Verwaltungsgericht Mainz Beschluss, 16. Juli 2018 - 4 L 587/18.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2018:0716.4L587.18.00
bei uns veröffentlicht am16.07.2018

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, welche dieser selbst zu tragen hat.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 47.048,64 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO mit dem Ziel, dem Antragsgegner vorläufig zu untersagen, die im Justizblatt Nr. 1 vom 15. Januar 2018 ausgeschriebene Stelle für die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts bei dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz vor einer bestandskräftigen Entscheidung über die Bewerbung des Antragstellers mit dem Beigeladenen zu besetzen, hat keinen Erfolg. Zwar ist ein Anordnungsgrund gegeben, es fehlt jedoch an einem Anordnungsanspruch.

2

Nach § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass ihm ein Anspruch auf eine bestimmte Maßnahme zusteht (Anordnungsanspruch), dieser Anspruch gefährdet ist und durch vorläufige Maßnahmen gesichert werden muss (Anordnungsgrund).

3

1. Zwar besteht hinsichtlich des – hier zu sichernden – Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers ein Anordnungsgrund. Dem Antragsteller droht ohne die Entscheidung des Gerichts ein Rechtsverlust, weil er im Fall der Beförderung des Beigeladenen in einem späteren Hauptsacheverfahren grundsätzlich keinen effektiven Rechtsschutz zur Sicherung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs mehr erlangen kann. Vorliegend steht die Beförderung eines Dritten unmittelbar bevor, da der Antragsgegner beabsichtigt, die Stelle für die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts bei dem Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (Besoldungsgruppe R 3 mit Amtszulage) mit dem Beigeladenen zu besetzen.

4

2. Der Antragsteller hat aber einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Ein Anordnungsanspruch setzt voraus, dass der Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt wurde und es jedenfalls möglich erscheint, dass der Antragsteller bei einer fehlerfreien Auswahlentscheidung zum Zuge kommen könnte (vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 –, juris).

5

Der Antragsteller ist nicht in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt.

6

Der Bewerbungsverfahrensanspruch umfasst das Recht eines Bewerbers um eine Beförderungsstelle auf eine faire und chancengleiche Behandlung unter Einhaltung des gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrens sowie darauf, dass der Dienstherr über die Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei und unter Beachtung des in Art. 33 Abs. 2 GG und Art. 19 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – niedergelegten Grundsatzes der Bestenauslese („Leistungsgrundsatz“) allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 16.3.2017 – 10 B 11626/16 –, IÖD 2017, 98 und juris Rn. 9 f., vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14 –, IÖD 2014, 212 und juris Rn. 4 ff., vom 14.9.2017 – 2 B 11207/17 –, juris Rn. 10 m.w.N. und vom 29.8.2016 – 2 B 10648/16 –, juris Rn. 5). Der Dienstherr verfügt bei seiner Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber über einen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraum. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle ist insoweit auf die Prüfung beschränkt, ob die einschlägigen Verfahrensvorschriften beachtet worden sind, ob der gesetzliche Rahmen und die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt worden sind, ob von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, ob die allgemein gültigen Wertungsmaßstäbe beachtet worden sind und ob sich der Dienstherr nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14.OVG –, juris Rn. 5).

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Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss dabei grundsätzlich anhand aussagekräftiger – d.h. aktueller, hinreichend differenzierter sowie weitestgehend vergleichbarer – dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden, die auf das Statusamt bezogen sind. Ihnen kommt bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zu, wobei für den Leistungsvergleich in erster Linie das abschließende Gesamturteil maßgeblich ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 4.10.2012 – 2 BvR 1120/12 –, DRiZ 2013, 106 und juris Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 – 2 VR 1.14 –, IÖD 2015, 38 und juris Rn. 20, 22; OVG RP, Beschlüsse vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14.OVG –, juris, vom 14.9.2017 – 2 B 11207/17.OVG –, juris Rn. 10 und vom 1.7.2015 – 2 B 10498/15 –, juris Rn. 11). Der Bewerber, der hier – auch schon in Form einer Zwischennote – einen Leistungsvorsprung aufzuweisen hat, ist zu befördern. Können die Stellen allerdings anhand der Gesamtergebnisse der aktuellen Beurteilungen nicht vergeben werden – etwa, weil mehrere Bewerber im Wesentlichen gleich bewertet sind –, hat die Auswahlentscheidung in der Regel auf der Grundlage einer inhaltlichen Ausschärfung der Einzelmerkmale der Beurteilungen (Einzelexegese) zu erfolgen (vgl. z.B. BVerfG, Kammerbeschluss vom 4.10.2012 – 2 BvR 1120/12 –, DRiZ 2013, 106 und juris Rn. 13; BVerwG, Beschluss vom 19.12.2014 – 2 VR 1/14, IÖD 2015, 38 und juris Rn. 35; OVG RP, Beschlüsse vom 24.6.2016 – 10 B 10278/16.OVG –, und vom 14.10.2014 – 2 B 10648/14 –, AS RP-SL 43, 68 und juris Rn. 29). Wenn auch danach kein Leistungsvorsprung eines Bewerbers feststellbar ist, können die früheren Beurteilungen der Bewerber in den Blick genommen werden. Nur wenn auch dies zu keinem Ergebnis führt, kann ausnahmsweise auf Hilfskriterien abgestellt werden, wobei leistungsnähere vor leistungsferneren Kriterien zu berücksichtigen sind (vgl. OVG RP, Beschluss vom 2.9.2015 – 2 B 10765/15 –, AS RP-SL 44, 42 und juris Rn. 14 ff.).

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Gegen diese beamtenrechtlichen Grundsätze hat der Antragsgegner bei seiner Auswahlentscheidung nicht verstoßen.

9

a) Auf der Grundlage des vorrangig gebotenen Leistungsvergleichs der dienstlichen Beurteilungen anhand des abschließenden Gesamturteils ist der Antragsgegner in einem ersten Schritt zu Recht davon ausgegangen, dass der Antragsteller und der Beigeladene im Wesentlichen gleich beurteilt sind.

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aa) Dem Eignungsvergleich waren hier die aktuellen dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen vom 6. März 2018 zugrunde zu legen.

11

Für beide Bewerber wurde zutreffend nach Nr. 3.1.2 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz über die dienstliche Beurteilung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte vom 15. August 2016 – Beurteilungs-VV – eine Anlassbeurteilung erstellt. Danach ist eine Beurteilung aus besonderem Anlass bei Bewerbungen um ein Beförderungsamt abzugeben, es sei denn, die Bewerberin oder der Bewerber ist innerhalb der letzten zwei Jahre aus demselben Statusamt dienstlich beurteilt worden, diese letzte Beurteilung enthält eine Eignungsprognose für das angestrebte Amt und seit dieser letzten Beurteilung ist keine wesentliche Veränderung der Beurteilungsgrundlagen eingetreten. Beide Bewerber wurden innerhalb der letzten zwei Jahre nicht beurteilt; der Antragsteller wurde zuletzt am 28. Dezember 2011, der Beigeladene zuletzt am 18. Juli 2008 beurteilt.

12

Die Beurteilungen sind auch aktuell und hinreichend vergleichbar. Sie beziehen sich jeweils auf das von den Bewerbern im Beurteilungszeitraum innegehabte Amt eines Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht (Besoldungsgruppe R 3). Die Beurteilungen wurden außerdem sogar vom selben Beurteiler am gleichen Tag aus Anlass der Bewerbung um das streitgegenständliche Amt verfasst. Der Vergleichbarkeit steht nicht entgegen, dass die Beurteilungen unterschiedliche Beurteilungszeiträume umfassen. Während sich die Beurteilung des Antragstellers auf den Zeitraum vom 29. Dezember 2011 bis 26. Februar 2018 bezieht, betrifft die Beurteilung des Beigeladenen den Zeitraum vom 19. Juli 2008 bis 26. Februar 2018. Die Beurteilungen sind demnach zwar gleichermaßen aktuell, der Beurteilungszeitraum des Antragstellers ist aber kürzer als der des Beigeladenen. Dies ist indes nicht zu beanstanden. Insoweit gilt nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz, der sich die Kammer anschließt, dass ein Beurteilungssystem, das wie das vorliegende Regelbeurteilungen und Anlassbeurteilungen vorsieht, zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume in Kauf nimmt und dies auch unter Berücksichtigung des Gebots der Chancengleichheit hinzunehmen ist, solange im Einzelfall ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt. Davon ist grundsätzlich auszugehen, wenn die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung für sich genommen hinreichend aktuell sind, die ihnen jeweils zugrunde liegenden Beurteilungszeiträume ausreichend lang sind, um eine verlässliche Aussage zur Leistung, Eignung und Befähigung der Beurteilten zuzulassen, und keine sachlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich gerade die unterschiedlichen Beurteilungszeiträume zum Vor- oder Nachteil eines Bewerbers ausgewirkt haben (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14.OVG –, esovg, vom 24.6.2016 – 10 B 10278/16.OVG –, m.w.N. und vom 21.8.2017 – 2 B 11290/17.OVG –, esovg Rn. 10 ff.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben; die Beurteilungen ermöglichen einen verlässlichen Leistungsvergleich. Die Beurteilungen sind unproblematisch im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung für sich genommen hinreichend aktuell; beide Beurteilungen wurden am selben Tag aus Anlass der Bewerbung um die Stelle für die Vizepräsidentin oder den Vizepräsidenten des Landessozialgerichts gefertigt. Weiter ist nicht nur der Beurteilungszeitraum des Beigeladenen (etwa 9 Jahre und 7 Monate), sondern auch der des Antragstellers (etwa 6 Jahre und 2 Monate) ausreichend lang, um eine verlässliche Aussage zur Leistung, Eignung und Befähigung der Beurteilten zuzulassen. Dies ergibt sich bereits daraus, dass beide Beurteilungszeiträume weit mehr als den Regelbeurteilungszeitraum von vier Jahren (vgl. Nr. 2.1 Beurteilungs-VV) erfassen. Schließlich ist weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass sich gerade die unterschiedlichen Beurteilungszeiträume zum Vor- oder Nachteil eines Bewerbers ausgewirkt haben. Vielmehr liegt der etwas längere Beurteilungszeitraum des Beigeladenen – wie der Antragsgegner nachvollziehbar ausgeführt hat – lediglich darin begründet, dass Lücken zwischen einzelnen Beurteilungszeiträumen vermieden werden sollten, Regelbeurteilungen für beide Bewerber nach Nr. 2.1 Beurteilungs-VV aber nicht mehr verfasst werden und die letzte Anlassbeurteilung des Beigeladenen länger zurücklag als die des Antragstellers.

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bb) Auf Grundlage der vorgenannten Beurteilungen vom 6. März 2018 sind der Antragsteller und der Beigeladene im Wesentlichen gleich beurteilt. Beide wurden als Vorsitzende Richter am Landessozialgericht im Statusamt der Besoldungsgruppe R 3 mit der Gesamtbeurteilung der dienstlichen Eignung und Leistung „hervorragend (1)“ – und damit mit der höchsten Notenstufe (vgl. Nr. 7.1 Beurteilungs-VV) – bewertet. Auch in der Eignungsprognose wurden beide gleichermaßen für das angestrebte Amt des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts als „besonders gut geeignet“ – auch hier mit dem besten Bewertungsgrad (vgl. Nr. 7.8 Beurteilungs-VV) – angesehen.

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(1) Dabei ist die Beurteilung des Antragstellers mit der Note „hervorragend (1)“ nicht deshalb zu beanstanden, weil er erstmals nach seiner Beförderung zum Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht im höheren Statusamt beurteilt wurde. Seine letzte Beurteilung vom 28. Dezember 2011, die ebenfalls mit der Gesamtbeurteilung „hervorragend“ schloss, erfolgte noch als Richter am Landessozialgericht. Zwar gilt für den Antragsteller in der neuen Vergleichsgruppe der Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht ein höherer Anforderungsmaßstab als zuvor. Dies ist bei der Beurteilung zu berücksichtigen (vgl. Nr. 7.9. Beurteilungs-VV) und führt regelmäßig dazu, dass die erste Beurteilung in einem höheren Statusamt selbst bei gleichbleibenden Leistungen zu einer niedrigeren Gesamtbeurteilung führt (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14.OVG –, IÖD 2014, 212 und juris Rn. 18 und vom 23.5.2007 – 10 B 10318/07.OVG –, esovg). Daraus folgt, dass die Beibehaltung der früheren Note nur bei einer deutlichen Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen in Betracht kommt (vgl. OVG RP, Beschluss vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14.OVG –, IÖD 2014, 212 und juris Rn. 22); dies ist vom Dienstherrn im Beurteilungstext zu begründen. Diesen Anforderungen wird die Beurteilung des Antragstellers vom 6. März 2018 gerecht. In der Gesamtbeurteilung wird ausgeführt, der Antragsteller habe seine Leistungen seit der letzten Beurteilung nochmals deutlich gesteigert und sei eine in jeder Hinsicht reife Richter- und Führungspersönlichkeit und einer der leistungsstärksten Kollegen. Jedenfalls angesichts des langen Beurteilungszeitraums von etwa sechs Jahren und zwei Monaten, der mehr als zwei Jahre über den Regelbeurteilungszeitraum nach Nr. 2.1 Beurteilungs-VV hinausgeht, genügt dies den Begründungsanforderungen.

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(2) Schließlich durfte der Auswahlentscheidung auch die Beurteilung des Beigeladenen vom 6. März 2018 zugrunde gelegt werden. Zwar erstreckt sich der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG wegen der wechselseitigen Abhängigkeit der Bewerbungsverfahrensansprüche aller Bewerber grundsätzlich auch darauf, dass die Mitbewerber in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG beurteilt werden. Im einstweiligen Rechtsschutzverfahren kann der Antragsteller deshalb auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung eines ausgewählten Konkurrenten rügen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 2.7.2014 – 10 B 10320/14 –, IÖD 2014, 212 und juris Rn. 6), so dass die Beurteilung des ausgewählten Bewerbers zur inzidenten Überprüfung gestellt werden kann. Dabei ist der verwaltungsgerichtliche Kontrollmaßstab hinsichtlich der Beurteilung eingeschränkt, da dem Dienstherrn aufgrund des erforderlichen Aktes wertender Erkenntnis ein Beurteilungsspielraum zusteht. Die gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle erfolgt deshalb nur darauf hin, ob die Beurteiler gegen Verfahrensvorschriften verstoßen, anzuwendende Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich bewegen können, verkannt haben bzw. ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.6.1980 – 2 C 8/78 -, BVerwGE 60, 245 und juris Rn. 18; OVG RP, Urteil vom 28.11.2008 – 2 A 11028/08.OVG –, ESOVGRP). Der Antragsteller hat die Beurteilung oder das Beurteilungsergebnis des Beigeladenen aber überhaupt nicht ausdrücklich oder substantiiert angegriffen, sondern die im Auswahlvermerk im Verhältnis zu ihm getroffene vergleichende Bewertung und Gewichtung in Zweifel gezogen. Eine Überschreitung des durch den Beurteilungsspielraum gesetzten Rahmens bei der Bewertung des Beigeladenen ist aber auch nicht ersichtlich.

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b) Die auf Grundlage der genannten Beurteilungen getroffene Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen ist frei von Rechtsfehlern.

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Sind – wie hier – mehrere Bewerber in dem abschließenden Gesamturteil ihrer dienstlichen Beurteilungen im Wesentlichen gleich bewertet, so hat der Dienstherr die Einzelmerkmale der Beurteilungen im Wege einer Einzelexegese inhaltlich auszuschärfen. Dabei kann er nach umfassender inhaltlicher Auswertung der Beurteilungen auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Dem Dienstherrn kommt bei der Einzelexegese allerdings ein weiter Beurteilungs- bzw. Bewertungsspielraum zu, der – jedenfalls bei frei formulierten Beurteilungen – einer nur eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Entscheidung, welche Bedeutung er den einzelnen Aspekten für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst. Die verwaltungsgerichtliche Nachprüfung hat sich insoweit wiederum darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich bewegen kann, verkannt, ob er einen unrichtigen Sachverhalt zu Grunde gelegt, allgemeine Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat; demgegenüber kommt es nicht darauf an, ob anhand der Beurteilungen auch eine Einzelexegese mit anderem Auswahlergebnis möglich wäre (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 24.6.2016 – 10 B 10278/16.OVG –, vom 14.9.2017 – 2 B 11207/17.OVG –, juris Rn. 41, vom 27.7.2016 – 2 B 10593/16.OVG –, und vom 2.9.2015 – 2 B 10765/15.OVG –, esovg Rn. 52 f.; auch BVerwG, Beschluss vom 22.11.2012 – 2 VR 5/12 –, BVerwGE 145, 112 und juris Rn. 25; VGH BW, Beschluss vom 15.3.2018 – 4 S 277/17 –, BeckRS 2018, 5085, Rn. 20 ff.).

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Daran gemessen ist die im Besetzungsvermerk vom 23. April 2018 dokumentierte Auswahlentscheidung rechtlich nicht zu beanstanden. Die Kammer weist dabei zunächst darauf hin, dass für die Auswahlentscheidung nicht der Besetzungsbericht des Präsidenten des Landessozialgerichts vom 4. April 2018 maßgeblich ist, sondern der Besetzungsvermerk des Antragsgegners vom 23. April 2018.

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aa) Zunächst mussten die Anforderungen an das Amt der Vizepräsidentin bzw. des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts, die der Antragsgegner in seinem Besetzungsvermerk vom 23. April 2018 erläutert und die er seiner Auswahlentscheidung zugrunde gelegt hat, entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht bereits mit der Stellenausschreibung im Justizblatt oder zumindest vor Eintritt in die Auswahlentscheidung erstellt, mitgeteilt oder dokumentiert werden.

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Es handelt sich hier nicht um ein konstitutives Anforderungsprofil, das zwingend vor Beginn der Auswahlentscheidung festgelegt bzw. mit der Stellenausschreibung mitgeteilt werden muss. Die Auswahlentscheidung anhand eines konstitutiven Anforderungsprofils setzt voraus, dass die zu vergebende Stelle spezielle Eignungsanforderungen stellt, die nicht bereits durch den Erwerb der entsprechenden Laufbahnbefähigung und durch den Inhalt der dienstlichen Beurteilung umfassend abgedeckt sind (vgl. OVG RP, Beschluss vom 5.2.2018 – 2 B 11786/17.OVG –; OVG RP, Beschluss vom 16.11.2016 – 2 B 11060/16.OVG –; OVG RP, Beschluss vom 11.6.2014 – 2 B 10430/14 –, IÖD 2014, 175 und juris Rn. 14; OVG RP, Beschluss vom 6.2.2012 – 10 B 11334/11 –, DÖD 2012, 133 und juris Rn. 8 f.; OVG RP, Beschluss vom 23.5.2007 – 10 B 10318/07.OVG –, esovg). Um einen solchen Fall handelt es sich hier nicht.

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Insoweit hat der für das Recht der Richter zuständige 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss vom 24. April 2013 (10 B 10225/13.OVG) für die Stelle eines Vorsitzenden Richters am Finanzgericht ausgeführt:

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„Nicht durchgreifend ist zunächst der Einwand des Antragstellers, das Auswahlverfahren leide an einem Mangel, weil das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderliche konkrete Anforderungsprofil (vgl. Urteil vom 3. März 2012 – 5 C 16/10 -, juris) erst nach der Stellenausschreibung erstellt worden sei. Denn in Fällen, in denen sich das Anforderungsprofil ohne weiteres aus dem angestrebten Statusamt ergibt, bedarf es nicht der Dokumentation dieses Anforderungsprofils in der Stellenausschreibung (vgl. den Beschluss des beschließenden Senats vom 23. Mai 2007 – 10 B 10318/07.OVG -, juris). Wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt hat, lassen sich die Anforderungen an einen Vorsitzenden Richter am Finanzgericht – für alle am Auswahlverfahren Beteiligten klar erkennbar - aus seinem Aufgabenbereich entnehmen, der gesetzlich in der Finanzgerichtsordnung und dem Gerichtsverfassungsgesetz festgelegt ist. Die Ausführungen im Entscheidungsvorschlag des Präsidenten des Finanzgerichts vom 26. April 2012 und im Vermerk des Antragsgegners vom 25. April fassen das sich bereits aus den gesetzlichen Bestimmungen ergebende Anforderungsprofil lediglich zusammen.“ (OVG RP, Beschluss vom 24.4.2013 – 10 B 10225/13.OVG –; siehe auch OVG RP, Beschluss vom 15.7.2015 – 10 B 10330/15.OVG –)

23

Dem schließt sich die Kammer für die hier streitgegenständliche Stelle der/des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts, für die insoweit nichts Anderes gilt, an.

24

bb) Das dem Besetzungsvermerk vom 23. April 2018 zugrunde gelegte Anforderungsprofil richtet sich auch angemessen an der ausgeschriebenen Stelle aus. Insbesondere wird darin entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht verkannt, dass sich die Aufgabe des Vizepräsidenten eines Obergerichts nicht in rechtsprechender Tätigkeit erschöpft, sondern zusätzliche Befähigungen der Organisation, Delegation und Mitarbeiterführung erfordert und auch Verwaltungsaufgaben umfasst. Der Antragsteller leitet seine gegenteilige Annahme aus Formulierungen in dem Besetzungsbericht des Präsidenten des Landessozialgerichts vom 4. April 2018 ab. Maßgebend für die Auswahlentscheidung ist aber der Besetzungsvermerk des Ministers vom 23. April 2018, dem sich eine Beschränkung des Aufgabenbereichs des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts auf Rechtsprechungstätigkeit oder eine dahingehende Schwerpunktsetzung nicht entnehmen lässt. Vielmehr heißt es dort ausdrücklich, das Amt der Vizepräsidentin bzw. des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts stelle ein herausragendes Rechtsprechungs- und Justizverwaltungsamt sowie ein herausgehobenes Führungsamt dar. Weiter heißt es, die Vizepräsidentin bzw. der Vizepräsident habe den Vorsitz über einen oder mehrere Spruchkörper und damit ein Spitzenamt in der Rechtsprechung mit der damit verbundenen hohen Verantwortung inne und sie oder er nehme daneben in enger Zusammenarbeit mit der Präsidentin bzw. dem Präsidenten des Landessozialgerichts bzw. nach Maßgabe des Geschäftsverteilungsplans Verwaltungsaufgaben wahr und vertrete das Gericht im Vertretungsfall. Diese ausdrückliche Einbeziehung von Rechtsprechungs- und Verwaltungsaufgaben wird auch im weiteren Vermerk nicht relativiert.

25

Nicht gesondert berücksichtigt werden musste dabei, dass dem Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz nach dem Vortrag des Antragstellers seit mindestens zehn Jahren geschäftsplanmäßig keine eigenen Fälle zugewiesen würden. Selbst wenn dies zuträfe, bleibt die Annahme des Antragsgegners, dass es sich bei der Stelle des Vizepräsidenten auch um ein Spitzenamt in der Rechtsprechung handelt, nämlich richtig, da dem Vizepräsidenten als Vorsitzenden eines oder mehrerer Senate auch unabhängig von der – von der konkreten Geschäftsverteilung abhängigen – Zuweisung eigener Fälle eine hohe Verantwortung im Bereich der Rechtsprechung zukommt.

26

cc) Rechtlich nicht zu beanstanden ist weiter die Einschätzung des Antragsgegners, dem Beigeladenen komme in den dienstlichen Beurteilungen ein – letztlich ausschlaggebender – Vorsprung bei dem Merkmal der sozialen Kompetenz zu, der durch andere leistungsbezogene Kriterien nicht ausgeglichen werde.

27

Der Antragsgegner erläutert im Besetzungsvermerk vom 23. April 2018 nachvollziehbar und in Übereinstimmung mit den jeweiligen dienstlichen Beurteilungen, dass der Beigeladene hinsichtlich der sozialen Kompetenz etwas besser beurteilt ist als der Antragsteller. Dabei lässt sich die vom Antragsteller behauptete Beschränkung der gezeigten Leistungen des Beigeladenen hinsichtlich der sozialen Kompetenz auf das Einfühlungsvermögen im Umgang mit Prozessbeteiligten weder der Beurteilung vom 6. März 2018 noch dem Besetzungsvermerk vom 23. April 2018 entnehmen.

28

Es unterliegt weiter dem Beurteilungsspielraum des Antragsgegners, diesen Vorsprung des Beigeladenen bei der sozialen Kompetenz für das in Rede stehende Führungsamt als ausschlaggebend zu berücksichtigen. In den Beurteilungsspielraum des Dienstherrn fällt nämlich gerade die Entscheidung, welchem für die Amtsausübung wesentlichen Gesichtspunkt er nach Auswertung der Beurteilungen entscheidende Bedeutung beimisst. Dabei steht es dem Antragsgegner gerade auch frei, „soft skills“ wie den sozialen Kompetenzen den Ausschlag zu geben (vgl. so ausdrücklich OVG RP; Beschluss vom 24.6.2016 – 10 B 10278/16.OVG –).

29

Der Beurteilungsspielraum ist auch nicht überschritten, wenn der Antragsgegner davon ausgeht, der Leistungsvorsprung des Beigeladenen werde im Rahmen einer weiteren Einzelexegese der dienstlichen Beurteilungen nicht ausgeglichen oder gar umgekehrt. Der Antragsgegner setzt sich insoweit ausführlich mit den jeweiligen Beurteilungen der einzelnen Merkmale auseinander und kommt zu dem Ergebnis, es seien zwar geringfügige Unterschiede erkennbar, diese könnten in der Gesamtschau aber den Vorsprung bei der sozialen Kompetenz nicht ausgleichen. Auch dies überschreitet die Grenzen des dem Dienstherrn zustehenden Beurteilungsspielraums nicht. Unbeachtlich ist demgegenüber, dass der Antragsteller der Auffassung ist, aufgrund seiner besseren Organisations- und Führungsfähigkeit hätte ihm der Vorrang eingeräumt werden müssen. Damit setzt er seine eigene Einschätzung an diejenige des Dienstherrn, die aber nicht allein dadurch rechtswidrig wird, dass auf Grundlage der dienstlichen Beurteilungen auch ein anderes Ergebnis nachvollziehbar begründet werden könnte (vgl. OVG RP, Beschluss vom 27.7.2016 – 2 B 10593/16.OVG –).

30

dd) Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Auswahlvermerk auch hinsichtlich der Bewertung der Leistungsentwicklung der Bewerber rechtlich nicht zu beanstanden. Im Auswahlvermerk vom 23. April 2018 wurde als bemerkenswert hervorgehoben, dass der Antragsteller bereits im Amt des Richters am Landessozialgericht mit der Note „hervorragend (1)“ beurteilt worden sei und er diese Notenstufe auch nach seiner Beförderung zum Vorsitzenden Richter am Landessozialgericht gehalten habe, wohingegen der Beigeladene die Spitzenbenotungsstufe „hervorragend“ erstmals mit der aktuellen Beurteilung erreicht habe. Dies zeuge von einer außergewöhnlichen Leistungsfähigkeit des Beigeladenen. Gleichermaßen durfte der Antragsgegner aber auch berücksichtigen, dass der Beigeladene fast zehn Jahre nicht beurteilt worden ist und der Antragsteller die Notenstufe „hervorragend“ gerade in diesem Zeitraum erstmals erhalten hat, wohingegen beide Bewerber bei den vorhergehenden Bewerbungen im Jahr 2008 mit der Note 2.1 beurteilt worden seien, nur der Beigeladene diese aber bereits im höherwertigen Amt eines Vorsitzenden Richters am Landessozialgericht erhalten habe. Vor diesem Hintergrund sei ein Vergleich der Leistungsentwicklung wenig aussagekräftig, könne aber den festgestellten Vorsprung zugunsten des Beigeladenen selbst dann nicht aufwiegen, wenn hier der Antragsteller einen Vorsprung aufweise. Dies lässt Bewertungsfehler nicht erkennen.

31

ee) Weiter trifft der Einwand des Antragstellers nicht zu, der Antragsgegner habe die Auswahlentscheidung entscheidend auf das höhere Dienstalter des Beigeladenen bzw. auf leistungsfreie Kriterien gestützt.

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Zwar dürfen Kriterien wie das (Beförderungs-)Dienstalter oder die (spezielle) Berufserfahrung der Bewerber bei einer Auswahlentscheidung grundsätzlich nur nachrangig als Hilfskriterien herangezogen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.3.2015 – 2 C 12/14 –, BVerwGE 151, 333 und juris Rn. 16; BVerwG, Urteil vom 28.10.2004 – 2 C 23/03 –, BVerwGE 122, 147 und juris Rn. 15; OVG RP, Beschluss vom 14.10.2014 – 2 B 10624/14 –, juris Rn. 27). Entgegen der Auffassung des Antragstellers hat der Antragsgegner seine Auswahlentscheidung aber nicht entscheidend auf eines dieser Kriterien gestützt. Vielmehr ist der Antragsgegner in seinem Besetzungsvermerk vom 23. April 2018 davon ausgegangen, dass sich der – geringe – Vorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller aus der Einzelexegese der dienstlichen Beurteilungen ergibt, da hier ein Leistungsvorsprung im – leistungsbezogenen – Kriterium der sozialen Kompetenz festgestellt wurde und dieser Leistungsvorsprung im Rahmen einer weiteren Einzelexegese der dienstlichen Beurteilungen nicht ausgeglichen werden konnte. Lediglich ergänzend wurde dann noch geprüft, ob der zuvor festgestellte – und die Auswahlentscheidung bereits für sich genommen tragende – Vorsprung des Beigeladenen durch die Berücksichtigung weiterer Hilfskriterien reduziert werden kann. Dies wurde dann verneint. Erst hier wurde die größere Erfahrung des Beigeladenen in der Landessozialgerichtsbarkeit und als Senatsvorsitzender aufgeführt. Auch die Verwendungsbreite hat in diesem Zusammenhang Berücksichtigung gefunden. Die Hilfskriterien waren demnach nicht maßgeblich für das Ergebnis der Auswahlentscheidung.

33

ff) Der Antragsgegner durfte auch die Tätigkeit des Beigeladenen als (Vakanz-) Vertreter des Präsidenten des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz gemäß § 18a Abs. 1 Satz 3 Gerichtsorganisationsgesetz – GerOrgG – berücksichtigen. Dies folgt bereits daraus, dass es sich bei der Funktion des Vakanzvertreters hier nicht um einen Bewährungsdienstposten handelt, der Voraussetzung für eine spätere Beförderung auf die Stelle des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts wäre. Die Fähigkeiten, über die ein Vizepräsident verfügen muss, müssen nämlich nicht unbedingt in der Funktion als Stellvertreter, sondern können auch anderweitig erworben werden (vgl. insoweit zur Vertretung eines Vorsitzenden Richters OVG RP, Beschluss vom 22.1.2014 – 10 B 11154/13.OVG –, S. 3 UA). Soweit der Antragsteller außerdem auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Bezug nimmt, wonach ein durch eine kommissarische Vakanzvertretung gewonnener Bewährungsvorsprung im Auswahlverfahren ausgeblendet werden müsse (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.5.2016 – 2 VR 2/15 –, BVerwGE 155, 152 und juris Rn. 23 ff.), hat sich der 10. Senat des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz dieser Rechtsprechung gerade nicht angeschlossen, sondern ausdrücklich festgestellt, dass auch solche Tätigkeiten zu berücksichtigen seien, da die Leistungen tatsächlich erbracht worden seien und der vom Bundesverwaltungsgericht herangezogene § 33 Abs. 3 Satz 1 BundeslaufbahnverordnungBLV – keine Anwendung finden könne (OVG RP, Beschluss vom 16.3.2017 – 10 B 11626/16.OVG –, IÖD 2017, 98 und juris Rn. 3 ff.).

34

gg) Schließlich durfte die zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung bereits längere Zeit zurückliegende Tätigkeit des Beigeladenen als Präsidialrichter berücksichtigt werden. Dies folgt bereits aus den Grundanforderungen, die an ein Amt des Vizepräsidenten des Landessozialgerichts zu stellen sind. Diese können in ihrem Umfang und ihrer Breite nur über einen langen Zeitraum erworben werden, was zwangsläufig bedingt, dass auch in zurückliegenden Zeiträumen erworbene Fähigkeiten einzubeziehen sind.

35

c) Eine unzureichende Dokumentation der Auswahlentscheidung ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Dabei muss der Auswahlvermerk zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung vorliegen; ein Nachschieben dieser Gründe im gerichtlichen Verfahren ist unzulässig (vgl. BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 –, juris Rn. 20 ff.; BVerwG, Beschluss vom 27.1.2010 – 1 WB 52/08 –, BVerwGE 136, 36 und juris Rn. 27 und 37; OVG RP, Beschluss vom 23.12.2013 – 2 B 11209/13 –, AS RP-SL 42, 108 und juris Rn. 4 f.). Die wesentlichen Auswahlerwägungen ergeben sich hier aus dem ausführlichen Auswahlvermerk vom 23. April 2018.

36

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, Abs. 3; 162 Abs. 3 VwGO. Danach hat der Beigeladene, der keinen Antrag gestellt und damit auch kein Kostenrisiko eingegangen ist, seine außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen.

37

Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 6 GKG (Hälfte des 12-fachen Endgrundgehalts, vgl. OVG RP, Beschluss vom 23.12.2013 – 2 B 11209/13.OVG –, AS RP-SL 42, 108 und juris Rn. 14 ff.; Beschluss vom 1.7.2015 – 2 B 10498/15 –, juris Rn. 22).

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Tatbestand Der Antragsteller wendet sich gegen die zugunsten eines Konkurrenten ergangene Auswahlentscheidung für einen von der Bundeswehr bei der NATO zu besetzenden Dienstposten.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.


Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 11. November 2016 wird zurückgewiesen.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst zu tragen hat.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 48.978,30 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu Recht untersagt, den Beigeladenen mit der Wahrnehmung der Aufgaben des mit der Besoldungsgruppe B 4 bewerteten Dienstpostens „Leiter-/in der Wehrtechnischen Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik“ (WTD ...) zu beauftragen (A.) sowie den vorgenannten Dienstposten mit dem Beigeladenen förderlich zu besetzen (B.), bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist.

2

A. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, der Antragsgegnerin zu untersagen, den Beigeladenen mit der Wahrnehmung der Aufgaben des mit der Besoldungsgruppe B 4 bewerteten Dienstpostens „Leiter-/in der Wehrtechnischen Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik“ (WTD ...) zu beauftragen, bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist, ist begründet, da insoweit sowohl ein Anordnungsgrund (I.) als auch ein Anordnungsanspruch (II.) vorliegt.

3

I. In beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um die Besetzung eines Dienstpostens im Zusammenhang mit einem Auswahlverfahren zur Verleihung eines höheren Statusamtes besteht auch mit Blick auf die im vorliegenden Verfahren so bezeichnete „kommissarische Vakanzvertretung“ ein Anordnungsgrund im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –. Denn der ausgewählte Bewerber für die Besetzung des Dienstpostens kann durch dessen Wahrnehmung einen Erfahrungsvorsprung sammeln, der ihm bei der späteren Vergabe des Statusamts einen Vorteil verschafft (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 VR 1/09 –, juris Rn. 4; Beschluss vom 27. September 2011 – 2 VR 3/11 –, juris Rn. 17). Hieran ist auch mit Blick auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 –, juris) festzuhalten. Danach fehlt es für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Verhinderung einer Dienstpostenvergabe zwar an einem Anordnungsgrund, weil ein durch die Wahrnehmung des Dienstpostens erlangter Bewährungsvorsprung zur Vermeidung einer unzulässigen Bevorzugung des ausgewählten Bewerbers im anschließenden Verfahren zur Besetzung eines höherwertigen Statusamtes „ausgeblendet“ werden muss (Leitsatz 2). Die Ausblendung eines etwaigen Bewährungsvorsprungs bei rechtswidriger Dienstposteninhaberschaft kann nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts im Wege der „fiktiven Fortschreibung“ der dienstlichen Beurteilung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 BundeslaufbahnverordnungBLV – dadurch erfolgen, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung des höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten in der dienstlichen Beurteilung unberücksichtigt bleiben (Leitsatz 3). Jedoch überzeugt diese Rechtsprechung nicht.

4

Insbesondere ist § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV weder direkt noch analog auf die Vergabe von Dienstposten im Zusammenhang mit einem Auswahlverfahren zur Verleihung eines höheren Statusamtes anwendbar. § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV sieht fiktive Fortschreibungen von dienstlichen Beurteilungen vor bei Beurlaubungen nach § 9 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung oder der Verwaltung oder einer Einrichtung eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union nicht gegeben ist (Nr. 1), bei Elternteilzeit mit vollständiger Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit (Nr. 2) und bei Freistellungen von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat, als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder als Gleichstellungsbeauftragte, wenn die dienstliche Tätigkeit weniger als 25 % der Arbeitszeit beansprucht (Nr. 3). Zu diesen ausdrücklich von § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV normierten Fälle zählt die rechtswidrige Übertragung eines Dienstpostens nicht.

5

Auch eine erweiterte Auslegung oder analoge Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV scheidet aus (a.A. Kenntner, ZBR 2016, 181 [194f]; Kathke, RiA 2016, 197 [199]; Bracher, DVBl. 2016, 1236 [1240]). Zwar enthält § 33 Abs. 3 BLV keine abschließende Aufzählung der Fälle, in denen eine fiktive Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung möglich sein soll. Dies folgt aus der Formulierung, nach welcher die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung „jedenfalls“ in den unter Nrn. 1 bis 3 genannten Fällen zu erfolgen hat. Jedoch erlaubt § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV eine erweiterte/analoge Anwendung nur auf solche Fälle, die mit den geregelten Fällen von den tatbestandlichen Voraussetzungen her vergleichbar sind. Dies ist bei der rechtswidrigen Dienstpostenübertragung im Rahmen eines Auswahlverfahrens nicht der Fall.

6

§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 BLV fordert die fiktive Fortschreibung einer dienstlichen Beurteilung, wenn eine aktuelle dienstliche Beurteilung nicht möglich ist, weil eine beurteilungsfähige Dienstleistung tatsächlich nicht erbracht wurde. Bei einer rechtswidrigen Übertragung eines Dienstpostens und dem dadurch erlangten Erfahrungsvorsprung liegt aber gerade eine erbrachte Dienstleitung vor, die auch tatsächlich beurteilt werden kann, aus rechtlichen Gründen aber nicht beurteilt werden soll (vgl. BVerwG, Beschluss 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 –, juris Rn. 31). Indem § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV ausschließlich auf Fälle abstellt, in denen eine Beurteilung wegen fehlender Dienstleistung tatsächlich nicht erfolgen kann, scheidet eine erweiterte Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV auf Fälle, in denen eine Beurteilung tatsächlich möglich ist, jedoch aus rechtlichen Gründen nicht erfolgen soll, aus. Darüber hinaus handelt es sich bei § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV um eine Ausnahmeregelung, die deshalb eng auszulegen ist und nicht auf Fälle erweitert/analog angewandt werden kann, welche mit der Zielrichtung der Vorschrift nicht vergleichbar sind (vgl. Lorse, ZBR 2017, 11 [16ff]). Hinzu kommt, dass die fiktive Fortschreibung einer Beurteilung nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV trotz tatsächlich erbrachter Dienstleistung den von Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG - umfassten grundsätzlichen Anspruch eines Beamten auf lückenlose Beurteilung sämtlicher dienstlicher Leistungen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Mai 2009 – 2 VR 1/09 –, juris Rn. 4) verletzt und dessen Bedeutung für zu treffende Auswahlentscheidungen verkennt (vgl. Herrmann, NVwZ 2017, 105 [108]). Dem kann nicht entgegengehalten werden, das Rechtsinstitut der fiktiven Beurteilungsfortschreibung löse das Problem einer Stellenblockade und diene damit der ebenfalls verfassungsrechtlich geschützten Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung (vgl. Kenntner, a.a.O., S. 194). Es ist bereits nicht ersichtlich, dass es sich bei Stellenblockaden um mehr als Einzelfälle handelt und dass das bisherige System des Konkurrentenrechtsschutzes im Allgemeinen nicht zu sachgerechten Lösungen kam (vgl. OVG Nds., Beschluss vom 3. Januar 2017 – 5 ME 157/16 -, juris Rn. 23). Schließlich spricht gegen die Ausblendung tatsächlich erbrachter Leistungen und die an ihre Stelle tretende fiktive Fortschreibung einer Beurteilung in erweiterter/analoger Anwendung des § 33 Abs. 3 BLV, dass erhebliche Zweifel an der Wirklichkeitstauglichkeit dieser Vorgehensweise bestehen. Die bei der fiktiven Fortschreibung insbesondere der dienstlichen Entwicklung freigestellter Personalratsmitglieder auftretenden Umsetzungsschwierigkeiten, die ein hohes Fehlerpotential zum Beispiel bei der Bildung von Vergleichsgruppen zur Folge haben (vgl. Lorse, a.a.O., S. 16), sollten Rechtsprechung und Verwaltung davon abhalten, solche komplizierten Rechtskonstruktionen auf Fälle zu übertragen, für welche sie der Normgeber nicht ausdrücklich vorgesehen hat.

7

Da der Senat die Anwendbarkeit des § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV auf den vorliegenden Fall und damit eine Ausblendung tatsächlich erbrachter Dienstleistungen sowie ihre Ersetzung durch eine fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung ausschließt, kann auch die Erklärung der Antragsgegnerin vom 29. August 2016, mit welcher sie die „Berücksichtigung der Vorgaben des Beschlusses vom 10. Mai 2016 (Az: 2 VR 2.15)“ zugesagt hat, den Anordnungsgrund nicht beseitigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 2 VR 1/16 –, juris Rn. 14). Deshalb folgt aus dem Vorstehenden entgegen der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2.15 -, juris), dass dem Antragsteller hinsichtlich der Übertragung des in Rede stehenden Dienstpostens WTD ... ein Anordnungsgrund zusteht, da die Gefahr besteht, dass der Beigeladene bei rechtswidriger Dienstpostenübertragung einen Erfahrungsvorsprung erlangt, der dem Antragsteller auch entgegengehalten werden kann (im Ergebnis ebenso: OVG NRW, Beschlüsse vom 21. Juni 2016 – 1 B 201/16 -, juris Rn. 47, vom 12. Juli 2016 – 6 B 487/16 -, juris Rn. 18 und vom 14. Juli 2016 – 6 B 653/16 -, juris Rn. 13; OVG Nds., Beschluss vom 3. Januar 2017 – 5 ME 157/16 -, juris Rn. 17f; a.A: VGH BW, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 4 S 1083/16 -, juris Rn. 10; SaarlOVG, Beschluss vom 9. September 2016 – 1 B 60/16 -, juris 23; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 5. Januar 2017 – 4 S 40.16 -, juris, Rn. 6).

8

II. Der Antragsteller kann sich auch auf einen Anordnungsanspruch im Sinne des § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO berufen, da die Auswahl des Beigeladenen für die Übertragung des in Rede stehenden Dienstpostens den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt. Denn die Auswahlentscheidung ist deshalb fehlerhaft, weil sie auf einer unzutreffenden Tatsachengrundlage, nämlich der rechtswidrigen Fortschreibung der letzten Beurteilung des Antragstellers vom 10. Juni 2016 (1.) sowie der nicht mehr aktuellen Beurteilung des Beigeladenen vom 30. Juli 2015 zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 (2.) beruht. Bei fehlerfreien Beurteilungen, insbesondere der des Antragstellers ist nicht ausgeschlossen, dass der in Rede stehende Dienstposten an ihn vergeben wird (3.).

9

1. Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Dieser Grundsatz der Bestenauswahl dient zwar primär dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; er vermittelt den Bewerbern aber zugleich ein grundrechtsgleiches Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl ("Bewerbungsverfahrensanspruch"; vgl. BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016 - 2 BvR 2453/15 – juris Rn. 18).

10

Zur Frage, wie und in welchem Verfahren Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber festzustellen und zu vergleichen sind, enthalten die Beamtengesetze keine Regelung. Der in § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG enthaltenen Bestimmung ist aber zu entnehmen, dass die Auswahlentscheidung auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen erfolgen kann. § 33 Abs. 1 Satz 1 BLV gibt dies als Regel vor. Ebenso ist in der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht (BVerfG, Beschlüsse vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 – juris Rn. 11 f und vom 9. August 2016 - 2 BvR 1287/16 -, juris Rn. 78 m.w.N.) und Bundesverwaltungsgericht (BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, juris Rn. 21 m.w.N.) geklärt, dass der Vergleich der Bewerber im Rahmen einer dienstrechtlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG vor allem anhand dienstlicher Beurteilungen zu erfolgen hat. Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell (BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 - 2 VR 2.15 -, juris Rn. 22 f.) und inhaltlich aussagekräftig (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 -, juris Rn. 14) sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 - 2 A 10.13 –, juris Rn. 21).

11

Sofern keine aktuelle dienstliche Beurteilung im Sinne des § 33 Abs. 1 BLV vorliegt und vom Dienstherrn auch nicht – etwa als Anlassbeurteilung - erstellt werden kann, sieht § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV für bestimmte Fälle eine fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung vor. So ist gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung fiktiv fortzuschreiben bei Beurlaubungen nach § 9 Abs. 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung oder der Verwaltung oder einer Einrichtung eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union nicht gegeben ist. In diesen Fällen sollen nach § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV für die fiktive Fortschreibung auch Beurteilungen der aufnehmenden Stelle herangezogen werden.

12

Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV liegen beim Antragsteller vor, da er vom 16. Juli 2010 bis zum 15. Juli 2016 zur Dienstleistung bei der europäischen Verteidigungsagentur (EDA) beurlaubt war. Dass die Vergleichbarkeit der während dieser Zeit über den Antragsteller gefertigten drei Beurteilungen nicht gegeben ist, wird auch vom Antragsteller nicht in Frage gestellt. Deshalb ist dem Grunde nach eine fiktive Fortschreibung der letzten von der Antragsgegnerin erstellten dienstlichen Beurteilung über den Antragsteller angezeigt.

13

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur fiktiven Fortschreibung des beruflichen Werdegangs freigestellter Personalratsmitglieder, welche auf die Beurteilungsfortschreibung übertragbar ist, handelt es sich hierbei um die Prognose über den beruflichen Werdegang ohne Freistellung. Für die Wahl der Methode und des Verfahrens zur Erstellung dieser Prognose steht dem Dienstherrn ein Einschätzungsspielraum zu. Er muss ein Regelungskonzept entwickeln, das geeignet ist, Benachteiligungen zu vermeiden, indem es durch die Anwendung nachvollziehbarer Kriterien zu einer durch Tatsachen fundierten Aussage über die fiktive Leistungsentwicklung und des sich hieraus ergebenden Werdegangs führt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6/13 –, juris Rn. 30). Dementsprechend hat sich die Antragsgegnerin gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV eines sogenannten Vergleichsgruppen-/Referenzgruppenmodells bedient, das vom Bundesverwaltungsgericht als grundsätzlich geeignet für die fiktive Fortschreibung eines beruflichen Werdegangs angesehen wird. Hinsichtlich der Größe der Vergleichsgruppe hat das Bundesverwaltungsgericht für den Soldatenbereich entschieden, dass die Vergleichsgruppe einschließlich der freigestellten Person aus mindestens fünf Soldaten bestehen muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Dezember 2014 – 1 WB 6/13 –, juris Rn. 38). Hiervon ausgehend ist die für den Antragsteller gebildete Vergleichsgruppe aus insgesamt fünf Beamten entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht zu klein.

14

Stellt demnach die von der Antragsgegnerin für den Antragsteller gebildete Vergleichsgruppe eine geeignete Grundlage für die Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung vom 31. Januar 2005 dar, leidet die fortgeschriebene Beurteilung vom 10. Juni 2016 daran, dass sie entgegen § 33 Abs. 3 Satz 1 i.V.m Satz 2 BLV die Beurteilungen der aufnehmenden Stelle inhaltlich nicht herangezogen hat.

15

Die Antragsgegnerin ist der Ansicht, die erste Beurteilung der EDA vom 30. August 2011, habe keine Berücksichtigung finden können, weil sie sich auf einen Zeitraum (16. Juli 2010 bis 15. Januar 2011) erstreckt, der vor dem Regelbeurteilungszeitraum liegt, und weil der Antragsteller als Beamter der Besoldungsgruppe A 16, wäre er im nationalen Dienst verblieben, erst zum Stichtag 31. Januar 2014 wieder der Regelbeurteilungspflicht unterlegen hätte. Diese von der Antragsgegnerin angenommene Einschränkung ihrer Pflicht, die Beurteilungen der EDA bei der Fortschreibung heranzuziehen, lässt sich weder dem Wortlaut des § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV entnehmen noch würde sie dem Zweck einer fiktiven Beurteilungsfortschreibung entsprechen. Ausgangspunkte für die Fortschreibung nach § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV sind die letzte dienstliche Beurteilung und der sich daran anschließenden Zeitraum. Denn die fiktive Fortschreibung soll die Leistungsentwicklung nachzeichnen, die in dem Zeitraum stattgefunden hat, für den dienstliche Beurteilungen des Dienstherrn nicht vorliegen. Deshalb sind zur Absicherung der zu treffenden Prognosen möglichst alle belastbaren Tatsachen zu berücksichtigen, die verfügbar sind. Hierzu gehören grundsätzlich sämtliche Beurteilungen der aufnehmenden Stelle bis zum Beurteilungsstichtag, auch wenn der Antragsteller im Bundesdienst für diese Zeit nicht beurteilt worden wäre. Insofern verkennt die Antragsgegnerin, dass es bei der fiktiven Beurteilungsfortschreibung nicht darum geht, dienstliche Leistungen vor dem Regelbeurteilungszeitraum zu bewerten. Vielmehr erfolgt bei der fiktiven Fortschreibung unter Einbeziehung einer in der Vergangenheit stattgefundenen Leistungsentwicklung die Beurteilung des Beamten allein bezogen auf den maßgeblichen Beurteilungsstichtag.

16

Des Weiteren war die Beurteilung der EDA vom 30. Mai 2013, welche sich auf die Zeit vom 1. Februar 2011 bis zum 31. Februar 2013 bezieht, vollständig für die fiktive Fortschreibung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV heranzuziehen. Dem kann die Antragsgegnerin nicht entgegen halten, die EDA lege andere Maßstäbe als sie – die Antragsgegnerin - bei ihren Regelbeurteilungen an und kenne keine Quotierung. Dieser Vortrag, der - was im Ergebnis zwischen den Beteiligten nicht streitig ist - die Vergleichbarkeit der Beurteilungen der EDA mit denen der Antragsgegnerin verneint, schließt die Heranziehung der den Zeitraum 1. Februar 2011 bis zum 31. Februar 2013 betreffenden Beurteilung der EDA nicht aus. Denn die Anwendung des § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV setzt gerade die Nichtvergleichbarkeit der Beurteilungen der aufnehmenden Stelle und der der Antragsgegnerin voraus, weil ansonsten eine fiktive Fortschreibung der letzten von der Antragsgegnerin erstellten Beurteilung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV von vornherein ausscheiden würde. Allerdings ist die Antragsgegnerin berechtigt und verpflichtet, im Rahmen ihres Beurteilungsspielraums zu prüfen sowie näher darzulegen, welcher inhaltliche Aussagewert den Beurteilungen der aufnehmenden Stelle für die Fortschreibung der letzten regelmäßigen dienstlichen Beurteilung zukommt. Diesen Anforderungen wird der pauschale Hinweis in der fortgeschriebenen Beurteilung vom 10. Juni 2016, wonach „Anhaltspunkte dafür, dass sich der Leistungsstand des Beamten bis zum 31. Januar 2014 deutlich positiver bzw. negativer entwickelt hätte als das der Angehörigen der Vergleichsgruppe, nicht vorliegen“, nicht gerecht. Dass dies zutrifft, erschließt sich angesichts der letzten beiden Beurteilungen der EDA, welche mit der Höchstnote endet, nicht ohne weiteres.

17

Entsprechendes gilt für die letzte, sich auf den Zeitraum vom 6. Juni 2013 bis 5. Juni 2015 beziehende Beurteilung der EDA vom 29. Juni 2015. Sie hat in die fiktive Fortschreibung einzufließen, soweit sie den Regelbeurteilungszeitraum noch erfasst und deshalb diesbezüglich Rückschlüsse auf das in der fiktiven Fortschreibung festzustellende Gesamturteil zulässt. Dem kann die Antragsgegnerin nicht entgegenhalten, die fiktive Fortschreibung sei am 10. Juni 2016 erfolgt und die letzte Beurteilung der EDA erst am 29. Juni 2016 abgeschlossen worden. Letzteres trifft nicht zu, denn diese Beurteilung wurde ausweislich der vom Antragsteller zur Gerichtsakte gereichten Kopie am 29. Juni 2015 unterschrieben.

18

Aus dem Vorstehenden folgt, dass die fiktive Fortschreibung der Beurteilung des Antragstellers vom 10. Juni 2016 rechtsfehlerhaft ist und er deshalb einen Anspruch auf eine erneute Fortschreibung seiner letzten regelmäßigen Beurteilung, diesmal unter hinreichender inhaltlicher Heranziehung der von der EDA erstellten drei Beurteilungen nach § 33 Abs. 3 Satz 2 BLV hat. Deshalb durfte die Beurteilung vom 10 Juni 2016 der Entscheidung über die Besetzung des Dienstpostens WTD ... nicht zugrunde gelegt werden.

