Verwaltungsgericht Köln Urteil, 15. Juni 2016 - 7 K 3833/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Die am 00.00.0000 in Russland geborene Klägerin stellte unter dem 20.07.1999 einen Antrag auf Aufnahme nach dem BVFG für sich und ihr Adoptivkind I. . Sie gab an, sie sei die uneheliche Tochter von I1. G. und sie sei in der Familie ihres Vaters aufgewachsen. Dem Antrag fügte sie eine Geburtsurkunde vom 14.07.1999 bei. Bei einem Sprachtest bei der Deutschen Botschaft Moskau am 01.10.2001, bei dem die Klägerin ihre Fähigkeit, ein fließendes Gespräch auf Deutsch zu führen, unter Beweis stellte, gab sie an, ihre Original-Geburtsurkunde sei im Jahr 1989 bei einem Brand des Hauses vernichtet worden. Die Klägerin legte zudem eine Bescheinigung der Bezirksabteilung des Innern Priwoksanly, Stadt Tula vom 25.03.2002 vor, nach der das Standesamt mitteilt, dass in der Geburtsstandesakte vom 30.03.1954 für die Klägerin als Vater „G. , I1. , Volkszugehöriger - Deutscher“ verzeichnet sei. In einer Erklärung vom 28.02.2002 versichert Herr I1. G. , dass die Klägerin seine leibliche Tochter sei. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 07.05.2003 abgelehnt, weil nicht festgestellt werden konnte, dass die Klägerin von einem deutschen Staatsangehörigen oder von einem deutschen Volkszugehörigen abstamme. Die als Eltern bezeichneten Personen seien nicht miteinander verheiratet gewesen. Die Geburtsurkunde aus dem Jahr 1999 sei nicht beweisgeeignet, da bei Personenstandsurkunden, die nach dem 01.01.1990 in der ehemaligen Sowjetunion erneut ausgestellt wurden, die Möglichkeit bestanden habe, Nationalitäteneintragungen zu ändern. Die Klägerin legte Widerspruch ein, den sie mit Schreiben vom 21.07.2003 begründete. Die Geburtsurkunde habe neu ausgestellt werden müssen, da sie durch einen Brand im Jahr 1989 beschädigt worden sei. Ihr Vater und ihre Großeltern seien 1941 wegen ihrer deutschen Volkszugehörigkeit aus dem Gebiet Saratow nach Sibirien verschleppt worden. Während ihre Großeltern unter Kommandatur gestellt worden seien, habe ihre Vater Zwangsarbeit verrichten müssen. Sie habe sich auch zum deutschen Volkstum bekannt, da sie in ihrem ersten Pass als Nationalität Deutsch gewählt habe. Die Klägerin legte eine Erklärung ihrer Mutter vom 17.06.2003 vor. Hierin erklärt diese, die Klägerin sei in der Familie des Vaters I1. G. erzogen worden, da ihre Eltern gegen ein Kind mit deutscher Nationalität gewesen seien. Weiterhin legte die Klägerin eine Auskunft des Innenministeriums Tualer Gebiet vom 18.04.2004 vor, nach der Herr I1. G. zusammen mit seiner Tochter G. , Ekaterina, geboren 1954 unter Kommandaturbewachung gestanden habe. Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 14.06.2005 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt, es bestünden erhebliche Zweifel an einer deutschen Abstammung. Die Klägerin habe nicht schlüssig dargelegt, weshalb ihr erst 10 Jahre nach Vernichtung der Originalgeburtsurkunde eine neue Urkunde ausgestellt worden sei. Ein durchgehendes Bekenntnis zum deutschen Volkstum sei ebenfalls nicht belegt. In dem derzeit gültigen Inlandspass der Klägerin aus dem Jahr 1999 sei keine Nationalität eingetragen. Im Rahmen eines Rechtshilfeersuchens sei von dem russischen Außenministerium mitgeteilt worden, dass die eingetragene Nationalität in dem ersten Inlandspass nicht ermittelt werden konnte. Der Widerspruchsbescheid wurde der Bevollmächtigten, Frau F. X. , mit Zustellungsurkunde vom 23.06.2005 zugestellt.
3Mit Antrag des Prozessbevollmächtigten vom 08.11.2013 wurde das Wiederaufgreifen des Verfahrens beantragt. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 11.09.2014 abgelehnt, da ein Wiederaufgreifensgrund nicht vorliege. Die Rechtslage habe sich nicht durch das 10. Änderungsgesetz des BVFG für die Klägerin nachträglich geändert. Denn eine Änderung des Tatbestandsmerkmales der deutschen Abstammung sei nicht erfolgt. Ein Wiederaufgreifen im Rahmen der §§ 48, 49 VwVfG komme nach gebotener Ermessensentscheidung auch nicht in Betracht. Hiergegen legte die Klägerin unter dem 15.09.2014 Widerspruch ein. Der Widerspruch wurde mit Bescheid vom 12.06.2015 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies auf ihre Begründung vom 11.09.2014 und führte aus, eine angekündigte Widerspruchsbegründung sei nicht eingegangen.
4Die Klägerin hat am 03.07.2015 Klage erhoben. Sie verweist auf die bereits im Verwaltungsverfahren vorgelegten Unterlagen und trägt ergänzend vor:
5Die Rechtslage habe sich durch das 10. BVFG-ÄndG nachträglich für sie geändert. Denn die Ablehnung sei nicht nur wegen einer fehlenden deutschen Abstammung, sondern auch wegen eines fehlenden durchgehenden Bekenntnisses zum deutschen Volkstum erfolgt. Bezüglich dieses Merkmales habe sich die Rechtslage geändert.
6Sie habe auch ihre Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen nachgewiesen. Zwar bestehe erst ab 1968 die Möglichkeit bei nichtehelich geborenen Kindern einen Vater in der Geburtsurkunde eintragen zu lassen. Mit Erlass des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 14.03.1945 sei jedoch eine Rente für außereheliche Kinder der im Vaterlandskrieg gefallenen Kämpfer eingeführt worden. Voraussetzung für die Rente sei die Eintragung des Gefallenen als Vater im Geburtsregister. Die Eintragung im Geburtsregister sei somit bereits vor 1968 möglich gewesen.
7Es liege eine Ermessensreduzierung auf Null im Rahmen der §§ 48, 49 VwVfG vor, so dass der ablehnende Bescheid aufzuheben sei. Sie sei Rentnerin und behindert. Zudem habe sie aufgrund ihrer deutschen Nationalität bzw. der ihres Vaters staatliche Repressalien und alltägliche gesellschaftliche Hindernisse erlitten.
8Die Klägerin beantragt,
9den bestandskräftigen Bescheid vom 07.05.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 unter gleichzeitiger Aufhebung des im Verfahren auf Wiederaufgreifen ergangenen Bescheides vom 11.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015 aufzuheben sowie die Beklagte zu verpflichten, ihr einen Aufnahmebescheid zu erteilen.
10Die Beklagte beantragt,
11die Klage abzuweisen.
12Sie verweist vollumfänglich auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor:
13Nach sowjetischem Recht bestehe bei nichtehelich geborenen Kindern erst seit 1968 die Möglichkeit, im Geburtsregister und in der Geburtsurkunde den Vater eintragen zu lassen. Daher sei es - entgegen der vorgelegten Bescheinigung des Standesamtes vom 25.03.2002 - nicht möglich, dass in der Geburtsurkunde und im Geburtsregister der Klägerin von 1954 ein Vater eingetragen sei. Die Klägerin habe auch kein erbbiologisches Gutachten zur Glaubhaftmachung ihrer Abstammung, wie von ihr in den Schreiben an die damalige Bevollmächtigte vom 19.02.2004 und 01.06.2004 anheimgestellt, vorgelegt.
14Unter dem 23.02.2016 hat die Klägerin um Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gebeten. Dem hat die Beklagte unter dem 01.03.2016 zugestimmt.
15Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
16Entscheidungsgründe
17Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO übereinstimmend ihr Einverständnis hierzu erklärt haben.
18Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11.09.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO. Sie hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte ihr unter Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens einen Aufnahmebescheid nach § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG erteilt.
19Die Voraussetzungen eines Rechtsanspruchs auf Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens der Klägerin nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen nicht vor. Es greift kein Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 51 Abs. 1 VwVfG ein.
20Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG hat die Behörde über die Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrundeliegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Dies ist nicht der Fall. Insbesondere hat sich die Rechtslage nicht zugunsten der Klägerin durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. BVFG-ÄndG geändert.
21Eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zugunsten des Betroffenen setzt voraus, dass sich Faktoren geändert haben, die im ursprünglichen Verfahren für den Erlass des nunmehr bestandskräftigen Verwaltungsaktes maßgeblich waren,
22vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 51 Rn. 25 m.w.N.
23Der Antrag ist nur zulässig, wenn eine wesentliche Änderung der Rechtslage vorliegt, die für die Sachentscheidung von Bedeutung sein kann. Der geltend gemachte Wiederaufgreifensgrund muss einen anderen Ausgang des Hauptsacheverfahrens möglich erscheinen lassen,
24vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Auflage 2015, § 51 Rn. 26.
25Die Rechtslage hat sich zwar durch das am 14.09.2013 in Kraft getretene 10. BVFG-ÄndG hinsichtlich des Tatbestandsmerkmales eines Bekenntnisses zum deutschen Volkstum geändert. Diese gesetzliche Änderung entfaltet jedoch keine Wirkung zugunsten der Klägerin. Hängt das Bestehen eines Anspruches – hier der Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheides – von mehreren gesetzlichen Tatbestandsmerkmalen ab, ist eine Änderung der Rechtslage zugunsten des Betroffenen nur eingetreten, wenn nach der Änderung alle gesetzlichen Tatbestandsmerkmale erfüllt sind. Nur in diesem Fall vermag der Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens sein Ziel zu erreichen. In diesem Sinne bedeutet im Fall strikter Rechtsansprüche eine Entscheidung über das Wiederaufgreifen auch stets eine Entscheidung über den Anspruch selbst. Denn ein Wiederaufgreifen mit dem Ergebnis neuerlicher Ablehnung in der Sache wäre für den Betroffenen sinnlos. Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verwaltungsverfahrens mit der Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheides besteht damit nur dann, wenn ein Wiederaufgreifensgrund bezüglich aller Tatbestandsmerkmale, die bei der Entscheidung zur Ablehnung des Antrages geführt haben, vorliegt.
26Vgl. VG Köln, Urteile vom 05.04.2016 - 7 K 5522/16 - , vom 30.11.2015 - 10 K 5371/14 - und vom 15.09.2015 - 7 K 2587/13 - m.w.N.; a.A. OVG NRW, Beschluss vom 16.03.2016 - 11 E 221/16 -.
27Die ablehnende Entscheidung vom 07.05.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 stellt neben einem nicht nachgewiesenen durchgehenden Bekenntnis zum deutschen Volkstum auch auf einen fehlenden Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen ab. In Bezug auf das Merkmal der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen hat sich die Rechtslage jedoch nicht geändert. Diese Voraussetzung blieb durch das 10. BVFG-Änderungsgesetz unberührt.
