Verwaltungsgericht Mainz Urteil, 10. Nov. 2017 - 4 K 1310/16.MZ

ECLI:ECLI:DE:VGMAINZ:2017:1110.4K1310.16.00
bei uns veröffentlicht am10.11.2017

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Tenor

Der Bescheid der Beklagten vom 21. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2016 wird aufgehoben.

Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten wird nachgelassen, die Vollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in einer die Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen einen Beitragsbescheid der beklagten Industrie- und Handelskammer, deren Mitglied er ist.

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Er betreibt im Bezirk der Beklagten eine Unternehmensberatung, für die er zur Gewerbesteuer veranlagt wird.

3

Mit Bescheid vom 21. März 2016 setzte die Beklagte den IHK-Beitrag des Klägers für das Jahr 2016 im Wege der vorläufigen Veranlagung auf der Bemessungsgrundlage des Gewerbeertrags 2013 auf 181,48 Euro fest (davon 172,00 Euro Grundbeitrag und 9,48 Euro Umlage).

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Die Festsetzung beruht auf der Wirtschaftssatzung der Beklagten für das Geschäftsjahr 2016, die die Vollversammlung der Beklagten in ihrer Sitzung am 9. Dezember 2015 beschlossen hat. Darin wird der Wirtschaftsplan 2016 im Erfolgsplan mit Erträgen in Höhe von 8.367.900,00 Euro, Aufwendungen in Höhe von 12.760.200,00 Euro, geplantem Vortrag in Höhe von 0 Euro und einem Saldo der Rücklagenveränderung in Höhe von Minus 4.392.300,00 Euro, sowie im Erfolgsplan mit Investitionseinzahlungen in Höhe von 257.000,00 Euro und mit Investitionsauszahlungen in Höhe von 464.500,00 Euro festgestellt.

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Die Beklagte wirtschaftet nach den Grundsätzen der Doppik. Im Jahresabschluss 2014 waren zum 31. Dezember 2014 eine Ausgleichs- und eine Liquiditätsrücklage jeweils mit 4.700.000,00 Euro, eine Beitragssenkungsrücklage mit 3.530.387,21 Euro und eine Instandhaltungsrücklage mit 300.000,00 Euro ausgewiesen. Ausweislich des Jahresabschlusses 2015 bestanden die Ausgleichs- und die Instandhaltungsrücklage zum 31. Dezember 2015 in unveränderter Höhe fort. Durch Entnahmen zum Ausgleich eines negativen Jahresergebnisses wurde die Beitragssenkungsrücklage dagegen vollständig aufgelöst und die Liquiditätsrücklage auf 4.512.732,87 Euro reduziert. Unter Berücksichtigung der zum Jahresabschluss 2015 vorhandenen Rücklagen und nach Abzug der laut Wirtschaftsplan 2016 geplanten Rücklagenentnahmen für das Jahr 2016 war damit für 2016 eine Ausgleichsrücklage in Höhe von 4.700.000,00 Euro – dies entspricht 36,82 % der geplanten Aufwendungen –, eine Liquiditätsrücklage in Höhe von 120.432,87 Euro und eine Instandhaltungsrücklage in Höhe von 300.000,00 Euro vorgesehen.

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Nach den Angaben in den Jahresabschlüssen 2014 und 2015 dient die Ausgleichsrücklage zum Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen (2015 außerdem: zur Absicherung allgemeiner Risiken) und die Liquiditätsrücklage zur Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Rücklagen für erhöhte Instandhaltungsarbeiten bestehen danach für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude S.-Platz ... in M..

7

Die Rücklagenentwicklung und die zugrundeliegende Risikoprognose war außerdem Gegenstand einer Sitzung der Vollversammlung der Beklagten vom 7. September 2016. Die Vollversammlung nahm darin einstimmig eine Risikoprognose für die Jahre 2015 bis 2016 zustimmend zur Kenntnis, in der die Gesamtrisikosumme der Beklagten – bestehend aus den Einzelrisiken Einbruch und Schwankungen der Gewerbeerträge, Gebührentatbestände, Steuernachzahlungen für die zurückliegenden Jahre, biometrische Risiken Pensionen, Beteiligungen und Mitgliedschaften, IT-Prozesse, Datenschutzvergehen, Rückzahlungsrisiko Fördermittel, fehlerhafte Beschaffungsvorgänge, Verstoß gegen Geheimhaltungsrichtlinie, rechtliche Risiken, Schadensereignisse, Vertragsrisiken, Personal und Finanzbereich – mit 5.436.000,00 Euro für das Jahr 2015 und 5.623.000,00 Euro für das Jahr 2016 beziffert wurde. Außerdem beschloss die Vollversammlung eine geplante Rücklagenentwicklung für das Jahr 2016, wonach die Rücklagen zum 31. Dezember 2016 in Höhe von 4.700.000,00 Euro Ausgleichsrücklage, 120.432,87 Euro Liquiditätsrücklage und 300.000,00 Euro Instandhaltungsrücklage bestehen sollten. Schließlich wurde die Bildung einer Zinsausgleichsrücklage zum 31. Dezember 2016 beschlossen.

8

Den gegen die Beitragsfestsetzung gerichteten Widerspruch des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2016 zurück. Der Beitragsbescheid sei rechtmäßig, insbesondere sei die Rücklagenbildung nicht zu beanstanden und entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem Urteil vom 9. Dezember 2015 (10 C 6/15). Die Beklagte habe bereits im Jahr 2006 durch ihre Vollversammlung den kontinuierlichen Abbau ihrer Rücklagen mittels Beitragssenkung beschlossen und die Beitragssätze für das Wirtschaftsjahr 2007 von 0,35 % auf 0,25 %, für 2008 von 0,25 % auf 0,12 % und seit 2009 bis 2016 von 0,12 % auf 0,05 % gesenkt. Über diese Wirtschaftsplan-Defizitfinanzierung habe sie ihre Rücklagen planmäßig abbauen und damit den niedrigen Beitragssatz finanzieren können. Außerdem habe sie seit dem Jahr 2012 ein Risikomanagementsystem eingerichtet, das die rücklagenrelevanten Risiken erfasse und quantifiziere. Dies ermögliche eine sachgerechte und systematische Ermittlung sowie eine systematische Gewichtung der relevanten Risiken. Die Ausgleichsrücklage, die der Absicherung der Risiken ertragswirksamer Schwankungen diene, sei durch dieses Risikomanagementsystem jährlich mit einer tragfähigen Risikoprognose unterlegt und in ihrer aktuell dotierten Höhe von 4,7 Mio. Euro sachgerecht begründet. Auch die anderen Rücklagen seien ordnungsgemäß dotiert und in ihrer Höhe im Hinblick auf den jeweils verfolgten Zweck angemessen. Es handele sich um zweckgebundene Rücklagen, deren Bildung durch § 15a Abs. 2 Finanzstatut legitimiert sei und die einen hinreichend konkreten Verwendungszweck aufwiesen, der im sachlichen Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung durch die Beklagte stehe. Dies gelte auch für die Beitragssenkungsrücklage, die zum 31. Dezember 2015 aber ohnehin vollständig aufgelöst worden sei und damit für die streitgegenständliche Beitragsveranlagung des Jahres 2016 nicht entscheidungserheblich sei. Die Liquiditätsrücklage werde planmäßig mit dem Jahresabschluss 2016 abgebaut.

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Der Kläger hat am 27. Oktober 2016 Klage erhoben. Der Bescheid sei rechtswidrig, da Mitgliedsbeiträge nur insoweit erhoben werden dürften als nicht anderweitige Mittel zur Verfügung stünden. Die Beklagte könne aber allein aus den zu hoch dotierten Mitteln der Rücklagen ihre laufenden Kosten anderweitig decken. Wegen einer überhöhten Rücklagenbildung beruhe der Beitragsbescheid deshalb auf einer rechtswidrigen Wirtschaftsplanung der Beklagten. Die Rechtswidrigkeit der Wirtschaftsplanung folge zunächst daraus, dass es an einer (formal)ordnungsgemäßen Beschlussfassung der Vollversammlung zur Rücklagenbildung für das Jahr 2016 fehle. Eine solche setze voraus, dass die Mitglieder der Vollversammlung vor der Beschlussfassung über den Haushalt und die Rücklagenbildung umfassend informiert worden seien und dies entsprechend dokumentiert worden sei, was hier nicht erfolgt sei. Auch formelle Fehler der Wirtschaftsplanung führten dabei zur Rechtswidrigkeit der Beitragsveranlagung. Die Annahme der Beklagten, hinsichtlich der Zulässigkeit der Rücklagenbildung komme es allein auf eine materielle Betrachtung an, die sich ggf. auch nachträglich herstellen bzw. begründen ließe, gehe dagegen fehl. Die erforderliche Risikoabschätzung könne nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015 vielmehr nur ex-ante erfolgen. Im Nachhinein könne nicht mehr ermittelt werden, wie die Vollversammlung der Beklagten in Kenntnis der Fakten unter Beachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit gehandelt hätte. Deswegen sei auch eine Korrektur durch eine nachträgliche Beschlussfassung ausgeschlossen, da hierdurch das Gestaltungsrecht bzw. die Gestaltungspflicht der Vollversammlung nicht ausgeübt werden könne. Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2016 sei außerdem materiell rechtswidrig, da die Beklagte bei dessen Aufstellung den ihr zustehenden Gestaltungsspielraum überschritten habe. Die Rücklagenbildung sei überhöht und verstoße gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit. Hinsichtlich der für die erforderliche Risikoprognose maßgeblichen Tatsachengrundlage sei dabei der Jahresabschluss zum Dezember 2014 zugrunde zu legen. Es treffe zwar zu, dass für die Planung des Jahres 2016 ggf. auch auf aktuelle Entwicklungen aus dem Haushaltsjahr 2015 eingegangen werden könne bzw. müsse. Dies gelte aber nur dann, wenn sich anhand der Beratungen und Beschlüsse der Vollversammlung nachvollziehen lasse, welche dieser Entwicklungen tatsächlich in die Beratungen und die Beschlussfassung über den Haushalt 2016 eingeflossen seien. Dies sei von der Beklagten nicht dargelegt, so dass nur die Zahlen des Jahresabschlusses 2014 als Kalkulationsgrößen für die Planung des Jahres 2016 heranzuziehen seien. Auf dieser Tatsachengrundlage sei die Wirtschaftsplanung materiell fehlerhaft, da die Rücklagen zu hoch dotiert seien. Nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015 sei eine pauschale Festlegung von Rücklagen ohne konkrete jährliche Risikoabschätzung unzulässig. Dies gelte auch für die Aufstellung eines Wirtschaftsplans nach den Grundsätzen der Doppik. Daran gemessen sei die Ausgleichsrücklage für das Jahr 2016 rechtswidrig gebildet worden. Unzulässig sei bereits die pauschale Festlegung in dem Finanzstatut der Beklagten, wonach die Ausgleichsrücklage bis zu 50 % der geplanten Aufwendungen betragen dürfe. Daneben sei auch die durch die Vollversammlung der Beklagten beschlossene Dotierung der Rücklagen innerhalb des satzungsrechtlichen Korridors rechtswidrig, da die zum 31. Dezember 2014 bestehende Ausgleichsrücklage in Höhe von 4.700.000,00 Euro den notwendigen Bedarf bei weitem übersteige. Die Beklagte könne nicht ernsthaft behaupten, dass für das Jahr 2016 ein Beitrags- bzw. Ergebniseinbruch in dieser Größenordnung zu befürchten sei. Insoweit seien auch Erfahrungswerte im Hinblick auf eine frühere – hier wohl nicht erfolgte – Inanspruchnahme der Rücklage zu berücksichtigen. Gegen eine Beachtung des Gebots der Schätzgenauigkeit spreche weiter, dass die Beklagte die Ausgleichsrücklage seit dem Jahr 2008 unverändert in gleicher Höhe gebildet habe. Dies sei rechtfertigungsbedürftig, da sich das Haushaltsvolumen in diesen Jahren verändert habe. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte mit der jährlichen Festlegung der Beiträge über die Wirtschaftssatzung die Beitragseinnahmen passgenau steuern könne. Gegen eine sachgerechte Ausübung des Gebots der Schätzgenauigkeit spreche weiter der Konjunkturbericht der Beklagten aus dem Herbst 2015 für das Jahr 2016, wonach sich die Konjunktur stabil auf hohem Niveau bewege und die Unternehmen mit einer Verbesserung ihrer Geschäfte rechneten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass es aus dem normalen Geschäftsbetrieb der Beklagten erhebliche unbekannte Risiken gebe, die eine erhebliche Rücklagenbildung rechtfertigen könnten. Die Behauptung der Beklagten, es handele sich bei der Ausgleichsrücklage um eine Insolvenzrücklage gehe fehl, da die Beklagte kraft Gesetzes nicht insolvenzfähig sei. Letztlich werde durch die Ausführungen der Beklagten zum Rücklagenabbau bestätigt, dass jahrelang rechtswidrig Vermögen gebildet worden sei. Die unzulässig gebildeten Rücklagen habe die Beklagte für den Haushalt 2016 nicht konsequent genug rückgeführt. Fehlerhaft sei weiter, dass neben der Ausgleichsrücklage eine weitere Rücklage in Höhe von 300.000,00 Euro vorgesehen sei, ohne dass erkennbar sei, wofür diese weitere Rücklage benötigt werde. Instandhaltungsarbeiten seien nicht durch eine Rücklage abzusichern, sondern für den laufenden Haushalt einzuplanen und aus ihm zu finanzieren. Anderes könne zwar bei einer Baurücklage für größere Projekte gelten. Solche Rücklagen seien aber an klare Vorgaben gebunden und nur zulässig, wenn ihr Bedarf dem Zweck nach und im Hinblick auf den Zeitpunkt der Inanspruchnahme hinreichend konkretisiert sei. Dies sei hier nicht der Fall. Vielmehr bestätige sich durch den Vortrag der Beklagten, wonach aktuell Leistungsangebote eingeholt würden, dass zum Zeitpunkt der Bildung der Rücklagen bzw. der Beschlussfassung über den Haushalt 2016 die Voraussetzungen zur Bildung oder Schonung einer solchen Rücklage nicht erfüllt gewesen seien.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 21. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2016 aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie trägt vor, der Beitragsbescheid sei rechtmäßig. Sie habe weder im streitgegenständlichen Jahr 2016 noch in den Vorjahren eine unzulässige Vermögensbildung betrieben. Der Vortrag des Klägers sei zu pauschal und unsubstantiiert und nicht geeignet, das Gericht zur umfassenden Prüfung des Finanzgebarens der Beklagten zu veranlassen. Eine vollständige verwaltungsgerichtliche Überprüfung der Wirtschaftsplanungen der Beklagten könne nicht begehrt werden. Die Bildung von Rücklagen sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts prinzipiell zulässig und den Industrie- und Handelskammern stehe hierbei ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Die Rücklage müsse lediglich auf einer sachgerechten und vertretbaren Prognose basieren. Nicht entscheidend sei dagegen, ob sich die Prognose im Nachhinein als richtig erweise. Ebenso wenig müsse die Industrie- und Handelskammer für ihre Prognose eine ganz bestimmte Methode anwenden. Insoweit dürften an das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit keine überzogenen oder strengeren Anforderungen gestellt werden als an die Haushaltsplanung des parlamentarischen Gesetzgebers. Verboten sei lediglich das Verschleiern oder Vortäuschen von Beträgen und Sachverhalten. Außerdem bewirke nicht jeder (auch nur formelle oder finanziell unerhebliche) Fehler in der Wirtschaftsplanung die Rechtswidrigkeit der gesamten Beitragsveranlagung bzw. die Unwirksamkeit des Haushaltsplans oder der Haushaltssatzung des relevanten Jahres. Anderenfalls wäre die beitragsrechtliche Grundlage des betreffenden Beitragsjahres haushaltsrechtlich unheilbar rechtswidrig und die Beklagte könne für das betreffende Jahr keinen rechtmäßigen Beitragsbescheid mehr erlassen, obwohl sie hierzu nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG objektiv-rechtlich verpflichtet sei. Die Heilungsmöglichkeit durch eine Nachtragswirtschaftssatzung stehe einer Industrie- und Handelskammer nach Abschluss eines Wirtschaftsjahres nämlich nicht mehr zur Verfügung. Im Interesse der Finanzierungssicherheit sowie der Abgabengerechtigkeit sei deshalb eine materielle Betrachtungsweise vorzunehmen. Ein rein formaler Fehler habe dagegen nur dann die Rechtswidrigkeit der Beitragsveranlagung zur Folge, wenn er sich inhaltlich auf die Rücklagenhöhe und damit einhergehend auf die Mittelbedarfsfeststellung ausgewirkt habe. Für das IHK-Mitglied sei nämlich allein entscheidend, ob der in der Wirtschaftssatzung festgesetzte Beitragssatz dem Kostendeckungsprinzip entspreche, der durch Beiträge abzudeckende Mittelbedarf also in der Sache richtig sei. Allein ein materieller Ansatz werde auch der Rechtsnatur des Wirtschaftsplans bzw. der Wirtschaftssatzung als Rechtsnorm gerecht. Aus diesem Grund könnten die risikorelevanten Gesichtspunkte – unter Berücksichtigung der geforderten ex ante-Perspektive – noch nachträglich und bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens dargelegt werden. Dagegen komme es nicht auf eine streng formale Sicht an, ob eine Vollversammlung die Risiken im Zeitpunkt der Aufstellung des Wirtschaftsplans konkret und uneingeschränkt validiert und dies dokumentiert habe. Tatsächlich sei die Rücklagendotierung hier aber auch formell ordnungsgemäß erfolgt. Die Anforderungen des Finanzstatuts seien beachtet worden und die Vollversammlung habe sich mit der Rücklagendotierung und den relevanten Aspekten ausreichend befasst. So seien die relevanten Haushaltsfragen zunächst vorbereitend in der Etatkommission und anschließend im Präsidium erörtert worden. Die Mitglieder der Vollversammlung hätten vor der Sitzung alle relevanten Unterlagen (insbesondere die Tagesordnung, die Entwürfe des Wirtschaftsplans sowie der Wirtschaftssatzung und eine Hochrechnung der Daten zum jeweils laufenden Wirtschaftsjahr) erhalten. In der Vollversammlung habe der Hauptgeschäftsführer alle wesentlichen haushaltsrelevanten Einzelpositionen – einschließlich der Informationen über Zweck, Art und Höhe der vorgeschlagenen Rücklagen – im Detail vorgestellt. Vor der Beschlussfassung hätten die Mitglieder Fragen stellen können. Dieses Verfahren entspreche den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts, das auch für die Aufstellung des Wirtschaftsplans einer Industrie- und Handelskammer gelte. Im beschlossenen Gesamtplan seien dagegen weder die Höhe noch die sachliche Berechtigung einzelner Rücklagen abzubilden, sondern lediglich die Entnahmen aus und die Zuführung zu Rücklagen. Der tatsächliche Bestand an Rücklagen werde entsprechend § 85 Nr. 2 der Bundeshaushaltsordnung als Übersicht zur jährlichen Haushaltsrechnung für das abgelaufene Haushaltsjahr offengelegt. Diese Bilanzen würden den Mitgliedern der Vollversammlung übersandt und außerdem im Internet veröffentlicht. Obwohl damit bei der Beschlussfassung im Dezember 2015 bereits alle formellen Voraussetzungen erfüllt gewesen seien, habe sich die Vollversammlung in ihrer Sitzung vom 7. September 2016 nochmals intensiv mit der relevanten Risikobetrachtung befasst und dabei die IHK-spezifischen Risiken sachgerecht und vertretbar quantifiziert. Weiter sei die satzungsrechtliche Regelung eines Rücklagenkorridors im Finanzstatut nicht zu beanstanden. Die konkrete Ausgleichsrücklage sei auch materiell dem Grunde und der Höhe nach rechtmäßig gebildet. Grundlage für die maßgebliche Prognose sei nicht allein der Jahresabschluss 2014, die Beklagte habe vielmehr ergänzend auch die Entwicklungen durch den Wirtschaftsplan 2015 und die Hochrechnung für die Jahre 2015 und 2016 in den Blick zu nehmen. Dabei habe die Ausgleichsrücklage den zulässigen Zweck, haushalterische Risiken abzudecken und diene nach § 15a Abs. 2 des Finanzstatuts dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen. Sie werde gebildet, um eine hinreichende Risikovorsorge zu betreiben und die Beiträge auch bei schwankender Konjunktur stabil halten zu können. Die mit der Ausgleichsrücklage abzufangenden möglichen Schwankungen könnten sich insbesondere ergeben infolge der heterogenen Wirtschaftsstruktur des IHK-Bezirks und der damit einhergehenden vielfältigen Abhängigkeit von strukturellen und gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen bis hin zu der Gefahr mehrjähriger wirtschaftlicher Rezessionen, des Ausfalls mehrerer bzw. großer Beitragszahler, der Orientierung des IHK-Beitrags an der gewerbesteuerlichen Bezugsgröße des Gewerbeertrags und damit der Anlehnung an das Gewerbesteueraufkommen, das hohen Schwankungen unterliege und deshalb zu Schätzungsrisiken bei der Prognoseentscheidung im Rahmen der Haushaltsplanung führe. Hinzugekommen seien im Hinblick auf den seit 2014 erweiterten Rücklagenzweck weitere haushalterische Risiken, so insbesondere infolge möglicher gesetzgeberischer oder durch Rechtsprechungsentwicklung ausgelöste Änderungen im Bereich des Gewerbesteuerrechts oder des IHK-Gesetzes, des Rückgangs von Entgelt- und Gebühreneinnahmen (insbesondere für Prüfungen und berufliche Weiterbildungsveranstaltungen), möglicher Schadensersatzforderungen anderer Kammern und der Prüfungsteilnehmer wegen bundesweiter Wiederholungen bundeseinheitlicher Prüfungen aufgrund schuldhafter Verletzungen der Geheimhaltungspflichten durch Mitarbeiter der Beklagten, möglicher Nachbesteuerung einzelner Tätigkeiten für vergangene Jahre, biometrischer Risiken im Hinblick auf die Pensionsrückstellung, Risiken im Zusammenhang mit den IT-Prozessen und weiterer rechtlicher Risiken. Dieses (nicht abschließende) Risikoszenario liege tatsächlich und jährlich wiederkehrend vor und mache die Vorhaltung einer angemessenen Ausgleichsrücklage zwingend erforderlich. Dagegen könne die Beklagte das Beitragsaufkommen nicht durch die jährliche Festlegung der Beiträge passgenau steuern und die Bestimmung des Schwankungsrisikos auf den Jahreszyklus beschränken, da es zwei bis vier bzw. fünf Jahre dauern könne, bis die Finanzverwaltung die endgültigen Bemessungsgrundlagen melde und das jeweilige Jahr auf dieser Grundlage abgerechnet werden könne, um die daraus resultierenden Nachforderungen oder Rückzahlungen wahrzunehmen. Hinzukomme, dass sich die jeweiligen Konjunkturprognosen nicht auf das laufende Beitragsjahr, sondern erst in künftigen Jahren auswirkten, da die Grundbeiträge und Umlagen zunächst gegenwartsbezogen auf Basis geschätzter Bemessungsgrundlagen veranlagt und erst mehrere Jahre später nach der finanzamtlichen Mitteilung der tatsächlichen Bemessungsgrundlage festgesetzt würden. Die Ausgleichsrücklage sei im Hinblick auf die beschriebenen Schwankungsrisiken auf Basis der Erfahrungen der Beitragsveranlagungen der vergangenen Jahre unter Berücksichtigung der Erfahrungswerte der letzten Konjunkturkrisen gebildet. Es sei dagegen nicht entscheidend, ob die Beklagte die Ausgleichsrücklage in der Vergangenheit habe in Anspruch nehmen müssen. Es handele sich nämlich nach ihrem Sinn und Zweck um eine „Insolvenzrücklage“, die – etwa wie eine Brandschutzversicherung – im Fall der Fälle zur Verfügung stehen und die Handlungsfähigkeit und sachgerechte Aufgabenerfüllung der Beklagten sichern müsse. Zur Ermittlung und Validierung der Risiken habe die Beklagte sei dem Jahr 2012 ein Risikomanagementsystem eingeführt, mit dessen Hilfe die rücklagenrelevanten Risiken ermittelt, quantifiziert und systematisch gewichtet würden. Die Ausgleichsrücklage sei durch dieses System jährlich mit einer tragfähigen Risikoprognose unterlegt und deren Höhe von 4,7 Mio. Euro, die mit 36,8 % der geplanten Aufwendungen am unteren Ende des satzungsrechtlichen Rücklagenkorridors liege, hierdurch sachgerecht und vertretbar begründet. Die Eignung des Risikomanagementsystems für die Risikobewertung sei nochmals im Zuge des Jahresabschlusses 2016 von den Rechnungsprüfern der Beklagten geprüft und testiert worden. Die Rechnungsprüfungsstelle habe hierzu festgestellt, dass für die Dotierung der Ausgleichsrücklage in Umsetzung des Gebots der Schätzgenauigkeit eine Risikoinventur zur Ermittlung des Gesamtrisikovolumens durchgeführt worden sei, hierzu die identifizierten Risiken nach Eintrittswahrscheinlichkeit, Zeitbezug und Schadenshöhen bzw. -bändern bestimmt worden seien, so das maximal zu erwartende Gesamtrisikovolumen gewichtet hergeleitet worden sei und die der Risikoermittlung zugrunde liegenden Annahmen plausibel aus den spezifischen Gegebenheiten abgeleitet worden seien. Weiter seien auch die anderen Rücklagen rechtmäßig dotiert. Die Instandhaltungsrücklage diene einem konkreten Verwendungszweck, der im sachlichen Zusammenhang mit der ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung durch die Beklagte stehe. Die Vorhaltung einer Instandhaltungsrücklage als zweckgebundener Rücklage sei zulässig und die Entscheidung zu deren Bildung sachgerecht und vernünftig. Die Höhe der Rücklage sei im Hinblick auf den verfolgten Zweck angemessen. Die Mittel dienten der Finanzierung von Instandhaltungsmaßnahmen, insbesondere an dem denkmalgeschützten IHK-Gebäude in M.. Der prognostizierte Finanzbedarf für die erforderlichen Instandhaltungsmaßnahmen am Dach, der Fassade und am Heizungssystem dieses Gebäudes betrage etwa 500.000,00 Euro. Hinzu komme ein weiterer Instandhaltungsbedarf an einem IHK-Gebäude in W. in Höhe von etwa 150.000,00 Euro. Der Bedarf sei damit konkret beziffert und die Kostenschätzung durch eine gutachterliche Stellungnahme eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen bestätigt. Nicht einbezogen worden seien dabei die Kosten für laufende Instandhaltungen bzw. Instandsetzungen, die aus dem laufenden Haushalt finanziert würden. Demgegenüber seien die Instandhaltungsrücklagen entgegen der Auffassung des Klägers nicht aus dem laufenden Haushalt zu finanzieren. Geschäfte der laufenden Verwaltung seien nur solche, die gleichsam alltäglich anfielen oder anfallen könnten und keinen solchen Finanzbedarf auslösten, dessen Behandlung in die Budgethoheit der Vollversammlung falle. Ein solches Geschäft liege bei der Beauftragung der betroffenen Instandhaltungsmaßnahmen mit einem höheren sechsstelligen Volumen nicht vor. Die Voraussetzungen zur Bildung der Instandhaltungsrücklage seien auch bereits bei der Beschlussfassung über den Haushalt 2016 erfüllt gewesen. Hinsichtlich der Höhe der Rücklagen müsse schließlich berücksichtigt werden, dass die Beklagte ihre Rücklagen seit Jahren im Wege einer Defizitplanung abgeschmolzen und dadurch die Beitragslast gering gehalten habe. Schließlich seien bei der Bewertung der Rücklagen die Besonderheiten des doppischen Haushalts zu würdigen, wohingegen der vom Bundesverwaltungsgericht entschiedene Fall einen Haushalt betroffen habe, der nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt worden sei. Die Betrachtung einer Rücklage als Mittelreserve sei aber seit Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich und führe zu einem fehlerhaften verwaltungsgerichtlichen Prüfungsansatz. Während Rücklagen in der Kameralistik der Ansammlung liquider Mittel für bestimmte Zwecke gedient hätten und zu 100% mit Barmitteln hinterlegt gewesen seien, seien sie in der Doppik Teil des Eigenkapitals und damit den Passiva zugeordnet. Die Ausweisung eines bestimmten Betrags bei einer Rücklagenposition lasse in einem doppischen System indes nicht den Schluss zu, dass der so zweckbestimmte Betrag tatsächlich zur Verfügung stehe, also der Rechtsträger insoweit „liquide“ sei. Es verbiete sich deswegen – anders als in der Kameralistik – eine Gleichsetzung von Rücklagen und Mittelreserve. Über welches Vermögen die Körperschaft verfüge, lasse sich nur durch den Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen. Bei der Beklagten sei ein derart zweckfreies Vermögen bzw. ungebundene liquide Mittel nicht vorhanden gewesen. Sämtliche Mittel auf der Aktivseite seien für Zwecke zulässiger IHK-Tätigkeiten vorgesehen gewesen bzw. an solche Zwecke gebunden.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze verwiesen, die dem Gericht vorlagen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VerwaltungsgerichtsordnungVwGO –).

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1. Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung ist § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern – Industrie- und Handelskammergesetz, IHKG – i.V.m. § 1 der Beitragsordnung der Beklagten. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Die Beitragserhebung knüpft also nach der gesetzgeberischen Konzeption an eine zweistufige Willensbildung der Industrie- und Handelskammer an. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Dieser gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist – als Plan – im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 12; VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 29).

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a) Die Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung setzt also voraus, dass – auf einer ersten Stufe – die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt und – auf einer zweiten Stufe – der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und die Beitragsordnung im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 13). Demnach ist in einem Beitragsanfechtungsverfahren nicht nur die – hier nicht beanstandete – Umlegung des festgestellten Mittelbedarfs auf die Kammerzugehörigen gerichtlich zu überprüfen, sondern inzident auch die Festsetzung des Mittelbedarfs im Wirtschaftsplan (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 13 und 15; VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 30).

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b) Die gerichtliche Kontrolldichte bei der Überprüfung der Haushaltspläne (Wirtschaftspläne) ist allerdings beschränkt. So kommt den Industrie- und Handelskammern bei deren Aufstellung aufgrund ihrer Selbstverwaltungsautonomie ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt aber, ob die Industrie- und Handelskammer bei der Ausübung dieses Gestaltungsspielraums den hierfür konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegten Rahmen gewahrt hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 16; VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 30). § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet insoweit bei Aufstellung und Ausführung der Wirtschaftspläne die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Außerdem sind nach § 3 Abs. 7a IHKG für die Aufstellung und den Vollzug der Wirtschaftspläne – unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts – die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches anzuwenden. Schließlich sind die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 16). Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt dabei das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 16; BVerfG, Urteil vom 9.7.2007 – 2 BvF 1/04 –, BVerfGE 119, 96 und juris Rn. 104; VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 30). Verletzt ist das Gebot der Schätzgenauigkeit dabei jedenfalls durch bewusst falsche Etatansätze, aber auch durch "gegriffene" Ansätze, die trotz naheliegender Möglichkeiten besserer Informationsgewinnung ein angemessenes Bemühen um realitätsnahe Prognosen zu erwartender Einnahmen oder Ausgaben vermissen lassen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9.7.2007 – 2 BvF 1/04 – BVerfGE 119, 96 und juris Rn. 104).

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c) Bei der Überprüfung von Rücklagen ist weiter zu berücksichtigen, dass den Kammern die Bildung von Vermögen verboten ist. Das schließt die Bildung von Rücklagen zwar nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. Grundsätzlich handelt es sich insoweit bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 16). Insbesondere handelt es sich bei der Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder -ausfällen um einen solchen sachlichen Zweck, der sich im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bewegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 18; VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 34).

21

Weiter muss allerdings auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) – und damit jährlich – erneut treffen. Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 18; VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 31).

22

d) An diesen Grundsätzen ist auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik festzuhalten. So ist die Bildung von angemessenen Rücklagen nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. Dezember 2015, die eine nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellte Haushaltsplanung betraf, ausdrücklich auch nach der Einführung der Verwaltungsdoppik für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften weiterhin notwendig und gehört zu einer geordneten Haushaltsführung (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 16 f. m.w.N.). Die zwischen Kameralistik und Doppik im Hinblick auf Rücklagen bestehenden Unterschiede rechtfertigen aus Sicht der Kammer auch in der Sache kein Abweichen vom Prüfungsmaßstab und -umfang. Zwar werden im doppischen System Rücklagen buchungstechnisch nicht auf der Aktivseite, sondern als Passivposten der Jahresbilanz dargestellt. Die bei Bedarf verfügbaren liquiden Mittel sind demgegenüber allein auf der Aktivseite, insbesondere im Umlaufvermögen, ausgewiesen. Anders als unter der Kameralistik sind die Rücklagen in der Doppik demnach nicht unmittelbar mit liquiden Mittel gleichzusetzen. Allerdings sind auch im doppischen System die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können, da sie nur so den ihnen zugeschriebenen Zweck erfüllen können (vgl. VGH BW, Urteil vom 2.11.2016 – 6 S 1261/14 –, juris Rn. 33 m.w.N.; VG Köln, Urteil vom 15.2.2017 – 1 K 1473/16 –, GewArch 2017, 194 und juris Rn. 69 ff.; VG Braunschweig, Urteil vom 20.4.2017 – 1 A 221/16 –, UA S. 11 f.). Nichts Anderes gilt auch im Falle der Beklagten. Ausweislich der Bilanz 2015 betrug das Umlaufvermögen der Beklagten zum 31. Dezember 2015 11.047.022,25 Euro, davon allein 10.414.480,72 Euro Kassenbestand, Bundesbankguthaben, Guthaben bei Kreditinstituten und Schecks. Die Kammer geht daher davon aus, dass die Rücklagen tatsächlich mit ausreichend liquiden Mitteln hinterlegt waren. Dem steht nicht entgegen, dass das Umlaufvermögen nach den Angaben der Beklagten auf der Passivseite nicht nur die Rücklagen, sondern auch die Pensionsrückstellungen und sonstigen Rückstellungen (laut Bilanz 2015 in Höhe von 19.446.966,12 Euro) finanziere, da diese Rückstellungen – wie die Beklagte eingeräumt hat – auf der Aktivseite außerdem durch die Finanzanlagen in Höhe von 16.743.4006,53 Euro hinterlegt sind.

23

2. Gemessen an den vorgenannten Grundsätzen ist der streitgegenständliche Beitragsbescheid vom 21. März 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2016 rechtswidrig, da die Festsetzung des Mittelbedarfs der Beklagten in ihrem Wirtschaftsplan 2016 den rechtlichen Anforderungen nicht genügt.

