Tatbestand

1

Der Kläger stellte bei der Beklagten am 23.08.2016 erstmals einen Antrag auf Wohngeld und gab hierzu an, schwerbehindert mit einem GdB von 80, hingegen nicht pflegebedürftig zu sein; den Nachweis zu seiner Schwerbehinderung legte er bei Antragstellung vor. Ab dem 01.07.2016 bezog der Kläger eine monatliche Rente wegen Erwerbsunfähigkeit i. H. v. 964,68 € brutto/856,64 € netto. Der monatliche Mietzins betrug für seine 57,10 m² große Wohnung 368,30 € (234,11 € Grundnutzungsgebühr zzgl. 74,23 € Betriebskosten sowie 59,96 € Heizkosten monatlich). Mit Bescheid vom 24.10.2016 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Mit dem durch den Kläger nachgewiesenen monatlichen Einkommen ergäbe sich ein Anspruch auf Mietzuschuss nicht. Dem Bescheid beigefügt war eine detaillierte Berechnung zu dem Einkommen des Klägers. Danach legte die Beklagte ein zu berücksichtigendes Jahreseinkommen i. H. v. 10.326,74 € bzw. ein zu berücksichtigendes Monatseinkommen i. H. v. 860,56 € zu Grunde. Zur Begründung seines hiergegen mit Schreiben vom 26.10.2016 eingelegten Widerspruchs führte der Kläger aus, die Beklagte habe fehlerhaft seine nachgewiesene Schwerbehinderung nicht berücksichtigt. Bei ordnungsgemäßer Berücksichtigung sei ein weiterer Pauschbetrag von seinem Einkommen in Abzug zu bringen. Hinsichtlich des Freibetrages für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder diesen im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes Gleichgestellten werde durch ihn derzeit eine Rechtsänderungsklage geführt. Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und legte diesen dem Landesverwaltungsamt Sachsen-Anhalt zur Entscheidung vor. Mit Widerspruchsbescheid vom 13.02.2017 wies dieses den Widerspruch zurück. Die Ablehnung des Wohngeldantrages sei durch die Beklagte zu Recht erfolgt. Ein Freibetrag wegen der beim Kläger bestehenden Schwerbehinderung könne nicht gewährt werden, da die maßgeblichen Voraussetzungen des § 17 WoGG nicht vorlägen. Der Nachweis für das Vorliegen zum Abzug eines Freibetrages i. H. v. 750 € für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder diesen im Sinne des Bundesentschädigungsgesetz Gleichgestellten sei durch den Kläger nicht erbracht.

2

Hiergegen hat der Kläger am 04.03.2017 Klage erhoben, mit welcher er sein Begehren auf Abzug eines weiteren Frei- bzw. Pauschbetrages von seinem berücksichtigungsfähigen Renteneinkommen weiterverfolgt. Die Beklagte sei in ihrer Entscheidung lediglich auf den Freibetrag nach dem Wohngeldgesetz eingegangen, habe aber zu Unrecht nicht den ihm wegen seines GdB von 80 zustehenden Pauschbetrag i. H. v. 1.060,00 € nach dem EStG in Ansatz gebracht. Mit dessen Anwendung stünde ihm ein monatlicher Mietzuschuss i. H. v. ca. 35,00 € zu.

3

Der Kläger beantragt sinngemäß,

4

die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 24.10.2016 und des Widerspruchsbescheides des Landesverwaltungsamtes Sachsen-Anhalt vom 13.02.2017 zu verpflichten, ihm für die Zeit ab dem 15.08.2016 bis zum 14.08.2017 einen monatlichen Mietzuschuss i. H. v. 35,00 € zu bewilligen.

5

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

6

Die Klage abzuweisen.

7

Sie verteidigt ihren streitbefangenen Bescheid.

8

Mit Beschluss vom 19.09.2017 hat die Kammer den vom Kläger für das Verfahren gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt (vgl. Bl. 30 ff. der Gerichtsakte. Das hiergegen vom Kläger geführte Beschwerdeverfahren zum Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Einheit (4 O 153/17) blieb erfolglos (vgl. Bl. 55 ff. der Gerichtsakte).

9

Mit Beschluss vom 16.01.2018 hat die Kammer der Berichterstatterin das Verfahren zur Entscheidung als Einzelrichterin übertragen (vgl. Bl. 69 der Gerichtsakte).

10

Mit Beschluss vom, 06.02.2018 hat die Einzelrichterin den erneuten Antrag des Klägers aus Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren vom 02.03.2018 abgelehnt (vgl. Bl. 99 f. d. Gerichtsakte).

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten und des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe

12

Die Einzelrichterin war zur Entscheidung berufen, denn die Kammer hat ihr mit Beschluss vom 16.01.2018 das Verfahren zur Entscheidung übertragen, § 6 Absatz ein S. 1 VwGO. Die Einzelrichterin konnte trotz Ausbleibens der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung entscheiden, denn sie sind mit der Ladung über diese Möglichkeit ausdrücklich belehrt worden, § 102 Abs. 2 VwGO.

I.

13

Die zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO.

14

Dabei legt das Gericht gem. § 88 VwGO das klägerische Begehren im Lichte der §§ 22 Abs. 1, 25 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2 Wohngeldgesetz (WoGG) dahin aus, dass der Kläger die Bewilligung des beantragten Mietzuschusses ab dem Zeitpunkt des Beginns des Mietsverhältnisses am 15.08.2016 für den gesamten Bewilligungszeitraum von zwölf Monaten i. S. d. Wohngeldrechts begehrt.

15

1. Dem Kläger steht der geltend gemachte Wohngeldanspruch nicht zu. Die dem versagenden Bescheid der Beklagten vom 24.10.2016 zugrunde liegende Berechnung des klägerischen Einkommens ist nicht zu beanstanden, sie entspricht den für die Ermittlung des Gesamteinkommens des Klägers maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften der §§ 13 ff. und insb. des 17 WoGG und den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen stellt das Gericht fest, dass die zur Begründung des ablehnenden Bescheides von der Beklagten, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vorgenommene Einkommensermittlung rechtmäßig ist und sieht gemäß § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

16

2. Das jährliche Renteneinkommen des Klägers ist auch nicht in Anwendung des § 33b EStG um einen Pauschbetrag i. H. v. 1.060,00 Euro zu mindern, denn die §§ 13 ff. WoGG sind zur Ermittlung des Einkommens für den Wohngeldanspruch abschließend (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 21.05.2013 - 12 A 718/13 -; Bayrischer VGH, Beschl. v. 13.03.2012 - 12 C 12.285 -; beide juris). Spezialgesetzlich enthält dabei § 17 WoGG in der Ziffer 1 für anerkannte Schwerbehinderte mit einem GdB von 100 - den der Kläger nicht hat - die allein maßgebliche Abzugsregelung i. H. v. 1.500,00 Euro zur Einkommensbereinigung.

17

Soweit der Kläger meint, es bestehe im Wohngeldgesetz für Schwerbehinderte wie ihn, auf die die Freibetragsregelung wegen Nichterreichens der GdB-Grenze nicht anwendbar ist, eine Regelungslücke, die mit der Anwendung der einkommenssteuerrechtlichen Pauschbetragsregelung des § 33b EStG zu schließen sei, führt dies nicht zum Erfolg. Denn eine planwidrige Regelungslücke liegt nicht vor. Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber eine Interessenlage nicht gesehen hat oder eine solche wegen verspäteter Veränderung der Umstände nicht gesehen werden konnte und er diese deswegen nicht geregelt hat, bei Kenntnis hingegen im Sinne der Vorschrift geregelt hätte, die zur Schließung dieser Lücke zur Anwendung kommen soll (vgl. VG Schleswig-Holstein, Urt. v. 13.12.2017 - 3 A 26/17 -, juris m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Wohngeldgesetz enthält mit dem § 17 WoGG ausdrückliche Regelungen zur Bereinigung des Einkommens von bestimmten Gruppen von Benachteiligten durch Zuerkennung von Freibeträgen. Für eine weitergehende Berücksichtigung der individuellen Bedürfnisse schwerbehinderter Menschen bietet das Wohngeldgesetz keine Grundlage (vgl. Stadler/Gutekunst/Dietrich/Fröba, Wohngeldgesetz, Kommentar, Stand: Januar 2012, § 17 Rn. 2). Gegen die Annahme eines gesetzgeberischen Unterlassens spricht auch, dass bis zum 31.12.2008 das Wohngeldgesetz in § 17 noch die Anwendung der Freibetragsregelung auf diejenigen Schwerbehinderten vorsah, die einen GdB von 80 hatten, ohne dass - wie die seit dem 01.01.2009 gültige und auch die aktuelle Fassung der Norm - weitere Voraussetzungen vorliegen mussten. Hat der Gesetzgeber aber bewusst eine Änderung der Rechtslage herbeigeführt, ist ein Nichterkennen der Regelungsbedürftigkeit nicht anzunehmen. Es fehlt ferner an einer vergleichbaren Interessenlage. Das Wohngeld als staatliche und bedarfssichernde Sozialleistung und die Minderung des steuerpflichtigen Einkommens durch Abzug von Pauschbeträgen wegen behinderungsbedingter Mehraufwendungen (§ 33b Abs. 1 EStG) haben unterschiedliche Zielrichtungen. Das Wohngeld stellt eine staatliche Unterstützungsleistung im Bedarfsfall dar, denn es dient gem. § 1 Abs. 1 WoGG der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. Demgegenüber ist das Einkommenssteuerrecht Teil der staatlichen Eingriffsverwaltung, mit dem vom Betroffenen ein Teil des Einkommens gerade entzogen werden soll. Die Pauschbetragsregelung des § 33b EStG zielt darauf ab, den darin genannten Personenkreis von der allgemeinen Abgabenpflicht insoweit zu verschonen, als er behinderungsbedingt Mehraufwendungen hat; demgegenüber soll die Freibetragsregelung des § 17 WoGG gerade einen Anspruch auf staatliche Leistungen - das Wohngeld - in den genannten Konstellationen durch eine Verringerung des vorrangig einzusetzenden Einkommens zur Bedarfsdeckung ermöglichen.

II.

18

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

19

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

20

Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 52 Abs. 1 GKG.


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Verwaltungsgericht Magdeburg Urteil, 12. Feb. 2018 - 6 A 59/17 zitiert 15 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 102


(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 88


Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Einkommensteuergesetz - EStG | § 33b Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen, Hinterbliebene und Pflegepersonen


(1) 1Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können Menschen mit Behinderungen unter den Voraussetzungen des Abs

Wohngeldgesetz - WoGG | § 1 Zweck des Wohngeldes


(1) Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens. (2) Das Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbst genutzten Wohnraum geleistet.

Wohngeldgesetz - WoGG | § 17 Freibeträge


Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die folgenden jährlichen Freibeträge abzuziehen:1.1 800 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderunga)von 100 oderb)von unter 100 bei Pflegebedürfti

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Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 13. Dez. 2017 - 3 A 26/17

bei uns veröffentlicht am 13.12.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicher

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Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die folgenden jährlichen Freibeträge abzuziehen:

1.
1 800 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderung
a)
von 100 oder
b)
von unter 100 bei Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gleichzeitiger häuslicher oder teilstationärer Pflege oder Kurzzeitpflege;
2.
750 Euro für jedes zu berücksichtigende Haushaltsmitglied, das Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder ihm im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes gleichgestellt ist;
3.
1 320 Euro, wenn
a)
ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied ausschließlich mit einem Kind oder mehreren Kindern Wohnraum gemeinsam bewohnt und
b)
mindestens eines dieser Kinder noch nicht 18 Jahre alt ist und für dieses Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz oder eine in § 65 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannte Leistung gewährt wird;
4.
ein Betrag in Höhe der eigenen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit jedes Kindes eines Haushaltsmitgliedes, höchstens jedoch 1 200 Euro, wenn das Kind ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied und noch nicht 25 Jahre alt ist.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1)1Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können Menschen mit Behinderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag).2Das Wahlrecht kann für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden.

(2) Einen Pauschbetrag erhalten Menschen, deren Grad der Behinderung auf mindestens 20 festgestellt ist, sowie Menschen, die hilflos im Sinne des Absatzes 3 Satz 4 sind.

(3)1Die Höhe des Pauschbetrags nach Satz 2 richtet sich nach dem dauernden Grad der Behinderung.2Als Pauschbetrag werden gewährt bei einem Grad der Behinderung von mindestens:

20384 Euro,
30620 Euro,
40860 Euro,
501 140 Euro,
601 440 Euro,
701 780 Euro,
802 120 Euro,
902 460 Euro,
1002 840 Euro.


3Menschen, die hilflos im Sinne des Satzes 4 sind, Blinde und Taubblinde erhalten einen Pauschbetrag von 7 400 Euro; in diesem Fall kann der Pauschbetrag nach Satz 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.4Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf.5Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 4 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.

(4)1Personen, denen laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind, erhalten auf Antrag einen Pauschbetrag von 370 Euro (Hinterbliebenen-Pauschbetrag), wenn die Hinterbliebenenbezüge geleistet werden

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder einem anderen Gesetz, das die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes über Hinterbliebenenbezüge für entsprechend anwendbar erklärt, oder
2.
nach den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung oder
3.
nach den beamtenrechtlichen Vorschriften an Hinterbliebene eines an den Folgen eines Dienstunfalls verstorbenen Beamten oder
4.
nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes über die Entschädigung für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit.
2Der Pauschbetrag wird auch dann gewährt, wenn das Recht auf die Bezüge ruht oder der Anspruch auf die Bezüge durch Zahlung eines Kapitals abgefunden worden ist.

(5)1Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, so wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt.2Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen.3Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.4In diesen Fällen besteht für Aufwendungen, für die der Behinderten-Pauschbetrag gilt, kein Anspruch auf eine Steuerermäßigung nach § 33.5Voraussetzung für die Übertragung nach Satz 1 ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.

(6)1Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalenderjahr erhält und der Steuerpflichtige die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt und diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist.2Zu den Einnahmen nach Satz 1 zählt unabhängig von der Verwendung nicht das von den Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangene Pflegegeld.3Als Pflege-Pauschbetrag wird gewährt:

1.
bei Pflegegrad 2600 Euro,
2.
bei Pflegegrad 31 100 Euro,
3.
bei Pflegegrad 4 oder 51 800 Euro.
4Ein Pflege-Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 3 wird auch gewährt, wenn die gepflegte Person hilflos im Sinne des § 33b Absatz 3 Satz 4 ist.5Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war.6Gleiches gilt, wenn die Person die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt.7Sind die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt, kann der Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 1 und 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.8Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.9Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen, geteilt.

(7) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wie nachzuweisen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge vorliegen.

