zu begegnen.

22

2.2 Die Klägerin gehört im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht dem regulären Arbeitsmarkt in Deutschland an. Für die Zugehörigkeit eines Arbeitnehmers zum regulären Arbeitsmarkt im Aufnahmemitgliedstaat kommt es nach der Rechtsprechung des EuGH darauf an, ob das Arbeitsverhältnis im Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats lokalisiert werden kann oder eine hinreichend enge Verknüpfung mit diesem Gebiet aufweist. Der Begriff "regulärer Arbeitsmarkt" stellt gegenüber dem weiteren Tatbestandsmerkmal der Ausübung einer ordnungsgemäßen Beschäftigung (vgl. dazu die Ausführungen unter 2.3) während eines bestimmten Zeitraums keine zusätzlichen Voraussetzungen auf, sondern bezeichnet die Gesamtheit der Arbeitnehmer, die den Rechts- und Verwaltungsvorschriften des Aufnahmemitgliedstaats über die Einreise in sein Hoheitsgebiet und über die Beschäftigung nachkommen und somit das Recht haben, in diesem Staat eine Berufstätigkeit auszuüben (Urteil vom 19. September 2000 a.a.O.; EuGH, Urteil vom 26. November 1998 - Rs. C-1/97, Birden - Slg. 1998, I-7747 Rn. 33 und 51). Der Betroffene muss sich also legal im Aufnahmemitgliedstaat aufhalten und hier einer legalen Beschäftigung nachgehen.

23

Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die Beschäftigung der Klägerin bei der L. GmbH weist keinerlei Verknüpfung mit einem anderen Staat auf und steht im Einklang mit den einschlägigen deutschen Rechts- und Verwaltungsvorschriften. Unerheblich ist, dass die Klägerin nach Aktenlage im August 2007 möglicherweise erst wenige Tage nach Ablauf der Geltungsdauer ihrer Aufenthaltserlaubnis deren Verlängerung beantragt hat und dieser Antrag vom Beklagten abgelehnt worden ist. Dabei kann dahinstehen, welche aufenthaltsrechtlichen Folgen eine verspätete Antragstellung nach nationalem Recht hat. Denn die Klägerin verfügte bereits bei Ablauf der Geltungsdauer ihrer Aufenthaltserlaubnis am 1. August 2007 auf Grund ihrer Tätigkeit bei der L. GmbH über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1, 2. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80. Sie war schon damals Arbeitnehmerin (vgl. vorstehend 2.1) und ging seit über 3 Jahren beim gleichen Arbeitgeber einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nach (vgl. nachfolgend 2.3). Dieses Aufenthaltsrecht erlaubte der Klägerin die Fortführung ihrer Beschäftigung bei der L. GmbH. Schon aus diesem Grund gehörte sie auch nach dem 1. August 2007 weiterhin dem regulären Arbeitsmarkt an.

24

2.3 Zutreffend ist das Berufungsgericht schließlich davon ausgegangen, dass sich die Klägerin nach einer im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht über vierjährigen ordnungsgemäßen Beschäftigung bei der L. GmbH inzwischen auf ein Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1, 3. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80 berufen kann. Die Ordnungsmäßigkeit einer Beschäftigung setzt eine gesicherte und nicht nur vorläufige Position auf dem Arbeitsmarkt und damit das Bestehen eines nicht bestrittenen Aufenthaltsrechts voraus. Außerdem muss die Beschäftigung im Einklang mit den aufenthaltsrechtlichen und arbeitsrechtlichen Vorschriften des jeweiligen Mitgliedstaats stehen. Eine in diesem Sinne nur vorläufige Position kann sich namentlich aus verfahrensrechtlichen Vorschriften (etwa betreffend die aufschiebende Wirkung eines Rechtsmittels) ergeben (Urteil vom 19. September 2000 a.a.O; EuGH, Urteil vom 30. September 1997 - Rs. C-98/96, Ertanir - Slg. 1997, I-05193 Rn. 47 ff. m.w.N.). Beschäftigungszeiten können folglich so lange nicht als ordnungsgemäß angesehen werden, wie nicht endgültig feststeht, dass dem Betroffenen während des fraglichen Zeitraums das Aufenthaltsrecht von Rechts wegen zustand (Urteil vom 19. September 2000 a.a.O; EuGH, Urteil vom 30. September 1997 a.a.O. Rn. 50 m.w.N.). Auch Beschäftigungszeiten, die ein türkischer Arbeitnehmer während der Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis zurückgelegt hat, die ihm nur aufgrund einer Täuschung der Behörden erteilt worden ist, beruhen nicht auf einer gesicherten Rechtsposition, sondern sind als in einer nur vorläufigen Position zurückgelegt zu betrachten, da ihm während dieser Zeiten von Rechts wegen kein Aufenthaltsrecht zustand (EuGH, Urteil vom 30. September 1997 a.a.O. Rn. 51 m.w.N.).