24

a) Die Kammer geht zwar davon aus, dass der Wirtschaftsplan 2016 der Beklagten im Hinblick auf die Bildung einer Ausgleichsrücklage in Höhe von 4.700.000,00 Euro nicht zu beanstanden sein dürfte.

25

(1) So dürfte es in formeller Hinsicht zunächst nicht darauf ankommen, ob die dem Wirtschaftsplan und der Rücklagenbildung zugrundeliegende Risikoprognose nur einer materiellen Prüfung aus einer ex ante-Perspektive zu unterziehen ist, oder ob darüber hinausgehend auch zu prüfen ist, ob die Vollversammlung eine den Anforderungen entsprechende Risikoprognose bei Verabschiedung des Wirtschaftsplans tatsächlich vorgenommen und protokolliert hat (für einen formalen Ansatz VG Düsseldorf, Urteil vom 30.3.2017 – 20 K 3225/15 – juris Rn. 350, 360; wohl auch Jahn, GewArch 2016, 263, 269). Auch bei einer formalen Betrachtung wäre ein etwaiger Mangel bei der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung 2016 durch die Vollversammlung der Beklagten am 9. Dezember 2015 nämlich nach Auffassung der Kammer durch die Befassung der Vollversammlung mit der Risikoprognose für das Jahr 2016 in der Sitzung vom 7. September 2016 geheilt worden (für eine solche Heilungsmöglichkeit auch VG Braunschweig, Urteil vom 20.4.2017 – 1 A 221/16 –, UA S. 14 f.; VG Bayreuth, Urteil vom 7.12.2016 – B 4 K 15.580 –, juris Rn. 38 f.; Jahn, GewArch 2016, 263, 269; offen gelassen in VG Düsseldorf, Urteil vom 30.3.2017 – 20 K 3225/15 – juris Rn. 388; nicht vergleichbare Sachverhaltskonstellationen lagen dagegen den Entscheidungen BVerwG, Urteil vom 23.6.2010 – 8 C 20/09 –, BVerwGE 137, 171-179, Rn. 45 ff. und OVG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 20.9.2012 – 1 L 124/11 –, juris Rn. 57 ff. zugrunde).

26

(2) Die Ausgleichsrücklage dient mit dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und der Absicherung allgemeiner Risiken auch einem sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit.

27

(3) Nicht zu beanstanden ist der im Finanzstatut der Beklagten für die Höhe der Ausgleichsrücklage vorgegebene Rahmen. Dies folgt bereits daraus, dass § 15a Abs. 2 Satz 2 des Finanzstatuts der Beklagten vom 1. Januar 2014 – Finanzstatut – nur eine Obergrenze für die Ausgleichsrücklage (höchstens 50 % der geplanten Aufwendungen) festlegt, aber keinen Mindestwert.

28

(4) Schließlich dürfte unter Berücksichtigung des weiten Gestaltungsspielraums der Beklagten hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage kein Verstoß gegen das Gebot der Schätzgenauigkeit vorliegen. Dagegen spricht bereits, dass die Höhe der Ausgleichsrücklage mit 36,82 % der für das Jahr 2016 geplanten Aufwendungen eher im unteren Bereich des Rücklagenkorridors von 30-50 % – wie er zwar nicht im aktuell einschlägigen Finanzstatut der Beklagten, aber in § 15 Abs. 3 Satz 1 des vorhergehenden Finanzstatuts der Beklagten und im Musterfinanzstatut des Deutschen Industrie- und Handelskammertags vorgesehen ist – angesiedelt ist (vgl. dazu VG Braunschweig, Urteil vom 20.4.2017 – 1 A 221/16 –, UA S. 12 f., das bei einer Rücklage von bis zu 50 % der geplanten Aufwendungen sogar von einer Vermutung für die Angemessenheit der Rücklage ausgeht; nach dem VG Düsseldorf, Urteil vom 30.3.2017 – 20 K 3225/15 – juris Rn. 345 f. soll eine solche Vermutung allenfalls unterhalb der 30%-Marke greifen; siehe auch VG Köln, Urteil vom 15.2.2017 – 1 K 1473/16 –, GewArch 2017, 194 und juris Rn. 81 ff.). Vor allem aber hat der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung das Risikomanagementsystem der Beklagten sowie die konkret festgelegte Höhe der Risikopositionen an einzelnen Beispielen für die Kammer nachvollziehbar dargestellt und plausibilisiert. Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich auch aus dem Ergebnisprotokoll der Vollversammlung der Beklagten vom 7. Dezember 2016 kein Widerspruch zu der festgestellten Risikoprognose. Soweit darin auf eine erwartete Schadenshöhe von 2,3 Mio. Euro nach den Berechnungen des alten Risikomanagementsystems verwiesen wird, bezieht sich dieser Betrag nicht auf das Gesamtrisiko, sondern nur auf die einzelne Risikoposition „Geheimhaltung von Prüfungsaufgaben“. Dies ergibt sich nicht nur aus dem Gesamtkontext des Abschnitts, sondern auch aus der im Folgenden vorgenommenen Gewichtung der Schadenshöhe von 2,3 Mio., die zu einem Risikoausmaß in Höhe von 698.000,00 Euro führt; dies entspricht exakt dem Betrag, den die Beklagte für das Risiko „Geheimhaltung von Prüfungsaufgaben“ unter der Position „Verstoß gegen Geheimhaltungsrichtlinie“ in ihre Risikoprognose für 2016 eingestellt hat (vgl. Risiko-Beschreibung der IHK für ... – Anlage I, S. 7). Weiter geht die Kammer davon aus, dass die Frage, ob Rücklagen in der Vergangenheit – ungeplant – in Anspruch genommen werden mussten, zwar indizielle Bedeutung im Rahmen der Risikoprognose erlangen kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 20; VG Düsseldorf, Urteil vom 30.3.2017 – 20 K 3225/15 – juris Rn. 372). Daraus kann aber nicht umgekehrt geschlossen werden, dass die Bildung oder Beibehaltung von angemessenen Rücklagen allein deswegen ausgeschlossen wäre, weil in der Vergangenheit befürchtete Risiken tatsächlich ausgeblieben sind. Schließlich hat der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Beklagten in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass Schwankungen im Beitragsaufkommen entweder im Rahmen der Planerträge oder im Risikomanagement, nicht aber doppelt berücksichtigt werden. Weiter erklärt sich das Gleichbleiben der Ausgleichsrücklage in einer Höhe von 4.700.000,00 Euro über mehrere Jahre nach den Angaben des stellvertretenden Hauptgeschäftsführers der Beklagten plausibel dadurch, dass sich die Beklagte im Interesse der Beitragszahler bewusst für eine Unterdeckung der jeweils festgestellten – höheren – Risiken entschieden habe. Dies dürfte von ihrem weiten Gestaltungsspielraum gedeckt sein. Von „gegriffenen“ Zahlen dürfte vor diesem Hintergrund nicht ausgegangen werden können.

29

b) Allerdings genügt die Instandhaltungsrücklage in Höhe von 300.000,00 Euro nicht den rechtlichen Anforderungen.

30

Die Jahresabschlüsse 2014 und 2015 verweisen als Zweck dieser Rücklage auf „erhöhte Instandhaltungsarbeiten für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude S.-Platz ...“. Diese Zweckbestimmung genügt jedoch den satzungsrechtlich geforderten Anforderungen an eine zweckbestimmte Rücklage nicht, da es an einer Konkretisierung des Zeitpunkts der voraussichtlichen Inanspruchnahme der Rücklage fehlt.

31

Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt – wie bereits festgestellt –, ob die Beklagte bei der Ausübung des ihr zustehenden weiten Gestaltungsspielraums den durch Rechtsnormen angelegten Rahmen gewahrt hat, wobei zu diesem zu beachtenden – und von den Verwaltungsgerichten zu prüfenden – Rahmen ausdrücklich auch ergänzende Satzungsbestimmungen zählen (vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.2015 – 10 C 6/15 –, BVerwGE 153, 315 und juris Rn. 16).

32

Den anzuwendenden Rahmen für zweckbestimmte Rücklagen – wie hier die Instandhaltungsrücklage – bildet § 15a Abs. 2 Sätze 3 bis 5 Finanzstatut. Zwar enthält § 15a Finanzstatut unmittelbar nur Vorgaben für den Jahresabschluss und nicht für den hier zu überprüfenden Wirtschaftsplan, der in den §§ 7 ff. Finanzstatut geregelt ist. Da nach der Regelungskonzeption des Finanzstatuts im Wirtschaftsplan aber nur die Rücklagenveränderungen anzusetzen und auszuweisen sind (vgl. § 7 Abs. 2 Finanzstatut), die Rücklagen selbst dagegen (nur) in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen sind (vgl. § 15a Abs. 2 Satz 4 Finanzstatut), können die satzungsrechtlichen Anforderungen an die Bildung bzw. Beibehaltung von Rücklagen allein § 15a Abs. 2 Finanzstatut entnommen werden. Danach muss die Beklagte zwingend eine Ausgleichsrücklage zum Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen bilden, die bis zu 50 % der Summe der geplanten Aufwendungen betragen kann (vgl. § 15a Abs. 2 Sätze 1 und 2 Finanzstatut). Neben der Ausgleichsrücklage ist zwar gemäß § 15a Abs. 2 Sätze 3 und 4 Finanzstatut die Bildung zweckbestimmter Rücklagen, die in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen sind, zulässig. Allerdings sind nach § 15a Abs. 2 Satz 5 Finanzstatut nicht nur der Verwendungszweck und der Umfang hinreichend zu konkretisieren, sondern auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme. Daran fehlt es hier. Der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage wird weder in den Jahresabschlüssen noch sonst auch nur annähernd umschrieben. Die Jahresabschlüsse 2014 und 2015 enthalten keinerlei Angaben zum geplanten Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage. Auch aus dem Wirtschaftsplan 2016 ergibt sich hierzu nichts. Die Instandhaltungsrücklage war auch nicht Gegenstand der nachträglichen Beschlussfassung am 7. September 2016. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass die Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage für das Jahr 2016 tatsächlich beabsichtigt gewesen sei, hat sich dies weder in den beschlossenen Jahresabschlüssen, dem Wirtschaftsplan noch in einem sonstigen Beschluss der Vollversammlung niedergeschlagen. Auch ein Protokoll der Vollversammlung, aus dem sich dies ergeben würde, hat die Beklagte nicht vorgelegt. Die Sitzung vom 7. September 2016 hatte nur die übrigen Rücklagen zum Gegenstand. Lediglich im Ergebnisprotokoll über die Sitzung der Etatkommission vom 23. November 2015 findet sich der Hinweis, dass die Instandhaltungsrücklage gemäß aktueller Situation in 2016/2017 „angefasst“ werden müsse, da werterhaltende Maßnahmen geplant seien und die 300.000,00 Euro dafür benötigt würden. Vor dem Hintergrund, dass die Instandhaltungsrücklage für das IHK-Gebäude in M. nach Angaben der Beklagten bereits seit dem Jahr 2006 in unveränderter Höhe bestand, ohne dass die erforderlichen Sanierungsarbeiten an Dach, Fassade und Heizung vorgenommen wurden, ist dies jedoch nicht hinreichend konkret. Es ist nicht ersichtlich, dass zum Zeitpunkt der Wirtschaftsplanung bereits konkrete Planungen für eine Sanierung des Gebäudes bestanden. Die vorgelegten Wertermittlungsgutachten für die Gebäude in M. und W. stammen aus dem Oktober 2016 und im Schriftsatz vom 27. Dezember 2016 hat die Beklagte mitgeteilt, dass „aktuell“ Leistungsangebote der potentiellen Auftragnehmer eingeholt würden. Vor diesem Hintergrund kann nicht davon ausgegangen werden, dass aus ex ante-Perspektive bei Aufstellung des Wirtschaftsplans im Dezember 2015 bereits ein Planungsstand erreicht gewesen wäre, der einen Zeitplan für die voraussichtliche Inanspruchnahme der Rücklage ermöglicht hätte.

33

Der Fehler der mangelnden Konkretisierung des Zeitpunkts der voraussichtlichen Inanspruchnahme der Instandhaltungsrücklage ist hier auch nicht deswegen unbeachtlich, weil nach dem Wertermittlungsgutachten zum IHK-Gebäude in M. vom 25. Oktober 2016 – das IHK-Gebäude in W. muss insoweit außer Betracht bleiben, da dieses in der ausgewiesenen Zweckbestimmung nicht genannt wird –wohl tatsächlich ein Sanierungsbedarf in Höhe von rund 500.000,00 Euro und damit in einer Höhe besteht, die den Betrag der Rücklage sogar übersteigt. Wie aus § 15a Finanzstatut folgt, dürfen zweckbestimmte Rücklagen nur gebildet werden, wenn ein entsprechender Bedarf nicht nur in der Höhe, sondern auch in zeitlicher Hinsicht hinreichend konkret vorliegt. Es besteht eine strenge Zweckbindung für „andere“ Rücklagen, die sich auf die zeitliche Dimension erstreckt. Ihre Bildung ist deshalb mit einem Zeitplan unterlegt, innerhalb dessen sie für den vorgesehenen Zweck zu verbrauchen sind (vgl. Jahn, GewArch 2016, 263, 267; siehe auch VG Köln, Urteil vom 16.6.2016 – 1 K 1138/15 –, juris Rn. 55-58; VG Hamburg, Urteil vom 2.3.2016 – 17 K 2912/14 –, juris Rn. 46). Die Anforderungen an eine hinreichende Konkretisierung des Zeitpunkts der voraussichtlichen Inanspruchnahme einer zweckgebundenen Rücklage dienen damit letztlich dem Ziel, die Bildung ungebundener Mittel – und damit versteckten Vermögens – zu verhindern.

34

Insoweit kommt es weiter nicht darauf an, ob ein Fehler in der Wirtschaftsplanung nur dann im Beitragsanfechtungsverfahren berücksichtigt werden darf, wenn er finanziell erheblich ist, sich also auf die Beitragspflicht auswirkt. Dies ist hier nämlich der Fall. Nach Angaben der Beklagten in der mündlichen Verhandlung würde sich ohne den Ansatz der Instandhaltungsrücklage der einzelne Beitrag je Mitglied um etwa 10 Euro reduzieren.

35

Dies führt hier schließlich nicht zu einer nur teilweisen Aufhebung des Beitragsbescheids (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), sondern zur Aufhebung in vollem Umfang, da die exakte Bestimmung der Höhe von einer erneuten Entscheidung der Beklagten, in welcher Höhe und Relation die Grundbeiträge und/oder der Umlagesatz zu reduzieren sind, abhängig wäre (vgl. OVG RP, Urteil vom 23.9.2014 – 6 A 11345/13 –, AS RP-SL 44, 331 und juris Rn. 36 f.).

36

c) Auf eine Überprüfung der Liquiditätsrücklage und der in der Vollversammlung vom 7. September 2016 neu beschlossenen Zinsausgleichsrücklage kommt es demnach nicht mehr an.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

39

Beschluss der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz vom 10. November 2017

40

Der Streitwert wird auf 181,48 € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

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2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

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a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Der Haushaltsrechnung sind Übersichten beizufügen über

1.
die über- und außerplanmäßigen Ausgaben einschließlich der Vorgriffe und ihre Begründung,
2.
die Einnahmen und Ausgaben sowie den Bestand an Sondervermögen und Rücklagen,
3.
den Jahresabschluß bei Bundesbetrieben,
4.
die Gesamtbeträge der nach § 59 erlassenen Ansprüche nach Geschäftsbereichen,
5.
die nicht veranschlagten Einnahmen aus der Veräußerung von Vermögensgegenständen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
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Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
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Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die Industrie- und Handelskammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts.

(2) Die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer werden, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.

(3) Als Beiträge erhebt die Industrie- und Handelskammer Grundbeiträge und Umlagen. Der Grundbeitrag kann gestaffelt werden; dabei sollen insbesondere Art, Umfang und Leistungskraft des Gewerbebetriebes berücksichtigt werden. Natürliche Personen und Personengesellschaften, die nicht in das Handelsregister eingetragen sind, und eingetragene Vereine, wenn nach Art oder Umfang ein in kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb nicht erforderlich ist, sind vom Beitrag freigestellt, soweit ihr Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz oder soweit für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermessbetrag nicht festgesetzt wird, ihr nach dem Einkommensteuergesetz ermittelter Gewinn aus Gewerbebetrieb 5 200 Euro nicht übersteigt. Die in Satz 3 genannten natürlichen Personen sind, soweit sie in den letzten fünf Wirtschaftsjahren vor ihrer Betriebseröffnung weder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit erzielt haben, noch an einer Kapitalgesellschaft mittelbar oder unmittelbar zu mehr als einem Zehntel beteiligt waren, für das Geschäftsjahr einer Industrie- und Handelskammer, in dem die Betriebseröffnung erfolgt, und für das darauf folgende Jahr von der Umlage und vom Grundbeitrag sowie für das dritte und vierte Jahr von der Umlage befreit, wenn ihr Gewerbeertrag oder Gewinn aus Gewerbebetrieb 25.000 Euro nicht übersteigt. Wenn nach dem Stand der zum Zeitpunkt der Verabschiedung der Wirtschaftssatzung vorliegenden Bemessungsgrundlagen zu besorgen ist, dass bei einer Industrie- und Handelskammer die Zahl der Beitragspflichtigen, die einen Beitrag entrichten, durch die in den Sätzen 3 und 4 genannten Freistellungsregelungen auf weniger als 55 vom Hundert aller ihr zugehörigen Gewerbetreibenden sinkt, kann die Vollversammlung für das betreffende Geschäftsjahr eine entsprechende Herabsetzung der dort genannten Grenzen für den Gewerbeertrag oder den Gewinn aus Gewerbebetrieb beschließen. Wird für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag festgesetzt, ist Bemessungsgrundlage für die Umlage der Gewerbeertrag nach dem Gewerbesteuergesetz, andernfalls der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn aus Gewerbebetrieb. Bei natürlichen Personen und bei Personengesellschaften ist die Bemessungsgrundlage um einen Freibetrag in Höhe von 15.340 Euro zu kürzen. Die Kammerzugehörigen sind verpflichtet, der Kammer Auskunft über die zur Festsetzung der Beiträge erforderlichen Grundlagen zu geben, soweit diese nicht bereits nach § 9 erhoben worden sind; die Kammer ist berechtigt, die sich hierauf beziehenden Geschäftsunterlagen einzusehen. Kapitalgesellschaften, deren gewerbliche Tätigkeit sich in der Funktion eines persönlich haftenden Gesellschafters in nicht mehr als einer Personenhandelsgesellschaft erschöpft, kann ein ermäßigter Grundbeitrag eingeräumt werden, sofern beide Gesellschaften derselben Kammer zugehören. Gleiches gilt für Gesellschaften mit Sitz im Bezirk einer Kammer, deren sämtliche Anteile von einem im Handelsregister eingetragenen Unternehmen mit Sitz in derselben Kammer gehalten werden.

(4) Natürliche und juristische Personen und Personengesellschaften, die in der Handwerksrolle oder in dem Verzeichnis nach § 19 der Handwerksordnung eingetragen sind und deren Gewerbebetrieb nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, sind beitragspflichtig, wenn der Umsatz des nichthandwerklichen oder nichthandwerksähnlichen Betriebsteils 130.000 Euro übersteigt. Kammerzugehörige, die Inhaber einer Apotheke sind, werden mit einem Viertel ihres Gewerbeertrages oder, falls für das Bemessungsjahr ein Gewerbesteuermeßbetrag nicht festgesetzt wird, ihres nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinns aus Gewerbebetrieb zum Grundbeitrag und zur Umlage veranlagt. Satz 2 findet auch Anwendung auf Kammerzugehörige, die oder deren sämtliche Gesellschafter vorwiegend einen freien Beruf ausüben oder Land- oder Forstwirtschaft auf einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Grundstück oder als Betrieb der Binnenfischerei Fischfang in einem im Bezirk der Industrie- und Handelskammer belegenen Gewässer betreiben und Beiträge an eine oder mehrere andere Kammern entrichten, mit der Maßgabe, dass statt eines Viertels ein Zehntel der dort genannten Bemessungsgrundlage bei der Veranlagung zu Grunde gelegt wird.

(5) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Kosten, welche mit der Begründung, Unterhaltung oder Unterstützung von Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) verbunden sind, Sonderbeiträge von den Kammerzugehörigen derjenigen Gewerbezweige erheben, welchen derartige Anlagen und Einrichtungen ausschließlich oder in besonderem Maße zugute kommen. Den Beteiligten ist vor Begründung solcher Anlagen und Einrichtungen Gelegenheit zur Äußerung zu geben.

(6) Die Industrie- und Handelskammer kann für die Inanspruchnahme besonderer Anlagen und Einrichtungen (§ 1 Abs. 2) oder Tätigkeiten Gebühren erheben und den Ersatz von Auslagen verlangen.

(7) Sonderbeiträge gemäß Absatz 5 werden nach Maßgabe einer Sonderbeitragsordnung, Gebühren und Auslagen nach Absatz 6 nach Maßgabe einer Gebührenordnung erhoben. In der Beitragsordnung, der Sonderbeitragsordnung sowie in der Gebührenordnung ist Erlaß und Niederschlagung von Beiträgen, Gebühren und Auslagen zu regeln.

(7a) Für das Rechnungswesen, insbesondere Rechnungslegung und Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans und den Jahresabschluss der Industrie- und Handelskammern sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung in sinngemäßer Weise nach dem Dritten Buch des Handelsgesetzbuches in der jeweils geltenden Fassung anzuwenden. Das Nähere wird durch Satzung unter Beachtung der Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts geregelt.

(8) Hinsichtlich der Beiträge, Sonderbeiträge, Gebühren und Auslagen sind

für die Verjährung
die Vorschriften der Abgabenordnung über die Verjährung der Steuern vom Einkommen und Vermögen,
für die Einziehung und Beitreibung
die für Gemeindeabgaben geltenden landesrechtlichen Vorschriften
entsprechend anzuwenden. Durch Landesrecht kann Verfahren und Zuständigkeit für Einziehung und Beitreibung abweichend geregelt werden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
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Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
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Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
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Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
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Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
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Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
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Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
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Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - geändert. Der Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem IHK-Beitrag durch die beklagte Industrie- und Handelskammer (IHK) für das Jahr 2013.
Die Vollversammlung der Beklagten beschloss in ihrer Sitzung am 29.11.2012 die Wirtschaftssatzung für das Geschäftsjahr 2013, in der unter anderem der Wirtschaftsplan 2013 festgestellt und bestimmt wird, dass eine Umlage in Höhe von 0,17 v.H. des Gewerbeertrages/Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb erhoben wird. Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplans wird durch das von der Vollversammlung der Beklagten beschlossene Finanzstatut geregelt.
In § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 heißt es:
„Um Schwankungen im Beitragsaufkommen auszugleichen, ist eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt. Daneben kann eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Sie ist Bestandteil der „anderen Rücklagen“.
In § 15a Abs. 1 und Abs. 2 des am 18.07.2014 beschlossenen Finanzstatuts heißt es:
1. Die Nettoposition ergibt sich als Unterschiedsbetrag zwischen Vermögen und Schulden unter Berücksichtigung von Rücklagen zum Stichtag der Eröffnungsbilanz. Sie kann bei erheblicher Änderung der aktuellen Verhältnisse beim unbeweglichen Sachanlagevermögen im Vergleich zum Eröffnungsbilanzstichtag angepasst werden. Sie darf im Regelfall nicht größer sein als das zur Erfüllung der Aufgaben der IHK notwendige, um Sonderposten (siehe Absatz 4) verminderte Sachanlagevermögen.
2. Die IHK hat eine Ausgleichsrücklage zu bilden. Diese dient dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen und beträgt 25 - 50 Prozent der Summe der geplanten Aufwendungen. Sollten die Entnahmen den Stand unter 25 Prozent bringen, soll die IHK in angemessenem Zeitraum wieder die Mindestdotierung erreichen. Die Bildung zweckbestimmter Rücklagen ist zulässig. Sie sind in der Bilanz oder im Anhang zum Jahresabschluss gesondert einzeln auszuweisen. Der Verwendungszweck und der Umfang sind hinreichend zu konkretisieren, wie auch der Zeitpunkt der voraussichtlichen Inanspruchnahme.“
Hinsichtlich der von der Beklagten im Rahmen der Wirtschaftsplanung gebildeten Rücklagen wurde der Vollversammlung am 29.11.2012 folgende Übersicht vorgelegt:
        
31.12.07
31.12.08
31.12.09
31.12.10
31.12.11
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.422.028,55
2.619.248,19
2.715.748,19
2.757.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.441.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
 988.758,38
 988.758,38
1.306.087,18
1.382.087,18
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 0,00
 400.000,00
 517.777,57
 817.777,57
 817.777,57
        
6.389.312,91
7.088.532,55
7.518.138,92
7.936.338,92
8.962.690,37
10 
        
Plan
31.12.12
Plan
31.12.13
I. Nettoposition
1.638.800,00
1.638.800,00
II. Ausgleichsrücklage
2.777.948,19
2.777.948,19
III. Liquiditätsrücklage
1.339.725,98
1.339.725,98
IV. Andere Rücklagen
2.388.438,63
2.388.438,63
V. Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle
 617.777,57
 435.777,57
        