(8) Die Vorschrift des § 33b Absatz 6 ist ab Ende des Kalenderjahres 2026 zu evaluieren.

Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die folgenden jährlichen Freibeträge abzuziehen:

1.
1 800 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderung
a)
von 100 oder
b)
von unter 100 bei Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gleichzeitiger häuslicher oder teilstationärer Pflege oder Kurzzeitpflege;
2.
750 Euro für jedes zu berücksichtigende Haushaltsmitglied, das Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder ihm im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes gleichgestellt ist;
3.
1 320 Euro, wenn
a)
ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied ausschließlich mit einem Kind oder mehreren Kindern Wohnraum gemeinsam bewohnt und
b)
mindestens eines dieser Kinder noch nicht 18 Jahre alt ist und für dieses Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz oder eine in § 65 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannte Leistung gewährt wird;
4.
ein Betrag in Höhe der eigenen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit jedes Kindes eines Haushaltsmitgliedes, höchstens jedoch 1 200 Euro, wenn das Kind ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied und noch nicht 25 Jahre alt ist.

(1)1Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können Menschen mit Behinderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag).2Das Wahlrecht kann für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden.

(2) Einen Pauschbetrag erhalten Menschen, deren Grad der Behinderung auf mindestens 20 festgestellt ist, sowie Menschen, die hilflos im Sinne des Absatzes 3 Satz 4 sind.

(3)1Die Höhe des Pauschbetrags nach Satz 2 richtet sich nach dem dauernden Grad der Behinderung.2Als Pauschbetrag werden gewährt bei einem Grad der Behinderung von mindestens:

20384 Euro,
30620 Euro,
40860 Euro,
501 140 Euro,
601 440 Euro,
701 780 Euro,
802 120 Euro,
902 460 Euro,
1002 840 Euro.


3Menschen, die hilflos im Sinne des Satzes 4 sind, Blinde und Taubblinde erhalten einen Pauschbetrag von 7 400 Euro; in diesem Fall kann der Pauschbetrag nach Satz 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.4Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf.5Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 4 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.

(4)1Personen, denen laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind, erhalten auf Antrag einen Pauschbetrag von 370 Euro (Hinterbliebenen-Pauschbetrag), wenn die Hinterbliebenenbezüge geleistet werden

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder einem anderen Gesetz, das die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes über Hinterbliebenenbezüge für entsprechend anwendbar erklärt, oder
2.
nach den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung oder
3.
nach den beamtenrechtlichen Vorschriften an Hinterbliebene eines an den Folgen eines Dienstunfalls verstorbenen Beamten oder
4.
nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes über die Entschädigung für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit.
2Der Pauschbetrag wird auch dann gewährt, wenn das Recht auf die Bezüge ruht oder der Anspruch auf die Bezüge durch Zahlung eines Kapitals abgefunden worden ist.

(5)1Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, so wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt.2Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen.3Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.4In diesen Fällen besteht für Aufwendungen, für die der Behinderten-Pauschbetrag gilt, kein Anspruch auf eine Steuerermäßigung nach § 33.5Voraussetzung für die Übertragung nach Satz 1 ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.

(6)1Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalenderjahr erhält und der Steuerpflichtige die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt und diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist.2Zu den Einnahmen nach Satz 1 zählt unabhängig von der Verwendung nicht das von den Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangene Pflegegeld.3Als Pflege-Pauschbetrag wird gewährt:

1.
bei Pflegegrad 2600 Euro,
2.
bei Pflegegrad 31 100 Euro,
3.
bei Pflegegrad 4 oder 51 800 Euro.
4Ein Pflege-Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 3 wird auch gewährt, wenn die gepflegte Person hilflos im Sinne des § 33b Absatz 3 Satz 4 ist.5Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war.6Gleiches gilt, wenn die Person die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt.7Sind die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt, kann der Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 1 und 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.8Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.9Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen, geteilt.

(7) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wie nachzuweisen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge vorliegen.

(8) Die Vorschrift des § 33b Absatz 6 ist ab Ende des Kalenderjahres 2026 zu evaluieren.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger, einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt vom Kraftfahrt-Bundesamt die Rücknahme einer der beigeladenen Automobilherstellerin erteilten EG-Typgenehmigung.

2

Der Kläger ist eine gemäß § 3 des Gesetzes über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz - UmwRG) anerkannte Vereinigung, deren Vereinszweck nach der Satzung die Förderung des Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutzes und zwar insbesondere auch der Reinhaltung von Luft und der Einhaltung des nationalen, europäischen und internationalen Umweltrechts ist.

3

Das Kraftfahrt-Bundesamt erteilte der Beigeladenen mit Bescheid vom 05.11.2014 eine EG-Typgenehmigung für ein System (EG-Typgenehmigungsnummer ...) für den Typ .... Für das seit August 2016 produzierte Modelljahr dieses Fahrzeugtyps beantragte die Beigeladene einen Nachtrag zur Systemgenehmigung. Das Kraftfahrt-Bundesamt entsprach diesem Antrag mit Bescheid vom 01.08.2016 (EG-Typgenehmigungsnummer ...). Die Prüfung der Emissionsgrenzwerte erfolgte nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Rollenprüfstand, dabei werden die getesteten Fahrzeuge auf die relativ konstante Raumtemperatur zwischen 20°C und 30°C vorkonditioniert (UN-ECE Nr. 83, 5.3.1).

4

Die Genehmigung des vollständigen Fahrzeuges des Typs ... erfolgte durch die Mehrphasen-EG-Typgenehmigung vom 02.07.2015 (EG-Typgenehmigungsnummer ...), die entsprechende Nachtragsgenehmigung datiert auf den 02.08.2016 (EG-Typgenehmigungsnummer ...).

5

Der Dieselmotor des Fahrzeugmodells verfügt über mehrere Technologien bezüglich der Emissionskontrolle. Zur Reduzierung des Stickoxidausstoßes werden u.a. eine Abgasrückführung (AGR) und ein SCR-Katalysator („Selective Catalytic Reduction“, unter Verwendung einer Harnstoffeinspritzung), der Teil des Abgasnachbehandlungssystems ist, verwendet. Diese Technologien können grundsätzlich, je nachdem in welchem Maße sie eingesetzt werden und wie der Hersteller den Motor konstruiert hat und je nachdem welche weiteren äußeren Bedingungen vorliegen, Einfluss auf den Motor selbst oder auf den Ausstoß anderer Stoffe haben (dazu grundlegend: Stellungnahme von ... im 5. Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestags, A-Drs. 18(31)39 neu).

6

Die zum Genehmigungszeitpunkt installierte Software nahm in folgender Weise auf die genannten Emissionstechnologien Einfluss:

7

- die Abgasrückführung wird unterhalb von -11°C und oberhalb von 33°C der Umgebungstemperatur deaktiviert, im Bereich zwischen -11°C und +17°C wird sie temperaturabhängig iterativ reduziert,

8

- der SCR-Katalysator wird bei Temperaturen unterhalb von -30°C und oberhalb von +50°C deaktiviert, unterhalb von +17°C und oberhalb von +33°C wechselt er in einen vorübergehenden Modus ,

9

- die Abgasrückführung wird ab einer Drehzahl von 3.300 U/min deaktiviert, ab einer Drehzahl von 2.900 U/min wird sie reduziert,

10

- der SCR-Katalysator reduziert bei Geschwindigkeiten über 145 km/h die zudosierte Menge des Harnstoffs iterativ und setzt sie bei Geschwindigkeiten ab 200 km/h auf 0,

11

- die Abgasrückführung wird ab einem Umgebungsdruck von 90 kPa reduziert und ab 88 kPa deaktiviert.

12

Im Beschreibungsbogen zur Antragstellung wurden hinsichtlich des Systems „Abgasanlage“ Angaben zur Hardware gemacht. Es wurde angegeben, dass der Fahrzeugtyp zur Verringerung der schädlichen Abgasemissionen über innermotorische Maßnahmen, wie zum Beispiel die Abgasrückführung, und über Abgasnachbehandlungseinrichtungen, wie zum Beispiel den Dieselpartikelfilter, den Oxidationskatalysator und den SCR-Katalysator verfüge. Die Softwarefunktionen waren nicht im Beschreibungsbogen enthalten.

13

Der aufgrund der vorgenannten Genehmigungen produzierte Fahrzeugtyp ... wird aufgrund eines Modellwechsels seit Februar 2017 nicht mehr produziert.

14

Im Zuge der als „Abgasskandal“ bezeichneten Ereignisse ab Oktober 2015 wurde beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) eine Untersuchungskommission u.a. in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeugmodell eingeleitet. Eine vom Kläger ebenfalls im Oktober durchgeführte Studie an dem Modell ... an der Abgasprüfstelle der Berner Fachhochschule ergab Messwerte, wonach die Stickoxidgrenzwerte der Euro 6 Abgasnorm überschritten wurden. Die Messungen entsprachen nicht den Vorgaben des nach der Euro 6 Abgasnorm vorgeschriebenen Verfahrens des NEFZ (wegen der einzelnen Messungen und der Ergebnisse der Studie wird auf Anlage K3 Bezug genommen).

15

Der Kläger informierte das Kraftfahrt-Bundesamt und das BMVI von der Studie und deren Ergebnissen mit Schreiben vom 23.10.2015. Im Rahmen der Untersuchungskommission erklärte die Beigeladene, sie beabsichtige, die Wirksamkeit des kombinierten SCR- und AGR- Systems verschiedener Fahrzeugmodelle, unter anderem auch des ... und des ..., im Rahmen einer freiwilligen Serviceaktion zu verbessern.

16

Mit Schreiben vom 09.05.2016 beantragte der Kläger beim Kraftfahrt-Bundesamt die Rücknahme der Typgenehmigungen für zehn verschiedene Fahrzeugtypen, darunter auch ausdrücklich genannt die Mehrphasen-EG-Typgenehmigung für den Typ ..., Genehmigungs-Nr. .... Hilfsweise beantragte er, für die bereits ausgelieferten Fahrzeuge gegenüber den Herstellern dieser Fahrzeugtypen einen verpflichtenden Rückruf anzuordnen, mit dem Ziel, eine unverzügliche Einhaltung der für Stickstoffoxid gelten Emissionsgrenzwerte zu gewährleisten. Zur Begründung führte er an, nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Luftreinhalteplan Darmstadt (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –, BVerwGE 147, 312-329) könne er als anerkannter Umweltverband gegen jeden Umweltrechtsverstoß vorgehen, der eine drittschützende Norm zum Gegenstand habe. Nach den Hinweisen des Compliance Committee (ACC) gelte dies sogar jenseits drittschützender Vorschriften. Aus Messungen, die auch dem Kraftfahrt-Bundesamt vorlägen, ergebe sich, dass durch die Motorsteuersoftware bei ...-Dieselmotoren die Wirksamkeit des Katalysators bei bestimmten Temperaturen stark vermindert werde. Dies sei auf das Modell ... zu übertragen. Dem Antrag fügte der Kläger die Ergebnisse der Studie an der Abgasprüfstelle der Fachhochschule Bern bei.

17

Der Antrag wurde in Bezug auf den Fahrzeugtyp ... vom Kraftfahrt-Bundesamt mit Bescheid vom 08.06.2016 abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dem Kläger fehle die Antragsbefugnis, somit sei der Antrag unzulässig.

18

Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben vom 05.07.2016 Widerspruch, unter Verweis auf die Grundsätze des Art. 9 Abs. 3 des Übereinkommens vom 25. Juni 1998 über den Zugang zu Informationen, die Öffentlichkeitsbeteiligung an Entscheidungsverfahren und den Zugang zu Gerichten in Umweltangelegenheiten (Aarhus-Übereinkommen - Aarhus-Konvention – AK) und die entsprechende Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Luftreinhalteplan Darmstadt.

19

Der Widerspruch vom 05.07.2016 gegen den Ablehnungsbescheid des ... vom 08.06.2016 wurde mit Widerspruchsbescheid vom 29.09.2016 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde erneut auf die fehlende Antragsbefugnis des Klägers hingewiesen. Darüber hinaus wurde ausgeführt, es fehle es an einer Nichtübereinstimmung mit dem genehmigten Typ im Sinne des § 25 der Verordnung über die EG-Genehmigung für Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger sowie für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten für diese Fahrzeuge (EG-Fahrzeuggenehmigungsverordnung - EG-FGV), da kein Verfahren zur Feststellung der Nichtübereinstimmung durchgeführt worden sei. Eine fehlende Übereinstimmung sei zunächst im Wege einer Prüfung gemäß des Verfahrens für die Kontrolle der Übereinstimmung in Betrieb befindlicher Fahrzeuge nach Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 692/2008 der Kommission vom 18. Juli 2008 zur Durchführung und Änderung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (Durchführungs-VO) festzustellen. Die materiellen Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme durch das Kraftfahrt-Bundesamt nach § 25 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Abs. 2 EG-FGV lägen daher nicht vor.

20

Darüber hinaus erhob der Kläger mit Schreiben vom 09.09.2016 vorsorglich Widerspruch gegen die Mehrphasen-EG-Typgenehmigung für den Typ ... Genehmigungs-Nr. ... (vgl. dazu das Parallelverfahren 3 A 30/17). Da ihm die Typgenehmigung niemals bekannt gegeben worden sei, hätten Fristen für einen Widerspruch noch nicht zu laufen begonnen. Dieser Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 13.12.2016 zurückgewiesen.

21

Mit Schreiben vom 21.02.2017 erklärte das Kraftfahrt-Bundesamt die Freigabe der freiwilligen Feldmaßnahme der Beigeladenen bezüglich des Modells .... Unter anderem wurde erklärt, dass keine unzulässigen Abschalteinrichtungen festgestellt und die offengelegten Abschalteinrichtungen als zulässig eingestuft worden seien. Das Kraftfahrt-Bundesamt behielt sich vor, weitergehende verwaltungsrechtliche Maßnahmen dieser Sache zu treffen.

22

Die Beigeladene strebt nach eigenen Angaben im Rahmen der Nachrüstmaßnahmen Änderungen bezüglich der genannten Emissionstechnologien mit folgenden Ergebnissen an:

23

- die Abgasrückführung wird unterhalb von -10°C und oberhalb von 50°C der Umgebungstemperatur deaktiviert, im Bereich zwischen -10°C und +3°C sowie zwischen +35°C und +50°C wird sie temperaturabhängig iterativ reduziert,

24

- der SCR-Katalysator arbeitet in größerem Umfang im Speicher-Modus, zudem wird im „vorübergehenden Modus“ mehr NOx reduziert,

25

- die aufgrund der Drehzahl reduzierte Abgasrückführung wird früher zurück in den „normalen Modus“ zurückgeschaltet,

26

- die Heizfunktion für die Abgasnachbehandlung wird weiterentwickelt („Heat Up Mode“),

27

- die Abgasrückführung wird ab einem Umgebungsdruck von 90 kPa reduziert und ab 83 kPa deaktiviert.

