Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Okt. 2017 - 8 A 213/16
Tatbestand
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Die Klägerin ist Beamtin des Landes Sachsen-Anhalt und begehrt eine weitere Entschädigung nach § 15 Abs. 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wegen ihrer diskriminierenden Besoldung nach dem Lebensalter für den Zeitraum 18.08.2006 bis zum 31.12.2006.
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Unter dem 28.12.2009 (Eingang: 08.01.2010) beantragte sie mit Verweis auf die zwischenzeitlich ergangene Rechtsprechung wegen der Diskriminierung eine Besoldung nach der höchsten Dienst-/Lebensaltersstufe für den noch ausstehenden und nicht verjährten Teil.
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Mit dem streitbefangenen Widerspruchsbescheid vom 28.10.2015 wurde der Klägerin für den Zeitraum vom 01.01.2007 bis zum 31.03.2011 eine Entschädigung in Höhe von 5.100,00 Euro zugesprochen. Für den Zeitraum vom 18.08.2006 bis zum 31.12.2006 sei der Anspruch verjährt. Denn der Antrag vom 28.12.2009 sei am 08.01.2010 bei der Behörde eingegangen, so dass nach der dreijährigen Verjährungsfrist nach § 195 BGB die Ansprüche aus dem Jahr 2006 verjährt seien.
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Dagegen hat der Kläger fristgerecht Klage erhoben und verfolgt ihr Begehren weiter. Der Beklagte könne sich nicht auf Verjährung berufen. Es laufe die zehnjährige Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BGB.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter insoweitiger Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2015 zu verpflichten, der Klägerin eine weitere Entschädigung für den Zeitraum ab dem 18.08.2006 bis zum 31.12.2006 zu bewilligen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen
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und verteidigt die im Bescheid vertretene Rechtsauffassung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin steht der begehrte - weitere - Entschädigungsanspruch nach §§ 15 Abs. 2, 24 Nr. 1 AGG wegen altersdiskriminierender Besoldung für den Zeitraum 18.08.2006 bis 31.12.2006 zu (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn sie hat die zur Durchsetzung des Anspruchs nach § 15 Abs. 4 AGG zwingend notwendige Frist von zwei Monaten eingehalten; der Anspruch ist nicht verjährt.
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1.) Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Klägerin die materiell-rechtliche Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 AGG zur Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs nach §§ 15 Abs. 2, 24 Nr. 1 AGG durch ihren Antrag vom 28.12.2009 eingehalten hat (vgl. zu den Voraussetzungen der Antragsfrist nur: VG Magdeburg, Urteile v. 26.10.2017, 8 A 209/16 MD und 8 A 387/16 MD; juris gemeldet). Allein streitentscheidend ist, ob der Beklagte sich für den Zeitraum vom 18.08.2006 (Inkrafttreten des AGG) bis zum 31.12.2006 wegen des Eingangs des Antrages am 08.01.2010 auf die dreijährige Verjährungsfrist nach § 195 BGB berufen kann.
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a.) Das erkennende Gericht folgt nicht der Rechtsauffassung des VG Halle (Urteil v. 14.04.2016, 5 A 38/15 HAL; juris), wonach die dreijährige (beamtenrechtliche) Verjährungsfrist nach § 195 BGB für Schadensersatzansprüche nach dem AGG generell nicht gelte. Vielmehr ist die Kammer der Meinung, dass sich der Beginn der Verjährungsfrist nach § 195 BGB in den vorliegenden Fällen der Entschädigung wegen Altersdiskriminierung aufgrund eines am Alter orientierten Besoldungssystems nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB richtet (so auch: OVG Saarland, Urteil v. 15.07.2015, 1 A 355/13; Beschluss v. 08.07.2016; 1 A 119/15; mit Verweis auf BVerwG, Beschluss v. 20.12.2010, 2 B 44.10; alle juris). Danach ist auch bei einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage, die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ausnahmsweise wegen der Rechtsunkenntnis des Gläubigers hinausgeschoben, sodass die Verjährungsfrist auch erst mit der objektiven – höchstrichterlichen – Klärung der Rechtslage zu laufen beginnt.
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b.) Demnach gilt auch hier als entscheidungserhebliches Datum die Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennigs und Mai am 08.09.2011. Erst ab diesem Zeitpunkt bestanden "die den Anspruch begründenden Umstände" nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Klägerin hat zuvor nicht das Vorliegen der anspruchsbegründenden Umstände grob fahrlässig verkannt. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die Unkenntnis des Gläubigers auf einer besonders schweren Vernachlässigung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt beruht, und ist zu bejahen, wenn sich dem Gläubiger die den Anspruch begründenden Umstände förmlich aufdrängen (Ellenberger in: Palandt, BGB, 69. Aufl., § 199 Rz. 36). Bis zur höchstrichterlichen Klärung durch den EuGH waren die Fragen der Diskriminierung durch ein am Lebensalter orientiertes Entlohnungs- und Besoldungssystem weder in der Gesellschaft noch der Rechtswirklichkeit ernsthaft geklärt gewesen.
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Die Kammer hat in den Parallelentscheidungen vom Sitzungstag am 26.10.2017 (8 A 209/16 MD; 8 A 387/16 MD) zur Problematik der „Klärung der Rechtsfrage“ ausgeführt:
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„In der Rechtsprechung ist höchstrichterlich geklärt, dass (erst – aber auch bereits) mit der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2011 feststand, dass ein am Lebensalter orientiertes Besoldungssystem diskriminierend ist. Das Bundesverwaltungsgericht geht davon (nunmehr) in ständiger Rechtsprechung (vgl. nur Urteil v. 30.10.2014, 2 C 6.13; Urteil v. 20.05.2015, 2 A 9.13; alle juris) aus. In dem Urteil vom 06.04.2017 (2 C 20.15; juris) heißt es:
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"Ist, wie hier in Bezug auf die Vereinbarkeit der §§ 27 und 28 BBesG a.F. mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG, eine Rechtslage unsicher und unklar, beginnt die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch eine höchstrichterliche Entscheidung (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234Rn. 51 ff.).
In seinen bisherigen Urteilen ist der Senat davon ausgegangen, dass insoweit die in der Verfahrensordnung des Gerichtshofs vorgeschriebene Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 (C-297/10 und C-298/10) maßgeblich ist (BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 - BVerwGE 150, 234Rn. 51 ff., - 2 C 3.13 - Buchholz 245 LandesBesR Nr. 8 Rn. 53 und vom 20. Mai 2015 - 2 A 9.13 - juris Rn. 13). Hieran hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest.
Bei einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage beginnt der Lauf der Ausschlussfrist zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist (BAG, Urteil vom 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 - juris Rn. 61; BGH, Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547Rn. 15 zu dem gleich behandelten Fall des Beginns der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB). Dies setzt nicht voraus, dass sämtliche denkbaren Zweifelsfragen restlos höchstrichterlich geklärt sind. Es reicht aus, wenn infolge einer höchstrichterlichen Entscheidung die Erhebung der Klage für den Betroffenen zumutbar ist."
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b.) Der gegen diese Fristbestimmung stetig wiederholten Kritik, wonach der jeweilige Beamte oder gar die gesamte Beamtenschaft von der Entscheidung keine hinreichende tatsächliche Kenntnis erlangt habe und zudem die Übertragbarkeit dieser zum arbeitsrechtlichen Besoldungssystem ergangenen Entscheidung auf das beamtenrechtliche Besoldungssystem nicht erkennbar und zudem sogar streitig gewesen sei, ist entgegenzuhalten, dass es auf diese verlangte positive Kenntnis von der objektiven Klärung der Rechtslage beim einzelnen Beamten gerade nicht mehr ankommt. Auch dies ist in der Rechtsprechung hinlänglich geklärt. Das Bundesverwaltungsgericht führt dazu in dem Urteil vom 06.04.2017 (2 C 20.15; juris) aus:
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"Der Gerichtshof der Europäischen Union selbst geht davon aus, dass in seinem Urteil in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 den Mitgliedstaaten der Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG in Bezug auf ein mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem verdeutlicht worden ist (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12, Specht - NVwZ 2014, 1294Rn. 104). Dass auch nach dem genannten Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union einzelne Verwaltungsgerichte nach wie vor eine diskriminierende Wirkung des geltenden Besoldungssystems verneint bzw. deswegen den Gerichtshof um eine Vorabentscheidung ersucht haben (vgl. den Vorlagebeschluss des VG Berlin vom 12. Dezember 2012 - 7 K 156.10 - juris Rn. 93 ff. m.w.N.) und eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts noch nicht vorlag, ändert daran nichts. Entscheidend ist, dass mit dem Urteil in Sachen Hennigs und Mai die erforderliche höchstrichterliche Klärung ("Verdeutlichung") durch den Gerichtshof der Europäischen Union selbst vorlag, nämlich dass ein mit §§ 27, 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem unionsrechtswidrig ist. Damit war es den Betroffenen zumutbar, ihre daraus folgenden Ansprüche im Klagewege geltend zu machen. Dass seinerzeit in der besagten Entscheidung vom 8. September 2011 die maßgebliche (hinreichende) Klärung der Rechtslage gesehen wurde, wird auch dadurch augenfällig belegt, dass - wie dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist - im Nachgang zu dieser Entscheidung mehrere Berufsverbände und Interessenvertretungen ihre Mitglieder durch vorformulierte "Musteranträge" unterstützt und sie aufgefordert haben, unter ausdrücklichem Hinweis auf die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union ihre Ansprüche geltend zu machen."
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Anders gewendet: Die in § 1 AGG aufgeführten Benachteiligungen müssen in der Person des Betroffenen vorliegen. Demnach ist bereits davon auszugehen, dass der Betroffene selbst um seine Diskriminierung, etwa wegen der Rasse, der ethnischen Herkunft, des Geschlechtes, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, der sexuellen Identität oder eben des Alters weiß. In diesen Fällen bedarf es in der Regel keiner richterlichen Klärung einer unsicheren Rechtslage. Die Anspruchsfrist läuft mit der Kenntniserlangung der erfolgten persönlichen Diskriminierung (§ 15 Abs. 2 Satz 2 AGG). Anders aber, wenn der diskriminierende Anknüpfungspunkt nicht oder weniger in der Person des Betroffenen sondern in einem gleichsam für alle Betroffenen geltenden Bezugssystem, wie vorliegend der Besoldung nach Lebensjahren, liegt. Ein solches besoldungsrechtliches Bezugssystem war in der Gesellschaft und der Rechtswirklichkeit jahrzehntelang anerkannt, ohne dass dies als Benachteiligung wahrgenommen wurde. Dann beginnt die Anspruchsfrist nicht bereits ab der möglichen individuellen Kenntniserlangung von der Benachteiligung - welche in dem Zeitpunkt der erstmaligen Besoldung nach dem System und dem Inkrafttreten des AGG am 18.08.2006 liegen könnte -, sondern erst ab dem Zeitpunkt, zu dem die Rechtsprechung sich einer solchen Diskriminierung der gesamten danach Entlohnten oder Besoldeten angenommen hat. Bei solchen nicht mehr individualisierten sondern die ganze Gruppe der Entlohnungs- und Besoldungsempfänger betreffenden Diskriminierungen, ist es gerechtfertigt, nicht auf die individuelle positive Kenntniserlangung des Einzelnen abzustellen, sondern die höchstrichterliche Klärung für die gesamte Gruppe als notwendig aber auch ausreichend anzusehen. Denn Zweck der Frist nach § 15 Abs. 4 AGG ist es, innerhalb einer kurzen Zeitspanne Rechtsicherheit und Rechtsklarheit herbeizuführen.
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Mit der Verkündung des Urteils des EuGH am 08.09.2011 war geklärt, dass jedwedes am Lebensalter anknüpfende Besoldungssystem unionsrechtswidrig ist. Die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die Verknüpfung der Besoldung mit dem Lebensalter, gelten damit als bekannt im Sinne von 15 Abs. 2 AGG. Dass dem jeweiligen Angehörigen einer solch diskriminierten Gruppe die Entscheidung tatsächlich bekannt ist und/oder die zutreffenden rechtlichen Schlüsse für sich daraus zieht, ist nicht erforderlich. Entscheidend ist, dass es damit jedem Angehörigen einer solchen Gruppe zumutbar war, seine individuellen Ansprüche ab dem Zeitpunkt geltend zu machen. Derjenige, der bei zunächst unklarer, aber später geklärter Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen fortdauernder Rechtsunkenntnis aber keine fristhemmenden Maßnahmen ergreift, darf nicht anders behandelt werden als derjenige, der von Anfang an bei klarer Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen Rechtsunkenntnis aber keine Klage erhebt. In diesen Fällen wird der Fristbeginn durch die Rechtsunkenntnis ebenfalls nicht hinausgeschoben (Hess.VGH, Urteil v. 15.09.2015, 1 A 861/15: Urteil v. 11.05.2016, 1 A 1926/15; juris).
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Demnach ist für die Fristbestimmung auch nicht entscheidend, dass das Urteil des EuGH vom 08.09.2011 erst am 22.10.2011 im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde und in den Fachzeitschriften, etwa der NJW im Februar 2012 erschien (vgl. ausführlich: VG Münster, Urteil v. 01.10.2015, 4 K 433/13, juris). Im Übrigen liegen die Urteile des EuGH - anders als dies bei den deutschen Gerichten üblich ist - bereits am Tage ihrer Verkündung mit den vollständigen Gründe vor und stehen im Internet bereit. Damit ist jedenfalls für Urteile des EuGH sichergestellt, dass das interessierte Rechtspublikum sie bereits am Tage der Verkündung vollumfänglich zur Kenntnis nehmen kann (OVG NRW, Urteil v. 20.01.2016, 1 A 1432/13; juris; VG Magdeburg, Urteil v. 07.06.2016, 5 A 103/15 MD; n. v.). So ist auch dem Internet zu entnehmen, dass das besagte Urteil ab dem 08.09.2011 in entsprechenden Foren diskutiert wurde (vgl. nur: beck-aktuell), was aber nicht einmal maßgeblich ist.
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Stellte man auf die tatsächliche Kenntnis des einzelnen Beamten von der höchstrichterlichen Entscheidung ab, würde die Frist entgegen ihrem Zweck zu jeweils individuellen Zeitspannen und damit zu maximaler Rechtsunsicherheit führen (VG München, Urteil v. 24.07.2017, M 21 K 15.5318 zum gleichlautenden § 12 Abs. 3 SoldGG; juris). Die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Auch wenn die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG im Falle der individuellen Benachteiligung den Dienstherrn als Verantwortlichen anhalten soll, die behauptete Diskriminierung zu klären und abzustellen oder Beweise zu sichern und Rücklagen zu bilden (vgl. Gesetzesbegründung: BT-Drs. 16/1780; s. 38; BVerwG, Urteil v. 30.10.2014, 2 C 6.13; juris), so gilt dies auch vorliegend im Fall der Benachteiligung der gesamten Beamtenschaft aufgrund des diskriminierenden Besoldungssystems. Denn erst durch die Antragstellung wird der Dienstherr über den individuellen Anspruch in Kenntnis gesetzt und vermag das Ausmaß der Entschädigung zu überblicken, was jedenfalls für die Rücklagenbildung notwendig erscheint. Gleiches gilt für ein Abstellen auf den Zeitpunkt der erstmaligen nationalen deutschen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts am 30.10.2014 (2 C 6.13; juris). Denn eine solch weite Zeitspanne würde dem gesetzlichen Erfordernis der individuellen Geltendmachung durch Antrag und damit der Effektivität der Ausschlussfrist entgegenstehen; dann wäre gleichsam für alle Betroffenen der Gruppe ohne Antrag Entschädigung zu gewähren.
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c.) Der damit entscheidenden Möglichkeit der Kenntniserlangung von der höchstrichterlichen Klärung der umstrittenen Rechtsfrage der Diskriminierung eines am Lebensalter ausgerichteten Besoldungssystems stehen auch nicht die in der mündlichen Verhandlung erörterten und in anderer Sache vorgelegten Rundschreiben des Bundesministeriums des Inneren vom 27.01.2012 und vom 23.03.2012 entgegen. Mögen diese auch die von diesem Ministerium geäußerte und vertretene Rechtsansicht zur fehlenden Übertragbarkeit der zum arbeitsrechtlichen Tarifsystem ergangenen Entscheidung auf das beamtenrechtliche Besoldungssystem bekunden, kommt es darauf gleichsam nicht an. Denn zum einen waren diese rechtlichen Schlussfolgerungen rechtsfehlerhaft und zum anderen mag das Ministerium diese für sie günstige Rechtsauffassung zur Vermeidung von Ansprüchen auch vertreten dürfen. Daran ändert nichts, dass es für den einzelnen Beamten zumutbar gewesen wäre, seine von ihm vertretenen Ansprüche geltend zu machen; eine vollständige Risikolosigkeit war nicht erforderlich.
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Darüber hinaus ist nicht erkennbar, welche Rechte der Kläger als Landesbeamter von einer solchen Stellungnahme des Bundesministeriums herleiten sollte. Dass auch entsprechende Verlautbarungen des Dienstherrn ergangen sind, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Ein Vertrauenstatbestand des Dienstherrn, sich entgegen von Treu und Glauben auf die Ausschlussfrist zu berufen, konnte damit nicht verbunden sein.
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Schließlich sind die Erklärungen im Jahre 2012 und damit nach dem Fristablauf am 08.11.2011 ergangen. Es ist damit rechtlich nicht möglich, die bereits erloschenen Entschädigungsansprüche wieder aufleben zu lassen (vgl.: VG Hannover, Urteil v. 07.07.2017, 13 A 2870/15; juris).
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d.) Die beamtenrechtliche Fürsorgeplicht nach § 45 BeamtStG ist nicht verletzt. Aufgrund der allgemeinen Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) ist der Dienstherr grundsätzlich nicht gehalten, seine Beamten generell und ohne Weiteres über sämtliche für ihre Rechtsstellung bedeutsamen Vorschriften zu belehren. Demgemäß gebietet die Fürsorgepflicht dem Dienstherrn grundsätzlich auch nicht, seine Beamten von sich aus auf für sie eventuell in Betracht kommende Möglichkeiten einer Antragstellung hinzuweisen. Abweichend von diesem Grundsatz können besondere Fallgestaltungen eine Belehrungspflicht auslösen. Als solche hat das Bundesverwaltungsgericht lediglich die ausdrückliche Bitte des Beamten um eine Auskunft, ferner den vom Dienstherrn erkannten oder erkennbaren Irrtum des Beamten in einem bedeutsamen Punkt sowie eine bestehende allgemeine Praxis, die Beamten über einschlägige Rechtsvorschriften zu belehren, anerkannt (vgl. zum Ganzen nur: BVerwG, Beschluss v. 27.12.2016, 2 B 3.16 m. w. Nachw.; juris).
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Eine solche sondergesetzliche Informationspflicht bzw. eine entsprechende Verwaltungspraxis ist nicht erkennbar (vgl. VG Münster, Urteil v. 01.10.2015, 4 K 433/13; juris). Es ist Sache des jeweiligen Beamten, sich hinsichtlich der ihm – möglicherweise – zustehenden Schadensersatzansprüche wegen Diskriminierung zu bemühen. Auch hier knüpft wieder der Rechtsgedanke an, dass derjenige welcher sich diskriminiert fühlt selbst innerhalb der kurzen Frist nach § 15 Abs. 4 AGG um die Geltendmachung kümmern muss und nicht erst von anderen Personen, Gerichten oder dem Dienstherrn auf die Diskriminierung hingewiesen werden muss.
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e.) Schließlich kann auch der Antrag vom 12.12.2008 auf amtsangemessene Alimentation nicht in einen - fristgerechten - Antrag auf Entschädigung nach § 15 Abs. 4 AGG umgedeutet werden. Die Themenbereiche einer "amtsangemessenen, verfassungsgemäßen Besoldung" und die einer "besoldungsrechtlichen Diskriminierung" umfassen bereits vom Lebenssachverhalt her verschiedene Anknüpfungspunkte. Während bei der amtsangemessenen, verfassungsgemäßen Besoldung die absolute Höhe des beamtenrechtlichen Salärs sowie dessen Verhältnis zur allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung gerügt wird, beinhaltet ein Antrag auf Entschädigung den Vortrag einer Diskriminierung. Für Ansprüche nach dem AGG (§ 15 Abs. 4 AGG) ist zwingend erforderlich, dass der Beamte deutlich macht, dass er sich auf einen Verstoß wegen diskriminierender Besoldung (Altersdiskriminierung) beruft. Er muss zwar nicht zwingend eine Anspruchsgrundlage angeben, allerdings muss eindeutig sein, auf welchen konkreten Sachverhalt er sich stützt, damit der Dienstherr adäquat reagieren kann (vgl.: OVG NRW, Urteil v. 24.05.2017,1 A 2493/15; VG Trier, Urteil v. 03.03.2015, 1 K 2015/14.TR; VG Aachen, Urteil v. 16.06.2015, 1 K 1462/13; alle juris).
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Vorliegend hat der Kläger mit seinem Antrag vom 12.12.2008 eindeutig eine "amtsangemessene Alimentation" mit Verweis auf den Beschluss des VG Braunschweig vom 09.09.2008 (7 A 357/05; juris) begehrt. Erst mit Schreiben vom 03.11.2011 hat er sich auf die diskriminierende Besoldung bezogen. Dementsprechend bleibt es vorliegend bei der Problematik des vom Bundesverwaltungsgericht gesetzten Fristenablaufs am 08.11.2011.
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Auch eine modifizierte Anwendung der Besoldungsregeln dergestalt, dass dem Kläger rückwirkend ein Betrag in Höhe des Unterschieds seiner tatsächlichen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe gezahlt wird, scheidet sowohl nach der Rechtsprechung des EuGH als auch nach der des Bundesverwaltungsgerichts aus (EuGH, a.a.O.; BVerwG, Urteil v. 30.10.2014, 2 C 6.13; juris).
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f.) Das Gericht schließt sich damit der – soweit durch Veröffentlichungen erkennbaren – absolut herrschenden Meinung an (vgl. nur jeweils m. w. Nachw.: BVerwG a. a. O; BAG a. a. O. ; BGH a. a. O.; OVG Lüneburg, Beschluss v. 04.07.2017, 5 LA 194/15; VG München, Urteil v. 24.07.2017, M 21 K 15.5318; VG Hannover, Urteil v. 07.07.2017, 13 A 2870/15; VG Aachen, Urteil v. 12.10.2015, 1 K 1115/13; alle juris).“
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2.) Aufgrund dessen kann eine Verjährung nach §§ 195, 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB für die im Jahr 2006 entstandenen Entschädigungsansprüche nicht angenommen werden.
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Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil v. 30.10.2014, 2 C 6.13; juris) ist als Ausgleich für die Benachteiligung wegen des Lebensalters ein Pauschalbetrag von 100 Euro/Monat angemessen im Sinne von §§ 15 Abs. 2, 24 Nr. 1 AGG. Daraus ergibt sich der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch in Höhe von 450,00 Euro.
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3.) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert beruht auf § 52 Abs. 1 GKG nach den klägerischen Angaben.
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 26. Okt. 2017 - 8 A 213/16 zitiert oder wird zitiert von 8 Urteil(en).
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
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der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
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ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).
(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für
- 1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes, - 2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie - 3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.
(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.
(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.
(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.
(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.
(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.
(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.
(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:
- 1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind, - 2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit, - 3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde, - 4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
- 1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten), - 2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).
(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:
- 1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und - 2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.
(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:
- 1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4, - 2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, - 3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen, - 4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und - 5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.
(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Tenor
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Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 17. November 2010 - 1 Sa 23/10 - wird zurückgewiesen.
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Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund einer Behinderung bei einer Bewerbung auf eine vom beklagten Land ausgeschriebene Stelle.
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Der Kläger ist schwerbehindert. Er verfügt über Ausbildungen zum Lehrer für Grund- und Hauptschulen sowie zum Dipl.-Pädagogen. Der Kläger ist Mitglied der GEW.
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Das beklagte Land ließ im Juni 2008 über die Bundesagentur für Arbeit zwei Stellen für Lehrkräfte an der Justizvollzugsanstalt O ausschreiben. In dieser Ausschreibung heißt es ua.:
-
„Für unser Team, das sich multiprofessionell aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes und der Fachdienste (Sozialarbeiter, Pädagogen, Psychologen, Seelsorger) zusammensetzt, besetzen wir alsbald zwei Stellen für
Lehrerinnen bzw. Lehrer.
Das Aufgabengebiet beinhaltet primär die Erteilung von Unterricht zur Vorbereitung von Gefangenen auf den Erwerb des Hauptschulabschlusses - insbesondere in den Fächern Deutsch, Mathematik, Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde. Je nach Bedarf umfasst der Tätigkeitsbereich auch die intensive pädagogische Betreuung von Inhaftierten im Bereich der Elementarbildung. Dabei beschränken sich die Aufgaben nicht auf die reine Vermittlung von schulischen Lerninhalten, sondern eröffnen vielfältige Möglichkeiten individueller pädagogisch-kreativer Behandlungs- und Förderangebote. Insofern wären auch Erfahrungen im künstlerisch-gestalterischen Bereich von Vorteil.
Erforderlich sind Teamfähigkeit sowie die Bereitschaft zur Mitarbeit in Behandlungsgruppen und bei der Vollzugsplanung. Zudem wäre eine sonderpädagogische Zusatzausbildung oder Erfahrung in der Arbeit mit verhaltensauffälligen Jugendlichen wünschenswert. Die Teilnahme an Fortbildungen wird erwartet und unterstützt.
Es handelt sich um eine Vollzeitbeschäftigung. Die Stellen sind vorerst auf 2 Jahre befristet. Eine unbefristete Weiterbeschäftigung ist bei Bewährung möglich. Die Eingruppierung erfolgt je nach Qualifikation bis höchstens Entgeltgruppe 13 TV-L.
…
WIR SUCHEN
Bildungsabschluss
Wissenschaftliche Hochschule/Universität
Mobilität
Reisebereitschaft: nicht erforderlich
…
Kenntnisse und Fertigkeiten
Unterricht (schulischer Bereich): zwingend erforderlich“
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Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 11. Juli 2008 um eine dieser Stellen. Sein Bewerbungsschreiben enthielt den Hinweis:
-
„Ich bin zwar schwerbehindert (60 %), dies beeinträchtigt meine Leistungsfähigkeit aber nicht.“
-
Unter dem 29. August 2008 teilte das zuständige Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales des beklagten Landes dem Kläger schriftlich mit:
-
„Ihre Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle eines Lehrers/einer Lehrerin in der Justizvollzugsanstalt O
Sehr geehrter Herr G,
nach Abschluss des Auswahlverfahrens muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie für eine Einstellung nicht berücksichtigt werden konnten. Die Auswahlkommission hat einer anderen Bewerbung den Vorzug gegeben.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Mitteilung machen zu können. Ihre Bewerbungsunterlagen reiche ich in der Anlage zurück.
Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute.“
- 6
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Das Schreiben ging dem Kläger am 2. September 2008 zu. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 meldete der Kläger Schadensersatzansprüche/Entschädigungsleistungen wegen Benachteiligung bei der Einstellung an, da er vom beklagten Land als Schwerbehinderter nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Dieses Schreiben ging dem beklagten Land am 4. November 2008 zu. Unter Hinweis auf die gesetzliche Frist zur Geltendmachung sah das beklagte Land unter dem 19. November 2008 von einer weiteren Stellungnahme ab.
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-
Der Kläger meint, das beklagte Land habe ihn unter Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Auch habe es ihm keine Gründe für die Ablehnung seiner Bewerbung mitgeteilt und seine weiteren Verpflichtungen aus § 81 und § 82 SGB IX nicht erfüllt. Daraus und aus anderen Gesichtspunkten ergebe sich die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei. Da nach dem für die in Aussicht genommene Stelle geltenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TV-L) für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine sechsmonatige Ausschlussfrist gelte (§ 37 TV-L) und weil die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG gegen Europarecht verstoße, habe er seine Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht.
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Die Entschädigung müsse mindestens 6.450,00 Euro betragen.
-
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
-
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
- 10
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Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag im Wesentlichen darauf gestützt, dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch schon habe unterbleiben können, da das Anschreiben des Klägers farblos gewesen sei. Der Kläger sei seit 1979 in der Erwachsenenbildung und nicht an Schulen tätig. Auch die gewünschte sonderpädagogische Zusatzausbildung oder Erfahrung in der Arbeit mit verhaltensauffälligen Jugendlichen habe der Kläger nicht vorweisen können. In jedem Fall scheiterten Entschädigungsansprüche an der wirksamen Frist des § 15 Abs. 4 AGG, die der Kläger nicht eingehalten habe.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Entschädigungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ein ihm möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist verfallen.
- 13
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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein etwaiger Entschädigungsanspruch des Klägers sei nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen, weil sein Geltendmachungsschreiben erst am 4. November 2008 beim beklagten Land und damit nicht innerhalb von zwei Monaten nach Kenntniserlangung von seiner Benachteiligung eingegangen sei. Die Ausschlussfrist habe mit dem Zugang der Ablehnung begonnen, da der Kläger in diesem Zeitpunkt gewusst habe, dass er bei der Stellenbesetzung nicht zum Zuge gekommen sei und entgegen der bestehenden Verpflichtung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Darauf habe der Kläger in seinem Geltendmachungsschreiben ausdrücklich selbst hingewiesen. Eine ausreichende Kenntnis iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG habe beim Kläger mit Zugang des Ablehnungsschreibens vorgelegen. Es sei nicht erforderlich, dass sich die Beklagte zu weiteren Indizien einer Benachteiligung eingelassen habe, weil der Kläger für den Beginn der Frist nicht Kenntnis von allen Tatsachen haben musste, welche die Vermutung einer Benachteiligung begründen konnten. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstoße auch in Ansehung von § 37 TV-L nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Soweit der Kläger auch Ansprüche wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts anklingen lasse, habe er deren Voraussetzungen nicht schlüssig dargelegt.
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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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Ein etwaiger Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG ist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).
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I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG), nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger in seinem Revisionsantrag das Wort „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere verlangt der Kläger ausdrücklich eine der Höhe nach ins Ermessen des Gerichts gestellte „Entschädigung“ und keinen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum.
- 17
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II. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 6.450,00 Euro beziffert.
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III. Die Klage ist unbegründet.
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1. Einen Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX auf eine angemessene Entschädigung in Geld kann der Kläger, unabhängig von seinem Bestehen, allein deshalb nicht mit Erfolg verfolgen, weil er den von ihm behaupteten Anspruch nicht innerhalb der in § 15 Abs. 4 AGG bestimmten Frist geltend gemacht hat und der Anspruch daher verfallen ist.
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a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.
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b) Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).
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c) Der Kläger hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50 Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).
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d) Anstelle der nach § 15 Abs. 4 AGG geltenden zweimonatigen Frist ist nicht die längere Frist des § 37 TV-L einschlägig. § 37 Abs. 1 TV-L sieht für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vor. Diese tarifliche Ausschlussfrist ist aber nicht auf einen Entschädigungsanspruch eines Stellenbewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG anzuwenden.
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Im Falle eines behaupteten Entschädigungsanspruchs eines erfolglosen Bewerbers kommt es für die Ausschlussfrist nicht auf die für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im angestrebten Arbeitsverhältnis, dh. auf die Frist für Schadensersatzansprüche bei unterstelltem Vertragsabschluss, an.
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Voraussetzung dafür, dass nach der in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zugelassenen abweichenden Regelung eines Tarifvertrags die tarifvertragliche Ausschlussfrist zur Anwendung kommt, ist, dass der Tarifvertrag durch beiderseitige Tarifgebundenheit Geltung entfaltet und die tarifvertragliche Ausschlussfrist den Anspruch erfasst. Die normative und zwingende Wirkung eines Tarifvertrags erfordert nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG neben der Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt.
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In § 1 TV-L haben die Tarifvertragsparteien den persönlichen Geltungsbereich des TV-L geregelt. Danach gilt der TV-L für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedverbandes der TdL ist. Damit haben die Tarifvertragsparteien den persönlichen Geltungsbereich auf bestehende Arbeitsverhältnisse festgelegt. Kommt es mangels Vertragsabschlusses nicht zu einem Arbeitsverhältnis, findet der TV-L keine Anwendung.
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e) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.
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aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.
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bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).
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cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung infolge einer Diskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart(vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092; Jacobs RdA 2009, 193, 200; im Ergebnis auch: Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 2. Aufl. Rn. 102; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 51; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 101; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 46; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 101a; aA Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 189 f.; Fischinger NZA 2010, 1048, 1051; v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 104a; ders. jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 56).
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Die Wahrung des Grundsatzes der Äquivalenz setzt voraus, dass die streitige Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Daraus folgt aber nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, dass der nationale Gesetzgeber verpflichtet wäre, die günstigste innerstaatliche Regelung auf alle Klagen zu erstrecken, die im Bereich des Arbeitsrechts erhoben werden (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] aaO). Das nationale Gericht hat vielmehr objektiv und abstrakt unter Berücksichtigung der Stellung der Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen, ob eine nach Gegenstand, Rechtsgrund und den wesentlichen Merkmalen vergleichbare, nach den Verfahrensmodalitäten günstigere Klage besteht (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] aaO).
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Nach diesen Maßstäben ist die Klage eines erfolglosen Stellenbewerbers auf eine angemessene Entschädigung, dh. auf Ersatz eines Nichtvermögensschadens, infolge einer Diskriminierung weder vergleichbar mit Bestandsschutzklagen nach dem Kündigungsschutzgesetz oder dem Teilzeit- und Befristungsgesetz noch mit Klagen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen oder mit Klagen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auf eine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Nach nationalem Recht bestand kein dem Entschädigungsanspruch des AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG oder vergleichbare Merkmale. Daher war der deutsche Gesetzgeber nicht nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit daran gehindert, vom Verjährungsrecht abweichende Ausschlussfristen einzuführen.
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Bereits mit Urteil vom 24. September 2009 (- 8 AZR 705/08 - AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1) hat der Senat die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 4 AGG für Entschädigungsansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit bestätigt und zum Vergleich die § 4 Satz 1, § 12 Satz 1 KSchG, § 17 Satz 1 TzBfG, § 626 Abs. 2 BGB, § 22 Abs. 4 BBiG und § 9 Abs. 1 MuSchG herangezogen. Besteht mangels Vertragsabschlusses jedoch kein Arbeitsverhältnis, sind die zur Verwirklichung des Bestandsschutzes vorgesehenen Feststellungsklagen des deutschen Arbeitsrechts (§§ 4, 9 KSchG, § 17 TzBfG, § 256 ZPO) mit einer Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG zum Ausgleich des Nichtvermögensschadens, wegen einer Diskriminierung im Stellenbesetzungsverfahren nicht vergleichbar(vgl. Fischinger NZA 2010, 1048, 1050; Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 190; v. Roetteken jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1).
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Soweit in der Literatur Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, welche regelmäßig in drei Jahren verjähren(§ 195 BGB), als mit § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, günstigere Ansprüche betrachtet werden(vgl. Gotthardt ZTR 2000, 448, 450 zu § 611a Abs. 4 BGB aF; Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 190), ist dem nicht zu folgen.
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Bei der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen handelt es sich um keinen typisch arbeitsrechtlichen Anspruch, sondern um die Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgedankens. Mit § 311 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung die culpa-in-contrahendo-Haftung normiert, die als Haftung für in Anspruch genommenes, enttäuschtes Vertrauen seit Langem anerkannt war. Die Fallgruppen der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB sind im Hinblick auf eine Vielzahl von Schutzpflichten sehr vielgestaltig und reichen bspw. von dem Abbruch von Vertragsverhandlungen (vgl. BGH 29. März 1996 - V ZR 332/94 - NJW 1996, 1884), der Verletzung von Aufklärungspflichten, wie der unrichtigen Information über wertbildende Merkmale beim Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen (vgl. BGH 4. April 2001 - VIII ZR 32/00 - NJW 2001, 2163) oder der unterlassenen Aufklärung in Arbeitsvertragsverhandlungen über einen konkret ins Auge gefassten bevorstehenden Personalabbau (vgl. BAG 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1), bis hin zur Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (vgl. MüKoBGB/Emmerich 6. Aufl. § 311 BGB Rn. 63 ff.). Im Hinblick auf den in § 311 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken und die vielfältigen Fallgestaltungen der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB fehlt auch eine von der allgemeinen Verjährungsvorschrift abweichende Regelung; es gilt im Grundsatz die Regelverjährung des § 195 BGB(vgl. Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 195 BGB Rn. 4).
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§ 15 Abs. 2 AGG vermittelt dem erfolglosen Stellenbewerber demgegenüber einen Entschädigungsanspruch, wenn der Arbeitgeber im Stellenbesetzungsverfahren gegen das Benachteiligungsverbot(§ 7 Abs. 1 AGG) verstoßen hat. Nach § 7 Abs. 3 AGG ist eine Benachteiligung nach § 7 Abs. 1 AGG durch Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten. Hiermit am ehesten vergleichbar ist eine culpa-in-contrahendo-Haftung des Arbeitgebers (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) bei Abbruch der Vertragsverhandlungen, da beide Ansprüche an Pflichtverletzungen im Vorfeld der Begründung eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen (hierauf abstellend: Gotthardt ZTR 2000, 448, 450) und es zu keinem Vertragsabschluss kommt. Insoweit besteht ein vergleichbarer Rechtsgrund der Ansprüche.
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Allerdings sind Ansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB und solche aus § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1 AGG schon hinsichtlich ihres Gegenstandes nicht vergleichbar.
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Bei der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ist nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB der Geschädigte grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 1 BGB. Dem bei Vertragsverhandlungen Geschädigten steht ein Anspruch auf materiellen Schadensersatz zu. In der Fallgruppe des Abbruchs von Vertragsverhandlungen umfasst dieser grundsätzlich nur das negative Interesse, nicht aber das positive Interesse, da dies auf einen Kontrahierungszwang aus culpa-in-contrahendo hinausliefe (vgl. BGH 18. Juli 2001 - XII ZR 183/98 - NJW-RR 2001, 1524; MüKoBGB/Emmerich 5. Aufl. § 311 BGB Rn. 225; Bamberger/Roth/Unberath BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 280 Rn. 60). Der Schaden besteht daher in den nutzlosen Aufwendungen (vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 311 BGB Rn. 55), wie sie der BGH bspw. in Um- und Rückbaukosten erkannt hat (vgl. BGH 22. Februar 2006 - XII ZR 48/03 - NJW 2006, 1963). Nur bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung kann wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden, § 253 Abs. 2 BGB. § 253 Abs. 2 BGB gewährt keinen Ausgleichsanspruch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 14/7752 S. 24, 25; MüKoBGB/Oetker 6. Aufl. § 253 BGB Rn. 27). Ein Anspruch bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann sich daher nur aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG ergeben(vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 253 BGB Rn. 10).
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Nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Arbeitgeber dem Bewerber immaterielle Schäden zu ersetzten, wenn er diesen im Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt. Die Entschädigung wird ausschließlich für immaterielle Schäden gewährt, die regelmäßig bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus den in § 1 AGG genannten Gründen vorliegen, wobei § 15 Abs. 2 AGG die im Verhältnis zu § 253 Abs. 1 BGB speziellere Norm ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Darauf, dass das Persönlichkeitsrecht verletzt ist, kommt es für die Ausgleichspflicht nicht an. Vielmehr ordnet der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 AGG stets einen Ausgleich bei Beeinträchtigung des Inklusionsinteresses in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG an(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 33). Das Vorhandensein eines immateriellen Schadens wird bei einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermutet(vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 7). Mit der Regelung in § 15 Abs. 2 AGG hat sich der Gesetzgeber für Ersatzleistungen an das Diskriminierungsopfer als Rechtsfolge entschieden und verfolgt das Ziel, mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des EuGH(vgl. insb. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Slg. 1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12), eine wirksame und verschuldensunabhängige Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber vorzusehen (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen Art und Schwere der Benachteiligung, die Dauer und ihre Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalls gehören. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Die Entschädigung muss geeignet sein, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und muss in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, aaO).
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Danach unterscheidet sich der Gegenstand einer Klage zur Erlangung eines materiellen Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, der bei Abbruch von Vertragsverhandlungen auf das negative Interesse begrenzt ist, und der in § 15 Abs. 2 AGG vorgesehene Entschädigungsanspruch grundlegend.
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Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zur Verwirklichung des Diskriminierungsschutzes ist qualitativ etwas anderes als ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB. Ein mit dem AGG vergleichbarer, umfassender Diskriminierungsschutz bestand vor Schaffung des Gesetzes bzw. in Bezug auf die Merkmale Geschlecht bzw. Behinderung vor Schaffung von § 611a BGB aF bzw. § 81 Abs. 2 SGB IX im deutschen Recht nicht. Vielmehr ist das nationale Arbeitsrecht in Deutschland vom Grundsatz der Privatautonomie geprägt, von dem sich das europäische Antidiskriminierungsrecht fundamental unterscheidet (vgl. Richardi NZA 2006, 881 f.; Reichold/Hahn/Heinrich NZA 2005, 1270, 1272; Thüsing NZA 2001, 1061). Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukommen, übernahm in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse zum Teil der allgemeine Kündigungsschutz als funktionelles Äquivalent (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. Einl. AGG Rn. 7; ders. NZA 2001, 1061), vor allem im Rahmen der Interessenabwägung (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 472/01 - BAGE 103, 111 = AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 44 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 58). Bei der Gewährung von Leistungen durch den Arbeitgeber übernahm dies der Gleichbehandlungsgrundsatz.
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Zur Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG, 2002/73/EG und 2004/113/EG durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden allgemeinen Diskriminierungsschutz wegen der Merkmale des § 1 AGG anknüpfen(vgl. Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092; Kolbe EuZA 2011, 65, 68), sondern nur an die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF, die ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten und deshalb keine taugliche Vergleichsgrundlage für die Einhaltung der Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität bilden. Der Gesetzgeber hat sich zur Normierung des Entschädigungsanspruchs in § 15 Abs. 2 AGG ausdrücklich darauf berufen, dass der aus § 611a BGB aF bekannte Grundgedanke in § 15 Abs. 2 AGG auf alle Tatbestände(des § 1 AGG) einer Benachteiligung übertragen werden solle (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Mit dem Inkrafttreten des AGG besteht erstmals ein umfassender Diskriminierungsschutz in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG. Dabei hat sich der Gesetzgeber für zivilrechtliche Sanktionen entschieden, die er aber bezüglich der Fristen für die Rechtsverfolgung nicht ebenso wie Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB ausgestalten musste.
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Auch Klagen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zur Erlangung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts sind nicht mit Entschädigungsklagen nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbar(aA v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 104a ff.; ders. jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1; Fischinger NZA 2010, 1048, 1050). Der Gesetzgeber hat mit § 15 Abs. 4 AGG keine(ausschließlich) zulasten der Diskriminierungsopfer wirkende Sonderregelung getroffen (so aber v. Roetteken aaO Rn. 106a). Denn mit der Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG wurde erstmals ein umfassender Diskriminierungsschutz zugunsten Beschäftigter geschaffen, der in seinen Merkmalen vom bisherigen nationalen Recht wesentlich abweicht.
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Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist in der Rechtsprechung als ein durch Art. 1 und Art. 2 GG verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht” anerkannt(vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewähren im deutschen Recht einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies gilt auch im Arbeitsrecht. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - aaO). Ein Anspruch kommt nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht. Nach allgemeinen Regeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 14. November 1991 - 8 AZR 145/91 -).
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Demgegenüber hat das AGG erstmals einen umfassenden Diskriminierungsschutz geschaffen, für dessen Entschädigungsanspruch es nicht auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts ankommt. Eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Weise einer „Herabwürdigung“ des Beschäftigten voraus, soweit nicht das entsprechende Merkmal in § 3 Abs. 3 oder Abs. 4 AGG zur Anwendung kommen soll, noch bedarf es neben der Feststellung eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot jeweils einer gesonderten Feststellung eines immateriellen Schadens(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7). § 15 Abs. 2 AGG gewährt vielmehr bereits dann einen Entschädigungsanspruch, wenn gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, also das Inklusionsinteresse des Bewerbers beeinträchtigt ist(vgl. Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 33). Richtig ist zwar, dass die Rechtsprechung besonders bei geschlechtsspezifischen Benachteiligungen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und einen Entschädigungsanspruch angenommen hat (vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4; 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - BAGE 61, 219 = AP BGB § 611a Nr. 6 = EzA BGB § 611a Nr. 5). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass § 611a BGB in der damaligen Fassung nur einen materiellen Schadensersatz begrenzt auf das negative Interesse vorsah und der Senat sich zur Begründung eines Entschädigungsanspruchs auf die Richtlinie 76/207/EWG und eine richtlinienkonforme Auslegung zur Gewährleistung einer ausreichenden Sanktion, die in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden steht und über einen rein symbolischen Schadensersatz hinausgeht, gestützt hat(vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 447/97 - aaO; 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - zu B 3 b der Gründe, aaO). Damit hat der Senat die Grundlage für einen Entschädigungsanspruch des Stellenbewerbers bei einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung schon damals nicht allein im nationalen Recht, sondern auch im Gemeinschaftsrecht erkannt. Ein Entschädigungsanspruch eines Stellenbewerbers scheiterte auch nach dieser Rechtsprechung dann, wenn es am Verschulden fehlte (vgl. BAG 5. März 1996 - 1 AZR 590/92 - BAGE 82, 211 = AP GG Art. 3 Nr. 226 = EzA GG Art. 3 Nr. 52), oder das Verschulden geringfügig war (vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - aaO).
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Mit Inkrafttreten des AGG kommt es für den Entschädigungsanspruch allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot und grundsätzlich nicht auf ein Verschulden an (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Insbesondere erweitert das AGG den Schutz auch insoweit in ganz erheblicher Weise, als eine Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG auch bei einer mittelbaren Benachteiligung vorliegt. Bei solchen mittelbaren Benachteiligungen wird es regelmäßig an einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts als Voraussetzung für die Gewährung eines Entschädigungsanspruchs nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG fehlen. § 15 Abs. 2 AGG gewährleistet auch einen umfassenden Schutz des Inklusionsinteresses im vorvertraglichen Bereich in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG. Vor allem ist auch im Vergleich mit Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beachten, dass § 22 AGG mit seiner Beweislastverteilung eine wesentliche Vorschrift enthält, die bei einem Vergleich der verschiedenen Klagen nicht unberücksichtigt bleiben darf. Mit dem AGG hat der Gesetzgeber erstmals ein umfassendes Antidiskriminierungsrecht geschaffen, welches in seinen wesentlichen Merkmalen nicht mit Ansprüchen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG vergleichbar ist.
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dd) § 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.
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Was den Effektivitätsgrundsatz betrifft, sind nach der Rechtsprechung des EuGH alle Fälle, in denen sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Ausübung der den Bürgern durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie zB der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Slg. 2009, I-10467 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 10 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 92/85 Nr. 4).
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Unter Berücksichtigung dessen sind nach der Rechtsprechung des EuGH angemessene Ausschlussfristen grundsätzlich mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar, weil die Normierung solcher Ausschlussfristen einen Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit darstellt (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Angemessene Ausschlussfristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, Fristen festzulegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung für den Betroffenen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Belangen entsprechen (vgl. EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Slg. 2009, I-10467 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 10 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 92/85 Nr. 4).
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Nach § 15 Abs. 4 AGG sind Entschädigungsansprüche binnen einer Frist von zwei Monaten gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend zu machen. Dem Arbeitgeber soll angesichts der Regelung in § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Der Arbeitgeber wird sich im Hinblick auf die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung in der Regel nur dann entlasten können, wenn er die Kriterien und Grundlagen der Einstellungsentscheidung dokumentiert hat. Der Arbeitgeber soll sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf solche Ansprüche nicht mehr gegen ihn erhoben werden (vgl. BAG 19. Februar 2002 - 1 AZR 342/01 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 149). Damit dient die Ausschlussfrist der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob das Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit umfassend erreicht wird, weil § 15 Abs. 2 AGG Ansprüche, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt lässt(§ 15 Abs. 5 AGG). Entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber mit Hilfe der Ausschlussfrist die Schaffung von Rechtsfrieden bezüglich einzelner Ansprüche (hier der Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) beabsichtigt. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass Ausschlussfristen nur bestimmte Ansprüche erfassen.
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So hat auch der EuGH entschieden (EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8), es sei nicht ersichtlich, dass die Frist des § 15 Abs. 4 AGG die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich macht oder übermäßig erschweren könnte. Insbesondere auch unter Berücksichtigung der niedrigschwelligen Anforderungen an die Geltendmachung (Schriftform) begegnet die Länge der Frist des § 15 Abs. 4 AGG keinen Bedenken(vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 51; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 102; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 101a; Jacobs RdA 2009, 193, 200; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1093).
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ee) Schließlich verstößt auch der in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG geregelte Fristbeginn im Falle einer Bewerbung oder beruflichen Aufstiegs nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.
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Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung mit dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Ein bloßes Abstellen auf den Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung könnte die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, da der Beschäftigte mit der Ablehnung nicht notwendigerweise auch Kenntnis von einer Benachteiligung und dem Bestehen eines Anspruchs nach dem AGG hat (vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 58; Walker NZA 2009, 5, 10; Kamanabrou RdA 2006, 321, 338).
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Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt voraus, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist. Hierüber gibt die Ablehnung des Arbeitgebers nicht zwingend Auskunft. Allerdings kann § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahin gehend ausgelegt werden, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 46; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 53; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 74; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 102; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 60; Kock NJW 2010, 2713, 2716; Kolbe EuZA 2011, 65, 70; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Jacobs RdA 2009, 193, 201; Walker NZA 2009, 5, 10; Kamanabrou RdA 2006, 321, 338).
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Eine solche unionsrechtskonforme Auslegung scheitert nicht am Wortlaut und dem Willen des nationalen Gesetzgebers (aA Roloff in BeckOK AGG § 15 Rn. 13).
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Eine unionsrechtskonforme Auslegung ist dann nicht zulässig, wenn sie mit dem eindeutigen Wortlaut und dem klaren Willen des nationalen Gesetzgebers nicht mehr vereinbar wäre, also contra legem erfolgen würde (vgl. EuGH 15. April 2008 - C-268/06 - [Impact] mwN, Slg. 2008, I-2483; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler] Slg. 2006, I-6057 = AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 99/70 Nr. 1). Der Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG steht einer Auslegung nicht entgegen, die im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs neben dem Zugang der Ablehnung zusätzlich auf die Kenntniserlangung von der Benachteiligung abstellt. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, bei einer Bewerbung oder einem beruflichen Aufstieg komme es auf die Kenntnis von der Benachteiligung nicht an. Der Wortlaut legt nahe, dass der Gesetzgeber die Kenntnis von der Benachteiligung mit dem Zugang der Ablehnung unterstellt hat. Tatsächlich hat auch der Gesetzgeber angenommen, dass die Ausschlussfrist erst mit der Kenntnis von der Benachteiligung zu laufen beginnt. Im Gesetzesentwurf heißt es nämlich: „Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der oder die Benachteiligte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs ist das der Zeitpunkt der Ablehnung durch den Arbeitgeber“ (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf gehen hiervon aus. Dort heißt es, dass die Verkürzung der Frist auf zwei Monate für Arbeitnehmer hinnehmbar sei, weil die Frist ohnehin erst mit der Kenntnis von dem Verstoß beginne (vgl. BT-Drucks. 16/2022 S. 12). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber für den Fristbeginn auf die Kenntnis von der Benachteiligung abstellen wollte. Ein der unionsrechtskonformen Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille lässt sich somit nicht feststellen (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 102; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Walker NZA 2009, 5, 10).