8.762.690,37
8.580.690,37
11 
Nach dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 beträgt die Ausgleichsrücklage (II.) 34,1 v.H., die Liquiditätsgrundlage (III.) 16,4 v.H. und die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle (V.) 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes. Zudem wurde für das Jahr 2013 eine Gebäudeinstandhaltungsrücklage in Höhe von 2.388.438,63 EUR veranschlagt.
12 
Die Klägerin betreibt seit dem Jahr 1996 einen Textileinzelhandel und ist seitdem Mitglied der Beklagten. Mit Bescheid vom 01.03.2013 setzte die Beklagte für das Jahr 2013 vorläufig einen Jahresbeitrag in Höhe von 696,17 EUR fest.
13 
Gegen den Beitragsbescheid legte die Klägerin am 27.03.2013 Widerspruch mit der Begründung ein, die Kalkulation des Beitrages beruhe auf einer unzulässigen Vermögensanhäufung seitens der Beklagten. Die Rücklagen der Beklagten betrügen rund 99 Prozent der für das Jahr 2013 geplanten Gesamtaufwendungen. Dies widerspreche der gesetzlichen Verpflichtung aus § 3 Abs. 2 IHKG.
14 
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Eine unzulässige Vermögensbildung liege nicht vor. Die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage hielten sich in dem vom Finanzstatut vorgesehenen Rahmen. Die weitere Ausgleichsrücklage für Beitragsausfälle sei zu Beginn der Wirtschaftskrise zu dem Zweck eingerichtet worden, die durch die Krise bedingten und befürchteten Rückgänge der Beitragseinnahmen auszugleichen und möglichen Beitragserhöhungen vorzubeugen. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage beträfe den Neubau ihres Bildungszentrums in ... sowie das Verwaltungsgebäude in ....
15 
Die Klägerin hat am 08.05.2013 Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben und die Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 01.03.2013 und ihres Widerspruchsbescheids vom 10.04.2013 beantragt.
16 
Mit Urteil vom 21.11.2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Die vorläufige Beitragsfestsetzung sei rechtmäßig. Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 3 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Sätze 1 und 2 IHKG seien erfüllt, die Höhe des festgesetzten Beitrags für das Geschäftsjahr 2013 sei nicht zu beanstanden. Der Beitragsbescheid sei auch nicht wegen unzulässiger Vermögensbildung durch Rücklagen rechtswidrig. Angemessene Rücklagen seien Kosten der IHK im Sinne des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG. Rechtliche Bedenken gegen die Bildung der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage bestünden nicht. Beide Rücklagen entsprächen den Vorgaben des Finanzstatuts der Beklagten und den Grund-sätzen ordnungsgemäßer Haushaltsführung. Die Ausgleichsrücklage solle konjunkturbedingte Schwankungen im Beitragsaufkommen auffangen, die Liquiditätsrücklage diene der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten. Die Gebäudeinstandhaltungsrücklage werde zweckgebunden gebildet und eingesetzt. Die weitere Ausgleichsrücklage entspreche umsichtigem Wirtschaften und Handeln und damit einer geordneten Haushaltsführung. Sie sei eingerichtet worden, als zu Beginn der Wirtschaftskrise vor einigen Jahren massive Beitragsausfälle befürchtet worden seien. Nachdem sich diese Befürchtungen nicht bestätigt hätten, sei die Rücklage bereits in den Beitragsjahren 2012 und 2013 teilweise zur Beitragssenkung herangezogen worden. Es bestünden keine Bedenken gegen die Angemessenheit der Rücklagen. Unter Berücksichtigung des der Beklagten im Rahmen des Satzungsrechts zustehenden Gestaltungsspielraums könne nicht erkannt werden, dass die in dem Finanzstatut enthaltenen Obergrenzen für die Ausgleichs- und die Liquiditätsrücklage nicht hinnehmbar seien. Es sei insoweit auch zu berücksichtigen, dass die jeweiligen Beitragsbescheide erst im Frühjahr jedes Beitragsjahres erlassen würden, wohingegen der laufende Betrieb unabhängig vom Eingang der Beiträge zu finanzieren sei.
17 
Nach Zulassung der Berufung durch den Senat hat die Klägerin mit innerhalb der verlängerten Berufungsbegründungsfrist eingegangenem Schriftsatz zur Begründung der Berufung unter anderem ausgeführt: Die Bildung der nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen (Ausgleichsrücklagen, Liquiditätsrücklage) sei ermessensfehlerhaft. Dies führe zu einer unzulässigen Vermögensbildung und damit zu einem Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG, weswegen der angefochtene Bescheid aufzuheben sei. Der Vollversammlung hätte sich aufdrängen müssen, dass eine strukturelle Bildung von - wie es die Vergangenheit gezeigt habe - überflüssigen Rücklagen auf Kosten von Pflichtbeiträgen mit höherrangigem Recht nicht vereinbar sei. Die Beklagte habe selbst eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Darüber hinaus führten die Rücklagen im streitigen Beitragsjahr zu einer unzulässigen Vermögensbildung. Die nicht unmittelbar zweckgebundenen Rücklagen machten einen Anteil von über 50 Prozent der jährlichen Betriebsaufwendungen aus. Die Nettoposition sei ebenfalls noch mit einzubeziehen, wenn sie mit liquiden Mitteln hinterlegt sei. Die Anhäufung dieser Rücklagen sei willkürlich. Die Beklagte habe eingeräumt, dass die Ausgleichsrücklage reduziert und die Liquiditätsrücklage abgeschafft werden solle. Daraus sei zu folgern, dass die Rücklagenbildung im Jahr 2013 unangemessen hoch gewesen sei. Die von der Beklagten in Bezug genommene Senkung der Umlagesätze im Rahmen der Wirtschaftssatzung 2013 könne einen in der Vergangenheit begründeten Fehler, durch den ein höherer Beitrag zustande gekommen sei, nicht heilen.
18 
Die Klägerin beantragt,
19 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. November 2013 - 4 K 1546/13 - zu ändern und den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 aufzuheben.
20 
Die Beklagte beantragt,
21 
die Berufung zurückzuweisen.
22 
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und macht ergänzend geltend: Bei der IHK-Haushaltsgestaltung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die nach den Maßstäben des § 114 VwGO verwaltungsgerichtlich überprüfbar sei, sondern um eine (normative) Entscheidung, für die der Vollversammlung der jeweiligen Kammer ein weiter Gestaltungs- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen sei. Vor diesem Hintergrund seien ihre Haushaltsentscheidungen über die Bildung von Rücklagen rechtlich nicht zu beanstanden. Die Vollversammlung habe hierüber in Kenntnis der relevanten Hintergründe beschlossen. Dies habe auf entsprechenden Planungen und Prognosen beruht. Die Rücklagen hielten sich innerhalb des durch das Finanzstatut gesetzten Rahmens. Das Finanzstatut sei wirksames Binnenrecht. Die dort gesetzten Höchstgrenzen seien nicht als unangemessen hoch anzusehen. Die im Streit stehenden Rücklagen lägen weit unterhalb der jeweiligen Höchstgrenzen. Die Rücklagen dienten sachlichen Zwecken. Sie habe mehrfach gemäß der Beschlüsse der Vollversammlung vom 30.11.2004, 01.12.2005 und 30.11.2006 in Höhe von insgesamt 1,78 Millionen EUR zum Ausgleich des jeweiligen Jahresabschlusses auf die Rücklagen zurückgegriffen. Dass die Liquiditätsrücklage auf Grund des neuen Finanzstatuts aufgelöst werden solle, ändere nichts an ihrer legitimen Bildung im streitgegenständlichen Beitragsjahr. Selbst wenn eine unzulässige Rücklagenbildung unterstellt würde, habe dies nicht die Rechtswidrigkeit der Beitragserhebung zur Folge.
23 
Das Berufungsverfahren hat im Hinblick auf das beim Bundesverwaltungsgericht anhängig gewesene Revisionsverfahren 10 C 6.15 vom 06.10.2015 bis zum 09.02.2016 geruht.
24 
Im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 - (BVerwGE 153, 315) hat die Klägerin weiterhin geltend gemacht: Die Bildung von Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen vor und in dem streitigen Beitragsjahr 2013 sei - unter vollständiger Verkennung des vom Bundesverwaltungsgerichts hervorgehobenen Grundsatzes der Schätzgenauigkeit - offensichtlich unwirtschaftlich, unvernünftig und mit einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung nicht zu vereinbaren. Die Beklagte habe keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die die Prognose hätten rechtfertigen können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstiger Beitragsentwicklung und ungünstigen Zahlungseingängen zu Beitragsausfällen bzw. -schwankungen und/oder Liquiditätsengpässen von rund 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen würde. Sie habe vielmehr eingeräumt, dass nicht einmal die „weitere“ Ausgleichsrücklage habe beansprucht werden müssen. Die Beklagte habe die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose nach dem Prinzip der Schätzgenauigkeit nicht vorgenommen, sondern sich lediglich darauf berufen, dass sich die Rücklagenhöhe im Rahmen ihres Binnenrechts (Finanzstatut) bewege. Der Beitragsbescheid erweise sich zudem allein auf Grund der Bildung einer zweiten Ausgleichsrücklage als rechtswidrig. Einer doppelten Ausgleichsrücklage fehle eine Rechtsgrundlage. Sie sei nicht zur Bewältigung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten erforderlich gewesen. Die Beklagte habe auch keinerlei materielle Begründung für den Bedarf dieser Rücklage vorgelegt. Während es für die „normale“ Ausgleichsrücklage und die Liquiditätsrücklage wenigstens noch Versuche einer Rechtfertigung durch die Beklagte gebe, fehlten diese im Hinblick auf die zweite Ausgleichsrücklage gänzlich. Angesichts des Umstandes, dass die Beklagte diese Rücklage erst im Jahr 2008 eingeführt und im November 2011 die Auflösung dieser Rücklage bis zum Jahr 2016 beschlossen habe, habe sie es versäumt darzulegen, welche speziellen Risiken die Bildung dieser Rücklage in den Jahren 2008 bis 2016 im Unterschied zu den Jahren davor und den Jahren danach erforderlich werden ließen. Hinsichtlich der Liquiditätsrücklage habe die Beklagte - nicht nachvollziehbar - ein mögliches Inanspruchnahmerisiko von 478.000 EUR angegeben. Damit sei eingestanden, dass die Rücklage mit 1.339.000 EUR deutlich überdotiert gewesen sei. Für die Baurücklage fehle es an der notwendigen zeitlichen und sachlichen Konkretisierung.
25 
Die Beklagte hält dem entgegen: Die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts seien mit Blick auf die Besonderheiten der IHK-Wirtschaftsplanung punktuell unscharf. Soweit das Bundesverwaltungsgericht im unmittelbaren Kontext des Rücklagenzwecks von einer Mittelreserve spreche, sei eine solche Betrachtung in den Zeiten der kameralen Haushaltsführung noch zutreffend gewesen, aber nach Einführung der doppischen Haushaltsführung nicht mehr möglich. Im Unterschied zur Kameralistik befänden sich in der Doppik die Mittel der Körperschaft nicht in der Rücklage. Es lasse sich vielmehr nur durch einen Blick auf die Aktivseite des Haushalts bzw. der Bilanz bestimmen, über welches Vermögen die Körperschaft verfüge. Ein solche Betrachtung ergebe hier in Anbetracht der Vermögenspositionen auf der Aktivseite und deren jeweilige Bindung an einen zulässigen Vermögenszweck, dass ein unzulässiges, also zweckfreies Vermögen im Beitragsjahr 2013 nicht vorhanden gewesen sei. Im Gegensatz zu dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall sei hier die Ausgleichsrücklage im Jahr 2013 mit 32,7 v.H. der Betriebsaufwendungen am untersten Ende des nach dem Finanzstatut zulässigen Rücklagenrahmens von 30 bis 50 v.H. und die Liquiditätsrücklage mit 15,7 v.H. ebenfalls am unteren Ende der zulässigen Skala (bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen) dotiert gewesen. Zudem habe sie mehrfach, so insbesondere in den Jahren 2004, 2005, 2006 und 2013, auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen. Außerdem habe sie die Liquiditätsrücklage im Jahr 2015 vollständig abgebaut und ordnungsgemäß verwendet. Diese Rücklagenmittel stünden daher nicht mehr für eine in die Vergangenheit gerichtete Beitragssenkung und -erstattung zur Verfügung. Sie habe im Jahr 2013 und auch zuvor Beitragssenkungen vorgenommen, die sie unter anderem durch Rückgriffe auf die betreffenden Rücklagen finanziert habe. Dabei habe sie unter Anwendung eines weiten Gestaltungsspielraums eine Absenkung der betreffenden Rücklagen durch sukzessive Beitragssenkungen über mehrere Jahre beschlossen. Die vom Bundesverwaltungsgericht erwähnte Risikoprognose habe sie und ihre Vollversammlung stets inzident im Rahmen der Prüfung des Mittelbedarfs und der Umlegung des Bedarfs auf die Mitglieder im Wege der Beitragsveranlagung vorgenommen. Die der jeweiligen Rücklagenbildung zu Grunde liegende Risikoprognose entspreche den Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts. Bei ihr bestünden verschiedene durch die Rücklagen abzusichernde Risiken, zu denen unter anderem die konjunkturbedingten Beitragsschwankungen, der Ausfall von großen Beitragszahlern aus insolvenzrechtlichen oder steuergestalterischen Gründen, schwankende Einnahmen aus Gebühren wegen rückläufiger Zahlen von Auszubildenden und Teilnehmern an Weiterbildungsprüfungen und das Zinsrisiko hinsichtlich der Pensionsrückstellungen gehörten. Bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans habe sie auf Seiten der Beitragseinnahmen die Meldungen der Finanzverwaltung, eine jährliche Abfrage unter den 50 größten Beitragszahlern, die Daten der Haushaltsanalyse der Großen Kreisstädte sowie die Hochrechnungen der Städte zum voraussichtlichen Gewerbesteueraufkommen berücksichtigt. Auf der Seite der Ausgaben seien unter anderem die prognostizierte Personalentwicklung, die Personalkosten, die Entwicklung des Rechnungszinses für Pensionsrückstellungen sowie die Veränderung gesetzlicher Vorgaben berücksichtigt worden. Das durch die Rücklagen zu sichernde Risiko betrage über einen Zeitraum von vier Jahren 5,3 Millionen EUR. Die Ausgleichsrücklage dotiere im Jahr 2013 mit 2,78 Millionen EUR und die Liquiditätsrücklage mit einem Wert von 1,34 Millionen EUR. Bezogen auf einen Vier-Jahres-Zyklus lägen die Rücklagen damit deutlich unterhalb des möglichen Risikohöchstwertes. Die Bau- und Instandhaltungsrücklage in Höhe von 2,39 Millionen EUR diene neben der Finanzierung von möglichen Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere der Finanzierung des Neubaus des IHK-Bildungszentrums in Aalen. Angesichts des voraussichtlichen Finanzbedarfs von 4,5 Millionen EUR sei die Rücklage angemessen gebildet. Bei der gerichtlichen Prüfung, ob sie das haushaltsrechtliche Gebot der Schätzgenauigkeit eingehalten habe, dürften keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Maßgeblich sei, dass die für die Einnahmen- und Ausgabenschätzungen erforderlichen Prognosen aus der ex-ante-Sicht sachgerecht und vertretbar seien. Für die gerichtliche Prüfung der Beitragsveranlagung komme es nicht darauf an, ob die im Wirtschaftsplan enthaltenen Rücklagen auf einer streng formalen Risikoermittlung beruhten. Vielmehr sei maßgeblich, ob die dotierten Rücklagen dem Grunde nach zulässig seien und der Höhe nach in einem angemessenen Verhältnis zu den tatsächlichen rechtlichen Risiken der jeweiligen IHK stünden.
26 
Dem Senat liegen die Akten der Beklagten und des Verwaltungsgerichts vor. Hierauf sowie auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
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Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
27 
Nach Übergabe der Urteilsformel an die Geschäftsstelle gemäß §§ 116 Abs. 2, 117 Abs. 4 Satz 2 VwGO am 02.11.2016 konnte der Senat die am 04.11.2016 und am 09.11.2016 eingegangenen Schriftsätze der Beteiligten, die im Wesentlichen deren Vorbringen aus der Berufungsverhandlung wiederholen und vertiefen, bei der Entscheidungsfindung nicht mehr berücksichtigen (vgl. zur Verbindlichkeit von Urteilen nach Übergabe des Tenors an die Geschäftsstelle: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 12.03.1999 - A 14 S 1361/97 -, NVwZ-RR 2000, 125).
28 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hätte der gegen den Beitragsbescheid der Beklagten vom 01.03.2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 10.04.2013 gerichteten Klage stattgeben müssen. Diese Bescheide sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der hierin festgesetzte IHK-Beitrag für das Jahr 2013 steht nicht mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18.12.1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 7 Nr. 2 Buchst. a des Gesetzes vom 07.09.2007 (BGBl. I 2007, 2246) in Einklang. Nach Satz 1 dieser Norm werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung erbracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Wirtschaftsplan jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen.
29 
Das Gesetz legt damit der Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zu Grunde. Auf der ersten Stufe stellt die Kammer - im Voraus für das Wirtschaftsjahr - den Wirtschaftsplan auf, der vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf prognostiziert, den es durch die Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (vgl. hierzu und zum Folgenden: BVerwG, Urteil vom 09.12.2015 - 10 C 6.15 -, BVerwGE 153, 315).
30 
Bei der hier nur im Streit stehenden Willensbildung auf der ersten Stufe ist auch im Beitragsrechtsstreit inzident zu prüfen, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insoweit zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Bei dieser Prüfung ist zu beachten, dass die Kammer hinsichtlich der Aufstellung des Wirtschaftsplans einen weiten Gestaltungsspielraum hat und der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. Dieser in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegte Rahmen wird gebildet durch § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG (die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen), die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung (§ 3 Abs. 7a IHKG), die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie durch ergänzende Satzungsbestimmungen. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dies bedeutet, dass Prognosen aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen müssen. Ist dies der Fall, ist es unschädlich, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als unrichtig erweist.
31 
Im Hinblick auf die von der Klägerin allein beanstandete Rücklagenbildung bedeutet dies, dass das Verbot der Bildung von Vermögen nicht die Bildung von Rücklagen ausschließt, sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit bindet. Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein. Eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan - und damit jährlich - erneut treffen. Deshalb ist ein Wirtschaftsplan nicht nur dann rechtswidrig, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.
32 
Gemessen an diesen in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) gebildeten Maßstäben erweist sich die Rücklagenbildung der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 und damit auch die Festsetzung des Mitgliedsbeitrags für die Klägerin für das Jahr 2013 als rechtswidrig.
33 
Anders als die Beklagte meint, sind diese für die Zulässigkeit der Rücklagenbildung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Maßstäbe nicht nur bei einer IHK-Haushaltsplanung zu berücksichtigen, die nach den Grundsätzen der Kameralistik aufgestellt wurde (so in dem dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zu Grunde liegenden Fall), sondern finden auch bei der Aufstellung eines Wirtschaftsplans Anwendung, bei der - wie hier im Wirtschaftsjahr 2013 - die Beklagte die Grundsätze der doppischen Haushaltsführung nach § 3 Abs. 7a IHKG mit Gewinn- und Verlustrechnung und Bilanzierung sowie der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung zu beachten hat. So wird die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung vom Bundesverwaltungsgericht für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlich-rechtliche Körperschaften als weiterhin notwendig und zu einer geordneten Haushaltsführung gehörend bezeichnet (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O., RdNr. 17; vgl. auch: Wiemers, Anmerkung zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 09.12.2015, NVwZ 2016, 615, 616; Jahn, Beitragsveranlagung, Rücklagen und unzulässige Vermögensbildung durch die Industrie- und Handelskammern, GewArch 2016, 263, 265). Dem Senat ist nicht ersichtlich, warum im Rahmen der auf Grundlage der Doppik erstellten Haushalte die bloße - buchungstechnische - Darstellung der Rücklagen als Passivposten einer Vermögensrechnung (Bilanz) an der rechtlichen Bewertung der Zulässigkeit von Rücklagen etwas ändern sollte. Anders als im kameralen System handelt es sich bei Passivposten einer Vermögensrechnung zwar nicht um bei Bedarf verwendbare liquide Mittel, da diese Funktion im doppischen Haushaltssystem das Umlaufvermögen (z.B. Bankguthaben, Wertpapiere) übernimmt. Doppische Rücklagen dienen zusammen mit den restlichen Passivposten der Deckung der Aktivseite der Vermögensrechnung, sind also als Teil des Eigenkapitals zu verstehen, allerdings mit der Besonderheit, dass die Rücklagenpositionen gesondert ausgewiesen werden. Um ihren jeweils zugeschriebenen Zweck erfüllen zu können, sind die auf der Passivseite einer Vermögensrechnung aufgeführten Rücklagen jedoch durch entsprechende Aktiva zu unterlegen, die gegebenenfalls kurzfristig aufgelöst werden können (vgl. Jahn, Zulässigkeit und Grenzen der Rücklagenbildung durch Kammern am Beispiel der Industrie- und Handelskammern, GewArch 2013, 49, 51). Dem entspricht es hier, dass die Beklagte ausweislich der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung auch nach Einführung der doppischen Haushaltsführung Entnahmen aus den jeweils gebildeten Rücklagen vorgenommen hat.
34 
Offenbleiben kann, ob die Bildung und Aufrechterhaltung der Liquiditätsrücklage in Höhe von 1.339.725,98 EUR im Wirtschaftsplan 2013 den oben genannten Anforderungen entsprach. Nach § 15 Abs. 2 Satz 2 des von der Vollversammlung der Beklagten am 02.12.2005 beschlossenen und hier einschlägigen Finanzstatuts kann neben einer Ausgleichsrücklage eine Liquiditätsrücklage in Höhe von höchstens 50 v.H. der Summe der Betriebsaufwendungen gebildet werden, die der Aufrechterhaltung einer ordentlichen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Krediten dient. Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeausfällen oder Einnahmeverzögerungen stellt einen sachlichen Zweck dar, der die Bildung einer Liquiditätsrücklage grundsätzlich rechtfertigt (BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.). Ob es hier zu beanstanden ist, dass die Beklagte - wie schriftsätzlich geltend gemacht - die Liquiditätsrücklage gebildet hat, um Risiken absichern, die durch Schwankungen im Aufkommen von Gebühren (Berufsgebühren, sonstige Gebühren) und Entgelten (Weiterbildungseinnahmen, Zuschüsse Bund/Land/Agentur) sowie bei Pensionsrückstellungen inklusive Zinsen auftreten, bedarf keiner Klärung. Insoweit könnte sich die Frage stellen, ob die Bildung einer Liquiditätsrücklage zu dem in dem Finanzstatut geregelten Zweck nicht nur den vorübergehenden Ausfall von Gebühren und Entgelten, sondern auch den endgültigen Ausfall umfassen kann (vgl. zu dieser Differenzierung: BVerwG, Urteil vom 09.12.2005, a.a.O.).
35 
Ferner erscheint diesbezüglich fraglich, ob das Maß der Rücklage noch von einem solchen sachlichen Zweck gedeckt ist, die Beklagte insbesondere den Grundsatz der Haushaltswahrheit und aus ihm folgend das Gebot der Schätzgenauigkeit beachtet hat. Die Beklagte hat diesbezüglich auf eine Schwankungsbreite von 478.000 EUR im Gebühren- und Entgeltaufkommen unter Zugrundelegung eines Zeitraums von vier Jahren (2010 - 2013) hingewiesen. Bei der von der Beklagten hierfür angestellten Berechnung dürfte unter Umständen schon zweifelhaft sein, dass hierbei die tatsächlich in den Jahren 2010 bis 2013 vereinnahmten Gebühren und Entgelte berücksichtigt wurden, die hinsichtlich des Aufkommens für das Jahr 2013 bei der anzustellenden Prognose noch nicht vorhanden waren und deren tatsächliche Höhe im Jahr 2013 zudem deutlich über den im Wirtschaftsplan angesetzten Gebühren (Wirtschaftsplan: 792.000 EUR; Ist: 958.000 EUR) bzw. Entgelten (Wirtschaftsplan: 2.764.500 EUR; Ist: 2.928.000 EUR) lag. Als Ausgangspunkt für die vom Bundesverwaltungsgericht geforderte Prognose erweisen sich damit diese Zahlen eher als ungeeignet. Es kommt hinzu, dass die Schwankungsbreite bei Gebühren und Auslagen 478.000 EUR beträgt und nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung bereits zu einem Drittel bei dem Ansatz der Höhe der zu erwartenden Gebühren und Entgelte im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 berücksichtigt wurde, während die Liquiditätsrücklage mit über 1,3 Millionen EUR dotiert wurde und damit bei knapp dem Dreifachen der Schwankungsbreite lag. Ob dies durch die Betrachtung von schwankungsbedingten Ausfällen von mehreren Jahren oder unter Hinzurechnung der Risiken der Pensionsrückstellungen zu rechtfertigen ist, dürfte ebenfalls eher zweifelhaft sein, zumal da nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung hinsichtlich der Pensionsrückstellungen nur eine Ausgleichssumme von 160.000 EUR pro Jahr und nicht - wie zunächst geltend gemacht - ein Mehraufwand von 2,1 Millionen EUR - berechnet auf drei Jahre - in die Prognose eingeht. Darüber hinaus hat die Beklagte in der Berufungsverhandlung geltend gemacht, die Liquiditätsrücklage habe zudem den Zweck einer Anfangsfinanzierung im ersten Quartal des Jahres, nachdem ihre Mitglieder erst im März des Jahres veranlagt würden und die (ersten) Beiträge erst im April eines jeden Jahres eingingen; um die erforderlichen Ausgaben (700.000 bis 800.000 EUR pro Monat) in diesem Zeitraum ohne die Inanspruchnahme von Krediten tätigen zu können, werde auf die Liquiditätsrücklage zurückgegriffen. Insofern fällt allerdings auf, dass bei einem Bedarf von 2,1 bis 2,4 Millionen EUR im ersten Quartal eine Liquiditätsrücklage von etwa 1,339 Millionen EUR, die zudem noch dem Ausgleich von Schwankungen im Gebühren- und Entgelteinkommen und das Zinsrisiko bei den Pensionsstellungen abdecken soll, nicht hinreichend wäre. Insgesamt erscheint das von der Beklagten im Verlaufe des Verfahrens und in der Berufungsverhandlung vorgetragene Konzept und die diesem zu Grunde liegende Prognose zur Höhe der Liquiditätsrücklage nicht hinreichend nachvollziehbar, um den dargestellten Prognoseanforderungen, die sich aus dem Grundsatz der Haushaltswahrheit ergeben, Rechnung tragen zu können.
36 
Dies bedarf aber keiner weiteren Betrachtung, denn die in dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 eingestellte weitere Ausgleichsrücklage erweist sich als rechtswidrig. Zwar ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 des Finanzstatuts der Beklagten vom 02.12.2005 eine Ausgleichsrücklage anzusammeln, die zwischen 30 v.H. und 50 v.H. der Betriebsaufwendungen beträgt, um Schwankungen im Beitragsaufkommen zu vermeiden, und dient eine solche Rücklage einem zulässigen sachlichen Zweck. Allerdings muss das Maß dieser Rücklage noch von diesem Zweck gedeckt sein. Dies ist hier jedenfalls bei der weiteren Ausgleichsrücklage nicht der Fall.
37 
Schon bei der Bildung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 2.777.948,19 EUR bestehen hieran durchgreifende Zweifel, wobei nicht näher der Frage nachgegangen werden muss, ob bei der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts erforderlichen Prognose lediglich eine gesonderte Risikoabschätzung in dem von dem Finanzstatut gebildeten Rahmen von 30 bis 50 v.H. der Betriebsaufwendungen (so: Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 617) oder ob - wie die Klägerin meint - insgesamt eine solche Prognose vorzunehmen ist, wenn und weil sich der im Finanzstatut gebildete Rahmen als rechtswidrig erweist. Bezüglich der Höhe der Ausgleichsrücklage macht die Beklagte geltend, dass sich die Meldungen der Gewerbeerträge durch das Finanzamt über einen Zeitraum von vier Abrechnungsjahren hinzögen, so dass für die Bestimmung der Schwankungen im Beitragsaufkommen (wiederum) der Vier-Jahres-Zeitraum von 2010 bis 2013 zu Grunde zu legen sei. Bei dieser Betrachtung ergebe sich eine Schwankungsbreite von 2,72 Millionen EUR, die in dieser Höhe durch die im Wirtschaftsplan festgelegte Höhe der Ausgleichsrücklage von 2,77 Millionen EUR abgebildet werde. Allerdings ist auch hier zu berücksichtigen, dass bei dieser von der Beklagten vorgelegten Berechnung das tatsächliche Beitragsaufkommen herangezogen wurde, das für das Jahr 2013 einer entsprechenden Prognose naturgemäß nicht zu Grunde gelegt werden konnte. Die Zahlen für das Jahr 2013 haben aber insoweit keine ausschlaggebende Bedeutung, weil sie sich jeweils unterhalb der höchsten und oberhalb der niedrigsten Eingänge der Jahre 2010 bis 2013 bewegten. Unschädlich dürfte weiter sein, dass die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 27.10.2014 hinsichtlich der Entnahmen aus den Ausgleichsrücklagen ausgeführt hat, dass sie „dabei“ gemäß dem Vorsorgeprinzip auch den zu erwartenden erheblichen Kosten für den geplanten und nunmehr anstehenden Neubau des Bildungszentrums Rechnung getragen habe, um für den Fall unvorhergesehener Kostensteigerungen hinreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu haben. Denn der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat in der Berufungsverhandlung dazu ausgeführt, dass es sich hierbei um eine unglückliche Formulierung gehandelt habe und sie dahin zu verstehen sei, dass diese Kosten bei der Haushaltsplanung berücksichtigt worden seien. Hingegen ist bezüglich der Dotierung der Ausgleichsrücklage in den Blick zu nehmen, dass nach den Angaben der Beklagten in der Berufungsverhandlung ein Drittel der Schwankungsbreite bereits beim Ansatz des Beitragsaufkommens im Wirtschaftsplan 2013 und lediglich zwei Drittel bei der Rücklage berücksichtigt worden sind. Insoweit dürfte die von der Beklagten geltend gemachte Schwankungsbreite nur eine Höhe der Ausgleichsrücklage von ca. 1,81 Millionen EUR rechtfertigen. Ob sich unter diesen Umständen die von der Beklagten im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 zu Grunde gelegte Ausgleichsrücklage von 2,72 Millionen EUR noch als angemessen erweist, bedarf indes keiner abschließenden Bewertung.
38 
Jedenfalls ist das Hinzutreten einer „weiteren“ im Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 mit einer Höhe von 435.777,57 EUR ausgewiesenen Ausgleichsrücklage rechtswidrig. Dabei kann offenbleiben, ob die Bildung von zwei Ausgleichsrücklagen nach dem Finanzstatut der Beklagten vom 02.12.2005 überhaupt rechtlich zulässig ist. Nach den Auskünften der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung sollte die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR dem Ausgleich allgemeiner Schwankungen im Beitragsaufkommen und die weitere Rücklage dem Ausgleich besonderer Schwankungen dienen, die durch den Eintritt der Weltwirtschaftskrise ab 2007 mit einhergehender Finanz- und Bankenkrise befürchtet worden seien. Hinsichtlich dieser „weiteren“ Ausgleichsrücklage ist aber weder ersichtlich noch auf Nachfrage in der Berufungsverhandlung hinreichend erläutert worden, warum diese Risiken nicht mit der allgemeinen Ausgleichsrücklage abgedeckt werden konnten, insbesondere nachdem nur zwei Drittel der Schwankungsbreite im Beitragsaufkommen (ca. 1,81 Millionen EUR) durch die Ausgleichsrücklage in Höhe von 2,77 Millionen EUR abgebildet werden sollten und auf diese Rücklage - mit Ausnahme für das Jahr 2003 in Höhe von 828.349,58 EUR (vgl. Aufstellung der Entnahmen aus den Rücklagen der IHK ..., vorgelegt mit Schriftsatz der Beklagten vom 31.10.2016; anders noch der Schriftsatz der Beklagten vom 27.10.2014: Rückgriffe auf die Ausgleichsrücklage auch in den Jahren 2004 und 2005, die nach der mit Schriftsatz vom 31.10.2016 vorgelegten Aufstellung jedoch aus der Liquiditätsrücklage erfolgten) - nicht zurückgegriffen wurde. Auch hinsichtlich der Höhe der Ausgleichsrücklage hat die Beklagte keinerlei Angaben gemacht, die den Anforderungen an die Schätzgenauigkeit entsprechen würden.
39 
Zwar hat die Beklagte die mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2008 erstmals in Höhe von 400.000 EUR gebildete, mit Wirtschaftsplänen für das Jahr 2009 auf 517.777,57 EUR und für die Jahre 2010 und 2011 auf 817.777,57 EUR erhöhte „weitere“ Ausgleichsrücklage mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 auf 617.777,57 EUR und mit dem hier streitgegenständlichen Wirtschaftsplan für das Jahr 2013 auf 435.777,57 EUR reduziert (vgl. die von der Beklagten mit Schriftsatz vom 19.04.2016 vorgelegte Präsentation in der Sitzung der Vollversammlung vom 29.11.2012). Jedoch ist eine unzulässig gebildete oder überhöhte Rücklagenbildung baldmöglichst (so BVerwG, Urteil vom 09.12.2015, a.a.O.) aufzulösen bzw. auf ein zulässiges Maß zurückzuführen. Diesem Erfordernis genügt der erst mit Wirtschaftsplan für das Jahr 2012 einsetzende und zudem über den Zeitraum von mehreren Jahren (bis zum Jahr 2016) dauernde sukzessive Abbau und die Auflösung der „weiteren“ Ausgleichsrücklage nicht.
40 
Auch eine Gesamtbetrachtung der gebildeten Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen führt zu der Beurteilung, dass jedenfalls die im Wirtschaftsplan 2013 angesetzte „weitere“ Ausgleichsrücklage rechtswidrig war. Insgesamt hat der Beklagte Liquiditäts- und Ausgleichsrücklagen in Höhe von 4.553.451,74 EUR und damit in Höhe von 55,9 v.H. des Betriebsaufwandes gebildet. Am 18.07.2014 hat die Vollversammlung der Beklagten ein Finanzstatut beschlossen, nach der die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich aller ergebniswirksamen Schwankungen dient und 25 - 50 v.H. der Summe der geplanten Aufwendungen (§ 15a Nr. 2 des Finanzstatuts) beträgt; die Liquiditätsrücklage ist bis spätestens zum 31.12.2018 zu verwenden (§ 24 Satz 2 des Finanzstatuts); hierbei können die Beitragssätze gesenkt, nach der Planung entstehende Jahresfehlbeträge durch Entnahme aus der Liquiditätsrücklage gedeckt oder die Liquiditätsrücklage nach dem Gestaltungsspielraum der Vollversammlung und unter Beachtung der erforderlichen Risikoprognose anderen Zwecken zugeführt werden (vgl. Jahn, a.a.O., GewArch 2016, 267). Nach den Angaben der Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung beträgt die für das Wirtschaftsjahr 2016 gebildete Ausgleichsrücklage etwa 2,3 Millionen EUR und macht damit etwa 28 v.H. des Betriebsaufwandes aus. Nachdem diese Ausgleichsrücklage als neue Pflichtrücklage der umfassenden Absicherung aller Ertrags- und Aufwandrisiken einer Industrie- und Handelskammer dient (vgl. dazu: Jahn, Das neue Finanzstatut der Industrie- und Handelskammer, GewArch, 2014, 64, 67) und damit an die Stelle der für das Wirtschaftsjahr 2013 gebildeten Ausgleichsrücklage (in Höhe von 34,1 v.H. des Betriebsaufwandes), der „weiteren Ausgleichsrücklage (in Höhe von 5,4 v.H. des Betriebsaufwandes) und jedenfalls eines Teils der Liquiditätsrücklage, nämlich soweit diese dazu dienen sollte, Schwankungen des Aufkommens aus eigenerwirtschafteten Einnahmen (Entgelte und Gebühren) abzusichern, tritt, ist die Höhe dieser im Jahr 2013 gebildeten Rücklagen (deutlich mehr als 39,5 v.H. des Betriebsaufwandes) gegenüber der für das Jahr 2016 gebildeten Ausgleichsrücklage in Höhe von ca. 28 v.H. des Betriebsaufwandes rechtfertigungsbedürftig. Eine Erklärung hierfür sind die Vertreter der Beklagten in der Berufungsverhandlung schuldig geblieben. Der Geschäftsführer der Beklagten führte insoweit lediglich aus, dass man „jetzt“ die Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtige.
41 
Erweist sich damit für das Wirtschaftsjahr 2013 die weitere Ausgleichsrücklage als rechtswidrig, ist auch nicht mehr den Fragen nachzugehen, ob die Gebäudeinstandhaltungsrücklage rechtmäßig ist, sowie ob und inwieweit die Höhe der Nettoposition, deren Zusammensetzung die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nicht näher erläutern konnten, Auswirkungen auf die Rechtmäßigkeit des von der Klägerin angegriffenen Beitragsbescheides hat.
42 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da kein Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.
44 
Beschluss vom 2. November 2016
45 
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß §§ 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, 47 Abs. 1 GKG auf 696,17 EUR festgesetzt.
46 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung eines IHK-Beitrages für das Jahr 2013 und die vorläufige Veranlagung zu einem IHK-Beitrag 2015.

Der Kläger zeigte am 23.10.2008 gegenüber der Gemeinde … (Landkreis B.) rückwirkend an, dass er dort mit einzigem Betriebssitz seit 20.05.1999 als Einzelunternehmer eine … betreibt.

Am 22.04.2015 teilte das Finanzamt B. der Beklagten mit, der Kläger habe im Jahr 2013 einen Gewerbeertrag in Höhe von 31.100,00 EUR erzielt.

Mit Bescheid vom 31.07.2015 setzte die Beklagte daraufhin gegenüber dem Kläger für das Beitragsjahr 2013 einen Beitrag von 121,52 EUR fest, der sich aus einem Grundbeitrag von 90,00 EUR und einem Umlagebeitrag von 31,52 EUR zusammensetzt. Für das Jahr 2015 veranlagte die Beklagte den Kläger vorläufig zu einem Betrag von 116,79 EUR (Grundbeitrag 90,00 EUR, Umlagebeitrag 16,79 EUR). Damit hat der Kläger insgesamt 238,31 EUR zu entrichten.

Mit Telefax vom 26.08.2015 hat der Kläger Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth erhoben und beantragt,

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 31.07.2015 aufzuheben.

Zur Begründung führt er aus, der Bescheid sei rechtswidrig, weil die Beitragspflicht aufgrund seiner Zwangsmitgliedschaft bei der Beklagten gegen Grundgesetz und Menschenrechte verstoße.

Jedenfalls seien die vom Kläger erhobenen Beiträge aber zu hoch, weil die Beitragssätze in den Wirtschaftssatzungen fehlerhaft festgesetzt worden seien. Die Beklagte verfüge über ein beträchtliches Immobilienvermögen, das sie in diesem Umfang für die Erfüllung ihrer Aufgaben nicht benötige. Eigenkapital in Höhe eines Vielfachen des jährlichen Betriebsaufwandes sei nicht erforderlich. Außerdem handle die Beklagte willkürlich, wenn sie in ihrem Finanzstatut die Bildung nicht zweckgebundener Rücklagen und von Rücklagen, die nicht der Erfüllung ihrer Aufgaben dienten, innerhalb eines starren Korridors festlege. Mit der Bildung insbesondere einer zu hoch dotierten Ausgleichsrücklage verstoße die Beklagte gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung macht sie geltend, die auf seiner Pflichtmitgliedschaft beruhende Beitragspflicht des Klägers verstoße weder gegen Art. 2 Abs. 1 GG noch gegen Art. 11 Abs. 1 Europäische Menschenrechtskonvention.

Die vom Kläger verlangten Beiträge seien auch nicht zu hoch, weil die Beitragssätze von der Vollversammlung rechtmäßig festgesetzt worden seien. Die Beklagte könne ihren Bedarf nicht vorrangig durch Verwertung ihrer Immobilien decken. Denn ein Verkauf und eine anschließende Rückanmietung ihrer Bildungszentren, die sie als „Flächenkammer“ außer in Bayreuth auch in Bamberg und Hof zu betreiben habe, wäre langfristig unwirtschaftlich. Bei der Bewertung der Höhe des Eigenkapitals könne kein Vergleich mit dem jährlichen Betriebsaufwand angestellt werden. Vielmehr sei zu berücksichtigen, dass darin auch die sog. Nettoposition in Höhe von 5.000.000 EUR einbezogen sei, die, wie das Stammkapital eines Unternehmens, im normalen Geschäftsverkehr nicht angetastet werden solle.

Die Beklagte, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Haushaltsführung verpflichtet sei, Rücklagen zu bilden, habe in den beiden Beitragsjahren jeweils angemessene Rücklagen angesammelt, um ihre Aufgaben erfüllen zu können. Insbesondere habe die Ausgleichsrücklage den von den jeweiligen Finanzstatuten vorgegebenen Rahmen nicht überschritten.

Schließlich sei zu berücksichtigten, dass der Umlagesatz von 0,20% im Jahr 2013 auf 0,17% im Jahr 2015 gesenkt worden sei. Auch daran werde erkennbar, dass die Beklagte weder willkürlich gehandelt, noch gegen den Grundsatz der sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsführung verstoßen habe.

Mit den Schriftsätzen vom 03.11. und 05.12.2016 sowie in der mündlichen Verhandlung legte die Beklagte Übersichten zu den Rücklagen sowie Unterlagen zur Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzungen 2013 und 2015 vor.

Der Ablauf der mündlichen Verhandlung am 07.12.2016 ergibt sich aus der darüber gefertigten Niederschrift. Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Gründe

I.

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 31.07.2015 ist sowohl hinsichtlich der vorläufigen Beitragsveranlagung für 2015 (1.) als auch der (endgültigen) Beitragsveranlagung für 2013 (2.) rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Die Beklagte hat den Kläger zu Recht für das Beitragsjahr 2015 vorläufig zu einem Beitrag in Höhe von 116,79 EUR veranlagt.

a) Der Kläger war als Kammerzugehöriger beitragspflichtig.

aa) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Zur IHK gehören, soweit sie zur Gewerbesteuer veranlagt sind, natürliche Personen, welche im Bezirk der IHK eine Betriebsstätte unterhalten (§ 2 Abs. 1 IHKG). Liegt der Gewerbeertrag für das Bemessungsjahr noch nicht vor, kann der IHK-Zugehörige aufgrund des letzten vorliegenden Gewerbeertrages vorläufig veranschlagt werden (§ 15 Abs. 3 Beitragsordnung).

Der Kläger unterhält seine einzige Betriebsstätte in … (Landkreis B.) und damit im Bezirk der Beklagten. Bei Erlass des Bescheides am 31.07.2015 lag der Gewerbeertrag für das Bemessungsjahr 2015 noch nicht vor. Deshalb konnte sie den ihr zu diesem Zeitpunkt letzten vorliegenden Gewerbeertrag aus dem Jahr 2013 heranziehen und durfte für die vorläufige Veranlagung davon ausgehen, dass der Kläger auch 2015 der Gewerbesteuerpflicht unterliegt und damit beitragspflichtig ist.

bb) Die sich aus der Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten kraft Gesetzes ergebende Beitragspflicht steht im Einklang mit übergeordnetem Recht.

Der Eingriff in das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, der mit einer Pflichtmitgliedschaft bei der Beklagten verbunden ist, ist verfassungskonform, weil die Errichtung der Beklagten und die Inanspruchnahme der Pflichtmitglieder zur Erfüllung legitimer Aufgaben erfolgt, dazu geeignet und erforderlich ist und die Zumutbarkeit wahrt. Die Mitgliedschaft aller im Kammerbezirk selbständig gewerblich Tätigen ist erforderlich, weil die Beklagte die Belange der gesamten gewerblichen Wirtschaft zu wahren und fördern hat und dazu die maßgeblichen Interessen umfassend zu ermitteln, abzuwägen und zu bündeln hat. Die Pflichtmitgliedschaft beeinträchtigt auch die unternehmerische Handlungsfreiheit der Kammerzugehörigen nicht in unzumutbarer Weise, sondern bietet den Mitgliedern die Chance in der Kammer mitzuwirken und die Kammerleistungen zu nutzen, sie lässt ihnen aber auch die Möglichkeit offen, davon abzusehen. Deshalb muss sich der Nutzen der Tätigkeit der Beklagten auch nicht bei dem einzelnen Mitglied in einem unmittelbaren wirtschaftlichen (finanziellen) Vorteil messbar niederschlagen (BVerwG, U. v. 21.07.1998 - 1 C 32.97 - BVerwGE 107,169/173 -177 = NJW 1998, 3510/3511; grundlegend BVerfG, B. v. 19.12.1962 - 1 BvR 541/57 - BVerfGE 15, 235/239 -244 = NJW 1963, 195/195f.).