28

Ab März 2017 wurden die Halter der Fahrzeuge zur Durchführung der Nachrüstaktion angeschrieben. Nach Angaben der Beigeladenen haben bis zum 25.09.2017 ca. 63 % der in Deutschland angeschriebenen Halter die Nachrüstung ihrer Fahrzeuge durchführen lassen.

29

Am 19.10.2016 hat der Kläger Klage erhoben.

30

Der Kläger trägt vor:

31

Die Beigeladene habe in der Motorsteuerung gleich mehrere softwaregestützte unzulässige Abschalteinrichtungen installiert. Sofern die Beigeladene mittlerweile freiwillige Verbesserungsmaßnahmen angekündigt habe und auch umgesetzt habe, ändere dies an dem Begehren des Klägers nichts, da dies nur Neufahrzeuge betreffe. Es sei nicht sichergestellt, dass alle bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge nachgerüstet würden. Hinzu komme, dass die freiwilligen Maßnahmen nicht zur Entfernung aller Abschalteinrichtungen geführt hätten. Aufgrund der durchgeführten Studie am ... sei anzunehmen, dass die Software den Prüfzyklus im Labor am Stillstand der Hinterräder erkenne und die Abschalteinrichtungen in diesem Fall deaktiviere. Weitere Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung des ... führten dazu, dass die Abgasreinigung zu 90-95 % der Betriebszeit deaktiviert sei oder nur stark eingeschränkt funktioniere. Die Abgasreinigung werde abgeschaltet, sobald die Außentemperatursensoren eine Temperatur von weniger als 17°C oder mehr als 33°C messen würden, d.h. wenn die Laborbedingungen des NEFZ von 20-30°C um mehr als 3°C unter- bzw. überschritten würden. Das Thermofenster sei insofern bewusst auf die Bedingungen des Rollenprüfstands programmiert. Darüber hinaus hätten die Motordrehzahl und der Luftdruck Einfluss auf die Abgasrückführung und die Harnstoffdosierung werde bei Geschwindigkeiten von über 145 km/h abgeschaltet. Dies sei auch auf den ... zu übertragen, da die Beklagte eigene Tests an diesem Fahrzeugmodell vorgenommen habe, die dies bestätigt hätten. Dies ergebe sich aus dem Verwaltungsvorgang des BMVI.

32

Der Hauptantrag sei zulässig.

33

Als anerkannter Umweltverband sei er klagebefugt, weil die Ablehnung, den beantragten Rücknahmebescheid zu erlassen, ihn in seiner prokuratorischen Rechtsstellung verletze. Die Beigeladene habe mit der Verwendung unzulässiger Abschalteinrichtungen gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 (Emissions-GrundVO), welcher drittschützende Wirkung habe, verstoßen. Wegen der Besonderheiten des unionsrechtlich geprägten Rechtsschutzsystems im Bereich des Umweltschutzes bestehe hier eine Klagebefugnis nach § 42 Absatz 2 Hs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dies ergebe sich insbesondere aus Art. 9 Abs. 3 AK. Diese Frage sei zudem in der Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Luftreinhalteplan Darmstadt, anknüpfend an die Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) „Slowakischer Braunbär“ und „Janecek“ geklärt worden. Aufgrund dieser Entscheidung sei anerkannten Umweltvereinigungen eine prokuratorische Rechtsstellung für die Geltendmachung von unionsrechtlich geschützten Umweltbelangen, einschließlich überindividueller Interessen, zu gewähren. Der gesundheitsschützende Zweck des Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO zeige sich eindeutig in den Erwägungsgründen der Verordnung sowie in der Gesamtsystematik des unionsrechtlichen Konzepts zur Luftreinhaltung, insbesondere weil sich die Erwägungsgründe der Verordnung auf die „thematische Strategie zur Luftreinhaltung“ (KOM (2005) 446 endg.) beziehen würden. Einer Klagebefugnis stehe auch nicht die Entscheidung des 4. Senats des Bundesverwaltungsgerichts zur „Wannsee-Flugroute“ entgegen, da Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO hinreichend klar und bestimmt sei. Darüber hinaus verweist er auf weitere Entwicklungen der Rechtsprechung, wonach sich die prokuratorische Rechtsstellung anerkannter Umweltverbände auf jede unbedingte und hinreichend genaue Bestimmung des objektiven Unionumweltrechts, unabhängig vom individualschützenden Charakter der Norm, erstrecke. Ein solches Verständnis ergebe sich aus der Rechtsprechung des VGH München und ebenso aus den Schlussanträgen der Generalanwältin am EuGH Kokott vom 30.06.2016 in der Rechtssache C-243/15. Eine Klagebefugnis ergebe sich auch aus der unmittelbaren Anwendung von Art. 9 Abs. 3 AK, der als andere gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO fungiere. Die Anwendbarkeit hänge auch nicht von dem Erlass eines weiteren Rechtsakts ab, da durch den Anerkennungsakt gemäß § 3 UmwRG abschließend geklärt sei, dass der Kläger die im nationalen Recht aufgestellten Kriterien der Anerkennung erfülle.

34

Jedenfalls aber folge eine Klagebefugnis unmittelbar aus dem Unionsrecht, was der EuGH in der „Janecek“-Entscheidung bestätigt habe. Auch sei eine Klagebefugnis zwingend wegen Art. 47 der EU-Grundrechtecharta gegeben. Daraus ergebe sich ein Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf vor Gericht, wenn unionsrechtlich garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden seien. Rechte in diesem Sinne seien weit auszulegen. Das satzungsmäßige Interesse des Klägers im Zusammenhang mit den Emissionsgrenzwerten falle darunter.

35

Auch ergebe sich nunmehr nach Novellierung des UmwRG die Klagebefugnis unmittelbar aus dem UmwRG n.F., das am 02.06.2017 in Kraft getreten sei. Diese sei in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG n.F. geregelt. Die Anordnung des Rückrufs sei eine Entscheidung über Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen im Sinne der Vorschrift. Der Begriff der Zulassung eines Vorhabens im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 UmwRG, auf den Nr. 6 Bezug nehme, sei weit auszulegen und erfasse auch die Erteilung von EG-Typgenehmigungen. Der Vorhabenbegriff orientiere sich lediglich an dem planungsrechtlichen Vorhabenbegriff, dies zeige auch, dass im Gesetzestext ein Verweis auf das UVPG fehle. Damit habe sich der Gesetzgeber bewusst vom engen planungsrechtlichen Begriff gelöst. Da die Gesetzesnovelle ausweislich ihrer Begründung der Umsetzung von Art. 9 Abs. 3 AK diene, sei allein entscheidend, dass die Maßnahmen auf Herstellung oder Sicherung eines umweltrechtskonformen Zustandes zielten. Ein anderes Ergebnis der Auslegung sei mit dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit nicht vereinbar. Zudem würde dieses Ergebnis zu einer erneuten Beanstandung durch die AK-Vertragsstaatenkonferenz führen, was bereits das Compliance Comittee festgestellt habe.

36

Hilfsweise ergebe sich jedenfalls eine Klagebefugnis analog §§ 2 Abs. 1, 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG n.F. Denn für den Fall, dass man von einer Regelungslücke ausginge, sei diese jedenfalls planwidrig, da der Gesetzgeber sich bemüht habe, Art. 9 Abs. 3 AK in völkerrechtskonformer Weise in deutsches Recht umzusetzen. Darüber hinaus bestehe weiterhin die Klagebefugnis wegen seiner prokuratorischen Rechtsstellung als Umweltverband. Die Gesetzesänderung entfalte insbesondere keine Sperrwirkung. Das prokuratorische Klagerecht sei nicht akzessorisch zu einem Klagerecht einer natürlichen Person. Überdies bestehe hier auch ein Klagerecht von natürlichen Personen. Zumindest Anwohner im Gebiet von Grenzwertüberschreitungen, die durch Kraftfahrzeugemissionen induziert seien, seien wegen ihrer räumlichen Beziehung zu den Emissionen individuell betroffen.

37

Eine strikte Orientierung an der nationalen prozessrechtlichen Regelung des § 42 Abs. 2 VwGO stelle einen zu Unrecht verengten Blickwinkel im Hinblick auf die durch das Unionsrecht gewährten Befugnisse von Umweltverbänden und Privatpersonen dar. Die Gerichte seien verpflichtet, das nationale Recht so weit wie möglich im Einklang mit dem Völkerrecht und dem Unionsrecht auszulegen. Dies führe letztlich dazu, dass bei der Frage der Klagebefugnis nicht mehr die subjektive Rechtsverletzung, sondern der „Interessentenbegriff“ zu Grunde gelegt werden müsse. Nur so sei der evidenten Völkerrechtsverletzung durch den Gesetzgeber wirksam zu begegnen.

38

Auch die Hilfsanträge seien zulässig. Für die Hilfsanträge zu 2. und 6. ergebe sich die Möglichkeit eines Anspruches aus § 25 Abs. 2 EG-FGV. Der Inhalt der begehrten Nebenbestimmung sei identisch mit dem der Nebenbestimmung, die die Beklagte gegenüber einem anderen Hersteller erlassen habe. Der Antrag zu 2. sei nicht mangels Durchführung eines Vorverfahrens unzulässig, da der Antrag von Anfang an als „Minus“ im Hauptantrag enthalten gewesen sei. Zudem sei das Vorverfahren hier entbehrlich, weil der negative Ausgang bereits jetzt feststehe. Dies habe die Beklagte spätestens mit der Klageerwiderung unmissverständlich zum Ausdruck gebracht. Auch für die Anträge zu 3. und 7.bestehe eine Klagebefugnis. Die Beklagte habe kein Ermessen ausgeübt, obwohl darauf vor dem Hintergrund des Drittschutzes in Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO ein Anspruch bestanden habe. Bezüglich der Hilfsanträge zu 4. und 8. bestehe ein konkretes Feststellungsinteresse des Klägers, wegen des drittschützenden Charakters des Verbots von Abschalteinrichtungen und dem Interesse von Umweltverbänden an einer effektiven Durchsetzung der umweltschützenden Vorschriften des Unionsrechts. Dem Antrag zu 4. liege ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zu Grunde. Der Antrag ziele auf die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten gegenüber der Beigeladenen Aufsichtsmaßnahmen zu ergreifen.

39

Der Klage liege auch ein Rechtsschutzbedürfnis zu Grunde, weil der Klageantrag von Anfang an ersichtlich darauf gerichtet gewesen sei, die Genehmigung für das Emissionskontrollsystem des ... zu beseitigen. Der Kläger habe mangels Informationen durch die Beklagte keine Kenntnis darüber gehabt, welche der Genehmigungen die streitgegenständlichen Einrichtungen legalisieren. Zudem erscheine es vor dem Hintergrund des unmissverständlichen dargelegten Klagebegehrens treuwidrig, dass die Beigeladene nicht sofort verfahrensfördernde Hinweise gegeben habe.

40

Der Schriftsatz vom 20.07.2017 beinhalte entsprechende Anträge wie bezüglich der Gesamtfahrzeugtypgenehmigung nun auch hinsichtlich der Systemgenehmigung ... vom 05.11.2014. Eines erneuten Vorverfahrens bedürfe es seiner Auffassung nach nicht, da das Verhalten der Beklagten mit großer Wahrscheinlichkeit erwarten lasse, dass der Widerspruch erfolglos sein werde.

41

Die Klage sei auch begründet.

42

Hinsichtlich der Hauptanträge (Anträge zu 1. und 5.) habe der Kläger einen Anspruch auf Rücknahme der EG-Typgenehmigung aus § 25 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2 EG-FGV, sowie aus § 48 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Die fehlende Übereinstimmung der manipulierten Fahrzeuge mit dem genehmigten Typ ergebe sich daraus, dass der bei der Prüfung verwendete Prototyp offenbar keine, jedenfalls keine aktivierte Abschalteinrichtung enthalten habe und der Hersteller zu Abschalteinrichtungen keine Angaben gemacht habe. Die Beigeladene habe aber bei Beantragung der Typgenehmigung Angaben zu den Maßnahmen gegen Luftverunreinigungen und dabei insbesondere zur Verwendung einer On-Board-Diagnose und deren Arbeitsweise sowie zu den Leistungsmerkmalen von elektronisch gesteuerten Funktionen machen müssen. Art. 30 Abs. 2 der Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rahmenrichtlinie) stelle klar, dass Abweichungen von den Angaben im EG-Typgenehmigungsbogen oder in der Beschreibungsmappe als Nichtübereinstimmung mit dem genehmigten Typ gelten würden. Die durch die Beigeladene verwendeten Abschalteinrichtungen seien nach Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO unzulässig. Diese Vorschrift sei Teil des Prüfungsprogramms der Typgenehmigung, die nur dann erteilt werden dürfe, wenn die technischen Anforderungen der in Anhang IV zur Rahmenrichtlinie aufgeführten Rechtsakte, wozu auch die Emissions-GrundVO zähle, eingehalten würden. Für die Pflicht zur Offenlegung bzw. Beantragung der Genehmigung von Abschalteinrichtungen spreche auch die materielle Regelung in Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO. Weil die Beigeladene keine Angaben zu den Abschalteinrichtungen gemacht habe, habe sie damit erklärt, dass derartige Funktionen nicht enthalten seien. Daher gelte die erteilte Typgenehmigung folglich nur für Fahrzeuge ohne eine solche Abschalteinrichtung.

43

In dem streitgegenständlichen Fahrzeugtyp seien unzulässige Abschalteinrichtungen im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO vorhanden. Die bloße Drosselung der Abgasreinigung werde vom Begriff der Abschalteinrichtung umfasst. Ein vollständiges Abschalten sei nicht erforderlich. Die Abschalteinrichtungen seien auch nicht ausnahmsweise zulässig, da sie nicht notwendig im Sinne des Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO seien. Eine Notwendigkeit in diesem Sinne bestehe schon dann nicht, wenn es technisch möglich sei, eine funktionierende Abgasreinigung zu konstruieren, die den Motor nicht beschädige. Dass diese technische Möglichkeit bestehe, zeige sich an bereits existierenden Fahrzeugmodellen. Fälle des bloßen Verschleißschutzes seien nicht von dem Ausnahmetatbestand erfasst. Im Übrigen sei es mit dem Regelungszweck des Verbots unvereinbar, wenn das Abgasnachbehandlungssystem während der ganz überwiegenden Betriebszeit ausfalle. Insofern handele es sich bei allen vier festgestellten Abschalteinrichtungen um unzulässige Abschalteinrichtungen, insbesondere handele es sich bei den jeweiligen Fenstern, innerhalb derer das Emissionskontrollsystem nicht vollumfänglich arbeite, um normale Betriebsbedingungen. Eine manipulative Absicht bei Installation der Abschalteinrichtungen sei nicht erforderlich.