28Hinsichtlich des Merkmals einer Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen liegt auch kein anderer Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 VwVfG vor. Insbesondere hat die Klägerin kein neues Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 BVFG vorgelegt.
29Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf die nachträgliche Aufhebung des die Aufnahme ablehnenden Bescheides nach § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG. Das Bundesverwaltungsamt hat den Antrag ermessensfehlerfrei abgelehnt. Die Behörde hat hierbei zutreffend auf die Abwägung der grundsätzlich gleichwertigen Belange des Schutzes der Bestandskraft der ablehnenden Entscheidung und damit der Belange des Rechtsfriedens auf der einen und auf das Interesse der Klägerin an einer erneuten Sachentscheidung auf der anderen Seite abgehoben. Es ist aus rechtlicher Sicht nicht zu beanstanden, dass sie im Ergebnis dem öffentlichen Interesse an Rechtsfrieden und Rechtssicherheit den Vorzug gegeben hat. Hierbei bedarf auch keiner abschließenden Klärung, ob der ablehnende Bescheid bei heutiger Rechtsauslegung rechtswidrig wäre. Denn allein dieser Umstand geböte nicht ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen. Das Ermessen der Behörde zu Gunsten des Betroffenen verdichtet sich lediglich dann, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre,
30vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 -.
31Ob dies der Fall ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Die Ablehnung des Wiederaufgreifens eines Verfahrens ist insbesondere dann schlechthin unerträglich, wenn die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als ein Verstoß gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz zu bewerten wäre oder eine offensichtliche Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen Entscheidung gegeben ist. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Ablehnung des Wiederaufgreifens gegen die guten Sitten, Treu und Glauben oder Art. 3 GG verstößt. Die Umstände, dass die Klägerin das streitige Verwaltungsverfahren mit Unterbrechung seit 1999 führe und sie Rentnerin im fortgeschrittenen Alter mit einer Behinderung sei sowie der pauschale Vortrag, sie habe gesellschaftliche und staatliche Hindernisse und Repressalien erlitten, machen das Festhalten an der bestandskräftigen Entscheidung nicht schlechthin unerträglich. Welche gesellschaftlichen Hindernisse die Klägerin konkret erlitten hat, wurde im Übrigen nicht belegt. Auch hebt die Beklagte in vergleichbaren Fällen ihre ablehnende Entscheidung nicht auf. Eine offensichtliche Rechtswidrigkeit ist ebenfalls nicht gegeben. Die Ablehnung erfolgte, weil das Bundesverwaltungsamt nicht feststellen konnte, dass die Klägerin sich nur zum deutschen Volkstum bekannt hat und von einem deutschen Volkszugehörigen abstammt. Es kann dahinstehen, ob aufgrund der eingereichten Unterlagen der Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen angenommen werden könnte. Denn eine offensichtliche Rechtswidrigkeit liegt bezüglich der Verneinung dieses Tatbestandsmerkmals jedenfalls nicht vor. Bei der Entscheidung hat die Beklagte sich mit den eingereichten Unterlagen der Klägerin und der diesbezüglich geltenden Rechtslage im Aussiedlungsgebiet auseinandergesetzt. Sie sah den Nachweis der Abstammung von einem deutschen Volkszugehörigen im Ergebnis nicht als erbracht an. Auf die entsprechenden vertretbaren Ausführungen in der Ablehnungsentscheidung vom 07.05.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.06.2005 wird gemäß § 117 Abs. 5 VwGO verwiesen. Den Vorschlag der Beklagten im Verwaltungsverfahren, ein erbbiologisches Gutachten vorzulegen, hat die Klägerin zudem damals nicht aufgegriffen.Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
32Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.
(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der Aufnahmebescheid wird auf Antrag Personen mit Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten erteilt, die nach Begründung des ständigen Aufenthalts im Geltungsbereich des Gesetzes die Voraussetzungen als Spätaussiedler erfüllen (Bezugspersonen). Abweichend hiervon kann Personen, die sich ohne Aufnahmebescheid im Geltungsbereich des Gesetzes aufhalten, ein Aufnahmebescheid erteilt oder es kann die Eintragung nach Absatz 2 Satz 1 nachgeholt werden, wenn die Versagung eine besondere Härte bedeuten würde und die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Der Wohnsitz im Aussiedlungsgebiet gilt als fortbestehend, wenn ein Antrag nach Satz 2 abgelehnt wurde und der Antragsteller für den Folgeantrag nach Satz 1 erneut Wohnsitz in den Aussiedlungsgebieten begründet hat.
(2) Der im Aussiedlungsgebiet lebende Ehegatte, sofern die Ehe seit mindestens drei Jahren besteht, oder der im Aussiedlungsgebiet lebende Abkömmling werden zum Zweck der gemeinsamen Aussiedlung in den Aufnahmebescheid der Bezugsperson einbezogen, wenn in ihrer Person kein Ausschlussgrund im Sinne des § 5 vorliegt und die Bezugsperson die Einbeziehung ausdrücklich beantragt; Ehegatten und volljährige Abkömmlinge müssen auch Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen. Die Einbeziehung wird nachgeholt, wenn ein Abkömmling einer Bezugsperson nicht mehr im Aussiedlungsgebiet, sondern während des Aussiedlungsvorganges und vor Ausstellung der Bescheinigung nach § 15 Absatz 1 geboren wird. Abweichend von Satz 1 kann der im Aussiedlungsgebiet verbliebene Ehegatte oder Abkömmling eines Spätaussiedlers, der seinen ständigen Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes hat, nachträglich nach Satz 1 in den Aufnahmebescheid des Spätaussiedlers einbezogen werden, wenn die sonstigen Voraussetzungen vorliegen. Die Einbeziehung von minderjährigen Abkömmlingen in den Aufnahmebescheid ist nur gemeinsam mit der Einbeziehung der Eltern oder des sorgeberechtigten Elternteils zulässig. Ein Ehegatte oder volljähriger Abkömmling wird abweichend von Satz 1 einbezogen, wenn er wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder wegen einer Behinderung im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch keine Grundkenntnisse der deutschen Sprache besitzen kann. Die Einbeziehung in den Aufnahmebescheid wird insbesondere dann unwirksam, wenn die Ehe aufgelöst wird, bevor beide Ehegatten die Aussiedlungsgebiete verlassen haben, oder die Bezugsperson verstirbt, bevor die einbezogenen Personen Aufnahme im Sinne von § 4 Absatz 3 Satz 2 gefunden haben.
(3) Der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheides oder auf Einbeziehung ist nicht an eine Frist gebunden. § 8 Absatz 2 und § 9 Absatz 4 Satz 2 gelten für Familienangehörige der nach Absatz 2 Satz 3 nachträglich einbezogenen Personen entsprechend.
(4) Für jedes Kalenderjahr dürfen so viele Aufnahmebescheide erteilt werden, dass die Zahl der aufzunehmenden Spätaussiedler, Ehegatten und Abkömmlinge die Zahl der vom Bundesverwaltungsamt im Jahre 1998 verteilten Personen im Sinne der §§ 4, 7 nicht überschreitet. Das Bundesverwaltungsamt kann hiervon um bis zu 10 vom Hundert nach oben oder unten abweichen.
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
1
Tatbestand
2Der am 00.00.0000 in der Stadt Anshero-Sudshensk, Russische Föderation, geborene Kläger stellte am 28.05.2002 einen Antrag auf Aufnahme als Spätaussiedler und Einbeziehung seiner russischen Ehefrau in den Aufnahmebescheid.
3Ausweislich seiner am 30.06.1975 ausgestellten Geburtsurkunde ist sein Vater, W. N. , russischer Volkszugehöriger, seine Mutter, T. N1. (jetzt: T. E. ), geb. S. , deutsche Volkszugehörige.
4Die Großeltern mütterlicherseits sind nach Angaben des Klägers die deutschen Volkszugehörigen L. und N2. Q. , geb. S. . In der am 25.09.2001 neu ausgestellten Geburtsurkunde der 1953 geborenen Mutter ist der Vater L. Q. als Deutscher eingetragen, die Mutter N2. Q. ohne Nationalität.
5In seinem 1991 ausgestellten ersten Inlandpass wird der Kläger als deutscher Volkszugehöriger geführt. Der aktuelle Inlandspass von 2001 hat keine Nationalitätsangabe mehr. Im Aufnahmeantrag hat der Kläger hierzu angegeben, er sei deutscher Volkszugehöriger, die Nationalität in seinem Inlandspass sei nicht geändert worden.
6Zu den Sprachkenntnissen gab der Kläger an, er habe die deutsche Sprache ab Geburt von seiner Mutter, den Großeltern und in Sprachkursen gelernt. Jetzt werde in der Familie selten Deutsch, häufig Russisch gesprochen. Er könne in deutscher Sprache fast alles verstehen und könne ein einfaches Gespräch führen.
7Am 04.09.2003 erfolgte die Anhörung des Klägers bei der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk. Im Vorgespräch gab der Kläger an, er habe die deutsche Sprache nicht im Elternhaus gelernt, sondern außerhalb des Elternhauses in einem einjährigen Sprachkurs (2002). In seiner Familie sei immer nur Russisch gesprochen worden. Der Sprachtester kam zu dem Ergebnis, dass eine Verständigung in deutscher Sprache nicht möglich gewesen sei.
8Die Mutter des Klägers, T. E. , geb. Q. , stellte zeitgleich mit dem Kläger ebenfalls einen Aufnahmeantrag. Sie wurde in ihrem 1992 ausgestellten Inlandspass sowie in der 1992 ausgestellten Geburtsurkunde der Tochter B. mit deutscher Nationalität geführt. In ihrem Aufnahmeantrag gab die Mutter an, sie habe die deutsche Sprache ab Geburt von ihren Eltern und der Großmutter gelernt sowie in Sprachkursen. Sie verstehe fast alles und könne ein einfaches Gespräch führen.
9Bei ihrer Anhörung am 04.09.2003 in der Botschaft der Bundesrepublik Deutschland in Nowosibirsk erklärte die Mutter des Klägers, dass sie im Elternhaus die deutsche Sprache nicht gelernt habe, sondern in einem 6-monatigen Sprachkurs im Jahr 2002. Es wurde festgestellt, dass eine Verständigung mit der Mutter zwar möglich gewesen, ein Gespräch im Sinne eines Dialoges aber nicht zustande gekommen sei.
10Mit Bescheid vom 29.03.2006 wurde der Aufnahmeantrag der Mutter des Klägers mit der Begründung abgelehnt, dass ihre deutschen Sprachkenntnisse für die Führung eines einfachen Gespräches nicht ausreichend seien.
11Mit Bescheid vom 29.03.2006 wurde auch der Aufnahmeantrag des Klägers abgelehnt. In der Begründung hieß es, der Kläger stamme nicht von einem deutschen Volks- oder Staatsangehörigen ab. Sein Vater sei Russe, seine Mutter sei nach den vorliegenden Erkenntnissen ebenfalls nicht Deutsche. Beide Bescheide wurden bestandskräftig.