Da die Regelungen zur Pflichtmitgliedschaft und der sich daraus ergebenden Beitragspflicht in § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG nach der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich das Gericht anschließt, verfassungsgemäß sind und keine Anzeichen dafür bestehen, dass das Bundesverfassungsgericht, bei dem zwei Verfassungsbeschwerden im Zusammenhang mit der Pflichtmitgliedschaft anhängig sind, seine Rechtsprechung ändern wird, verzichtet das Gericht darauf, das Verfahren gemäß § 94 VwGO analog bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts auszusetzen (vgl. dazu BayVGH, B. v. 20.09.2016 - 22 ZB 16.288 - juris Rn. 12-14).

Die gesetzlichen Regelungen über die Pflichtmitgliedschaft und die daraus resultierende Beitragspflicht verstoßen auch nicht gegen Art. 11 Abs. 1 EMRK, der jeder Person das Recht garantiert, sich frei mit anderen zusammenzuschließen. Denn der Schutzbereich der Norm umfasst keinen Abwehranspruch gegenüber der Pflichtmitgliedschaft bei Körperschaften des öffentlichen Rechts (BayVGH, B. v. 22.07.2010 - 22 ZB 10.1518 - juris - Rn. 3).

b) Die vorläufige Veranlagung für das Jahr 2015 ist nicht zu beanstanden.

Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG).

Die Beklagte hat damit ein zweistufiges Verfahren einzuhalten: Auf der ersten Stufe ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) aufzustellen. Er gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf der zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf dann gemäß der zu erlassenden Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

Die gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Beitragsbescheids erfordert folglich nicht nur die Prüfung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer durch die Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und im Einzelfall fehlerfrei festgesetzt wurde. Geboten ist vielmehr in einem ersten Schritt die Prüfung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den rechtlichen Anforderungen genügt.

Die Kammer besitzt bei der Aufstellung ihres Haushaltsplans (Wirtschaftsplans) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser ist aber der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Vielmehr gebietet das Gebot effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) im Beitragsrechtsstreit eine inzidente Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer.

Der den Kammern bei der Aufstellung des Wirtschaftsplans zustehende weite Gestaltungsspielraum besteht nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (BVerwG, Urt. v. 05.08.2015 - 6 C 10.14 - juris Rn. 42). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung sowie die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts zu beachten. Der im staatlichen Haushaltsrecht entwickelte Grundsatz der Haushaltswahrheit beinhaltet das Gebot der Schätzgenauigkeit von Prognosen, die deshalb aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar sein müssen (BVerfG, U. v. 09.07.2007 - 2 BvF 1/4 - BVerfGE 119, 96/130 = NVwZ 2007, 1405/1408).

Während die Bildung von Vermögen nicht zulässig ist, können angemessene Rücklagen gebildet werden, die als Kosten der Industrie- und Handelskammer i. S. v. § 3 Abs. 2 IHKG durch Beiträge zu decken sind, sofern keine anderen Finanzmittel vorhanden sind (BVerwG, U. v. 26.06.1990 - 1 C 45/87 - NVwZ 1990, 1167/1168). Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe sowie über das Beibehalten der bisherigen Rücklagen muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen (zu alledem grundlegend BVerwG, U. v. 09.12.2015 - 10 C 6/15 - NVwZ 2016, 613/614f. Rn. 13 - 18).

Gemessen an diesen Grundsätzen ist der gegenüber dem Kläger für das Jahr 2015 vorläufig festgesetzte Beitrag in Höhe von 116,79 EUR weder dem Grunde noch der Höhe nach zu beanstanden.

aa) Die Beklagte war nicht verpflichtet, den Mittelbedarf, der der am 08.12.2014 von der Vollversammlung beschlossenen Wirtschaftssatzung 2015 zugrunde gelegt wurde, durch eine Veräußerung ihres Immobilienvermögens zu reduzieren. Sie hat nachvollziehbar begründet, dass sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben als „Flächenkammer“ außer ihren Verwaltungsgebäuden in Bayreuth ihre drei Bildungszentren in Bayreuth, Bamberg und Hof benötigt und dass es wirtschaftlicher ist, das Eigentum daran zu behalten, statt die Bildungszentren zu veräußern und anschließend rückanzumieten.

bb) Auch für die Rücklagenbildung im Wirtschaftsjahr 2015 wurden von Seiten der Beklagten nachvollziehbare Zweckbestimmungen vorgetragen. Die Rücklagen betrugen 12,6 Mio. EUR (6,1 Mio. EUR Ausgleichsrücklage; 5 Mio. EUR für Gebäude und 1,5 Mio. EUR für Instandhaltungen).

Rechtsgrundlage für die Ausgleichsrücklage ist das Finanzstatut 2015 der Beklagten, das gemäß § 3 Abs. 7 a Satz 2 IHKG u.a. zur Regelung der Aufstellung des Wirtschaftsplans erlassen wurde. In § 15 a Abs. 2 Finanzstatut ist vorgeschrieben, dass die Beklagte eine Ausgleichsrücklage zu bilden hat, die dem Ausgleich der ergebniswirksamen Schwankungen dient und bis zu 50 v. H. der Summe der geplanten Aufwendungen betragen kann, wobei 30 v. H. nicht unterschritten werden sollen.

Mit der Dotierung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 5.650.000 EUR, mit Beschluss der Vollversammlung vom 07.12.2015 erhöht auf 6.100.000 EUR, hat die Beklagte den ihr von § 15 a Abs. 1 Satz 2 Finanzstatut 2015 eingeräumten Rahmen von 30 bis 50 v. H. nicht überschritten. Die Ausgleichsrücklage betrug zu Beginn des Geschäftsjahres 41,3% der geplanten Aufwendungen und nach der Zuführung von weiteren 450.000 EUR aus dem Bilanzergebnis 2014 (Beschluss der Vollversammlung vom 07.12.2015) 44,6% der laut der Wirtschaftssatzung 2015 geplanten Aufwendungen von 13.688.000 EUR.

Mit Beschluss vom 05.12.2016 hat die Vollversammlung der Beklagten die Ausgleichsrücklage als ordnungsgemäß bestätigt. Dieser Beschlussfassung lag eine an die Mitglieder des Gremiums zuvor verteilte Vorlage zugrunde, in der die bei der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung am 08.12.2014 und bei der Erhöhung der Ausgleichsrücklage am 07.12.2015 bekannten und bei der Bemessung der Ausgleichsrücklage berücksichtigten Risikofelder „Konjunkturrisiken bei den Beitragserträgen, Ausfall großer Beitragszahler, Ertragsausfälle bei Gebührenerträgen und Entgelten, Steuerrisiko für den Verlagsvertrag hinsichtlich der Kammerzeitschrift „Oberfränkische Wirtschaft“ und IT-Risiken“ (im Einzelnen S. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 05.12.2016; Bl. 117 Gerichtsakte) aufgeführt und erläutert wurden.

Dem hat die Klägerseite weder schriftsätzlich noch in der mündlichen Verhandlung etwas Substantiiertes entgegengehalten. Nach Ansicht des Gerichts orientiert sich die Risikobewertung damit an Tatsachen und wirtschaftsplanrelevanten Entwicklungen der Beklagten und erscheint auch aus ex-post-Sicht plausibel und vertretbar (vgl. dazu Jahn, GewArch 2016, 263/271). Eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums der IHK ist damit nicht ersichtlich.

Dies gilt in gleicher Weise für die Gebäuderücklage in Höhe von 5 Mio. EUR (§ 15 a Abs. 1 Satz 4 und 6 Finanzstatut 2015), deren Zweckbestimmung die Vollversammlung der Beklagten mit Beschluss vom 05.12.2016 näher konkretisiert hat (im Einzelnen S. 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 05.12.2016; Bl. 120 Gerichtsakte) und für die Instandhaltungsrücklage (§ 15 a Satz 4 und 6 Finanzstatut 2015) in Höhe von 1.500.000 EUR (im Einzelnen S. 5 des Schriftsatzes der Beklagten vom 05.12.2016; Bl. 121 Gerichtsakte).

cc) Die Beklagte hat den vorläufigen Beitrag des Klägers gemäß § 3 Abs. 3 Satz 7 IHKG i. V. m. Ziffer II 2.1. b und 3 der Wirtschaftssatzung 2015 korrekt errechnet.

2. Auch der gegenüber dem Kläger für das Beitragsjahr 2013 (endgültig) festgesetzte Beitrag in Höhe von 121,52 EUR ist nicht zu beanstanden.

a) Der Kläger war laut Mitteilung des Finanzamtes Bamberg in diesem Jahr zur Gewerbesteuer veranlagt und damit gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 2 Abs. 1 IHKG als Kammerzugehöriger beitragspflichtig.

b) Der von der Beklagten festgesetzte Beitrag diente der Deckung zulässiger Kosten ihrer Tätigkeit (§ 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG).

aa) Soweit der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung anhand der Bilanz vom 31.12.2013 die Höhe der Finanzanlagen der Beklagten in Form von Wertpapieren, Sparanlagen und FG des Anlagevermögens, die zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Wirtschaftssatzung 2013 8.250.000 EUR betrugen, in Frage gestellt hat, hat die Beklagte nachvollziehbar vorgetragen, dass sie insbesondere für die Gewährleistung der Alterssicherung ehemaliger Mitarbeiter ausreichend Finanzmittel benötigt, die, wie in § 23 Finanzstatut 2006 vorgeschrieben, sicher angelegt und hinreichend diversifiziert sind, so dass sie bei Bedarf jederzeit im benötigten Umfang darauf zurückgreifen kann. Dem hat die Klägerseite nichts Weiteres entgegengehalten.

bb) Auch die Rücklagenbildung für das Geschäftsjahr 2013, die zum Zeitpunkt des Beschlusses über die Wirtschaftssatzung 2013 am 10.12.2012 11.250.000 EUR umfasste, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.

Rechtsgrundlage für die Ausgleichsrücklage ist § 15 Abs. 3 Satz 1 Finanzstatut 2006 der Beklagten. Danach ist zum Ausgleich von Schwankungen des Beitragsaufkommens eine Ausgleichsrücklage von 30 v. H bis 50 v. H. der Betriebsaufwendungen anzusammeln.

Mit der Dotierung der Ausgleichsrücklage in Höhe von 4.750.000 EUR, die im Laufe des Geschäftsjahres um 900.000 EUR auf 5.650.000 EUR erhöht wurde, hat die Beklagte den ihr von § 15 Abs. 3 Finanzstatut eingeräumten Rahmen nicht überschritten.

Die Ausgleichsrücklage belief sich zu Beginn des Geschäftsjahres auf 43,9% der zunächst geplanten Aufwendungen von 10.820.000 EUR und nach einer weiteren Zuführung von 900.000 EUR am 01.07.2013 auf 49,1% der laut Nachtragshaushalt 2013 geplanten Betriebsaufwendungen von 11.508.000 EUR.

Wie die Beklagte im Klageverfahren ausgeführt hat (Schriftsatz vom 03.11.2016, S.6; Bl. 58 Gerichtsakte), wurde die Ausgleichsrücklage bei Beschluss der Wirtschaftssatzung 2013 insbesondere deshalb in dieser Höhe festgelegt, um das Risiko von Beitragsausfällen abzudecken, weil aufgrund der Finanzkrise die Mitteilung des Gewerbeertrages durch das Finanzamt erst verspätet eingehen würde. Zu einer vorsichtigen Kalkulation der Beitragserträge und damit auch zu einer höheren Dotierung der Rücklage für ihren Ausfall sah sich die Vollversammlung nach der Beschlussvorlage für die Vollversammlung vom 10.12.2012 (Bl. 127 Gerichtsakte) auch aufgrund des für 2013 prognostizierten geringeren Wirtschaftswachstums und der erwarteten hohen Quote an beitragsfrei gestellten Mitglieder veranlasst.

Die nochmalige Erhöhung der Ausgleichsrücklage mit Beschluss der Vollversammlung vom 01.07.2013 erfolgte laut der Beschlussvorlage in Kenntnis, dass die Ausgleichsrücklage nahezu in vollem Umfang dotiert war. Damit sollte gewährleistet werden, dass Ergebnisbelastungen aus niedrigeren Beitragsergebnissen und anderen ungeplanten Sachverhalten ausgeglichen werden könnten, ohne unmittelbar die Beiträge erhöhen zu müssen (vgl. TOP 7.3 Wirtschaftsführung, Planänderung Beitrag und Rücklagenbildung; Bl. 134 Gerichtsakte).

Dem Klägervertreter wurden die Beschlussvorlagen in der mündlichen Verhandlung ausgehändigt und ihm durch Unterbrechung der Verhandlung Gelegenheit zur Kenntnis- und Stellungnahme gegeben. Er hat gegen die sich aus den Beschlussvorlagen ergebenden Risikobewertungen keine Einwendungen erhoben. Eine Überschreitung des Gestaltungsspielraums der IHK ist auch hier nicht ersichtlich.

Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung über die Wirtschaftssatzung am 10.12.2012 hatte die Beklagte zudem eine Gebäuderücklage in Höhe von 5.000.000 EUR und eine Instandhaltungsrücklage in Höhe von 1.500.000 EUR angesammelt, deren Höhe sich im Geschäftsjahr 2013 nicht änderte. Rechtsgrundlage dafür ist § 15 Abs. 3 Satz 3 Finanzstatut 2006, der die Bildung auch anderer Rücklagen als der Ausgleichs- und der Liquiditätsrücklage zulässt. Zweck der Rücklagen waren eine Bauinvestition bzw. Aufwendungen für anstehende Sanierungen (Schriftsatz vom 03.11.2016, S. 6; Bl. 58 Gerichtsakte).

Mit Beschluss vom 01.07.2013 bildete die Beklagte auf der Grundlage von § 15 Abs. 3 Satz 3 Finanzstatut 2006 weiter eine Projektrücklage für den von der Beklagten aufzubringenden Eigenanteil an den Kosten der Fördermaßnahme „Know-how-Schutz und IT-Sicherheit im Mittelstand“. Wie sich aus der Beschlussvorlage vom 01.07.2013 (Gerichtsakte Bl. 133) ergibt, wurde die Rücklage gebildet, um künftige Geschäftsjahre damit nicht zu belasten. Von vornherein war vorgesehen, dass mit Abschluss des Projekts ein gegebenenfalls vorhandener Restbetrag aufzulösen war. Da der Vollversammlung damit bei der Beschlussfassung der Zweck der Rücklage, die Bemessung ihrer Höhe und die Verpflichtung zur Auflösung nach Zweckwegfall bewusst waren, ist gegen die Bildung dieser weiteren Rücklage rechtlich nichts einzuwenden. Im Übrigen wurde sie den Vorgaben entsprechend am 30.06.2014 aufgelöst.

Die Bildung der Rücklagen in der Wirtschaftssatzung 2013 und der Nachtragswirtschaftssatzung 2013, die zu einem Zeitpunkt beschlossen wurden, als das Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgericht vom 09.12.2015 (a.a.O.) noch nicht ergangen war, wird damit bei der ex-post Betrachtung den Anforderungen an die Risikoprognose und die Schätzgenauigkeit gerecht.

cc) Soweit der Kläger darüber hinaus anhand der Bilanz zum 31.12.2013 weiterhin pauschal rügt, das Eigenkapital der Beklagten, das zum 31.12.2012 16.885.000 EUR und zum 31.12.2013 17.657.000 EUR betrug, sei zu hoch, ist zu berücksichtigen, dass zum Eigenkapital nicht nur die Rücklagen, sondern auch die Nettoposition in Höhe von (gleichbleibend) 5.000.000 EUR rechnet. Wie die Beklagte zu Recht geltend macht, ist eine Nettoposition, die dem um Sonderposten verminderten unbeweglichen Sachanlagenvermögen entspricht, in dieser Höhe angesichts einer Bilanzsumme von 29.292.000 EUR (2012) bzw. 30.300.00 EUR (2013) nicht überdimensioniert.

c) Die Beklagte hat den Beitrag des Klägers gemäß § 3 Abs. 3 Satz 7 IHKG i. V. m. Ziffer II 2.1. b und 3 der Wirtschaftssatzung 2013 korrekt errechnet.

II.

Als unterliegender Teil trägt der Kläger gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11 ZPO. Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der, wenn überhaupt anfallenden, dann allenfalls geringen, vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen des Beklagten nicht.

Tatbestand

1

Die klagende GmbH betreibt ein Reisebüro und ist Mitglied in der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen Erklärungen und Stellungnahmen der Beklagten, weil diese damit ein allgemeinpolitisches Mandat für sich in Anspruch nehme.

2

Anfang September 2004 veröffentlichte die "Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern" (im Folgenden: AG IHKn), in der auch die Beklagte Mitglied ist, das in der Plenarversammlung der AG IHKn vom 15. Juni 2004 von den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführern der Industrie- und Handelskammern verabschiedete Grundsatzpapier "Gewerbe- und Industriestandort Hessen". Es richtete sich nach dem Vorwort mit konkreten Forderungen in sechs Handlungsfeldern, nämlich in der Bildungs- und Forschungspolitik, der Umwelt- und Energiepolitik, der Verkehrspolitik sowie der Raumordnungs- und Planungspolitik, an die hessische Landesregierung; ihm war die sog. "Limburger Erklärung" als thesenartige Zusammenfassung vorangestellt.

3

Die Veröffentlichung des Grundsatzpapiers teilte die Beklagte dem Geschäftsführer der Klägerin unter dem 2. September 2004 mit. Er wandte sich gegen diese "allgemeinpolitischen Äußerungen", die zudem ohne kammerinterne Legitimation erfolgt seien und die "Bandbreite der unterschiedlichen Interessen der in der IHK zwangsvereinigten Mitgliedsunternehmen" nicht abdeckten, und forderte die Unterlassung jeder Aktivität und Finanzierung im Zusammenhang mit dem Grundsatzpapier sowie die Tilgung von Hinweisen auf die Beklagte.

4

Nachdem die Beklagte dies abgelehnt hatte, hat die Klägerin am 15. September 2004 Klage erhoben, die zunächst auf die Feststellung gerichtet war, dass die Veröffentlichung und Verbreitung der "Limburger Erklärung" und insbesondere des Grundsatzpapiers "Gewerbe- und Industriestandort Hessen" die Rechte der Klägerin als Mitglied der Beklagten und die Rechte ihres Geschäftsführers als Mitglied der Vollversammlung der Beklagten verletzten und daher zu unterlassen seien. Zur Begründung hat sie insbesondere vorgetragen, das Grundsatzpapier sei von der AG IHKn ohne Ermächtigung der Vollversammlung der Beklagten veröffentlicht worden. Die Beklagte entfalte in unzulässiger Weise allgemeinpolitische Aktivitäten ohne regionalen Bezug, die sie auch zukünftig fortzusetzen gedenke. Sie überschreite damit ihre in § 1 IHKG geregelten Kompetenzen.

5

Die Klägerin hat im erstinstanzlichen Verfahren sinngemäß beantragt, der Beklagten bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes die Abgabe bestimmter, von der Klägerin im Einzelnen aufgeführter Erklärungen und Stellungnahmen aus dem Grundsatzpapier "Gewerbe- und Industriestandort Hessen" vom 15. Juni 2004 zu untersagen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Zu ihrem Aufgabenbereich gehöre auch die Mitwirkung an der politischen Willensbildung in wirtschaftlichen Angelegenheiten. Die in der "Limburger Erklärung" getroffenen Aussagen seien nicht allgemeinpolitischer Natur, weil sie die Förderung der gewerblichen Wirtschaft bezweckten.

7

Mit Urteil vom 30. Januar 2007 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Unterlassungsklage sei zwar zulässig, weil sich einzelne Kammerzugehörige nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dagegen wehren könnten, dass eine Industrie- und Handelskammer über die ihr zugewiesenen Aufgaben hinaus tätig werde. Die Klage sei aber unbegründet, weil die Beklagte ihren gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich nicht überschritten habe.

8

Zur Begründung der vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Berufung hat die Klägerin insbesondere geltend gemacht, entgegen der verwaltungsgerichtlichen Auffassung habe die Beklagte mit den streitigen Äußerungen die ihr gesetzlich zustehenden, verfassungskonform restriktiv zu interpretierenden Kompetenzen überschritten. Dass alle Fragen "irgendwie mit Wirtschaft" zu tun hätten, reiche nicht aus, um eine Kammerkompetenz zu begründen.

9

Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt, das Urteil des Verwaltungsgerichts Kassel vom 30. Januar 2007 aufzuheben und festzustellen, dass folgende Erklärungen in der Stellungnahme im Grundsatzpapier "Gewerbe- und Industriestandort Hessen" vom 15. Juni 2004 rechtswidrig gewesen sind:

1. Vorwort, Seite 7 des Grundsatzpapiers: "Darüber hinaus fordern die Industrie- und Handelskammern die Landesregierung in diesem Positionspapier auf, sich im Bundesrat vor allem für die dringend notwendigen Reformen in der Steuer- und Arbeitsmarktpolitik stark zu machen.";

2. Seite 8: "Das Land braucht ein politisches Bekenntnis zur Industrie als Basis der Wertschöpfungskette.";

3. Seite 8: "Deutschland muss zu einer wirtschaftsfreundlichen und berechenbaren Steuer- und Arbeitsmarktpolitik zurückfinden.";

4. Seiten 8 und 9: Bildungspolitik: "Die Schulreform ist mit dem Ziel größerer Gestaltungsautonomie für die Schulen fortzusetzen ... Der ... Ausbau der Ganztagsbetreuung ist dabei sicherzustellen.";

5. Seite 9: Hochschul-, Forschungs- und Technologiepolitik: "Die Hochschulen sind mit professionellem Management auszustatten. Das Land Hessen muss sich in diesem Zusammenhang für die Änderung des Hochschulrahmengesetzes einsetzen, um sozialverträgliche Studiengebühren einführen zu können.";

6. Seite 9: Umweltpolitik: "Staatlicher Normensetzung muss grundsätzlich eine Abschätzung der Folgen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit vorausgehen. Vorhaben wie REACH (neue EU-Chemikalienpolitik) müssen deshalb verhindert werden.";

7. Seite 9: Umweltpolitik: "Weniger Staat durch die Stärkung der Eigenverantwortung: Das bedeutet mehr Selbst- bzw. Marktregulierung und mehr Selbstverantwortung und -überwachung.";

8. Seite 10: Energiepolitik: "Die ständig wachsenden Abgaben und Steuern auf den Energieverbrauch müssen gestoppt und reduziert werden.";

9. Seite 10: Energiepolitik: "Der stark wachsende Weltenergieverbrauch macht den Einsatz aller Energieträger erforderlich. Dazu gehört die Kernenergie. Dem muss die Politik Rechnung tragen.";

10. Seite 10: Verkehrspolitik: "Der Flughafen Frankfurt muss zügig wettbewerbsgerecht und auf der Grundlage des Mediationsergebnisses ausgebaut werden."

10

Die Beklagte hat beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

11

Die Industrie- und Handelskammern seien Organisationen der Selbstverwaltung, denen die Interessenvertretung für die Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft obliege. Dabei nähmen sie auch zu Maßnahmen der Regierung Stellung und partizipierten am demokratischen Willensbildungsprozess von unten. Wegen der Verflechtung der Wirtschaft mit anderen Politikbereichen könnten die Industrie- und Handelskammern ihre gesetzliche Aufgabe nur wahrnehmen, wenn sie sich zu allen Bereichen äußern dürften, die sich auf die Interessen der gewerblichen Wirtschaft auswirkten, also auch zu den Bereichen der Sozial-, Arbeitsmarkt-, Familien- und Kulturpolitik.

12

Mit Urteil vom 5. Februar 2009 hat der Verwaltungsgerichtshof das Urteil des Verwaltungsgerichts abgeändert und festgestellt, dass die Abgabe der in Nummern 4, 5, 8, 9 und in Satz 2 der Nummer 6 des Klageantrags wiedergegebenen Erklärungen und Stellungnahmen aus dem Grundsatzpapier "Gewerbe- und Industriestandort Hessen" der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern vom 15. Juli 2004 (richtig: Juni) rechtswidrig gewesen ist. Die Klage sei in ihrer umgestellten Form als Feststellungsklage gemäß § 43 Abs. 1 VwGO sachgerecht und zulässig. Die Beklagte habe durch die im Tenor näher bezeichneten Erklärungen und Stellungnahmen ihren Aufgabenbereich überschritten und dadurch Rechte der Klägerin verletzt. Zwar dürfe die Beklagte sich grundsätzlich an der überregionalen AG IHKn beteiligen und an der Erstellung und Veröffentlichung dieses Grundsatzpapiers mitwirken. Die im Tenor aufgeführten Stellungnahmen und Forderungen überschritten aber den der Beklagten in § 1 Abs. 1 IHKG gesetzlich zugewiesenen allgemeinen Aufgaben- und Befugnisbereich. Die vom Bundesverwaltungsgericht zunächst sehr weit gefasste Beschreibung der allgemeinen Kompetenzzuweisung enthalte die Einschränkung, dass es den Industrie- und Handelskammern in solchen Bereichen, in denen Belange der gewerblichen Wirtschaft "nur am Rande berührt" seien, nicht uneingeschränkt, sondern nur "grundsätzlich" gestattet sei, das durch sie repräsentierte Gesamtinteresse zur Geltung zu bringen. Deren Kompetenzbereich sei danach bei einer unmittelbaren spezifischen Betroffenheit der gewerblichen Wirtschaft, also im Kernbereich der Wirtschaftspolitik, uneingeschränkt eröffnet. Soweit Belange der gewerblichen Wirtschaft dagegen durch "ressortfremde" Aufgaben oder Handlungsfelder nur am Rande berührt würden, könne das nicht das Einfallstor für eine unbeschränkte Befassungskompetenz in derartigen sachfremden Bereichen sein. Je "ressortferner" eine öffentliche Angelegenheit sei, je geringer und je mittelbarer sie gewerbliche Belange nur am Rande berühre, je weniger es sich um sog. "harte" und je mehr es sich um sog. "weiche" Standortfaktoren handele, umso stärker würden der zulässige Umfang und das zulässige Gewicht der Betätigung der Industrie- und Handelskammern begrenzt. In den "fremden" Bereichen, wie etwa Schul-, Bildungs-, Familien- oder Kulturpolitik fehle ihnen für konkrete und ins Einzelne gehende Lösungsvorschläge oder Forderungen, die in der Regel eine Abwägung auch mit anderen als mit wirtschaftlichen Belangen voraussetzten, typischerweise sowohl die Sachkompetenz als auch eine auf der Bündelung von Mitgliederinteressen beruhende Legitimation.

13

Gegen das Urteil haben beide Parteien die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision eingelegt, die Klägerin beschränkt mit dem Antrag,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Kassel vom 5. Februar 2009 insoweit abzuändern, als festgestellt wird, dass auch die in Nummer 10 des Klageantrags wiedergegebene Erklärung und Stellungnahme im Grundsatzpapier "Gewerbe- und Industriestandort Hessen" der Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern vom 15. Juli (richtig: Juni) 2004 rechtswidrig gewesen ist.

14

Sie verteidigt das angefochtene Urteil, hält aber die Äußerung "Der Flughafen Frankfurt muss zügig wettbewerbsgerecht und auf der Grundlage des Mediationsergebnisses ausgebaut werden" für unzulässig. Das angefochtene Urteil verletze insoweit ihr Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem IHKG.

15

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs vom 5. Februar 2009 - 8 A 1559/07 - abzuändern und die Klage abzuweisen sowie

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

16

Das Berufungsurteil verletze § 1 Abs. 1 IHKG. Sämtliche beanstandeten Aussagen seien durch diese Vorschrift gedeckt.

17

Die Klägerin beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

18

Die Revisionen sind zulässig, die der Klägerin ist auch begründet. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Urteil des Berufungsgerichts verletzt Bundesrecht und stellt sich nur teilweise aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).

19

Der Verwaltungsgerichtshof hat allerdings rechtsfehlerfrei die Zulässigkeit der Klage bejaht. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 19. September 2000 - BVerwG 1 C 29.99 - BVerwGE 112, 69 <71> = Buchholz 451.09 IHKG Nr. 15 S. 3 m.w.N.) ist die Feststellungsklage zulässig und insbesondere nicht gemäß § 43 Abs. 2 VwGO subsidiär gegenüber einer Unterlassungsklage. Das rechtliche Interesse der Klägerin an der Feststellung ergibt sich aus der zur Wahrung ihrer Rechte erforderlichen Abgrenzung dessen, was sie als Pflichtmitglied der Beklagten an Meinungsäußerungen der Körperschaft hinnehmen muss und was ihre allgemeine Handlungsfreiheit im Sinne des Art. 2 Abs. 1 GG in unzulässiger Weise beeinträchtigt.

20

Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte sich zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach § 1 Abs. 1 IHKG an der überregionalen Arbeitsgemeinschaft hessischer Industrie- und Handelskammern beteiligen und an der Erstellung und Veröffentlichung von Stellungnahmen dieser AG IHKn mitwirken durfte. Voraussetzung ist, dass sie damit das Gesamtinteresse der Mitglieder ihres Bezirks wahrnimmt. Da dieses in seinen Auswirkungen nicht auf den Bezirk beschränkt ist, kann die Beklagte auch gegenüber Institutionen außerhalb ihres Bezirks tätig werden. Wenn sie der Auffassung ist, dass dies wirkungsvoller geschehen kann, wenn sie sich überregional mit anderen Industrie- und Handelskammern organisiert, ist ihr das nicht verwehrt. Entscheidend ist aber, dass durch einen solchen Zusammenschluss die Kompetenzen der Beklagten nicht erweitert werden. Auch im Rahmen der AG IHKn darf sie nur die Aufgaben wahrnehmen, zu denen sie durch § 1 Abs. 1 IHKG ermächtigt ist (vgl. dazu auch Möllering, WiVerw 2001, 25 <54 f.>; Jahn, GewArch 2009, 434 <438>). Zudem muss sie das ihr vom IHKG und von ihrer eigenen Satzung dafür vorgegebene Verfahren einhalten.

21

Prüfungsmaßstab für den Schutz gegen die Inanspruchnahme als Mitglied einer Zwangskorporation ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Art. 2 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2001 - 1 BvR 1806/98 - GewArch 2002, 111 ff. m.w.N.). Die Klägerin hat als Pflichtmitglied der Beklagten einen Anspruch darauf, dass die Beklagte bei ihrer Tätigkeit die ihr gesetzlich gesetzten Grenzen einhält. Denn die Pflichtzugehörigkeit zu dieser öffentlich-rechtlichen Körperschaft und der darin liegende Eingriff in das Grundrecht der Pflichtmitglieder aus Art. 2 Abs. 1 GG ist allein durch die - nach der maßgeblichen Einschätzung des Gesetzgebers - im öffentlichen Interesse liegende und deshalb notwendige Wahrnehmung dieser gesetzlichen Aufgaben gerechtfertigt (Beschluss vom 19. Dezember 1962 - 1 BvR 541/57 - BVerfGE 15, 235 <242 f.>).

22

Zwangsverbände sind nur zulässig, wenn sie öffentlichen Aufgaben dienen und ihre Errichtung, gemessen an diesen Aufgaben, verhältnismäßig ist. Legitime öffentliche Aufgaben sind solche, an deren Erfüllung ein gesteigertes Interesse der Gemeinschaft besteht, die aber weder allein im Wege privater Initiative wirksam wahrgenommen werden können noch zu den im engeren Sinn staatlichen Aufgaben zählen, die der Staat selbst durch seine Behörden wahrnehmen muss. Bei der Einschätzung, ob diese Voraussetzungen vorliegen, kommt dem Staat ein weites Ermessen zu (BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Dezember 2001 a.a.O. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 19. September 2000 a.a.O. S. 71 f. bzw. S. 3 f. m.w.N.).

23

Ausgangspunkt der Prüfung, ob die Beklagte sich bei der Veröffentlichung des Grundsatzpapiers "Gewerbe- und Industriestandort Hessen" im Rahmen der ihr zugewiesenen Aufgaben gehalten hat, ist § 1 Abs. 1 IHKG. Danach haben die Kammern die Aufgabe, das Gesamtinteresse der ihnen zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. Dabei obliegt es ihnen insbesondere, durch Vorschläge, Gutachten und Berichte die Behörden zu unterstützen und zu beraten sowie für die Wahrung von Anstand und Sitte des ehrbaren Kaufmanns zu wirken.

24

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts lässt sich diese Aufgabe als auf den Kammerbezirk bezogene Vertretung der Interessen der gewerblichen Wirtschaft im weitesten Sinn umschreiben. Da sehr viele öffentliche und staatliche Aufgaben die gewerbliche Wirtschaft berühren, ist diese Aufgabe kaum exakt eingrenzbar. Selbst dort, wo Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt sind, ist es den Industrie- und Handelskammern grundsätzlich gestattet, das durch sie repräsentierte Gesamtinteresse zur Geltung zu bringen (Urteil vom 19. September 2000 a.a.O. S. 74 bzw. S. 5 f.).

25

Aus dieser Umschreibung hat das Berufungsgericht geschlossen, dass der Kompetenzbereich der Industrie- und Handelskammern bei einer unmittelbaren spezifischen Betroffenheit der gewerblichen Wirtschaft, also im Kernbereich der Wirtschaftspolitik, uneingeschränkt eröffnet sei. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

26

Soweit Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt sind, interpretiert das Berufungsgericht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach in diesem Bereich den Industrie- und Handelskammern "grundsätzlich" gestattet ist, das durch sie repräsentierte Gesamtinteresse zur Geltung zu bringen, dahingehend, dass hier der Kompetenzbereich der Kammern geringer sei, also das Wort "grundsätzlich" eine Einschränkung der Kompetenz zum Ausdruck bringe. Als rechtlichen Maßstab für die Abgrenzung des Aufgabenbereichs hat es dabei die mit dem Begriff der "Ressortnähe" veranschaulichte (Un-)Mittelbarkeit der Berührung gewerblicher Belange und die Frage, ob es sich um "harte" oder "weiche" Standortfaktoren handele, gewählt. Dieser Maßstab hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

27

Das Kriterium der Ressortnähe ist schon deshalb im Ausgangspunkt wegen seines naheliegenden Bezugs zur landesrechtlichen Organisation und der unter diesem Gesichtspunkt zufälligen Einteilung der jeweiligen Landesministerien missverständlich und, soweit dieser Bezug beabsichtigt war, unpräzise und darum ungeeignet.