44

Entgegen der Auffassung der Beklagten setze eine Feststellung der Nichtübereinstimmung kein Verfahren nach den Anhängen II und III der Durchführungs-VO voraus. Das Rücknahmeermessen sei aus Gründen des Unionsrechts auf Null reduziert. Die verwendeten Abschalteinrichtungen seien als besonders erheblich einzustufen. Aus der Rahmenrichtlinie ergebe sich eine Ergebnisverpflichtung bezüglich der Übereinstimmung mit einem genehmigten Typ. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Beigeladene sich die Typgenehmigung arglistig erschlichen habe.

45

Eine weitere Anspruchsgrundlage ergebe sich aus § 25 Abs. 3 Nr. 2 EG-FGV. Es liege hier ein erhebliches Risiko für die öffentliche Gesundheit und die Umwelt vor. Der Begriff der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit sei drittschützend auszulegen. Auch hier sei das Ermessen auf Null reduziert.

46

Für den Fall, dass sich die Typgenehmigung auf die illegalen Abschalteinrichtungen in der Motorsteuerung erstrecken sollte, diese also legalisieren würde, sei die Typgenehmigung rechtswidrig. In diesem Fall sei sie nach § 48 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 VwVfG zurückzunehmen.

47

Die Begründetheit des Hilfsantrags zu 2. bzw. 6. ergebe sich aus der Anspruchsgrundlage gemäß § 25 Abs. 2 EG-FGV. Auch hier sei das Ermessen auf Null reduziert. Jedenfalls aber der Antrag zu 3. bzw. 7. sei begründet. Die Begründung des Bescheides lasse auf einen Ermessensausfall, zumindest aber auf ein Ermessensdefizit schließen. Die Beklagte verkenne das Wesen des Verwaltungsverfahrens und der Amtsermittlungspflicht.

48

Auf die mit dem Hilfsantrag zu 4. bzw. 8. begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untätigkeit der Beklagten bestehe ein Anspruch, da die Beklagte trotz Verpflichtung zum Einschreiten nicht tätig werde.

49

Die Hilfsanträge zu 9. und 10. hätten auch bei Annahme des Erlöschens der streitgegenständlichen Genehmigungen Erfolg, da eine etwaige Rückrufverfügung sich nicht mit einer Einstellung der Produktion des Modells erledigt hätte.

50

Der Kläger beantragt,

51

1. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2016 zu verpflichten, die Typgenehmigung ... für den ... zurückzunehmen,

52

hilfsweise,

53

2. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2016 zu verpflichten, zur Typgenehmigung ... für den ... folgende nachträgliche Nebenbestimmungen anzuordnen:

54

„Zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der mit dieser Typgenehmigung oder einem ihrer Nachtragsstände genehmigten Aggregate sind die unzulässigen Abschalteinrichtungen (Reduzierung/Abschaltung der Abgasrückführung [AGR] bei Außentemperaturen von unter 17 °C und über 33 °C; Reduzierung/abschalten der Urea-Dosierung oberhalb 145 km/h; Reduzierung der AGR bei Motordrehzahlen oberhalb 2.400 1/min; AGR-Erhöhung erst wieder nach unterschreiten von 1.200 1/min; Reduktion der AGR und der nach Behandlungsmaßnahmen bei Umgebungsdrücken unter 915 mbar) entsprechend Nr. 2.16 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 in Übereinstimmung mit Nr. 5.1.2.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 und Artikel 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 in Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit insbesondere der Emissionen des genehmigten Systems nach der Entfernung dieser zu ergreifen; dies ist durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen.“

55

weiter hilfsweise,

56

3. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2016 zu verpflichten, den Kläger zu seinem Antrag zur Rücknahme der Typgenehmigung ... für den ..., hilfsweise zu Anordnung von Nebenbestimmungen, wie dem des Rückrufs, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden,

57

weiter hilfsweise,

58

4. festzustellen, dass die Untätigkeit der Beklagten wegen der fehlenden Übereinstimmung zwischen dem mit der Typgenehmigung ... genehmigten Fahrzeugtyp und den tatsächlich hergestellten Modellen des ..., rechtswidrig ist.

59

Weiter beantragt der Kläger,

60

5. die Beklagte zu verpflichten, die Systemgenehmigung ... für den ... zurückzunehmen,

61

hilfsweise,

62

6. die Beklagte zu verpflichten, zur Systemgenehmigung ... für den ... folgende nachträgliche Nebenbestimmungen anzuordnen:

63

„Zur Gewährleistung der Vorschriftsmäßigkeit der mit dieser Typgenehmigung oder einem ihrer Nachtragsstände genehmigten Aggregate sind die unzulässigen Abschalteinrichtungen (Reduzierung/Abschaltung der Abgasrückführung [AGR] bei Außentemperaturen von unter 17 °C und über 33 °C; Reduzierung/abschalten der Urea-Dosierung oberhalb 145 km/h; Reduzierung der AGR bei Motordrehzahlen oberhalb 2.400 1/min; AGR-Erhöhung erst wieder nach unterschreiten von 1.200 1/min; Reduktion der AGR und der nach Behandlungsmaßnahmen bei Umgebungsdrücken unter 915 mbar) entsprechend Nr. 2.16 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 in Übereinstimmung mit Nr. 5.1.2.1 der UN/ECE-Regelung Nr. 83 und Artikel 3 Nr. 10 der VO (EG) Nr. 715/2007 in Übereinstimmung mit Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der VO (EG) Nr. 715/2007 zu entfernen und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit insbesondere der Emissionen des genehmigten Systems nach der Entfernung dieser zu ergreifen; dies ist durch Beibringen geeigneter Nachweise zu belegen.“

64

weiter hilfsweise,

65

7. die Beklagte zu verpflichten, den Kläger zu seinem Antrag zur Rücknahme der Systemgenehmigung ... für den ..., hilfsweise zu Anordnung von Nebenbestimmungen, wie dem des Rückrufs, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden,

66

weiter hilfsweise,

67

8. festzustellen, dass die Untätigkeit der Beklagten wegen der fehlenden Übereinstimmung zwischen dem mit der Systemgenehmigung ... genehmigten Fahrzeugtyp und den tatsächlich hergestellten Modellen des ..., rechtswidrig ist.

68

Weiter beantragt der Kläger hilfsweise,

69

9. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2016 zu verpflichten, einen Rückruf des Produkts ... (Typgenehmigung ...) zu verfügen, der sicherstellt, dass die in dem Fahrzeugmodell enthaltenen Abschalteinrichtungen (Reduzierung/Abschaltung der Abgasrückführung [AGR] bei Außentemperaturen von unter 17 °C und über 33 °C; Reduzierung/Abschalten der Urea-Dosierung oberhalb 145 km/h; Reduzierung der AGR bei Motordrehzahlen oberhalb 2.400 1/min; AGR-Erhöhung erst wieder nach Unterschreiten von 1.200 1/min; Reduktion der AGR und der nach Behandlungsmaßnahmen bei Umgebungsdrücken unter 915 mbar) entfernt und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit insbesondere der Emissionen des genehmigten Systems nach der Entfernung dieser Abschalteinrichtungen zu ergreifen sind;

70

weiter hilfsweise,

71

10. die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 08.06.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29.09.2016 zu verpflichten, den Kläger zu einem Rückruf des Produkts ... (Typgenehmigung ...), der sicherstellt, dass die in dem Fahrzeugmodell enthaltenen Abschalteinrichtungen (Reduzierung/Abschaltung der Abgasrückführung [AGR] bei Außentemperaturen von unter 17 °C und über 33 °C; Reduzierung/Abschalten der Urea-Dosierung oberhalb 145 km/h; Reduzierung der AGR bei Motordrehzahlen oberhalb 2.400 1/min; AGR-Erhöhung erst wieder nach Unterschreiten von 1.200 1/min; Reduktion der AGR und der nach Behandlungsmaßnahmen bei Umgebungsdrücken unter 915 mbar) entfernt und geeignete Maßnahmen zur Wiederherstellung der Vorschriftsmäßigkeit insbesondere der Emissionen des genehmigten Systems nach der Entfernung dieser Abschalteinrichtungen zu ergreifen sind, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

72

Außerdem beantragt der Kläger,

73

das Verfahren auszusetzen und die Vorabentscheidung des EuGH zu folgenden Rechtsfragen einzuholen:

74

1. Ist Art. 5 Abs. 2 Satz 2 lit. a) der VO 715/2007/EG so auszulegen, dass eine Ausnahme zum Schutz des Motors dann nicht in Betracht kommt, wenn die Wirkung des Emissionskontrollsystems bei Temperaturen von unter 17 Grad Celsius oder mehr als 33 Grad Celsius, bei Motordrehzahlen von mehr als 2400 U/min (bei einem Wiedereinschalten, wenn die Drehzahl 1200 U/min unterschreitet), bei Geschwindigkeiten von mehr als 145 km/h und/oder Luftdrücken unterhalb von 915 mbar verringert wird?

75

2. Ist Art. 30 Abs. 1 der Richtlinie 2007/46/EG so auszulegen, dass bei einem Verstoß gegen Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007, der durch mehrere kombinierte unzulässige Abschalteinrichtungen zu einer Deaktivierung des Abgasreinigungssystems zu 90-95 % der Betriebszeit führt, die Typgenehmigung zwingend von der zuständigen Behörde zu entziehen ist?

76

3. Ist Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 so auszulegen, dass die Vorschrift einer nach innerstaatlichem Recht anerkannten Umweltvereinigung ermöglicht, die rechtswidrige Verwendung von Abschalteinrichtungen zur Einhaltung der Emissionsgrenzwerte für Kraftfahrzeuge gegenüber den zuständigen Behörden gegebenenfalls unter Anrufung der innerstaatlichen Gerichte durchzusetzen?

77

4. Ist Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 so auszulegen, dass es einer nach innerstaatlichem Recht anerkannten Umweltvereinigung möglich sein muss, jede objektive Verletzung der Norm gerichtlich geltend zu machen?

78

5. Ist Art. 9 Abs. 3 der Aarhus-Konvention so auszulegen, dass die Vorschrift unmittelbare Anwendung findet, wenn die Kriterien zur Anerkennung klageberechtigter Umweltvereinigungen im innerstaatlichen Recht klar geregelt sind und die klagende Umweltvereinigung diese Kriterien erfüllt?

79

Die Beklagte beantragt,

80

die Klage abzuweisen.

81

Sie trägt vor:

82

Dem Kläger fehle die Klagebefugnis. Eine prokuratorische Rechtsstellung eines Umweltverbands setze stets ein Klagerecht einer natürlichen Person voraus. Eine Popularklage sei vom Unionsrecht nicht gefordert. Der Anwendungsbereich des UmwRG sei abschließend geregelt und hier nicht eröffnet. Aus diesem Grund könne der Kläger sich auch nicht auf die von ihm zitierten Entscheidungen des EuGH berufen. Im Übrigen seien die zugrunde liegenden Konstellationen nicht vergleichbar. Eine prokuratorische Rechtsstellung des Klägers sei hier dementsprechend abzulehnen, da die streitgegenständlichen Normen keinen Drittschutz vermittelten. § 25 EG-FGV habe einen erkennbar technischen Bezug und Hintergrund und diene daher nicht den Interessen Dritter. Auch Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO habe keine drittschützende Wirkung. Die Vorschrift sei primär vor dem Hintergrund der Errichtung und der Funktionalität des Binnenmarktes zu betrachten. Die Vorgaben der Aarhus-Konvention seien durch das UmwRG a.F. vollständig umgesetzt worden. Darüber hinaus bedürfe es keiner unmittelbaren Bezugnahme auf die Konvention, ebenso wenig auf die Rechtsprechung des EuGH, insbesondere weil die vom Kläger zitierte Entscheidung des EuGH zum „slowakischen Braunbär“ zeitlich vor der Ergänzung des UmwRG aus 2013 liege und insoweit eine gesetzgeberische Entscheidung in Kenntnis dieser Rechtsprechung vorliege. Ein prokuratorisches Klagerecht sei mangels Drittschutz des Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO abzulehnen. Aus dem Gesamtkontext der Norm werde deutlich, dass der Regelungshintergrund der Verordnung ein binnenmarktbezogener, nicht hingegen ein umweltpolitischer sei.

83

Auch nach der Gesetzesänderung des UmwRG bestehe keine Klagebefugnis zugunsten des Klägers. Die neue Fassung des UmwRG sei bereits nicht anwendbar, da keine Entscheidung vorliege, die nach dem 02.06.2017 ergangen sei oder hätte ergehen müssen. Im Übrigen seien auch die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 UmwRG n.F. nicht gegeben. Die Zulassung von Fahrzeugen sei in der Gesetzesbegründung nicht erwähnt, obwohl der Gesetzentwurf zeitlich nach Bekanntwerden des sogenannten Dieselskandals verfasst wurde. Dies spreche für die gewollte Beschränkung des Anwendungsbereichs auf Vorhaben im planungsrechtlichen Sinne.

84

Darüber hinaus sei die Klage unbegründet. Wie bereits im Widerspruchsbescheid ausgeführt, stehe bislang nicht fest, dass in dem streitgegenständlichen Fahrzeugmodell unzulässige Abschalteinrichtungen vorhanden seien. Das entsprechende Verwaltungsverfahren der Beklagten gegenüber der Beigeladenen sei noch nicht abgeschlossen und dauere aufgrund der Komplexität und Tragweite der Gesamtthematik noch an. Die vom Kläger vorgelegte Studie sei nicht dazu geeignet, einen Nachweis für das Vorliegen von unzulässigen Abschalteinrichtungen zu erbringen. Selbst wenn eine unzulässige Abschalteinrichtung vorläge, wäre eine Rücknahme der EG-Typgenehmigung wegen möglicher milderer Mittel ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Allein das Entschließungsermessen sei gemäß Art. 30 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie auf Null reduziert, wenn eine Nichtübereinstimmung feststehe. Bezüglich des Auswahlermessens sei unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht ersichtlich, warum eine Rücknahme der Typgenehmigung zwingend sei. Der Antrag zu 2. sei bereits deshalb unzulässig, weil der Kläger diesbezüglich nicht das notwendige Vorverfahren durchgeführt habe. Der Antrag zu 3. könne keinen Erfolg haben, da die Bescheidungen der Beklagten noch ausstehen würden. Der Antrag zu 4. sei unzulässig, weil es dem Kläger an dem erforderlichen Feststellungsinteresse sowie am Rechtsschutzbedürfnis fehle. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet, da der Beklagten keine Untätigkeit vorgeworfen werden könne. Seit Ende 2015 bzw. Anfang 2016 führe die Beklagte ein Verwaltungsverfahren gegen die Beigeladene, welches jedoch noch nicht abgeschlossen sei.