12Mit Schreiben seines früheren Prozessbevollmächtigten vom 15.11.2011 beantragte der Kläger, das Verfahren nach dem BVFG wieder aufzunehmen und ihm einen Aufnahmebescheid gemäß § 4 BVFG zu erteilen. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Ablehnungsbescheid vom 29.03.2006 sei fehlerhaft gewesen. Die Ablehnung sei allein darauf gestützt gewesen, dass die Mutter des Klägers keine Deutsche gewesen sei. Das Abstammungserfordernis sei jedoch bereits dann erfüllt, wenn die Großeltern deutscher Abstammung gewesen seien. Dies hätte die Beklagte aufklären müssen, nachdem der Kläger im Aufnahmeantrag angegeben habe, dass die Großeltern mütterlicherseits deutsche Volkszugehörige gewesen seien.
13Der seinerzeitige Sprachtest könne keine Grundlage für eine Ablehnung des Aufnahmebescheides sein. Die Beklagte habe für die Beurteilung und damit auch für die Fragestellung einen falschen Maßstab gewählt, nämlich die Zahl der Fehler. Es komme aber nur auf eine Verständigung, also einen ganz einfachen Dialog an. Außerdem fehle eine Angabe zur Dauer des Gesprächs. Die Angaben zu den Sprachkenntnissen im Aufnahmeantrag müssten berücksichtigt werden. Diese Fehler hätte der Kläger in einem früheren Verfahren nicht geltend machen können, weil ihm die Rechtslage im Hinblick auf die Abstammung nicht bekannt gewesen sei und das Sprachtestprotokoll ihm nicht zur Verfügung gestellt worden sei.
14Ergänzend wurden zwei Zeugenaussagen von im Bundesgebiet lebenden Verwandten mütterlicherseits vorgelegt, in denen bestätigt wird, dass der Kläger bei den Großeltern mütterlicherseits aufgewachsen sei und dass in der Familie deutsch gesprochen worden sei. Daher habe der Kläger noch als Kind Deutsch gut verstehen und frei sprechen können.
15In einer persönlichen Erklärung des Klägers berichtet dieser über den Ablauf des Sprachtests, dass er in der Nacht zuvor angereist sei und nicht geschlafen habe. Deshalb sei er sehr unkonzentriert und aufgeregt gewesen. Der Dolmetscher habe ihn immer wieder unterbrochen und ihm gesagt, dass er russisch reden solle. Auch sei seine mehrmalige Bitte, langsamer zu sprechen, nicht beachtet worden. Das Protokoll habe er unterschrieben, ohne es durchzulesen, da seine Zeit angeblich um gewesen sei.
16Mit Bescheid vom 16.08.2012 wurde der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens abgelehnt. Zur Begründung wurde ausgeführt, ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG könne sich nur bezogen auf die Begründung der ablehnenden Entscheidung ergeben. Da die Entscheidung allein auf die fehlende Abstammung gestützt gewesen sei, könnten die geltend gemachten Fehler bei der Ermittlung der familiär vermittelten Sprachkenntnisse von vorherein nicht zu einem Wiederaufgreifen führen. Hinsichtlich der Abstammung von Eltern bzw. Großeltern bestehe ebenfalls kein Wiederaufgreifensgrund, weil sich die nicht die Rechtslage, sondern lediglich die Rechtsprechung geändert habe (BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 -).
17Es sei auch kein Wiederaufgreifen gemäß § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG geboten. Die Ablehnung wegen der fehlenden deutschen Volkszugehörigkeit der Eltern sei nicht offensichtlich rechtswidrig gewesen, sondern habe der seinerzeitigen Rechtsauffassung der Obergerichte entsprochen, die erst nach Bestandskraft des Bescheides durch das Bundesverwaltungsgericht geändert worden sei. Das Festhalten an dem bestandskräftigen Bescheid verstoße auch nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben oder den Grundsatz der Gleichbehandlung, da die Beklagte in gleichartigen Fällen das Wiederaufgreifen stets abgelehnt habe. Da der Kläger seinerzeit auf eine Überprüfung des Verwaltungsaktes verzichtet habe, sei es auch nicht ermessensfehlerhaft, dem Grundsatz der Rechtssicherheit hier den Vorrang einzuräumen.
18Hiergegen legte der Kläger am 07.09.2012 durch seinen ehemaligen Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein, der mit Schreiben vom 09.10.2012 begründet wurde. Darin wird ausgeführt, dass die Abstammung von deutschstämmigen Großeltern jedenfalls ein jetzt zu bewertendes Beweismittel darstelle und daher ein Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG gegeben sei. Darüberhinaus sei das Wiederaufgreifen auch nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 VwVfG geboten, weil es mit Treu und Glauben nicht vereinbar sei, einen Antragsteller an einer falschen Rechtsauffassung der Obergerichte festzuhalten. Dies verstoße auch gegen die Zielsetzung der Verfassungsväter, die in Art. 116 GG zum Ausdruck gebracht worden sei, allen Deutschen die Übersiedlung in das Bundesgebiet zu ermöglichen. Vor dem Hintergrund der seinerzeit herrschenden Rechtsauffassung könne dem Kläger auch nicht vorgehalten werden, dass er keine Rechtsmittel eingelegt habe; es überwiege hier das öffentliche Interesse an einer rechtsfehlerfreien Entscheidung.
19Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2013 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger am 19.04.2013 Klage erhoben, mit der er sein Begehren auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Erteilung eines Aufnahmebescheides weiterverfolgt.
20Zur Begründung der Klage trägt der Kläger ergänzend vor, die Beklagte habe die vorgelegten Zeugenaussagen nicht berücksichtigt. Hierbei handele es sich um neue Beweismittel im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Aus der Erklärung des Klägers ergebe sich, dass erhebliche Zweifel an der seinerzeitigen Feststellung der Sprachkenntnisse bestünden, die der Kläger nicht früher habe geltend machen können, da ihm keine Möglichkeit gegeben worden sei, das Protokoll zur Kenntnis zu nehmen.
21Die frühere restriktive Auslegung des Abstammungsbegriffes sei ein gravierender Rechtsfehler gewesen, der jedenfalls im Rahmen der Ermessensabwägung auf der Grundlage von § 51 Abs. 5 iVm § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu berücksichtigen sei. Es verstoße gegen Treu und Glauben, diese fehlerhafte Rechtsauslegung nicht in einem neuen Verfahren zu berücksichtigen. Wegen der fehlerhaften Durchführung des Sprachtests im Jahr 2003 müsse sich das Gericht in der mündlichen Verhandlung einen persönlichen Eindruck von den Sprachkenntnissen des Klägers verschaffen.
22Im Übrigen sprächen auch die Erleichterungen, die der Gesetzgeber durch das 9. Änderungsgesetz für die nachträgliche Einbeziehung von Familienangehörigen geschaffen habe, für eine Wiederaufnahme des Verfahrens.
23Mit Schriftsatz vom 09.09.2014 wird vorgetragen, der Kläger werde noch im Jahr 2014 eine Prüfung ablegen, um das Zertifikat der Stufe B1 für die deutsche Sprache zu erwerben. Mit Schriftsatz vom 06.01.2015 hat der bisherige Prozessbevollmächtigte des Klägers das Mandat niedergelegt und angekündigt, der Kläger werde das Zertifikat am Anfang des Jahres 2015 vorlegen.
24Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers hat sich ergänzend auf die Änderung der Rechtslage durch das 10. Änderungsgesetz berufen. Daraus ergebe sich nunmehr ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Anerkennung als Spätaussiedler. Der Kläger erfülle unstreitig die Voraussetzungen der Abstammung von deutschen Volkszugehörigen, seinen Großeltern mütterlicherseits, und des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum. Der Nachweis ausreichender deutscher Sprachkenntnisse könne durch das Zertifikat B1 oder durch den Nachweis familiär vermittelter Sprachkenntnisse erbracht werden. Ferner könne die Anhörung wiederholt werden. Daher sei das Wiederaufgreifen geboten.
25Der Grund für die seinerzeitige Ablehnung, nämlich die fehlende Abstammung von deutschen Volkszugehörigen, sei entfallen, weil auch die Mutter des Klägers einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens habe. Der Fall sei also so zu behandeln, als ob die Mutter keinen Antrag gestellt hätte. Denn eine vorherige Sprachprüfung der Mutter sehe das Gesetz nicht vor. Eine familiäre Sprachvermittlung sei nicht mehr erforderlich. Vielmehr könne ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum auf andere Weise durch den Nachweis ausreichender Deutsch-Kenntnisse entsprechend dem Niveau B1 des Gemeinsamen europäischen Referenzrahmens erbracht werden.
26Der Kläger beantragt,
27die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 16.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2013 zu verpflichten,
28das Verfahren auf Aufnahme nach dem BVFG wieder aufzugreifen,
29hilfsweise,
30den Antrag des Klägers unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.
31Die Beklagte beantragt,
32die Klage abzuweisen.
33Sie wiederholt und vertieft im Wesentlichen die Ausführungen und Ermessenserwägungen der angefochtenen Bescheide. Ergänzend wird ausgeführt, dass der ablehnende Bescheid angesichts des eindeutigen Sprachtests in Nowosibirsk am 04.09.2013 jedenfalls im Ergebnis zu Recht ergangen ist. Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen ergebe sich auch nicht aus Art. 116 GG. Es sei in der Rechtsprechung geklärt, dass sich daraus kein höherer Stellenwert des privaten Interesses an einer erneuten Entscheidung gegenüber dem Gesichtspunkt der Rechtssicherheit ergebe (OVG NRW, Beschlüsse vom 28.04.2011 – 12 A 1278/10 – u. a.).
34Der Kläger habe auch nach Inkrafttreten des 10. Änderungsgesetzes keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens. Die Rechtslage habe sich nicht zu seinen Gunsten geändert. Denn die Beklagte habe die Ablehnung seinerzeit allein auf die fehlende Abstammung von einer deutschen Elterngeneration gestützt. Insoweit sei § 6 Abs. 2 BVFG aber durch das 10. Änderungsgesetz nicht geändert worden.
35Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgänge des Klägers und seiner Mutter Bezug genommen.
36E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
37Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Bundesverwaltungsamts vom 16.08.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 VwGO.
38Der Kläger hat keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG und Erteilung eines Aufnahmebescheides als Spätaussiedler gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 BVFG. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Dies ist nicht der Fall.