19

2. Auch die bei der Entscheidung über die Besetzung des Dienstpostens WTD ... berücksichtigte Beurteilung des Beigeladenen vom 30. Juli 2015 zum Stichtag 31. Januar 2014 ist rechtlich zu beanstanden, da sie nicht hinreichend aktuell ist. Zwar ist grundsätzlich eine Regelbeurteilung über den Regelbeurteilungszeitraum von drei Jahren im Sinne der Ziffer II. 4 der Bestimmungen über die dienstliche Beurteilung der Beamtinnen/Beamten und Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer im nachgeordneten Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (Beurteilungsbestimmung – BeurtBest –) als aktuell anzusehen. Nach Ziffer 7 BeurtBest kann ein Beamter auf Anforderung der personalbearbeitenden Dienststelle jedoch beurteilt werden, wenn aktuelle Erkenntnisse über sein Leistungs- und Befähigungsbild benötigt werden. Dies ist dann der Fall, wenn der Beamte nach dem Regelbeurteilungsstichtag über einen Zeitraum von mindestens eineinhalb Jahren seit der letzten Beurteilung und bis zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung eine wesentlich andere Aufgabe wahrgenommen hat. In einem solchen Fall muss eine Anlassbeurteilung erstellt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Mai 2016 – 2 VR 2/15 –, juris Rn. 23 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen beim Beigeladenen vor.

20

Der Beigeladene wurde im Statusamt Besoldungsgruppe A 16 zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 zuletzt dienstlich mit „S“ hervorragend beurteilt. Zum 1. August 2014 wurde ihm der Dienstposten eines Gruppenleiters Besoldungsgruppe B 2 übertragen und er wurde am 1. Februar 2015 in das Statusamt Besoldungsgruppe B 2 befördert. Damit hat er bis zur Auswahlentscheidung am 18. Juli 2016 nahezu zwei Jahre lang ein höherwertiges Amt wahrgenommen, sodass die der Auswahlentscheidung zugrunde liegende Beurteilung nicht mehr hinreichend aktuell war. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Hinweis der Antragsgegnerin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, juris Rn. 23, da der dem zugrundeliegende Sachverhalt eine vollständig andersartige Beurteilungs- und Beförderungssituation betrifft. Im Übrigen ist nicht substantiiert vorgetragen worden und auch nicht erkennbar, dass auf der Ebene der Gruppenleiter (Besoldungsgruppe B 2) ein Leistungsvergleich mit anderen Beamten nicht möglich ist. Somit durfte auch die Beurteilung des Beigeladenen zum Stichtag 31. Januar 2014 der Entscheidung über die Vergabe des Dienstposten WTD ... nicht zugrunde gelegt werden.

21

3. Bei fehlerfreien Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen ist es nicht ausgeschlossen, dass der in Rede stehende Dienstposten an den Antragsteller vergeben wird. Denn bei Heranziehung der durch die EDA erstellten Beurteilungen, in denen der Antragsteller zunächst für den Zeitraum 16. Juli 2010 bis 15. Januar 2011 im Gesamturteil noch mit der Note „2“ von fünf Noten, anschließend aber für den Zeitraum ab 1. Februar 2011 bis zum hier maßgeblichen Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 die Höchstnote „1“ = „outstanding“ erhalten hat, ist es möglich, dass er bei erneuter fiktiver Fortschreibung der letzten regelmäßigen Beurteilung unter Berücksichtigung der Beurteilungen der EDA einen Leistungsgleichstand mit dem Beigeladen, aber auch mit dem Bewerber M... erreicht. Dies gilt sowohl mit Blick auf die nicht mehr aktuelle Beurteilung des Beigeladenen zum Beurteilungsstichtag 31. Januar 2014 im Statusamt Bundesbesoldungsgruppe A 16, deren Gesamturteil die Höchstnote ausweist, als auch für die nach Ziffer 7 BeurtBest erforderliche Anlassbeurteilung. Da diese aufgrund einer geänderten Vergleichsgruppe, bestehend aus Beamten in dem höheren Statusamt der Bundesbesoldungsgruppe B 2, zu erfolgen hat, ist nicht ausgeschlossen, dass das Gesamturteil selbst bei gleichgebliebenen Leistungen mit einer schlechteren Note endet. Denn es entspricht dem nicht von der Hand zu weisenden Erfahrungssatz, dass vielfach nach einer Beförderung das Gesamturteil um eine Notenstufe schlechter ausfällt (OVG RP Beschlüsse vom 12. September 2000 - 10 A 11056/00 -, juris Rn. 2 und vom 23. Mai 2007 - 10 B 10318/07 -, juris Rn. 21). Auch in diesem Fall spricht einiges dafür, dass Antragsteller und Beigeladener unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Statusämter einen Leistungsgleichstand aufweisen. Angesichts dessen ist es nicht ausgeschlossen, dass die erneute zu treffende Auswahlentscheidung zur Besetzung des Dienstpostens WTD ... zugunsten des Antragstellers ausfällt.

22

B. Da die Auswahlentscheidung zur Vergabe des Statusamts der Besoldungsgruppe B 3 an den gleichen Mängeln leidet wie die zur Besetzung des Dienstpostens WTD ... ist auch insoweit ein Anordnungsanspruch gegeben. Der Anordnungsgrund folgt daraus, dass die Antragsgegnerin die Beförderung des Beigeladenen zeitnah vornehmen möchte und lediglich bis zum rechtskräftigen Abschluss des Eilverfahrens aufgeschoben hat. Auch insoweit hat das Verwaltungsgericht zu Recht nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine einstweilige Anordnung erlassen.

23

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

24

Die Festsetzung des Streitwertes findet ihre Rechtsgrundlage in § 47 Abs. 1 und Abs. 2 i.V.m. § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Gerichtskostengesetz.


Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 28. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 44.389,32 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner zu untersagen, die im Justizblatt Rheinland-Pfalz Nr. 14 vom 10. Dezember 2012 ausgeschriebene Stelle der Präsidentin oder des Präsidenten des Landgerichts T… vorläufig mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist, zu Recht stattgegeben. Denn der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsanspruch i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (I.) als auch einen Anordnungsgrund (II.) glaubhaft gemacht.

I.

3

Die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen hält der rechtlichen Überprüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht stand (1.). Darüber hinaus ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug zu geben ist (2.).

4

1. Die Entscheidung des Antragsgegners, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, verstößt gegen den aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG - folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Art. 33 Abs. 2 GG gibt dem Antragsteller einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung um ein Beförderungsamt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Der Bewerbungsverfahrensanspruch trägt in Form eines grundrechtsgleichen Rechts dem berechtigten Interesse des Beamten oder Richters an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung (stRspr, vgl. z.B. BVerwGE 140, 83).

5

Wie schon das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, verfügt der Dienstherr bei seiner Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber über einen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraum (BVerfG, Beschluss v. 24. September 2002, - 2 BvR 857/02 -, juris). Das Gericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die einschlägigen Verfahrensvorschriften beachtet worden sind, ob der gesetzliche Rahmen und die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt worden sind, ob von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, ob die allgemein gültigen Wertmaßstäbe beachtet worden sind und ob sich der Dienstherr nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.

6

Maßgebliche Grundlage für eine dem Leistungsgrundsatz Rechnung tragende Personalentscheidung sind die vom Dienstherrn aus dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Erkenntnisse über die fachlichen Leistungen, Befähigungen sowie die Eignung der Bewerber. Die für den Leistungsvergleich herangezogenen Beurteilungen müssen aussagekräftig, d.h. aktuell und hinreichend differenziert sowie weitestgehend vergleichbar sein (vgl. die stRspr. des Senats, z.B. Beschluss v. 23. Mai 2007 - 10 B 10318/07 , juris; BVerwGE 140, 83). Der Bewerbungsverfahrensanspruch gibt darüber hinaus nicht nur jedem Bewerber das Recht, dass sein Leistungsvermögen beurteilungsfehlerfrei in die Bewerberauswahl einfließt. Denn die Ansprüche der Bewerber um eine Beförderungsstelle stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind inhaltlich aufeinander bezogen. Jede nicht von Art. 33 Abs. 2 GG gedeckte Beurteilung eines Bewerbers wirkt sich auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Aufgrund dieser wechselseitigen Abhängigkeit der Bewerbungsverfahrensansprüche aller Bewerber kann jeder von ihnen auch verlangen, dass die Mitbewerber in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG beurteilt werden. Der Bewerber kann daher sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung eines ausgewählten Konkurrenten rügen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - sowie Beschluss v. 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 -, beide juris).

7

Hiervon ausgehend folgt der Senat im Ergebnis der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, welches eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers bejaht hat. Aus Sicht des Senats war es zwar nicht geboten gewesen, für den Antragsteller im vorliegenden Auswahlverfahren einen neuen Leistungs- und Eignungsnachweis einzuholen, weil seine letzte dienstliche Beurteilung vom 31. Januar 2012 insoweit noch hinreichend aktuell war. Sie konnte deshalb Grundlage einer Bewerberauswahl sein, die in besonderem Maße auf das Leistungsbild im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung abstellt (a). Der Antragsteller ist aber in seinem Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, weil die gegenüber der letzten Beurteilung höhere Gesamtnote des Beigeladenen in seiner Anlassbeurteilung vom 12. Juni 2013 mit Blick auf den Beurteilungszeitraum von weniger als zwei Jahren (vgl. Nrn. 2.1.1 b) und 2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 4. Juni 2007 (2000-1-34) „Dienstliche Beurteilung“, JBl. 2007, S. 279 ff. - Beurteilungs-VV -) sowie den Statusamtswechsel (vgl. Nr. 6.6 Beurteilungs-VV) nicht hinreichend plausibilisiert wurde (b). Ob die weiteren Rügen des Antragstellers ebenfalls durchgreifen, kann offenbleiben (s. unter 3.).

8

a) Die zur Grundlage des Leistungsvergleichs gemachte Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 11. Januar 2012 war nicht nur für sich genommen hinreichend aktuell und gewährleistete damit eine verlässliche Aussage zu Leistung, Eignung und Befähigung des Antragstellers sowohl im Zeitpunkt der Fertigung der Beurteilung als auch im Auswahlzeitpunkt (aa). Sie ermöglichte darüber hinaus einen verlässlichen Vergleich der Leistungen des Antragstellers mit denjenigen des Beigeladenen, obwohl dessen Anlassbeurteilung im Gegensatz zur derjenigen des Antragstellers zeitnah zur Auswahlentscheidung erstellt wurde (bb).

9

aa) Nach Nummer 2.1.1 b) Beurteilungs-VV ist eine Beurteilung aus besonderem Anlass bei Bewerbungen um ein Beförderungsamt abzugeben, sofern die letzte Beurteilung bei Stellenausschreibung (vgl. Nummer 2.1.1 Satz 2 Beurteilungs-VV) länger als zwei Jahre zurückliegt. Wegen wesentlicher Veränderung in den Beurteilungsgrundlagen, wie einem außergewöhnlichen Leistungsabfall oder einer wesentlichen Leistungssteigerung, soll eine Anlassbeurteilung nur erstellt werden, wenn sich der außergewöhnliche Leistungsabfall oder die außergewöhnliche Leistungssteigerung über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren seit der letzten Beurteilung erstreckt hat (vgl. Nr. 2.1.4 Beurteilungs-VV). Insofern geht die Beurteilungs-VV von der Fiktion aus, dass Beurteilungen mindestens zwei Jahre hinreichend aktuell bleiben. Soweit damit eine Sperrfrist für die Erstellung einer Anlassbeurteilung verbunden ist, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden, weil eine solche Sperrfrist in dem vom Antragsgegner zulässigerweise praktizierten Beurteilungssystem mit Regel- und Anlassbeurteilungen sachlich gerechtfertigt ist. Die Zweijahresfrist gewährleistet nämlich eine möglichst große Verlässlichkeit von Beurteilungen, weil damit ein längerer Zeitraum Beurteilungsgrundlage wird, in welchem sich Leistungen nicht nur punktuell zeigen, sondern auch längerfristig manifestieren können. Darüber hinaus schränkt die Sperrfrist die Möglichkeit des Dienstherrn ein, eine Anlassbeurteilung gezielt auf eine Auswahlentscheidung zuzuschneiden (vgl. zur hinreichenden Aktualität einer sogar bis zu drei Jahre alten Beurteilung z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 11. Juni 2014 - 2 B 10430/14.OVG -; OVG Saarland, Beschluss v. 26. Oktober 2012 - 1 B 219/12 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 16. Juni 2003 - 4 S 905/03 -; alle Beschlüsse juris und m.w.N.; vgl. ferner § 22 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz, wonach das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, die auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen erfolgt, höchstens drei Jahre zurückliegen darf).

10

Die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers, die aus Anlass seiner Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle des Präsidenten des Landgerichts K… erstellt wurde, datiert vom 31. Januar 2012 und war damit bei der Stellenausschreibung weniger als ein Jahr und zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im hier zu entscheidenden Fall (8. Juli 2013) etwas mehr als eineinhalb Jahre alt. Bei Zugrundelegung der Beurteilungs-VV war der Antragsgegner damit nicht gehalten, für den Antragsteller einen neuen Leistungs- und Befähigungsnachweis einzuholen. Dies gilt im Übrigen auch mit Blick darauf, dass es sich bei dieser Beurteilung um eine Bezugnahmebeurteilung handelt. Denn nach Nummer 3.3 Beurteilungs-VV darf in einer Beurteilung aus besonderem Anlass auf die letzte, nicht in einer Bezugnahme stehende Beurteilung Bezug genommen werden, falls diese - was hier zutrifft - nicht länger als vier Jahre zurückliegt und der besondere Anlass die Bezugnahme erlaubt.

11

bb) Eine neue Anlassbeurteilung war für den Antragsteller zur Wahrung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch nicht wegen der zeitnah zur Auswahlentscheidung vom 8. Juli 2013 am 12. Juni 2013 erstellten Anlassbeurteilung des Beigeladenen erforderlich. Zwar kann die bei isolierter Betrachtung hinreichende Aktualität einer Beurteilung [vgl. I.1.a)aa)] im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens für die Rechtmäßigkeit einer Beförderungsentscheidung ausnahmsweise nicht ausreichend sein. Denn unter Berücksichtigung des Gebots der Chancengleichheit muss das konkrete Bewerberfeld mit in den Blick genommen werden und insoweit ein verlässlicher Leistungsvergleich sichergestellt sein. Somit muss die Beurteilung jedes Bewerbers auch im Verhältnis zu den Beurteilungen der Mitbewerber hinreichend aktuell sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juni 2006 - 1 B 195/06 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 15. März 2007 - 4 S 339/07 -; OVG Lüneburg, Beschluss v. 4. September 2008 - 5 ME 291/08 -; alle Beschlüsse juris). Dies bedeutet, dass dem Beigeladenen durch die für ihn erstellte zeitnahe Anlassbeurteilung gegenüber dem Antragsteller kein dessen Bewerbungsverfahrensanspruch tangierender Vorteil dadurch erwachsen darf, dass bei dem Beigeladenen neuere Erkenntnisse in die Beurteilung einfließen konnten (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 15. März 2007, a.a.O.). Dabei ist aber zu beachten, dass ein Beurteilungssystem, das nicht nur Regelbeurteilungen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen vorsieht, zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualitätsgrade der Beurteilungen, die einer Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen, in Kauf nimmt. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange im Einzelfall ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26. Januar 2009 - 6 B 1594/08 -, juris), zumal die Annahme der regelmäßigen Aktualität einer Beurteilung für einen längeren Zeitraum dem Ziel der Bestenauslese nicht zuwiderläuft, sondern gerade auch dazu bestimmt ist, diesem Ziel zu dienen. Denn im Vorfeld einer konkreten Personalentscheidung (neu) erstellte Anlassbeurteilungen sind, was deren Objektivität anbelangt, nicht immer ganz unproblematisch. Im Normalfall muss es daher ausreichend sein, wenn die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung für sich genommen hinreichend aktuell sind, die ihnen jeweils zugrunde liegenden Beurteilungszeiträume ausreichend lang sind, um eine verlässliche Aussage zur Eignung, Leistung und Befähigung der Beurteilten zuzulassen und keine sachlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich gerade die unterschiedlichen Beurteilungszeiträume zum Vor- oder Nachteil eines Bewerbers ausgewirkt haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, dürfen die Beurteilungen Grundlage der Auswahlentscheidung sein. Der Tatsache, dass nur in eine zeitnah erstellte Beurteilung Erkenntnisse aus der jüngsten Zeit eingestellt werden können, ist gegebenenfalls auf der Ebene der Auswahlentscheidung Rechnung zu tragen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26. Januar 2009, a.a.O.).

12

Hiervon ausgehend ermöglichen die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen im Hinblick auf die Aktualität einen Qualifikationsvergleich ohne Benachteiligung des Antragstellers. Denn die sogar zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung erst eineinhalb Jahre alte Beurteilung des Antragstellers ist auch in Bezug auf diejenige des Beigeladenen hinreichend aktuell. Der Antragsteller ist bereits seit 2007 Direktor des Amtsgerichts K…, war zuvor seit 2003 Direktor des Amtsgerichts N… und ist schon seit 2009 mit „Hervorragend“ beurteilt. Weder haben sich der Zuschnitt seiner Aufgaben oder deren Qualität verändert, noch gibt es in der Person des Antragstellers liegende Anhaltspunkte für ins Gewicht fallende Veränderungen in seinem Leistungsvermögen. Soweit der Antragsteller auf die Organisation des Umzugs verschiedener Abteilungen des Amtsgerichts K… aus einem angemieteten Gebäude in das Hauptjustizgebäude im Frühjahr 2013 verweist, hat er damit sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe bewältigt. Letztlich gehört sie aber zum Aufgabenbereich eines Direktors eines Amtsgerichts, sodass insoweit keine Veränderungen eingetreten sind. Gleiches gilt für die ganztägige Informationsveranstaltung für den Lehrgang „Generalstabs- und Admiralstabsdienst International“ des Bundessprachenamtes Hürth, an der nach dem Vortrag des Antragstellers ebenfalls im Frühjahr 2013 ca. 70 hochrangige ausländische Stabsoffiziere aus der ganzen Welt teilgenommen haben. Auch die vom Antragsteller angesprochene Vorbildfunktion bei der Nutzung der Möglichkeiten der Spracherkennung sowie die regelmäßig von ihm durchgeführten Besprechungen mit den anderen Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks K… führen nicht zur Erforderlichkeit einer neuen Anlassbeurteilung. Die (konkreten) Tätigkeiten des Antragstellers hätten zwar aktuellere textliche Beschreibungen in einer neuen Anlassbeurteilung ermöglicht, sie schlagen aber ersichtlich nicht auf die Beurteilungsgrundlagen durch. Ein Aktualitätsnachteil, der bereits auf der Beurteilungsebene hätte vermieden werden müssen, ist daher nicht gegeben. Die geringere Aktualität der textlichen Feststellungen ist vielmehr - auch im vorliegenden Fall - bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Dies gilt gleichermaßen vor dem Hintergrund, dass sich die Beurteilungszeiträume beider Bewerber nicht überschneiden, die letzte „Vollbeurteilung“ des Antragstellers vom 16. März 2009 stammt und die nachfolgenden Bezugnahmebeurteilungen keine ausführlichen Beschreibungen aller Beurteilungsgrundlagen enthalten. Letztere beschreiben nämlich konkrete Tätigkeiten des Antragstellers in den jeweiligen Beurteilungszeiträumen.

13

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Beschlüsse des VGH Baden-Württemberg vom 15. März 2007 (Az:. 4 S 339/07; juris), des OVG Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 2006 (Az.: 1 B 195/06, juris) und des OVG Lüneburg vom 4. September 2008 (Az.: 5 ME 291/08, juris) verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass die dortigen Fälle von hier nicht vorliegenden Besonderheiten geprägt waren.

14

Im vom VGH Baden-Württemberg entschiedenen Fall deckte die Anlassbeurteilung eines Mitbewerbers einen Zeitraum ab, der sich unmittelbar an den letzten Regelbeurteilungszeitraum anschloss und länger war als der regelmäßig vorgesehene Beurteilungszeitraum einer Regelbeurteilung, während für den Antragsteller nur eine Regelbeurteilung vorlag. Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers war zudem 28 Monate älter als diejenige des Mitbewerbers. Das OVG Nordrhein-Westfalen hat unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume nicht hingenommen in einem Fall, in dem sich die Regelbeurteilung des abgelehnten Mitbewerbers auf ein niedrigeres Statusamt bezog als das von dem ausgewählten Konkurrenten innegehabte. In letzteres war der abgelehnte Bewerber erst vor dem Bewerbungsverfahren befördert worden. Überdies erfasste die Anlassbeurteilung des Konkurrenten einen Zeitraum, der 13 Monate über das Ende der Regelbeurteilungszeit hinausging. Im Falle des OVG Lüneburg war die Auswahlentscheidung insbesondere auch deshalb fehlerhaft, weil die dortige Antragsgegnerin es versäumt hatte, die nach den Richtlinien erforderliche Anlassbeurteilung für den Antragsteller einzuholen.

15

Nach alledem konnte die Anlassbeurteilung des Antragstellers zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden.

16

b) Allerdings rügt der Antragsteller zu Recht eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht in Einklang stehende Bevorzugung des Beigeladenen, weil dessen gegenüber der letzten Beurteilung höhere Gesamtnote in der Anlassbeurteilung vom 12. Juni 2013 mit Blick auf den Beurteilungszeitraum von weniger als zwei Jahren (vgl. Nrn. 2.1.1 b) und 2.1.4 Beurteilungs-VV) sowie den Statusamtswechsel (vgl. Nr. 6.6 Beurteilungs-VV) nicht hinreichend plausibilisiert wurde.Soweit dienstliche Beurteilungen Werturteile enthalten, müssen diese nachvollziehbar gemacht werden, damit die Gerichte diese im Rahmen der bereits dargelegten Prüfungsmaßstäbe nachprüfen können. Werturteile müssen einsichtig sein, daher müssen die dienstlichen Beurteilungen die Gründe und Argumente erkennen lassen, die den Dienstherrn zu seinem Urteil geführt haben (vgl. BVerwG, Urteil v. 26. Juni 1980 - 2 C 8/78 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 3. Mai 2001 - 4 S 2478/01 -, juris). Nur so kann der Beamte oder Richter beurteilen, ob er gegen ein Werturteil, sei es in der eigenen Beurteilung, sei es in derjenigen eines Konkurrenten, mit Aussicht auf Erfolg vorgehen kann. Die in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen vergebene Gesamtnote „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ (2.1) - und damit eine gegenüber der vorangegangenen Beurteilung vom Antragsgegner bescheinigte erhebliche Leistungssteigerung - ist hiernach nicht ausreichend plausibel gemacht.

17

Nach Nummer 2.1.4 Beurteilungs-VV muss sich eine beurteilungsrelevante Leistungsveränderung grundsätzlich über einen Zeitraum von zwei Jahren manifestieren, was auch aus der Sperrfrist der Nummer 2.1.1 b) folgt. Die Einhaltung dieser Sperrfrist war im Falle des Beigeladenen nicht möglich, weil seine letzte Beurteilung in einem niedrigeren Statusamt (hier R 2) noch keine zwei Jahre zurücklag und über ihn aus Anlass des hier in Rede stehenden Bewerbungsverfahrens gemäß Nummer 2.1.1 letzter Satz Beurteilungs-VV eine neue Anlassbeurteilung erstellt werden musste. Bei einer solchen, sich ausnahmsweise auf einen kürzeren als zwei Jahre währenden Zeitraum beziehenden Beurteilung bedarf die Leistungssteigerung über ihre Feststellung hinaus einer besonderen Begründung.

18

Ein weiteres besonderes Begründungserfordernis für die dem Beigeladenen zuerkannte höhere Gesamtnote ergibt sich daraus, dass er nach seiner Beförderung erstmals in dem Statusamt R 3 beurteilt wurde. Denn gemäß Nummer 6.6 Beurteilungs-VV treten zu Beurteilende nach einer Beförderung in eine neue Vergleichsgruppe ein, für die ein höherer Anforderungsmaßstab gilt. Deshalb führen nach einer Beförderung gleichbleibende Leistungen im neuen Amt regelmäßig dazu, dass die Beurteilung im neuen Amt mit einer schlechteren Note schließt (Beschluss des Senats vom 12. September 2000 - 10 A 11056/00 -, juris). Es entspricht dem nicht von der Hand zu weisenden Erfahrungssatz, dass vielfach nach einer Beförderung das Gesamturteil um eine Notenstufe schlechter ausfällt (Beschluss des Senats vom 23. Mai 2007 - 10 B 10318/07 -, juris). Wenn auch dieser Erfahrungssatz keine generelle Bedeutung beanspruchen kann, gibt er doch im Allgemeinen einen plausiblen Anhalt für eine Leistungsbewertung. Auch das Bundesverfassungsgericht nimmt einen strengeren Maßstab für eine Beurteilung in einem höheren Statusamt an (BVerfG, Beschluss v. 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss v. 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 -, juris). Folglich kann eine höhere Gesamtnote in einer nach der Beförderung erstmals erstellten Beurteilung nur beim Vorliegen besonderer Gründe gerechtfertigt sein, welche der Dienstherr im Beurteilungstext hinreichend plausibilisieren muss.

19

Die vorhergehende Beurteilung des Beigeladenen vom 13. Dezember 2011, die aus Anlass seiner Bewerbung um die Präsidentenstelle am Landgericht Z… erstellt wurde, endete mit der Note „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ (2.2); der Beigeladene war damals Richter am Oberlandesgericht im Statusamt R 2. Danach wäre der Beigeladene bei gleichbleibenden Leistungen nach seiner Beförderung in der Regel mit 2.3 zu bewerten gewesen. Schon die Vergabe der Gesamtnote 2.2 setzt eine deutliche Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen voraus (vgl. hierzu Nummer 6.4 Beurteilungs-VV). Vorliegend wurde der Beigeladene nach seinem Wechsel in das Statusamt R 3 sogar mit der um eine weitere Zwischennotenstufe höheren Gesamtnote 2.1 bewertet, was eine mehr als deutliche Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen erforderlich macht. Denn mit der Gesamtnote 2.1 bewegt sich der Beigeladene nunmehr im oberen Bereich der Notenstufe „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ und damit direkt unterhalb der höchsten Notenstufe „Hervorragend“, bei welcher eine Binnendifferenzierung nicht zulässig ist (vgl. Nummern 6.1, 6.1.1 Beurteilungs-VV). Auch diese in einem höheren Statusamt vom Dienstherrn festgestellte außergewöhnliche Leistungssteigerung bedarf - zusätzlich zu den erhöhten Begründungsanforderungen wegen des kurzen Beurteilungszeitraums - einer besonderen Plausibilisierung in der Beurteilung des Beigeladenen. Dieser - gewissermaßen doppelten -Begründungspflicht ist der Antragsgegner nicht im erforderlichen Maß nachgekommen, sodass die in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen vergebene Gesamtnote 2.1 nicht ausreichend nachvollziehbar ist.

20

Im Beurteilungstext wird ausgeführt, der Beigeladene habe seine ihm in der letzten dienstlichen Beurteilung bestätigten Eigenschaften, Fähigkeiten und Leistungen „in seinem neuen Amt nicht nur voll und ganz bestätigt, sondern sich im Amt des Landgerichtspräsidenten mit großem Interesse, Engagement und Tatkraft weiterentwickelt.“ Er erbringe in der Leitungsfunktion und seinen Rechtsprechungsaufgaben „außergewöhnliche Leistungen“, außerdem werden ihm „weit überdurchschnittliche, sehr stark ausgeprägte organisatorische und menschliche Fähigkeiten“ bescheinigt, „gepaart mit hervorragendem Verhandlungsgeschick und dem Gespür für fachgerechte Lösungen“. In all seinen Funktionen sei es ihm gelungen, „äußerst selbstständig, stets zuverlässig und mit feinem Gespür für die notwendige menschliche Ansprache auch neue Aufgaben und Herausforderungen glänzend zu meistern.“ Die weiter deutlich ansteigende Leistungsentwicklung in der neuen Funktion mit ihren besonderen Herausforderungen gebiete eine Anhebung der Gesamtbeurteilung seiner dienstlichen Eignung und Leistung gegenüber der letzten dienstlichen Beurteilung.

21

Zwar hat der Antragsgegner mit den genannten und weiteren, vergleichbaren Ausführungen eine positive Entwicklung der Leistungen des Beigeladenen im Amt eines Präsidenten des Landgerichts plausibel gemacht und sein aktuelles Leistungsbild ausführlich beschrieben. Dies und die damit verbundene Bestätigung außergewöhnlicher Leistungen reichen aber nicht aus, um die Vergabe der Gesamtnote 2.1 zu rechtfertigen. Denn das aktuelle Leistungsbild hat grundsätzlich nur dann hinreichende Aussagekraft für die Bewertung, wenn es sich über den schon genannten Zweijahreszeitraum hinweg manifestiert hat und sich nicht in punktuellen Leistungsänderungen erschöpft. Eine genügende Begründung dafür, warum im Falle des Beigeladenen ausnahmsweise schon eineinhalb Jahre nach der letzten Beurteilung und nach lediglich 14 Monaten im Amt eines Landgerichtspräsidenten eine konstante und umfassende Leistungssteigerung im Vergleich zu seiner vorangegangenen Beurteilung angenommen werden kann, enthält die Beurteilung vom 12. Juni 2014 nicht. Vielmehr erschöpft sie sich in der Feststellung einer deutlich angestiegenen Leistungsentwicklung in den 14 Monaten, in denen der Beigeladene das Amt eines Präsidenten des Landgerichts bekleidet und in dem Hinweis auf Nummer 2.1.4 Beurteilungs-VV, ohne die erforderliche Verfestigung seiner Leistungen ausreichend zu erläutern.

22

Des Weiteren enthält die in Rede stehende Beurteilung des Beigeladenen keine ausreichende Begründung, weshalb bereits in der ersten Beurteilung im höheren Statusamt die Vergabe der Gesamtnote 2.1 gerechtfertigt ist. Diese Bewertung setzt - wie bereits mit Blick auf Nummer 6.4 Beurteilungs-VV ausgeführt - eine mehr als deutliche Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen voraus. Eine so erhebliche Leistungssteigerung, zumal mit ausreichender Verfestigung in so kurzer Zeit, erfordert für ihre Nachvollziehbarkeit eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der letzten Beurteilung im früheren Statusamt und dabei konkrete Darlegungen, worauf die vom Antragsgegner festgestellte außergewöhnliche Leistungsentwicklung des Beigeladenen beruht. Auch hieran fehlt es. Der Hinweis in der Beurteilung, auch Nummer 6.6 der Beurteilungs-VV berücksichtigt zu haben, ersetzt keine ausdrückliche Plausibilisierung im oben umschriebenen Sinn.

23

2. Angesichts des dem Antragsgegner bei Erstellung einer rechtsfehlerfreien Beurteilung für den Beigeladenen verbleibenden Beurteilungsspielraums stehen Inhalt und insbesondere Gesamtnote dieser Beurteilung nicht fest und es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich hiernach ein Leistungsvorsprung des Antragstellers ergibt. Daraus folgt, dass die Aussichten des Antragstellers, bei ordnungsgemäßer Wiederholung der Bewerberauswahl zum Zuge zu kommen, zumindest offen sind und seine Auswahl denkbar ist.

24

3. Hält die Bewerberauswahl des Antragsgegners bereits aus den vorgenannten Gründen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Antragsgegner der geringeren Aktualität der textlichen Feststellungen in der Beurteilung des Antragstellers auf der Ebene der Auswahlentscheidung vom 8. Juli 2013 in ausreichendem Maße [vgl. hierzu oben unter I.1.a)bb)] Rechnung getragen hat. Des Weiteren bedarf es keiner Entscheidung, ob auch die sonstigen Rügen des Antragsstellers seinem Rechtschutzbegehren zum Erfolg verhelfen würden.

25

Insoweit weist der Senat lediglich darauf hin, dass die erneute Beteiligung des Präsidialrats eher nicht zu beanstanden ist. Der Antragsgegner dürfte nämlich aufgrund seiner Gesamtverantwortung für das Bewerbungsverfahren gehalten gewesen sein, dem Präsidialrat Gelegenheit zu einer rechtsfehlerfreien Befassung mit der Auswahlentscheidung zu geben. Im Übrigen spricht aus den Gründen des Verwaltungsgerichts einiges dafür, dass der Antragsteller sich auf eine fehlerhafte erneute Beteiligung des Präsidialrats vorliegend nicht berufen kann.

26

Darüber hinaus kann dahingestellt bleiben, ob die Berücksichtigung der Bewerbung des Beigeladenen in jeder Hinsicht den Kriterien gerecht wird, die das Bundesverwaltungsgericht für den Bewerbungsverfahrensanspruch des nicht berücksichtigten Bewerbers aufgestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 -, juris).

27

Kann die Beurteilung des Beigeladenen mangels ausreichender Plausibilisierung der Gesamtnote keinen Bestand haben, bedarf es schließlich keiner vertieften Prüfung, ob die Beurteilungen von Antragsteller (Statusamt R 2 mit Amtszulage und Gesamtnote „Hervorragend“) und Beigeladenem (Statusamt R 3 und Gesamtnote „Übertrifft erheblich die Anforderungen; im oberen Bereich der Notenstufe“) als im Wesentlichen gleich eingestuft werden können. Allerdings ist zu beachten, dass dem Dienstherrn bei der Beantwortung der Frage, ob die Beurteilungen im Wesentlichen gleich sind, ein Beurteilungsspielraum zukommt, und es keine schematische Lösung gibt.

II.

28

Da der Antragsgegner beabsichtigt, die ausgeschriebene Stelle des Präsidenten des Landgerichts T… endgültig mit dem Beigeladenen zu besetzen, hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund im Sinne des § 123 VwGO glaubhaft gemacht.

29

Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Dem Beigeladenen waren keine Kosten aufzuerlegen, weil er weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

30

Die Festsetzung des Streitwerts folgt für das Beschwerdeverfahren aus §§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Gerichtskostengesetz. Eine weitere Reduzierung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt nicht mehr (vgl. den Beschluss des Senats v. 3. Februar 2014 - 10 B 11115/13 -).

31

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 12. Juni 2017 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24.168,84 Euro festgesetzt.

Gründe

A.

1

Der Antragsteller ist Regierungsoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 Landesbesoldungsordnung – LBesO –) und in der Jugendstrafanstalt S. als Justizvollzugsbeamter eingesetzt. Er bewarb sich zusammen mit zwölf weiteren Beamtinnen und Beamten dieses Statusamtes auf die im Justizblatt Nr. 1 vom 16. Januar 2017 bei den Justizvollzugseinrichtungen zum Beförderungstermin am 18. Mai 2017 ausgeschriebenen sieben Beförderungsstellen nach Besoldungsgruppe A 11 LBesO (Regierungsamtfrau bzw. -mann).

2

Die zu diesem Termin zur Verfügung stehenden Beförderungsstellen im Bereich des Justizvollzugs vergab der Antragsgegner ausweislich des Besetzungsvermerks vom 14. März 2017 allein nach den Ergebnissen der über die Bewerber erstellten Regelbeurteilungen. Diese Beurteilungen wurden sämtlich zum Stichtag 1. Juli 2016 und auf der Grundlage der zu diesem Zeitpunkt für die Beamten in der Justiz und im Justizvollzug neu in Kraft gesetzten Beurteilungsrichtlinien des Ministeriums der Justiz gefertigt.

3

Der Antragsteller, dem in seiner zu diesem Stichtag erstellten dienstlichen Beurteilung die abschließende Bewertung „A10.8“ („Der Beurteilte entspricht den Anforderungen stets voll und ganz und erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen“) erhalten hatte, wurde nicht ausgewählt, weil die Beigeladene, der gleichfalls die Gesamtnote „A10.8“ zuerkannt worden war, bei einer Auswertung der einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale der Beurteilungen im Wege der sog. Ausschärfung 252 Punkte erreicht hatte, während der Antragsteller hierbei lediglich 247 Punkte aufzuweisen hatte. Die Ausschärfung der Beurteilung erfolgte, indem den durch Ankreuzen im Beurteilungsformular vergebenen Einzelwertungen jeweils Punktwerte von null bis acht Punkten zugeordnet und die so erhaltenen Einzelwerte anschließend addiert wurden. Die höhere Summe entschied dann abschließend über die Vergabe des Beförderungsamtes, ohne dass auf ältere dienstliche Beurteilungen abgestellt oder Hilfskriterien herangezogen wurden.

4

Nachdem dem Antragsteller die Erfolglosigkeit seiner Bewerbung mitgeteilt worden war, stellte er einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Er rügte, die Ausschärfung der dienstlichen Beurteilungen sei fehlerhaft erfolgt, weil das nach den Beurteilungsrichtlinien nur zur Plausibilisierung des Gesamturteils dienende Berechnungssystem für eine anschließende Auswertung der Einzelergebnisse der dienstlichen Beurteilungen in der Justiz und im Justizvollzug nicht vorgesehen sei. Da eine rechtlich zulässige Ausschärfung somit nicht möglich gewesen sei, hätten die älteren dienstlichen Beurteilungen der Bewerber in den Blick genommen werden müssen. Da er in seiner vorletzten Beurteilung ein besseres Ergebnis als die Beigeladene erzielt habe, hätte ihm die Beförderungsstelle vergeben werden müssen. Außerdem habe die Beigeladene ihre Beurteilungsnote unter Verstoß gegen die Maßstabsgerechtigkeit erhalten, weil deren aktuelle Beurteilung im Vergleich zu ihrer früheren einen „außergewöhnlichen Notensprung“ aufweise, der nicht begründet worden sei.

5

Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag des Antragstellers ab. Hiergegen richtet sich seine Beschwerde, zu deren Begründung er seinen erstinstanzlichen Vortrag ergänzt und vertieft.

6

B.

7

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

8

I. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Regierungsamtfrauen und -männer ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 11 Landesbesoldungsordnung – LBesO – zu sichern sucht, zu Recht abgelehnt. Denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. §§ 936, 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die von ihm gegen dieses vorinstanzliche Ergebnis dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung seiner Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

9

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und hält auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Stellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG –, Art. 19 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – und § 9 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – niedergelegten Grundsatz der Bestenauslese („Leistungsgrundsatz“) nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird deshalb gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist von daher lediglich ergänzend auszuführen:

10

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und § 9 BeamtStG haben Bewerber um eine Beförderungsstelle einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. November 2010 – 2 BvR 2435/10 –, NVwZ 2011, 746; BVerwG, Urteil vom 22. November 2012 – 2 VR 5.12 –, BVerwGE 145, 102 [116]; OVG RP, Beschluss vom 29. August 2016 – 2 B 10648/16.OVG –, ZBR 2017, 209). Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung die Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 4. Oktober 2012 – 2 BvR 1120/12 –, NVwZ 2013, 573; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 – 2 VR 4.11 –, NVwZ-RR 2012, 241; OVG RP, Beschlüsse vom 14. Oktober 2014 – 2 B 10611/14.OVG –, NVwZ-RR 2015, 141 und vom 13. August 2015 – 2 B 10664/15.OVG –, AS 44, 30 [32]).

11

Diesen Anforderungen ist der Antragsgegner bei der hier im Streit stehenden Beförderungsentscheidung gerecht geworden. Denn er hat die Auswahl unter den Bewerbern ausschließlich nach den Ergebnissen der über diese Beamten erstellten dienstlichen Beurteilungen vorgenommen. Danach ist die Beigeladene, die ebenso wie der Antragsteller in ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilung die Gesamtnote „A10.8“ erhalten hatte, nach einer anschließenden Auswertung der Beurteilungsgrundlagen im Wege der sog. Ausschärfung zu Recht für eine Beförderung nach A 11 LBesO ausgewählt worden. Sie hat in der Summe der numerisch zugeordneten Einzelbewertungen insgesamt 252 Punkte erreicht, während der Antragsteller in seiner Beurteilung insofern lediglich 247 Punkte aufweisen kann. Da die Beigeladene somit ein um fünf Punkte besseres Ergebnis bei den einzelnen Bewertungen ihrer im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen erzielt hat, ist ihr bei der Vergabe einer der ausgeschriebenen Beförderungsstellen zu Recht der Vorzug gegenüber dem Antragsteller gegeben worden.

12

Die auf der Grundlage dieser Regelbeurteilungen vorgenommene Auswahlentscheidung für die im Justizvollzug im Rahmen der dort praktizierten sog. Topfwirtschaft landesweit vergebenen Beförderungsstellen steht mit den verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben in Einklang. Dies gilt sowohl in Bezug auf die vom Antragsteller mit seiner Beschwerde in erster Linie gerügte Vereinbarkeit der neuen Beurteilungsvorschriften mit höherrangigem Recht (1.) als auch hinsichtlich des von ihm außerdem in Zweifel gezogenen Ergebnisses der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen (2.). Da die Beförderungsentscheidungen in zulässiger Weise bereits auf der Grundlage der Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber getroffen werden konnten, bedurfte es keines Rückgriffs auf ältere Beurteilungen oder einer Heranziehung von Hilfskriterien (3.). Weitere Rügen gegen das Auswahlsystem des Antragsgegners hat der Antragsteller in der Beschwerdeinstanz nicht erhoben, so dass es insgesamt bei der Entscheidung der ersten Instanz zu verbleiben hat. Insbesondere verbietet sich eine von Amts wegen gemäß §§ 125, 86 VwGO erfolgende Überprüfung des Ergebnisses der eigenen dienstlichen Beurteilung des Antragstellers (4.).

13

1. Die Verwaltungsvorschrift über die dienstlichen Beurteilungen der Beamtinnen und Beamten in der Justiz und im Justizvollzug vom 2. Juni 2016 (Justizblatt 2016, S. 71; im Folgenden: BeurteilungsVV), die auf den Ermächtigungsgrundlagen von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Landesbeamtengesetz – LBG – i. V. m § 15 Abs. 1 Satz 2 Laufbahnverordnung – LaufbVO – beruht, gibt den Beurteilern in der Justiz und im Justizvollzug den rechtlichen Rahmen vor, innerhalb dessen sie ihre Bewertung von dienstlicher Eignung, Leistung und Befähigung der ihnen unterstellten Beamten vorzunehmen haben. Danach sind Beamte bis zur Besoldungsgruppe A 16 mit Amtszulage unter Verwendung des hierfür vom Dienstherrn zur Verfügung gestellten Beurteilungsformulars dienstlich zu beurteilen.

14

Das Beurteilungsformular enthält insgesamt 60 Einzelmerkmale, die von den Beurteilern bei allen Beamten durch Ankreuzen des zutreffenden Feldes auszufüllen sind. Die einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale sind nach den Ausprägungsgraden „herausragend“, „außergewöhnlich“, „besonders stark“, „stark“, „normal“, „hinreichend“, „ansatzweise“, „kaum“ oder „nicht“ zu bewerten (Nr. 6.4 BeurteilungsVV). Die Einzelmerkmale sind dabei verschiedenen Gruppen von Merkmalen zugeordnet, von denen die Gruppe „Sach- und Fachkompetenz“ mit 25 Einzelmerkmalen den größten Anteil stellt. Es folgen „Allgemeine Persönlichkeitsmerkmale und persönliche Kompetenz“ mit 15 Einzelmerkmalen und „Soziale Kompetenz“ mit 10 Einzelmerkmalen. Für Beamte mit ausgeübter Leitungsfunktion ist im Beurteilungsformular zusätzlich die Merkmalgruppe „Führungsverhalten“ mit 10 Einzelmerkmalen auszufüllen.

15

Nachdem der Beurteiler sämtliche Einzelmerkmale angekreuzt hat, ist von ihm eine nach einem Punktsystem von 0 bis 18 Punkten festgelegte Gesamtbeurteilung zu erstellen. Die Punkte der Gesamtbeurteilung sind bis auf die niedrigste Bewertungsstufe (mit null Punkten) in Gruppen zu je drei Punkten zusammengefasst. Diesen Gruppen sind jeweils textliche Umschreibungen zugeordnet, die darstellen, in welchem Umfang der beurteilte Beamte den an ihn in seiner Statusgruppe zu erwartenden Anforderungen entspricht. Die niedrigste Gesamtbeurteilung lautet auf null Punkte („Die oder der Beurteilte erfüllt die Anforderungen in der Regel nicht“), die höchste Gesamtbeurteilung liegt bei 18 Punkten („Die oder der Beurteilte übertrifft die Anforderungen in ganz besonderem Maße und zeigt stets besonders herausragende Leistungen“). Der vergebenen Punktzahl ist schließlich das jeweilige Statusamt voranzustellen. Die durchschnittliche Beurteilung eines Oberinspektors würde so beispielsweise auf „A10.8“ lauten.

16

Die Gesamtbeurteilung hat der Beurteiler nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung in eigener Verantwortung vorzunehmen (vgl. Nr. 6.7 Satz 1 BeurteilungsVV). Die Gesamtwürdigung erfolgt gemäß Nr. 7.1 BeurteilungsVV unabhängig vom Anlass der Beurteilung und hat als Beurteilungsmaßstab den normalen Leistungsstand, der allgemein von Beschäftigten der betreffenden Statusgruppe oder des betreffenden Einstiegsamtes erwartet werden muss, zugrunde zu legen. Der normale Leistungsstand wird nach Nr. 7.1 Satz 3 BeurteilungsVV für jede Statusgruppe mit acht Punkten festgelegt (sog. Ankernote).

17

Für die Umrechnung der nach dem Ankreuzen erzielten Einzelpunkte in einen Punktwert für die Gesamtbeurteilung steht den Beurteilern eine Berechnungsformel als Orientierungshilfe zur Verfügung. Dabei entspricht jeder Ausprägungsgrad einem Punktwert von null bis acht, wobei null dem Ausprägungsgrad „nicht ausgeprägt“ und acht dem Ausprägungsgrad „herausragend ausgeprägt“ entspricht. Die Summe der erreichten Punkte ist sodann ins Verhältnis zu setzen zu der Summe der Punktwerte, die mit den bewerteten Merkmalen höchstens erreicht werden konnte (vgl. Nr. 6.7 Sätze 3 bis 5 BeurteilungsVV). Der sich so ergebende Prozentwert ergibt einen Vomhundertsatz, der als sogenannte Orientierungshilfe für eine Plausibilitätsprüfung dient. Von dieser Orientierungshilfe kann der Beurteiler nach den Vorgaben der Verwaltungsvorschrift abweichen. In diesem Fall hat er die Gesamtbeurteilung schriftlich zu begründen (Nr. 6.7 Sätze 6 und 7 BeurteilungsVV).

18

Dieses, auf alle in der Justiz und im Justizvollzug in Rheinland-Pfalz eingesetzte Beamte gleichmäßig anzuwendende, Beurteilungssystem unterliegt weder einfachgesetzlichen noch verfassungsrechtlichen Bedenken. Es stellt im Gegenteil ein für die Beurteilungs- und Beförderungspraxis taugliches Instrument dar, die Leistung der Beamten in diesem Personalbereich vollständig und differenziert zu erfassen und so bei beamtenrechtlichen Auswahlentscheidungen dem Grundsatz der Bestenauslese die ihm zukommende Geltung zu verschaffen.

19

a) Die Feststellung der dienstlichen Eignung, Leistung und Befähigung hat der Antragsgegner in zulässiger Weise mit dienstlichen Beurteilungen vorgenommen, die im Wege des sog. Ankreuzverfahrens erstellt worden sind. Die Abschaffung der bislang bei den Beamten in der Justiz und im Justizvollzug gefertigten Beurteilungen mit Fließtexten und Einführung von Beurteilungen im Ankreuzverfahren ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zulässig. Der Dienstherr ist im Rahmen seines weiten Organisations- und Gestaltungsspielraumes befugt, in seinen Beurteilungsrichtlinien ein Ankreuzverfahren für die Einzelbewertungen ohne zusätzliche individuelle textliche Begründungen vorzusehen, sofern die Bewertungsmerkmale hinreichend differenziert und die Notenstufen textlich definiert sind (vgl. BVerwG Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48, Rn. 11).

20

b) Die Auswahlentscheidung des Antragsgegners verstößt im Hinblick auf die ihr zugrunde liegenden Beurteilungen auch nicht gegen den vom Bundesverwaltungsgericht in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsatz, wonach sich „ohne entsprechende Rechtsgrundlage“ das Gesamturteil in dienstlichen Beurteilungen der Beamten nicht aus dem arithmetischen Mittel ergeben darf (so etwa Urteil vom 24. November 1994 – 2 C 21.93 –, BVerwGE 97, 128 [132]; Urteil vom 21. März 2007 – 2 C 2.06 –, Buchholz 232.1§ 40 BLV Nr. 27; Beschluss vom 21. März 2012 – 2 B 18.11 –, juris). Das Beurteilungs- und Beförderungssystem des Antragsgegners im Personalbereich der Justiz lässt die Bildung eines arithmetischen Mittels zur Gewinnung der Gesamtbewertung in der jeweiligen dienstlichen Beurteilung nämlich schon nicht zu, sondern verlangt ausdrücklich eine wertende Gesamtbetrachtung durch den Beurteiler. Von den Vorgaben der Richtlinie ist bei der Erstellung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber auch nicht abgewichen worden (aa). Auch die nach Vorliegen aller Beurteilungen der Bewerber erfolgte Vergabe einer Rangpunktzahl für die Bildung einer Beförderungsreihung beinhaltet gleichfalls keinen Verstoß gegen das Verbot der „Arithmetisierung“ (bb).

21

aa) Das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bestehende Verbot, bei der Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung kein Beurteilungsverfahren einzusetzen, das ein Gesamturteil nur aus dem arithmetischen Mittel gewinnt, will verhindern, dass der Beurteiler bei seiner Aufgabe, aus den einzelnen Beurteilungsgrundlagen ein wertendes Gesamturteil zu bilden, durch mathematische Vorgaben behindert wird oder sich dieser Amtspflicht durch schlichtes „Mathematisieren“ entledigt. Da es bei der dienstlichen Beurteilung um die Bewertung individueller Leistungen geht, muss dem Beurteiler nicht nur die Möglichkeit einer eigenständigen Gesamtbetrachtung verbleiben; er muss diese auch bewusst durchführen (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 –, juris, Rn. 71: „Ein reiner Zahlenschematismus ist zu vermeiden“). Ein solcher Bewertungsmangel haftet den in diesem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren inzident zu überprüfenden Beurteilungen auf der Grundlage der neuen Beurteilungsrichtlinien des Antragsgegners jedoch nicht an.

22

aaa) Klarzustellen ist hierbei zunächst, dass sich diese Rechtsprechung nur auf das Gesamturteil, nicht aber auf die Ermittlung der Benotung mehrerer Hauptmerkmale bezieht, die sich ihrerseits aus mehreren Untermerkmalen zusammensetzen. Bei der Bildung des Gesamturteils muss der Beurteiler aber die unterschiedliche Bedeutung der Einzelmerkmale wertend berücksichtigen, indem er sie gewichtet (BVerwG, Urteil vom 24. November 1994 – 2 C 21.93 –, BVerwGE 97, 128 [131]; Urteil vom 21. März 2007 – 2 C 2.06 –, Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 27 und juris, dort Rn. 14). Es muss also sichergestellt sein, dass ein Beurteiler zum Abschluss des Beurteilungsvorgangs die gezeigte Leistung auf der Grundlage der bewerteten Einzelmerkmale anschließend wertend zusammenfasst und diesen Bewertungsvorgang nicht aufgrund einer bloßen Rechenoperation überspringt oder sich – etwa durch externe Vorgaben – gehindert sieht, die von ihm an sich als richtig erachtete Bewertung zu vergeben, weil eine Rechenoperation ein anderes Ergebnis auswirft. Beurteilungen sind keine „mathematische Wissenschaft“ (BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 134.11 –, juris Rn. 11). Das bedeutet aber selbstverständlich nicht, dass der Beurteiler nach wertender Betrachtung der Hauptmerkmale nicht zu dem Ergebnis kommen dürfte, dass diese gleich zu gewichten sind. Eine derartige Gleichgewichtung ist nämlich nicht nur eine zulässige, sondern bei (wie hier) planvoll ausgesuchten Einzel- und Hauptmerkmalen sogar eine naheliegende Gewichtungsmethode. Das Verbot der arithmetischen Ermittlung des Gesamtergebnisses darf daher nicht als Verbot der wertenden Gleichgewichtung bestimmter Merkmale missverstanden werden.

23

bbb) Diese Vorgaben werden von den vorliegend zur Anwendung gelangten Beurteilungsrichtlinien, die nach dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 17 Abs. 1 LV) bei allen Beamten in der Justiz und Justizvollzug verbindlich und einheitlich anzuwenden sind, beachtet. Nach Nummer 6.3 BeurteilungsVV soll die Beurteilung zunächst ein differenziertes Leistungsbild des zu beurteilenden Beamten zeichnen und dabei seine Stärken herausarbeiten sowie die Bereiche erkennen lassen, in denen eine Verbesserung erfolgen sollte. Zu diesem Zweck sind von den Beurteilern in dem nach Nr. 6.2 und Nr. 9.1 BeurteilungsVV zu verwendenden Beurteilungsformular gemäß Anlage 1 und 3 die einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmale nach verschiedenen Ausprägungsgraden zu bewerten.

24

ccc) Gleiches gilt für die Ermittlung der Gesamtbeurteilung. Hier ist ein Bewertungssystem vorgesehen, in dem die einzelnen Gesamtbewertungen zwischen 0 und 18 Punkten zusammenzufassen sind (Nr. 6.5 BeurteilungsVV). Auch wenn danach bei der Ermittlung der Gesamtnote Zahlenwerte eingesetzt werden, so wird das Beurteilungsergebnis dennoch nicht mathematisch ermittelt. Denn für die letztverbindliche Notenvergabe schreibt Nr. 6.7 Satz 1 BeurteilungsVV vor, dass der Beurteiler die Gesamtbeurteilung „auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung“ vorzunehmen hat. Eine rein rechnerische Ermittlung des Beurteilungsergebnisses im Sinne eines Mittelwertverfahrens ist danach also bereits nach den Vorgaben der Richtlinie nicht zulässig.