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Damit ist für den Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs § 15 Abs. 4 AGG dahin auszulegen, dass die Ausschlussfrist mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem dem Beschäftigten die Ablehnung zugegangen ist und er zusätzlich Kenntnis von der Benachteiligung erlangt hat. Der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung stellt damit den frühestmöglichen Zeitpunkt des Fristbeginns dar (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 70; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Jacobs RdA 2009, 193, 201).
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2. Die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG durch den Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 2008, bei dem beklagten Land am 4. November 2008 eingegangen, hat die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt.
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a) Das Ablehnungsschreiben vom 29. August 2008 war dem Kläger am 2. September 2008 zugegangen. Zwar beginnt in unionsrechtskonformer Auslegung die Frist des § 15 Abs. 4 AGG erst mit der Kenntniserlangung von der Benachteiligung, frühestens mit dem Zugang der Ablehnung. Vorliegend hatte der Kläger jedoch mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens auch die Kenntnis von der geltend gemachten Benachteiligung. Deshalb begann die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG am 3. September 2008 (§ 187 Abs. 1 BGB)und endete am 3. November 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB). Der Eingang des Geltendmachungsschreibens des Klägers beim beklagten Land am 4. November 2008 wahrte deshalb nicht die Frist des § 15 Abs. 4 AGG.
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b) Hinsichtlich der Frage, wann Kenntniserlangung von der Benachteiligung vorliegt, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 75; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 111; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 51; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 57; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 107; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 59; Jacobs RdA 2009, 193, 201; aA MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 47). Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte daher dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).
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c) Für Schadensersatzansprüche ist anerkannt, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist darauf ankommt, ob der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage - sei es auch nur in der Form einer Feststellungsklage - erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen soviel Aussicht auf Erfolg bietet, dass sie für ihn zumutbar ist (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - AP BGB § 823 Schutzgesetz Nr. 27 = EzA BGB § 852 Nr. 1). Diese Grundsätze können im Wesentlichen auf den Fristbeginn nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG bzgl. eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG übertragen werden.
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Der Entschädigungsanspruch ist auf den Ersatz des Nichtvermögensschadens gerichtet und muss nicht beziffert werden. Neben der Kenntnis des Anspruchsgegners, dh. des Arbeitgebers, ist Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs, dass der Benachteiligte auch Kenntnis von der Benachteiligung hat. Ein Entschädigungsanspruch besteht aber nur dann, wenn die Benachteiligung wegen eines Grundes im Sinne von § 1 AGG erfolgt ist, § 7 Abs. 1 AGG. Ob das Motiv für die Benachteiligung von der Kenntnis umfasst sein muss, hat der Senat bislang offengelassen (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1).
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Grundsätzlich setzt der Beginn der Ausschlussfrist nicht voraus, dass der Beschäftigte von den Motiven des Benachteiligenden positive Kenntnis haben muss. Der Gesetzgeber hat zugunsten des Arbeitnehmers in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die es genügen lässt, dass der Beschäftigte Tatsachen(Indizien) vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist. Hinsichtlich dieser Vermutungstatsachen sind die Anforderungen an das Beweismaß abgesenkt. Ausreichend ist es, dass Tatsachen dargelegt und ggf. bewiesen werden, die eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen(vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14). Zwar kann der Beschäftigte auch den Vollbeweis führen und nachweisen, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist, jedoch wird ihm dies nach § 22 AGG zur Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs nicht abverlangt.
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Kennt der Beschäftigte solche Indizien, die zur Beweislastumkehr führen, kann er initiativ werden. Er kennt dann die Tatsachen, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen, was den Fristbeginn nach § 15 Abs. 4 AGG auslöst(vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 112; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 59; Roloff in BeckOK AGG § 15 Rn. 13; Kolbe EuZA 2011, 65, 71; Kock NJW 2010, 2713, 2716). Auch der Bundesgerichtshof geht bei Ansprüchen, die das Vorliegen bestimmter innerer Tatsachen voraussetzen, davon aus, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis der äußeren Umstände ankommt, aus denen auf die innere Tatsache geschlossen werden kann (vgl. BGH 27. November 1963 - Ib ZR 49/62 - NJW 1964, 493). Dem entspricht es, bei Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG für den Fristbeginn auf die Kenntnis des Beschäftigten von Hilfstatsachen abzustellen, die auf eine anspruchsauslösende Motivlage des Arbeitgebers schließen lassen. Dadurch wird dem Beschäftigten auch nicht unzumutbar das Risiko eines Anspruchsverlustes aufgebürdet, wenn er nicht erkannt hat, dass die Tatsachen bereits für eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals sprechen (so aber: Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 75), denn entscheidend ist die Tatsachenkenntnis, nicht aber eine juristisch zutreffende Bewertung dahin gehend, dass die Tatsache taugliches Indiz im Sinne von § 22 AGG ist(vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 105). Dies entspricht der Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn bei Schadensersatzansprüchen (vgl. BGH 3. März 2005 - III ZR 353/04 - NJW-RR 2005, 1148). Daraus folgt aber auch, dass die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht beginnen kann, bevor dem Beschäftigten Tatsachen positiv bekannt geworden sind, die tatsächlich geeignet sind, die Beweislastumkehr nach § 22 AGG zu bewirken. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass der Beschäftigte aufgrund seiner Tatsachenkenntnis eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose (nicht notwendig zu beziffernde) Entschädigungsklage erheben kann. Deshalb beginnt die Frist mit der Kenntniserlangung von solchen Hilfstatsachen, die einen Prozess hinreichend aussichtsreich erscheinen lassen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der jeweilige Umstand oder Verfahrensmangel für sich allein die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer merkmalsbedingten Benachteiligung begründet. Bei Verstößen gegen Normen, die der besonderen verfahrensmäßigen Absicherung vor Diskriminierungen wegen verpönter Merkmale dienen, wird dies regelmäßig der Fall sein. Liegt demgegenüber eine Situation vor, bei der Einzeltatsachen keinen Rückschluss auf das Bestehen einer verpönten Motivlage zulassen, jedoch eine Gesamtschau mehrerer Einzeltatsachen die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Kausalbeziehung zu dem verpönten Merkmal begründet, so beginnt die Frist erst mit Kenntniserlangung der letzten, die Gesamtschau iSv. § 22 AGG ermöglichenden Einzeltatsachen.
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Im Übrigen kann der Beschäftigte auch noch weitere Indizien, die ihm später bekannt geworden sind, in den Prozess einführen, insbesondere kann er sich auch auf Indizien berufen, die ein weiteres Merkmal im Sinne von § 1 AGG betreffen. Auch dann, wenn die Benachteiligung auf einem Bündel unterschiedlicher Motive iSd. § 1 AGG beruht, liegt nur eine Benachteiligung im Sinne von § 3 AGG vor. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 4 AGG, der von einer unterschiedlichen Behandlung wegen mehrerer in § 1 AGG genannter Gründe spricht(vgl. HWK/Rupp 5. Aufl. § 4 AGG Rn. 1; AnwK-ArbR/v. Steinau-Steinrück/Schneider 2. Aufl. § 4 AGG Rn. 4; aA v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 59a).
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d) Mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens am 2. September 2008 hatte der Kläger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen.
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Er wusste, dass das Auswahlverfahren abgeschlossen war, ohne dass er Berücksichtigung im Auswahlverfahren gefunden hatte. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Damit lag im Streitfalle die benachteiligende Handlung in der im Vorfeld der eigentlichen Besetzungsentscheidung stattfindenden Verfahrenshandlung, dem Ausscheiden aus dem Bewerbungsverfahren bzw. in der Versagung einer Chance, nicht aber in jedem einzelnen vom Kläger vorgetragenen Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift. Deshalb lief auch nicht für jeden einzelnen Verstoß gesondert eine Frist nach § 15 Abs. 4 AGG und war auch nicht jeder Verstoß gesondert zu entschädigen. Die einzelnen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen in konkreten Stellenbesetzungsverfahren geschaffen wurden, bilden vielmehr Indizien im Sinne von § 22 AGG(vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO) und gewinnen bei der Bemessung der Entschädigungshöhe Bedeutung (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).
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Nach § 82 Satz 2 SGB IX hat der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Pflicht besteht nach § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.
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Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). Unterstellt man zugunsten des Klägers, dass das beklagte Land verpflichtet gewesen wäre, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so hätte er mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens am 2. September 2008 Kenntnis von den Tatsachen gehabt, die ein Indiz im Sinne von § 22 AGG begründen. Durch die Mitteilung des Abschlusses des Auswahlverfahrens und die damit verbundene Rücksendung der Bewerbungsunterlagen wusste der Kläger, dass er zu einem Vorstellungsgespräch nicht eingeladen worden und das Besetzungsverfahren abgeschlossen war.
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Für eine hinreichend aussichtsreiche Entschädigungsklage und damit den Fristbeginn war es nicht notwendig, dass der Kläger Kenntnis weiterer Einzelheiten bzw. Hilfstatsachen hatte. Er musste nicht zusätzlich zu der ihm bereits bekannten Tatsache der unterlassenen Einladung zum Vorstellungsgespräch wissen, dass das beklagte Land möglicherweise gegen die Pflicht verstoßen hatte, der Agentur für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden (§ 82 Satz 1 SGB IX).
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§ 15 Abs. 4 AGG senkt das in der Bundesrepublik Deutschland bereits garantierte Schutzniveau in Bezug auf Diskriminierungen wegen einer Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG nicht ab. Ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie liegt deshalb nicht vor. Vor Inkrafttreten des § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aF, der seinerseits der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG diente(vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 113), gab es kein Benachteiligungsverbot zur Bekämpfung der Diskriminierung behinderter Menschen. In Übereinstimmung mit § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX aF sieht § 15 Abs. 4 AGG eine Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen von zwei Monaten vor.
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3. Der Kläger hat gegen das beklagte Land auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.
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a) Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein etwaiger Anspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts schon deshalb scheitern muss, weil er ebenso wie der Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen ist. Die umstrittene Frage, ob § 15 Abs. 4 AGG auch Ansprüche aus § 823 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG erfasst(dafür: Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 67; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 135; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; dagegen: Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 63; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; Däubler/Bertzbach-Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 97; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 52; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; Jacobs RdA 2009, 193, 195), ist nicht entscheidungserheblich, da der Kläger einen Anspruch aus § 823 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG nicht schlüssig dargelegt hat.
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b) Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.
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Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(vgl. Windel RdA 2011, 193, 198; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 22 AGG Rn. 11; aA Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 22 Rn. 22e; vgl. zum Streitstand: Grobys NZA 2006, 898, 899).
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Soweit es in § 22 AGG heißt, „…im Streitfall…“, ist der Wortlaut für die Frage unergiebig, auf welche Streitigkeiten sich die Norm bezieht. Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut weiter, dass „im Streitfall“ iSv. § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür trägt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, wenn Indizien bewiesen werden, die eine Benachteiligung „wegen eines in § 1 genannten Grundes“ vermuten lassen. Folglich bezieht sich § 22 AGG schon seinem Wortlaut nach(nur) auf solche Streitigkeiten, in denen das Vorliegen einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes streitig ist(vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 22 Rn. 22a; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 6; KR-Treber 9. Aufl. § 22 AGG Rn. 5).
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Die Beweislastregel des § 22 AGG gilt deshalb zunächst für die spezifischen, sich aus dem AGG ergebenden Ansprüche, also insbesondere für Prozesse um Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben hingegen Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. Insoweit kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht, weil dieser nicht an eine Benachteiligung wegen eines Grundes iSd. § 1 AGG anknüpft. Für einen solchen Anspruch gilt § 22 AGG nicht, da dieser zwar parallel zu einem spezifischen Anspruch des AGG gegeben sein kann, nicht aber von einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot abhängt. Hierfür spricht auch, dass § 16 Abs. 3 AGG die Geltung der Beweislastverteilung des § 22 AGG ausdrücklich für den Verstoß gegen das Maßregelungsverbot wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach dem AGG für anwendbar erklärt. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn § 22 AGG auch auf Ansprüche Anwendung fände, die keine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes voraussetzen(vgl. Grobys NZA 2006, 898).
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§ 22 AGG ist auch nicht entsprechend auf Ansprüche aus § 823 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzuwenden. Es fehlt schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 5 AGG und § 32 AGG ausdrücklich angeordnet, dass es bei den allgemeinen Bestimmungen verbleibt, soweit das AGG nichts Abweichendes bestimmt.
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Auch erfordern es Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG nicht, die Beweisregelungen auf Ansprüche zu erstrecken, die keine Benachteiligung aufgrund eines in der jeweiligen Richtlinie geregelten Merkmals zur Voraussetzung haben. Dies folgt bereits aus Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG, aus denen sich jeweils ergibt, dass sich die sicherzustellenden Rechtsschutzmöglichkeiten und damit auch die Beweisregelung nur jeweils auf die Ansprüche aus der Richtlinie bezieht(vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 22 AGG Rn. 11).
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c) Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen des Klägers ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der dem beklagten Land zu machen wäre. Auch wenn dieses gegen Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen (§ 81 Abs. 1, § 82 SGB IX)verstoßen haben sollte, genügte das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) ggf. anzunehmen wäre. Insbesondere ergibt sich eine Herabwürdigung nicht aus Form oder Inhalt des Ablehnungsschreibens vom 29. August 2008. Auch der Kläger behauptet nichts Gegenteiliges.
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C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
-
Hauck
Böck
Breinlinger
Schulz
Andreas Henniger
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Auf die Berufung der Kläger wird das Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 23. August 2006 abgeändert.
Die Beklagte wird, unter Abweisung der weitergehenden Klage, verurteilt, an die Kläger 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zu zahlen.
Die weitergehende Revision der Kläger wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger zu 14% und die Beklagte zu 86%.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Kläger Die nehmen die beklagte Sparkasse auf Rückabwicklung eines Darlehensvertrages zur Finanzierung einer Immobilienfondsbeteiligung in Anspruch.
- 2
- Kläger, Die ein damals 47-jähriger EDV-Angestellter und seine damals 48 Jahre alte Ehefrau, eine Hausfrau, wollten sich 1995 zum Zweck der Steuerersparnis mit einer Einlage von 52.284 DM an dem geschlossenen Immobilienfonds "N. " (im Folgenden : GbR) beteiligen. Mit notarieller Urkunde vom 20. Juli 1995 boten sie der K. Steuerberatungs GmbH (im Folgenden: Treuhänderin ), die über keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, den Abschluss eines umfassenden Treuhand- und Geschäftsbesorgungsvertrages mit einer ebensolchen Vollmacht an. Die Treuhänderin nahm das Angebot an und schloss zur Finanzierung des für die Kläger erklärten Beitritts am 25. August 1995 in deren Namen mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden: Beklagte) einen Vertrag über einen Tilgungskredit von 60.000 DM mit 10% Disagio. Bei Abschluss des Darlehensvertrages lagen der Beklagten weder das Original noch eine Ausfertigung der von den Klägern der Treuhänderin erteilten Vollmacht vor. Der Nettokreditbetrag von 54.000 DM (= 27.609,76 €) wurde nach dem Vorbringen der Beklagten auf Anweisung der Treuhänderin auf ein von dieser für die GbR geführtes Treuhandkonto ausgezahlt. Nachdem die Kläger Zahlungen in Höhe von insgesamt 8.645,67 € auf den Darlehensvertrag geleistet hatten, lösten sie das Darlehen am 31. Januar 1998 mit einer Sondertilgung von 25.801,93 € ab.
- 3
- Die erst im Jahre 2006 erhobene Klage auf Rückzahlung der Zinsund Tilgungsleistungen sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von insgesamt 35.378,52 € nebst Zinsen ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe:
- 4
- Die Revision ist teilweise begründet.
I.
- 5
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 6
- Anspruch Der auf Erstattung der Sondertilgung in Höhe von 25.801,93 € sei verjährt. Die Verjährung richte sich allerdings - anders als bei den Tilgungsanteilen der auf das Annuitätendarlehen gezahlten Raten - nicht nach § 197 BGB a.F., weil die Sondertilgung eine einmalige Leistung zur Erfüllung der Darlehensrestschuld gewesen sei. Die Forderung sei aber gemäß §§ 195, 199 BGB n.F., Art. 229 § 6 Abs. 1 und 4 EGBGB mit Ablauf des 31. Dezember 2005 verjährt. Die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB seien im Jahre 2002 erfüllt gewesen. Auch bei nicht fachkundigen Personen wie den Klägern könne von einer Kenntnis oder grob fahrlässigen Unkenntnis der maßgeblichen Umstände bis zum 31. Dezember 2002 ausgegangen werden. Bis dahin habe die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Darlehensverträgen der vorliegenden Art in weiten Kreisen der Anleger Beachtung gefunden. Im Jahre 2002 hätten Anleger in einer ersten Welle von Gerichtsverfahren Klage auf Rückabwicklung der Anlagegeschäfte erhoben. Die Medien, insbesondere die Tagespresse, hätten 2002 über die neue Rechtsprechung berichtet. Falls die Kläger gleichwohl erst aufgrund anwaltlicher Beratung im Jahre 2005 hiervon Kenntnis erlangt hätten, beruhe ihre vorherige Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit. Nach dem anzulegenden objektivabstrakten Maßstab hätten die Kläger ihre Sorgfaltspflichten verletzt, wenn sie die einschlägigen Zeitungsberichte nicht zur Kenntnis und zum Anlass genommen hätten, sich durch Einholung von Rechtsrat Klarheit über ihre Rückzahlungsansprüche zu verschaffen. Gegenüber der Verjährungseinrede greife der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht durch. Die Beklagte habe zwar mit Schreiben vom 30. April 2004 geltend gemacht , die Treuhandvollmacht sei unter Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln. Dieser Einwand gehöre aber nicht zu den anspruchsbegründenden Tatsachen, auf die sich die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erstrecken müsse.
- 7
- Kläger Die hätten auch keinen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten Darlehensraten. Ein darauf gerichteter Bereicherungsanspruch sei gemäß § 197 BGB a.F. verjährt. Ein Schadensersatzanspruch sei nicht gegeben, weil die Kläger weder für die Verletzung eigener Aufklärungspflichten der Beklagten noch für eine arglistige Täuschung des Anlagevermittlers konkrete Tatsachen vorgetragen hätten.
II.
- 8
- Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung in wesentlichen Punkten nicht stand.
- 9
- 1. Der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auf Erstattung der Sondertilgung in Höhe von 25.801,93 € ist entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht verjährt.
- 10
- a) Das Berufungsgericht ist allerdings rechtsfehlerfrei davon ausgegangen , dass bei einer vorzeitigen Ablösung des Darlehenskapitals eines Annuitätendarlehens § 197 BGB a.F. auf den Bereicherungsanspruch des Darlehensnehmers keine Anwendung findet (Senat, Urteil vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 14 f.). Dies gilt auch, soweit in der abschließenden Zahlung vom 31. Januar 1998 Zinsen enthalten gewesen sein sollten (Senat, Urteile vom 4. Dezember 2007 - XI ZR 227/06, WM 2008, 244, 247 Tz. 33, für BGHZ 174, 334 vorgesehen , und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 13).
- 11
- b) Maßgeblich ist vielmehr, da die Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB a.F. am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 EGBGB die Frist gemäß § 195 BGB n.F.. Diese Frist war bei Klageerhebung am 23. Februar 2006 noch nicht abgelaufen, weil sie nicht vor dem 1. Januar 2003 begonnen hat.
- 12
- Vor aa) diesem Zeitpunkt waren zwar die objektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB erfüllt, weil die Klageforderung mit der Sonderzahlung am 31. Januar 1998 entstanden ist.
- 13
- bb)Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Auffassung des Berufungsgerichts , auch die - erforderlichen (Senat BGHZ 171, 1, 7 ff. Tz. 19 ff.) - subjektiven Voraussetzungen gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB hätten vor dem 1. Januar 2003 vorgelegen. Die Kläger haben vor diesem Zeitpunkt von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners keine Kenntnis erlangt und auch nicht ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müssen.
- 14
- Ein (1) Gläubiger, der einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verfolgt, hat Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen, wenn er von der Leistung und dem Fehlen des Rechtsgrundes, d.h. von den Tatsachen, aus denen dessen Fehlen folgt, weiß (Senat, Urteil vom 29. Januar 2008 - XI ZR 160/07, WM 2008, 729, 732 Tz. 26, für BGHZ 175, 161 vorgesehen; Staudinger/Peters, BGB Neubearb. 2004 § 199 Rdn. 46). Bei der Beurteilung der Frage, wann der Gläubiger diese Kenntnis besitzt, kann, auch bei Bereicherungsansprüchen (BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 8), weitgehend auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu § 852 Abs. 1 BGB a.F. zurückgegriffen werden (Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27, m.w.Nachw.). Danach muss dem Anspruchsberechtigten die Erhebung einer Feststellungsklage Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos möglich sein (st.Rspr., vgl. BGH, Urteil vom 14. Oktober 2003 - VI ZR 379/02, NJW 2004, 510; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27; jeweils m.w.Nachw.). Dazu ist nicht die Kenntnis aller Einzelheiten erforderlich. Es genügt, dass der Anspruchsberechtigte den Sachverhalt, etwa den Schadenshergang, in seinen Grundzügen kennt und weiß, dass der Sachverhalt erhebliche Anhaltspunkte für die Entstehung eines Anspruchs bietet (BGH, Urteil vom 29. Juni 1989 - III ZR 92/87, NJW 1990, 176, 179; MünchKomm/ Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 25).
- 15
- (a) Der Verjährungsbeginn setzt gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB ebenso wie gemäß § 852 Abs. 1 BGB a.F. grundsätzlich nur die Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen voraus. Hingegen ist es in der Regel nicht erforderlich, dass der Anspruchsberechtigte aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht (BGHZ 170, 260, 271 Tz. 28; Senat, Urteil vom 3. Juni 2008 - XI ZR 319/06, WM 2008, 1346, 1349 Tz. 27). Rechtsunkenntnis kann aber im Einzelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage den Verjährungsbeginn hinausschieben (BGHZ 138, 247, 252; 150, 172, 186; 160, 216, 231 f.; BGH, Urteile vom 15. Oktober 1992 - IX ZR 43/92, WM 1993, 251, 259, vom 24. Februar 1994 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991, vom 17. Oktober 1995 - VI ZR 246/94, WM 1996, 125, 127, vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975 und Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07, WM 2008, 1077, 1078 Tz. 9). In diesem Fall fehlt es an der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn (BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975).
- 16
- (b) Grob fahrlässige Unkenntnis liegt vor, wenn dem Gläubiger die Kenntnis fehlt, weil er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich grobem Maße verletzt und auch ganz nahe liegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (vgl. BGH, Urteil vom 13. Dezember 2004 - II ZR 17/03, WM 2005, 382, 384; MünchKomm/Grothe, BGB 5. Aufl. § 199 Rdn. 28; jeweils m.w.Nachw.).
- 17
- (c) Die Feststellung, ob und wann der Gläubiger Kenntnis von bestimmten Umständen hatte oder ob seine Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, unterliegt als Ergebnis tatrichterlicher Würdigung nur einer eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht darauf, ob der Streitstoff umfassend, widerspruchsfrei und ohne Verstoß gegen Denk- und Erfahrungssätze gewürdigt worden ist (Senat, Urteile vom 26. Oktober 2004 - XI ZR 211/03, WM 2005, 27 und vom 3. Juni 2008 - XI ZR 318/06, Urteilsumdruck Tz. 23) und ob der Tatrichter den Begriff der groben Fahrlässigkeit verkannt oder bei der Beurteilung des Grades der Fahrlässigkeit wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat (Senat BGHZ 145, 337, 340 und Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 186/99, WM 2000, 812, 813). Die Frage, wann eine für den Beginn der Verjährung hinreichende Kenntnis vorhanden ist, ist allerdings nicht ausschließlich Tatfrage, sondern wird maßgeblich durch den der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegenden Begriff der Zumutbarkeit der Klageerhebung geprägt (BGHZ 122, 317, 326; 138, 247, 253; BGH, Urteil vom 24. Februar 1999 - III ZR 76/92, WM 1994, 988, 991 f.).
- 18
- Nach (2) diesen Grundsätzen waren die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB bis zum 31. Dezember 2002 nicht erfüllt.
- 19
- Der (a) Verjährungsbeginn hing allerdings entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht von der Kenntnis bzw. grob fahrlässigen Unkenntnis der Kläger von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unwirksamkeit von Treuhändervollmachten der vorliegenden Art ab. Vor dieser Rechtsprechung, d.h. auch im Zeitpunkt der Anspruchsentstehung , war die Rechtslage zwar unsicher und zweifelhaft, so dass die Rechtsunkenntnis der Kläger den Verjährungsbeginn hinausschob. Die Rechtslage wurde aber durch die Urteile des Bundesgerichtshofs vom 28. September 2000 (BGHZ 145, 265), vom 18. September 2001 (XI ZR 321/00, WM 2001, 2113, 2114) und vom 11. Oktober 2001 (III ZR 182/00, WM 2001, 2260, 2261) geklärt. Nach dieser Rechtsprechung sind Geschäftsbesorgungsverträge und Treuhändervollmachten der vorliegenden Art wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam, und zwar auch im Zusammenhang mit kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungen. Nach der Veröffentlichung dieser Ent- scheidungen in der NJW als der auflagenstärksten juristischen Fachzeitschrift in den Heften vom 4. Januar 2001, 17. Dezember 2001 und 2. Januar 2002 stand die zuvor unklare Rechtslage dem Verjährungsbeginn nicht mehr entgegen. Auf die Kenntnis bzw. grob fahrlässige Unkenntnis der Kläger von der Klärung der Rechtslage kam es hierfür nicht an. An der Zumutbarkeit der Klageerhebung als übergreifender Voraussetzung für den Verjährungsbeginn fehlt es bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage (vgl. BGH, Urteil vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98, WM 1999, 974, 975) nur bis zur objektiven Klärung der Rechtslage (Palandt/Heinrichs, BGB 67. Aufl. § 199 Rdn. 26). Danach ist die Klageerhebung zumutbar. Die Revisionserwiderung weist zu Recht darauf hin, dass derjenige, der bei zunächst unklarer, aber später geklärter Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen fortdauernder Rechtsunkenntnis aber keine verjährungshemmenden Maßnahmen ergreift, nicht anders behandelt werden darf als derjenige, der bei von Anfang an klarer Rechtslage die anspruchsbegründenden tatsächlichen Umstände kennt, wegen Rechtsunkenntnis aber keine Klage erhebt. In diesem Fall wird der Verjährungsbeginn durch die Rechtsunkenntnis auch nicht hinausgeschoben.
- 20
- (b) Die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB waren aber, was das Berufungsgericht verkannt hat und die Revision zu Recht rügt, vor dem 1. Januar 2003 aus einem anderen Grund nicht erfüllt.
- 21
- (aa) Zu den tatsächlichen Umständen, die einen Bereicherungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB begründen, gehören auch die Tatsachen, aus denen das Fehlen eines Rechtsgrundes der Leistung, d.h. die Unwirksamkeit des Vertrages, zu dessen Erfüllung geleistet wurde , folgt. Der Gläubiger eines Bereicherungsanspruchs trägt die volle Darlegungs- und Beweislast für die tatsächlichen Voraussetzungen des Mangels des rechtlichen Grundes (BGHZ 128, 167, 171; 154, 5, 9; BGH, Urteil vom 6. Oktober 1994 - III ZR 165/93, WM 1995, 20, 21, vom 27. September 2002 - V ZR 98/01, WM 2003, 640, 641 und vom 14. Juli 2003 - II ZR 335/00, WM 2004, 225, 226; Senat, Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190). Während der eine vertragliche Leistung fordernde Gläubiger die Wirksamkeit des Vertrages darzulegen und zu beweisen hat, muss der eine erbrachte Leistung zurückfordernde Bereicherungsgläubiger dessen Unwirksamkeit vortragen und unter Beweis stellen (BGH, Urteil vom 18. Juli 2003 - V ZR 431/02, WM 2004, 195, 196; Beschluss vom 10. Oktober 2007 - IV ZR 95/07, NJW-RR 2008, 273 Tz. 3). Macht der Bereicherungsgläubiger, wie im vorliegenden Fall, geltend, der als Rechtsgrund in Betracht kommende Vertrag sei unwirksam, weil er bei dessen Abschluss nicht wirksam vertreten worden sei, hat er die tatsächlichen Voraussetzungen des Fehlens der Vertretungsmacht darzulegen und zu beweisen. Dazu gehört, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 6. Dezember 1994 - XI ZR 19/94, WM 1995, 189, 190), bei einem In-Sich-Geschäft gemäß § 181 BGB das Fehlen einer Zustimmung des Vertretenen. Ebenso sind bei einer Leistungskondiktion die Umstände, die die Unwirksamkeit einer Vollmacht begründen, und das Fehlen der Voraussetzungen einer Rechtsscheinvollmacht gemäß §§ 171 f. BGB anspruchsbegründende Tatsachen , entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung nicht etwa rechtshindernde Einwendungen, deren Kenntnis für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich wäre (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 22. Juni 1993 - VI ZR 190/92, NJW 1993, 2614). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 20. April 2004 (XI ZR 164/03, WM 2004, 1227, 1228) eine andere Auffassung vertreten hat, wird daran nicht festgehalten.
- 22
- Von (bb) diesen anspruchsbegründenden Tatsachen haben die Kläger vor dem 1. Januar 2003 keine Kenntnis erlangt; ihre Unkenntnis beruht auch nicht auf grober Fahrlässigkeit.
- 23
- Ihnen war zwar bekannt, dass der Darlehensvertrag durch eine Treuhänderin abgeschlossen worden war und dass deren Vollmacht einen umfassenden Inhalt hatte. Den Feststellungen des Berufungsgerichts und dem Vortrag der für den Verjährungsbeginn darlegungsbelasteten Beklagten ist aber nicht zu entnehmen, dass die Kläger wussten, dass die Treuhänderin keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß. Ob ihre Unkenntnis auf grober Fahrlässigkeit beruhte, weil eine Erlaubnis gemäß § 17 Satz 1 RBerV zu veröffentlichen ist und bei dem für ihre Erteilung zuständigen Präsidenten des Landgerichts erfragt werden kann, ist zweifelhaft. Diese Frage bedarf indes keiner abschließenden Entscheidung.
- 24
- Jedenfalls hatten die Kläger vor dem 1. Januar 2003 keine Kenntnis davon, dass der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages am 25. August 1995 nicht, wie für eine Rechtsscheinvollmacht gemäß § 171 f. BGB erforderlich, eine Ausfertigung der notariellen Vollmachtsurkunde vom 20. Juli 1995 vorgelegen hat. Eine solche Kenntnis ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt und von den Parteien nicht vorgetragen worden. Diese Unkenntnis der Kläger beruhte nicht auf grober Fahrlässigkeit. Zahlreiche Kreditinstitute haben sich bei vergleichbaren Ge- schäften vor Abschluss des Darlehensvertrages regelmäßig eine Ausfertigung der notariellen Urkunde der Treuhändervollmacht vorlegen lassen. Für die Kläger als juristische Laien lag die Nichtvorlage einer Ausfertigung der Vollmachtsurkunde vor Abschluss des Darlehensvertrages vom 25. August 1995 keinesfalls so nahe, dass sie dieser Frage nachgehen mussten. Es ist auch nicht festgestellt oder vorgetragen worden, dass sie auf eine entsprechende Rückfrage bei der Beklagten eine zutreffende Auskunft erhalten hätten. Die Beklagte selbst wirft den Klägern insoweit keine grobe Fahrlässigkeit vor.
- 25
- 2. Einen Anspruch auf Erstattung der bis Januar 1998 gezahlten Darlehensraten hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei als unbegründet angesehen.
- 26
- a) Der darauf gerichtete Bereicherungsanspruch ist, wie auch die Revision nicht in Zweifel zieht, gemäß § 197 BGB a.F. verjährt (BGHZ 112, 352, 354 und Urteile vom 27. Februar 2007 - XI ZR 56/06, WM 2007, 731, 732 Tz. 20 und vom 27. Mai 2008 - XI ZR 409/06, WM 2008, 1258, 1259 Tz. 12).
- 27
- Auch b) einen Schadensersatzanspruch wegen Aufklärungsverschuldens hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei verneint. Die Revision macht ohne Erfolg geltend, die Fondsinitiatoren bzw. der für sie tätige Vermittler hätten die Kläger über die Fondsbeteiligung arglistig getäuscht. Hierfür fehlt substantiiertes Vorbringen in den Tatsacheninstanzen. Die Kläger haben lediglich behauptet, nach dem ihnen vorgelegten Fondsprospekt habe das Fondsgrundstück für knapp 28 Millionen DM erworben werden sollen, während es tatsächlich nur einen Wert von 8 Millionen DM habe. Es ist bereits sehr zweifelhaft, ob in dieser Prospektangabe die konkludente Behauptung liegt, das Grundstück habe einen Wert von 28 Millionen DM. Jedenfalls ist dem Vortrag der Kläger nicht zu entnehmen, in welchem Zeitpunkt das Grundstück den von ihnen behaupteten Wert gehabt haben soll. In ihren Schriftsätzen ist sowohl vom 2. Oktober 1995 als auch vom 28. Februar 1998 die Rede. Darüber hinaus haben die Kläger eine - auch eine subjektive Komponente umfassende (Senat, Urteil vom 6. November 2007 - XI ZR 322/03, WM 2008, 115, 120 Tz. 49) - arglistige Täuschung nicht substantiiert vorgetragen.
- 28
- die Da Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches nicht erfüllt sind und über den geschuldeten Betrag von 25.801,93 € keine wirksame Mahnung vorliegt, haben die Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten.
III.
- 29
- Das Berufungsurteil stellt sich, soweit es rechtsfehlerhaft ist, nur in geringem Umfang aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).
- 30
- Der 1. Anspruch der Kläger auf Zinsen aus dem Betrag von 25.801,93 € für die Zeit vor dem 1. Januar 2002 ist verjährt. Dieser Anspruch gemäß § 818 Abs. 1 BGB auf Herausgabe von Nutzungszinsen verjährt als Anspruch auf regelmäßig wiederkehrende Leistungen gemäß § 197 BGB a.F. in vier Jahren (Senat, Urteil vom 15. Februar 2000 - XI ZR 76/99, WM 2000, 811, 812). Diese Frist war für die Zeit bis zum 31. Dezember 2001 abgelaufen, bevor im Jahr 2006 Klage erhoben wurde.
- 31
- Hingegen 2. ist der Anspruch der Kläger gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1, § 818 Abs. 1 BGB auf Rückzahlung der am 31. Januar 1998 geleisteten Schlusszahlung in Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 begründet.
- 32
- a) Die Beklagte hat diesen Betrag durch Leistung der Kläger ohne rechtlichen Grund erlangt. Der Darlehensvertrag vom 25. August 1995 ist unwirksam, weil die Treuhänderin, die den Vertrag namens der Kläger geschlossen hat, nicht wirksam bevollmächtigt war. Die ihr erteilte Vollmacht ist im Hinblick auf ihre umfassenden Befugnisse wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig (st.Rspr., s. nur Senat, Urteil vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06, WM 2008, 683, 686 Tz. 26 m.w.Nachw.). Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Voraussetzungen einer Vertretungsbefugnis gemäß §§ 171 f. BGB und einer Duldungs - oder Anscheinsvollmacht nicht vorliegen.
- 33
- b) Die von den Klägern aufgrund der Fondsbeteiligung erlangten Steuervorteile mindern entgegen der Auffassung der Beklagten den Rückzahlungsanspruch nicht. Anders als die Rückabwicklung eines nach § 1 HWiG widerrufenen Darlehensvertrages, der mit einem finanzierten Fondsanteilserwerb ein verbundenes Geschäft bildet (vgl. hierzu Senat BGHZ 172, 147, 153 ff. Tz. 23 ff.), bei der der Darlehensnehmer die Rückzahlung seiner auf den Darlehensvertrag erbrachten Leistungen Zug-um-Zug gegen Abtretung des Fondsanteils verlangen kann, führt die Unwirksamkeit des Darlehensvertrages wegen des Verstoßes der Treuhändervollmacht gegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zu einer Rückabwicklung der kreditfinanzierten Fondsbeteiligung. Da die Kläger, zumindest nach den Grundsätzen über den fehlerhaften Beitritt zu einer Gesellschaft (vgl. BGHZ 153, 214, 221 f.), Gesellschafter der Fonds-GbR sind und bei Erfüllung ihres Rückzahlungsanspruchs gegen die Beklagte bleiben, sind ihnen die aus dieser Kapitalanlage resultierenden Vorteile, d.h. Fondsausschüttungen und Steuervorteile, zu belassen.
- 34
- c) Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit einem Gegenanspruch auf Herausgabe der Darlehensvaluta ist unbegründet. Ein Kreditinstitut, das aufgrund eines wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG unwirksamen Darlehensvertrages die Immobilienfondsbeteiligung eines Kapitalanlegers finanziert und die Darlehensvaluta unmittelbar an den als GbR betriebenen Fonds ausgezahlt hat, kann den Kapitalanleger für die Bereicherungsschuld der GbR gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB nicht in entsprechender Anwendung des § 128 HGB persönlich in Anspruch nehmen (Senat, Urteil vom 17. Juni 2008 - XI ZR 112/07, WM 2008, 1356, 1358 f. Tz. 18 ff., für BGHZ vorgesehen).
IV.
- 35
- Das Berufungsurteil war demnach aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO), soweit in Höhe von 25.801,93 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 1. Januar 2002 zum Nachteil der Kläger entschieden worden ist. Da die Sache zur Endentscheidung reif ist, hatte der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO) und die Beklagte unter Abänderung des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung dieses Betrages zu verurteilen. Im Übrigen war die Revision zurückzuweisen.
Grüneberg Maihold
Vorinstanzen:
LG Mannheim, Entscheidung vom 23.08.2006 - 9 O 89/06 -
OLG Karlsruhe, Entscheidung vom 17.04.2007 - 17 U 333/06 -
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).
(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für
- 1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes, - 2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie - 3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.
(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.
(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.
(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.
(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.
(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.
(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.
(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:
- 1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind, - 2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit, - 3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde, - 4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
- 1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten), - 2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).
(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:
- 1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und - 2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.
(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:
- 1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4, - 2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, - 3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen, - 4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und - 5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.
(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.
(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).
(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für
- 1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes, - 2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie - 3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.
(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.
(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.
(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.
(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.
(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.
(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.
(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:
- 1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind, - 2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit, - 3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde, - 4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
- 1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten), - 2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).
(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:
- 1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und - 2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.
(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:
- 1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4, - 2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, - 3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen, - 4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und - 5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.
(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.
Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 1.700,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 4/5 und das beklagte Land zu 1/5.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger steht als Beamter im Dienst des Beklagten. Er rügt eine Altersdiskriminierung durch seine nach dem Besoldungsdienstalter bemessene Besoldung und beansprucht die Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 7. September 2009.
3Im Zeitpunkt der Klageerhebung bezog er eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 14, Stufe 10.
4Mit Schreiben vom 4. Dezember 2012, eingegangen bei dem Beklagten am 6. Dezember 2012, beantragte er rückwirkend zum Zeitpunkt seines Dienstantritts am 7. September 2009 die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen der ihm tatsächlich gezahlten Besoldung und der Besoldung nach Endstufe seiner Besoldungsgruppe. Zugleich legte er Widerspruch gegen die Besoldungsberechnung durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung ein. Zur Begründung führte er aus, dass die stufenweise Besoldung nach Besoldungsdienstalter eine unzulässige Altersdiskriminierung sei.
5Mit seiner am 27. Dezember 2012 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobenen Klage wiederholt der Kläger im Wesentlichen seine Rechtsauffassung, dass die ihm nach dem Besoldungsdienstalter gezahlte Besoldung gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße. Solange die Altersdiskriminierung nicht durch eine Modifikation des Besoldungsrechts behoben sei, komme nur eine besoldungsrechtliche „Angleichung nach oben“ in Betracht, also eine Besoldung nach dem Grundgehalt der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Besoldungsgruppe.
6Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
7das beklagte Land zu verurteilen, ihm für den Zeitraum ab dem 7. September 2009 die Differenz zwischen der ihm jeweils tatsächlich gezahlten Besoldung und der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe zu zahlen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro monatlich, und die nachzuzahlenden Gehaltsdifferenzen mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und jeweiliger Fälligkeit zu verzinsen.
8Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Klage sei unzulässig, weil der Kläger sie entgegen der Bestimmung des § 75 VwGO vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung seines Antrags anhängig gemacht habe. Überdies habe der Kläger seinen Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht.
11Mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hat sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen.
12Mit Beschluss vom 23. August 2013 ist mit Blick auf die beim Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen C-506/12 und die beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 6.13 anhängig gewesenen Verfahren das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15I. Die am 27. Dezember 2012 erhobene Klage, über die trotz des Ausbleibens der ordnungsgemäß geladenen Beteiligten vom Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 - VwGO), ist zulässig, obwohl der Kläger seinen Antrag auf höhere Besoldung erst am 6. Dezember 2012 gestellt hat. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen die Voraussetzungen der Untätigkeitsklage gemäß § 75 Satz 1 VwGO i.V.m. § 54 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BeamtStG) i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 21. April 2009 (LBG NRW) vor, weil der Beklagte den Antrag des Klägers noch nicht beschieden hat (vgl. § 75 Satz 2 VwGO).
16II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat aufgrund von § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (AGG) wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von jeweils 100,00 Euro pro Monat (1.). Des Weiteren spricht ihm die Kammer für das gesamte Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Zahlungsanspruch aufgrund des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu (2.). Weitergehende Zahlungsansprüche wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot stehen dem Kläger nicht zu (3.). Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht im Hinblick auf die ihm zustehende Entschädigung (4.).
171. Der Kläger hat einen Entschädigungsanspruch gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG. Hiernach kann die Beamtin oder der Beamte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
18a) Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und einen dadurch verursachten ersatzfähigen immateriellen Schaden voraus. Auf ein Verschulden des Beklagten kommt es nicht an.
19Anders als der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG ist der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG verschuldensunabhängig. Er setzt nicht in direkter oder analoger Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG voraus, dass der Arbeitgeber die Pflichtverletzung in Gestalt des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat.
20BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, BVerwGE 150, 234 (Rn. 34); Adomeit/Mohr, AGG, 2. Aufl. 2011, § 15 Rn. 29.
21§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG enthält eine Rechtsfolgenbestimmung, die hinsichtlich des Rechtsgrundes - des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot - mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG verzahnt ist. Das Tatbestandsmerkmal des Vertretenmüssens (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG) ist von dieser Verknüpfung aber nicht erfasst. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Klarstellung, „dass der materielle Schadensersatzanspruch - anders als bei der Entschädigung - nur entsteht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat.“ Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG wiederum soll „die Forderungen der Richtlinien sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber“ erfüllen.
22BT-Drs. 16/1780, S. 38.
23Hinzu tritt, dass der von § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG angeordnete Schadensersatz regelmäßig wesentlich höher ausfallen wird als der sich aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ergebende Entschädigungsanspruch. Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 17 Satz 2 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - RL 2000/78/EG), nur den Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG unter die Voraussetzung des Vertretenmüssens des Arbeitgebers zu stellen. Denn es wiegt ungleich schwerer und bedarf stärkerer Sanktion, wenn ein Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten oder sogar absichtlich begangen hat.
24BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 35.
25Dieses Regelungsanliegen und das daraus folgende Normverständnis von der Verschuldensunabhängigkeit des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG stehen nicht im Widerspruch zum Wortlaut oder zur Systematik des § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
26b) Das solchermaßen von § 15 Abs. 1 und 2 AGG gebildete, abgestufte Sanktionensystem für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den Vorgaben des Art. 17 der RL 2000/78/EG vereinbar.
27BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33 f.
28c) Entschädigungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG sind für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 wegen altersdiskriminierender Besoldung entstanden. Für die Zeit danach verstößt seine Besoldung nicht gegen das Benachteiligungsverbot.
29aa) Der Kläger ist als Beamter gemäß § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung seiner besonderen Rechtsstellung Berechtigter des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG.
30bb) Der von § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AGG vorausgesetzte, den Kläger betreffende Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot in Gestalt einer Benachteiligung aus Gründen des Alters gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG lag bis einschließlich 31. Mai 2013 in Gestalt der Zahlung einer an das Besoldungsdienstalter anknüpfenden Besoldung des Klägers vor. Für die Zeit seit dem 1. Juni 2013 war und ist die Besoldung nach Erfahrungsstufen mit Blick auf das Benachteiligungsverbot nicht zu beanstanden.
31(1) Die vom Beklagten geschuldete Besoldung des Klägers beruhte bis einschließlich 31. Mai 2013 auf einer gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßenden gesetzlichen Grundlage.
32(a) Bis zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Beklagten nach den §§ 27, 28 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BBesG a.F.). Diese Bestimmungen galten nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Landes auf die Länder gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) zunächst als Bundesrecht fort. Die in §§ 27, 28 BBesG a.F. angeordnet gewesene Besoldung der Beamtinnen und Beamten in Abhängigkeit von ihrem Lebensalter führte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) i.V.m. Art. 1 der RL 2000/78/EG und § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.
33EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. -, NVwZ 2014, 1294 (Rn. 50 ff.) - „Specht u.a.“; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015 - BVerwG 2 A 9.13 -, juris, Rn. 10; Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13 -, juris, Rn. 36 - „Unland” (bzgl. des die Besoldung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte betreffenden § 38 Abs. 1 BBesG a.F.).
34(b) Der in Anwendung dieses legislativen Unrechts erfolgte administrative Vollzugsakt der Besoldungszahlung verstößt aus demselben Grund gegen das Diskriminierungsverbot.
35(c) Der am 18. August 2006 in Kraft getretene § 7 Abs. 2 AGG, wonach Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam sind, steht dem nicht entgegen. Er erfasst lediglich Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn. Auf gesetzliche Vorschriften, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, findet er keine Anwendung.
36BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 17.
37(2) Seit dem 1. Juni 2013 verstößt der Beklagte mit seiner monatlich an den Kläger geleisteten Besoldung hingegen nicht mehr gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG. Seither zahlt er die Besoldung aufgrund des am 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 (ÜBesG NRW). Die darin angeordnete Besoldung nach Erfahrungsstufen verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) i.V.m. Art. 1 der RL 2000/78/EG und § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.
38(a) Auf der Grundlage des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen werden die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen und der nordrhein-westfälischen Gemeinden nicht mehr nach dem Prinzip des Besoldungsdienstalters besoldet. Stattdessen bemisst sich ihr Grundgehalt, soweit die Besoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Erfahrungsstufen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ÜBesG NRW). Zu diesem Zweck wird nach § 27 Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW im Geltungsbereich dieses Landesgesetzes mit der ersten Ernennung in ein Beamtenverhältnis mit Anspruch auf Dienstbezüge ein Grundgehalt der ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsgrundgehalt) festgesetzt, soweit nicht berücksichtigungsfähige Zeiten anerkannt werden. Das Lebensalter der Beamtin oder des Beamten ist für diese Festsetzung unerheblich. Ausgehend von der solchermaßen vorgenommenen Grundgehaltsfestsetzung erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 ÜBesG NRW nach bestimmten Zeiten mit dienstlicher Erfahrung und der Leistung. Bis zur fünften Stufe steigt das Grundgehalt der Beamtinnen und Beamten im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren (§ 27 Abs. 3 Satz 1 ÜBesG NRW).
39Diese Vorschriften stehen mit den höherrangigen Vorgaben der RL 2000/78/EG und mit dem einfachgesetzlich geregelten Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG in Einklang, weil sie keine Benachteiligung wegen des Alters bewirken.
40VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015 - 3 K 3407/13 -, juris, Rn. 83; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015 - 12 K 3414/12 -, juris, Rn. 86 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 55 ff. (zum Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz); BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 65 ff. (zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, BVerwGE 150, 255 (Rn. 67 f.; zum Sächsischen Besoldungsgesetz).
41(b) Eine mit der RL 2000/78/EG und mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG unvereinbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters ab dem 1. Juni 2013 ergibt sich nicht aus den Vorschriften des Gesetzes zur Überleitung der vorhandenen Beamtinnen, Beamten, Richterinnen, Richter, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger in die neuen Grundgehaltstabellen vom 16. Mai 2013 (BeamtuaGrGTÜG NRW).
42Dieses Gesetz perpetuiert die unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters, weil die darin angeordnete Überleitung in das System der Besoldung nach Erfahrungsstufen für im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bereits vorhandene Beamtinnen und Beamte an die nach altem Recht und damit auf der Grundlage des Lebensalters zugewiesene Besoldungsstufe anknüpft.
43VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 90 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 68 f. und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, a.a.O., Rn. 69 f.
44Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BeamtuaGrGTÜG NRW werden Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnung A den Stufen des Grundgehalts der Anlage IV Nr. 1 des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt nach Satz 2 dieser Vorschrift jeweils zu der Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe, die der Nummerierung der Stufe des Grundgehalts am 31. Mai 2013 entspricht. Mit der Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe beginnt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 BeamtuaGrGTÜG NRW das Aufsteigen in den Stufen nach § 27 Abs. 3 ÜBesG NRW. Bereits in einer entsprechenden Stufe verbrachte Zeiten mit Anspruch auf Dienstbezüge ab dem Monat, in dem die Beamtin oder der Beamte das 21. Lebensjahr vollendet hat, werden angerechnet (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BeamtuaGrGTÜG NRW).
45Die darin angelegte Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters ist aber mit Blick auf die vom nordrhein-westfälischen Gesetzgeber beabsichtigte Besitzstandswahrung der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bereits vorhandenen Beamtinnen und Beamten,
46LT-Drs. 16/1625, S. 69,
47sowie im Interesse der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. In Anbetracht der hohen Zahl von Beamtinnen und Beamten, der unterschiedlichen Länge des jeweils betroffenen Zeitraums, der Verschiedenheit der jeweiligen Laufbahnen und der Schwierigkeiten, die sich bei der Bestimmung der Vordienstzeiten ergeben könnten, wäre eine nicht an die aufgrund des Lebensalters zugewiesene Besoldungsstufe anknüpfende Überleitung übermäßig kompliziert und in erhöhtem Maß fehleranfällig gewesen.
48VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 95 ff.; im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 83; vgl. auch EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 37 ff. und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 64 ff. (beide zum Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz); BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 70 ff. und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, a.a.O., Rn. 71 ff.