39Zunächst liegt keine Änderung der Rechtslage hinsichtlich des Merkmals der Abstammung von einem deutschen Staatsangehörigen oder einem deutschen Volkszugehörigen vor, das für die Annahme der deutschen Volkszugehörigkeit nach § 6 Abs. 2 BVFG erforderlich ist. Zwar hat die Beklagte die Ablehnung des Aufnahmeantrags im Bescheid vom 29.03.2006 rechtsfehlerhaft allein auf die fehlende deutsche Volkszugehörigkeit der Eltern gestützt. Diese unzutreffende Rechtsauslegung hat das Bundesverwaltungsgericht durch das Urteil vom 25.01.2008 – 5 C 8.07 – nachträglich korrigiert und klargestellt, dass auch die Herkunft von deutschen Großeltern genügt, um das Abstammungsmerkmal zu erfüllen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Änderung von Rechtsvorschriften, sondern lediglich um eine Änderung der Rechtsauslegung, die nicht ausreicht, um das Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu begründen,
40vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 – 5 C 9/11 – juris, Rn. 27.
41Der Kläger kann sich hinsichtlich des Merkmals der Abstammung auch nicht auf eine Änderung der Rechtslage durch das 10. Änderungsgesetz vom 06.09.2013 (BGBl. I S. 3554) berufen. Denn dieses Tatbestandsmerkmal ist durch das 10. Änderungsgesetz nicht geändert worden.
42Schließlich liegt auch keine Änderung der Sachlage bezüglich der Abstammung des Klägers im Hinblick auf ein mögliches Wiederaufnahmeverfahren der Mutter des Klägers vor. Die Mutter hat nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung bisher keinen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens und Wiederholung des Sprachtests gestellt. Die rein hypothetische Möglichkeit, dass die Mutter einen derartigen Antrag stellen könnte und in einem neuen Sprachtest möglicherweise ausreichende Sprachkenntnisse nachweisen könnte, reicht für eine Änderung der Sachlage nicht aus. Denn durch den bestandskräftigen Ablehnungsbescheid im Aufnahmeverfahren der Mutter ist rechtsverbindlich festgestellt, dass die Mutter keine deutsche Volkszugehörige ist. Erst wenn dieser Bescheid im Rahmen eines Wiederaufnahmeverfahrens aufgehoben und der Mutter ein Aufnahmebescheid erteilt wird, liegt eine Änderung der Sachlage vor, die auch dem Kläger einen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen seines Verfahrens geben könnte.
43Auch durch die Änderung des Merkmals der familiären Vermittlung der deutschen Sprache durch das 10. Änderungsgesetz ist die Rechtslage nicht zugunsten des Klägers geändert worden.
44Eine Änderung der dem Ablehnungsbescheid zugrundeliegenden objektiven Rechtslage ist in Bezug auf dieses Merkmal eingetreten. Während in § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG a.F. bestimmt war, dass das Bekenntnis zum deutschen Volkstum durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache bestätigt werden muss, ist nach § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG in der Fassung des 10. Änderungsgesetzes nur noch erforderlich, dass das Bekenntnis durch den Nachweis der Fähigkeit zur Führung eines einfachen Gesprächs in deutscher Sprache bestätigt werden muss. In den Fällen, in denen ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum in Form einer ausdrücklichen Nationalitätenerklärung vorliegt, wird somit auf die familiäre Sprachvermittlung somit verzichtet. Nur wenn keine ausdrückliche Nationalitätenerklärung zugunsten des deutschen Volkstums vorliegt, kann das Bekenntnis auf andere Weise durch ein Sprachzertifikat der Stufe B1 oder durch familiär vermittelte Deutschkenntnisse bestätigt werden, § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG.
45Demnach müsste der Kläger nach der aktuellen Rechtslage nur noch die Fähigkeit zur Führung eines einfachen Gesprächs nachweisen, da er sich ausweislich der Eintragungen in seinem ersten Inlandspass von 1991 ausdrücklich zur deutschen Nationalität bekannt hat. Der Verzicht des Gesetzgebers auf das Merkmal der familiären Sprachvermittlung in diesen Fällen eröffnet den Antragstellern grundsätzlich die Möglichkeit, sich in einem Wiederaufnahmeverfahren nach bestandskräftiger Ablehnung auf eine Änderung der Sachlage zu berufen, wenn sie ihre deutschen Sprachkenntnisse verbessert haben und dies in substantiierter Weise vorgetragen und belegt wird. Dies war nach der früheren Rechtslage nicht möglich, weil die Sprachkenntnisse im Wesentlichen auf der familiären Vermittlung beruhen mussten und dieser abgeschlossene Sachverhalt einer Veränderung nicht mehr zugänglich war.
46Die dargestellte Änderung der Rechtslage wirkt sich jedoch im vorliegenden Fall nicht zugunsten des Klägers aus. Zum einen hat sich der Kläger nicht in der erforderlichen Weise auf eine ausreichende Verbesserung seiner Sprachkenntnisse berufen. Für die Geltendmachung einer Änderung der Sachlage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG genügt es nicht, diese nur zu behaupten. Vielmehr müssen konkrete Umstände vorgetragen werden, die eine ausreichende Beherrschung der deutschen Sprache im Sinne eines einfachen Gesprächs als möglich erscheinen lassen,
47vgl. BVerwG, Beschluss vom 23.06.1987 – 9 C 251/86 – juris, Rn. 8; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Auflage 2013, § 51 Rn. 16 und 26.
48Derartige Umstände sind bisher nicht ersichtlich. Vielmehr spricht die Tatsache, dass die mehrfach angekündigte Vorlage des Sprachzertifikats der Stufe B1 bisher nicht erfolgt ist, eher dafür, dass der Kläger noch keine ausreichenden Sprachkenntnisse erworben hat.
49Zum anderen würde sich auch der Nachweis der Fähigkeit zur Führung eines einfachen Gesprächs in deutscher Sprache im vorliegenden Fall nicht zugunsten des Klägers auswirken. Dies wäre nur der Fall, wenn die Erfüllung dieses Merkmals nunmehr zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung führen würde, d. h. hier zu einer Bejahung der deutschen Volkszugehörigkeit und einer Erteilung des Aufnahmebescheides. Dies ist jedoch nicht der Fall, weil dem Erlass eines Aufnahmebescheides immer noch die bestandskräftig festgestellte fehlende Abstammung von deutschen Volkszugehörigen entgegensteht und insoweit kein Grund für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens vorliegt.
50Denn entgegen der Annahme des Prozessbevollmächtigten des Klägers führt das Vorliegen eines Grundes für das Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht zu einer erneuten Sachprüfung hinsichtlich sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen für einen Aufnahmebescheid. Vielmehr findet eine neue Sachprüfung nur im Rahmen eines festgestellten Wiederaufnahmegrundes statt. Dies ergibt sich aus § 590 Abs. 1 ZPO, der im Rahmen des Wiederaufnahmeverfahrens nach § 51 VwVfG analoge Anwendung findet,
51vgl. BVerwG, ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss vom 05.08.1987 – 9 B 318/86 - , juris Rn. 3; Beschluss vom 15.09.1992 – 9 B 18/92 – juris, Rn. 3; Begründung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung zu einem VwVfG vom 18.07.1973, BT-Drs. 7/910, S. 74 zu § 47 des Entwurfs; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl. 2013, § 51, Rn. 9; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 51 Rn. 34 – 37; a. A. wohl OVG NRW, Beschluss vom 23.02.2015 – 11 E 1286/14 - . .
52Danach wird die Hauptsache, soweit sie von dem Anfechtungsgrund betroffen ist, von neuem verhandelt. Dies bedeutet, dass eine Verpflichtung zur erneuten Sachprüfung nur soweit besteht, wie der in zulässiger Weise geltend gemachte Grund für ein Wiederaufgreifen des Verfahrens reicht. Das hat im vorliegenden Verfahren zur Folge, dass auch im Fall verbesserter Sprachkenntnisse keine neue Sachprüfung im Hinblick auf das Merkmal der Abstammung eröffnet ist und damit keine für den Kläger günstigere Entscheidung getroffen werden kann.
53Der Kläger kann sich auch nicht darauf berufen, dass neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden, § 51 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG. Die nunmehr angebotenen Zeugenaussagen zur Frage der familiären Sprachvermittlung hätten auch schon im früheren Verfahren beigebracht werden können. Es handelt sich also nicht um neue Beweismittel. Ungeachtet dessen führen auch sie nicht zu einer günstigeren Entscheidung, weil sie sich nicht auf den bestandskräftig festgestellten Ablehnungsgrund der fehlenden Abstammung auswirken.
54Soweit der frühere Prozessbevollmächtigte des Klägers vorgetragen hat, die noch festzustellende Abstammung von den Großeltern, sei ein neues Beweismittel, kann dem nicht gefolgt werden. Beweismittel sind die in § 96 VwGO bzw. § 98 VwGO i.V.m. § 371 ff. ZPO bezeichneten Methoden der Sachverhaltsaufklärung durch Zeugen, Urkunden, etc., nicht aber die Geltendmachung einer geänderten Rechtsauslegung, die zur Berücksichtigung eines neuen Sachverhaltes führt. Da Wiederaufnahmegründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG nicht ersichtlich sind, besteht kein Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 VwVfG.
55Ein derartiger Anspruch kann auch nicht aus § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG und der Annahme einer Ermessensreduzierung auf Null abgeleitet werden. Nach § 51 Abs. 5 VwVfG ist eine Verwaltungsbehörde ermächtigt, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein bestandskräftig abgeschlossenes Verwaltungsverfahren wiederaufzugreifen. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung.
56Im Rahmen der Ermessensausübung handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie dem privaten Interesse an einer erneuten Entscheidung und dem Gesichtspunkt der materiellen Gerechtigkeit keinen höheren Stellenwert als dem Gebot der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens, die für den Bestand des Verwaltungsakts streiten, beimisst. Beide Grundsätze sind – auch im Vertriebenenrecht – gleichrangig. Potentielle Spätaussiedler genießen auch mit Blick auf Art. 116 GG keinen größeren Schutz als sonstige Rechtsinhaber,
57vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 - ; OVG NRW, Beschluss vom 08.06.2010 - 12 A 3328/08 - , Beschluss vom 13.08.2008 - 12 A 417/07 - .
58Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde erst dann zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem bestandskräftigen Verwaltungsakt „schlechthin unerträglich“ wäre, was von den Umständen des Einzelfalls und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte abhängt.
59Die Berufung auf die Bestandskraft der Entscheidung ist insbesondere dann „schlechthin unerträglich“, wenn sich die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit der Entscheidung als Verstoß gegen die guten Sitten oder den Grundsatz von Treu und Glauben darstellt oder wenn die bestandskräftige Entscheidung offensichtlich rechtswidrig ist,
60vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 - 5 C 9/11 - juris, Rn. 30; Urteil vom 22.10.2009 - 1 C 15/08 - ; OVG NRW, Beschluss vom 27.06.2011 - 12 A 2096 /10 - .
61Einfache Zweifel an der Rechtmäßigkeit des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides vermögen jedoch einen Wiederaufnahmeanspruch in der Regel nicht zu begründen.