85

Nach Auffassung der Beklagten sei die Softwarefunktionalität entscheidend für die Funktionsfähigkeit des Emissionssystems und die Einhaltung der gesetzlichen Emissionsgrenzwerte im NEFZ. Daher gehöre auch die Softwarefunktion zum genehmigten Umfang des Systems. Ob die von der Beigeladenen verwendete Technik eine Abschalteinrichtung darstelle, könne noch nicht abschließend beantwortet werden. Die sogenannten Thermofenster seien grundsätzlich technisch begründbar, die konkrete Temperatur müsse in Abhängigkeit von der konkreten Ausführung bestimmt werden.

86

Die Beigeladene beantragt,

87

die Klage abzuweisen.

88

Sie macht geltend, dem Kläger fehle die erforderliche Klagebefugnis. Der Anwendungsbereich des UmwRG a.F. sei nicht eröffnet. Er könne auch nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht im Wege der Analogie im Lichte des Art. 9 Abs. 3 AK erweitert werden. Art. 9 Abs. 3 AK sei wegen des darin enthaltenen Ausgestaltungsvorbehalts nicht unmittelbar anwendbar. Ein prokuratorisches Klagerecht des Klägers bestehe mangels Klagerechts einer natürlichen Person hier nicht. Denn vorliegend fehle es an einem subjektiven Recht, das einer natürlichen Person einen Anspruch auf Widerruf der streitgegenständlichen EG-Typgenehmigung einräume. Es liege kein hinreichend qualifiziertes und individualisiertes Betroffensein einzelner natürlicher Personen durch eine EG-Typgenehmigung vor. Es fehle zudem eine unmittelbare Betroffenheit durch einen räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Emissionen. Zudem bestehe ein Unterschied zu den Immissionen von ortsfesten Anlagen.

89

Eine Klagebefugnis ergebe sich auch nicht aus den am 02.06.2017 in Kraft getretenen Änderungen des UmwRG. Die Tatbestandsvoraussetzungen von § 2 Abs. 1 Satz 1 iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 6 UmwRG lägen nicht vor. Bereits der zeitliche Anwendungsbereich sei nicht eröffnet, weil Entscheidungen, die vor dem 02.06.2017 ergangen seien oder hätten ergehen müssen, ausdrücklich aus dem Anwendungsbereich ausgenommen seien. Die Beklagte hätte hier nach dem Begehren des Klägers die EG-Typgenehmigungen vor dem Stichtag zurücknehmen müssen. Darüber hinaus falle der angegriffene Bescheid auch in sachlicher Hinsicht nicht unter den Tatbestand von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 6 UmwRG. Der Begriff des Vorhabens sei aus dem Planungsrecht übernommen worden. Er erfasse nur Anlagen und Maßnahmen, die unmittelbar in Natur und Landschaft eingreifen würden. Produktbezogene Genehmigungen wie die EG-Typgenehmigung würden nicht darunter fallen. Dies ergebe sich aus der Gesetzesbegründung. Auch handele es sich bei der Rücknahme einer Typgenehmigung nicht um eine Überwachungs- oder Aufsichtsmaßnahmen zur Umsetzung oder Durchführung von Entscheidungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und Nr. 1 bis 5 UmwRG. Einer analogen Auslegung stehe der ausdrückliche Regelungswille des Gesetzgebers entgegen. Die Empfehlungen des Compliance Committees seien nicht bindend. Im Übrigen verlange § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwRG, dass die Verletzung von umweltbezogenen Vorschriften geltend gemacht werde. Solche Vorschriften seien hier nicht betroffen. Ein prokuratorisches Klagerecht des Klägers bestehe mangels Klagerechts einer natürlichen Person nicht. Auch aus Art. 47 EU-Grundrechte Charta folge keine Klagebefugnis des Klägers. Der Kläger habe insbesondere nicht das Bestehen eines für eine Klagebefugnis nach Art. 47 EU-Grundrechte Charta erforderlichen unionsrechtlichen Rechtes dargelegt.

90

Der Klageantrag zu 4. bzw. 8. sei unzulässig, da kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis vorliege. Die Qualifizierung eines Handelns als rechtswidrig oder nichtig falle jedenfalls nicht unter solche Rechtsverhältnisse. Zudem stehe dem Klageantrag die Subsidiarität der Feststellungsklage entgegen, da die vom Kläger verfolgten Begehren im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen seien.

91

Außerdem fehle dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis. Die vom Kläger mit der vorliegenden Klage angegriffenen Komponenten des Emissionskontrollsystems für den Typ ... seien nicht erst durch die streitgegenständliche Gesamtfahrzeugsgenehmigung genehmigt worden, sondern bereits durch die Systemgenehmigung ... vom 05.11.2014, geändert mit Nachtrag vom 01.08.2016, .... Da die Typgenehmigungen, sowohl die Genehmigungen für das Gesamtfahrzeug als auch die Systemgenehmigungen, wegen der endgültigen Einstellung der Produktion gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 EG-FGV erloschen seien, sei die Klage gegenstandslos geworden. Jedenfalls habe der Kläger ursprünglich gegen die falsche Genehmigung geklagt. Die nachträgliche Einbeziehung der Systemgenehmigung sei eine unzulässige Klageänderung, der die Beigeladene ausdrücklich widerspreche. Es handele sich um eine Ergänzung um einen rechtlich eigenständigen Streitgegenstand, was prozessual eine Klageänderung beinhalte. Diese sei nicht sachdienlich. Insbesondere stellten sich hier unterschiedliche Zulässigkeitsfragen aufgrund des früheren Datums der Systemgenehmigung.

92

Die Klage sei im Übrigen auch unbegründet.

93

Die Voraussetzungen des § 25 Abs. 3 EG-FGV lägen nicht vor. Es liege bereits keine Nichtübereinstimmung mit dem genehmigten Typ vor. Bei der Frage der Nichtübereinstimmung sei lediglich auf die formelle Legalität abzustellen, d.h. die Übereinstimmung der in Betrieb befindlichen Fahrzeuge mit den Angaben im Beschreibungsbogen und der Beschreibungsmappe. Ob die materiellen Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO vorlägen, sei bei § 25 Abs. 3 EG-FGV nicht zu prüfen. Der Unterschied werde relevant, wenn Fahrzeuge den Vorgaben einer Typgenehmigung entsprächen, die unter Verstoß gegen materielle Vorgaben und damit rechtswidrig ergangen sei. In diesen Fällen käme nur eine Rücknahme nach § 48 VwVfG in Betracht. Hier liege keine Abweichung von den Angaben im Beschreibungsbogen und in der Beschreibungsmappe der Typgenehmigung vor. Der Hersteller habe im Antrag lediglich die Angaben nach Anhang I zur Rahmenrichtlinie Anlage 3, Ziffer 3.2. 12.2.1.11. zu machen, dies sei hier auch erfolgt. Die Verpflichtung zur Offenlegung von Emissionsstrategien sei erst mit der Verordnung Nr. 2016/646 der Kommission vom 20.04.2016 zur Änderung der Verordnung Nr. 692/2008 eingeführt worden. Erst ab diesem Zeitpunkt seien Fahrzeughersteller verpflichtet, sogenannte Auxiliary Emission Strategies (AES) und Base Emission Strategies (BES) anzugeben.

94

Auch seien die streitgegenständlichen Genehmigungen rechtmäßig. Das umgerüstete Emissionskontrollsystem enthalte keine unzulässigen Abschalteinrichtungen. Der streitgegenständliche Fahrzeugtyp ... halte die maßgeblichen Emissionsgrenzwerte, nämlich die nach dem NEFZ-Verfahren, ein. Auf eine etwaige Grenzwertüberschreitung durch das Fahrzeug im Realbetrieb komme es nicht an. Die Beigeladene habe auch keine Abschalteinrichtungen verwendet. Es sei keine Erkennung des Rollenprüfstands installiert, auch die weiteren Parametrierungen in der Motorsteuerung stellten keine Abschalteinrichtungen dar. Diese seien notwendig, um den störungsfreien Betrieb des Motors und der Abgasnachbehandlungssysteme zu erreichen und um Schäden am Motor und seinen Bauteilen im Kundenbetrieb zu vermeiden. Auch meine der Kläger zu Unrecht, dass der heutige Stand der Technik, also im Jahr 2016, maßgeblich sei. Nach alledem könne auch nicht von einem arglistigen Erschleichen der Typgenehmigung die Rede sein.

95

Aus der freiwilligen Nachrüstaktion könne nicht geschlossen werden, dass die zuvor getroffenen Maßnahmen unzureichend und nicht zulässig gewesen seien. Über die Parametrierung des Emissionskontrollsystems hätten im Entwicklungszeitraum noch keine Erfahrungswerte aus dem Wirkbetrieb der Fahrzeuge der Beigeladenen vorgelegen. Bis heute existierten keine rechtlichen Standards, so dass den Herstellern ein Einschätzungsspielraum, in dessen Rahmen sie befugt seien, aus Gründen des Motorschutzes und der Verkehrssicherheit gewisse Sicherheitsabstände zu setzen, zuerkannt werden müsse. Maßgeblich für die damals entwickelten Strategien könne nur eine ex-ante Betrachtung sein.

96

Bei den Parametrierungen der Motorsteuerung handele es sich nicht um unzulässige Abschalteinrichtungen. Der Kläger gehe fälschlicherweise davon aus, dass die NEFZ-Grenzwerte auch im beliebigen praktischen Fahrbetrieb eingehalten werden müssten. Auch müsse nach Auffassung der Beigeladenen der Begriff der „normalen Betriebsbedingungen“ im Zusammenhang mit den NEFZ-Prüfbedingungen verstanden werden. Jedenfalls aber sei selbst bei Annahme einer Abschalteinrichtung diese zulässig nach Art. 5 Abs. 2 Satz 2 a) der Emissions-GrundVO. Die Parametrierungen der Motorsteuerung verhinderten Rußablagerungen und schützten so langfristig den Motor vor Schäden. Auch werde ein möglicher Leistungsabfall verhindert, der gegebenenfalls die Verkehrssicherheit gefährden könnte. Jedenfalls sei es nach dem damaligen Erkenntnisstand vertretbar gewesen, die Parametrierungen der Motorsteuerung zu programmieren.

Entscheidungsgründe

97

Die Klage ist unzulässig. Zwar handelt es sich bei den Anträgen hinsichtlich der Systemgenehmigung nicht um eine unzulässige Klageänderung. Vielmehr liegt nach dem klägerischen Begehren eine nach § 44 VwGO zulässige objektive Klagehäufung vor.

98

Allerdings fehlt dem Kläger sowohl hinsichtlich der Anträge zu 1. und 5. als auch hinsichtlich der Hilfsanträge zu 2., 3., 6., 7., 9. und 10. die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis. Weder liegt eine gesetzliche Bestimmung nach § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO vor (1.), noch kann der Kläger nach § 42 Abs. 2 Hs. 2 VwGO eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen (2.). Auch folgt keine Klagebefugnis des Klägers unmittelbar aus dem Unionsrecht (3.). Die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untätigkeit der Beklagten (Anträge zu 4. und 8.) sind ebenfalls unzulässig wegen der fehlenden Klagebefugnis (4.).

1.

99

Zunächst liegt keine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO vor, aufgrund derer dem Kläger ein Klagerecht unabhängig von der Betroffenheit in eigenen Rechten vermittelt wird. Nach dieser Vorschrift wird die Sachurteilsvoraussetzung der Klagebefugnis unter den Vorbehalt einer anderweitigen gesetzlichen Bestimmung gestellt. Aus einer solchen gesetzlichen Bestimmung kann sich ausnahmsweise – entgegen dem § 42 Abs. 2 VwGO zu Grunde liegenden Grundsatzes des Individualrechtsschutzes – auch ohne einen Individualbezug des Klägers zum streitigen Sachverhalt ein Klagerecht aufgrund der jeweiligen gesetzgeberischen Entscheidung ergeben (Wahl/Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL Oktober 2016, § 42 Rn. 37). Weder aus dem UmwRG noch aus der Aarhus-Konvention ergibt sich eine derartige Bestimmung.

a)

100

Der Kläger ist nicht gemäß § 2 Abs. 1 UmwRG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG n.F. klagebefugt. Der Anwendungsbereich der umweltrechtlichen Verbandsklage ist vorliegend nicht eröffnet. Das UmwRG dient ausweislich seiner amtlichen Bezeichnung (Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003/35/EG) der Umsetzung der zwingenden Vorgaben der genannten Richtlinie. Diese Richtlinie dient ihrerseits unter anderem der Umsetzung von Art. 9 Abs. 2 und 4 AK. Dem UmwRG liegt das Prinzip eines enumerativ abschließenden Katalogs von rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen zu Grunde (vgl. zur alten Fassung des UmwRG: BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12, Rn. 31 – BVerwGE 147, 312-329). Fällt die streitgegenständliche Entscheidung nicht unter den normierten Katalog, so ist das UmwRG in aller Regel auch nicht analog anwendbar.

101

Die Voraussetzungen der hier einzig in Betracht kommenden rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen nach § 1 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 UmwRG liegen nicht vor. Die Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 Nr. 5 UmwRG setzt einen Verwaltungsakt oder einen öffentlich-rechtlichen Vertrag, durch den ein anderes als in Nr. 1 bis 2b genanntes „Vorhaben“ unter Anwendung umweltbezogener Rechtsvorschriften zugelassen wird, voraus. Insofern bedient sich der Gesetzgeber hier des aus dem Planungsrecht entnommenen Vorhabenbegriffs. In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich auf die Begriffsbestimmung von § 2 Abs. 2 UVPG a.F. verwiesen, an der sich auch der Vorhabenbegriff des UmwRG orientieren soll (vgl. BT-Drucks. 18/9526, S. 36). Der Vorhabenbegriff gemäß § 2 Abs. 2 UVPG a.F. ist in Umsetzung des Begriffs „Projekt“ aus Art. 1 Abs. 2 der UVP-Richtlinie 85/337/EWG i.d.F. der Richtlinie 2011/92/EU vom 13.12.2011 definiert worden (OVG Schleswig Beschl. v. 28.10.2014 – 1 MB 5/13, BeckRS 2015, 41994). Danach ist ein Vorhaben die Errichtung und der Betrieb einer technischen Anlage, der Bau einer sonstigen Anlage, die Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme bzw. die Änderung, einschließlich der Erweiterung der Lage, der Beschaffenheit oder des Betriebs einer technischen Anlage, der Lage oder der Beschaffenheit einer sonstigen Anlage, der Durchführung einer sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme. Aus der Gesetzesbegründung der aktuellen Fassung des UVPG (BT-Drs. 18/11499, S. 75) ergibt sich aufgrund der exemplarischen Aufzählung von sonstigen Anlagen, dass der Gesetzgeber der Regelung lediglich ortsfeste Anlagen zu Grunde gelegt hat. In Bezug auf den über den Anlagenbegriff hinausgehenden Auffangtatbestand der sonstigen in Natur und Landschaft eingreifenden Maßnahme werden ausschließlich unmittelbar eingreifende Maßnahmen genannt (vgl. auch Appold, in: Hoppe u. a., UVPG, 2012, § 2 Rn. 77).