25

Im Gegenteil schreibt Nr. 6.5 Satz 2 BeurteilungsVV ausdrücklich vor, dass sich die Gesamtbeurteilung „nachvollziehbar und plausibel“ aus den Einzelbewertungen herleiten lassen müsse. Das anschließend zur Anwendung kommende Punktesystem ist, wie die Richtlinie schon ihrem Wortlaut nach deutlich macht, keine Rechenformel, sondern lediglich eine „Orientierungshilfe“ (vgl. Nr. 6.7 Satz 3 BeurteilungsVV). Sie dient vor allem der Kontrolle, ob die zuvor vergebenen Einzelbewertungen die anschließende Gesamtbewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung nachvollziehbar und plausibel tragen. Von dieser Orientierungshilfe kann der Beurteiler sogar in Fällen abweichen (Nr. 6.7 Satz 7 und 8 BeurteilungsVV). Auch dies belegt, dass eine „rein rechnerische Ermittlung“ (BVerwG, Beschluss vom 21. März 2012 – 2 B 18.11 –, juris Rn. 7) der Gesamtbeurteilung im Personalbereich der Justiz und des Justizvollzugs nicht erfolgt.

26

bb) Des Weiteren verstößt die im Besetzungsvermerk im Wege der „Binnendifferenzierung“ erfolgte Vergabe einer Gesamtpunktzahl an die Bewerber nicht gegen höherrangiges Recht. Bei diesem Umrechnungssystem werden den im Beurteilungsbogen vom Beurteiler angekreuzten einzelnen Leistungs-, Eignungs- und Befähigungsmerkmalen gemäß Nr. 6.7 BeurteilungsVV zunächst jeweils numerische Werte von null („nicht ausgeprägt“) bis acht („herausragend ausgeprägt“) Punkten zugeordnet und die so gewonnenen Einzelwerte anschließend in einer Summe zusammengefasst, so dass sich anschließend die Platzierung der Beurteilten innerhalb der Beförderungsreihung ermitteln lässt (vgl. im Hinblick auf den Antragsteller und die Beigeladene Bl. 62 und 77 des Besetzungsvorgangs).

27

Auch dies stellt keine unzulässige arithmetische Ermittlung des Beurteilungsergebnisses und der darauf beruhenden Auswahlentscheidung dar. Es handelt sich vielmehr um eine sowohl verfassungsrechtlich als auch einfachgesetzlich zulässige und in vielen Personalbereichen in Bund und Ländern seit Jahren praktizierte Methode der Auswertung von Beurteilungsergebnissen, die gerade bei Beförderungsterminen mit einer Vielzahl von Bewerbern in mehreren Statusämtern, die in verschiedenen Behörden und dort auf unterschiedlichen Dienstposten eingesetzt sind (sog. Massenbeförderungen) sachgerecht ist, um den mit diesen Verfahren befassten Amtswaltern ein Instrument zur praktikablen und vollständigen Auswertung der Ergebnisse von Einzelmerkmalen im Rahmen der sog. Ausschärfung dienstlicher Beurteilungen an die Hand zu geben. Gegen das nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu beachtende Verbot der mathematischen Gewinnung von Beurteilungsergebnissen bzw. Beförderungsentscheidungen verstößt diese Handhabung aus mehreren Gründen nicht.

28

aaa) Zunächst ist festzuhalten, dass es sich bei dem vorstehend dargestellten Umrechnungssystem schon begrifflich nicht um eine „Arithmetisierung“ handelt. Das arithmetische Mittel (auch „Mittelwert“ genannt) ist definiert als ein Durchschnittswert, der aus dem Quotient der Summe einzelner Zahlwerte und ihrer Anzahl berechnet wird. Um den Rangplatz des jeweiligen Bewerbers zu ermitteln, wird bei dem Beförderungssystem des Antragsgegners ein solcher Durchschnittswert jedoch erst gar nicht gebildet. Für die Bestimmung des Beförderungsrangplatzes eines Bewerbers ist dort nicht der Quotient, sondern die Summe der Einzelbewertungen maßgebend.

29

bbb) Hinzu kommt, dass dieses System auch deshalb nicht gegen das Verbot der mathematischen Gewinnung von Gesamtbewertungen dienstlicher Beurteilungen verstößt, weil die Beurteilungsergebnisse aller Bewerber zu dem Zeitpunkt, in dem im Besetzungsbericht des Ministeriums der Justiz vom 14. März 2017 die Zusammenfassung der Einzelaussagen nach dem vorstehend dargestellten Umrechnungssystem erfolgte, bereits feststanden. Von einer arithmetischen „Ermittlung“ der Beurteilungsergebnisse kann unter diesem Gesichtspunkt schon aus Gründen der zeitlichen Abfolge nicht die Rede sein.

30

Außerdem wurde oben unter I. 1. b) aa) bereits festgestellt, dass bereits die Beurteilungsergebnisse der Beamten ohne arithmetische „Berechnung“ erzielt wurden, weil die Richtlinie eine solche Arithmetisierung nicht zulässt. Wenn danach schon bei der Gewinnung der Beurteilungsergebnisse keine „Mathematisierung“ erfolgt, dann muss dies in umso stärkerem Maße für die Ausschärfung der Einzelergebnisse von dienstlichen Beurteilungen gelten.

31

ccc) Mit seinen Ausführungen im Besetzungsbericht, wonach sämtliche Einzelmerkmale gleichrangig nebeneinanderstehen und nicht unterschiedlich gewichtet werden, hat der Antragsgegner die Grenzen des ihm eingeräumten Einschätzungs- und Bewertungsspielraums gleichfalls nicht überschritten. Denn die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 65 und juris, dort Rn. 36).

32

Bei der Gewichtung bestimmter Einzelmerkmale handelt es sich um einen Akt wertender Erkenntnis. Es ist allein Sache des Dienstherrn, bestimmten Merkmalen im Verhältnis zu anderen Merkmalen bei der Feststellung der Bewährung im Hinblick auf Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung besonderes Gewicht beizumessen. Erstreckt sich nämlich die dem Dienstherrn eingeräumte Beurteilungsermächtigung u.a. darauf, die zahlreichen Anforderungen festzulegen, denen der Beamte im Rahmen seiner Laufbahn gewachsen sein muss, (vgl. BVerwG, Urteil vom 19. März 1998 – 2 C 5.97 –, BVerwGE 106, 263 [268]), so gilt dies in gleicher Weise auch für die Bestimmung der spezifischen Anforderungen, die nach seiner Einschätzung für die Erfüllung der mit den Ämtern der Laufbahn verbundenen Aufgaben von besonderer Bedeutung sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. März 2011 – 1 A 808/09 –, juris Rn. 26).

33

Eingedenk dessen kann es im Rahmen der Bewertung der Einzelmerkmale dienstlicher Beurteilungen nicht richtig sein, eine einheitliche Gewichtung von Einzelmerkmalen von vornherein als sachfremd anzusehen. Sowohl die oberste Dienstbehörde als auch die einzelnen Beurteiler sind vielmehr berechtigt, im Rahmen der Gewichtung einer dienstlichen Beurteilung die vorhandenen Einzelmerkmale auch so zu bewerten, dass diese im Verhältnis zur Gesamtbeurteilung stets gleichwertig sind. Der Dienstherr ist weder aus dem Leistungsgrundsatz nach Art. 33 Abs. 2 GG noch aus einfachem Recht verpflichtet, diese Einzelmerkmale unterschiedlich zu bewerten. Wenn der Antragsgegner sich aus nachvollziehbaren Gründen dafür entschieden hat, die Gewichtung der Einzelmerkmale paritätisch vorzunehmen, so unterfällt diese Entscheidung deshalb ebenso seinem Beurteilungsspielraum wie eine – rechtlich ebenso zulässige – unterschiedliche Gewichtung einzelner Leistungs- oder Befähigungsmerkmale.

34

Unabhängig von diesen Erwägungen sind die dienstlichen Beurteilungen im Bereich der Justiz und des Justizvollzugs aber auch dadurch gekennzeichnet, dass sie eine unterschiedliche Zahl von Einzelmerkmalen bei den verschiedenen Leistungsgruppen aufweisen. Allein durch die danach vorliegende unterschiedliche Anzahl von Einzelmerkmalen hat der Antragsgegner als Richtliniengeber in diesem Personalbereich die Wertigkeit der einzelnen Merkmale festgelegt. Indem etwa der Gruppe „Fachkompetenz“ insgesamt zwanzig Einzelmerkmale zugeordnet sind, kann ein Beamter, der im Beurteilungszeitraum in diesem Bereich besonders gute Leistungen erzielt hat, sich gegenüber Konkurrenten, die etwa in der Gruppe „Soziale Kompetenz“ mit lediglich fünf Einzelmerkmalen hohe Einzelnoten erreicht haben, hervorheben. Eine Gleichartigkeit der Gewichtungen der insgesamt fünfzig bzw. (mit Bewertung des Führungsverhaltens) sechzig Einzelmerkmale besteht deshalb nur scheinbar. In Wirklichkeit ist vom Dienstherrn bereits durch die unterschiedliche Anzahl von Einzelmerkmalen in den einzelnen Leistungsgruppen eine differenzierte Gewichtung der verschiedenen Einzelmerkmale vorgenommen worden.

35

Überdies ist es bei den landesweit im Wege der sog. Topfwirtschaft mit „fliegenden“ Stellen ausgeschriebenen Beförderungsstellen auch ohne Weiteres nachvollziehbar, wenn der Antragsgegner darauf hinweist, dass die Dienstposten in den Justizvollzugseinrichtungen, die sowohl durch Funktionen mit breiter und daher vielschichtiger Aufgabenwahrnehmung als auch, besonders in großen Organisationseinheiten, durch stark spezialisierte Arbeitsbereiche gekennzeichnet seien, sich jeweils erheblich unterschieden und deshalb nicht einzelne, für die Aufgabenerfüllung bedeutsame Leistungsmerkmale gegenüber anderen hervorgehoben werden dürften. Seine dergestalt getroffene und im Besetzungsvermerk auch ausführlich begründete Entscheidung, wegen dieser starken Bandbreite der von den Beamten wahrgenommenen Aufgaben im Justizvollzug auf eine Gewichtung der Einzelmerkmale zu verzichten, ist nicht sachfremd. Sie ist vielmehr nachvollziehbar und – vor allem – von dem gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 LBG i. V. m § 15 Abs. 1 Satz 2 LaufbVO dem Richtliniengeber zustehenden Gestaltungs- und Einschätzungsspielraum gedeckt.

36

ddd) Ohne Erfolg bleibt der in diesem Zusammenhang vom Antragsteller erhobene Einwand, wonach eine Zusammenfassung der Einzelergebnisse auch deshalb nicht zulässig sei, weil die Berechnungsformel nach Nr. 6.7 BeurteilungsVV bereits bei Ermittlung des Beurteilungsergebnisses herangezogen worden sei. Hierin ist keine gleichsam unzulässige Doppelverwertung der Berechnungsformel zu sehen.

37

Zum einen ist schon nicht ersichtlich, warum die lediglich als Kontrolle der Plausibilität des jeweiligen Beurteilungsergebnisses als „Orientierungshilfe“ erfolgte Umrechnung der Einzelmerkmale in Punktwerte für den anschließend erstellten Besetzungsbericht als „verbraucht“ anzusehen sein sollte. Es liegt – im Gegenteil – sogar nahe, das schon bei der Gewinnung des Gesamtergebnisses verwendete Bezugssystem auch für die bei einem Beurteilungsgleichstand „auf der zweiten Stufe“ erforderlich werdende inhaltliche Erfassung der Einzelmerkmale nutzbar zu machen.

38

Zum zweiten handelt es sich bei der vom Antragsgegner im Besetzungsbericht erfolgten Zusammenfassung der Einzelergebnisse der Sache nach lediglich um ein verwaltungstechnisches Hilfsmittel zur vollständigen Erfassung und Auswertung der Beurteilungsgrundlagen, die bei einem Gleichstand der Ergebnisse der Gesamtbeurteilung nach der Rechtsprechung des Senats gerade dann im Wege der Ausschärfung erforderlich wird (Beschluss vom 10. September 2013 – 2 B 10781/13.OVG –, ZBR 2014, 57). Auf welche Weise der Dienstherr der Bewerber eine solche Zusammenfassung durchführt, unterfällt jedoch wiederum seinem Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum.

39

Sachfremde oder mit allgemeinen Bewertungsgrundsätzen nicht vereinbare Erwägungen haben bei dem vorliegend zu untersuchenden Auswertungssystem erkennbar keine Rolle gespielt. Es ist vielmehr gerade bei jährlich stattfindenden Beförderungsterminen im Bereich der rheinland-pfälzischen Justiz mit den über das gesamte Land verteilten Gerichten, Staatsanwaltschaften sowie Justizvollzugseinrichtungen und der Vielzahl von Bewerbern, die in ihren verschiedenen Statusämtern auf unterschiedlichen Dienstposten eingesetzt sind, sachgerecht, den mit den Beförderungen regelmäßig befassten Entscheidungsträgern – gerade auch zur Gewährleistung gleicher Beurteilungsmaßstäbe und damit zur Vermeidung von Auswahlfehlern – eine solche Auswertungshilfe an die Hand zu geben. Damit wird zugleich ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vermieden und so die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung auch in diesem Bereich gewährleistet.

40

Diesem Gesichtspunkt kommt Verfassungsrang zu (vgl. BVerwG, Urteile vom 25. November 2014 – 2 C 17.03 –, BVerwGE 122, 237 [239], und vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48 Rn. 15; stRspr). Eine Beeinträchtigung des – gleichfalls verfassungsmäßig nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV gesicherten – Rechts der Beamten auf berufliches Fortkommen ist demgegenüber nicht zu erkennen. Die durch das Umrechnungssystem des Antragsgegners gewährleistete vollständige Erfassung des Leistungs- und Befähigungspotenzials der Bewerber durch diese Form der Ausschärfung mittels Umrechnung von Einzelergebnissen nach vorheriger Zuordnung eines bestimmten Punktwertes dient im Gegenteil dazu, objektive und nicht zuletzt auch für die Betroffenen nachvollziehbare Ergebnisse zu erzielen. Eine andere Handhabung, insbesondere eine separate Gewichtung der bereits vorliegenden und als solche abgeschlossenen dienstlichen Beurteilungen, würde die Anforderungen an die Bewerberauswahl bei Massenbeförderungen derart überspannen, dass der Verwaltungsaufwand, der sich in personalintensiven Bereichen des Antragsgegners (Polizei, Justiz, Bildung) schon jetzt zum Teil als ganzjährige Aufgabe der damit befassten Amtswalter darstellt, in einem ganz erheblichen Umfang erhöhen würde.

41

Hinzu kommt, dass der Dienstherr bei der Ausschärfung von Einzelmerkmalen nicht den engen Bindungen des Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV unterworfen ist, wie sie bei der Bildung des Gesamturteils zu beachten sind. Nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung hat der Dienstherr bei im wesentlichen gleichlautenden Gesamtbeurteilungen von Bewerbern ein weites Ermessen, wie er die Auswahlentscheidung herbeiführt. Dabei hat er zwar (auch) nach der Rechtsprechung des Senats in erster Linie die Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen in den Blick zu nehmen (vgl. Beschluss vom 14. Oktober 2014 – 2 B 10648/14.OVG –, AS 43, 68 [78]). In der Art und Weise, wie er dies bewerkstelligt, unterliegt er jedoch nicht den gleichen strengen Bindungen wie sie etwa bei der Maßgabe gelten, wonach für die Vergabe von Beförderungsämtern zunächst dienstliche Beurteilungen heranzuziehen sind. Auch unter diesem Blickwinkel hat der Antragsgegner bei dem von ihm praktizierten Auswertungssystem den ihm zukommenden Bewertungs- und Gestaltungsspielraum nicht verlassen.

42

eee) Die vom Antragsteller für seine Rechtsauffassung herangezogene Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Beschluss vom 23. Januar 2017, – 4 S 2241/16 –, juris) kann diesem Ergebnis nicht mit Erfolg entgegengehalten werden. Der vom Verwaltungsgerichtshof vertretenen Rechtsauffassung, nach der sich bei dienstlichen Beurteilungen, bei denen die Bildung eines Gesamturteils vorgesehen ist, mit dem die Einzelwertungen in einer nochmaligen eigenständigen Wertung zusammengefasst werden, sich nicht nur die rein rechnerische Ermittlung des Gesamturteils verbiete, sondern auch der Rückgriff auf das arithmetische Mittel der Einzelbewertungen zur Begründung eines Beurteilungsvorsprungs bei gleichem Gesamturteil, kann nämlich jedenfalls in dieser Allgemeinheit nicht gefolgt werden.

43

Dem Beschluss lag schon ein sich von dem vorliegenden Beurteilungs- und Beförderungssystem unterscheidender Sachverhalt zugrunde, in dem der Dienstherr im Rahmen der Auswahlentscheidung tatsächlich auf den höheren Wert des arithmetischen Mittels von einzelnen Leistungsbewertungen abstellte. Damit griff er bei gleicher eigenständiger Gesamtbewertung auf rechnerisch ermittelte Durchschnittswerte der Einzelbewertungen zurück, um hieraus – trotz des vorgefundenen Gleichstands – einen Beurteilungsvorsprung herzuleiten und setzte sich so über die Gesamtbewertung und die in dieser enthaltenen Würdigung und Gewichtung hinweg (so VGH BW, Beschluss vom 23. Januar 2017 – 4 S 2241/16 –, juris Rn. 9).

44

Um ein solches Verfahren zur Gewinnung eines Mittelwerts, der für die Festlegung des Beförderungsrangplatzes „errechnet“ wird, handelt es sich bei dem Auswertungssystem im Bereich des Strafvollzuges jedoch nicht. In dem hier zur rechtlichen Überprüfung stehenden System wird vielmehr lediglich die Summe der zuvor gemäß Nr. 6.7 BeurteilungsVV gewichteten Merkmale – ohne Hinzutreten weiterer Rechenschritte – herangezogen, um die Reihung von Bewerbern mit gleichem Gesamtergebnis vornehmen zu können.

45

Hinzu kommt, dass die Bewertung von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung der Beamten nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung den vom Dienstherrn berufenen Amtswaltern als ein Akt wertender Erkenntnis vorbehalten bleibt. Deren Wertungen sind deshalb nur daraufhin zu untersuchen, ob die Beurteiler von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sind, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem sie sich bewegen konnten, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt haben (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 – 2 BvR 1855/07 –, NVwZ-RR 2008, 433; Kammerbeschluss vom 17. Februar 2017 – 2 BvR 1558/16 –, NVwZ 2017, 1133 [1134]; BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78 –, BVerwGE 60, 245 [246]; und vom 28. Januar 2016 – 2 A
1.14 –, NVwZ 2016, 1654). Dass die Bevorzugung eines Mitbewerbers, der bei einer Gesamtbetrachtung seiner Einzelbewertungen besser beurteilt worden ist als sein Mitbewerber, auf sachfremden Erwägungen beruhen könnte, ist aber unter keinem denkbaren Blickwinkel zu erkennen.

46

c) Die Objektivität und sachlich begründete Rechtfertigung der Einzelauswertung zeigt auch der vorliegende Sachverhalt. Während der Beigeladenen in ihrer dienstlichen Beurteilung in mehreren Einzelmerkmalen der zweithöchste Ausprägungsgrad und in noch mehr Einzelmerkmalen der dritthöchste Ausprägungsgrad zuerkannt wurde, finden sich derart hohe Einzelbewertungen bei dem Antragsteller in einem weitaus geringeren Umfang. Der zweithöchste Ausprägungsgrad wurde in seiner Beurteilung sogar überhaupt nicht vergeben. Stattdessen erfolgten die Bewertungen seiner dienstlichen Leistungen in einem weitaus höheren Maße mit lediglich durchschnittlichen oder allenfalls leicht überdurchschnittlichen Bewertungen. Mit dieser, sich bei einer Auswertung der vorliegenden Beurteilungen geradezu aufdrängenden Erkenntnis stimmt die vom Antragsgegner ermittelte Punktzahl in tatsächlicher Hinsicht überein. Eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers durch die Bevorzugung der Beigeladenen bei der Vergabe einer der Beförderungsstellen für Regierungsamtfrauen und -männer durch das vom Antragsgegner angewandte Beförderungssystem ist nach alledem nicht erkennbar.

47

2. Des Weiteren rechtfertigen die – mit seiner Beschwerde ausdrücklich aufrecht erhaltenen – Rügen des Antragstellers gegen das Ergebnis der dienstlichen Beurteilung der Beigeladenen, mit denen er geltend macht, diese sei unter Verstoß gegen den Grundsatz der Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe beurteilt worden, gleichfalls nicht den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte, dass diese Beurteilung in dem zur Überprüfung des Senats gestellten Umfang rechtswidrig und sie deshalb keine taugliche Auswahlgrundlage sein könnte.

48

a) Bei dieser Prüfung ist zunächst von Bedeutung, dass die dem Auswahlverfahren zugrunde gelegten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und der Beigeladenen nicht unmittelbar Streitgegenstand des vorliegenden beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahrens sind. Solche Beurteilungen werden in einem Verfahren zur Sicherung eines geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruches des in einer beamtenrechtlichen Konkurrenz unterlegenen Bewerbers gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO vielmehr stets nur inzident, das heißt im Zusammenhang mit der Auswahlentscheidung lediglich „nebenbei anfallend“ überprüft (vgl. OVG RP, Beschluss vom 18. Juli 2012 – 2 B 10606/12.OVG –, ESOVGRP und juris; Beschluss vom 13. August 2015 – 2 B 10664/15.OVG –, AS 44, 30 [34]; Beschluss vom 21. August 2017 – 2 B 11290/17.OVG –, juris). Dementsprechend muss der Dienstherr die in einem Eilverfahren vom Verwaltungsgericht als fehlerhaft angesehene dienstliche Beurteilung des im Konkurrenteneilverfahren beigeladenen Mitbewerbers weder unmittelbar aufheben noch abändern. Sie bleibt vielmehr zunächst so wie sie erstellt worden ist bestehen und ist aus der Personalakte des Betreffenden auch nicht zu entfernen OVG RP, Beschluss vom 21. August 2017, a.a.O.).

49

b) Hinzu kommt, dass nach der ständigen höchstrichterlichen Rechtsprechung dienstliche Beurteilungen auch in einem Hauptsacheverfahren, das auf Aufhebung oder Abänderung der jeweiligen Beurteilung gerichtet ist, wegen des den Beurteilern zukommenden Beurteilungsspielraumes nur einer eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Die gerichtliche Prüfung hat sich dabei darauf zu beschränken, festzustellen, ob der Beurteiler von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, die anzuwendenden Begriffe oder den rechtlichen Rahmen, in dem er sich bewegen konnte, verkannt, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachfremde Erwägungen angestellt hat (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 5. September 2007 – 2 BvR 1855/07 –, NVwZ-RR 2008, 433; Kammerbeschluss vom 17. Februar 2017 – 2 BvR 1558/16 –, NVwZ 2017, 1133 [1134]; BVerwG, Urteile vom 26. Juni 1980 – 2 C 8.78 –, BVerwGE 60, 245 [246]; und vom 28. Januar 2016 – 2 A 1.14 –, NVwZ 2016, 1654). Daher sind auch in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren nicht sämtliche Rügen, die der in einer Beförderungskonkurrenz unterlegene Beamte gegen seine eigene oder die Beurteilung eines Mitbewerbers erhebt, in vollem Umfang nachzuprüfen.

50

c) Aus diesen Erwägungen folgt, dass es in einem derartigen verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ausschließlich dem Antragsteller obliegt, die von ihm behauptete Fehlerhaftigkeit der für die Auswahlentscheidung maßgeblichen eigenen oder „fremden“ dienstlichen Beurteilung im Einzelnen substantiiert zu belegen. Unterlässt er dies oder erweisen sich seine Einwände schon im verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren als nicht durchgreifend, so kann sein Antrag, der auf Verhinderung der Dienstpostenübertragung oder der Aushändigung der Ernennungsurkunde an den Auswahlsieger gerichtet ist, keinen Erfolg haben.

51

aa) Das gilt zunächst, wenn der unterlegene Bewerber um einen Beförderungsdienstposten oder eine höher bewertete Planstelle eine unzureichende oder fehlerhafte Tatsachengrundlage bei seiner eigenen Beurteilung oder derjenigen des Konkurrenten geltend macht. Bei einer solchen Rüge obliegt es ihm, diesen Vortrag mit nachprüfbaren Umständen zu belegen. So wie der Dienstherr bei der Anfechtung einer dienstlichen Beurteilung durch den Beurteilten nachvollziehbar darlegen muss, auf welcher Tatsachengrundlage der Beurteiler seine Bewertung der fachlichen Eignung und Leistung des zu beurteilenden Beamten getroffen hat, so hat derjenige Antragsteller, der die Rüge der fehlerhaften oder unvollständigen Tatsachengrundlage erhebt, hinreichende Anknüpfungstatsachen anzugeben, die dem Verwaltungsgericht die Prüfung erlauben, ob und in welchem Umfang die inzident angefochtene dienstliche Beurteilung des Beigeladenen tatsächlich auf einer tatsächlich oder rechtlich fehlerhaften Grundlage erstellt worden ist.

52

bb) Gleiches gilt aber auch, wenn sich der in einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren unterlegene Antragsteller in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren – wie hier – auf eine angebliche Unterschiedlichkeit in der Anwendung der zu beachtenden Beurteilungsmaßstäbe durch den oder die Beurteiler beruft. Hier hat eine „gestufte“ Überprüfung zu erfolgen.

53

aaa) Bei einer solchen Rüge ist zunächst von der in den Beurteilungsrichtlinien vorgegebenen Maßstabsbildung auszugehen. Wie bei allen Formalfehlern ist dies vom Verwaltungsgericht als offensichtlich vorliegende Fehlerquelle in vollem Umfang zu untersuchen. Ergibt diese Prüfung, dass die Beurteilungsrichtlinien einen mit den gesetzlichen Vorgaben und den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu vereinbarenden Beurteilungsmaßstab vorgeben, so ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob sich auch die Beurteilungspraxis an diesem Maßstab orientiert. Dies folgt aus dem verwaltungsgerichtlich anerkannten Grundsatz, wonach Beurteilungsrichtlinien nicht wie Rechtsnormen auszulegen sind, sondern als Willenserklärung der anordnenden Stelle unter Berücksichtigung der tatsächlichen Handhabung dasjenige Verständnis maßgeblich ist, das auch ihrer tatsächlichen Anwendung zugrunde liegt (vgl. BVerwG, Urteile vom 2. Februar 1995 – 2 C 19.94 –, ZBR 1995, 240; vom 2. März 1995 – 2 C 17.94 –, ZBR 1995, 238; und vom 10. April 1997
2 C 38.95 –, ZBR 1998, 46; stRspr). Deshalb kann der Dienstherr in seiner Verwaltungspraxis sogar vom eigentlichen Begriffsinhalt der Richtlinien abweichen, sofern diese Praxis einheitlich erfolgt und er zum Ausdruck gebracht hat, dass er die abweichende Handhabung duldet.

54

bbb) Für einen derartigen Anwendungsfehler im Beurteilungsmaßstab reicht jedoch die bloße Behauptung des Antragstellers in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, bei der Beurteilung eines beigeladenen Mitbewerbers läge eine von den Richtlinien abweichende, zu großzügige Beurteilungspraxis vor, nicht aus, um die begehrte einstweilige Anordnung zu erlassen. In diesem Fall sind vielmehr die Folgen, die einträten, wenn die beantragte Anordnung erginge und sich später die Rechtmäßigkeit der angelegten Beurteilungsmaßstäbe (und damit auch der angegriffenen Beurteilung) herausstellte, denjenigen Folgen gegenüberzustellen, die einträten, wenn die vorläufige Untersagung der Beförderung des Auswahlsiegers abgelehnt würde, sich aber im sich anschließenden Hauptsacheverfahren die Rechtswidrigkeit der Beurteilungsmaßstäbe und damit auch der angegriffenen Beurteilung herausstellte (vgl. zu diesem Maßstab bei einer Folgenabwägung im Eilverfahren BVerfG, Kammerbeschluss vom 17. August 2017– 1 BvR 1741/17 –, juris Rn. 13).

55

Die hierbei je nach Ausgang des Hauptsacheverfahrens eintretenden Rechtsfolgen unterscheiden sich erheblich. Stellt sich dort heraus, dass eine der im Konkurrenteneilverfahren nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO angegriffenen dienstlichen Beurteilungen rechtswidrig war, so kann der im Eilverfahren unterlegene Antragsteller, von den Fällen der Rechtsschutzvereitelung abgesehen (vgl. hierzu: BVerwG, Urteil vom 4. November 2010, BVerwGE 138, 102 ff.), wegen der dann regelmäßig ausgehändigten Ernennungsurkunde an den obsiegenden Beigeladenen und des Grundsatzes der Ämterstabilität im öffentlichen Dienst zwar nicht mehr befördert werden. Stattdessen hat er aber – bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen – einen Anspruch auf Gewährung von Schadenersatz wegen unterbliebener Beförderung. Damit sind für ihn sämtliche finanzielle Einbußen bis hin zur versorgungsrechtlichen Berücksichtigung der ihm im Eilverfahren zu Unrecht vorenthaltenen Beförderungsstelle kompensiert.

56

Gänzlich anders stellt sich die Situation dagegen für den in solchen Verfahren regelmäßig beizuladenden Auswahlsieger dar. Wird die von einem unterlegenen Bewerber beantragte einstweilige Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO erlassen, so kann der Beigeladene während des gesamten Zeitraums nach Erlass dieser Sicherungsanordnung nicht befördert werden. Erweist sich dann aber in einem späteren Hauptsacheverfahren die im Eilverfahren vom Antragsteller (als zu schlecht) in Zweifel gezogene eigene dienstliche Beurteilung oder die (als zu gut) angefochtene fremde Beurteilung des Beigeladenen doch als rechtmäßig, so hat der Beigeladene regelmäßig keine rechtliche Möglichkeit, seinen Vermögensschaden wegen der nicht erfolgten Beförderung im Wege des Schadenersatzes geltend zu machen.

57

Vom Antragsteller kann der Beigeladene regelmäßig keinen Schadenersatz verlangen, weil dieser in der Wahrnehmung berechtigter Interessen handelte. Gegenüber den im Eilverfahren beteiligten Verwaltungsgerichten steht ihm ein Schadenersatzanspruch nicht zu, weil von diesen wegen des sog. Spruchrichterprivilegs (§ 839 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch) Schadenersatz nur bei Vorliegen einer Straftat verlangt werden kann. Schließlich kann der Beigeladene auch gegenüber seinem Dienstherrn keinen Schadenersatz durchsetzen. Denn dieser beantragt während des Eilverfahrens regelmäßig, den Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Er ist deshalb bei einer dennoch erfolgenden Stattgabe des Eilantrags nicht verantwortlich für den durch die nicht erfolgte Beförderung beim Beigeladenen eingetretenen Vermögensschaden. Für den – sich gegebenenfalls über mehrere Jahre erstreckenden – Zeitraum des Hauptsachverfahrens muss der Beigeladene den dadurch eingetretenen Vermögensschaden kompensationslos hinnehmen. Im Extremfall kann er sogar wegen des sich über die Jahre hinziehenden Rechtsstreits die Versorgungswirksamkeit der ihm nach gewonnenem Hauptsacheverfahren zuerkannten Besoldung aus dem höheren Statusamt (vgl. § 12 Abs. 2 Landesbeamtenversorgungsgesetz Rheinland-Pfalz) verlieren. Möglicherweise kann er sogar wegen Erreichens der Regelaltersgrenze oder zwischenzeitlich eingetretener Dienstunfähigkeit überhaupt nicht mehr befördert werden. Auch diese – erhebliche – Folge wegen einer im Eilverfahren zu Unrecht als rechtswidrig angesehenen Beurteilung geht kompensationslos zu Lasten des Beigeladenen.

58

Diese Rechtsfolgenbetrachtung macht deutlich, dass wegen des erheblichen und gegebenenfalls sogar nicht mehr ausgleichsfähigen Vermögensschadens, den ein Beigeladener erleiden würde, wenn dem Eilantrag in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren allein wegen eines angeblichen Beurteilungsfehlers zu Unrecht stattgegeben wird, strenge Anforderungen an die Glaubhaftmachung der von einem Antragsteller geltend gemachten Beurteilungsfehler zu stellen sind (vgl. zum Vorstehenden: OVG RP, Beschlüsse vom 13. August 2015 – 2 B 10664/15.OVG –, AS 44, 30 [37 f.]; und vom 21. August 2017 – 2 B 11290/17.OVG –, juris). Dies macht eine besondere Plausibilitätsprüfung des Vortrags eines um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchenden Antragstellers erforderlich. Die bloße – gleichsam „ins Blaue hinein“ aufgestellte – Behauptung, bei den Beurteilungen eines Mitbewerbers sei von dessen Beurteiler ein großzügigerer und damit gegenüber der eigenen Beurteilung abweichender Beurteilungsmaßstab angelegt worden, genügt hierfür nicht. Der in einem beamtenrechtlichen Auswahlverfahren unterlegene Bewerber hat hierzu vielmehr im Einzelnen und nachprüfbar die Anknüpfungstatsachen anzugeben, aus denen sich ein Anwendungsfehler im Beurteilungsmaßstab ergeben könnte. Ist nach einem derart substantiierten Vortrag die Unterschiedlichkeit der Anwendung der nach den Beurteilungsrichtlinien einzuhaltenden Beurteilungsmaßstäbe zumindest möglich, so muss eine Beförderung des auf solcherart (möglicherweise) unterschiedlich angewandten Beurteilungsmaßstäben beurteilten Mitbewerbers vorläufig unterbleiben (OVG RP, Beschluss vom 21. August 2017, a.a.O.).

59

cc) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Vortrag des Antragstellers im vorliegenden Verfahren nicht geeignet, die Beförderung der Beigeladenen zu verhindern. Hierzu gibt er allein an, bei der Beigeladenen seien die Maßgaben bei der Umrechnung der alten Noten in das neue System abweichend von den „Handreichungen“ des Antragsgegners, die anlässlich mehrerer Beurteilerkonferenzen im Ministerium ausgegeben worden seien, nicht beachtet worden. Bei dieser Argumentation übersieht er, dass weder bei ihm noch im Fall der Beigeladenen eine „Umrechnung“ der alten Beurteilungsnote in eine neue Gesamtbeurteilung (unter Anwendung der neuen Notenskala) vorgenommen worden ist. Ein solches Vorgehen wäre auch bereits nach den eigenen Vorgaben des Antragsgegners unzulässig gewesen. Denn Nr. 11.3 BeurteilungsVV schreibt hierzu ausdrücklich vor, dass die Bezugnahme auf eine alte, nicht nach den Grundsätzen der Verwaltungsvorschrift vom 20. Juni 2016 erteilte Beurteilung nicht zulässig ist. Ein solches Vorgehen ist nach den Erkenntnissen des Senats auch in keinem Fall erfolgt.

60

Unabhängig von diesem formalen Aspekt würde eine „Fortschreibung“ früherer Beurteilungsergebnisse den Vorgaben der Richtlinie, wonach die Beamten – auch zur „Neujustierung“ des unter anderem wegen fehlender Differenzierung der bislang vergebenen Beurteilungsnoten als nicht mehr brauchbar angesehenen früheren Beurteilungssystems – unabhängig von früheren Beurteilungen und nur in Würdigung der im Beurteilungszeitraum gezeigten Leistungen beurteilt werden sollen, konterkarieren.

61

Die vom Antragsteller behauptete „Leistungsexplosion“ der Beigeladenen liegt mithin nicht vor. Davon abgesehen existiert kein Erfahrungssatz des Inhalts, ein einmal mit einer bestimmten Beurteilungsnote beurteilter Beamter müsse diese in seiner weiteren dienstlichen Laufbahn beibehalten. Begründet der Beurteiler eines Beamten eine höhere Gesamtnote mit einer im Beurteilungszeitraum gesteigerten Leistung, so ist eine solcherart zustande gekommene bessere Bewertung vielmehr bereits aus sich heraus nachvollziehbar. Derartige Begründungen sind im vorliegenden Fall allerdings zwanglos den Einzelbewertungen der Beigeladenen zu entnehmen, die nicht nur sechsmal besonders starke Ausprägungen, sondern sogar einmal die zweithöchste Bewertungsstufe („außergewöhnlich“) erhalten hat. Inhaltliche Rügen dahingehend, diese Einzelnoten seien zu Unrecht vergeben worden, enthält der Beschwerdevortrag des Antragstellers, dem derartige hohe Bewertungen sowohl in den Einzelmerkmalen als auch in der Gesamtheit der Einzelnoten nicht zuerkannt wurden, nicht.

62

3. Da die Beförderungsentscheidungen aus diesen Gründen bereits mit den Ergebnissen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber getroffen werden konnten, bedurfte es auch nicht, wie der Antragsteller unter Berufung auf seine früheren Beurteilungsergebnisse meint, des Rückgriffs auf ältere Beurteilungen oder der Heranziehung von Hilfskriterien.

63

4. Ob über die vorstehend abgehandelten Rügen des Antragstellers hinaus weitere Zweifel an der Rechtmäßigkeit des neuen Beurteilungssystems im Personalbereich der Beamten in der Justiz und im Justizvollzug bestehen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Antragsteller hat keine weiteren Gründe gegen die Rechtmäßigkeit des vom Antragsgegner seit dem 1. Juli 2016 angewendeten Beurteilungssystems vorgetragen. Eine Prüfung von mit einer Beschwerde nicht geltend gemachten Bedenken ist dem Senat indes nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO verwehrt. Das Beschwerdegericht ist in seiner Überprüfungskompetenz vielmehr auf die vom Antragsteller vorgetragenen Beschwerdegründe beschränkt. Es ist danach allein seine Sache, sämtliche Gründe darzutun, die gegen die angefochtene erstinstanzliche Entscheidung sprechen (vgl. VGH BW, Beschluss vom 19. November 2007 – 13 S 2355/07 –, NVwZ-RR 2008, 581 [582]; W.-R. Schenke, in: Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 146 Rn. 43; Guckelberger, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO, 4. Aufl. 2014, § 146 Rn. 115).

64

Der Beschränkung auf die vorgetragenen Gründe steht auch nicht entgegen, dass nach den vorstehenden Ausführungen ein beamtenrechtliches Konkurrenteneilverfahren die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Die Vorgaben des Gesetzgebers sind vielmehr unmissverständlich („Das Oberverwaltungsgericht prüft nur“). Auch eine Umdeutung im Wege einer – vorliegend ohnehin nicht veranlassten – verfassungskonformen Auslegung darf bei einem derart eindeutigen Wortlaut nicht dazu führen, dass das Gegenteil des vom Gesetzgeber erklärten objektiven Sinngehaltes eintritt.

65

Der Senat hält allerdings für künftige Beurteilungs- und Beförderungsverfahren einen Hinweis auf die neuere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erfordernis einer gesonderten Begründung des Gesamturteiles bei Beurteilungen im sog. Ankreuzverfahren für angebracht: Nach der nunmehr in mehreren Entscheidungen bekräftigten Auffassung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf in dienstlichen Beurteilungen das Gesamturteil im Unterschied zu den Einzelbewertungen in der Regel einer gesonderten Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird. Einer Begründung bedürfe es insbesondere dann, wenn die Beurteilungsrichtlinien für die Einzelbewertungen einerseits und für das Gesamturteil andererseits unterschiedliche Bewertungsskalen vorsehen (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 –2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48 [61]; Beschluss vom 21. Dezember 2016 – 2 VR 1.16 –, NVwZ 2017, 475; sowie Urteil vom 2. März 2017 – 2 C 21.16 –, juris).

66

Das Erfordernis einer Begründung des Gesamturteils kann allerdings auch nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dann entfallen, wenn – wie hier – bereits die der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegenden Beurteilungsrichtlinien hinreichend deutliche Aussagen zum Gewicht der Einzelbewertungen und zur Herleitung (Bildung) des Gesamturteils aus diesen Einzelbewertungen enthalten (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 2. März 2017– 2 C 51.16 –, juris Rn. 15).

67

Gleichwohl könnte es Anlass geben, bei künftigen Beförderungsentscheidungen die nach den Beurteilungsrichtlinien vorgesehene Begründungspflicht bei einer nach Nr. 6.7 Satz 6 BeurteilungsVV zugelassenen Abweichung des Punktwertes von den in Satz 4 vorgeschlagenen Prozentkorridoren auch für den Fall der Entsprechung des Punktwertes mit dieser Orientierungshilfe zu erstrecken. Dabei muss nicht zwingend eine (vom Richtliniengeber wohl nicht gewollte) umfangreiche textliche Begründung von Beurteilungsgrundlagen erfolgen. Denn auch nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 27.14 –, BVerwGE 153, 48 Rn. 36 f.). Danach würde hier schon eine kurze Begründung ausreichen. Dieser Verpflichtung zur Abgabe einer „ggf. kurzen“ Begründung (BVerwG, a.a.O.) dürfte schon dann entsprochen worden sein, wenn der Beurteiler bei Fertigstellung der dienstlichen Beurteilung darauf verweist, dass keine Veranlassung besteht, von dem sich aus den im Korridor liegenden Prozentwerten für die Ermittlung der Gesamtbeurteilungsnote nach Nr. 6.5 BeurteilungsVV abzuweisen. Dies hindert ihn freilich nicht, gleichwohl noch eine „ggf. kurze“ zusätzliche Begründung anzufügen. Das von ihm zu verwendende Beurteilungsformular lässt einen solchen Zusatz, auch zur Vermeidung einer „nur formelhaften“ Begründung, zu.

68

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Es entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, dem mit seinem Rechtsmittel unterlegenen Antragsteller zusätzlich die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Denn diese hat im Beschwerdeverfahren keine Anträge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

69

III. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 6 Gerichtskostengesetz – GKG –. Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 11 LBesO mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts mit einem höheren Endgrundgehalt betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 – 2 VR 5.12 –, S. 15 des Urteilsabdrucks [insofern in BVerwGE 145, 112 ff. nicht abgedruckt]; sowie Beschlüsse vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, BVerwGE 147, 20; und vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, IÖD 2015, 38 und juris, dort Rn. 43 [„in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren“]; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 – 2 B 11209/13.OVG –, AS 42, 108 [115 ff.]; OVG Nds, Beschlüsse vom 25. August 2014 – 5 ME 116/14 –, NVwZ-RR 2014, 941 und vom 1. Dezember 2016 – 5 ME 153/16 –, IÖD 2017, 26; VGH Mannheim, Beschluss vom 6. Dezember 2016 – 4 S 2078/16 –, IÖD 2017, 14; zur Bedeutung des Streitwertes in Konkurrenteneilverfahren vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, NJW 2016, 309).

70

IV. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 1. Juli 2016 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstands wird für das Beschwerdeverfahren auf 26.101,32 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

I. Dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Polizeihauptkommissare im Wasserschutzpolizeiamt zum Beförderungstermin am 18. Mai 2015 ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 12 Landesbesoldungsordnung – LBesO – sichern will, kann nicht stattgegeben werden. Dieser ist zwar als Antrag auf Erlass einer sog. Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO – i.V.m. § 920 Abs. 2 ZivilprozessordnungZPO – zulässig. Der Antragsteller kann insoweit auch einen Anordnungsgrund geltend machen. Denn nach erfolgter Aushändigung der Ernennungsurkunde an einen der beiden Auswahlsieger kann ihm wegen des Grundsatzes der Ämterstabilität und dem Fehlen einer weiteren Planstelle ein Beförderungsamt nicht mehr verliehen werden.

3

Dem Antrag bleibt gleichwohl der Erfolg versagt. Denn der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Die von ihm gegen dieses vorinstanzliche Ergebnis dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung seiner Beschwerde gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.

4

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet an keinem Verfahrensfehler und hält auch inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand. Der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Stellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz – GG –, Art. 19 Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV – und § 9 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG – niedergelegten Leistungsgrundsatz nicht zu Lasten des Antragstellers verletzt. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht zutreffend dargelegt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird deshalb gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist von daher lediglich ergänzend auszuführen:

5

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und § 9 BeamtStG haben Bewerber um eine Beförderungsstelle einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbung ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch). Zum Begriff der Eignung im Sinne der vorgenannten Vorschriften gehört auch die persönliche Eignung. Diese umfasst im engeren Sinne insbesondere Persönlichkeit und charakterliche Eigenschaften, die für ein bestimmtes Amt von Bedeutung sind (BVerfG, Beschlüsse vom 20. April 2004 – 1 BvR 838/01 –, BVerfGE 110, 304 [322] und vom 27. Mai 2013 – 2 BvR 462/13 –, juris Rn. 14; VerfGH RP, Beschluss vom 15. Juli 2015 – VGH B 19/15 –, ZBR 2016, 46 [47 f.]).

6

In der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist es seit langem anerkannt, dass es Zweifel an der persönlichen Eignung eines Beamten, der sich um ein höher bewertetes Statusamt bewirbt, wecken kann, wenn gegen diesen ein nicht von vornherein aussichtsloses Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Denn der Dienstherr würde sich in Widerspruch zu seinem eigenen Verhalten setzen, wenn er einen Beamten vor der abschließenden Klärung des disziplinarischen Vorwurfs beförderte oder in vergleichbarer Weise förderte und damit die Befähigung und Eignung des Betroffenen für eine höherwertige Verwendung oder Stelle bejahte, obwohl er zuvor mit der Einleitung disziplinarischer Ermittlungen zu erkennen gegeben hat, dass er Anlass sieht, die Amtsführung oder das persönliche Verhalten des Betreffenden in seinem bisherigen Status zu beanstanden (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Mai 1987 – 6 C 32.85 –, NVwZ-RR 1989, 32; Beschluss vom 24. September 1992 – 2 B 56.92 –, Buchholz 236.1 § 42 SG Nr. 1; OVG RP, Beschlüsse vom 3. Juli 1998 – 2 B 11487/98.OVG –; vom 11. Juli 2007 – 2 A 10691/07.OVG –; vom 3. September 2008 – 2 B 10824/08.OVG –; vom 12. September 2013 – 2 B 10837/13.OVG –; und [einen Richter betreffend] vom 27. Mai 2015 – 10 B 10295/15.OVG –; sowie OVG NRW, Beschluss vom 17. Juli 2008 – 1 B 267/08 –, juris).

7

Dies gilt selbst dann, wenn die Beförderungsurkunde bereits unterschrieben vorliegt (BVerwG, Beschluss vom 24. September 1992 – 2 B 56.92 –, a.a.O.). Hieraus ergeben sich in zeitlicher Hinsicht auch erhebliche Konsequenzen für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen eines Verfahrens nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Wendet sich ein Beamter, gegen den ein Disziplinarverfahren im Verlauf des Auswahlverfahrens eingeleitet worden ist, im Eilverfahren gegen seine Nichtberücksichtigung bei der Stellenvergabe, so ist hierfür der Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über die beantragte Sicherungsanordnung maßgeblich.

8

Bei dieser Eilentscheidung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegt die Herausnahme eines Beamten aus einem laufenden Beförderungsverfahren ohne weitere Berücksichtigung seiner fachlichen Befähigung, Leistung und Eignung allerdings einer verwaltungsgerichtlichen Missbrauchskontrolle. Ergeben sich durchgreifende Anhaltspunkte für die nicht von der Hand zu weisende Annahme, das Disziplinarverfahren sei von vornherein aussichtslos oder aus anderen als rein disziplinarrechtlichen Motiven eingeleitet worden, kann eine Sicherungsanordnung geboten sein, wenn auch sonst bei einer ordnungsgemäßen Auswahl eine Berücksichtigung des Antragstellers zumindest möglich erscheint.

9

Von einem solchem Ausnahmefall ist vorliegend indessen nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten nicht auszugehen. Vielmehr bestehen wegen der – vom Antragsteller dem Grunde nach eingeräumten bzw. nicht überzeugend als nur fahrlässig geschehen erklärten – Falscheintragung eines in Wirklichkeit nicht existierenden Schiffes in die Schiffskontrolldatei hinreichende Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Dienstvergehens.

10

Entgegen der Auffassung des Antragstellers stehen diesem Ergebnis die für den Fall einer Kürzung der Dienstbezüge oder einer Zurückstufung vorgesehenen Beförderungsverbote gemäß § 6 Abs. 2 bzw. § 7 Abs. 3 Landesdisziplinargesetz nicht entgegen. Denn diese gelten schon nach ihrem Wortlaut lediglich für die Zeit „nach“ Verhängung einer solchen Disziplinarmaßnahme. Sie können deshalb von vornherein keine andere Entscheidung in dem hier in Rede stehenden Zusammenhang rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24. September 1992 – 2 B 56.92 –, a.a.O.).

11

Ist nach alledem die Herausnahme des Antragstellers aus dem weiteren Beförderungsverfahren erkennbar rechtmäßig, so kommt es auf die weiteren Rügen des Antragstellers gegen seine – unabhängig vom eingeleiteten Disziplinarverfahren – nicht berücksichtigte Bewerbung aus fachlichen Gründen nicht an. Davon abgesehen bestehen aber auch insoweit erkennbar keine Fehler im Auswahlverfahren, das immerhin auf der Grundlage der besseren dienstlichen Beurteilungen der Beigeladenen zu deren Gunsten ausfiel. Die vom Antragsteller erstinstanzlich gegen die Ergebnisse seiner eigenen bzw. der dienstlichen Beurteilung(en) der Beigeladenen vorgetragenen Rügen sind nicht derart offensichtlich, dass aus ihnen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauslese im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG, Art. 19 LV und § 9 BeamtStG erkennbar wird (vgl. OVG RP, Beschluss vom 2. September 2015 – 2 B 10765/15.OVG –, juris; sowie Beschluss vom heutigen Tag im Verfahren 2 B 10677/16.OVG, der die hier in Rede stehende Bewerbergruppe betrifft).

12

Hinzu kommt, dass dem Antragsteller im Zusammenhang mit dem gegen ihn eingeleiteten Disziplinarverfahren die Dienstgruppenleitung entzogen wurde (so das Schreiben des Wasserschutzpolizeiamtes vom 1. Juli 2016). Da die Beförderungsstellen für Beförderungsämter nach Besoldungsgruppe A 12 LBesO jedoch nach dem Schreiben des Ministeriums des Innern und für Sport vom 1. Oktober 2014 einer Funktionsbindung unterliegen (vgl. Blatt 40 der Verwaltungsakte), fehlt dem Antragsteller nunmehr der für eine Berücksichtigung bei der Ämtervergabe erforderliche höherwertige Dienstposten. Da auch dieser Umstand zum Zeitpunkt des Ergehens der Beschwerdeentscheidung nach den oben dargestellten Grundsätzen zu berücksichtigen ist, kann er auch aus diesem Grund nicht die vorläufige Verhinderung der Beförderung der Beigeladenen verlangen.

13

Schließlich sind die Rügen des Antragstellers, der Antragsgegner habe seine Nichtberücksichtigung wegen des eingeleiteten Disziplinarverfahrens im Eilverfahren nicht ausdrücklich erklärt und das Verwaltungsgericht habe ihm das rechtliche Gehör entzogen, nicht zutreffend bzw. nicht beachtlich. Der Antragsgegner hat sowohl durch den Entzug der Leitungsfunktion als auch durch eindeutige Prozesserklärungen die Herausnahme des Antragstellers aus dem laufenden Beförderungsgeschehen wegen des disziplinarisch zu prüfenden Sachverhalts erklärt. Ob die Vorinstanz ihm vor Ergehen des angefochtenen Beschlusses nochmals Gelegenheit zu einer Stellungnahme zu dem letzten Schriftsatz des Antragsgegners hätte geben müssen, kann offen bleiben. Der Antragsteller konnte seine Sicht der Dinge jedenfalls in der Beschwerdeinstanz, in der eine vollständige Prüfung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erfolgt, vortragen. Damit wird ihm rechtliches Gehör gewährt.

14

II. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da diese keine Anträge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

15

III. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 6 Gerichtskostengesetz – GKG –. Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 12 LBesO mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts mit einem höheren Endgrundgehalt betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (vgl. BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 – 2 VR 5.12 –, S. 15 des Urteilsabdrucks [insofern in BVerwGE 145, 112 ff. nicht abgedruckt]; sowie Beschlüsse vom 20. Juni 2013 – 2 VR 1.13 –, BVerwGE 147, 20; und vom 19. Dezember 2014 – 2 VR 1.14 –, IÖD 2015, 38 und juris, dort Rn. 43 [„in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren“]; OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 – 2 B 11209/13.OVG –, IÖD 2014, 42; NdsOVG, Beschluss vom 25. August 2014 – 5 ME 116/14 –, NVwZ-RR 2014, 941; zur Bedeutung des Streitwertes in Konkurrenteneilverfahren vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 25. November 2015 – 2 BvR 1461/15 –, NJW 2016, 309 [40.000,00 € bei einer nach Besoldungsgruppe R 9 bewerteten Stelle]).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Gründe

I

1

Der Antragsteller ist Berufssoldat im Rang eines Fregattenkapitäns (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Besetzung des Dienstpostens des Sachgebietsleiters „... ...“ mit dem Beigeladenen, der das Amt eines Oberstleutnants (ebenfalls Besoldungsgruppe A 14) innehat.