28

Da streitig nicht der Kernbereich, sondern die Abgrenzung der Aufgaben in dem Bereich ist, in dem Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt werden, ist auch das Kriterium der Unmittelbarkeit der Berührung zur Abgrenzung nicht geeignet. Denn fraglich ist gerade, was noch "am Rande" liegt und welcher Aufgabenbereich nicht mehr dazu gehört.

29

Die Differenzierung nach "harten" oder "weichen" Standortfaktoren ist ebenfalls nicht praktikabel. Standortfaktoren, also die für die Wahl und Beibehaltung eines Unternehmensstandorts maßgeblichen Kriterien, sind für die gewerbliche Wirtschaft zwar zweifellos sehr relevante und damit auch in ihrem Interesse liegende Entscheidungsgrundlagen. Was aber "harte" und was "weiche" Standortfaktoren sind, ist inhaltlich unbestimmt und branchenmäßig sehr unterschiedlich. Als Begrenzung des Aufgabenbereichs der Industrie- und Handelskammer ist dieses Kriterium deshalb nicht geeignet.

30

Das Berufungsgericht geht auch zu Unrecht davon aus, dass die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Zuständigkeit der Industrie- und Handelskammern "grundsätzlich" auch dort besteht, wo Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt sind (vgl. Urteil vom 19. September 2000 a.a.O. S. 74 bzw. S. 5 f.), als Einschränkung ihres Kompetenzbereichs zu verstehen ist. Vielmehr bringt diese Rechtsprechung zum Ausdruck, dass selbst in Bereichen, in denen Belange der gewerblichen Wirtschaft nur am Rande berührt sind, den Industrie- und Handelskammern - die Zuständigkeit im Kernbereich erweiternd - gestattet ist, das durch sie repräsentierte Gesamtinteresse zur Geltung zu bringen. Auch in diesen Randbereichen ist die Kompetenz der Industrie- und Handelskammer gegenüber dem Kernbereich nicht eingeschränkt. Abzugrenzen ist allerdings, was noch zum Randbereich einer zulässigen Betätigung der Industrie- und Handelskammern gehört und wo dieser Bereich verlassen wird, weil es sich um allgemeinpolitische Fragen handelt.

31

Diese Grenze ist nicht erst dann überschritten, wenn Erklärungen ohne jeden wirtschaftlichen Bezug zum Gesamtinteresse der Kammermitglieder abgegeben werden. Es reicht zur Begründung der Kompetenz nicht aus, dass die Auswirkungen einer politischen Entscheidung in irgendeiner weiteren Konsequenz auch die Wirtschaft berühren können. Vielmehr werden nur dann Belange der gewerblichen Wirtschaft wahrgenommen, wenn die Äußerung der Industrie- und Handelskammer sich auf einen Sachverhalt bezieht, der nachvollziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der Industrie- und Handelskammer hat. Ergeben sich diese nachvollziehbaren Auswirkungen nicht unmittelbar aus der Äußerung selbst, können sie sich auch aus ihrer Begründung oder ihrem textlichen Zusammenhang ergeben. Da eine Industrie- und Handelskammer jeweils nur die Interessen der ihr zugehörigen Gewerbetreibenden ihres Bezirks wahrnehmen darf, muss sich auch der Sachverhalt, zu dem sie sich äußert, auf die gewerbliche Wirtschaft im eigenen Bezirk konkret erkennbar auswirken. Das schließt aber nicht aus, dass sich die Kammer an Adressaten außerhalb dieses Bezirks wendet, um z.B. auf wirtschaftspolitische Entscheidungen auf Landes- oder Bundesebene einzuwirken.

32

Ist thematisch der Kompetenzbereich der Industrie- und Handelskammer eröffnet, und damit die Frage, ob sie sich zu einem bestimmten Sachverhalt äußern darf, bejaht, ist bei der Form, die sie dabei zu wahren hat, sozusagen dem "Wie" der Äußerung, zu beachten, dass die Industrie- und Handelskammern als öffentlich-rechtliche Körperschaften öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Daraus ergibt sich eine generelle Beschränkung ihrer Tätigkeit im Vergleich zu Interessenverbänden und politischen Parteien (vgl. Urteil vom 17. Dezember 1981 - BVerwG 5 C 56.79 - BVerwGE 64, 298 <305> = Buchholz 430.1 Kammerrecht Nr. 8 S. 16 f.). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stellt auch die den Industrie- und Handelskammern übertragene Aufgabe der Vertretung der gewerblichen Wirtschaft gegenüber dem Staat keine reine Interessenvertretung dar (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 1962 - 1 BvR 541/57 - BVerfGE 15, 235 <241>). Sie müssen stets auf das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft ausgerichtet sein und dürfen die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe lediglich abwägend und ausgleichend berücksichtigen. Es ist ihnen die gesetzliche Verantwortung dafür auferlegt, dass sie im Rahmen ihrer Aufgabe, die gewerbliche Wirtschaft im Ganzen zu fördern, als öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungskörperschaft das höchstmögliche Maß an Objektivität walten lassen (BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 1962 a.a.O. S. 241).

33

Das setzt voraus, dass die Äußerungen der Industrie- und Handelskammern sachlich sind und die notwendige Zurückhaltung wahren. Damit sind nicht nur Anforderungen an die Formulierung gestellt, was polemisch überspitzte oder auf emotionalisierte Konfliktaustragung angelegte Aussagen ausschließt; die notwendige Objektivität verlangt auch eine Argumentation mit sachbezogenen Kriterien und gegebenenfalls die Darstellung von Minderheitenpositionen. Da das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft Bezugspunkt der Aufgabenwahrnehmung ist und dies eine Abwägung der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Gewerbezweige erfordert, muss eine Äußerung, die zu besonders umstrittenen Themen erfolgt, auch diese Abwägung erkennen lassen.

34

Dieses von den Industrie- und Handelskammern gemäß § 1 Abs. 1 IHKG wahrzunehmende Gesamtinteresse ihrer Mitglieder muss unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige oder Betriebe abwägend und ausgleichend ermittelt werden. Es ist ein gewichtetes Ergebnis und damit weder eine Summe oder Potenzierung der Einzelinteressen noch ihr kleinster gemeinsamer Nenner. Seine Ermittlung obliegt primär der Vollversammlung, deren Mitglieder gemäß § 5 IHKG unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Besonderheiten des Kammerbezirks und der gesamtwirtschaftlichen Bedeutung der Gewerbegruppen gewählt werden.

35

Erklärungen und Stellungnahmen der IHK sind zudem nur dann zulässig, wenn sie unter Einhaltung des dafür vorgesehenen Verfahrens zustande gekommen sind. Denn die Pflichtmitgliedschaft der Gewerbetreibenden in der Industrie- und Handelskammer ist nur gerechtfertigt, wenn die Kammer das durch das vorgegebene Verfahren legitimierte Gesamtinteresse wahrnimmt. Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 IHKG beschließt über die Angelegenheiten der Industrie- und Handelskammer die Vollversammlung, soweit nicht die Satzung etwas anderes bestimmt. Dabei kann, wie in § 2 Abs. 2 der Satzung der Beklagten geschehen, der Vollversammlung die Bestimmung der Richtlinien der Kammerarbeit und die Beschlussfassung über alle Fragen von grundsätzlicher Bedeutung vorbehalten bleiben und darauf basierend die Entscheidung über Einzelfragen delegiert werden. Eine grundsätzliche Festlegung muss aber auf jeden Fall durch die Vollversammlung erfolgen.

36

Für die im Revisionsverfahren noch umstrittenen Äußerungen ergibt sich daraus:

Die unter Nr. 4 des Klageantrags angeführte, vom Berufungsgericht beanstandete Aussage: "Die Schulreform ist mit dem Ziel größerer Gestaltungsautonomie für die Schulen fortzusetzen ... Der ... Ausbau der Ganztagsbetreuung ist dabei sicherzustellen." lässt hinsichtlich ihres Satzes 1 keine nachvollziehbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der Beklagten erkennen. Auch die Begründungen "Der Industriestandort Hessen braucht exzellent ausgebildetes Humankapital." (S. 25 des Grundsatzpapiers) oder "Vor diesem Hintergrund erwartet die hessische Wirtschaft, dass in Kürze Kerncurricula eingeführt werden, in denen sozialen und methodischen Kompetenzen ein stärkeres Gewicht eingeräumt wird. Die Entschlackung der Lehrpläne lässt Raum zur intensiven Vermittlung der von der Industrie erwarteten Kompetenzen und Arbeitstechniken." (S. 26 des Grundsatzpapiers) oder auch "Die bundesweite Einführung des 12-jährigen Abiturs und die Diskussion über neue Arbeitszeitregelungen für Lehrerinnen und Lehrer sollte dafür genutzt werden, eine Reduzierung der unterrichtsfreien Zeit von 12 auf 9 Wochen vorzunehmen." (S. 27 des Grundsatzpapiers) betreffen nicht Belange der gewerblichen Wirtschaft im dargelegten Sinne. Die Forderung der "Limburger Erklärung" befasst sich nicht mit berufsbildenden, sondern mit den allgemeinbildenden Schulen. Auch die Begründung führt nur allgemeine bildungspolitische Argumente an. Dass diese letztlich auch für die Wirtschaft von Belang sind, reicht nicht aus, um eine Kompetenz der Industrie- und Handelskammer zu begründen.

37

Demgegenüber ergibt sich aus der Begründung zu Satz 2 der Forderung, die Ganztagsbetreuung auszubauen, dass dies ein wichtiger Beitrag zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist und dem Wunsch der hessischen Wirtschaft entspricht, dem großen Potenzial von gut ausgebildeten Frauen bessere Beschäftigungsperspektiven zu erschließen. Daraus ergeben sich unmittelbar nachvollziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der Beklagten.

38

Die unter Nr. 5 des Klageantrags benannte Forderung "Die Hochschulen sind mit professionellem Management auszustatten. Das Land Hessen muss sich in diesem Zusammenhang für die Änderung des Hochschulrahmengesetzes einsetzen, um sozialverträgliche Studiengebühren einführen zu können." lässt dagegen keine nachvollziehbaren Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der Beklagten erkennen und übersteigt deshalb ihren Kompetenzbereich. Auch die Begründung legt keinen Bezug zur Wirtschaft dar. Sie beschäftigt sich vielmehr mit der hochschulinternen Organisation, den vermeintlich erforderlichen Änderungen im Dienst- und Besoldungsrecht und der Forderung nach der Einführung von Studiengebühren, deren unmittelbare Bedeutung für die Wirtschaft aber nicht deutlich wird. Der Hinweis des Bevollmächtigten der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auf Kooperationen zwischen den Hochschulen und der Wirtschaft führt zu keiner anderen Beurteilung. Dass die Leitlinie der Hochschulpolitik darin besteht, auch Wirtschaftsvertreter in Hochschulgremien aufzunehmen, mag dazu geführt haben, dass eine engere Verknüpfung zwischen den Hochschulen und den Industrie- und Handelskammern entstanden ist. Eine Kompetenz, deshalb zu hochschulinternen Mitarbeiterfragen Stellung zu nehmen, ist daraus aber ebenso wenig ableitbar wie die Forderung nach Studiengebühren.

39

Aus der unter Nr. 6 des Klageantrags aufgeführten Forderung ist Gegenstand des Revisionsverfahrens nur noch der Satz "Vorhaben wie REACH (neue EU-Chemikalienpolitik) müssen deshalb verhindert werden." Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bezieht er sich auf einen Sachverhalt, der nachvollziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft erkennen lässt. Das ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus der zitierten Forderung, aber aus der in dem Grundsatzpapier (S. 34) enthaltenen Begründung. Danach würde die Einführung von REACH für die gesamte Breite der Produktverarbeitung zu erheblichen zusätzlichen Kosten führen und Arbeitsplätze gefährden. Deshalb ist dies thematisch ein Bereich, zu dem sich die Beklagte äußern durfte.

40

Allerdings wahrt die Form, die die "Limburger Erklärung" für diese Äußerung gewählt hat, nicht die erforderliche Sachlichkeit und Zurückhaltung. Das ergibt sich schon aus der apodiktischen Formulierung der Forderung "Vorhaben ... müssen ... verhindert werden" und wird noch verstärkt in der Begründung, der zufolge die Forderung erhoben wird, dass "dieser Wahnsinn noch gestoppt wird". Da die Frage, ob eine Äußerung der Industrie- und Handelskammer das höchstmögliche Maß an Objektivität walten lässt, nur aus dem Kontext der Forderung beurteilt werden kann, muss auch hier die Begründung mit herangezogen werden. Formulierungen dieser Art mögen einer reinen Interessenvertretung zustehen, den als öffentlich-rechtliche Körperschaften organisierten Industrie- und Handelskammern aber nicht. Eine Legitimation dazu ergibt sich auch nicht daraus, dass nach Angaben des Hauptgeschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung von den Mitgliedern häufig "spitzere" Formulierungen gefordert würden. Die Beklagte muss dem im Hinblick auf ihren gesetzlichen Auftrag und den sich daraus ergebenden Grenzen entgegentreten.

41

Die unter Nr. 8 des Klageantrags aufgeführte Forderung "Die ständig wachsenden Abgaben und Steuern auf den Energieverbrauch müssen gestoppt und reduziert werden." ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts thematisch zulässig. Die Abgabenlast und die Abhängigkeit der Wirtschaft von kostengünstiger und zuverlässiger Energieversorgung betrifft die gewerbliche Wirtschaft unmittelbar. Die Beklagte darf insoweit das Gesamtinteresse ihrer Mitglieder wahrnehmen, auch wenn Energiepolitik nicht nur wirtschafts-, sondern zum Beispiel auch umweltpolitische Fragen aufwirft.

42

Auch die unter Nr. 9 des Klageantrags aufgeführte Forderung "Der stark wachsende Weltenergieverbrauch macht den Einsatz aller Energieträger erforderlich. Dazu gehört die Kernenergie. Dem muss die Politik Rechnung tragen." fällt thematisch in den Kompetenzbereich der Beklagten. Das Ziel einer Sicherung der für die Wirtschaft erforderlichen Energieversorgung lässt nachvollziehbare Auswirkungen auf die Wirtschaft im Bezirk der Beklagten erkennen. Die ultimative Forderung nach Kernenergie (siehe auch die Begründung: "Ausstieg aus der Kernenergie muss gestoppt werden", S. 37 des Grundsatzpapiers) wahrt aber wiederum nicht das höchstmögliche Maß an Objektivität. Da die Frage des Einsatzes von Kernenergie auch zahlreiche andere, insbesondere umweltpolitische Belange berührt, und das Thema zudem gesellschaftspolitisch sehr umstritten ist, hätte die Beklagte zu dieser Forderung auch abweichende Auffassungen und gegebenenfalls deren Auswirkungen darlegen müssen.

43

Die unter Nr. 10 des Klageantrags aufgeführte Forderung "Der Flughafen Frankfurt muss zügig wettbewerbsgerecht und auf der Grundlage des Mediationsergebnisses ausgebaut werden." ist thematisch nicht zu beanstanden. Er betrifft die Verkehrspolitik, die unmittelbare nachvollziehbare Auswirkungen auf die gewerbliche Wirtschaft hat. Dass der Flughafen Frankfurt am Main nicht im Bezirk der Beklagten liegt, schadet dabei nicht, weil er für die Mitglieder der Beklagten der nächstgelegene internationale Flughafen ist und ihm deshalb im Bezirk der Beklagten eine herausragende Bedeutung für die Infrastruktur zukommt. Nicht gefolgt werden kann der Klägerin in der Meinung, dass Belange der Verkehrspolitik von den Industrie- und Handelskammern schon wegen fehlender Sachkunde nicht wahrgenommen werden dürften. Die Beklagte hat, von der Klägerin unwidersprochen, vorgetragen, dass Verkehrspolitik einer der Kernbereiche der Arbeit der deutschen Industrie- und Handelskammern sei. Sie verfügen über eigene Verkehrsabteilungen, Referate und Ausschüsse.

44

Mit der Forderung, den Flughafen auf der Grundlage des Mediationsergebnisses auszubauen, hat die Beklagte auch das notwendige Maß an Objektivität gewahrt. Im Mediationsverfahren sind die divergierenden Interessen der Betroffenen bereits berücksichtigt und zu einem Ausgleich gebracht worden. Dass das dort gefundene Ergebnis auch umgesetzt wird, ist eine für das Gesamtinteresse der gewerblichen Wirtschaft des Bezirks der Beklagten vertretbare Forderung.

45

Unabhängig davon stellt sich die Veröffentlichung des Grundsatzpapiers und der vorangestellten "Limburger Erklärung" aber insgesamt als rechtswidrig dar, weil sie unter Verstoß gegen das vorgeschriebene Verfahren zustande gekommen ist.

46

Nach § 2 Abs. 2 der Satzung der Beklagten bestimmt die Vollversammlung die Richtlinien der Kammerarbeit und beschließt unbeschadet der §§ 58, 59 Berufsbildungsgesetz über alle Fragen, die für die gewerbliche Wirtschaft des Kammerbezirks oder die Arbeit der Kammer von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dass es sich bei dem Grundsatzpapier um eine derartige grundsätzliche Entscheidung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 1 IHKG und § 2 der Satzung der Beklagten handelt, wird auch von dieser nicht in Frage gestellt. Ebenso ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass dieses Verfahren nicht eingehalten wurde. Denn das am 15. Juni 2004 von den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführern der Industrie- und Handelskammern verabschiedete Grundsatzpapier wurde erst am 12. Oktober 2004 und damit nach seiner Veröffentlichung in der Vollversammlung der Beklagten zur Abstimmung gestellt. Auch die Übersendung des Papiers an die Mitglieder der Vollversammlung erfolgte erst nach seiner Veröffentlichung Anfang September 2004.

47

Das Satzungsrecht ist zwar nicht revisibel; der Senat kann aber in Ermangelung einer Auslegung durch das Berufungsgericht die Satzung der Beklagten selbst auslegen und unter Berücksichtigung der unbestrittenen Angaben des Hauptgeschäftsführers der Beklagten in der mündlichen Verhandlung, dass das Grundsatzpapier nicht ausschließlich als redaktionelle Zusammenfassung bereits erfolgter Resolutionen, Beschlüsse etc. der Vollversammlung angesehen werden könne, in der Sache selbst entscheiden.

48

Das Grundsatzpapier hätte nur unter Beteiligung der Vollversammlung erstellt und beschlossen werden dürfen. Das schließt nicht aus, dass die AG IHKn, in der nur die Präsidenten und Hauptgeschäftsführer der zusammengeschlossenen Industrie- und Handelskammern vertreten sind, ein entsprechendes Papier ausarbeitet und verabschiedet. Vor seiner Veröffentlichung hätte die Beklagte, die sich dieses Papier auch zurechnen lassen will und muss, dazu aber eine Meinungsbildung der Vollversammlung herbeiführen und eine Zustimmung einholen müssen.

49

Zwar ist es möglich, dass, wenn die Vollversammlung zu einzelnen Fragen grundsätzliche Entscheidungen bereits getroffen und damit das Gesamtinteresse bestimmt hat, sich daraus ergebende Äußerungen oder Stellungnahmen auch auf die anderen Gremien der Beklagten delegiert werden dürfen. Das setzt aber die vorangegangene Befassung durch die Vollversammlung und die damit verbundene inhaltliche Vorgabe voraus. Handelt es sich, wie hier, um ein die wesentlichen Politikbereiche abdeckendes Grundsatzpapier, muss die Vollversammlung insgesamt darüber befinden. Da hier zumindest einige der streitigen Punkte nach den Angaben der Beklagten nicht vorher von der Vollversammlung verabschiedet waren, ist das Grundsatzpapier in seiner Gesamtheit fehlerhaft zustande gekommen und rechtswidrig.

50

Eine nachträgliche Genehmigung, wie sie das Verwaltungsgericht in entsprechender Anwendung des § 185 BGB für möglich gehalten hat, reicht nicht aus. Der gesetzliche Auftrag der Beklagten bezieht sich auf die Wahrnehmung des Gesamtinteresses der gewerblichen Wirtschaft in ihrem Bezirk. Dieses Gesamtinteresse kann nur von der Vollversammlung definiert, nicht aber nachträglich von ihr genehmigt werden. Kommt es ungeachtet dessen zur Veröffentlichung des ohne Beteiligung der Vollversammlung erstellten Grundsatzpapiers, liegt jedenfalls im Vorgang der Veröffentlichung eine Überschreitung der rechtlichen Befugnisse der Körperschaft und damit eine Verletzung der Rechte ihrer Pflichtmitglieder.

51

Auch eine von der Beklagten angesprochene Heilung der unterlassenen Beteiligung der Vollversammlung durch den nachträglichen Beschluss, wie es im Satzungsrecht teilweise möglich ist, kommt hier nicht in Betracht. Die Voraussetzungen und Konsequenzen sind grundlegend anders. Kommt bei einer Satzung nachträglich keine Mehrheit zur Heilung eines Verfahrensfehlers zustande, so bleibt die Satzung unwirksam. Hier liegt aber nicht nur ein Verfahrensfehler vor; die vorangegangene Veröffentlichung, der keine - materiellrechtlich notwendige - Bildung des Gesamtinteresses zugrunde lag, ist auch nachträglich nicht rückgängig zu machen. Die Vollversammlung hätte nur noch die Möglichkeit, das Handeln des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers zu billigen oder zu verwerfen, könnte aber ihrer Aufgabe, das Gesamtinteresse originär zu bilden, nicht mehr nachkommen.

52

Die Klägerin kann sich auf diesen Fehler berufen, obwohl nicht sie selbst, sondern ihr Geschäftsführer Mitglied der Vollversammlung ist. Mit der unterlassenen Beteiligung der Vollversammlung sind nicht nur Rechte der Mitglieder der Vollversammlung verletzt, sondern die Tätigkeit der Beklagten verstößt gegen ihren gesetzlichen Auftrag. Denn die Bildung des Gesamtinteresses durch die Vollversammlung ist Voraussetzung für die Erfüllung der materiellrechtlichen Anforderungen an die Tätigkeit der Beklagten. Das kann jedes Mitglied der Beklagten und damit auch die Klägerin geltend machen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zum Handwerkskammerbeitrag für das Jahr 2009. Zwischen den Beteiligten ist vor allem streitig, ob die durch die Beklagte vorgenommene Bildung von Rücklagen dem Grunde und der Höhe nach ordnungsgemäß erfolgt ist und ob dies Auswirkungen auf die Rechtsmäßigkeit der Beitragserhebung hat.

2

Die Klägerin ist selbständige Kosmetikerin und Mitglied der Beklagten. Mit Beitragsbescheid vom 28. Mai 2009 setzte die Beklagte für das Beitragsjahr 2009 gegenüber der Klägerin einen Gesamtbeitrag in Höhe von 234,50 Euro fest, der sich aus einem Grundbeitrag in Höhe von 66,00 Euro und einem Zusatzbeitrag in Höhe von 168,50 Euro zusammensetzt. Zugleich gab die Beklagte zur Kenntnis, dass ein Rückstand vor Veranlagung in Höhe von 14,60 Euro bestehe, so dass sich der im Bescheid ausgewiesene, zu zahlende Gesamtbetrag auf 249,10 Euro belief.

3

Die Beitragserhebung stützte die Beklagte auf ihrer Beitragsordnung vom 10. Juli 1997, zuletzt geändert mit Wirkung zum 1. Januar 2004, in Verbindung mit dem Beschluss der Vollversammlung der Beklagten vom 16. April 2009 über den Handwerkskammerbeitrag für 2009. Danach beträgt der Grundbeitrag 66,00 Euro, und der Zusatzbeitrag ist je nach Höhe des Gewerbeertrages/Gewinns degressiv prozentual gestaffelt. Der vorgenannte Beschluss der Vollversammlung ist als § 2 Bestandteil der Haushaltssatzung der Beklagten für das Rechnungsjahr 2009, die mit Bescheid des Ministeriums für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt vom 17. Juni 2009 unter lfd. Nr. 7 genehmigt wurde; die Beitragsfestsetzung wurde als Punkt II der Beschlussfassung der Vollversammlung der Beklagen vom 16. April 2009 im Mitteilungsblatt der Beklagten „Norddeutsches Handwerk“ vom 25. Juni 2009 veröffentlicht.

4

Auf der Grundlage von § 106 Abs. 1 Nr. 6 HandwO i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 14 der Satzung der Beklagten i. d. F. vom 18. Dezember 1995 hat die Vollversammlung der Beklagten am 17. September 2005 eine überarbeitete Fassung ihrer Haushalts- Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) vom 4. Dezember 1991 beschlossen, die in Bezug auf eine Rücklagenbildung folgende Regelung enthält:

5

§ 28
Rücklagen

6

(1) Es ist eine Ausgleichsrücklage und eine Betriebsmittelrücklage zu bilden. Nach Bedarf können weitere Rücklagen gebildet werden.

7

(2) Höhe und Zweckbestimmung sind in einer gesonderten Rücklagenordnung zu regeln, die von der Vollversammlung zu beschließen ist.

8

Bereits mit Beschluss vom 4. Dezember 1991 hatte die Vollversammlung der Beklagten eine Rücklagenordnung beschlossen, die neben Regelungen für die Betriebsmittel- und Ausgleichsrücklage und für alle Rücklageformen geltende Bestimmungen in Bezug auf „Sonderrücklagen“ folgende Regelungen enthält:

§ 1

9

Die Handwerkskammer hat eine Betriebsmittelrücklage und eine Ausgleichsrücklage anzusammeln.

10

Sie kann auch Sonderrücklagen bilden.

§ 5

11

Sonderrücklagen können auf Beschluss der Vollversammlung gebildet werden, wenn künftige Ausgaben voraussichtlich nicht aus Mitteln des jährlichen Haushaltsplanes bestritten werden können.

12

Soweit die Rücklagenordnung mit Beschluss der Vollversammlung der Beklagten vom 16. April 2009 überarbeitet wurde und mit Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde, die am 17. Juni 2009 erteilt wurde, in Kraft treten sollte, betrafen die Änderungen die Umstellung der DM-Beträge für die Mindestrücklagenhöhe der Betriebsmittel- und der Ausgleichsrücklage auf Euro in den §§ 2 und 3 der Rücklagenordnung sowie eine ausdrückliche Bestimmung der Vermögensanlagegeschäfte der Handwerkskammer in § 7 als anlagesichere Geschäfte. §§ 1 und 5 RLO 1991 blieben von der Änderung unberührt.

13

Hinsichtlich der Bildung von Sonderrücklagen gab es im Jahr 2009 folgende Beschlussfassung:

14

Am 16. April 2009 beschloss die Vollversammlung der Beklagten eine neue Rücklagenstruktur, die zu einer Umverteilung und neuen Zuordnung der Finanzmittel anstelle der bis zum 31. Dezember 2008 bestehenden Rücklagenstruktur führte.

15

So wurde die Betriebsmittelrücklage in Höhe von (bislang) 9.051.072,10 € reduziert auf 7.120.000,00 €, wobei zugleich nicht rückführbare Entnahmen für 2009 in Höhe von insgesamt 4.320.000,00 € erfolgten, so dass die verbleibende Betriebsmittelrücklage künftig 2.800.000,00 € betragen sollte. Die ursprüngliche Ausgleichsrücklage in Höhe von 8.606.241,59 € wurde reduziert auf 600.000,00 €. Der Restbetrag sowie die bisherigen Rücklagen „BBZ“, „Internat BBZ“ und „Altersteilzeit“ wurden nunmehr als „Sonderrücklagen“ deklariert und wie folgt verteilt:

16

 - für Altersteilzeit

  435.252,04 €,

 - für notwendige Instandhaltungs-, Wiederbeschaffungs- und Modernisierungsinvestitionen

 2.466.344,19 €,

 - für besondere Verwendungszwecke

 9.200,000,00 €.

17

Die Sonderrücklage „besondere Verwendungszwecke“ setzte sich ihrerseits zusammen aus der Rücklage

18

-Haus des Handwerks

 in Höhe von 6.200.000,00 €,

-Struktur KHS

 in Höhe von 1.000.000,00 €,

-Stiftung

 in Höhe von 2.000.000,00 €.

19

Mit Bescheid vom 17. Juni 2009 genehmigte das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit des Landes Sachsen-Anhalt unter lfd. Nr. 5 den Beschluss zur Struktur der Rücklagen, der mit Zeichnung durch den Präsidenten und die Hauptgeschäftsführerin am 16. April 2009 in Kraft getreten ist.

20

Am 22. Juni 2009 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht Magdeburg Klage erhoben. Zu deren Begründung hat sie im Wesentlichen ausgeführt:

21

Für eine Beitragserhebung fehle es an einer wirksamen Beitragsordnung der Beklagten.

22

Neben einer fehlenden Rechtsgrundlage für die Beitragserhebung sei auch die „Rücklagenhandhabung“ der Beklagten nicht gesetzeskonform erfolgt. Die Beklagte haben Vermögenswerte dem Einsatz zur Kostendeckung entzogen, indem Rücklagen für nicht notwendige Aufgaben formell und materiell fehlerhaft gebildet und der Haushalt mit vermeintlichen Ausgabepositionen künstlich „aufgebläht“ worden sei.

23

Der Beschluss der Vollversammlung vom 16. April 2009 zur „Struktur der Rücklagen“ verstoße gegen § 28 Abs. 2 HKRO, wonach Höhe und Zweckbestimmung der Rücklagen in einer gesonderten Rücklagenordnung zu regeln seien, die von der Vollversammlung zu beschließen sei.

24

In Bezug auf die Rücklagenordnung vom 4. Dezember 1991 fehle jeglicher Nachweis für deren ordnungsgemäßes Zustandekommen. Die Änderung der Rücklagenordnung vom 16. April 2009 sei erst mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde am 17. Juni 2009 in Kraft getreten und habe damit keine wirksame Rechtsgrundlage für den Beschluss der Vollversammlung vom 16. April 2009 über die „Struktur der Rücklagen“ gebildet.

25

Hinsichtlich der bis zum 31. Dezember 2008 gebildeten Rücklagen „BBZ“, „Internat BBZ“, „Altersteilzeit“ mangele es bereits an entsprechenden Beschlussfassungen der Vollversammlung über die Bildung von Sonderrücklagen. Auch die „neue Rücklagenstruktur“ sei der Sache und der Höhe nach zu beanstanden.

26

Die Klägerin hat beantragt,

27

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 28. Mai 2009 aufzuheben.

28

Die Beklagte hat beantragt,

29

die Klage abzuweisen.

30

Zur Begründung hat sie ausgeführt, die Beitragserhebung finde ihre Grundlage in der zum 1. Januar 1998 in Kraft getretenen Beitragsordnung i. d. F. der von der Vollversammlung am 9. Dezember 2003 sowie 15. März 2004 beschlossenen Änderungen i. V. m. dem Beitragsfestsetzungsbeschluss vom 16. April 2009.

31

Weder die bisherige noch die neue Rücklagenstruktur sei zu beanstanden.

32

Die Rücklagenstruktur bis zum 31. Dezember 2008 sei Bestandteil des Jahresabschlusses 2008, der am 20. Oktober 2008 von der Vollversammlung beschlossen worden sei. Die durch die Vollversammlung am 16. April 2009 beschlossene und am 17. Juni 2009 genehmigte neue Rücklagenstruktur sei sowohl in Bezug auf die Zweckbindung wie die Höhe der einzelnen Rücklagen gerechtfertigt.

33

Mit Urteil vom 29. Juni 2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt:

34

Der angefochtene Bescheid finde in § 113 Abs. 1 HandwO i. V. m. der Beitragsordnung der Beklagen eine hinreichende Rechtsgrundlage.

35

Hinsichtlich der Rücklagenbildung habe sich die Beklagte eine Rücklagenordnung gegeben, die durch Beschluss der Vollversammlung vom 16. April 2009 geändert und am 17. Juni 2009 durch die Aufsichtsbehörde genehmigt worden sei. Die Genehmigung sei auch hinsichtlich der Beschlüsse der Vollversammlung zur Struktur der Rücklagen, der Änderung der Rücklagenordnung und der Haushaltssatzung sowie des Haushaltsplans 2009 „vor dem Hintergrund“ erfolgt, dass mitgeteilt worden sei, welche Maßnahmen unter den Sonderrücklagen „Stiftung“ und „Struktur der KHS“ zu verstehen seien und was diesbezüglich geplant sei. Die Rücklagenordnung müsse keine detaillierte Aufzählung der einzelnen Sonderrücklagen enthalten. Die Konkretisierung obliege der Beschlussfassung durch die Vollversammlung, wie sie am 16. April 2009 erfolgt sei.

36

Im Weiteren führt das Verwaltungsgericht aus, weshalb die einzelnen Rücklagen der Sache und Höhe nach rechtlich nicht zu beanstanden seien.

37

Gegen das der Klägerin am 14. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Senat auf Antrag der Klägerin mit Beschluss vom 15. Februar 2012 die Berufung gem. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zugelassen.

38

Mit am 13. März 2012 beim Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt eingegangenem Schriftsatz vom 12. März 2012 begründet die Klägerin ihre Berufung wie folgt:

39

Sie wiederholt und vertieft ihr Klagevorbringen; insbesondere erhebt sie weiterhin Einwände gegen die Rücklagenbildung der Beklagten. Hinsichtlich der geänderten Rücklagenzwecke hätten diese weder vor noch nach der Änderung der Rücklagenstruktur die erforderliche Regelung in der Rücklagenordnung gefunden. Auch hätten die Voraussetzungen für Zweckänderungen nicht vorgelegen.

40

Ihre rechtlichen Bedenken gegen die Wirksamkeit der Hauptsatzungen der Beklagten und deren Beitragsordnung vom 10. Juli 1997 erhält sie dagegen nicht weiter aufrecht.

41

Die Klägerin beantragt,

42

unter Änderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 3. Kammer - vom 29. Juni 2011 den Beitragsbescheid der Beklagten vom 28. Mai 2009 aufzuheben.

43

Die Beklagte beantragt,

44

die Berufung zurückzuweisen.

45

Zur Begründung führt sie aus, dass sie sich auf wirksam in Kraft gesetztes Beitragsrecht stützen könne und der Beitrag in der Vollversammlung vom 23. Februar 2010 unter TOP 5 ordnungsgemäß beschlossen und bekannt gemacht worden sei.

46

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte im anhängigen Verfahren sowie zu den Verfahren 1 L 136/11 und 3 A 185/10 MD und die jeweils vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

47

Die gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg - 3. Kammer - vom 29. Juni 2011 gerichtete Berufung der Klägerin ist zulässig und begründet.