49cc) Den gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ersatzfähigen immateriellen Schaden, der dem Kläger durch den bis einschließlich 31. Mai 2013 begangenen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entstanden ist, muss er nicht konkret nachweisen. Ein solcher Schaden liegt bereits im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vor.
50BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 45, m.w.N.
51dd) Verpflichteter der sich aus der gesetzeskonformen Zahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 ergebenden Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 24 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG das beklagte Land in seiner Funktion als Dienstherr des Klägers.
52BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 58; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015 - 1 K 1462/13 -, Rn. 33 ff.; Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 55.
53Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte als Dienstherr gemäß §§ 27, 28 BBesG a.F. i.V.m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG zur lebensalterabhängigen Besoldung verpflichtet war und er diese Vorschriften lediglich rechnerisch korrekt vollzogen hat.
54BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 36.
55Die Haftungsverantwortlichkeit des Beklagten als Dienstherrn folgt daraus, dass er selbst durch die Zahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat. Als Besoldungsschuldner, der sich zur Festsetzung und Auszahlung der Besoldung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Landesbesoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 17. Februar 2005 (LBesG NRW a.F.) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur Bestimmung der Besoldungsfestsetzungsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27. November 1979 (BesZVO) des Landesamtes für Besoldung und Versorgung bedient, hat das beklagte Land seinen Beamtinnen und Beamten eine diskriminierungsfreie Besoldung vorenthalten und dadurch eine gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG verstoßende Benachteiligung wegen des Alters bewirkt.
56Der Umstand, dass diese Benachteiligung in Vollzug einer gesetzlichen Bestimmung erfolgt ist und der Beklagte als Dienstherr wegen des im Besoldungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG a.F.) - vorbehaltlich eines Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - zum Vollzug des legislativen Unrechts sogar verpflichtet war, steht seiner Haftungsverantwortlichkeit nicht entgegen. Seine Pflicht zum Gesetzesvollzug ist allein im Rahmen des von der „Täterschaft“ zu unterscheidenden Vertretenmüssens des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot erheblich. Auf dieses kommt es bei dem Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG aber aus den dargelegten Gründen gerade nicht an.
57d) Seine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 4. Dezember 2012 formgerecht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht.
58Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG schriftlich geltend gemacht werden. Ausgehend vom Sinn und Zweck des Erfordernisses der schriftlichen Geltendmachung, den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn über etwaige Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Kenntnis zu setzen und ihm die rechtzeitige Prüfung der Ansprüche, die Beweissicherung und Rücklagenbildung zu ermöglichen,
59BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 49,
60genügt es für das Geltendmachen nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG, wenn die oder der Anspruchsberechtigte den Entschädigungsanspruch nach dem Lebenssachverhalt individualisiert und der ungefähren Höhe nach angibt; einer konkreten Bezifferung der Anspruchshöhe bedarf es nicht.
61BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 - BVerwG 2 B 145.11 -, juris, Rn. 14; BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 -, NZA 2011, 737 (Rn. 23); Deinert, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 112.
62Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012, obwohl er darin weder ausdrücklich Sekundäransprüche geltend gemacht noch sich auf die Anspruchsgrundlage des § 15 Abs. 1 oder 2 AGG berufen hat. Eine Auslegung am Maßstab des im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGB), wonach der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist, ergibt, dass der Kläger in einem weit verstandenen Sinne sämtliche Ansprüche auf Geldleistung wegen der altersdiskriminierenden Besoldung geltend machen wollte. Im Ausgangspunkt hat er unter Bezugnahme auf die dazu ergangene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung die von seiner Besoldung ausgehende Altersdiskriminierung beanstandet. Daran anknüpfend hat er einen finanziellen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Besoldung und der Besoldung, die sich aus der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ergibt, verlangt. Es ist erkennbar, dass er damit nicht allein einen auf die Zahlung einer höheren Besoldung gerichteten Primäranspruch geltend machen wollte. Er hat sich insoweit lediglich im Sinne eines rechtlichen Anstoßes an den bis dahin ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen orientiert und erkennbar alle rechtlichen Optionen offenhalten wollen.
63Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 49; OVG Sachs.-Anh., Urteil vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 -, juris, Rn. 3; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015 - 6 K 1378/14 -, juris, Rn. 30, das lediglich verlangt, „dass die Geltendmachung in irgendeiner Form auf die gerügte Diskriminierung abhebt“.
64e) Mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 4. Dezember 2012 hat der Kläger seine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 fristgemäß geltend gemacht.
65Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, - was hier nicht einschlägig ist - die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung - wie sie hier inmitten stehen - zu dem Zeitpunkt, in dem die oder der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
66In Fällen der vorliegenden Art, in denen die Beamtin oder der Beamte Entschädigungsansprüche wegen einer altersdiskriminierenden Besoldung erhebt, bezieht sich der einzelne Entschädigungsanspruch auf den jeweiligen Besoldungsmonat. Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG erhält die Beamtin oder der Beamte dabei grundsätzlich im Zeitpunkt des Erhaltens der jeweiligen Monatsbesoldung, also am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist. Ausgehend davon muss der auf den jeweiligen Besoldungsmonat bezogene Entschädigungsanspruch gemäß § 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB bis zum Monatsersten des übernächsten Monats geltend gemacht werden, es sei denn, der Monatserste ist ein Sonn- oder Feiertag oder ein Sonnabend. In diesen Fällen tritt an die Stelle des Monatsersten der nächste Werktag (§ 193 BGB).
67A.A. VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 29, wonach mit einem am 28. Dezember 2012 erhobenen Widerspruch Ansprüche für den Zeitraum ab Oktober 2012 rechtzeitig geltend gemacht worden seien.
68Der Entschädigungsanspruch muss nur einmal geltend gemacht werden; ein entsprechender Antrag oder Widerspruch wirkt für die Zukunft fort.
69BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 54.
70aa) Die zum Untergang der Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG hinsichtlich des Zeitraums vor dem 1. November 2012 führende materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG steht mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG in Einklang.
71BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - III ZR 4/15 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 48, m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - C-246/09 -, NJW 2010, 2713 (Rn. 34 ff.) - „Bulicke“.
72bb) Eine teleologische Reduktion der Fristbestimmung des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG dergestalt, dass sie nach ihrem Sinn und Zweck in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen ein Entschädigungsanspruch wegen einer altersdiskriminierenden Besoldungszahlung geltend gemacht wird, ausnahmsweise nicht anwendbar ist und stattdessen der Geltendmachung des Anspruchs lediglich die Einrede der Verjährung oder der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung finanzieller Ansprüche entgegensteht, kommt nicht in Betracht.
73Wenn eine Vorschrift nach ihrem Wortsinn Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll, sind Gerichte befugt, den Wortlaut der Vorschrift zu korrigieren, und ist eine überschießende Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen.
74BVerwG, Urteil vom 7. Mai 2014 - BVerwG 4 CN 5.13 -, NVwZ 2014, 1170 (Rn. 14).
75Ausdrücklich äußern sich die Gesetzesmaterialien hinsichtlich des Normzwecks nur dahingehend, dass es dem Arbeitgeber angesichts der in § 22 AGG geregelten Beweislastverteilung nicht zugemutet werden solle, „Dokumentationen über Einstellungsverfahren etc. bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen.“
76BT-Drs. 16/1780, S. 38.
77In einer vergleichbaren Situation befindet sich der Beklagte nicht. Hier steht nicht die Dokumentation über ein Einstellungsverfahren oder Ähnliches in Rede, sondern ein besoldungsrechtlicher Vorgang. Die Frage der Zumutbarkeit der Aufbewahrung diesbezüglicher Vorgänge stellt sich nicht in der in den Gesetzmaterialien angesprochenen Weise. Der Beklagte ist aufgrund § 50 BeamtStG und § 84 LBG NRW zur Dokumentation aller besoldungsrelevanten Angelegenheiten in der Personalakte seiner Beamtin oder seines Beamten verpflichtet. Die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG dient aber neben dem in den Gesetzesmaterialien genannten besonderen Anliegen hinaus in einem allgemeinen Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Dienstherr soll, wie bereits ausgeführt, über etwaige Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Kenntnis gesetzt und ihm die rechtzeitige Prüfung der Ansprüche, die Beweissicherung und Rücklagenbildung ermöglicht werden.
78BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 48 f.; Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 92.
79cc) Der fristgebundene „Anspruch“ im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist hier kein einmalig entstandener Entschädigungsanspruch. Stattdessen stehen der Beamtin oder dem Beamten mehrere monatsweise entstandene Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu. Die altersdiskriminierende Besoldung ist eine monatlich wiederkehrende Benachteiligung mit der Folge, dass für jeden monatlich wiederkehrenden, in sich geschlossenen Diskriminierungsakt ein einzelner, auf den jeweiligen Monat bezogener Entschädigungsanspruch entsteht.
80Vgl. Adomeit/Mohr, a.a.O, Rn. 108 (bzgl. regelmäßig zu zahlender Entgelte); LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 Sa 942/13 -, juris, Rn. 22 (bzgl. des Entschädigungsanspruchs einer Verwaltungsangestellten wegen einer altersdiskriminierenden Reduzierung der Arbeitszeit nach Altersstufen auch bei Teilzeitbeschäftigung).
81Die Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG des jeweiligen Entschädigungsanspruchs ist dementsprechend für jeden einzelnen Monat des geltend gemachten Gesamtzeitraums gesondert zu beurteilen.
82So im Ergebnis auch VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 28 f.; vgl. auch BAG, Urteil vom 26. Oktober 1994 - 5 AZR 404/93 -, NZA 1995, 858 (859), bzgl. eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014, a.a.O., Rn. 22 (bzgl. des Entschädigungsanspruchs einer Verwaltungsangestellten wegen einer altersdiskriminierenden Reduzierung der Arbeitszeit nach Altersstufen auch bei Teilzeitbeschäftigung); LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011 - 5 Sa 208/11 -, juris, Rn. 180; Adomeit/Mohr, a.a.O, Rn. 108 (bzgl. regelmäßig zu zahlender Entgelte).
83(1) Eine wiederkehrende Benachteiligung ist anzunehmen, wenn mehrere jeweils in sich geschlossene, vom jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden Vorgang logisch trennbare Vorgänge mit jeweils einer eigenständig generierten und nicht bloß nachwirkenden Benachteiligung vorliegen.
84Dies folgt im Umkehrschluss aus der Begriffsbestimmung des diskriminierenden Dauertatbestandes. Ein solcher ist gegeben, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten und es sich um einen noch nicht abgeschlossenen, länger währenden Zustand auf der Grundlage eines einheitlichen Tatentschlusses handelt. Die einzelnen Benachteiligungshandlungen müssen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, so dass ein Aufspalten dieses einheitlichen Lebenssachverhalts künstlich wäre. Dagegen liegt ein Dauerzustand nicht vor, wenn die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge bereits abgeschlossen sind und lediglich nachwirken.
85BAG, Urteil vom 24. September 2009, - 8 AZR 705/08 -, NZA 2010, 387 (Rn. 59 f.); LAG Hamm, Urteil vom 1. Juni 2012 - 18 Sa 683/11 -, juris, Rn. 127; Hess. LAG, Urteil vom 7. Februar 2012 - 2 Sa 1411/10 -, juris, Rn. 51; Bauer, AGG, 4. Aufl. 2015, § 15 Rn. 52; Sponer/Steinherr, TVöD Gesamtausgabe, 146. Update 08/15, § 15 AGG Rn. 81.
86(2) Die an das Lebensalter anknüpfende monatliche Besoldung erfüllt die Begriffsmerkmale einer wiederkehrenden Benachteiligung. Die von ihr ausgehende Diskriminierung ist nicht auf den einleitenden Akt der am Lebensalter orientierten Zuordnung zur Grundgehaltstabelle begrenzt.
87A.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, RiA 2015, 103 (108).
88Das nach §§ 27, 28 BBesG a.F. in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter bildet den Anknüpfungspunkt für die erstmalige administrative Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze, von wo aus das Grundgehalt der Beamtin oder des Beamten aufgrund bestimmter Kriterien ansteigt.
89BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14.
90Der altersdiskriminierende Effekt, dass sich deshalb das Grundgehalt, das zwei gleichzeitig ernannte Beamtinnen oder Beamte mit der gleichen oder vergleichbaren Berufserfahrung, aber unterschiedlichem Lebensalter erhalten, allein aufgrund ihres Lebensalters zum Zeitpunkt ihrer Ernennung unterscheidet,
91BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14,
92erschöpft sich aber weder in dem Setzen des legislativen Unrechts in Gestalt der §§ 27, 28 BBesG a.F. noch in dem einleitenden Vollzugsakt der der Beamtin oder dem Beamten gemäß § 28 Abs. 4 BBesG a.F. mitzuteilenden Festsetzung des Besoldungsdienstalters und der hierauf gestützten erstmaligen Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze. Den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, an die die hier in Rede stehenden Entschädigungsansprüche gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG anknüpfen, hat dieser erst durch den administrativen Vollzug des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung in Gestalt der Auszahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung bewirkt.
93Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 36, 57.
94Dieser diskriminierende Akt war kein einmaliger Vorgang und keine bloße - naturgemäß mit zunehmendem Zeitablauf „verblassende“ - Nachwirkung der erstmaligen Bestimmung des Besoldungsdienstalters im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers. Er hatte auf der Grundlage des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung keinen einmaligen Anspruch auf Besoldung für den Gesamtzeitraum des Bestehens des Dienstverhältnisses zwischen ihm und dem Beklagten. Stattdessen hatte er einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, nämlich einen Anspruch auf Besoldung für grundsätzlich jeden vollen Kalendermonat (§ 3 Abs. 4 BBesG a.F.).
95Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2008 - 21 A 660/07 -, juris, Rn. 16.
96Auch wenn die Dienstbezüge grundsätzlich ohne vorhergehenden Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheid, sondern unmittelbar auf der Grundlage des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung gewährt wurden,
97BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2008 - BVerwG 2 B 72.07 -, juris, Rn. 6; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 13. August 2008 - 1 A 157/07 -, juris, Rn. 42,
98musste der Anspruch auf Besoldung monatlich dem Grunde und der Höhe nach geprüft und erfüllt werden. So war monatsweise unter anderem zu prüfen, ob der Beamtin oder dem Beamten im Vergleich zum vorangegangenen Monat etwa wegen einer Teilzeitbeschäftigung lediglich ein Anspruch auf ein gekürztes Grundgehalt zustand (§ 6 Abs. 1 BBesG a.F.). Auch die Entscheidung darüber, ob die Beamtin oder der Beamte inzwischen die nächsthöhere Besoldungsstufe erreicht und damit einen Anspruch auf ein höheres Grundgehalt hat, musste die Zahlstelle monatsweise unter anderem unter Heranziehung des Besoldungsdienstalters treffen. Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F. bestimmte sich das Aufsteigen in den Besoldungsstufen neben der Leistung gerade nach dem an das Lebensalter anknüpfende Besoldungsdienstalter. Damit hing der monatsweise zu prüfende und der Beamtin oder dem Beamten zumindest faktisch entgegenzuhaltende Aufstieg oder Nichtaufstieg in die nächsthöhere Besoldungsstufe stets vom altersdiskriminierenden Element des lebensalterabhängigen Besoldungsdienstalters ab.
99Dieser den Kläger diskriminierende Umstand, dass er im Vergleich zu einem am selben Tag eingestellten lebensälteren Beamten allein wegen seines Alters eine vergleichsweise niedrigere Besoldung erhalten hat, war eine sich monatsweise erneuernde Perpetuierung jener „Anfangsdiskriminierung“. Denn war die konkrete Höhe des monatlichen Besoldungsanspruchs (§ 3 Abs. 4 BBesG a.F.) jeweils auch von dem an das Lebensalter anknüpfenden Besoldungsdienstalter abhängig (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F.), wurde die altersdiskriminierende Folge der §§ 27, 28 BBesG a.F. jeden Monat mit den Kläger jedes Mal erneut belastender, weil ihn wegen seines Alters stets ein weiteres Mal zurücksetzender Auswirkung in Gang gesetzt. Vor diesem Hintergrund war die Auszahlung der nach dem Lebensalter bemessenen Besoldung kein bloßer diskriminierungsfreier Reflex der lebensalterabhängigen Festsetzung der Besoldungsstufe. Stattdessen hat der Administrativakt der Zahlung der nach dem Lebensalter bemessenen Besoldung jeden Monat erneut und damit wiederkehrend eine selbstständige, in sich geschlossene und von der jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden monatlichen Bezügezahlung trennbare und selbstständig wirkende Benachteiligung aufgrund des Alters bewirkt.
100In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht betont, „[d]ie ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers wegen seines Lebensalters manifestierte sich regelmäßig in der monatlichen Auszahlung seiner Bezüge“, und insofern von „einer wiederkehrenden Benachteiligung“ gesprochen.
101BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 54.
102Auf dieser Grundlage hat es den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG auch nicht an das legislative Unrecht des Erlasses der §§ 27, 28 BBesG a.F. oder an den singulären Administrativakt der anfänglichen Festsetzung des für die Zuordnung zur Grundgehaltstabelle maßgeblich gewesenen Besoldungsdienstalters geknüpft und einen allein darauf bezogenen Entschädigungsanspruch zugesprochen. Stattdessen ist es von mehreren „monatsweise entstandenen Entschädigungsansprüchen“ ausgegangen und hat dem Kläger des Revisionsverfahrens keinen einmaligen, sondern einen monatlich berechneten Pauschalbetrag als Entschädigung zugesprochen.
103BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 60 f., 74.
104dd) Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG hatte der Kläger jeweils am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist, frühestens aber seit dem 8. September 2011.
105(1) Grundsätzlich hat die oder der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG Kenntnis von der Benachteiligung, wenn sie oder er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass sie oder er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren und unzweifelhaften Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann erst mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch eine höchstrichterliche Entscheidung.
106BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 51.
107(2) Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG hatte die Beamtin oder der Beamte grundsätzlich am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist, weil das Grundgehalt gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BBesG a.F. monatlich im Voraus gezahlt wurde. In dem Zeitpunkt, in dem die Beamtin oder der Beamte die Monatsbezüge erhalten hatte - also am letzten Bankwerktag des jeweiligen Vormonats - wusste sie oder er, dass sie oder er tatsächlich auch in diesem Monat unter Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Lebensalters besoldet wurde. Das in den letzten Bankwerktag des dem Besoldungsmonat vorausgehenden Monats fallende Ereignis der Bezügezahlung markiert gemäß § 187 Abs. 1 BGB den Beginn der zweimonatigen materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.
108(3) Die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG begann hier aber frühestens mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011.
109(a) Erst mit dieser Entscheidung ist die hinsichtlich der Vereinbarkeit der lebensalterbezogenen Besoldung von Beamtinnen und Beamten mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG und damit auch mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG bis dahin unklare und unsichere Rechtslage geklärt worden.
110BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 13 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52 f.; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 21; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 36; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015 - 3 A 78/12 -, juris, Rn. 27; VG Arnsberg, Urteil vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris, Rn. 16; a.A. OVG Saarl., Urteil vom 6. August 2015 - 1 A 290/14 -, juris, Rn. 40 ff.; Tiedemann, RiA 2015, 97 (100).
111In diesem Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union betreffend das dem Besoldungssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. vergleichbare Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages entschieden, dass die Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer in einem Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme entgegenstehen, wonach sich innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe die Grundvergütung eines Angestellten im öffentlichen Dienst bei dessen Einstellung nach seinem Alter bemisst.
112EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - C‑297/10, C-298/10 -, NZA 2011, 1110 (Rn. 78) - „Hennigs und Mai”.
113(b) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der Kläger die nach § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG für den Beginn des Fristlaufs erforderliche Kenntnis von seiner Benachteiligung bereits ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 hatte,
114so BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 13 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104,
115oder erst ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Entscheidung in einem periodisch erscheinenden Druckerzeugnis.
116Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39 ff.; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 32 ff.
117Auf den Zeitraum, für den der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, hat diese Rechtsfrage keinen Einfluss.
118Das am 6. Dezember 2012 bei dem Beklagten eingegangene Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012 hätte im letztgenannten Fall weder den gesamten geltend gemachten Zeitraum - seit September 2009 - noch einen im Vergleich zur Anknüpfung an die Urteilsverkündung längeren Zeitraum abgedeckt. Er wahrt die Frist in beiden Fällen lediglich ab dem Monat November 2012. Den gesamten geltend gemachten Zeitraum hätte das Schreiben nur dann erfasst, wenn er innerhalb von zwei Monaten seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 - sei es seit dessen Verkündung oder dessen Publikation - bei dem Beklagten eingegangen wäre. Beides ist nicht der Fall.
119(aa) Knüpft der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG an die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011, begann die Frist erstmals am 9. September 2011 (§ 187 Abs. 1 BGB) zu laufen und endete erstmals mit dem Ablauf des 8. November 2011 (§ 188 Abs. 2 BGB). Das Schreiben des Klägers ist aber erst nach diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten eingegangen.
120(bb) Nichts anderes würde für den Fall gelten, wenn der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG an die Veröffentlichung des besagten Urteils in einem periodisch erscheinenden Druckerzeugnis anzuknüpfen wäre. Abzustellen wäre dann auch nach Auffassung der Kammer nicht auf die Publikation in einer privatwirtschaftlich herausgegebenen, wenn auch auflagenstarken Fachzeitschrift wie etwa in Heft 8/2012 der Neuen Juristischen Wochenschrift (S. 512), erschienen am 16. Februar 2012, oder einem anderen einschlägigen Fachblatt. Stattdessen wäre der Zeitpunkt der am 22. Oktober 2011 erfolgten Veröffentlichung des Urteils im Amtsblatt der Europäischen Union,
121ABl. EU 2011, Nr. C 311, S. 12 f.,
122entscheidend. Die am 23. Oktober 2011 erstmals beginnende Frist wäre dann erstmals am 22. Dezember 2011 abgelaufen.
123Im Ergebnis auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 32 ff.
124Die Kammer lehnt sich insoweit an die Regelungen in Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG und in § 31 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BVerfGG) an. Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG werden die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte verkündet. Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG muss das Bundesministerium der Justiz die Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts im Bundesgesetzblatt veröffentlichen, soweit in der betreffenden Entscheidung des Gerichts ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird.
125Diese vom Grundgesetz und vom Bundesgesetzgeber der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zugesprochene hinreichende Publizität erreicht auch die Publikation im Amtsblatt der Europäischen Union, das in seiner Funktion dem Bundesgesetzblatt vergleichbar ist.
126Hiergegen spricht nicht, dass ein Rechtsunkundiger das Amtsblatt der Europäischen Union regelmäßig nicht lesen wird. Abgesehen davon, dass dieser Einwand auch im Hinblick auf das Bundesgesetzblatt unbehelflich ist, wäre eine tatsächliche Kenntnisnahme des Urteils ebenso wenig im Falle einer Veröffentlichung in einer periodisch erscheinenden juristischen Fachzeitschrift gewährleistet.
127Auf die Veröffentlichung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in einer Fachzeitschrift wäre auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzustellen. Zwar hat der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem die Bankenhaftung bei kreditfinanzierter Kapitalanlage betreffenden Urteil für den Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Veröffentlichung einschlägiger Urteile des Bundesgerichtshofs in der Neuen Juristischen Wochenschrift abgestellt.
128BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, NJW-RR 2009, 547 (Rn. 19).
129Eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach im Falle der Klärung einer unsicheren Rechtslage die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB stets erst ab Veröffentlichung der klärenden höchstrichterlichen Entscheidung in einer periodisch erscheinenden Fachzeitschrift beginnt, ist aber nicht ersichtlich.
130VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere mit zutreffendem Zitat des Urteils vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 -, NJW 1999, 2041 (2043), wo der Bundesgerichtshof auf den „Erlaß des Senatsurteils“ abstellt.
131Überdies verbietet sich ein Vergleich der Publikationspraxis des Bundesgerichtshofs mit der des Gerichtshofs der Europäischen Union insoweit schon deshalb, weil Entscheidungen des Bundesgerichtshofs - anders als die des Gerichtshofs der Europäischen Union oder des Bundesverfassungsgerichts - prinzipiell weder im Bundesgesetzblatt noch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.
132(c) Der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, wonach die unsichere Rechtslage erst durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. - geklärt worden sei,
133OVG Saarl., Urteil vom 6. August 2015 a.a.O., Rn. 40 ff. (die hiergegen eingelegte Revision ist unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 20.15 anhängig),
134folgt die Kammer nicht.
135Der Gerichtshof der Europäischen Union hat einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung speziell für die Konstellation der aufgrund des Besoldungsdienstalters gemäß §§ 27, 28 BBesG a.F. geleisteten Besoldung von Beamtinnen und Beamten erst mit dem Urteil in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 festgestellt. Daraus folgt aber nicht, dass der Kläger die gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis von seiner Benachteiligung erst durch dieses Urteil erlangt hat.
136Hinsichtlich der Frage, wann die oder der Betroffene von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt.
137BAG, Urteil vom 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 -, juris, Rn. 60.
138§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlangt die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen. Der Verjährungsbeginn setzt danach grundsätzlich nicht voraus, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Jedoch ist die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schuldner eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung in einem Maße Erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist. Völlig risikolos im dem Sinne, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in seinem konkreten Fall keinen vernünftigen Zweifeln unterliegt, muss die Klage nicht sein.
139BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 51, m.w.N; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13 -, NJW 2014, 3713 (Rn. 49).
140Das Geltendmachen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Gestalt der Besoldung nach dem Lebensalter war auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in Sachen Hennigs und Mai hinreichend aussichtsreich. Aus den Entscheidungsgründen ließ sich hinreichend verlässlich entnehmen, dass nicht nur das in dieser Entscheidung beurteilte Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages mit der RL 2000/78/EG unvereinbar war, sondern auch das System der an das Lebensalter der Beamtinnen und Beamten anknüpfenden Besoldung. Das Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages war mit dem Besoldungssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. in diesem entscheidenden Punkt der Lebensaltersbezogenheit strukturell vergleichbar und die Argumentation des Gerichtshofs der Europäischen Union damit auf das Recht der Beamtenbesoldung übertragbar. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem die Beamtenbesoldung betreffenden Urteil vom 19. Juni 2014 seine Aussage, die bei der Einstellung einer Beamtin oder eines Beamten stattfindende Einstufung in eine Grundgehaltsstufe anhand des Lebensalters gehe über das hinaus, was zur Erreichung des legitimen Ziels der Berücksichtigung der Berufserfahrung erforderlich sei, damit einleitet, dass er eben diese Feststellung bereits in seinem Urteil vom 8. September 2011 getroffen habe.
141EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 51.
142Überdies hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 19. Juni 2014 betont, dass die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem Bundesbesoldungsgesetz alter Fassung obliegenden Verpflichtung bereits mit der „Verkündung“ seines Urteils in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 erläutert und verdeutlicht worden sei.
143EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104.
144Von dieser Feststellung ist der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 9. September 2015 nicht abgerückt, wenngleich er darin für die Feststellung, dass die in § 38 Abs. 1 BBesG a.F. angeordnet gewesene Besoldung der Richter nach ihrem Lebensalter gegen Art. 2, 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG verstoßen habe, lediglich auf sein Urteil in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 rekurriert.
145EuGH, Urteil vom 9. September 2015, a.a.O, Rn. 33 f.
146Waren die den Bundes-Angestelltentarifvertrag betreffenden Entscheidungsgründe des Urteils vom 8. September 2011 abstrahierbar und wegen der strukturellen Vergleichbarkeit beider Systeme auf die Beamtenbesoldung übertragbar, bestand schon auf der Grundlage dieses Urteils eine hinreichende, das Geltendmachen eines Anspruchs aus § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG zumutbar machende Aussicht auf Erfolg.
147ee) Der Auffassung, wonach die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erst in dem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem der Besoldungsgesetzgeber die altersdiskriminierende Anknüpfung an das Lebensalter durch eine Besoldung nach Erfahrungsstufen ersetzt hat - hier also mit Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2013 -,
148Tiedemann, a.a.O., S. 100; vgl. auch LAG Rh.-Pf., Urteil vom 13. August 2014 - 4 Sa 517/13 -, juris, Rn. 37 (bzgl. einer geschlechterdiskriminierenden Arbeitnehmervergütung),
149folgt die Kammer nicht.
150Im Ergebnis auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, a.a.O., S. 108.
151Die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG beginnt nur dann erst mit der zeitlich letzten Handlung, wenn es sich bei der Benachteiligung um einen Dauertatbestand handelt.
152BAG, Urteil vom 24. September 2009, a.a.O., Rn. 59; LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 180; LAG Köln, Urteil vom 15. Februar 2008 - 11 Sa 923/07 -, NZA-RR 2008, 622 (625); Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 107; Weth, in: Junker/Beckmann/Rüßmann, jurisPK-BGB, Band 2, 7. Aufl. 2014, § 15 AGG Rn. 57; vgl. demgegenüber Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, Band 1, 7. Aufl. 2015, § 15 AGG Rn. 45, der wohl auf die Besonderheit des jeweiligen Einzelfalls abstellt.
153Ein benachteiligender Dauertatbestand lag in Gestalt der altersdiskriminierenden Besoldung aber nicht vor. Stattdessen handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um eine monatlich wiederkehrende Benachteiligung. Davon geht offenbar auch das Bundesverwaltungsgericht aus. Dieses knüpft den Beginn der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nämlich nicht - wie es bei der Annahme eines Dauertatbestandes erforderlich gewesen wäre - an den Zeitpunkt des Inkrafttretens eines diskriminierungsfreien Besoldungsgesetzes, sondern an die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in Sachen Hennigs und Mai.
154BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52; gegen die Annahme eines Dauertatbestandes bei einer altersdiskriminierenden Besoldung auch: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, a.a.O., S. 108.
155ff) Soweit der Kläger seinen Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG nicht gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, steht es dem Anspruchsverlust nicht entgegen, wenn der Beklagte ihn nicht auf die Möglichkeit des Geltendmachens eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG und die Notwendigkeit der Fristwahrung gemäß § 15 Abs. 4 AGG hingewiesen hat.
156Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegt dem Dienstherrn keine aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) abzuleitende allgemeine Pflicht zur Belehrung über alle für die Beamtinnen und Beamten einschlägigen Vorschriften, vor allem dann nicht, wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar bei jeder Beamtin und jedem Beamten vorausgesetzt werden können oder die sich die Beamtin oder der Beamte unschwer selbst verschaffen kann. Demgemäß gebietet ihm die Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht, seine Beamtinnen und Beamten von sich aus auf für sie etwa in Betracht kommende Möglichkeiten einer Antragstellung aufmerksam zu machen.
157BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997 - BVerwG 2 C 10.96 -, BVerwGE 104, 55 (57 f.); VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 45.
158Eine besondere Fallgestaltung, die ausnahmsweise geeignet ist, eine Belehrungspflicht auszulösen,
159Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997, a.a.O., S. 58,
160macht der Kläger nicht geltend. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Das Geltendmachen des Entschädigungsanspruchs lag ausschließlich in der Interessenssphäre des Klägers, und hing die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht von Kenntnissen ab, über die allein der Beklagte verfügte, und zu denen der Kläger auch unter der ihm zumutbaren Zuhilfenahme des Rates Rechtskundiger keinen Zugang gehabt hätte.
161gg) Einem - vom Kläger nicht gestellten - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 32 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 - VwVfG NRW) hinsichtlich der Frist des § 15 Abs. 4 AGG wäre schon wegen der abgelaufenen Jahresfrist des § 32 Abs. 3 VwVfG NRW der Erfolg versagt. Einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht außerdem § 32 Abs. 5 VwVfG NRW entgegen, weil es sich bei § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG um eine Ausschlussfrist handelt.
162VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 44; vgl. auch Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn. 6.
163f) Die gemäß § 15 Abs. 4 AGG fristgerecht geltend gemachten Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG sind nicht verjährt. Bei den monatsweise entstandenen Ansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB) mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (vgl. § 199 Abs. 1 BGB).
164BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 60.
165Die für den ältesten Anspruch aus dem Monat November 2012 danach am 1. Januar 2013 (§ 187 Abs. 1 BGB) beginnende regelmäßige Verjährungsfrist hat der Kläger jedenfalls mit seiner Klageerhebung am 27. Dezember 2012 gewahrt.
166g) Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“ des Geltendmachungsschreibens oder für eine Verwirkung der rechtzeitig geltend gemachten monatsweisen Entschädigungsansprüche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
167Vgl. dazu LAG Köln, Urteil vom 15. März 1989 - 2 Sa 9/89 -, ZTR 1990, 249 (249).
168h) Der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG ist nicht aufgrund des für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich entsprechend anwendbaren § 839 Abs. 3 BGB,
169BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - BVerwG 2 C 12.14 -, DVBl 2015, 1121 (Rn. 11),
170ausgeschlossen.
171Nach § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Der Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Er umfasst etwa förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung oder auch formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags.
172OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 6 A 1183/10 -, Rn. 9 ff., www.nrwe.de.
173Ein zum Ausschluss seiner Entschädigungsansprüche führendes vorsätzliches oder fahrlässiges Unterlassen eines solchen Rechtsmittels ist dem Kläger nicht anzulasten. Dem Umstand, dass er nicht bereits im Anschluss an das die Rechtslage klärende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 seine Rechte geltend gemacht hat, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass ältere Entschädigungsansprüche gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG wegen Verfristung ausgeschlossen sind. Soweit er im Übrigen die monatsweise entstehenden Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, hat er zugleich Widerspruch gegen die Höhe seiner Besoldung erhoben. Es bestehen aus der Sicht der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, dass weder das Drängen auf eine frühere Entscheidung über seinen Antrag noch das Erheben einer Untätigkeitsklage zu einer früheren Änderung der Besoldungsgesetze und damit Behebung der Altersdiskriminierung geführt hätte. Andere zulässige und aussichtsreiche Rechtsmittel, mit denen der Kläger seine Benachteiligung wegen des Alters hätte abwenden können, waren nicht gegeben.
174i) Als Ausgleich für die Benachteiligung wegen des Lebensalters sieht die Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro je Monat für den vom Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012 abgedeckten Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 als angemessen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an. Dieser Wert orientiert sich an der in § 198 Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (GVG) sowie des § 97a Abs. 2 Satz 3 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Wertung des Bundesgesetzgebers, wonach im Falle der überlangen Dauer von Gerichtsverfahren die Entschädigung 1.200,00 Euro für jedes Jahr der Verzögerung beträgt. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer und Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn, einer etwa geleisteten Wiedergutmachung oder erhaltenen Genugtuung, das Vorliegen eines Wiederholungsfalls sowie mit Rücksicht auf den Sanktionszweck und der von § 15 AGG bezweckten Abschreckungswirkung im vorliegenden Fall angemessen.
175BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 61 ff.; a.A. VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 45, das einen kalenderjährlich um 100,00 Euro steigenden immateriellen Schadensersatz zugesprochen hat; Tiedemann, a.a.O., S. 101 f.
176Ein bei der Bemessung des Entschädigungsanspruchs zu berücksichtigendes Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB trifft den Kläger nicht. Soweit er seinen Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG fristgerecht geltend gemacht und dabei ausdrücklich einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung beanstandet hat, hat er alles ihm zur Schadensvermeidung Mögliche unternommen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Anspruchsausschluss entsprechend § 839 Abs. 3 BGB Bezug genommen.
1772. Darüber hinaus spricht die Kammer dem Kläger gegen den Beklagten für das Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Zahlungsanspruch in Höhe von 100,00 Euro je Monat aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts zu.
178a) Allerdings hat die Kammer durchgreifende Bedenken gegen die Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs neben den in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG normativ geregelten Sekundäransprüchen.
179Die Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bejahend BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 34 ff.; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 67 ff.; a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 47 ff.; offen lassend EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 67 ff. und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 98 ff.
180aa) In seinem landesgesetzliche Regelungen zu den Altersgrenzen für Polizeibeamtinnen und -beamte betreffenden Urteil vom 23. Juli 2015 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG weder mit dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch deckungsgleich noch sie den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch verdrängende Spezialregelungen seien. Grundlage der in § 15 Abs. 1 und 2 AGG geregelten Ansprüche seien stattdessen individual- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen oder eine einzelfallbezogene, konkrete Maßnahme des Arbeitgebers, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, nicht aber die Schaffung einer diesem Verbot widersprechenden abstrakten Rechtslage. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen „legislativen Unrechts“ weise eine andere inhaltliche Qualität auf als die auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG beruhenden und der materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterliegenden Ansprüche.
181BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13.
182bb) Hat aber - wie hier - der Mitgliedstaat eine den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch konkretisierende Vorschrift des sekundären Unionsrechts in nationales Recht umgesetzt, bleibt für eine darüber hinausgehende Haftung des Mitgliedstaats selbst oder einer anderen nationalen Körperschaft auf der Grundlage eines daneben stehenden, anderweitig zu konkretisierenden unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs kein Raum.
183(1) Der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelte unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch flankiert das Effektivitätsprinzip. Die volle Wirksamkeit unionsrechtlicher Bestimmungen wäre beeinträchtigt und der Schutz der durch sie begründeten Rechte gemindert, wenn der Einzelne nicht die Möglichkeit hätte, für den Fall eine Entschädigung zu erlangen, dass seine Rechte durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht verletzt werden, der einem Mitgliedstaat zuzurechnen ist. Die Möglichkeit einer Entschädigung durch den Mitgliedstaat ist vor allem dann unerlässlich, wenn die volle Wirkung der unionsrechtlichen Bestimmungen davon abhängt, dass der Staat tätig wird, und der Einzelne deshalb im Falle einer Untätigkeit des Staates die ihm durch das Unionsrecht zuerkannten Rechte vor den nationalen Gerichten nicht im Wege des Primärrechtsschutzes geltend machen kann.
184EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 -, NJW 1992, 165 (Rn. 33 f.) - „Francovich u.a.“.
185Aus dem Unionsrecht selbst ergeben sich lediglich die Kernvoraussetzungen, unter denen ein Mitgliedstaat auf der Grundlage des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs verpflichtet ist. Die Regelung der Folgen des durch den Unionsrechtsverstoß verursachten Schadens bleibt dem nationalen Haftungsrecht überlassen, wobei die dort festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, dass die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist.
186EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - C-46/93 und C-48/93 -, NJW 1996, 1267 (Rn. 67) - „Brasserie du pêcheur u.a.“; vgl. auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 618 f.
187Der solchermaßen mit dem nationalen Recht verwobene unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist subsidiär, soweit das nationale Recht eine hinreichende Haftung für den in Rede stehenden Unionsrechtsverstoß bereithält und deshalb die anderenfalls vom unionsrechtlichen Haftungsanspruch seinem Sinn und Zweck nach zu schließende Haftungslücke gerade nicht besteht.
188Weber, NVwZ 2001, 287 (289); Wolf, Die Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik für Verstöße gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht (EGV), 1999, S. 68 f.; vgl. auch Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 612, wonach es etwa im Fall der fehlerhaften Anwendung einer EU-Verordnung durch eine deutsche Verwaltungsbehörde keines Rückgriffs auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bedürfe, weil der Geschädigte bereits durch die nationalen Haftungsinstitute hinreichend geschützt sei.
189(2) Das nationale Recht enthält mit der Haftungsregelung des § 15 AGG einen hinreichend effektiven Sekundärrechtsschutzmechanismus für Verstöße gegen die RL 2000/78/EG. Er setzt die Vorgaben des Art. 17 der RL 2000/78/EG um, der seinerseits eine Konkretisierung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für Verstöße gegen diese Richtlinie ist.
190(a) Der hier in Rede stehende Verstoß gegen Unionsrecht gründet in dem legislativen Unrecht der nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fortgeltenden, gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) der RL 2000/78/EG verstoßenden §§ 27, 28 BBesG a.F., die der Beklagte in seiner Funktion als Dienstherr korrekt vollzogen hat.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 15, 36.
192Für Verstöße gegen Vorschriften der RL 2000/78/EG enthält deren Art. 17 Satz 1 den allgemeinen Auftrag an die Mitgliedstaaten, Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 17 Satz 2 der RL 2000/78/EG).
193Dieser Art. 17 der RL 2000/78/EG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine auf diese Richtlinie zugeschnittene Konkretisierung der seit jeher bestehenden unionsrechtlichen Haftung für die unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien.
194BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 37 (unter Bezugnahme auf das den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch betreffende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Francovich u.a.).
195(b) Den die unionsrechtliche Staatshaftung bereichsspezifisch konkretisierenden Regelungsauftrag des Art. 17 der RL 2000/78/EG hat der Bundesgesetzgeber erfüllt, indem er mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG ein Benachteiligungsverbot ausgesprochen und in § 7 Abs. 2 und § 15 AGG Sanktionen für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot vorgesehen hat. Diese Umsetzung steht, wie bereits ausgeführt, mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG in Einklang.
196BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33 f.
197Dabei gilt das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht nur für Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auch für gesetzgeberisches Handeln. Während mit § 7 Abs. 1 AGG unvereinbare Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam sind, haben Verstöße einer gesetzlichen Regelung gegen das Benachteiligungsverbot die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG zur Folge.
198BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 17.
199(c) Hat der nationale Gesetzgeber aber mit § 15 Abs. 1 und 2 AGG in Umsetzung der den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch konkretisierenden Bestimmung des Art. 17 der RL 2000/78/EG für den hier in Rede stehenden Verstoß gegen diese Richtlinie einen unionsrechtskonformen nationalen Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch geschaffen, bleibt für die Annahme eines zusätzlichen, neben § 15 Abs. 1 und 2 AGG stehenden unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs kein Raum.
200So auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 47 ff.
201(d) Die Notwendigkeit eines „Nebeneinanders“ des Schadensersatz- und des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG mit dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch besteht auch nicht deshalb, weil Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG ausschließlich gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn und nicht auch gegen den Gesetzgeber gerichtet werden können.
202Anspruchsverpflichteter des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist der betreffende Mitgliedstaat. Diesem wiederum bleibt es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unbenommen, die ihn treffende Haftungsverantwortlichkeit unter Berücksichtigung des Gebots der Effektivität des Schadensersatzanspruchs innerstaatlich zu verteilen. Den Erfordernissen des Unionsrechts ist dabei genügt, wenn die innerstaatlichen Verfahrensregelungen einen wirksamen Schutz der Rechte, die dem Einzelnen aufgrund Unionsrechts zustehen, ermöglichen und die Geltendmachung dieser Rechte nicht gegenüber derjenigen solcher Rechte erschwert ist, die dem Einzelnen nach innerstaatlichem Recht zustehen.
203EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999 - C-302/97 -, NVwZ 2000, 303 (Rn. 61 ff.) - „Konle“; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 623 f., m.w.N.
204Vor diesem Hintergrund sind die Folgen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs unter Beachtung seiner Zielsetzung und seiner Voraussetzungen weitgehend mit den nach innerstaatlichem Recht geltenden Regeln in Einklang zu bringen. Die Bestimmung des passivlegitimierten Haftungssubjekts ist dabei grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die für die Übernahme der Haftung nach Art. 34 GG gelten.
205BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - III ZR 358/03 -, NVwZ-RR 2006, 28 (32); OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2013 - I-11 U 22/11 u.a. -, juris, Rn. 18 ff.; Kapsa, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 20. Kap. Rn. 346; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 623 f.
206Es spricht aber nichts dagegen, wenn der nationale Gesetzgeber in Umsetzung der den unionsrechtlichen Haftungsanspruch konkretisierenden Vorschrift des Art. 17 RL 2000/78/EG mit dem seinerseits unionsrechtskonformen § 15 Abs. 1 und 2 AGG lediglich eine Haftung des Arbeitgebers vorsieht. Mit dieser innerstaatlichen Haftungsverteilung ist jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art ein dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip hinreichend Rechnung tragender Schutz der Rechte der Geschädigten sichergestellt, weil sich der Verletzte für die ihn treffende unionsrechtswidrige Benachteiligung wegen seines Alters in hinreichendem Maße und auf zumutbarem Weg entschädigen lassen kann.
207(e) Für ein „Nebeneinander“ des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG und des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Fällen der vorliegenden Art spricht auch nicht die Bestimmung des § 15 Abs. 5 AGG, wonach im Übrigen Vorschriften gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf Ansprüche, die gegen den Dienstherrn und nicht gegen den davon zu unterscheidenden Gesetzgeber zu richten wären.
208Zu dieser Unterscheidung vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.
209Außerdem schafft § 15 Abs. 5 AGG die anderen Ansprüche nicht, sondern er setzt diese voraus.
210cc) Dennoch spricht die Kammer dem Kläger einen Schadensersatz auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu. Sie stellt ihre rechtlichen Bedenken im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung zurück, nachdem der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden hat, dass der Anspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht verdränge,
211BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13,
212und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dieser Rechtsauffassung zumindest nicht von vornherein entgegensteht. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht, wie bereits ausgeführt, betont, dass der von § 15 AGG umgesetzte Art. 17 der RL 2000/78/EG eine auf diese Richtlinie zugeschnittene Konkretisierung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für die unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien sei.
213BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 37.
214Allerdings hat es für Fälle der vorliegenden Art nicht nur einen Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG angenommen, sondern zugleich entschieden, dass die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erst mit der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 erfüllt seien.
215BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 25.
216Daraus kann gefolgert werden, dass das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie der Bundesgerichtshof von einer parallelen Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs neben einem Anspruch aus § 15 Abs. 1 oder 2 AGG ausgeht.
217b) Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, nämlich dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen wird, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht,
218BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 26,
219liegen vor. Insbesondere ist das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 - sei es ab dem Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils oder dessen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union - erfüllt.
220BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 27 ff.
221c) Das beklagte Land ist in seiner Funktion als Gesetzgeber Passivlegitimierter des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen legislativen Unrechts.
222Dem steht nicht entgegen, dass das in den §§ 27, 28 BBesG a.F. angelegte legislative Unrecht der Bundesgesetzgeber gesetzt hat. Das beklagte Land haftet - zumindest - entsprechend § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner mit dem Bund. Nachdem die in Art. 74a Abs. 12 GG verankert gewesene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 mit Wirkung vom 1. September 2006 aufgehoben worden war, hatte das beklagte Land die Besoldungsgesetzgebung und damit den Erlass eines den Anforderungen der RL 2000/78/EG genügenden Landesbesoldungsgesetzes in der Hand. Die §§ 27, 28 BBesG a.F. galten zwar gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Dieses gegen die RL 2000/78/EG verstoßende Bundesrecht konnte das beklagte Land aber gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG durch Landesrecht ersetzen. Von dieser Kompetenz hat es erst mit dem Übergeleiteten Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 Gebrauch gemacht.
223d) Der Anspruch des Klägers ist nicht in entsprechender Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Danach tritt die Ersatzpflicht im Falle einer Haftung bei Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
224Diese Bestimmung ist im Rahmen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs entsprechend anwendbar.
225BGH, Urteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07 -, NJW 2008, 3558 (Rn. 8); Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, 1241 <1242>.
226Der Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Er umfasst etwa förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung oder auch formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags.
227OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 6 A 1183/10 -, Rn. 9 ff., www.nrwe.de.
228Der Kläger hat erst mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben und damit mehr als ein Jahr, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union mit seinem Urteil in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 hinreichende Klarheit über die Rechtswidrigkeit der auf Grund §§ 27, 28 BBesG a.F. geleisteten Besoldung geschaffen hatte, von einem Rechtsmittel Gebrauch gemacht.
229Die Ersatzpflicht kann auf Grund § 839 Abs. 3 BGB aber nur verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsmittels den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig.
230BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003, a.a.O., S. 1242.
231Ungeachtet dessen, inwieweit in Anlehnung an die zivilrechtliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast den Beklagten insoweit im Einzelnen eine Pflicht zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung obliegt,
232vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 9 C 11.11 -, BVerwGE 145, 354 (Rn. 28 f.),
233ist die Kammer mit Blick auf die Gesamtumstände davon überzeugt, dass auch ein zu einem früheren Zeitpunkt erhobener Widerspruch des Klägers den von der altersdiskriminierenden Besoldung verursachten Schaden nicht zu einem früheren Zeitpunkt als mit dem Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2013 abgewendet hätte. Der auf den 4. Dezember 2012 datierende Gesetzentwurf der Landesregierung eines Dienstrechtsanpassungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen begründet die Umstellung auf das Prinzip der Besoldung nach Erfahrungsstufen allgemein mit der „Kritik an den bisherigen Dienstaltersstufen“ und der Motivation, „sich dabei auch von der EU-Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf leiten“ zu lassen.
234LT-Drs. 16/1625, S. 63.
235Wenngleich damit der Gesetzgeber wohl auch Widersprüche von Beamtinnen und Beamten des Landes gegen ihre altersdiskriminierende Besoldung im Blick gehabt haben dürfte, hat ihn offenbar erst eine Gemengelage aus Rechtsbehelfen von Beamtinnen und Beamten und die daraufhin ergangene, die Benachteiligung wegen des Alters feststellende Rechtsprechung der Fachgerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer die Diskriminierung behebenden Änderung des Besoldungsrechts veranlasst. Vor diesem Hintergrund liegt es bei lebensnaher Betrachtung fern, dass bereits ein vereinzelter, zu einem früheren Zeitpunkt erhobener Widerspruch des Klägers den Gesetzgeber zu einer früheren Gesetzesänderung veranlasst hätte.
236A.A. VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 90 ff., wonach der Anspruch aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch für die Jahre vor dem von der Beamtin oder dem Beamten eingelegten Rechtsmittel entsprechend § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sei.
237e) Den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat der Kläger mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Widerspruch für das gesamte Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 rechtzeitig geltend gemacht.
238aa) Auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist nicht die zweimonatige materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG anwendbar, sondern nur der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung.
239BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13 f.; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 35; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, 53 ff.; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2012 - I-11 U 6/13, 11 U 6/11 U 6/13 -, juris, Rn. 40 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 65 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 5. Juni 2015, a.a.O., Rn. 21.
240(1) Dies ergibt sich indes nicht aus einer anderenfalls entstehenden sachwidrigen Differenzierung zwischen Beamtinnen und Beamten des Landes und den übrigen Beamtinnen und Beamten.
241So aber BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.
242Der Bundesgerichtshof geht in seinem Urteil vom 23. Juli 2015 von der - auch von der Kammer geteilten - Prämisse aus, dass zwischen dem Land in seiner Funktion als Gesetzgeber und der als Dienstherr zu unterscheiden sei und nur der Arbeitgeber oder Dienstherr und nicht auch der Gesetzgeber Passivlegitimierter des Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 oder 2 AGG sei. Diese Unterscheidung ist bereits im Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG angelegt. Im Folgenden geht der Bundesgerichtshof aber davon aus, dass eine unterstellte Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1, 2 und 4 AGG auf legislatives Unrecht nur für die Beamtinnen und Beamten des Landes in Betracht komme, weil nur für diese das Land nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Dienstherr sei. Demgegenüber wäre, so der Bundesgerichtshof weiter, § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 AGG nicht auf die Beamtinnen und Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts anwendbar, weil das Land nicht der Dienstherr dieser Bediensteten sei. Insbesondere wären die Beamtinnen und Beamten des Landes bei der Geltendmachung legislativer Verstöße gegen Unionsrecht den zeitlichen Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterworfen, während dies für die übrigen Beamtinnen und Beamten nicht gälte.
243BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.
244Diese Argumentation ist mit der im Ausgangspunkt zwingenden und vom Bundesgerichtshof selbst vorgenommenen Unterscheidung zwischen dem Dienstherrn - nur dieser ist Passivlegitimierter des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG - und dem aufgrund anderer Rechtsgrundlagen haftenden Gesetzgeber unvereinbar.
245(2) Entscheidend ist stattdessen - wovon im Ausgangspunkt auch der Bundesgerichtshof ausgeht -, dass die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nach dem Wortlaut des Gesetzes unmittelbar nur auf den gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn zu richtenden Schadensersatz- und den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG anwendbar ist. Eine entsprechende Anwendbarkeit auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts scheidet aus. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. Daraus folgt, dass die sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen der Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG nach dem Willen des Gesetzgebers auf die übrigen Ansprüche gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn nicht übertragbar sein sollen. Soll der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts mit einer inhaltlich anderen Qualität zusätzlich neben § 15 Abs. 1 und 2 AGG zur Anwendung kommen, kann für Ansprüche gegen den Gesetzgeber in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 5 AGG nichts anderes gelten.
246Im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 54 ff.
247bb) Mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben hat der Kläger den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen des darauf anwendbaren Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung nur für das gesamte Haushaltsjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 rechtzeitig geltend gemacht.
248(1) Nach dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung müssen Ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgehen, von den Beamtinnen und Beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres, geltend gemacht werden, damit der Dienstherr sich darauf einstellen kann. Es ist mit dem gegenseitigen Treueverhältnis nicht vereinbar, die gewährte Besoldung über Jahre hinzunehmen und erst im Nachhinein Ansprüche geltend zu machen, die dann aus den Haushaltsmitteln des betreffenden Jahres nicht mehr gedeckt werden könnten.
249VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, m.w.N.
250Das Haushaltsjahr ist gemäß § 4 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (LHO) das Kalenderjahr.
251Ist der Antrag auf Zahlung zusätzlicher finanzieller Leistungen - wie hier - erkennbar in die Zukunft gerichtet, genügt er grundsätzlich über das laufende Haushaltsjahr hinaus den Anforderungen an eine zeitnahe Geltendmachung auch für die folgenden Haushaltsjahre.
252OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, juris, Rn. 37 f., m.w.N.
253(2) Der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von nicht unmittelbar durch Gesetz begründeten Ansprüchen ist auf Sekundäransprüche der hier in Rede stehenden Art anwendbar.
254VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 106 ff.
255Das Beamtenverhältnis ist ein wechselseitig bindendes Treueverhältnis, aus dem nicht nur die Verpflichtung des Dienstherrn folgt, die Beamtin oder den Beamten amtsangemessen zu alimentieren, sondern umgekehrt auch die Pflicht der Beamtin oder des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme spricht gegen die Annahme, der Dienstherr sei generell, also ohne jede Einschränkung in Bezug auf den Kreis der betroffenen Beamtinnen und Beamten, gehalten, eine aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene gesetzliche Erhöhung der Beamtenbezüge auf den gesamten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erstrecken, für den die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer entsprechenden Korrektur festgestellt worden ist. Die Alimentation der Beamtin oder des Beamten durch ihren oder seinen Dienstherrn ist der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs. Beamte können nicht erwarten, dass sie aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommen, den sie selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht haben. Die Alimentation der Beamten erfolgt aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Auch dies spricht gegen die Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu einem alle Beamten erfassenden Ausgleich für in der Vergangenheit erfolgte Verletzungen der Alimentationspflicht durch Inanspruchnahme gegenwärtig verfügbarer Haushaltsmittel.
256BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (384 f.).
257Der Anwendungsbereich des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist nach seinem genannten Sinn und Zweck aber nicht auf Ansprüche auf verfassungsgemäße Alimentation oder sonstige besoldungsrechtliche Primäransprüche beschränkt. Stattdessen kommt er mit Blick auf die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende gegenseitige Rücksichtnahme- und Treuepflicht auch dort zum Tragen, wo die Beamtin oder der Beamte Sekundäransprüche aufgrund ungeschriebener Rechtsgrundsätze wegen eines rechtswidrigen Verhaltens ihres oder seines Dienstherrn geltend macht. Der Dienstherr hat auch hier ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit hohen Ausgleichsforderungen belastet zu werden.
258BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 -, BVerwGE 140, 351 (Rn. 19) bzgl. eines Ausgleichsanspruchs einer Beamtin oder eines Beamten wegen des Überschreitens der unionsrechtlich höchstens zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit.
259Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist hinsichtlich seiner Voraussetzungen und der Höhe des jeweiligen Schadensersatzanspruchs ebenso wie die bislang anerkannten Fallvarianten der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen nicht unmittelbar gesetzlich geregelt.
260VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 106.
261Der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch steht hier nicht entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner noch im Urteil vom 29. September 2011 geäußerten Ansicht nunmehr der Auffassung ist, dass der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen des Überschreitens der unionsrechtlich höchstens zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit keinen vorherigen Antrag beim Dienstherrn voraussetze, während bei nicht gesetzlich geregelten nationalrechtlichen Ausgleichsansprüchen es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht der Beamtin oder des Beamten bedürfe.
262BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2014 - BVerwG 2 B 39.13 -, juris, Rn. 6; Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 -, BVerwGE 143, 381 (Rn. 25).
263Eine generelle Absage an die Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht damit nicht einher. Ausschlaggebend war stattdessen das speziell die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitsgestaltung (RL 2003/88/EG) betreffende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25. November 2010 in der Sache Fuß.
264BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2014, a.a.O., Rn. 8.
265In der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 1. Juli 2014 in Bezug genommenen Passage stellte der Gerichtshof der Europäischen Union darauf ab, dass der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsvertrages anzusehen sei, weshalb verhindert werden müsse, dass der Arbeitgeber ihm eine Beschränkung seiner Rechte auferlege. Aufgrund dieser schwächeren Position könne der Arbeitnehmer nämlich davon abgeschreckt werden, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen, da die Einforderung dieser Rechte ihn Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen könnte, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken können.
266EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 -, NZA 2011, 53 (Rn. 80 f.) - „Fuß“.
267Zusätzlich hob der Gerichtshof darauf ab, dass in einem Verfahren, das den Verstoß eines Arbeitgebers des öffentlichen Sektors gegen eine unionsrechtliche Bestimmung mit unmittelbarer Wirkung betrifft, den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats durch die Verpflichtung für die betroffenen Arbeitnehmer, einen Antrag auf Beendigung des Verstoßes gegen diese Bestimmung zu stellen, um Ersatz des ihnen auf Grund dieses Verstoßes entstandenen Schadens erhalten zu können, ermöglicht werde, die Aufgabe, auf die Einhaltung dieser Bestimmungen zu achten, systematisch auf den Einzelnen zu verlagern, indem diesen Behörden die Möglichkeit eröffnet werde, sich gegebenenfalls von der Einhaltung dieser Bestimmungen zu befreien, wenn ein solcher Antrag nicht gestellt worden ist. Ein Antragserfordernis finde dabei in der RL 2003/88/EG keine Stütze.
268EuGH, Urteil vom 25. November 2010, a.a.O., Rn. 83 f.
269In einer vergleichbaren tatsächlichen oder rechtlichen Situation befinden sich Beamtinnen und Beamte, die einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen einer gegen die RL 2000/78/EG verstoßenden Besoldungsgesetzgebung geltend machen, nicht.
270(3) Der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung steht ferner nicht entgegen, dass sich der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts gegen das beklagte Land in seiner Funktion als Gesetzgeber und nicht in der als Dienstherr richtet. Zwar besteht die den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung rechtfertigende gegenseitige Treue- und Fürsorgepflicht nur in dem Verhältnis zwischen der Beamtin oder dem Beamten und ihrem oder seinem jeweiligen Dienstherrn (§ 3 Abs. 1, § 45 BeamtStG). Dies führt aber nicht dazu, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung wegen der im Rahmen der Passivlegitimation des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs vorzunehmenden Unterscheidung zwischen dem beklagten Land in seiner Funktion als Dienstherr und der als Gesetzgeber hier nicht zur Anwendung kommen dürfte. Ausschlaggebend ist hier nicht, in welcher Funktion das Land einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu verantworten hat. Im Zusammenhang mit dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung ist allein das haushalterische Planungsinteresse des Landes als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 81 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950 - Verf NRW, § 2 Satz 1, § 6 LHO) entscheidend, auf das die oder der im Dienst des Landes stehende Beamtin oder Beamte Rücksicht zu nehmen hat.
271(4) Die Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist nicht wegen der entsprechenden Anwendbarkeit des § 839 Abs. 3 BGB auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch gesperrt.
272Hat der Beamte eine abschließende gesetzliche Frist für das Geltendmachen des Anspruchs gewahrt, kann der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht zur Anwendung kommen.
273BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 55.
274§ 839 Abs. 3 BGB enthält aber keine abschließende Frist für das Geltendmachen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs. Stattdessen legt er dem Geschädigten eine Schadensabwendungspflicht auf. Deren Verletzung und nicht das Verstreichenlassen einer Frist zur Geltendmachung des Anspruchs führt zu dessen Ausschluss.
275Im Ergebnis auch VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 112.
276(5) Das Unionsrecht steht der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung hier ebenfalls nicht entgegen.
277(a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wiederholt entschieden, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift, wonach Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des jeweiligen Haushaltsjahres, geltend gemacht werden müssen, nicht entgegensteht, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Die Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen obliegt den Gerichten der Mitgliedstaaten.
278EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 72 und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 111 ff.
279(b) Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz liegt nicht vor, weil der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung im Beamtenrecht nicht allein auf unionsrechtlich begründete Rechte angewendet wird, sondern grundsätzlich auf alle sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Zahlungsansprüche von Beamtinnen und Beamten.
280VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 49; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 116 ff.
281(c) In der Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung liegt auch kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz, weil dem Kläger das Ausüben der ihm durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Etwas anderes folgt nicht aus der bis zum Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 unklaren und unsicheren Rechtslage hinsichtlich des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Nach Auffassung des Gerichtshofs seien die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem Bundesbesoldungsgesetz alter Fassung obliegenden Verpflichtung bereits mit der „Verkündung“ seines Urteils in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 erläutert und verdeutlicht worden.
282EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104.
283Ausgehend von diesem Zeitpunkt stand dem Kläger mehr als ein Vierteljahr zur Verfügung, seine Schadensersatzansprüche auch für die Zeit vor dem 1. Januar 2012 rechtzeitig geltend zu machen. Begegnet die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG keinen unionsrechtlichen Bedenken, kann mit Blick auf die seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 zur Verfügung stehende Zeitspanne für das vollumfängliche Geltendmachen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs nichts anderes gelten.
284VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 50 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 119 ff.
285f) Die für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB),
286BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012, a.a.O., Rn. 42,
287hat der Kläger jedenfalls mit seiner am 27. Dezember 2012 erhobenen Klage gewahrt.
288g) Ein konkreter, durch das legislative Unrecht verursachter ersatzfähiger materieller Schaden des Klägers ist mangels eines gültigen besoldungsgesetzlichen Bezugssystems nicht feststellbar (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 - ZPO). Dieser kann sich allenfalls aus der Differenz zu einer diskriminierungsfreien Besoldung ergeben. Die Differenz müsste sich aber anhand des Gesetzes feststellen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F.). Dies ist in Ermangelung eines gesetzlichen Bezugsrahmens nicht der Fall.
289Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 95 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 10 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 18 ff.
290Mit Blick auf den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz greift die Kammer ergänzend auf die in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG getroffene gesetzgeberische Wertung zurück und spricht dem Kläger in Anlehnung an die bereits geschilderten Erwägungen als Entschädigung einen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro je Monat, insgesamt also für den gesamten rechtzeitig geltend gemachten Zeitraum 1.700,00 Euro zu.
291So auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 63 ff.
292Soweit dem Kläger in diesem Zeitraum auch ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zusteht, erhält er für den jeweiligen Monat lediglich einen maximalen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro, weil er für die erlittene Altersdiskriminierung nur einmal zu entschädigen ist und eine doppelte Sanktion des beklagten Landes allein wegen seiner Verantwortlichkeit als Dienstherr und als Gesetzgeber nicht angezeigt ist.
293h) Von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (- AEUV -) hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in den Fällen der vorliegenden Art sieht die Kammer nach pflichtgemäßer Ausübung ihres Vorlageermessens (Art. 267 Abs. 2 AEUV) ab. Ohnehin sieht sie die insoweit entscheidungserheblichen Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union als hinreichend geklärt an.
2943. Weitergehende Primär- oder Sekundäransprüche stehen dem Kläger nicht zu. Er hat weder einen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen in Höhe der Differenz zwischen seiner tatsächlich bezogenen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe (a) noch Ansprüche aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG (b), aus Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG (c) oder aufgrund des allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs (d).
295a) Ein Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen in Höhe der Differenz zwischen seiner tatsächlich bezogenen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ergibt sich nicht auf der Grundlage der insoweit allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen des Bundes oder des Landes Nordrhein-Westfalen.
296aa) Für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2013 folgt dies bereits daraus, dass die seither auf der Grundlage des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen geleistete Besoldung nach Erfahrungsstufen nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt.
297bb) Für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 kann die bis dahin erfolgte Altersdiskriminierung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, nicht durch eine - und sei es auch nur eine faktische - Einstufung des Klägers in eine höhere oder in die höchste Dienstaltersstufe seiner Besoldungsgruppe ausgeglichen werden. Da von der Diskriminierung potentiell alle Beamtinnen und Beamte erfasst sind, besteht auf der Grundlage des bis zum 31. Mai 2013 einschlägig gewesenen Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte.
298EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 95 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 10 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 18 ff.
299cc) Die begehrte Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen kann der Kläger auch nicht aus anderen Rechtsgründen herleiten. Ein außergesetzlicher Zuspruch von Besoldungsleistungen scheidet von vornherein aus (§ 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F., § 2 Abs. 1 und 2 ÜBesG NRW).
300b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG steht dem Kläger nicht zu. Es ist bereits kein ersatzfähiger materieller Schaden bezifferbar (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieser kann sich auch hier allenfalls aus der Differenz zu einer diskriminierungsfreien Besoldung ergeben. Die Differenz müsste sich aber anhand des Gesetzes feststellen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F.). Dies ist in Ermangelung eines gesetzlichen Bezugsrahmens nicht der Fall.
301So auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 63 ff.
302c) Ein Zahlungsanspruch ergibt sich ferner nicht unmittelbar aus Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG.
303BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 24; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 108.
304Dieser Bestimmung fehlt bereits die für die unmittelbare Wirkung von Richtlinien erforderliche hinreichende Genauigkeit. Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG schreibt den Mitgliedstaaten keine bestimmten Sanktionen vor. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich, die Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung der RL 2000/78/EG zu verhängen sind und deren Durchführung zu gewährleisten ist. Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 17 Satz 2 der RL 2000/78/EG). Darüber hinausgehende, hinreichend genaue und nicht der konkretisierenden Regelung der Mitgliedstaaten überlassene Sanktionen sind nicht vorgeschrieben.
305BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 27 ff.
306d) Aus dem allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch kann der Kläger schon deshalb keine über den aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang hinausgehenden Zahlungen beanspruchen, weil der korrekte Vollzug von Parlamentsgesetzen keine Verletzung der Fürsorge- oder Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seiner Beamtin oder seinem Beamten ist.
307Vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 10 Rn. 8.
3084. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 90 VwGO i.V.m. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
309III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 9. Januar 1970 geborene Kläger ist Bundesbeamter auf Lebenszeit. Seine letzte Beförderung zum Verwaltungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) erfolgte am 27. April 2003.
3Unter dem 20. Dezember 2011 beantragte der Kläger, sein Grundgehalt rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 nach der höchsten Stufe der Grundgehaltstabelle A 11 zu bemessen, weil dessen bisherige Bemessung ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) altersdiskriminierend wirke.
4Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Widerspruch gegen die dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum gezahlte Besoldung und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012 zurück.
5Mit seiner am 20. Juli 2012 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und (sinngemäß) beantragt,
6die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 die Differenz zwischen der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe und der ihm in diesem Zeitraum gezahlten Besoldung zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012.
7Die Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie hat vorgetragen, die §§ 27, 28 BBesG a.F. hätten nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen, andernfalls wäre diese Diskriminierung jedenfalls gerechtfertigt und folglich nicht rechtswidrig. Im Übrigen stehe dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch das beamtenrechtliche Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung entgegen. Schließlich gäben die hier in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlagen in ihrer Rechtsfolge keinen Anspruch des Beamten darauf, aus der Endstufe der innegehabten Besoldungsgruppe besoldet zu werden.
10Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 weitere Besoldung in Höhe von insgesamt 5.500,20 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012. Nach Auffassung des Gerichts widersprächen die §§ 27, 28 BBesG a.F. ohne eine Rechtfertigung dem sich aus einer gebotenen unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ergebenden unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot wegen des Alters und seien insofern unanwendbar. Dieser Gleichheitsverstoß könne allein dadurch beseitigt werden, dass Betroffene wie hier der Kläger einen Besoldungsanspruch aus der Endstufe ihres Grundgehalts hätten. Eine zeitnahe Geltendmachung sei keine Voraussetzung für diesen Anspruch.
11Der Senat hat auf Antrag der Beklagten die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.
12Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte (fristgerecht) vor: Auch für den Fall, dass die Bestimmungen des BBesG a.F. hinsichtlich der Zuordnung des Beamten zu den Besoldungsstufen zu einer Diskriminierung wegen des Alters führten, ergäbe sich daraus kein Anspruch auf Besoldung nach der Endstufe. Das habe das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 – und vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 – in diesem Sinne entschieden, weil das seinerzeitige Bezugssystem insgesamt diskriminierend wirke. Auch ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch sei nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Hinsichtlich des allenfalls in Betracht kommenden Anspruchs auf eine Entschädigung auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AGG habe der Kläger sein erstmals mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2011 gestelltes Begehren nicht innerhalb der im Absatz 4 jener Vorschrift bestimmten Zwei-Monats-Frist angebracht. Der dabei grundsätzlich an die Kenntniserlangung von den anspruchsbegründenden Tatsachen anknüpfende Fristbeginn verschiebe sich in der besonderen Konstellation einer unsicheren Rechtslage. Dann sei an den Zeitpunkt der objektiven Klärung dieser Rechtslage anzuknüpfen. Davon ausgehend habe die Frist hier am Tage der Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai – C-297/10 und C-298/10–, also am 8. September 2011, zu laufen begonnen. Schon durch diese Entscheidung und nicht erst durch das spätere Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. – sei eine ausreichende Klärung der sich hier stellenden Rechtsfragen erfolgt.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Er führt dazu im Wesentlichen aus: Mit dem Ergehen des Urteils des EuGH vom 8. September 2011 zur vormaligen Tarifregelung des § 27 BAT sei die Rechtslage in Bezug auf Beamte noch nicht abschließend geklärt gewesen. Ansonsten hätte es auch nicht verschiedener erneuter Vorlagen von Verwaltungsgerichten an den EuGH und dessen weiterer Entscheidung vom 19. Juni 2014 bedurft. Erst in der letztgenannten Entscheidung sei schlussendlich noch einmal definitiv festgestellt worden, dass die Grundsätze der unzulässigen Altersdiskriminierung nicht nur im Rahmen der angesprochenen Tarifregelung zur Anwendung kämen, sondern auch in Bezug auf das davon strukturell abweichende, nur mittelbar lebensaltersabhängige System des § 27 BBesG a. F., also die Stufenzuordnung nach dem Besoldungsdienstalter.
18Im Übrigen verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren. Dort hat er die Auffassung vertreten, er habe die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch schon aus dem Grunde nicht versäumt, dass er die für den Fristbeginn maßgebliche Kenntnis von der Benachteiligung im konkreten Fall erst durch eine an ihn weitergeleitete E-Mail eines (Haupt-)Personalratsmitglieds erhalten habe. Das sei am 20. Dezember 2011 geschehen. Den Antrag auf rückwirkende Bemessung seines Grundgehalts habe er dann noch am selben Tag gestellt. Die nach dem Gesetz erforderliche Kenntnis als individueller, einzelfallbezogener Umstand könne mit Blick auf die Zielsetzung der Frist, dem Betroffenen Zeit zu geben, darüber zu befinden, inwieweit er unter Einbeziehung der Frage der Erfolgsaussichten seine Rechte durch eine Klage geltend machen wolle, nicht einfach am Datum einer bestimmten Gerichtsentscheidung festgemacht werden. Zumindest müsse der Betroffene auch im Fall einer „objektiven Klärung der Rechtslage“ die Möglichkeit haben, vom Inhalt der in Rede stehenden Entscheidung tatsächlich Kenntnis zu nehmen. Das setze jedenfalls eine hinreichende Publikation voraus.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, denn die Leistungsklage des Klägers ist nicht begründet.
22Der Kläger hat unter dem hier (allein) im Streit stehenden Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung weder einen Anspruch auf eine sich nach der Endstufe seiner Besoldungsgruppe bemessende Besoldung noch einen Anspruch auf Schadensersatz oder auf Entschädigung.
231. Der Kläger hat wegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates im Hinblick auf die Bemessung seiner Besoldung keinen Anspruch auf die ihm durch das erstinstanzliche Urteil zugesprochene weitere Besoldung in Höhe von insgesamt 5.500 Euro brutto. Der in dieser Höhe ausgeurteilte Betrag ergibt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zufolge aus der Differenz zwischen der dem Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum tatsächlich gezahlten Besoldung und derjenigen Besoldung, welche der Kläger nach der Endstufe der seinerzeit für ihn maßgeblichen Besoldungsgruppe (A 11) hätte erhalten müssen. Auf eine Besoldung nach der Endstufe hat der Kläger auch bei Anerkennung einer altersdiskriminierenden Wirkung der ihm in dem streitbefangenen Zeitraum gezahlten Besoldung aber keinen Anspruch.
24Nach den insoweit einschlägigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts,
25siehe namentlich die Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = NVwZ 2015, 812 = ZBR 2015, 160 = juris, Rn. 15 ff., sowie vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 –, juris, Rn. 10,
26benachteiligte die Besoldung der Beamten der Besoldungsordnung A nach den §§ 27 und 28 BBesG (Fassung 2002; im Folgenden: BBesG a.F.) die davon betroffenen Beamten – wie hier in dem streitgegenständlichen Zeitraum den Kläger – unmittelbar aufgrund ihres Lebensalters und verstieß insofern gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Dieser Verstoß führt in der Rechtsfolge aber auch unter Beachtung des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes nicht auf eine „modifizierende“ Anwendung des seinerzeit geltenden Besoldungsgesetzes dahin, dass der Kläger zum Ausgleich in eine andere, nämlich die höchste Dienstaltersstufe (Endstufe) eingruppiert werden könnte. Vielmehr kann das Bezugssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F., da es insgesamt diskriminierend wirkt, bereits als solches nicht mehr herangezogen werden.
27Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang (Rn. 33 bis 35 der juris-Fassung des o.g. Urteils vom 30. Oktober 2014) ausgeführt:
28„Zwar verlangt das Gebot der unionskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass das nationale Gericht unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles ihm Mögliche tut, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel in Einklang steht (stRspr; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 bis C 403/01, Pfeiffer u.a. – Slg. 2004, I-8835, Rn. 114). Eine entsprechend unionskonforme Auslegung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. ist hier aber nicht möglich. Die diesem Besoldungssystem innewohnende Ungleichbehandlung gilt für jeden Beamten bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis, sodass die hieraus resultierende unmittelbare Diskriminierung potenziell alle Beamten betrifft. Es existiert damit bereits kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O., Rn. 96).
29Eine höhere Einstufung des Klägers innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. würde zudem zu einer Entwertung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Honorierung bereits erworbener Berufserfahrung führen. Nach der Rechtsprechung des EuGH darf die tatsächlich abgeleistete Dienstzeit Anknüpfungspunkt einer besoldungsrechtlichen Differenzierung sein. Der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters ist in der Regel zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2006 – Rs. C 17/05, Cadman – Slg. 2006 I-9583 Rn. 34 ff.). Mit der Höherstufung eines Beamten innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. zum Ausgleich der Altersdiskriminierung würden aber diejenigen Beamten benachteiligt, die diese höhere Stufe unionsrechtlich zulässig aufgrund ihrer Berufserfahrung erlangt haben (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 – Rs. C-501/12, Specht – Rn. 100).
30Mangels gültigem Bezugssystem kann auch die vom EuGH zur Wahrung des Gleichheitssatzes entwickelte Rechtsprechung, nach der bis zur Abhilfe der Ungleichbehandlung den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden müssen wie denjenigen der privilegierten Gruppe (EuGH, Urteile vom 26. Januar 1999 – Rs. C-18/95, Terhoeve – Slg. 1999, I-349 Rn. 57 m.w.N. und vom 22. Juni 2011 – Rs C-399/09, Landtová – Slg. 2011, I-5573 Rn. 51), nicht angewandt werden.“
31Dem schließt sich der erkennende Senat auch für das vorliegende Verfahren an, zumal der Kläger der betreffenden Argumentation im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten ist.
322. Das erstinstanzliche Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen (teilweise) als richtig dar. So ergibt sich der vom Kläger geltend gemachte und ihm vom Verwaltungsgericht zuerkannte Zahlungsanspruch wegen Diskriminierung aufgrund seines Lebensalters auch nicht aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch (nachfolgend a) oder aus § 15 AGG (nachfolgend b).
33a) Aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 keine Ansprüche herleiten, weil die Voraussetzungen dieses Anspruchs erst mit der Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 (Rs. C-297/10 und C-298/10, Slg. 2011, I-7965) erfüllt gewesen sind.
34Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in dem hier bereits angeführten Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, Rn. 26 bis 30 der juris-Fassung, ausgeführt:
35„Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an den Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (stRspr.; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O. Rn. 99).
36Die erste und die dritte Voraussetzung sind hier gegeben. ….
37Die Voraussetzung des hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht ist dagegen nicht erfüllt.
38Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des EuGH offenkundig verkannt wird (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 – Rs. C-429/09, Fuß – Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012– BVerwG 2 C 29.11 –, BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Dementsprechend ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht für den Zeitraum ab Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 anzunehmen. Denn in diesem Urteil ist den Mitgliedstaaten der Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG in Bezug auf ein mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem verdeutlicht worden (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2004 a.a.O. Rn. 104).
39Die Bestimmung des Zeitpunktes, ab dem der Verstoß gegen Unionsrecht hinreichend qualifiziert ist, ist Sache des nationalen Gerichts. Es liegen hier aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, bereits vor Verkündung des Urteils des EuGH am 8. September 2011 sei der Verstoß gegen Unionsrecht hinreichend qualifiziert gewesen. Für die Frage, ob ein Verstoß eines Mitgliedstaates im genannten Sinne bereits hinreichend qualifiziert ist, ist nach der Spruchpraxis des EuGH auch der jeweilige Stand der Rechtsprechung der nationalen Gerichte von Bedeutung (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 – Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame – SDlg. 1996, I-1029 Rn. 63). Noch im Jahr 2010 hat das Bundesarbeitsgericht in der Sache Hennings und Mai in einem Verfahren, das die vergleichbare Bemessung der Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen betrifft, den EuGH zur Auslegung von Bestimmungen der RL 2000/78/EG angerufen (BAG, Beschluss vom 20. Mai 2010 – 6 AZR 148/09 (A) –, BAGE 134, 327). Im Jahr 2010 und auch noch danach haben deutsche Verwaltungsgerichte wiederholt entschieden, das Lebensalter stelle im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalen Berechnungsfaktor dar, sodass es bereits an einer Altersdiskriminierung fehle (z.B. VG Berlin, Urteil vom 24., Juni 2010 – 5 K 17/09 –, juris Rn. 16 und VG Lüneburg, Urteil vom 15. Februar 2012 – 1 A 106/10 –, juris Rn. 19).“
40Auch dem folgt der erkennende Senat. Das Vorbringen des Klägers steht dem nicht entgegen, weil dieser die Auffassung vertritt, eine hinreichende und abschließende Klärung der hier interessierenden Rechtsfragen sei in Bezug auf die Besoldung der Beamten sogar erst durch das Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. – erfolgt.
41b) Der Kläger kann das streitgegenständliche Begehren im Ergebnis auch nicht erfolgreich auf einen Anspruch aus § 15 AGG stützen.
42aa) Zwar gereicht es ihm nicht zum Nachteil, dass er sich im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren erster Instanz nicht auf diese Norm als Anspruchsgrundlage berufen hat. Denn das Gericht ist nicht an die bezeichneten Rechtsnormen gebunden, sondern hat den geltend gemachten Anspruch im Rahmen des Streitgegenstandes aus jedem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (iura novit curia).
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 32.
44Dabei ist – sinngemäß der vorzitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit zugrunde liegend – davon auszugehen, dass die unter dem Gesichtspunkt einer altersdiskriminierenden Beamtenbesoldung erfolgende Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nach § 15 AGG nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes führt, wenn als Kompensation für einen derartigen Rechtsverstoß wie hier zunächst eine Zahlung auf der Grundlage der Endstufe der von dem betroffenen Beamten innegehabten Besoldungsgruppe begehrt worden war.
45bb) Der Heranziehung des § 15 AGG als (gegenüber dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch eigenständige) Grundlage für einen Zahlungsanspruch des Klägers steht ferner nicht entgegen, dass die Benachteiligung durch den korrekten Vollzug einer gesetzlichen Regelung (hier: §§ 27 und 28 BBesG a.F.) eingetreten, also auf sog. legislatives Unrecht zurückzuführen ist. Denn die §§ 7 und 15 AGG, welche Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 sowie Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG in nationales Recht umsetzen, stellen nach ihrer objektiven Gesetzesfassung nicht auf die Art oder Form der diskriminierenden Maßnahme des Mitgliedstaates ab. Dem entspricht es, dass auch die betreffenden Vorgaben der Richtlinie umfassend gelten. Diese erfassen die Tätigkeit des privaten Arbeitgebers ebenso wie die Maßnahmen des staatlichen Normgebers.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 36 f.; möglicherweise anderer Ansicht (ausschließlich in Betracht kommende Geltung des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs, auf den § 15 Abs. 4 AGG nicht entsprechend anwendbar sei, bei Benachteiligungen durch legislatives Unrecht), aber letztlich eher unklar: BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR 4/15 –, MDR 2015, 1078 = juris, Rn. 13 f.; siehe dazu auch VG Aachen, Urteil vom 12. Oktober 2015 – 1 K 1115/13 –, juris, einerseits Rn. 44, 54 und andererseits Rn. 122 f., 152 f. (Bedeutung des o.g. BGH-Urteils danach wohl nur für den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angenommen, ohne diesem vom Anwendungsbereich her im Verhältnis zu Ansprüchen aus § 15 AGG Exklusivität einzuräumen).
47cc) Nach § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsgebot (siehe § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG) verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Geht es um einen Nichtvermögensschaden, so kann der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG – verschuldensunabhängig – eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Für ein Beamtendienstverhältnis gilt dies unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung jeweils entsprechend (§ 24 Nr. 1 AGG).
48(1) Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 15Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG scheitert hier bereits daran, dass die Beklagte den Rechtsverstoß bezogen auf den streitgegenständlichen, bis zum 30. Juni 2009 reichenden Zeitraum nicht zu vertreten hatte. Denn die nicht einfach zu beurteilende, hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG war zu jener Zeit weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden.
49Vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 42 f.
50(2) Ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung nach § 15Abs. 2 i.V.m. Nr. 1 AGG kam in der vorliegenden Situation auch ohne den Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens zwar in Betracht. Ein solcher Anspruch besteht hier schlussendlich aber deswegen nicht, weil er nicht fristgerecht geltend gemacht wurde.
51Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 (dieser Vorschrift) innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, (was bei der Benachteiligung von Beamten allerdings keine Rolle spielt) die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Dem sich anschließenden Satz 2 zufolge beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung – was hier allein von Bedeutung ist – zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt (Hervorhebung durch den Senat).
52Die betreffende Ausschlussfrist ist mit Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 145.11 –, juris, Rn. 7 ff.; BAG, Urteile vom 15. März 2012– 8 AZR 160/11 –, USK 2012-174 = juris,Rn. 27 ff., und vom 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 –, BAGE 142, 143 = juris, Rn. 20 ff.
54Die Anwendbarkeit der Fristbestimmung ist – dabei die bereits zuvor angesprochene Anwendbarkeit der (Gesamt-)Norm des § 15 AGG auf Fälle der vorliegenden Art zugrunde gelegt (siehe oben unter 2. b) bb)) – auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil diese Frist bei Benachteiligungen durch legislatives Unrecht nicht gelten würde.
55So jedenfalls im Ergebnis auch BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 46 ff.
56Denn für eine nur teilweise Anwendbarkeit des § 15 AGG auf legislatives Unrecht unter spezieller Ausklammerung des Absatzes 4 findet sich im Gesetz erst recht keine Stütze; das bezieht die zu berücksichtigende „besondere Rechtsstellung“ (vgl. § 24 Nr. 1 AGG) von Beamten ein. Insbesondere der Umstand, dass sich die Ansprüche aus § 15 AGG nach dem Gesetzeswortlaut gegen den „Arbeitgeber“ richten, schließt es nicht aus, dass (entsprechend einem Arbeitgeber) auch der Dienstherr eines Beamten Gegner des in Rede stehenden Anspruchs sein kann. Das gilt unabhängig davon, ob sein Handeln selbstgesteuert oder gesetzlich gebunden ist. Der Dienstherr des jeweils betroffenen Beamten steht insofern selbst dann in der Haftung für begangenes Unrecht, wenn nicht eigene Gesetze, sondern Gesetze eines anderen Rechtsträgers dafür den Maßstab gebildet haben bzw. bilden.
57Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 58, und – 2 C 3.13 –, BVerwGE 150, 255 = juris, Rn. 58.
58Im Übrigen ist es nicht ungewöhnlich, dass auch der Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers bestimmten rechtlichen Bindungen unterliegt, etwa dann, wenn tarifrechtliche Verpflichtungen bestehen. Keine maßgebliche Bedeutung kann in diesem Zusammenhang dem Umstand beigemessen werden, dass nach den (nur subjektiven) Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren zu § 15 AGG mit der in Rede stehenden Frist namentlich der einzelfallbezogene Schutz des Arbeitgebers und dies vor allem hinsichtlich der Aufbewahrungszeiten von Dokumentationen bezweckt worden ist.
59Vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BR-Drucks. 329/06, S. 40 f., sowie auch BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR 4/15 –, MDR 2015, 1078 = juris, Rn. 13.
60Denn eine entsprechende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm ist in der objektiven Gesetzesfassung nicht zum Ausdruck gekommen.
61Hinsichtlich der näheren Anforderungen an das für den Zeitpunkt des Fristbeginns nach § 15 Abs. 4 Satz 2 Fall 2 AGG maßgebliche Kenntniserlangen gilt Folgendes:
62Grundsätzlich hat der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann (dem Fall des Beginns der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB entsprechend) zu einem hinausgeschobenen Zeitpunkt, nämlich zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Danach ist in diesen Fällen die objektive Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich;
63vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234, und (z.B.) vom gleichen Tage – 2 C 3.13 –, BVerwGE 150, 255 = juris, Rn. 52; siehe auch BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 –, juris, Rn. 612; BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, NJW-RR 2009, 547 = juris, Rn. 15;
64auf den Zeitpunkt, in dem die Betroffenen jeweils tatsächlich Kenntnis vom Ergehen bzw. vom Inhalt der die Klärung herbeiführenden Gerichtsentscheidung erlangt haben, kommt es dagegen nicht an.
65Diese gefestigte Auffassung nicht nur des Bundesverwaltungsgerichts sondern (wie angeführt) in vergleichbarem Zusammenhang auch anderer oberster Bundesgerichte ist keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Namentlich lässt sie nicht den Wortlaut der Norm außer Acht. Zwar trifft es zu, dass das Gesetz in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG mehr als ein bloßes Kennen-Müssen, nämlich (tatsächlich vorhandene) „Kenntnis“ – und insofern ein subjektives Moment – voraussetzt; diese Kenntnis hat sich dabei auf das Tatbestandsmerkmal „Benachteiligung“ zu beziehen. Der objektiven Gesetzesfassung lässt sich aber kein Hinweis dahin entnehmen, dass sich der Betroffene über das positive Wissen um die anspruchsbegründenden Tatsachen hinaus (in der Regel) auch darüber im Klaren sein müsste, dass ihm bei dieser Tatsachenlage das geltende Recht einen Anspruch gibt. Mit anderen Worten: Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG soll Betroffene nicht vor einer schlichten (subjektiven) Unkenntnis der Rechtslage schützen. Allein in der Sondersituation einer schon nach objektiven Maßstäben (noch) bestehenden unklaren bzw. unsicheren Rechtslage sollen Betroffene unter Zumutbarkeits- und Gleichbehandlungsaspekten keinen beachtlichen Nachteil erleiden. Ein solcher Nachteil ergäbe sich freilich im Verhältnis zum „Normalfall“ einer geklärten Rechtssituation, wenn ihnen bereits vor dem Zeitpunkt der Herstellung objektiver Rechtsklarheit allein aus dem Grund der Wahrung der in Rede stehenden, an die Tatsachenkenntnis anknüpfenden Ausschlussfrist eine Klageerhebung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ abverlangt würde. Der dadurch begründete Nachteil entfällt aber mit unmittelbarer Wirkung, sobald durch eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen die Rechtslage in hinreichendem Maße objektiv geklärt wurde. Denn ab diesem Zeitpunkt befindet sich derjenige, der die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt, zugleich aber (aus welchen Gründen auch immer) noch keine subjektive Kenntnis von der erfolgten objektiven rechtlichen Klärung hat, in keiner wesentlich anderen Situation mehr als derjenige, der es bei gleichermaßen vorhandener Tatsachenkenntnis und bei einer von vornherein klaren Rechtslage aus subjektiver Rechtsunkenntnis heraus versäumt, rechtzeitig Klage zu erheben.
66Vgl. dazu entsprechend BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, MDR 2008, 1405 = juris, Rn. 19, am Ende.
67Höchstrichterlich entschieden ist weiterhin, dass im vorliegenden Zusammenhang die entscheidungserhebliche Rechtslage durch die Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai (C-297/10 und C-298/10) am 8. September 2011 geklärt worden ist. Aus diesem Urteil, welches den Mitgliedstaaten den Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in Bezug auf ein mit den §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem erläutert habe, ergebe sich, dass ein mit diesen Vorschriften vergleichbares System zur Entlohnung von Beschäftigten unionsrechtswidrig sei und wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot Ausgleichsansprüche entstehen könnten.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 –, juris, Rn. 13, und vom 30. Oktober 2014– 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 52 f.
69Dieselbe Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht betreffend die Besoldung von Soldaten zu der dem § 15 Abs. 5 AGG vergleichbaren Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 SGG in weiteren Urteilen vom 30. Oktober 2014 vertreten.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 36.13 –, ZBR 2015, 275 = juris, Rn. 20; entsprechende Entscheidungen ergingen am gleichen Tag in den parallel geführten Revisionsverfahren 2 C 38.13, 2 C 39.13 und 2 C 47.13 (Vorinstanz jeweils OVG Rheinland-Pfalz).
71Die gegen drei der letztgenannten Urteile eingelegten Verfassungsbeschwerden (2 BvR 756/15; 2 BvR 757/15; 2 BvR 758/15) hat das Bundesverfassungsgericht durch einstimmige Beschlüsse vom 30. Juni 2015 ohne eine Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Darüber ist der Kläger des vorliegenden Verfahrens informiert worden.
72Soweit der Kläger wohl meint, eine hinreichende objektive Klärung der hier entscheidungserheblichen Rechtslage sei erst später erfolgt, nämlich aufgrund des die Beamtenbesoldung betreffenden Urteils des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. –, überzeugt dies schon gemessen an seinem eigenen Verhalten nicht. Denn der Kläger hat seinen Antrag vom 20. Dezember 2011 auf rückwirkende Bemessung seines Grundgehalts nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ausdrücklich unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 8. September 2011 in Sachen Hennings und Mai begründet. Er hat damit sinngemäß schon dieses Urteil als geeignet eingestuft, als Grundlage auch für sein auf die Beamtenbesoldung bezogenes Begehren zu dienen, und hat gerade nicht die spätere Entscheidung aus dem Jahr 2014 abgewartet. Im Übrigen ist an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, dass der hier interessierende Fristbeginn in der Fallgruppe der objektiven Klärung einer zunächst unsicheren Rechtslage keine Sicherheit des Obsiegens in einem nunmehr eingeleiteten Rechtsstreit, sondern nur die Zumutbarkeit einer ggf. nicht risikolosen Klageerhebung verlangt.
73Schließlich kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG erforderliche Kenntnis in den Fällen einer zunächst unsicheren und sodann höchstrichterlich geklärten Rechtslage voraussetzt, dass die betreffende höchstrichterliche Entscheidung nicht nur in ihrem Ausspruch verkündet wurde, sondern auch bereits ihre wesentlichen Gründe (in einer der führenden Fachzeitschriften) veröffentlicht wurden.
74Vgl. in diesem Sinne zur vergleichbaren Problematik in Bezug auf den Verjährungsbeginn BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, MDR 2008, 1405 = juris, Rn. 19.
75Denn Urteile des EuGH liegen – anders als dies in der Regel etwa bei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder auch des Bundesverwaltungsgerichts der Fall ist – bereits am Tage ihrer Verkündung mit ihren vollständigen Gründen vor; die schriftliche Urteilsfassung steht nämlich an eben diesem Tage im Internet im Volltext bereit (www.curia.europa.eu). Damit ist jedenfalls für Urteile des EuGH sichergestellt, dass das Rechtspublikum sie bereits am Tage der Verkündung vollumfänglich zur Kenntnis nehmen kann. Dabei erscheint der Verweis der Betroffenen auf die vom EuGH selbst betriebene Internetseite sachgerecht und hinsichtlich der Zielsetzung einer geeigneten und zumutbaren Kenntnisverschaffung auch ausreichend. Das gilt jedenfalls für solche Entscheidungen, die – wie hier das Urteil in Sachen Hennings und Mai – mit Blick auf die Klärung bedeutsamer Rechtsfragen allgemein erwartet wurden. In einer solchen Situation obliegt es den an der jeweiligen Entscheidung Interessierten, sich dieser allgemein zugänglichen Informationsquelle zu bedienen. Somit ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem hier einschlägigen Zusammenhang für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Verkündung des EuGH-Urteils in Sachen Hennings und Mai abgehoben hat.
76Hiervon ausgehend hat der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG versäumt. Sein sinngemäß auch eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG umfassender schriftlicher Antrag vom 20. Dezember 2011 ist am 28. Dezember 2011 und damit nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Kenntniserlangung von der Benachteiligung (8. September 2011 als Datum der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai) bei der Beklagten eingegangen.
77An diesem Ergebnis würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn man für den Fristbeginn erst auf das Datum der Veröffentlichung des EuGH-Urteils in Sachen Hennings und Mai in Deutschland abheben würde. Mangels einer Veröffentlichung dieses Urteils in der NJW würde sich insoweit ein Rückgriff auf die– einen „Ableger“ der NJW darstellende – Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) anbieten, welche das Urteil am 10. Oktober 2011 (Heft 19, S. 1100) veröffentlicht hat. Die Frist wäre dann am 10. Dezember 2011 – also immer noch deutlich vor Eingang des Antrags des Klägers – abgelaufen.
78Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
80Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht gegeben sind.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd – Außenstelle München – vom 16. Mai 2012 in Gestalt des Beschwerdebescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 10. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für den Zeitraum von 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2009 in die höchste Grundgehaltsstufe einzustufen, ihm die Besoldung aus dem endgrundgehalt seiner jeweiligen Besoldungsstufe zu gewähren und dem Kläger den Differenzbetrag zur tatsächlich gewährten Besoldung nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren.
die Klage abzuweisen.
Gründe
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Dienstherr verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Dienstherr die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann eine in § 6 genannte, geschädigte Person eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei Begründung eines Dienstverhältnisses drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn für die geschädigte Person auch bei benachteiligungsfreier Auswahl kein Dienstverhältnis begründet worden wäre.
(3) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung, in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, zu dem die in § 6 genannte Person von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(4) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Dienstherrn, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(5) Ein Verstoß des Dienstherrn gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Dienstverhältnisses, auf eine Maßnahme der Ausbildung oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Der Dienstherr hat im Rahmen des Dienst- und Treueverhältnisses für das Wohl der Beamtinnen und Beamten und ihrer Familien, auch für die Zeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses, zu sorgen. Er schützt die Beamtinnen und Beamten bei ihrer amtlichen Tätigkeit und in ihrer Stellung.
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, an den Kläger 1.700,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger zu 4/5 und das beklagte Land zu 1/5.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit oder Hinterlegung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
1
Tatbestand
2Der Kläger steht als Beamter im Dienst des Beklagten. Er rügt eine Altersdiskriminierung durch seine nach dem Besoldungsdienstalter bemessene Besoldung und beansprucht die Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ab dem 7. September 2009.
3Im Zeitpunkt der Klageerhebung bezog er eine Besoldung nach der Besoldungsgruppe A 14, Stufe 10.
4Mit Schreiben vom 4. Dezember 2012, eingegangen bei dem Beklagten am 6. Dezember 2012, beantragte er rückwirkend zum Zeitpunkt seines Dienstantritts am 7. September 2009 die Nachzahlung des Differenzbetrages zwischen der ihm tatsächlich gezahlten Besoldung und der Besoldung nach Endstufe seiner Besoldungsgruppe. Zugleich legte er Widerspruch gegen die Besoldungsberechnung durch das Landesamt für Besoldung und Versorgung ein. Zur Begründung führte er aus, dass die stufenweise Besoldung nach Besoldungsdienstalter eine unzulässige Altersdiskriminierung sei.
5Mit seiner am 27. Dezember 2012 beim Verwaltungsgericht Düsseldorf erhobenen Klage wiederholt der Kläger im Wesentlichen seine Rechtsauffassung, dass die ihm nach dem Besoldungsdienstalter gezahlte Besoldung gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoße. Solange die Altersdiskriminierung nicht durch eine Modifikation des Besoldungsrechts behoben sei, komme nur eine besoldungsrechtliche „Angleichung nach oben“ in Betracht, also eine Besoldung nach dem Grundgehalt der höchsten Lebensaltersstufe der jeweiligen Besoldungsgruppe.
6Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
7das beklagte Land zu verurteilen, ihm für den Zeitraum ab dem 7. September 2009 die Differenz zwischen der ihm jeweils tatsächlich gezahlten Besoldung und der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe zu zahlen, in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts jedenfalls einen Betrag in Höhe von 100,00 Euro monatlich, und die nachzuzahlenden Gehaltsdifferenzen mit 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und jeweiliger Fälligkeit zu verzinsen.
8Der Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Die Klage sei unzulässig, weil der Kläger sie entgegen der Bestimmung des § 75 VwGO vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung seines Antrags anhängig gemacht habe. Überdies habe der Kläger seinen Anspruch nicht rechtzeitig geltend gemacht.
11Mit Beschluss vom 31. Januar 2013 hat sich das Verwaltungsgericht Düsseldorf für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Münster verwiesen.
12Mit Beschluss vom 23. August 2013 ist mit Blick auf die beim Gerichtshof der Europäischen Union unter dem Aktenzeichen C-506/12 und die beim Bundesverwaltungsgericht unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 6.13 anhängig gewesenen Verfahren das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden.
13Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe
15I. Die am 27. Dezember 2012 erhobene Klage, über die trotz des Ausbleibens der ordnungsgemäß geladenen Beteiligten vom Termin zur mündlichen Verhandlung entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 19. März 1991 - VwGO), ist zulässig, obwohl der Kläger seinen Antrag auf höhere Besoldung erst am 6. Dezember 2012 gestellt hat. Im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung liegen die Voraussetzungen der Untätigkeitsklage gemäß § 75 Satz 1 VwGO i.V.m. § 54 Abs. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern vom 17. Juni 2008 (BeamtStG) i.V.m. § 104 Abs. 1 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 21. April 2009 (LBG NRW) vor, weil der Beklagte den Antrag des Klägers noch nicht beschieden hat (vgl. § 75 Satz 2 VwGO).
16II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat aufgrund von § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes vom 14. August 2006 (AGG) wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 einen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von jeweils 100,00 Euro pro Monat (1.). Des Weiteren spricht ihm die Kammer für das gesamte Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Zahlungsanspruch aufgrund des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu (2.). Weitergehende Zahlungsansprüche wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot stehen dem Kläger nicht zu (3.). Der geltend gemachte Zinsanspruch besteht im Hinblick auf die ihm zustehende Entschädigung (4.).
171. Der Kläger hat einen Entschädigungsanspruch gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG. Hiernach kann die Beamtin oder der Beamte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
18a) Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG setzt einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG (vgl. § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG) und einen dadurch verursachten ersatzfähigen immateriellen Schaden voraus. Auf ein Verschulden des Beklagten kommt es nicht an.
19Anders als der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 AGG ist der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG verschuldensunabhängig. Er setzt nicht in direkter oder analoger Anwendung des § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG voraus, dass der Arbeitgeber die Pflichtverletzung in Gestalt des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten hat.
20BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, BVerwGE 150, 234 (Rn. 34); Adomeit/Mohr, AGG, 2. Aufl. 2011, § 15 Rn. 29.
21§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG enthält eine Rechtsfolgenbestimmung, die hinsichtlich des Rechtsgrundes - des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot - mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG verzahnt ist. Das Tatbestandsmerkmal des Vertretenmüssens (§ 15 Abs. 1 Satz 2 AGG) ist von dieser Verknüpfung aber nicht erfasst. § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Klarstellung, „dass der materielle Schadensersatzanspruch - anders als bei der Entschädigung - nur entsteht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung zu vertreten hat.“ Der Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG wiederum soll „die Forderungen der Richtlinien sowie der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nach einer wirksamen und verschuldensunabhängig ausgestalteten Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbotes durch den Arbeitgeber“ erfüllen.
22BT-Drs. 16/1780, S. 38.
23Hinzu tritt, dass der von § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG angeordnete Schadensersatz regelmäßig wesentlich höher ausfallen wird als der sich aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ergebende Entschädigungsanspruch. Vor diesem Hintergrund entspricht es dem Gebot der Verhältnismäßigkeit (Art. 17 Satz 2 Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf - RL 2000/78/EG), nur den Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG unter die Voraussetzung des Vertretenmüssens des Arbeitgebers zu stellen. Denn es wiegt ungleich schwerer und bedarf stärkerer Sanktion, wenn ein Arbeitgeber den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu vertreten oder sogar absichtlich begangen hat.
24BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 35.