2

Nachdem eine besoldungs- und vergütungsgruppengleiche Ausschreibung ergebnislos geblieben war, schrieb die Antragsgegnerin im Februar 2013 den mit A 15 bewerteten Dienstposten eines Sachgebietsleiters „... ...“ als förderlichen Dienstposten für die Statusgruppe der Soldaten aus. Im Anforderungsprofil wird ein wissenschaftlicher Hochschulabschluss aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften bzw. Naturwissenschaften/Mathematik oder eine vergleichbare Qualifikation verlangt. Außerdem werden u.a. Kenntnisse auf dem Gebiet der Sicherungstechnik sowie praxisbezogene Kenntnisse aus den Fachgebieten Bautechnik oder Akustik oder Optik oder Werkstofftechnik oder Elektronik vorausgesetzt sowie die Fähigkeit zum Führen von Mitarbeitern erwartet.

3

Auf die Ausschreibung bewarb sich der Antragsteller, der Diplom-Maschinenbauingenieur ist, und, auf Anregung der Antragsgegnerin, der Beigeladene, der Diplom-Informatiker ist.

4

Eine erstmalige Auswahlentscheidung im September 2013 wurde auf den Widerspruch des unberücksichtigt gebliebenen Antragstellers im Wege der Abhilfeentscheidung aufgehoben, weil die Auswahlerwägung, dem Antragsteller fehle die individuelle Förderperspektive, rechtswidrig gewesen sei.

5

Eine erneute Auswahlentscheidung im Januar 2014 fiel ebenfalls zugunsten des Beigeladenen aus: Beide Bewerber erfüllten die zwingenden Anforderungen des Anforderungsprofils. Den Leistungsvergleich könne der Beigeladene mit einem Gesamturteil der aktuellen Regelbeurteilung vom September 2013 von 6,50 gegenüber derjenigen des Antragstellers zum selben Zeitpunkt von 6,38 für sich entscheiden. Auch bei den relevanten Merkmalen „Führungsfähigkeit“ und „Zielerreichung“ habe der Beigeladene eine bessere (Einzel-)Note erreicht. Dem Antragsteller fehle die erforderliche fachliche Tiefe, weil er überwiegend nicht in fachlich-technischen Funktionen, sondern auswertend eingesetzt gewesen sei. Der Beigeladene hingegen habe umfassendes Fachwissen im Bereich der technischen Sicherheit sowie Erfahrungen als IT-Sicherheitsoffizier und als Sachgebietsleiter.

6

Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 17. Januar 2014 mit, dass die „förderliche Besetzung“ des Dienstpostens mit dem Beigeladenen zum 3. Februar 2014 geplant sei. Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt und die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.

7

Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung für rechtswidrig, weil der Beigeladene als Diplom-Informatiker für den Dienstposten nicht geeignet sei, denn er könne die in dem Anforderungsprofil der Stellenausschreibung geforderten Kenntnisse nicht haben; zumindest sei er - der Antragsteller - als Diplom-Mathematiker besser geeignet. Der Dienstposten setze keine IT-Spezialkenntnisse voraus, sondern technisches Ingenieurwissen. Die Einbeziehung von weiteren Bewerbern in die Auswahlentscheidung sei weder notwendig noch rechtmäßig gewesen. Im August 2013 hätte er - der Antragsteller - den Leistungsvergleich mit dem Beigeladenen noch für sich entschieden. Erst mit der neuen Beurteilungsrunde ergebe sich der leichte Vorsprung für den Beigeladenen, wobei unberücksichtigt bleibe, dass er - der Antragsteller - anders als der Beigeladene im Beurteilungszeitraum andere Aufgaben als zuvor wahrgenommen habe. Er habe Vorgesetztenfunktion schon auf der A 15-Ebene innegehabt, der Beigeladene nur auf der A 14-Ebene. Es fehle auch an der Angabe der Zahl der jeweils unterstellten Mitarbeiter.

8

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

der Antragsgegnerin im Wege einstweiliger Anordnung bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu untersagen, den Dienstposten Sachgebietsleiter „... ...“ mit dem Beigeladenen zu besetzen.

9

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

10

Sie verteidigt die Auswahlentscheidung. Beide Bewerber erfüllten die zwingenden Anforderungen des Anforderungsprofils. Das betreffe insbesondere den dort geforderten wissenschaftlichen Hochschulabschluss. Zwar sei das Studium der Informatik nicht ausdrücklich genannt; es sei aber inhaltlich aufgrund des hohen Anteils mathematischer Prüfungsfächer der Fächergruppe Naturwissenschaften/Mathematik zuzurechnen. Der Antragsteller könne insbesondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Sicherungstechnik und praxisbezogene Kenntnisse aus dem Fachgebiet Elektronik vorweisen. Im Rahmen des Leistungsvergleichs habe der Beigeladene einen Vorsprung in der Gesamtnote und in der besonders relevanten Einzelnote über die Führung von Mitarbeitern.

11

Der Beigeladene hat sich nicht geäußert und auch keinen Antrag gestellt.

12

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte sowie die dem Senat übersandten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II

13

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist unbegründet. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gibt es zwar einen Anordnungsgrund (1.), nicht aber einen Anordnungsanspruch (2.). Der Antragsteller hat nicht glaubhaft gemacht, dass durch die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens mit dem Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

14

1. Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

15

Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung für die Dienstpostenvergabe kann die Rechtsstellung des Antragstellers aus Art. 33 Abs. 2 GG beeinträchtigen, weil sie eine Vorauswahl für die Vergabe eines höheren Statusamts trifft.

16

Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Die Verbindlichkeit dieses verfassungsunmittelbar angeordneten Maßstabs gilt nicht nur für die unmittelbare Vergabe eines Amtes im statusrechtlichen Sinne, sondern auch für vorgelagerte Auswahlentscheidungen, durch die eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ämtervergabe vermittelt und die Auswahl für die Ämtervergabe damit vorweggenommen oder vorbestimmt wird.

17

Der von der Antragsgegnerin zur Neubesetzung ausgeschriebene und mit der Besoldungsgruppe A 15 bewertete Dienstposten des Sachgebietsleiters „... ...“ ist für den Antragsteller und den Beigeladenen, die beide ein Amt der Besoldungsgruppe A 14 bekleiden, ein höherwertiger Dienstposten. Dessen Übertragung schafft die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für eine spätere Beförderung (§ 22 Abs. 2 BBG). Die Übertragung des höherwertigen Dienstpostens soll unter den Bedingungen praktischer Tätigkeit die Prognose bestätigen, dass der Inhaber des Dienstpostens - besser als etwaige Mitbewerber - den Anforderungen des Beförderungsamtes genügen wird. Nur der erfolgreich Erprobte hat die Chance der Beförderung. Andere Interessenten, die bislang nicht auf einem höherwertigen Dienstposten erprobt worden sind, kommen für eine Beförderung aus laufbahnrechtlichen Gründen nicht in Betracht. Damit wird die Auswahl für Beförderungsämter vorverlagert auf die Auswahl unter den Bewerbern um „Beförderungsdienstposten“.

18

Diese Vorwirkung begründet in Fällen der Übertragung eines Beförderungsdienstpostens an einen Mitbewerber für den Unterlegenen einen Anordnungsgrund und führt dazu, dass das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in diesen Fällen grundsätzlich die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernimmt. Deshalb muss es den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden und darf nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben. Vielmehr ist verfassungsrechtlich eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl geboten, bei der die Anforderungen an einen Erfolg des unterlegenen Bewerbers nicht überspannt werden dürfen. Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs festgestellt, muss die Ernennung des ausgewählten Bewerbers bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 11 ff. <16> m.w.N.).

19

2. Dem Antragsteller steht aber ein Anordnungsanspruch nicht zu, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin für die Vergabe des Dienstpostens seinen Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt. Die Auswahlentscheidung beruht auf einem zulässigen Anforderungsprofil (a) und einem fehlerfreien Leistungsvergleich (b).

20

a) Auswahlentscheidungen sind grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sind und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amts und dessen Laufbahn gewachsen ist (aa). Eine Einengung des Bewerberfelds anhand der Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens ist hiermit nicht vereinbar (bb). Anderes gilt nur dann, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (cc). Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der in der Stellenausschreibung geforderten Qualifikation eines wissenschaftlichen Hochschulabschlusses aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften bzw. Naturwissenschaft/Mathematik vor. Entgegen der Auffassung des Antragstellers durfte die Antragsgegnerin den Beigeladenen in die Auswahlentscheidung einbeziehen (dd).

21

aa) Nach Art. 33 Abs. 2 GG dürfen öffentliche Ämter im statusrechtlichen Sinne nur nach Kriterien vergeben werden, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte oder Richter den Anforderungen seines Amts genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Art. 33 Abs. 2 GG gilt für Beförderungen unbeschränkt und vorbehaltlos; er enthält keine Einschränkungen, die die Bedeutung des Leistungsgrundsatzes relativieren. Diese inhaltlichen Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG für die Vergabe höherwertiger Ämter machen eine Bewerberauswahl notwendig. Der Dienstherr muss Bewerbungen von Beamten oder Richtern um das höherwertige Amt zulassen und darf das Amt nur demjenigen Bewerber verleihen, den er aufgrund eines den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG entsprechenden Leistungsvergleichs als den am besten geeigneten ausgewählt hat.

22

Der für die Bewerberauswahl maßgebende Leistungsvergleich ist anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen. Deren Eignung als Vergleichsgrundlage setzt voraus, dass sie inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das zu erwartende Leistungsvermögen in Bezug auf das angestrebte Amt auf der Grundlage der im innegehabten Amt erbrachten Leistungen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (stRspr; vgl. nur Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47, jeweils Rn. 46).

23

Der Inhalt dienstlicher Beurteilungen ist auf das Statusamt bezogen. Beurteilungen treffen eine Aussage, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen gewachsen ist, die mit den Aufgaben seines Amts und dessen Laufbahn verbunden sind. Sie tragen dem Umstand Rechnung, dass die Vergabe eines Statusamts nicht aufgrund der Anforderungen des Dienstpostens erfolgen soll, den der ausgewählte Bewerber nach der Vergabe des Statusamts oder vorher in einer Bewährungszeit wahrnehmen soll. Denn der ausgewählte Bewerber soll der am besten geeignete für jeden Dienstposten sein, der für einen Inhaber des höheren Statusamts amtsangemessen ist (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013 a.a.O. Rn. 19 ff. m.w.N.).

24

bb) Bei der Bestimmung des Anforderungsprofils ist der Dienstherr aber an die gesetzlichen Vorgaben gebunden und damit, soweit eine an Art. 33 Abs. 2 GG zu messende Dienstpostenvergabe in Rede steht, auch zur Einhaltung des Grundsatzes der Bestenauswahl verpflichtet. Hiermit ist eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines bestimmten Dienstpostens grundsätzlich nicht vereinbar.

25

Bezugspunkt der Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG ist nicht die Funktionsbeschreibung des konkreten Dienstpostens, sondern das angestrebte Statusamt. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter aufgrund seiner Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet sind (vgl. § 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG). Es kann grundsätzlich erwartet werden, dass der Beamte imstande ist, sich in die Aufgaben dieser Dienstposten einzuarbeiten (Beschluss vom 20. Juni 2013 a.a.O. Rn. 24 ff. <28> m.w.N.).

26

cc) Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann. Diese Voraussetzungen hat der Dienstherr darzulegen, sie unterliegen voller gerichtlicher Kontrolle.

27

Ob, in welchem Umfang und mit welchem Inhalt ein Anforderungsprofil Bindungswirkung entfaltet, muss durch eine entsprechend § 133 BGB am objektiven Empfängerhorizont potentieller Bewerber orientierte Auslegung ermittelt werden.

28

Dienstpostenbezogene Ausnahmeanforderungen können sich insbesondere aus dem Erfordernis bestimmter Fachausbildungen ergeben (vgl. zur Fächerkombination bei Lehrern Urteil vom 25. Februar 2010 - BVerwG 2 C 22.09 - BVerwGE 136, 140 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 45, jeweils Rn. 17). Je stärker die fachliche Ausdifferenzierung der Organisationseinheiten ist und je höher die Anforderungen an die Spezialisierung der dort eingesetzten Beamten sind, desto eher kann es erforderlich werden, im Interesse der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung besondere Qualifikationsanforderungen an die künftigen Stelleninhaber zu stellen. Bei technisch ausgerichteten Behörden etwa ist durchaus denkbar, dass die Aufgabenwahrnehmung bestimmter Dienstposten spezielle fachspezifische Vorkenntnisse erfordert (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 6. Februar 2012 - 10 B 11334/11 - DÖD 2012, 133 für einen Fachmann auf dem Gebiet Informationstechnik und Elektronik). Angesichts der in einer Laufbahn vereinigten unterschiedlichen Fachrichtungen mit der hierzu gehörenden Spezialisierung liegt aber auf der Hand, dass ein Dienstposten Eignungsanforderungen stellen kann, die nicht von jedem Laufbahnangehörigen erfüllt werden (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013 a.a.O. Rn. 31 ff. m.w.N.).

29

dd) Der im vorliegenden Fall in der Stellenausschreibung zwingend geforderte wissenschaftliche Hochschulabschluss aus der Fächergruppe der Ingenieurwissenschaften bzw. Naturwissenschaften/Mathematik entspricht diesen Anforderungen. Es ist ohne Weiteres nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin für die Leitung eines auf Technik bezogenen Sachgebiets (wie hier dem der „... ...“) etwa Beamte des nichttechnischen Verwaltungsdienstes nicht in vergleichbarer Weise für geeignet hält wie die ins Auge gefassten Ingenieure, Mathematiker und Naturwissenschaftler. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist der Beigeladene als Informatiker von diesem Anforderungsprofil erfasst, auch wenn Informatiker nicht ausdrücklich in der Stellenausschreibung genannt sind. Nach dem insoweit maßgebenden objektiven Empfängerhorizont waren von der Formulierung auch Informatiker zur Bewerbung aufgefordert. Das ergibt sich aus dem allgemeinen Sprachgebrauch und der Einordnung der Informatik in den Bereich von Mathematik und Ingenieurwissenschaft - die Informatik hat sich aus der Mathematik entwickelt und wegen ihrer Anwendungsorientierung auch starke Bezüge zu den Ingenieurwissenschaften. In einem normativen Kontext hat dieses Verständnis Niederschlag gefunden in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Bundeslaufbahnordnung vom 19. Juli 2013 (GMBl 2013 S. 848, 874), wonach im Rahmen der fachlichen Zuordnung der Studiengänge zu den neuen Laufbahnen im gehobenen und höheren Dienst die Informatik ein Unterfall der Mathematik und Naturwissenschaften ist (Anlage 2 zu §§ 7 und 8 Lfd. Nr. 397 und 410). Es ist mithin weder zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin auch Diplom-Informatiker als geeignet angesehen hat, die Anforderungen des ausgeschriebenen Dienstpostens zu erfüllen, noch dass sie den Beigeladenen als Diplom-Informatiker in die Auswahlentscheidung einbezogen hat.

30

Bezüglich der einzelnen Merkmale des Anforderungsprofils kann dahinstehen, ob diese in Gänze den unter 2. a) dargestellten Anforderungen entsprechen. Denn die Antragsgegnerin hat zutreffend angenommen, dass Antragsteller und Beigeladener diese Anforderungen erfüllen. Deshalb würde sich ein etwaiger Rechtsfehler nicht zugunsten des Antragstellers auswirken.

31

Insbesondere hat die Antragsgegnerin nachvollziehbar ausgeführt, dass auch ein Diplom-Informatiker die Anforderungen des Dienstpostens erfüllen kann. Nach den dargestellten Grundsätzen im Beschluss des Senats vom 20. Juni 2013 - BVerwG 2 VR 1.13 - (BVerwGE 147, 20 Rn. 24 ff.) ist vor dem Hintergrund des Laufbahnprinzips nicht die Ausweitung, sondern die Verengung des Bewerberfeldes mittels eines Anforderungsprofils rechtfertigungsbedürftig. Es liegt deshalb auf der Hand, dass die Antragsgegnerin zur Einbeziehung von Informatikern in die Bewerberauswahl möglicherweise sogar verpflichtet, in jedem Fall aber berechtigt war.

32

Auch ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin angenommen hat, dass der Beigeladene über die im Anforderungsprofil der Stellenausschreibung geforderten Kenntnisse auf dem Gebiet der Sicherungstechnik sowie praxisbezogene Kenntnisse aus dem Fachgebiet Elektronik verfügt. Sie hat diese Einschätzung mit der Herleitung dieser Kenntnisse aus der Tätigkeit des Beigeladenen als IT-Sicherheitsoffizier während seiner Verwendung im Luftwaffenführungskommando und den Erfahrungen aus Projektgruppen u.a. zur Zugangskontrolle, Lauschabwehr und IT-Sicherheit auch belegt.

33

Im Übrigen war die Antragsgegnerin entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gehindert, weitere Bewerber als den Antragsteller in die Auswahlentscheidung einzubeziehen. Die Verbreiterung des Bewerberfeldes entspricht dem Gedanken der Auswahl nach Leistungsgrundsätzen (Art. 33 Abs. 2 GG). Insoweit bildete auch die zwischenzeitlich auf den Widerspruch des Antragstellers erfolgte Aufhebung der Auswahlentscheidung keine Zäsur; abgesehen davon war der Beigeladene auch vorher schon in die Bewerberauswahl einbezogen.

34

b) Auch die der Auswahlentscheidung zugrunde liegenden Erwägungen zum Leistungsvergleich der Bewerber sind fehlerfrei.

35

aa) Der Leistungsvergleich der (nach einer zulässigen Vorauswahl verbliebenen) Bewerber muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden. Maßgebend ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil (Gesamtnote), das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist. Sind Bewerber mit dem gleichen Gesamturteil bewertet worden, muss der Dienstherr zunächst die Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe umfassend inhaltlich auswerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis nehmen.

36

Ergibt der Vergleich der Gesamturteile, dass mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen sind, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. Die Entscheidung des Dienstherrn, welches Gewicht er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch muss er die dienstlichen Beurteilungen heranziehen, um festzustellen, ob und inwieweit die einzelnen Bewerber mit gleichem Gesamturteil diese Anforderungen erfüllen. Weitere Erkenntnisquellen können nur ergänzend herangezogen werden.

37

Hat sich der Dienstherr vorab in der Stellenausschreibung durch die Vorgabe der beim künftigen Dienstposteninhaber erwünschten Kenntnisse und Fähigkeiten festgelegt, ist diese Entscheidung für das weitere Auswahlverfahren bindend. Der Dienstherr muss diesen Kriterien besondere Bedeutung zumessen, wenn die Bewerber im Wesentlichen gleich beurteilt sind. Aus der Stellenausschreibung muss sich ergeben, welche Anforderungen von allen Bewerbern zwingend erwartet werden, und welche Kriterien zwar nicht notwendig für eine Einbeziehung in das Auswahlverfahren sind, bei gleicher Eignung der Bewerber aber maßgeblich berücksichtigt werden (vgl. zum Ganzen: Beschluss vom 20. Juni 2013 a.a.O. Rn. 46 ff. <49> m.w.N.).

38

bb) Die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin genügt diesen Anforderungen.

39

Die Antragsgegnerin hat maßgebend auf die bessere Gesamtbeurteilung des Beigeladenen bei einem Vergleich der aktuellen, für den denselben Zeitraum erstellten dienstlichen Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen abgestellt. Hiernach ergibt sich ein - wenn auch geringer - Leistungsvorsprung des Beigeladenen gegenüber dem Antragsteller (Durchschnittsnote von 6,5 zu 6,38 bei den Leistungsmerkmalen). Auf dieser Basis durfte die Antragsgegnerin dem Beigeladenen den Vorzug vor dem Antragsteller geben, zumal dieser auch in im Anforderungsprofil genannten Merkmal der Fähigkeit zum Führen von Mitarbeitern die bessere Einzelnote (7 Punkte gegenüber 6 Punkte) erreicht hatte.

40

Ob - wie der Antragsteller meint - er vor der Erstellung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen den Leistungsvergleich für sich entschieden hätte, kann dahinstehen, da der Leistungsvergleich - wie dargelegt - stets den in den letzten dienstlichen Beurteilungen bewerteten aktuellen Leistungsstand der Bewerber in den Blick zu nehmen hat. Soweit der Antragsteller einen Nachteil für sich darin sieht, dass er anders als der Beigeladene im Beurteilungszeitraum das Aufgabengebiet gewechselt habe und die Einarbeitungsphase zu einer Verschlechterung seines Leistungsbildes geführt habe, kann er auch damit nicht durchdringen. Zum einen ist diese Einschätzung spekulativ; zum anderen war der Antragsteller von Beginn seiner neuen Aufgabe Anfang Dezember 2011 bis zur Erstellung der Beurteilung Ende Juni 2013 über eineinhalb Jahre mit den neuen Aufgaben betraut, sodass die Einarbeitungsphase nicht bestimmend für das Leistungsbild gewesen sein dürfte. Auf welcher Ebene und gegenüber wie vielen Mitarbeitern die Vorgesetztenfunktion vom Antragsteller und vom Beigeladenen wahrgenommen worden ist, ist entgegen der Ansicht des Antragstellers unerheblich. Die Leistungen beider Bewerber waren am Maßstab ihres Statusamtes (jeweils A 14) zu beurteilen. Hiernach ergibt sich der erwähnte Vorsprung des Beigeladenen von einem Punkt, ohne dass dieser durch Unterschiede in der konkreten Aufgabenwahrnehmung relativiert oder aufgehoben würde.

41

Letztlich hat sich die Antragsgegnerin bei der Auswahl zwischen zwei für den Dienstposten geeigneten guten Bewerbern für den nach der Beurteilungslage etwas besseren Bewerber entschieden. Ein Anordnungsanspruch des unterlegenen Bewerbers besteht bei dieser Sachlage nicht.

42

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber billigerweise auch keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

43

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 4 i.V.m. Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 und 3 GKG).


Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 8. Juli 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten jeweils selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 22.195,62 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Justizoberinspektor (Besoldungsgruppe A 10 Landesbesoldungsordnung - LBesO -) und im Amtsgericht T. im Bereich der Rechtspflege eingesetzt. Er bewarb sich zusammen mit 53 anderen Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern im Bezirk des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz auf eine der in den Justizblättern Nr. 12 vom 16. Dezember 2013 und Nr. 2 vom 10. Februar 2014 für diesen Personalführungsbereich zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 ausgeschriebenen Beförderungsstellen nach Besoldungsgruppe A 11 LBesO (Justizamtfrau bzw. Justizamtmann).

2

Bei den zu diesem Termin vorgesehenen Beförderungen von Justizoberinspektoren ging der Antragsgegner im – insofern gemeinsam geführten – Personalbereich des Oberlandesgerichts Koblenz und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz (künftig zur einfacheren Darstellung nur: „OLG Koblenz“) nach folgendem Auswahlsystem vor: Zunächst wurde im gemeinsamen Besetzungsvermerk (künftig nur: „Besetzungsvermerk“) vom 1. April 2014 die Anzahl der ausgeschriebenen Beförderungsstellen angegeben. Zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 waren es für Beamte in der Besoldungsgruppe A 10 LBesO insgesamt 10,75 Stellen. Da sämtliche Beamte im dritten Einstiegsamt auf gebündelten Dienstposten eingesetzt sind, werden die Beförderungsstellen den erfolgreichen Bewerbern seit Jahren auf ihren jeweiligen Dienstposten zugewiesen (sog. Topfwirtschaft mit „fliegenden“ Stellen).

3

Die sich hieran anschließende Auswahl der Bewerber für die Vergabe der Beförderungsstellen erfolgte ausweislich des Besetzungsvermerks in mehreren Schritten. Zunächst wurden diejenigen Rechtspfleger, die eine vierjährige Stehzeit im aktuellen Statusamt aufweisen konnten (dies traf auf alle Bewerber zu), anhand ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilungen miteinander verglichen. Dabei lag der Anteil der Bewerber, die aktuell in ihren dienstlichen Beurteilungen schon die Note der Gesamtbeurteilung „Übertrifft die Anforderungen“ (dies ist die dritthöchste Bewertungsstufe innerhalb des sechsstufigen Notensystems des Antragsgegners im Bereich der Justiz) aufzuweisen hatten, bei vier Beamten. Diese Beamten erhielten je eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 LBesO.

4

Die verbleibenden 6,75 der zur Beförderung ausgeschriebenen Stellen konnten ausweislich des Besetzungsvermerks nicht mehr anhand der Gesamturteile der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der verbleibenden Bewerber getroffen werden. Denn es zeigte sich, dass 37 der Bewerber von ihren Beurteilern nicht nur die gleiche Gesamtbewertung, sondern auch identische Zwischennoten („4.1“ – dies ist der obere Bereich der Notenstufe „Entspricht voll den Anforderungen“) erhalten hatten.

5

Nachdem deshalb anhand der Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber die Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden konnten, gaben für diese 6,75 der insgesamt ausgeschriebenen 10,75 Beförderungsstellen die sog. Hilfskriterien den Ausschlag. Dabei nahm der Antragsgegner zunächst die Schwierigkeit des „der dienstlichen Beurteilung zugrunde liegenden Dienstpostens“ der Bewerber in den Blick. Hier sah er nach der von ihm angegebenen „langjährigen Verwaltungspraxis“ die Dienstposten der in der Verwaltung eingesetzten Rechtspfleger als schwieriger an und vergab an drei der in diesem Bereich eingesetzten Beamten entsprechende Beförderungsstellen, weil diese „zunächst“ zu berücksichtigen seien (S. 10 f. des Besetzungsvermerks).

6

Bei der Vergabe der jetzt noch verbleibenden 3,75 Stellen ging der Antragsgegner zum einen von der Einheitlichkeit der Dienstposten der in der Rechtspflege eingesetzten Beamten aus und stellte zum anderen auf die größere Verwendungsbreite und das weitergehende zusätzliche Engagement der Bewerber ab. Die einzelnen Tätigkeiten, die vom Antragsgegner als „größere Verwendungsbreite“ bzw. als „weitergehendes zusätzliches Engagement“ angesehen wurden, sind auf S. 11 bis 15 des Besetzungsvermerks dargestellt.

7

Der Antragsteller, der in seiner letzten dienstlichen Beurteilung eine abschließende Bewertung im oberen Bereich der Notenstufe „Entspricht den Anforderungen“ (4.1) erzielt hatte, wurde nicht ausgewählt, weil er weder in der Justizverwaltung eingesetzt war noch über eine größere Verwendungsbreite bzw. ein weitergehendes zusätzliches Engagement verfüge. Nachdem ihm die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Beförderungsstellen vom Präsidenten des OLG Koblenz mitgeteilt worden war, stellte er einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag mit Beschluss vom 8. Juli 2014 statt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er hält seine Auswahlentscheidung, auch unter Berufung auf sein Organisationsermessen, für rechtmäßig.

II.

8

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

9

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Justizoberinspektoren im Bezirk des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 11 LBesO zu sichern sucht, zu Recht stattgegeben. Denn der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

10

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen hält der rechtlichen Überprüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht stand. Nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten hat der Antragsgegner bei seiner Entscheidung über die Vergabe der im Bezirk des Oberlandesgerichts Koblenz insoweit zur Verfügung stehenden 10,75 Beförderungsstellen den verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG - und Art. 19 Landesverfassung sowie einfachgesetzlich in § 9 Beamtenstatusgesetz und § 2 Abs. 1 Laufbahnverordnung niedergelegten Leistungsgrundsatz zu Lasten des Antragstellers verletzt (1.). Darüber hinaus ist es zumindest möglich, dass ihm bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug gegenüber einigen der Beigeladenen zu geben ist (2.).

11

1. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Geltung dieses sog. Bestenauslesegrundsatzes wird durch diese Vorschrift unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Zwar dient die Vorschrift in erster Linie dem Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen damit gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG aber auch dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung, indem er ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl gewährt (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, ZBR 2012, 252; BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237; vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 und vom 30. Juni 2011- 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83; stRspr).

12

Danach haben Beamte einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen um ein Beförderungsamt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Der Inhalt des Art. 33 Abs. 2 GG wird mit der Bezeichnung „Leistungsgrundsatz“ jedoch nicht erschöpfend erfasst. Neben dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter und dem Bewerbungsverfahrensanspruch der betroffenen Beamten ist das Prinzip der Bestenauslese zugleich eine spezielle Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 3. Auflage 2014, Teil B. I. [Das Prinzip der Bestenauslese] Rn. 78).

13

Hiervon ausgehend enthält Art. 33 Abs. 2 GG nach mittlerweile gefestigter verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine Einschränkungen, die den Geltungsbereich des Leistungsgrundsatzes relativieren. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können deshalb – als immanente Grundrechtsschranke – bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht, also nur um den optimierenden Ausgleich mit anderen von der Verfassung geschützten Interessen, bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 -, juris; vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 -, ZBR 2008, 162; vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746; vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191 und vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 -, ZBR 2013, 346; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147 und vom 17. August 2005 - 2 C 36.04 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, AS 42, 43 [51]). Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben ist das vom Antragsgegner im Bezirk des OLG Koblenz praktizierte Beförderungssystem für die dort eingesetzten Beamten des dritten Einstiegsamtes (früher: gehobener Justizdienst) nicht vereinbar.

14

Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Verteilung der dem OLG Koblenz vom Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verfügung gestellten Beförderungsstellen auf die jeweiligen Dienstposten mit den Mitteln der sog. Topfwirtschaft (a). Auch die vom Antragsgegner nach seinem Beförderungskonzept von den potentiellen Bewerbern verlangte Bewährungszeit von vier Jahren im aktuellen Statusamt beeinträchtigt die betroffenen Justizoberinspektoren nicht in ihrem Recht auf ein angemessenes berufliches Fortkommen (b). Gleiches gilt für die in einem zweiten Schritt erfolgte Prüfung des Gesamturteils in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen (c). Fehlerhaft wurde hingegen die anschließend infolge des Beurteilungsgleichstandes von 37 mit gleichem Gesamtergebnis beurteilten Bewerbern notwendig gewordene Auswertung der in den dienstlichen Beurteilungen vorhandenen Einzelaussagen, die sog. Einzelexegese (auch als „ausschärfende Betrachtung“ bezeichnet) unterlassen. Die stattdessen unter Zuhilfenahme der Hilfskriterien der „größeren Verwendungsbreite“ und des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ erfolgte Auswahl des überwiegenden Teils der Bewerber ist mit geltenden verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben deshalb nicht vereinbar (d).

15

a) Die Zuordnung der von den Bewerbern wahrgenommenen Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen (sog. gebündelte Dienstposten; zu dieser Problematik ausführlich: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83) hält der Senat nach wie vor für unbedenklich (vgl. bereits Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12.OVG -, ESOVGRP und juris). Dies gilt umso mehr, als der Landesgesetzgeber zwischenzeitlich mit § 21 Satz 2 Landesbesoldungsgesetz in der Fassung des Landesgesetzes zur Reform des finanziellen öffentlichen Dienstrechts vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157) eine Zuordnung von Funktionen (Dienstposten) zu mehreren Statusämtern ausdrücklich zugelassen hat. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der landesrechtlichen Regelung (insoweit auch offen gelassen von BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 -, ZBR 2013, 346) bestehen im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht.

16

b) Ohne Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz hat der Antragsgegner in seinem Besetzungsvermerk vom 1. April 2014 als erste Beförderungsvoraussetzung die Erfüllung einer Bewährungszeit von vier Jahren (sog. Stehzeit) gefordert. Dies ist rechtlich unbedenklich, da eine solche Mindestwartezeit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147) und derjenigen des Senats (Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 11084/08.OVG -, ESOVGRP) unter bestimmten Voraussetzungen – die hier erfüllt sind – gefordert werden darf. Mit vier Jahren ist die Stehzeit auch nicht so lang bemessen, dass die betroffenen Beamten, die kein derartiges allgemeines Dienstalter in der Besoldungsgruppe A 10 LBesO aufweisen können, in ihrem Recht auf angemessenes berufliches Fortkommen beeinträchtigt werden. Denn dieser Zeitraum entspricht dem Regelbeurteilungszeitraum (vgl. Nr. 1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 4. Juni 2007, JBl. S. 279 - BeurteilungsVV -), der insoweit als maximal zulässige Stehzeit herangezogen werden darf (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004, a.a.O.).

17

c) Die weitere Auswahl der Bewerber erfolgte ausweislich des Besetzungsvermerks zunächst anhand der Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen. Danach zog der Antragsgegner von den die Bewährungszeit erfüllenden 37 Kandidaten auf der Grundlage ihrer schon erreichten Gesamtnote „Übertrifft die Anforderungen (3.3)“ insgesamt vier Beamte in die engere Wahl um die 10,75 Beförderungsstellen. Diese Verfahrensweise ist bei 54 Bewerbern aus der Besoldungsgruppe A 10 LBesO nicht zu beanstanden, weil sie das Leistungsbild dieser Beamten hinreichend berücksichtigt.

18

Das Verwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf abgestellt, dass die Beförderungsentscheidung nicht schon deshalb fehlerhaft ist, weil nach den Gesamtnoten keine ausreichend differenzierten dienstlichen Beurteilungen vorliegen (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 5. November 2012 - 2 B 10778/12.OVG -, NVwZ-RR 2013, 225). Zwar wird ein großer Teil der nach der Erfüllung der Stehzeit im aktuellen Statusamt verbleibenden 37 Kandidaten tatsächlich mit der gleichen Gesamtnote beurteilt („Entspricht voll den Anforderungen“). Diese – im Vergleich zu anderen Beförderungssystemen im öffentlichen Dienst außergewöhnliche – Häufung derselben Gesamtnote innerhalb eines Bewerberfelds ist hier jedoch aus zwei Gründen unbedenklich:

19

aa) Zum einen kommt nach der dem Senat bekannten Verwaltungspraxis im gesamten Bereich der rheinland-pfälzischen Justiz, vor allem bei Beamten des mittleren und gehobenen Justizdienstes, den nach Nr. 6.1.1 BeurteilungsVV zulässigen und auch stets vergebenen Zwischennoten mittlerweile bei einer Beförderungsauswahl der Charakter einer eigenständigen Note zu. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Beförderungs- und Beurteilungsstreitverfahren im Bereich der Justiz auch bekannt, dass sich die „Spreizung“ der vergebenen Noten in der Regel auf zwei Noten und dort auf nur wenige Zwischennoten beschränkt. So entstehen Bewerberfelder, in denen sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – der weit überwiegende Teil der Beurteilungsergebnisse (wie hier) allenfalls um eine oder zwei Zwischennoten unterscheidet. Bei einem derart dicht gedrängten Konkurrentenfeld sind die Bewerber aus den genannten Laufbahnen deshalb bereits dann nicht mehr „im Wesentlichen gleich beurteilt“ im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wenn sich die Gesamtergebnisse ihrer Beurteilungen nur um eine Zwischennote unterscheiden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 10. September 2013 - 2 B 10781/13.OVG -, ZBR 2014, 57).

20

bb) Zum anderen traf der Antragsgegner seine Beförderungsauswahl – in rechtlich unbedenklicher Weise – jedenfalls bei vier Bewerbern auf der Grundlage der Gesamtergebnisse ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilungen (vgl. den Besetzungsvermerk vom 1. April 2014, S. 6). Auch schied ein erheblicher Anteil der Bewerber, nämlich diejenigen Kandidaten, die eine schlechtere aktuelle dienstliche Beurteilung als die Notenstufe „Entspricht voll den Anforderungen (4.1)“ aufzuweisen hatten, aus der weiteren vergleichenden Auswahlbetrachtung aus. Hierdurch unterscheidet sich die vorliegende Beförderungskonkurrenz erheblich von dem im Senatsbeschluss vom 5. November 2012 (a.a.O.) dargestellten Sachverhalt, der von einem Auswahlverfahren geprägt war, in dem der überwiegende Teil der Bewerber in ihren letzten und vorletzten Beurteilungen gleiche Gesamt- und Zwischennoten aufzuweisen hatten und anschließend praktisch sämtliche Beförderungsentscheidungen auf der Grundlage des leistungsfernen Hilfskriteriums „Datum der Laufbahnprüfung“ gefällt wurden.

21

d) Nicht mit dem Leistungsgrundsatz in Übereinstimmung gebracht werden kann dagegen die nach dem Besetzungsvermerk bei dem vorliegenden Gleichstand von 37 Beamten unmittelbar, das heißt ohne die zuvor durchzuführende inhaltliche Auswertung der Einzelaussagen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen dieser Bewerber bzw. einer vergleichenden Betrachtung ihrer älteren Beurteilungen, erfolgte Heranziehung der Hilfskriterien der „Wahrnehmung eines schwierigeren Dienstpostens“, der „größeren Verwendungsbreite“ und des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ (vgl. S. 10 und 11 des Besetzungsvermerks), die bei 6,75 von insgesamt 10,75 Beförderungsstellen und somit für den überwiegenden Teil der Beförderungsentscheidungen ausschlaggebend wurden.

22

aa) Soweit es um das Hilfskriterium der „Wahrnehmung eines schwierigeren Dienstpostens“ geht, so ist dieses schon deshalb nicht zulässig, weil die vorrangige und ausschließlich mit einer angeblich bestehenden „Verwaltungspraxis“ begründete Vergabe an diejenigen Beamten, die in der Justizverwaltung tätig sind, mit dem Grundsatz der Bestenauslese nicht vereinbar ist. Diese Beamten werden vielmehr allein deshalb bevorzugt, weil ihnen zuvor ein entsprechender – vom Antragsgegner stets als höherwertig angesehener – Dienstposten übertragen worden ist. In welcher Güte der Dienstposteninhaber seine Aufgaben auf diesem Dienstposten wahrgenommen hat, ist bei einem solchen Auswahlsystem dagegen ohne Bedeutung. Das steht mit dem Leistungsgrundsatz nicht in Einklang.

23

Zwar sind bei der Erstellung dienstlicher Beurteilungen stets die Aufgaben und Anforderungen des jeweiligen Dienstpostens in den Blick zu nehmen, weil nur so geprüft und bewertet werden kann, ob der Beamte die an ihn gestellten Anforderungen erfüllt. Bezugspunkt der Beurteilung bleibt aber der Vergleich mit den anderen Mitarbeitern derselben Besoldungsgruppe. Mit dieser Anknüpfung an das Statusamt sollen die im Wesentlichen identischen Leistungsanforderungen den Maßstab bestimmen, anhand dessen die Arbeitsqualität und die Arbeitsquantität einzustufen sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356). Weist ein Dienstposten hierbei Besonderheiten auf, die die typischerweise in der Vergleichsgruppe desselben Statusamts anzutreffenden Anforderungen übersteigen, so ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen. Das besondere Aufgabenprofil und die insoweit gezeigten Leistungen können bei der Beurteilung berücksichtigt werden. Eine zusätzliche Berücksichtigung dergestalt, dass die bereits in Ansehung der besonderen Aufgaben eines Dienstpostens vergebene Note gegenüber einem anderen Bewerber derselben Vergleichsgruppe, dessen Dienstposten diese Besonderheiten nicht aufweist, noch einmal „aufgewertet“ wird, ist deshalb nicht zulässig. Sie widerspricht dem mit dem Bezugspunkt Statusamt vorgegebenen Vergleichsmaßstab der Beurteilung (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, BVerwGE 147, 20).

24

Die Einstufung des Dienstpostens, den der Beamte im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung innehat, stellt somit kein leistungsbezogenes Auswahlkriterium dar. Zwar sind bei der Beurteilung des Leistungsvermögens eines Beamten und seiner voraussichtlichen Bewährung in einem höheren Amt die Anforderungen in den Blick zu nehmen, die sein Dienstposten stellt. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass Inhaber höherwertiger Dienstposten leistungsstärker sind als Inhaber niedriger bewerteter Dienstposten. Die unterschiedliche Einstufung der Dienstposten von Bewerbern rechtfertigt nicht, von einem Leistungsvergleich zwischen ihnen abzusehen. Demzufolge steht die Beförderung des Inhabers eines höherwertigen Dienstpostens ohne Bewerberauswahl allenfalls dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn der Beförderungsdienstposten seinerseits aufgrund einer Bewerberauswahl in Anwendung des Leistungsgrundsatzes vergeben worden ist. Nur wenn den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG bereits bei der Besetzung des Dienstpostens genügt worden ist, kann der ausgewählte Beamte nach erfolgreichem Abschluss einer Bewährungszeit ohne nochmalige Bewerberauswahl befördert werden (BVerwG, Urteile vom 16. August 2001 - 2 A 3.00 -, BVerwGE 115, 58 und vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99).

25

Die Vergabe der Beförderungsämter nach leistungsbezogenen Kriterien hätte die Funktionsfähigkeit der Rechtspflege auch nicht gefährdet. Eine solche Gefahrenlage hätte vorausgesetzt, dass die Wahrnehmung der durch Rechtspfleger auszufüllenden Aufgaben nicht mehr sichergestellt gewesen wäre (vgl. hierzu wiederum: BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, a.a.O.). Für eine solche Sachlage ergeben sich vorliegend jedoch keine Anhaltspunkte.

26

Hinzu kommt: In einem Personalbewirtschaftungssystem im Wege der sog. Topfwirtschaft ist es nicht zulässig, Beförderungsstellen durch eine Dienstpostenvergabe quasi vorzusteuern. Ein solches Vorgehen ist nur dann zulässig, wenn diese Dienstposten zuvor ausgeschrieben und auch in einem nach Leistungsgrundsätzen entschiedenen Auswahlverfahren vergeben worden sind. Das wird vom Antragsgegner nicht vorgetragen und ist auch sonst nicht ersichtlich.

27

Der Antragsgegner kann sich insofern auch nicht mit Erfolg auf den Beschluss des Senats vom 5. November 2012 (a. a. O.) berufen. Die dort aufgeführte Möglichkeit, auch die Schwierigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens heranzuziehen, bezog sich ausdrücklich nur auf die damalige Wiederholung des Auswahlvorgangs. Diese war aber durch eine Situation vorgeprägt, in der über mehrere Jahre hinweg nicht hinreichend differenzierte Beurteilungen erstellt worden sind. Hiervon unterscheidet sich, wie vorstehend unter dem Gliederungspunkt 1. c) bb) dargelegt, das jetzt zur Bewertung anstehende Konkurrentenstreitverfahren. Hinzu kommt, dass in der dortigen Entscheidung unmissverständlich ausgeführt wurde, dass zunächst die dienstlichen Beurteilungen entweder auszuwerten oder aber die bei allen Bewerbern vorhandenen älteren Beurteilungen heranzuziehen sind.

28

Für den Antragsgegner war aufgrund der zuvor ergangenen ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und Bundesverwaltungsgerichts auch erkennbar, dass ein Konzept, durch das die Inhaber höherwertiger Dienstposten vorrangig befördert werden können, im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG rechtlich nicht vertretbar war (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 1981 - 2 BvR 570/76 u.a. - BVerfGE 56, 146; Kammerbeschluss vom 2. April 1996 - 2 BvR 169/93 - NVwZ 1997, 54; BVerwG, Urteile vom 25. August 1988, a.a.O. und vom 25. April 1996 - 2 C 21.95 - BVerwGE 101, 112; Beschluss vom 10. November 1993 - 2 ER 301.93 -, DVBl 1994, 118, sowie Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, a.a.O.).

29

bb) Auch die weitere Heranziehung der Hilfskriterien der größeren Verwendungsbreite sowie des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ ist nach der Rechtsprechung erst zulässig, wenn sich auf der Grundlage der Ergebnisse der aktuellen Beurteilungen, ggf. unter Auswertung der dort enthaltenen Aussagen zum Leistungs- und Befähigungspotential der Beamten kein Leistungs- und/oder Eignungsvorsprung feststellen lässt, was hier aber möglich ist (1). Zum anderen darf derartigen Hilfskriterien nach der Ausgestaltung von Auswahlgrundsätzen in der Verwaltungspraxis bei Beförderungen von Beamten nicht die ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Denn damit würden derartige Kriterien zu „Hauptkriterien“ für Beförderungsentscheidungen (2). Schließlich widerspricht ein solches Vorgehen dem auch bei beamtenrechtlichen Auswahlentscheidungen zu beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatz (3).

30

(1) Eine inhaltliche Auswertung im Wege der Einzelexegese der Beurteilungsgrundlagen ist im Bereich des dritten Einstiegsamtes möglich und dem Antragsgegner auch zumutbar. Die gegen dieses, schon von der Vorinstanz mit ausführlichen und zutreffenden Erwägungen herausgearbeitete, Ergebnis erhobenen Einwände der Beschwerde überzeugen nicht.

31

(a) Die nach Auffassung des Antragsgegners für eine Einzelexegese zu hohe Anzahl der Beurteiler (angegeben werden insofern bis zu 41 Amtsgerichtsdirektoren, Landgerichtspräsidenten und Leitungsbeamte der Staatsanwaltschaft) rechtfertigt die vollständig unterbliebene Auswertung der in den dienstlichen Beurteilungen vorhandenen Einzelaussagen nicht. Dass dienstliche Beurteilungen von verschiedenen Personen verfasst werden, ist kein Spezifikum im Bereich des OLG Koblenz; es ist vielmehr der „Normalfall“ bei Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst (vgl. nochmals OVG RP, Beschluss vom 5. November 2012, a.a.O.). Würde allein wegen einer Mehrzahl von Beurteilern der mit einer Beförderungsentscheidung beauftragte Amtswalter von der Berücksichtigung der Aussagen zur Leistung und Eignung der Bewerber befreit, so verlören die Beurteilungen nicht nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig den wesentlichen Grund für ihre Erstellung. Denn dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung der Verfassungs- und Verwaltungsgerichte das entscheidende Auswahlinstrument für am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgerichtete Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst. Allein durch die Anzahl der bei einer solchen Beförderungskampagne vorliegenden Beurteilungen verschiedener Beurteiler ändert sich an diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben zunächst einmal nichts. Die Anforderungen an die Aus- und Bewertung der für eine Beförderungsentscheidung verantwortlichen Leistungsnachweise in Form der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen dürfen allein wegen dieses „quantitativen“ und „diversifizierenden“ Aspektes nicht hinter dem bei der Besetzung einer einzelnen Beförderungsstelle anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstab zurückbleiben. Maßgeblich hierfür sind folgende Erwägungen:

32

Infolge des seit mehreren Jahren stetig zurückgehenden Anteils höher bewerteter Stellen ist es im öffentlichen Dienst insgesamt und so auch im Bereich der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz nicht mehr ungewöhnlich, wenn sich auf eine ausgeschriebene höher bewertete Stelle nicht nur ein oder zwei Bewerber, sondern erheblich mehr Beamte bewerben. So kann ein Verhältnis von einer Beförderungsstelle zu zehn Bewerbern nach den Erfahrungen des Senats zwischenzeitlich durchaus als normal angesehen werden. Von dieser „Standardsituation“ weicht das vorliegende Bewerberfeld aber verhältnismäßig nicht ab, da sich auf die ausgeschriebenen 10,75 Beförderungsstellen rund 54 Beamte beworben haben. Dies ergibt bereits ein Verhältnis von nur eins zu fünf (Beförderungsstellen zu Bewerber).

33

Dieses von der Gesamtzahl große Bewerberfeld musste in Bezug auf die Bewertungsgrundlagen der dienstlichen Beurteilung zudem gar nicht miteinander verglichen werden. So reduziert sich die Anzahl der nicht nur nach ihrem Gesamturteil, sondern auch in ihren Einzelaussagen inhaltlich auszuwertenden Beurteilungen vorliegend schon nach dem Vergleich der Zwischennoten (denen, wie ausgeführt, die Funktion eines wesentlichen Leistungsunterschieds zukommt) von 54 auf nur noch 37 Beurteilungen.

34

(b) Das in diesem Zusammenhang vom Antragsgegner wiederholt und so auch in diesem Konkurrentenstreitverfahren vorgetragene Argument, die inhaltliche Befassung mit den Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen der Beamten des dritten Einstiegsamtes sei ihm im Bereich des gehobenen Justizdienstes des OLG Koblenz nicht zumutbar, weil Beurteilungsstil, -umfang und -inhalt der Beurteilungen so verschieden seien, dass eine Einzelexegese nicht durchzuführen sei, greift nicht.

35

Insofern ist zunächst nochmals zu berücksichtigen, dass es vorliegend lediglich um ein Stellen-/Bewerberverhältnis, das aufgrund der identischen Gesamtergebnisse in den Einzelaussagen auszuwerten ist, von eins zu fünf geht. Hinzu kommt, dass die dienstlichen Beurteilungen für die in der Rechtspflege eingesetzten Beamten wegen der Praktizierung einer „Topfwirtschaft“ ohne höherwertige Beförderungsdienstposten die einzigen unmittelbaren Auswahlinstrumente sind. Hier müssen die Anforderungen an die Einheitlichkeit des anzuwendenden Beurteilungsmaßstabs systembedingt besonders hoch sein (vgl. OVG RP, Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 2 B 10745,12.OVG -, IÖD 2012, 254). Würden also tatsächlich, wie der Antragsgegner vorträgt, Beurteilungsstil, -umfang und -inhalt bei den Einzelbewertungen in den Beurteilungen der Bewerber wegen der Nichteinhaltung des auf alle Beamten einheitlich anzuwendenden Beurteilungsmaßstabs nicht vergleichbar sein, dann hätte dies in jedem Bewerberfeld einen korrigierenden Eingriff des für die Bestätigung des Beurteilungsergebnisses zuständigen höheren Dienstvorgesetzten (vgl. Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV) zur Folge haben müssen. Andernfalls wären die Beurteilungen – auch in ihren Gesamtergebnissen – für die Entscheidung über die Vergabe der Beförderungsstellen nicht mehr brauchbar (so VG Neustadt an der Weinstraße, Beschluss vom 1. Juli 2014 - 1 L 384/14.NW -). Keinesfalls kann dagegen eine unterschiedliche Auffassung der Beurteiler vom Bedeutungsgehalt der Einzelnoten ein Absehen von der Einzelauswertung der Beurteilungsgrundlagen rechtfertigen (vgl. zu dem demgegenüber in der Finanzverwaltung betriebenen Verwaltungsaufwand: OVG RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - 2 A 10637/13.OVG -, NVwZ-RR 2014, 813).

36

Zwar wäre es durchaus zulässig gewesen, die Kriterien der „größeren Verwendungsbreite“ sowie des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ im Wege der inhaltlichen Auswertung der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber (Einzelexegese) einem wertenden Vergleich zu unterziehen. Diese inhaltliche Auswertung der Beurteilungen unter Einbeziehung auch der Leistungsentwicklung hat der Antragsgegner jedoch hier unterlassen. Vielmehr hat er die entsprechenden Tätigkeiten den Geschäftsverteilungsplänen und Dienstleistungsaufträgen an die Beamten entnommen (vgl. Schriftsatz vom 11. Juni 2014, S. 19 f.). Damit hat er gerade nicht den Inhalt der Beurteilungen miteinander verglichen, sondern die bloße Tatsache der Übernahme einer – von ihm zuvor als „weitergehendes zusätzliches Engagement“ definierten – Zusatzaufgabe als ausschlaggebend angesehen. Dies kann nicht mit der bei einem Ergebnisgleichstand erforderlichen inhaltlichen Auswertung der Beurteilungsgrundlagen (Einzelexegese) gleichgesetzt werden.

37

(2) Des Weiteren darf den vorliegend weiter herangezogenen Hilfskriterien der „größeren Verwendungsbreite“ und des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ nach der Ausgestaltung von Auswahlgrundsätzen bei den Beförderungen der Beamten des dritten Einstiegsamtes nicht die mehrheitlich ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Damit würden diese Hilfskriterien zu nicht zulässigen „Hauptkriterien“ für Beförderungsentscheidungen (vgl. Zängl, in: Fürst [Hrsg.], GKÖD, Loseblattkommentar, Stand Januar 2014, § 9 BBG Rn. 30). Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die vorliegende Beförderungssituation als vergleichbar mit den bereits vom Senat entschiedenen Konkurrentenstreitverfahren im Bereich des Justizdienstes. Diese waren gleichfalls maßgeblich von der Situation geprägt, dass die – definitionsgemäß nur als Ausnahme anzuwendenden – Hilfskriterien den Ausschlag gaben (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 5. November 2012 und 15. Oktober 2013, a.a.O.). Dass dies mit dem verfassungsrechtlichen Leistungsgrundsatz nicht vereinbar ist, wurde in den dortigen Entscheidungen ausführlich dargelegt. Hieran wird festgehalten.

38

(3) Insofern zeigt sich bei einer vergleichenden Betrachtung der Beförderungskampagnen im Bereich des gehobenen Justizdienstes der letzten Jahre, dass die Zubilligung einer Bewerberauswahl unter Inanspruchnahme von Hilfskriterien zu nicht mehr mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbarenden Ergebnissen führt. So wurden und werden bei Beförderungskampagnen wegen weitgehend identisch ausfallender dienstlicher Beurteilungen der Bewerber die Beförderungsstellen jeweils sowohl nach der Wertigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens, der größeren Verwendungsbreite, des weitergehenden zusätzlichen Engagements, dem allgemeinen bzw. „speziellen“ Dienstalter, der Berufserfahrung und dem Gesichtspunkt der Beseitigung einer Unterrepräsentanz von Frauen vergeben. Die Variabilität der hierauf fußenden Auswahlgesichtspunkte, die sämtlich durch weitgehend identische Beurteilungsergebnisse hervorgerufen werden, liegt auf der Hand. Mit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, die insbesondere bei Massenbeförderungen in zumindest gleichem Maße wie der Grundsatz der Bestenauslese im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten sind, lässt sich dies nicht mehr in Einklang bringen.