62Bei Anwendung dieser Grundsätze kann nicht festgestellt werden, dass die Ablehnung des Aufnahmeantrags durch Bescheid vom 29.03.2006 offensichtlich rechtswidrig war. Die Entscheidung war allein auf die fehlende deutsche Volkszugehörigkeit der Eltern gestützt und damit rechtswidrig, weil die Abstammung von deutschen Großeltern im Rahmen des § 6 Abs. 2 BVFG ausreichend ist. Jedoch war diese fehlerhafte Rechtsauslegung nicht offensichtlich, weil sie sich auf die seinerzeitige Rechtsprechung der Obergerichte, die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Rechtslage und die Gesetzesmaterialien zum Kriegsfolgenbereinigungsgesetz berufen konnte,
63vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2011 – 5 C 9/11 – juris, Rn. 30.
64Das Festhalten an der bestandskräftigen Ablehnung des Aufnahmeantrags ist auch deshalb nicht unerträglich, weil der Bescheid auch auf die ungenügenden Sprachkenntnisse des Klägers hätte gestützt werden können und deshalb im Ergebnis rechtmäßig war. Der Kläger hatte seinerzeit keinen Anspruch auf die Erteilung des Aufnahmebescheides, weil er ausweislich des Ergebnisses des Sprachtests kein einfaches Gespräch auf Deutsch führen konnte. Der Kläger hat schon die meisten Fragen nicht verstanden. Die wenigen Antworten bestanden nur aus einzelnen Wörtern; eine Satzbildung war nicht möglich.
65Fehler bei der Durchführung oder Protokollierung des Sprachtests sind nicht in nachvollziehbarer Weise gerügt worden oder aus dem Akteninhalt ersichtlich. Obwohl der Test nur kurz war, ist dies vor dem Hintergrund der beschriebenen offensichtlichen Schwierigkeiten des Klägers mit dem Verständnis und dem aktiven Formulieren von Antworten nicht zu beanstanden (Protokoll Ziff. 2.3). Der Sprachtester hat auch nicht die Zahl der Fehler bemängelt, sondern zutreffend auf den fehlenden Wortschatz und die fehlende Fähigkeit zur Satzbildung abgestellt.
66Soweit der Kläger in der vorgelegten Erklärung nunmehr behauptet, der Dolmetscher habe ihn aufgefordert russisch zu reden und der Sprachtester habe seine Bitte um langsameres Sprechen ignoriert, vielmehr hätten beide ihn ausgelacht, ist dies absurd und nicht glaubhaft. Vielmehr spricht alles dafür, dass die protokollierten Sprachkenntnisse den wirklichen Sprachkenntnissen entsprachen. Der Kläger hatte bei der Anhörung selbst angegeben, dass in seiner Familie kein Deutsch gesprochen worden sei. Dafür sprechen auch die unzureichenden Sprachkenntnisse der Mutter und die Tatsache, dass der Vater Russe war. Da die Ehefrau des Klägers ebenfalls Russin ist, kann davon ausgegangen werden, dass eine fehlende Sprachübung in der Familie im Zeitpunkt des Sprachtests Ursache für das Ergebnis war, und nicht die vom Kläger geltend gemachten Umstände.
67Die vorgelegten schriftlichen Zeugenaussagen stehen hierzu nicht in Widerspruch. Sie beschränken sich darauf, dass in der Familie der Großeltern deutsch gesprochen worden sei, also in der Kindheit des Klägers. Der Zeuge H. erklärt, dass der Kläger in der Kindheit deutsch verstanden und gesprochen habe. Daraus kann jedoch nicht entnommen werden, dass auch noch im Erwachsenenalter ausreichende Sprachkenntnisse fortbestanden haben.
68Vor diesem Hintergrund spricht alles dafür, dass der Kläger im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung kein einfaches Gespräch auf Deutsch führen konnte und die Ablehnung des Aufnahmeantrags zu Recht erfolgt ist. Andere Gründe, die ein Wiederaufgreifen des Verfahrens wegen eines Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, die guten Sitten oder den Gleichheitssatz gebieten würden, sind nicht ersichtlich.
69Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf erneute Ermessensentscheidung über seinen Wiederaufnahmeantrag. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die gesetzlichen Grenzen ihres Ermessens überschritten oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat, § 114 VwGO.
70Vielmehr zeigt die Begründung der Bescheide, dass sich die Beklagte des ihr zustehenden Ermessensspielraums bewusst war und das Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat.
71Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.
Tenor
Der angefochtene Beschluss wird geändert.
Der Klägerin wird für die Durchführung des Klageverfahrens in der ersten Instanz Prozesskostenhilfe ohne Anordnung von Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwalt L. , X. , bewilligt.
1
G r ü n d e :
2Die Beschwerde ist begründet.
3Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, weil ihre Rechtsverfolgung die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.
4Der Erfolg der Hauptsache erscheint nicht fernliegend. Denn die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Klägerin die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufnahmebescheids im Wege des Wiederaufgreifens erfüllt, ist offen und rechtfertigt nicht die Versagung von Prozesskostenhilfe.
5I. Die Klägerin dürfte einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens haben.
61. Die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 VwVfG dürften entgegen den im Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 25. August 2015 dargelegten Gründen, auf die das Verwaltungsgericht seine ablehnende Entscheidung in dem angefochtenen Beschluss gestützt hat, erfüllt sein. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn einer der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG abschließend aufgeführten Wiederaufgreifensgründe gegeben ist. Das bedeutet, dass auf der ersten Stufe des Verfahrens nur über die Frage zu entscheiden ist, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung des Verfahrens gemäß § 51 Abs. 1 VwVfG, nämlich die Zulässigkeit und Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags, und damit für die Wiedereröffnung des Verfahrens zur Sache erfüllt sind. Ist danach ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zulässig und begründet, steht der Behörde kein Ermessen zu, sie muss vielmehr auf der zweiten Stufe auf der Grundlage des materiellen Rechts erneut in der Sache selbst entscheiden.
7Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 51 Rn. 12a ff., m. w. N.
8a. Der Antrag der Klägerin auf Wiederaufgreifen des Verfahrens dürfte zulässig und begründet sein.
9aa. Für die Zulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags genügt es, dass die geltend gemachten Wiederaufnahmegründe einen anderen Ausgang des Hauptsacheverfahrens möglich erscheinen lassen, die Behörde also auf Grund des geltend gemachten Wiederaufgreifensgrundes in der Hauptsache zu einem für den Antragsteller günstigeren Ergebnis kommen könnte.
10Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 51 Rn. 14, m. w. N.
11Der geltend gemachte Wiederaufgreifensgrund nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG dürfte einen anderen Ausgang des bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens möglich erscheinen lassen. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsakts zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat. Die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Rechtslage dürfte sich durch das am 14. September 2013 in Kraft getretene Zehnte BVFG-Änderungsgesetz (BGBl. I. S. 3554) zugunsten der Klägerin geändert haben. Denn zum Zeitpunkt der Entscheidung über den ursprünglichen Aufnahmeantrag der Klägerin mit Ablehnungsbescheid vom 27. Juli 2004 und Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2004 war die Bestätigung des Bekenntnisses zum deutschen Volkstum durch die familiäre Vermittlung der deutschen Sprache Voraussetzung für die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit (vgl. § 6 Abs. 2 Satz 2 BVFG in der zum damaligen Zeitpunkt geltenden Fassung des Gesetzes vom 30. August 2011, BGBl. I S. 2266, - BVFG a. F. -). Das Erfordernis der familiären Vermittlung der deutschen Sprache ist durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz entfallen.
12Die Antragsfrist von drei Monaten ab Kenntnis des Wiederaufgreifengrunds nach § 51 Abs. 3 VwVfG dürfte einem Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahrens nicht entgegenstehen. Denn nach § 27 Abs. 3 Satz 1 BVFG ist der Antrag auf Wiederaufgreifen eines unanfechtbar abgeschlossenen Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheids nicht an eine Frist gebunden.
13bb. Der Antrag auf Wiederaufreifen dürfte auch begründet sein. Die Änderung der Sach- und Rechtslage muss zugunsten des Betroffenen erfolgt sein, d. h. sie muss für den fraglichen Verwaltungsakt entscheidungserhebliche Voraussetzungen betreffen, sodass die Änderung eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung erfordert oder doch ermöglicht.
14Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 51 Rn. 92, m. w. N.
15Die Änderung der Rechtslage betrifft eine für die bestandskräftige Ablehnung entscheidungserhebliche Voraussetzung. Denn der Anspruch der Klägerin auf Erteilung eines Aufnahmebescheids war im Bescheid vom 27. Juli 2004 und Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2004 mit der Begründung abgelehnt worden, sie sei keine deutsche Volkszugehörige, weil u. a. das Erfordernis der familiären Vermittlung der deutschen Sprache nach § 6 Abs. 2 Satz 2 und 3 BVFG a. F. nicht erfüllt sei. Der Wegfall dieser Voraussetzung für die Feststellung der deutschen Volkszugehörigkeit durch das Zehnte BVFG-Änderungsgesetz dürfte eine für die Klägerin günstigere Entscheidung ermöglichen.
16b. Das Verfahren dürfte wiederaufzugreifen und eine Entscheidung in der Sache aufgrund der aktuellen Rechtslage zu treffen sein. Denn ist der Antrag auf Wiederaufgreifen zulässig und begründet, muss die Behörde erneut in der Sache entscheiden, die Gegenstand des Verwaltungsakts war. Für die Frage, welche Entscheidung in der Sache zu treffen ist, kommt es ausschließlich auf das in der Sache anzuwendende aktuelle materielle Recht im Zeitpunkt der nunmehr zu treffenden Entscheidung an.
17Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, Kommentar, 15. Auflage 2014, § 51 Rn. 18, m. w. N.; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 51 Rn. 32, m. w. N.
182. Die Überprüfung des Umfangs der erneuten Sachprüfung dürfte dem Hauptsacheverfahren vorbehalten sein.
19a. Es dürfte zu klären sein, ob der Umfang der erneuten Prüfung durch die ebenfalls im Ablehnungsbescheid vom 27. Juli 2004 und Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2004 getroffene Feststellung beschränkt ist, die Klägerin sei keine deutsche Volkszugehörige, weil ihre Mutter, deren Aufnahmeantrag ebenfalls abgelehnt worden war, weder deutsche Volkszugehörige noch deutsche Staatsangehörige sei.
20Grundsätzlich ist die erneute Sachprüfung auf die in zulässiger Weise geltend gemachten Gründe für ein Wiederaufgreifen beschränkt.
21Vgl. BVerwG, Urteile vom 5. August 1987 - 9 B 318.86 -, Buchholz 402.25 § 14 AsylVfG (a. F.) Nr. 6, S. 1 (2 f.) = juris, Rn. 3, zum Umfang der erneuten Sachprüfung im Falle eines Asylfolgeantrags, und vom 15. September 1992 ‑ 9 B 18.92 -, NVwZ-RR 1993, 667 = juris, Rn. 3, zu einem vertriebenenrechtlichen Verfahren; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 51 Rn. 34, m. w. N.