25Dieses Regelungsanliegen und das daraus folgende Normverständnis von der Verschuldensunabhängigkeit des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG stehen nicht im Widerspruch zum Wortlaut oder zur Systematik des § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
26b) Das solchermaßen von § 15 Abs. 1 und 2 AGG gebildete, abgestufte Sanktionensystem für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG ist mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den Vorgaben des Art. 17 der RL 2000/78/EG vereinbar.
27BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33 f.
28c) Entschädigungsansprüche des Klägers gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG sind für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 wegen altersdiskriminierender Besoldung entstanden. Für die Zeit danach verstößt seine Besoldung nicht gegen das Benachteiligungsverbot.
29aa) Der Kläger ist als Beamter gemäß § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung seiner besonderen Rechtsstellung Berechtigter des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG.
30bb) Der von § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 AGG vorausgesetzte, den Kläger betreffende Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot in Gestalt einer Benachteiligung aus Gründen des Alters gemäß § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG lag bis einschließlich 31. Mai 2013 in Gestalt der Zahlung einer an das Besoldungsdienstalter anknüpfenden Besoldung des Klägers vor. Für die Zeit seit dem 1. Juni 2013 war und ist die Besoldung nach Erfahrungsstufen mit Blick auf das Benachteiligungsverbot nicht zu beanstanden.
31(1) Die vom Beklagten geschuldete Besoldung des Klägers beruhte bis einschließlich 31. Mai 2013 auf einer gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßenden gesetzlichen Grundlage.
32(a) Bis zu diesem Zeitpunkt richtete sich die Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Beklagten nach den §§ 27, 28 des Bundesbesoldungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BBesG a.F.). Diese Bestimmungen galten nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenz für den Bereich der Besoldung der Beamtinnen und Beamten des Landes auf die Länder gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) zunächst als Bundesrecht fort. Die in §§ 27, 28 BBesG a.F. angeordnet gewesene Besoldung der Beamtinnen und Beamten in Abhängigkeit von ihrem Lebensalter führte nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung wegen des Alters im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) i.V.m. Art. 1 der RL 2000/78/EG und § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.
33EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. -, NVwZ 2014, 1294 (Rn. 50 ff.) - „Specht u.a.“; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015 - BVerwG 2 A 9.13 -, juris, Rn. 10; Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13 -, juris, Rn. 36 - „Unland” (bzgl. des die Besoldung der Richterinnen und Richter sowie der Staatsanwältinnen und Staatsanwälte betreffenden § 38 Abs. 1 BBesG a.F.).
34(b) Der in Anwendung dieses legislativen Unrechts erfolgte administrative Vollzugsakt der Besoldungszahlung verstößt aus demselben Grund gegen das Diskriminierungsverbot.
35(c) Der am 18. August 2006 in Kraft getretene § 7 Abs. 2 AGG, wonach Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG verstoßen, unwirksam sind, steht dem nicht entgegen. Er erfasst lediglich Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn. Auf gesetzliche Vorschriften, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, findet er keine Anwendung.
36BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 17.
37(2) Seit dem 1. Juni 2013 verstößt der Beklagte mit seiner monatlich an den Kläger geleisteten Besoldung hingegen nicht mehr gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG. Seither zahlt er die Besoldung aufgrund des am 1. Juni 2013 in Kraft getretenen Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 (ÜBesG NRW). Die darin angeordnete Besoldung nach Erfahrungsstufen verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) i.V.m. Art. 1 der RL 2000/78/EG und § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG.
38(a) Auf der Grundlage des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen werden die Beamtinnen und Beamten des Landes Nordrhein-Westfalen und der nordrhein-westfälischen Gemeinden nicht mehr nach dem Prinzip des Besoldungsdienstalters besoldet. Stattdessen bemisst sich ihr Grundgehalt, soweit die Besoldungsordnung nicht feste Gehälter vorsieht, nach Erfahrungsstufen (§ 27 Abs. 1 Satz 1 ÜBesG NRW). Zu diesem Zweck wird nach § 27 Abs. 2 Satz 1 ÜBesG NRW im Geltungsbereich dieses Landesgesetzes mit der ersten Ernennung in ein Beamtenverhältnis mit Anspruch auf Dienstbezüge ein Grundgehalt der ersten mit einem Grundgehaltsbetrag ausgewiesenen Stufe der maßgeblichen Besoldungsgruppe (Anfangsgrundgehalt) festgesetzt, soweit nicht berücksichtigungsfähige Zeiten anerkannt werden. Das Lebensalter der Beamtin oder des Beamten ist für diese Festsetzung unerheblich. Ausgehend von der solchermaßen vorgenommenen Grundgehaltsfestsetzung erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 ÜBesG NRW nach bestimmten Zeiten mit dienstlicher Erfahrung und der Leistung. Bis zur fünften Stufe steigt das Grundgehalt der Beamtinnen und Beamten im Abstand von zwei Jahren, bis zur neunten Stufe im Abstand von drei Jahren und darüber hinaus im Abstand von vier Jahren (§ 27 Abs. 3 Satz 1 ÜBesG NRW).
39Diese Vorschriften stehen mit den höherrangigen Vorgaben der RL 2000/78/EG und mit dem einfachgesetzlich geregelten Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG in Einklang, weil sie keine Benachteiligung wegen des Alters bewirken.
40VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015 - 3 K 3407/13 -, juris, Rn. 83; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015 - 12 K 3414/12 -, juris, Rn. 86 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 55 ff. (zum Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz); BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 65 ff. (zum Besoldungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt) und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, BVerwGE 150, 255 (Rn. 67 f.; zum Sächsischen Besoldungsgesetz).
41(b) Eine mit der RL 2000/78/EG und mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG unvereinbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters ab dem 1. Juni 2013 ergibt sich nicht aus den Vorschriften des Gesetzes zur Überleitung der vorhandenen Beamtinnen, Beamten, Richterinnen, Richter, Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger in die neuen Grundgehaltstabellen vom 16. Mai 2013 (BeamtuaGrGTÜG NRW).
42Dieses Gesetz perpetuiert die unmittelbare Benachteiligung des Klägers wegen seines Alters, weil die darin angeordnete Überleitung in das System der Besoldung nach Erfahrungsstufen für im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bereits vorhandene Beamtinnen und Beamte an die nach altem Recht und damit auf der Grundlage des Lebensalters zugewiesene Besoldungsstufe anknüpft.
43VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 90 ff.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 68 f. und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, a.a.O., Rn. 69 f.
44Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BeamtuaGrGTÜG NRW werden Beamtinnen und Beamte der Besoldungsordnung A den Stufen des Grundgehalts der Anlage IV Nr. 1 des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt nach Satz 2 dieser Vorschrift jeweils zu der Erfahrungsstufe der Besoldungsgruppe, die der Nummerierung der Stufe des Grundgehalts am 31. Mai 2013 entspricht. Mit der Zuordnung zu einer Erfahrungsstufe beginnt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 BeamtuaGrGTÜG NRW das Aufsteigen in den Stufen nach § 27 Abs. 3 ÜBesG NRW. Bereits in einer entsprechenden Stufe verbrachte Zeiten mit Anspruch auf Dienstbezüge ab dem Monat, in dem die Beamtin oder der Beamte das 21. Lebensjahr vollendet hat, werden angerechnet (§ 1 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BeamtuaGrGTÜG NRW).
45Die darin angelegte Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters ist aber mit Blick auf die vom nordrhein-westfälischen Gesetzgeber beabsichtigte Besitzstandswahrung der im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen bereits vorhandenen Beamtinnen und Beamten,
46LT-Drs. 16/1625, S. 69,
47sowie im Interesse der Verwaltungsvereinfachung gerechtfertigt. In Anbetracht der hohen Zahl von Beamtinnen und Beamten, der unterschiedlichen Länge des jeweils betroffenen Zeitraums, der Verschiedenheit der jeweiligen Laufbahnen und der Schwierigkeiten, die sich bei der Bestimmung der Vordienstzeiten ergeben könnten, wäre eine nicht an die aufgrund des Lebensalters zugewiesene Besoldungsstufe anknüpfende Überleitung übermäßig kompliziert und in erhöhtem Maß fehleranfällig gewesen.
48VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 95 ff.; im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 83; vgl. auch EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 37 ff. und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 64 ff. (beide zum Berliner Besoldungsüberleitungsgesetz); BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 70 ff. und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 3.13 -, a.a.O., Rn. 71 ff.
49cc) Den gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG ersatzfähigen immateriellen Schaden, der dem Kläger durch den bis einschließlich 31. Mai 2013 begangenen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot entstanden ist, muss er nicht konkret nachweisen. Ein solcher Schaden liegt bereits im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vor.
50BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 45, m.w.N.
51dd) Verpflichteter der sich aus der gesetzeskonformen Zahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 ergebenden Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG ist gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 Satz 1, § 24 Nr. 1, § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG das beklagte Land in seiner Funktion als Dienstherr des Klägers.
52BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 58; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015 - 1 K 1462/13 -, Rn. 33 ff.; Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 55.
53Dem steht nicht entgegen, dass der Beklagte als Dienstherr gemäß §§ 27, 28 BBesG a.F. i.V.m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG zur lebensalterabhängigen Besoldung verpflichtet war und er diese Vorschriften lediglich rechnerisch korrekt vollzogen hat.
54BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 36.
55Die Haftungsverantwortlichkeit des Beklagten als Dienstherrn folgt daraus, dass er selbst durch die Zahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen hat. Als Besoldungsschuldner, der sich zur Festsetzung und Auszahlung der Besoldung gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 des Landesbesoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung vom 17. Februar 2005 (LBesG NRW a.F.) i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Verordnung zur Bestimmung der Besoldungsfestsetzungsbehörden des Landes Nordrhein-Westfalen vom 27. November 1979 (BesZVO) des Landesamtes für Besoldung und Versorgung bedient, hat das beklagte Land seinen Beamtinnen und Beamten eine diskriminierungsfreie Besoldung vorenthalten und dadurch eine gegen § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG verstoßende Benachteiligung wegen des Alters bewirkt.
56Der Umstand, dass diese Benachteiligung in Vollzug einer gesetzlichen Bestimmung erfolgt ist und der Beklagte als Dienstherr wegen des im Besoldungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG a.F.) - vorbehaltlich eines Anwendungsvorrangs des Unionsrechts - zum Vollzug des legislativen Unrechts sogar verpflichtet war, steht seiner Haftungsverantwortlichkeit nicht entgegen. Seine Pflicht zum Gesetzesvollzug ist allein im Rahmen des von der „Täterschaft“ zu unterscheidenden Vertretenmüssens des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot erheblich. Auf dieses kommt es bei dem Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG aber aus den dargelegten Gründen gerade nicht an.
57d) Seine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG hat der Kläger mit seinem Schreiben vom 4. Dezember 2012 formgerecht gegenüber dem Beklagten geltend gemacht.
58Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG schriftlich geltend gemacht werden. Ausgehend vom Sinn und Zweck des Erfordernisses der schriftlichen Geltendmachung, den Arbeitgeber bzw. Dienstherrn über etwaige Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Kenntnis zu setzen und ihm die rechtzeitige Prüfung der Ansprüche, die Beweissicherung und Rücklagenbildung zu ermöglichen,
59BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 49,
60genügt es für das Geltendmachen nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG, wenn die oder der Anspruchsberechtigte den Entschädigungsanspruch nach dem Lebenssachverhalt individualisiert und der ungefähren Höhe nach angibt; einer konkreten Bezifferung der Anspruchshöhe bedarf es nicht.
61BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 - BVerwG 2 B 145.11 -, juris, Rn. 14; BAG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 8 AZR 580/09 -, NZA 2011, 737 (Rn. 23); Deinert, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 3. Aufl. 2013, § 15 Rn. 112.
62Diesen Anforderungen genügt das Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012, obwohl er darin weder ausdrücklich Sekundäransprüche geltend gemacht noch sich auf die Anspruchsgrundlage des § 15 Abs. 1 oder 2 AGG berufen hat. Eine Auslegung am Maßstab des im öffentlichen Recht entsprechend anwendbaren § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGB), wonach der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften ist, ergibt, dass der Kläger in einem weit verstandenen Sinne sämtliche Ansprüche auf Geldleistung wegen der altersdiskriminierenden Besoldung geltend machen wollte. Im Ausgangspunkt hat er unter Bezugnahme auf die dazu ergangene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung die von seiner Besoldung ausgehende Altersdiskriminierung beanstandet. Daran anknüpfend hat er einen finanziellen Ausgleich in Höhe der Differenz zwischen der tatsächlich erhaltenen Besoldung und der Besoldung, die sich aus der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ergibt, verlangt. Es ist erkennbar, dass er damit nicht allein einen auf die Zahlung einer höheren Besoldung gerichteten Primäranspruch geltend machen wollte. Er hat sich insoweit lediglich im Sinne eines rechtlichen Anstoßes an den bis dahin ergangenen verwaltungsgerichtlichen Entscheidungen orientiert und erkennbar alle rechtlichen Optionen offenhalten wollen.
63Vgl. zu einer ähnlichen Konstellation BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 49; OVG Sachs.-Anh., Urteil vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 -, juris, Rn. 3; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015 - 6 K 1378/14 -, juris, Rn. 30, das lediglich verlangt, „dass die Geltendmachung in irgendeiner Form auf die gerügte Diskriminierung abhebt“.
64e) Mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben vom 4. Dezember 2012 hat der Kläger seine Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG für den Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 fristgemäß geltend gemacht.
65Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, - was hier nicht einschlägig ist - die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung - wie sie hier inmitten stehen - zu dem Zeitpunkt, in dem die oder der Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
66In Fällen der vorliegenden Art, in denen die Beamtin oder der Beamte Entschädigungsansprüche wegen einer altersdiskriminierenden Besoldung erhebt, bezieht sich der einzelne Entschädigungsanspruch auf den jeweiligen Besoldungsmonat. Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG erhält die Beamtin oder der Beamte dabei grundsätzlich im Zeitpunkt des Erhaltens der jeweiligen Monatsbesoldung, also am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist. Ausgehend davon muss der auf den jeweiligen Besoldungsmonat bezogene Entschädigungsanspruch gemäß § 188 Abs. 2 i.V.m. § 187 Abs. 1 BGB bis zum Monatsersten des übernächsten Monats geltend gemacht werden, es sei denn, der Monatserste ist ein Sonn- oder Feiertag oder ein Sonnabend. In diesen Fällen tritt an die Stelle des Monatsersten der nächste Werktag (§ 193 BGB).
67A.A. VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 29, wonach mit einem am 28. Dezember 2012 erhobenen Widerspruch Ansprüche für den Zeitraum ab Oktober 2012 rechtzeitig geltend gemacht worden seien.
68Der Entschädigungsanspruch muss nur einmal geltend gemacht werden; ein entsprechender Antrag oder Widerspruch wirkt für die Zukunft fort.
69BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 54.
70aa) Die zum Untergang der Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG hinsichtlich des Zeitraums vor dem 1. November 2012 führende materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG steht mit höherrangigem Recht, insbesondere mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG in Einklang.
71BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - III ZR 4/15 -, juris, Rn. 13; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 48, m.w.N.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - C-246/09 -, NJW 2010, 2713 (Rn. 34 ff.) - „Bulicke“.
72bb) Eine teleologische Reduktion der Fristbestimmung des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG dergestalt, dass sie nach ihrem Sinn und Zweck in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, in denen ein Entschädigungsanspruch wegen einer altersdiskriminierenden Besoldungszahlung geltend gemacht wird, ausnahmsweise nicht anwendbar ist und stattdessen der Geltendmachung des Anspruchs lediglich die Einrede der Verjährung oder der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung finanzieller Ansprüche entgegensteht, kommt nicht in Betracht.
73Wenn eine Vorschrift nach ihrem Wortsinn Sachverhalte erfasst, die sie nach dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers nicht erfassen soll, sind Gerichte befugt, den Wortlaut der Vorschrift zu korrigieren, und ist eine überschießende Regelung im Wege der teleologischen Reduktion auf den ihr nach Sinn und Zweck zugedachten Anwendungsbereich zurückzuführen.
74BVerwG, Urteil vom 7. Mai 2014 - BVerwG 4 CN 5.13 -, NVwZ 2014, 1170 (Rn. 14).
75Ausdrücklich äußern sich die Gesetzesmaterialien hinsichtlich des Normzwecks nur dahingehend, dass es dem Arbeitgeber angesichts der in § 22 AGG geregelten Beweislastverteilung nicht zugemutet werden solle, „Dokumentationen über Einstellungsverfahren etc. bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen.“
76BT-Drs. 16/1780, S. 38.
77In einer vergleichbaren Situation befindet sich der Beklagte nicht. Hier steht nicht die Dokumentation über ein Einstellungsverfahren oder Ähnliches in Rede, sondern ein besoldungsrechtlicher Vorgang. Die Frage der Zumutbarkeit der Aufbewahrung diesbezüglicher Vorgänge stellt sich nicht in der in den Gesetzmaterialien angesprochenen Weise. Der Beklagte ist aufgrund § 50 BeamtStG und § 84 LBG NRW zur Dokumentation aller besoldungsrelevanten Angelegenheiten in der Personalakte seiner Beamtin oder seines Beamten verpflichtet. Die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG dient aber neben dem in den Gesetzesmaterialien genannten besonderen Anliegen hinaus in einem allgemeinen Sinne der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Dienstherr soll, wie bereits ausgeführt, über etwaige Ansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Kenntnis gesetzt und ihm die rechtzeitige Prüfung der Ansprüche, die Beweissicherung und Rücklagenbildung ermöglicht werden.
78BT-Drs. 16/1780, S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 48 f.; Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 92.
79cc) Der fristgebundene „Anspruch“ im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ist hier kein einmalig entstandener Entschädigungsanspruch. Stattdessen stehen der Beamtin oder dem Beamten mehrere monatsweise entstandene Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu. Die altersdiskriminierende Besoldung ist eine monatlich wiederkehrende Benachteiligung mit der Folge, dass für jeden monatlich wiederkehrenden, in sich geschlossenen Diskriminierungsakt ein einzelner, auf den jeweiligen Monat bezogener Entschädigungsanspruch entsteht.
80Vgl. Adomeit/Mohr, a.a.O, Rn. 108 (bzgl. regelmäßig zu zahlender Entgelte); LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014 - 8 Sa 942/13 -, juris, Rn. 22 (bzgl. des Entschädigungsanspruchs einer Verwaltungsangestellten wegen einer altersdiskriminierenden Reduzierung der Arbeitszeit nach Altersstufen auch bei Teilzeitbeschäftigung).
81Die Wahrung der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG des jeweiligen Entschädigungsanspruchs ist dementsprechend für jeden einzelnen Monat des geltend gemachten Gesamtzeitraums gesondert zu beurteilen.
82So im Ergebnis auch VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 28 f.; vgl. auch BAG, Urteil vom 26. Oktober 1994 - 5 AZR 404/93 -, NZA 1995, 858 (859), bzgl. eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall; LAG Hamm, Urteil vom 30. Januar 2014, a.a.O., Rn. 22 (bzgl. des Entschädigungsanspruchs einer Verwaltungsangestellten wegen einer altersdiskriminierenden Reduzierung der Arbeitszeit nach Altersstufen auch bei Teilzeitbeschäftigung); LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011 - 5 Sa 208/11 -, juris, Rn. 180; Adomeit/Mohr, a.a.O, Rn. 108 (bzgl. regelmäßig zu zahlender Entgelte).
83(1) Eine wiederkehrende Benachteiligung ist anzunehmen, wenn mehrere jeweils in sich geschlossene, vom jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden Vorgang logisch trennbare Vorgänge mit jeweils einer eigenständig generierten und nicht bloß nachwirkenden Benachteiligung vorliegen.
84Dies folgt im Umkehrschluss aus der Begriffsbestimmung des diskriminierenden Dauertatbestandes. Ein solcher ist gegeben, wenn fortlaufend neue Tatsachen eintreten und es sich um einen noch nicht abgeschlossenen, länger währenden Zustand auf der Grundlage eines einheitlichen Tatentschlusses handelt. Die einzelnen Benachteiligungshandlungen müssen in einem untrennbaren Zusammenhang stehen, so dass ein Aufspalten dieses einheitlichen Lebenssachverhalts künstlich wäre. Dagegen liegt ein Dauerzustand nicht vor, wenn die für die Benachteiligung maßgeblichen Vorgänge bereits abgeschlossen sind und lediglich nachwirken.
85BAG, Urteil vom 24. September 2009, - 8 AZR 705/08 -, NZA 2010, 387 (Rn. 59 f.); LAG Hamm, Urteil vom 1. Juni 2012 - 18 Sa 683/11 -, juris, Rn. 127; Hess. LAG, Urteil vom 7. Februar 2012 - 2 Sa 1411/10 -, juris, Rn. 51; Bauer, AGG, 4. Aufl. 2015, § 15 Rn. 52; Sponer/Steinherr, TVöD Gesamtausgabe, 146. Update 08/15, § 15 AGG Rn. 81.
86(2) Die an das Lebensalter anknüpfende monatliche Besoldung erfüllt die Begriffsmerkmale einer wiederkehrenden Benachteiligung. Die von ihr ausgehende Diskriminierung ist nicht auf den einleitenden Akt der am Lebensalter orientierten Zuordnung zur Grundgehaltstabelle begrenzt.
87A.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, RiA 2015, 103 (108).
88Das nach §§ 27, 28 BBesG a.F. in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter bildet den Anknüpfungspunkt für die erstmalige administrative Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze, von wo aus das Grundgehalt der Beamtin oder des Beamten aufgrund bestimmter Kriterien ansteigt.
89BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14.
90Der altersdiskriminierende Effekt, dass sich deshalb das Grundgehalt, das zwei gleichzeitig ernannte Beamtinnen oder Beamte mit der gleichen oder vergleichbaren Berufserfahrung, aber unterschiedlichem Lebensalter erhalten, allein aufgrund ihres Lebensalters zum Zeitpunkt ihrer Ernennung unterscheidet,
91BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 14,
92erschöpft sich aber weder in dem Setzen des legislativen Unrechts in Gestalt der §§ 27, 28 BBesG a.F. noch in dem einleitenden Vollzugsakt der der Beamtin oder dem Beamten gemäß § 28 Abs. 4 BBesG a.F. mitzuteilenden Festsetzung des Besoldungsdienstalters und der hierauf gestützten erstmaligen Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze. Den Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, an die die hier in Rede stehenden Entschädigungsansprüche gegen den Beklagten aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG anknüpfen, hat dieser erst durch den administrativen Vollzug des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung in Gestalt der Auszahlung einer altersdiskriminierenden Besoldung bewirkt.
93Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 36, 57.
94Dieser diskriminierende Akt war kein einmaliger Vorgang und keine bloße - naturgemäß mit zunehmendem Zeitablauf „verblassende“ - Nachwirkung der erstmaligen Bestimmung des Besoldungsdienstalters im Zeitpunkt der Einstellung des Klägers. Er hatte auf der Grundlage des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung keinen einmaligen Anspruch auf Besoldung für den Gesamtzeitraum des Bestehens des Dienstverhältnisses zwischen ihm und dem Beklagten. Stattdessen hatte er einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen, nämlich einen Anspruch auf Besoldung für grundsätzlich jeden vollen Kalendermonat (§ 3 Abs. 4 BBesG a.F.).
95Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 10. März 2008 - 21 A 660/07 -, juris, Rn. 16.
96Auch wenn die Dienstbezüge grundsätzlich ohne vorhergehenden Festsetzungs- oder Bewilligungsbescheid, sondern unmittelbar auf der Grundlage des Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung gewährt wurden,
97BVerwG, Beschluss vom 24. Januar 2008 - BVerwG 2 B 72.07 -, juris, Rn. 6; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 13. August 2008 - 1 A 157/07 -, juris, Rn. 42,
98musste der Anspruch auf Besoldung monatlich dem Grunde und der Höhe nach geprüft und erfüllt werden. So war monatsweise unter anderem zu prüfen, ob der Beamtin oder dem Beamten im Vergleich zum vorangegangenen Monat etwa wegen einer Teilzeitbeschäftigung lediglich ein Anspruch auf ein gekürztes Grundgehalt zustand (§ 6 Abs. 1 BBesG a.F.). Auch die Entscheidung darüber, ob die Beamtin oder der Beamte inzwischen die nächsthöhere Besoldungsstufe erreicht und damit einen Anspruch auf ein höheres Grundgehalt hat, musste die Zahlstelle monatsweise unter anderem unter Heranziehung des Besoldungsdienstalters treffen. Denn nach § 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F. bestimmte sich das Aufsteigen in den Besoldungsstufen neben der Leistung gerade nach dem an das Lebensalter anknüpfende Besoldungsdienstalter. Damit hing der monatsweise zu prüfende und der Beamtin oder dem Beamten zumindest faktisch entgegenzuhaltende Aufstieg oder Nichtaufstieg in die nächsthöhere Besoldungsstufe stets vom altersdiskriminierenden Element des lebensalterabhängigen Besoldungsdienstalters ab.
99Dieser den Kläger diskriminierende Umstand, dass er im Vergleich zu einem am selben Tag eingestellten lebensälteren Beamten allein wegen seines Alters eine vergleichsweise niedrigere Besoldung erhalten hat, war eine sich monatsweise erneuernde Perpetuierung jener „Anfangsdiskriminierung“. Denn war die konkrete Höhe des monatlichen Besoldungsanspruchs (§ 3 Abs. 4 BBesG a.F.) jeweils auch von dem an das Lebensalter anknüpfenden Besoldungsdienstalter abhängig (§ 27 Abs. 1 Satz 2 BBesG a.F.), wurde die altersdiskriminierende Folge der §§ 27, 28 BBesG a.F. jeden Monat mit den Kläger jedes Mal erneut belastender, weil ihn wegen seines Alters stets ein weiteres Mal zurücksetzender Auswirkung in Gang gesetzt. Vor diesem Hintergrund war die Auszahlung der nach dem Lebensalter bemessenen Besoldung kein bloßer diskriminierungsfreier Reflex der lebensalterabhängigen Festsetzung der Besoldungsstufe. Stattdessen hat der Administrativakt der Zahlung der nach dem Lebensalter bemessenen Besoldung jeden Monat erneut und damit wiederkehrend eine selbstständige, in sich geschlossene und von der jeweils vorangegangenen oder nachfolgenden monatlichen Bezügezahlung trennbare und selbstständig wirkende Benachteiligung aufgrund des Alters bewirkt.
100In diesem Sinne hat auch das Bundesverwaltungsgericht betont, „[d]ie ungerechtfertigte Benachteiligung des Klägers wegen seines Lebensalters manifestierte sich regelmäßig in der monatlichen Auszahlung seiner Bezüge“, und insofern von „einer wiederkehrenden Benachteiligung“ gesprochen.
101BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 54.
102Auf dieser Grundlage hat es den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG auch nicht an das legislative Unrecht des Erlasses der §§ 27, 28 BBesG a.F. oder an den singulären Administrativakt der anfänglichen Festsetzung des für die Zuordnung zur Grundgehaltstabelle maßgeblich gewesenen Besoldungsdienstalters geknüpft und einen allein darauf bezogenen Entschädigungsanspruch zugesprochen. Stattdessen ist es von mehreren „monatsweise entstandenen Entschädigungsansprüchen“ ausgegangen und hat dem Kläger des Revisionsverfahrens keinen einmaligen, sondern einen monatlich berechneten Pauschalbetrag als Entschädigung zugesprochen.
103BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 60 f., 74.
104dd) Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG hatte der Kläger jeweils am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist, frühestens aber seit dem 8. September 2011.
105(1) Grundsätzlich hat die oder der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG Kenntnis von der Benachteiligung, wenn sie oder er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass sie oder er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren und unzweifelhaften Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann erst mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch eine höchstrichterliche Entscheidung.
106BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 51.
107(2) Kenntnis von der Benachteiligung im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG hatte die Beamtin oder der Beamte grundsätzlich am letzten Bankwerktag des Monats, der dem Monat, für den die Bezüge geleistet wurden, vorangegangen ist, weil das Grundgehalt gemäß § 3 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 1 BBesG a.F. monatlich im Voraus gezahlt wurde. In dem Zeitpunkt, in dem die Beamtin oder der Beamte die Monatsbezüge erhalten hatte - also am letzten Bankwerktag des jeweiligen Vormonats - wusste sie oder er, dass sie oder er tatsächlich auch in diesem Monat unter Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Lebensalters besoldet wurde. Das in den letzten Bankwerktag des dem Besoldungsmonat vorausgehenden Monats fallende Ereignis der Bezügezahlung markiert gemäß § 187 Abs. 1 BGB den Beginn der zweimonatigen materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG.
108(3) Die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG begann hier aber frühestens mit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011.
109(a) Erst mit dieser Entscheidung ist die hinsichtlich der Vereinbarkeit der lebensalterbezogenen Besoldung von Beamtinnen und Beamten mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG und damit auch mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG bis dahin unklare und unsichere Rechtslage geklärt worden.
110BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 13 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52 f.; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 21; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 36; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015 - 3 A 78/12 -, juris, Rn. 27; VG Arnsberg, Urteil vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris, Rn. 16; a.A. OVG Saarl., Urteil vom 6. August 2015 - 1 A 290/14 -, juris, Rn. 40 ff.; Tiedemann, RiA 2015, 97 (100).
111In diesem Urteil hat der Gerichtshof der Europäischen Union betreffend das dem Besoldungssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. vergleichbare Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages entschieden, dass die Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG dahin auszulegen sind, dass sie einer in einem Tarifvertrag vorgesehenen Maßnahme entgegenstehen, wonach sich innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe die Grundvergütung eines Angestellten im öffentlichen Dienst bei dessen Einstellung nach seinem Alter bemisst.
112EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - C‑297/10, C-298/10 -, NZA 2011, 1110 (Rn. 78) - „Hennigs und Mai”.
113(b) Es bedarf keiner Entscheidung darüber, ob der Kläger die nach § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG für den Beginn des Fristlaufs erforderliche Kenntnis von seiner Benachteiligung bereits ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 hatte,
114so BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 13 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104,
115oder erst ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Entscheidung in einem periodisch erscheinenden Druckerzeugnis.
116Vgl. dazu VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39 ff.; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 32 ff.
117Auf den Zeitraum, für den der Kläger seinen Entschädigungsanspruch gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, hat diese Rechtsfrage keinen Einfluss.
118Das am 6. Dezember 2012 bei dem Beklagten eingegangene Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012 hätte im letztgenannten Fall weder den gesamten geltend gemachten Zeitraum - seit September 2009 - noch einen im Vergleich zur Anknüpfung an die Urteilsverkündung längeren Zeitraum abgedeckt. Er wahrt die Frist in beiden Fällen lediglich ab dem Monat November 2012. Den gesamten geltend gemachten Zeitraum hätte das Schreiben nur dann erfasst, wenn er innerhalb von zwei Monaten seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 - sei es seit dessen Verkündung oder dessen Publikation - bei dem Beklagten eingegangen wäre. Beides ist nicht der Fall.
119(aa) Knüpft der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG an die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011, begann die Frist erstmals am 9. September 2011 (§ 187 Abs. 1 BGB) zu laufen und endete erstmals mit dem Ablauf des 8. November 2011 (§ 188 Abs. 2 BGB). Das Schreiben des Klägers ist aber erst nach diesem Zeitpunkt bei dem Beklagten eingegangen.
120(bb) Nichts anderes würde für den Fall gelten, wenn der Beginn der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG an die Veröffentlichung des besagten Urteils in einem periodisch erscheinenden Druckerzeugnis anzuknüpfen wäre. Abzustellen wäre dann auch nach Auffassung der Kammer nicht auf die Publikation in einer privatwirtschaftlich herausgegebenen, wenn auch auflagenstarken Fachzeitschrift wie etwa in Heft 8/2012 der Neuen Juristischen Wochenschrift (S. 512), erschienen am 16. Februar 2012, oder einem anderen einschlägigen Fachblatt. Stattdessen wäre der Zeitpunkt der am 22. Oktober 2011 erfolgten Veröffentlichung des Urteils im Amtsblatt der Europäischen Union,
121ABl. EU 2011, Nr. C 311, S. 12 f.,
122entscheidend. Die am 23. Oktober 2011 erstmals beginnende Frist wäre dann erstmals am 22. Dezember 2011 abgelaufen.
123Im Ergebnis auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41; VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 32 ff.
124Die Kammer lehnt sich insoweit an die Regelungen in Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG und in § 31 Abs. 2 Satz 3 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. August 1993 (BVerfGG) an. Nach Art. 82 Abs. 1 Satz 1 GG werden die nach den Vorschriften des Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt und im Bundesgesetzblatte verkündet. Nach § 31 Abs. 2 Satz 3 BVerfGG muss das Bundesministerium der Justiz die Entscheidungsformel des Bundesverfassungsgerichts im Bundesgesetzblatt veröffentlichen, soweit in der betreffenden Entscheidung des Gerichts ein Gesetz als mit dem Grundgesetz oder sonstigem Bundesrecht vereinbar oder unvereinbar oder für nichtig erklärt wird.
125Diese vom Grundgesetz und vom Bundesgesetzgeber der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt zugesprochene hinreichende Publizität erreicht auch die Publikation im Amtsblatt der Europäischen Union, das in seiner Funktion dem Bundesgesetzblatt vergleichbar ist.
126Hiergegen spricht nicht, dass ein Rechtsunkundiger das Amtsblatt der Europäischen Union regelmäßig nicht lesen wird. Abgesehen davon, dass dieser Einwand auch im Hinblick auf das Bundesgesetzblatt unbehelflich ist, wäre eine tatsächliche Kenntnisnahme des Urteils ebenso wenig im Falle einer Veröffentlichung in einer periodisch erscheinenden juristischen Fachzeitschrift gewährleistet.
127Auf die Veröffentlichung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in einer Fachzeitschrift wäre auch nicht aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzustellen. Zwar hat der 11. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs in einem die Bankenhaftung bei kreditfinanzierter Kapitalanlage betreffenden Urteil für den Beginn der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Veröffentlichung einschlägiger Urteile des Bundesgerichtshofs in der Neuen Juristischen Wochenschrift abgestellt.
128BGH, Urteil vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 -, NJW-RR 2009, 547 (Rn. 19).
129Eine gefestigte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach im Falle der Klärung einer unsicheren Rechtslage die Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB stets erst ab Veröffentlichung der klärenden höchstrichterlichen Entscheidung in einer periodisch erscheinenden Fachzeitschrift beginnt, ist aber nicht ersichtlich.
130VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, insbesondere mit zutreffendem Zitat des Urteils vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 -, NJW 1999, 2041 (2043), wo der Bundesgerichtshof auf den „Erlaß des Senatsurteils“ abstellt.
131Überdies verbietet sich ein Vergleich der Publikationspraxis des Bundesgerichtshofs mit der des Gerichtshofs der Europäischen Union insoweit schon deshalb, weil Entscheidungen des Bundesgerichtshofs - anders als die des Gerichtshofs der Europäischen Union oder des Bundesverfassungsgerichts - prinzipiell weder im Bundesgesetzblatt noch im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden.
132(c) Der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts des Saarlandes, wonach die unsichere Rechtslage erst durch das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a. - geklärt worden sei,
133OVG Saarl., Urteil vom 6. August 2015 a.a.O., Rn. 40 ff. (die hiergegen eingelegte Revision ist unter dem Aktenzeichen BVerwG 2 C 20.15 anhängig),
134folgt die Kammer nicht.
135Der Gerichtshof der Europäischen Union hat einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung speziell für die Konstellation der aufgrund des Besoldungsdienstalters gemäß §§ 27, 28 BBesG a.F. geleisteten Besoldung von Beamtinnen und Beamten erst mit dem Urteil in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 festgestellt. Daraus folgt aber nicht, dass der Kläger die gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 Alt. 2 AGG für den Fristbeginn erforderliche Kenntnis von seiner Benachteiligung erst durch dieses Urteil erlangt hat.
136Hinsichtlich der Frage, wann die oder der Betroffene von der Benachteiligung Kenntnis erlangt hat, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt.
137BAG, Urteil vom 15. März 2012 - 8 AZR 160/11 -, juris, Rn. 60.
138§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB verlangt die Kenntnis des Gläubigers von den anspruchsbegründenden Umständen. Der Verjährungsbeginn setzt danach grundsätzlich nicht voraus, dass der Gläubiger aus den ihm bekannten Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht. Jedoch ist die von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB geforderte Kenntnis des Gläubigers erst vorhanden, wenn er aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen den Schuldner eine Klage, sei es auch nur eine Feststellungsklage, erheben kann, die bei verständiger Würdigung in einem Maße Erfolgsaussicht hat, dass sie zumutbar ist. Völlig risikolos im dem Sinne, dass die Beurteilung der Sach- und Rechtslage in seinem konkreten Fall keinen vernünftigen Zweifeln unterliegt, muss die Klage nicht sein.
139BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 51, m.w.N; BGH, Urteil vom 28. Oktober 2014 - XI ZR 348/13 -, NJW 2014, 3713 (Rn. 49).
140Das Geltendmachen eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot in Gestalt der Besoldung nach dem Lebensalter war auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in Sachen Hennigs und Mai hinreichend aussichtsreich. Aus den Entscheidungsgründen ließ sich hinreichend verlässlich entnehmen, dass nicht nur das in dieser Entscheidung beurteilte Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages mit der RL 2000/78/EG unvereinbar war, sondern auch das System der an das Lebensalter der Beamtinnen und Beamten anknüpfenden Besoldung. Das Vergütungssystem des Bundes-Angestelltentarifvertrages war mit dem Besoldungssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. in diesem entscheidenden Punkt der Lebensaltersbezogenheit strukturell vergleichbar und die Argumentation des Gerichtshofs der Europäischen Union damit auf das Recht der Beamtenbesoldung übertragbar. Dies wird dadurch bestätigt, dass der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem die Beamtenbesoldung betreffenden Urteil vom 19. Juni 2014 seine Aussage, die bei der Einstellung einer Beamtin oder eines Beamten stattfindende Einstufung in eine Grundgehaltsstufe anhand des Lebensalters gehe über das hinaus, was zur Erreichung des legitimen Ziels der Berücksichtigung der Berufserfahrung erforderlich sei, damit einleitet, dass er eben diese Feststellung bereits in seinem Urteil vom 8. September 2011 getroffen habe.
141EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 51.
142Überdies hat der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 19. Juni 2014 betont, dass die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem Bundesbesoldungsgesetz alter Fassung obliegenden Verpflichtung bereits mit der „Verkündung“ seines Urteils in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 erläutert und verdeutlicht worden sei.
143EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104.
144Von dieser Feststellung ist der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 9. September 2015 nicht abgerückt, wenngleich er darin für die Feststellung, dass die in § 38 Abs. 1 BBesG a.F. angeordnet gewesene Besoldung der Richter nach ihrem Lebensalter gegen Art. 2, 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG verstoßen habe, lediglich auf sein Urteil in Sachen Specht u.a. vom 19. Juni 2014 rekurriert.
145EuGH, Urteil vom 9. September 2015, a.a.O, Rn. 33 f.
146Waren die den Bundes-Angestelltentarifvertrag betreffenden Entscheidungsgründe des Urteils vom 8. September 2011 abstrahierbar und wegen der strukturellen Vergleichbarkeit beider Systeme auf die Beamtenbesoldung übertragbar, bestand schon auf der Grundlage dieses Urteils eine hinreichende, das Geltendmachen eines Anspruchs aus § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG zumutbar machende Aussicht auf Erfolg.
147ee) Der Auffassung, wonach die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG erst in dem Zeitpunkt begonnen habe, zu dem der Besoldungsgesetzgeber die altersdiskriminierende Anknüpfung an das Lebensalter durch eine Besoldung nach Erfahrungsstufen ersetzt hat - hier also mit Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2013 -,
148Tiedemann, a.a.O., S. 100; vgl. auch LAG Rh.-Pf., Urteil vom 13. August 2014 - 4 Sa 517/13 -, juris, Rn. 37 (bzgl. einer geschlechterdiskriminierenden Arbeitnehmervergütung),
149folgt die Kammer nicht.
150Im Ergebnis auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, a.a.O., S. 108.
151Die Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG beginnt nur dann erst mit der zeitlich letzten Handlung, wenn es sich bei der Benachteiligung um einen Dauertatbestand handelt.
152BAG, Urteil vom 24. September 2009, a.a.O., Rn. 59; LAG Düsseldorf, Urteil vom 22. Dezember 2011, a.a.O., Rn. 180; LAG Köln, Urteil vom 15. Februar 2008 - 11 Sa 923/07 -, NZA-RR 2008, 622 (625); Adomeit/Mohr, a.a.O., Rn. 107; Weth, in: Junker/Beckmann/Rüßmann, jurisPK-BGB, Band 2, 7. Aufl. 2014, § 15 AGG Rn. 57; vgl. demgegenüber Thüsing, in: Säcker/Rixecker, MüKo-BGB, Band 1, 7. Aufl. 2015, § 15 AGG Rn. 45, der wohl auf die Besonderheit des jeweiligen Einzelfalls abstellt.
153Ein benachteiligender Dauertatbestand lag in Gestalt der altersdiskriminierenden Besoldung aber nicht vor. Stattdessen handelt es sich, wie bereits ausgeführt, um eine monatlich wiederkehrende Benachteiligung. Davon geht offenbar auch das Bundesverwaltungsgericht aus. Dieses knüpft den Beginn der Frist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nämlich nicht - wie es bei der Annahme eines Dauertatbestandes erforderlich gewesen wäre - an den Zeitpunkt des Inkrafttretens eines diskriminierungsfreien Besoldungsgesetzes, sondern an die Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 in Sachen Hennigs und Mai.
154BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 52; gegen die Annahme eines Dauertatbestandes bei einer altersdiskriminierenden Besoldung auch: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 42 ff.; Ebenhoch-Combs, a.a.O., S. 108.
155ff) Soweit der Kläger seinen Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG nicht gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, steht es dem Anspruchsverlust nicht entgegen, wenn der Beklagte ihn nicht auf die Möglichkeit des Geltendmachens eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG und die Notwendigkeit der Fristwahrung gemäß § 15 Abs. 4 AGG hingewiesen hat.
156Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts obliegt dem Dienstherrn keine aus der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) abzuleitende allgemeine Pflicht zur Belehrung über alle für die Beamtinnen und Beamten einschlägigen Vorschriften, vor allem dann nicht, wenn es sich um rechtliche Kenntnisse handelt, die zumutbar bei jeder Beamtin und jedem Beamten vorausgesetzt werden können oder die sich die Beamtin oder der Beamte unschwer selbst verschaffen kann. Demgemäß gebietet ihm die Fürsorgepflicht grundsätzlich nicht, seine Beamtinnen und Beamten von sich aus auf für sie etwa in Betracht kommende Möglichkeiten einer Antragstellung aufmerksam zu machen.
157BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997 - BVerwG 2 C 10.96 -, BVerwGE 104, 55 (57 f.); VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 45.
158Eine besondere Fallgestaltung, die ausnahmsweise geeignet ist, eine Belehrungspflicht auszulösen,
159Vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1997, a.a.O., S. 58,
160macht der Kläger nicht geltend. Dies ist auch sonst nicht ersichtlich. Das Geltendmachen des Entschädigungsanspruchs lag ausschließlich in der Interessenssphäre des Klägers, und hing die Geltendmachung von Ersatzansprüchen nicht von Kenntnissen ab, über die allein der Beklagte verfügte, und zu denen der Kläger auch unter der ihm zumutbaren Zuhilfenahme des Rates Rechtskundiger keinen Zugang gehabt hätte.
161gg) Einem - vom Kläger nicht gestellten - Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 32 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 12. November 1999 - VwVfG NRW) hinsichtlich der Frist des § 15 Abs. 4 AGG wäre schon wegen der abgelaufenen Jahresfrist des § 32 Abs. 3 VwVfG NRW der Erfolg versagt. Einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand steht außerdem § 32 Abs. 5 VwVfG NRW entgegen, weil es sich bei § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG um eine Ausschlussfrist handelt.
162VG Osnabrück, Urteil vom 22. Juli 2015, a.a.O., Rn. 44; vgl. auch Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 32 Rn. 6.
163f) Die gemäß § 15 Abs. 4 AGG fristgerecht geltend gemachten Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG sind nicht verjährt. Bei den monatsweise entstandenen Ansprüchen beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB) mit dem Schluss des jeweiligen Jahres (vgl. § 199 Abs. 1 BGB).
164BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 60.
165Die für den ältesten Anspruch aus dem Monat November 2012 danach am 1. Januar 2013 (§ 187 Abs. 1 BGB) beginnende regelmäßige Verjährungsfrist hat der Kläger jedenfalls mit seiner Klageerhebung am 27. Dezember 2012 gewahrt.
166g) Anhaltspunkte für einen „Verbrauch“ des Geltendmachungsschreibens oder für eine Verwirkung der rechtzeitig geltend gemachten monatsweisen Entschädigungsansprüche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
167Vgl. dazu LAG Köln, Urteil vom 15. März 1989 - 2 Sa 9/89 -, ZTR 1990, 249 (249).
168h) Der Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG ist nicht aufgrund des für Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis grundsätzlich entsprechend anwendbaren § 839 Abs. 3 BGB,
169BVerwG, Urteil vom 19. März 2015 - BVerwG 2 C 12.14 -, DVBl 2015, 1121 (Rn. 11),
170ausgeschlossen.
171Nach § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Der Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Er umfasst etwa förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung oder auch formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags.
172OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 6 A 1183/10 -, Rn. 9 ff., www.nrwe.de.
173Ein zum Ausschluss seiner Entschädigungsansprüche führendes vorsätzliches oder fahrlässiges Unterlassen eines solchen Rechtsmittels ist dem Kläger nicht anzulasten. Dem Umstand, dass er nicht bereits im Anschluss an das die Rechtslage klärende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 seine Rechte geltend gemacht hat, wird bereits dadurch Rechnung getragen, dass ältere Entschädigungsansprüche gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG wegen Verfristung ausgeschlossen sind. Soweit er im Übrigen die monatsweise entstehenden Entschädigungsansprüche aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG fristgerecht geltend gemacht hat, hat er zugleich Widerspruch gegen die Höhe seiner Besoldung erhoben. Es bestehen aus der Sicht der Kammer keine vernünftigen Zweifel daran, dass weder das Drängen auf eine frühere Entscheidung über seinen Antrag noch das Erheben einer Untätigkeitsklage zu einer früheren Änderung der Besoldungsgesetze und damit Behebung der Altersdiskriminierung geführt hätte. Andere zulässige und aussichtsreiche Rechtsmittel, mit denen der Kläger seine Benachteiligung wegen des Alters hätte abwenden können, waren nicht gegeben.
174i) Als Ausgleich für die Benachteiligung wegen des Lebensalters sieht die Kammer in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro je Monat für den vom Schreiben des Klägers vom 4. Dezember 2012 abgedeckten Zeitraum vom 1. November 2012 bis zum 31. Mai 2013 als angemessen im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG an. Dieser Wert orientiert sich an der in § 198 Abs. 2 Satz 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 1975 (GVG) sowie des § 97a Abs. 2 Satz 3 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Wertung des Bundesgesetzgebers, wonach im Falle der überlangen Dauer von Gerichtsverfahren die Entschädigung 1.200,00 Euro für jedes Jahr der Verzögerung beträgt. Dieser Betrag ist unter Berücksichtigung der Art und Schwere der Benachteiligung, ihrer Dauer und Folgen, des Anlasses und des Beweggrundes des Handelns, des Grades der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers bzw. Dienstherrn, einer etwa geleisteten Wiedergutmachung oder erhaltenen Genugtuung, das Vorliegen eines Wiederholungsfalls sowie mit Rücksicht auf den Sanktionszweck und der von § 15 AGG bezweckten Abschreckungswirkung im vorliegenden Fall angemessen.
175BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 61 ff.; a.A. VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 45, das einen kalenderjährlich um 100,00 Euro steigenden immateriellen Schadensersatz zugesprochen hat; Tiedemann, a.a.O., S. 101 f.
176Ein bei der Bemessung des Entschädigungsanspruchs zu berücksichtigendes Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB trifft den Kläger nicht. Soweit er seinen Anspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG fristgerecht geltend gemacht und dabei ausdrücklich einen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung beanstandet hat, hat er alles ihm zur Schadensvermeidung Mögliche unternommen. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen zum Anspruchsausschluss entsprechend § 839 Abs. 3 BGB Bezug genommen.
1772. Darüber hinaus spricht die Kammer dem Kläger gegen den Beklagten für das Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Zahlungsanspruch in Höhe von 100,00 Euro je Monat aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts zu.
178a) Allerdings hat die Kammer durchgreifende Bedenken gegen die Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs neben den in § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG normativ geregelten Sekundäransprüchen.
179Die Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs bejahend BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 34 ff.; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 24 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 67 ff.; a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 47 ff.; offen lassend EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 67 ff. und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 98 ff.
180aa) In seinem landesgesetzliche Regelungen zu den Altersgrenzen für Polizeibeamtinnen und -beamte betreffenden Urteil vom 23. Juli 2015 hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die Ansprüche auf Entschädigung und Schadensersatz aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG weder mit dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch deckungsgleich noch sie den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch verdrängende Spezialregelungen seien. Grundlage der in § 15 Abs. 1 und 2 AGG geregelten Ansprüche seien stattdessen individual- oder kollektivrechtliche Vereinbarungen oder eine einzelfallbezogene, konkrete Maßnahme des Arbeitgebers, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, nicht aber die Schaffung einer diesem Verbot widersprechenden abstrakten Rechtslage. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen „legislativen Unrechts“ weise eine andere inhaltliche Qualität auf als die auf § 15 Abs. 1 und 2 AGG beruhenden und der materiellen Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterliegenden Ansprüche.
181BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13.
182bb) Hat aber - wie hier - der Mitgliedstaat eine den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch konkretisierende Vorschrift des sekundären Unionsrechts in nationales Recht umgesetzt, bleibt für eine darüber hinausgehende Haftung des Mitgliedstaats selbst oder einer anderen nationalen Körperschaft auf der Grundlage eines daneben stehenden, anderweitig zu konkretisierenden unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs kein Raum.
183(1) Der vom Gerichtshof der Europäischen Union entwickelte unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch flankiert das Effektivitätsprinzip. Die volle Wirksamkeit unionsrechtlicher Bestimmungen wäre beeinträchtigt und der Schutz der durch sie begründeten Rechte gemindert, wenn der Einzelne nicht die Möglichkeit hätte, für den Fall eine Entschädigung zu erlangen, dass seine Rechte durch einen Verstoß gegen das Unionsrecht verletzt werden, der einem Mitgliedstaat zuzurechnen ist. Die Möglichkeit einer Entschädigung durch den Mitgliedstaat ist vor allem dann unerlässlich, wenn die volle Wirkung der unionsrechtlichen Bestimmungen davon abhängt, dass der Staat tätig wird, und der Einzelne deshalb im Falle einer Untätigkeit des Staates die ihm durch das Unionsrecht zuerkannten Rechte vor den nationalen Gerichten nicht im Wege des Primärrechtsschutzes geltend machen kann.
184EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90 -, NJW 1992, 165 (Rn. 33 f.) - „Francovich u.a.“.
185Aus dem Unionsrecht selbst ergeben sich lediglich die Kernvoraussetzungen, unter denen ein Mitgliedstaat auf der Grundlage des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs verpflichtet ist. Die Regelung der Folgen des durch den Unionsrechtsverstoß verursachten Schadens bleibt dem nationalen Haftungsrecht überlassen, wobei die dort festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein dürfen als bei entsprechenden innerstaatlichen Ansprüchen; auch dürfen diese Voraussetzungen nicht so ausgestaltet sein, dass die Erlangung der Entschädigung praktisch unmöglich oder übermäßig erschwert ist.
186EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - C-46/93 und C-48/93 -, NJW 1996, 1267 (Rn. 67) - „Brasserie du pêcheur u.a.“; vgl. auch Ossenbühl/Cornils, Staatshaftungsrecht, 6. Aufl. 2013, S. 618 f.
187Der solchermaßen mit dem nationalen Recht verwobene unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist subsidiär, soweit das nationale Recht eine hinreichende Haftung für den in Rede stehenden Unionsrechtsverstoß bereithält und deshalb die anderenfalls vom unionsrechtlichen Haftungsanspruch seinem Sinn und Zweck nach zu schließende Haftungslücke gerade nicht besteht.
188Weber, NVwZ 2001, 287 (289); Wolf, Die Staatshaftung der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik für Verstöße gegen das Europäische Gemeinschaftsrecht (EGV), 1999, S. 68 f.; vgl. auch Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 612, wonach es etwa im Fall der fehlerhaften Anwendung einer EU-Verordnung durch eine deutsche Verwaltungsbehörde keines Rückgriffs auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bedürfe, weil der Geschädigte bereits durch die nationalen Haftungsinstitute hinreichend geschützt sei.
189(2) Das nationale Recht enthält mit der Haftungsregelung des § 15 AGG einen hinreichend effektiven Sekundärrechtsschutzmechanismus für Verstöße gegen die RL 2000/78/EG. Er setzt die Vorgaben des Art. 17 der RL 2000/78/EG um, der seinerseits eine Konkretisierung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für Verstöße gegen diese Richtlinie ist.
190(a) Der hier in Rede stehende Verstoß gegen Unionsrecht gründet in dem legislativen Unrecht der nach Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fortgeltenden, gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 2 Abs. 1 und 2 lit. a) der RL 2000/78/EG verstoßenden §§ 27, 28 BBesG a.F., die der Beklagte in seiner Funktion als Dienstherr korrekt vollzogen hat.
191Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 15, 36.
192Für Verstöße gegen Vorschriften der RL 2000/78/EG enthält deren Art. 17 Satz 1 den allgemeinen Auftrag an die Mitgliedstaaten, Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 17 Satz 2 der RL 2000/78/EG).
193Dieser Art. 17 der RL 2000/78/EG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine auf diese Richtlinie zugeschnittene Konkretisierung der seit jeher bestehenden unionsrechtlichen Haftung für die unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien.
194BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 37 (unter Bezugnahme auf das den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch betreffende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Francovich u.a.).
195(b) Den die unionsrechtliche Staatshaftung bereichsspezifisch konkretisierenden Regelungsauftrag des Art. 17 der RL 2000/78/EG hat der Bundesgesetzgeber erfüllt, indem er mit § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG ein Benachteiligungsverbot ausgesprochen und in § 7 Abs. 2 und § 15 AGG Sanktionen für Verstöße gegen das Benachteiligungsverbot vorgesehen hat. Diese Umsetzung steht, wie bereits ausgeführt, mit den Vorgaben der RL 2000/78/EG in Einklang.
196BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33 f.
197Dabei gilt das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG nicht nur für Maßnahmen des Arbeitgebers, sondern auch für gesetzgeberisches Handeln. Während mit § 7 Abs. 1 AGG unvereinbare Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers nach § 7 Abs. 2 AGG unwirksam sind, haben Verstöße einer gesetzlichen Regelung gegen das Benachteiligungsverbot die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG zur Folge.
198BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 17.
199(c) Hat der nationale Gesetzgeber aber mit § 15 Abs. 1 und 2 AGG in Umsetzung der den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch konkretisierenden Bestimmung des Art. 17 der RL 2000/78/EG für den hier in Rede stehenden Verstoß gegen diese Richtlinie einen unionsrechtskonformen nationalen Entschädigungs- und Schadensersatzanspruch geschaffen, bleibt für die Annahme eines zusätzlichen, neben § 15 Abs. 1 und 2 AGG stehenden unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs kein Raum.
200So auch VG Gelsenkirchen, Urteile vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 47 ff.
201(d) Die Notwendigkeit eines „Nebeneinanders“ des Schadensersatz- und des Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG mit dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch besteht auch nicht deshalb, weil Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG ausschließlich gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn und nicht auch gegen den Gesetzgeber gerichtet werden können.
202Anspruchsverpflichteter des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs ist der betreffende Mitgliedstaat. Diesem wiederum bleibt es nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union unbenommen, die ihn treffende Haftungsverantwortlichkeit unter Berücksichtigung des Gebots der Effektivität des Schadensersatzanspruchs innerstaatlich zu verteilen. Den Erfordernissen des Unionsrechts ist dabei genügt, wenn die innerstaatlichen Verfahrensregelungen einen wirksamen Schutz der Rechte, die dem Einzelnen aufgrund Unionsrechts zustehen, ermöglichen und die Geltendmachung dieser Rechte nicht gegenüber derjenigen solcher Rechte erschwert ist, die dem Einzelnen nach innerstaatlichem Recht zustehen.
203EuGH, Urteil vom 1. Juni 1999 - C-302/97 -, NVwZ 2000, 303 (Rn. 61 ff.) - „Konle“; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 623 f., m.w.N.
204Vor diesem Hintergrund sind die Folgen eines unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs unter Beachtung seiner Zielsetzung und seiner Voraussetzungen weitgehend mit den nach innerstaatlichem Recht geltenden Regeln in Einklang zu bringen. Die Bestimmung des passivlegitimierten Haftungssubjekts ist dabei grundsätzlich nach denselben Grundsätzen zu beurteilen, die für die Übernahme der Haftung nach Art. 34 GG gelten.
205BGH, Urteil vom 2. Dezember 2004 - III ZR 358/03 -, NVwZ-RR 2006, 28 (32); OLG Hamm, Urteil vom 3. Mai 2013 - I-11 U 22/11 u.a. -, juris, Rn. 18 ff.; Kapsa, in: Geigel, Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, 20. Kap. Rn. 346; Ossenbühl/Cornils, a.a.O., S. 623 f.
206Es spricht aber nichts dagegen, wenn der nationale Gesetzgeber in Umsetzung der den unionsrechtlichen Haftungsanspruch konkretisierenden Vorschrift des Art. 17 RL 2000/78/EG mit dem seinerseits unionsrechtskonformen § 15 Abs. 1 und 2 AGG lediglich eine Haftung des Arbeitgebers vorsieht. Mit dieser innerstaatlichen Haftungsverteilung ist jedenfalls für Fälle der vorliegenden Art ein dem unionsrechtlichen Effektivitätsprinzip hinreichend Rechnung tragender Schutz der Rechte der Geschädigten sichergestellt, weil sich der Verletzte für die ihn treffende unionsrechtswidrige Benachteiligung wegen seines Alters in hinreichendem Maße und auf zumutbarem Weg entschädigen lassen kann.
207(e) Für ein „Nebeneinander“ des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG und des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in Fällen der vorliegenden Art spricht auch nicht die Bestimmung des § 15 Abs. 5 AGG, wonach im Übrigen Vorschriften gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt bleiben. Diese Vorschrift bezieht sich nur auf Ansprüche, die gegen den Dienstherrn und nicht gegen den davon zu unterscheidenden Gesetzgeber zu richten wären.
208Zu dieser Unterscheidung vgl. BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.
209Außerdem schafft § 15 Abs. 5 AGG die anderen Ansprüche nicht, sondern er setzt diese voraus.
210cc) Dennoch spricht die Kammer dem Kläger einen Schadensersatz auf der Grundlage des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs zu. Sie stellt ihre rechtlichen Bedenken im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung zurück, nachdem der Bundesgerichtshof ausdrücklich entschieden hat, dass der Anspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts nicht verdränge,
211BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13,
212und die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts dieser Rechtsauffassung zumindest nicht von vornherein entgegensteht. Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht, wie bereits ausgeführt, betont, dass der von § 15 AGG umgesetzte Art. 17 der RL 2000/78/EG eine auf diese Richtlinie zugeschnittene Konkretisierung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs für die unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien sei.
213BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 37.
214Allerdings hat es für Fälle der vorliegenden Art nicht nur einen Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG angenommen, sondern zugleich entschieden, dass die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs erst mit der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai am 8. September 2011 erfüllt seien.
215BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 25.
216Daraus kann gefolgert werden, dass das Bundesverwaltungsgericht ebenso wie der Bundesgerichtshof von einer parallelen Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs neben einem Anspruch aus § 15 Abs. 1 oder 2 AGG ausgeht.
217b) Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs, nämlich dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen wird, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht,
218BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 26,
219liegen vor. Insbesondere ist das Erfordernis eines hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 - sei es ab dem Zeitpunkt der Verkündung dieses Urteils oder dessen Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union - erfüllt.
220BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 27 ff.
221c) Das beklagte Land ist in seiner Funktion als Gesetzgeber Passivlegitimierter des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen legislativen Unrechts.
222Dem steht nicht entgegen, dass das in den §§ 27, 28 BBesG a.F. angelegte legislative Unrecht der Bundesgesetzgeber gesetzt hat. Das beklagte Land haftet - zumindest - entsprechend § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner mit dem Bund. Nachdem die in Art. 74a Abs. 12 GG verankert gewesene konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes durch das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 mit Wirkung vom 1. September 2006 aufgehoben worden war, hatte das beklagte Land die Besoldungsgesetzgebung und damit den Erlass eines den Anforderungen der RL 2000/78/EG genügenden Landesbesoldungsgesetzes in der Hand. Die §§ 27, 28 BBesG a.F. galten zwar gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG als Bundesrecht fort. Dieses gegen die RL 2000/78/EG verstoßende Bundesrecht konnte das beklagte Land aber gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 2 GG durch Landesrecht ersetzen. Von dieser Kompetenz hat es erst mit dem Übergeleiteten Besoldungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen vom 16. Mai 2013 Gebrauch gemacht.
223d) Der Anspruch des Klägers ist nicht in entsprechender Anwendung des § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Danach tritt die Ersatzpflicht im Falle einer Haftung bei Amtspflichtverletzung nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden.
224Diese Bestimmung ist im Rahmen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs entsprechend anwendbar.
225BGH, Urteil vom 11. September 2008 - III ZR 212/07 -, NJW 2008, 3558 (Rn. 8); Urteil vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02 -, NJW 2004, 1241 <1242>.
226Der Begriff des „Rechtsmittels“ im Sinne des § 839 Abs. 3 BGB ist nicht im engen technischen Sinne zu verstehen, sondern weit zu fassen. Er umfasst etwa förmliche Anträge auf die Vornahme der begehrten Amtshandlung oder auch formlose Erinnerungen an die Erledigung eines Antrags.
227OVG NRW, Beschluss vom 28. Juni 2011 - 6 A 1183/10 -, Rn. 9 ff., www.nrwe.de.
228Der Kläger hat erst mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben und damit mehr als ein Jahr, nachdem der Gerichtshof der Europäischen Union mit seinem Urteil in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 hinreichende Klarheit über die Rechtswidrigkeit der auf Grund §§ 27, 28 BBesG a.F. geleisteten Besoldung geschaffen hatte, von einem Rechtsmittel Gebrauch gemacht.
229Die Ersatzpflicht kann auf Grund § 839 Abs. 3 BGB aber nur verneint werden, wenn die Einlegung eines gebotenen Rechtsmittels den Eintritt des Schadens verhindert hätte. Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig.
230BGH, Urteil vom 9. Oktober 2003, a.a.O., S. 1242.
231Ungeachtet dessen, inwieweit in Anlehnung an die zivilrechtliche Verteilung der Darlegungs- und Beweislast den Beklagten insoweit im Einzelnen eine Pflicht zur Mitwirkung an der Sachverhaltsaufklärung obliegt,
232vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2013 - BVerwG 9 C 11.11 -, BVerwGE 145, 354 (Rn. 28 f.),
233ist die Kammer mit Blick auf die Gesamtumstände davon überzeugt, dass auch ein zu einem früheren Zeitpunkt erhobener Widerspruch des Klägers den von der altersdiskriminierenden Besoldung verursachten Schaden nicht zu einem früheren Zeitpunkt als mit dem Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen am 1. Juni 2013 abgewendet hätte. Der auf den 4. Dezember 2012 datierende Gesetzentwurf der Landesregierung eines Dienstrechtsanpassungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen begründet die Umstellung auf das Prinzip der Besoldung nach Erfahrungsstufen allgemein mit der „Kritik an den bisherigen Dienstaltersstufen“ und der Motivation, „sich dabei auch von der EU-Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf leiten“ zu lassen.
234LT-Drs. 16/1625, S. 63.
235Wenngleich damit der Gesetzgeber wohl auch Widersprüche von Beamtinnen und Beamten des Landes gegen ihre altersdiskriminierende Besoldung im Blick gehabt haben dürfte, hat ihn offenbar erst eine Gemengelage aus Rechtsbehelfen von Beamtinnen und Beamten und die daraufhin ergangene, die Benachteiligung wegen des Alters feststellende Rechtsprechung der Fachgerichte und des Gerichtshofs der Europäischen Union zu einer die Diskriminierung behebenden Änderung des Besoldungsrechts veranlasst. Vor diesem Hintergrund liegt es bei lebensnaher Betrachtung fern, dass bereits ein vereinzelter, zu einem früheren Zeitpunkt erhobener Widerspruch des Klägers den Gesetzgeber zu einer früheren Gesetzesänderung veranlasst hätte.
236A.A. VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 90 ff., wonach der Anspruch aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch für die Jahre vor dem von der Beamtin oder dem Beamten eingelegten Rechtsmittel entsprechend § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen sei.
237e) Den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch hat der Kläger mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Widerspruch für das gesamte Kalenderjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 rechtzeitig geltend gemacht.
238aa) Auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist nicht die zweimonatige materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG anwendbar, sondern nur der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung.
239BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 13 f.; VG Bremen, Urteil vom 25. August 2015, a.a.O., Rn. 35; VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, 53 ff.; a.A. OLG Hamm, Urteil vom 3. Dezember 2012 - I-11 U 6/13, 11 U 6/11 U 6/13 -, juris, Rn. 40 ff.; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 65 ff.; VG Arnsberg, Urteil vom 5. Juni 2015, a.a.O., Rn. 21.
240(1) Dies ergibt sich indes nicht aus einer anderenfalls entstehenden sachwidrigen Differenzierung zwischen Beamtinnen und Beamten des Landes und den übrigen Beamtinnen und Beamten.
241So aber BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.
242Der Bundesgerichtshof geht in seinem Urteil vom 23. Juli 2015 von der - auch von der Kammer geteilten - Prämisse aus, dass zwischen dem Land in seiner Funktion als Gesetzgeber und der als Dienstherr zu unterscheiden sei und nur der Arbeitgeber oder Dienstherr und nicht auch der Gesetzgeber Passivlegitimierter des Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruchs aus § 15 Abs. 1 oder 2 AGG sei. Diese Unterscheidung ist bereits im Wortlaut des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGG angelegt. Im Folgenden geht der Bundesgerichtshof aber davon aus, dass eine unterstellte Anwendbarkeit des § 15 Abs. 1, 2 und 4 AGG auf legislatives Unrecht nur für die Beamtinnen und Beamten des Landes in Betracht komme, weil nur für diese das Land nicht nur Gesetzgeber, sondern auch Dienstherr sei. Demgegenüber wäre, so der Bundesgerichtshof weiter, § 15 Abs. 1, 2 und 4 Satz 1 AGG nicht auf die Beamtinnen und Beamten der Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die der sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts anwendbar, weil das Land nicht der Dienstherr dieser Bediensteten sei. Insbesondere wären die Beamtinnen und Beamten des Landes bei der Geltendmachung legislativer Verstöße gegen Unionsrecht den zeitlichen Beschränkungen des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG unterworfen, während dies für die übrigen Beamtinnen und Beamten nicht gälte.
243BGH, Urteil vom 23. Juli 2015, a.a.O., Rn. 14.
244Diese Argumentation ist mit der im Ausgangspunkt zwingenden und vom Bundesgerichtshof selbst vorgenommenen Unterscheidung zwischen dem Dienstherrn - nur dieser ist Passivlegitimierter des Anspruchs aus § 15 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG - und dem aufgrund anderer Rechtsgrundlagen haftenden Gesetzgeber unvereinbar.
245(2) Entscheidend ist stattdessen - wovon im Ausgangspunkt auch der Bundesgerichtshof ausgeht -, dass die materielle Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG nach dem Wortlaut des Gesetzes unmittelbar nur auf den gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn zu richtenden Schadensersatz- und den Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG anwendbar ist. Eine entsprechende Anwendbarkeit auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts scheidet aus. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. Daraus folgt, dass die sachlichen und zeitlichen Voraussetzungen der Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG nach dem Willen des Gesetzgebers auf die übrigen Ansprüche gegen den Arbeitgeber oder Dienstherrn nicht übertragbar sein sollen. Soll der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts mit einer inhaltlich anderen Qualität zusätzlich neben § 15 Abs. 1 und 2 AGG zur Anwendung kommen, kann für Ansprüche gegen den Gesetzgeber in entsprechender Anwendung des § 15 Abs. 5 AGG nichts anderes gelten.
246Im Ergebnis auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 54 ff.
247bb) Mit seinem am 6. Dezember 2012 beim Beklagten eingegangenen Schreiben hat der Kläger den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen des darauf anwendbaren Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung nur für das gesamte Haushaltsjahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 rechtzeitig geltend gemacht.
248(1) Nach dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung müssen Ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgehen, von den Beamtinnen und Beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres, geltend gemacht werden, damit der Dienstherr sich darauf einstellen kann. Es ist mit dem gegenseitigen Treueverhältnis nicht vereinbar, die gewährte Besoldung über Jahre hinzunehmen und erst im Nachhinein Ansprüche geltend zu machen, die dann aus den Haushaltsmitteln des betreffenden Jahres nicht mehr gedeckt werden könnten.
249VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 39, m.w.N.
250Das Haushaltsjahr ist gemäß § 4 Satz 1 der Landeshaushaltsordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. April 1999 (LHO) das Kalenderjahr.
251Ist der Antrag auf Zahlung zusätzlicher finanzieller Leistungen - wie hier - erkennbar in die Zukunft gerichtet, genügt er grundsätzlich über das laufende Haushaltsjahr hinaus den Anforderungen an eine zeitnahe Geltendmachung auch für die folgenden Haushaltsjahre.
252OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, juris, Rn. 37 f., m.w.N.
253(2) Der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von nicht unmittelbar durch Gesetz begründeten Ansprüchen ist auf Sekundäransprüche der hier in Rede stehenden Art anwendbar.
254VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 106 ff.
255Das Beamtenverhältnis ist ein wechselseitig bindendes Treueverhältnis, aus dem nicht nur die Verpflichtung des Dienstherrn folgt, die Beamtin oder den Beamten amtsangemessen zu alimentieren, sondern umgekehrt auch die Pflicht der Beamtin oder des Beamten, auf die Belastbarkeit des Dienstherrn und dessen Gemeinwohlverantwortung Rücksicht zu nehmen. Diese Pflicht zu gegenseitiger Rücksichtnahme spricht gegen die Annahme, der Dienstherr sei generell, also ohne jede Einschränkung in Bezug auf den Kreis der betroffenen Beamtinnen und Beamten, gehalten, eine aus verfassungsrechtlichen Gründen gebotene gesetzliche Erhöhung der Beamtenbezüge auf den gesamten, in der Vergangenheit liegenden Zeitraum zu erstrecken, für den die verfassungsrechtliche Notwendigkeit einer entsprechenden Korrektur festgestellt worden ist. Die Alimentation der Beamtin oder des Beamten durch ihren oder seinen Dienstherrn ist der Sache nach die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs. Beamte können nicht erwarten, dass sie aus Anlass einer verfassungsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur gewissermaßen ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommen, den sie selbst gegenüber seinem Dienstherrn zeitnah nicht geltend gemacht haben. Die Alimentation der Beamten erfolgt aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln. Auch dies spricht gegen die Annahme einer verfassungsrechtlichen Pflicht zu einem alle Beamten erfassenden Ausgleich für in der Vergangenheit erfolgte Verletzungen der Alimentationspflicht durch Inanspruchnahme gegenwärtig verfügbarer Haushaltsmittel.
256BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363 (384 f.).
257Der Anwendungsbereich des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist nach seinem genannten Sinn und Zweck aber nicht auf Ansprüche auf verfassungsgemäße Alimentation oder sonstige besoldungsrechtliche Primäransprüche beschränkt. Stattdessen kommt er mit Blick auf die sich aus dem Beamtenverhältnis ergebende gegenseitige Rücksichtnahme- und Treuepflicht auch dort zum Tragen, wo die Beamtin oder der Beamte Sekundäransprüche aufgrund ungeschriebener Rechtsgrundsätze wegen eines rechtswidrigen Verhaltens ihres oder seines Dienstherrn geltend macht. Der Dienstherr hat auch hier ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit hohen Ausgleichsforderungen belastet zu werden.
258BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - BVerwG 2 C 32.10 -, BVerwGE 140, 351 (Rn. 19) bzgl. eines Ausgleichsanspruchs einer Beamtin oder eines Beamten wegen des Überschreitens der unionsrechtlich höchstens zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit.
259Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist hinsichtlich seiner Voraussetzungen und der Höhe des jeweiligen Schadensersatzanspruchs ebenso wie die bislang anerkannten Fallvarianten der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen nicht unmittelbar gesetzlich geregelt.
260VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 41; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 106.
261Der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch steht hier nicht entgegen, dass das Bundesverwaltungsgericht unter Aufgabe seiner noch im Urteil vom 29. September 2011 geäußerten Ansicht nunmehr der Auffassung ist, dass der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen des Überschreitens der unionsrechtlich höchstens zulässigen wöchentlichen Arbeitszeit keinen vorherigen Antrag beim Dienstherrn voraussetze, während bei nicht gesetzlich geregelten nationalrechtlichen Ausgleichsansprüchen es einer Geltendmachung im Sinne einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht der Beamtin oder des Beamten bedürfe.
262BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2014 - BVerwG 2 B 39.13 -, juris, Rn. 6; Urteil vom 26. Juli 2012 - BVerwG 2 C 29.11 -, BVerwGE 143, 381 (Rn. 25).
263Eine generelle Absage an die Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geht damit nicht einher. Ausschlaggebend war stattdessen das speziell die Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitsgestaltung (RL 2003/88/EG) betreffende Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 25. November 2010 in der Sache Fuß.
264BVerwG, Beschluss vom 1. Juli 2014, a.a.O., Rn. 8.
265In der vom Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 1. Juli 2014 in Bezug genommenen Passage stellte der Gerichtshof der Europäischen Union darauf ab, dass der Arbeitnehmer als die schwächere Partei des Arbeitsvertrages anzusehen sei, weshalb verhindert werden müsse, dass der Arbeitgeber ihm eine Beschränkung seiner Rechte auferlege. Aufgrund dieser schwächeren Position könne der Arbeitnehmer nämlich davon abgeschreckt werden, seine Rechte gegenüber seinem Arbeitgeber ausdrücklich geltend zu machen, da die Einforderung dieser Rechte ihn Maßnahmen des Arbeitgebers aussetzen könnte, die sich zu seinem Nachteil auf das Arbeitsverhältnis auswirken können.
266EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09 -, NZA 2011, 53 (Rn. 80 f.) - „Fuß“.
267Zusätzlich hob der Gerichtshof darauf ab, dass in einem Verfahren, das den Verstoß eines Arbeitgebers des öffentlichen Sektors gegen eine unionsrechtliche Bestimmung mit unmittelbarer Wirkung betrifft, den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats durch die Verpflichtung für die betroffenen Arbeitnehmer, einen Antrag auf Beendigung des Verstoßes gegen diese Bestimmung zu stellen, um Ersatz des ihnen auf Grund dieses Verstoßes entstandenen Schadens erhalten zu können, ermöglicht werde, die Aufgabe, auf die Einhaltung dieser Bestimmungen zu achten, systematisch auf den Einzelnen zu verlagern, indem diesen Behörden die Möglichkeit eröffnet werde, sich gegebenenfalls von der Einhaltung dieser Bestimmungen zu befreien, wenn ein solcher Antrag nicht gestellt worden ist. Ein Antragserfordernis finde dabei in der RL 2003/88/EG keine Stütze.
268EuGH, Urteil vom 25. November 2010, a.a.O., Rn. 83 f.
269In einer vergleichbaren tatsächlichen oder rechtlichen Situation befinden sich Beamtinnen und Beamte, die einen unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch wegen einer gegen die RL 2000/78/EG verstoßenden Besoldungsgesetzgebung geltend machen, nicht.
270(3) Der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung steht ferner nicht entgegen, dass sich der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen legislativen Unrechts gegen das beklagte Land in seiner Funktion als Gesetzgeber und nicht in der als Dienstherr richtet. Zwar besteht die den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung rechtfertigende gegenseitige Treue- und Fürsorgepflicht nur in dem Verhältnis zwischen der Beamtin oder dem Beamten und ihrem oder seinem jeweiligen Dienstherrn (§ 3 Abs. 1, § 45 BeamtStG). Dies führt aber nicht dazu, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung wegen der im Rahmen der Passivlegitimation des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs vorzunehmenden Unterscheidung zwischen dem beklagten Land in seiner Funktion als Dienstherr und der als Gesetzgeber hier nicht zur Anwendung kommen dürfte. Ausschlaggebend ist hier nicht, in welcher Funktion das Land einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zu verantworten hat. Im Zusammenhang mit dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung ist allein das haushalterische Planungsinteresse des Landes als Körperschaft des öffentlichen Rechts (vgl. Art. 81 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen vom 28. Juni 1950 - Verf NRW, § 2 Satz 1, § 6 LHO) entscheidend, auf das die oder der im Dienst des Landes stehende Beamtin oder Beamte Rücksicht zu nehmen hat.
271(4) Die Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist nicht wegen der entsprechenden Anwendbarkeit des § 839 Abs. 3 BGB auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch gesperrt.
272Hat der Beamte eine abschließende gesetzliche Frist für das Geltendmachen des Anspruchs gewahrt, kann der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht zur Anwendung kommen.
273BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 55.
274§ 839 Abs. 3 BGB enthält aber keine abschließende Frist für das Geltendmachen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs. Stattdessen legt er dem Geschädigten eine Schadensabwendungspflicht auf. Deren Verletzung und nicht das Verstreichenlassen einer Frist zur Geltendmachung des Anspruchs führt zu dessen Ausschluss.
275Im Ergebnis auch VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 112.
276(5) Das Unionsrecht steht der Anwendbarkeit des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung hier ebenfalls nicht entgegen.
277(a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat wiederholt entschieden, dass das Unionsrecht einer nationalen Vorschrift, wonach Ansprüche auf Geldleistungen, die sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, zeitnah, nämlich vor dem Ende des jeweiligen Haushaltsjahres, geltend gemacht werden müssen, nicht entgegensteht, wenn diese Vorschrift weder gegen den Äquivalenzgrundsatz noch gegen den Effektivitätsgrundsatz verstößt. Die Prüfung des Vorliegens dieser Voraussetzungen obliegt den Gerichten der Mitgliedstaaten.
278EuGH, Urteile vom 9. September 2015, a.a.O., Rn. 72 und vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 111 ff.
279(b) Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz liegt nicht vor, weil der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung im Beamtenrecht nicht allein auf unionsrechtlich begründete Rechte angewendet wird, sondern grundsätzlich auf alle sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergebenden Zahlungsansprüche von Beamtinnen und Beamten.
280VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 49; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 116 ff.
281(c) In der Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung liegt auch kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz, weil dem Kläger das Ausüben der ihm durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Etwas anderes folgt nicht aus der bis zum Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 unklaren und unsicheren Rechtslage hinsichtlich des Verstoßes gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Nach Auffassung des Gerichtshofs seien die Art und der Umfang der den Mitgliedstaaten nach Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG hinsichtlich einer nationalen Regelung wie dem Bundesbesoldungsgesetz alter Fassung obliegenden Verpflichtung bereits mit der „Verkündung“ seines Urteils in Sachen Hennigs und Mai vom 8. September 2011 erläutert und verdeutlicht worden.
282EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 104.
283Ausgehend von diesem Zeitpunkt stand dem Kläger mehr als ein Vierteljahr zur Verfügung, seine Schadensersatzansprüche auch für die Zeit vor dem 1. Januar 2012 rechtzeitig geltend zu machen. Begegnet die zweimonatige Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG keinen unionsrechtlichen Bedenken, kann mit Blick auf die seit dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2011 zur Verfügung stehende Zeitspanne für das vollumfängliche Geltendmachen des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs nichts anderes gelten.
284VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 50 ff.; VG Aachen, Urteil vom 16. Juli 2015, a.a.O., Rn. 119 ff.
285f) Die für den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch geltende regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (vgl. § 195 BGB),
286BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012, a.a.O., Rn. 42,
287hat der Kläger jedenfalls mit seiner am 27. Dezember 2012 erhobenen Klage gewahrt.
288g) Ein konkreter, durch das legislative Unrecht verursachter ersatzfähiger materieller Schaden des Klägers ist mangels eines gültigen besoldungsgesetzlichen Bezugssystems nicht feststellbar (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 - ZPO). Dieser kann sich allenfalls aus der Differenz zu einer diskriminierungsfreien Besoldung ergeben. Die Differenz müsste sich aber anhand des Gesetzes feststellen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F.). Dies ist in Ermangelung eines gesetzlichen Bezugsrahmens nicht der Fall.
289Vgl. dazu EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 95 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 10 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 18 ff.
290Mit Blick auf den unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz greift die Kammer ergänzend auf die in § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG getroffene gesetzgeberische Wertung zurück und spricht dem Kläger in Anlehnung an die bereits geschilderten Erwägungen als Entschädigung einen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro je Monat, insgesamt also für den gesamten rechtzeitig geltend gemachten Zeitraum 1.700,00 Euro zu.
291So auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 63 ff.
292Soweit dem Kläger in diesem Zeitraum auch ein Entschädigungsanspruch aus § 15 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zusteht, erhält er für den jeweiligen Monat lediglich einen maximalen Pauschalbetrag in Höhe von 100,00 Euro, weil er für die erlittene Altersdiskriminierung nur einmal zu entschädigen ist und eine doppelte Sanktion des beklagten Landes allein wegen seiner Verantwortlichkeit als Dienstherr und als Gesetzgeber nicht angezeigt ist.
293h) Von einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gemäß Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (- AEUV -) hinsichtlich der Frage der Anwendbarkeit des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs in den Fällen der vorliegenden Art sieht die Kammer nach pflichtgemäßer Ausübung ihres Vorlageermessens (Art. 267 Abs. 2 AEUV) ab. Ohnehin sieht sie die insoweit entscheidungserheblichen Rechtsfragen durch die bisherige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union als hinreichend geklärt an.
2943. Weitergehende Primär- oder Sekundäransprüche stehen dem Kläger nicht zu. Er hat weder einen Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen in Höhe der Differenz zwischen seiner tatsächlich bezogenen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe (a) noch Ansprüche aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG (b), aus Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG (c) oder aufgrund des allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruchs (d).
295a) Ein Anspruch auf Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen in Höhe der Differenz zwischen seiner tatsächlich bezogenen Besoldung und der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ergibt sich nicht auf der Grundlage der insoweit allein als Rechtsgrundlage in Betracht kommenden besoldungsrechtlichen Bestimmungen des Bundes oder des Landes Nordrhein-Westfalen.
296aa) Für den Zeitraum ab dem 1. Juni 2013 folgt dies bereits daraus, dass die seither auf der Grundlage des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen geleistete Besoldung nach Erfahrungsstufen nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstößt.
297bb) Für den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 kann die bis dahin erfolgte Altersdiskriminierung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und des Bundesverwaltungsgerichts, der sich die Kammer anschließt, nicht durch eine - und sei es auch nur eine faktische - Einstufung des Klägers in eine höhere oder in die höchste Dienstaltersstufe seiner Besoldungsgruppe ausgeglichen werden. Da von der Diskriminierung potentiell alle Beamtinnen und Beamte erfasst sind, besteht auf der Grundlage des bis zum 31. Mai 2013 einschlägig gewesenen Bundesbesoldungsgesetzes alter Fassung kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte.
298EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 95 f.; BVerwG, Urteil vom 20. Mai 2015, a.a.O., Rn. 10 und vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 18 ff.
299cc) Die begehrte Zahlung zusätzlicher Besoldungsleistungen kann der Kläger auch nicht aus anderen Rechtsgründen herleiten. Ein außergesetzlicher Zuspruch von Besoldungsleistungen scheidet von vornherein aus (§ 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F., § 2 Abs. 1 und 2 ÜBesG NRW).
300b) Ein Schadensersatzanspruch aus § 15 Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG steht dem Kläger nicht zu. Es ist bereits kein ersatzfähiger materieller Schaden bezifferbar (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dieser kann sich auch hier allenfalls aus der Differenz zu einer diskriminierungsfreien Besoldung ergeben. Die Differenz müsste sich aber anhand des Gesetzes feststellen lassen (vgl. § 2 Abs. 1 und 2 BBesG a.F.). Dies ist in Ermangelung eines gesetzlichen Bezugsrahmens nicht der Fall.
301So auch VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015, a.a.O., Rn. 63 ff.
302c) Ein Zahlungsanspruch ergibt sich ferner nicht unmittelbar aus Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG.
303BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 24; vgl. auch EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, a.a.O., Rn. 108.
304Dieser Bestimmung fehlt bereits die für die unmittelbare Wirkung von Richtlinien erforderliche hinreichende Genauigkeit. Art. 17 Satz 1 der RL 2000/78/EG schreibt den Mitgliedstaaten keine bestimmten Sanktionen vor. Er verpflichtet die Mitgliedstaaten lediglich, die Sanktionen festzulegen, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung der RL 2000/78/EG zu verhängen sind und deren Durchführung zu gewährleisten ist. Die Sanktionen, die auch Schadensersatzleistungen an die Opfer umfassen können, müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein (Art. 17 Satz 2 der RL 2000/78/EG). Darüber hinausgehende, hinreichend genaue und nicht der konkretisierenden Regelung der Mitgliedstaaten überlassene Sanktionen sind nicht vorgeschrieben.
305BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - BVerwG 2 C 6.13 -, a.a.O., Rn. 33; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015, a.a.O., Rn. 27 ff.
306d) Aus dem allgemeinen beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch kann der Kläger schon deshalb keine über den aus der Urteilsformel ersichtlichen Umfang hinausgehenden Zahlungen beanspruchen, weil der korrekte Vollzug von Parlamentsgesetzen keine Verletzung der Fürsorge- oder Schutzpflicht des Dienstherrn gegenüber seiner Beamtin oder seinem Beamten ist.
307Vgl. Schnellenbach, Beamtenrecht in der Praxis, 8. Aufl. 2013, § 10 Rn. 8.
3084. Der Anspruch auf Prozesszinsen ergibt sich aus § 90 VwGO i.V.m. §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
309III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der festzusetzenden Kosten abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
- 1
Der Kläger begehrt eine rückwirkende Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe, hilfsweise die Gewährung von Schadensersatz.
- 2
Der am 16. März 1981 geborene Kläger nahm am 1. März 2006 eine Ausbildung zum Beamten des mittleren Dienstes der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung auf. Seit dem 1. März 2008 ist er als Beamter der Fernmelde- und Elektronischen Aufklärung tätig, zuletzt als Regierungsobersekretär in der Besoldungsgruppe A 7 Besoldungsstufe 5.
- 3
Am 8. Dezember 2009 beantragte er beim Wehrbereichsverwaltungsamt Ost eine amtsangemessene Alimentation, da diese sich von der allgemeinen Einkommensentwicklung abgekoppelt habe. Dieser Antrag wurde mit Bescheid vom 16. Dezember 2009 zurückgewiesen, da nur ein Anspruch auf die gesetzlich vorgesehene Besoldung bestünde.
- 4
Am 23. Dezember 2011 machte der Kläger unter Hinweis auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Hennings und Mai geltend, dass das aktuelle Besoldungsrecht altersdiskriminierend sei und beantragte rückwirkend eine Besoldung nach der höchsten Stufe vom 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2009.
- 5
Mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2012 wies die Beklagte diesen Antrag unter Verweis darauf zurück, dass die Rechtsprechung des EuGH auf die §§ 27, 28 BBesG a.F. nicht übertragbar sei. Auch das Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung von Besoldungsansprüchen stünde entgegen.
- 6
Am 10. Dezember 2013 begehrte der Kläger erneut die Gewährung einer amtsangemessenen diskriminierungsfreien Besoldung.
- 7
Diesen Antrag wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. September 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass der Europäische Gerichtshof am 19. Juni 2014 über die europäische Zulässigkeit der früheren, bis Juni 2009 geltenden Besoldung nach dem sog. Besoldungsdienstalter, und der Überleitung vom alten Recht in diese neue Systematik, entschieden habe. Diese Rechtsprechung sei auf den vorliegenden Fall übertragbar. Es sei vor allem auf die Überleitung aller vor dem 1. Juli 2009 im Bund ernannten Besoldungsempfänger in das seit Juli 2009 geltende Besoldungsrecht des Bundes, gegen das sich sein Widerspruch wende, übertragbar. Zwar sei zuzugestehen, dass das bis Juni 2009 geltende Bundesbesoldungsgesetz gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen habe und dieser Rechtsverstoß durch die Überleitungsvorschriften in das neue Recht auch grundsätzlich perpetuiert würde. Der EuGH sehe jedoch die dadurch entstandene Ungleichbehandlung als gerechtfertigt und somit europarechtskonform an.
- 8
Der Kläger hat am 12. November 2014 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, dass er durchgehend seit dem Jahr 2009, soweit nicht der Verjährung unterfallend auch rückwirkend, geltend gemacht habe, dass die ihm gewährte Besoldung unzureichend sei. Er habe dabei ausdrücklich geltend gemacht, dass das Besoldungssystem altersdiskriminierend wirke und ihn daher in seinen Rechten verletze. Um die Wirkung dieser Diskriminierung zu beseitigen, begehre er Nachzahlung der Differenzbeträge zwischen der tatsächlich berücksichtigten Besoldungsstufe und der in der jeweiligen Besoldungsgruppe vorgesehenen höchsten Stufe. Nach der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts sei davon auszugehen, dass die früheren gesetzlichen Besoldungsregelungen, die bei der Ersteinstufung auf das Lebensalter des Beamten abgestellt hatten, eine ungerechtfertigte Benachteiligung wegen des Alters darstellten. Da jedoch aufgrund der Entscheidung des EuGH vom 19. Juni 2014 ein Anspruch auf die geltend gemachte Differenz zur jeweiligen höchsten Besoldungsstufe möglicherweise nicht durchsetzbar sei, begehre er hilfsweise eine angemessene Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Diese Regelung erfasse die Fälle, in denen sich der Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen des Alters nach § 7 Abs. 1 AGG aus der Anwendung der seinerzeit gültigen Regelungen des Bundesbesoldungsgesetzes ergebe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts werde eine pauschale Entschädigung in Höhe von 100,-- € pro Monat zugestanden. Dies gelte vorliegend auch für ihn. Ihm sei unter Berücksichtigung der Geltendmachung seiner Ansprüche im Dezember 2009 im Umfang der seinerzeit erreichbaren nachträglichen Geltendmachung auf dieser Basis eine Entschädigung zu gewähren.
- 9
Der Kläger beantragt erkennbar,
- 10
die Beklagte unter Aufhebung des Widerspruchsbescheides vom 15. September 2014 zu verurteilen, ihm ab dem 1. März 2008 Grundgehalt der höchsten Stufe der Besoldungsgruppe A7 zu zahlen,
- 11
hilfsweise,
- 12
die Beklagte zu verurteilen, an ihn Schadensersatz zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde.
- 13
Die Beklagte beantragt,
- 14
die Klage abzuweisen.
- 15
Zur Begründung führt sie aus, dass die Rechtmäßigkeit der mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz vom 1. Juli 2009 erfolgten Überleitung des nunmehr auf Erfahrungsstufen basierenden Besoldungssystems festgestellt sei. Da das BBesG die maßgebliche Grundlage für die Besoldungsansprüche der Beamten bilde, sei es dem Kläger verwehrt, hilfsweise Ansprüche aus dem Gleichbehandlungsgesetz herzuleiten.
- 16
Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus den zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätzen der Beteiligten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten. Diese lagen dem Gericht vor und waren Gegenstand der Beratung.
Entscheidungsgründe
- 17
Die Klage ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Bezüglich des Hauptantrags (I.) steht dem Kläger für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 30. Juni 2009 kein Anspruch auf eine Nachzahlung der Besoldung in Höhe des Differenzbetrages zwischen seiner und der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe zu (1.). Ab dem 1. Juli 2009, mit in Kraft treten der §§ 27, 28 BBesG n. F., bestehen ebenfalls keine Zahlungsansprüche (2.). Auch ein Anspruch auf Entschädigung nach dem AGG besteht nicht (II.).
- 18
I. Die Klage ist als Leistungsklage zulässig. Der Bescheidungsantrag war unter Heranziehung der Klagebegründung in einen bezifferbaren Leistungsantrag auf Zahlung des Grundgehalts der höchsten Stufe der Besoldungsgruppe A7 ab dem 1. März 2008 umzudeuten. Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch jedoch nicht zu.
- 19
1. Zunächst besteht kein Anspruch auf ein Grundgehalt entsprechend der höchsten Stufe der Tabelle der Grundgehaltssätze für die Besoldungsgruppe A 7, da sich aus dem BBesG a.F. auch nicht im Wege einer unionsrechtskonformen Auslegung ein solcher Anspruch ableiten lässt. Dementsprechend besteht auch kein Anspruch auf Nachzahlung der Besoldung für den Zeitraum vom 1. März 2008 bis 30. Juni 2009.
- 20
Grundlage der Besoldung des Klägers, der zum 1. März 2008 in das Beamtenverhältnis auf Probe ernannt wurde, im vorgenannten Zeitraum waren die §§ 27 und 28 BBesG a.F. Nach diesen bildet das in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter den Anknüpfungspunkt für die erstmalige Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze. Nach unbestrittener Auffassung des EuGH führt dieses Besoldungssystem zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 a) der Richtlinie 2000/78/EG (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014, Rs. C-501/12, Specht - NVwZ 2014, 1294, Rn. 42 f.).
- 21
Dennoch kommt nach der Rechtsprechung des EuGH (EuGH, Urteil vom 19.06.2014, C-501/12, Celex-Nr. 62012CJ0501, Rn. 96 ff.) und im Anschluss daran des Bundesverwaltungsgerichts eine „modifizierte“ Anwendung der vorhandenen Besoldungsgesetze dergestalt, dass die Besoldung nach der höchsten Besoldungsstufe zu berechnen wäre, nicht in Betracht.
- 22
Nach der Rechtsprechung des EuGH kann die Wahrung des Gleichheitssatzes, wenn das nationale Recht unter Verstoß gegen das Unionsrecht eine unterschiedliche Behandlung mehrerer Personengruppen vorsieht und solange keine Maßnahmen zur Wiederherstellung der Gleichbehandlung erlassen wurden, nur dadurch gewährleistet werden, dass den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden wie die, in deren Genuss die Angehörigen der privilegierten Gruppe kommen. Die für die Angehörigen der bevorzugten Gruppe geltende Regelung bleibt in diesen Fällen, solange das Unionsrecht nicht richtig durchgeführt ist, das einzig gültige Bezugssystem.
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Diese Lösung kommt jedoch nach der Rechtsprechung des EuGH nur dann zur Anwendung, wenn es ein solches gültiges Bezugssystem gibt. Bei nationalen Rechtsvorschriften wie dem BBesG, in deren Rahmen es nicht möglich ist, eine Kategorie bevorzugter Beamter zu benennen, existiert aber kein solches Bezugssystem. Die §§ 27 und 28 BBesG a. F. gelten nämlich für jeden Beamten bei seiner Einstellung. Die sich daraus ergebenden diskriminierenden Aspekte betreffen potenziell alle Beamten. Das Bezugssystem der §§ 27 und 28 BBesG a.F. wirkte insofern insgesamt diskriminierend und kann daher nicht mehr herangezogen (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 2 C 3.13 – Rn. 18). Eine Einstufung in die höchste Besoldungsgruppe kommt daher nicht in Betracht.
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2. Auch für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2009 sind Ansprüche des Klägers ausgeschlossen. Das ab diesem Zeitpunkt für die Besoldung des Klägers maßgebliche Bundesrecht der §§ 27, 28 BBesG n.F. (in der Fassung vom 19. Juni 2009) steht mit den Vorgaben der Richtlinie 2000/78/EG in Einklang. Denn die Ersteinstufung des Beamten orientiert sich nach § 27 BBesG nicht mehr am Lebensalter und der Aufstieg nach Stufen knüpft an die bisher erlangte Berufserfahrung an (sog. Erfahrungsstufen).
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Zwar perpetuiert die Überleitungsregelung in §§ 2, 3 Besoldungsüberleitungsgesetz – BesÜG – die Ungleichbehandlung von Bestandsbeamten, denn diese Vorschrift knüpft an das Grundgehalt an, das dem Beamten nach dem diskriminierenden System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. zustand. Sie ist jedoch zur Wahrung des Besitzstands und zur Vermeidung eines übermäßigen Verwaltungsaufwands für die Regulierung der in der Vergangenheit liegenden Zeiten nach der Rechtsprechung des EuGH gerechtfertigt (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O. Rn. 64 ff. und 78 ff.).
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Die Neuzuordnung zu den Stufen des Grundgehalts erfolgt nach § 2 BesÜG bei Beamten der Besoldungsordnung A zu der Stufe, die der Stufe entspricht, die dem Beamten am 1. Juli 2009 zugestanden hätte. Diese Einstufung hängt aber vom Besoldungsdienstalter, d.h. dem Lebensalter des betreffenden Beamten ab und benachteiligt diesen deshalb unmittelbar wegen seines Lebensalters. Ist der Beamte zu einer Stufe des Grundgehalts zugeordnet, bestimmt sich das weitere Aufsteigen nach § 3 BesÜG. Danach beginnt mit der Zuordnung zu einer Stufe des Grundgehaltes der Anlage 1 in der ab 1. Juli 2009 gültigen Fassung die für den Aufstieg maßgebende Erfahrungszeit nach § 27 Abs. 3 und 4 Satz 1 BBesG.
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Die mit dieser Neuzuordnung der Grundgehaltsstufe verbundene Ungleichbehandlung wegen des Lebensalters ist aber nach der Rechtsprechung des EuGH gemäß Art. 6 Abs. 1 der RL 2000/78/EG gerechtfertigt. Die Neuregelung wird durch die Prinzipien des Vertrauensschutzes und der Wahrung des am 1. Juli 2009 erreichten Status quo bestimmt (BT Drucksache 16/7076, S. 97). Denn die Zuordnung zu den Stufen der neuen Grundgehaltstabelle orientiert sich nach § 2 BesÜG an der bis zum 31. Juni 2009 erreichten Stufe. Die Wahrung des Besitzstands einer Personengruppe ist ein zwingender Grund des Allgemeininteresses, sodass mit dieser Regelung ein legitimes Ziel verfolgt wird (EuGH, Urteile vom 6. Dezember 2007 - Rs. C-456/05, Kommission/Deutschland - Slg. 2007, I-10517 Rn. 63 und vom 8. September 2011 - Rs. C- 297/10 und C-298/10, Hennigs und Mai - Slg. 2011, I-7965 Rn. 90). Auch hat der Gesetzgeber durch diese Regelung die Grenzen des Ermessens nicht überschritten, da die nachträgliche individuelle Feststellung von Vordienstzeiten in Anbetracht der hohen Zahl von Beamten, der Länge des betroffenen Zeitraums, der Verschiedenheit der jeweiligen Laufbahnen und der Schwierigkeiten, die sich bei der Bestimmung der Vordienstzeiten ergeben könnten, übermäßig kompliziert und in erhöhtem Maß fehleranfällig gewesen wäre. Der EuGH hat diese besonderen administrativen Schwierigkeiten hier ausnahmsweise für einen Übergangszeitraum als ausreichend gewichtig angesehen (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O. Rn. 78 ff.)
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II. Des Weiteren steht dem Kläger auch kein Entschädigungsanspruch zu. Ein solcher ergibt sich weder aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch, noch aus § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG -.
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1. Aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch kann der Kläger für den Zeitraum bis zum 30. Juni 2009 keine Ansprüche herleiten, da es an der Voraussetzung eines qualifizierten Verstoßes gegen Unionsrecht fehlt.
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Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an den Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 – C-501/12 bis C-506/12, C-540/12 und C-541/12 –, Rn. 99, juris).
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Die erste sowie die dritte Voraussetzung sind hier nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Verstoß des BBesG a.F. gegen Art. 2 Abs. 1 der RL 2000/78/EG erfüllt. Allerdings fehlt es an einem hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht.
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Ein Verstoß ist hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des EuGH offenkundig verkannt wird. Dementsprechend ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht für den Zeitraum ab Verkündung des Urteils des EuGH in der Sache Hennings und Mai am 8. September 2011 anzunehmen. In diesem Urteil ist den Mitgliedstaaten der Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG in Bezug auf ein mit den §§ 27 und 28 BbesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem verdeutlicht worden und damit die in der gesetzlichen Regelung enthaltene Ungleichbehandlung bekannt. §§ 27, 28 BBesG wurden jedoch bereits zum 1. Juli 2009 neugefasst und die altersdiskriminierende Regelung beseitigt, so dass es an einem Verstoß gegen das Unionsrecht zu diesem Zeitpunkt fehlt.
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2. Des Weiteren steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG zu, da der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt hat.
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Nach § 15 Abs. 2 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG kann der Beamte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen.
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Einem solchen Anspruch steht zunächst nicht entgegen, dass die Diskriminierung durch den korrekten Vollzug einer gesetzlichen Regelung eingetreten ist. Das Verbot der Benachteiligung gilt umfassend. Er erfasst die Tätigkeit des privaten Arbeitgebers ebenso wie die Maßnahmen des staatlichen Normgebers. Auch die Regelung in § 24 Nr. 1 AGG, wonach die Vorschriften des Gesetzes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte gelten, führt nicht dazu, dass wegen des im Besoldungsrecht geltenden strengen Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG) die gesetzeskonforme Berechnung der Bezüge der Beamten keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG darstellten. Dies wäre mit dem Vorrang des Unionsrechts nicht vereinbar.