39

Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Antragsgegners – die den Erkenntnissen des Senats entsprechen – sämtliche Beamte des dritten Einstiegsamtes ihre Beförderungen ohne die sonst bei Landesbeamten nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Laufbahnverordnung erforderliche Erprobung auf einem höher bewerteten (Beförderungs-)Dienstposten erhalten. Da es bei derartigen Beförderungen also von vornherein nicht um die Eignung für einen höher bewerteten Dienstposten geht, kann mit der Übertragung der höher bewerteten Planstelle auf den Auswahlsieger nur die Honorierung der von diesem in der Vergangenheit gezeigten Leistungen verbunden sein. Die Eignung für den Dienstposten – der auch nach der Beförderung des Betreffenden gleich bleibt – spielt hier also ersichtlich keine Rolle. Deshalb kommt es auch nicht auf die Erfüllung der Anforderungen eines Beförderungsdienstpostens, sondern allein auf die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber an.

40

Diese – atypische – Sachlage stellt besonders hohe Anforderungen an die Auswahlentscheidung. Denn eine Vergabe dieser Beförderungsstellen ohne vorherige Erprobung darf insoweit in aller Regel nur auf der Grundlage der Ergebnisse der über die Bewerber regelmäßig vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erfolgen. Hierfür müssen diese zwingend zwei wesentliche Bedingungen erfüllen: Erstens müssen sie, wie oben dargelegt, hinreichend vergleichbar sein, das heißt nach einem einheitlich angewandten Beurteilungsmaßstab erstellt worden sein. Zweitens müssen sie so differenziert ausfallen, dass sie einen Vergleich der Bewerber auch ermöglichen. Zumindest an der letztgenannten Voraussetzung fehlt es bei der überwiegenden Anzahl der hier vorliegenden Beurteilungen. Diese fallen in ihren Ergebnissen so undifferenziert aus, dass die Heranziehung weiterer Kriterien nach dem System des Antragsgegners geradezu zwangsläufig erfolgen musste. Das ist weder mit Art. 33 Abs. 2 GG noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

41

Nach der oben dargestellten ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die dienstliche Beurteilung eines Beamten vorrangige Grundlage für am Leistungsprinzip im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Entscheidungen über dessen Verwendung und dienstliches Fortkommen. Dies kann sie aber nur leisten, wenn sie maßgebliche und zuverlässige Aussagen zu seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung enthält. Daraus folgt, dass eine Beurteilungspraxis, die diesen Anforderungen nicht gerecht wird und ohne sachlichen Grund nicht hinreichend zwischen den zu Beurteilenden differenziert, den von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch des im Beförderungsauswahlverfahren unterlegenen Bewerbers auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt. In einem solchen Fall fehlt es insgesamt an einer tragfähigen, dem Gebot der Bestenauslese entsprechenden Grundlage für die Auswahlentscheidung.

42

Zwar können weitgehend identische Beurteilungsergebnisse bei Beförderungsbewerbern im Einzelfall mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar sein. Das setzt allerdings voraus, dass diese Gleichheit der Beurteilungsergebnisse auf der Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe beruht. Bei einer Vielzahl von Beamten muss die Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe nach aller Erfahrung auch zu differenzierten Beurteilungsergebnissen führen. Ist dagegen, wie im vorliegenden Fall, eine so große Anzahl von Bewerbern um eine Beförderungsstelle mit der gleichen Note beurteilt, dass auf dieser Grundlage die anstehenden Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden können, dann deutet dies auf eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbare Beurteilungspraxis hin (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, ZBR 2004, 45).

43

Zur Behebung dieses Zustandes bieten sich – sowohl im Interesse der betroffenen Beamten als auch im wohlverstandenen Interesse des Dienstherrn an der bestmöglichen Besetzung der Stellen im öffentlichen Dienst – verschiedene Methoden an, die nach den Erkenntnissen des Senats im überwiegenden Teil des öffentlichen Dienstes (mit zum Teil erheblich größeren Bewerberfeldern) erfolgreich praktiziert werden.

44

Zum einen ist darauf zu achten, dass die Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen so hinreichend differenziert ausfallen, dass sich allein hiermit, also vor allem ohne weitere Hilfskriterien, jedenfalls die Mehrzahl der Beförderungsentscheidungen treffen lässt. Um dies zu erreichen, stehen dem für die Beförderungsentscheidungen zuständigen Dienstvorgesetzten, der regelmäßig zugleich mit der Prüfung der dienstlichen Beurteilungen von Justizbeamten betraut ist, zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

45

Entweder sorgt der zuständige höhere Dienstvorgesetzte im Vorfeld der regelmäßig oder anlassbezogen zu erstellenden dienstlichen Beurteilungen für hinreichend differenzierte Beurteilungsergebnisse, etwa durch Beurteilerkonferenzen oder -besprechungen, wie sie z. B. im Bereich der Polizei und der Finanzverwaltung bei Landesbeamten seit vielen Jahren regelmäßig stattfinden (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG RP, Urteil vom 3. Februar 2012 - 2 A 11273/11.OVG -, ESOVGRP und juris; Urteil vom 13. Mai 2014 - 2 A 10637/13.OVG -, NVwZ-RR 2014, 813).

46

Oder der höhere Dienstvorgesetzte macht, was nach Kenntnis des Senats im Personalführungsbereich des OLG Koblenz in Einzelfällen schon jetzt geschieht, von der ihm nach Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV eingeräumten Möglichkeit der Abänderung einzelner Beurteilungen zur Wahrung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs und der Gewährleistung hinreichend differenzierter Beurteilungsergebnisse Gebrauch.

47

Sollten diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass jedenfalls der weit überwiegende Teil der zu treffenden Beförderungsentscheidungen bei Massenbeförderungen auf der Grundlage der vorliegenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber möglich wird, so sind zunächst die wegen des Regelbeurteilungssystems bei den Angehörigen des Justizdienstes regelmäßig vorhandenen älteren Beurteilungen heranzuziehen, bevor auf Hilfskriterien abgestellt wird. Dieser Vorrang der Heranziehung älterer Beurteilungen vor den oben dargestellten Gesichtspunkten (Dienstalter, Verwendungsbreite etc.) ergibt sich aus der seit Jahren bestehenden und deshalb als gefestigt anzusehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der ältere dienstliche Beurteilungen keine Hilfskriterien sind. Es handelt sich vielmehr um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig sind. Vor allem bei einem Vergleich zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt können sie bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen für die künftige Bewährung in dem Beförderungsamt ermöglichen. Die daraus ableitbaren Entwicklungstendenzen haben nicht nur Bedeutung für den Vergleich von Bewerbern mit gleichwertigen aktuellen Beurteilungen. Sie können auch Aufschluss darüber geben, ob ein Bewerber bei einer Beurteilung im Hinblick auf die Besetzung eines Beförderungsamtes bevorteilt oder benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 2 C 31.01 -, IÖD 2003, 147 und vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370 [377]; Beschluss vom 22. November 2012 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112).

48

cc) Nach alledem sind – ausgehend von den vorstehenden Ausführungen und der dort im Einzelnen angeführten höchstrichterlichen Rechtsprechung – die Beförderungen von Justizbeamten des zweiten und dritten Einstiegsamtes nach folgenden Beförderungsgrundsätzen in den nachfolgend skizzierten vier Schritten durchzuführen:

49

(1) Da es im zweiten und dritten Einstiegsamt stets um die Besetzung von Beförderungsstellen im Rahmen einer „Topfwirtschaft“ ohne vorherige Übertragung eines höherwertigen (Beförderungs-)Dienstpostens geht, sind vorrangig die aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber mit ihren jeweiligen Gesamtergebnissen heranzuziehen. Der Bewerber, der hier – auch schon in Form einer Zwischennote – einen Leistungsvorsprung aufzuweisen hat, ist zu befördern.

50

Die jeweils letzte dienstliche Beurteilung eines Bewerbers ist das erste und wichtigste Hauptkriterium. Der zuständige höhere Dienstvorgesetzte hat deshalb im Rahmen seiner Dienstaufsicht (vgl. Nr. 4.1 BeurteilungsVV) im Vorfeld auf hinreichend differenzierte Beurteilungen hinzuwirken, und zwar entweder

51
durch vorherige, einen einheitlichen Beurteilungsmaßstab gewährleistende, Beurteilerkonferenzen und -besprechungen oder
52
durch Inanspruchnahme seiner ihm durch Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV eingeräumten Möglichkeit einer Abänderung der von den Beurteilern vergebenen Noten.
53

(2) Können die Stellen trotzdem nicht anhand der Gesamtergebnisse der aktuellen Beurteilungen vergeben werden, so sind diese in ihren Einzelaussagen inhaltlich auszuwerten (Einzelexegese). Sollten die Beurteilungen hierfür nicht taugen, hat der zuständige höhere Dienstvorgesetzte im Vorfeld – wiederum im Rahmen seiner Dienstaufsicht – auf vergleichbare Beurteilungsgrundlagen hinzuwirken.

54

(3) Können auch danach die Beförderungsstellen nicht besetzt werden, so sind – als „zweites“ Hauptkriterium und deshalb noch vor Hilfskriterien – ältere Beurteilungen der Bewerber mit ihren Ergebnissen heranzuziehen, und zwar vorrangig die bei den Bewerbern vorhandenen älteren Regelbeurteilungen (wegen der aufgrund einheitlicher Beurteilungsstichtage und -zeiträume bestehenden maximalen Vergleichbarkeit).

55

Sollten einzelne Bewerber (z. B. wegen ihres Lebensalters) zum seinerzeit maßgeblichen Beurteilungsstichtag nicht mehr regelbeurteilt worden sein und auch keine entsprechende Anlassbeurteilung haben, so sind bei ihnen grundsätzlich die ihnen vor der aktuellen Beurteilung zuletzt erteilten Beurteilungen heranzuziehen. Dies gilt auch dann, wenn einer der anderen Konkurrenten zum maßgeblichen Beurteilungsstichtag und damit zeitnäher regelbeurteilt worden ist. Auch hier bleibt für den Bewerber ohne eine solche Regelbeurteilung die über ihn zuletzt erstellte Beurteilung maßgeblich. Das gilt auch dann, wenn diese schon älter ist. Deren Ergebnis darf auch nicht in einer Art „Nachzeichnung“ fortgeschrieben werden.

56

(4) Können auch hiernach die Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden, so dürfen ausnahmsweise die Hilfskriterien den Ausschlag geben. Damit diese nicht zur wesentlichen Auswahlgrundlage werden, sondern auch tatsächlich Hilfskriterien bleiben, darf das bei Massenbeförderungen (mindestens zehn Beförderungsstellen) grundsätzlich nur für maximal 10 vom Hundert der insgesamt zu vergebenden Planstellen geschehen. Diese Vorgabe sollte bei Anwendung der vorgenannten Grundsätze in aller Regel eingehalten werden können.

57

Bei der danach ausnahmsweise zulässigen Heranziehung von Hilfskriterien hat der Dienstherr zwar grundsätzlich ein – verwaltungsgerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares – Ermessen. Die Reihenfolge der Hilfskriterien muss aber sachlich begründet sein. Insofern gilt:

58
Die leistungsnäheren sind stets vor den leistungsferneren Kriterien heranzuziehen.
59
Regelmäßig leistungsnah ist etwa die Leistungsentwicklung, die Schwierigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens, die größere Verwendungsbreite, das weitergehende zusätzliche dienstliche Engagement und – unter bestimmten Voraussetzungen – die Berufserfahrung oder das allgemeine Dienstalter.
60
Leistungsferner sind grundsätzlich das Lebensalter, die Schwerbehinderteneigenschaft und die Beseitigung einer Unterrepräsentanz von Frauen.
61

Die Anwendung der vorstehenden Beförderungsgrundsätze führt vorliegend zu folgendem Ergebnis: Von den acht Beigeladenen haben sechs in ihren vorletzten dienstlichen Beurteilungen im direkten Vergleich mit dem Antragsteller ein schlechteres Gesamturteil, nämlich die Gesamtnote „4.2“ (gegenüber der von dieser erreichten Note „4.1“). Diese Beurteilungen sind überwiegend auch in zeitlicher Hinsicht vergleichbar, weil sie sowohl beim Antragsteller als auch bei den Beigeladenen zu 4) sowie 6) und 8) im Jahre 2010 gefertigt wurden. Zwei der Beigeladenen haben sogar in ihren drittletzten Beurteilungen ein erheblich schlechteres Ergebnis als der Antragsteller („4.3“ gegenüber „4.1“).

62

2. Nach diesen Auswahlgrundsätzen ist es mithin möglich, dass dem Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug gegenüber zumindest einem der Beigeladenen zu geben ist. So wäre der Antragsteller nach der bei dem Gleichstand in den aktuellen Beurteilungen gebotenen Auswertung der Ergebnisse der früheren Beurteilungen gegenüber den Beigeladenen zu 1), 2), 4) sowie 6) bis 8) jedenfalls nicht chancenlos. Denn er erzielte bei seiner vorletzten Beurteilung das Gesamturteil „4.1“. Damit lag er gegenüber den vorgenannten Konkurrenten, die insofern um eine – entscheidende (vgl. OVG RP, Beschluss vom 10. September 2013, a.a.O.) – Note schlechter beurteilt wurden, vorn. Noch deutlicher wird der Vorsprung unter Heranziehung der davor den Beigeladenen zu 6) bis 8) erteilten Gesamtnoten, die mit jeweils „4.3“ in einem noch stärkeren Maße hinter den Ergebnissen der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers liegen.

63

Zu den nach dem Abgleich der vorletzten dienstlichen Beurteilungen schlechter beurteilten Bewerbern gehören auch die drei Beigeladenen, die wegen ihrer Tätigkeit in der Verwaltung und damit auf einen „höherwertigeren“ Dienstposten vor dem Antragsteller befördert werden sollen. Die Frage, ob bei einer erneuten inhaltlichen Bewertung der Beurteilungsgrundlagen diejenigen Beamten, die nach dem Besetzungsvermerk wegen einer „größeren Verwendungsbreite“ sowie des „weitergehenden zusätzlichen Engagements“ im Wege einer Einzelexegese gegenüber dem Antragsteller wiederum auszuwählen wären, ist danach nicht mehr entscheidungserheblich.

64

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen, weil sie weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).

65

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 5 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714). Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 11 LBesO (in der hier maßgeblichen Endstufe monatlich 3.699,27 €) mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren (vgl. OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13.OVG -, IÖD 2014, 42).

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.


Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 28. Februar 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 44.389,32 € festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragsgegners hat keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag des Antragstellers, dem Antragsgegner zu untersagen, die im Justizblatt Rheinland-Pfalz Nr. 14 vom 10. Dezember 2012 ausgeschriebene Stelle der Präsidentin oder des Präsidenten des Landgerichts T… vorläufig mit dem Beigeladenen zu besetzen, bis über die Bewerbung des Antragstellers rechtskräftig entschieden ist, zu Recht stattgegeben. Denn der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsanspruch i.S.d. § 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (I.) als auch einen Anordnungsgrund (II.) glaubhaft gemacht.

I.

3

Die Auswahlentscheidung zugunsten des Beigeladenen hält der rechtlichen Überprüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht stand (1.). Darüber hinaus ist es zumindest nicht ausgeschlossen, dass dem Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug zu geben ist (2.).

4

1. Die Entscheidung des Antragsgegners, die ausgeschriebene Stelle mit dem Beigeladenen zu besetzen, verstößt gegen den aus Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG - folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers. Art. 33 Abs. 2 GG gibt dem Antragsteller einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über seine Bewerbung um ein Beförderungsamt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Der Bewerbungsverfahrensanspruch trägt in Form eines grundrechtsgleichen Rechts dem berechtigten Interesse des Beamten oder Richters an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung (stRspr, vgl. z.B. BVerwGE 140, 83).

5

Wie schon das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, verfügt der Dienstherr bei seiner Einschätzung der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung der Bewerber über einen nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbaren Beurteilungsspielraum (BVerfG, Beschluss v. 24. September 2002, - 2 BvR 857/02 -, juris). Das Gericht ist auf die Prüfung beschränkt, ob die einschlägigen Verfahrensvorschriften beachtet worden sind, ob der gesetzliche Rahmen und die anzuwendenden Rechtsbegriffe zutreffend gewürdigt worden sind, ob von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, ob die allgemein gültigen Wertmaßstäbe beachtet worden sind und ob sich der Dienstherr nicht von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen.

6

Maßgebliche Grundlage für eine dem Leistungsgrundsatz Rechnung tragende Personalentscheidung sind die vom Dienstherrn aus dienstlichen Beurteilungen gewonnenen Erkenntnisse über die fachlichen Leistungen, Befähigungen sowie die Eignung der Bewerber. Die für den Leistungsvergleich herangezogenen Beurteilungen müssen aussagekräftig, d.h. aktuell und hinreichend differenziert sowie weitestgehend vergleichbar sein (vgl. die stRspr. des Senats, z.B. Beschluss v. 23. Mai 2007 - 10 B 10318/07 , juris; BVerwGE 140, 83). Der Bewerbungsverfahrensanspruch gibt darüber hinaus nicht nur jedem Bewerber das Recht, dass sein Leistungsvermögen beurteilungsfehlerfrei in die Bewerberauswahl einfließt. Denn die Ansprüche der Bewerber um eine Beförderungsstelle stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind inhaltlich aufeinander bezogen. Jede nicht von Art. 33 Abs. 2 GG gedeckte Beurteilung eines Bewerbers wirkt sich auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus. Aufgrund dieser wechselseitigen Abhängigkeit der Bewerbungsverfahrensansprüche aller Bewerber kann jeder von ihnen auch verlangen, dass die Mitbewerber in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG beurteilt werden. Der Bewerber kann daher sowohl geltend machen, selbst in rechtswidriger Weise benachteiligt worden zu sein, als auch eine auf sachfremden Erwägungen beruhende unzulässige Bevorzugung eines ausgewählten Konkurrenten rügen (vgl. BVerfG, Beschluss v. 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - sowie Beschluss v. 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 -, beide juris).

7

Hiervon ausgehend folgt der Senat im Ergebnis der Rechtsansicht des Verwaltungsgerichts, welches eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers bejaht hat. Aus Sicht des Senats war es zwar nicht geboten gewesen, für den Antragsteller im vorliegenden Auswahlverfahren einen neuen Leistungs- und Eignungsnachweis einzuholen, weil seine letzte dienstliche Beurteilung vom 31. Januar 2012 insoweit noch hinreichend aktuell war. Sie konnte deshalb Grundlage einer Bewerberauswahl sein, die in besonderem Maße auf das Leistungsbild im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung abstellt (a). Der Antragsteller ist aber in seinem Recht auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung i.S.d. Art. 33 Abs. 2 GG verletzt, weil die gegenüber der letzten Beurteilung höhere Gesamtnote des Beigeladenen in seiner Anlassbeurteilung vom 12. Juni 2013 mit Blick auf den Beurteilungszeitraum von weniger als zwei Jahren (vgl. Nrn. 2.1.1 b) und 2.1.4 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 4. Juni 2007 (2000-1-34) „Dienstliche Beurteilung“, JBl. 2007, S. 279 ff. - Beurteilungs-VV -) sowie den Statusamtswechsel (vgl. Nr. 6.6 Beurteilungs-VV) nicht hinreichend plausibilisiert wurde (b). Ob die weiteren Rügen des Antragstellers ebenfalls durchgreifen, kann offenbleiben (s. unter 3.).

8

a) Die zur Grundlage des Leistungsvergleichs gemachte Anlassbeurteilung des Antragstellers vom 11. Januar 2012 war nicht nur für sich genommen hinreichend aktuell und gewährleistete damit eine verlässliche Aussage zu Leistung, Eignung und Befähigung des Antragstellers sowohl im Zeitpunkt der Fertigung der Beurteilung als auch im Auswahlzeitpunkt (aa). Sie ermöglichte darüber hinaus einen verlässlichen Vergleich der Leistungen des Antragstellers mit denjenigen des Beigeladenen, obwohl dessen Anlassbeurteilung im Gegensatz zur derjenigen des Antragstellers zeitnah zur Auswahlentscheidung erstellt wurde (bb).

9

aa) Nach Nummer 2.1.1 b) Beurteilungs-VV ist eine Beurteilung aus besonderem Anlass bei Bewerbungen um ein Beförderungsamt abzugeben, sofern die letzte Beurteilung bei Stellenausschreibung (vgl. Nummer 2.1.1 Satz 2 Beurteilungs-VV) länger als zwei Jahre zurückliegt. Wegen wesentlicher Veränderung in den Beurteilungsgrundlagen, wie einem außergewöhnlichen Leistungsabfall oder einer wesentlichen Leistungssteigerung, soll eine Anlassbeurteilung nur erstellt werden, wenn sich der außergewöhnliche Leistungsabfall oder die außergewöhnliche Leistungssteigerung über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren seit der letzten Beurteilung erstreckt hat (vgl. Nr. 2.1.4 Beurteilungs-VV). Insofern geht die Beurteilungs-VV von der Fiktion aus, dass Beurteilungen mindestens zwei Jahre hinreichend aktuell bleiben. Soweit damit eine Sperrfrist für die Erstellung einer Anlassbeurteilung verbunden ist, ist dies rechtlich nicht zu beanstanden, weil eine solche Sperrfrist in dem vom Antragsgegner zulässigerweise praktizierten Beurteilungssystem mit Regel- und Anlassbeurteilungen sachlich gerechtfertigt ist. Die Zweijahresfrist gewährleistet nämlich eine möglichst große Verlässlichkeit von Beurteilungen, weil damit ein längerer Zeitraum Beurteilungsgrundlage wird, in welchem sich Leistungen nicht nur punktuell zeigen, sondern auch längerfristig manifestieren können. Darüber hinaus schränkt die Sperrfrist die Möglichkeit des Dienstherrn ein, eine Anlassbeurteilung gezielt auf eine Auswahlentscheidung zuzuschneiden (vgl. zur hinreichenden Aktualität einer sogar bis zu drei Jahre alten Beurteilung z.B. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss v. 11. Juni 2014 - 2 B 10430/14.OVG -; OVG Saarland, Beschluss v. 26. Oktober 2012 - 1 B 219/12 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 16. Juni 2003 - 4 S 905/03 -; alle Beschlüsse juris und m.w.N.; vgl. ferner § 22 Abs. 1 Satz 2 Bundesbeamtengesetz, wonach das Ende des letzten Beurteilungszeitraums zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung, die auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen erfolgt, höchstens drei Jahre zurückliegen darf).

10

Die letzte dienstliche Beurteilung des Antragstellers, die aus Anlass seiner Bewerbung auf die ausgeschriebene Stelle des Präsidenten des Landgerichts K… erstellt wurde, datiert vom 31. Januar 2012 und war damit bei der Stellenausschreibung weniger als ein Jahr und zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im hier zu entscheidenden Fall (8. Juli 2013) etwas mehr als eineinhalb Jahre alt. Bei Zugrundelegung der Beurteilungs-VV war der Antragsgegner damit nicht gehalten, für den Antragsteller einen neuen Leistungs- und Befähigungsnachweis einzuholen. Dies gilt im Übrigen auch mit Blick darauf, dass es sich bei dieser Beurteilung um eine Bezugnahmebeurteilung handelt. Denn nach Nummer 3.3 Beurteilungs-VV darf in einer Beurteilung aus besonderem Anlass auf die letzte, nicht in einer Bezugnahme stehende Beurteilung Bezug genommen werden, falls diese - was hier zutrifft - nicht länger als vier Jahre zurückliegt und der besondere Anlass die Bezugnahme erlaubt.

11

bb) Eine neue Anlassbeurteilung war für den Antragsteller zur Wahrung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs auch nicht wegen der zeitnah zur Auswahlentscheidung vom 8. Juli 2013 am 12. Juni 2013 erstellten Anlassbeurteilung des Beigeladenen erforderlich. Zwar kann die bei isolierter Betrachtung hinreichende Aktualität einer Beurteilung [vgl. I.1.a)aa)] im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens für die Rechtmäßigkeit einer Beförderungsentscheidung ausnahmsweise nicht ausreichend sein. Denn unter Berücksichtigung des Gebots der Chancengleichheit muss das konkrete Bewerberfeld mit in den Blick genommen werden und insoweit ein verlässlicher Leistungsvergleich sichergestellt sein. Somit muss die Beurteilung jedes Bewerbers auch im Verhältnis zu den Beurteilungen der Mitbewerber hinreichend aktuell sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. Juni 2006 - 1 B 195/06 -; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 15. März 2007 - 4 S 339/07 -; OVG Lüneburg, Beschluss v. 4. September 2008 - 5 ME 291/08 -; alle Beschlüsse juris). Dies bedeutet, dass dem Beigeladenen durch die für ihn erstellte zeitnahe Anlassbeurteilung gegenüber dem Antragsteller kein dessen Bewerbungsverfahrensanspruch tangierender Vorteil dadurch erwachsen darf, dass bei dem Beigeladenen neuere Erkenntnisse in die Beurteilung einfließen konnten (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 15. März 2007, a.a.O.). Dabei ist aber zu beachten, dass ein Beurteilungssystem, das nicht nur Regelbeurteilungen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen vorsieht, zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualitätsgrade der Beurteilungen, die einer Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen, in Kauf nimmt. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange im Einzelfall ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26. Januar 2009 - 6 B 1594/08 -, juris), zumal die Annahme der regelmäßigen Aktualität einer Beurteilung für einen längeren Zeitraum dem Ziel der Bestenauslese nicht zuwiderläuft, sondern gerade auch dazu bestimmt ist, diesem Ziel zu dienen. Denn im Vorfeld einer konkreten Personalentscheidung (neu) erstellte Anlassbeurteilungen sind, was deren Objektivität anbelangt, nicht immer ganz unproblematisch. Im Normalfall muss es daher ausreichend sein, wenn die Beurteilungen im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung für sich genommen hinreichend aktuell sind, die ihnen jeweils zugrunde liegenden Beurteilungszeiträume ausreichend lang sind, um eine verlässliche Aussage zur Eignung, Leistung und Befähigung der Beurteilten zuzulassen und keine sachlichen Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich gerade die unterschiedlichen Beurteilungszeiträume zum Vor- oder Nachteil eines Bewerbers ausgewirkt haben. Liegen diese Voraussetzungen vor, dürfen die Beurteilungen Grundlage der Auswahlentscheidung sein. Der Tatsache, dass nur in eine zeitnah erstellte Beurteilung Erkenntnisse aus der jüngsten Zeit eingestellt werden können, ist gegebenenfalls auf der Ebene der Auswahlentscheidung Rechnung zu tragen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26. Januar 2009, a.a.O.).

12

Hiervon ausgehend ermöglichen die Beurteilungen des Antragstellers und des Beigeladenen im Hinblick auf die Aktualität einen Qualifikationsvergleich ohne Benachteiligung des Antragstellers. Denn die sogar zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung erst eineinhalb Jahre alte Beurteilung des Antragstellers ist auch in Bezug auf diejenige des Beigeladenen hinreichend aktuell. Der Antragsteller ist bereits seit 2007 Direktor des Amtsgerichts K…, war zuvor seit 2003 Direktor des Amtsgerichts N… und ist schon seit 2009 mit „Hervorragend“ beurteilt. Weder haben sich der Zuschnitt seiner Aufgaben oder deren Qualität verändert, noch gibt es in der Person des Antragstellers liegende Anhaltspunkte für ins Gewicht fallende Veränderungen in seinem Leistungsvermögen. Soweit der Antragsteller auf die Organisation des Umzugs verschiedener Abteilungen des Amtsgerichts K… aus einem angemieteten Gebäude in das Hauptjustizgebäude im Frühjahr 2013 verweist, hat er damit sicherlich eine anspruchsvolle Aufgabe bewältigt. Letztlich gehört sie aber zum Aufgabenbereich eines Direktors eines Amtsgerichts, sodass insoweit keine Veränderungen eingetreten sind. Gleiches gilt für die ganztägige Informationsveranstaltung für den Lehrgang „Generalstabs- und Admiralstabsdienst International“ des Bundessprachenamtes Hürth, an der nach dem Vortrag des Antragstellers ebenfalls im Frühjahr 2013 ca. 70 hochrangige ausländische Stabsoffiziere aus der ganzen Welt teilgenommen haben. Auch die vom Antragsteller angesprochene Vorbildfunktion bei der Nutzung der Möglichkeiten der Spracherkennung sowie die regelmäßig von ihm durchgeführten Besprechungen mit den anderen Direktorinnen und Direktoren der Amtsgerichte des Landgerichtsbezirks K… führen nicht zur Erforderlichkeit einer neuen Anlassbeurteilung. Die (konkreten) Tätigkeiten des Antragstellers hätten zwar aktuellere textliche Beschreibungen in einer neuen Anlassbeurteilung ermöglicht, sie schlagen aber ersichtlich nicht auf die Beurteilungsgrundlagen durch. Ein Aktualitätsnachteil, der bereits auf der Beurteilungsebene hätte vermieden werden müssen, ist daher nicht gegeben. Die geringere Aktualität der textlichen Feststellungen ist vielmehr - auch im vorliegenden Fall - bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen. Dies gilt gleichermaßen vor dem Hintergrund, dass sich die Beurteilungszeiträume beider Bewerber nicht überschneiden, die letzte „Vollbeurteilung“ des Antragstellers vom 16. März 2009 stammt und die nachfolgenden Bezugnahmebeurteilungen keine ausführlichen Beschreibungen aller Beurteilungsgrundlagen enthalten. Letztere beschreiben nämlich konkrete Tätigkeiten des Antragstellers in den jeweiligen Beurteilungszeiträumen.

13

Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang auf die Beschlüsse des VGH Baden-Württemberg vom 15. März 2007 (Az:. 4 S 339/07; juris), des OVG Nordrhein-Westfalen vom 8. Juni 2006 (Az.: 1 B 195/06, juris) und des OVG Lüneburg vom 4. September 2008 (Az.: 5 ME 291/08, juris) verweist, ist ihm entgegenzuhalten, dass die dortigen Fälle von hier nicht vorliegenden Besonderheiten geprägt waren.

14

Im vom VGH Baden-Württemberg entschiedenen Fall deckte die Anlassbeurteilung eines Mitbewerbers einen Zeitraum ab, der sich unmittelbar an den letzten Regelbeurteilungszeitraum anschloss und länger war als der regelmäßig vorgesehene Beurteilungszeitraum einer Regelbeurteilung, während für den Antragsteller nur eine Regelbeurteilung vorlag. Die dienstliche Beurteilung des Antragstellers war zudem 28 Monate älter als diejenige des Mitbewerbers. Das OVG Nordrhein-Westfalen hat unterschiedlich lange Beurteilungszeiträume nicht hingenommen in einem Fall, in dem sich die Regelbeurteilung des abgelehnten Mitbewerbers auf ein niedrigeres Statusamt bezog als das von dem ausgewählten Konkurrenten innegehabte. In letzteres war der abgelehnte Bewerber erst vor dem Bewerbungsverfahren befördert worden. Überdies erfasste die Anlassbeurteilung des Konkurrenten einen Zeitraum, der 13 Monate über das Ende der Regelbeurteilungszeit hinausging. Im Falle des OVG Lüneburg war die Auswahlentscheidung insbesondere auch deshalb fehlerhaft, weil die dortige Antragsgegnerin es versäumt hatte, die nach den Richtlinien erforderliche Anlassbeurteilung für den Antragsteller einzuholen.

15

Nach alledem konnte die Anlassbeurteilung des Antragstellers zur Grundlage der Auswahlentscheidung gemacht werden.

16

b) Allerdings rügt der Antragsteller zu Recht eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht in Einklang stehende Bevorzugung des Beigeladenen, weil dessen gegenüber der letzten Beurteilung höhere Gesamtnote in der Anlassbeurteilung vom 12. Juni 2013 mit Blick auf den Beurteilungszeitraum von weniger als zwei Jahren (vgl. Nrn. 2.1.1 b) und 2.1.4 Beurteilungs-VV) sowie den Statusamtswechsel (vgl. Nr. 6.6 Beurteilungs-VV) nicht hinreichend plausibilisiert wurde.Soweit dienstliche Beurteilungen Werturteile enthalten, müssen diese nachvollziehbar gemacht werden, damit die Gerichte diese im Rahmen der bereits dargelegten Prüfungsmaßstäbe nachprüfen können. Werturteile müssen einsichtig sein, daher müssen die dienstlichen Beurteilungen die Gründe und Argumente erkennen lassen, die den Dienstherrn zu seinem Urteil geführt haben (vgl. BVerwG, Urteil v. 26. Juni 1980 - 2 C 8/78 -, juris; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 3. Mai 2001 - 4 S 2478/01 -, juris). Nur so kann der Beamte oder Richter beurteilen, ob er gegen ein Werturteil, sei es in der eigenen Beurteilung, sei es in derjenigen eines Konkurrenten, mit Aussicht auf Erfolg vorgehen kann. Die in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen vergebene Gesamtnote „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ (2.1) - und damit eine gegenüber der vorangegangenen Beurteilung vom Antragsgegner bescheinigte erhebliche Leistungssteigerung - ist hiernach nicht ausreichend plausibel gemacht.

17

Nach Nummer 2.1.4 Beurteilungs-VV muss sich eine beurteilungsrelevante Leistungsveränderung grundsätzlich über einen Zeitraum von zwei Jahren manifestieren, was auch aus der Sperrfrist der Nummer 2.1.1 b) folgt. Die Einhaltung dieser Sperrfrist war im Falle des Beigeladenen nicht möglich, weil seine letzte Beurteilung in einem niedrigeren Statusamt (hier R 2) noch keine zwei Jahre zurücklag und über ihn aus Anlass des hier in Rede stehenden Bewerbungsverfahrens gemäß Nummer 2.1.1 letzter Satz Beurteilungs-VV eine neue Anlassbeurteilung erstellt werden musste. Bei einer solchen, sich ausnahmsweise auf einen kürzeren als zwei Jahre währenden Zeitraum beziehenden Beurteilung bedarf die Leistungssteigerung über ihre Feststellung hinaus einer besonderen Begründung.

18

Ein weiteres besonderes Begründungserfordernis für die dem Beigeladenen zuerkannte höhere Gesamtnote ergibt sich daraus, dass er nach seiner Beförderung erstmals in dem Statusamt R 3 beurteilt wurde. Denn gemäß Nummer 6.6 Beurteilungs-VV treten zu Beurteilende nach einer Beförderung in eine neue Vergleichsgruppe ein, für die ein höherer Anforderungsmaßstab gilt. Deshalb führen nach einer Beförderung gleichbleibende Leistungen im neuen Amt regelmäßig dazu, dass die Beurteilung im neuen Amt mit einer schlechteren Note schließt (Beschluss des Senats vom 12. September 2000 - 10 A 11056/00 -, juris). Es entspricht dem nicht von der Hand zu weisenden Erfahrungssatz, dass vielfach nach einer Beförderung das Gesamturteil um eine Notenstufe schlechter ausfällt (Beschluss des Senats vom 23. Mai 2007 - 10 B 10318/07 -, juris). Wenn auch dieser Erfahrungssatz keine generelle Bedeutung beanspruchen kann, gibt er doch im Allgemeinen einen plausiblen Anhalt für eine Leistungsbewertung. Auch das Bundesverfassungsgericht nimmt einen strengeren Maßstab für eine Beurteilung in einem höheren Statusamt an (BVerfG, Beschluss v. 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris; vgl. auch BVerfG, Beschluss v. 20. März 2007 - 2 BvR 2470/06 -, juris). Folglich kann eine höhere Gesamtnote in einer nach der Beförderung erstmals erstellten Beurteilung nur beim Vorliegen besonderer Gründe gerechtfertigt sein, welche der Dienstherr im Beurteilungstext hinreichend plausibilisieren muss.

19

Die vorhergehende Beurteilung des Beigeladenen vom 13. Dezember 2011, die aus Anlass seiner Bewerbung um die Präsidentenstelle am Landgericht Z… erstellt wurde, endete mit der Note „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ (2.2); der Beigeladene war damals Richter am Oberlandesgericht im Statusamt R 2. Danach wäre der Beigeladene bei gleichbleibenden Leistungen nach seiner Beförderung in der Regel mit 2.3 zu bewerten gewesen. Schon die Vergabe der Gesamtnote 2.2 setzt eine deutliche Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen voraus (vgl. hierzu Nummer 6.4 Beurteilungs-VV). Vorliegend wurde der Beigeladene nach seinem Wechsel in das Statusamt R 3 sogar mit der um eine weitere Zwischennotenstufe höheren Gesamtnote 2.1 bewertet, was eine mehr als deutliche Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen erforderlich macht. Denn mit der Gesamtnote 2.1 bewegt sich der Beigeladene nunmehr im oberen Bereich der Notenstufe „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ und damit direkt unterhalb der höchsten Notenstufe „Hervorragend“, bei welcher eine Binnendifferenzierung nicht zulässig ist (vgl. Nummern 6.1, 6.1.1 Beurteilungs-VV). Auch diese in einem höheren Statusamt vom Dienstherrn festgestellte außergewöhnliche Leistungssteigerung bedarf - zusätzlich zu den erhöhten Begründungsanforderungen wegen des kurzen Beurteilungszeitraums - einer besonderen Plausibilisierung in der Beurteilung des Beigeladenen. Dieser - gewissermaßen doppelten -Begründungspflicht ist der Antragsgegner nicht im erforderlichen Maß nachgekommen, sodass die in der Anlassbeurteilung des Beigeladenen vergebene Gesamtnote 2.1 nicht ausreichend nachvollziehbar ist.

20

Im Beurteilungstext wird ausgeführt, der Beigeladene habe seine ihm in der letzten dienstlichen Beurteilung bestätigten Eigenschaften, Fähigkeiten und Leistungen „in seinem neuen Amt nicht nur voll und ganz bestätigt, sondern sich im Amt des Landgerichtspräsidenten mit großem Interesse, Engagement und Tatkraft weiterentwickelt.“ Er erbringe in der Leitungsfunktion und seinen Rechtsprechungsaufgaben „außergewöhnliche Leistungen“, außerdem werden ihm „weit überdurchschnittliche, sehr stark ausgeprägte organisatorische und menschliche Fähigkeiten“ bescheinigt, „gepaart mit hervorragendem Verhandlungsgeschick und dem Gespür für fachgerechte Lösungen“. In all seinen Funktionen sei es ihm gelungen, „äußerst selbstständig, stets zuverlässig und mit feinem Gespür für die notwendige menschliche Ansprache auch neue Aufgaben und Herausforderungen glänzend zu meistern.“ Die weiter deutlich ansteigende Leistungsentwicklung in der neuen Funktion mit ihren besonderen Herausforderungen gebiete eine Anhebung der Gesamtbeurteilung seiner dienstlichen Eignung und Leistung gegenüber der letzten dienstlichen Beurteilung.

21

Zwar hat der Antragsgegner mit den genannten und weiteren, vergleichbaren Ausführungen eine positive Entwicklung der Leistungen des Beigeladenen im Amt eines Präsidenten des Landgerichts plausibel gemacht und sein aktuelles Leistungsbild ausführlich beschrieben. Dies und die damit verbundene Bestätigung außergewöhnlicher Leistungen reichen aber nicht aus, um die Vergabe der Gesamtnote 2.1 zu rechtfertigen. Denn das aktuelle Leistungsbild hat grundsätzlich nur dann hinreichende Aussagekraft für die Bewertung, wenn es sich über den schon genannten Zweijahreszeitraum hinweg manifestiert hat und sich nicht in punktuellen Leistungsänderungen erschöpft. Eine genügende Begründung dafür, warum im Falle des Beigeladenen ausnahmsweise schon eineinhalb Jahre nach der letzten Beurteilung und nach lediglich 14 Monaten im Amt eines Landgerichtspräsidenten eine konstante und umfassende Leistungssteigerung im Vergleich zu seiner vorangegangenen Beurteilung angenommen werden kann, enthält die Beurteilung vom 12. Juni 2014 nicht. Vielmehr erschöpft sie sich in der Feststellung einer deutlich angestiegenen Leistungsentwicklung in den 14 Monaten, in denen der Beigeladene das Amt eines Präsidenten des Landgerichts bekleidet und in dem Hinweis auf Nummer 2.1.4 Beurteilungs-VV, ohne die erforderliche Verfestigung seiner Leistungen ausreichend zu erläutern.

22

Des Weiteren enthält die in Rede stehende Beurteilung des Beigeladenen keine ausreichende Begründung, weshalb bereits in der ersten Beurteilung im höheren Statusamt die Vergabe der Gesamtnote 2.1 gerechtfertigt ist. Diese Bewertung setzt - wie bereits mit Blick auf Nummer 6.4 Beurteilungs-VV ausgeführt - eine mehr als deutliche Verbesserung der Beurteilungsgrundlagen voraus. Eine so erhebliche Leistungssteigerung, zumal mit ausreichender Verfestigung in so kurzer Zeit, erfordert für ihre Nachvollziehbarkeit eine Auseinandersetzung mit dem Inhalt der letzten Beurteilung im früheren Statusamt und dabei konkrete Darlegungen, worauf die vom Antragsgegner festgestellte außergewöhnliche Leistungsentwicklung des Beigeladenen beruht. Auch hieran fehlt es. Der Hinweis in der Beurteilung, auch Nummer 6.6 der Beurteilungs-VV berücksichtigt zu haben, ersetzt keine ausdrückliche Plausibilisierung im oben umschriebenen Sinn.

23

2. Angesichts des dem Antragsgegner bei Erstellung einer rechtsfehlerfreien Beurteilung für den Beigeladenen verbleibenden Beurteilungsspielraums stehen Inhalt und insbesondere Gesamtnote dieser Beurteilung nicht fest und es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, dass sich hiernach ein Leistungsvorsprung des Antragstellers ergibt. Daraus folgt, dass die Aussichten des Antragstellers, bei ordnungsgemäßer Wiederholung der Bewerberauswahl zum Zuge zu kommen, zumindest offen sind und seine Auswahl denkbar ist.

24

3. Hält die Bewerberauswahl des Antragsgegners bereits aus den vorgenannten Gründen einer rechtlichen Überprüfung nicht stand, ist es nicht entscheidungserheblich, ob der Antragsgegner der geringeren Aktualität der textlichen Feststellungen in der Beurteilung des Antragstellers auf der Ebene der Auswahlentscheidung vom 8. Juli 2013 in ausreichendem Maße [vgl. hierzu oben unter I.1.a)bb)] Rechnung getragen hat. Des Weiteren bedarf es keiner Entscheidung, ob auch die sonstigen Rügen des Antragsstellers seinem Rechtschutzbegehren zum Erfolg verhelfen würden.

25

Insoweit weist der Senat lediglich darauf hin, dass die erneute Beteiligung des Präsidialrats eher nicht zu beanstanden ist. Der Antragsgegner dürfte nämlich aufgrund seiner Gesamtverantwortung für das Bewerbungsverfahren gehalten gewesen sein, dem Präsidialrat Gelegenheit zu einer rechtsfehlerfreien Befassung mit der Auswahlentscheidung zu geben. Im Übrigen spricht aus den Gründen des Verwaltungsgerichts einiges dafür, dass der Antragsteller sich auf eine fehlerhafte erneute Beteiligung des Präsidialrats vorliegend nicht berufen kann.

26

Darüber hinaus kann dahingestellt bleiben, ob die Berücksichtigung der Bewerbung des Beigeladenen in jeder Hinsicht den Kriterien gerecht wird, die das Bundesverwaltungsgericht für den Bewerbungsverfahrensanspruch des nicht berücksichtigten Bewerbers aufgestellt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 -, juris).

27

Kann die Beurteilung des Beigeladenen mangels ausreichender Plausibilisierung der Gesamtnote keinen Bestand haben, bedarf es schließlich keiner vertieften Prüfung, ob die Beurteilungen von Antragsteller (Statusamt R 2 mit Amtszulage und Gesamtnote „Hervorragend“) und Beigeladenem (Statusamt R 3 und Gesamtnote „Übertrifft erheblich die Anforderungen; im oberen Bereich der Notenstufe“) als im Wesentlichen gleich eingestuft werden können. Allerdings ist zu beachten, dass dem Dienstherrn bei der Beantwortung der Frage, ob die Beurteilungen im Wesentlichen gleich sind, ein Beurteilungsspielraum zukommt, und es keine schematische Lösung gibt.

II.

28

Da der Antragsgegner beabsichtigt, die ausgeschriebene Stelle des Präsidenten des Landgerichts T… endgültig mit dem Beigeladenen zu besetzen, hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund im Sinne des § 123 VwGO glaubhaft gemacht.

29

Nach alledem war die Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Dem Beigeladenen waren keine Kosten aufzuerlegen, weil er weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

30

Die Festsetzung des Streitwerts folgt für das Beschwerdeverfahren aus §§ 47 Abs. 1 i.V.m. § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1, Satz 4 Gerichtskostengesetz. Eine weitere Reduzierung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes erfolgt nicht mehr (vgl. den Beschluss des Senats v. 3. Februar 2014 - 10 B 11115/13 -).

31

Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.

Tenor

Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Der Antragsgegnerin wird bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens untersagt, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme etwaiger außergerichtlicher Kosten des Beigeladenen, die dieser selbst trägt.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 35 802 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Oberregierungsrat (Besoldungsgruppe A 14) im Dienst der Antragsgegnerin. Er begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin beabsichtigte Beförderung des Beigeladenen zum Regierungsdirektor (Besoldungsgruppe A 15).

2

Der Antragsteller ist seit dem 1. April 2010 und der Beigeladene seit dem 10. August 2010 auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten beim Bundesnachrichtendienst (BND) eingesetzt. Die Anzahl dieser Dienstposten übersteigt die Zahl der entsprechenden Planstellen erheblich. Die Antragsgegnerin nimmt deshalb Beförderungen auf der Basis einer Rangliste der "beförderungsreifen" Beamten vor, in der sie diejenigen Beamten einreiht, die einen nach A 15 bewerteten Dienstposten wahrnehmen und die Erprobungszeit erfolgreich absolviert haben.

3

Die Antragsgegnerin erstellte im April 2011 eine Beförderungsrangliste, die die Reihenfolge nach der Gesamtpunktzahl der für den Zeitraum vom 1. April 2007 bis zum 31. März 2010 erstellten letzten Regelbeurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung des nach A 15 bewerteten Dienstpostens festlegte. Danach war der Beigeladene - als letzter der mit der Spitzenpunktzahl von 9 Punkten bewerteten Beamten - auf Platzziffer 5 eingeordnet und der mit der zweithöchsten Punktzahl von 8 Punkten bewertete Antragsteller auf Platzziffer 13 der insgesamt 31 Personen erfassenden Liste.

4

In der Folgezeit legte die Antragsgegnerin in Absprache mit dem Personalrat fest, dass Hauptkriterium für eine Beförderung zukünftig die letzte Regelbeurteilung sein solle; bei notengleichen Gesamturteilen werde auf das Hilfskriterium der "Dauer der Wahrnehmung der höherwertigen Tätigkeiten" zurückgegriffen. Allerdings mache die geänderte Verfahrenspraxis grundsätzlich Anlassbeurteilungen erforderlich; die vorliegenden Beurteilungen seien nicht durchweg miteinander vergleichbar, da Regel- und Anlassbeurteilungen vorlägen. Um eine einheitliche Vergleichsbasis zu schaffen, sollten zeitnah Anlassbeurteilungen erstellt werden.

5

Daraufhin wurden Anlassbeurteilungen für den Beurteilungszeitraum vom 1. April 2010 bis zum 1. Dezember 2011 für alle auf der Liste erfassten Beamten der Besoldungsgruppe A 14 gefertigt. Dabei wurden die beiden höchsten Punktzahlen der Beurteilungsskala erheblich häufiger vergeben als bei den davor erstellten Regelbeurteilungen (eine Gesamtbeurteilung mit der Spitzennote von 9 Punkten wurde vierzehnmal erreicht gegenüber fünfmal bei der Regelbeurteilung, bei der Note von 8 Punkten gab es eine Steigerung der Anzahl von zehn auf 16.)

6

Antragsteller und Beigeladener erreichten erneut das Gesamturteil von 8 bzw. 9 Punkten. In der neuen Rangliste vom Februar 2012 erhielten der Beigeladene als zweitletzter der mit 9 Punkten bewerteten Beamten die Platzziffer 13 und der Antragsteller die Platzziffer 28.

7

Nach der Mitteilung, dass die Beförderung von vier Beamten, darunter der Beigeladene, beabsichtigt sei, hat der Antragsteller einstweiligen Rechtsschutz beantragt. Die Antragsgegnerin hat in Kenntnis dieses Antrages die drei in der Beförderungsrangliste vor dem Beigeladenen platzierten Beamten befördert. Antragsteller und Antragsgegnerin haben das Eilverfahren insoweit übereinstimmend für erledigt erklärt.

8

Der Antragsteller hält die Auswahlentscheidung u.a. deshalb für rechtswidrig, weil kein hinreichender Grund für Anlassbeurteilungen bestanden habe; vielmehr hätten die Regelbeurteilungen der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt werden müssen. Zumindest hätten bei den Anlassbeurteilungen wie bei den Regelbeurteilungen die Richtwerte für Spitzenbeurteilungen beachtet werden müssen.

9

Der Antragsteller beantragt nunmehr sinngemäß, den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel,

der Antragsgegnerin bis zum rechtskräftigen Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu untersagen, den Beigeladenen zum Regierungsdirektor zu befördern.

10

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

11

Sie ist der Ansicht, dass Anlassbeurteilungen der beförderungsreifen Beamten deshalb erforderlich gewesen seien, weil vier der Beamten erst nach der letzten Regelbeurteilungen auf einen nach A 15 bewerteten Dienstposten gelangt seien. Eine Beachtung der Richtwerte für die beiden höchsten Beurteilungsstufen sei für Anlassbeurteilungen bei richtigem Verständnis der Beurteilungsrichtlinien nicht erforderlich.

12

Der Beigeladene hat sich im Verfahren nicht geäußert.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die Gerichtsakte BVerwG 2 VR 4.12 und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II.

14

Das Bundesverwaltungsgericht ist gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO für die Entscheidung über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf vorläufige Untersagung der Beförderung des Beigeladenen zuständig.

15

1. Soweit der Antragsteller und die Antragsgegnerin das einstweilige Anordnungsverfahren übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren in entsprechender Anwendung des einzustellen. Über die Kosten des Verfahrens ist nach  nach billigem Ermessen zu entscheiden, wobei der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist. Billigem Ermessen entspricht es hier, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

16

Die Antragsgegnerin hat die teilweise Erledigung des Rechtsstreits herbeigeführt, soweit sie drei der vier Mitbewerber des Antragstellers, die sie für die Beförderung in das Amt des Regierungsdirektors (Besoldungsgruppe A 15) ausgewählt hat, nach Eingang des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung durch Aushändigung der Ernennungsurkunden zu Regierungsdirektoren ernannt hat (). Damit ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der darauf gerichtet gewesen war, die Ernennungen auch dieser ausgewählten Mitbewerber bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Anordnungsverfahrens nach  zu verhindern, gegenstandslos geworden.

17

Dieses Vorgehen entspricht nicht den Anforderungen der Art. 19 Abs. 4 Satz 1, Art. 33 Abs. 2 GG. Die Antragsgegnerin hat durch die Ernennungen verhindert, dass der Antragsteller effektiven Rechtsschutz zur Durchsetzung seines Bewerbungsverfahrensanspruchs in Anspruch nehmen konnte. Eine solche Verhinderung effektiven Rechtsschutzes durch den Dienstherrn hat zur Folge, dass die grundrechtswidrig vorgenommenen Ernennungen nicht nach dem Grundsatz der Ämterstabilität rechtsbeständig sind. Der Bewerbungsverfahrensanspruch des im Auswahlverfahren unterlegenen Bewerbers geht durch die Ernennungen nicht unter, sondern kann im Wege der Anfechtungsklage mit dem Rechtsschutzziel ihrer Aufhebung durch das Verwaltungsgericht weiter verfolgt werden. Dies hat der Senat in einem zur selben Beförderungsrunde der Antragsgegnerin ergangenen Beschluss (vom 3. Juli 2012 - BVerwG 2 VR 3.12 Rn. 3 - juris) bereits ausgeführt (vgl. zum Ganzen: Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 36 f).

18

Eine Rechtsschutzverhinderung ist nicht nur in den Fällen gegeben, in denen die einzige Planstelle oder - bei mehreren vorgesehenen Beförderungen - alle Planstellen durch Ernennung besetzt werden, sondern auch dann, wenn - wie hier - der Dienstherr noch eine Planstelle unbesetzt lässt, der Antragsteller aber die vorläufige Untersagung weiterer Beförderungen begehrt (vgl. auch OVG Münster, Beschlüsse vom 12. Januar 2011 - 1 B 1585/10 - ZBR 2011, 275 und vom 1. Oktober 2012 - 1 B 691/12 - juris; OVG Weimar, Beschluss vom 18. Juni 2012 - 2 EO 961/11 - IÖD 2012, 241; OVG Saarlouis, Beschluss vom 29. Mai 2012 - 1 B 161/12 - NVwZ-RR 2012, 692; VGH Kassel, Beschlüsse vom 18. Februar 1991 - 1 TG 85/91 - NVwZ-RR 1992, 34 und vom 23. April 2012 - 1 B 2284/11 - RiA 2012, 167; OVG Lüneburg, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317/07 - NVwZ-RR 2008, 552).