48

Ihre Klage ist zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Denn der Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2009 über die Beitragsfestsetzung für das Jahr 2009 in Höhe von 234,50 Euro ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

49

Die Vollversammlung der Beklagten hat über die Bildung von Rücklagen formal unter Verstoß gegen untergesetzliches, von ihr selbst gesetztes normatives Recht beschlossen, weil sie Sonderrücklagen gebildet hat, ohne deren Höhe und Zweckbestimmung in der Rücklagenordnung zu regeln, wie dies die Haushalts-Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) der Beklagten verpflichtend vorschreibt. Aufgrund der fehlerhaften Rücklagenbildung standen der Beklagten für das Beitrags-/Haushaltsjahr 2009 zur Deckung der Kosten ihrer Tätigkeit zusätzliche rechtlich ungebundene finanzielle Mittel zur Verfügung, die das für 2009 vorgesehene Beitragsaufkommen um ein Mehrfaches überschritten haben. Ein Anlass für eine Beitragserhebung wegen anderweitig nicht gedeckter Kosten ist hiernach nicht feststellbar.

50

Rechtsgrundlage für die Erhebung von Beiträgen durch die Handwerkskammer ist § 113 Abs. 1 HandwO i. d. F. der Bekanntmachung vom 24. September 1998 (BGBl. I, S. 3074, ber. 2006 I S. 2095), bei Erlass des angefochtenen Bescheides zuletzt geändert durch Gesetz vom 11. Dezember 2008 (BGBl. I, S. 2418). Danach werden die durch die Errichtung und Tätigkeit der Handwerkskammer entstehenden Kosten, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, von den Inhabern eines Betriebs eines Handwerks und eines handwerksähnlichen Gewerbes sowie den Mitgliedern der Handwerkskammer nach § 90 Abs. 3 HandwO nach einem von der Handwerkskammer mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzten Beitragsmaßstab getragen.

51

Die Handwerkskammer darf hiernach Beiträge nur zur Deckung der Kosten, die durch Errichtung und die laufende Tätigkeit verursacht werden, erheben. Sie darf dies zudem nur insoweit, als sie nicht durch anderweitige Einnahmen gedeckt sind. Die Kammer ist nicht befugt, planmäßig ein Kammervermögen schlicht anzusammeln. Es ihr aber andererseits nicht verwehrt, höhere Beiträge als sie zur Kostendeckung notwendig sind, zu erheben und daraus Rücklagen für die Finanzierung eines Vorhabens zu bilden, das der Erfüllung ihrer Aufgaben dient.

52

Hieran gemessen erweist sich die Heranziehung der Klägerin, die zwar als Kosmetikerin und Inhaberin eines handwerksähnlichen Gewerbes gem. Anlage B, Abschn. 2, Nr. 48 der Handwerksordnung zum Kreis der Beitragspflichtigen gehört, als rechtswidrig, weil sie nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht, soweit nur „nicht anderweitig“ gedeckte Kosten Anlass für eine Beitragserhebung geben können; der streitgegenständliche Beitrag dient vorliegend auch nicht der Bildung einer Rücklage. Vielmehr verfügte die Beklagte im hier zugrundeliegenden Beitragsjahr über Geldvermögen, das infolge nicht ordnungsgemäßer Rücklagenbildung zur Kostendeckung hätte eingesetzt werden können und gemäß § 113 Abs. 1 HandwO müssen.

53

Die Rücklagenbildung ist in der Handwerksordnung nicht geregelt. Der Gesetzgeber hat aber in der Gestaltung des Kammerhaushalts eine wesentliche Selbstverwaltungsangelegenheit gesehen, die auch den Erlass kammereigener haushaltsrechtlicher Bestimmungen rechtfertigt (vgl. Hess. VGH, Urt. v. 15. Oktober 1986 - 5 UE 236/84 -, GewArch 1987, 395 [396]). Hiervon hat die Beklagte in der Weise Gebrauch gemacht, als sie durch Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) für die Handwerkskammer A-Stadt vom 4. Dezember 1991 in der durch Beschluss der Vollversammlung vom 27. September 2005 überarbeiteten Fassung mittels Satzung eine normative Regelung zur Rücklagenbildung getroffen hat. An deren Beachtung muss sich die Beklagte festhalten und messen lassen. Bedenken gegen das wirksame Zustandekommen der HKRO haben die Verfahrensbeteiligten nicht erhoben; solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

54

Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 HKROist eine Ausgleichsrücklage und eine Betriebsmittelrücklage zu bilden. Gem. Satz 2 dient die Ausgleichsrücklage der Sicherstellung des Haushaltsausgleichs und die Betriebsmittelrücklage der Aufrechterhaltung einer ordnungsgemäßen Kassenwirtschaft ohne Inanspruchnahme von Kreditermächtigungen. Nach Satz 3 können weitere Rücklagen gebildet werden. Die Bildung angemessener Rücklagen gehört zu einer geordneten Haushaltsführung (so BVerwG, Urt. v. 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 -, juris).

55

Soweit die Vollversammlung der Beklagten mit ihrem Beschluss vom 16. April 2009 über eine neue Rücklagenstruktur neben der nach der HKRO zwingend zu bildenden Betriebsmittel- und Ausgleichsrücklage auch verschiedene „Sonderrücklagen“ gebildet hat, ist dies also grundsätzlich möglich. Dabei ist die sich aus ihrem Selbstverwaltungsrecht ergebende Eigenverantwortlichkeit und der damit verbundene weite Gestaltungsspielraum der Beklagten zu berücksichtigen. Bei der Beurteilung dessen, was die Beklagte im Einzelnen für erforderlich und welche Rücklagen sie in welcher Höhe für angemessen hält, steht ihr ein weiter Entscheidungsspielraum zu, der einerseits dadurch begrenzt wird, dass die durch Rücklage zu finanzierende Maßnahme dem Aufgabenbereich der Beklagten unterfallen muss und andererseits die Grenzen einer ordnungsgemäßen Wirtschaftsführung nicht offenkundig überschritten werden dürfen bzw. ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbares Verhalten der Beklagten feststellbar ist (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 13. April 2011 - 6 A 11076/10 -, juris, RdNr. 22; VG Lüneburg, Urt. v. 23. November 2004 - 3 A 5/01 -, juris).

56

In Bezug auf die Angemessenheit der Rücklagenhöhe ist zu berücksichtigen, dass die Rücklagenbildung aufgrund der mit ihr bezweckten Sicherung eines zukünftigen Finanzbedarfs in der Regel aufgrund einer Prognose und Schätzung künftiger Kosten erfolgt und ebenso im normativen Ermessen der Kammer steht wie die Entscheidung, ob und inwieweit sie umlagefähige Kosten außer durch Grundbeiträge auch durch Zusatzbeiträge oder Sonderbeiträge decken will. Das normative Ermessen des Normgebers wird erst dann rechtswidrig ausgeübt, wenn die getroffene Entscheidung in Anbetracht des Zwecks der Ermächtigung schlechterdings unvertretbar oder unverhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 26. April 2006 - 6 C 19.05 -, juris).

57

Vorliegend kann indes dahingestellt bleiben, inwieweit die einzelnen Rücklagen, insbesondere die „Sonderrücklagen“, diesen Anforderungen genügen. Der Senat sieht daher - anders als das Verwaltungsgericht - keine Veranlassung, sich im Rahmen dieses Rechtsstreits mit der Frage der Angemessenheit der Mittelveranschlagung für einzelne Vorhaben bzw. Projekte der Beklagten, zu befassen. Denn die Vollversammlung der Beklagten hat weder bei der Beschlussfassung zur Neubildung der Rücklagenstruktur vom 16. April 2009 noch bei der angeblich im Rahmen des Jahresabschlusses 2008 beschlossenen, bis 31. Dezember 2008 geltenden Rücklagenstruktur beachtet, dass nach § 28 Abs. 2 HKRO Höhe und Zweckbestimmung (der Rücklagen) in einer gesonderten Rücklagenordnung zu regeln sind, die von der Vollversammlung zu beschließen ist.

58

Entgegen der Auffassung der Beklagten genügte es auch nicht, auf der Grundlage der (lediglich) allgemeinen Regelung in § 5 der Rücklagenordnung der Handwerkskammer über die Bildung von Sonderrücklagen durch einen einfachen Beschluss der Vollversammlung – etwa im Rahmen der jeweiligen Haushaltsberatungen - zu entscheiden, wie dies durch den Beschluss vom 16. April 2009 erfolgt ist. Eine solche Verfahrensweise verstieße gegen die eindeutigen Vorgaben in § 28 Abs. 2 S. 2 HRKO.

59

Die von der Vollversammlung der Beklagten am 4. Dezember 1991 beschlossene Rücklagenordnung enthält ebenso wie die am 16. April 2009 beschlossene und erst mit Genehmigung durch die Aufsichtsbehörde vom 17. Juni 2009 in Kraft getretene Änderung der Rücklagenordnung zur Sonderrücklagenbildung lediglich die Regelung in § 5,wonach Sonderrücklagen auf Beschluss der Vollversammlung gebildet werden können, wenn künftige Ausgaben voraussichtlich nicht aus Mitteln des jährlichen Haushaltsplanes bestritten werden können. Eine Bestimmung zur „Höhe“ der Sonderrücklage ist damit nicht getroffen.

60

Auch genügt der Begriff „Sonderrücklage“ und die sich aus der Rücklagenordnung ergebende Voraussetzung für deren Bildung nicht den Anforderungen des § 28 Abs. 2 HKRO an die Regelung der „Zweckbestimmung“. Der Begriff „Sonderrücklage“ ist insoweit zu unbestimmt und sagt nichts darüber aus, für welche Aufgaben und Projekte die Mittelansparung gebildet wird und verwandt werden darf (vgl. § 8 Satz 1 RLO). Auch erlaubt der Begriff „Sonderrücklage“ in Anbetracht der unterschiedlichen konkreten Ausformungen, die er gemäß der Beschlussfassung der Vollversammlung der Beklagten am 16. April 2009 zur Bildung einer neuen Rücklagenstruktur gefunden hat, keine Prüfung einer Zweckänderung i. S. d. § 9 RLO. Der Bestimmung über die Voraussetzung, unter der eine Sonderrücklage gebildet werden darf, kann ebenfalls nicht entnommen werden, welchem Zweck sie dient.

61

Anhaltspunkte dafür, dass Beschlussfassungen der Vollversammlung der Beklagten über die alte und/oder neue Rücklagenstruktur wenigstens zum Bestandteil der Rücklagenordnung gemacht und damit formgerecht in diese inkorporiert wurden, bestehen ebenfalls nicht, so dass eine Regelung von Höhe und Zweckbestimmung der Sonderrücklagen mittels Rücklagenordnung im Sinne von § 28 Abs. 2 HKRO nicht festgestellt werden kann.

62

Damit fehlt es aber an einem (formal) ordnungsgemäßen Beschluss des hierzu berufenen Gremiums über die Bildung von Rücklagen für das Beitragsjahr 2009. Infolge dessen standen der Kammer für das Beitragsjahr 2009 rechtlich ungebundene finanzielle Geldmittel in beträchtlicher Höhe zur Verfügung, aus denen sie die durch ihre Tätigkeit entstehenden Kosten decken konnte. Dieser Umstand stand gemäß § 113 Abs. 1 Satz 1 HandwO der Erhebung von Beiträgen entgegen.

63

Den im Haushaltsplan 2009 in Ansatz gebrachten Einnahmen aus Handwerkskammerbeiträgen für das laufende Rechnungsjahr von 3 Mio. Euro (vgl. Titel 09110) standen aufgrund der von der Vollversammlung der Beklagten am 16. April 2009 beschlossenen neuen Rücklagenstruktur formal nicht wirksam gebildete Sonderrücklagen mit einem Wert von über 12 Mio. Euro gegenüber. Selbst die bis zum 31. Dezember 2008 neben der Betriebsmittel- und Ausgleichsrücklage ausgewiesenen Rücklagen (BBZ/Internat BBZ/Altersteilzeit) beliefen sich auf 2.165.000,00 Euro. Die mit 8,6 Mio. Euro ausgewiesene (alte) Ausgleichsrücklage erscheint bereits angesichts ihrer Verminderung in der neuen Rücklagenstruktur auf 600.000,00 Euro derart überhöht, dass auch nach der Rücklagenstruktur bis zum 31. Dezember 2008 (die gleichermaßen nicht den Anforderungen des § 28 Abs. 2 HKRO genügte) ausreichend finanzielle Mittel für eine „anderweitige Kostendeckung“ i. S. d. § 113 Abs. 1 Satz 1 HandwO zur Verfügung standen.

64

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

65

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

66

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) liegen nicht vor.


Tatbestand

1

Die Klägerin ist Mitglied der beklagten Industrie- und Handelskammer. Sie wendet sich gegen die Höhe ihrer Beiträge.

2

Zur Begründung ihrer Klage gegen den Beitragsbescheid vom 17. November 2011, mit dem die Beklagte die Beiträge für die Jahre 2005 bis 2008 festsetzte, und den Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 hat die Klägerin im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beklagte bei der Beitragskalkulation Überschüsse aus den Vorjahren unberücksichtigt gelassen und unangemessen hohe Rücklagen gebildet habe. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtenen Bescheide aufgehoben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe in allen vier Jahren bei der Festlegung der Liquiditäts- und Ausgleichsrücklage von ihrem Ermessen fehlerhaft Gebrauch gemacht. Eine Liquiditätsrücklage zur Zwischenfinanzierung verspätet eingehender Beiträge und eine Ausgleichsrücklage zur Abdeckung von Beitragsausfällen in Höhe von jeweils 50 % des Jahresfinanzbedarfs seien unverhältnismäßig hoch. Diese Rücklagen überstiegen das abzudeckende Risiko um ein Vielfaches.

3

Auf die Berufung der beklagten Industrie- und Handelskammer hat das Oberverwaltungsgericht das Urteil teilweise geändert. Die Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 sei zwar rechtswidrig; denn die Beklagte habe Gewinne aus Vorjahren bei der Beitragskalkulation unberücksichtigt gelassen. Hinsichtlich der Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 sei die Klage aber unbegründet. Im Beitragsprozess sei eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung nur insoweit möglich, als erhobene Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise eine Zuführung zu den Rücklagen bewirkten. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG würden die Beiträge nach Maßgabe des Wirtschaftsplans aufgebracht. In den Jahren 2005 und 2006 sei jedoch keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant gewesen, so dass es insoweit an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehle. Eine fehlerhafte Wirtschaftsplanung könne nicht im Beitragsprozess, sondern nur mit einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage in Bezug auf die Haushaltsführung geltend gemacht werden.

4

Mit ihrer vom Bundesverwaltungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Aufhebung des Berufungsurteils. Zur Begründung verweist sie auf ihre Nichtzulassungsbeschwerde und auf den Zulassungsbeschluss. Sie beantragt sinngemäß,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 23. September 2014 zu ändern und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 insgesamt zurückzuweisen.

5

Die Beklagte beantragt,

die Revision zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

6

Sie hält die Revision für unzulässig, da eine ausreichende Revisionsbegründung fehle. Rein vorsorglich verteidigt sie das Berufungsurteil. Sie verweist darauf, dass einer Industrie- und Handelskammer bei der Wirtschaftsplanung ein weiter finanzpolitischer Gestaltungsspielraum zustehe. Die Wirtschaftshoheit gehöre im Sinne der Finanzhoheit zum Kernbereich der Selbstverwaltungsgarantie. Die Industrie- und Handelskammern seien einer internen und externen Rechnungskontrolle unterworfen. Eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle ihrer Haushaltsentscheidungen sei nicht vorgesehen, weswegen auch im Rahmen der Anfechtung eines Beitragsbescheides keine umfassende IHK-Haushaltsprüfung vorzunehmen sei. Eine im Einzelfall fehlerhafte Haushaltsentscheidung führe weder zur Unwirksamkeit des gesamten Haushalts, noch sei sie wegen des Prinzips der Jährlichkeit nach Ablauf des Haushaltsjahres reparabel. Sie wirke sich weder auf die Wirksamkeit des Beitragssystems noch auf die Rechtmäßigkeit des Beitragsbescheides aus. Der Beitrag sei als Gegenleistung für die Vorteile anzusehen, die ein Mitglied aus der Kammerzugehörigkeit oder einer besonderen Tätigkeit der Kammern ziehe oder ziehen könne. Daraus folge, dass die Einhaltung der Haushaltsvorschriften nicht inzident bei der Beitragskontrolle zu prüfen sei. Sie könne allenfalls im Rahmen einer isolierten Feststellungs- und Unterlassungsklage geltend gemacht werden.

7

Der Vertreter des Bundesinteresses bemängelt die Revisionsbegründung, hält die Revision in der Sache jedoch für begründet.

8

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin, über die der Senat nach § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann, hat Erfolg.

10

1. Sie ist zulässig. Die Revisionsbegründung genügt noch den an sie zu stellenden Anforderungen (§ 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO). Sie enthält einen bestimmten Antrag und nimmt zur Begründung der Rechtsverletzung auf das Vorbringen der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug. Zu den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen Revisionsbegründung gehört eine Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffes und eine damit verbundene sachliche Auseinandersetzung mit den die Entscheidung des Berufungsgerichts tragenden Gründen, aus der hervorgeht, warum der Revisionskläger diese Begründung nicht als zutreffend erachtet (BVerwG, Urteil vom 3. März 1998 - 9 C 20.97 - BVerwGE 106, 202 <203>; Beschluss vom 12. Juni 2006 - 5 C 26.05 - NJW 2006, 3081 Rn. 2). Eine Bezugnahme auf Schriftsätze, die im Verfahren wegen der Nichtzulassung der Revision vorgelegt worden sind, ist als Begründung der zugelassenen Revision ausreichend, wenn die Beschwerdeschrift ausnahmsweise den Anforderungen (auch) an eine Revisionsbegründung genügt (BVerwG, Urteile vom 13. März 2008 - 7 C 44.07 - Buchholz 406.25 § 17 BImSchG Nr. 4 Rn. 12 und vom 16. Juni 2015 - 10 C 14.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:160615U10C14.14.0] - NVwZ 2015, 1610 Rn. 14). Das ist hier der Fall. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde enthält eine kritische Würdigung des Berufungsurteils im Hinblick auf dessen verfahrens- und materiellrechtliche Richtigkeit, auch wenn darin nicht auf alle Aspekte eingegangen wird.

11

2. Die Revision ist auch begründet. Das Berufungsgericht hätte die Berufung der Beklagten auch in Ansehung der Beitragsfestsetzung für 2005 und 2006 zurückweisen müssen; denn auch insoweit sind die angefochtenen Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Beitragsfestsetzungen stehen auch für diese beiden Jahre mit § 3 Abs. 2 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (Industrie- und Handelskammergesetz - IHKG) vom 18. Dezember 1956 (BGBl. I S. 920) in der hier maßgeblichen Fassung des Art. 5 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2934) und des Art. 4 Nr. 5 des Gesetzes vom 23. März 2005 (BGBl. I S. 931) nicht im Einklang.

12

a) Gemäß § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG werden die Kosten der Errichtung und der Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG ist der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Mit Blick auf die Beitragserhebung legt das Gesetz damit eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) auf. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) gilt für ein Haushaltsjahr (Wirtschaftsjahr) und ist - als Plan - im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf alsdann gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt.

13

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert damit nicht nur die Feststellung, ob der im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) festgesetzte Mittelbedarf der Kammer - die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit - durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar.

14

Hiergegen kann die Beklagte nicht auf ihre Befugnis zur Selbstverwaltung verweisen. Hinter dieser Argumentation steht ersichtlich die Sorge, die gerichtliche Überprüfung könne eine kraftvolle Betätigung der Selbstverwaltung allzu sehr einengen. Diese Sorge ist unbegründet. Jede Autonomie besteht nur in den ihr vom Gesetz gezogenen Grenzen, und es ist Aufgabe der Gerichte, über die Einhaltung der gesetzlichen Grenzen zu wachen. Wie weit diese gerichtliche Kontrolle reicht, hängt davon ab, wie eng gezogen die gesetzlichen Grenzen sind. Wie noch (sogleich unten b) zu zeigen sein wird, besitzt die Kammer bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen sehr weiten Gestaltungsspielraum.

15

Das Berufungsgericht hält die gerichtliche Überprüfung der Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) zwar grundsätzlich für möglich, erklärt sie aber im Beitragsprozess für unzulässig und möchte sie einer gesonderten Unterlassungs- oder Feststellungsklage vorbehalten. Hierfür beruft es sich auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, derzufolge ein Kammermitglied die Zahlung des Kammerbeitrags nicht mit Einwänden gegen die Beitragsverwendung verweigern darf (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 7 C 65.78 - BVerwGE 59, 242 <245 ff.>; OVG Koblenz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 - LKRZ 2011, 238). Dem liegt ein Missverständnis zugrunde. Die zitierte Rechtsprechung betrifft lediglich solche Einwände gegen die Beitragsverwendung, die sich gegen bestimmte Tätigkeiten der Kammer richten. Es trifft zu, dass ein Kammermitglied nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Kammer zwar gerichtlich auf Unterlassung von Tätigkeiten in Anspruch nehmen kann, die außerhalb ihres gesetzlichen Aufgabenkreises liegen (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 8 C 20.09 - BVerwGE 137, 171), dass es mit dieser Begründung jedoch nicht die Entrichtung des Kammerbeitrags verweigern kann (BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1979 a.a.O.; stRspr). Dies findet seine Begründung darin, dass der Kammerbeitrag der Finanzierung der gesamten Kammertätigkeit dient und daher nicht mit der gebotenen Bestimmtheit einer einzelnen Tätigkeit zugeordnet werden kann. Mit Blick auf die Kammertätigkeit ist der Kammerbeitrag daher verwendungsneutral. Das führt indes nicht dazu, die Ansätze des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) im Beitragsprozess generell ungeprüft als gegeben hinzunehmen. Gerade die gesetzlichen Bestimmungen für die Haushaltsführung selbst berühren das einzelne Kammermitglied regelmäßig nur über die Beitragspflicht; dann muss es deren Einhaltung gerade im Beitragsprozess zur gerichtlichen Prüfung stellen können.

16

b) Die Kammer besitzt bei der Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) einen weiten Gestaltungsspielraum. Dieser besteht freilich nicht als globale Größe für den gesamten Bereich des Haushalts- und Finanzrechts, sondern nur, soweit er konkret in den jeweils zu beachtenden Rechtsnormen angelegt ist (vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 2015 - 6 C 10.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:050815U6C10.14.0] - juris Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 C 17.14 [ECLI:DE:BVerwG:2015:141015U6C17.14.0] - juris Rn. 35). Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt, ob dieser Rahmen gewahrt ist. § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG gebietet die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen. Ferner sind - für spätere als die hier strittigen Haushaltsjahre - seit der Einfügung des § 3 Abs. 7a IHKG durch das Gesetz vom 7. September 2007 (BGBl. I S. 2246) die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden. Unabhängig davon sind ferner die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Juli 2007 - 2 BvF 1/04 [ECLI:DE:BVerfG:2007:fs20070709.2bvf000104] - BVerfGE 119, 96 <129>).

17

Welche rechtlichen Anforderungen an die Aufstellung des Haushaltsplanes (Wirtschaftsplanes) sich hieraus sowie aus weiteren einschlägigen Vorschriften im Einzelnen ergeben, bedarf keiner Vertiefung. Für die Entscheidung des vorliegenden Rechtsstreits genügt es, die rechtlichen Anforderungen zu präzisieren, die mit Blick auf die Rücklagenbildung zu stellen sind. Insofern ist davon auszugehen, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45.87 - Buchholz 430.3 Kammerbeiträge Nr. 22 S. 12). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. In diesem Sinne hat das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden, dass es sich bei den Mitteln für angemessene Rücklagen ebenfalls um Kosten der Industrie- und Handelskammer im Sinne des § 3 Abs. 2 IHKG handelt, die in Ermangelung anderer Finanzquellen durch Beiträge zu decken sind (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 a.a.O. S. 12 f.). Daran ist auch für die Zukunft festzuhalten, da die Bildung von angemessenen Rücklagen auch nach Einführung der Verwaltungsdoppik und der damit verbundenen Orientierung an der kaufmännischen Buchführung für die Industrie- und Handelskammern als nicht gewinnorientierte öffentlichrechtliche Körperschaften weiterhin notwendig ist und zu einer geordneten Haushaltsführung gehört (vgl. Jahn, GewArch 2013, 49 <53>).

18

Die Vorhaltung einer Mittelreserve zur Überbrückung von Einnahmeverzögerungen oder Einnahmeausfällen stellt einen solchen sachlichen Zweck dar. Allerdings muss auch das Maß der Rücklage noch von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und würde einer unzulässigen Vermögensbildung gleichkommen. Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) - und damit jährlich - erneut treffen. So räumt die Beklagte selbst ein, dass auch in der Entscheidung der IHK-Vollversammlung, eine in der Vergangenheit gebildete Rücklage in einem späteren Haushaltsjahr unverändert zu lassen, eine haushaltsrechtlich relevante Entscheidung zu sehen ist (Revisionserwiderung S. 12). Ein Haushaltsplan (Wirtschaftsplan) kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält.

19

c) So liegt es hier. Die Beibehaltung jedenfalls der Betriebsmittel- bzw. Liquiditätsrücklage in unverminderter Höhe in den Haushaltsjahren 2005 und 2006 war rechtswidrig, weshalb die festgesetzten Beiträge nicht der Deckung zulässiger Kosten der IHK-Tätigkeit dienten. Ob auch die Ausgleichsrücklage rechtswidrig war, bedarf keiner Entscheidung. Schließlich kann offen bleiben, ob die Rücklagen im Übrigen im Jahr 2005 den damals geltenden Beschränkungen des § 33 der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO 2005) und im Jahr 2006 den Beschränkungen des § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten (FSt 2006) entsprachen. Schließlich kann zugunsten der Beklagten angenommen werden, dass die in diesen Satzungen für die Jahre 2005 und 2006 eröffnete Möglichkeit, zwei unterschiedliche Rücklagen für die eng miteinander verbundenen Risiken des vorübergehenden und des endgültigen Beitragsausfalls zu bilden, von ihrem Satzungsermessen gedeckt war.

20

Die Beklagte hat dadurch den ihr von § 33 HKRO 2005 und § 15 Abs. 3 FSt 2006 eingeräumten Beurteilungsspielraum überschritten, dass sie allein für das Risiko des vorübergehenden Zahlungsausfalls im Jahr 2005 annähernd die höchstmögliche Betriebsmittelrücklage von 50 % der fortdauernden Ausgaben (6,4 Mio. €) und im Jahr 2006 ebenfalls beinahe die maximal zulässige Liquiditätsrücklage von 50 % der Betriebsaufwendungen (7,7 Mio. €) veranschlagt hat. Die Höhe dieser Rücklagen entsprach in beiden Jahren nicht dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit. Die Rücklagenhöhe hätte nur mit der Prognose gerechtfertigt werden können, dass es im jeweiligen Haushaltsjahr bei ungünstigem Zahlungseingang zu zeitweisen Liquiditätsengpässen von fast 50 % der laufenden Ausgaben kommen könne. Die Beklagte hat aber im gesamten Prozess keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass ein derart hohes Liquiditätsrisiko in den Jahren 2005 und 2006 gedroht hätte. Auf die Frage des Verwaltungsgerichts wusste sie ein derartiges Risiko auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit nicht zu belegen. Im Gegenteil hat sie eingeräumt, im gesamten Zeitraum von 2005 bis 2008 die Liquiditätsrücklage nur für einen Zeitraum von zwei Monaten in Höhe von 1,5 Mio. € benötigt zu haben, und die Liquiditätsrücklage in den Folgejahren aufgelöst. Dies zwingt zu dem Schluss, dass die vorgehaltene Rücklage in den Jahren 2005 und 2006 deutlich überhöht gewesen ist.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Tenor

1. Der Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 wird hinsichtlich der Festsetzung der Beiträge für das Geschäftsjahr 2010 in Höhe von 14.051,88 Euro sowie für das Geschäftsjahr 2013 in Höhe von 9.700,20 Euro aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich, insbesondere im Hinblick auf die Rücklagen und Gewinnvorträge der beklagten Handelskammer Hamburg, gegen einen Beitragsbescheid für die Geschäftsjahre 2010, 2012 und 2013.

2

Die Beklagte verfügte in den Jahren 2008 bis 2013 über folgende Rücklagen und Rückstellungen und trug folgende Gewinne auf neue Rechnung vor (gerundete Angaben in Tausend Euro):

3
        

2008

2009

2010

2011

2012

2013

Ausgleichsrücklage

17.500

19.000

20.186

20.500

21.000

21.500

Umbau-/Instandhaltungsrücklage

6.333

6.333

11.133

11.133

20.968

20.598

Rücklage für Sonderprojekte

3.900

3.900

3.900

3.900

3.900

3.900

Rücklage zur Abdeckung von Risiken der
Neubewertung der Pensionsrückstellung

3.600

16.500

-

-

-

-

Rücklage Sicherung von
bedeutsamen Wirtschaftsarchiven

-

-

-

-

985

927

Rücklage für Aktionen anlässlich
des 350jährigen Jubiläums

-

-

-

-

1.000

1.000

Rücklage BID Nikolaiquartier

1.000

1.000

1.000

1.000

861

853

Rücklage Azubi-Wohnheim in Hamburg

-

-

-

-

1.000

1.000

Rückstellungen für Pensionen
und ähnliche Verpflichtungen

36.300

37.781

59.484

60.568

63.172

68.818

Sonstige Rückstellungen

1.228

1.668

1.203

1.072

1.132

1.383

Gewinnvortrag auf neue Rechnung

292

444

5.711

3.096

3.763

2.108

4

Wegen der genauen Beträge der Rücklagen und Rückstellungen wird auf die Jahresabschlüsse der Beklagten für die Jahre 2008 bis 2013 Bezug genommen.

5

Das Plenum der Beklagten beschließt für jedes Geschäftsjahr eine Wirtschaftssatzung mit einem Wirtschaftsplan, der sich auch zum Saldo der Rücklagenveränderung verhält, und einer Regelung zur Erhebung der Mitgliedsbeiträge. Innerhalb eines halben Jahres nach Ablauf jedes Geschäftsjahres stellt die Beklagte einen Jahresabschluss auf. Das Plenum stellt diesen fest und beschließt über die Ergebnisverwendung.

6

Für das Geschäftsjahr 2010 beschloss das Plenum den Wirtschaftsplan in der Fassung des ersten Nachtrags zur Wirtschaftssatzung mit dem Saldo der Rücklagenveränderung von -8.700.000 Euro (Entnahmen aus anderen Rücklagen in Höhe von 16.500.000 Euro und Einstellungen in andere Rücklagen in Höhe von 7.800.000 Euro), für die Geschäftsjahre 2012 und 2013 stellte das Plenum die Wirtschaftspläne ohne Veränderung des Saldos der Rücklagen fest. Wegen der weiteren Festsetzungen wird auf die Wirtschaftssatzungen samt Nachträgen für die Geschäftsjahre 2010, 2012 und 2013 (im Internet abrufbar unter „https://www.hk24. de/servicemarken/ueber_uns/rechtsgrundlagen/Wirtschafts-planung_und_Finanzen“, letzter Abruf am 3.3.2016) Bezug genommen. Das Plenum beschloss ferner, Gewinne aus dem Geschäftsjahr 2010 in Höhe von 5.711.437,74 Euro, aus dem Geschäftsjahr 2012 in Höhe von 3.763.468,86 Euro und aus dem Geschäftsjahr 2013 in Höhe von 2.108.002,18 Euro jeweils auf neue Rechnung vorzutragen.

7

Mit Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin für das Jahr 2010 einen Beitrag in Höhe von 14.051,88 Euro (mit früherem Bescheid festgesetzt: 2.172,06 Euro) durch Abrechnung sowie – jeweils im Wege vorläufiger Veranlagung – für das Jahr 2012 einen Nachlass in Höhe von 366,30 Euro (mit früherem Bescheid war ein Beitrag in Höhe von 1.831,50 Euro festgesetzt worden) und für das Jahr 2013 einen Beitrag in Höhe von 11.412,00 Euro fest. Einleitend führte die Beklagte aus, aufgrund der Finanzlage der Kammer habe das Plenum beschlossen, einmalig einen Nachlass von 20 % für das Beitragsjahr 2012 zu gewähren. Wegen der Einzelheiten der Festsetzung wird auf den Beitragsbescheid vom 1. Februar 2013 Bezug genommen.

8

Die Klägerin legte mit Schreiben vom 27. Februar 2013 gegen den Beitragsbescheid Widerspruch ein. Sie sehe sich außerstande, die Beiträge zu entrichten.

9

Mit weiterem Beitragsbescheid vom 31. Januar 2014 setzte die Beklagte im Wege vorläufiger Veranlagung für das Jahr 2013 einen Nachlass in Höhe von 1.711,80 Euro fest. Auf Grund der Finanzlage der Kammer habe das Plenum beschlossen, einmalig einen Nachlass von 15 % für das Beitragsjahr 2013 zu gewähren.

10

Den Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2014, der Klägerin mit Postzustellungsurkunde zugegangen am 12. Mai 2014, zurück. Die Beiträge seien rechtmäßig festgesetzt worden.

11

Am 12. Juni 2014 hat die Klägerin Klage erhoben.

12

Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend, die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig, weil die Beklagte das in § 3 Abs. 2 Satz 1 IHKG verankerte Kostendeckungsprinzip verletzt habe. Sie habe durch unangemessen hohe Rücklagen unzulässigerweise Vermögen gebildet. Die Beklagte habe weder tragfähige Gründe dafür angeführt, weshalb sie die nach ihrem Finanzstatut zulässige Obergrenze der Ausgleichsrücklage von 50 % der Betriebsausgaben nahezu ausgeschöpft habe noch bei der Festlegung der Höhe der Rücklage Ermessen ausgeübt. Eine Prognose des Inhalts, dass es im laufenden Haushaltsjahr zu Beitragsausfällen von nahezu 50 Prozent der laufenden Ausgaben kommen könne, sei nicht gerechtfertigt gewesen. Bei der Bildung der Umbau- und Instandhaltungsrücklage habe die Beklagte den Grundsatz der Schätzgenauigkeit verletzt, weil eine verbindliche Investitions- und Finanzierungsübersicht zu den beabsichtigten Baumaßnahmen nicht vorgelegen habe. Auch die allgemeine und unspezifische Bildung der Rücklage für nicht näher genannte Sonderprojekte erfülle die Voraussetzungen einer hinreichenden zeitlichen, sachlichen und finanzplanerischen Konkretisierung nicht. Die Bildung von Pensionsrücklagen neben – von ihr nicht angegriffenen – Pensionsrückstellungen widerspreche staatlichem Haushaltsrecht. Zudem habe die Beklagte die Ergebnisvorträge nicht im Sinne des Kostendeckungsprinzips verwendet.