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Ein immaterieller Schaden liegt zudem bereits im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannte Gründe vor und setzt nicht den Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens voraus (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 3.13 -, Rn. 45).
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Allerdings steht dem Kläger aufgrund des Ablaufs der Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG kein Entschädigungsanspruch zu. § 15 Abs. 4 AGG setzt voraus, dass der Kläger die Frist von zwei Monaten zur schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs nach § 15 Abs. 2 AGG eingehalten hat. Sinn und Zweck dieser Frist ist, dass der Arbeitgeber durch den Antrag über etwaige Ansprüche in Kenntnis gesetzt werden und die Möglichkeit erhalten soll, Beweise zu sichern und rechtzeitig Rücklagen zu bilden. Der Arbeitnehmer ist gehalten, die Erfolgsaussichten seiner Ansprüche zügig zu prüfen. Es soll dem Arbeitgeber angesichts der in § 22 AGG geregelten Beweislastverteilung nicht zugemutet werden, Dokumentationen über relevante Sachverhalte bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen (Gesetzentwurf der Bundesregierung, BTDrucks 16/1780 S. 38).
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Nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, in dem der Kläger von einer Benachteiligung Kenntnis erlangt hat. Diese Erkenntnis liegt vor, wenn der Kläger die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Im Fall einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage beginnt der Lauf der Ausschlussfrist zu dem Zeitpunkt, nachdem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Danach ist in diesem Falle die objektive Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich (BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07; BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 2 C 3.13 – Rn. 52).
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Von einer solchen Klärung der Rechtslage geht das Bundesverwaltungsgericht im Falle des altersdiskriminierenden Besoldungsrechts durch die Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 aus. Aus dem Urteil vom 8. September 2011 ergebe sich, dass ein mit den §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares System zur Entlohnung von Beschäftigten unionsrechtswidrig sei und wegen des Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot Ausgleichsansprüche entstehen könnten (BVerwG, Urteil vom 24. Oktober 2014 – 2 C 3.13 – Rn. 53 f.). Fristbeginn war damit der 8. September 2011 und Fristende gem. § 51 Abs. 1 VwVfG, § 187, 188 Abs. 2 BGB der 8. November 2011.
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Diese Ausschlussfrist hat der Kläger vorliegend jedoch durch seine Geltendmachung jeweils im Dezember 2009, 2011 und 2013 nicht gewahrt. Zunächst reicht der Antrag vom 8. Dezember 2009, in dem der Kläger die nicht verfassungsgemäße Alimentation angegriffen hat, für die Geltendmachung nach § 15 Abs. 4 AGG nicht aus, da § 15 Abs. 4 AGG verlangt, dass der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, und damit ein Entschädigungsanspruch aufgrund einer Diskriminierung, geltend gemacht wurde.
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In seinem Antrag hat der Kläger zwar darauf hingewiesen, dass nach seiner Ansicht seine Alimentation den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst werden müsse. Ein Rüge dahingehend, dass das für seine Besoldung maßgebliche Bundesbesoldungsgesetz wegen der Anknüpfung an das Alter mit dem AGG unvereinbar sei, erfolgte jedoch nicht. Ein entsprechender Antrag ergibt sich auch nicht durch Auslegung des Schreibens. Der Dienstherr konnte hier folglich nicht mit der Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen rechnen.
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Auch mit Schreiben vom 23. Dezember 2011, zugegangen am 28. Dezember 2011, hat der Kläger die Ausschlussfrist nicht gewahrt. In diesem Schreiben beantragt der Kläger, unter Berufung auf das Urteil des EuGH in Sachen Hennings und Mai, eine Besoldung entsprechend der höchsten Stufe und die rückwirkende Auszahlung der Differenz. Inhaltlich genügt das Schreiben mithin einem Antrag i.S.d. § 15 Abs. 4 AGG. Allerdings hat der Kläger diesen Antrag nicht innerhalb der Ausschlussfrist gestellt, da der Antrag am 28. Dezember 2011 zuging und damit nach Ablauf der Ausschlussfrist am 8. November 2011.
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Gleiches gilt erst recht für den Antrag vom Dezember 2013.
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Die Klage ist daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Beschluss vom 3. März 2015
- 47
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 14000,- € festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.600,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. April 2013 zu zahlen. Ferner wird sie verurteilt, an den Kläger weitere 100,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab dem 1. Mai 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu zwei Drittel und die Beklagte zu einem Drittel.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Zahlung eines Ausgleichs für altersdiskriminierende Besoldung.
3Der 1970 geborene Kläger ist Städtischer Oberbrandmeister und steht seit 1992 im Dienst der Beklagten.
4Nachdem die "L. " durch einen Aushang vom 22. Februar 2012 darauf aufmerksam gemacht hatte, dass angesichts diverser Urteile erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besoldung nach Altersstufen bestünden, legte der Kläger im Dezember 2012 Widerspruch gegen seine Besoldung ein und beanspruchte die Zahlung der Bezüge aus der höchsten Altersstufe seiner Besoldungsgruppe, zumindest aber eine diskriminierungsfreie Besoldung.
5Mit Widerspruchsbescheid vom 27. März 2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach Auskunft des Deutschen Städtetages fehle es an einem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz, da das Lebensalter lediglich einen pauschalierenden Berechnungsfaktor darstelle, anhand dessen die legitimerweise zu honorierende Berufserfahrung gemessen werde.
6Der Kläger hat am 29. April 2013 Klage erhoben.
7Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, die Besoldung nach Altersstufen sei diskriminierend. Dies folge aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zum Bundesangestelltentarif sowie aus der Rechtsprechung einiger Verwaltungsgerichte, die deren Überlegungen auf das Besoldungssystem übertrugen. Dem Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz könne nur durch eine Anpassung der Besoldung an die höchste Altersstufe seiner Besoldungsgruppe begegnet werden.
8In der mündlichen Verhandlung stellt der Kläger klar, dass er bereits im Jahr 2008 eine amtsangemessene Alimentation gefordert habe. Zudem stehe ihm in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wegen altersdiskriminierender Besoldung eine Entschädigung in Höhe von 100,- € pro Monat für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis einschließlich 31. Mai 2013, mithin für 53 Monate, zu.
9Der Kläger beantragt,
10die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.300,- € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit und jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.
11Die Beklagte beantragt,
12die Klage abzuweisen.
13Zur Begründung wiederholt sie ihr Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren.
14Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Personalakte Bezug genommen.
15Entscheidungsgründe:
16Die zulässige Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
17Der Kläger hat für die Jahre 2009 und 2010 keine Schadensersatz- bzw. Entschädigungsansprüche, weil es an einer einschlägigen Anspruchsgrundlage fehlt (1). Die für das Jahr 2011 dem Grunde nach bestehenden Ansprüche hat der Kläger nicht rechtzeitig geltend gemacht (2). Dagegen steht ihm für das Jahr 2012 sowie den Zeitraum bis einschließlich 31. Mai 2013 ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zu (3). Für jeden Monat in dem besagten Zeitraum kann der Kläger 100,- € verlangen (4).
18Grundlage der Besoldung des Klägers im vorliegend relevanten Zeitraum waren die §§ 27 und 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BBesG a.F., BGBl. I S. 3020). Diese Bestimmungen galten nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenzen auf den Landesgesetzgeber zum 1. September 2006 gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 Var. 5 GG bis zum Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes NRW (ÜBesG NRW, GV. NRW. S. 234) am 1. Juni 2013 fort.
19Gemäß §§ 27 und 28 BBesG a.F. bildet das in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter den Anknüpfungspunkt für die erstmalige Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze. Anschließend steigt das Grundgehalt des Beamten nach der Dienstzeit im Beamtenverhältnis und seiner dort erbrachten Leistung an. Danach unterscheidet sich das Grundgehalt, das zwei gleichzeitig ernannte Beamte mit der gleichen oder einer vergleichbaren Berufserfahrung, aber unterschiedlichem Lebensalter erhalten, allein aufgrund ihres Lebensalters zum Zeitpunkt ihrer Ernennung.
20Dieses Besoldungssystem führt zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (- RL 2000/78/EG -, ABl. L 303 S. 16).
21Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, NVwZ 2014, 1294, juris Rn. 40 ff.
22Die Richtlinie ist auch für die Besoldungsbedingungen der Beamten der Mitgliedstaaten anwendbar. Die erstmalige Zuordnung des Beamten in eine Besoldungsstufe seiner Besoldungsgruppe knüpft an sein Lebensalter an und führt damit zu einer unmittelbar auf dem Kriterium des Lebensalters beruhenden Ungleichbehandlung, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt ist.
23Zwar stellt es ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik dar, das Aufsteigen der Besoldung an die im Dienst erworbene Berufserfahrung zu knüpfen. Allerdings geht das System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. über das hinaus, was zur Erreichung dieses legitimen Ziels erforderlich ist. Denn die Regelung führt dazu, dass auch ein älterer Beamter ohne jede Berufserfahrung bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis allein aufgrund seines höheren Lebensalters höher eingestuft wird, sodass insoweit kein Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und Dienstalter besteht.
24Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., juris Rn. 48 ff.; zur vergleichbaren Regelung des BAT: EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 u.a., Hennings & Mai -, EuZW 2011, 883, juris Rn. 72 ff., m.w.N.
25Mit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes am 18. August 2006 hat sich an dieser unmittelbar diskriminierenden Wirkung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. nichts geändert. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz diente u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG und gilt nach § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte.
26Die §§ 27 und 28 BBesG a.F. verstießen seit dem 18. August 2006 zwar gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, hieraus folgte aber keine gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Regelungen. § 7 Abs. 2 AGG, wonach Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, unwirksam sind, erfasst lediglich Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, nicht aber gesetzliche Regelungen, wie sie hier Streitgegenstand sind.
27Rechtsfolge des Verstoßes der §§ 27 und 28 BBesG a.F. gegen das Benachteiligungsverbot ist vielmehr die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
28Vgl. zu diesem Komplex die Urteile des BVerwG vom 30. Oktober 2014 in den Verfahren 2 C 3/13 bis 2 C 11/13, 2 C 32/ 13, 2 C 33/13, 2 C 36/13, 2 C 38/13, 2 C 39/13, 2 C 47/13, im Folgenden zitiert nach dem Urteil in der Sache 2 C 6/13, IÖD 2015, 50, juris Rn. 13 ff., jeweils m.w.N.
29(1) Der Kläger kann gleichwohl für die Jahre 2009 und 2010 keine Ansprüche geltend machen, weil es in diesem Zeitraum an einer einschlägigen Anspruchsgrundlage fehlt.
30(a) Ein Anspruch folgt nicht unmittelbar aus der Gleichbehandlungsrichtlinie. Nach Art. 17 RL 2000/78/EG legen die Mitgliedstaaten die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Dabei müssen die Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Diese Vorgaben sind mit § 15 AGG in nationales Recht umgesetzt worden.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 -, BVerwGE 147, 244, juris Rn. 57 f.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Juni 2015 - 6 A 455/15 -, nrwe.de Rn. 33.
32Aus der Richtlinie selbst folgt dagegen kein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung oder eines Geldbetrages.
33(b) Auch aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG kann der Kläger für die Jahre 2009 und 2010 keinen Anspruch herleiten.
34Dem Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG steht entgegen, dass insoweit kein zu vertretender Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt; zudem sind die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG verfristet geltend gemacht worden.
35(aa) Gemäß § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem von ihm zu vertretenden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. §§ 7 und 15 AGG, die Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 sowie Art. 17 RL 2000/78/EG in nationales Recht umsetzen, stellen nicht auf die Form der diskriminierenden Maßnahme des Mitgliedstaates ab. Die Vorgaben der Richtlinie, insbesondere das Verbot der Benachteiligung, gelten umfassend. Sie erfassen die Tätigkeit des privaten Arbeitgebers ebenso wie die Maßnahmen des staatlichen Normgebers. Auch dessen Unterlassen, die für Beschäftigung und Beruf geltenden gesetzlichen Vorschriften an das Benachteiligungsverbot der Richtlinie anzupassen, muss zur Durchsetzung der durch die Richtlinie verliehenen Rechte eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion zur Folge haben. Die unionsrechtliche Haftung, deren Konkretisierung Art. 17 für den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG dient, kennt seit jeher eine Haftung für unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien,
36vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich -, Slg. 1991, I-5403, juris,
37und knüpft daher an Maßnahmen oder Unterlassungen der Gesetzgeber an. Gleiches gilt für die nationale Umsetzung in § 15 AGG; auch diese Vorschrift erfasst Maßnahmen des staatlichen Normgebers.
38Die Regelung in § 24 Nr. 1 AGG, wonach die Vorschriften des Gesetzes (nur) unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte gelten, führt nicht dazu, dass wegen des im Besoldungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG) die gesetzeskonforme Berechnung der Bezüge der Beamten keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG darstellte, sodass Ansprüche nach § 15 AGG ausgeschlossen wären. Zum einen ist der Richtlinie eine solche Einschränkung der Reichweite des Benachteiligungsverbots nicht zu entnehmen. Zum anderen stünde die Richtlinie andernfalls unter dem Vorbehalt, dass die gesetzlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten keine anderslautenden Vorgaben regeln. Der Vorrang des Unionsrechts wäre in sein Gegenteil verkehrt. Auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nicht entnehmen, dass im Falle der unzureichenden Anpassung des nationalen Rechts an das Unionsrecht allein der unionsrechtliche Haftungsanspruch einschlägig und ein Anspruch aus einer nationalen Haftungsnorm ausgeschlossen wäre. Schließlich ist für die Ansprüche nach § 15 AGG unerheblich, ob und unter welchen Voraussetzungen im innerstaatlichen Recht im Übrigen ein Anspruch eines Betroffenen gegen den Gesetzgeber wegen legislativen Unrechts anerkannt ist.
39Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 37 ff.
40(bb) Nach § 15 Abs. 2 AGG i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG kann der Beamte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt weder ein Vertretenmüssen noch den Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens, d.h. die Feststellung von persönlich belastenden Folgen einer Benachteiligung, voraus. Vielmehr liegt ein solcher Schaden bereits im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vor, ohne dass insoweit ein Schuldvorwurf gemacht werden muss.
41Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135, juris Rn. 14; BAG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 -, BAGE 129, 181, juris Rn. 74 ff.; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 45.
42Dies entspricht der Funktion, die § 15 Abs. 2 AGG im Sanktionensystem des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zukommt. Art. 17 RL 2000/78/EG erfordert für jeden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot eine angemessene und verhältnismäßige Sanktion. Auf diese Weise soll der wirksame Schutz der aus der Richtlinie hergeleiteten Rechte gewährleistet werden.
43(cc) Der nach Vorstehendem grundsätzlich anwendbare § 15 Abs. 1 AGG scheitert für den Zeitraum von 2009 bis 2010 jedoch daran, dass kein schuldhafter Verstoß im Sinne eines Vertretenmüssens vorliegt.
44Hinsichtlich des Vertretenmüssens der Pflichtverletzung im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG kann auf die Vorschriften der §§ 276 bis 278 BGB zurückgegriffen werden.
45Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 42; Thüsing in: Münchener Kommentar BGB, 6. Auflage 2012, § 15 AGG Rn. 25; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG Kommentar, 3. Auflage 2011, § 15 Rn. 15 f.
46Gemäß § 276 Abs. 2 BGB handelt derjenige fahrlässig, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
47Bei der rechtlichen Beurteilung, ob die Besoldung nach Altersstufen gegen das allgemeine Benachteiligungsverbot verstößt, kann jedoch für den hier maßgeblichen Zeitraum kein fahrlässiges Verhalten festgestellt werden. Maßgeblich ist, ob die der Maßnahme zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen wurde und im Ergebnis vertretbar ist. Eine letztlich vom Gericht als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich danach als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden war.
48Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 2010 - 2 C 22/09 -, BVerwGE 136, 140, juris Rn. 26, m.w.N., und vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 42.
49Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz nach § 15 Abs. 1 AGG für die Zeit vor dem 8. September 2011 nicht vor. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der (Un‑)Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG wurde erst durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2011 in Sachen Hennings und Mai (Rs. C-297/10 und C-298/10) geklärt.
50Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., juris Rn. 104 f.; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 43.
51Bis zur Verkündung dieses Urteils war die Rechtsauffassung, die §§ 27 und 28 BBesG a.F. seien nicht unionsrechtswidrig, jedenfalls vertretbar. Noch in den Jahren 2010 und 2011 haben diverse Verwaltungsgerichte entschieden, es liege bereits keine Altersdiskriminierung vor, weil das Lebensalter im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalierenden Berechnungsfaktor darstelle.
52Vgl. u.a. VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2010 - 5 K 17/09 -, juris Rn. 16.
53(dd) Im Übrigen sind die Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG für die Jahre 2009 und 2010 durch die Befristung in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ausgeschlossen.
54Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss der Anspruch nach Absatz 1 oder 2 innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, sofern keine anderslautenden tarifvertraglichen Regelungen einschlägig sind. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 2. Hs. AGG beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
55Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG ist mit Art. 9 RL 2000/78/EG vereinbar.
56Vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - Slg. 2010, I-7003, juris Rn. 34 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 -, BVerwGE 147, 244, juris Rn. 59; BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 -, BAGE 142, 143, juris Rn. 20 ff.
57Die materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG dient dazu, es dem nach § 22 AGG beweisbelasteten Arbeitgeber zu ersparen, Aufzeichnungen, die zu seiner Entlastung dienen könnten, bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist aufbewahren zu müssen.
58Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/1780 S. 38; Weth in: jurisPK-BGB Band 2, 7. Auflage 2014, § 15 AGG Rn. 49; Adomeit/Mohr, AGG Kommentar, 2. Auflage 2011, § 15 Rn. 117; Voigt in: Schleuser/Suckow/Voigt, AGG Kommentar, 3. Auflage 2011, § 15 Rn. 68.
59Grundsätzlich hat ein Beschäftigter Kenntnis von der Benachteiligung, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Danach ist bei unsicherer Rechtslage die objektive Klärung durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich.
60Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2015 - 1 A 1737/13 -, nrwe.de Rn. 11; BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29/11 u.a.-, BVerwGE 143, 381, juris Rn. 43, und vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 51, jeweils m.w.N.
61Zwar hatte der Kläger mit Beginn seines Dienstverhältnisses Kenntnis von der Besoldung nach Altersstufen und damit von den Tatsachen, die den Anspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG begründeten. Vorliegend ist jedoch aufgrund der unklaren rechtlichen Bewertung neben der Kenntnis der Tatsachen die objektive Klärung der Rechtslage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erforderlich gewesen. Diese Klärung erfolgte durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai im September 2011.
62Vgl. zum SoldGG: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 36/13 -, DokBer 2015, 137, juris Rn. 16 ff.; zum AGG: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, juris Rn. 41 ff. und Rn. 52 f.; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12 u.a. - Specht, juris Rn. 105; VG Bayreuth, Urteil vom 24. März 2015 - B 5 K 12.458 -, juris Rn. 14; a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 A 11216/12.OVG -, juris, wonach der Zeitpunkt des Inkrafttretens des AGG bzw. SoldGG maßgebend sei.
63Erst in der Rechtssache Hennings und Mai hat der Europäische Gerichtshof zum deutschen Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) entschieden, dass das Verbot der Altersdiskriminierung in Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG einer tarifvertraglichen Regelung entgegensteht, die die Grundvergütung eines Angestellten bei seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst - innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe - nach dem Lebensalter bemisst. Er hat zugleich ausgesprochen, dass ein solches altersdiskriminierendes Vergütungssystem durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt werden kann und dabei für einen begrenzten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des früheren Vergütungssystems bestehen bleiben können, um Einkommensverluste für die bereits beschäftigten Angestellten beim neuen Vergütungssystem zu vermeiden.
64War die Rechtslage objektiv zum 8. September 2011 geklärt, ist es unerheblich, dass der Aushang der "L1. ", mit der auf die entsprechenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sowie des Verwaltungsgerichts Halle aufmerksam gemacht werden sollte, erst im Februar 2012 erfolgte.
65Der Kläger war nach § 15 Abs. 4 AGG gehalten, innerhalb von zwei Monaten nach dem 8. September 2011 seinen Anspruch geltend zu machen. Er hat jedoch erst im Dezember 2012 Widerspruch eingelegt.
66Der vom Kläger angeführte Antrag auf verfassungskonforme Besoldung lässt sich nicht in einen Antrag auf diskriminierungsfreie Besoldung bzw. einen auf Diskriminierung gestützten Widerspruch gegen die Besoldung umdeuten. In seinem Schreiben vom 25. August 2008 hat der Kläger durch die Bezugnahme auf die Urteile des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 10. September 2007 - 1 A 1063/07 - und vom 12. November 2007 - 1 A 995/06 - eindeutig zu verstehen gegeben, dass er sich gegen die im Vergleich zur allgemeinen Lohnentwicklung und aufgrund diverser Kürzungen u.a. im Bereich der Beihilfe zu niedrige Besoldung zur Wehr setzen möchte. Weder aus dem Schreiben selbst noch aus den zitierten Urteilen lässt sich in irgendeiner Form ein Zusammenhang mit einer möglichen Altersdiskriminierung herleiten.
67Erforderlich ist jedoch, dass der Beamte deutlich macht, dass er sich auf einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz stützt. Er muss zwar nicht zwingend eine Anspruchsgrundlage angeben, allerdings muss eindeutig sein, auf welchen konkreten Sachverhalt er sich stützt, damit der Dienstherr adäquat reagieren kann. Ohne den relevanten Sachverhalt zu kennen, ist es dem Dienstherrn nicht möglich, etwaige Ermittlungen anzustellen und insbesondere zu einer sachgerechten und rechtmäßigen Entscheidung zu gelangen. Dies gilt umso mehr in Anbetracht der Beweislastverteilung in § 22 AGG, die letztlich den Grund für die kurze Ausschlussfrist darstellt.
68Vgl. auch BAG, Urteil vom 17. April 2002 - 5 AZR 644/00 -, NZA 2002, 1340; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG Kommentar, 3. Auflage 2011, § 15 Rn. 56; Adomeit/Mohr, a.a.O., § 15 Rn. 123; Voigt in Schleuser/Suckow/Voigt, a.a.O., § 15 Rn. 68.
69(d) Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch verhilft dem Begehren des Klägers für die Jahre 2009 und 2010 nicht zum Erfolg.
70Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist ein eigenständiges Rechtsinstitut des Unionsrechts als Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Schadenersatzverpflichtung aus rechtswidriger Handlung bzw. Unterlassen, wie er den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemein ist.
71Vgl. EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame -, Slg. 1996, I-1029, juris Rn. 27 ff.
72Er setzt voraus, dass dem Anspruchsteller durch eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer individualbegünstigenden Norm des Unionsrechts ein Schaden entstanden ist. Die betreffende Norm des Unionsrechts, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 RL 2000/78/EG, verleiht dem Einzelnen auch Rechte, die er gegenüber den Mitgliedsstaaten geltend machen kann. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 RL 2000/78/EG verbietet allgemein und eindeutig jede sachlich nicht gerechtfertigte unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.
73Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., juris Rn. 101; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 27.
74Eine solche Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Beamten lag durch die Besoldung nach Altersstufen - wie oben ausgeführt - vor. Bis zur Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Hennings und Mai am 8. September 2011 stellte diese allerdings keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht dar.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 29.
76Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt ein hinreichend qualifizierter Verstoß vor, wenn ein Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat, wobei zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie der Umfang des Ermessensspielraums gehören, den die verletzte Vorschrift den nationalen Behörden belässt. Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist jedenfalls dann hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs offenkundig verkannt wird.
77Vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß -, Slg. 2010, I-12167, juris Rn. 51 f., m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29/11 u.a.-, a.a.O., juris Rn. 18.
78Auch hier gilt der oben zum Vertretenmüssen im Rahmen des § 15 Abs. 1 AGG ausgeführte Ansatz, dass für den Zeitraum vor der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai kein hinreichend qualifizierter Verstoß anzunehmen ist. Für den Zeitraum vor der Verkündung dieses Urteils hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2014 (2 C 6/13, a.a.O., juris Rn. 30) ausgeführt:
79"Die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem der Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert ist, ist Sache des nationalen Gerichts. Es liegen hier aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, bereits vor der Verkündung des Urteils des EuGH am 8. September 2011 sei der Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert gewesen. Für die Frage, ob ein Verstoß eines Mitgliedstaates im genannten Sinne bereits hinreichend qualifiziert ist, ist nach der Spruchpraxis des EuGH auch der jeweilige Stand der Rechtsprechung der nationalen Gerichte von Bedeutung (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1029 Rn. 63). Noch im Jahr 2010 hat das Bundesarbeitsgericht in der Sache Hennigs und Mai in einem Verfahren, das die vergleichbare Bemessung der Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen betrifft, den EuGH zur Auslegung von Bestimmungen der RL 2000/78/EG angerufen (BAG, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 6 AZR 148/09 (A) - BAGE 134, 327). Im Jahr 2010 und auch noch danach haben deutsche Verwaltungsgerichte wiederholt entschieden, das Lebensalter stelle im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalierenden Berechnungsfaktor dar, sodass es bereits an einer Altersdiskriminierung fehle (z.B. VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2010 - 5 K 17/09 - juris Rn. 16 und VG Lüneburg, Urteil vom 15. Februar 2012 - 1 A 106/10 - juris Rn. 19)".
80(2) Für das Jahr 2011 bestehen zwar dem Grunde nach Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG sowie aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, allerdings hat er auch diese Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht.
81(a) Dem Grunde nach kann sich der Kläger für das Jahr 2011 auf § 15 Abs. 1 AGG berufen. Insbesondere lag ab der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai auch ein Verschulden des Besoldungsgesetzgebers vor, denn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG war mit der Entscheidung geklärt worden.
82Aufgrund der nunmehr geklärten Rechtslage und des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts wäre die Beklagte gehalten gewesen, das entgegenstehende nationale Recht nicht (mehr) anzuwenden, auch wenn sie nicht der Besoldungsgesetzgeber, sondern (nur) Dienstherrin des Klägers ist. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als Dienstherr bzw. öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet.
83Vgl. EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß -, a.a.O., juris Rn. 39 und 85, sowie vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact -, Slg. 2008, I-2483, juris Rn. 85.
84Durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs hat die Beklagte qualifiziert das Unionsrecht verletzt.
85Vgl. zur Verletzung des Anwendungsvorrangs durch einen kommunalen Dienstherrn: BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29/11 u.a.-, a.a.O., juris Rn. 19; VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Juli 2014 - 26 K 6183/13 -, juris Rn. 31; zur Passivlegitimation von Kommunen: Callies/Ruffert, EUV/AEUV Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 340 Rn. 44; Bey/Zloch in: Terwiesche, Handbuch des Fachanwalts Verwaltungsrecht, 2. Auflage 2012, Kapitel 41, Rn. 487.
86Dem Kläger ist dadurch unmittelbar kausal ein Schaden entstanden, da er im Vergleich zu lebensälteren Kollegen mit gleicher Berufserfahrung schlechter besoldet wurde.
87Allerdings hat der Kläger auch für das Jahr 2011 die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG von zwei Monaten nicht gewahrt und erst im Dezember 2012 Widerspruch eingelegt.
88(b) Aus demselben Grund folgt aus § 15 Abs. 2 AGG kein Anspruch, obwohl dessen Voraussetzungen - wie oben ausgeführt - vorlagen. Auch diesem Anspruch steht die verfristete Geltendmachung gemäß § 15 Abs. 4 AGG entgegen.
89(c) Der Kläger kann sich für das Jahr 2011 auch nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch berufen.
90(aa) Dessen Voraussetzungen, insbesondere der hinreichend qualifizierte Verstoß gegen das Unionsrecht, lagen zwar ab der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 vor, ohne dass es noch einer Umsetzungsfrist für den Gesetzgeber bedurft hätte.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 29 f. und 53; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 103 ff.; für eine Umsetzungsfrist: Wonka, Das EuGH-Urteil vom 19.06.2014 zur Altersdiskriminierung in der Beamtenbesoldung (Rs. C-501/12 u.a.; Specht) - offen geblieben sind die Rechtsfolgen, DVBl. 2015, 79 (82); VG Arnsberg, Urteile vom 29. Mai 2015 - 13 K 3070/12 -, juris Rn. 31, und vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris Rn. 27.
92(bb) Allerdings ist der Anspruch gemäß dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB für die Jahre vor der Antragstellung im Jahr 2012 ausgeschlossen.
93Gem. § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Nicht nur der nationale Amtshaftungsanspruch, sondern auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch kann aus Gründen, die in den Regelungen der §§ 254 und 839 Abs. 3 BGB angesprochen sind, gemindert oder ausgeschlossen sein.
94Vgl. BGH, Urteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05 -, BGHZ 181, 199, juris Rn. 23, vom 11. September 2008 - III ZR 212/07 -, BGHZ 178, 51, juris Rn. 8, und vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02, BGHZ 156, 294, juris Rn. 12.
95Die Anwendung der in diesen Regelungen enthaltenen Grundsätze ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden darf, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgeht. Es ist Aufgabe der Mitgliedsstaaten, die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Unionsrecht einzustehen haben, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer unionsrechtlichen Regelung ist es Sache der nationalen Rechtsordnung, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürfen die im Schadenersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten.
96Vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich -, a.a.O., juris Rn. 42 f.
97Soweit es an Gemeinschaftsvorschriften fehlt, ist es Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen, anhand derer der Umfang der Entschädigung bestimmt werden kann. Auch kann das nationale Gericht bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat. Nach einem allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatz muss sich der Geschädigte in angemessener Form um die Begrenzung des Schadensumfangs bemühen, wenn er nicht Gefahr laufen will, den Schaden selbst tragen zu müssen.
98Vgl. EuGH, Urteile vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame -, Slg. 1996, I-1029, juris Rn. 83 ff., und vom 19. Mai 1992 - Rs. C-104/89 und C-37/90, Mulderer u.a. -, juris Rn. 33; Gellermann in: Streinz, EUV/AEUV Kommentar, 2. Auflage 2012, Art. 340 Rn. 57; Callies/Ruffert, a.a.O., Art. 340 Rn. 74.
99Unionsrecht steht der Anwendung der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Gebrauch des Rechtsmittels zumutbar ist. Dabei wird der Begriff des Rechtsmittels nicht im technischen Sinne, sondern sehr weit verstanden. Er umfasst alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach der gesetzlichen Ordnung darauf abzielen und geeignet sind, einen Schaden dadurch abzuwenden oder zu mindern, dass das schädigende Verhalten beseitigt oder berichtigt wird. Neben den Klagen im prozessualen Sinne fallen darunter unter anderem Widersprüche gegen Verwaltungsakte, Anträge in vorläufigen Rechtsschutzverfahren oder auch Anträge eines Beamten auf Vornahme einer Beförderung.
100Vgl. hierzu Mayen in Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 839 BGB Rn. 85, m.w.N.; Kramarz in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 10. Auflage 2015, § 839 Rn. 48.
101Der Kläger hätte gem. § 839 Abs. 3 BGB die Entstehung bzw. Vertiefung des Schadens durch Einlegung des statthaften Rechtsbehelfs - hier eines Widerspruchs - abwenden müssen. Ab der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 war es ihm auch zuzumuten, einen Rechtsbehelf einzulegen, da der Europäische Gerichtshof eine vergleichbare Rechtslage bereits entschieden und dem Kläger damit eine Argumentationsmöglichkeit "an die Hand gegeben" hatte.
102Da die Besoldung aus der Altersstufe der Festsetzung der Besoldungsstufe durch einen Verwaltungsakt folgt und zugunsten des Klägers anzunehmen ist, dass diese nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbunden war, beträgt die Widerspruchsfrist gem. § 70 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 58 Abs. 1 und 2 VwGO grundsätzlich ein Jahr ab Bekanntgabe, hier ab Klärung der Rechtslage durch das Urteil in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011.
103Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, erst durch den Aushang der "komba gewerkschaft" im Februar 2012 von diesem Urteil erfahren zu haben. Im Rahmen der Zumutbarkeit nach § 839 Abs. 3 BGB kommt es wie bei der Frage der zumutbaren Kenntnis der Diskriminierung in § 15 Abs. 4 AGG lediglich auf die objektive Klärung der Rechtslage an.
104Gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB endete die Frist zur Einlegung des Widerspruchs mit Ablauf des 8. Septembers 2012. Der Kläger hat allerdings erst im Dezember 2012 Widerspruch eingelegt. Sein Antrag auf amtsangemessene Alimentation erfasst das hier geltend gemachte Begehren wie oben ausgeführt gerade nicht.
105(cc) Auch unter Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung besoldungsrechtlicher Ansprüche kommt man nicht dazu, dass der Kläger für die Jahre vor 2012 einen Anspruch hat.
106Nach diesem Grundsatz müssen Ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgehen, von den Beamtinnen und Beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres, geltend gemacht werden, damit der Dienstherr sich darauf einstellen kann. Denn die Alimentation soll einen gegenwärtigen Bedarf decken. Es ist mit dem gegenseitigen Treueverhältnis nicht vereinbar, die gewährte Besoldung über Jahre hinzunehmen und erst im Nachhinein Ansprüche geltend zu machen, die dann aus den Haushaltsmitteln des betreffenden Jahres nicht mehr gedeckt werden könnten
107Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33/09 -, juris Rn. 14 ff., und vom 28. Juni 2011 - 2 C 40/10 -, juris Rn. 7; VG Regensburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - RO 1 K 12.685 -, juris Rn. 19.
108Dieser Grundsatz lässt sich auch auf die geltend gemachten Ansprüche wegen altersdiskriminierenden Besoldung übertragen. Die Höhe des Anspruchs folgt ebenso wie bei den anerkannten Fallvarianten der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen nicht aus dem Gesetz.
109Vgl. zu den anerkannten Fällen: BVerfG, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 1397/09 -, juris, und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363, juris, sowie Urteile vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, juris, und vom 13. November 2008 - 2 C 16/07 -, juris Rn. 21; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, ZBR 2014, 209, juris Rn. 33.
110Zudem kann ein diskriminierter Beamter grundsätzlich nicht erwarten, dass er aus Anlass einer unionsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, den er nicht zeitnah gegenüber seinem Dienstherrn geltend gemacht hat. Insoweit besteht eine deutliche Parallele zu (nationalrechtlichen) Ausgleichsansprüchen, die nicht im Gesetz geregelt sind und bei denen es einer Geltendmachung i. S. einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht des Beamten bedarf.
111Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 70/10 -, juris Rn. 181 f., und vom 13. November 2008 - 2 C 16/07 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, a.a.O., juris Rn.35; OVG Sachsen-Anhalt, Urteile vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 u.a.-, juris Rn. 181 ff.
112Dem steht nicht entgegen, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht zur Anwendung kommt, wenn entsprechende Ansprüche gesetzlich geregelt sind.
113Vgl. zum Ausschluss der Anwendbarkeit: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 36/13 -, juris Rn. 7.
114Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch als solcher ist gerade nicht gesetzlich geregelt, auch wenn man auf ihn § 893 Abs. 3 BGB anwendet.
115Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung im Falle des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs widerspricht auch nicht dem Unionsrecht.
116Art. 9 RL 2000/78/EG regelt nur, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus der Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg geltend machen können. Einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die entsprechende Rechtsverfolgung bleiben davon unberührt; das Unionsrecht regelt solche Fristen gerade nicht. Verfahrensmodalitäten zur Geltendmachung von Unionsrechtsverstößen ergeben sich vielmehr aus dem innerstaatlichen Recht, sofern dieses nicht dem Grundsatz der Äquivalenz oder Effizienz widerspricht.
117Vgl. EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 112 ff., und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-262/09, Melicke u.a. -, EuZW 2011, 642, juris Rn. 55 ff.
118In der Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung liegt in der vorliegenden Konstellation weder ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz noch eine Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes.
119Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz ist insoweit nicht erkennbar, da der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung auf alle nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Besoldungsansprüche angewendet wird.
120Eine Privilegierung von Ansprüchen, die auf nationalem Recht beruhen, gibt es nicht.
121Auch liegt kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz vor. Dies wäre nur der Fall, wenn die nationalen Verfahrensmodalitäten die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder jedenfalls übermäßig erschweren. Die Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai erfolgte Anfang September 2011, sodass dem Kläger für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Besoldung im Jahr 2011 und in den davor liegenden Jahren knappe vier Monate blieben. Berücksichtigt man die Billigung einer zweimonatigen Ausschlussfrist durch den Europäischen Gerichtshof in verschiedenen Rechtssachen mit Bezug zu der Richtlinie 2000/78/EG,
122vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke -, a.a.O., juris Rn. 34 ff.; vgl. hierzu auch BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 -, a.a.O., juris Rn. 24; vgl. ferner zu einer zweimonatigen Ausschlussfrist im griechischen Arbeitsrecht: EuGH, Beschluss vom 18. Januar 2011 - Rs. C-272/10, Berkizi-Nikolakaki -, Slg. 2011, I-00003, Rn. 61,
123genügt die Möglichkeit einer Geltendmachung innerhalb von ca. vier Monaten dem Effektivitätsgrundsatz ohne jeden Zweifel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Ansprüche nicht kurz nach Jahresende 2011, sondern erst zum Jahresende 2012 geltend gemacht hat.
124Vgl. zu den Bedenken des Generalanwalts bei Kenntniserlangung kurz vor Jahresende: Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 - Rs. C-501/12, Specht - , juris Rn. 118 f.
125Die Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist auch nicht aufgrund einer vorrangigen Regelung zur fristgerechten Geltendmachung des unionshaftungsrechtlichen Anspruchs ausgeschlossen. Im Gegensatz zu § 15 Abs. 4 AGG für die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG und § 12 Abs. 3 SoldGG für die Ansprüche aus § 12 Abs. 1 und 2 SoldGG ist der unionsrechtliche Haftungsanspruch nicht an eine bestimmte Frist gebunden. Aus § 15 Abs. 5 AGG folgt zudem, dass die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch übertragbar ist. Vielmehr bleiben nach § 15 Abs. 5 AGG Ansprüche aus anderen Rechtsvorschriften unberührt.
126A.A. VG Arnsberg, Urteile vom 29. Mai 2015 - 13 K 3070/12 -, juris Rn. 25 ff., und vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris Rn. 21 ff., wonach § 15 Abs. 4 AGG auch auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch Anwendung findet.
127Die den Anspruch einschränkende Vorschrift des § 839 Abs. 3 BGB regelt keine Frist zur Geltendmachung, sondern bestimmt nur eine Pflicht zur Schadensabwendung durch den Gebrauch eines Rechtsmittels. Welches Rechtsmittel indes innerhalb welcher Frist einzulegen ist, bestimmt sich nach dem jeweiligen Fachrecht.
128(3) Der Kläger hat jedoch für das Jahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Anspruch auf Schadenersatz aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch.
129Die Voraussetzungen des Anspruchs lagen, wie oben ausgeführt, ab dem 8. September 2011 vor. Ab dem Jahr 2012 ist der Anspruch des Klägers auch nicht mehr nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Mit seinem Widerspruch, in dem der Kläger die altersdiskriminierende Besoldung rügte, hat er hinreichend deutlich gemacht, dass er den Rechtsverstoß nicht mehr hinnehmen werde. Ausgehend vom Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB und dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung steht dem Kläger für das gesamte Jahr 2012 und bis zum 31. Mai 2013 - ab 1. Juni 2013 galt die Neuregelung des Besoldungsrechts - ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zu. Beiden Rechtsinstituten liegt u.a. der Gedanke zugrunde, dass der Betroffene eine Rechtsverletzung nicht längere Zeit hinnehmen soll, um diese später einmal zu liquidieren, und der Anspruchsgegner in die Lage versetzt werden soll, sich auf die Geltendmachung möglicher Ansprüche einzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die Widerspruchseinlegung im November 2012 für das gesamte Jahr 2012 genügen zu lassen. Der Kläger hat in dem Haushaltsjahr 2012 seinen Anspruch angezeigt und die Beklagte in die Lage versetzt, entsprechende Dispositionen zu treffen.
130(4) Aufgrund der unionsrechtswidrigen Diskriminierung steht dem Kläger ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 100,- € monatlich vom 1. Januar 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 zu.
131Eine Berechnung des konkreten materiellen Schadens ist vorliegend nicht möglich, da nicht eindeutig ist, wie sich die Vermögenslage des Klägers ohne die unionsrechtswidrige Diskriminierung gestalten würde, vgl. § 249 Abs. 1 BGB. Ein Ausgleich der Ungleichbehandlung durch Eingruppierung in eine höhere Besoldungsstufe kommt bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil das gesamte Bezugssystem der Anknüpfung an das Lebensalter im fraglichen Zeitraum diskriminierend war, sodass es nicht herangezogen werden kann.
132Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 18 ff.; VG Bayreuth, Urteil vom 24. März 2015 - B 5 K 12.458 -, juris Rn. 11; VG Bremen, Urteil vom 24. Februar 2015 - 6 K 2257/13 -, juris Rn. 16; a.A. BAG, Urteil vom 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 -, BAGE 140, 1, juris Rn. 19 ff., VG Halle (Saale), Urteil vom 28. September 2011 - 5 A 349/09 -, juris Rn. 107 ff; VG Frankfurt, Urteil vom 20. August 2012 - 9 K 8/12.F -, juris Rn. 51; Rothballer, ZESAR 2015, 220 (233 f.).
133Zwar verlangt das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass das nationale Gericht unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles ihm Mögliche tut, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel in Einklang steht.
134Vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-390/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a. -, Slg. 2004, I-8835 Rn. 114.
135Eine entsprechende unionsrechtskonforme Auslegung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. ist hier aber nicht möglich. Die diesem Besoldungssystem innewohnende Ungleichbehandlung gilt für jeden Beamten bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis, sodass die hieraus resultierende unmittelbare Diskriminierung potenziell alle Beamten betrifft. Es existiert damit bereits kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte. Folglich kann auch die vom Europäischen Gerichtshof zur Wahrung des Gleichheitssatzes entwickelte Rechtsprechung, nach der bis zur Abhilfe der Ungleichbehandlung den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden müssen wie denjenigen der privilegierten Gruppe, nicht angewandt werden.
136Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 95 ff., unter Ablehnung der Anwendung der in den Rechtssachen Terhoeve (Urteil vom 26. Januar 1999 - Rs. C-18/95 -) und Landtová (Urteil vom 22. Juni 2011 - Rs. 399/99 -) erarbeiteten Rechtsprechung.
137Eine höhere Einstufung des Klägers innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. würde zudem zu einer Entwertung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Honorierung bereits erworbener Berufserfahrung führen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf die tatsächlich abgeleistete Dienstzeit Anknüpfungspunkt einer besoldungsrechtlichen Differenzierung sein. Der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters ist in der Regel zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet, die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.
138Vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 48, vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 u.a., Hennings & Mai -, a.a.O., juris Rn. 72 ff. m.w.N., und vom. 3. Oktober 2006 - Rs. C-17/05, Cadman -, Slg. 2006, I-9583, juris Rn. 34 f.
139Mit der Höherstufung eines Beamten innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. zum Ausgleich der Altersdiskriminierung würden diejenigen Beamten benachteiligt, die diese höhere Stufe unionsrechtlich zulässig aufgrund ihrer Berufserfahrung erlangt haben. Auch eine "modifizierte Anpassung nach oben" dergestalt, dass die altersdiskriminierten Beamten in dieselbe Besoldungsstufe eingeführt werden wie die älteren Beamten, die über eine gleichwertige Berufserfahrung verfügen, ist aus diesem Grund nicht möglich.
140Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 18 ff.; a.A.: Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 - Rs. C-501/12, Specht -, juris Rn. 106 ff.; OVG Sachsen Anhalt, Urteil vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 -, LKV 2013, 270, juris Rn. 169 ff.; Sächsisches OVG, Urteil vom 23. April 2013 - 2 A 150/12 -, juris Rn. 47 ff.
141Zum einen fehlt es bereits an einem (gültigen) Bezugssystem. Zum anderen würde auch eine solche Herangehensweise die Diskriminierung nicht vollständig und schon gar nicht zeitnah beseitigen. Vielmehr müsste das Gericht im Falle jedes einzelnen Klägers dessen Lebenslauf sowie die Besonderheiten seiner Laufbahn untersuchen und anschließend nach einem vergleichbaren Beamten in derselben oder jedenfalls einer vergleichbaren Laufbahn suchen.
142Auch eine Nachteilsermittlung anhand des neuen Besoldungsrechts,
143vgl. Lingemann, Diskriminierung in Entgeltsystemen - Ende der Anpassung nach oben?, NZA 2014, 827,
144scheidet mangels Praktikabilität aus. Zur Ermittlung der Erfahrungsstufe müssten bei jedem Beamten die konkrete Diensterfahrung sowie etwaige berücksichtigungsfähige Vordienstzeiten ermittelt und mit der Einstufung nach aktueller Rechtslage unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Überleitung der vorhandenen Beamten, Richter und Versorgungsempfänger in die neuen Grundgehaltstabellen vom 16. Mai 2013 abgeglichen werden. Eine solche Herangehensweise wäre in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht kaum handhabbar.
145Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 53 ff; 94, und vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 u.a., Hennings & Mai -, a.a.O., juris Rn. 87 ff.
146Zudem lässt sich nicht feststellen, dass der klägerische Schaden in der Differenz der Besoldung nach dem alten und dem neuen System besteht. Wenngleich die inzwischen flächendeckende Einführung von Erfahrungsstufen für dieses System spricht, bleibt es reine Spekulation anzunehmen, dass der Landesgesetzgeber dieses System bereits früher eingeführt hätte.
147Vgl. auch Wonka in DVBl. 2015, 79 (82).
148Allerdings wäre es mit dem Effektivitätsgrundsatz unvereinbar, wenn die Geltendmachung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs allein am fehlenden bezifferbaren Schaden scheitern würde. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die ergänzend heranzuziehenden Regelungen des nationalen Rechts einen wirksamen Schutz zur Durchsetzung des Unionsrechts gewährleisten. Daher besteht auch die Möglichkeit, einen Unionsrechtsverstoß im Wege einer angemessenen Entschädigungszahlung zu beheben.
149Vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß -, a.a.O., juris Rn. 94; Streinz, a.a.O., Art. 340 Rn. 56; Sachs, GG Kommentar, 6. Auflage 2011, Art. 34 Rn. 52k.
150Gerade diese Sanktion sieht die Regelung des § 15 Abs. 2 AGG bei diskriminierenden Verhaltensweisen eines Arbeitgebers vor. Es bietet sich daher an, den Rechtsgedanken dieser Vorschrift im Falle diskriminierender Gesetzesbestimmungen entsprechend anzuwenden und hinsichtlich der Höhe des Schadenersatzes in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Entschädigung aufgrund altersdiskriminierender Besoldung davon auszugehen, dass ein Schadenersatz in Höhe von 100,- € monatlich eine angemessene Kompensation darstellt.
151Der Kläger war nicht gehalten, seinen Anspruch monatlich geltend zu machen. Wenngleich der Anspruch jeden Monat entsteht, ist es nicht erforderlich, eine monatliche Geltendmachung zu verlangen, da er die Altersdiskriminierung, die sich jeden Monat gleich vollzieht, gerügt und damit die Beklagte auf etwaige Ansprüche hingewiesen hat. Eine monatliche Geltendmachung würde auch keinen Mehrwert bringen. Die Argumentation des Klägers bezieht sich auf einen strukturellen Mangel und müsste aufgrund der unveränderten Sach- und Rechtslage stets gleich lauten, sodass eine andere Entscheidung der Beklagten gegenüber der im Vormonat getroffenen nicht zu erwarten ist.
152Zudem musste er für das Jahr 2013 keinen erneuten Widerspruch einlegen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der ein einmal gestellter Antrag auf höhere Besoldung auch für die folgenden Besoldungsjahre fort gilt,
153vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 54,
154ist auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Ansicht damit begründet, dass sich die Diskriminierung in der monatlichen Auszahlung der Bezüge manifestiert und bei einer wiederkehrenden Benachteiligung Ansprüche aus § 15 AGG nur einmal geltend gemacht werden müssten. Diese Überlegung trifft auch auf den vorliegenden Anspruch zu, da dieser seine Grundlage ebenfalls in der diskriminierenden Besoldung hat und der Antrag ohne zeitliche Begrenzung in die Zukunft gestellt wurde.
155Der Zinsanspruch in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 187 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung.
156Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
157Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
den Bescheid der Wehrbereichsverwaltung Süd – Außenstelle München – vom 16. Mai 2012 in Gestalt des Beschwerdebescheides der Wehrbereichsverwaltung Süd vom 10. Juli 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger für den Zeitraum von 1. Januar 2008 bis 30. Juni 2009 in die höchste Grundgehaltsstufe einzustufen, ihm die Besoldung aus dem endgrundgehalt seiner jeweiligen Besoldungsstufe zu gewähren und dem Kläger den Differenzbetrag zur tatsächlich gewährten Besoldung nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu gewähren.
die Klage abzuweisen.
Gründe
Tenor
Das beklagte Land wird verurteilt, an die Klägerin 1.500,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 9. März 2013 zu zahlen. Ferner wird es verurteilt, an die Klägerin weitere 200,- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 100,- € ab dem 1. April 2013 und aus weiteren 100,- € ab dem 1. Mai 2013 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 90 % und das beklagte Land zu 10 %.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht das beklagte Land zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Die Berufung wird zugelassen.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten um die Zahlung eines Ausgleichs für altersdiskriminierende Besoldung.
3Die 1974 geborene Klägerin ist Richterin am Landgericht in Aachen. Sie legte im Februar 2012 Widerspruch gegen ihre Besoldung ein und beanspruchte die Zahlung der Bezüge aus der höchsten Altersstufe ihrer Besoldungsgruppe R 1, der Stufe 12. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW teilte mit Schreiben vom 21. September 2012 mit, dass eine Bescheidung im Oktober 2012 erfolgen solle.
4Die Klägerin hat am 8. März 2013 Klage erhoben.
5Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Besoldung nach Altersstufen sei diskriminierend. Dies folge aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts zum Bundesangestelltentarif sowie aus der Rechtsprechung einiger Verwaltungsgerichte, die deren Überlegungen auf das Besoldungssystem übertrugen. Dem Verstoß gegen die EU-Gleichbehandlungsrichtlinie könne nur durch eine Anpassung der Besoldung an die höchste Altersstufe ihrer Besoldungsgruppe begegnet werden. Das an das Lebensalter anknüpfende Stufensystem der Richterbesoldung verfehle das Ziel, die Berufserfahrung zu honorieren. Rückwirkend stünden ihr Ansprüche aus der höchsten Altersstufe nicht nur für das Jahr 2012, sondern bereits ab dem 1. Januar 2011 zu.