25

Der Annahme einer ordnungsgemäßen Beschäftigung über einen Zeitraum von vier Jahren steht nicht entgegen, dass die Geltungsdauer der der Klägerin zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis vor Ablauf von vier Jahren nach Aufnahme des Arbeitsverhältnisses bei der L. GmbH endete. Da eine ordnungsgemäße Beschäftigung ein nicht bestrittenes Aufenthaltsrecht voraussetzt, ist im Streit um das Bestehen eines aus Art. 6 Abs. 1 ARB Nr. 1/80 abgeleiteten Aufenthaltsrechts bei der Frage, wie lange der Betroffene einer ordnungsgemäßen Beschäftigung nachgegangen ist, zunächst zu prüfen, ob der Betroffene bei Ablauf der Geltungsdauer des ihm zuletzt erteilten Aufenthaltstitels bereits über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht verfügte. Fehlt es daran, kann er ein solches Aufenthaltsrecht nicht allein über eine vorläufige aufenthaltsrechtliche Rechtsposition während des laufenden Verfahrens erwerben. Ergibt die Inzidentprüfung hingegen, dass der Betroffene - wie hier - bei Ablauf der Geltungsdauer des ihm zuletzt erteilten Aufenthaltstitels bereits ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht erworben hatte, kommt einer Aufenthaltserlaubnis, solange die Voraussetzungen für ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht weiter vorliegen, lediglich deklaratorische Wirkung zu. Aus diesem Grund sieht § 4 Abs. 5 Satz 2 AufenthG für den Nachweis des Bestehens eines assoziationsrechtlichen Aufenthaltsrechts auch nur das "Ausstellen" und nicht das "Erteilen" einer Aufenthaltserlaubnis vor. In diesen Fällen bleibt das bei Ablauf der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis bereits entstandene assoziationsrechtliche Aufenthaltsrecht - wie vom Berufungsgericht zutreffend angenommen - nicht nur erhalten, sondern kann sich während des gerichtlichen Verfahrens auch weiter verfestigen.

26

Die von der Klägerin seit Juni 2004 ausgeübte Beschäftigung bei der L. GmbH war bis zum Ablauf der Gültigkeit der ihr zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis am 1. August 2007 ordnungsgemäß, denn die Klägerin verfügte durchgängig über eine Aufenthaltserlaubnis und durfte - aufenthalts- und arbeitserlaubnisrechtlich - einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Unerheblich ist, dass und aus welchen Gründen die Aufenthaltserlaubnis im August 2005 nochmals für zwei Jahre nach § 30 AufenthG verlängert wurde. Diese letzte Verlängerung war zwar objektiv rechtswidrig, da nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft die Voraussetzungen für eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 30 AufenthG nicht (mehr) vorlagen. Der Beklagte hat diese Verlängerung aber nie zurückgenommen, möglicherweise mit Blick darauf, dass die Klägerin nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft zumindest nach § 31 Abs. 1 AufenthG einen gesetzlichen Anspruch auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht hatte. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Klägerin die Ausländerbehörde bei der letzten Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis auch nicht getäuscht. Im Übrigen verfügte die Klägerin schon damals über ein assoziationsrechtliches Aufenthaltsrecht nach Art. 6 Abs. 1, 1. Spiegelstrich ARB Nr. 1/80, das sie zur Fortführung ihrer Beschäftigung bei der L. GmbH berechtigte. Denn sie war auch schon im August 2005 Arbeitnehmerin (vgl. vorstehend 2.1) und ging seit über einem Jahr einer ordnungsgemäßen Beschäftigung bei der L. GmbH nach.