19

Das Gebot effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG garantiert einen tatsächlich wirksamen Rechtsschutz (vgl. BVerfG, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156>, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 <1179>; BVerwG Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Das bedeutet bei mehreren beabsichtigten Beförderungen, z.B. wenn - wie hier - eine Beförderungsrangliste nach und nach durch Beförderungen "abgearbeitet" wird, dass der Beamte bezüglich aller zur Beförderung konkret anstehenden Beamten seinen Bewerbungsverfahrensanspruch geltend machen kann. Er hat einen Anspruch darauf, dass über jede einzelne Beförderung rechtsfehlerfrei entschieden wird. Dieser Anspruch verändert sich nicht dadurch, dass über mehrere Beförderungen nicht nacheinander, sondern zusammen entschieden wird. Das gilt unabhängig davon, dass der Beamte für sich selbst letztlich nur eine einzige Beförderung erstrebt und erstreben kann. Der Antrag des Beamten bestimmt bei mehreren zeitgleich beabsichtigten Beförderungen, ob er die Beförderung nur eines ausgewählten Bewerbers oder aber mehrerer oder aller ausgewählten Bewerber angreift.

20

Der Dienstherr ist deshalb aus Art. 19 Abs. 4 GG grundsätzlich verpflichtet, vorläufig alle Beförderungen zu unterlassen, auf den sich der Rechtsschutzantrag des unberücksichtigt gebliebenen Beamten erstreckt. Anderes kann gelten, wenn der auf vorläufige Unterlassung der Beförderung einer Mehrzahl - ggfs. sogar einer Vielzahl - von Mitbewerbern gerichtete Rechtsschutzantrag sich als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil von vornherein ausgeschlossen ist, dass die Beförderung der Mitbewerber den Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers verletzt, und der Angriff auf eine größere Zahl von beabsichtigten Ernennungen von Mitbewerbern ersichtlich nicht der Wahrung des Bewerbungsverfahrensanspruchs dient, sondern Druck auf den Dienstherrn ausüben soll. Soweit dem Beschluss des Senats vom 10. November 1993 - BVerwG 2 ER 301/93 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 50 etwas von den vorstehenden Darlegungen Abweichendes zu entnehmen ist, hält der Senat hieran nicht fest.

21

2. Der Antrag hat, soweit er noch anhängig ist, Erfolg. Der Antragsteller hat glaubhaft gemacht, dass durch die Beförderung des Beigeladenen die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

22

Ein bei der Beförderungsauswahl unterlegener Bewerber muss seinen Anspruch aus  durch vorläufigen Rechtsschutz wirksam sichern können.  garantiert eine effektive gerichtliche Kontrolle (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Oktober 1999 - 1 BvR 385/90 -  <122 f.> m.w.N.; stRspr). Einstweiliger Rechtsschutz ist deswegen unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Bewerbungsverfahrensanspruchs zu gewähren (vgl. Urteil vom 21. August 2003 -  - BVerwGE 118, 370 <373> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27). Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus  durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei seinem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (Beschluss vom 20. Januar 2004 - BVerwG 2 VR 3.03 - Buchholz 310 § 123 VwGO Nr. 23; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 24. September 2002 - 2 BvR 857/02 - NVwZ 2003, 200 <201>; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 -  - a.a.O., Beschluss vom 25. Oktober 2011 - BVerwG 2 VR 4.11 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 50).

23

Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Danach sind öffentliche Ämter nach Maßgabe des Leistungsgrundsatzes zu besetzen. Die Geltung dieses Grundsatzes wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Art. 33 Abs. 2 GG vermittelt ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Ein Bewerber um ein öffentliches Amt kann verlangen, dass seine Bewerbung nur aus Gründen zurückgewiesen wird, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind (Bewerbungsverfahrensanspruch). Der Bewerberauswahl dürfen nur Gesichtspunkte zugrunde gelegt werden, die den von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Leistungsbezug aufweisen. In Bezug auf die Vergabe höherer Ämter einer Laufbahn durch Beförderungen handelt es sich um Kriterien, die darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in dem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49 jeweils Rn. 14 m.w.N.).

24

Der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt muss anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - Buchholz 237.9 § 20 SaarLBG Nr. 1 S. 2 f., vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 15 ).

25

Maßgebend für den Leistungsvergleich ist in erster Linie das abschließende Gesamturteil der Beurteilung, das durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen leistungsbezogenen Gesichtspunkte zu bilden ist (Urteile vom 27. Februar 2003 - BVerwG 2 C 16.02 - a.a.O. S. 2 f. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 16). Sind danach mehrere Bewerber als im Wesentlichen gleich geeignet einzustufen, kann der Dienstherr auf einzelne Gesichtspunkte abstellen, wobei er deren besondere Bedeutung begründen muss. So kann er der dienstlichen Erfahrung, der Verwendungsbreite oder der Leistungsentwicklung, wie sie sich aus dem Vergleich der aktuellen mit früheren Beurteilungen ergibt, Vorrang einräumen (Urteile vom 19. Dezember 2002 - BVerwG 2 C 31.01 - a.a.O. S. 2 f., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 46 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O.). Die Entscheidung des Dienstherrn, welche Bedeutung er den einzelnen Gesichtspunkten für das abschließende Gesamturteil und für die Auswahl zwischen im Wesentlichen gleich geeigneten Bewerbern beimisst, unterliegt nur einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 4. November 2010 a.a.O. Rn. 45 und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 a.a.O.).

26

Daraus folgt, dass der Dienstherr bei gleichem Gesamturteil zunächst die Beurteilungen umfassend inhaltlich auszuwerten und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis zu nehmen hat. Bei einer solchen Auswertung ist darauf zu achten, dass gleiche Maßstäbe angelegt werden (stRspr; vgl. Urteile vom 27. Februar 2003 a.a.O., vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 56, vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. und vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - a.a.O. Rn. 17).

27

Hat der Dienstherr Richtlinien über die Erstellung dienstlicher Beurteilungen erlassen, sind die Beurteiler aufgrund des Gleichheitssatzes hinsichtlich des anzuwendenden Verfahrens und der anzulegenden Maßstäbe an diese Richtlinien gebunden. Das Gericht hat dann auch zu kontrollieren, ob die Richtlinien eingehalten sind, ob sie im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung verbleiben und ob sie auch sonst mit den gesetzlichen Vorschriften in Einklang stehen (stRspr; Urteil vom 24. November 2005 -  -  = Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 1 m.w.N.).

28

Regelbeurteilungen bilden grundsätzlich (vgl. § 48 Bundeslaufbahnverordnung - BLV) und auch nach den Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin die Grundlage für Auswahlentscheidungen des Dienstherrn. Sie gewährleisten mit gleichen Beurteilungszeiträumen ein Höchstmaß an Chancengleichheit.

29

Gleichwohl ist es nicht zu beanstanden, dass die Antragsgegnerin hier für alle in die Auswahlentscheidung einzubeziehenden Beförderungsbewerber Anlassbeurteilungen erstellt hat. Dies war gerechtfertigt, weil mehrere Beamte erst nach der Regelbeurteilung die laufbahnrechtlich vorgeschriebene (vgl. § 34 BLV) Erprobungszeit auf dem höherwertigen Dienstposten absolviert und damit die Beförderungsreife erlangt hatten. Für diese Beamten waren die vorhergehenden Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell, um Grundlage für eine Auswahlentscheidung zu sein (vgl. Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 <88 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 ff. Nr. 49, jeweils Rn. 22 ff.). Die Antragsgegnerin durfte diese Beamten in die Auswahlentscheidung über die Beförderungen einbeziehen. Im Hinblick auf die aus Gründen der Chancengleichheit anzustrebende größtmögliche Vergleichbarkeit der erhobenen Daten (Urteile vom 26. August 1993 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 15 S. 15, vom 27. Februar 2003 -  - Buchholz 237.6 § 8 NdsLBG Nr. 10 und vom 11. Dezember 2008 - BVerwG 2 A 7.07 - Buchholz 232.1 § 41a BLV Nr. 2 Rn. 20; Beschluss vom 31. Januar 1994 -  - Buchholz 232.1 § 40 BLV Nr. 16 S. 1) war es sachgerecht, auch für die übrigen beförderungsreifen Beamten, für die "an sich" eine weitere dienstliche Beurteilung nicht erforderlich war, eine Anlassbeurteilung zu erstellen, um die größtmögliche Vergleichbarkeit der Beurteilungszeiträume insbesondere bezüglich ihres Endzeitpunktes herzustellen. Dementsprechend sehen die Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin Anlassbeurteilungen u.a. zum Zweck einer anstehenden Personalentscheidung vor (vgl. Nr. 3.5 der Beurteilungsbestimmungen-BND vom 1. Juli 2009 i.d.F. vom 27. Dezember 2011).

30

Allerdings müssen Anlassbeurteilungen, die einen deutlich kürzeren Zeitraum als die Regelbeurteilungen abbilden (hier 20 Monate statt drei Jahre), aus den Regelbeurteilungen entwickelt werden; sie dürfen diese lediglich fortentwickeln. Der Befugnis des Dienstherrn, Beförderungen auf der Grundlage von Anlassbeurteilungen vorzunehmen, wenn Regelbeurteilungen nicht mehr hinreichend aktuell sind, korrespondiert seine Verpflichtung, Anlassbeurteilungen lediglich in einem die Regelbeurteilung fortentwickelnden Sinne zu erstellen. Das bedeutet, dass Ausgangspunkt der Anlassbeurteilung die in der vorherigen Regelbeurteilung enthaltenen Feststellungen und Bewertungen zu Eignung, Leistung und Befähigung sind und die Anlassbeurteilung ihren Schwerpunkt darin hat aufzuzeigen, inwieweit bei einzelnen Feststellungen und Bewertungen Veränderungen zu verzeichnen sind. Dieser Maßstab muss in der Anlassbeurteilung hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen. Je kürzer der Beurteilungszeitraum zwischen Regel- und Anlassbeurteilung ist und je größer der Unterschied zur Regelbeurteilung in den Bewertungen - sei es bei Leistungssteigerungen oder beim Leistungsabfall - ausfällt, desto bedeutsamer ist das Begründungserfordernis bei Abweichungen der Anlassbeurteilung von der Regelbeurteilung.

31

Dem Entwicklungscharakter solcher Anlassbeurteilungen entspricht es, dass Leistungssprünge nur ausnahmsweise zu verzeichnen sein dürften, das Notengefüge der Anlassbeurteilungen also im Wesentlichen demjenigen der Regelbeurteilungen entspricht. In diesem Sinne werden sich bei der Erstellung von Regelbeurteilungen ggf. zu beachtende Richtwerte für die Vergabe von Spitzenbeurteilungen auch bei den Anlassbeurteilungen niederschlagen, selbst wenn für diese entsprechende Richtwerte nicht gelten sollten. Weicht das Notengefüge der Anlassbeurteilungen demgegenüber deutlich von demjenigen der Regelbeurteilungen ab, ist das ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen und ggf. sogar für eine an sachfremden Gesichtspunkten orientierte Beurteilungspraxis.

32

Diesen Anforderungen wird das Auswahlverfahren der Antragsgegnerin in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht.

33

Dabei geht der Senat davon aus, dass die Antragsgegnerin - entsprechend ihrer gerichtsbekannten bisherigen Praxis - den Kreis der in die Beförderungsrangliste aufgenommenen Beförderungsbewerber zutreffend ermittelt hat, indem sie die nach A 15 bewerteten Dienstposten in ihrem Bereich jeweils erst nach der Durchführung eines leistungsbezogenen Auswahlverfahrens vergeben hat. Vor der Dienstpostenvergabe muss ein den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG genügendes Auswahlverfahren stattfinden; ist das nicht der Fall, kann bei einer anschließenden Beförderungsentscheidung der Kreis der Bewerber nicht auf den Kreis der Dienstposteninhaber bezogen werden (vgl. nur Urteil vom 16. August 2001 - BVerwG 2 A 3.00 - BVerwGE 115, 58 <59>). Entsprechendes gilt, wenn es Beamte gibt, die sich auf einem nach A 15 bewerteten Dienstposten bewährt haben, aber aktuell auf einem nach A 14 bewerteten Dienstposten eingesetzt werden; auch sie müssen in eine Auswahlentscheidung zur Beförderung auf Statusämter nach A 15 einbezogen werden. Eine weitere Sachverhaltsaufklärung hierzu ist aber entbehrlich, weil der Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes unabhängig hiervon Erfolg hat.

34

Der Leistungsvergleich für die Beförderungsreihenfolge ist auf einer rechtsfehlerhaften Beurteilungsgrundlage erfolgt. Die Anlassbeurteilungen hätten nicht losgelöst von den vorherigen Regelbeurteilungen erstellt werden dürfen, sondern aus diesen entwickelt werden müssen. Die Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilungen bewirkt die Fehlerhaftigkeit der auf ihrer Grundlage erstellten Beförderungsrangliste.

35

Die von der Antragsgegnerin erstellten Anlassbeurteilungen für die laufende Beförderungsrunde genügen nicht den dargestellten Anforderungen. Dem Text der Anlassbeurteilungen in den dem Senat vorliegenden Akten ist nicht zu entnehmen, dass der Fortentwicklungscharakter der Anlassbeurteilungen Leitlinie bei deren Abfassung gewesen wäre. Dieser Fortentwicklungscharakter verlangte auch, die nach Nr. 11.7.1 der Beurteilungsrichtlinien der Antragsgegnerin geltenden Richtwerte für die Vergabe der Notenstufen 9 und 8 in den Blick zu nehmen; dies gilt unabhängig davon, dass die Beurteilungsrichtlinien den Geltungsbereich der Richtwerte weder ausdrücklich auf Regelbeurteilungen beschränken noch auf Anlassbeurteilungen erstrecken. Der signifikant höhere Anteil an Spitzenbewertungen bei den beförderungsreifen Beamten (vierzehnmal statt vorher fünfmal Gesamtergebnis 9 Punkte, sechzehnmal statt vorher zehnmal Gesamtergebnis 8 Punkte) ist ein Indiz für das Fehlen des erforderlichen Fortentwicklungscharakters der Anlassbeurteilungen.

36

Die Auswahlentscheidung ist außerdem deshalb rechtsfehlerhaft, weil die Antragsgegnerin nicht bei gleichem Gesamturteil vor dem Rückgriff auf Hilfskriterien zunächst die aktuellen dienstlichen Beurteilungen unter Anlegung gleicher Maßstäbe inhaltlich ausgewertet und Differenzierungen in der Bewertung einzelner Leistungskriterien oder in der verbalen Gesamtwürdigung zur Kenntnis genommen hat (Urteil vom 30. Juni 2011 - BVerwG 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 49, jeweils Rn. 17 m.w.N.). Um praktischen Erfordernissen in einer großen Behörde wie der Antragsgegnerin Rechnung zu tragen, ist es beispielsweise möglich, zu Beginn des Auswahlverfahrens einzelne als besonders bedeutsam erachtete Leistungsmerkmale zu definieren, dies zu dokumentieren und die insoweit erzielten Bewertungen bei der Reihung besonders zu berücksichtigen. Die Antragsgegnerin hingegen hat die Reihung allein nach der Gesamtpunktzahl der aktuellen dienstlichen Beurteilung und bei gleicher Punktzahl nach der Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens vorgenommen. Das wird dem Gebot der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung nicht gerecht.

37

Die in der Beförderungsrangliste abgebildete Auswahlentscheidung ist schließlich auch deshalb rechtswidrig, weil sie unter Verstoß gegen § 33 Abs. 1 BLV erstellt worden ist. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BLV sind frühere Beurteilungen zusätzlich zu den aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Frühere dienstliche Beurteilungen können Aufschluss über die Leistungsentwicklung und ggfs. über das Vorhandensein von in der letzten dienstlichen Beurteilung nicht abgebildeten Eignungsmerkmalen geben (vgl. Urteil vom 21. August 2003 - BVerwG 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <377> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 27 S. 12). Die Antragsgegnerin hat den Leistungsvergleich allein auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen gestützt und sodann bei gleicher Gesamtnote der aktuellen dienstlichen Beurteilung als Hilfskriterium auf die Dauer der Wahrnehmung der Aufgaben des höherwertigen Dienstpostens abgestellt. Frühere dienstliche Beurteilungen - insbesondere die Regelbeurteilungen aus dem Jahr 2010 - hat sie hingegen nicht einbezogen.

38

Die Auswahl des Antragstellers bei fehlerfreier Durchführung des Auswahlverfahrens, d.h. für dieses gerichtliche Eilverfahren die Platzierung des Antragsteller bei einem ordnungsgemäßen Auswahlverfahren vor dem Beigeladenen, erscheint auch möglich (zu diesem Maßstab Urteil vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - a.a.O. Rn. 32 m.w.N.). Zwar hat der Beigeladene gegenüber dem Antragsteller bei den beiden letzten dienstlichen Beurteilungen jeweils einen Punkt Vorsprung in der Gesamtbeurteilung (9 statt 8 Punkte). Aber es ist offen, wie die Beachtung der Erfordernisse der Entwicklung der Anlassbeurteilung aus der Regelbeurteilung, der umfassenden inhaltlichen Auswertung der letzten dienstlichen Beurteilung sowie der Berücksichtigung der vorherigen dienstlichen Beurteilung vorrangig vor Hilfskriterien sich auf die Anlassbeurteilungen und die Reihenfolge der Beförderungsrangliste ausgewirkt hätten.

39

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat, hat er keine Kosten zu tragen (§ 154 Abs. 3 VwGO), kann aber auch von vornherein keine Kostenerstattung beanspruchen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

40

3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG, in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren (vgl. § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG), jedoch ohne dass sich die beantragte Anzahl der freizuhaltenden Stellen streitwerterhöhend auswirkt.

Tatbestand

1

Die 1961 geborene Klägerin steht seit 1981 im Polizeidienst der Beklagten. Ab November 1999 bekleidete sie ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO, zunächst als Polizeihauptmeisterin im mittleren Dienst und seit Juni 2002 als Polizeikommissarin im gehobenen Dienst. Am 19. Juni 2009 wurde sie zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert. Mit der Klage begehrt sie Schadensersatz ab 1. Mai 2008 wegen verspäteter Beförderung.

2

Die Beklagte beförderte im Jahr 2008 insgesamt 397 Bewerber zu Polizei- oder Kriminaloberkommissaren. Grundlage hierfür war ein Laufbahnmodell, das einen Regelaufstieg der Polizeivollzugsbeamten bis zur Besoldungsgruppe A 11 LBesO vorsah. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die vorgesehenen Beförderungen waren Regelverweilzeiten im jeweiligen Amt, die für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 LBesO sieben Jahre betrugen. Vor Erreichen dieser Wartezeiten waren Beförderungen nur für überdurchschnittlich leistungsstarke Beamte möglich. Das hierfür geregelte Leistungsträgerfeststellungsverfahren sollte einmal jährlich durchgeführt und Ende Oktober abgeschlossen sein. Im Jahr 2008 wurden auf diesem Wege 26 Bewerber befördert.

3

Da die Klägerin die vorausgesetzte Verweilzeit von sieben Jahren noch nicht absolviert hatte, lehnte die Polizeibehörde den Antrag auf Einbeziehung in die Auswahlverfahren des Jahres 2008 für die Vergabe von Beförderungsämtern der Besoldungsgruppe A 10 LBesO ab und verwies auf das zum Jahresende noch ausstehende Leistungsträgerfeststellungsverfahren. Ein Verfahren auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat die Klägerin für erledigt erklärt, nachdem sie zur Polizeioberkommissarin befördert worden war. Das Laufbahnmodell der Beklagten ist nachfolgend durch Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - (ZBR 2010, 265) beanstandet worden.

4

Den Antrag auf Gewährung von Schadensersatz wegen rechtswidrig unterlassener Beförderung lehnte die Beklagte ab. Auch das Klageverfahren blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat hierzu ausgeführt: Zwar habe die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin dadurch schuldhaft verletzt, dass sie schlechter beurteilte Beamte allein wegen ihrer siebenjährigen Verweildauer vorgezogen habe. Es fehle aber die erforderliche adäquate Kausalität zwischen dieser schuldhaften Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und der unterbliebenen Beförderung.

5

Tatsächlich habe die Beklagte zwar 397 Beförderungen vorgenommen. Bei hypothetischer Zugrundelegung eines rechtmäßigen Vorgehens und damit ohne Berücksichtigung der geforderten Verweilzeit von sieben Jahren im Amt eines Polizeikommissars hätte sie aber voraussichtlich nur eine geringere Zahl von Beförderungen ausgesprochen. Dies folge aus dem im Haushaltsplan ausgebrachten Stellenvermerk, der eine Beförderung nur nach Maßgabe der kalkulatorischen Regelverweilzeiten zugelassen habe. Für das Haushaltsjahr 2008 hätten damit nur 4 033 Beförderungsmonate zur Verfügung gestanden. Die Zahl der Beförderungsstellen hänge damit von der Verweildauer der Ausgewählten ab, weil die Beförderung dienstjüngerer Beamter zu einer höheren Ausschöpfung von Beförderungsmonaten führe. Für die hypothetische Auswahlrangliste könne entgegen dem von der Beklagten vorgelegten Alternativmodell nicht allein auf die Leistungsnote zurückgegriffen werden. Zur Berücksichtigung der in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Potenzialeinschätzung hat das Oberverwaltungsgericht eine Potenzialgesamtnote gebildet und alternative Berechnungen ausgehend von einer gleichen Gewichtung der Noten bis zu einer vierfachen Gewichtung der Leistungsnote angestellt. Da die Klägerin in allen Modellen einen berücksichtigungsfähigen Rangplatz nicht erreichte, hat das Oberverwaltungsgericht eine ernsthafte Beförderungsmöglichkeit bei rechtmäßigem Alternativverhalten verneint.

6

Mit ihrer Revision verfolgt die Klägerin ihr Schadensersatzbegehren fort. Sie beantragt,

die Urteile des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 16. November 2012 und des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 4. August 2009, soweit darin ein Schadensersatzantrag abgelehnt wurde, sowie den Bescheid der Polizei Hamburg vom 3. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Klägerin dienst-, besoldungs- und versorgungsrechtlich so zu stellen, als sei sie bereits zum 1. Mai 2008, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt, zur Polizeioberkommissarin (Besoldungsgruppe A 10 LBesO) befördert worden.

7

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt zwar dadurch revisibles Bundes- (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und Landesbeamtenrecht (§ 191 Abs. 2 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG), dass es zur Ermittlung der hypothetischen Beförderungsauswahl eine Befähigungsgesamtnote gebildet und diese zur Erstellung einer Beförderungsrangliste herangezogen hat. Die Entscheidung stellt sich im Ergebnis aber aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die Klägerin hat keinen Schadensersatzanspruch, weil sie bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens voraussichtlich nicht im Jahr 2008 befördert worden wäre.

9

1. Rechtsgrundlage für das geltend gemachte Begehren ist der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch. Dieses Rechtsinstitut ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. August 1961 - 2 C 165.59 - BVerwGE 13, 17 <18 ff.> mit umfangreichen Nachweisen zur Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie Laubinger, VerwArch, Bd. 99 <2008> S. 278 ff.). Es findet seinen Rechtsgrund im Beamtenverhältnis und begründet einen unmittelbar gegen den Dienstherrn gerichteten Ersatzanspruch für Schäden, die aus einer Verletzung der aus dem Beamtenverhältnis folgenden Pflichten entstehen. Als im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis wurzelndes und insofern "quasi-vertragliches" Institut gewährleistet der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch Sekundärrechtsschutz für Pflichtverletzungen aus dem Beamtenverhältnis, wie dies § 280 Abs. 1 BGB für vertragliche Schuldverhältnisse vorsieht (vgl. zur Bezugnahme auf Grundsätze der positiven Vertragsverletzung auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 - BayVBl 2010, 303 Rn. 9).

10

Der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch war ursprünglich auf Verletzungen der Fürsorgepflicht bezogen. Er ist in der Rechtsprechung aber nachfolgend auch auf andere Pflichtverletzungen ausgedehnt worden (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 21. Dezember 2000 - 2 C 39.99 - BVerwGE 112, 308 <312> für die Verletzung der Pflicht zur Berücksichtigung der Kindergeldberechtigung bei der Besoldung), insbesondere auf die Verletzung der Auswahlgrundsätze aus Art. 33 Abs. 2 GG (BVerwG, Urteil vom 25. August 1988 - 2 C 51.86 - BVerwGE 80, 123 <124 f.>).

11

Obwohl der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch im Gegensatz zu § 839 Abs. 1 BGB ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis voraussetzt, beansprucht der in § 839 Abs. 3 BGB niedergelegte Rechtsgedanke vom Vorrang des Primärrechtsschutzes auch und gerade für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis wie den hier streitigen Geltung (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 1998 - 2 C 29.97 - BVerwGE 107, 29 <31 f.>). Die sekundäre Ersatzpflicht für rechtswidriges staatliches Handeln tritt nicht ein, wenn der Verletzte unmittelbar gegen die beanstandete Entscheidung mögliche Rechtsbehelfe ohne hinreichenden Grund nicht in Anspruch genommen hat.

12

Ein Beamter kann danach von seinem Dienstherrn Ersatz des ihm durch eine Nichtbeförderung entstandenen Schadens verlangen, wenn der Dienstherr bei der Vergabe eines Beförderungsamtes den aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Anspruch des Beamten auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl schuldhaft verletzt hat, dem Beamten das Amt ohne diesen Rechtsverstoß voraussichtlich übertragen worden wäre und dieser es nicht schuldhaft unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <101 f.>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 15, vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 9 und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 42).

13

Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Zwar hat die Beklagte den Bewerbungsverfahrensanspruch der Klägerin verletzt (2.) und dies zu vertreten (3.). Die Klägerin hat auch alle ihr zumutbaren Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verhinderung des Schadenseintritts ausgeschöpft (4.). Es fehlt aber an dem Kausalzusammenhang zwischen der Rechtsverletzung der Beklagten und dem von der Klägerin geltend gemachten Schaden (5.).

14

2. Die Nichteinbeziehung der Klägerin in das Auswahlverfahren 2008 wegen einer fehlenden Verweildauer von mindestens sieben Jahren im Statusamt einer Polizeikommissarin war mit Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG und § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Beamtengesetzes in der Fassung vom 29. November 1977 (HmbGVBl. S. 367) nicht vereinbar.

15

Art. 33 Abs. 2 GG sowie die einfach-rechtlichen Konkretisierungen in den Beamtengesetzen gewährleisten jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt im statusrechtlichen Sinne nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Der Grundsatz der Bestenauswahl ist demnach von der Verfassung verbindlich und vorbehaltlos vorgeschrieben. Andere Kriterien können bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn sie ebenfalls Verfassungsrang haben (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/04 - BVerfGK 12, 265 <268>). Art. 33 Abs. 2 GG dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes; dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Zum anderen trägt die Vorschrift dem berechtigten Interesse der Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen dadurch Rechnung, dass sie grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl begründet. Jeder Bewerber um ein öffentliches Amt hat einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch Art. 33 Abs. 2 GG gedeckt sind (stRspr, vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20 Rn. 19 f.).

16

Die in einem bestimmten Statusamt geleistete Dienstzeit gehört nicht zu den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien. Zwar kann sich das Dienstalter auf die Beurteilung von leistungsbezogenen Gesichtspunkten auswirken, weil sich die durch ein höheres Dienstalter typischerweise zum Ausdruck kommende umfassendere Berufserfahrung häufig leistungsfördernd niederschlagen wird. Es gibt jedoch keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass von einem höheren Dienstalter stets auf einen höheren Leistungsstand und bessere Bewährungsvoraussetzungen geschlossen werden kann. Dementsprechend ist die Berücksichtigung des Dienstalters bei der Besetzung von Beförderungsstellen grundsätzlich nur im Falle eines Leistungsgleichstands mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <151>).

17

An das Dienstalter anknüpfende Wartezeitregelungen stehen daher nur dann mit Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang, wenn sie der sachgerechten Anwendung des Grundsatzes der Bestenauswahl dienen und mit ihnen die praktische Bewährung des Bewerbers im bisherigen Statusamt festgestellt werden soll. Dieser Zweck, die zuverlässige Beurteilung des Leistungsvermögens und eine fundierte Prognose über die voraussichtliche Bewährung in einem höheren Amt zu ermöglichen, setzt dem zeitlichen Umfang solcher "Bewährungszeiten" Grenzen. Sie dürfen nicht länger bemessen sein, als es typischerweise erforderlich ist, um die tatsächlichen Grundlagen für eine Beurteilung und Prognose zu schaffen. Danach hängt die Dauer von Wartezeiten entscheidend vom Inhalt der jeweiligen Ämter ab. Der für eine Regelbeurteilung vorgesehene Zeitraum wird in aller Regel die Obergrenze darstellen (BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <152>; Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 - NVwZ-RR 2012, 241 Rn. 35; Urteil vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 23; vgl. auch die Vorgabe von zwei Jahren bei der Erprobung für Führungsämter in BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <228>).

18

Diesen Vorgaben entspricht die in § 7 Abs. 2 i.V.m. § 11 der Richtlinie vom 18. Dezember 2007 zu einem funktions- und leistungsorientierten Laufbahnverlaufsmodell für die Laufbahnabschnitte I und II des Polizeivollzugsdienstes in Hamburg (- LVM-RL -) vorgeschriebene Regelverweilzeit für die Beförderung in ein Amt der Besoldungsgruppe A 10 von sieben Jahren nicht (ebenso bereits OVG Hamburg, Beschluss vom 17. Februar 2010 - 1 Bs 241/09 - ZBR 2010, 265 Rn. 16 ff.). Sie überschreitet die für die Regelbeurteilung vorgesehene Zeit von vier Jahren (vgl. Nr. 4.1 der Richtlinie zum Personalbeurteilungssystem für den Polizeivollzugsdienst der Freien und Hansestadt Hamburg vom 13. März 2007 - Beurteilungs-RL 2007 -) erheblich.

19

Der Umstand, dass die Klägerin in das Leistungsträgerfeststellungsverfahren einbezogen werden konnte, ändert hieran nichts. Für die außerhalb dieses Verfahrens vergebenen Ämter - die im Übrigen quantitativ den weitaus größeren Teil darstellten - wurde ihre Einbeziehung in das Auswahlverfahren ohne rechtfertigenden Grund abgelehnt.

20

3. Diese Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs hat die Beklagte auch zu vertreten.

21

Für die Haftung des Dienstherrn auf Schadensersatz wegen Verletzung von Pflichten aus dem Beamtenverhältnis gilt der allgemeine Verschuldensmaßstab des bürgerlichen Rechts (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <104> m.w.N.). Zu vertreten hat der Dienstherr danach Vorsatz und Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Von den für die Auswahlentscheidung verantwortlichen Beamten muss verlangt werden, dass sie die Sach- und Rechtslage unter Heranziehung aller ihnen zu Gebote stehenden Hilfsmittel gewissenhaft prüfen und sich auf Grund vernünftiger Überlegungen eine Rechtsauffassung bilden. Dazu gehören auch die Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und ggf. die ernsthafte Auseinandersetzung mit der Frage, ob aus sachfremden Erwägungen gewünschte Personalentscheidungen am Maßstab der relevanten Rechtsnormen Bestand haben können (BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 39).

22

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte den Verstoß gegen den Grundsatz der Bestenauswahl aus Art. 33 Abs. 2 GG jedenfalls mit Fahrlässigkeit zu vertreten. Bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung hätte von den verantwortlichen Beamten erkannt werden müssen, dass die Anforderung einer Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars den rechtlichen Anforderungen und der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht entspricht. Hieran konnte jedenfalls nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - (BVerwGE 122, 147) kein vernünftiger Zweifel mehr bestehen. Auch die von der Beklagten in Auftrag gegebene gutachtliche Stellungnahme von Prof. Dr. S. vom Dezember 2007 war zu dem Ergebnis gelangt, dass der Anciennitätsgrundsatz aus den Beförderungsstrukturen "ganz und gar eliminiert" werden müsse und sich eine Beschränkung des Bewerberkreises in Anknüpfung an Regelverweildauern von vornherein verbiete.

23

4. Die Klägerin hat auch die ihr auf Primärebene zumutbaren Möglichkeiten zur Verfolgung ihres Beförderungsbegehrens ausgeschöpft.

24

Effektiven Rechtsschutz gegen eine zu Unrecht verweigerte Einbeziehung in ein beamtenrechtliches Auswahlverfahren kann der Beamte durch die Erhebung des Widerspruchs (§ 126 Abs. 3 BRRG, § 54 Abs. 2 und § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) gegen die Vergabe des dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Amtes erlangen. Beide Rechtsschutzmöglichkeiten hat die Klägerin wahrgenommen.

25

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts muss sich die Klägerin auch nicht entgegenhalten lassen, den Widerspruchsbescheid vom 9. September 2008 nicht angegriffen zu haben. Dies folgt zunächst schon daraus, dass nicht klar ist, worauf sich die teilweise Zurückweisung des Widerspruchs bezog und was damit ggf. in Bestandskraft hätte erwachsen können. Denn die dort angesprochene Teilnahme am Leistungsträgerfeststellungsverfahren war nicht Gegenstand des Antrags der Klägerin und ist von der Beklagten auch nie in Zweifel gezogen worden. Die Unklarheit, worauf sich die ausgesprochene Neubescheidung der Polizeibehörde bezieht, hat die Klägerin bereits in ihrer Klagebegründung angesprochen. Hätte der Widerspruchsbescheid die beantragte Einbeziehung in die außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens stattfindenden Auswahlverfahren abgelehnt, müsste daher auch das Klagebegehren dahingehend aufgefasst werden, dass nicht nur Schadensersatz, sondern auch Primärrechtsschutz beantragt worden ist (vgl. zum Grundsatz der rechtsschutzfreundlichen Auslegung BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 15 ff.). Dass die Klägerin trotz der fehlenden Verweilzeit von sieben Jahren im bisherigen Statusamt befördert werden wollte, ist unmissverständlich zum Ausdruck gebracht worden. Kern ihres Anliegens war stets der Vortrag, dass sie auch außerhalb des Leistungsträgerfeststellungsverfahrens in die Auswahlverfahren einbezogen werden müsse. Dies kommt auch in ihrem Klageantrag zum Ausdruck, weil sie die Aufhebung des Bescheids vom 28. Mai 2008 beantragt hat.

26

5. Die Klägerin wäre bei rechtmäßiger Gestaltung des Auswahlverfahrens aber voraussichtlich nicht befördert worden, sodass es an der Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem geltend gemachten Schaden fehlt.

27

Der für einen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch erforderliche adäquat kausale Zusammenhang zwischen der Rechtsverletzung und dem Schaden setzt voraus, dass der Beamte ohne den schuldhaften Verstoß gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich befördert worden wäre. Seine Berücksichtigung muss nach Lage der Dinge jedenfalls ernsthaft möglich gewesen sein. Für diese Annahme muss festgestellt werden, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten und ob der Beamte ausgewählt worden wäre, wenn der Dienstherr eine rechtmäßige Gestaltung des Auswahlverfahrens vorgenommen hätte (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>, vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 42 f. und vom 30. Oktober 2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217 Rn. 45).

28

Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben. Die Beklagte hätte bei zutreffender Erkenntnis von der Unzulässigkeit der geforderten Mindestverweilzeit im vorangegangenen Statusamt wegen der Besonderheiten der haushaltsrechtlichen Vorgaben weniger als die tatsächlich beförderten 397 Beamten ausgewählt (a). Bei einer danach zu treffenden Auswahlentscheidung hätte die Klägerin voraussichtlich keine ernsthafte Beförderungschance besessen (b).

29

a) Nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hätte die Beklagte, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der geforderten Mindestverweilzeit von sieben Jahren im Amt des Polizeikommissars vor einer Beförderung zum Polizeioberkommissar bewusst gewesen wäre, nicht 397 Beamte befördert, sondern nur Beförderungen in derjenigen Anzahl vorgenommen, die durch den Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses ausfinanziert war.

30

aa) Diese Feststellung hypothetischer Tatsachen nimmt an der Bindungswirkung des § 137 Abs. 2 VwGO teil (vgl. Neumann, in: Sodan/Ziekow, VwGO, Großkommentar, 4. Aufl. 2014, § 137 Rn. 126; Kraft, in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 137 Rn. 47). Dies folgt aus der Aufgabenteilung zwischen Revisionsgericht und Tatsacheninstanz. Die Revision ist darauf beschränkt, neben der Einhaltung des Verfahrens die Rechtsanwendung des Tatsachengerichts zu überprüfen. Das Revisionsgericht nimmt daher keine eigenständige Tatsachenfeststellung vor, sondern legt seiner Beurteilung - sofern keine begründeten Verfahrensrügen erhoben worden sind - den von der Vorinstanz festgestellten Lebenssachverhalt zugrunde. Die Bindungswirkung aus § 137 Abs. 2 VwGO erstreckt sich deshalb auf die entscheidungserheblichen Tatsachen, welche die Tatbestandsmerkmale der einschlägigen Rechtsnormen ausfüllen sollen. Ausgehend hiervon überprüft das Revisionsgericht die Anwendung des Rechts auf eine Verletzung von Bundesrecht oder anderen revisiblen Rechtsnormen.

31

Zur Beantwortung der Frage, ob eine fehlerhafte Gestaltung des Auswahlverfahrens adäquat kausal für die Nichtbeförderung war, muss das Tatsachengericht den Prozess der Entscheidungsfindung aufklären, um beurteilen zu können, welchen Verlauf die Dinge bei Vermeidung des Verstoßes gegen Art. 33 Abs. 2 GG voraussichtlich genommen hätten (BVerwG, Urteil vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <108>). Die eigenständige Feststellung dieser hypothetischen Tatsachen ist dem Revisionsgericht verwehrt. Die Erkenntnis hierüber ist nicht Teil der Rechtsanwendung, sondern Feststellung des ihr vorausliegenden Sachverhalts.

32

bb) Diese hypothetische Annahme unterstellt ein rechtmäßiges Alternativverhalten der Beklagten und ist daher revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.

33

Nach § 49 Abs. 1 LHO HH in der Fassung vom 12. Juni 2007 darf ein Amt nur zusammen mit der Einweisung in eine besetzbare Planstelle verliehen werden. Auch bei der Betrachtung des hypothetischen Alternativverhaltens der Beklagten sind diese haushaltsrechtlichen Vorgaben für mögliche Beförderungen zu berücksichtigen. Eine andere Gestaltung des Beförderungsgeschehens wäre nicht rechtmäßig gewesen.

34

Die Beschränkung ergibt sich indes nicht bereits aus der Zahl der vom Haushaltsgeber zur Verfügung gestellten Planstellen. Denn durch Beschluss der Bürgerschaft vom 5. Juli 2007 (Plenarprotokoll 18/85 S. 4552) sind die im Haushaltsplan 2007/2008 (Stellenplan des Einzelplans 8.1 für die Behörde für Inneres) bewilligten Polizeivollzugsstellen der Besoldungsgruppen A 7 bis A 11 LBesO gestrichen und in gleicher Zahl als gebündelte Stellen A 7/A 8/A 9/A 10/A 11 LBesO für die Schutz- und Wasserschutzpolizei und als gebündelte Stellen A 9/A 10/A 11 LBesO für die Kriminalpolizei ausgebracht worden (Bürgerschafts-Drs. 18/6273 S. 3). Eine ausreichende Anzahl von A 10-Planstellen für die tatsächlich vorgenommenen 397 Beförderungen war deshalb vorhanden.

35

Der Haushaltsansatz war jedoch mit dem Stellenvermerk versehen: "Die Stellen dürfen im Rahmen der in dieser Drucksache genannten Verweilzeiten ausgenutzt werden". Nur in diesem Umfang waren die freien Planstellen nach dem wirksamen Haushaltsbeschluss der Bürgerschaft deshalb besetzbar.

36

Für den Funktionskreis 2 "A 9 - A 10" war in Anlage 1 der Drucksache eine "kalkulatorische Verweilzeit" von 11 Jahren vorgesehen. Auf Basis dieser Verweilzeiten wurden die jährlich anfallenden Mehrkosten - insgesamt 3,9 Mio. € bis ins Jahr 2027 - berechnet (Anlage 2 der Drucksache). Der Mittelansatz für die gebündelten Stellen ging daher von einer durch die vorgegebenen Regelverweilzeiten gesteuerten Beförderungspraxis aus und legte der Berechnung die sich hieraus ergebende Verteilung von A 9, A 10 und A 11 Stellen zugrunde. Der Stellenvermerk hat damit zwar keinen konkreten Betrag als Begrenzung möglicher Beförderungen genannt. Er hat jedoch ein Berechnungsmodell vorgegeben, aus dem sich jeweils ein bestimmbarer Betrag ergab. Dementsprechend hat die Beklagte ermittelt, wie viele Beamte in welchem Monat des Jahres 2008 die vorgesehene Regelverweildauer erreicht hätten. Daraus wurde entnommen, wie viel Geld im Haushaltsjahr für diese Beamten im Falle der Beförderung benötigt würde. Diese in Beförderungsmonaten ausgewiesene Grenze war der haushaltsrechtliche Rahmen, der für Beförderungen zur Verfügung stand. Für das Jahr 2008 ergaben sich so 4 033 Beförderungsmonate A 10 LBesO. Nur in diesem Umfang standen der Beklagten besetzbare Planstellen zur Verfügung.

37

Dem Stellenvermerk des Haushaltsbeschlusses lag damit zwar als kalkulatorische Grundlage eine an Verweilzeiten orientierte Beförderungspraxis zugrunde, die Art. 33 Abs. 2 GG nicht entspricht. Dies ändert aber nichts an der Tatsache, dass besetzbare Planstellen für die Polizei nur in dem ausgebrachten Umfang zur Verfügung standen. An diese limitierende Vorgabe hätte sich die Beklagte auch dann halten müssen, wenn ihr die Rechtswidrigkeit der dem Laufbahnmodell zugrunde liegenden Mindestverweildauer von sieben Jahren im Statusamt eines Polizeikommissars bewusst gewesen wäre. In keinem Falle hätte der Dienstherr den im Haushaltsbeschluss vorgegebenen Rahmen überschreiten dürfen.

38

Ist der Haushaltsplan für das Rechnungsjahr durch Beschluss der Bürgerschaft aufgestellt worden, so darf der Senat bei der Ausgabe von Haushaltsmitteln die Haushaltsansätze nicht überschreiten (Art. 66 der Verfassung der Freien und Hansestadt Hamburg vom 6. Juni 1952, HmbGVBl. S. 117). Erweisen sich die vorhandenen Haushaltsansätze im Laufe des jeweiligen Haushaltsjahres als zu gering oder ergeben sich sachliche Bedürfnisse, die der Haushaltsbeschluss nicht berücksichtigt hat, muss der Senat eine Nachbewilligung von Haushaltsmitteln nach Maßgabe des Art. 68 der Verfassung herbeiführen (vgl. zur entsprechenden Lage auf Bundesebene: BVerfG, Urteile vom 25. Mai 1977 - 2 BvE 1/74 - BVerfGE 45, 1 <34> und vom 18. März 2014 - 2 BvR 1390/12 u.a. - NJW 2014, 1505 Rn. 201). Solange ein entsprechender Nachtragshaushalt nicht beschlossen worden ist, stehen weitere Mittel nicht zur Verfügung.

39

Auch die Betrachtungen zur hypothetischen Kausalität müssen deshalb von einem Alternativmodell ausgehen, das den vorgegebenen Haushaltsansatz wahrt. Bezugspunkt der hypothetischen Erwägungen ist die Pflichtverletzung des Dienstherrn, hieran knüpft der beamtenrechtliche Schadensersatzanspruch an. Auf die Frage, ob bereits dem Beschluss der Bürgerschaft selbst ein Verstoß gegen die Auswahlgrundsätze des Art. 33 Abs. 2 GG anhaftet (verneinend OVG Hamburg, Urteil vom 20. Mai 2011 - 1 Bf 284/09 - S. 16 f.), kommt es daher nicht an. Ebenso ist unerheblich, dass ein Schadensersatzanspruch nicht unter dem Vorbehalt der haushaltsrechtlichen Bewilligung steht. Streitig ist nicht die Zahlung eines bestehenden Schadensersatzbetrages, sondern die vorgelagerte Frage, ob ein Schadensersatzanspruch entstanden ist. Für die damit ausschlaggebende Frage, welcher hypothetische Kausalverlauf bei rechtmäßigem Vorgehen des Dienstherrn voraussichtlich an die Stelle des tatsächlichen Verlaufs getreten wäre, sind die haushaltsrechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Die Anzahl der möglichen Beförderungen hängt damit von der konkreten Zusammensetzung der Bewerberrangliste ab.

40

b) Bei einer hypothetischen Auswahlentscheidung, die auch diejenigen Bewerber einbezieht, die nicht über eine Mindestverweilzeit von sieben Jahren im vorangegangenen Statusamt verfügen, wäre die Klägerin voraussichtlich nicht berücksichtigt worden.

41

aa) Entgegen der vom Oberverwaltungsgericht vertretenen Auffassung wäre die Beklagte dabei nicht verpflichtet gewesen, aus den in der dienstlichen Beurteilung enthaltenen "Potenzialeinschätzungen" eine Gesamtnote zu bilden und diese bei der Bildung einer Auswahlrangliste zu berücksichtigen.

42

In der dienstlichen Beurteilung der Beklagten werden "Potenzialeinschätzungen" zu den Merkmalen: Teamfähigkeit, Konfliktfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Planungs- und Organisationsfähigkeit, Selbstständigkeit, Dienstleistungs-/Kundenorientierung, Flexibilität/Innovationsfähigkeit, kognitive Fähigkeiten, körperliche Belastungsfähigkeit, Stressfähigkeit (und vorliegend nicht bewertet Führungsfähigkeit) verlangt und abgegeben. Damit werden allgemein für die dienstliche Verwendung bedeutsame Eigenschaften des Beamten angesprochen, die - weil nicht auf ein bestimmtes Amt und die hierfür bestehenden Anforderungen bezogen (dann Eignung, vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244 Rn. 10) - unter den Begriff der Befähigung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG fallen (BVerfG, Beschluss vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> und vom 26. September 2012 - 2 C 74.10 - BVerwGE 144, 186 Rn. 20; vgl. zum Begriff der Befähigung auch die Legaldefinition in § 2 Abs. 3 BLV).

43

Diese personenbezogenen Eigenschaften sind von Art. 33 Abs. 2 GG erfasst und können bei einer Auswahlentscheidung daher auch berücksichtigt werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn das angestrebte Amt - etwa im Hinblick auf mit ihm typischerweise verbundene Führungsaufgaben - andere Anforderungen stellt als das vom Beamten bislang innegehabte, und der Prognoseschluss für die künftige Eignung sich daher nicht in der Bewertung der bislang erbrachten Leistungen erschöpfen kann.

44

Befähigungsmerkmale entziehen sich aber einer generellen und bezugsunabhängigen Gesamtbewertung oder gar Notenvergabe. Nach welchen Maßstäben und zu welchem Zweck die Eigenschaften des Beamten, die weder in der auf dem Dienstposten gezeigten Leistung Ausdruck gefunden haben noch als Eignungsmerkmale für die Anforderungen des angestrebten Amtes zu berücksichtigen sind, in einer umfassenden persönlichen Befähigungsgesamtnote zusammengefasst werden sollten oder könnten, ist nicht ersichtlich. Eine derartige Gesamtsaldierung widerspricht vielmehr dem Sinn der Befähigungsanalyse, mit der individuelle Stärken und Schwächen des Beamten herausdifferenziert werden sollen, um eine fundierte Erkenntnisgrundlage für die künftige Verwendung des Beamten zu schaffen (vgl. Schäfer, ZBR 1983, 173 <179>; Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und der Richter, Stand September 2014, Rn. 257). Folgerichtig war in Nr. 9 der Beurteilungs-RL 2007 auch ausdrücklich vorgegeben, dass eine zusammenfassende Bewertung (Gesamturteil) oder Potenzialeinschätzungen unzulässig ist und zu unterbleiben hat. Die Forderung des Oberverwaltungsgerichts nach einer Befähigungsgesamtnote entbehrt daher der rechtlichen Grundlage.

45

bb) Zutreffend ist allerdings die Ausgangserwägung, dass der Dienstherr für die Auswahlentscheidung eine Eignungsprognose abzugeben hat, die sich grundsätzlich nicht in der Bewertung der bislang gezeigten Leistungen erschöpft. Das maßgebliche Gesamturteil muss auf die Anforderungen des zu vergebenden Amtes bezogen sein. Dies gilt auch für die Einreihung in eine Rangliste, wenn diese maßgeblich für die nachfolgenden Beförderungen sein soll (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 14). Insbesondere wenn die Anforderungen des angestrebten Amtes - etwa im Hinblick auf typischerweise wahrzunehmende Führungsaufgaben - nicht identisch mit denjenigen des bisherigen Amtes sind, müssen daher zusätzliche Erwägungen angestellt werden. Hierfür sind die in der dienstlichen Beurteilung ausgewiesenen Befähigungseinschätzungen heranzuziehen. Auswahlerwägungen, die diesen Maßstäben genügen, hat die Beklagte nicht angestellt.

46

Die vom Oberverwaltungsgericht festgestellten Tatsachen bieten aber eine ausreichende Grundlage für den Schluss, dass eine Auswahl der Klägerin auch bei ordnungsgemäßem Auswahlverfahren nicht ernsthaft möglich gewesen wäre. Der Abstand ihrer Leistungsnote von denjenigen Notenwerten, die bei Zugrundelegung der hypothetischen Beförderungsrangliste und der sich aus den haushaltsrechtlichen Bindungen der Beklagten noch für eine Berücksichtigung in der Beförderungsrunde 2008 ausgereicht hätten, ist zu weit und die Anzahl der in ihren bisherigen Leistungen besser beurteilten Mitbewerber damit zu groß, um bei einer hypothetischen Alternativbetrachtung für das Jahr 2008 von einer reellen Beförderungschance ausgehen zu können.

47

Für diese Feststellung kann auf die zum Stichtagsdatum 19. September 2008 aus Anlass des damaligen Leistungsträgerfeststellungsverfahrens erstellten dienstlichen Beurteilungen zurückgegriffen werden. Diese nehmen zwar für die vor dem Stichtagsdatum liegenden Beförderungsentscheidungen nicht auf den zutreffenden Beurteilungszeitraum Bezug und weisen auch nur hinsichtlich der rückschauend betrachteten Leistung eine Beurteilung aus. Die hieraus entwickelte Rangliste entspricht daher nicht den an eine ordnungsgemäße Beförderungsauswahl zu stellenden Anforderungen. Die aus dem Jahr 2008 stammenden und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhenden dienstlichen Beurteilungen stellen aber eine hinreichend sichere Vergleichsbasis für die im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs allein zu entscheidende Frage dar, ob die Klägerin bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Auswahlverfahren im Jahr 2008 voraussichtlich befördert worden wäre.

48

Ausreichende Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der hypothetischen Auswahlentscheidung lassen sich diesen dienstlichen Beurteilungen insbesondere deshalb entnehmen, weil bei einer Beförderung innerhalb der Laufbahn des gehobenen Polizeivollzugsdienstes maßgeblich auf die bisher im niedrigeren Statusamt der Laufbahn erbrachten fachlichen Leistungen abzustellen ist.

49

Art. 33 Abs. 2 GG dient dem Interesse der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter. Ausgewählt werden soll der Bewerber, der für die künftige Amtstätigkeit am besten geeignet ist. Die Auswahlentscheidung erfordert daher eine vorausschauende Aussage darüber, ob und wie der Bewerber die ihm in dem angestrebtem Amt obliegenden beamtenrechtlichen Pflichten erfüllen wird (BVerfG, Urteil vom 24. September 2003 - 2 BvR 1436/02 - BVerfGE 108, 282 <296>). Für den Vergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt kann und muss auf die im bisherigen Amt erbrachten Leistungen zurückgegriffen werden. Nur die im bisherigen Amt gezeigten Leistungen bieten eine hinreichende Tatsachengrundlage für den Prognoseschluss, ob sich der Beamte auch in dem angestrebten höheren Amt voraussichtlich bewähren wird (BVerwG, Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 - BVerwGE 145, 112 Rn. 23 f.).

50

Die besondere Bedeutung der bislang gezeigten fachlichen Leistung folgt hier überdies aus dem Umstand, dass die Polizeivollzugsbeamten der Beklagten auf gebündelten Dienstposten eingesetzt werden und die Anforderungen des bisherigen und diejenigen des künftigen Amtes nach Auffassung der Beklagten daher weitgehend identisch sind. Es ist daher davon auszugehen, dass die Beurteilung der erbrachten Leistung hier grundsätzlich auch der Eignungsprognose entspricht. Angesichts weitgehend identischer Amtsanforderungen dürfte sich daher nur in besonders gelagerten Fällen aus den persönlichen Eigenschaften eine von der Leistungsbeurteilung abweichende Eignungsprognose ergeben. Dieser Unsicherheit kann im Rahmen der hypothetischen Auswahlerwägungen durch einen Sicherheitszuschlag Rechnung getragen werden.

51

Da die Klägerin mit ihrer Leistungsbeurteilung von 3,25 weit von den für eine Beförderung erforderlichen Notenwerten entfernt gewesen ist, kann auch bei Hinzurechnung eines angemessenen Sicherheitszuschlags festgestellt werden, dass sie im Falle einer rechtmäßigen Gestaltung des Auswahlverfahrens durch die Beklagte voraussichtlich nicht befördert worden wäre.

52

6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

B e s c h l u s s

vom 19. März 2015

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 20 602,44 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 GKG). Eine Festsetzung anhand der bloßen Besoldungsdifferenz nach § 52 Abs. 1 GKG scheidet aus, weil beamtenrechtliche Schadensersatzklagen auch dienst- und versorgungsrechtliche Konsequenzen bewirken.