102

Nach diesen Maßgaben fallen die Erteilung einer EG-Typgenehmigung für Kraftfahrzeuge sowie diesbezügliche Folgemaßnahmen nicht unter den Vorhabenbegriff im Sinne des UmwRG n.F. (ebenso Schlacke, NVwZ 2017, 905, die davon ausgeht, dass der gesamte Produktbereich vom novellierten Entscheidungsbegriff des § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG nicht erfasst werde, also etwa Zulassungsentscheidungen für Kraftfahrzeuge nicht umweltrechtsbehelfsfähig seien). Das zeigt auch der Vergleich zu den in § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 2b UmwRG genannten Vorhaben, auf die sich Nr. 5 im Grundsatz bezieht („andere als in den Nummern 1 bis 2b genannte Vorhaben“). Weder der genehmigte Fahrzeugtyp noch das konkrete Fahrzeug, das aufgrund der EG-Typgenehmigung und der Übereinstimmungsbescheinigung für den Betrieb zugelassen wird, stellen Anlagen im oben genannten Sinne dar. Auch erfolgt durch die Genehmigung des Fahrzeugtyps und auch durch die Zulassung eines konkreten Fahrzeugs kein unmittelbarer Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des UVPG.

103

Der Begriff des Vorhabens im Sinne dieser Vorschrift kann entgegen der Auffassung des Klägers auch nicht im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH so weit ausgelegt werden, dass die Erteilung einer EG-Typgenehmigung bzw. einer Systemgenehmigung vom Anwendungsbereich umfasst ist. Zwar hat ein nationales Gericht nach Rechtsprechung des EuGH zu Art. 9 Abs. 3 AK (vgl. EuGH, Urteil vom 8. März 2011 - Rs. C-240/09, Lesoochranárske zuskupenie VLK - "slowakischer Braunbär" - Slg. 2011, I-1255) das nationale Recht im Hinblick auf die Gewährung eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in den vom Umweltrecht der Union erfassten Bereichen so auszulegen, dass es so weit wie möglich im Einklang mit den in Art. 9 Abs. 3 AK festgelegten Zielen steht. Diese können aufgrund des weit gefassten Wortlauts von Art. 9 Abs. 3 AK („von Privatpersonen und Behörden vorgenommenen Handlungen und begangenen Unterlassungen“) auch dahingehend verstanden werden, dass eine Begrenzung des Anwendungsbereichs auf den planungsrechtlichen Vorhabenbegriff zu eng ist, jedenfalls ist eine solche Einschränkung in der Konvention nicht angelegt. Allerdings ist zu beachten, dass auch, wenn insoweit den nationalen Gerichten zur Durchsetzung des Umweltrechts der Union aufgegeben wird, interpretationsfähige Vorschriften auch in diesem Lichte auszulegen, dieser Auftrag dennoch den Vorbehalt enthält, die Auslegung nur „so weit wie möglich“ vorzunehmen und dass die Vorschriften „interpretationsfähig“ sein müssen. Dieser Vorbehalt hindert die Gerichte auf der anderen Seite daran, über das Unionsrecht die nationalen Vorschriften im Wege einer methodisch unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem – also auch über die Wortlautgrenze hinaus – auszulegen. Eine solche Auslegung ist im Unionsrecht nicht angelegt (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 – und Urteil vom 01. April 2015 – 4 C 6.14 – Rn. 34 f., BVerwGE 152, 10-26; ebenso Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03. Januar 2017 – 2 M 118/16 – Rn. 14, juris; vgl. auch EuGH, Urteile vom 4. Juli 2006 - Rs. C-212/04, Adeneler - Slg. 2006, I-6057 Rn. 110 und vom 16. Juni 2005 - Rs. C-105/03, Pupino - Slg. 2005, I-5285 Rn. 44, 47).

104

In Anwendung dieser Maßstäbe ist hier eine Erweiterung des Vorhabenbegriffs auf das streitgegenständliche Genehmigungsverfahren nicht möglich. Aufgrund des nach dem Verständnis der Kammer klar definierten Begriffs eines Vorhabens würde eine Ausweitung auf den vorliegenden Sachverhalt die Wortlautgrenze überschreiten und sich im Bereich einer unzulässigen richterlichen Rechtsfortbildung bewegen.

105

Auch eine Pflicht zur richtlinienkonformen Rechtsfortbildung besteht – unabhängig von der Wortlautgrenze – nicht. Denn eine solche setzt eine hinreichend bestimmte, klare, genaue und unbedingte, im Grundsatz unmittelbar anwendbare unionsrechtliche Vorschrift voraus (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –; OVG Lüneburg, Beschluss vom 21. Juni 2016 – 12 LA 74/15 –, juris). Art. 9 Abs. 3 AK stellt jedoch keine solche unionsrechtliche Vorschrift dar. Im Gegensatz zu Art. 9 Abs. 2 AK ist Abs. 3 bislang nicht auf unionsrechtlicher Ebene umgesetzt worden. Der sich aus dem Grundgesetz ergebende Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Dieses Prinzip genießt zwar Verfassungsrang, es beinhaltet jedoch keine verfassungsrechtliche Pflicht zur uneingeschränkten Befolgung aller völkerrechtlichen Normen; allgemeine Regeln des Völkerrechts zur innerstaatlichen Erfüllung von Vertragspflichten existieren nicht (BVerfG, Beschluss vom 15. Dezember 2015 – 2 BvL 1/12 –, juris, Rn. 61 ff.). Nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist im Rahmen geltender methodischer Grundsätze von mehreren möglichen Auslegungen eines Gesetzes grundsätzlich eine völkerrechtsfreundliche zu wählen (BVerfG a.a.O., Rn. 71). Dabei sind allerdings stets die methodischen Grenzen der Gesetzesauslegung zu beachten. Auch in Bezug auf die völkerrechtsfreundliche Auslegung und auch nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besteht insoweit der Vorbehalt, dass die Auslegung noch methodisch vertretbar sein muss. Eine solche Auslegung ist hier angesichts des klar definierten Vorhabenbegriffs nicht möglich. Ebenso kann die Klagebefugnis nicht aus einer unionsrechtskonformen Rechtsfortbildung im Hinblick auf Art. 5 Abs. 2 der Emissions-GrundVO abgeleitet werden. Die Norm trifft keine Aussage bezüglich etwaiger Verfahrensrechte von Umweltvereinigungen oder Privatpersonen.

b)

106

Eine Klagebefugnis ergibt sich auch nicht aus § 2 Abs. 1 UmwRG in Verbindung mit einer analogen Anwendung des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und Nr. 6 UmwRG. Eine Analogie erfordert eine vergleichbare Interessenlage und eine planwidrige Regelungslücke. Planwidrig ist die Regelungslücke nur dann, wenn die in Rede stehende Interessenlage vom Gesetzgeber nicht gesehen wurde oder wegen späterer Veränderung der Umstände nicht gesehen werden konnte (Meissner/Steinbeiß-Winkelmann in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL Oktober 2016, § 173 Rn. 54). Sofern der Gesetzgeber den Sachverhalt grundsätzlich erkannt hat, aber in Bezug auf ihn keinen Regelungsbedarf gesehen hat, sind die geregelten Sachverhalte als abschließend zu betrachten und die Regelungslücke ist nicht als „planwidrig“ einzuordnen. Bezüglich der alten Fassung des UmwRG war nach Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine analoge Anwendung des umweltrechtlichen Verbandsklagerechts ausgeschlossen, da der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des Gesetzes zum Zeitpunkt seiner Verabschiedung als abschließend verstanden habe und sich an diesem Verständnis auch nach der Novellierung nichts geändert habe und es daher an einer planwidrigen Regelungslücke gefehlt habe (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –, Rn. 31 und Urteil vom 19. Dezember 2013 – 4 C 14.12 Rn. 20 – BVerwGE 149, 17).

107

Auch nach der Novellierung des UmwRG 2017 fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke für Sachverhalte außerhalb des in § 1 Abs. 1 Satz 1 UmwRG normierten Katalogs von rechtsbehelfsfähigen Entscheidungen, insbesondere für den Bereich der Produktzulassung, zu dem auch die hier streitgegenständliche Typgenehmigung zählt. Dies ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus der Gesetzesbegründung sowie aus deren Hintergrund und den begleitenden Umständen der letzten Gesetzesänderung. Diese dient u.a. der Anpassung des Gesetzes an die völkerrechtlichen Vorgaben aus Art. 9 Abs. 3 AK, insbesondere im Hinblick auf den Beschluss V/9h der 5. Vertragsstaatenkonferenz zur UN ECE Aarhus-Konvention vom 02. Juli 2014 (abrufbar unter: https://www.unece.org/fileadmin/DAM/env/pp/mop5/Documents/Post_session_docs/Decision_excerpts_in_English/Decision_V_9h_on_compliance_by_Germany.pdf). Der Beschluss bestätigt die Entscheidung des Compliance Committee (ACCC/C/2008/31), welches von den Vertragsparteien mit dem Beschluss I/7 der 1. Vertragsstaatenkonferenz zur Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen des Übereinkommens gemäß Art. 15 AK errichtet wurde (zu den Aufgaben des ACC vgl. The Aarhus Convention: An Implementation Guide, Second Edition 2014, S. 222 ff.). Die endgültige verbindliche Beschlussfassung erfolgt jedoch nicht durch das ACC, sondern durch die Vertragsstaatenkonferenz, das ACC gibt insoweit nur eine Empfehlung ab. Neben der Umsetzung dieses Beschlusses soll die Gesetzesänderung auch dem Urteil des EuGH vom 08. März 2011 Rs. C-240/09 – „Slowakischer Braunbär“ Rechnung tragen (vgl. Gesetzesbegründung, S. 23 f.), wonach Art. 9 Abs. 3 AK zwar keine unmittelbare Wirkung habe, aber das nationale Gericht das jeweilige Verfahrensrecht so weit wie möglich im Einklang mit den Zielen von Art. 9 Abs. 3 AK und dem Ziel eines effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes auszulegen habe.

108

Vor diesem Hintergrund kann weder davon ausgegangen werden, dass die Frage der Anwendbarkeit des UmwRG auf Produktzulassungen übersehen worden ist, noch dass dieser Bereich auch vom Anwendungsbereich umfasst sein sollte und lediglich die konkrete Ausgestaltung des Anwendungsbereichs missglückt ist. Die Problematik des Vorhabenbegriffs im Zusammenhang mit dem Bereich der Produktgenehmigungen ist im Gesetzgebungsverfahren erkannt und erörtert worden (vgl. Wortprotokoll der 91. Sitzung des Ausschuss für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit des Bundestages, abrufbar unter: https://www.bundestag.de/blob/478438/15043ef962e7bba820e9f05ce9edb539/protokoll-18-91-data.pdf). Dabei ist explizit darauf eingegangen worden, dass dieser Bereich nicht vom Vorhabenbegriff umfasst sein dürfte. Auch wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Gesetzesentwurf den gesamten Produktbereich – auch in Bezug auf Kraftfahrzeuge – außen vor lasse. Dennoch ist an der Regelungstechnik des enumerativen Katalogs und an dem Vorhabenbegriff festgehalten worden. Ausdrücklich wird in der Gesetzesbegründung von einer Übertragung des Art. 9 Abs. 3 AK in Form einer Generalklausel abgesehen, da dies nach Auffassung des Gesetzgebers mit weiter gehenden Abgrenzungsschwierigkeiten und Rechtsunsicherheit verbunden wäre (Gesetzesbegründung, S. 37). Ungeachtet der Frage, ob Art. 9 Abs. 3 AK die Vertragstaaten aufgrund seiner relativ weiten Formulierung zu einer generalklauselartigen Umsetzung verpflichtet, war eine solche Umsetzung offenkundig nicht vom Gesetzgeber gewollt. Bestätigt wird diese Annahme der vom Gesetzgeber gewollten Beschränkung auf den Vorhabenbegriff auch durch den Umstand, dass das ACC dies ausdrücklich in seinem dem Gesetzgebungsverfahren begleitenden Fortschrittskontrollbericht (Second progress review of the implementation of decision V/9h on compliance by Germany with its obligations under the Convention, 01.02.2017, S. 8, Rn. 47) in Bezug auf Emissionsgrenzwerte von Kraftfahrzeugen problematisiert hat. Dennoch hat die Bundesregierung für die BRD als betroffene Vertragspartei mit Stellungnahme vom 15.03.2017 (Fourth Progress Report by the Federal Government concerning the implementation of decision V/9h on compliance by the Federal Republic of Germany with obligations under the UN ECE Aarhus Convention, S. 11 f.) lediglich hinsichtlich der Frage der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs “umweltbezogene Vorschriften” klarstellend Stellung bezogen und ausdrücklich an dem auf „Vorhaben“ begrenzten Anwendungsbereich festgehalten.