22Die Hauptsache ist nur insoweit von Neuem zu verhandeln, als sie von dem Anfechtungsgrund betroffen ist, wobei allerdings die Abgrenzung des so „betroffenen“ Teils problematisch und sehr differenziert ist.
23Vgl. Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 51 Rn. 34, unter Bezugnahme auf die „prozessrechtl. Vorbilder der Wiederaufnahmeverfahren“ nach § 590 ZPO und § 153 VwGO.
24Nicht betroffen kann etwa ein selbständiger oder zeitlich klar abgrenzbarer Teil sein.
25Vgl. Reichold, in: Thomas/Putzo, ZPO, Kommentar 36. Auflage 2015, § 590 Rn. 34.
26Bloße Elemente eines Anspruchs können jedenfalls nicht abtrennbarer (oder selbstständiger) Teil eines Streitgegenstands sein.
27Vgl. Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Auflage 2015, § 110 Rn. 4.
28Zudem ist im wiederaufgenommenen Verfahren der gesamte bis dahin entstandene Verfahrensstoff zu berücksichtigen, jedenfalls soweit er noch nicht durch die bestandskräftige Verbescheidung erledigt ist.
29Vgl. BVerwG, Urteil vom 15. September 1992 ‑ 9 B 18.92 -, NVwZ-RR 1993, 667 = juris, Rn. 3; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Auflage 2014, § 51 Rn. 36; Kopp/Schenke, VwGO, Kommentar, 21. Auflage 2015, § 153 Rn. 13.
30Ausgehend hiervon dürfte im Hauptsacheverfahren zu klären sein, ob und in welchem Umfang die Feststellung in der bestandskräftigen Ablehnung des Aufnahmeantrags, die Klägerin stamme nicht von einer deutschen Volkszugehörigen oder Staatsangehörigen ab, die erneute Sachprüfung einschränken kann. Es dürfte zu klären sein, ob diese Feststellung überhaupt als selbständiger, vom Wiederaufgreifen des Verfahrens nicht betroffener Teil mit der Folge anzusehen sein kann, dass sie nicht mehr Gegenstand einer erneuten Sachprüfung werden könnte. Hierbei dürfte zu berücksichtigten sein, dass es sich bei dieser mit dem bestandskräftigen Ablehnungsbescheid verneinten Voraussetzung der deutschen Abstammung nach § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG jedenfalls um einen nicht abtrennbaren Teil des Streitgegenstands (d. h. des Anspruchs auf Erteilung eines Aufnahmebescheids nach den §§ 27 Abs. 1 Satz 1, 6 Abs. 2 BVFG) handeln dürfte, sodass es fraglich erscheint, ob diese negative Feststellung der Beklagten als von der Änderung der maßgeblichen Anspruchsgrundlage nicht betroffener Teil bewertet werden und deswegen die Zweitentscheidung tatsächlich einschränken kann.
31Darüber hinaus dürfte im Rahmen einer erneuten Sachprüfung das Vorbringen der Klägerin, ihre in C. lebenden Großeltern mütterlicherseits seien deutsche Volkszugehörige und als Spätaussiedler anerkannt, auch deshalb zu berücksichtigen sein, weil dieses Vorbringen nicht durch die bestandskräftige Verbescheidung als „erledigt“ anzusehen sein dürfte. Denn es hat in dem ursprünglichen Aufnahmeverfahren keine mit Blick auf die Prüfung, ob die Klägerin deutsche Volkszugehörige ist, (entscheidungserhebliche) Berücksichtigung gefunden. Im Widerspruchsbescheid vom 27. Oktober 2004 ist vielmehr davon die Rede, dieser Umstand könne nicht zugunsten der Klägerin berücksichtigt werden, weil die Voraussetzungen für eine Aufnahme als Spätaussiedler jeweils in der Person des einzelnen Aufnahmebewerbers gegeben sein müsse. Die Abstammung von den deutschen Großeltern ist darin hingegen weder geprüft noch verneint worden.
32b. Die weitere Feststellung in dem bestandskräftig abgeschlossenen Aufnahmeverfahren, die Klägerin verfüge nur über unzureichende deutsche Sprachkenntnisse ohne Dialekteinschlag oder Dialektfärbung, die für ein einfaches Gespräch auf Deutsch keineswegs ausreichten, dürfte den Umfang einer erneuten Sachprüfung nicht einschränken. Denn zum damaligen Zeitpunkt war geprüft worden, ob die Klägerin auf der Grundlage ihrer „familiär erworbenen deutschen Sprachkenntnisse“ ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen könne. Die Prüfung der mit dem Zehnten BVFG-Änderungsgesetz entfallenen Voraussetzung der familiären Vermittlung der deutschen Sprache war demnach derart mit der Prüfung der Voraussetzung verknüpft, ein einfaches Gespräch auf Deutsch führen zu können, dass letztere als untrennbarer Teil von dem geltend gemachten Wiederaufnahmegrund der Änderung der Rechtslage mit betroffen sein dürfte.
33II. Die begehrte Erteilung eines Aufnahmebescheids dürfte zumindest nicht fernliegend sein. Es spricht Einiges dafür, dass die Klägerin nach Wiederaufgreifen des Aufnahmeverfahrens die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 BVFG erfüllt.
341. Die Klägerin dürfte deutscher Abstammung sein. Der in § 6 Abs. 2 Satz 1 BVFG verwendete Begriff der Abstammung von einem deutschen Staatsangehörigen oder deutschen Volkszugehörigen weist auf einen generationsübergreifenden Abstammungsbegriff hin.
35Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2008 - 5 C 8.07 -, BVerwGE 130, 197 (199 f.) = juris, Rn. 13 ff.
36Die Großeltern der Klägerin mütterlicherseits sind nach den von der Beklagten nicht bestrittenen Angaben der Klägerin als Spätaussiedler anerkannt.
372. Die Klägerin dürfte auch ein Bekenntnis zum deutschen Volkstum i. S. d. § 6 Abs. 2 BVFG abgelegt haben. Sie ist in ihren kasachischen Reisepässen, ausgestellt am 1. Juni 1995 und am 28. Juni 2013, jeweils mit deutscher Nationalität eingetragen.
383. Mit Blick auf ihr Vorbringen im Beschwerdeverfahren zu ihren Sprachkenntnissen dürfte eine Erfüllung der Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 Satz 3 BVFG zumindest nicht fernliegend sein. Diese dürften jedenfalls dann zu bejahen sein, wenn sie das Sprachzertifikat B1 vorlegen kann.
39Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO).
40Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
(1) Die Behörde hat auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn
- 1.
sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat; - 2.
neue Beweismittel vorliegen, die eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würden; - 3.
Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung gegeben sind.
(2) Der Antrag ist nur zulässig, wenn der Betroffene ohne grobes Verschulden außerstande war, den Grund für das Wiederaufgreifen in dem früheren Verfahren, insbesondere durch Rechtsbehelf, geltend zu machen.
(3) Der Antrag muss binnen drei Monaten gestellt werden. Die Frist beginnt mit dem Tage, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat.
(4) Über den Antrag entscheidet die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der Verwaltungsakt, dessen Aufhebung oder Änderung begehrt wird, von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(5) Die Vorschriften des § 48 Abs. 1 Satz 1 und des § 49 Abs. 1 bleiben unberührt.
(1) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), darf nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, wenn er
- 1.
den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat; - 2.
den Verwaltungsakt durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig waren; - 3.
die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.
(3) Wird ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der nicht unter Absatz 2 fällt, zurückgenommen, so hat die Behörde dem Betroffenen auf Antrag den Vermögensnachteil auszugleichen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist. Absatz 2 Satz 3 ist anzuwenden. Der Vermögensnachteil ist jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus zu ersetzen, das der Betroffene an dem Bestand des Verwaltungsaktes hat. Der auszugleichende Vermögensnachteil wird durch die Behörde festgesetzt. Der Anspruch kann nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.
(4) Erhält die Behörde von Tatsachen Kenntnis, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes rechtfertigen, so ist die Rücknahme nur innerhalb eines Jahres seit dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme zulässig. Dies gilt nicht im Falle des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 1.
(5) Über die Rücknahme entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zurückzunehmende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(1) Ein rechtmäßiger nicht begünstigender Verwaltungsakt kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden, außer wenn ein Verwaltungsakt gleichen Inhalts erneut erlassen werden müsste oder aus anderen Gründen ein Widerruf unzulässig ist.
(2) Ein rechtmäßiger begünstigender Verwaltungsakt darf, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft nur widerrufen werden,
- 1.
wenn der Widerruf durch Rechtsvorschrift zugelassen oder im Verwaltungsakt vorbehalten ist; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat; - 3.
wenn die Behörde auf Grund nachträglich eingetretener Tatsachen berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 4.
wenn die Behörde auf Grund einer geänderten Rechtsvorschrift berechtigt wäre, den Verwaltungsakt nicht zu erlassen, soweit der Begünstigte von der Vergünstigung noch keinen Gebrauch gemacht oder auf Grund des Verwaltungsaktes noch keine Leistungen empfangen hat, und wenn ohne den Widerruf das öffentliche Interesse gefährdet würde; - 5.
um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.
(3) Ein rechtmäßiger Verwaltungsakt, der eine einmalige oder laufende Geldleistung oder teilbare Sachleistung zur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt oder hierfür Voraussetzung ist, kann, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, ganz oder teilweise auch mit Wirkung für die Vergangenheit widerrufen werden,
- 1.
wenn die Leistung nicht, nicht alsbald nach der Erbringung oder nicht mehr für den in dem Verwaltungsakt bestimmten Zweck verwendet wird; - 2.
wenn mit dem Verwaltungsakt eine Auflage verbunden ist und der Begünstigte diese nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat.
(4) Der widerrufene Verwaltungsakt wird mit dem Wirksamwerden des Widerrufs unwirksam, wenn die Behörde keinen anderen Zeitpunkt bestimmt.
(5) Über den Widerruf entscheidet nach Unanfechtbarkeit des Verwaltungsaktes die nach § 3 zuständige Behörde; dies gilt auch dann, wenn der zu widerrufende Verwaltungsakt von einer anderen Behörde erlassen worden ist.
(6) Wird ein begünstigender Verwaltungsakt in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 3 bis 5 widerrufen, so hat die Behörde den Betroffenen auf Antrag für den Vermögensnachteil zu entschädigen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat, soweit sein Vertrauen schutzwürdig ist. § 48 Abs. 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Für Streitigkeiten über die Entschädigung ist der ordentliche Rechtsweg gegeben.
Tatbestand
- 1
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Die Klägerin begehrt die Erteilung eines Aufnahmebescheids.