27

3. Da die Klage bereits im Hauptantrag Erfolg hat, bedarf es keiner Entscheidung über den Hilfsantrag der Klägerin auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG.

(1) Mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts und des Beschuldigten kann die Staatsanwaltschaft bei einem Vergehen vorläufig von der Erhebung der öffentlichen Klage absehen und zugleich dem Beschuldigten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Als Auflagen oder Weisungen kommen insbesondere in Betracht,

1.
zur Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens eine bestimmte Leistung zu erbringen,
2.
einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen,
3.
sonst gemeinnützige Leistungen zu erbringen,
4.
Unterhaltspflichten in einer bestimmten Höhe nachzukommen,
5.
sich ernsthaft zu bemühen, einen Ausgleich mit dem Verletzten zu erreichen (Täter-Opfer-Ausgleich) und dabei seine Tat ganz oder zum überwiegenden Teil wieder gut zu machen oder deren Wiedergutmachung zu erstreben,
6.
an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen oder
7.
an einem Aufbauseminar nach § 2b Abs. 2 Satz 2 oder an einem Fahreignungsseminar nach § 4a des Straßenverkehrsgesetzes teilzunehmen.
Zur Erfüllung der Auflagen und Weisungen setzt die Staatsanwaltschaft dem Beschuldigten eine Frist, die in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 7 höchstens sechs Monate, in den Fällen des Satzes 2 Nummer 4 und 6 höchstens ein Jahr beträgt. Die Staatsanwaltschaft kann Auflagen und Weisungen nachträglich aufheben und die Frist einmal für die Dauer von drei Monaten verlängern; mit Zustimmung des Beschuldigten kann sie auch Auflagen und Weisungen nachträglich auferlegen und ändern. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen, so kann die Tat nicht mehr als Vergehen verfolgt werden. Erfüllt der Beschuldigte die Auflagen und Weisungen nicht, so werden Leistungen, die er zu ihrer Erfüllung erbracht hat, nicht erstattet. § 153 Abs. 1 Satz 2 gilt in den Fällen des Satzes 2 Nummer 1 bis 6 entsprechend. § 246a Absatz 2 gilt entsprechend.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeschuldigten die in Absatz 1 Satz 1 und 2 bezeichneten Auflagen und Weisungen erteilen. Absatz 1 Satz 3 bis 6 und 8 gilt entsprechend. Die Entscheidung nach Satz 1 ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar. Satz 4 gilt auch für eine Feststellung, daß gemäß Satz 1 erteilte Auflagen und Weisungen erfüllt worden sind.

(3) Während des Laufes der für die Erfüllung der Auflagen und Weisungen gesetzten Frist ruht die Verjährung.

(4) § 155b findet im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 6, auch in Verbindung mit Absatz 2, entsprechende Anwendung mit der Maßgabe, dass personenbezogene Daten aus dem Strafverfahren, die nicht den Beschuldigten betreffen, an die mit der Durchführung des sozialen Trainingskurses befasste Stelle nur übermittelt werden dürfen, soweit die betroffenen Personen in die Übermittlung eingewilligt haben. Satz 1 gilt entsprechend, wenn nach sonstigen strafrechtlichen Vorschriften die Weisung erteilt wird, an einem sozialen Trainingskurs teilzunehmen.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.