109

Eine planwidrige Regelungslücke ergäbe sich auch dann nicht, wenn die mit der Gesetzesänderung erfolgte Umsetzung des Art. 9 Abs. 3 AK nicht mit den völkerrechtlichen Vertragspflichten im Einklang stünde und insofern eine weitergehende Umsetzung noch ausstünde (letzteres wurde zumindest durch das ACC als möglich angedeutet, auch in Bezug auf Entscheidungen in Zusammenhang mit Emissionsgrenzwerten von Kraftfahrzeugen: Bericht des ACC vom 31.07.2017 (ECE/MP.PP/2017/40), S. 11 Rn. 48-50, eine verbindliche Entscheidung der Vertragsstaatenkonferenz liegt indes bisher noch nicht vor). Denn eine solche Sachlage würde zwar gegebenenfalls auf völkerrechtlicher Ebene Konsequenzen nach sich ziehen. Sie führt jedoch nicht zu einer Pflicht der nationalen Gerichte einer Rechtsfortbildung im völkerrechtskonformen Sinne, insbesondere wenn dies eine Auslegung entgegen dem Gesetzeswortlaut erfordert bzw. eine analoge Anwendung trotz Vorliegens einer bewussten Regelungslücke (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –, Rn. 36). Wenn dies bereits – wie sich aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ergibt – für den Fall gilt, dass Art. 9 Abs. 3 AK durch den Gesetzgeber überhaupt nicht umgesetzt ist, also bereits ein Defizit bezüglich des „ob“ besteht, dann muss dies erst Recht dann gelten, wenn zwar eine Umsetzung durch den nationalen Gesetzgeber erfolgt ist, diese aber ggf. „nur“ in ihrem Umfang unzulänglich ist.

c)

110

Aus diesen Gründen kann die Frage des zeitlichen Anwendungsbereichs des UmwRG n.F. aufgrund der Überleitungsvorschrift des § 8 Abs. 2 UmwRG n.F. iVm § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 und 6 UmwRG n.F. dahinstehen. Insbesondere hängt die Frage, ob die EG-Typgenehmigung bereits am 02.06.2017 Bestandskraft erlangt hatte, auch davon ab, ob dem Kläger zuvor ein Verbandsklagerecht zustand. Da aber nach Auffassung der Kammer weder nach dem UmwRG a.F. noch nach der aktuellen Fassung eine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO vorliegt, kann offenbleiben, welche Fassung auf den hier vorliegenden Sachverhalt anwendbar ist.

d)

111

Auch Art. 9 Abs. 3 AK selbst vermittelt dem Kläger keine Klagebefugnis. Art. 9 Abs. 3 AK ist keine gesetzliche Bestimmung im Sinne des § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO, da diese Bestimmung nicht unmittelbar anwendbar ist, sondern die Durchführung und Wirkung vom Erlass eines weiteren Rechtsakts abhängen (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –, Rn. 37; Urteil vom 18. Dezember 2014 – 4 C 35.13 –, juris; ebenso BayVGH, Urteil vom 14.03.2017 – 22 B 17.12 -, juris; Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03. Januar 2017 – 2 M 118/16 – Rn. 15, juris; vgl. dazu auch EuGH, Urteil vom 08. März 2011 Rs. C-240/09, Rn. 45, 52). Deshalb kann auch Art. 9 Abs. 3 AK nicht Bezugspunkt einer unionsrechtlich geforderten Auslegung sein, die diese Norm anwendbar macht (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –). Im Übrigen hätte es der vom Bundesverwaltungsgericht geschaffenen Figur des prokuratorischen Klagerechts auch nicht bedurft, wenn Art. 9 Abs. 3 AK unmittelbar anwendbar wäre.

2.

112

Der Kläger ist nicht nach § 42 Abs. 2 Hs. 2 VwGO klagebefugt.

113

Die Klagebefugnis, die die Geltendmachung einer Verletzung eigener Rechte des Klägers zur Zulässigkeitsvoraussetzung macht, ist Ausdruck des subjektiv-rechtlich ausgeprägten Individualrechtsschutzsystems der Verwaltungsgerichtsordnung. Vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen ist sowohl demjenigen, der sich zum Sachwalter der Allgemeinheit macht, als auch demjenigen, der lediglich ein wie auch immer geartetes Interesse vorzubringen vermag, der Zugang zu den Verwaltungsgerichten verwehrt. Nach Auffassung der Kammer ist – auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EuGH und des Bundesverwaltungsgerichts zu Art. 9 Abs. 3 AK – an dieser grundlegenden Entscheidung des Gesetzgebers bezüglich des Rechtsschutzsystems festzuhalten (im Ergebnis wohl ebenso: Rennert, DVBl 2015, 793). Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze steht dem Kläger keine Klagebefugnis zu. Weder kann er eine Verletzung eigener Rechte geltend machen, noch besteht ein prokuratorisches Klagerecht des Klägers nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.

a)

114

Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichts hat im Hinblick auf Immissionsgrenzwertüberschreitungen entschieden, dass wegen des vom Gesetz bezweckten Schutzes der menschlichen Gesundheit daraus ein Klagerecht für die unmittelbar betroffenen natürlichen Personen folge (BVerwG, Urteil vom 05. September 2013 – 7 C 21.12 –, Rn. 41 ff.). Aus der vom Unionsrecht gebotenen erweiternden Auslegung der subjektiven Rechtspositionen folge im Weiteren, dass auch „unmittelbar betroffenen juristischen Personen“ ein solches Klagerecht zustehe (bezugnehmend auf EuGH, Urteil vom 25. Juli 2008 – Rs. C-237/07 – Janecek). Diese könnten fremde Interessen zum eigenen Anliegen machen. Zu diesen unmittelbar betroffenen juristischen Personen gehörten auch die nach § 3 UmwRG anerkannten Umweltverbände, ihnen sei durch § 47 Abs. 1 BImSchG ein Klagerecht eingeräumt. Dies müsse nach Rechtsprechung des EuGH zum „Schutz der den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte“ gewährleistet werden.

115

Nach Auffassung der Kammer setzt die Figur des prokuratorischen Klagerechts demnach ein subjektives Recht einer natürlichen Person voraus (ebenso BVerwG, Urteil vom 12. November 2014 – 4 C 34.13 –, BVerwGE 150, 294-307; BayVGH, Urteil vom 14. März 2017 – 22 B 17.12; OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Mai 2016 – 4 KN 154/13 –, juris, Rn. 53; Lau, NVwZ 2014, 637; Jarass, BImSchG, 12. Auflage 2017, § 47 Rn. 61a; a.A. BayVGH, Urteil vom 28. Juli 2016 – 14 N 15.1870 -, juris, Rn. 45; Schlacke, DVBl. 2015, 929; Bunge ZUR 2014, 3). Dies ergibt sich aus der ausdrücklich erwähnten Koppelung an die aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte von einzelnen Personen. Die Ausdehnung dieser Rechtsfigur auf hinreichend bestimmte, objektive unionsrechtliche Vorschriften ist weder zwingend im Unionsrecht angelegt, noch steht dies im Einklang mit grundlegenden Prinzipien des deutschen Verwaltungsprozessrechts. Zum einen geht auch der EuGH davon aus, dass die unionsrechtskonforme Auslegung des nationalen Rechts nur „soweit wie möglich“ zu erfolgen habe, also insoweit auch diese Auslegung an ihre Grenzen stoßen könne. Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht die prokuratorische Rechtsstellung gerade nicht aus dem Prozessrecht, sondern aus dem materiellen Recht – in dem Fall aus § 47 Abs. 1 BImSchG –, welches in der dort zu entscheidenden Konstellation durch den räumlichen Bezug zum Wirkungsbereich der Immissionen einen Drittschutz vermittelte, entwickelt. Auch ist eine Ausweitung der gesetzlich normierten Fälle der altruistischen Verbandsklagerechte ausdrücklich abgelehnt worden und in Abgrenzung dazu das prokuratorische Klagerecht geschaffen worden. Dies spricht ebenfalls dafür, dass insoweit ein subjektives Klagerecht einer natürlichen Person – in Abgrenzung zur altruistischen Verbandsklage – erforderlich ist. Jedenfalls würde ein solch weites Verständnis des prokuratorischen Klagerechts, unter Einbeziehung objektiver unionsrechtlicher Vorschriften, zu einer Umgehung der Voraussetzungen der durch einen abschließenden Katalog geregelten Verbandsklagerechte führen. Dies würde den dem § 42 Abs. 2 VwGO zu Grunde liegenden Gedanken der eigenen Rechtsverletzung, die nur ausnahmsweise in den gesetzlich normierten Fällen entbehrlich ist, aufweichen und letztlich im Wege richterlicher Rechtsfortbildung eine Interessentenklage zugunsten von Umweltverbänden einführen. Ausweislich der Gesetzesbegründung der Novelle des UmwRG ist dies jedoch vom Gesetzgeber ausdrücklich nicht gewollt. Zwar würde das weitergehende Verständnis des prokuratorischen Klagerechts nicht zur Einführung einer Popularklage führen, da das Klagerecht sich auf gemäß § 3 UmwRG anerkannte Umweltverbände beschränken würde. Jedoch wäre eine solche Auslegung im Lichte des Art. 9 Abs. 3 AK letztlich eine richterrechtliche Umsetzung dieser Vorschrift, die der gesetzgeberischen Entscheidung bezüglich des Umfangs der Umsetzung im novellierten UmwRG widersprechen würde und so gegen das Prinzip der Gewaltenteilung verstoßen würde.

b)

116

Ausgehend von einem engeren Verständnis der Figur des prokuratorischen Klagerechts, welches die Klagebefugnis einer unmittelbar betroffenen natürlichen Person voraussetzt, fehlt es am Vorliegen von dessen Voraussetzungen. Im vorliegenden Fall besteht keine Klagebefugnis einer natürlichen Person, die akzessorisch die Klagebefugnis des Klägers begründen würde. Die hier mögliche Verletzung des in Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Emissions-GrundVO normierten Verbots der Verwendung von Abschalteinrichtungen vermittelt einer natürlichen Person kein subjektives Recht. Die Vorschrift dient nicht dem Individualschutz einzelner Bürger. Das Vorliegen subjektiv-öffentlicher Rechte ist nach deren klassischem Verständnis anhand der Schutznormtheorie zu ermitteln (instruktiv zur Schutznormtheorie: Wahl in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 33. EL Juni 2017, Vorb. zu § 42, Rn. 94 ff.). Danach hängt die Anerkennung subjektiv-öffentlicher Rechte vom Vorliegen eines Rechtssatzes ab, der nicht nur im öffentlichen Interesse erlassen wurde, sondern – zumindest auch – dem Schutz der Interessen einzelner Bürger, in Abgrenzung zur Allgemeinheit, zu dienen bestimmt ist. Maßgeblich ist also der gesetzlich bezweckte Interessenschutz. Fehlt dieser, so handelt es sich bei einer durch die Norm bewirkten Begünstigung des Bürgers um einen bloßen Rechtsreflex. Die individualschützende Wirkung ist durch Auslegung zu ermitteln (Wahl/Schütz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 32. EL Oktober 2016, § 42 Rn. 45). Von der individualschützenden Wirkung abzugrenzen ist ein bloßes Interesse der Allgemeinheit, das nicht vom Einzelnen gerichtlich durchgesetzt werden kann. Eine solche Popularklage ist im Verfahrensrecht nicht angelegt und ist auch in unionsrechtlicher Hinsicht nicht erforderlich (vgl. dazu bzgl. der Klagerechte Einzelner: EuGH (2. Kammer), Urt. v. 15.10.2015 – C-137/14 (Europäische Kommission/Bundesrepublik Deutschland) = NVwZ 2015, 1665). Für einen die Klagebefugnis begründenden Individualschutz einer Norm bedarf es eines erkennbar abgegrenzten Kreises Dritter, auf dessen schutzwürdige Interessen in qualifizierter und zugleich individualisierter Weise Rücksicht zu nehmen ist (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 1977 – IV C 22.75 –, BVerwGE 52, 122-131; Urteil vom 05. August 1983 – 4 C 96.79 –, juris; Urteil vom 06. Oktober 1989 – 4 C 14/87 –, BVerwGE 82, 343-350; Urteil vom 05. August 1983 – 4 C 96.79 –, juris = NJW 1984, 138; ebenso BGHZ 92, 34 (52) = NJW 1984, 2516; 106, 323 = NJW 1989, 976). Im Bereich des Drittschutzes muss sich, um den Drittschutzcharakter der Norm zu bejahen, „aus individualisierenden Tatbestandsmerkmalen der Norm ein Personenkreis entnehmen (lassen), der sich von der Allgemeinheit unterscheidet“ (BVerwG, Urteil vom 16. September 1993 – 4 C 28.91 –, juris und Urteil vom 28. November 2007 – 6 C 42.06 –, BVerwGE 130, 39-52; DÖV 1987, 296 (297); VG Frankfurt ZIP 2002, 1446 (1447)).

117

In Anwendung dieser Maßstäbe ist ein drittschützender Charakter des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Emissions-GrundVO zu verneinen. Zwar dürfte die Vorschrift einen Umweltbezug aufweisen und nicht lediglich eine technische Regelung zur Regulierung des Binnenmarktes sein, da sie einen Bezug auf personale Rechtsgüter zum Schutz der Allgemeinheit aufweist. Dafür sprechen bereits die Erwägungsgründe 1, 4 und 7 der Emissions-GrundVO. Insbesondere wird auf das Programm der EU-Kommission „Clean Air for Europe“ (CAFE), das aufgrund der Mitteilung der Kommission (KOM (2001) 245, endgültig) vom 04.05.2001 eine thematische Strategie für die Luftqualität bildet und demnach auch der menschlichen Gesundheit dient, Bezug genommen.

118

Dies lässt jedoch die Frage unberührt, ob die Norm Individualschutz entfaltet oder lediglich objektives Unionsrecht ist. Aus ihr ergibt sich kein qualifiziert betroffener, von der Allgemeinheit abgrenzbarer Personenkreis. Die von Kraftfahrzeugen ausgestoßenen Schadstoffe haben zwar erhebliche Auswirkungen auf die Allgemeinheit. Mangels besonderen räumlichen Bezugs einzelner natürlicher Personen oder einem anderen besonderen Verhältnis zu den Emissionen ist der Norm aber kein Personenkreis zu entnehmen, der sich entscheidend von der Allgemeinheit abgrenzt. Aus einem Verstoß gegen die Einhaltung der Emissionsvorschriften bei der Genehmigung eines Fahrzeugtyps lässt sich keine individualisierte Betroffenheit einer einzelnen Person ableiten. Auch in Anwendung der vom EuGH geforderten möglichst unionsrechtskonformen Rechtsanwendung ergibt sich keine Klagebefugnis einer natürlichen Person aus Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Emissions-GrundVO. Denn die Anwendung einer solchen Auslegung auf den Fall des rein objektiven Umweltrechts, das vom Einzelnen geltend gemacht wird, hätte letztlich die Einführung der Popularklage zur Folge, was gerade auch nach Rechtsprechung des EuGH nicht erforderlich ist.

119

Entgegen der Auffassung des Klägers kann die Klagebefugnis auch nicht durch eine völkerrechtsfreundliche und unionsrechtsfreundliche Auslegung des § 42 Abs. 2 Hs. 2 VwGO im Lichte des Art. 9 Abs. 3 AK begründet werden. Eine solche Konstruktion hat das Bundesverwaltungsgericht bereits vor der Änderung des UmwRG abgelehnt und die Klagebefugnis ausdrücklich aus dem materiellen Recht – § 47 BImSchG – abgeleitet.

3.