13

Hinsichtlich des für das Jahr 2012 ausgewiesenen Guthabens in Höhe von 366,30 Euro ergebe sich ihre Beschwer daraus, dass ein wesentlich höherer Betrag als Guthaben habe ausgewiesen werden müssen.

14

Die gesetzliche Regelung in den §§ 3 Abs. 2 Satz 1, 2 Abs. 1 IHKG zur Zwangsmitgliedschaft in Industrie- und Handelskammern und akzessorischer Beitragspflicht sei zudem weder mit dem Grundgesetz noch mit dem europäischen Unionsrecht vereinbar.

15

Die Klägerin beantragt (dem Wortlaut nach),

16

den Beitragsbescheid der Beklagten vom 1. Februar 2013 und deren Widerspruchsbescheid vom 6. Mai 2014 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung trägt sie im Wesentlichen vor, Einzelheiten des Kammerhaushalts zu Rücklagen und Ergebnisvorträgen könnten nicht im Rahmen einer gegen einen Beitragsbescheid gerichteten Anfechtungsklage, sondern allein im Rahmen einer Feststellungsklage überprüft werden. Zudem sei die Klägerin hinsichtlich des Beitrags für das Jahr 2012 mangels Rechtsverletzung nicht klagebefugt, da mit dem angefochtenen Bescheid insoweit ein Guthaben festgesetzt worden sei.

20

Im Übrigen habe sie kein unzulässiges Vermögen gebildet, sondern eine angemessene Rücklagenpolitik betrieben. Diese habe es ihr ermöglicht, gleichbleibende Beitragssätze festzulegen. Eine angemessene Rücklagenbildung sei aus wirtschaftlicher Sicht vernünftig, da sie Vorsorge für einen Rückgang der Kammerbeiträge aus konjunkturellen Gründen (Ausgleichsrücklage) und die Notwendigkeit besonderer Aufwendungen für größere Instandhaltungsmaßnahmen am denkmalgeschützten Kammergebäude oder größerer Projekte zur Förderung des Wirtschaftsstandorts Hamburg (andere Rücklagen) treffe.

21

Die in § 15 Abs. 3 Satz 1 ihres Finanzstatuts hinsichtlich der Ausgleichsrücklage festgelegte Obergrenze von 50 % der Betriebsaufwendungen sei in keinem der streitgegenständlichen Geschäftsjahre überschritten worden. Die Obergrenze für die Ausgleichsrücklage sei nicht überhöht, sondern allgemein üblich und werde von der Rechtsprechung nicht beanstandet. Bei der Entscheidung zur Rücklagenbildung handele es sich nicht um eine Ermessensentscheidung, die einer besonderen Begründungspflicht unterliege. Das Plenum verfüge bei der Entscheidung vielmehr über einen Entscheidungsspielraum. Anhaltspunkte für eine unangemessene Höhe der Ausgleichrücklage lägen nicht vor. Der Einbruch an den Finanzmärkten im Herbst 2008 und die folgende wirtschaftliche Rezession im Jahr 2009 seien Anlass dafür gewesen, die Vorsorgemöglichkeiten auszuschöpfen. Der günstige Verlauf der Beitragseingänge sei bis 2011/2012 nicht abzusehen gewesen und wohl der spezifischen Wirtschaftsstruktur und einer Veränderung der Gewerbesteuer-Ermittlung ab 2009 zuzuschreiben.

22

Die Umbau-/Instandhaltungsrücklage sei korrekt gebildet und fortentwickelt worden. In der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 sei diese mit 5.333.439,80 Euro ausgewiesen worden. Es sei um größere Instandhaltungsaufwendungen in erster Linie für das historische Handelskammer-Gebäude am Adolphsplatz 1, aber auch für die Immobilie Schauenburger Straße 49 gegangen. Der ausgewiesene Rücklagenbetrag habe rund 10 % des damaligen Versicherungswerts beider Objekte entsprochen. Im Rahmen eines mittelfristigen Instandhaltungsprogramms, das insbesondere der Verbesserung der Energiebilanz und des Brandschutzes gedient habe, seien der Rücklage im Jahr 2007 weitere 1.000.000,00 Euro zugeführt worden. Im Jahr 2010 seien im Zusammenhang mit diesem mittelfristigen Instandhaltungsprogramm weitere 4.800.000,00 Euro in die Rücklage eingestellt worden. Im Jahr 2012 sei das Programm durch eine fachgutachterliche Stellungnahme des Architekturbüros „360grad+ architekten“ und des Ingenieurbüros „Wetzel & von Seht“ aktualisiert und um die Kosten für einen vollständigen Umbau der Büroflächen im Gebäude Adolphsplatz ergänzt worden. Das Gutachten habe die Kosten auf 14.747.235,65 Euro beziffert. Hinzuzurechnen gewesen seien Kosten für die Anmietung eines zeitweiligen Ausweichquartiers in Höhe von 1.440.000,00 Euro sowie ein Betrag von 5.000.000,00 Euro aufgrund eines überdurchschnittlichen Kostensteigerungs-Risikos wegen des Alters des Gebäudes und zum Teil nicht geklärter statischer Gründungsverhältnisse. Zur energetischen Sanierung seien der Rücklage im Jahr 2012 164.964,80 Euro, im Jahr 2013 370.036,53 Euro und im Jahr 2014 rund 1,3 Millionen Euro entnommen worden.

23

Die in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 mit 1.000.000,00 Euro ausgewiesene Rücklage für Sonderprojekte habe der Sicherung standortpolitisch bedeutsamer Projekte gedient. Das Ziel habe darin bestanden, sich kurzfristig Handlungsspielräume für notwendige ad-hoc-Aktivitäten im Rahmen des gesetzlichen Kammerauftrags nach § 1 IHKG zu erhalten, insbesondere zur Gesamtinteressenvertretung und Förderung der gewerblichen Wirtschaft. Solche Projekte könnten angesichts der sehr dynamischen politischen wie gesellschaftlichen Entwicklungen kurzfristig geboten sein. Das diene der Absicherung ihrer Handlungsfähigkeit im Sinne einer effektiven Aufgabenwahrnehmung. Im Jahr 2007 sei die Rücklage zunächst um 2.000.000,00 Euro erhöht worden. Hintergrund sei die Einschätzung gewesen, dass ihre Gremien stets eine neue Olympia-Bewerbung Hamburgs befürworten würden. Daneben habe die Erhöhung auf die Vorbereitung auf eventuelle Herausforderungen im Lehrstellenangebot durch den doppelten Abiturjahrgang 2010 sowie die aktuelle Diskussion in Sachen Klimaschutzaktivitäten gezielt. Zur Absicherung dieser Projekte sei die Rücklage im Jahr 2007 um weitere 900.000,00 Euro erhöht worden. Im Jahr 2012 sei die Rücklage, soweit sie sich auf den doppelten Abiturjahrgang bezogen habe, in Höhe von 1.000.000,00 Euro zugunsten von Projekten der Metropolregion Hamburg umgewidmet worden, weil der doppelte Abiturjahrgang ohne besonderen Aufwand habe bewältigt werden können.

24

Die Ergebnisvorträge seien rechtzeitig in die Wirtschaftsplanung eingeflossen. Diese hätten zudem dazu geführt, dass Beitragssenkungen in Höhe von 4.962.219,71 Euro für das Jahr 2012 und 4.397.256,56 Euro für das Jahr 2013 beschlossen worden seien. Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht beständen nicht.

25

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2015 ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt. Die Sachakten haben bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe

I.

26

Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten im schriftlichen Verfahren (§ 101 Abs. 2 VwGO).

II.

27

Der Klagantrag ist nach § 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass er auf Aufhebung des Beitragsbescheides vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Beitragsbescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 gerichtet ist. Seinem Wortlaut nach berücksichtigt der Klagantrag die mit Beitragsbescheid vom 31. Januar 2014 erfolgte Festsetzung eines Nachlasses in Höhe von 1.711,80 Euro für das Jahr 2013 nicht. Dies entspricht nicht dem klägerischen Begehren, wie der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich klargestellt hat.

28

Mit dem so ausgelegten Antrag hat die Anfechtungsklage hinsichtlich der Beitragsfestsetzung für die Jahre 2010 und 2013 (hierzu unter 1.), nicht aber hinsichtlich der Festsetzung des 20-prozentigen Nachlasses auf den Beitrag für das Jahr 2012 (hierzu unter 2.) Erfolg.

29

1. Hinsichtlich der Beitragsveranlagung für die Jahre 2010 und 2013 ist die zulässige Klage auch begründet. Der Bescheid vom 1. Februar 2013 in der Gestalt des Bescheides vom 31. Januar 2014 und des Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2014 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

30

a) Rechtsgrundlage für die Beitragspflicht dem Grunde nach ist § 3 Abs. 2 IHKG.

31

Danach werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammern, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Der Wirtschaftsplan ist jährlich nach den Grundsätzen einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung unter pfleglicher Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen aufzustellen und auszuführen. Diesen Vorgaben ist die Beklagte bei der Beitragsveranlagung für die Jahre 2010 und 2013 nicht gerecht geworden.

32

aa) Die Wirtschaftspläne für die Jahre 2010 und 2013 als Grundlage der Beitragserhebung sind aufgrund der von der Beklagten vorgehaltenen Rücklagen rechtswidrig.

33

(1) Das Gesetz legt mit Blick auf die Beitragserhebung eine zweistufige Willensbildung der Kammer zugrunde. Auf einer ersten Stufe stellt die Kammer den Wirtschaftsplan auf. Dieser gilt für ein Wirtschaftsjahr und ist – als Plan – im Voraus aufzustellen; vor dem Hintergrund der in diesem Jahr beabsichtigten Tätigkeiten der Kammer prognostiziert er unter Berücksichtigung der erwartbaren Einnahmen und Ausgaben den voraussichtlichen Bedarf, den es durch Beiträge zu decken gilt. Auf einer zweiten Stufe wird dieser voraussichtliche Bedarf gemäß einer Beitragsordnung im Wege der Beitragserhebung auf die Kammerzugehörigen umgelegt (BVerwG, Urt. v. 9.12.2015, 10 C 6/15, juris, Rn. 12).

34

Die Prüfung, ob ein Beitragsbescheid rechtmäßig ist, erfordert nicht nur die Feststellung, ob der im Wirtschaftsplan festgesetzte Mittelbedarf der Kammer – die nicht durch Einnahmen (anderweitig) gedeckten Kosten ihrer Tätigkeit – durch eine Beitragsordnung rechtmäßig auf die Kammerzugehörigen umgelegt und ob die Beitragsordnung auch im Einzelfall fehlerfrei angewendet wurde. Geboten ist vielmehr ebenfalls die Feststellung, ob die Festsetzung des Mittelbedarfs der Kammer im Wirtschaftsplan den insofern zu stellenden rechtlichen Anforderungen genügt. Der Wirtschaftsplan ist der gerichtlichen Überprüfung nicht schlechthin entzogen. Er ist entgegen der Auffassung der Beklagten auch der inzidenten Überprüfung im Beitragsrechtsstreit nicht entzogen. Beides wäre mit dem Gebot des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, gegen die Beitragserhebung der Industrie- und Handelskammer effektiven gerichtlichen Rechtsschutz zu gewähren, unvereinbar (BVerwG, a.a.O, Rn. 13).

35

Allerdings besitzt die Kammer bei der Aufstellung des Wirtschaftsplanes einen weiten Gestaltungsspielraum. Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt die Prüfung, ob dabei der durch die jeweils zu beachtenden Rechtsnormen gebildete Rahmen gewahrt ist. Dazu gehört zunächst § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG, der die Beachtung der Grundsätze einer sparsamen und wirtschaftlichen Finanzgebarung sowie eine pflegliche Behandlung der Leistungsfähigkeit der Kammerzugehörigen gebietet. Ferner sind nach § 3 Abs. 7a IHKG die Grundsätze kaufmännischer Rechnungslegung und Buchführung anzuwenden und – unabhängig davon – die Grundsätze des staatlichen Haushaltsrechts sowie ergänzende Satzungsbestimmungen zu beachten. Zu den Grundsätzen des staatlichen Haushaltsrechts zählt das Gebot der Haushaltswahrheit, aus dem in Ansehung von Prognosen das Gebot der Schätzgenauigkeit folgt. Dieses ist nicht schon dann verletzt, wenn sich eine Prognose im Nachhinein als falsch erweist; Prognosen müssen aber aus der Sicht ex ante sachgerecht und vertretbar ausfallen (BVerwG, a.a.O, Rn. 16).

36

Hinsichtlich der rechtlichen Anforderungen an die Rücklagenbildung ist zu beachten, dass der Kammer die Bildung von Vermögen verboten ist (BVerwG, Urt. v. 26.6.1990, 1 C 45.87, juris, Rn. 20). Das schließt die Bildung von Rücklagen nicht aus, bindet sie aber an einen sachlichen Zweck im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit (BVerwG, Urt. v. 9.12.2015, 10 C 6/15, juris, Rn. 17). Zudem muss auch die Höhe der Rücklage von diesem sachlichen Zweck gedeckt sein; eine hierdurch in ihrer Höhe nicht mehr gedeckte Rücklage wäre nicht mehr angemessen und käme einer unzulässigen Vermögensbildung gleich (BVerwG, a.a.O, Rn. 18).

37

Hieraus folgt nicht nur, dass die Kammer eine überhöhte Rücklage nicht bilden darf, sondern auch, dass sie eine überhöhte Rücklage baldmöglichst wieder auf ein zulässiges Maß zurückführen muss. Die Entscheidung über das Vorhalten einer Rücklage und über deren Höhe muss die Kammer bei jedem Wirtschaftsplan – und damit jährlich – erneut treffen. Ein Wirtschaftsplan kann deshalb nicht nur dann rechtswidrig sein, wenn er eine überhöhte Rücklagenbildung vorsieht, sondern auch dann, wenn er eine überhöhte Rücklage beibehält (BVerwG, a.a.O, Rn. 18).

38

(2) Nach diesen Vorgaben sind die Wirtschaftspläne der Beklagten und damit auch die Festsetzung der Mitgliedsbeiträge für die Jahre 2010 und 2013 aufgrund der von der Beklagten vorgehaltenen Rücklagen rechtswidrig.

39

(a) Die Bildung, Aufrechterhaltung und Aufstockung der „Rücklage für Sonderprojekte“ entsprach nicht den zu stellenden Anforderungen.

40

Nach § 15 Abs. 3 Satz 4 des hier maßgeblichen Finanzstatuts der Beklagten vom 25. Januar 2006 ist die Bildung anderer Rücklagen – neben einer Ausgleichsrücklage und einer Liquiditätsrücklage – zulässig. Diese dürfen ausweislich der Richtlinien zur Ausführung des Finanzstatus der Beklagten vom 12. Mai 2006 zu § 15 Abs. 3 jedoch nur für bestimmte Zwecke gebildet werden. Diesem auch aus dem Verbot der Vermögensbildung folgenden Gebot hinreichend bestimmter sachlicher Zweckbindung der Rücklage im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit hat die Beklagte bei der Bildung, Aufrechterhaltung und Aufstockung der „Rücklage für Sonderprojekte“ nicht genügt.

41

Der zur Begründung der Rücklage in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 angeführte Zweck der Sicherung standortpolitisch bedeutsamer Projekte ist nicht hinreichend bestimmt. In dieser Allgemeinheit konnte die Rücklage einer Vielzahl von Projekten dienen, ohne dass näher erkennbar war, welche dies sein werden und wann diese mit jeweils welchem Mittelbedarf in Angriff genommen werden. Mangels diesbezüglicher Präzisierungen kam diese Rücklage unzulässigerweise gebildetem Vermögen gleich. Zu diesem nicht hinreichend bestimmten Zweck hat die Beklagte im Rahmen der „Rücklage für Sonderprojekte“ seit der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 bis in das Jahr 2013 einen Betrag in Höhe von 1.000.000,00 Euro bereitgehalten.

42

Soweit die „Rücklage für Sonderprojekte“ im Jahr 2007 zunächst um 2.000.000,00 Euro und sodann um weitere 900.000,00 Euro erhöht wurde und die Beklagte dies mit der damaligen Einschätzung, ihre Gremien würden eine neue Olympia-Bewerbung Hamburgs stets befürworten, sowie den eventuellen Herausforderungen im Lehrstellenangebot durch den doppelten Abiturjahrgang 2010 und der Diskussion in Sachen Klimaschutzaktivitäten begründet hat, kann dahinstehen, ob Aktivitäten im Vorfeld einer Olympia-Bewerbung Hamburgs noch vom gesetzlichen Auftrag der Beklagten gedeckt wären. Jedenfalls ist nicht erkennbar, welche konkreten Maßnahmen mit welchem Zeithorizont und welchem Mittelbedarf im Einzelnen geplant waren. Gleiches gilt für die im Jahr 2012 erfolgte Umwidmung der Rücklage in Höhe von 1.000.000,00 Euro hinsichtlich des doppelten Abiturjahrgangs, der ohne besonderen Aufwand habe bewältigt werden können, zugunsten nicht näher spezifizierter Projekte der Metropolregion Hamburg.

43

(b) Die Bildung, Aufrechterhaltung und Aufstockung der „Umbau-/Instandhaltungs-rücklage“ war nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenfalls rechtswidrig.

44

Der Zweck dieser Rücklage in Gestalt der Vorsorge für umfangreiche Bau- und Instandhaltungsmaßnahmen insbesondere am denkmalgeschützten Kammergebäude ist zwar hinreichend bestimmt und bewegt sich im Rahmen zulässiger Kammertätigkeit. Es ist jedoch nicht zu erkennen, dass die Höhe der Rücklage in den Jahren 2010 und 2013 von diesem sachlichen Zweck gedeckt war.

45

Dies gilt bereits für den in der Eröffnungsbilanz zum 1. Januar 2006 ausgewiesenen Betrag in Höhe von 5.333.439,80 Euro. Soweit die Beklagte insoweit vorträgt, dieser Betrag habe größeren Instandhaltungsaufwendungen für die Gebäude am Adolphsplatz 1 und in der Schauenburger Straße 49 gedient und rund 10 % des damaligen Versicherungswerts beider Objekte entsprochen, fehlt es an Angaben dazu, dass sowie aufgrund welcher Erfahrungswerte unter Berücksichtigung des seinerzeitigen Zustands der Gebäude und der in der Vergangenheit vorgenommenen Arbeiten in absehbarer Zeit Instandhaltungsmaßnahmen in dieser Größenordnung erforderlich werden würden. Die pauschale Bezugnahme auf 10 % des seinerzeitigen Versicherungswerts ist insoweit unzureichend, zumal die Beklagte in der mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 2015 ausdrücklich gebeten worden war, die Erforderlichkeit der Höhe der „Umbau-/ Instandhaltungsrücklage“ näher darzulegen. Mangels genauerer Angaben ist nicht festzustellen, dass die Prognose des Mittelbedarfs in Höhe der Rücklage aus der ex ante Sicht sachgerecht und vertretbar war und deshalb dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit entsprach.

46

Hinsichtlich der Erhöhung der „Umbau-/Instandhaltungsrücklage“ im Rahmen eines mittelfristigen Instandhaltungsprogramms, das insbesondere der Verbesserung der Energiebilanz und des Brandschutzes gedient habe, um 1.000.000,00 Euro im Jahr 2007 und weitere 4.800.000,00 Euro „im Zusammenhang“ mit diesem Programm im Jahr 2010 ist ebenfalls nicht zu erkennen, welche konkreten Maßnahmen in welchen Zeiträumen und mit welchem Mittelbedarf geplant waren. Eine Investitions- und Finanzierungsübersicht, die nach § 8 des Finanzstatuts der Beklagten verbindliche Grundlage für die erforderliche Genehmigung größerer Baumaßnahmen, deren Volumen fünf Prozent des Betriebsaufwandes überschreitet, durch das Plenum ist, hat die Beklagte nicht vorgelegt.

47

Lediglich zur Erhöhung der „Umbau-/Instandhaltungsrücklage“ auf 20.968.475,00 Euro im Jahr 2012 liegt eine Stellungnahme des Architekturbüros „360grad+ architekten“ und des Ingenieurbüros „Wetzel & von Seht“ zur mittel- und langfristigen Budgetplanung möglicher Sanierungsmaßnahmen vor (Bl. 451 ff. d. A.). Darin wird zwar ein Mittelbedarf in Höhe von insgesamt 14.747.235,65 Euro genannt. Auf welcher Grundlage und Erfahrungswerte darüber hinaus jedoch neben Kosten für die Anmietung eines zeitweiligen Ausweichquartiers in Höhe von 1.440.000,00 Euro ein weiterer Betrag von 5.000.000,00 Euro aufgrund des Gebäudealters und ungeklärter statischer Gründungsverhältnisse in die Rücklage eingestellt wurde, ist hingegen nicht zu erkennen. Auch insoweit ist nicht festzustellen, dass diese Prognose aus der ex ante Sicht sachgerecht und vertretbar war und deshalb dem Grundsatz der Schätzgenauigkeit entsprach.

48

bb) Darüber hinaus sind die Beschlüsse des Plenums über den Vortrag der Gewinne in Höhe von 5.711.437,74 Euro aus dem Jahr 2010 sowie 2.108.002,18 Euro aus dem Jahr 2013 rechtswidrig.

49

(1) Die Feststellung des Jahresabschlusses bietet die Gelegenheit, die dem Wirtschaftsplan und der Beitragsveranlagung in der Wirtschaftssatzung zu Grunde liegende Prognose des Mittelbedarfs aus der Sicht ex post auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen.

50

Erwirtschaftet eine Industrie- und Handelskammer einen erheblichen Gewinn, indiziert dies, dass die Mitgliedsbeiträge unter Missachtung des aus § 3 Abs. 2 Satz 2 IHKG folgenden Gebots, die Leistungsfähigkeit der Mitglieder pfleglich zu behandeln, zu hoch bemessen waren. Die Beiträge sind dann grundsätzlich in Höhe des Gewinns anteilig an die Mitglieder zurückzuerstatten. Geschähe dies nicht und würde der Gewinn stattdessen auf neue Rechnung vorgetragen, stände dieser Betrag zwar weiterhin der Kammer, nicht aber unmittelbar den Kammerzugehörigen zur Verfügung. Vom Gewinnvortrag könnten zudem diejenigen Kammerzugehörigen, die nach dem mit erheblichem Gewinn abgeschlossenen Geschäftsjahr aus der Kammer ausscheiden, auch mittelbar nicht mehr profitieren. Erfolgt der Gewinnvortrag überdies kontinuierlich über mehrere Jahre hinweg in erheblicher Höhe, steht dies wirtschaftlich einer der Kammer untersagten unzulässigen Vermögensbildung gleich. Der Vortrag eines erheblichen Gewinns auf neue Rechnung anstatt einer anteiligen Rückerstattung der Beiträge an die Mitglieder ist deshalb nur dann im Einzelfall rechtlich zulässig, wenn dies aufgrund besonderer Umstände wirtschaftlich geboten ist.

51

Die Gewinnverwendungsbeschlüsse können aufgrund des nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleisteten effektiven Rechtsschutzes auch im Rahmen einer gegen einen Beitragsbescheid gerichteten Anfechtungsklage auf ihre Rechtmäßigkeit hin überprüft werden. Dies gilt auch dann, wenn diese Beschlüsse zeitlich später als die angefochtenen Bescheide ergangen sind. Denn bei Anfechtungsklagen bestimmt sich der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt in erster Linie nach dem materiellen Recht und nur dann, wenn diesem keine Anhaltspunkte für den maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt zu entnehmen sind, nach dem Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung (BVerwG, Urt. v. 29.3.1996, 1 C 28/94, juris, Rn. 15 m.w.N.). Aus den Regelungen des materiellen Kammerrechts zur Beitragsveranlagung ergibt sich seinem Wesen nach, dass Beschlüsse über die Verwendung eines in erheblicher Höhe angefallenen Gewinns nicht dann bei der im Rahmen einer Anfechtungsklage zu beurteilenden Rechtmäßigkeit der Beitragsveranlagung unberücksichtigt zu bleiben haben, wenn diese Beschlüsse zeitlich nach den angefochtenen Beitragsbescheiden ergangen sind.

52

Zum einen ist den Gewinnverwendungsbeschlüssen, wie bereits ausgeführt, erhebliche Relevanz für die Rechtmäßigkeit der Beitragsveranlagung beizumessen. Zum anderen folgt aus den Regelungen der Beklagten zur Feststellung der Wirtschaftssatzung, die über die Beiträge bestimmt und vor Beginn des Geschäftsjahres beschlossen werden soll (§ 2 Abs. 1 des Finanzstatuts der Beklagten) sowie der nachfolgenden Beitragsveranlagung (§ 15 der Beitragsordnung der Beklagten) auf der einen und zur Feststellung des Jahresabschlusses nach Ablauf des Geschäftsjahres sowie zum Beschluss über die Ergebnisverwendung (§§ 15 Abs. 1, 17 Abs. 3 des Finanzstatuts der Beklagten) auf der anderen Seite, dass die Gewinnverwendungsbeschlüsse regelhaft erst nach der Beitragsveranlagung erfolgen. Bliebe die Rechtswidrigkeit eines der Beitragsveranlagung nachfolgenden Gewinnverwendungsbeschlusses im Beitragsrechtsstreit unberücksichtigt, wäre dies weder prozessökonomisch noch trüge es dem Eingriffscharakter von IHK-Pflichtmitgliedschaft und Beitragspflicht in die nach Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit angemessen Rechnung.

53

(2) Nach diesen Maßgaben sind die Beschlüsse des Plenums der Beklagten über den Vortrag der Gewinne aus den Jahren 2010 und 2013 auf neue Rechnung rechtswidrig.

54

Die Beklagte hat im Geschäftsjahr 2010 einen ganz erheblichen Gewinn in Höhe von 5.711.437,74 Euro auf neue Rechnung vorgetragen. Besondere Umstände, aufgrund derer dies anstatt der anteiligen Rückerstattung der Mitgliedsbeiträge wirtschaftlich hätte geboten sein können, sind nicht ersichtlich. Dies gilt auch für das Jahr 2013, in dem die Beklagte trotz des 15-prozentigen Nachlasses auf die Mitgliedsbeiträge, der für sie geringere Einnahmen in Höhe von 4.397.256,56 Euro bedeutete, einen ebenfalls erheblichen Gewinn in Höhe von 2.108.002,18 Euro auf neue Rechnung vorgetragen hat.

55

b) Die Regelungswirkung des angefochtenen und für rechtswidrig erkannten Beitragsbescheides umfasst den Beitrag für das Jahr 2010 in Höhe von 14.051,88 Euro insgesamt sowie für das Jahr 2013, aufgrund des mit Bescheid vom 31. Januar 2014 erfolgten 15-prozentigen Nachlasses, in Höhe von 9.700,20 Euro.

56

Hinsichtlich des Geschäftsjahres 2010 beschränkt sich die Regelungswirkung des angefochtenen Bescheides nicht auf die Festsetzung des Beitrags in Höhe von 11.879,82, der den mit früherem Bescheid im Wege vorläufiger Veranlagung festgesetzten Betrag von 2.172,06 Euro übersteigt, da der angefochtene Bescheid den Beitrag für das Jahr 2010 im Wege der Abrechnung und damit endgültig auf 14.051,88 Euro festgesetzt hat.

57

aa) Dies beruht auf § 15 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 der Beitragsordnung der Beklagten vom 14. Mai 2004, zuletzt geändert am 21. Dezember 2006.

58

Danach kann eine vorläufige Veranlagung aufgrund des letzten vorliegenden Gewerbeertrags oder – soweit ein solcher nicht vorliegt – aufgrund einer Schätzung in entsprechender Anwendung des § 162 AO erfolgen, sofern der Gewerbeertrag oder der Zerlegungsanteil für das Bemessungsjahr noch nicht vorliegen. Entsprechendes gilt für den Gewinn aus Gewerbebetrieb und den Umsatz, die Bilanzsumme und die Arbeitnehmerzahl, soweit diese für die Veranlagung von Bedeutung sind. Ändert sich die Bemessungsgrundlage nach Erteilung des Beitragsbescheids, erlässt die Beklagte einen berichtigten Bescheid.

59

Veranlassung zum Erlass eines endgültigen Beitragsbescheides besteht, wenn die Beitragsveranlagung im Gegensatz zur vorläufigen Veranlagung auf Grundlage des nunmehr vorliegenden Gewerbeertrages bzw. Gewinns aus Gewerbebetrieb des Bemessungsjahres erfolgen kann. Unerheblich ist insoweit, ob sich einzelne für die Berechnung des Beitrags nach den genannten Vorschriften relevante Parameter der Höhe nach zu Gunsten oder zu Ungunsten des Kammermitglieds geändert haben. Auch wenn diese im Ergebnis unverändert sind und sich keine Änderung der Höhe des Beitrags ergibt, ist der Beitrag im Wege der Abrechnung endgültig festzusetzen. Dieser Veranlagungsbescheid stellt nicht bloß eine – teilweise – wiederholende Verfügung dar, sondern trifft aufgrund der Endgültigkeit der Beitragsveranlagung eine eigenständige Regelung, die in seiner Gesamtheit uneingeschränkt anfechtbar ist (s. auch Jahn, GewArch 2008, 190 (191)).

60

bb) Entgegen anderslautender verwaltungsgerichtlicher Entscheidungen (s. VG München, Urt. v. 6.10.2015, M 16 K 15.2443, juris, Rn. 20) steht dies nach Auffassung der erkennenden Kammer nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urt. v. 5.3.1971, VII C 44.68, juris) zur beschränkten Anfechtbarkeit gemäß § 212b Abs. 3 AO in der ab dem 1. Januar 1966 geltenden Fassung (BGBl. 1965 I S. 1477 (1497)) erlassener Berichtigungsbescheide im Widerspruch.

61

Nach dieser Vorschrift hatte eine Gemeinde, wenn ein Steuermessbescheid nachträglich geändert wurde, einen Realsteuerbescheid, der auf dem bisherigen Steuermessbescheid beruhte, von Amts wegen durch einen neuen Realsteuerbescheid zu ersetzen, der der Änderung des bisherigen Steuermessbescheids Rechnung trug.

62

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden, dass der Berichtigungsbescheid den bisherigen Steuerbescheid nur insoweit berühre, als es erforderlich sei, um ihn dem geänderten Steuermessbescheid des Finanzamts, auf dem die Änderung beruhe, anzupassen. Eine Wiederaufrollung des gesamten Steuerfalles finde nicht statt. Führe daher der gemäß § 212b Abs. 3 AO ergangene Berichtigungsbescheid zu einer niedrigeren Steuerfestsetzung, weil der Betrag des bisherigen Steuermessbescheides herabgesetzt worden sei, so werde ein bisheriger Gewerbesteuerbescheid nur insoweit beseitigt, als er dem zugrunde liegenden geänderten Steuermessbescheid entgegenstehe, also eine höhere Gewerbesteuer festgesetzt habe als sie dem herabgesetzten Steuermessbetrag entspreche. Im Übrigen bleibe die bisherige Gewerbesteuerfestsetzung bestehen und damit auch ihre in der Vergangenheit eingetretene Wirkung der Unanfechtbarkeit. Soweit der Berichtigungsbescheid den nicht korrigierten Bestandteil der bisherigen Gewerbesteuerfestsetzung dem Steuerpflichtigen gegenüber nochmals geltend mache, stelle er sich nicht als neuer Sachbescheid, sondern lediglich als „wiederholende Verfügung“ dar, die nicht mehr selbständig angefochten werden könne (zum Vorstehenden: BVerwG, Urt. v. 5.3.1971, VII C 44.68, juris, Rn. 22).

63

Diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Im Gegensatz zu den Steuerbescheiden, die den Berichtigungsbescheiden nach § 212b Abs. 3 AO vorausgegangen waren, hat die Beklagte nach Maßgabe von § 15 Abs. 3 ihrer Beitragsordnung zunächst eine nur vorläufige Veranlagung vorgenommen, hinsichtlich der es stets einer späteren Abrechnung und damit endgültigen Veranlagung bedarf. Dabei handelt es sich, wie bereits ausgeführt, nicht um eine – teilweise – wiederholende Verfügung, sondern um eine eigenständige Sachentscheidung.

64

cc) Auch aus § 351 Abs. 1 AO, wonach Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, nur insoweit angegriffen werden können, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt (hierzu: VG München, Urt. v. 6.10.2015, M 16 K 15.2443, juris, Rn. 20), folgt nichts anderes, da diese Anfechtungsbeschränkung für vorläufige Steuerbescheide mangels materieller Bestandskraft nicht gilt (Bartone, in: Beermann/Gosch, Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, 121. Lieferung, Stand: 1.11.2013, § 351 AO 1977, Rn. 7 m.w.N.; Cöster, in: Koenig, AO, 3. Auflage 2014, § 351, Rn. 13).

65

2. Hinsichtlich der mit dem angefochtenen Beitragsbescheid erfolgten Festsetzung eines 20-prozentigen Nachlasses auf den Beitrag für das Jahr 2012 ist die Anfechtungsklage hingegen unzulässig.

66

Die Klägerin ist insoweit nicht klagebefugt im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Die danach erforderliche Möglichkeit der Verletzung in eigenen Rechten scheidet bei einem den Rechtsschutzsuchenden rechtlich nur begünstigenden Verwaltungsakt aus (Pietzcker, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 29. EL, Oktober 2015, § 42 Abs. 1, Rn. 8). So ist es hier.

67

Die Regelung des angefochtenen Bescheides beschränkt sich hinsichtlich des Geschäftsjahres 2012 auf die Reduzierung des bereits mit einem früheren Bescheid festgesetzten Beitrags um 20 %. Hintergrund ist ausweislich der einleitenden, in Fettdruck gesetzten Formulierung, dass das Plenum aufgrund der Finanzlage der Beklagten beschlossen hatte, einmalig für das Beitragsjahr 2012 auf alle Grundbeiträge und auf die Umlage einen Nachlass von 20 % zu gewähren.

68

Hingegen ist der Bescheid nicht dahingehend auszulegen, dass damit die Höhe des Beitrags für das Geschäftsjahr 2012 vollständig neu festgesetzt wurde. Im Gegensatz zur Veranlagung zum Jahr 2010 handelt es sich nicht um eine Abrechnung aufgrund nunmehr vorliegender Parameter, die für die Berechnung des Beitrages erforderlich sind, sondern um eine erneute vorläufige Veranlagung, die einzig auf den vom Plenum beschlossenen pauschalen 20-prozentigen Nachlass zurückzuführen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte mit dieser Festsetzung den früheren Bescheid aufgehoben und eine vollständige neue Sachentscheidung über den Beitrag für das Geschäftsjahr 2012 getroffen hat, liegen nicht vor. Im Gegenteil heißt es am Ende des Bescheides, dass, wenn zu den aufgeführten Beitragsjahren bereits Beitragsbescheide ergangen seien, diese durch den aktuellen Bescheid nicht aufgehoben würden.