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Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße vom 25. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese Kosten jeweils selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 24.499,50 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller ist Justizamtmann (Besoldungsgruppe A 11 Landesbesoldungsordnung - LBesO -) und im Amtsgericht X im Bereich der Rechtspflege eingesetzt. Er bewarb sich zusammen mit 27 anderen Rechtspflegerinnen und Rechtspflegern im Bezirk des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken auf eine der in den Justizblättern Nr. 12 vom 16. Dezember 2013 und Nr. 1 vom 16. Januar 2014 für diesen Personalführungsbereich zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 ausgeschriebenen Beförderungsstellen nach Besoldungsgruppe A 12 LBesO (Justizamtsrätin bzw. Justizamtsrat).

2

Bei den zu diesem Termin vorgesehenen Beförderungen von Justizamtmännern ging der Antragsgegner im – insofern gemeinsam geführten – Personalbereich des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken (künftig zur einfacheren Darstellung nur: „OLG Zweibrücken“) nach folgendem Auswahlsystem vor: Zunächst wurde im gemeinsamen Besetzungsvermerk (künftig nur: „Besetzungsvermerk“) vom 6. März 2014 die Anzahl der ausgeschriebenen Beförderungsstellen angegeben. Zum Beförderungstermin am 18. Mai 2014 waren es für Beamte in der Besoldungsgruppe A 11 LBesO insgesamt 1,90 Stellen. Da sämtliche Beamte im dritten Einstiegsamt auf gebündelten Dienstposten eingesetzt sind, werden die Beförderungsstellen den erfolgreichen Bewerbern seit Jahren auf ihren jeweiligen Dienstposten zugewiesen (sog. Topfwirtschaft mit „fliegenden“ Stellen).

3

Die sich hieran anschließende Auswahl der Bewerber für die Vergabe der Beförderungsstellen erfolgte ausweislich des Besetzungsvermerks in mehreren Schritten.

4

Zunächst wurden diejenigen Rechtspfleger, die eine vierjährige Stehzeit im aktuellen Statusamt aufweisen konnten (dies traf auf alle 28 Bewerber zu), anhand ihrer aktuellen dienstlichen Beurteilungen miteinander verglichen. Dabei lag der Anteil der Bewerber, die aktuell in ihren dienstlichen Beurteilungen schon die Note der Gesamtbeurteilung „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ (dies ist die zweithöchste Bewertungsstufe innerhalb des sechsstufigen Notensystems des Antragsgegners im Bereich der Justiz) aufzuweisen hatten, bei 16 Beamten.

5

Nachdem deshalb anhand der Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber die Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden konnten, nahm der Antragsgegner zunächst die älteren Beurteilungen der Bewerber in den Blick. Eine inhaltliche Auswertung der aktuellen dienstlichen Beurteilungen sei ihm nämlich nicht möglich, weil diese von verschiedenen Behördenleitern erstellt worden seien, deren Beurteilungsstile sehr unterschiedlich seien. Außerdem fehle es an einer Vorgabe von standardisierten Bewertungsbegrifflichkeiten. Die frei formulierten Beurteilungen hingen von der Zufälligkeit der Wortwahl, des Wortverständnisses und den stilistischen Vorlieben des Beurteilers ab und bezögen sich wegen unterschiedlicher Schwerpunktsetzungen zudem auf regelmäßig nicht vergleichbare Sachverhalte.

6

Bei der Heranziehung früherer Beurteilungen sei wegen der Vergleichbarkeit nur auf die Regelbeurteilungen abzustellen. Hier könne der Regelbeurteilungstermin zum 1. Oktober 2010 nicht herangezogen werden, weil mehrere Bewerber bereits ihr 50. Lebensjahr vollendet und nicht mehr der Regelbeurteilungspflicht unterlegen hätten. Ihre Anlassbeurteilungen könnten mangels zeitlicher Vergleichbarkeit auch nicht zugrunde gelegt werden. Bei den deshalb maßgeblichen Regelbeurteilungsterminen zum 1. Oktober 2006 und 1. Oktober 2001 hätten acht Bewerber jeweils die Gesamtnote „3.1“ bzw. „3.2“ erzielt, so dass die 1,9 Beförderungsstellen nicht nach dem Gesichtspunkt der Leistungsentwicklung vergeben werden könnten. Deshalb sei das „Beförderungsdienstalter im derzeitigen statusrechtlichen Amt“ (sog. spezielle Berufserfahrung) maßgeblich, wobei daneben die Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen zu berücksichtigen sei. Danach seien, nachdem eine Bewerberin wegen des unmittelbar bevorstehenden Beginns der Altersteilzeit aus dem Bewerberfeld ausscheide, die Beigeladenen mit ihrem jeweiligen Beförderungsdienstalter 1995 bzw. 1999 auszuwählen. Ein halber Stellenanteil bleibe mangels vorhandener Teilzeitbewerber unbesetzt.

7

Der Antragsteller, der in seiner letzten dienstlichen Beurteilung eine abschließende Bewertung im unteren Bereich der Notenstufe „Übertrifft erheblich die Anforderungen“ (2.3) erzielt hatte, wurde nicht ausgewählt, weil er mit dem Jahr 2001 ein niedrigeres Beförderungsdienstalter aufzuweisen hat. Nachdem ihm die Nichtberücksichtigung bei der Vergabe der Beförderungsstellen vom Präsidenten des OLG Zweibrücken mitgeteilt worden war, stellte er einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht gab dem Antrag mit Beschluss vom 25. Juni 2014 statt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er hält seine Auswahlentscheidung für rechtmäßig.

II.

8

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

9

Das Verwaltungsgericht hat dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Justizamtmänner im Bezirk des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Zweibrücken ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 12 LBesO zu sichern sucht, zu Recht stattgegeben. Denn der Antragsteller hat sowohl einen Anordnungsgrund als auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung).

10

Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen hält der rechtlichen Überprüfung im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht stand. Nach Aktenlage unter Berücksichtigung des Vortrags der Beteiligten hat der Antragsgegner bei seiner Entscheidung über die Vergabe der im Bezirk des Oberlandesgerichts Zweibrücken insoweit zur Verfügung stehenden 1,90 Beförderungsstellen den verfassungsrechtlich in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG - und Art. 19 Landesverfassung sowie einfachgesetzlich in § 9 Beamtenstatusgesetz und § 2 Abs. 1 Laufbahnverordnung niedergelegten Leistungsgrundsatz zu Lasten des Antragstellers verletzt (1.). Darüber hinaus ist es zumindest möglich, dass ihm bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug gegenüber den Beigeladenen zu geben ist (2.).

11

1. Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Die Geltung dieses sog. Bestenauslesegrundsatzes wird durch diese Vorschrift unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Zwar dient die Vorschrift in erster Linie dem Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Dessen fachliches Niveau und rechtliche Integrität sollen damit gewährleistet werden. Zum anderen trägt Art. 33 Abs. 2 GG aber auch dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung, indem er ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl gewährt (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, ZBR 2012, 252; BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237; vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 -, BVerwGE 138, 102 und vom 30. Juni 2011- 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83; stRspr).

12

Danach haben Beamte einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen um ein Beförderungsamt ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Der Inhalt des Art. 33 Abs. 2 GG wird mit der Bezeichnung „Leistungsgrundsatz“ jedoch nicht erschöpfend erfasst. Neben dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung öffentlicher Ämter und dem Bewerbungsverfahrensanspruch der betroffenen Beamten ist das Prinzip der Bestenauslese zugleich eine spezielle Ausprägung des Gleichbehandlungsgrundsatzes von Art. 3 Abs. 1 GG (vgl. Schnellenbach/Bodanowitz, Die dienstliche Beurteilung der Beamten und Richter, 3. Auflage 2014, Teil B. I. [Das Prinzip der Bestenauslese] Rn. 78).

13

Hiervon ausgehend enthält Art. 33 Abs. 2 GG nach mittlerweile gefestigter verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung keine Einschränkungen, die den Geltungsbereich des Leistungsgrundsatzes relativieren. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können deshalb – als immanente Grundrechtsschranke – bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur dann Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Soweit es nicht um die Abwendung einer unmittelbar drohenden Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Verwaltung geht, also nur um den optimierenden Ausgleich mit anderen von der Verfassung geschützten Interessen, bedarf es zudem einer gesetzlichen Grundlage. Diese muss ihrerseits dem Zweck des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung tragen, d.h. ernsthaften Gefährdungen der Leistungsfähigkeit des öffentlichen Dienstes vorbeugen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 20. September 2007 - 2 BvR 1972/07 -, juris; vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 -, ZBR 2008, 162; vom 26. November 2010 - 2 BvR 2435/10 -, NVwZ 2011, 746; vom 11. Mai 2011 - 2 BvR 764/11 -, NVwZ 2011, 1191 und vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 -, ZBR 2013, 346; BVerwG, Urteile vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147 und vom 17. August 2005 - 2 C 36.04 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, AS 42, 43 [51]). Mit diesen verfassungsrechtlichen Maßgaben ist das vom Antragsgegner im Bezirk des OLG Zweibrücken praktizierte Beförderungssystem für die dort eingesetzten Beamten des dritten Einstiegsamtes (früher: gehobener Justizdienst) nicht vereinbar.

14

Zwar bestehen keine Bedenken gegen die Verteilung der dem OLG Zweibrücken vom Ministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zur Verfügung gestellten Beförderungsstellen auf die jeweiligen Dienstposten mit den Mitteln der sog. Topfwirtschaft (a). Auch die vom Antragsgegner nach seinem Beförderungskonzept von den potentiellen Bewerbern verlangte Bewährungszeit von vier Jahren im aktuellen Statusamt beeinträchtigt die betroffenen Justizamtmänner nicht in ihrem Recht auf ein angemessenes berufliches Fortkommen (b). Gleiches gilt für die in einem zweiten Schritt erfolgte Prüfung des Gesamturteils in den aktuellen dienstlichen Beurteilungen (c). Fehlerhaft wurde hingegen die anschließend infolge des Beurteilungsgleichstandes von 16 mit gleichem Gesamtergebnis beurteilten Bewerbern notwendig gewordene Auswertung der in den dienstlichen Beurteilungen vorhandenen Einzelaussagen, die sog. Einzelexegese (auch als „ausschärfende Betrachtung“ bezeichnet) unterlassen. Die stattdessen unter Zuhilfenahme des Hilfskriteriums des „Beförderungsdienstalters im derzeitigen statusrechtlichen Amt“ erfolgte Auswahl sämtlicher Bewerber ist mit geltenden verfassungsrechtlichen und einfachgesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar (d).

15

a) Die Zuordnung der von den Bewerbern wahrgenommenen Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen (sog. gebündelte Dienstposten; zu dieser Problematik ausführlich: BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 -, BVerwGE 140, 83) hält der Senat nach wie vor für unbedenklich (vgl. bereits Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12.OVG -, ESOVGRP und juris). Dies gilt umso mehr, als der Landesgesetzgeber zwischenzeitlich mit § 21 Satz 2 Landesbesoldungsgesetz in der Fassung des Landesgesetzes zur Reform des finanziellen öffentlichen Dienstrechts vom 18. Juni 2013 (GVBl. S. 157) eine Zuordnung von Funktionen (Dienstposten) zu mehreren Statusämtern ausdrücklich zugelassen hat. Durchgreifende Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der landesrechtlichen Regelung (insoweit auch offen gelassen von BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. März 2013 - 2 BvR 2582/12 -, ZBR 2013, 346) bestehen im Rahmen dieses Eilverfahrens nicht.

16

b) Ohne Verstoß gegen den Leistungsgrundsatz hat der Antragsgegner in seinem Besetzungsvermerk vom 6. März 2014 als erste Beförderungsvoraussetzung die Erfüllung einer Bewährungszeit von vier Jahren (sog. Stehzeit) gefordert. Dies ist rechtlich unbedenklich, da eine solche Mindestwartezeit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 28. Oktober 2004 - 2 C 23.03 -, BVerwGE 122, 147) und derjenigen des Senats (Urteil vom 17. Dezember 2008 - 2 A 11084/08.OVG -, ESOVGRP) unter bestimmten Voraussetzungen – die hier erfüllt sind – gefordert werden darf. Mit vier Jahren ist die Stehzeit auch nicht so lang bemessen, dass die betroffenen Beamten, die kein derartiges allgemeines Dienstalter in der Besoldungsgruppe A 11 LBesO aufweisen können, in ihrem Recht auf angemessenes berufliches Fortkommen beeinträchtigt werden. Denn dieser Zeitraum entspricht dem Regelbeurteilungszeitraum (vgl. Nr. 1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 4. Juni 2007, JBl. S. 279 - BeurteilungsVV -), der insoweit als maximal zulässige Stehzeit herangezogen werden darf (vgl. zu diesem Maßstab BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2004, a.a.O.).

17

c) Die weitere Auswahl der Bewerber erfolgte ausweislich des Besetzungsvermerks zunächst anhand der Gesamturteile der dienstlichen Beurteilungen. Danach zog der Antragsgegner von den die Bewährungszeit erfüllenden 28 Kandidaten auf der Grundlage ihrer schon erreichten Gesamtnote „Übertrifft erheblich die Anforderungen (2.3)“ insgesamt 16 Beamte in die engere Wahl um die 1,90 Beförderungsstellen. Diese Verfahrensweise ist bei 28 Bewerbern aus der Besoldungsgruppe A 11 LBesO nicht zu beanstanden, weil sie das Leistungsbild dieser Beamten hinreichend berücksichtigt.

18

Dabei ist die Beförderungsentscheidung nicht schon deshalb fehlerhaft, weil nach den Gesamtnoten keine ausreichend differenzierten dienstlichen Beurteilungen vorliegen würden (vgl. hierzu OVG RP, Beschluss vom 5. November 2012 - 2 B 10778/12.OVG -, NVwZ-RR 2013, 225). Zwar wird ein großer Teil der nach der Erfüllung der Stehzeit im aktuellen Statusamt verbleibenden 16 Kandidaten tatsächlich mit der gleichen Gesamtnote beurteilt („Übertrifft erheblich die Anforderungen“). Diese – im Vergleich zu anderen Beförderungssystemen im öffentlichen Dienst außergewöhnliche – Häufung derselben Gesamtnote innerhalb eines Bewerberfelds ist hier jedoch aus zwei Gründen unbedenklich:

19

aa) Zum einen kommt nach der dem Senat bekannten Verwaltungspraxis im gesamten Bereich der rheinland-pfälzischen Justiz, vor allem bei Beamten des mittleren und gehobenen Justizdienstes, den nach Nr. 6.1.1 BeurteilungsVV zulässigen und auch stets vergebenen Zwischennoten mittlerweile bei einer Beförderungsauswahl der Charakter einer eigenständigen Note zu. Dem Senat ist aus einer Vielzahl von Beförderungs- und Beurteilungsstreitverfahren im Bereich der Justiz auch bekannt, dass sich die „Spreizung“ der vergebenen Noten in der Regel auf zwei Noten und dort auf nur wenige Zwischennoten beschränkt. So entstehen Bewerberfelder, in denen sich – von wenigen Ausnahmen abgesehen – der weit überwiegende Teil der Beurteilungsergebnisse (wie hier) allenfalls um eine oder zwei Zwischennote(n) unterscheidet. Bei einem derart dicht gedrängten Konkurrentenfeld sind die Bewerber aus den genannten Laufbahnen deshalb bereits dann nicht mehr „im Wesentlichen gleich beurteilt“ im Sinne der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung, wenn sich die Gesamtergebnisse ihrer Beurteilungen nur um eine Zwischennote unterscheiden (vgl. OVG RP, Beschluss vom 10. September 2013 - 2 B 10781/13.OVG -, ZBR 2014, 57).

20

bb) Zum anderen schied ein erheblicher Anteil der Bewerber, nämlich diejenigen Kandidaten, die eine schlechtere aktuelle dienstliche Beurteilung als die Notenstufe „Übertrifft erheblich die Anforderungen (2.3)“ aufzuweisen hatten, aus der weiteren vergleichenden Auswahlbetrachtung aus. Hierdurch unterscheidet sich die vorliegende Beförderungskonkurrenz erheblich von dem im Senatsbeschluss vom 5. November 2012 (a. a. O.) dargestellten Sachverhalt, der von einem Auswahlverfahren geprägt war, in dem der überwiegende Teil der Bewerber in ihren letzten und vorletzten Beurteilungen gleiche Gesamt- und Zwischennoten aufzuweisen hatten und anschließend praktisch sämtliche Beförderungsentscheidungen auf der Grundlage des leistungsfernen Hilfskriteriums „Datum der Laufbahnprüfung“ gefällt wurden.

21

d) Nicht mit dem Leistungsgrundsatz in Übereinstimmung gebracht werden kann dagegen die nach dem Besetzungsvermerk bei dem vorliegenden Gleichstand von 16 Beamten unmittelbar, das heißt ohne eine inhaltliche Auswertung der Einzelaussagen der aktuellen dienstlichen Beurteilungen dieser Bewerber bzw. ohne die vergleichende Betrachtung der vorletzten Beurteilungen der Bewerber, erfolgte Heranziehung des leistungsfernen Hilfskriteriums „Beförderungsdienstalter im derzeitigen statusrechtlichen Amt“ (vgl. S. 9 des Besetzungsvermerks), das bei allen Beförderungsentscheidungen ausschlaggebend wurde.

22

aa) Eine inhaltliche Auswertung im Wege der Einzelexegese der Beurteilungsgrundlagen ist im Bereich des dritten Einstiegsamtes möglich und dem Antragsgegner auch zumutbar. Die gegen dieses, schon von der Vorinstanz mit ausführlichen und zutreffenden Erwägungen herausgearbeitete, Ergebnis erhobenen Einwände der Beschwerde überzeugen nicht.

23

(1) Die nach Auffassung des Antragsgegners für eine Einzelexegese zu hohe Anzahl der Beurteiler rechtfertigt die vollständig unterbliebene Auswertung der in den dienstlichen Beurteilungen vorhandenen Einzelaussagen nicht. Dass dienstliche Beurteilungen von verschiedenen Personen verfasst werden, ist kein Spezifikum im Bereich des OLG Zweibrücken; es ist vielmehr der „Normalfall“ bei Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst (vgl. nochmals OVG RP, Beschluss vom 5. November 2012, a.a.O.). Würde allein wegen einer Mehrzahl von Beurteilern der mit einer Beförderungsentscheidung beauftragte Amtswalter von der Berücksichtigung der Aussagen zur Leistung und Eignung der Bewerber befreit, so verlören die Beurteilungen nicht nur ausnahmsweise, sondern regelmäßig den wesentlichen Grund für ihre Erstellung. Denn dienstliche Beurteilungen sind nach ständiger Rechtsprechung der Verfassungs- und Verwaltungsgerichte das entscheidende Auswahlinstrument für am Maßstab des Art. 33 Abs. 2 GG und des Gleichbehandlungsgrundsatzes ausgerichtete Personalentscheidungen im öffentlichen Dienst. Allein durch die Anzahl der bei einer solchen Beförderungskampagne vorliegenden Beurteilungen verschiedener Beurteiler ändert sich an diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben zunächst einmal nichts. Die Anforderungen an die Aus- und Bewertung der für eine Beförderungsentscheidung verantwortlichen Leistungsnachweise in Form der vorliegenden dienstlichen Beurteilungen dürfen allein wegen dieses „quantitativen“ und „diversifizierenden“ Aspektes nicht hinter dem bei der Besetzung einer einzelnen Beförderungsstelle anzuwendenden verfassungsrechtlichen Maßstab zurückbleiben. Maßgeblich hierfür sind folgende Erwägungen:

24

Infolge des seit mehreren Jahren stetig zurückgehenden Anteils höher bewerteter Stellen ist es im öffentlichen Dienst insgesamt und so auch im Bereich der Justiz des Landes Rheinland-Pfalz nicht mehr ungewöhnlich, wenn sich auf eine ausgeschriebene höher bewertete Stelle nicht nur ein oder zwei Bewerber, sondern erheblich mehr Beamte bewerben. So kann ein Verhältnis von einer Beförderungsstelle zu zehn Bewerbern nach den Erfahrungen des Senats zwischenzeitlich durchaus als normal angesehen werden. Von dieser „Standardsituation“ weicht das vorliegende Bewerberfeld zwar verhältnismäßig ab, da sich auf die ausgeschriebenen 1,90 Beförderungsstellen insgesamt 28 Beamte beworben haben. Dieses von der Gesamtzahl große Bewerberfeld musste in Bezug auf die Bewertungsgrundlagen der dienstlichen Beurteilung allerdings nicht miteinander verglichen werden. So reduziert sich die Anzahl der nicht nur nach ihrem Gesamturteil, sondern auch in ihren Einzelaussagen inhaltlich auszuwertenden Beurteilungen vorliegend schon nach dem Vergleich der Zwischennoten (denen, wie ausgeführt, die Funktion eines wesentlichen Leistungsunterschieds zukommt) von 28 auf nur noch 16 Beurteilungen. Dies ergibt ein Verhältnis von rund eins zu acht (Beförderungsstellen zu Bewerber).

25

(2) Das in diesem Zusammenhang vom Antragsgegner wiederholt und so auch in diesem Konkurrentenstreitverfahren vorgetragene Argument, die inhaltliche Befassung mit den Einzelaussagen der dienstlichen Beurteilungen der Beamten des dritten Einstiegsamtes sei ihm im Bereich des gehobenen Justizdienstes des OLG Zweibrücken nicht zumutbar, weil Beurteilungsstil, -umfang und -inhalt der Beurteilungen so verschieden seien, dass eine Einzelexegese nicht durchzuführen sei, greift nicht.

26

Insofern ist zunächst nochmals zu berücksichtigen, dass es vorliegend lediglich um ein Stellen-/Bewerberverhältnis, das aufgrund der identischen Gesamtergebnisse in den Einzelaussagen auszuwerten ist, von eins zu acht (bei insgesamt nur 16 Bewerbern) geht. Hinzu kommt, dass die dienstlichen Beurteilungen für die in der Rechtspflege eingesetzten Beamten wegen der Praktizierung einer „Topfwirtschaft“ ohne höherwertige Beförderungsdienstposten die einzigen unmittelbaren Auswahlinstrumente sind. Hier müssen die Anforderungen an die Einheitlichkeit des anzuwendenden Beurteilungsmaßstabs systembedingt besonders hoch sein (vgl. OVG RP, Beschluss vom 1. Oktober 2012 - 2 B 10745,12.OVG -, IÖD 2012, 254). Würden also tatsächlich, wie der Antragsgegner vorträgt, Beurteilungsstil, -umfang und -inhalt bei den Einzelbewertungen in den Beurteilungen der Bewerber wegen der Nichteinhaltung des auf alle Beamten einheitlich anzuwendenden Beurteilungsmaßstabs nicht vergleichbar sein, dann hätte dies in jedem Bewerberfeld einen korrigierenden Eingriff des für die Bestätigung des Beurteilungsergebnisses zuständigen höheren Dienstvorgesetzten (vgl. Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV) zur Folge haben müssen. Andernfalls wären die Beurteilungen – auch in ihren Gesamtergebnissen – für die Entscheidung über die Vergabe der Beförderungsstellen nicht mehr brauchbar. Keinesfalls kann dagegen eine unterschiedliche Auffassung der Beurteiler vom Bedeutungsgehalt der Einzelnoten ein Absehen von der Einzelauswertung der Beurteilungsgrundlagen rechtfertigen (vgl. zu dem demgegenüber in der Finanzverwaltung betriebenen Verwaltungsaufwand: OVG RP, Urteil vom 13. Mai 2014 - 2 A 10637/13.OVG -, NVwZ-RR 2014, 813).

27

(3) Des Weiteren darf das vorliegend bei beiden Beförderungsentscheidungen als allein ausschlaggebend herangezogene Hilfskriterium des „Beförderungsdienstalters im derzeitigen statusrechtlichen Amt“ (sog. spezielle Berufserfahrung) nach der Ausgestaltung von Auswahlgrundsätzen bei den Beförderungen der Beamten des dritten Einstiegsamtes nicht die allein ausschlaggebende Bedeutung zukommen. Damit würde dieses Hilfskriterium zu einem nicht zulässigen „Hauptkriterium“ der Beförderungsentscheidungen (vgl. Zängl, in: Fürst [Hrsg.], GKÖD, Loseblattkommentar, Stand Januar 2014, § 9 BBG Rn. 30). Auch unter diesem Gesichtspunkt erweist sich die vorliegende Beförderungssituation als vergleichbar mit den bereits vom Senat entschiedenen Konkurrentenstreitverfahren im Bereich des Justizdienstes. Diese waren gleichfalls maßgeblich von der Situation geprägt, dass die – definitionsgemäß nur als Ausnahme anzuwendenden – Hilfskriterien den Ausschlag gaben (vgl. OVG RP, Beschlüsse vom 5. November 2012 und 15. Oktober 2013, a. a. O.). Dass dies mit dem verfassungsrechtlichen Leistungsgrundsatz nicht vereinbar ist, wurde in den dortigen Entscheidungen ausführlich dargelegt. Hieran wird festgehalten.

28

Insofern zeigt sich bei einer vergleichenden Betrachtung der Beförderungskampagnen im Bereich des gehobenen Justizdienstes der letzten Jahre, dass die Zubilligung einer Bewerberauswahl unter Inanspruchnahme von Hilfskriterien zu nicht mehr mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. dem Gebot der Chancengleichheit vereinbarenden Ergebnissen führt. So wurden und werden bei Beförderungskampagnen wegen weitgehend identisch ausfallender dienstlicher Beurteilungen der Bewerber die Beförderungsstellen jeweils sowohl nach der Wertigkeit des wahrgenommenen Dienstpostens, der größeren Verwendungsbreite, des weitergehenden zusätzlichen Engagements, dem allgemeinen bzw. „speziellen“ Dienstalter, der Berufserfahrung und dem Gesichtspunkt der Beseitigung einer Unterrepräsentanz von Frauen vergeben. Die Variabilität der hierauf fußenden Auswahlgesichtspunkte, die sämtlich durch weitgehend identische Beurteilungsergebnisse hervorgerufen werden, liegt auf der Hand. Mit den Anforderungen des Art. 3 Abs. 1 GG, die insbesondere bei Massenbeförderungen in zumindest gleichem Maße wie der Grundsatz der Bestenauslese im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG zu beachten sind, lässt sich dies nicht mehr in Einklang bringen.

29

Hinzu kommt, dass nach den Angaben des Antragsgegners – die den Erkenntnissen des Senats entsprechen – sämtliche Beamte des dritten Einstiegsamtes ihre Beförderungen ohne die sonst bei Landesbeamten nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Laufbahnverordnung erforderliche Erprobung auf einem höher bewerteten (Beförderungs-)Dienstposten erhalten. Da es bei derartigen Beförderungen also von vornherein nicht um die Eignung für einen höher bewerteten Dienstposten geht, kann mit der Übertragung der höher bewerteten Planstelle auf den Auswahlsieger nur die Honorierung der von diesem in der Vergangenheit gezeigten Leistungen verbunden sein. Die Eignung für den Dienstposten – der auch nach der Beförderung des Betreffenden gleich bleibt – spielt hier also ersichtlich keine Rolle. Deshalb kommt es auch nicht auf die Erfüllung der Anforderungen eines Beförderungsdienstpostens, sondern allein auf die Ergebnisse der dienstlichen Beurteilungen der Bewerber an.

30

Diese – atypische – Sachlage stellt besonders hohe Anforderungen an die Auswahlentscheidung. Denn eine Vergabe dieser Beförderungsstellen ohne vorherige Erprobung darf insoweit in aller Regel nur auf der Grundlage der Ergebnisse der über die Bewerber regelmäßig vorhandenen dienstlichen Beurteilungen erfolgen. Hierfür müssen diese zwingend zwei wesentliche Bedingungen erfüllen: Erstens müssen sie, wie oben dargelegt, hinreichend vergleichbar sein, das heißt nach einem einheitlich angewandten Beurteilungsmaßstab erstellt worden sein. Zweitens müssen sie so differenziert ausfallen, dass sie einen Vergleich der Bewerber auch ermöglichen. Zumindest an der letztgenannten Voraussetzung fehlt es bei der überwiegenden Anzahl der hier vorliegenden Beurteilungen. Diese fallen in ihren Ergebnissen so undifferenziert aus, dass die Heranziehung weiterer Kriterien nach dem System des Antragsgegners geradezu zwangsläufig erfolgen musste. Das ist weder mit Art. 33 Abs. 2 GG noch mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar.

31

Nach der oben dargestellten ständigen verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ist die dienstliche Beurteilung eines Beamten vorrangige Grundlage für am Leistungsprinzip im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG orientierte Entscheidungen über dessen Verwendung und dienstliches Fortkommen. Dies kann sie aber nur leisten, wenn sie maßgebliche und zuverlässige Aussagen zu seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung enthält. Daraus folgt, dass eine Beurteilungspraxis, die diesen Anforderungen nicht gerecht wird und ohne sachlichen Grund nicht hinreichend zwischen den zu Beurteilenden differenziert, den von Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Anspruch des im Beförderungsauswahlverfahren unterlegenen Bewerbers auf beurteilungs- und ermessensfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung verletzt. In einem solchen Fall fehlt es insgesamt an einer tragfähigen, dem Gebot der Bestenauslese entsprechenden Grundlage für die Auswahlentscheidung.

32

Zwar können weitgehend identische Beurteilungsergebnisse bei Beförderungsbewerbern im Einzelfall mit dem Leistungsgrundsatz vereinbar sein. Das setzt allerdings voraus, dass diese Gleichheit der Beurteilungsergebnisse auf der Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe beruht. Bei einer Vielzahl von Beamten muss die Anwendung differenzierter Beurteilungsmaßstäbe nach aller Erfahrung auch zu differenzierten Beurteilungsergebnissen führen. Ist dagegen, wie im vorliegenden Fall, eine so große Anzahl von Bewerbern um eine Beförderungsstelle mit der gleichen Note beurteilt, dass auf dieser Grundlage die anstehenden Beförderungsentscheidungen nicht getroffen werden können, dann deutet dies auf eine mit Art. 33 Abs. 2 GG nicht vereinbare Beurteilungspraxis hin (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, ZBR 2004, 45).

33

Zur Behebung dieses Zustandes bieten sich – sowohl im Interesse der betroffenen Beamten als auch im wohlverstandenen Interesse des Dienstherrn an der bestmöglichen Besetzung der Stellen im öffentlichen Dienst – verschiedene Methoden an, die nach den Erkenntnissen des Senats im überwiegenden Teil des öffentlichen Dienstes (mit zum Teil erheblich größeren Bewerberfeldern) erfolgreich praktiziert werden.

34

Zum einen ist darauf zu achten, dass die Ergebnisse der aktuellen dienstlichen Beurteilungen so hinreichend differenziert ausfallen, dass sich allein hiermit, also vor allem ohne weitere Hilfskriterien, jedenfalls die Mehrzahl der Beförderungsentscheidungen treffen lässt. Um dies zu erreichen, stehen dem für die Beförderungsentscheidungen zuständigen Dienstvorgesetzten, der regelmäßig zugleich mit der Prüfung der dienstlichen Beurteilungen von Justizbeamten betraut ist, zwei Möglichkeiten zur Verfügung:

35

Entweder sorgt der zuständige höhere Dienstvorgesetzte im Vorfeld der regelmäßig oder anlassbezogen zu erstellenden dienstlichen Beurteilungen für hinreichend differenzierte Beurteilungsergebnisse, etwa durch Beurteilerkonferenzen oder -besprechungen, wie sie z. B. im Bereich der Polizei und der Finanzverwaltung bei Landesbeamten seit vielen Jahren regelmäßig stattfinden (vgl. hierzu im Einzelnen: OVG RP, Urteil vom 3. Februar 2012 - 2 A 11273/11.OVG -, ESOVGRP und juris; Urteil vom 13. Mai 2014 - 2 A 10637/13.OVG -, NVwZ-RR 2014, 813).

36

Oder der höhere Dienstvorgesetzte macht, was nach Kenntnis des Senats im Personalführungsbereich des OLG Zweibrücken in Einzelfällen schon jetzt geschieht, von der ihm nach Nr. 4.1 Satz 2 BeurteilungsVV eingeräumten Möglichkeit der Abänderung einzelner Beurteilungen zur Wahrung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs und der Gewährleistung hinreichend differenzierter Beurteilungsergebnisse Gebrauch.

37

Sollten diese Maßnahmen nicht dazu führen, dass jedenfalls der weit überwiegende Teil der zu treffenden Beförderungsentscheidungen bei Massenbeförderungen auf der Grundlage der vorliegenden aktuellen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber möglich wird, so sind zunächst die wegen des Regelbeurteilungssystems bei den Angehörigen des Justizdienstes regelmäßig vorhandenen älteren Beurteilungen heranzuziehen, bevor auf Hilfskriterien abgestellt wird. Dieser Vorrang der Heranziehung älterer Beurteilungen vor den oben dargestellten Gesichtspunkten (Dienstalter, Verwendungsbreite etc.) ergibt sich aus der seit Jahren bestehenden und deshalb als gefestigt anzusehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung, nach der ältere dienstliche Beurteilungen keine Hilfskriterien sind. Es handelt sich vielmehr um Erkenntnisse, die über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung des Beurteilten Aufschluss geben und die deswegen gegenüber Hilfskriterien vorrangig sind. Vor allem bei einem Vergleich zwischen den Bewerbern um ein Beförderungsamt können sie bedeutsame Rückschlüsse und Prognosen für die künftige Bewährung in dem Beförderungsamt ermöglichen. Die daraus ableitbaren Entwicklungstendenzen haben nicht nur Bedeutung für den Vergleich von Bewerbern mit gleichwertigen aktuellen Beurteilungen. Sie können auch Aufschluss darüber geben, ob ein Bewerber bei einer Beurteilung im Hinblick auf die Besetzung eines Beförderungsamtes bevorteilt oder benachteiligt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 19. Dezember 2002 2 C 31.01 -, IÖD 2003, 147 und vom 21. August 2003 - 2 C 14/02 -, BVerwGE 118, 370 [377]; Beschluss vom 22. November 2012 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112).

38

bb) Diesem Gebot der Heranziehung älterer Beurteilungen vor der Anwendung von Hilfskriterien ist der Antragsgegner zwar nachgekommen; dabei ist ihm jedoch ein Fehler insofern unterlaufen, als er von dem – nach höchstrichterlicher Verwaltungsrechtsprechung gleichfalls zu beachtenden – Aktualitätsgebot zum Nachteil einzelner Beamter (darunter der Antragsteller) abgewichen ist.

39

Werden bei mehreren zu treffenden Beförderungsentscheidungen als „zweites“ Hauptkriterium die früheren dienstlichen Beurteilungen in den Blick genommen, so sind für den Leistungsvergleich grundsätzlich die vorhandenen Beurteilungen der Bewerber heranzuziehen. Ergibt sich bei der Zusammenstellung der Beurteilungen, dass zum seinerzeit maßgeblichen Beurteilungsstichtag andere Bewerber, z.B. wegen ihres Lebensalters, nicht mehr regelbeurteilt worden sind und haben diese auch keine in zeitlicher Hinsicht entsprechende Anlassbeurteilung aufzuweisen, so ist bei ihnen die vor der aktuellen Beurteilung zuletzt erteilte Beurteilung heranzuziehen, auch wenn diese schon älter ist. Dies gilt auch dann, wenn einer der anderen Konkurrenten zeitnäher regelbeurteilt worden ist. Auch hier bleibt für den Bewerber ohne eine solche Regelbeurteilung die über ihn zuletzt erstellte Beurteilung maßgeblich. Deren Ergebnis darf allerdings nicht in einer Art „Nachzeichnung“ fortgeschrieben werden.

40

Grund hierfür ist der anders nicht lösbare Konflikt zwischen dem Postulat möglichst identischer Beurteilungszeiträume der Bewerber einerseits und dem Gebot der Aktualität dienstlicher Beurteilungen für eine zu treffende Beförderungsentscheidung andererseits. Dieser Konflikt, der vorliegend vom Antragsgegner auch erkannt wurde, ist nach Auffassung des Senats zugunsten des letztgenannten Gesichtspunktes zu entscheiden. Da es bei einer Beförderung immer auch um eine zukunftsgerichtete Prognose der Eignung für eine höher bewertete Stelle geht, ist – als „erstes“ Hauptkriterium – stets auf die aktuelle, das heißt zeitnah erstelle Beurteilung abzustellen. Kann danach die Besetzungsentscheidung nicht getroffen werden, so muss zunächst die zeitlich unmittelbar davor liegende Beurteilung herangezogen werden. Andernfalls würde eine in zeitlicher Hinsicht noch relativ aktuelle und deshalb für die Frage der Eignung unmittelbar aussagekräftige frühere dienstliche Beurteilung in ihren Aussagen über den Leistungs- und Eignungsstand des Bewerbers in unzulässiger Weise vernachlässigt.

41

Hinzu kommt, dass ein Bewerber, der seit längerem nicht mehr regelbeurteilt worden ist und auch keine Anlassbeurteilungen aufzuweisen hat, gegenüber einem Mitbewerber, der die für die Auswahlentscheidung maßgebliche Leistung und Eignung in einem zeitlich engerem Abstand zum Beförderungstermin erbracht hat, nicht bevorteilt werden darf. Diese Vorgabe entspricht spiegelbildlich dem in der Rechtsprechung des Senats seit langem anerkannten Grundsatz, nach dem die Beurteiler berechtigt sind, den gegen Ende eines Beurteilungszeitraumes gezeigten Leistungen eines Beamten ein höheres Gewicht beizumessen als früheren (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2008 - 2 A 10593/08.OVG -, IÖD 2009, 122). Diese Überlegung, die bei Vorliegen älterer Beurteilungen dem Aktualitätsgebot am ehesten entspricht, muss auch hier den Ausschlag gegenüber möglichst identischen Beurteilungszeiträumen geben.

42

2. Nach diesen Auswahlgrundsätzen ist es mithin möglich, dass dem Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung der Beförderungsauswahl der Vorzug gegenüber zumindest einem der Beigeladenen zu geben ist. So wäre der Antragsteller nach der bei dem Gleichstand in den aktuellen Beurteilungen gebotenen Auswertung der Ergebnisse der früheren Beurteilungen gegenüber den Beigeladenen jedenfalls nicht chancenlos. Denn er erzielte bei seiner vorletzten Regelbeurteilung im Jahr 2010 das Gesamturteil „2.3“. Damit lag er gegenüber den Beigeladenen, die insofern um eine – entscheidende (vgl. OVG RP, Beschluss vom 10. September 2013, a.a.O.) – Note schlechter beurteilt wurden, vorn. Dies wird bei einer erneuten Befassung mit seiner Bewerbung – nach der (zunächst durchzuführenden) inhaltlichen Auswertung der Beurteilungsgrundlagen – zu berücksichtigen sein. Auch unter diesem Blickwinkel ist indessen das Ergebnis eines erneuten Bewerbervergleichs offen.

43

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Den Beigeladenen sind keine Kosten aufzuerlegen, weil sie weder das Rechtsmittel eingelegt noch im Beschwerdeverfahren Anträge gestellt haben (§ 154 Abs. 3 VwGO).

44

Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 5 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714). Maßgebend ist nach dieser kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge der Besoldungsgruppe A 11 LBesO (in der hier maßgeblichen Endstufe monatlich 4.083,25 €) mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergeben-den Betrags zu reduzieren (vgl. OVG RP, Beschluss vom 23. Dezember 2013 - 2 B 11209/13.OVG -, IÖD 2014, 42).

Gründe

I

1

Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Abbruch eines Auswahlverfahrens für die Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens.

2

Die Antragstellerin ist Regierungsdirektorin (Besoldungsgruppe A 15 BBesO) im Dienst der Antragsgegnerin im Geschäftsbereich des Bundesnachrichtendienstes (BND). Sie bewarb sich im Juni 2012 erfolglos um einen mit der Besoldungsgruppe A 16 BBesO bewerteten Dienstposten. Weil das Anforderungsprofil in der Ausschreibung unzulässig eingeengt worden war, untersagte auf den Antrag der Antragstellerin hin der Senat der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 - (BVerwGE 147, 20) im Wege der einstweiligen Anordnung, den Dienstposten mit dem damals Beigeladenen G. zu besetzen. Die Antragsgegnerin brach das Auswahlverfahren daraufhin ab und schrieb den Dienstposten im November 2013 erneut aus.

3

Im erneuten Auswahlverfahren ist die Antragstellerin als bestgeeignete Kandidatin durch den Präsidenten des BND ausgewählt und die Zustimmung des Bundeskanzleramts erteilt worden. Zu der für den 1. Februar 2015 geplanten Dienstpostenvergabe kam es jedoch nicht, weil drei im Auswahlverfahren unterlegene Bewerber Widerspruch gegen die ihnen mitgeteilte Auswahl der Antragstellerin erhoben hatten. Mit Schreiben vom 6. August 2015 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass die zu ihren Gunsten erfolgte Auswahlentscheidung aufgehoben und das Auswahlverfahren aus rechtlichen Gründen abgebrochen worden sei. Für einen Mitbewerber habe eine hinreichend aktuelle Beurteilung nicht mehr vorgelegen. Es werde daher eine erneute förderliche Ausschreibung des Dienstpostens erfolgen. Im gerichtlichen Verfahren trug die Antragsgegnerin hierzu ergänzend vor: Da der Mitbewerber L. die Aufgaben des streitgegenständlichen Dienstpostens seit September 2014 kommissarisch übernommen habe, könne für die Auswahlentscheidung nicht mehr auf die zum Stichtag 1. April 2013 datierende Regelbeurteilung zurückgegriffen werden. Über den am 25. August 2015 erhobenen Widerspruch der Antragstellerin hat die Antragsgegnerin noch nicht entschieden.

4

Zur Begründung ihres am 1. September 2015 gestellten Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung führt die Antragstellerin aus, ein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens liege nicht vor. Die dem Mitbewerber zum Beurteilungsstichtag 1. April 2013 erteilte Regelbeurteilung sei noch aktuell. Die Annahme einer zeitlichen Verwertbarkeitsgrenze der Regelbeurteilung widerspreche dem im Bundesbeamtengesetz vorgesehenen System der periodischen Beurteilung. Im Übrigen falle der Zeitraum der kommissarischen Vakanzvertretung jedenfalls nicht ins Gewicht, weil der Bewerber diese Aufgaben bis zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung im Januar 2015 noch keine fünf Monate verrichtet habe. Insbesondere aber könne die kommissarische Vakanzvertretung des streitgegenständlichen Dienstpostens im Rahmen des Auswahlverfahrens nicht berücksichtigt werden. Eine Übertragung des ausgeschriebenen Dienstpostens auf einen der Bewerber während des laufenden Auswahlverfahrens verletze den Grundsatz der Chancengleichheit zu Lasten der anderen Bewerber unter dem Gesichtspunkt eines etwaigen Bewährungsvorsprungs.

5

Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,

der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, das durch Mitteilung vom 6. August 2015 abgebrochene Stellenbesetzungsverfahren (Kennziffer ... / Dienstposten ...) fortzusetzen.

6

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag abzulehnen.

7

Sie ist der Auffassung, das Auswahlverfahren rechtmäßig abgebrochen zu haben. Durch den Abbruch sei der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin erloschen. Der Mitbewerber L. habe ab September 2014 den streitgegenständlichen Dienstposten kommissarisch übernommen. Dadurch habe sich sein Aufgabenbereich funktional wesentlich verändert, so dass seine auf den Stichtag 1. April 2013 datierende Regelbeurteilung zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung - im Januar 2015 - nicht mehr aktuell im Sinn der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei. Der darin liegende rechtliche Mangel rechtfertige es, das Auswahlverfahren abzubrechen.

8

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Senatsakten sowie die vorgelegten Verwaltungsvorgänge verwiesen.

II

9

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, über den der Senat gemäß § 123 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 4 VwGO in erster und letzter Instanz entscheidet, ist zulässig und begründet. Die Antragstellerin hat glaubhaft gemacht, dass durch den Abbruch des Auswahlverfahrens für den ausgeschriebenen Dienstposten die Verwirklichung eigener Rechte vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (§ 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

10

1. Der Antragstellerin steht ein Anordnungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO für den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Seite.

11

Ein rechtswidriger Abbruch des Auswahlverfahrens verletzt den grundrechtsgleichen Bewerbungsverfahrensanspruch. Die Bewerber können bereits diese Maßnahme, obwohl sie nur vorbereitenden Charakter besitzt, einer gerichtlichen Kontrolle zuführen.

12

Effektiver Rechtsschutz (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) gegen den unberechtigten Abbruch eines Auswahlverfahrens kann nur im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden. Das Begehren auf zeitnahe Fortführung des begonnenen Auswahlverfahrens kann durch eine Hauptsacheklage nicht erreicht werden. Der Anordnungsgrund für einen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO ergibt sich aus dem Inhalt des Rechtsschutzbegehrens selbst, das auf eine sofortige Verpflichtung des Dienstherrn gerichtet ist und deshalb bereits aus strukturellen Gründen nur im Wege des Eilrechtsschutzes verwirklicht werden kann (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 22).

13

Der Obliegenheit zur zeitnahen Rechtsverfolgung binnen der Frist von einem Monat nach Zugang der Abbruchmitteilung (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 24) ist die Antragstellerin nachgekommen. Mitgeteilt worden ist ihr der Abbruch des Auswahlverfahrens unter dem 6. August 2015; ihr Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung datiert auf den 1. September 2015.

14

2. Der Antragstellerin steht auch ein Anordnungsanspruch zu, weil die Entscheidung der Antragsgegnerin, das Auswahlverfahren abzubrechen, ihren Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt. Für die Abbruchentscheidung fehlt es an einem hinreichenden sachlichen Grund.

15

a) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Belange, die nicht im Grundsatz der Bestenauswahl verankert sind, dürfen bei der Vergabe öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist. Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Beamten sind nach § 21 Satz 1 BBG regelmäßig zu beurteilen. Dem gesetzlichen Regelungssystem in § 21 Satz 1 und § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG liegt die Vorstellung zugrunde, dass die dienstliche Beurteilung an den Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu orientieren ist, damit sie die Grundlage für nachfolgende Auswahlentscheidungen darstellen kann (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 - 2 C 27.14 - ZBR 2016, 134 Rn. 31). Die dienstlichen Beurteilungen sollen darüber Aufschluss geben, in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes genügt und sich in einem höheren Amt voraussichtlich bewähren wird. Anderen Kriterien darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand leistungsbezogener Kriterien kein Vorsprung eines der Bewerber ergibt (BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 20).

16

Die in Art. 33 Abs. 2 GG normierten Auswahlgrundsätze und der hierauf bezogene Bewerbungsverfahrensanspruch sind auf eine Auswahlentscheidung bezogen. Entfällt diese, weil das ausgeschriebene Amt so nicht mehr vergeben werden soll, gehen auch die hierauf bezogenen Bewerbungsverfahrensansprüche unter. Ein Auswahlverfahren zur Besetzung eines höherwertigen Dienstpostens kann auch durch einen Abbruch beendet werden, wenn der Dienstherr die Stelle zwar weiterhin vergeben will, hierfür aber ein neues Auswahlverfahren für erforderlich hält. Wirksam ist diese Entscheidung indes nur, wenn sie rechtmäßig ist (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - BVerfGK 5, 205 <214 f.>; BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 17). Prüfungsmaßstab hierfür ist Art. 33 Abs. 2 GG. Der Abbruch betrifft nicht die der Organisationsgewalt des Dienstherrn vorbehaltene Entscheidung darüber, ob und welche Ämter er schaffen und wie er seine Dienstposten zuschneiden will (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2012- 2 C 11.11 - BVerwGE 145, 237 Rn. 20). Die Stelle soll vielmehr unverändert bestehen bleiben und auch vergeben werden. Die Entscheidung, das in Gang gesetzte Auswahlverfahren abzubrechen und die Stelle erneut auszuschreiben, bezieht sich allein auf die Vergabe des Amtes.

17

Auch die Ausgestaltung des Auswahlverfahrens hat den Anforderungen des Art. 33 Abs. 2 GG Rechnung zu tragen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22). Verfahrensrechtliche Anforderungen oder Maßnahmen können wesentliche Weichen stellen, die den materiellen Gehalt der nachfolgenden Auswahlentscheidung beeinflussen oder vorherbestimmen (BVerfG, Kammerbeschluss vom 2. Oktober 2007 - 2 BvR 2457/07 - BVerfGK 12, 265 <270 f.>). Durch die mit einem Abbruch verbundene Veränderung des zeitlichen Bezugspunkts der Auswahlentscheidung etwa kann der Bewerberkreis verändert und ggf. auch gesteuert werden (BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 18).

18

Der Abbruch eines Auswahlverfahrens bedarf daher eines sachlichen Grundes, der den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG genügt (BVerfG, Kammerbeschluss vom 28. Februar 2007 - 2 BvR 2494/06 - BVerfGK 10, 355 <358>). Der Dienstherr kann das Auswahlverfahren abbrechen, wenn es fehlerhaft ist und nicht mehr zu einer ordnungsgemäßen Auswahlentscheidung führen kann oder wenn eine erneute Ausschreibung erforderlich wird, um eine hinreichende Anzahl leistungsstarker Bewerber zu erhalten (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012- 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 17). Genügt die Abbruchentscheidung diesen Vorgaben nicht, ist sie unwirksam und das in Gang gesetzte Auswahlverfahren nach dessen Maßgaben fortzuführen. Eine Neuausschreibung darf nicht erfolgen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 28. April 2005 - 1 BvR 2231/02 u.a. - BVerfGK 5, 205 <216> und vom 28. November 2011 - 2 BvR 1181/11 - NVwZ 2012, 366 Rn. 22; BVerwG, Urteil vom 3. Dezember 2014 - 2 A 3.13 - BVerwGE 151, 14 Rn. 19).

19

Die Rechtmäßigkeit des Abbruchs setzt darüber hinaus voraus, dass die Bewerber hiervon rechtzeitig und in geeigneter Form Kenntnis erlangen und der wesentliche Abbruchgrund schriftlich dokumentiert wird (BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2012 - 2 A 7.09 - BVerwGE 141, 361 Rn. 27 f. und vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 19 f.).

20

Die von der Antragsgegnerin erlassenen Bestimmungen über die Beurteilung der Beamtinnen, Beamten und Beschäftigten des Bundesnachrichtendienstes vom 1. Juli 2009 in der geltenden Fassung vom 27. Dezember 2011 enthalten keine weitergehenden Regelungen zu Form und Verfahren des Abbruchs eines Auswahlverfahrens.

21

b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der Abbruch des Auswahlverfahrens im vorliegenden Fall rechtswidrig. Ein sachlicher Grund für den Abbruch liegt nicht vor. Insbesondere fehlte es nicht an aktuellen dienstlichen Beurteilungen.

22

Zutreffend geht die Antragsgegnerin zwar davon aus, dass der von Art. 33 Abs. 2 GG und § 9 Satz 1 BBG geforderte Leistungsvergleich der Bewerber um ein Beförderungsamt anhand aussagekräftiger, d.h. aktueller, hinreichend differenzierter und auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhender dienstlicher Beurteilungen vorgenommen werden muss (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 15 m.w.N.). Erfolgt die Auswahlentscheidung auf der Grundlage dienstlicher Beurteilungen, darf das Ende des letzten Beurteilungszeitraums bei Bundesbeamten zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung nach § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG höchstens drei Jahre zurückliegen. Damit hat der Gesetzgeber eine zeitliche Höchstgrenze festgelegt, derzufolge eine Auswahlentscheidung auf eine dienstliche Beurteilung gestützt werden darf, die zum Zeitpunkt der Auswahl nicht älter als drei Jahre alt ist. Dem entspricht der von der Antragsgegnerin in ihren Beurteilungsbestimmungen unter Ziffer 2.2. festgelegte Rhythmus eines jeweils nahtlos an die vorangegangene Regelbeurteilung anschließenden dreijährigen Beurteilungszeitraums.

23

Der Senat hat darüber hinausgehend entschieden, dass ein Zeitablauf von rund eineinhalb Jahren zu lang ist, wenn der Bewerber nach dem Beurteilungsstichtag wesentlich andere Aufgaben wahrgenommen hat (BVerwG, Urteile vom 11. Februar 2009 - 2 A 7.06 - Buchholz 232 § 23 BBG Nr. 44 Rn. 20 und vom 30. Juni 2011 - 2 C 19.10 - BVerwGE 140, 83 Rn. 23). In einem solchen Fall muss eine Anlassbeurteilung erstellt werden. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin erfordert die Übertragung der Aufgaben aus dem streitgegenständlichen Dienstposten an den Mitbewerber L. indes nicht die Erstellung einer neuen dienstlichen Beurteilung. Denn dessen ohne vorangegangenes Auswahlverfahren erlangter Bewährungsvorsprung auf dem höherwertigen Dienstposten kann im Auswahlverfahren für diesen Dienstposten ohnehin nicht berücksichtigt werden.

24

Der Bewerbungsverfahrensanspruch aus Art. 33 Abs. 2 GG ist auf ein konkretes Verfahren zur Vergabe eines bestimmten öffentlichen Amtes bezogen. Die Bewerber um dieses Amt stehen in einem Wettbewerb, dessen Regeln durch den Grundsatz der Bestenauswahl vorgegeben sind. Die Ansprüche der Bewerber stehen nicht isoliert nebeneinander, sondern sind aufeinander bezogen. Jede Benachteiligung oder Bevorzugung eines Bewerbers wirkt sich auch auf die Erfolgsaussichten der Mitbewerber aus (BVerwG, Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 Rn. 23).