120

Eine Klagebefugnis des Klägers folgt auch nicht unmittelbar aus dem Unionsrecht. Insbesondere folgt dies nicht aus der weiteren Entscheidung des EuGH vom 08. November 2016 – C-243/15 (Lesoochranárske zoskupenie VLK /Obvodný úrad Trencín – „slowakischer Braunbär II“). In diesem Verfahren beruhte das Klagerecht der Umweltschutzorganisation auf Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43 (FFH-Richtlinie) in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 b AK. Insofern war eine Entscheidung streitgegenständlich, die in den Anwendungsbereich von Art. 9 Abs. 2 AK fällt (EuGH a.a.O., Rn. 55 ff.), der im Gegensatz zum Abs. 3 unionsrechtlich umgesetzt worden ist. Eine weitergehende Aussage bezüglich des Anwendungsbereichs von Art. 9 Abs. 3 AK, geschweige denn eine Aussage, wonach eine unmittelbare Anwendung dieser Norm erforderlich wäre, enthält die Entscheidung nicht.

121

Art. 47 der EU-Grundrechtecharta begründet ebenfalls keine Klagebefugnis des Klägers. In dieser Norm kommt der Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes im Unionsrecht zum Ausdruck. Jedoch setzt das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf voraus, dass unionsrechtlich garantierte Rechte oder Freiheiten betroffen sind. Ein solches Recht liegt aber gerade im Hinblick auf den Kläger nicht vor.

4.

122

Auch die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Untätigkeit der Beklagten (Anträge zu 4. und 8.) sind unzulässig. Für diese Anträge ist die Feststellungsklage gemäß § 43 VwGO statthaft. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 1995 – 2 C 32.94 – Rn. 18 m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 – 11 C 13.99 – Rn. 32) ist auf die Feststellungsklage die Vorschrift des § 42 Abs. 2 VwGO entsprechend anzuwenden. Demnach sind auch Feststellungsklagen nur zulässig, wenn es dem Kläger dabei um die Verwirklichung eigener Rechte – vorbehaltlich anderweitiger gesetzlicher Bestimmungen im Sinne des § 42 Abs. 2 Hs. 1 VwGO – geht. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Entsprechend der Ausführungen zur Klagebefugnis hinsichtlich der Verpflichtungsanträge, fehlt es dem Kläger auch bezüglich der Feststellungsanträge an der erforderlichen Klagebefugnis analog § 42 Abs. 2 VwGO.

123

Die Kammer hat im Rahmen des ihr eingeräumten Ermessens davon abgesehen, das Verfahren auszusetzen und die vom Kläger formulierten Vorlagefragen an den EuGH vorzulegen. Zwar wäre eine solche Vorlage zulässig, da die Vorlagefragen Sekundärrecht der Europäischen Union, mithin die Auslegung der Handlungen der Organe im Sinne des Art. 267 Abs. 1 b) des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) betreffen. Da eine Vorlagepflicht nach Art. 267 Abs. 3 AEUV jedoch nur für das Gericht besteht, dessen Entscheidung nicht mehr mit Rechtsmitteln angefochten werden kann, bestand bezüglich der Vorlage ein Ermessen der Kammer, von dem pflichtgemäß Gebrauch zu machen war. Im Rahmen dieses Ermessens war für die Kammer maßgeblich, dass nicht absehbar war, welche Fragen gegebenenfalls in der Rechtsmittelinstanz entscheidungserheblich sein werden. Zur Vermeidung von verschiedenen Vorlagen durch unterschiedliche Instanzen war es deshalb nach Auffassung der Kammer prozessökonomischer, von einer Vorlage abzusehen.

124

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 VwGO. Dabei waren die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen in Anwendung des Rechtsgedankens aus §154 Abs. 3 VwGO für erstattungsfähig zu erklären und dem Kläger aufzuerlegen, da sie einen eigenen Sachantrag gestellt und sich somit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat.

125

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

126

Die Berufung war gemäß §§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Aus demselben Grund war die Sprungrevision gemäß §§ 134 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz, 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.


Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die folgenden jährlichen Freibeträge abzuziehen:

1.
1 800 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderung
a)
von 100 oder
b)
von unter 100 bei Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gleichzeitiger häuslicher oder teilstationärer Pflege oder Kurzzeitpflege;
2.
750 Euro für jedes zu berücksichtigende Haushaltsmitglied, das Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder ihm im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes gleichgestellt ist;
3.
1 320 Euro, wenn
a)
ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied ausschließlich mit einem Kind oder mehreren Kindern Wohnraum gemeinsam bewohnt und
b)
mindestens eines dieser Kinder noch nicht 18 Jahre alt ist und für dieses Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz oder eine in § 65 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannte Leistung gewährt wird;
4.
ein Betrag in Höhe der eigenen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit jedes Kindes eines Haushaltsmitgliedes, höchstens jedoch 1 200 Euro, wenn das Kind ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied und noch nicht 25 Jahre alt ist.

(1)1Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können Menschen mit Behinderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag).2Das Wahlrecht kann für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden.

(2) Einen Pauschbetrag erhalten Menschen, deren Grad der Behinderung auf mindestens 20 festgestellt ist, sowie Menschen, die hilflos im Sinne des Absatzes 3 Satz 4 sind.

(3)1Die Höhe des Pauschbetrags nach Satz 2 richtet sich nach dem dauernden Grad der Behinderung.2Als Pauschbetrag werden gewährt bei einem Grad der Behinderung von mindestens:

20384 Euro,
30620 Euro,
40860 Euro,
501 140 Euro,
601 440 Euro,
701 780 Euro,
802 120 Euro,
902 460 Euro,
1002 840 Euro.


3Menschen, die hilflos im Sinne des Satzes 4 sind, Blinde und Taubblinde erhalten einen Pauschbetrag von 7 400 Euro; in diesem Fall kann der Pauschbetrag nach Satz 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.4Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf.5Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 4 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.

(4)1Personen, denen laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind, erhalten auf Antrag einen Pauschbetrag von 370 Euro (Hinterbliebenen-Pauschbetrag), wenn die Hinterbliebenenbezüge geleistet werden

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder einem anderen Gesetz, das die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes über Hinterbliebenenbezüge für entsprechend anwendbar erklärt, oder
2.
nach den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung oder
3.
nach den beamtenrechtlichen Vorschriften an Hinterbliebene eines an den Folgen eines Dienstunfalls verstorbenen Beamten oder
4.
nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes über die Entschädigung für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit.
2Der Pauschbetrag wird auch dann gewährt, wenn das Recht auf die Bezüge ruht oder der Anspruch auf die Bezüge durch Zahlung eines Kapitals abgefunden worden ist.

(5)1Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, so wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt.2Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen.3Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.4In diesen Fällen besteht für Aufwendungen, für die der Behinderten-Pauschbetrag gilt, kein Anspruch auf eine Steuerermäßigung nach § 33.5Voraussetzung für die Übertragung nach Satz 1 ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.

(6)1Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalenderjahr erhält und der Steuerpflichtige die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt und diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist.2Zu den Einnahmen nach Satz 1 zählt unabhängig von der Verwendung nicht das von den Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangene Pflegegeld.3Als Pflege-Pauschbetrag wird gewährt:

1.
bei Pflegegrad 2600 Euro,
2.
bei Pflegegrad 31 100 Euro,
3.
bei Pflegegrad 4 oder 51 800 Euro.
4Ein Pflege-Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 3 wird auch gewährt, wenn die gepflegte Person hilflos im Sinne des § 33b Absatz 3 Satz 4 ist.5Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war.6Gleiches gilt, wenn die Person die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt.7Sind die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt, kann der Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 1 und 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.8Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.9Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen, geteilt.

(7) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wie nachzuweisen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge vorliegen.

(8) Die Vorschrift des § 33b Absatz 6 ist ab Ende des Kalenderjahres 2026 zu evaluieren.

(1) Das Wohngeld dient der wirtschaftlichen Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens.

(2) Das Wohngeld wird als Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbst genutzten Wohnraum geleistet.

(1)1Wegen der Aufwendungen für die Hilfe bei den gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, für die Pflege sowie für einen erhöhten Wäschebedarf können Menschen mit Behinderungen unter den Voraussetzungen des Absatzes 2 anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Absatz 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag).2Das Wahlrecht kann für die genannten Aufwendungen im jeweiligen Veranlagungszeitraum nur einheitlich ausgeübt werden.

(2) Einen Pauschbetrag erhalten Menschen, deren Grad der Behinderung auf mindestens 20 festgestellt ist, sowie Menschen, die hilflos im Sinne des Absatzes 3 Satz 4 sind.

(3)1Die Höhe des Pauschbetrags nach Satz 2 richtet sich nach dem dauernden Grad der Behinderung.2Als Pauschbetrag werden gewährt bei einem Grad der Behinderung von mindestens:

20384 Euro,
30620 Euro,
40860 Euro,
501 140 Euro,
601 440 Euro,
701 780 Euro,
802 120 Euro,
902 460 Euro,
1002 840 Euro.


3Menschen, die hilflos im Sinne des Satzes 4 sind, Blinde und Taubblinde erhalten einen Pauschbetrag von 7 400 Euro; in diesem Fall kann der Pauschbetrag nach Satz 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.4Hilflos ist eine Person, wenn sie für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen zur Sicherung ihrer persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf.5Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den in Satz 4 genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft zur Hilfeleistung erforderlich ist.

(4)1Personen, denen laufende Hinterbliebenenbezüge bewilligt worden sind, erhalten auf Antrag einen Pauschbetrag von 370 Euro (Hinterbliebenen-Pauschbetrag), wenn die Hinterbliebenenbezüge geleistet werden

1.
nach dem Bundesversorgungsgesetz oder einem anderen Gesetz, das die Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes über Hinterbliebenenbezüge für entsprechend anwendbar erklärt, oder
2.
nach den Vorschriften über die gesetzliche Unfallversicherung oder
3.
nach den beamtenrechtlichen Vorschriften an Hinterbliebene eines an den Folgen eines Dienstunfalls verstorbenen Beamten oder
4.
nach den Vorschriften des Bundesentschädigungsgesetzes über die Entschädigung für Schäden an Leben, Körper oder Gesundheit.
2Der Pauschbetrag wird auch dann gewährt, wenn das Recht auf die Bezüge ruht oder der Anspruch auf die Bezüge durch Zahlung eines Kapitals abgefunden worden ist.

(5)1Steht der Behinderten-Pauschbetrag oder der Hinterbliebenen-Pauschbetrag einem Kind zu, für das der Steuerpflichtige Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Absatz 6 oder auf Kindergeld hat, so wird der Pauschbetrag auf Antrag auf den Steuerpflichtigen übertragen, wenn ihn das Kind nicht in Anspruch nimmt.2Dabei ist der Pauschbetrag grundsätzlich auf beide Elternteile je zur Hälfte aufzuteilen, es sei denn, der Kinderfreibetrag wurde auf den anderen Elternteil übertragen.3Auf gemeinsamen Antrag der Eltern ist eine andere Aufteilung möglich.4In diesen Fällen besteht für Aufwendungen, für die der Behinderten-Pauschbetrag gilt, kein Anspruch auf eine Steuerermäßigung nach § 33.5Voraussetzung für die Übertragung nach Satz 1 ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) des Kindes in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.

(6)1Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem Steuerpflichtigen durch die Pflege einer Person erwachsen, kann er anstelle einer Steuerermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag geltend machen (Pflege-Pauschbetrag), wenn er dafür keine Einnahmen im Kalenderjahr erhält und der Steuerpflichtige die Pflege entweder in seiner Wohnung oder in der Wohnung des Pflegebedürftigen persönlich durchführt und diese Wohnung in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat gelegen ist, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anzuwenden ist.2Zu den Einnahmen nach Satz 1 zählt unabhängig von der Verwendung nicht das von den Eltern eines Kindes mit Behinderungen für dieses Kind empfangene Pflegegeld.3Als Pflege-Pauschbetrag wird gewährt:

1.
bei Pflegegrad 2600 Euro,
2.
bei Pflegegrad 31 100 Euro,
3.
bei Pflegegrad 4 oder 51 800 Euro.
4Ein Pflege-Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 3 wird auch gewährt, wenn die gepflegte Person hilflos im Sinne des § 33b Absatz 3 Satz 4 ist.5Bei erstmaliger Feststellung, Änderung oder Wegfall des Pflegegrads im Laufe des Kalenderjahres ist der Pflege-Pauschbetrag nach dem höchsten Grad zu gewähren, der im Kalenderjahr festgestellt war.6Gleiches gilt, wenn die Person die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt.7Sind die Voraussetzungen nach Satz 4 erfüllt, kann der Pauschbetrag nach Satz 3 Nummer 1 und 2 nicht zusätzlich in Anspruch genommen werden.8Voraussetzung für die Gewährung des Pflege-Pauschbetrags ist die Angabe der erteilten Identifikationsnummer (§ 139b der Abgabenordnung) der gepflegten Person in der Einkommensteuererklärung des Steuerpflichtigen.9Wird ein Pflegebedürftiger von mehreren Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum gepflegt, wird der Pflege-Pauschbetrag nach der Zahl der Pflegepersonen, bei denen die Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 vorliegen, geteilt.

(7) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu bestimmen, wie nachzuweisen ist, dass die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschbeträge vorliegen.

(8) Die Vorschrift des § 33b Absatz 6 ist ab Ende des Kalenderjahres 2026 zu evaluieren.

Bei der Ermittlung des Gesamteinkommens sind die folgenden jährlichen Freibeträge abzuziehen:

1.
1 800 Euro für jedes schwerbehinderte zu berücksichtigende Haushaltsmitglied mit einem Grad der Behinderung
a)
von 100 oder
b)
von unter 100 bei Pflegebedürftigkeit im Sinne des § 14 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und gleichzeitiger häuslicher oder teilstationärer Pflege oder Kurzzeitpflege;
2.
750 Euro für jedes zu berücksichtigende Haushaltsmitglied, das Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung oder ihm im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes gleichgestellt ist;
3.
1 320 Euro, wenn
a)
ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied ausschließlich mit einem Kind oder mehreren Kindern Wohnraum gemeinsam bewohnt und
b)
mindestens eines dieser Kinder noch nicht 18 Jahre alt ist und für dieses Kindergeld nach dem Einkommensteuergesetz oder dem Bundeskindergeldgesetz oder eine in § 65 Absatz 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes genannte Leistung gewährt wird;
4.
ein Betrag in Höhe der eigenen Einnahmen aus Erwerbstätigkeit jedes Kindes eines Haushaltsmitgliedes, höchstens jedoch 1 200 Euro, wenn das Kind ein zu berücksichtigendes Haushaltsmitglied und noch nicht 25 Jahre alt ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.