69

Der Klägerin wird dadurch der nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistete effektive Rechtsschutz auch nicht verwehrt. Mit ihrem Argument, der Nachlass habe höher als 20 Prozent ausfallen müssen, kann sich die Klägerin gegen die spätere endgültige Veranlagung für das Geschäftsjahr 2012 wenden, ohne dass dem die Unanfechtbarkeit der vorläufigen Veranlagung entgegenzuhalten wäre (s. oben unter II. 1. b)).

III.

70

Der Beklagten sind die Kosten nach § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO in Gänze aufzuerlegen, weil die Klägerin nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

71

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und Satz 2 ZPO.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 teilweise abgeändert.

Der Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 wird hinsichtlich der Beitragserhebung für die Jahre 2007 und 2008 - d.h. in Höhe von 1.327,32 € - aufgehoben und die Klage im Übrigen abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge haben die Klägerin zu 2/5 und die Beklagte zu 3/5 zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu IHK-Beiträgen. Mit Bescheid vom 17. November 2011 veranlagte die Beklagte sie zu folgenden Beiträgen:

2

Beitrag 2005:

541,91 € (410,-- € Grundbeitrag; 131,91 € Umlage)

Beitrag 2006:

300,65 € (280,-- € Grundbeitrag; 20,65 € Umlage)

Beitrag 2007:

766,91 € (540,-- € Grundbeitrag; 226,91 € Umlage)

Beitrag 2008:

560,41 € (410,-- € Grundbeitrag; 150,41 € Umlage)

3

Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2012 zurückgewiesen.

4

Die Klägerin hat daraufhin Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, ihre Zwangsmitgliedschaft sei verfassungs- und unionsrechtswidrig. Zudem seien die gebildeten Rücklagen zu hoch. Die Beklagte habe gegen das beitragsrechtliche Kostendeckungsprinzip verstoßen und mit den angegriffenen Beiträgen eine unzulässige Vermögensbildung vorgenommen. Das Finanzgebaren der Beklagten besitze einen vermögensverwaltenden Charakter, der mit dem Kostendeckungsprinzip des § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G unvereinbar sei. Die in den betreffenden Jahren erwirtschafteten, ungeplanten Gewinne würden unzulässigerweise dem Eigenkapital der Beklagten zugeführt, anstatt über Beitragssenkungen an die Mitglieder ausgegeben zu werden.

5

Die Klägerin hat beantragt,

6

den Bescheid der Beklagten vom 17. November 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 aufzuheben.

7

Die Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen,

9

Sie hat ausgeführt, bei den Haushaltsplanungen habe sie sich bis 2005 an der Haushalts-, Kassen- und Rechnungslegungsordnung (HKRO) orientiert. Danach habe eine Betriebsmittelrücklage in Höhe von 30 bis 50 % gebildet werden müssen. Zusätzlich sei eine Haushaltsausgleichsrücklage in Höhe von bis zu 50 % der fortdauernden Ausgaben zulässig gewesen, um Beitragsschwankungen auszugleichen. Diese Regelungen habe 2006 mit anderen Begrifflichkeiten § 15 Abs. 3 des Finanzstatuts übernommen. Die Bildung angemessener Rücklagen stelle keine unzulässige Vermögensbildung dar, sondern gehöre zu einer geordneten Haushaltsführung.

10

Mit Urteil vom 25. November 2013 hat das Verwaltungsgericht der Klage mit der Begründung stattgegeben, die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 IHK-G - wonach die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der IHK, soweit sie nicht anderweitig gedeckt seien, durch Beiträge der Kammerzugehörigen aufgebracht würden -, lägen nicht vor. Rücklagen dürften zwar gebildet werden, aber nicht der Bildung von Vermögen dienen. Letzteres sei hier in Bezug auf die Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen zumindest teilweise der Fall. Die Beklagte habe insoweit jedenfalls das ihr in den Satzungsregelungen eingeräumte Ermessen zum Teil überschritten und hiervon in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Es sei bereits fraglich, ob die für die Beschlussfassung zuständige Vollversammlung bei der Festlegung der Rücklagen überhaupt Ermessen ausgeübt habe. Zudem sei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Hinblick auf die Höhe der Ausgleichs- und Liquiditätsrücklagen offenkundig nicht mehr gewahrt. Immer dann, wenn die Beklagte Rücklagen bilden wolle, die über die zwingend vorgegebenen 30 % des Betriebsaufkommens hinausgingen, bedürfe dies nämlich einer besonderen Begründung im Einzelfall. Daran fehle es hier.

11

Zur Begründung ihrer durch das Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung macht die Beklagte im Wesentlichen geltend, sie habe keine unzulässige Vermögensbildung betrieben. Die zulässigen Grenzen würden erst dann überschritten, wenn sich die Rücklagenbildung als ein mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbares Verhalten erweise. Das sei hier nicht der Fall. Die in den umstrittenen Beitragsjahren gebildeten Rücklagen lägen innerhalb des durch die Satzungsregelungen gesteckten Rahmens. Aber selbst eine fehlerhafte Rücklagenbildung begründe keine Rechtswidrigkeit des Beitragsbescheids. Stelle sich nämlich nachträglich heraus, dass zu hohe Rücklagen gebildet worden seien, müssten diese ex nunc aufgelöst oder abgeschmolzen und ab diesem Zeitpunkt für die Deckung der Kosten der Tätigkeiten der IHK eingesetzt werden. Ein Mitglied könne solche etwaigen Rechtsverstöße im Wege der Feststellungs- oder Unterlassungsklage angreifen. Nur diese Handlungsmöglichkeit und nicht etwa eine Beitragsanfechtung stelle den richtigen Weg dar, um eine Aufgabenüberschreitung der IHK geltend zu machen. Den Überschuss des Jahresabschlusses 2005 in Höhe von 1,75 Millionen Euro habe sie bei der Erstellung der Eröffnungsbilanz in der Nettoposition berücksichtigt. Durch die Umstellung von der kameralen auf die kaufmännische Buchführung sei im Erfolgsplan für das Jahr 2006 ein Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr nicht auszuweisen gewesen. Die Nettoposition habe man im Jahr 2008 um 5 Millionen Euro erhöht, um den Kosten Rechnung zu tragen, die mit dem Zugang des Gebäudes N…, dem Ausbau des Dachgeschosses C… Straße sowie erheblichen Renovierungs- und Erneuerungsmaßnahmen im Altgebäude S… Straße einhergegangen seien. Seit 2013 plane sie erhebliche negative Jahresergebnisse, um die gebildeten Rücklagen abzuschmelzen.

12

Die Beklagte beantragt,

13

unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 25. November 2013 die Klage abzuweisen.

14

Die Klägerin beantragt,

15

die Berufung zurückzuweisen.

16

Sie verweist auf beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfassungs-beschwerden und macht geltend, der Gesetzgeber habe die ihm vom Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit auferlegte ständige Prüfung hinsichtlich der Voraussetzungen für die Zwangsmitgliedschaft ganz offensichtlich versäumt. Die Pflichtmitgliedschaft in der IHK verstoße gegen Unionsrecht. Das Verwaltungsgericht sei im Übrigen zutreffend von einer mit den Grundsätzen eines vernünftigen Wirtschaftens schlechthin unvereinbaren Vermögensbildung bei der Beklagten ausgegangen.

17

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.

19

Das Verwaltungsgericht hätte den Bescheid vom 17. November 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. Januar 2012 nur teilweise und nicht vollständig aufheben dürfen. Der Bescheid ist nämlich nur in Höhe einer Beitragsforderung von 1.327,32 € rechtswidrig. Diese Rechtswidrigkeit bezieht sich auf die Beitragserhebung für das Jahr 2008 in Höhe 560,41 € (1.) und für das Jahr 2007 in Höhe von 766,91 € (2.). Im Übrigen - d.h. hinsichtlich der Beiträge für die Jahre 2005 und 2006 - ist die Klage unbegründet; insoweit ist sie unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen (3.).

20

1. In Bezug auf das Jahr 2008 ist der angefochtene Bescheid in Höhe des für dieses Jahr erhobenen Beitrags von 560,41 € rechtswidrig, weil in dem für dessen Festsetzung maßgeblichen Erfolgsplan vom 29. November 2007 für das Jahr 2008 unter der Position Nr. 21 unzutreffend als „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ „0,-- Euro“ vermerkt sind, obwohl sich aus der Bilanz für das Jahr 2006 vom 29. Juni 2007 als Ergebnis ein Gewinn in Höhe von 2.210.513,13 € ergibt.

21

Die Beklagte wäre verpflichtet gewesen, diesen Bilanzgewinn - da keine Beitragsrückerstattung an die Mitglieder erfolgte und auch ein andernfalls in Betracht kommender gesonderter Beschluss der Vollversammlung über die aufgabengemäße Gewinnverwendung nicht getroffen wurde - in den nächsten, zeitlich auf seine Feststellung nachfolgenden Erfolgsplan einzustellen. Das folgt aus § 3 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern - IHK-G -. Danach werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer, soweit sie nicht anderweitig gedeckt sind, nach Maßgabe des Wirtschaftsplans (bis 31.12.2007: nach Maßgabe des Haushaltsplans) durch Beiträge der Kammerzugehörigen gemäß einer Beitragsordnung aufgebracht. Die Beiträge dürfen also nur insoweit erhoben werden, als die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer nicht anderweitig gedeckt sind; sie dürfen daher nicht der Bildung von Vermögen dienen (BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45/87 -, juris, Rn. 20). Eine IHK muss folglich einen ungeplanten Bilanzgewinn zeitnah für die Finanzierung ihrer gesetzlichen Aufgaben einsetzen. Sie hat den Gewinn deshalb in der Regel – soweit nicht eine Beitragsrückerstattung an die Kammermitglieder erfolgt ist oder die Vollversammlung bereits einen speziellen Beschluss über die aufgabengemäße Gewinnverwendung gefasst hat – spätestens in den nächsten, zeitlich auf die Feststellung des Gewinns nachfolgenden Wirtschaftsplan einzustellen.

22

Nach diesem Maßstab hätte der angefochtene Beitrag für das Jahr 2008 jedenfalls nicht in der von der Beklagten festgesetzten Höhe erhoben werden dürfen.

23

a) Ausweislich der Bilanz vom 29. Juni 2007 stand der - nach dem Erfolgsplan für das Jahr 2006 ursprünglich nicht beabsichtigte - Gewinn aus dem Jahr 2006 in Höhe von 2.210.513,13 € als Quelle für die Finanzierung der für das Haushaltsjahr 2008 geplanten Ausgaben der Beklagten im Sinne von § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G zur Verfügung. Auch sah der Erfolgsplan für das Jahr 2008 als insoweit maßgeblicher Teil des Haushaltsplans im Sinne von § 3 Abs. 2 IHK-G (vgl. § 10 Abs. 1 Haushaltsgrundsätzegesetz) spiegelbildlich zu der Bilanz unter Ziffer 21 die Position „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ vor. Dort findet sich jedoch der unzutreffende Vermerk „Euro 0,-- €“.

24

Der Vermerk „Euro 0,-- €“ in dem Erfolgsplan für das Jahr 2008 ist auch unter Berücksichtigung des Einwandes der Beklagten unzutreffend, das unmittelbare Vorjahresergebnis des Jahres 2007 sei im Zeitpunkt der Aufstellung des Erfolgsplanes für 2008 noch nicht förmlich festgestellt gewesen. Denn jedenfalls stand der bereits am 29. Juni 2007 festgestellte Gewinn aus dem Jahr 2006 in Höhe von 2.210.513,13 € als anteiliger Bestandteil des Ergebnisses aus 2007 bereits fest und wäre deshalb als Ergebnisvortrag „aus dem Vorjahr“ in Ansatz zu bringen gewesen, obwohl er bereits im Jahr 2006 angefallen war. Dieses Verständnis der Position „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ im Rahmen des jeweiligen Erfolgsplans ist auch deshalb geboten und folgerichtig, da andernfalls angesichts der vorgegebenen zeitlichen Abläufe ein „Ergebnisvortrag aus dem Vorjahr“ in jedem vor Beginn des Haushaltsjahres aufgestellten Erfolgsplan von vornherein ausgeschlossen wäre, da das Bilanzergebnis aus dem unmittelbaren Vorjahr im Zeitpunkt der Aufstellung des Erfolgsplans für das Folgejahr regelmäßig noch nicht bekannt sein kann. Vor diesem Hintergrund kann lediglich die unterbliebene Einbeziehung des bilanzierten Überschusses aus dem Haushaltsjahr 2007 in Höhe von weiteren 2.162.859,6 € (4.373.372,77 € minus 2.210.513,13 €) im Hinblick auf den für die Beitragserhebung allein maßgeblichen Erfolgsplan für das Jahr 2008 vom 29. November 2007 nicht beanstandet werden, weil der Gewinn aus dem Jahr 2007 erst mit der Erfolgsrechnung vom 29. August 2008 festgestellt war.

25

Da die Beklagte nach § 3 Abs. 2 IHK-G zur Planung eines Gesamtüberschusses bzw. eines Gewinns aus Beiträgen nicht berechtigt gewesen war und sie dies ausweislich des Erfolgsplans vom 29. November 2007 (Geplantes Ergebnis: 0,-- €) für 2008 auch nicht beabsichtigte, hätte sich die gebotene Einspeisung des positiven Ergebnisses aus dem Jahr 2006 unter Ziffer 21 des Erfolgsplanes 2008 unmittelbar beitragsmindernd ausgewirkt. Anstelle der vorgesehenen Einnahmen durch Beiträge in Höhe von 14.289.600,-- € hätten danach kalkulierte Einnahmen in Höhe von 12.079.086,87 € ausgereicht, um das gebotene und erwünschte neutrale Planergebnis zu erreichen.

26

Indem die Beklagte die - nach dem Erfolgsplan unter Nr. 21 ausdrücklich vorgesehene - Einbeziehung des seit Mitte 2007 feststehenden Ergebnisses aus dem Jahr 2006 unterließ und statt dessen mit „0,-- Euro“ in Ansatz brachte, wurde der Gewinn aus dem Jahr 2006 der Beitragsplanung dauerhaft vorenthalten, also unzulässig Vermögen gebildet, welches entgegen den Anforderungen des § 3 Abs. 2 IHK-G nicht für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten (vgl. § 1 Abs. 1 IHK-G) verwendet wurde.

27

b) Auf eine etwaige alternative Möglichkeit der Gewinnverwendung kann die Beklagte sich insoweit nicht berufen. Von der Möglichkeit einer zeitnahen Ausschüttung des Bilanzgewinns aus dem Jahr 2006 an die Mitglieder außerhalb der Beitragskalkulation für das (Nach-)Nachfolgejahr 2008 wurde nämlich offenkundig kein Gebrauch gemacht.

28

Auch eine etwaige in Betracht kommende Gewinnverwendung durch Zuführung in eine der satzungsmäßig vorgesehenen Rücklagen war wegen der bereits erfolgten weitgehenden Ausschöpfung des nach § 15 Abs. 3 Finanzstatut vorgegebenen zulässigen Rahmens von jeweils höchstens 50 % des geplanten Betriebsaufwandes im Jahr 2008 (16.250.300 €), also von je 8.125.150 €, ausgeschlossen. Denn zum Jahresbeginn beliefen sich die Ausgleichsrücklage auf 8.052.281,93 € und die Liquiditätsrücklage auf 8.070.000,-- €. Für keine der beiden Rücklagenarten hätten daher eine Zuführung von mehr als rund 100.000,-- € geplant werden dürfen.

29

Schließlich ist auch die Zuführung des Ergebnisses aus dem Jahr 2006 (sowie weiterer Überschüsse aus den nachfolgenden Jahren) in die Nettoposition durch den Beschluss der Vollversammlung vom 26. November 2008 nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des Erfolgsplanes für das Jahr 2008 zu beseitigen. Denn die Zuführung zur Nettoposition - also zu dem grundsätzlich unveränderlichen, gerade nicht für künftige Ausgaben vorgesehenen Posten innerhalb des Eigenkapitals der Beklagten - hatte zur Folge, dass eine Verwendung des Gewinns zur Finanzierung der gesetzlich vorgesehenen Aufgaben der Beklagten im Sinne der §§ 1 Abs. 1, 3 Abs. 2 IHK-G endgültig unterblieb.

30

Soweit die Beklagte sinngemäß vorgetragen und in der mündlichen Verhandlung bekräftigt hat, es habe sich bei der Erhöhung der Nettoposition vom 26. November 2008 eigentlich nicht um eine Zuführung, sondern lediglich um die Berichtigung und rechnerische Anpassung der Nettoposition gehandelt, die aufgrund von bereits in den vorangehenden Jahren erfolgten Veränderungen des Immobilienbestandes notwendig geworden sei, vermag dies nicht zu überzeugen. Diese Behauptung ist bereits deshalb nicht plausibel, weil in dem Beschluss vom 26. November 2008 keine Rede ist von Veränderungen im Immobilienbestand, sondern er ausdrücklich eine Gewinnverwendung zum Gegenstand hatte. In dem Protokoll über die Sitzung der Vollversammlung der Beklagten vom 26. November 2008 heißt es unter TOP 10: „Die Vollversammlung beschließt bei einer Enthaltung die einmalige Erhöhung der Nettoposition in der Bilanz um 5 Mio. Euro auf 21 Mio. Euro. Die Mittel sollen aus dem Ergebnis 2006 und 2007 in Höhe von 4.373.372,77 Euro sowie in Höhe von 626.627,23 Euro aus dem eventuellen Ergebnis 2008 verwendet werden.“

31

Zudem widersprechen die von der Beklagten vorgelegten Bilanzen der Annahme einer bloßen Anpassung der Nettoposition aufgrund von (Wert-)Veränderungen des Immobilienvermögens. Aus den Bilanzen geht keine Veränderung des unbeweglichen Sachanlagevermögens hervor, die der Erhöhung der Nettoposition um 5 Millionen Euro entspräche. Die Sachanlagen (Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken sowie andere Anlagen, Betriebs- und Geschäftsausstattung) beliefen sich zum 1. Januar 2006 auf rund 7,71 Millionen Euro. Zum 31.12.2006 war der Posten auf rund 7,92 Millionen Euro angewachsen. Zum 31.12.2007 betrug das Sachanlagevermögen der Beklagten ausweislich der Bilanz zum 31.12.2007 vom 29. August 2008 8,97 Millionen Euro und zum 31.12.2008 laut der Bilanz vom 4. Mai 2009 rund 8,87 Millionen Euro. Vom 1. Januar 2006 bis zum 31.12.2008 war also eine Erhöhung des Sachanlagevermögens um lediglich rund 1,16 Millionen Euro zu verzeichnen. Dagegen stieg das in der Bilanz ausgewiesene Finanzanlagevermögen im gleichen Zeitraum von rund 33,83 Millionen Euro (1.1.2006) auf rund 46,18 Millionen Euro (31.12.2008), also um 12,35 Millionen Euro.

32

Darüber hinaus ergibt sich aus der Bilanz zum 31. Dezember 2008 vom 4. Mai 2009, dass die Nettoposition nach der Erhöhung vom 26. November 2008 mit einer Summe von 21 Millionen Euro erheblich höher war als das mit rund 7,5 Millionen Euro ausgewiesene Immobilienvermögen (Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte und Bauten einschließlich der Bauten auf fremden Grundstücken). Es ist deshalb davon auszugehen, dass der weit überwiegende Teil der Nettoposition der Beklagten gerade nicht - wie es auch § 15a Abs. 1 des neuen Muster-Finanzstatuts der Industrie- und Handelskammern vorsieht (vgl. dazu Jahn, GewArch 2014, 64 [66]) - im Wesentlichen dem unbeweglichen Sachanlagevermögen entsprach. Vielmehr handelte es sich offenkundig in erheblichem Umfang um Kapital, welches nicht - auch nicht in Gestalt von Sachanlagen - für die gesetzlichen Aufgaben der Beklagten benötigt wurde, also in diesem Sinne um „freies“ Kapital.

33

Der Beklagten hätte es frei gestanden, mit den Gewinnen z.B. eine zweckgebundene Immobilienrücklage zu bilden, um einen etwaigen späteren Immobilienerwerb zu finanzieren. Die von ihr praktizierte, zweckfreie Ansammlung des Gewinns ohne eine Einbeziehung in die Haushalts- bzw. Wirtschaftsplanung war indessen mit § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G unvereinbar. Damit lag zugleich eine Überschreitung des grundsätzlich weiten Gestaltungsspielraums vor, der der Beklagten bei der Aufstellung ihres Wirtschaftsplanes zukommt (vgl. OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10.OVG -, juris Rn. 73).

34

c) Liegt danach ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2 IHK-G vor, so ist dieser im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid auch rügefähig. Der Senat geht zwar in ständiger Rechtsprechung in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts davon aus, dass die Aufgabenüberschreitung einer IHK im Rahmen einer Anfechtung des Beitragsbescheides nicht gerügt werden kann (vgl. hierzu bereits OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 -, juris Rn. 16 ff.). Diese Rechtsprechung ist aber auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Denn die Klägerin beanstandet im Rahmen der Beitragsanfechtung nicht konkrete Ausgaben für bestimmte Tätigkeiten, die während eines abgelaufenen Beitragsjahres erfolgt sind. Vielmehr geht es um die umgekehrte Frage, ob und in welcher Höhe die Beklagte Beiträge erheben durfte, obwohl ihr Gewinne aus den Vorjahren für die Finanzierung ihrer gesetzlich vorgesehenen Tätigkeiten zur Verfügung gestanden hätten. Anders als im Falle der Rüge etwaiger unzulässiger Ausgaben ist das beanstandete Vermögen im vorliegenden Fall - als Teil der Nettoposition - auch noch vorhanden. Dementsprechend hat auch das Bundesverwaltungsgericht die Rüge unzulässiger Vermögensbildung ohne Weiteres für zulässig und sie lediglich im konkreten Fall wegen der Angemessenheit der beanstandeten Rücklagen als unbegründet erachtet (vgl. Urteil vom 26. Juni 1990 - 1 C 45/87 -, juris, Rn. 20).

35

Nach alledem ist die Klägerin durch die unterbliebene Verwendung des Gewinnes aus dem Jahr 2006 im Rahmen der Wirtschaftsplanung für das Jahr 2008 anteilig in Höhe der auf ihren Beitrag entfallenden unzulässigen Mehrbelastung im Sinne des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO beschwert.

36

d) Die rechtswidrig unterbliebene Einbeziehung des Gewinnes aus dem Jahr 2006 in den Erfolgsplan für das Jahr 2008 führt zur Aufhebung des Beitragsbescheides in Bezug auf das Jahr 2008 in vollem Umfang des auf die Klägerin entfallenden Beitrags. Die Verwaltungsgerichte sind zwar grundsätzlich gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO verpflichtet selbst festzustellen, in welcher Höhe ein rechtswidriger Abgabenbescheid aufrechterhalten bleiben kann, und dürfen diesen nur aufheben, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Die Verpflichtung zur Spruchreifmachung bezieht sich, wie aus der Einschränkung im Wortlaut des § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO („soweit“) folgt, auch darauf, den Abgabenbescheid gegebenenfalls nur hinsichtlich eines Teilbetrags in bestimmter Höhe zu bestätigen und die Klage hinsichtlich des überschießenden Betrags abzuweisen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 - 9 B 2/08 - NVwZ 2009, 253 [254]). Dies gilt aber nur, soweit der zutreffende Betrag der Höhe nach konkret bezifferbar und daher ein von dem Kläger in jedem Fall geschuldeter Beitrag in bestimmter Höhe zu ermitteln ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 4. September 2008 - 9 B 2/08 - NVwZ 2009, 253 [254 f.]). Hieran fehlt es, wenn eine neue behördliche Ermessensentscheidung oder die Ausübung eines Gestaltungsspielraums erfolgen müsste (vgl. entsprechend zur fehlerhaften Abschnittsbildung im Erschließungsbeitragsrecht BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1974 - IV C 9.73 - BVerwGE 47, 64, juris Rn. 17).

37

So verhält es sich hier. Die Beschwer der Klägerin kann seitens des Senats nicht etwa durch eine einfache proportionale Vergleichsrechnung unter Berücksichtigung des Jahresergebnisses 2006 festgestellt werden. Die Beiträge der Mitglieder der Beklagten setzen sich nämlich nach Maßgabe der Wirtschaftssatzung der Beklagten aus Grundbeiträgen und Umlagen zusammen, wobei die Grundbeiträge in Abhängigkeit von dem Gewerbeertrag des Mitglieds gestaffelt sind (vgl. § 3 Abs. 3 IHK-G). Hiernach liegt die Entscheidung, in welcher Höhe und Relation die Grundbeiträge und/oder der Umlagesatz unter Zugrundelegung eines ordnungsgemäßen Erfolgsplans zu reduzieren sind, im Bereich des Gestaltungsspielraums der Beklagten. Insoweit bedarf es einer Korrektur der Beitragssätze für das Jahr 2008 durch die Vollversammlung der Beklagten, selbst wenn sich diese Neubestimmung aufgrund der eingetretenen Bestandskraft der Beitragsbescheide der anderen Mitglieder - soweit ersichtlich - tatsächlich nur auf die Klägerin auswirken mag. Vor diesem Hintergrund ist die Beitragserhebung für das Jahr 2008 im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage in vollem Umfang aufzuheben. Die Rechtsbeeinträchtigung der Klägerin liegt hier unter den gegebenen Umständen nämlich bereits darin, dass ein fehlerhafter Beitragsbescheid in ihre Rechtssphäre eingreift und von ihr eine Geldleistung fordert, die der Bescheid in rechtswidriger Weise bestimmt (vgl. entspr. BVerwG, Urteil vom 4. Oktober 1974 - IV C 9.73 - BVerwGE 47, 64, juris Rn. 17).

38

2. In Bezug auf das Jahr 2007 ist der angefochtene Beitragsbescheid in Höhe weiterer 766,91 € ebenfalls rechtswidrig, weil der Gewinn aus dem letzten kameral geführten Haushalt (2005) in Höhe von 1.750.507,16 € zu Unrecht im Rahmen des Erfolgsplanes vom 29. November 2006 mit „0,-- Euro“ in Ansatz gebracht wurde.

39

Auch insoweit gilt nach den bereits oben (1.b) ausgeführten Maßstäben, dass die Beklagte sich nicht mit Erfolg darauf berufen kann, diesen Überschuss im Rahmen der Eröffnungsbilanz 2006 in der Nettoposition ausgewiesen zu haben. Denn auch im doppischen Haushalt ist für den Erfolgsplan ebenso wie für die Erfolgsrechnung der Gliederungspunkt „Ergebnisvortrag“ vorgesehen; an dieser Stelle hätte sich der Gewinn aus dem Jahr 2005 - anders als bei seiner Zuführung zur Nettoposition - beitragsmindernd ausgewirkt. Bezeichnenderweise haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, der kameral ausgewiesene Überschuss 2005 habe als Barkapital zur Verfügung gestanden.

40

Indem der Überschuss aus dem Jahr 2005 anlässlich der Umstellung auf die doppische Haushaltsführung statt dessen der Nettoposition - und damit einem grundsätzlich unveränderlichen, der jährlichen Erfolgsplanung und damit auch der Beitragskalkulation entzogenen Posten - zugeführt wurde, wurde auch insoweit die prinzipielle Unverfügbarkeit der betreffenden Finanzmittel für die künftige Tätigkeit und die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Beklagten festgelegt.

41

Der Einwand der Beklagten, die Nettoposition definiere sich rechnerisch als „Saldo aus der Summe aller Vermögenspositionen und der Summe aller Kapitalpositionen“ dar, greift nicht durch. Ausweislich der Standards für die staatliche doppelte Buchführung (Standards staatlicher Doppik) nach § 7a HGrG in Verbindung mit § 49a HGrG (Stand: 23. Oktober 2013) - die jedenfalls als Orientierung herangezogen werden können - ist bei der Gliederung im Rahmen des Eigenkapitals zwischen der Nettoposition (Passiva, Gliederungspunkt A.I.) und dem Gewinnvortrag (Passiva, Gliederungspunkt A.IV.) zu unterscheiden. Dementsprechend definiert sich die Nettoposition im engeren Sinne als Eigenkapital abzüglich der Rücklagen abzüglich des Ergebnisvortrags. Die bloße Umstellung der Rechnungslegung von der Kameralistik auf Doppik befreite die Beklagte dabei nicht von der aus § 3 Abs. 2 IHK-G folgenden Verpflichtung, den kameral erwirtschafteten Überschuss im nächstmöglichen Haushaltsjahr zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben einzusetzen oder eine teilweise Rückerstattung der Beiträge vorzunehmen. Auch auf das formal-begriffliche Argument, für den Neubeginn des doppischen Systems müsse - da gewissermaßen die Neugründung eines Unternehmens fingiert wird - der Ergebnisvortrag zwangsläufig mit „Null“ angesetzt werden, kann sich die Beklagte vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Verpflichtung zur Verwendung des Überschusses nicht zurückziehen. Denn die Grundsätze des § 3 Abs. 2 IHK-G - die eine Verwendung für die gesetzlichen Aufgaben der Beklagten oder Rückerstattung an die Beitragszahler geboten - konnten mit der bloßen Umstellung der Rechnungslegung nicht außer Kraft gesetzt werden.

42

Nach alledem hätten in dem Erfolgsplan für das Jahr 2007 die Beiträge nicht mit 13.933.900 € in Ansatz gebracht werden dürfen, sondern - um ein neutrales Gesamtergebnis zu erzielen - nur mit 12.183.393 €. Der Beitragsbescheid ist vor diesem Hintergrund in Bezug auf das Jahr 2007 in vollem Umfang aufzuheben, weil es, wie bereits unter 1.d) näher dargelegt, der Vollversammlung der Beklagten obliegt, über die Art und Weise der Reduktion der gestaffelten Beiträge zu entscheiden.

43

3. Im Übrigen - das heißt in Bezug auf die Beiträge für die Jahre 2005 und 2006 - ist die Klage unbegründet. Insoweit ist sie unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts abzuweisen.

44

Das gilt zunächst im Hinblick auf die grundsätzliche Beitragspflicht der Klägerin und die Zwangsmitgliedschaft unter verfassungs- und unionsrechtlichen Gesichtspunkten. Insoweit hat der Senat bereits in früheren Entscheidungen ausgeführt, dass die Zwangsmitgliedschaft in der Industrie- und Handelskammer weder gegen Verfassungsrecht, noch gegen Unionsrecht verstößt (vgl. ausführlich OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10.OVG -, juris Rn. 32 ff.). Hieran wird erneut festgehalten und zur Begründung auf die seinerzeitigen Entscheidungsgründe Bezug genommen.

45

Auch die weiteren Einwände der Klägerin gegen die Höhe der Beiträge greifen nicht durch. Dies gilt insbesondere für die Rüge unzulässiger Rücklagenbildung. Eine gerichtliche Kontrolle der Rücklagenbildung ist im Rahmen der vorliegenden Anfechtungsklage gegen den Beitragsbescheid allenfalls insoweit möglich, als die erhobenen Beiträge kalkulatorisch wenigstens teilweise auf einer geplanten Zuführung zu den Rücklagen beruhen. Denn nach § 3 Abs. 2 Satz 1 IHK-G werden die Kosten der Errichtung und Tätigkeit der Industrie- und Handelskammer nach Maßgabe des Wirtschaftsplans (bis 31.12.2007: des Haushaltsplans) durch Beiträge aufgebracht. Grundlage für die Beurteilung der gerügten Vermögensbildung durch die Beklagte im Hinblick auf den angefochtenen Beitragsbescheid sind daher nicht die Erfolgsrechnungen oder Bilanzen, sondern die Pläne, da allein auf deren Grundlage die Beitragserhebung erfolgt. Damit sind die Kammermitglieder in Bezug auf das sonstige Handeln der Beklagten nicht rechtsschutzlos gestellt. Vielmehr kann ein einzelnes Kammermitglied seinen Anspruch auf Einhaltung der gesetzlich vorgegebenen Grenzen der Kammertätigkeit im Wege einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage geltend machen (vgl. OVG RP, Urteil vom 13. April 2011 - 6 A 11076/10 -, juris Rn. 16 ff.),

46

Nach Maßgabe der Haushalts- bzw. Erfolgspläne war jedoch im gesamten umstrittenen Zeitraum (2005 – 2008) keine Zuführung in die Liquiditätsrücklage geplant. Die Frage der Zulässigkeit der Höhe der Liquiditätsrücklage stellt sich daher im vorliegenden Verfahren nicht, da es insoweit jedenfalls an einer Beschwer der Klägerin durch die Beitragserhebung fehlt. Zudem finden sich - im Unterschied zu der oben unter 1. und 2. dargelegten unterbliebenen Einbeziehung der Gewinne aus den Vorjahren in die Erfolgspläne - in Bezug auf die Liquiditätsrücklage auch keine unzutreffenden Angaben in den der Beitragserhebung zugrunde liegenden Erfolgsplänen.

47

Vor diesem Hintergrund kann offen bleiben, ob sich die Rüge unzulässiger Rücklagenbildung in Bezug auf die Liquiditätsrücklage durch die neue Satzungslage ohnehin prozessual erledigt hat, weil die Liquiditätsrücklage - wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung bekundet hat - bis zum 31.12.2018 abgeschmolzen werden soll.

48

In Bezug auf die von der Klägerin ebenfalls beanstandete Ausgleichsrücklage sah lediglich der Erfolgsplan für das Jahr 2007 eine Zuführung in Höhe von 136.500,-- € vor. Da indessen der angefochtene Bescheid in Bezug auf das Jahr 2007 bereits aus den unter 1.d). dargelegten Gründen der vollständigen Aufhebung unterliegt, kommt es auf die Zulässigkeit dieser geplanten Zuführung zur Ausgleichsrücklage nicht mehr an. Ergänzend weist der Senat aber darauf hin, dass die geplante Höhe der Ausgleichsrücklage für das Jahresende 7.805.500,-- € betrug, sie sich also auf unter 50 % des geplanten Betriebsaufwandes belief (50 % von 16.091.900,-- € = 8.045.950,-- €). Zur Zulässigkeit von Ausgleichsrücklagen in dieser Höhe hat der Senat bereits in einer früheren Entscheidung ausgeführt, der vorgesehene Umfang der Rücklage in Höhe von bis zu 50 % erscheine nicht unangemessen. Denn ein um mehrere Monate verzögerter Beitragseingang sei nicht ungewöhnlich, so dass die entsprechenden Guthaben dazu dienten, in einem solchen Fall kostspielige Kassenkredite zu vermeiden (vgl. OVG RP, Urteil vom 20. September 2010 - 6 A 10282/10.OVG -, juris Rn. 80). An dieser Rechtsprechung hält der Senat auch in Ansehung der Argumente der Klägerin weiter fest.

49

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO.

50

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

51

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil Gründe der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Art nicht vorliegen.

52

Beschluss

53

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 2.169,88 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG).

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.