- 2
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Die im Jahr 1980 in Kasachstan geborene Klägerin beantragte erstmals im Jahr 1999 ihre Aufnahme in das Bundesgebiet als Spätaussiedlerin. Das Bundesverwaltungsamt lehnte diesen Antrag ab, weil die Klägerin nicht deutscher Abstammung sei. Mit der nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage machte die Klägerin im Wesentlichen geltend, ihr Großvater sei deutscher Abstammung und sie erfülle auch im Übrigen die Voraussetzungen einer Aufnahme als Spätaussiedlerin. Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 7. Mai 2004 ab. Die dagegen eingelegte Berufung blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht legte im Einklang mit dem erstinstanzlichen Urteil im Wesentlichen dar, die Klägerin sei nicht deutsche Volkszugehörige, weil sie nicht von einem deutschen Volks- oder Staatsangehörigen abstamme. Auf frühere Generationen der Familie komme es insoweit nicht an.
- 3
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Mit Schreiben vom 6. Februar 2008 beantragte die Klägerin erneut die Erteilung eines Aufnahmebescheids und legte dar, nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2008 - BVerwG 5 C 8.07 - (BVerwGE 130, 197) genüge es für das Merkmal der Abstammung, wenn - wie in ihrem Fall - ein Großelternteil deutscher Volkszugehöriger gewesen sei.
- 4
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Das Verwaltungsgericht wies die von der Klägerin erhobene Untätigkeitsklage mit Urteil vom 5. November 2008 als unbegründet ab, weil die Klägerin keinen Anspruch auf Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verfahrens über den im Jahr 1999 beantragten Aufnahmebescheid habe und das von § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 VwVfG eingeräumte Ermessen nicht auf Null reduziert sei.
- 5
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Mit Beschluss vom 30. September 2009 ließ das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, "soweit das angefochtene Urteil den Anspruch der Klägerin auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Wiederaufgreifen ihres Aufnahmeverfahrens betrifft". Im Übrigen wurde die Berufung nicht zugelassen. Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 5 i.V.m. § 48 VwVfG ab.
- 6
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Mit Beschluss vom 8. Juni 2010 wies das Oberverwaltungsgericht die Berufung als unbegründet zurück. Soweit die Klägerin mit ihrem Berufungsantrag eine erneute Sachentscheidung über die Erteilung eines Aufnahmebescheids begehre und Gründe für ein Wiederaufgreifen im engeren Sinne geltend mache, sei die Berufung nicht zugelassen worden. Ein Anspruch auf Wiederaufgreifen des Verfahrens im weiteren Sinne bestehe nicht, weil die Beklagte das ihr insoweit zustehende Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe.
- 7
-
Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Im Wesentlichen macht sie geltend: Ihrem erneuten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids stehe nicht die Bestandskraft der früheren Versagung eines solchen Bescheids entgegen. Zu Unrecht sei das Oberverwaltungsgericht von einer fehlerfreien Ermessensentscheidung in Bezug auf das Wiederaufgreifen ausgegangen. Es sei sittenwidrig, wenn sich die Behörde auf die Bestandskraft der früheren Versagung des Aufnahmebescheids berufe, obwohl feststehe, dass sie, die Klägerin, wegen der Abstammung von ihrem deutschen Großvater deutsche Volkszugehörige sei. Die angefochtene Entscheidung beruhe auch auf Verfahrensfehlern.
- 8
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Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Entscheidungsgründe
- 9
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Die Revision, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 141 Satz 1, § 125 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO), ist unbegründet. Die von der Klägerin erhobenen Verfahrensrügen haben keinen Erfolg (1.). Der angegriffene Beschluss beruht auch in der Sache nicht auf einer Verletzung von Bundesrecht (2.). Die Revision ist daher zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO).
- 10
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1. Die Verfahrensrügen genügen nicht den Darlegungserfordernissen und sind deshalb unzulässig.
- 11
-
Ein Verfahrensmangel ist nur dann im Sinne des § 139 Abs. 3 Satz 4 VwGO ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen, als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan wird (vgl. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133
VwGO Nr. 26 S. 14). Die Pflicht zur Bezeichnung des Verfahrensmangels erfordert die schlüssige Darlegung einer Verfahrensrüge (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2000 - BVerwG 9 B 549.00 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 60 S. 17 <18> und vom 24. März 2000 - BVerwG 9 B 530.99 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 308 S. 15). Zwar ist es grundsätzlich zulässig, in der Revisionsbegründung hinsichtlich der geltend gemachten Verfahrensrügen auf das Vorbringen in der Nichtzulassungsbeschwerde Bezug zu nehmen (vgl. Urteil vom 25. Oktober 1988 - BVerwG 9 C 37.88 - BVerwGE 80, 321 <322 f.>). Der Beschwerdeschrift ist jedoch eine substanziierte und schlüssige Rüge eines Verfahrensmangels nicht zu entnehmen.
- 12
-
Im Zusammenhang mit der Behauptung einer Verletzung des Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs wird nicht konkret dargelegt, welches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen wurde oder worin ansonsten eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG liegen soll. Die Aufklärungsrüge ist ebenfalls nicht ausreichend begründet. Eine zulässige Aufklärungsrüge setzt voraus, dass die Beschwerde darlegt, welche Tatsachen auf der Grundlage der insoweit maßgeblichen materiellrechtlichen Auffassung der Vorinstanz ermittlungsbedürftig gewesen wären (vgl. Urteil vom 22. Januar 1969 - BVerwG 6 C 52.65 - BVerwGE 31, 212 <217>; Beschlüsse vom 13. Juli 2007 - BVerwG 9 B 1.07 - juris und vom 28. Juli 2008 - BVerwG 8 B 31.08 - juris). Die Klägerin zeigt nicht auf, dass sich nach der materiellrechtlichen Auffassung des Oberverwaltungsgerichts weitere Ermittlungen zu der Frage der familiären Sprachvermittlung aufdrängen mussten.
- 13
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2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids nach § 27 Abs. 1 des Gesetzes über die Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (BVFG). Dies folgt allerdings nicht schon daraus, dass das Oberverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 30. September 2009 die Berufung nur insoweit zugelassen hat, als das erstinstanzliche Urteil den Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Wiederaufgreifen ihres im Jahr 1999 eingeleiteten Verfahrens auf Erteilung eines Aufnahmebescheids betrifft (a). Einem Anspruch auf Erteilung des erstrebten Bescheids steht aber die Rechtskraftbindung nach § 121 VwGO entgegen (b).
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a) Die Beschränkung der Berufungszulassung erweist sich als unwirksam, so dass auch der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids Gegenstand des Revisionsverfahrens ist.
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Das Berufungsverfahren ist grundsätzlich darauf gerichtet, die Streitsache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht erneut - d.h. grundsätzlich in demselben Umfang wie in der ersten Instanz - zu überprüfen. Auch bei der Zulassungsberufung ist daher eine Beschränkung nur im Hinblick auf einzelne abtrennbare Streitgegenstände oder Teile eines solchen möglich. Eine Beschränkung der Berufungszulassung auf einzelne Tatsachen- oder Rechtsfragen ist hingegen nicht statthaft (vgl. Urteil vom 7. Februar 1997 - BVerwG 9 C 11.96 - Buchholz 310 § 129 VwGO Nr. 6 S. 5 und Beschluss vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 5 B 18.10 - juris Rn. 13 m.w.N.). So liegt es hier.
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Die Klägerin hat vor dem Verwaltungsgericht die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung eines Aufnahmebescheids und "hilfsweise" das Wiederaufgreifen des abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens über ihren im Jahr 1999 gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids begehrt. Hinsichtlich des angestrebten Wiederaufgreifens hat das Oberverwaltungsgericht unterschieden zwischen einem Wiederaufgreifen im engeren Sinn (§ 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG), auf das bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Rechtsanspruch besteht, und einem im Ermessen der Behörde stehenden Wiederaufgreifen im weiteren Sinn (§ 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG). Indem das Oberverwaltungsgericht die Berufung nur hinsichtlich des Anspruchs auf Wiederaufgreifen im weiteren Sinn zugelassen hat, hat es die Zulassung unzulässig auf eine Rechtsfrage beschränkt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kennzeichnen Rechts- und Ermessensanspruch nur unterschiedliche und unterschiedlich weitgehende Anspruchsgrundlagen für ein und dasselbe Begehren, nicht hingegen unterschiedliche Streitgegenstände oder abtrennbare Teile eines solchen Gegenstandes (vgl. Urteil vom 3. November 1994 - BVerwG 3 C 30.93 - Buchholz 418.15 Rettungswesen Nr. 2 S. 15). Deshalb wird ein Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens als einheitliches Begehren verstanden und sowohl unter dem Gesichtspunkt des Wiederaufgreifens im engeren Sinn als auch mit Blick auf ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinn gewürdigt (vgl. Urteile vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 17 ff. und - BVerwG 1 C 26.08 - BVerwGE 135, 137 Rn. 15 ff.).
- 17
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Eine Umdeutung einer auf Rechtsgründe gestützten Teilzulassung in eine weniger weitgehende und zulässige Berufungsbeschränkung nach Streitgegenständen ist aus Gründen der Rechtsmittelklarheit nicht möglich. Die Beschränkung muss sich eindeutig aus der insoweit einschlägigen gerichtlichen Entscheidung ergeben (vgl. Urteile vom 17. Oktober 1972 - BVerwG 3 C 82.71 - BVerwGE 41, 52 <53> und vom 4. Juli 1985 - BVerwG 5 C 7.82 - Buchholz 424.01 § 85 FlurbG Nr. 2 S. 2).
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b) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung eines Aufnahmebescheids. Einen solchen Bescheid könnte sie nur beanspruchen, wenn die Rechtskraftbindung des Urteils des Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 2004 überwunden wird (aa). Die Voraussetzungen dafür liegen hingegen nicht vor (bb).
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aa) Dem Begehren steht entgegen, dass die Verpflichtungsklage der Klägerin gegen die Versagung des von ihr im Jahr 1999 beantragten Aufnahmebescheids mit Urteil vom 7. Mai 2004 rechtskräftig abgewiesen wurde.
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Das Urteil vom 7. Mai 2004 entfaltet die Wirkung des § 121 Nr. 1 VwGO. Danach binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Streitgegenstand einer Verpflichtungsklage ist die Rechtsbehauptung des Klägers, er habe einen Anspruch auf Erlass des beantragten Verwaltungsakts (vgl. Beschluss vom 24. Oktober 2006 - BVerwG 6 B 47.06 - Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 1 Rn. 18 m.w.N.). Dementsprechend enthält ein eine Verpflichtungsklage abweisendes Sachurteil die Feststellung, dass zum für die Entscheidung maßgeblichen Zeitpunkt der behauptete Anspruch nicht besteht. Diese Feststellung ist von der Bindungswirkung des § 121 VwGO erfasst. Mit der Bestimmung soll auch verhindert werden, dass die aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge, über die durch Sachurteil entschieden worden ist, bei unveränderter Sach- und Rechtslage erneut - mit der Gefahr unterschiedlicher Ergebnisse - zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht und einer erneuten Sachprüfung zugeführt werden kann (stRspr, vgl. z.B. Urteile vom 10. Mai 1994 - BVerwG 9 C 501.93 - BVerwGE 96, 24 <25>, vom 18. September 2001 - BVerwG 1 C 4.01 - BVerwGE 115, 111 <114> und vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 26.08 - a.a.O. Rn. 13, jeweils m.w.N.). Soweit und solange das die Verpflichtungsklage abweisende rechtskräftige Urteil nach § 121 VwGO Bindungswirkung entfaltet, ist es demzufolge der Exekutive verwehrt, im Fall eines wiederholten Antrags erneut eine ablehnende Sachentscheidung zu treffen und auf diese Weise die Möglichkeit des gerichtlichen Rechtsschutzes wieder zu eröffnen (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juni 1988 - 2 BvR 260/88 - NVwZ 1989, 141 <142>). Die Bindungswirkung des § 121 VwGO tritt ungeachtet der tatsächlichen Rechtslage ein.