6Die Klägerin beantragt sinngemäß,
7das beklagte Land zu verpflichten, ihr ab dem 1. Januar 2011 das Grundgehalt nach der höchsten Stufe der Besoldungsgruppe R 1 zu gewähren und den sich hieraus ergebenden Nachzahlungsbetrag in einer Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu verzinsen,
8hilfsweise,
9das beklagte Land zu verpflichten, ihre Besoldung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts und Aufhebung der seit Januar 2011 ergangenen Bescheide neu festzusetzen.
10Das beklagte Land beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Für die Zeit vor dem 8. September 2011, dem Tag der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai zur altersdiskriminierenden Entlohnung von Tarifbeschäftigten, bestehe weder ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) noch nach dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch. Für die Zeit danach scheitere ein Anspruch nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG an der Ausschlussfrist von zwei Monaten, innerhalb der nach § 15 Abs. 4 AGG der Anspruch geltend gemacht werden müsse. Auch fehle es an einem qualifizierten Verstoß gegen Unionsrecht, weil dem Landesgesetzgeber eine angemessene Übergangsfrist eingeräumt werden müsse. Mit der gesetzlichen Neuregelung der Besoldung zum 1. Juni 2013 sei diese Frist in Nordrhein-Westfalen eingehalten worden. Schließlich sei fraglich, welchen Schaden die Klägerin erlitten habe. Zudem gelte die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG auch für den unionsrechtlichen Haftungsanspruch.
13Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
14Entscheidungsgründe:
15Die Entscheidung ergeht im Einverständnis der Beteiligten durch den Vorsitzenden und ohne mündliche Verhandlung, vgl. §§ 87 a Abs. 2, 101 Abs. 2 VwGO.
16Die als Untätigkeitsklage nach § 75 VwGO zulässige Klage ist lediglich in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen ist sie unbegründet.
17Die Klägerin hat den für das Jahr 2011 dem Grunde nach bestehenden Anspruch auf Entschädigung wegen altersdiskriminierender Besoldung nicht rechtzeitig geltend gemacht. Für das Jahr 2012 sowie die Zeit bis Ende Mai 2013 steht ihr jedoch ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zu. Für jeden Monat in dem besagten Zeitraum kann sie 100,- € und damit insgesamt 1.700,- € verlangen. Einen Anspruch auf Besoldung aus der höchsten Altersstufe hat sie dagegen nicht.
18Die erkennende Kammer hat mit rechtskräftigen Urteilen vom 16. Juli 2015 (u.a. 1 K 1237/13, juris und nrwe.de) unter Bezugnahme auf die Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Oktober 2014 (2 C 3/13 bis 2 C 11/13 u.a., IÖD 2015, 30 und juris) entschieden, dass Kommunalbeamten grundsätzlich für die Zeit ab dem 8. September 2011 bis zur Neuregelung des Besoldungsrechts in Nordrhein-Westfalen zum 1. Juni 2013 ein Anspruch auf Schadensersatz aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch zusteht. Unter Berücksichtigung des Rechtsgedankens des § 839 Abs. 3 BGB und des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung besteht der Anspruch ab dem Haushaltsjahr, in dem der Beamte die altersdiskriminierende Besoldung gerügt hat.
19Vgl. ebenso für Landesbeamte VG Köln, Urteil vom 29. Juli 2015 - 3 K 3407/13 -, nrwe.de; a.A. VG Gelsenkirchen, Urteil vom 28. Juli 2015 - 12 K 3414/12 -, juris.
20Nachdem der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 9. September 2015 (C-20/13, juris) entschieden hat, dass seine Rechtsprechung zur altersdiskriminierenden Besoldung von Beamten auch für die Besoldung von Richtern gilt, kann auch für den vorliegenden Fall, in dem sich eine Richterin gegen ihre Besoldung nach Altersstufen wendet, auf das Urteil des erkennenden Gerichts vom 16. Juli 2015 verwiesen werden. Hierin heißt es:
21"Grundlage der Besoldung des Klägers im vorliegend relevanten Zeitraum waren die §§ 27 und 28 BBesG in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. August 2002 (BBesG a.F., BGBl. I S. 3020). Diese Bestimmungen galten nach dem Übergang der Gesetzgebungskompetenzen auf den Landesgesetzgeber zum 1. September 2006 gemäß Art. 125a Abs. 1 Satz 1 Var. 5 GG bis zum Inkrafttreten des Übergeleiteten Besoldungsgesetzes NRW (ÜBesG NRW, GV. NRW. S. 234) am 1. Juni 2013 fort.
22Gemäß §§ 27 und 28 BBesG a.F. bildet das in Abhängigkeit vom Lebensalter bestimmte Besoldungsdienstalter den Anknüpfungspunkt für die erstmalige Zuordnung zu einer Besoldungsstufe der Tabelle der Grundgehaltssätze. Anschließend steigt das Grundgehalt des Beamten nach der Dienstzeit im Beamtenverhältnis und seiner dort erbrachten Leistung an. Danach unterscheidet sich das Grundgehalt, das zwei gleichzeitig ernannte Beamte mit der gleichen oder einer vergleichbaren Berufserfahrung, aber unterschiedlichem Lebensalter erhalten, allein aufgrund ihres Lebensalters zum Zeitpunkt ihrer Ernennung.
23Dieses Besoldungssystem führt zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung im Sinne von Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (- RL 2000/78/EG -, ABl. L 303 S. 16).
24Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, NVwZ 2014, 1294, juris Rn. 40 ff.
25Die Richtlinie ist auch für die Besoldungsbedingungen der Beamten der Mitgliedstaaten anwendbar. Die erstmalige Zuordnung des Beamten in eine Besoldungsstufe seiner Besoldungsgruppe knüpft an sein Lebensalter an und führt damit zu einer unmittelbar auf dem Kriterium des Lebensalters beruhenden Ungleichbehandlung, die nicht nach Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG gerechtfertigt ist.
26Zwar stellt es ein legitimes Ziel der Entgeltpolitik dar, das Aufsteigen der Besoldung an die im Dienst erworbene Berufserfahrung zu knüpfen. Allerdings geht das System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. über das hinaus, was zur Erreichung dieses legitimen Ziels erforderlich ist. Denn die Regelung führt dazu, dass auch ein älterer Beamter ohne jede Berufserfahrung bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis allein aufgrund seines höheren Lebensalters höher eingestuft wird, sodass insoweit kein Zusammenhang zwischen Berufserfahrung und Dienstalter besteht.
27Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., juris Rn. 48 ff.; zur vergleichbaren Regelung des BAT: EuGH, Urteil vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 u.a., Hennings & Mai -, EuZW 2011, 883, juris Rn. 72 ff., m.w.N.
28Mit dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes am 18. August 2006 hat sich an dieser unmittelbar diskriminierenden Wirkung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. nichts geändert. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz diente u.a. der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG und gilt nach § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte.
29Die §§ 27 und 28 BBesG a.F. verstießen seit dem 18. August 2006 zwar gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 AGG, hieraus folgte aber keine gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Regelungen. § 7 Abs. 2 AGG, wonach Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, unwirksam sind, erfasst lediglich Bestimmungen in Kollektiv- und Individualvereinbarungen sowie einseitige Maßnahmen des Arbeitgebers, nicht aber gesetzliche Regelungen, wie sie hier Streitgegenstand sind.
30Rechtsfolge des Verstoßes der §§ 27 und 28 BBesG a.F. gegen das Benachteiligungsverbot ist vielmehr die Verpflichtung zum Schadensersatz sowie zur Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG.
31Vgl. zu diesem Komplex die Urteile des BVerwG vom 30. Oktober 2014 in den Verfahren 2 C 3/13 bis 2 C 11/13, 2 C 32/ 13, 2 C 33/13, 2 C 36/13, 2 C 38/13, 2 C 39/13, 2 C 47/13, im Folgenden zitiert nach dem Urteil in der Sache 2 C 6/13, IÖD 2015, 50, juris Rn. 13 ff., jeweils m.w.N.
32(1) Der Kläger kann gleichwohl für die Jahre 2009 und 2010 keine Ansprüche geltend machen, weil es in diesem Zeitraum an einer einschlägigen Anspruchsgrundlage fehlt.
33(a) Ein Anspruch folgt nicht unmittelbar aus der Gleichbehandlungsrichtlinie. Nach Art. 17 RL 2000/78/EG legen die Mitgliedstaaten die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Dabei müssen die Sanktionen, die auch Schadenersatzleistungen an die Opfer umfassen können, wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Diese Vorgaben sind mit § 15 AGG in nationales Recht umgesetzt worden.
34Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 -, BVerwGE 147, 244, juris Rn. 57 f.; OVG NRW, Beschluss vom 5. Juni 2015 - 6 A 455/15 -, nrwe.de Rn. 33.
35Aus der Richtlinie selbst folgt dagegen kein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung oder eines Geldbetrages.
36(b) Auch aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG kann der Kläger für die Jahre 2009 und 2010 keinen Anspruch herleiten.
37Dem Anspruch aus § 15 Abs. 1 AGG steht entgegen, dass insoweit kein zu vertretender Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt; zudem sind die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG verfristet geltend gemacht worden.
38(aa) Gemäß § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem von ihm zu vertretenden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. §§ 7 und 15 AGG, die Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 sowie Art. 17 RL 2000/78/EG in nationales Recht umsetzen, stellen nicht auf die Form der diskriminierenden Maßnahme des Mitgliedstaates ab. Die Vorgaben der Richtlinie, insbesondere das Verbot der Benachteiligung, gelten umfassend. Sie erfassen die Tätigkeit des privaten Arbeitgebers ebenso wie die Maßnahmen des staatlichen Normgebers. Auch dessen Unterlassen, die für Beschäftigung und Beruf geltenden gesetzlichen Vorschriften an das Benachteiligungsverbot der Richtlinie anzupassen, muss zur Durchsetzung der durch die Richtlinie verliehenen Rechte eine wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktion zur Folge haben. Die unionsrechtliche Haftung, deren Konkretisierung Art. 17 für den Anwendungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG dient, kennt seit jeher eine Haftung für unterlassene oder unvollständige Umsetzung von Richtlinien,
39vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich -, Slg. 1991, I-5403, juris,
40und knüpft daher an Maßnahmen oder Unterlassungen der Gesetzgeber an. Gleiches gilt für die nationale Umsetzung in § 15 AGG; auch diese Vorschrift erfasst Maßnahmen des staatlichen Normgebers.
41Die Regelung in § 24 Nr. 1 AGG, wonach die Vorschriften des Gesetzes (nur) unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend für Beamte gelten, führt nicht dazu, dass wegen des im Besoldungsrecht geltenden strikten Gesetzesvorbehalts (§ 2 Abs. 1 BBesG) die gesetzeskonforme Berechnung der Bezüge der Beamten keinen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 AGG darstellte, sodass Ansprüche nach § 15 AGG ausgeschlossen wären. Zum einen ist der Richtlinie eine solche Einschränkung der Reichweite des Benachteiligungsverbots nicht zu entnehmen. Zum anderen stünde die Richtlinie andernfalls unter dem Vorbehalt, dass die gesetzlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten keine anderslautenden Vorgaben regeln. Der Vorrang des Unionsrechts wäre in sein Gegenteil verkehrt. Auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs lässt sich nicht entnehmen, dass im Falle der unzureichenden Anpassung des nationalen Rechts an das Unionsrecht allein der unionsrechtliche Haftungsanspruch einschlägig und ein Anspruch aus einer nationalen Haftungsnorm ausgeschlossen wäre. Schließlich ist für die Ansprüche nach § 15 AGG unerheblich, ob und unter welchen Voraussetzungen im innerstaatlichen Recht im Übrigen ein Anspruch eines Betroffenen gegen den Gesetzgeber wegen legislativen Unrechts anerkannt ist.
42Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 37 ff.
43(bb) Nach § 15 Abs. 2 AGG i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG kann der Beamte wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Der Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt weder ein Vertretenmüssen noch den Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens, d.h. die Feststellung von persönlich belastenden Folgen einer Benachteiligung, voraus. Vielmehr liegt ein solcher Schaden bereits im Falle einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus einem der in § 1 AGG genannten Gründe vor, ohne dass insoweit ein Schuldvorwurf gemacht werden muss.
44Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BVerwG, Urteil vom 3. März 2011 - 5 C 16/10 -, BVerwGE 139, 135, juris Rn. 14; BAG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 -, BAGE 129, 181, juris Rn. 74 ff.; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 45.
45Dies entspricht der Funktion, die § 15 Abs. 2 AGG im Sanktionensystem des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes zukommt. Art. 17 RL 2000/78/EG erfordert für jeden Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot eine angemessene und verhältnismäßige Sanktion. Auf diese Weise soll der wirksame Schutz der aus der Richtlinie hergeleiteten Rechte gewährleistet werden.
46(cc) Der nach Vorstehendem grundsätzlich anwendbare § 15 Abs. 1 AGG scheitert für den Zeitraum von 2009 bis 2010 jedoch daran, dass kein schuldhafter Verstoß im Sinne eines Vertretenmüssens vorliegt.
47Hinsichtlich des Vertretenmüssens der Pflichtverletzung im Sinne von § 15 Abs. 1 Satz 2 AGG kann auf die Vorschriften der §§ 276 bis 278 BGB zurückgegriffen werden.
48Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 42; Thüsing in: Münchener Kommentar BGB, 6. Auflage 2012, § 15 AGG Rn. 25; Bauer/Göpfert/Krieger, AGG Kommentar, 3. Auflage 2011, § 15 Rn. 15 f.
49Gemäß § 276 Abs. 2 BGB handelt derjenige fahrlässig, der die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.
50Bei der rechtlichen Beurteilung, ob die Besoldung nach Altersstufen gegen das allgemeine Benachteiligungsverbot verstößt, kann jedoch für den hier maßgeblichen Zeitraum kein fahrlässiges Verhalten festgestellt werden. Maßgeblich ist, ob die der Maßnahme zugrunde liegende Rechtsauffassung aufgrund sorgfältiger rechtlicher und tatsächlicher Prüfung gewonnen wurde und im Ergebnis vertretbar ist. Eine letztlich vom Gericht als unzutreffend erkannte Rechtsauffassung stellt sich danach als vertretbar dar, wenn die Rechtsfrage nicht einfach zu beurteilen und weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden war.
51Vgl. BVerwG, Urteile vom 25. Februar 2010 - 2 C 22/09 -, BVerwGE 136, 140, juris Rn. 26, m.w.N., und vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 42.
52Nach diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für eine Verpflichtung der Beklagten zum Schadenersatz nach § 15 Abs. 1 AGG für die Zeit vor dem 8. September 2011 nicht vor. Die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der (Un‑)Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG wurde erst durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2011 in Sachen Hennings und Mai (Rs. C-297/10 und C-298/10) geklärt.
53Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., juris Rn. 104 f.; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 43.
54Bis zur Verkündung dieses Urteils war die Rechtsauffassung, die §§ 27 und 28 BBesG a.F. seien nicht unionsrechtswidrig, jedenfalls vertretbar. Noch in den Jahren 2010 und 2011 haben diverse Verwaltungsgerichte entschieden, es liege bereits keine Altersdiskriminierung vor, weil das Lebensalter im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalierenden Berechnungsfaktor darstelle.
55Vgl. u.a. VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2010 - 5 K 17/09 -, juris Rn. 16.
56(dd) Im Übrigen sind die Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG für die Jahre 2009 und 2010 durch die Befristung in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG ausgeschlossen.
57Nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss der Anspruch nach Absatz 1 oder 2 innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, sofern keine anderslautenden tarifvertraglichen Regelungen einschlägig sind. Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 2. Hs. AGG beginnt die Frist zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
58Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG ist mit Art. 9 RL 2000/78/EG vereinbar.
59Vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke - Slg. 2010, I-7003, juris Rn. 34 ff.; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12/11 -, BVerwGE 147, 244, juris Rn. 59; BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 -, BAGE 142, 143, juris Rn. 20 ff.
60Die materiell-rechtliche Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG dient dazu, es dem nach § 22 AGG beweisbelasteten Arbeitgeber zu ersparen, Aufzeichnungen, die zu seiner Entlastung dienen könnten, bis zum Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist aufbewahren zu müssen.
61Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drucks. 16/1780 S. 38; Weth in: jurisPK-BGB Band 2, 7. Auflage 2014, § 15 AGG Rn. 49; Adomeit/Mohr, AGG Kommentar, 2. Auflage 2011, § 15 Rn. 117; Voigt in: Schleuser/Suckow/Voigt, AGG Kommentar, 3. Auflage 2011, § 15 Rn. 68.
62Grundsätzlich hat ein Beschäftigter Kenntnis von der Benachteiligung, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist jedoch eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Danach ist bei unsicherer Rechtslage die objektive Klärung durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich.
63Vgl. auch OVG NRW, Beschluss vom 5. Mai 2015 - 1 A 1737/13 -, nrwe.de Rn. 11; BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29/11 u.a.-, BVerwGE 143, 381, juris Rn. 43, und vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 51, jeweils m.w.N.
64Zwar hatte der Kläger mit Beginn seines Dienstverhältnisses Kenntnis von der Besoldung nach Altersstufen und damit von den Tatsachen, die den Anspruch aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG begründeten. Vorliegend ist jedoch aufgrund der unklaren rechtlichen Bewertung neben der Kenntnis der Tatsachen die objektive Klärung der Rechtslage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung erforderlich gewesen. Diese Klärung erfolgte durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai im September 2011.
65Vgl. zum SoldGG: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 36/13 -, DokBer 2015, 137, juris Rn. 16 ff.; zum AGG: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, juris Rn. 41 ff. und Rn. 52 f.; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12 u.a. - Specht, juris Rn. 105; VG Bayreuth, Urteil vom 24. März 2015 - B 5 K 12.458 -, juris Rn. 14; a.A. OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20. Februar 2013 - 10 A 11216/12.OVG -, juris, wonach der Zeitpunkt des Inkrafttretens des AGG bzw. SoldGG maßgebend sei.
66Erst in der Rechtssache Hennings und Mai hat der Europäische Gerichtshof zum deutschen Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) entschieden, dass das Verbot der Altersdiskriminierung in Art. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG einer tarifvertraglichen Regelung entgegensteht, die die Grundvergütung eines Angestellten bei seiner Einstellung in den öffentlichen Dienst - innerhalb der jeweiligen Vergütungsgruppe - nach dem Lebensalter bemisst. Er hat zugleich ausgesprochen, dass ein solches altersdiskriminierendes Vergütungssystem durch ein auf objektive Kriterien gestütztes Vergütungssystem ersetzt werden kann und dabei für einen begrenzten Übergangszeitraum einige der diskriminierenden Auswirkungen des früheren Vergütungssystems bestehen bleiben können, um Einkommensverluste für die bereits beschäftigten Angestellten beim neuen Vergütungssystem zu vermeiden.
67War die Rechtslage objektiv zum 8. September 2011 geklärt, ist es unerheblich, dass der Aushang der "komba gewerkschaft", mit der auf die entsprechenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs und des Bundesarbeitsgerichts sowie des Verwaltungsgerichts Halle aufmerksam gemacht werden sollte, erst im Februar 2012 erfolgte.
68Der Kläger war nach § 15 Abs. 4 AGG gehalten, innerhalb von zwei Monaten nach dem 8. September 2011 seinen Anspruch geltend zu machen. Er hat jedoch erst im Dezember 2012 Widerspruch eingelegt.
69(d) Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch verhilft dem Begehren des Klägers für die Jahre 2009 und 2010 nicht zum Erfolg.
70Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch ist ein eigenständiges Rechtsinstitut des Unionsrechts als Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes der Schadenersatzverpflichtung aus rechtswidriger Handlung bzw. Unterlassen, wie er den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemein ist.
71Vgl. EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame -, Slg. 1996, I-1029, juris Rn. 27 ff.
72Er setzt voraus, dass dem Anspruchsteller durch eine hinreichend qualifizierte Verletzung einer individualbegünstigenden Norm des Unionsrechts ein Schaden entstanden ist. Die betreffende Norm des Unionsrechts, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 RL 2000/78/EG, verleiht dem Einzelnen auch Rechte, die er gegenüber den Mitgliedsstaaten geltend machen kann. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 RL 2000/78/EG verbietet allgemein und eindeutig jede sachlich nicht gerechtfertigte unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung in Beschäftigung und Beruf.
73Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., juris Rn. 101; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 27.
74Eine solche Diskriminierung jüngerer gegenüber älteren Beamten lag durch die Besoldung nach Altersstufen - wie oben ausgeführt - vor. Bis zur Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in der Rechtssache Hennings und Mai am 8. September 2011 stellte diese allerdings keinen hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht dar.
75Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 29.
76Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs liegt ein hinreichend qualifizierter Verstoß vor, wenn ein Mitgliedstaat die Grenzen, die seinem Ermessen gesetzt sind, offenkundig und erheblich überschritten hat, wobei zu den insoweit zu berücksichtigenden Gesichtspunkten insbesondere das Maß an Klarheit und Genauigkeit der verletzten Vorschrift sowie der Umfang des Ermessensspielraums gehören, den die verletzte Vorschrift den nationalen Behörden belässt. Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist jedenfalls dann hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs offenkundig verkannt wird.
77Vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß -, Slg. 2010, I-12167, juris Rn. 51 f., m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29/11 u.a.-, a.a.O., juris Rn. 18.
78Auch hier gilt der oben zum Vertretenmüssen im Rahmen des § 15 Abs. 1 AGG ausgeführte Ansatz, dass für den Zeitraum vor der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai kein hinreichend qualifizierter Verstoß anzunehmen ist. Für den Zeitraum vor der Verkündung dieses Urteils hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 30. Oktober 2014 (2 C 6/13, a.a.O., juris Rn. 30) ausgeführt:
79"Die Bestimmung des Zeitpunkts, ab dem der Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert ist, ist Sache des nationalen Gerichts. Es liegen hier aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, bereits vor der Verkündung des Urteils des EuGH am 8. September 2011 sei der Verstoß gegen das Unionsrecht hinreichend qualifiziert gewesen. Für die Frage, ob ein Verstoß eines Mitgliedstaates im genannten Sinne bereits hinreichend qualifiziert ist, ist nach der Spruchpraxis des EuGH auch der jeweilige Stand der Rechtsprechung der nationalen Gerichte von Bedeutung (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame - Slg. 1996, I-1029 Rn. 63). Noch im Jahr 2010 hat das Bundesarbeitsgericht in der Sache Hennigs und Mai in einem Verfahren, das die vergleichbare Bemessung der Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen betrifft, den EuGH zur Auslegung von Bestimmungen der RL 2000/78/EG angerufen (BAG, Beschluss vom 20. Mai 2010 - 6 AZR 148/09 (A) - BAGE 134, 327). Im Jahr 2010 und auch noch danach haben deutsche Verwaltungsgerichte wiederholt entschieden, das Lebensalter stelle im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalierenden Berechnungsfaktor dar, sodass es bereits an einer Altersdiskriminierung fehle (z.B. VG Berlin, Urteil vom 24. Juni 2010 - 5 K 17/09 - juris Rn. 16 und VG Lüneburg, Urteil vom 15. Februar 2012 - 1 A 106/10 - juris Rn. 19)".
80(2) Für das Jahr 2011 bestehen zwar dem Grunde nach Ansprüche des Klägers aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG sowie aus dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch, allerdings hat er auch diese Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht.
81(a) Dem Grunde nach kann sich der Kläger für das Jahr 2011 auf § 15 Abs. 1 AGG berufen. Insbesondere lag ab der Verkündung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs in Sachen Hennings und Mai auch ein Verschulden des Besoldungsgesetzgebers vor, denn die entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG war mit der Entscheidung geklärt worden.
82Aufgrund der nunmehr geklärten Rechtslage und des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts wäre die Beklagte gehalten gewesen, das entgegenstehende nationale Recht nicht (mehr) anzuwenden, auch wenn sie nicht der Besoldungsgesetzgeber, sondern (nur) Dienstherrin des Klägers ist. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als Dienstherr bzw. öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet.
83Vgl. EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß -, a.a.O., juris Rn. 39 und 85, sowie vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact -, Slg. 2008, I-2483, juris Rn. 85.
84Durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs hat die Beklagte qualifiziert das Unionsrecht verletzt.
85Vgl. zur Verletzung des Anwendungsvorrangs durch einen kommunalen Dienstherrn: BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 29/11 u.a.-, a.a.O., juris Rn. 19; VG Düsseldorf, Urteil vom 2. Juli 2014 - 26 K 6183/13 -, juris Rn. 31; zur Passivlegitimation von Kommunen: Callies/Ruffert, EUV/AEUV Kommentar, 4. Auflage 2011, Art. 340 Rn. 44; Bey/Zloch in: Terwiesche, Handbuch des Fachanwalts Verwaltungsrecht, 2. Auflage 2012, Kapitel 41, Rn. 487.
86Dem Kläger ist dadurch unmittelbar kausal ein Schaden entstanden, da er im Vergleich zu lebensälteren Kollegen mit gleicher Berufserfahrung schlechter besoldet wurde.
87Allerdings hat der Kläger auch für das Jahr 2011 die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG von zwei Monaten nicht gewahrt und erst im Dezember 2012 Widerspruch eingelegt.
88(b) Aus demselben Grund folgt aus § 15 Abs. 2 AGG kein Anspruch, obwohl dessen Voraussetzungen - wie oben ausgeführt - vorlagen. Auch diesem Anspruch steht die verfristete Geltendmachung gemäß § 15 Abs. 4 AGG entgegen.
89(c) Der Kläger kann sich für das Jahr 2011 auch nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch berufen.
90(aa) Dessen Voraussetzungen, insbesondere der hinreichend qualifizierte Verstoß gegen das Unionsrecht, lagen zwar ab der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 vor, ohne dass es noch einer Umsetzungsfrist für den Gesetzgeber bedurft hätte.
91Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 29 f. und 53; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 103 ff.; für eine Umsetzungsfrist: Wonka, Das EuGH-Urteil vom 19.06.2014 zur Altersdiskriminierung in der Beamtenbesoldung (Rs. C-501/12 u.a.; Specht) - offen geblieben sind die Rechtsfolgen, DVBl. 2015, 79 (82); VG Arnsberg, Urteile vom 29. Mai 2015 - 13 K 3070/12 -, juris Rn. 31, und vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris Rn. 27.
92(bb) Allerdings ist der Anspruch gemäß dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB für die Jahre vor der Antragstellung im Jahr 2012 ausgeschlossen.
93Gem. § 839 Abs. 3 BGB tritt die Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Nicht nur der nationale Amtshaftungsanspruch, sondern auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch kann aus Gründen, die in den Regelungen der §§ 254 und 839 Abs. 3 BGB angesprochen sind, gemindert oder ausgeschlossen sein.
94Vgl. BGH, Urteile vom 4. Juni 2009 - III ZR 144/05 -, BGHZ 181, 199, juris Rn. 23, vom 11. September 2008 - III ZR 212/07 -, BGHZ 178, 51, juris Rn. 8, und vom 9. Oktober 2003 - III ZR 342/02, BGHZ 156, 294, juris Rn. 12.
95Die Anwendung der in diesen Regelungen enthaltenen Grundsätze ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht von einem Verschulden abhängig gemacht werden darf, das über den hinreichend qualifizierten Verstoß gegen das Unionsrecht hinausgeht. Es ist Aufgabe der Mitgliedsstaaten, die Folgen eines verursachten Schadens, für den sie nach dem Unionsrecht einzustehen haben, im Rahmen ihres nationalen Haftungsrechts zu beheben. Mangels einer unionsrechtlichen Regelung ist es Sache der nationalen Rechtsordnung, die zuständigen Gerichte zu bestimmen und das Verfahren für die Klagen auszugestalten, die den vollen Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Dabei dürfen die im Schadenersatzrecht der einzelnen Mitgliedstaaten festgelegten Voraussetzungen nicht ungünstiger sein als bei ähnlichen Klagen, die nur nationales Recht betreffen, und nicht so ausgestaltet sein, dass sie die Erlangung einer Entschädigung praktisch unmöglich machten oder übermäßig erschwerten.
96Vgl. EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - Rs. C-6/90 und C-9/90, Francovich -, a.a.O., juris Rn. 42 f.
97Soweit es an Gemeinschaftsvorschriften fehlt, ist es Sache der nationalen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, die Kriterien festzulegen, anhand derer der Umfang der Entschädigung bestimmt werden kann. Auch kann das nationale Gericht bei der Bestimmung des ersatzfähigen Schadens prüfen, ob sich der Geschädigte in angemessener Form um die Verhinderung des Schadenseintritts oder um die Begrenzung des Schadensumfangs bemüht und ob er rechtzeitig von allen ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch gemacht hat. Nach einem allgemeinen, den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten gemeinsamen Grundsatz muss sich der Geschädigte in angemessener Form um die Begrenzung des Schadensumfangs bemühen, wenn er nicht Gefahr laufen will, den Schaden selbst tragen zu müssen.
98Vgl. EuGH, Urteile vom 5. März 1996 - Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du pêcheur und Factortame -, Slg. 1996, I-1029, juris Rn. 83 ff., und vom 19. Mai 1992 - Rs. C-104/89 und C-37/90, Mulderer u.a. -, juris Rn. 33; Gellermann in: Streinz, EUV/AEUV Kommentar, 2. Auflage 2012, Art. 340 Rn. 57; Callies/Ruffert, a.a.O., Art. 340 Rn. 74.
99Unionsrecht steht der Anwendung der Regelung des § 839 Abs. 3 BGB jedenfalls dann nicht entgegen, wenn der Gebrauch des Rechtsmittels zumutbar ist. Dabei wird der Begriff des Rechtsmittels nicht im technischen Sinne, sondern sehr weit verstanden. Er umfasst alle Rechtsbehelfe, die sich unmittelbar gegen die schädigende Amtshandlung oder Unterlassung selbst richten und nach der gesetzlichen Ordnung darauf abzielen und geeignet sind, einen Schaden dadurch abzuwenden oder zu mindern, dass das schädigende Verhalten beseitigt oder berichtigt wird. Neben den Klagen im prozessualen Sinne fallen darunter unter anderem Widersprüche gegen Verwaltungsakte, Anträge in vorläufigen Rechtsschutzverfahren oder auch Anträge eines Beamten auf Vornahme einer Beförderung.
100Vgl. hierzu Mayen in Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 839 BGB Rn. 85, m.w.N.; Kramarz in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 10. Auflage 2015, § 839 Rn. 48.
101Der Kläger hätte gem. § 839 Abs. 3 BGB die Entstehung bzw. Vertiefung des Schadens durch Einlegung des statthaften Rechtsbehelfs - hier eines Widerspruchs - abwenden müssen. Ab der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 war es ihm auch zuzumuten, einen Rechtsbehelf einzulegen, da der Europäische Gerichtshof eine vergleichbare Rechtslage bereits entschieden und dem Kläger damit eine Argumentationsmöglichkeit "an die Hand gegeben" hatte.
102Da die Besoldung aus der Altersstufe der Festsetzung der Besoldungsstufe durch einen Verwaltungsakt folgt und zugunsten des Klägers anzunehmen ist, dass diese nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung verbunden war, beträgt die Widerspruchsfrist gem. § 70 Abs. 1 und 2 VwGO i.V.m. § 58 Abs. 1 und 2 VwGO grundsätzlich ein Jahr ab Bekanntgabe, hier ab Klärung der Rechtslage durch das Urteil in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011.
103Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, erst durch den Aushang der "komba gewerkschaft" im Februar 2012 von diesem Urteil erfahren zu haben. Im Rahmen der Zumutbarkeit nach § 839 Abs. 3 BGB kommt es wie bei der Frage der zumutbaren Kenntnis der Diskriminierung in § 15 Abs. 4 AGG lediglich auf die objektive Klärung der Rechtslage an.
104Gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2 BGB endete die Frist zur Einlegung des Widerspruchs mit Ablauf des 8. Septembers 2012. Der Kläger hat allerdings erst im Dezember 2012 Widerspruch eingelegt.
105(cc) Auch unter Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung besoldungsrechtlicher Ansprüche kommt man nicht dazu, dass der Kläger für die Jahre vor 2012 einen Anspruch hat.
106Nach diesem Grundsatz müssen Ansprüche, die über die gesetzlich vorgesehene Besoldung hinausgehen, von den Beamtinnen und Beamten stets zeitnah, mithin spätestens bis zum Ende des laufenden Haushaltsjahres, geltend gemacht werden, damit der Dienstherr sich darauf einstellen kann. Denn die Alimentation soll einen gegenwärtigen Bedarf decken. Es ist mit dem gegenseitigen Treueverhältnis nicht vereinbar, die gewährte Besoldung über Jahre hinzunehmen und erst im Nachhinein Ansprüche geltend zu machen, die dann aus den Haushaltsmitteln des betreffenden Jahres nicht mehr gedeckt werden könnten
107Vgl. BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33/09 -, juris Rn. 14 ff., und vom 28. Juni 2011 - 2 C 40/10 -, juris Rn. 7; VG Regensburg, Urteil vom 17. Oktober 2012 - RO 1 K 12.685 -, juris Rn. 19.
108Dieser Grundsatz lässt sich auch auf die geltend gemachten Ansprüche wegen altersdiskriminierenden Besoldung übertragen. Die Höhe des Anspruchs folgt ebenso wie bei den anerkannten Fallvarianten der zeitnahen Geltendmachung von Ansprüchen nicht aus dem Gesetz.
109Vgl. zu den anerkannten Fällen: BVerfG, Beschlüsse vom 19. Juni 2012 - 2 BvR 1397/09 -, juris, und vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 -, BVerfGE 81, 363, juris, sowie Urteile vom 14. Februar 2012 - 2 BvL 4/10 -, juris, und vom 13. November 2008 - 2 C 16/07 -, juris Rn. 21; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, ZBR 2014, 209, juris Rn. 33.
110Zudem kann ein diskriminierter Beamter grundsätzlich nicht erwarten, dass er aus Anlass einer unionsrechtlich gebotenen Besoldungskorrektur ohne eigenes Zutun nachträglich in den Genuss der Befriedigung eines womöglich jahrelang zurückliegenden Unterhaltsbedarfs kommt, den er nicht zeitnah gegenüber seinem Dienstherrn geltend gemacht hat. Insoweit besteht eine deutliche Parallele zu (nationalrechtlichen) Ausgleichsansprüchen, die nicht im Gesetz geregelt sind und bei denen es einer Geltendmachung i. S. einer Rügeobliegenheit oder Hinweispflicht des Beamten bedarf.
111Vgl. auch BVerwG, Urteile vom 26. Juli 2012 - 2 C 70/10 -, juris Rn. 181 f., und vom 13. November 2008 - 2 C 16/07 -, juris Rn. 18; OVG NRW, Urteil vom 12. Februar 2014 - 3 A 155/09 -, a.a.O., juris Rn.35; OVG Sachsen-Anhalt, Urteile vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 u.a.-, juris Rn. 181 ff.
112Dem steht nicht entgegen, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht zur Anwendung kommt, wenn entsprechende Ansprüche gesetzlich geregelt sind.
113Vgl. zum Ausschluss der Anwendbarkeit: BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 36/13 -, juris Rn. 7.
114Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch als solcher ist gerade nicht gesetzlich geregelt, auch wenn man auf ihn § 893 Abs. 3 BGB anwendet.
115Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung im Falle des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs widerspricht auch nicht dem Unionsrecht.
116Art. 9 RL 2000/78/EG regelt nur, dass die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle Personen, die sich durch die Nichtanwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes in ihren Rechten für verletzt halten, ihre Ansprüche aus der Richtlinie auf dem Gerichts- und/oder Verwaltungsweg geltend machen können. Einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die entsprechende Rechtsverfolgung bleiben davon unberührt; das Unionsrecht regelt solche Fristen gerade nicht. Verfahrensmodalitäten zur Geltendmachung von Unionsrechtsverstößen ergeben sich vielmehr aus dem innerstaatlichen Recht, sofern dieses nicht dem Grundsatz der Äquivalenz oder Effizienz widerspricht.
117Vgl. EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 112 ff., und vom 30. Juni 2011 - Rs. C-262/09, Melicke u.a. -, EuZW 2011, 642, juris Rn. 55 ff.
118In der Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung liegt in der vorliegenden Konstellation weder ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz noch eine Verletzung des Effektivitätsgrundsatzes.
119Ein Verstoß gegen den Äquivalenzgrundsatz ist insoweit nicht erkennbar, da der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung auf alle nicht unmittelbar aus dem Gesetz folgenden Besoldungsansprüche angewendet wird. Eine Privilegierung von Ansprüchen, die auf nationalem Recht beruhen, gibt es nicht.
120Auch liegt kein Verstoß gegen den Effektivitätsgrundsatz vor. Dies wäre nur der Fall, wenn die nationalen Verfahrensmodalitäten die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder jedenfalls übermäßig erschweren. Die Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai erfolgte Anfang September 2011, sodass dem Kläger für die Einlegung eines Rechtsbehelfs gegen die Besoldung im Jahr 2011 und in den davor liegenden Jahren knappe vier Monate blieben. Berücksichtigt man die Billigung einer zweimonatigen Ausschlussfrist durch den Europäischen Gerichtshof in verschiedenen Rechtssachen mit Bezug zu der Richtlinie 2000/78/EG,
121vgl. EuGH, Urteil vom 8. Juli 2010 - Rs. C-246/09, Bulicke -, a.a.O., juris Rn. 34 ff.; vgl. hierzu auch BAG, Urteil vom 21. Juni 2012 - 8 AZR 188/11 -, a.a.O., juris Rn. 24; vgl. ferner zu einer zweimonatigen Ausschlussfrist im griechischen Arbeitsrecht: EuGH, Beschluss vom 18. Januar 2011 - Rs. C-272/10, Berkizi-Nikolakaki -, Slg. 2011, I-00003, Rn. 61,
122genügt die Möglichkeit einer Geltendmachung innerhalb von ca. vier Monaten dem Effektivitätsgrundsatz ohne jeden Zweifel. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Ansprüche nicht kurz nach Jahresende 2011, sondern erst zum Jahresende 2012 geltend gemacht hat.
123Vgl. zu den Bedenken des Generalanwalts bei Kenntniserlangung kurz vor Jahresende: Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 - Rs. C-501/12, Specht - , juris Rn. 118 f.
124Die Heranziehung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung ist auch nicht aufgrund einer vorrangigen Regelung zur fristgerechten Geltendmachung des unionshaftungsrechtlichen Anspruchs ausgeschlossen. Im Gegensatz zu § 15 Abs. 4 AGG für die Ansprüche aus § 15 Abs. 1 und 2 AGG und § 12 Abs. 3 SoldGG für die Ansprüche aus § 12 Abs. 1 und 2 SoldGG ist der unionsrechtliche Haftungsanspruch nicht an eine bestimmte Frist gebunden. Aus § 15 Abs. 5 AGG folgt zudem, dass die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht auf den unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch übertragbar ist. Vielmehr bleiben nach § 15 Abs. 5 AGG Ansprüche aus anderen Rechtsvorschriften unberührt.
125A.A. VG Arnsberg, Urteile vom 29. Mai 2015 - 13 K 3070/12 -, juris Rn. 25 ff., und vom 5. Juni 2015 - 13 K 308/13 -, juris Rn. 21 ff., wonach § 15 Abs. 4 AGG auch auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch Anwendung findet.
126Die den Anspruch einschränkende Vorschrift des § 839 Abs. 3 BGB regelt keine Frist zur Geltendmachung, sondern bestimmt nur eine Pflicht zur Schadensabwendung durch den Gebrauch eines Rechtsmittels. Welches Rechtsmittel indes innerhalb welcher Frist einzulegen ist, bestimmt sich nach dem jeweiligen Fachrecht.
127(3) Der Kläger hat jedoch für das Jahr 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 einen Anspruch auf Schadenersatz aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch.
128Die Voraussetzungen des Anspruchs lagen, wie oben ausgeführt, ab dem 8. September 2011 vor. Ab dem Jahr 2012 ist der Anspruch des Klägers auch nicht mehr nach § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Mit seinem Widerspruch, in dem der Kläger die altersdiskriminierende Besoldung rügte, hat er hinreichend deutlich gemacht, dass er den Rechtsverstoß nicht mehr hinnehmen werde. Ausgehend vom Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB und dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung steht dem Kläger für das gesamte Jahr 2012 und bis zum 31. Mai 2013 - ab 1. Juni 2013 galt die Neuregelung des Besoldungsrechts - ein Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruch zu. Beiden Rechtsinstituten liegt u.a. der Gedanke zugrunde, dass der Betroffene eine Rechtsverletzung nicht längere Zeit hinnehmen soll, um diese später einmal zu liquidieren, und der Anspruchsgegner in die Lage versetzt werden soll, sich auf die Geltendmachung möglicher Ansprüche einzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es sachgerecht, die Widerspruchseinlegung im November 2012 für das gesamte Jahr 2012 genügen zu lassen. Der Kläger hat in dem Haushaltsjahr 2012 seinen Anspruch angezeigt und die Beklagte in die Lage versetzt, entsprechende Dispositionen zu treffen.
129(4) Aufgrund der unionsrechtswidrigen Diskriminierung steht dem Kläger ein Anspruch auf Schadenersatz in Höhe von 100,- € monatlich vom 1. Januar 2012 bis einschließlich 31. Mai 2013 zu.
130Eine Berechnung des konkreten materiellen Schadens ist vorliegend nicht möglich, da nicht eindeutig ist, wie sich die Vermögenslage des Klägers ohne die unionsrechtswidrige Diskriminierung gestalten würde, vgl. § 249 Abs. 1 BGB. Ein Ausgleich der Ungleichbehandlung durch Eingruppierung in eine höhere Besoldungsstufe kommt bereits aus Rechtsgründen nicht in Betracht, weil das gesamte Bezugssystem der Anknüpfung an das Lebensalter im fraglichen Zeitraum diskriminierend war, sodass es nicht herangezogen werden kann.
131Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 18 ff.; VG Bayreuth, Urteil vom 24. März 2015 - B 5 K 12.458 -, juris Rn. 11; VG Bremen, Urteil vom 24. Februar 2015 - 6 K 2257/13 -, juris Rn. 16; a.A. BAG, Urteil vom 10. November 2011 - 6 AZR 148/09 -, BAGE 140, 1, juris Rn. 19 ff., VG Halle (Saale), Urteil vom 28. September 2011 - 5 A 349/09 -, juris Rn. 107 ff; VG Frankfurt, Urteil vom 20. August 2012 - 9 K 8/12.F -, juris Rn. 51; Rothballer, ZESAR 2015, 220 (233 f.).
132Zwar verlangt das Gebot der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass das nationale Gericht unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles ihm Mögliche tut, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel in Einklang steht.
133Vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - Rs. C-390/01 bis C-403/01, Pfeiffer u.a. -, Slg. 2004, I-8835 Rn. 114.
134Eine entsprechende unionsrechtskonforme Auslegung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. ist hier aber nicht möglich. Die diesem Besoldungssystem innewohnende Ungleichbehandlung gilt für jeden Beamten bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis, sodass die hieraus resultierende unmittelbare Diskriminierung potenziell alle Beamten betrifft. Es existiert damit bereits kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte. Folglich kann auch die vom Europäischen Gerichtshof zur Wahrung des Gleichheitssatzes entwickelte Rechtsprechung, nach der bis zur Abhilfe der Ungleichbehandlung den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden müssen wie denjenigen der privilegierten Gruppe, nicht angewandt werden.
135Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 95 ff., unter Ablehnung der Anwendung der in den Rechtssachen Terhoeve (Urteil vom 26. Januar 1999 - Rs. C-18/95 -) und Landtová (Urteil vom 22. Juni 2011 - Rs. 399/99 -) erarbeiteten Rechtsprechung.
136Eine höhere Einstufung des Klägers innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. würde zudem zu einer Entwertung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Honorierung bereits erworbener Berufserfahrung führen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs darf die tatsächlich abgeleistete Dienstzeit Anknüpfungspunkt einer besoldungsrechtlichen Differenzierung sein. Der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters ist in der Regel zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet, die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten.
137Vgl. hierzu EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 48, vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 u.a., Hennings & Mai -, a.a.O., juris Rn. 72 ff. m.w.N., und vom. 3. Oktober 2006 - Rs. C-17/05, Cadman -, Slg. 2006, I-9583, juris Rn. 34 f.
138Mit der Höherstufung eines Beamten innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. zum Ausgleich der Altersdiskriminierung würden diejenigen Beamten benachteiligt, die diese höhere Stufe unionsrechtlich zulässig aufgrund ihrer Berufserfahrung erlangt haben. Auch eine "modifizierte Anpassung nach oben" dergestalt, dass die altersdiskriminierten Beamten in dieselbe Besoldungsstufe eingeführt werden wie die älteren Beamten, die über eine gleichwertige Berufserfahrung verfügen, ist aus diesem Grund nicht möglich.
139Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 18 ff.; a.A.: Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 - Rs. C-501/12, Specht -, juris Rn. 106 ff.; OVG Sachsen Anhalt, Urteil vom 11. Dezember 2012 - 1 L 9/12 -, LKV 2013, 270, juris Rn. 169 ff.; Sächsisches OVG, Urteil vom 23. April 2013 - 2 A 150/12 -, juris Rn. 47 ff.
140Zum einen fehlt es bereits an einem (gültigen) Bezugssystem. Zum anderen würde auch eine solche Herangehensweise die Diskriminierung nicht vollständig und schon gar nicht zeitnah beseitigen. Vielmehr müsste das Gericht im Falle jedes einzelnen Klägers dessen Lebenslauf sowie die Besonderheiten seiner Laufbahn untersuchen und anschließend nach einem vergleichbaren Beamten in derselben oder jedenfalls einer vergleichbaren Laufbahn suchen.
141Auch eine Nachteilsermittlung anhand des neuen Besoldungsrechts,
142vgl. Lingemann, Diskriminierung in Entgeltsystemen - Ende der Anpassung nach oben?, NZA 2014, 827,
143scheidet mangels Praktikabilität aus. Zur Ermittlung der Erfahrungsstufe müssten bei jedem Beamten die konkrete Diensterfahrung sowie etwaige berücksichtigungsfähige Vordienstzeiten ermittelt und mit der Einstufung nach aktueller Rechtslage unter Berücksichtigung des Gesetzes zur Überleitung der vorhandenen Beamten, Richter und Versorgungsempfänger in die neuen Grundgehaltstabellen vom 16. Mai 2013 abgeglichen werden. Eine solche Herangehensweise wäre in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht kaum handhabbar.
144Vgl. EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 - Rs. C-501/12, Specht -, a.a.O., Rn. 53 ff; 94, und vom 8. September 2011 - Rs. C-297/10 u.a., Hennings & Mai -, a.a.O., juris Rn. 87 ff.
145Zudem lässt sich nicht feststellen, dass der klägerische Schaden in der Differenz der Besoldung nach dem alten und dem neuen System besteht. Wenngleich die inzwischen flächendeckende Einführung von Erfahrungsstufen für dieses System spricht, bleibt es reine Spekulation anzunehmen, dass der Landesgesetzgeber dieses System bereits früher eingeführt hätte.
146Vgl. auch Wonka in DVBl. 2015, 79 (82).
147Allerdings wäre es mit dem Effektivitätsgrundsatz unvereinbar, wenn die Geltendmachung des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs allein am fehlenden bezifferbaren Schaden scheitern würde. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die ergänzend heranzuziehenden Regelungen des nationalen Rechts einen wirksamen Schutz zur Durchsetzung des Unionsrechts gewährleisten. Daher besteht auch die Möglichkeit, einen Unionsrechtsverstoß im Wege einer angemessenen Entschädigungszahlung zu beheben.
148Vgl. EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß -, a.a.O., juris Rn. 94; Streinz, a.a.O., Art. 340 Rn. 56; Sachs, GG Kommentar, 6. Auflage 2011, Art. 34 Rn. 52k.
149Gerade diese Sanktion sieht die Regelung des § 15 Abs. 2 AGG bei diskriminierenden Verhaltensweisen eines Arbeitgebers vor. Es bietet sich daher an, den Rechtsgedanken dieser Vorschrift im Falle diskriminierender Gesetzesbestimmungen entsprechend anzuwenden und hinsichtlich der Höhe des Schadenersatzes in Anlehnung an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Entschädigung aufgrund altersdiskriminierender Besoldung davon auszugehen, dass ein Schadenersatz in Höhe von 100,- € monatlich eine angemessene Kompensation darstellt.
150Der Kläger war nicht gehalten, seinen Anspruch monatlich geltend zu machen. Wenngleich der Anspruch jeden Monat entsteht, ist es nicht erforderlich, eine monatliche Geltendmachung zu verlangen, da er die Altersdiskriminierung, die sich jeden Monat gleich vollzieht, gerügt und damit die Beklagte auf etwaige Ansprüche hingewiesen hat. Eine monatliche Geltendmachung würde auch keinen Mehrwert bringen. Die Argumentation des Klägers bezieht sich auf einen strukturellen Mangel und müsste aufgrund der unveränderten Sach- und Rechtslage stets gleich lauten, sodass eine andere Entscheidung der Beklagten gegenüber der im Vormonat getroffenen nicht zu erwarten ist.
151Zudem musste er für das Jahr 2013 keinen erneuten Widerspruch einlegen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der ein einmal gestellter Antrag auf höhere Besoldung auch für die folgenden Besoldungsjahre fort gilt,
152vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6/13 -, a.a.O., juris Rn. 54,
153ist auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch übertragbar. Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Ansicht damit begründet, dass sich die Diskriminierung in der monatlichen Auszahlung der Bezüge manifestiert und bei einer wiederkehrenden Benachteiligung Ansprüche aus § 15 AGG nur einmal geltend gemacht werden müssten. Diese Überlegung trifft auch auf den vorliegenden Anspruch zu, da dieser seine Grundlage ebenfalls in der diskriminierenden Besoldung hat und der Antrag ohne zeitliche Begrenzung in die Zukunft gestellt wurde."
154Gemessen an diesen Maßstäben und unter Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung,
155vgl. zur Nichtanwendbarkeit der Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 - III ZR 4/15 -, juris,
156steht der Klägerin, da sie ihren Anspruch im Haushaltsjahr 2012 geltend gemacht hat, für 17 Monate (1. Januar 2012 bis 31. Mai 2013) eine Entschädigung von 100,- € je Monat zu. Die Besoldung aus der höchsten Altersstufe der Besoldungsgruppe R 1 und damit eine Nachzahlung des Unterschiedsbetrags zwischen Stufe 6 und Stufe 12 für die Zeit vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Mai 2013 kann die Klägerin dagegen nicht verlangen. Trotz des gerichtlichen Hinweises vom 10. September 2015 hat die Klägerin ihr mit Schriftsätzen vom 7. März 2013 und 3. Juni 2014 geltend gemachtes Klagebegehren auch nicht auf eine Entschädigung von 100,- € je Monat begrenzt.
157Der Zinsanspruch in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2, 187 Abs. 1 BGB in entsprechender Anwendung.
158Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basiert auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
159Die Zulassung der Berufung beruht auf §§ 124 a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.
Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.
(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem
- 1.
der Anspruch entstanden ist und - 2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.
(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren
- 1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und - 2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.
(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.
(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.