25

Die ohne vorangegangenes Auswahlverfahren - oder sogar entgegen der nach Leistungsgesichtspunkten veranlassten Auswahl - erfolgte Übertragung der Aufgaben aus dem höherwertigen Dienstposten an den Mitbewerber L. kann wegen der darin liegenden, mit Art. 33 Abs. 2 GG unvereinbaren Bevorzugung nicht zu Lasten der Antragstellerin berücksichtigt werden. In Konkurrenzsituationen kommt dem Gebot der Chancengleichheit entscheidende Bedeutung zu. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Bewerber verpflichtet den Dienstherrn während eines laufenden Bewerbungsverfahrens nicht nur zur leistungsgerechten Auswahl, sondern auch zur chancengleichen Behandlung aller Bewerber im Verfahren. Der Dienstherr muss sich fair und unparteiisch gegenüber allen Bewerbern verhalten. Dies schließt es aus, dass er Maßnahmen ergreift, die bei objektiver Betrachtung, d.h. aus der Sicht eines unbefangenen Beobachters, als eine Bevorzugung oder aktive Unterstützung eines Bewerbers erscheinen. Er darf nicht bestimmten Bewerbern Vorteile verschaffen, die andere nicht haben (BVerwG, Urteil vom 29. November 2012 - 2 C 6.11 - BVerwGE 145, 185 Rn. 25).

26

Die "kommissarische" Übertragung des streitgegenständlichen Dienstpostens an einen Mitbewerber im laufenden Auswahlverfahren stellt eine Maßnahme dar, die geeignet ist, diesem Vorteile zu verschaffen. Durch eine derartige - ohne vorangegangenes und den Maßgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG entsprechendes Auswahlverfahren erfolgte - Übertragung höherwertiger Aufgaben erhält ein Bewerber eine Bewährungschance, die andere Bewerber nicht haben. Der hieraus resultierende Vorsprung darf im Auswahlverfahren nicht zu Lasten der Antragstellerin herangezogen werden (vgl. hierzu bereits BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 23. Juni 2005 - 2 BvR 221/05 - ZBR 2006, 165 Rn. 19 ff. und vom 8. Oktober 2007 - 2 BvR 1846/07 u.a. - BVerfGK 12, 284 Rn. 8; BVerwG, Urteil vom 21. August 2003 - 2 C 14.02 - BVerwGE 118, 370 <375>).

27

Unbeschadet des Umstands, dass der Beamte auch für die tatsächlich erbrachte Leistung auf einem rechtswidrig erlangten Dienstposten eine dienstliche Beurteilung erhalten muss (BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2014 - 2 B 7.14 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 61 Rn. 18), dürfen die dort gezeigten Leistungen dem rechtswidrig übergangenen Beamten - dem die Chance auf eine entsprechende Bewährung vorenthalten worden ist - nicht entgegengehalten werden. Soweit der Senat im Urteil vom 4. November 2010 - 2 C 16.09 - (BVerwGE 138, 102 Rn. 60 a.E.) - dort zu einer anders gelagerten Fallkonstellation - Gegenteiliges geäußert hat, hält er daran nicht mehr fest.

28

Das Anliegen, eine dienstliche Beurteilung für die vom Mitbewerber L. auf dem streitgegenständlichen Dienstposten erbrachten Leistungen einzuholen, stellt daher keinen sachlichen Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens dar.

29

c) Liegt unabhängig hiervon - etwa im Hinblick auf die Dauer des Rechtsschutzverfahrens - eine hinreichend aktuelle dienstliche Beurteilung für den Mitbewerber L. nicht mehr vor, kann dieser Mangel von der Antragsgegnerin im Wege der "fiktiven Fortschreibung" einer dienstlichen Beurteilung behoben werden.

30

Nach § 33 Abs. 3 BLV ist die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung fiktiv fortzuschreiben, wenn eine verwertbare aktuelle dienstliche Beurteilung nicht erstellt werden kann. Das Rechtsinstitut der "fiktiven Fortschreibung“ von dienstlichen Beurteilungen ist insbesondere für die Beurteilung freigestellter Mitglieder von Personalvertretungen (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BLV) und für elternzeitbedingte Freistellungen (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BLV) vorgeschrieben. Beispielhaft vorgesehene Anwendungsfälle sind darüber hinaus auch Beurlaubungen für eine Verwendung bei nicht dienstherrnfähigen Einrichtungen, wenn die Vergleichbarkeit der dort erhaltenen Beurteilungen nicht gegeben ist (§ 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV). Die fiktive Fortschreibung wird in der Praxis des Weiteren in anderen vergleichbaren Konstellationen angewandt, etwa bei Beurlaubungen zum Zwecke der Kinderbetreuung (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 5. Oktober 2012 - 1 B 681/12 - ZBR 2013, 162 Rn. 13). Die Aufzählung in § 33 Abs. 3 Satz 1 BLV ist nicht abschließend (vgl. auch Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur BLV vom 14. Juli 2009, zu § 33, letzter Absatz).

31

Wie bei den ausdrücklich in § 33 Abs. 3 BLV benannten Fällen kann auch bei der rechtswidrigen Dienstposteninhaberschaft eine aktuelle dienstliche Beurteilung, die für die Auswahlentscheidung herangezogen werden könnte, nicht erstellt werden. Im Falle der rechtswidrigen Dienstpostenbesetzung ergibt sich das Fehlen einer verwertbaren aktuellen Beurteilung dabei aus rechtlichen Gründen. Die auf dem höherwertigen Funktionsamt erzielten Leistungen dürfen in einer Auswahlentscheidung gegenüber demjenigen Bewerber, der bei der Dienstpostenbesetzung rechtswidrig übergangen worden ist und dem selbst die Chance einer entsprechenden Bewährung daher in fehlerhafter Weise vorenthalten wurde, nicht in Ansatz gebracht werden. In dieser Konkurrentensituation kann die - tatsächlich erbrachte - aktuelle dienstliche Leistung daher nicht verwertet werden. Wie in den durch § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BLV geregelten Fällen mangelnder Vergleichbarkeit kann die hierfür erstellte Beurteilung nicht herangezogen werden.

32

Die "fiktive" Komponente im Falle einer rechtswidrigen Dienstposteninhaberschaft erfordert dabei nur, dass die aus der Aufgabenwahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten unberücksichtigt bleiben. Die fiktive Fortschreibung der letzten dienstlichen Beurteilung kann hier daher durch eine (fiktive) Ausblendung der aus der Höherwertigkeit des Dienstpostens folgenden Tätigkeiten erfolgen. Die dienstliche Beurteilung auf dem höherwertigen Dienstposten muss hierfür um einen Abschnitt ergänzt werden, in dem eine hypothetische Beurteilung der erbrachten Leistungen erfolgt, bei der die aus der Wahrnehmung eines höherwertigen Dienstpostens folgenden Besonderheiten unberücksichtigt bleiben.

33

Da durch das Ausblenden der höherwertigen Aufgabenwahrnehmung eine Vorwirkung auf künftige Auswahlentscheidungen für die Vergabe von Statusämtern vermieden werden kann, ermöglicht die Verwendung des Rechtsinstituts der fiktiven Fortschreibung auch die Vergabe von Funktionsämtern während des Laufs von beamtenrechtlichen Konkurrentenverfahren und vermeidet damit das in der vorliegenden Fallgestaltung offenkundig werdende Problem einer Stellenblockade. Die Aufgaben des ausgeschriebenen Dienstpostens bedürfen zur Sicherstellung des öffentlichen Interesses an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung einer ununterbrochenen Wahrnehmung. Die Vergabe des Funktionsamtes selbst unterliegt dabei auch nicht den Vorgaben aus Art. 33 Abs. 2 GG, solange eine Vorwirkung auf die nachfolgende Statusamtsvergabe vermieden wird. Die Antragsgegnerin ist daher zur vorläufigen Besetzung des höherwertigen Dienstpostens befugt. Sie muss die Auswahlentscheidung aber ggf. nachträglich korrigieren, wenn sie sich im gerichtlichen Verfahren als rechtswidrig erweist. Für diese Überprüfung darf nicht auf einen ggf. erzielten Bewährungsvorsprung des Mitbewerbers zurückgegriffen werden, der auf der Höherwertigkeit des übertragenen Dienstpostens beruht. Steht die Vergabe des höherwertigen Aufgabenbereichs im Streit, muss derjenige Teil der aktuellen dienstlichen Beurteilung daher unberücksichtigt bleiben, der die Wahrnehmung spezifisch höherwertiger Aufgaben betrifft.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 GKG.

(1) Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung sind in der Regel auf der Grundlage aktueller dienstlicher Beurteilungen zu treffen. Frühere Beurteilungen sind zusätzlich zu berücksichtigen und vor Hilfskriterien heranzuziehen. Zur Überprüfung der Erfüllung von Anforderungen, zu denen die dienstlichen Beurteilungen keinen oder keinen hinreichenden Aufschluss geben, können eignungsdiagnostische Instrumente eingesetzt werden. Dies kann insbesondere der Fall sein, wenn erstmals Leitungs- oder Führungsaufgaben übertragen werden sollen. Die §§ 8 und 9 des Bundesgleichstellungsgesetzes sind zu beachten.

(2) Erfolgreich absolvierte Tätigkeiten in einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, in der Verwaltung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union während einer Beurlaubung nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung sind besonders zu berücksichtigen. Langjährige Leistungen, die wechselnden Anforderungen gleichmäßig gerecht geworden sind, sind angemessen zu berücksichtigen.

(2a) Beamtinnen und Beamte, die zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit bei einer Fraktion des Deutschen Bundestages, eines Landtages oder des Europäischen Parlaments beurlaubt sind, sind in entsprechender Anwendung des § 21 des Bundesbeamtengesetzes von der Fraktion zu beurteilen. § 50 Absatz 2 findet in diesen Fällen keine Anwendung. Der Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung richtet sich nach dem Regelbeurteilungsdurchgang der beurlaubenden Dienststelle.

(3) Liegt keine aktuelle dienstliche Beurteilung vor, ist jedenfalls in folgenden Fällen die letzte regelmäßige dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung der Entwicklung vergleichbarer Beamtinnen und Beamten fiktiv fortzuschreiben:

1.
bei Beurlaubungen nach § 6 Absatz 1 der Sonderurlaubsverordnung zur Ausübung einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit, wenn die Vergleichbarkeit der Beurteilung der öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, der Verwaltung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder der öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union mit der dienstlichen Beurteilung nicht gegeben ist,
2.
bei Elternzeit mit vollständiger Freistellung von der dienstlichen Tätigkeit und
3.
bei Freistellungen von der dienstlichen Tätigkeit wegen einer Mitgliedschaft im Personalrat, als Vertrauensperson der schwerbehinderten Menschen oder bei Entlastungen als Gleichstellungsbeauftragte, wenn die dienstliche Tätigkeit jeweils weniger als 25 Prozent der Arbeitszeit beansprucht.
In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 sollen für die fiktive Fortschreibung auch Beurteilungen der aufnehmenden Stelle herangezogen werden.

(4) Haben sich Vorbereitungsdienst und Probezeit um Zeiten verlängert, in denen ein Dienst nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 abgeleistet worden ist, sind die sich daraus ergebenden zeitlichen Verzögerungen angemessen auszugleichen. Zu diesem Zweck kann während der Probezeit befördert werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 32 vorliegen. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für eine Person, die einen der in § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4 genannten Dienste abgeleistet und

1.
sich innerhalb von sechs Monaten nach Beendigung des Dienstes um Einstellung beworben hat,
2.
im Anschluss an den Dienst einen Ausbildungsgang zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb des Abschlusses um Einstellung beworben hat,
3.
im Anschluss an den Dienst einen Ausbildungsgang zum Erwerb eines berufsqualifizierenden Abschlusses begonnen und im Anschluss an den Erwerb des berufsqualifizierenden Abschlusses eine hauptberufliche Tätigkeit nach den §§ 19 bis 21 begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Ableistung der vorgeschriebenen Tätigkeit um Einstellung beworben hat oder
4.
im Anschluss an den Dienst eine hauptberufliche Tätigkeit nach den §§ 19 bis 21 begonnen und sich innerhalb von sechs Monaten nach Ableistung der vorgeschriebenen Tätigkeit um Einstellung beworben hat
und auf Grund der Bewerbung eingestellt worden ist. Nicht auszugleichen sind Zeiten eines Dienstes nach § 15 Absatz 1 Satz 1 Nummer 4, wenn diese als Voraussetzung für die Zulassung zur Laufbahn oder nach § 20 des Bundesbeamtengesetzes berücksichtigt oder auf die Probezeit angerechnet worden sind.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Tatbestand

Der Antragsteller wendet sich gegen die zugunsten eines Konkurrenten ergangene Auswahlentscheidung für einen von der Bundeswehr bei der NATO zu besetzenden Dienstposten.

Das Bundesverwaltungsgericht hat den Bundesminister der Verteidigung wegen nicht hinreichender Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen verpflichtet, über die Besetzung dieses Dienstpostens neu zu entscheiden.

Entscheidungsgründe

...

23

a) Ein Soldat hat grundsätzlich keinen Anspruch auf eine bestimmte örtliche oder fachliche Verwendung oder auf Verwendung auf einem bestimmten Dienstposten. Ein dahingehender Anspruch lässt sich auch nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten. Vielmehr entscheidet der zuständige Vorgesetzte über die Verwendung eines Soldaten nach Maßgabe des dienstlichen Bedürfnisses nach seinem pflichtgemäßem Ermessen (stRspr, vgl. Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 Rn. 43 m.w.N.). Dabei ist zu beachten, dass Art. 33 Abs. 2 GG jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gewährt. Hieraus folgt ein Anspruch eines Bewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169 m.w.N.). Nach der Regelung des § 3 Abs. 1 SG gilt Entsprechendes auch für Verwendungsentscheidungen im militärischen Bereich ("... ist nach Eignung, Befähigung und Leistung ... zu verwenden").

24

Da Eignung, Befähigung und Leistung unbestimmte Rechtsbegriffe wertenden Inhalts sind, steht dem zuständigen Vorgesetzten bei der Entscheidung über die Eignung eines Soldaten für eine bestimmte Verwendung im Sinne des § 3 Abs. 1 SG ein Beurteilungsspielraum zu, den er unter Berücksichtigung des von dem Soldaten wahrzunehmenden Dienstpostens auszufüllen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 26. November 1986 - BVerwG 1 WB 117.86 - BVerwGE 83, 251 <253>). Demzufolge beschränkt sich die gerichtliche Nachprüfung der Eignung insoweit auf die Kontrolle, ob der Vorgesetzte bei der Entscheidung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen des Beurteilungsspielraums verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat (vgl. Beschluss vom 14. September 1999 - BVerwG 1 WB 40, 41 und 42.99 - BVerwGE 111, 22 <23> = Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 21).

25

Festlegungen über die Anforderungen an die Wahrnehmung eines Dienstpostens (etwa in Form einer Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung oder eines Anforderungsprofils) unterliegen als organisatorische Maßnahmen nach Maßgabe militärischer Zweckmäßigkeit zwar nicht der gerichtlichen Kontrolle, binden aber die zuständige Stelle im Auswahlverfahren; ob sie ihre Auswahlentscheidung an der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung bzw. an dem Anforderungsprofil ausgerichtet hat, ist gerichtlich in vollem Umfang überprüfbar (dazu im Einzelnen: Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 39.07 - BVerwGE 133,1 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 49).

26

Die Überprüfung einer militärischen Auswahlentscheidung an den Maßstäben des Art. 33 Abs. 2 GG und des § 3 Abs. 1 SG in Form eines Eignungs- und Leistungsvergleichs zwischen den konkurrierenden Soldaten ist allerdings nicht geboten, wenn der von einem Antragsteller angestrebte und der von ihm innegehabte Dienstposten besoldungsmäßig gleich bewertet sind, es also nicht - wie bei Beförderungsbewerbern - um eine höherwertige Verwendung geht (Beschlüsse vom 26. September 2000 - BVerwG 1 WB 73.00 - Buchholz 236.1 § 3 SG Nr. 23 = NZWehrr 2001, 123 und vom 21. März 2002 - BVerwG 1 WB 78.01 - jeweils m.w.N.; ebenso zur Versetzung oder Umsetzung ohne Statusänderung: Urteil vom 25. November 2004 - BVerwG 2 C 17.03 - BVerwGE 122, 237 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 31). Das gilt indessen nicht, wenn sich die für die Dienstpostenbesetzung zuständige Stelle der Bundeswehr entweder in einer speziellen Ausschreibung oder generell in ständiger Verwaltungspraxis darauf festgelegt hat, dass eine bestimmte Verwendung - ungeachtet ihrer relativen Dotierung - als höherwertig und förderlich anzusehen und deshalb bei einer diesbezüglichen Auswahlentscheidung ein Eignungs- und Leistungsvergleich für die Kandidaten vorzunehmen ist. Darin liegt die verpflichtende Festlegung, auch bei Versetzungsbewerbern die Auswahlentscheidung nach den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG zu treffen (vgl. dazu Urteile vom 25. November 2004 a.a.O. und vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35). Diese Festlegung entfaltet Bindungswirkung im Rahmen des Art. 3 Abs. 1 GG und determiniert zugleich den Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Auswahlentscheidung. Der Bundesminister der Verteidigung hat dazu in seiner Vorlage an den Senat ausgeführt, dass eine Verwendung im Ausland - wie die hier strittige - auch bei gleicher Dotierung der Dienstposten in ständiger Verwaltungspraxis als förderlich angesehen werde und deshalb ein Eignungs- und Leistungsvergleich vorgenommen worden sei.

27

b) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter folgt aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG außerdem die Verpflichtung des Dienstherrn, die seiner Entscheidung zugrundeliegenden wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen (vgl. auch zum Folgenden: Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 50). Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen - deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann - wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen. Schließlich stellt die schriftliche Dokumentation der Auswahlerwägungen sicher, dass die Bewertungsgrundlagen der entscheidenden Stelle vollständig zur Kenntnis gelangt sind; sie erweist sich damit als verfahrensbegleitende Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG (vgl. zum Ganzen BVerfG, Kammerbeschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 - NVwZ 2007, 1178 = ZBR 2008, 169; aus der Rechtsprechung der allgemeinen Verwaltungsgerichte zuletzt etwa NdsOVG, Beschluss vom 14. Januar 2008 - 5 ME 317.07 - NVwZ-RR 2008, 552 = DÖD 2008, 132 m.w.N.; OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 2. September 2009 - 1 M 62.09 - juris Rn. 14 = DÖV 2009, 1007 ). Diese Dokumentationspflicht stellt damit als Instrument der Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes ein Korrektiv zu dem gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum dar. Ob der Dienstherr bei einer Auswahlentscheidung die oben dargelegten formellen und materiellen Grenzen seines Beurteilungsspielraums beachtet und eingehalten oder aber überschritten hat, lässt sich nur mit Hilfe einer hinreichend nachvollziehbaren, aussagekräftigen und schlüssigen Dokumentation seiner maßgeblichen Auswahlerwägungen gerichtlich kontrollieren.

28

Eine entsprechende Verpflichtung zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen hat der Senat auch für Entscheidungen angenommen, die - wie hier - Konkurrenzverhältnisse hinsichtlich militärischer Verwendungen betreffen (vgl. Beschlüsse vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41 und vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - a.a.O. Rn. 36).

29

aa) Die Dokumentationspflicht obliegt grundsätzlich dem "Dienstherrn", wenn er in Ausübung seines Verwendungsermessens und des ihm vorbehaltenen Beurteilungsspielraums eine personenbezogene Auswahlentscheidung trifft. Damit ist primär die Stelle zur Dokumentation der wesentlichen Auswahlerwägungen verpflichtet, die für die zu treffende Auswahlentscheidung zuständig ist. Im Verfahren des Antragstellers ist dies das Personalamt der Bundeswehr als zuständige personalbearbeitende Stelle für die Versetzung von Offizieren bis zum Dienstgrad Oberstleutnant (Art. 4 Abs. 1 Nr. 1 ZDv 14/5 Teil B 125 und Abschnitt C Nr. 16 Buchst. a ZDv 14/5 Teil B 171).

30

Die Dokumentationspflicht kann auch von der gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständigen Beschwerdestelle erfüllt werden, wenn sie eine eigene Sachentscheidung trifft.

31

Innerhalb des durch die Beschwerde abgesteckten Rahmens erlangt die zuständige Beschwerdestelle eine umfassende Kontrollkompetenz über die Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit der truppendienstlichen Ausgangsentscheidung, die die uneingeschränkte Ermessensüberprüfung einschließt. Das ergibt sich aus § 13 Abs. 1 Satz 2 WBO, wonach auch "unsachgemäße" Maßnahmen aufzuheben oder abzuändern sind (vgl. Dau, WBO, 5. Aufl. 2009, § 13 Rn. 15). Die Kontrolle erstreckt sich auch auf die Überprüfung von Entscheidungen, die in Ausübung eines Beurteilungsspielraums ergehen. Die zuständige Beschwerdestelle ist angesichts der in § 13 Abs. 1 Satz 2 WBO verankerten umfassenden Kontroll- undAbänderungskompetenz nicht auf die Prüfung beschränkt, ob ein Vorgesetzter oder eine Dienststelle der Bundeswehr den ihm oder ihr eröffneten Beurteilungsspielraum eingehalten hat, sondern kann die Bewertung und Gewichtung innerhalb dieses Spielraums auch inhaltlich selbst vornehmen; sie ist also insoweit nicht - wie die Gerichte - auf eine Rechtskontrolle beschränkt (ebenso die stRspr für die Kontrollbefugnis im Vorverfahren bei der Anfechtung von dienstlichen Beurteilungen: z.B. Urteile vom 17. Mai 1979 - BVerwG 2 C 4.78 - Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 14 und vom 11. Februar 1999 - BVerwG 2 C 28.98 - BVerwGE 108, 274 = Buchholz 11 Art. 143a GG Nr. 1).

32

Etwas anderes ist nur dann anzunehmen, wenn der Beurteilungsspielraum einem besonderen sachverständigen Gremium (z.B. Prüfungsausschuss, unabhängige Kommission o.Ä.) übertragen ist. Das Gleiche gilt, wenn die Kontrollmöglichkeit der Beschwerdestelle in tatsächlicher Hinsicht dadurch eingeschränkt ist, dass die angefochtene Entscheidung eine nicht wiederholbare, einmalige Prüfungssituation zum Gegenstand hat. Bei der letztgenannten Konstellation kommt zur Wahrung der Rechte des betroffenen Soldaten das verwaltungsinterne Kontrollverfahren zum "Überdenken der Bewertung" durch die Prüfer in Betracht (vgl. dazu Beschluss vom 9. November 2005 - BVerwG 1 WB 50.03 - Rn. 55 - § 27 slv 2002 nr. 1 und in nzwehrr 2006, 124>). Diese Einschränkungen liegen im Fall des Antragstellers nicht vor.

33

Diesen Maßgaben entsprechend unterliegt der Bundesminister der Verteidigung als hier gemäß § 9 Abs. 1 WBO zuständige Beschwerdestelle einer - eigenen - Dokumentationspflicht, wenn er durch Beschwerdebescheid eine eigenständige Auswahlentscheidung trifft oder die Auswahlentscheidung einer personalbearbeitenden Stelle der Bundeswehr abändert. Bestätigt er die Ausgangsentscheidung und weist er die Beschwerde zurück (§ 13 Abs. 3 WBO), kann er, falls eine Dokumentation bis dahin fehlt, in dem Beschwerdebescheid die wesentlichen Auswahlerwägungen niederlegen oder eine vorhandene Dokumentation der personalbearbeitenden Stelle ergänzen oder inhaltlich fortschreiben. Sofern er auf eine eigene Sachentscheidung verzichtet und den Beschwerdevorgang im Wege der Abhilfe an das Personalamt oder die Stammdienststelle der Bundeswehr zum Zweck der Neubescheidung zurückgibt, liegt die Dokumentationspflicht wiederum zunächst bei dieser Stelle.

34

bb) Art und Umfang der Dokumentationspflicht richten sich nach den Umständen des Einzelfalls.

35

Die Dokumentation ist - wie oben dargelegt - grundsätzlich schriftlich zu leisten, in der Regel in einem Auswahlvermerk.

36

Inhaltlich ist nach näherer Feststellung des maßgeblichen Qualifikationsmerkmals und der Bewertung seines Gewichts für die Frage der Eignung der Kandidaten das Ergebnis der Auswahl mit den dafür wesentlichen Erwägungen zu dokumentieren (ebenso: OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 8. September 2008 - 1 B 910/08 - RiA 2009, 84 = ZBR 2009, 276). Soweit die Auswahlentscheidung anhand eines Anforderungsprofils vorzunehmen ist, erstreckt sich die Dokumentationspflicht bei der Gewichtung der einzelnen Qualifikationsmerkmale auch darauf, diese Merkmale zum Anforderungsprofil in Beziehung zu setzen. In welcher Vertiefung dies erfolgen muss, hängt von der Art des betroffenen Dienstpostens und von dessen Anforderungsprofil ab. In der Dokumentation ist auf das Anforderungsprofil etwa dann näher einzugehen, wenn der zu besetzende Dienstposten komplexe Aufgabenfelder oder breit gefächerte Querschnittsaufgaben abdeckt, wenn er neu geschaffen wurde und kein bereits erprobtes "Standard"-Anforderungsprofil aufweist oder wenn bei dem Dienstposten zwischen den Anforderungen bei seiner erstmaligen Besetzung und bei späteren Besetzungen unterschieden werden soll. Bei internationalen Dienstposten in NATO-Dienststellen oder -verbänden kommt hinzu, dass die Anforderungsprofile der "Job Descriptions" in der Regel flexibler formuliert sind, um auf die unterschiedlichen militärischen Ausbildungsgänge in den einzelnen NATO-Staaten Rücksicht zu nehmen; bei diesen Dienstposten muss deshalb in der Dokumentation gekennzeichnet werden, in welcher Weise die internationalen Anforderungsmerkmale in die nationalen Auswahlkriterien, insbesondere in die Ausbildungs- und Verwendungsgänge der Bundeswehr materiell "übersetzt" worden sind.

37

cc) Der maßgebliche Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Auswahlentscheidung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (Beschluss vom 25. April 2007 - BVerwG 1 WB 31.06 - BVerwGE 128, 329 = Buchholz 449 § 3 SG Nr. 41). Denn für die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung kommt es (unter anderem) auf die Erwägungen an, die die personalbearbeitende Stelle in Ausübung ihres Verwendungsermessens und ihres Beurteilungsspielraums definitiv als wesentlich angesehen hat. Daraus folgt, dass eine Dokumentation der Auswahlerwägungen bis zu diesem Zeitpunkt erfolgen muss und nicht - erstmalig oder in ausgewechselter Form - im gerichtlichen Verfahren nachgeschoben werden kann (vgl. Beschluss vom 16. Dezember 2008 - BVerwG 1 WB 19.08 - BVerwGE 133, 13 ).

38

c) Nach diesen Maßstäben ist die Auswahlentscheidung des Personalamtes über die Besetzung der beiden strittigen Dienstposten nicht hinreichend dokumentiert. (wird ausgeführt)


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Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013 wird zurückgewiesen, soweit der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist.

Die Kostenentscheidung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013 wird aufgehoben. Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese jeweils selbst tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren wird, zugleich unter Abänderung der Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Trier vom 7. November 2013, für beide Rechtszüge auf jeweils 17.772,30 Euro festgesetzt.

Gründe

1

Die Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache keinen Erfolg.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, mit dem der Antragsteller seinen Anspruch auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung auf eine der für Justizvollzugshauptsekretäre zum Beförderungstermin am 18. Mai 2013 ausgeschriebenen Stellen der Besoldungsgruppe A 9 Landesbesoldungsordnung - LBesO - zu sichern sucht, im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Der Antragsteller hat keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung). Die getroffene Auswahlentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet zwar an einem Verfahrensfehler (1.). Sie hält allerdings inhaltlich der verwaltungsgerichtlichen Rechtmäßigkeitskontrolle stand (2.). Deshalb ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlvorgangs zum Zuge kommen wird. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist aus diesem Grund nicht erforderlich, um dem Antragssteller effektiven Rechtsschutz für die Durchführung eines Hauptsacheverfahrens zu gewähren (3.).

3

1. Die im Nachgang zum fehlgeschlagenen ersten Beförderungsversuch (vgl. Senatsbeschluss vom 1. August 2013 - 2 B 10667/13.OVG -) ergangene Beförderungsentscheidung zu Gunsten der Beigeladenen leidet daran, dass der Antragsgegner diese nicht auf der Grundlage eines inhaltlich ausreichenden Besetzungsberichts getroffen hat (a). Das Fehlen der schriftlichen Darlegung der Entscheidungskriterien kann auch nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (b).

4

a) Nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung sind bei beamtenrechtlichen Besetzungs- und Beförderungsentscheidungen die hierfür maßgeblichen Auswahlerwägungen vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens schriftlich niederzulegen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007 - 2 BvR 206/07 -, NVwZ 2007, 1178; BVerwG, Beschluss vom 16. Dezember 2008 - 1 WB 19.08 -, NVwZ-RR 2009, 604; OVG RP, Beschlüsse vom 27. August 2008 - 2 B 10588/09.OVG -, vom 27. September 2010 - 2 B 10837/10.OVG - und vom 19. August 2013 - 2 B 10706/13.OVG -). Daran fehlt es hier. Weshalb die Beigeladenen als die am besten geeigneten Kandidaten zu befördern seien, lässt sich weder aus der Vorlage an den Personalrat vom 11. September 2013 noch aus dem Schreiben an die Bevollmächtigten des Antragstellers vom 19. September 2013 mit der erforderlichen Deutlichkeit entnehmen. Vielmehr ist erst durch das weitere Schreiben des Antragsgegners vom 7. Oktober 2013 und den Schriftsatz im gerichtlichen Eilverfahren vom 17. Oktober 2013 (Bl. 18 ff. Gerichtsakte) für den Antragsteller wie auch für das Verwaltungsgericht erstmals erkennbar geworden, auf welche Gründe der Antragsgegner sich bei seiner Entscheidung für die Beigeladenen gestützt hat. Im Zeitpunkt des Zugangs des erstgenannten Schreibens am 9. Oktober 2013 hatte der Antragsteller zur Vermeidung nicht mehr rückgängig zu machender Nachteile aber bereits seinen Eilantrag gestellt (und nach der rund zwei Wochen zuvor erhaltenen Negativmitteilung vom 19. September 2013 auch stellen müssen).

5

b) Der Fehler eines unterlassenen Besetzungsberichts kann im gerichtlichen Verfahren nicht geheilt werden, weil damit der gerichtliche Rechtsschutz für den Betroffenen unzumutbar erschwert würde. Zwar lässt § 114 Satz 2 VwGO die Ergänzung von Ermessenserwägungen im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens zu, nicht aber eine vollständige Nachholung oder Auswechslung der die Auswahlentscheidung tragenden Gründe (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007, a.a.O.; allgemein zur Ergänzung von Ermessenserwägungen auch BVerwG, Urteil vom 5. Mai 1998 - 1 C 17.97 -, BVerwGE 106, 351 [365]; Urteil vom 17. Juli 1998 - 5 C 14.97 - BVerwGE 107, 164, [169] sowie Beschluss vom 20. August 2003 - 1 WB 23/03 -, RiA 2004, 35). Deshalb ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn der Dienstherr – vor allem nach qualifizierten Rügen des unterlegenen Bewerbers – seine tragenden Auswahlerwägungen in einem verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren näher erläutert und, wenn es erforderlich sein sollte, auch in Teilen ergänzt, solange damit die wesentlichen Auswahlgesichtspunkte lediglich bestätigt werden. Eine erstmals im Verlauf eines gerichtlichen Verfahrens erfolgende schriftliche Fixierung der für den Dienstherrn tragenden Erwägungen, die zu der Bewerberauswahl geführt haben, kann dagegen nicht zur Rechtmäßigkeit der Beförderungsentscheidung führen. Andernfalls wäre der gerichtliche Rechtschutz für den unterlegenen Bewerber unzumutbar erschwert. Denn dieser kann zum Zeitpunkt der Stellung seines Eilantrages die Erfolgsaussichten bei einer solchen Verfahrensweise nicht mehr hinreichend sicher einschätzen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 9. Juli 2007, a.a.O.; OVG RP, Beschluss vom 19. August 2013 - 2 B 10706/13.OVG -). So verhält es sich hier, da zum Zeitpunkt des Eingangs des Eilantrags hinreichende Angaben des Antragsgegners zum Eignungs- und Leistungsvergleich der Beamten, die diesen nachvollziehbar gemacht hätten, fehlten.

6

2. Auch wenn aus diesen Gründen die Auswahlentscheidung in formeller Hinsicht fehlerhaft ergangen ist, kann der Antragsteller hieraus für sein Begehren materiell nichts herleiten. Denn der Antragsgegner hat bei seiner Entscheidung über die Vergabe der in Rede stehenden Beförderungsstellen den in Art. 33 Abs. 2 Grundgesetz - GG -, § 9 Beamtenstatusgesetz - BeamtStG - niedergelegten Leistungsgrundsatz beachtet. Dies hat bereits das Verwaltungsgericht im Einzelnen zutreffend dargelegt. Auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses, denen sich der Senat inhaltlich anschließt, wird deshalb gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO verwiesen. Im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen ist lediglich ergänzend auszuführen:

7

Nach Art. 33 Abs. 2 GG, § 9 BeamtStG haben Beamte, die sich um ein Beförderungsamt bewerben, einen verfassungsrechtlich und einfachgesetzlich gesicherten Anspruch darauf, dass der Dienstherr über ihre Bewerbungen ermessens- und beurteilungsfehlerfrei allein nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung entscheidet. Dieser Leistungsgrundsatz wird durch Art. 33 Abs. 2 GG unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistet. Zwar dient die Vorschrift in erster Linie dem Interesse des Dienstherrn und der Allgemeinheit an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Fachliches Niveau und rechtliche Integrität des öffentlichen Dienstes sollen gerade durch die ungeschmälerte Anwendung des Leistungsgrundsatzes gewährleistet werden. Unabhängig hiervon trägt Art. 33 Abs. 2 GG aber auch dem berechtigten Interesse des Beamten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung, indem er ein grundrechtsgleiches Recht auf rechtsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl gewährt (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch, vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 25. November 2011 - 2 BvR 2305/11 -, ZBR 2012, 252; BVerwG, Urteile vom 25. November 2004 - 2 C 17.03 -, BVerwGE 122, 237; vom 4. November 2010 - 2 16.09 -, BVerwGE 138, 102 und vom 30. Juni 2011 - 2 19.10 -, BVerwGE 140, 83; OVG RP, Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, juris; stRspr). Ein Bewerber um ein Beförderungsamt kann danach verlangen, dass der Dienstherr seine Bewerbung nur aus Gründen zurückweist, die durch den Leistungsgrundsatz gedeckt sind.

8

Über diese Auswahlkriterien verlässlich Auskunft zu geben, ist in erster Linie Aufgabe von dienstlichen Beurteilungen, denen deshalb bei einer Auswahlentscheidung regelmäßig vorrangige Bedeutung zukommt. Vor allem im Rahmen der Vergabe von Beförderungsstellen haben dienstliche Beurteilungen die Aufgabe, den mit Verfassungsrang ausgestatteten Grundsatz zu verwirklichen, Beamte nur nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu befördern. Sie sollen so einerseits die nach den konkreten Umständen optimale Verwendung der Beamten gewährleisten und damit die im öffentlichen Interesse liegende Erfüllung hoheitlicher Aufgaben durch Beamte gemäß Art. 33 Abs. 4 GG bestmöglich sichern. Zugleich soll die dienstliche Beurteilung aber auch dem berechtigten Anliegen der Beamten dienen, in ihrer Laufbahn entsprechend ihrer Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung voranzukommen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Oktober 2012 - 2 BvR 1120/12 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, NVwZ-RR 2012, 241, m.w.N.).

9

Ein Beförderungssystem, das bei einem Beurteilungsgleichstand der Bewerber im Gesamtergebnis durch Auswertung einzelner Leistungs- und Befähigungsmerkmale eine vorschnelle Heranziehung leistungsferner Hilfskriterien vermeidet, steht nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 18. Juli 2012 - 2 B 10606/12.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP, m.w.N.) mit dem beamtenrechtlichen Leistungsgrundsatz in Einklang. Voraussetzung ist allerdings, dass der Dienstherr das vollständige Informationspotenzial der Beurteilungen ausschöpft und die Einzelauswertung nicht nur auf Teilbereiche beschränkt (vgl. Beschluss vom 10. September 2013 - 2 B 10781/13.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP).

10

Sämtliche dieser Anforderungen erfüllt die Auswahlentscheidung, wie sie sich nach der Aktenlage und – vor allem – der nachgeholten Benennung der Auswahlkriterien im Schriftsatz vom 17. Oktober 2013 (Bl. 18 ff. Gerichtsakte) darstellt. Danach hat der Antragsgegner die Beförderungsentscheidung ausschließlich auf der Grundlage der letzten nach Nr. 1.2.1 der Verwaltungsvorschrift des Ministeriums der Justiz vom 11. Januar 2006 (2400-5-4) berücksichtigungsfähigen dienstlichen Beurteilungen der Bewerber getroffen. Da hierbei die in die engere Auswahl kommenden Beamten im Gesamtergebnis gleich („Durchschnittlich mit der Tendenz zu überdurchschnittlich“) beurteilt worden sind, hat der Antragsgegner sämtliche der bei allen Bewerbern bewerteten Einzelmerkmale ausgewertet. Dies ist durch die einfache Gewichtung der „stark“ ausgeprägten und eine zweifache Gewichtung der „besonders stark“ ausgeprägten Beurteilungsmerkmale erfolgt. Die Addition dieser dergestalt numerisch gewichteten Einzelnoten ergibt eine Reihung, in welcher der Antragsteller auf dem Rangplatz neun (von insgesamt elf) eingereiht ist. Das reicht bei lediglich fünf noch freien Beförderungsstellen nicht aus, um in ein Amt der Besoldungsgruppe A 9 LBesO eingewiesen zu werden.

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Auf seine Vorgesetztenfunktion kann sich der Antragsteller insoweit nicht erfolgreich berufen. Es entspricht vielmehr der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass in solchen Fällen den Einzelmerkmalen der für Vorgesetzte vorgesehenen Bewertungsmerkmale erst dann eine ausschlaggebende Bedeutung zukommt, wenn bei allen anderen Merkmalen kein Vorsprung zu verzeichnen ist (vgl. Beschluss vom 26. August 2011 - 2 B 10798/11.OVG -, veröffentlicht in ESOVGRP). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, weil alle Beigeladenen bereits in den für alle Bewerber geltenden Beurteilungsmerkmalen einen deutlichen Vorsprung gegenüber dem Antragsteller aufzuweisen haben. Das durfte der Antragsgegner zu Recht als entscheidend für die Beförderungsauswahl ansehen.

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3. Wegen dieser – nach dem Vorstehenden rechtmäßigen – Beförderungsreihung ist nicht davon auszugehen, dass der Antragsteller bei einer fehlerfreien Wiederholung des Auswahlvorgangs zum Zuge kommen wird. Dies ist nach ständiger verfassungs- und verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung aber erforderlich, um durch eine einstweilige Anordnung die Ernennung der Auswahlsieger in einem beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren zu verhindern (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 13. September 2002 - 2 BvR 857/02 -, DVBl. 2002, 1633 und vom 13. Januar 2010 - 2 BvR 811/09 -, juris; OVG RP, Beschluss vom 23. August 2011 - 2 B 10722/11.OVG -). Da der Antragsteller bei diesem, vom Antragsgegner im Rahmen einer Selbstbindung auch künftig anzuwendenden, Beförderungssystem keine realistische Beförderungschance hat, bedarf er keines vorläufigen Rechtsschutzes zur Durchführung eines Hauptsacheverfahrens.

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4. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsgegner trotz Zurückweisung der Beschwerde in der Sache gemäß § 155 Abs. 4 VwGO tragen, weil er die entscheidenden Erwägungen gemäß § 114 Satz 2 VwGO erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeschoben hat (vgl. zur Kostentragung im Falle des Nachschiebens von Gründen Jeromin/Praml, in: Gärditz, VwGO, 2013, § 155 Rn. 18). Eine Kostentragungspflicht in Bezug auf die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen entspricht nicht gemäß § 162 Abs. 3 VwGO der Billigkeit, da diese keine Anträge gestellt und sich somit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO).

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5. Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 5 Gerichtskostengesetz - GKG - in der ab 1. August 2013 geltenden Fassung des Zweiten Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz - 2. KostRMoG) vom 23. Juli 2013 (BGBl. I S. 3714). Maßgebend ist nach dieser neuen kostenrechtlichen Regelung die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG). Da das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts betrifft, ist der Streitwert gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG auf die Hälfte des sich aus Satz 1 der Vorschrift ergebenden Betrags zu reduzieren. Diese Neufassung der für beamtenrechtliche Streitigkeiten maßgeblichen Vorschrift des § 52 Abs. 5 GKG gibt Anlass zu folgenden Ausführungen:

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a) Auch wenn es sich aus der Gesetzesfassung nicht mehr wörtlich ergibt, sind – wie bisher – die zu zahlenden Bezüge bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren aus der mit der Beförderung erstrebten Besoldungsgruppe zu ermitteln (hier: Besoldungsgruppe A 9 LBesO). Darüber hinaus ist für die Berechnung zwar, entsprechend der neuen Vorgabe in § 52 Abs. 5 Satz 2 GKG, das „laufende Kalenderjahr“ maßgebend. Hierbei sind jedoch nicht die individuellen Bezüge eines Antragstellers mit seinen konkret gegebenen Dienstalters- bzw. Erfahrungsstufen heranzuziehen, sondern – gleichfalls wie bisher – das Endgrundgehalt des begehrten Amtes bzw. des höher bewerteten Dienstpostens (vorliegend monatlich 2.962,05 Euro). Das ergibt sich aus Folgendem:

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Gemäß der kostenrechtlichen Grundnorm des § 52 Abs. 1 GKG ist in allen verwaltungsrechtlichen Streitverfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache zu bestimmen. Wegen der weit reichenden Bedeutung, die ein zu niedrig festgesetzter Streitwert für die grundrechtlich durch Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 58 der Verfassung für Rheinland-Pfalz geschützte Berufsausübung der Rechtsanwälte sowie der sonst nach § 67 VwGO zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten zukommt, muss der Streitwert trotz des insoweit den Verwaltungsgerichten eröffneten Ermessens dem wirtschaftlichen Wert des Klageziels entsprechen, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16. Februar 1995 - 1 B 205/93 -, juris).

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Der Senat hält insoweit an seiner langjährigen Rechtsprechung fest, nach der in allen Verfahren, welche die Verleihung eines anderen Amtes betreffen, nicht der Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG, sondern die als beamtenrechtliche Spezialvorschrift anzusehende Regelung in § 52 Abs. 5 GKG heranzuziehen ist (vgl. Beschlüsse vom 28. November 2007 - 2 E 11099/07.OVG -, AS 35, 273, und vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -, juris). Der Senat folgt insoweit nicht der vereinzelt vertretenen Auffassung, wonach bei beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten in Eilverfahren der Regelstreitwert nach § 52 Abs. 2 GKG zugrunde zu legen sei (u. a. BayVGH, Beschluss vom 16. April 2013 - 6 C 13.284 -, BayVBl. 2013, 609; VGH BW, Beschluss vom 23. April 2013 - 4 S 439/13 -, NVwZ-RR 2013, 864), sondern hält an seiner Rechtsauffassung fest, nach der in solchen Fällen die speziellere Regelung des § 52 Abs. 5 GKG anzuwenden ist (z.B. Beschlüsse vom 28. November 2007 - 2 E 11099/07.OVG -, NVwZ-RR 2008, 216 und vom 5. November 2012, - 2 B 10778/12.OVG -, NVwZ-RR 2013, 225; so auch BVerwG, Beschluss vom 20. Juni 2013, - 2 VR 1.13 -, IÖD 2013, 194; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. März 2012 - 6 E 1406/11 -, IÖD 2012, 98; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2013 - OVG 6 L 56.13 -, juris, jeweils m.w.N.). Die Gegenmeinung übersieht, dass der Sach- und Streitstand in beamtenrechtlichen Beförderungsstreitverfahren aufgrund der erstrebten höheren Besoldung genügend Anhaltspunkte für eine – wenn auch nur pauschal – bezifferbare Bestimmung des Streitwertes bietet.

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Maßgebend für die Streitwertberechnung in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und Beförderungsstreitverfahren ist somit die Hälfte vom „Großen Gesamtstatus“ im Sinne § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG (sog. Kleiner Gesamtstatus). Dies war nach der bis zum 31. Juli 2013 geltenden Fassung des § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG die Hälfte vom 13fachen Betrag des Endgrundgehaltes der erstrebten Besoldungsgruppe. In der ab dem 1. August 2013 geltenden Fassung der Kostenregelung ist der Streitwert nunmehr nur noch die Hälfte der Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Dies hat zur Folge, dass jetzt nur noch zwölf und nicht mehr dreizehn Monatsgehälter zugrunde zu legen sind.

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Abgesehen von der durch die Umstellung des Berechnungssystems folgenden Reduzierung würde sich der Streitwert in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und Beförderungsstreitverfahren nochmals erheblich verringern, wenn auf die Bezüge abgestellt würde, die der betreffende Antragsteller – dem Wortlaut von § 52 Abs. 5 GKG in der Fassung des zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes entsprechend – im „laufenden Kalenderjahr“ erhielte. Bei Zugrundelegung des bloßen Wortlauts der Norm käme das Interesse eines Beamten an der Verleihung eines höher besoldeten Amtes nicht seiner Bedeutung entsprechend zum Ausdruck. Dieses Interesse weicht von den sonst vorliegenden Konstellationen durch die weit reichenden wirtschaftlichen Folgen ab. Im Fall des Obsiegens in der Hauptsache erhält der Beamte nämlich regelmäßig eine lebenslange Besoldung und Versorgung aus dem höheren Amt. Die Versorgung wirkt sogar nach dem Tod des Beamten fort, bemisst sich doch auch die anschließende Hinterbliebenenversorgung auf der Grundlage seines letzten Statusamtes.

20

Ein abweichender gesetzgeberischer Regelungswille ist der Entstehungsgeschichte des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes nicht zu entnehmen. § 52 GKG in der geltenden Fassung geht auf den Regierungsentwurf vom 31. August 2012 (Bundestags-Drucks. 17/11471; Bundesrats-Drucks. 517/12) zurück. Dieser Entwurf sollte ausweislich seiner Begründung den Kostendeckungsgrad in verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren verbessern und insbesondere die als zu niedrig angesehene Höhe der Streitwerte in dem als erforderlich angesehenen Umfang erhöhen (vgl. den allgemeinen Teil sowie die Einzelbegründung zu § 52 GKG-E, Bundesrats-Drucks. 517/12, S. 377). Zu dem hier maßgeblichen Fragenkreis heißt es wörtlich:

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„Die Wertvorschrift für Statusstreitigkeiten im öffentlichen Dienst vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit bedarf der Anpassung. Die geltende Regelung entstammt dem bis zum 30. Juni 2004 geltenden Gerichtskostengesetz (...). Nach der Begründung des Regierungsentwurfs beinhaltet der 13fache Betrag des Endgrundgehalts pauschal die durchschnittlich in einem Jahr zu gewährenden Bezüge einschließlich der jährlichen Sonderzuwendungen. Das Endgrundgehalt ist gewählt worden, um ohne Rücksicht auf Familienstand und Dienstalter für alle Ämter, die den gleichen Besoldungsgruppen zugewiesen sind, zu einer einheitlichen Streitwertberechnung zu gelangen (Bundestags-Drucks. 12/6962 S. 62).

22

Mittlerweile sind die Sonderzuwendungen je nach Bundesland unterschiedlich reduziert und zum Teil – wie auch beim Bund – in die monatlichen Bezüge eingerechnet worden. Durch die den Ländern im Zuge der Föderalismusreform übertragene Gesetzgebungskompetenz für die Landesbeamten können sich die Regelungen weiterhin sehr unterschiedlich entwickeln. Dabei können sich auch die Begrifflichkeiten ändern. Daher wird vorgeschlagen, auf den Jahresbetrag der Bezüge abzustellen. (...) Um einen eindeutigen Jahreszeitraum festzulegen, soll auf das laufende Kalenderjahr abgestellt werden. (...) Änderungen der Bezügeansprüche in der Person des Klägers sind nicht zu berücksichtigen.“

23

Auch aus den weiteren Gesetzgebungs-Materialien ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber mit der Gesetz gewordenen Fassung des § 52 GKG von diesen Begründungserwägungen abgerückt ist (vgl. den ersten Gesetzesbeschluss vom 17. Mai 2013, Bundestags-Drs. 381/13 und, nach Durchführung des Vermittlungsverfahrens, den endgültigen Bundestags-Beschluss vom 23. Juli 2013). Vielmehr entspricht die hier vertretene Auffassung auch den Empfehlungen der Ausschüsse (Bundesrats-Drs. 517/1/12):

24

„Wie im Abschlussbericht der Bund-Länder-Arbeitsgruppe "Kostendeckungsgrad in der Justiz" dargelegt wurde, ist der Kostendeckungsgrad in verwaltungs- und finanzgerichtlichen Verfahren noch deutlich geringer als in Verfahren anderer Gerichtsbarkeiten. Die Justiz erbringt also gerade in diesen Bereichen wichtige Leistungen, denen keine angemessenen Gegenleistungen in Form ausreichend hoher Gebühren gegenüberstehen. Eine Ursache für den geringen Kostendeckungsgrad in diesen Bereichen liegt in den vergleichsweise geringen Streitwerten, wovon auch die Begründung des Gesetzentwurfs ausgeht.“

25

Mit diesen gesetzgeberischen Zielsetzungen wäre ein Abstellen auf die individuellen Bezüge eines Antragstellers in beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitverfahren nicht zu vereinbaren. Es verbleibt danach bei der bis zum Inkrafttreten des Zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes bestehenden Rechtslage, nach der in Verfahren der hier vorliegenden Art das Endgrundgehalt der begehrten Besoldungsgruppe des Statusamtes der maßgebende Bezugspunkt für die Streitwertberechnung ist. Trotz der missverständlichen Formulierung in § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 GKG ist deshalb wie bisher das Endgrundgehalt, und zwar aus der Besoldungsgruppe des begehrten Amtes, für die Streitwertberechnung maßgebend. Der sich hiernach ergebende Betrag ist gemäß § 52 Abs. 5 Satz 4 GKG um die Hälfte zu vermindern.

26

b) Eine weitere Reduzierung des Streitwertes um (nochmals) die Hälfte, weil es sich um ein Verfahren zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes handelt, entsprechend der Empfehlung in Nr. 1.5 des aktuellen Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit mit Stand vom 18. Juli 2013, erfolgt nicht. Zwar hat der Senat in der Vergangenheit regelmäßig nach Nr. 1.5 Satz 1 der Empfehlungen des früheren Streitwertkatalogs (NVwZ 2004, 1327) eine Reduzierung um die Hälfte vorgenommen (so zuletzt im Beschluss vom 15. Oktober 2013 - 2 B 10707/13.OVG -). Hieran wird jedoch nicht mehr festgehalten. In derartigen Verfahren wird nämlich regelmäßig die Hauptsache vorweggenommen an, so dass es bei dem für das Hauptsacheverfahren geltenden Streitwert verbleibt (vgl. Nr. 1.5 Satz 2 des Streitwertkatalogs; a. A. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 23. August 2013 - 6 L 56.13 -, juris).

27

Maßgeblich für die Änderung der Streitwertrechtsprechung des Senats ist die Erwägung, dass die Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und Beförderungsstreitverfahren nach der neueren verfassungs- und verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung regelmäßig die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29. Juli 2003 - 2 BvR 311/03 -, NVwZ 2004, 95; BVerwG, Beschluss vom 25. Oktober 2011 - 2 VR 4.11 -, NVwZ-RR 2012, 241). Das führt dazu, dass diese Verfahren den sich aus Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anforderungen gerecht werden müssen und nach Prüfungsmaßstab, -umfang und -tiefe nicht hinter einem Hauptsacheverfahren zurückbleiben dürfen. Deshalb ist eine umfassende tatsächliche und rechtliche Überprüfung der Bewerberauswahl in einfachgesetzlicher wie auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht erforderlich. Wird dabei eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers festgestellt, muss die Ernennung des Beigeladenen bereits dann durch einstweilige Anordnung untersagt werden, wenn die Auswahl des Antragstellers bei rechtsfehlerfreier Auswahl jedenfalls möglich erscheint.

28

Wohl wegen dieser Prüfungsdichte bemisst das Bundesverwaltungsgericht in seiner aktuellen Rechtsprechung den Streitwert in beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren „in Anlehnung an die Streitwertberechnung im Hauptsacheverfahren“ gleichfalls nach dem sog. kleinen Gesamtstatus, ohne den sich hieraus ergebenden Wert nach Nr. 1.5 des Streitwertkataloges nochmals zu vermindern (vgl. Beschluss vom 22. November 2012 - 2 VR 5.12 -, BVerwGE 145, 112; bestätigt durch Beschluss vom 20. Juni 2013 - 2 VR 1.13 -, IÖD 2013, 194). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat aus den oben dargelegten Erwägungen an.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.