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Dies entspricht der Funktion der Rechtskraft verwaltungsgerichtlicher Urteile, durch die Maßgeblichkeit und Rechtsbeständigkeit der Entscheidung über den Streitgegenstand Rechtsfrieden zu gewährleisten. Dieser Zweck, der aus dem verfassungsrechtlich geschützten Prinzip der Rechtssicherheit folgt, verbietet es, die Exekutive uneingeschränkt zu einer erneuten Entscheidung über ein Begehren, das dem rechtskräftig entschiedenen Streitgegenstand entspricht, für befugt zu erachten (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 26.08 - a.a.O. Rn. 14; BVerfG, Kammerbeschluss vom 23. Juni 1988 a.a.O.). Dementsprechend hat der im Vorprozess unterlegene Antragsteller, solange und soweit die Bindungswirkung des klageabweisenden rechtskräftigen Urteils reicht, keinen Rechtsanspruch auf eine erneute Entscheidung in der Sache (zur zeitlichen Grenze der materiellen Rechtskraft vgl. Urteil vom 18. September 2001 - BVerwG 1 C 7.01 - BVerwGE 115, 118 <120 f.> m.w.N.).
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Daran gemessen steht die Rechtskraftbindung des Urteils vom 7. Mai 2004 einem Anspruch der Klägerin auf Sachentscheidung über den erneuten Antrag auf Erteilung eines Aufnahmebescheids entgegen. Das Antragsbegehren entspricht dem Streitgegenstand, über den rechtskräftig entschieden worden ist. Da die Ablehnung des im Jahr 1999 beantragten Aufnahmebescheids gerichtlich rechtskräftig bestätigt worden ist, kann hier dahingestellt bleiben, welche Auswirkungen es gehabt hätte, wenn die Versagung des Bescheids keiner gerichtlichen Überprüfung unterzogen worden und (lediglich) bestandskräftig geworden wäre.
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bb) Die Klägerin kann eine Durchbrechung der Bindungswirkung nicht beanspruchen.
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Die Wirkung des § 121 VwGO kann nur auf gesetzlicher Grundlage überwunden werden. So liegt es, wenn der Betroffene nach § 51 VwVfG einen Anspruch auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens hat oder die Behörde das Verfahren im Ermessenswege wieder aufgreift oder aufgreifen muss (vgl. Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 26.08 - a.a.O. Rn. 14). Beides ist hier nicht der Fall.
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aaa) Die Voraussetzungen eines Rechtsanspruchs auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach § 51 Abs. 1 bis 3 VwVfG liegen nicht vor. Insbesondere ist keine Änderung der Rechtslage im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG zu verzeichnen.
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Die Klägerin beruft sich insoweit ohne Erfolg auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Januar 2008 (a.a.O. Rn. 12 ff.). Dort hat das Bundesverwaltungsgericht das Tatbestandsmerkmal der Abstammung im Sinne von § 6 Abs. 2 BVFG dahin ausgelegt, dass der Erwerb der deutschen Volkszugehörigkeit nicht auf die Abstammung von volksdeutschen Eltern begrenzt ist. Es genügt die Herkunft von deutschen Großeltern, um das Abstammungsmerkmal zu erfüllen. Der Klägerin ist darin zu folgen, dass das Bundesverwaltungsgericht in jenem Urteil erstmals eine bis dahin umstrittene Auslegungsfrage höchstrichterlich geklärt hat. Die im Vorprozess ergangenen Urteile des Verwaltungs- und des Oberverwaltungsgerichts stehen mit dieser Rechtsprechung insoweit nicht im Einklang, als in ihnen davon ausgegangen wurde, dass die Klägerin deshalb nicht deutsche Volkszugehörige sei, weil kein Elternteil deutscher Volkszugehöriger gewesen sei.
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Gleichwohl sind die Voraussetzungen einer Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht erfüllt. Eine solche Änderung erfasst nur einen Wandel der normativen Bestimmung, nicht aber eine Änderung der Norminterpretation. Auch eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und eine erstmalige Klärung einer Rechtsfrage durch diese Rechtsprechung stellen im Rahmen des § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG keine Änderung der Rechtslage dar (vgl. Beschlüsse vom 25. Mai 1981 - BVerwG 8 B 89.80 u.a. - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 9 und vom 16. Februar 1993 - BVerwG 9 B 241.92 - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 29; Urteil vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - BVerwGE 135, 121 Rn. 21).
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bbb) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch darauf, dass die Rechtskraftbindung im Wege des Wiederaufgreifens des abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens auf der Grundlage des § 51 Abs. 5 i.V.m. §§ 48, 49 VwVfG überwunden wird.
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Die in § 51 Abs. 5 VwVfG verankerte Ermächtigung der Behörde, nach pflichtgemäßem Ermessen zugunsten des Betroffenen ein abgeschlossenes Verwaltungsverfahren im Ermessenswege wiederaufzugreifen, ermöglicht auch bei rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahren die nachträgliche Kontrolle inhaltlich unrichtiger Entscheidungen. Trifft die Behörde eine positive Entscheidung zum Wiederaufgreifen (Stufe 1), wird hierdurch die Rechtskraft durchbrochen und der Weg für eine neue Sachentscheidung eröffnet. Mit der Befugnis zum Wiederaufgreifen korrespondiert ein gerichtlich einklagbarer Anspruch des Betroffenen auf fehlerfreie Ermessensausübung. Dabei handelt die Behörde grundsätzlich ermessensfehlerfrei, wenn sie ein Wiederaufgreifen im Hinblick auf die rechtskräftige Bestätigung ihrer Entscheidung in dem früheren Verwaltungsverfahren ablehnt. In diesen Fällen bedarf es regelmäßig keiner weiteren ins Einzelne gehenden Ermessenserwägungen der Behörde. Umstände, die ausnahmsweise eine erneute Sachentscheidung und damit ein Wiederaufgreifen gebieten, müssen in ihrer Bedeutung und ihrem Gewicht mit einem der in § 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 VwVfG geregelten zwingenden Wiederaufgreifensgründe vergleichbar sein. Allein der Umstand, dass der rechtskräftig bestätigte Verwaltungsakt - gemessen an den sich aus der aktuellen Rechtsprechung ergebenden Anforderungen - nicht rechtmäßig verfügt werden durfte, genügt hierfür nicht. Dem Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit kommt nämlich prinzipiell kein größeres Gewicht zu als dem Gebot der Rechtssicherheit, sofern dem anzuwendenden Recht nicht ausnahmsweise eine andere Wertung zu entnehmen ist. Mit Blick auf das Gebot der materiellen Gerechtigkeit verdichtet sich das Ermessen der Behörde zugunsten des Betroffenen, wenn das Festhalten an dem rechtskräftig bestätigten Verwaltungsakt schlechthin unerträglich wäre (vgl. zum Vorstehenden Urteile vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - a.a.O. Rn. 24 und - BVerwG 1 C 26.08 - a.a.O. Rn. 19 f., jeweils m.w.N.). Daran gemessen ist es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte mit Bescheid vom 29. Oktober 2009 ein Wiederaufgreifen im weiteren Sinn des abgeschlossenen Verfahrens abgelehnt hat.
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Das Bundesvertriebengesetz enthält keine Wertung dahin, dass bei der hier in Rede stehenden Fallgestaltung das Gebot der Rechtssicherheit hinter den Grundsatz der materiellen Gerechtigkeit zurückzutreten hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin ergibt sich aus Art. 116 GG nichts Anderes. Das Festhalten an der rechtskräftig bestätigten Ablehnung eines Aufnahmebescheids erweist sich nicht als schlechthin unerträglich. Ob sich die Aufrechterhaltung eines Verwaltungsaktes als schlechthin unerträglich darstellt, hängt von den Umständen des Einzelfalles und einer Gewichtung der einschlägigen Gesichtspunkte ab. Die Ablehnung eines Wiederaufgreifens des Verfahrens ist insbesondere dann schlechthin unerträglich, wenn Umstände gegeben sind, die die Berufung der Behörde auf die Unanfechtbarkeit als einen Verstoß gegen die guten Sitten oder Treu und Glauben erscheinen lassen. Genauso verhält es sich bei offensichtlicher Fehlerhaftigkeit des rechtskräftigen Urteils, mit dem der frühere Verwaltungsakt bestätigt wurde (vgl. Beschluss vom 7. Juli 2004 - BVerwG 6 C 24.03 - BVerwGE 121, 226 <231> m.w.N. und Urteile vom 27. Januar 1994 - BVerwG 2 C 12.92 - BVerwGE 95, 86 <92> sowie vom 22. Oktober 2009 - BVerwG 1 C 15.08 - a.a.O. Rn. 34 und - BVerwG 1 C 26.08 - a.a.O. Rn. 24). Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Nach den den Senat bindenden (§ 137 Abs. 2 VwGO) tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Beschluss ist für einen Verstoß gegen Treu und Glauben - etwa durch eine Verletzung der der Behörde gegenüber der Klägerin obliegenden Betreuungspflicht (vgl. Urteil vom 28. Juli 1976 - BVerwG 8 C 90.75 - juris Rn. 29) - nichts ersichtlich. Das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. Mai 2004 und der dieses bestätigende Beschluss des Oberverwaltungsgerichts erweisen sich auch nicht als offensichtlich fehlerhaft. Das folgt schon daraus, dass sich diese Entscheidungen - wie in dem Urteil des Senats vom 25. Januar 2008 aufgezeigt wird (a.a.O. Rn. 13 und 17) - hinsichtlich der angenommenen Beschränkung des Abstammungsmerkmals auf die Eltern an der Rechtsprechung auch des Bundesverwaltungsgerichts zur früheren Rechtslage orientieren und auf die Gesetzesmaterialien zum Kriegsfolgenbereinigungsgesetz zu berufen vermögen (BTDrucks 12/3212 S. 23).
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Aus den vorstehenden Gründen stand die Entscheidung über das Wiederaufgreifen des Verfahrens im Ermessen der Beklagten. Ausweislich der Begründung des Bescheids vom 29. Oktober 2009 war sie sich des ihr von § 51 Abs. 5 VwVfG eingeräumten Ermessenspielraums bewusst. Die Ablehnung des Wiederaufgreifens ist frei von Ermessensfehlern.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.